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CENTRE
for
REFORMATION
and
RENAISSANCE
STUDIES
VICTORIA
UNIVERSITY
TORONTO
Die evangelischen
KIRCHENORDNUNGEN
des XVI. Jahrhunderts
herausgegeben von
Dr. jur. Emil Sehling
weiland Professor in Erlangen
fortgefiihrt
vom Institut t6r evanfielisches Kirchenrecht
der Evanfielischen Kirche in Deutschland
zu G6tinRen
Niedersachsen- Die Welfischen Lande
1. Halbband
Die Fi_irstenti_imer Wolfenbi]ttel und Li]nebur g
mit den Stfdten Braunschweig und L6neburg
ART t g LiS
1955
J. C. B. MOHR (PAUL SIEBECK) TEIBINGEN
REF. &
Alle Rechte vorbehalten
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ist e auch nicht gestattet, das Buth oder Teile daraus au|
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Printed in Germany
Drud: Culemannsdae Dru&erei, Hannover
I NHALTS UB E RS IC HT
Lorwort ............
Ein[ihrung
lbkiirzungen ...........
Nach triige .............
I'll
,11
1"1
1. Braunschweig-Liineburgische hirchenordnungen: ]iir das
Fiirstentum ll'ol]enbiittel und ]iir die Stadt Braunschweig
Fftrstentum Hol]enbfttel
Einleitung ............. 3
Die Kirchenordnungen:
1. l'isitations-lnstruktionen im tlerzogtum II'ol]enbttei. 1542 12
2. Christlike kerken-ordenine im lande Brunschwig. II'ul[[eu-
bltels deles. 1543 ............... 22
3. Kirchenordnung unser, yon Gotles genaden Julii, her:oen
zu Braunsehweig und Lneburg etc. 1569 (Register S. 27,') 3
4. Christlicher und grndlicher bericht, welcher gestalt die herrn
und junglrauenkli;ster im her:ogthumb Braunschwei. tt'ulllen-
bfitlischen theils, reformiret ... 1569 ......... 2Sl
Stadt Braunschweig
Einleitung ............ 337
Die Kirchenordnungen :
1. Der erbarn stadt Brunswig christlike ordeningte ... Dorch
Joannem Bugenhagen Pomeren bescreven. 152 ..... 34
2. Ordnunge, u'ie es hin]uro mit den nominationibus, vocationi-
bus and unnhemunge der herren predicanten in den kirchen
zu Braunschweig gleich[ormig and einhellig gehalten werden
soil ... 1571 ................. 456
3..h'ta inter senutum el ministerium in dimissione D. ,loach.
Morlini (Bestallungsordnuag ]iir M. Chemnit:). 1567 . 459
4. lrticuli, qui subscribendi prop:muntur illis, qui ad ministeriunz
in hac ecclesia recilffuntur. [1571] .......... 471
5. Ordnung der ceremonien att] den dor]ern der stadt Braun-
schweigk, o. 2 .............. 473
6. lrtikel, in der visitation den l]arhern uberantwort 476
7. lrtikel, de visitation beider gerichte .lsseborch und Eike
belangen. [1546] ............ 47
V
Braunschweig- Lfineb urgische
KIRCHENORDNUNG EN
ffir das
Ftirstentum Wolfenbtittel
und ffir die
Stadt Br,aunschweig
o;o
m herzoglich braunschweigischen Teilffzrstentum ll'ol]enbittel fihrten im 16. lahrhundert
das Regiment die Her'_ge: Heinrich d. l. (1514 m 1565'), lulius (1568 15.59), Heinrich lulius
(1591613). Heinrich d. l., gegen den Luther seine Schri]t: .,It'ider Hans IUorst'" (IUittenberg
1541) hat ausgehen lassen, ist Zeit seines Lebens ein Feind der neuen Lehre gewesen und hat
diees auch immer wieder in .,lusschreiben und tlandaten kundgetan. Solange er die Herrscha[t
ber das Land besaf, konnte die Reformation nicht durchdringen.
Den Krieg im Lunde ll'ol]enbttel 1542 auzunehmen, bewogen den Schmalkaldischen
Bund vornehmlich die liil]erufe der yon Heinrich d. l. bedrngten St,dte Braunschweig und
Gol,,r (vgl. B runs a,,O.). Dazu kam die Feindscha]t des Landgra]en Philitt yon Hessen
gegen den ll'ol]enbittelcr Herzog in]olge yon Streitigkeiten in der calenbergischen L'ormund-
scha]ts]rage (vgl. B r e n n e k e l, 1, S. 3S .). Fir die Ereignise des schmalkaldischen Krieges
im einzelnen, die lertreibung Heinrichs d. l. aus seinem Lande, seine Gefangennahme vgl.:
K o l d e w e y, R e o r m a t i o n ; S. I s . l e i b, Phili[[ yon Hessen: Heinrich yon Braunchweig
und Morit. yon Sachsen 15411547 (lb. d. Gesch. l/er. f. d. Her.ogtum Braunschweig 2, 1903, S.
1 '0). Zum Regiment des Schmall'aldischen Bundes im Herzogtum li'olfenbttel ist reiches
lktenmaterial vorhanden, namentlich im SL4. ll'olfenbttel. Es ist bisher noch nicht restlos
ausgewertet.
Die Einffhrung re]ormatorischer Neuordnungen dutch die Schmalkaldener beschr,nkte sich
au] eine in gr6ter Eile abgehaltene l'isitation 5. Oktober bis 12. 'ovember 1542, au]
den Erla einer ton Bugenhagen. Corvin und G6rlitz verfaten KO yon 1543 und au] eine
zweite I'i.sitation im lahre 1544 7.ur Durchffhrung dieser KO. (Quellenmaterial namentlich
7.ur ersten l'isitation bei K a y s e r, K i r c h e n v i s i t a t i o n e n S. 1 240. Darstellung der
Einzelheiten bei Burkhardt S. 297320, Koldewe?., Reformation S. 265295).
Die Hutter des Schmalkaldichen Bundes erlieen fiir die Statthalter und Rte in dem
eroberten Gebiete eine lnstruktion, nach wclcher ie eine l'isitation durchzu]hren und evan-
gelisches Kirchenwesen ein:'.urichten batten. Die Beauflragten erlieen darau]hin eine lnstruk-
tion ]r die Stiinde mit der ll'eisung, die l'isitatoren =u [6rdern, sowie :wei lnstruktlonen
die l'iitatoren., n,mlich eine r die Kitchen und Schulen in Stdten und D6rfern und eine
]r die Stifler und Kl6ster (samtliche Stcke bei ka)'ser, Kirchenvisitationen S.
22; auch bei H i l l e, Ein]hrung der Reformation in der Stadt Helmstedt, in: Gedenkbuch der am
14. Okt. 1S42 begangenen Sculareier der Reformation Helmstedts. Helmstedt 1543, S. 62 .;
teilweise und mit willkrlich vernderter Schreibweise auch bei L e n t 7.. Uber die handschrifi-
liche ?Yberlie]erung vgl. K a )" s e r, K i r c h e n v i. i t a t i o n e n S. 592). li'ir bringen diese drei
lnstruktionen unter Nr. I.
Die KO yon 1543 wurde vollstiindig abgedruckt bei H o r t I e d e r, Der r6m. kaiserl. ,|laje-
tet . . . Handlungen und.4usschreiben ... yon den l/rachen des teutschen Krieges Kaiser Carls I'.,
Frankfurt a. .tl. 1617, T. 1, Buch It , cap. 44, in 4us:igen bei Rich t er 11, S. 5664.
lbdruck bier unter Nr. 2. Zum lnhult vgl. Koldewey, Reformation S. 311]f.; Schle-
gel ll, S. 192; Schol= S. 4 .; auch Tschackert S. 575.)
Dem Druck der KO yon 1543 ist die yon Bugenhagen abgefate Klosterordnung angeh,ngt,
die 1535 erstmalig bei Hans Luft in ll'ittenberg unter dem Titel erschien: Pia et vere catho-
lica et consentiens veteri ecclesiae ordinatio caeremoniarum in ecclesiis Pomeraniae (abgedr.
bei S e h l i n g 11), S. 344 353, vgl. zu ihr U c k e I e y, Johann Bugenhagens Gottesdienstord-
hung ffr die Klsster und Sti]te in Pommern 1535. In: .4RG 5, 1907 1908, S. 113
ferner Koldewey, ReormationS. 315 .und33.,Kayser, Kirchenvisitationen
4
einzurlchtenden ,.Kirchenkasten'" "_u erweitern. Der enlslrechende .lbschnill ;'ar aus der II'iirl-
temberger KO yon 1559 nicht iibernomrnen (vgl. tilt re r, K 0, S. 9'. .Ibs. 1). Der Kirchen-
kasten sollte mit Hil[e .[reistehenden geistlicben Gutes und der Klosterliiter e[allt werden,
um bei unzureichender P[arrbesoldung und in iihnlichen Notfiillen heraugezogen verden :,
kSnnen. Die yore Herzog vor Ho[- und Landraten erkliirten Generalartikel, die diese Bestim-
mung enthalten, vermerken zu ihr am Rande: .,ist aplrobirt worden'" (vgl. .Itch. d. LK 1
IL"ol[enbiittel. Nr. 16ll). llieweit hiernach tatsiichlich gehandelt wttrde, ist noch nach:u-
lbra[en.
,4us den Protokoilen der Generalkonsistorien und sonstigen .lkten geht hervor, dab sich
die Her-..tS, ge. wo sich nut irgend eine rechtliche Handhabe [and. die Patronatsrechte abet geist-
liche Institute zuschreibct lielen. Beis{ffelstveise aberliet am 12. llai 1569 der .Ibt zu ]larien-
rode dem Herzog Yulius das jus latronatus aber die P[arren :u Bockenem und ll[eld (vgl.
Protokoll des Konsistorlums. St. i. lhmnover. Cal. Br. .1. Des. 21 B lla .Yr. 4. auch .Itch. d.
LK 4 II'ol[enbiittel. Nr. 464. hn ibri.tten vgl. .11 a r t e ns. S. lS4 [fi. IS7[[.: seine Beisliele sind
allerdings ausschlietMich aus dem calenbergischen Gebiet entaommen. [iir das wol[enbattelsche
sind die lerhiiltnisse noch nicht genauer untersucht), llehr[ach erschienen lerordnungen, dat
Beset-_un[1 der Patronats[[arren ohne l'orwissen des Herzogs oder des Konsistorlums untersagt
waren. Ezamination der Kandidaten ;'or dem Konsistorium statt:u[inden hatten. (so 1572.
vgl. St..1. llol[enbiittel. Slg. .tbt. 40, Nr. 524. 151. vgl. ebda. Nr. 709). Schar[er gln. Her:og
Heinrich :hdlus vor. als er 1597 den Patronatsherren und P[arrlehns-lnhabern verbot, die
P[arre gegen iibermal3ige Zahlunl ab:ugeben, ll'er r.uwider handelte, sollte des Patronatsrech-
tes zugunsten des Konsistoriums verlustig gehen 0.!. ebda. Nr. 990).
l?on Sittenzucht und Kirch,'ndiszilin ist ous.iebig in der KO gehandelt vorden. so dat bei
lnordnung genauester Be[olgun, derselben auch diese Falle mit einbeschlossen waren, beis[gielx-
weise 1591 (24. Se[t., ;'gl. . h'ch. d. LK I ll'ol[enbiittel. . r. 34) und gleichlaulend 1593 (6. lan..
vgl. Landesordnungen und Geset-_e T. 1. Nr. 2. S. 40--412). Das.llandat yore 3.
2an. 1593 gegen Ehebruch, llurerei und sonstige Un:ucht (vgl. St. 1. ll'ol[enbatlel. Slg. lbt.
40, Nr. 91. gedruckt Landesordnungen und Gesetze T. 11. Nr. 29) grill nut einen
Punkt aus den eben ange[hrten Ordnungen heraus und [iihrte ihn noch welter aus. Daraber-
hinaus beate man sich auch mlt Ordnung der Zeremonien bei Tau[en unehellcher Kinder
(8. Def.. 1391. vgl. St.. 1. ll'ol[enbattel, SIg. ,,lbt. 40. Nr. 905). 1594 [orderte man Einschrankunt.t
des iibermal3igen .4u[;vandes bel Kindtau[en und Hochr.eiten O'gl. St. 1. It'ol[enbiittel. SIg..4bt.
40, :Vr. 933 und 944).
.luch in ihrem engeren Berelch waren die Herz6ge um da kirchllche Leben bemaht. In
seiner Kammerordnung yon 1579 ordnete Herzog 2ulius den Dienst in der Ho[kalbelle gemat
der KO und schrieb genau den Kirchgang nach tlan. und ll'iirden der Ho[beamten vor O'gl. St..1.
II/ol[enbiittel, Slg. .lbt. 40. Nr. 674 und 675). 1594 regelte Herzog Heinrich lulius den Dienst
yon acht Singeknaben an der Schlol3kirche :u ll'ol[enbiittel (vgl. Itch. d. LK.4 llol[enbttel.
5r. 319).
ll'as das Klosterwesen im ll)ol[enbttelschen unler Herzog 7uliu vgl. B r e n n e k e l 1)
anbelri[[l, il besonders bemerkens'erl, dat. die lliinnerklsler im Fiirslenlum I('ol[enbftltel
ira. 16. "Jh. auch nach der lle[ormation noch als geschlossene KSrlerscha[t au]traten. .4ul die
i"bte konnte der Herzog nut insoveit elmvirken, als er ihnen ,llitverwalter [ar die ll'irtscha[ts-
[ahrung zur Seite stellte, die er selbst unter seinen erlrobten Dienern aust'ahlte, und obne die
die etbte nichts Sonderllches unternehmen konnten, lmmerhin gelang dem Herr.og dadurch
eine nicht unerhebliche Einflut3nahme au das Klosterwesen nach der i;konomischeo 5eite hin.
2 9
Noch starker war eine derartige Ein;virkung des Her:oRs bei den Frauenkbstern, da er die
Ernennun ihrer die ll'irtschaft [6hrenden Pr61bste f6r sich in lns[ruch nabm. So hat nament-
lich Her:og Ydius die Klostersachen vorwiegend nach der virtschaftlichen Seite bin und lber-
s6nlich entschieden. Eioe Klosterordnung yore 9. Yanuar 1373 betraf ausschlie[31ich wirtschaft-
fiche .Ingelegenhelten (t'el. B r e n n e k e II). Seit 1574 war das Konslstorium bier v611i aus-
geschltet, entgegen den Bestimmun.en in der KO: es verblieb ibm lediglich das 4,fsichlsrecht
aber die Klosterschulen. Berelts K r s c h (t'gl. S. 40 f.. 132. 153) wies d.rauf bin. da3 nicht
alles im Interesse der Untertanen eschah (rgl. hler:u B r e n n e k e I I. [erner auch 0 e h r,
S. 14 .[L). Eine eingehende Unterswhun. 6ber die 'oUenbattelchen Kl6ster im 16. 2ahrh.
steht noch aus. Beka,nt sind eine Reihe t'on l'erordnun.een: 1574 sollte eine asgehen mit der
Forderung. da alle Klosterg,,istlichen. die die neue Lehre nicht annehmen wollten, blnnen
2ahres]rist ihre C6ter verl'au[en und das Land verlassen sollten ('vg/..lrch. d. LK 4 IUolfen-
bfttel. Nr. 193'). I.72 'erlangte man yon den Klosterlh[arrern ein lYr:elchnis dar6ber.
o[t die Klosteraneeh6rien :urn .Ibendmahl kamen (v.l. ebda.), lm gleichen Yahre sollten die
a]istischen Bfcher aus den Kl6stern entfernt, dai6r lutherische aneeschaHt werden 'vgl. St.
I. ll'ol[enbattel. L .llt _lbt. 1 Cr. 9. Nr. 190). Diese Forderun.d wurde 1573 bei der Ubersen-
dun. der neuen Klosterord,un.d viederholt (vl. B r e n n e k e I I). Laut General-Konsistorial-
Protol'oll yon 15S3 (v.a,l. Ircl. d. LK I ll'olenb6ttel Nr. 220) hatte man festgestellt, daf die
Klosteriun.e.irawn immer noch nach alter H'else lateinisch san.den, well in der Klosterordnung
yon 1369 die Zeremonien nur allemein geordnet waren. Die tbte yon Imelunsborn und
Rin.delheim sollten darau[hin eine neue Ordnun !ar deutsche Gesange au[stellen und den Theo-
logen :ur Begutachtung vorle.een, lon einer derarti.en Xeordnun it bislan. ]edoch nichts
bel'annt evorden: t'ielmehr _[orderten 156 die Kirchenrate wiederum GrunCLsatze far elne
neue KIostergottesdienstordnung (t.el. l r e n n e k e I I). Noch 16')3 beklagte slch Herzog 2ulius
dar6ber, da vide Landsassen und lntertanen yore =Idel ihre S6hne in la[istischen Schulen
und KI6stern er:iehen lie[3en, und t'erlongte, da3 solche Falle yon den Se:ialsu[erintendenten
dem Konsitorium mitgeteilt 'arden ft'.el. .lrcb. d. LK I ll'olienb6ttel. Nr. 556..4bdruck bei
Koldewey, Schulordnungen S. 52 i.. vtl. awh S. LXII).
132 land nochmals eine .deistliche l'isitatlon der llannerkl6ter start (eine l'er6ffenli-
chtm. ihrer mtschlureichen Protol'olle, im lrch. d. LK 1 llol.ienb6ttel. Nr. 613, ist wn-
schenswert: vgl. :u ihrem Inhalt B r e n n e k e I I).
Die Reformation yon 156 ist also in den Kl6stern nicht aberall sofort yon durchschla-
gendern Eri. olg gewesen, lor allem hlelten sich verschledene Klosterersonen. die slch der KO
nicht [agen wollten, auger Landes at. Der .lbt yon Clus be.iand sich -_. B. dauernd in Hildes-
helm (vgl. St..4. ll'olienb6ttel. L .llt .lbt. 11. Gr. 7. Kloster Clus, Nr. 4). lm Kloster Marien-
thol bei Helmsted! sollen sicb his 155 noch katholische Zeremonien unter dem ,4bt Caslar
Schosgen erhalten haben (rgl. K a v s e r, G e n e r a I t. i s i t a i o n S. 9 .4nm. 1). Dort wurde
yon Her'_og Yulius wle in den andern ]lannskl6stern 1569 eine Knabenschule eingerichtet (vgl.
aber dlese Klosterschulen eingehend K o I d e w e y, S c h u 1 o r d n
Das Benediktinerkloster St. Ludgeri bei Helmstedt war dem Einflu3 der Herz6ge
lich entzogen als Besit: der .lbtei ll'erden an der Ruhr. dessen .4bt stets als solcher auch St.
Ludgeri vorstand. Die Schmalkoldener hatten sich 1542 fber dlese Beslt:verh,Itnisse bin-
weggeset:t (vgl. Kayser, Kirchenvisitationen,S. 26
4uch aus den Frauenkl6stern kam ll'iderstand gegen das Reformationswerk des Herzogs
2ulius, vornehmlich in der.4bsicht, sich der herzoglichen llYirtschaftsfahrung
far Kemnade und Brunshausc B r c n n e k e I I. far Kloster llarienberg vor Helmstedt St.
10
Die Kirchenordnungen
1. Visitations-Instruktionen im Herzogtum Wolfenbfittel 1542'
Gewalt und bevelh der chur- und [urstlichen stathalter und rethe an alle stende des
furstenihumbs Braunschwei, dorinnen Wulffenbuttel gelegen.
Der durchleuchtigsten durchleuchtigen hochge-
bornen fursten und hem, hern Johanfriedrichen,
herzogen zu Sachsen, des heiligen romischen
reichs erzmarschalk und churfurst, landgraven
in Doringen, marggraven zu hIeissen und burg-
graven zu Magdeburg etc., und hern Philipsen,
landgraven zu Hessen, graven zu Catzenelnbo-
gen, Dietz, Ziegenheim und Niedda, unserer
gnedigsten und gnedigen hern und der christ-
lichen vorein.
Wir, die verordenten stathalter und rethe zu
Wulffenbuttel _o, embieten den ernwirdigen, er-
barn, vesten, ersamen und achtbarn, allen ibten,
probsten, priorn, ebtissin, priorinnen, hauptleu-
ten, amptleuten, burgermeistern, rethen, gemein-
den in stetten, baurmeistern und dorfmanschaf-
ten uff dem lande, auch allen andern, die mit
diesem brief ersucht werden, dieses fursten-
thumbs Braunschweig, darinnen Wulffenbuttel
gelegen, unser freuntlichen dienst und gunstigen
grus und fuegen euch zu wissen, das wir von
wegen und in nhamen und aus sonderm bevelh
hochermelter unser gnedigsten und gnedigen
bern und der christlichen vorein abgefertigt
haben die ehrwirdigen, hochgelerten, ernvesten
und erbarn doctor hern Johan Bugenhagen, ge-
nant Pommer 3, Anthonium Corvinum 4, Magi-
strum Martinum .5, Dietrichen von Taubenheim 6,
Heinrichen von Steinberg 7, Jeorgen von Dan-
nenberg 8 und Johann Hamsteten 9, das sie in
allen abteien, probsteien, klostern, stiften, kir-
chen, pfarren und klausen dieses furstenthumbs,
darin Wulffenbuttel gelegen, die sein in stetten
oder uffem lande gelegen, visitiren, inventiren,
mit den personen in den klostern, stiften und
kirchen uff christliche reformation handlen, sie
von den klostern abfinden und die pfarhern
examiniren, die pfarren nach notthurft bestellen
und in dem allem christlichs einsehens und
ordnung machen sollen, wie sie das weiter in
Druckvorlage: Hs. LKA Wolfenbtittel, Nr.44"/,
fol. 1--22; bei Kayser, Kirchenvisitationen,
mit W bezeichnet.
Es handelt sich urn: Bernhard von hill a
(auch Myla), gest. nach 15"/0, Landvogt des
Kurffirsten yon Sachsen, 1543--154/ Statthal-
ter des Ffirstentums Wolfenbfittel; Christoph
v. Steinberg, Angeh6riger der braun-
schweigischen lRitterschaft, gest 15"/0; Lip-
pold v. S t 6 c k h e i m, Angeh6riger des alten
stiftshildesheimischen Adels; Wilhelm yon
S c h a c h t, aus althessischem Adel, gest. 1553;
Mag. Franz Burkhard, 1503--1560, seit
1535 lat und Vizekanzler des Kurfrsten von
Sachsen; Heinrich L e r s e n e r, 1506 -- 15"/6,
Sekretir in der f(lrstl. Kanzlei des Land-
grafen von Hessen, spiter auch hessischer
Kanzler; als Vertreter der sichsischen Stid-
te: Franz Kale, Brgermeister der Stadt
Braunschweig. -- Vgl. Kayser, Kirchenvisita-
tionen, S. 3, Anm. 1; zu B. v. Mila u. Chr. v.
Steinberg vgl. auch F. Koldewey, Reformation,
S. 328, Anm. 6 J.
Dr. Johann Bugenhagen, geb. zu Wol-
lin 1485, daher Pomeranus oder Pommer ge-
nannt, gest. zu Wittenberg 1558, Generalsu-
perintendent von Kursachsen.
Mag. Anton Corvinus, geb, zu Varberg
(Westf.) 1501, gest. zu Hannover 1553, Suler-
intendent des Ffirstentums Calenberg-G6ttin-
gen.
Mag. Martin G 6 r I i t z (auch Gorolitius), gest.
zu Jena 1549, Superintendent der Stadt Braun-
schweig, spiter zu Jena.
Dietrich v. T a u b e n h e i m, aus altem meil-
ner Adel, Amtmann zu K6nigslutter. -- Vgl.
Kayser, S. 8, Anm. 7.
Heinrich v. Steinberg, gest. 1544, Bruder
des in Anra. 2 genannten Christoph v. Stein-
berg. -- Vgl. Kayser, S. 8, Anm. 8.
Georg v. Dannenberg, gest. 1567, Obrist
in Diensten Herzogs Ernst d. Bekenners und
seiner S6hne. -- Vgl. Kayser, S. 8, Anm. 9.
Johann H a m s t e d t, C-eheimsekretir Her-
zog Heinrichs d. J., seit 1536 belehnt mit Burg
Winzenburg (zwischen Alfeld und Ganders-
heim gelegen). -- Vgl. Kayser, S. 8, Anm. 10.
12
Visitations-Instruktionen 1542
hevelh haben und christlich sein wittier. Derwe-
gen an stat und in nhamen hochgemelter unser
gnedigsten und gnedigen hem und tier christ-
lichen vorein an euch alle sampt und sundern
unser gnedig begern, vor uns freuntlich pittend
und gunstig begerend, wan die gemelte veror-
dente visitatores bei euch sampt und sundern
werden ankomen, die visitation und reformation
furnemen, das ihr ihnen solchs unweigerlich
gestattet, daran kein sperrung, eintrag oder
vorhinderung thut, ihnen darzu forderlich und
behulflich sein, auch darin christliche und bil-
liche gehorsam und folge leistet und in dem
allenthalben also haltet und erzaiget, dardurch
diese lobliche und christliche visitation und
reformation ihren strack furgang zu der ehre
Gottes und vieler seelen heft gewin. Das woLlen
yon wegen Ihrer Chur und F. G. und tier christ-
lichen vorein wit uns zu euch allen und jeden
sampt und sondern vorsehen und vor uns freunt-
lich vordienen und gunstlichen erkennen. Wollet
auch ihnen in den ampten, klostern und stiften
hochgedachten chur und fursten und tier christ-
lichen vorein zustendig futters und mhals, die-
weil sie itzo bei euch seint, ausrichtung thuen
Daran thut ihr Ihrer Chur und F. G. zuvorlessig
meynung. Zu urkund geben unter unsern ange-
bornen petschaften vorsiegelt zu Wulffenbuttel
den 9. tag Octobris anno 1542.
Instruction,
so an stat und aus sonderm bevelh der durch-
lauchtigsten und durchlauchtigen hochgebornen
fursten und hem, hem Johanfriedrichen, herzo-
gen zu Sachsen, churfursten etc. und burggraven
zu Magdeburg und herrn Philipsen, landgraven
zu Hessen, graven zu Catzenelnbogen etc., unse-
rer gnedigsten und gnedigen herrn, wit, Ihrer
Chur und Furstlichen Gnaden und der christ-
lichen vorein verordente stathalter und rethe,
den erwirdigen, wirdigen, hochgelarten, era-
vhesten, gestrengen und erbarn hem Johan Bu-
genhagen, der heiligen schrift doctor, ern Antho-
nio Corvino, Magistro Martino Gorolitio, Diet-
rich yon Taubenheim, Heinrichen yon Steinberg,
Georgen yon Dannenberg und Johan Hamstet,
welche zu einer christlichen visitation dieses
eroberten furstenthumbs 10 der pfarrer, prediger,
kaplan, schulen, schulmeister und etzlicher an-
der sachen halbert verordent, zugestelt haben,
auf welche sie und wie es sonsten die gelegen-
heit ihrem selbst bedenken nach erfordern wir-
det, christliche verordnung und schaffung thun
mogen und sollen.
Und erstlich 11 sollen gemelte vsitatorn sich
an bequeme pletz und stet dieses eroberten
furstenthumbs zusamen verfugen und zu ihrer
ankunft heupt- und amptleut, die yon der ritter-
schaft, die rete der stette, auch die alterleute
und vogte der dorfschaftan neben ihren pfar-
rern und custom, desgleichen die ebte, probste,
capitLele etc., und was mher vor personen sie
nach gelegenheit eines jeden orts zu erfordern
bedenken werden, zu sich uff eine namhaftige
stunde bescheiden, mit vormeldung, das sie ihnen
an stat hochgemelter unser gnedigsten und gne-
digen und der christlichen vorein ein anzeig
gethan 12 und darnach ferner vermoge ihrer
habenden instruction zu handeln. Und wan sie
also erscheinen, sollen sie ihnen ein christliche
vorhaltung thun, wie sie dieselbige als die vor-
stendige wissen zu bedenken oder uff eine solche
meynung ungeferlich, nemlich:
Nachdem sunder zweifel der ewig barmherzig
Got hochgemelten unsern gnedigsten und gnedi-
gen hem und der christlichen voreynung die
eroberung dieses lands nicht am wenigsten da-
rumb vorliehen, das er die unterthanen dessel-
ben aus der vorfurung des babsthumbs und des
yon Braunschweig 13 tiranney, deren er sich nu
'* Herzogtum Braunschweig-Volfenbtittel, 1542
erobert dutch die schmalkaldischen Bundes-
ftirsten (Eroberung der Feste Wolfenbtittel
am 12. August). -- Vgl. W. Havemann, II,
S. 238 ff.; J. K. F. Schlegel, Kirchen- und Re-
formationsgeschichte II, S. 186; F. Koldewey,
Reformation, S. 249, C. A. H. Burkhardt, S.
298 f.; J. Beste, S. 42 f.
Von hier ab auch gedruckt bei C. G. H. Lentz,
S. 224-- 235.
Kayser, S. 11: zuthun
Heinrich d. Jtingere, 1514--1568.
13
Visitations-Instruktionen 1542
Abet die jungen 15, so sich der christlichen
visitation halstarrig oder widersetzig erzaigen
wurden, die sollen uff den pfarren und bei der
seelsorgen nicht gelietten, sundern ihnen ange-
zeigt werden, das sie sich furderlich an andere
orter begeben solten, bei vormeidung ernster
straff trod an derselbigen star werden die visi-
tatorn andere zu vorordenen wissen.
Es sollen auch gemelte visitatores und sunder-
lich in der stetten vleissige erkundigung haben,
ob etwa geistliche oder weltliche personen vor-
handen weren, so den irthumb des widertaufs
oder wider das hochwirdige sacrament des leibs
und bluts Christi unsers heilants verwandt und
anhenhig weren, dieselben vor sich durch den
rath der star erfordern lassen, solche personen
berurte oder ander irthumb halben, uff was
meynung die vormerkt wurden, ansprechen und
durch christlichen unterricht davon abwenden.
Welche aber uff solchem ihrem bericht yon
ibren irthumen nit wolten abstehen, den sollen
sie anzeigen, das sie sich aus diesem fursten-
thumben und landen one verzug sollen thun. Und
dem rath der star, darinnen solche leute be-
funden wurden, aus kraft dieses bevelhs gewalts
ernstlich bevelhen, solche leute zu heften und
ins gefengnus zu nemen und uns solchs unvor-
zuglich zu erkennen geben. Darauf wir ihnen
alsdan bevelh geben wollen, was straff wider
sie furgenomen sol werden.
Und an allen ortern sol den pfarnern, predi-
gem, diaconen, schulmeistern, so sie jedes orts
verordenen, gesagt und angezeigt werden, das
sich keiner unterstehe, anderst zu leren, pre-
digen, oder der sacrament und ceremonien hal-
ben anders zu handeln, dan nach vormuge Gots
wort und in der einfalt, wie die lere yon unsern
gnedigsten und gnedigen bern und der christ-
lichen vorein dieser zeit, darinnen Got sein
gnade gethan und gegeben hat, angenomen und
vor der r(mischen kaiserlichen majestet und
dem ganzem reich uff dem auspurgischen reichs-
tag bekant haben.
Es sollen auch die visitatores den pfarnern
oder predigern, die sie jedes orts verordenen
oder bestettigen werden, bei dem, wie itzt be-
rurt, welter sagen, auch den rethen der stette
solchs vormelden und die burgerschaft in ihrer
gegenwart nach der predigt offentlich uff der
kanzel verkundigen und vorkundigen lassen, das
hochgemelte unsere gnedigste und gnedige hem
und die christlichen vorstentnus in diesem fur-
stenthumen und landen keine widerwertige lere
noch breuche gedechten zu gedulden oder zuzu-
lassen. Wo auch daruber jemands gespurt wur-
de, das er solcher verordnung zu entgegen pre-
digen, leren oder mit sacramenten anders zu
halten oder darwider ernstlich schimpflich oder
lesterlich zu reden, er were geistlich oder welt-
lich, sich unterstehen wurde, das gegen ihn
dieselbe ernste straff sol furgewendt werden.
Wurde auch befunden, das der personen, der
man jedes orts zur seelsorg oder schulen wol
notthurftig nit genugsam weren, so sol uff die
wege gedacht werden, damit an geburlicher an-
zall nit mangel sey. Und so die visitatores als-
bald mit der visitation solche anzall notthurfti-
get personen ditzmal nit mochten ersetzen, so
sollen sie doch darinnen allen muglichen vleis
thun, dieselben zu erlangen, auch anher den
mangel zu erkennen geben.
Volgends sollen sich die visitatorn erkunden,
was die pfarrer jedes orts an liegenden und
farenden guttern bis anher gehabt. Item, was
an ordentlichen ziensen, detzem und andern
gulten darzu gehorig sey. Item, was allenthalben
und jedes orts zu seelgereten, exequien, begeng-
nussen, messen und bruderschaft, calende
salve 17 und dergleichen stiftung verordent.
Item, dieweil sich in etlichen stetten Augustie-
her, Franciscer, prediger und dergleichen bett-
lerkloster, auch thummereyen 18 erledigen wor-
15 Kayser S. 12: diejenigen.
16 Vgl. dazu Rehtmeyer I, S. 149 ff.
1 Marienstiftungen, vgl. L. Eisenhofer, Handb. d.
kath. Liturgik. 1933, II, S. 554.
18 Domereien.
15
Wolfenbi]ttel
den, was dieselbigen zugehoriger gutter gebeuden
und zienst gehabt, wieviel geist:icher leben und
vicareyen an jedem oft gestiftet, werae dieselbi-
gen zu vorleihen geburen und wet die bis anher
vorliehen gehapt, auch was davon gefallen wurd,
so die belehnten personen wurden absterben.
Und nachdem viel leben und pfrunden etz-
lichen personen dieses furstenthurabs vorliehen
sein sollen, welche ganz nichts davon thun,
noch der kitchen dienen, anders dan das sie dero
einkomen nemen, dardurch die rechtschaffenen
prediger und seelsorger ihrer belonung beraubt
wurden, so sollen die visitatoren gelegenheit
der personen hirinne geburliche einsehung thun
und verschaffung thun und auf die einkoraen, so
alberait vorledigt sein worden, sollen sie sura-
rairen, was in ein jeder stat jerlich davon gefal-
len wolle und wie hoch sich die suraraa er-
streckt weft 1.% Und darauf nach anzal der per-
sonen, so raan jedes orts zu den kirchen auch
schularaptern notthurftig sein wird, die besol-
dung ordenen. Und in allewege sollen die visita-
torn die besoldung in den stetten also raachen
und ordenen, das den pfarnern, predigern und
kirchendienern solche provision angesetzt und
verordent, davon sich beweibte und unbeweibte,
wie eins jeden gelegenheit sein wirt, ehrlich und
woll konne erhalten.
Und sunderlich solte nit ungut sein, obgleich
in etlichen stetten die pfarren rait eckern,
wischen und solchen guttern gewiederabt l:'a wor-
den, das die nutzung auf der haussorge und sol-
cher ratthe stunde, das solche ecker, wiesen und
gutter urab ein jerlich gelt gnant und ziens
ausgethan und dera pfarner ein genants an
geld und korn jerlich dargegen verricht solt
werden.
l=teicht es abet uff solche anzall der not-
thurftigen personen zu bequeraer und gebur-
licher besoldung nit zu und wurde also der
besoldung halber raangel furfallen, so sollen
die visitatorn solchs in unterschiedlich vor-
zeichnus bringen und uns an stat unserer gne-
digsten und gnedigen hem und der vorstandnus
berichten, als wollen wit unserra habenden be-
velh nach allen rauglichen vleis ankeren, darait
yon den stiften und vorledigten klostern, vica-
reyen, leben etc. denselbigen bequerae und not-
thurftige zulage geschee, his solang sich andere
lehn oder vicareien vorledigen.
Nachdera auch in stetten und flecken etliche
sundere burger, dergleichen etliche vora adel
lehen zu vorleihen oder sunst etliche stiftung
zu thun haben, der sie sich zu ihrera :nutz
unterziehen raochten wollen, wo es nit vorko-
raen wurde, derselbigen lehn und stilt halbert
sollen die visitatorn verordenen, wan sich solche
lehn dutch absterben der itzigen inhaber und
priester vorleddigen oder berurte gestfte dutch
diese verordnungen fallen, das alsdan solcher
lehn und gestifte aufkoraen nit zu der stifter
oder ihrer erben nutzungen, sunder zu welter
enthaltung der kirchendiener, studenten und ar-
raen leuten hinfurt gereicht werden.
Es sollen auch die visitatores den innehabern,
so bisher solche gaistliche lehen zu vorleihen
vertrostung thun, das unser gnedigste und gne-
dige hem hochgmelt bedacht sein, rait gotlicher
vorleihung ein weiter verordnung zu raachen,
darait dannoch ihnen oder ihren kindern im fall
der notthurft vor andern davon hulf gethan
und gereicht sol werden.
Wo auch kloster oder andere geistliche yon
den pfarren in den stetten bisher pension ge-
hapt hetten, die sollen die visitatores abschaf-
fen und verfugen, darait dasselbe, was pension
bisher berurten klostern oder geistlichen ge-
folget, den pfarrern und kirchendiener hinfurder
pleibe. Dieweil auch ira bapsthurab ein person
oft zwey, drey oder raher geistlicher lehn an
sich gebracht und nut doch an einera ort auch
ausserhalb lands residiren, solche leben, daruff
dieselbige personen in den stetten nit residirt,
sunder dutch officianten bestelt, derselbigen
19 Kayser S. 14: erstregken wirt
1.'% = gewidraet, ausgestattet, vgl. Grram, Dtsch.
W6rterbuch, Bd. 4, Abt. 1,3 S. 5787.
16
Wolfenbtittel
brauchen und dem alsdan zu entscheidung sol-
cher sachen volgen und nachgeben, bis das
weiter verordnung gemacht, vie in solchen ehe-
gescheften und kirchensachen moge kunftiglich
volfaren und gehandelt werden.
Item, es sollen die prediger und pfarrer ver-
mant werden, das yolk christlich und recht zu
leren und auch zu billichen gehorsam zu vor-
marten, ihrer gethanen eid und pflicht unsern
gnedigsten und gnedigen hern und der christ-
lichen vorstentnus mit vleil3 zu erinnern und
sich derselbigen feinde und widervertigen, sun-
der herzog Heinrichs prakticken genzlich zu
entschlahen und als frommen getreuen unter-
thanen zu halten, damit sie bei der reynen lere
des evangelii pleiben mogen, xvie dan die visi-
tatores solchs wol fuglich werden zu erinnern
wissen.
Daruber sol auch den predigern und pfarnern
angezeigt werden, ihres ampts zu gevarten und
sich veltlicher handlung und regiments, auch
eusserlichen hadersachen, so viel billich, zu
enthalten. Dan ob es wol ungezweifelt yon ihnen
christlich gemeint, so sich 22 bisweilen der leut
sachen annemen, dieweil sich aber ungehorsam
und ander unrichtigkeit davon zutregt, ist bes-
ser, solcht unterlassen. Dan gelangt an sie, das
etwo einem armen oder anderm zu seinem
rechten nit geholfen oder derselbig zur billig-
keit nit geschunt, auch laster und ubelthat nit
gestrafft wert, so werden sie, so viel sich ge-
zimbt, wol geburlich und fugliche verwarnung
und vermahnung derwegen zu thun wissen.
Und beschliel31ich und entlich das die visita-
tores hiruber mangel und anders spuren oder
an sie gelangt wirt, darinnen sich vor Got und
der oberigkeit wegen geburen will, einsehung
zu thun, darinnen sollen sie nach ihrem christ-
lichen bedenken solchs furzunemen und zu vor-
ordenen in habender zuvorsicht uff diesem be-
velh und abfertigung furnemen, handlen und 23
an sie gelangen oder furfallen vorden, als die,
denen unsere gnedigste und gnedige hern und
die christliche vorein in solchen wichtigen utd
dapfern werk gnediglich vortrauen vleys nichts
erwinden lassen, zu halten und zu erzeigen
wissen.
Was auch der kloster und prelaturen halber
dieses Iurstenthumbs, und wie die zu bestellert
und zu vorwalten sein sollen, unsere gnedigste
und gnedige herrn gemut und wille sey, solchs
werden die visitatores aus den artickel Ihrer
Chur und F. G. unser zu gestalten instruction,
welche copeien ihnen alhie zu Wulffenbuttel
ubergeben, zu vornemen befinden und sich dar-
nach zu richten und zu halten wissen.
Und sollen die visitatorn alle ihre handltmg
in vorzeichnus bringen und in sonderheit der
pfarren einkomen und notthurftigen zulagn
ordentlich zu vorzeichnen ingedenk sein, und
solchs alles anher fertigen mit notthurftigem
bericht, damit an stat und yon wegen unserer
gnedigsten und gnedigen herrn und die christ-
liche vorein, wir ob ihren verordnungen unl
handlungen dester bas zu halten, und so je-
mants darinnen beschverungen furwenden wolt,
und gegen denselbigen mit geburlicher abwei-
sung und antwort haben zu vornemen lassen.
An dem allen thun sie unsern gnedigsten und
gnedigen herrn und der christlichen vorein zu
gnedigem gutten gefallen auch derselbigen gne-
dige und gunstige meynung. Zur urkund mit
unsern hirunten uffgedruckten secreten besie-
gelt. Geben Wolffenbuttel, den zehenten tag des
monats Octobris anno 1542
Volen die artickel, wie die kloster und pre-
laturen dieses furstenthumbs bestelt und
verwalt sollen werden.
Und nachdem sunder allen zweifel tier exg
barmherzig Got uns und der christlichen vor-
eynigung die eroberung dieses landes nit am
wenigsten darumb vorliehen, das er die unter-
thanen desselben aus der vorfurung des baps-
thumbs und des yon Braunschweig tiranney,
22 Kayser S. 17: so [sie] sich.
-3 Nach Ansicht yon Kayser, S. 593, wire hier
zu ergfiaazen: ,,in allen Sachem so."
18
Wolfenbtittel
lassen werden. Dan wir und die vorwanten der
christlichen voreynigung betrachten, dieweil viel
alter vorlebten personen in dem kloster ane
zweifel sein, die ihr leben lang unterhalten
mussen werden, so kan die bestallung nit bes-
ser dan durch die monche selbst und doch uff
rechenschaft beschehen, zudeme das sie ihrer
klosterguter gelegenheit und bestallungen, wie
man dan oft gut hauswirt darunter findet, an
nutzlichsten zu thun wissen.
Weren abet monche darunter, die aus den
klostern wolten und geschickt weren, pfarren in
flecken oder dorfern zu vorwalten, die werden
die verordente visitatores darzu wol zu furdern
wissen. Doch sol ein billiche abfertigung aus
dem kloster, darin ein jeder gewest, gegeben
werden. Und so oft solchs furfiele, konten es
stathalter und rethe unsers erachtens dohin
richten, wo kein barschaft im kloster vorhanden
oder befunden, das sich die ebte oder probste
mit denselben vortrugen und ihnen uff ein mhal
ein abfertigung geben oder jerlich soviel, das
die summa solcher abfertigung erreichte.
Nachdem wit glaublichen bericht worden,
solchs auch im werk etzlichermass befunden,
das sunderlich die nonnen, so im lande plieben,
ihrer kitchen und klosterkleinotten, barschaft,
farung und getreidich vor unserm anzug auch
aus dem lande geschickt, so sollen stathalter
und rethe mit denselben oder ihren vorstehern
in gleichnus reden und mit ihnen verschaffen,
wie oben ungeferlich der ebte und probste hal-
ben gemeldet, ane allein sollen sie mit der hul-
digung verschont werden Abet solche vorsteher
sollen solche huldigung leisten.
Wurden auch in den jungfrauenklostern junge
personen vorhanden sein, die sich heraus und
zum ehelichen stand wolten begeben, wie dan
die visitatorn wol vormerken werden, und wol-
ten dasjenige, was sie in die kloster bracht
oder ihnen hinein angestorben were, oder sunst
ein abfertigung haben, so sollen stathalter und
rethe uff der visitatorn anzeig denselben perso-
nen darzu soviel muglich furderung thun, das
sie ein ziemlichs und muglichs nach vermugen
des klosters zur abfertigung bekomen, oder das
es damit geordent werde, wie droben der mon-
che halber, so aus dem klostern begeren werden,
gemeldet.
Und was an kleinotten und barschaft zur hand
wurde bracht oder in kloster und stetten befun-
den werden, das sollen stathalter und rethe in ein
wolvorwart gewelb zu Wulffenbuttel beisetzen
und einem iglichen kloster ein vorzeichnus yore
inventario zukomen lassen, auch was also bei-
gesatzt, eigentlich beschreiben und uff die negste
zusamenkunft unser und den eynungsverwanten
davon copeien und bericht zuschicken.
Wurde auch der adel im lande sich berurter
beisetzung der kleinotter beschweren wollen,
wie dan bereit etzlicher mal vormerkt worden,
so sollen ihnen stathaltgr und rethe und bevel-
haber diesen bericht geben, das die beisetzung
"zu mherer verwarung beschehe, darumb wurden
sie unsers erachteas kein beschwerung darin
tragen, dieweil auch schwerlich alles yon den
often, dahin die geistlichen berurte kleinotter
geflohet, wider ins land und zur stedte wurde
bracht werden.
Nachdem auch die yon der ritterschaft der
compthur halbert zu Lugklem und Suppling-
burg 27 uff negsten landtage zu Braunschweig
schrieftlichen ein anzeigung und furbitt gethan,
das wit und die eynung dieselben zur erbhul-
digung gleich ihnen den yon der ritterschaft
wolten komen und sie bei der vorwaltung comp-
tereyen und der zugehorigen gutter bleiben
lassen, so sollen stathalter und rethe dieselben
cumpthurn furderlich bescheiden und ihnen diese
anzeigung thun, nemblich: wo sie furderlich ge-
melten stathalter und rethen, auch den bevelha-
bern alle gutter ihrer comptoreyen, auch der-
selben tenth und einkomen, auch ihrer kirchen-
kleinotter glaubwirdig wurden verzeichnet geben,
Die Verwaltung der Komtur Lucklum hatte
Burchard v. Pappenheim, die der Johanniter-
kommende zu Sfipplingcnburg Matthias Dt}rg-
ke inne. -- Vgl. F. Koldewey, Reformation,
S. 265; zur Literatur fiber Lucklum und Stipp-
lingenburg vgl. ibid. S. 333, Anm. 24.
2O
2. Christlike kerken-ordeninge im lande Brunschwig, Wulffenbfittels deles
1543 Wittemberg I
Gottlike und christlike ordeninge in den ker-
ken unses Heren Jhesu Christi ys twyerleye. De
erste ys allene van Gade ane rniddel, Gades wort
trod befehel. De sind wy christenltide schtildich,
also tho lerende und tho holdende by verlust
rinser seelen salicheit. Und nernand hefft rnacht,
xven ok ein engel uth dern hemrnel were, solke
ordeninge tho voranderende. De andere ys ok
van Gade, 6verst nicht ane rniddel, sunder d6rch
de propheten, apostele, bisschoppe edder par-
heren, de dat yolk rnit Gades worde leren, ge-
setter und geordineret, der ersten ordeninge tho
gude. In welcker nach gelegenheit edder nottorft
umb der ersten ordeninge villen roach wol wat
gewandelt werden. Van beclerleye secht Paulus
1 Corinth. 11, dar he vain sacrarnente secht:
Van der ersten also: lck hebbet varn Heren
Christo entfangen, dat ick ju gegeven edder
geleret hebbe. Wente de Here Jesus Christus in
der nacht, do he vorraden wart etc. [1. Kor 11,23].
He wil dar also seggen: Van Christo hebbe ickt
also entfangen, dat rn6the wy also leren und
holden bet thorn jringsten dage. Und hen apo-
stel edder ander rnynsche, hen engel edder
drivel rnach dat anders vorordenen edder rnaken
mit dern sacrarnente. Alse he ok klarlick secht
also: So vaken gy van dissem brode ethen und
van dissem kelcke des Heren drinken, sch61en
gy den doer des Heren verkrindigen [1. Kor 11,26]
(alse Christus secht: dat doht tho rnyner ge-
dechtnisse [Luk 22,19]} bet so lange, dat he
krimpt, das ys, bet thorn jfingesten dage. Wo
6verst solcke unvorwandelike ordeninge Christi
by uns geholden ys mit den offerrnissen und
fegefeuresmissen, ys nu {Gade sy loff} d6rch
dat leve evangelion arn dage. Und yd bedarf
nicht veler w6rde, wen men den misbruck holt
gegen dat klare befehel und insettent und orde-
hinge unses Heren Jesu Christi varn sacra-
mente, xvelcke de leven apostele Christi so ge-
leret und mit den rechten Christen geholden
und der hilligen christenheit tho lerende und
tho holdende bevolen hebben, alse dat klar steit
geschreven 1. Corin. 11. [23--26].
Overst van der anderen ordenunge secht dar
Paulus also: Gy Corinthere komen ergerlick
thosamende, wen gy tho Gades worde und thorn
aventrnale Christi kornen, dat is nicht recht.
Darurnrne, rnyne br6dere, wen gy thosamende
komen tho ethende, so th6ve de eine na dem
andern etc. [1. Kor 11,33]. Item, dat ander wil
ick ordenen, wen ick kome [1. Kor 11,34]. XVat
is dat andere? Dat is, war Godt und Chrmtus
nicht sunderlick geboden, bevalen, ingesettet
und vorordenet hefft und denet doch, dat men
ehrlick tho solcker gadesordeninge thosarnende
karne und dat alle dinge dar 6rdentlick und
christlick xverden utgerichtet, alse sehr klar
is uth dern ganzen capittel 1. Corin. 14, dar
he ok also beslrith: Later alle dmge (wen gy
thosarnende karnen) trichtichlick und 6rdentlick
thogaen [1. Kor 14,40]. Solcke g6dtlicke orde-
hinge n6met Paulus tho den Tessalonikeren:
traditiones apostolorum [2 Thess 2,15; 3,6], war
se gesettet und vorordenet hebben, der ersten
ordeninge Gades tho gude. Wo wol Paulus dar
mit dern xvorde traditiones nicht allene de
andere ordeninge nennet, sunder ok de erste,
xvelcke se alse apostele rnosten 6vet de ganzen
werlt leren und bevelen tho holdende, alse dat
klar is, dar he vain sacrarnente secht: Ego accepi
a Domino, quod et tradidi vobis [1. Kor 11,23],
dar h6ret men wol, vat traditiones apostolo-
rum sind. Doch willen vy noch klarer reden van
dissen beiden gadesordeningen.
lECHTE LERE UND GADES WOIT] De erste
ordeninge und de vornehmeste, alse gesecht is, is
van Gade ane rniddel, welcke is Gades lere, de
1 Druckvorlage: Druck von 1543, XVittenberg bei
Georg lhau. Expl. der Nieders. St. u. U. B.
G6ttingen {Jus. statut. V 7633). Quart, 90 Bll.
22
Kirchenordnung 1543
sacramente van Christo bevalen und wat stis
dartho gehSret, alse dat wy willen, dat in unsen
kerken Gades wort, nSmelick dat gesette und
evangelion reine und lutter geprediget werde.
Dat me de sacramente geve und neme, alse yd
Christus bevalen hefft und alse yd de apostele
geleret und de hillige apostolische christenheit
angenamen, gelSvet und geholden hefft, dat
men de kindere recht lere vain geloven, den se
spreken, dat se in Christo blyven, de in Christum
gedofft sind, das men den christliken catechis-
mum recht lere und drive, daruth unse kindere,
ok de olden, ok fSrsten und heren, eddelltide,
bure, bSrgere leren und vorstendich mSgen wer-
den, war doch ein christen wesent sy, dat se
nicht blyven gravianen, alse se vorhen weren
in der papisterye, dar se gude Christen veren,
allene darvan, dat se des Frydages nicht flesch
ethen und tSgen des Sondages einen andern rock
an und segen, dat de pape vor dem altare stund.
Mehr wusten se nicht. Item dat men ok tier
kercken- und scholendenere, ok arme ltide vor-
sorge.
Dit alle, alse gesecht, is jo nicht mynschen-
ordeninge. Wente dar kome wy vele tho spade
tho und wSrde frylick ok nemand darvan we-
then, alse denne dat evangelion van ewicheit
vorborgen is geweset und dSrch de apostele und
predikere bet thorn jtingsten dage geopenbaret
werd denjermen, de salich werden, Iom. 16
[25 f.], Eph. 3 [5] etc. Stinder wen wy solcks
setten und vorordenen, so folgen wy der orde-
hinge Christi, rinses Heren. Alse he is unse enige
salichmaker und gewisse heiland, so is he ok
unse enige lerer und meister, darvan Godt, de
Vader, rSpt uth dem hemmele: Dit is myn leve
SSne, dissen schSlen gy hSren [Luk 9,35]. Und
he secht stilven Joh. 10 [27]: Myne schape hSren
my-hen stemmen.
Christus, de SSne Gades, hefft bevalen {Marci
ultimo), dat evangelion tho prediken allen crea-
turen [Mk 16,15]. He hefft angerichtet die dSpe
und syn aventmahl und darneven bevalen, dat
men de sacramente geven und nehmen schal na
syner ansettinge und bevehele und nicht anders.
Wente wedder dat evangelion und insettinge
Christi schal men nemand hSren, ok nicht einen
engel yam hemmel, alse Paulus wol darf reden
Gal. 1 [8]. Christus secht ok Joh. 10 [5]: Myne
schape h6ren nicht der frembden stemmen, sun-
der flegen yon en.
CONCILIUM] Worumme villen denne wy unbe-
dachten ltide wachten bet so lange, dat concilia
geholden verden7 Wy mSchten wol vechsterven
in middeler tydt in unsem ungeloven und godt-
losen wesende Consilia und mynschenordeninge
kSnen doch nichts schaffen edder setten gegen
de ordenige Gades. Willen vy noch tho rade
gan, efft men ok annehmen schal Gades wort,
dat evangelion Christi und synen bevehel7 XVenn
willen vy denne salich werden7 Wol van Gade
nicht vethen wil in synem vorde, van deme
werd Godt wedderumme nicht wethen und werd
en holden vor einen vordSmeden heiden, alse
Christus secht Matth. 7 [28]: Wyket van my alle,
gy 5veldeder. Ick hebbe ju newerlde erkennet.
Wen t}verst de concilia vordSmeden de dtivels-
leren und settinge des antichristes, van velckem
Christus trod Paulus gewissaget hebben, welcke
wissaginge is leder altho war geworden (wente
Christus und de hillige Geist in den propheten
und apostolen kan nicht legen) und lereden dar-
beneven und gebSden tho prediken dat evange-
lion Christi reyne, ok recht uththodelende de
sacramente na dem bevehel und insettinge
Christi, alse de apostele geleret und mit den
rechten Christen gedahn hebben, so wolden wy
frylick seggen, dat yd godtlose und nicht
christenltide weren, de sSlcks nicht wolden an-
nehmen. Overst na solckem concilio hebben wy
nu lange, jodoch vorgeves gebeidet, tuns is vele
thogesecht, 5verst de papisten kSnnen nein
christlick fry concilium lyden. Se wolden gerne
vele lever blyven in 5hrem gruwel vor Gade
und in 5hrem unflathe vor der werlt ane hillige
schrift und ane Godt.
DAT RECHTE EVANGEL1ON] De papisten
seggen nu also: Wy vorbeden dat evangelion
nicht, 5verst gy schSlen ein ordel vorxvachten
van den unsen und van uns, efft id ok dat
rechte evangelion sy, dat gy prediken und leren.
Darup is unse antvort: Wy fragen nichts darna,
23
Wolfenbtittel
dat se also spelen mit wSrden und uns falslick
beklagen_ By uns werd nu gepredickt dat rechte
evangelion, dat den bedrbveden conscientien
ktindiget ummestis vorgevinge der sunden, allene
umme Christus willen, des Sons Gades, de vor
uns vorraden und gedSdet is geworden. Nadem
de sunde dermathen nu is wechgenamen, werden
wy rechtverdich und erven sowol dat ewige
leven alse alle ander gadesgtidere, alse de leven
kindere, gelevet van Gade, dem Vater, in ewi-
cheit, in dem geleveden SSne Gades (Eph. 1
[4 f.]), dSrch welcks Geist (wenn wy dat evan-
gelion hOren und leren) wy den geloven ent-
fangen. So nu Godt de Vader uns den SSne ge-
geven hefft {Fibre. 8 [32]), wo schblde he ok nicht
in em und mit em uns alle ding gegeven heb-
ben? Dat is dat rechte ware evangelion trod dar-
bcneven nein ander nicht.
BOTE] Overst vor solckem evangelio prediken
wy und lathen prediken penitentiam, dat is,
bore 2 edder betteringe, alse Johannes Baptista
gedahn und Christus bevalen hefft: Doht bote
edder betert ju etc. [Mk 1,15; Mt 4,17], dat de
10de eren erdom, ungeloven, godtlose wesent,
sunde und fell erkennen, erschrecken vor Gades
gerichte, sehen, dat se dem drivel in de hand
gekamen, vordSmet synt thorn ewigen dode int
helssche vtir. XVerm solcke donnerslege dSrch
dat predikent des gesettes Gades edder der bote
5vet uns arme sundere ktimpt, wor willen wy
denne blyven? denne sind wy vor Gade rechte
arme ltide. So ktimpt define dat leve evangelion
uns sehr willekame, welck uns thosecht vorge-
vinge der sunden dSrch Christum und allene
dbrch Christum, so wy an en gelSven. Dat her
denne, alse Christus secht Matth. 11 [5]: Pau-
peres evangelizantur. Den armen werd dat evan-
gelion geprediket. Solcke lere und ordenunge
hefft Christus bevahlen Luc. ultimo [Luk 24,47].
Nemlick tho prediken de bote edder beteringe
und dartho vorgevinge der sunden im namen
Christi.
KEIKENDENEIE] Gelick nu alse uns dat hil-
lige evangelium werd van Christo stilvest vor-
ktindickt, wowol dSrch den round des kerkendeo
ners edder predikers, also nehmen edder ent-
fangen wy ock de dpe und sacrament van
Christo Jesu stilvest, de se uns gifft, wowol
dSrch de hand des deners Christi na der in-
settinge und bevehel des Heren Christi.
DE FtECHTE GADESDENST WEDDEFt MIN-
SCHENLEIE] Wat schSlde uns nu feylen, dat
wy nicht dat ware evangelion hebben7 Synt wy
doch gedbpet und dSrch den geloven in Christum
mit Gade vorsSnet und Gades kindere geworden.
Wy bekennen, dat wy gelSven, wy leren unse
kindere, wy anropen, beden und danken Gade,
hSren gerne syn wort und blyven in dem be-
stendichlick. Dit is de rechte ware gadesdenst,
in den ersten dren gebaden Gades gevatet und
gebaden, van welckem de ltide nicht wethen wil-
len und spelen dewile mit andern gadesdensten
und ordenen, van mynschen erdacht, gefunden
und gelogen. XVedder welcke Christus hIatth. 15
[9] uth dem Jesaia [29,13] secht also: Se denen
my vorgeves (sprickt Godt), dewile se leren
mynschenlere und mynschengebade. Sint dat
nicht klare wSrde7
TIACTAT VON FtECHTEN GIfDEN XVEFtIxN
DEI KINDEFtN GADES] Wen wy dem evangelio
gelSven tho vorgevinge der sunden und synd
kindere Gades geworden, dat xxy kSnnen Godt,
unsen leven Vader anropen im namen Christi in
alle unsen nSden lyves und der seelen, so werd
uns ock darna geleret van guden werken und
enem christliken levende uth dem gesette Gades,
dat is uth den tein gebaden Gades. "Vente dat
synt allene gude verke inwendich vor Gade und
uthwendich vor den ltiden, de uns werden ge-
baden in den rein gebaden Gades, dar hebben
wy mehr tho dSnde gegen Gade und gegen den
ltiden, den wy uthrichten kSnnen Mynschen-
gebade, falsche gadesdenste, erdachte werke,
gedichtede und erlogene hillicheit sind nicht
gude werke, sunder warhaftige bylove und aff-
gSderye. Item uns werd ock geleret van der
gedult, yon dem kri2tze, van dem gehorsam der
overicheit und dat de Christen allene
.o _-- Bulge.
24
Kirchenordnung 1543
sette hebben, alse de leve, dardSrch ein ider
na syner esschinge 2a denet anderen lfiden und is
des gewisse, wat he also andern deit, dat he
dat Christo sfilvest gedan hefft, Matth. 25 [40].
Wolde Godt, dat wy s61cke gude frfichte als
gude bSrae edder de leven kinder Gades k6nden
bequeraelick tho syner tydt hervorbringen, Gade
tho eheren, de solcks van uns rait synen rein
gebaden fordert und unsera negsten tho denste,
de solcks wol bedarf.
DUERBAR 3] Solcke gude werke, von Gade
gebaden, gefallen sehr wol unsera leven Heren
Gade, unsera heraraelschen Vadere, und unsera
leven Heren Jesu Christo, dera S6ne Gades, und
so wol, dat he se ok tydtlick und evichlick be-
lonen wil, alse he gnedichlick vakene thoge-
secht und vorheten hefft in der hilligen schrift.
Nicht dat unse werke solcker bel6ninge werd
sind und wy solckes vordenet hebben, sunder
urarae syner thosage willen, an welcker Gade
raehr gelegen is, den an herarael und erde.
UNVULKAMEN UND UNREIN] Overst solcke
gude werke, de Godt in der ersten und anderen
tafelen gebaden hefft (velckere heten: Codt
leven und unsen negesten leven) sind nicht
by uns vullenkaraen, ja, dat alderringeste dohn
wy van reynen herren, velck d6rch den geo
loven (vorhen ehr wy gude verke dohn konnen}
gereiniget is, Act. 15 [9]. Und dat gr6tteste
blifft nach dar hinder, wente yd is unra6gelick
(alse ok Augustinus plecht tho seggende 4 und
de erfarenheit brenget yd rait by uns, wen wy
nicht rait hfichelye vorblendet sind), dat ein
raynsche in dyssera levende k6nne rait synen
kreften und werken inwendich und uthwendich
dit gesette Gades vullenbringen: Du schalt leven
den Heren, dynen Godt, van ganzera herten,
van ganzer seelen, van alle dynen kreften, und
dynen negesten alse dy sfilvest [Luk 10,27],
dat is uns arraen sundern vyle tho vele, van
ganzera herten etc. und alse dy sfilvest. Itera,
wy sind noch ok hyr ira sterfliken und sund-
liken lyve und de bse lust wedder Codt und
unsen negesten r6get sick ane underlaht, wedder
welcke wy rait dera Geiste, den uns Godt gege-
ven hefft, striden rathen, dat wy nicht doh
allent, wat wy willen, Gal. 5 [17]. Darurarae
kant tins ock noch wol feilen, alse yd groten
hilgen gefeilet hefft, de sere groff vilen. Lat
uns nicht seker syn, gelick efft id nu nein noth
rait uns hebbe, Paulus secht thon Galatern: Wo]
dar steit, de seh tho, dat he nicht valle [1.
10,12]. Dard6rch werden denne alle unse guden
werke nicht allene unvulkaraen, sunder ock, so
vele by uns is, unreine. Ven wy wat gudes dohn
so kSrapt unse ydel ehre, unse vordeil und nfit-
ticheit unde ander dfivelsdreck unser bSsen liiste
dartho, dat wy unser guden werke uns nich!
rraen knnen, efft vy vol vele gude werke
dohn.
AFFGOEDESCHE WERKE] Uncle dat wy uns
so erkennen, dat is uns guth, wy wSrden uns
anders up unse guden werke vorlathen unde
wrden rait ungeloven drch hfichelye uth unsen
guden werken bSse werke vor Gade unde rechte
affgSderie raaken, aise de phariseyer, de da vor
Gade dorfte seggen: Ick danke dy, Godt, dat
ick nicht bin alse de andern, de ungerechten.
rvere, ehebreckere etc. [Luk 18,11]. S61cke pha-
riseyr menen, se holden alle gebade Gades so
vulkaraen, dat se ock raehr dohn, wenn en ge-
baden is, alse disse secht: Ick faste tweraal in
der weken [Luk 18,12], dat hadde Godt nichl
gebaden, alse ock unse ranneke hebben opera
supererogationis. Overst Lucas scheld se int
erste, dat se sick up sick sfilvest verlathen.
dat is, up ere gude sch.vnende levend unde guden
werke [Luk 18,9]. Dat het so vele: Se sind un-
gelSvige gotlose hfichelere, de van der ersten
tafele des gesettes nicht enen bockstaff holden
Wente: Vorlathen se sick up sick sfilvest, so
vorlathen se sick jo nicht up Godt unde Gades
gnade unde barraherticheit. Wor sind hyr de
ersten gebade: Du schalt nicht andere gdere
2a Beruf, vgl. Schiller u. Lfibben, 1. Bd., S. 796 f.
3 = teuer, kostbar.
4 Vgl. z. B. De grat. et lib. arb., XVII--XVIII,
36--37; MSL 44,903 f. De spit. et lit. XXVIII,
49; MSL 44,231; CSEL 60,204. Contra duas ep.
Pelag. IlI, 2,2; MSL 44,588; CSEL 60,486 f.
3 25
Kirchenordnung 1543
Christo Jesu, de allene unse salichmaker is,
alse de tSlner, de dar sprack: Godt sy gnedich
my armen sundere [Luk 18,13].
Seth wol tho, gy leven kindere des hemmel-
schen Vaders, dat gy nicht dohn mit juwen
guden werken alse dejennen, de thorn jringsten
tage werden seggen Matth. 7 [22]: Here, Here,
hebben wy nicht in dynem namen gewissaget
edder geprediget? hebben wy nicht in dynem a-
men drivel utgedreven, hebben wy nicht in dynem
namen vele wunderdaet gedaen? Wat menen
se darmede anders denn: Umme unser solcker
werken willen scholtu uns in den hemmel he-
men. Bekennen also ere affgSdesche herte, dat
se sick up solcke herrlike hogen werke vorlathen
hebben und nicht up Jesum Christum allene und
bekermen doch de verdOmeden lride, dat se
solcke werke im namen Christi gedan hebben.
Darumme scholden se sick der werke so nicht
angenamen hebben, gelick efft de verke ere
gerechticheit vor Gade und ere salicheit weren.
Denne {sprickt Christus) werde ick en seggen
und bekennen: Ick hebbe ju noch nuwerlde er-
kennet, wiket alle van my, gy 5veldedere [Mt.
7,23].
Leve Here Godt, sind dat 5veldedere und aff-
gOdesche lode, de solcke grote werke und wun-
derdade gedan hebben im namen Christi, alse
se seggen: Wy wurden warlick solcke 10de up
erden vor levendige hilligen holden, ld sind jo
trouwen de hogesten werke. Item sind de werke
affgOdesch, lck bin nicht alse de andern, de
unrechten, de rovere, de ehebrekere [Luk 18,11],
de doch Got in synen teyn gebaden hefft geba-
den alleine darumme, dat sick de werkhilligen
darup vorlathen, alse Lucas secht: Se vorleten
sick up sick sfilvest, gelick efft se gerecht und
from weren, und vorachteden de anderen [Luk
18,9J, wor willen denne blyven unse papisten mit
eren erdichten werken und gadesdensten, de en
Got noch geboden noch bevolen hefft? Alse sind
de werke, dar se mede leren genoch dohn vor
de sunde, ere vegeffiresmissen, hilgen anropen,
de hilgen viren und vasten, ere afflath, ere hil-
gen reysen, ere brod.erschoppen, ere strengen.
noch strengere und allerstrengesten ordene, mon-
nekerye, carthuserye, nonnerye, monnekeregu-
len, falsche gadesdenste, erdichtede religion, mis-
sepapen, falsche gesalvede, falsche propheten
edder predikere, de minschenlere und mitschen-
bade leren, Matth 15 [3.9], weicke Paulus 1.
Thess. 4 [ 1. Tim 4,1] nOmet: drivelsleren. Und
Christus wissaget Matth. 25 [24,24]: Surgent
pseudo christi et pseudo prophetae, dat is: Id
werden upstart falsche gesalvede und falsche
predikere edder lerere etc Item wor willen se
blyven mit eren klockendOpende 4b, mit erem sche-
rende und smerende, mit eren gasterigem chre-
sere 5, welckerem se unvorschemet mit groter
lasteringe Gades dem hillgen Geiste toleggen,
vait erem wyewater, darmede se de drivele
und alle noth lyves und der seelen vordriven
etc? Welckes se alle erdichtet hebben, leren und
holden Gott to versonende, vele vordenste und
dat ewige levent tho erwervende. Welck doch
nicht gescheen kan dorch de werke des gesettes,
dat is, dorch de werke, von Godde in den teyn
baden gebaden. Dat is gruwelick, darmede heb-
ben se wolt syn ere eigene salichmakere und heb-
ben darmede vorlochnet Gades gnade und barm-
herticheit und dat bloth unses Heren Jesu
Christi, sint 10de geweset ane geloven, alse
Paulus von en dorch den hilgen Geist gewyssa-
get hefft 1. Tim. 4 [1], dat in den lesten tiden
wrirden etlike van dem geloven afftreden etc.
BOSE UND GUDE BOEME] Uth dissem allen
leren wy, dat de gottlosen ungelovigen roh und
wilde lride, ja ock de hilgen huchelere, de ere
ungelovige herte nicht erkennen yon blindheit
wegen, nein gut werk Gade gevellich kOnnen
dohn. Wente Christus secht: Id is nicht mSge-
lick, dat ein bose born gute frrichte drege [Luk
4b Vgl. Anm. 15.
5 Chrisma, Weihe am Grfindonnerstag: vgl. Pon-
tificale Rom., Bd. III, S. 55--65.
6 Vgl. den ,,Ordo ad faciendam aquam benedic-
tam": Rit. Rom., Pars I, Tit. VII1, Cap. lI, S.
278--281.- Vgl. zur Wasserweihe und zum
Weihwasser: A. Franz, Die kirchlichen Bene-
diktionen im Mittelalter, 1909, Bd. I, S. 43--220.
3" 27
Wolfenbrittel
6,43]. Wy Christen averst, de wy gude bSme
und kindere Gades dorch den geloven in Chri-
stum geworden sind, scholen dohn und k(innen
dohn und dotm ock vele gute werke. XVente
Christus secht: Ein gut bohm kan nicht bSse
frrichte dregen [Luk 6,43]. Gude werke sind (alse
gesecht is), de Gott in synen teyn gebaden van
uns vordert, welcke alle in dyssen beiden stricken
besloten sind, dat wy Got leven und unsen
negesten leven, dat sind werke des gesettes
edder der gebade Gades, dar socht yd Got
genowe by uns in der grund des herten, dewile
he uns het leven. Hyr komen wy noch icht
thor vust edder thor hand, als unse huchelere
vele plappern van uthwendigen werken, sonder
hyr steyt van den guden werken des herten
gegen Gade und den ltiden, dat is leven. Daruth
werden denne ock wol rechtschapen komen de
uthwendigen werke, yon Gade gebaden Is de
born gud inwendich, so werd he sick wol bewisen
to syner tydt mit der uthwendigen frucht.
UP GUDE VEIKE NICHT VEILATHEN] Und
wy dohn solcke werke nicht darumme, dat wy
dardorch willen from und salich werden edder
den hemmel und dat ewige levent vordenen.
\Vente dat hebben wy vorhen, dat wy kindere
und erve Gades sind, dorch Christum Jesum
alleine. \Vente wenn wy nicht ersten kindere
Gades sind, so kSnen wy vor Gade nene gude
werke dohn, alse vaken gesecht is, und wenn
xvy begunden, unse salicheit in unsen werken
tho sokende, so vilen wy van dem geloven
Christi und van der thoversicht tho Gade. Sunder
wy dohn solcke werke alse de leven und gehor-
same kindere Gades, Gade unsem Vader tho
ehren, de se van uns fordert und unsem nege-
sten tho deinste, de id wol bedarvet. Disse unse
werke behagen Gade dem Vader und unsem
leven Heren Jhesu Christo so wol, dat he se
ock synen leven kindern tydtlick und ewichlick
belonet, nicht umme unses verdeinstes willen,
sonder umb syner gnedigen thosage willen, de
nicht legen kan und darumme, dat he uns levet
in Christ Jesu, de wy dohn de werke.
Unse huchelere bekrimeren sick groth mit
falschen leren, wo grot se mSgen ere werke
maken, welcke de h(igesten, de hilgesten und
besten werke und wo hoch dat solcke werke
im hemmele sind, de dar vordenen vergevinge
der sunde (welck doch nicht vorgevinge kan he-
ten, wenn ick se vordenen schal), vordenen srin-
derige kronen in jenem levende. Und gedenken
doch nicht einmal, wor de werkere, dat is, de
de werke dotm, mSgen henne kamen. Se sind
bSse bSme und waschen doch vele van guden
frtichten, gedenken averst nicht einraal, wo
sie from und gudt werden mSgen.
Also leret uns de hilge Geist Psalm 4 [6]:
Offert gerechtigkeit und hopenet up den Heren,
dat is, doht Gade tho eheren, war recht und
gut is und vorlatet ju gelickewol nicht up sril-
cke juwe guden werke alse de ungelovigen und
affgSdesche hrichelere, sunder hopenet und vor-
later ju up den Heren, up Gades gnade und
barmherticheit Dat wy jo im geloven Christi
und in erkentnisse Gades gnaden bliven, wenn
wy wat gudes dohn und nicht vallen mit unsem
byloven und ungeloven up de gerechticheit unser
werken, welcke, wo wol se gerechticheit und
frSmicheit sind vor den lriden, so sind se doch
nicht gerechticheit und frSmicheit des herten
edder der conscientien vor Gade, dar alleine
Christus unse gerechticheit is.
So secht ock Paulus Gal. 2 [16]: Dorch dat
gesettes werk weft nein fieisch gerecht. Nein
fleisch, dat is, nein mynsche, he sy JSde edder
heyden, from vor der werlt edder unfrom, se
sind alle stindere (Rm. 3 [23]) und knen sich
Gades nicht rSmen und secht ton Galatern
[2,20 f.] vordan: War ick nu mehr leve im fleis-
sche {nadem ick Christen und ein apostel Christi
bin geworden) dat leve ick (nicht in mynem
vermSgen edder werken, wowol ick vele gude
werke doh, sonder) in dem geloven des SSns
Gades, de my gelevet hefft und sick srilvest
vor my darhen gegeven. Ick werpe nicht wech
de gnade Gades (alse de valschen apostele dohn
und nu die papisten). Wente so d6rch dat gesette
de gerechticheit krimpt, so is Christus vorgeves
gestorven, dat is: Wol dSrch de werke des ge-
settes edder der gebaden Gades (wor willen
der papen 16genwerke blyven?) wil vor Gade
28
Kirchenordnung 1543
from und gerecht werden, de verlchenet den
dod und bluth Christi. Rim. 9 [30--32] spreckt
Paulus: Dat willen wy seggen: De heiden, de
nicht hebben na der gerechticheit gestahn, heb-
ben de gerechticheit erlanget. Ich segge 0verst
van der gerechticheit, de uth dem geloven
k0mpt. Israel iverst hefft dem gesette der ge-
rechticheit nagestahn und hefft dat gesette der
gerechtigkeit nicht iverkamen, worumme dat7
Darumme, dat se yd nicht uth dem geloven,
sonder alse uth den werken des gesettes sSken.
Wente se hebben sick gestSth an den stehen
des anlopendes. Alse nu ock unse werkhilli-
gen etc.
Also bevehlet ock Christus synen jtingeren
de alderh6gesten guden werke, dat se scholen
dat rike Gades verkiindigen edder predigen
trod s61cke lere mit groten wunderdaden be-
kreftigen und warnet se doch truwelick, dat se
sick up solcke werke nicht scholen vorlaten,
stander blyven by dem geloven Christi, dorch
welchen se sind angenamen yon Gade und in-
geschreven thorn ewigen levende. So secht he
Luc. 10 [19 f.]: Ick hebbe ju macht gegeven tho
treden up slangen und scorpion und 6vet alle
gewalt des vyendes und nichts werd ju schaden
dohn. Doch darumme frouwet ju nicht, dat ju
de geiste underdaen sind, frouwet ju 5verst,
dat juwe namen im hemmele geschreven sind.
So secht he ock klar genoch Luc. 17 [7. 10]:
Wol is mank ju, de einen knecht hefft etc.
Also ock gy, wenn gy alles gedan hebben, wat
ju bevalen is {ja wenn ehrT) so spreket: Wy
sint unn0tte knechte, wy hebben gedan, wat wy
tho donde schuldich weren.
TRACTAT MATTH. 25] Hyrtho gehOret ock,
dat Christus secht Matth. 25 [32--35], dat he
thorn jiingesten dage werde vonander scheden
de schape und de bScke und werd tho den scha-
pen thor rechter hand seggende: Kamet her,
gy gesegenede edder gy gebenedigede mynes
Vaders. Beervet dat rike, dat ju bereidet is
van ambeginne der werlt. Wente ick bin hun-
gerich geweset und gy hebben my gespiset.
Ick bin dorstich geweset etc. Dar hSrstu, dat
se alse de erven und kindere Gades vele gudes
hebben gedan erem nottorftigen negsten, welck
is de leve, de uns Christus geboden und bevalen
NIE GEBOD] hefft, Joh- 13 [34 f.]: Ein nye ge-
bot geve ick ju, dat gy ju under einander leven,
alse ick ju gelevet hebbe, up dat gy ju under
einander leff hebben. Darby werd idermann
erkennen, dat gy myne j0ngere sind, so gy leve
undereinander hebbet.
Christus bet id ein nye geboth, nicht dat id
nicht vorhen gebaden is dorch Mosen, de dat
secht: du schalt dinen negesten leven alse dy
s01vest [Lev 19,18]. Sunder darumme, dat id
Moses geboet dem olden mynschen, in s0nden
verdorven, und ward nicht geholden. Christus
averst gebtit de leve den nyen ltiden, de vornyet
sind dorch dem hilgen Geist und kinder Gades
geworden, de holden id. Wente dewile se sind
gude b(ime geworden docch den geloven an
Christum, so werden se ock tho syner tydt gude
fr0chte bringen, dat is, de leve gegen dem not-
troftigen negesten bewisen mit der dath, alse
ock thovorne gesecht is uth Luc. 6 [36]: Syd
barmhertich, alse juwe hemmelische Vader barm-
hertich is etc.
FRYE CHRISTLICKE VERKE, DARUP WY UNS
NICHT VORLATEN] Und efft se wol vele gudes
andern ltiden dorch de leve gedan hebben, alse
Christus thorn jfingsten dage werd seggende, so
hebben se sick denne noch up solcke werke
nicht verlaten, hebben ock in solcken werken
ere gerechticheit nicht gesocht, ock nicht im
synne gehat, dat se wolden mit solcken wet-
ken genoch dohn vor ece sunde eder darmede
dat ewige levend kSpen edder verdenen, alse
des pawestes lumpen predikere balde up schryen,
werm se lesen Matth. 25 [34--36] und anderswor,
dat de werke der gelSvigen kinderen Gades ge-
lavet und gepryset werden in der hilgen schrift,
gelick efft yd ere h0chelwerke weren, darmede
se grote vordenste by Gade soken und maken
also yon eren werken ydel affgSderye und seg-
gen: Sehet, leven 10de, steyt dar nicht van guden
werken, darumme kSnen wy den hemmel und
dat ewige levent vordenen mit unsen guden
werken. Neen twar, du gotlose prediker, du
blinde hticheler, dat stet nicht darby, sunder dat
29
Wolfenbtittel
dissem texte und wiirden Christi, wo wy Chri-
stene und kinder Gades gelocket und gereizet
werden, dat wy gerne wat gudes dohn unsem
negesten dorch de leve, alse uns Christus be-
valen hefft, dat eta jowelick na synem stande
und ampte und bevehl schal wol acht hebben
up de andern, de em bevalen sind und int ge-
mene den andern dSrch de leve denen.
Thorn ersten, dat wy darmede unsen gehor-
sam bewysen alse de leven kindere Gades, de
gerne dohn, wat en ere leve Vader gebiith. Les
Eph. 4 bet an dat ende der epistel, wo Paulus
vormanet, de nu dorch den geloven an Christum
kindere Gades geworden sind, to vermidende
bSse werke, de weder Gades gebade sind und
tho donde gude werke, vain herten anthohe-
vende (alse dat gesette secht: Du schalt leven
Got etc.) vele hSger derm de philosophi, de
werlt wysen, de mSnnike und papen darvan
reden edder leren kSnen.
Thorn andern: Dat Christus unse guden wer-
ke anschrifft und wil erer nicht vergeten, wenn
wy se ock vergeten hebben und wil erer ock
gedenken thom jiingsten dage und laven de
kindere Gades, de solcke werke gedan hebben.
DE LERER S1ND DUBBELDER EHREN VERD]
Thorn drtidden, dat Christus secht: "Vat wy sy-
nero geringsten gedan hebben, dat hebben wy em
siilvest gedan [Mt 25,46]. Vele mehr, wat wy
synen deneren dohn, de he nicht vor syne ge-
ringsten holt, alse den predikern des evangelii
und den scholendenern, de eres amptes und
arbedes wegen dubbelder ehren wert sind,
1. Tim. 5 [17], hebben wy em srilvest gedan und
dat lohn, dat en truwe prediker kricht na
Christus thosage vor synen truwen, groten und
varliken arbet, wil uns Christus ock geven
nach syner thosage, darumme dat wy den pre-
digern und lerern nertage geven und helpen
n, dat se by erem ampte blyven kSnen, alse
Christus klar uns thosecht Matth. 10 [41]: Wol
enen propheten upnimpt in enes propheten na-
me, de werd enes propheten lohn entfangen
etc., wat dar mehr steyt.
Id is 5verst ene grote schendlike sunde, dat
me nu in etliken 5rden de denere Christi let
nSth lyden und werden so gehoIden, dat se
darby dem ampte niche, blyven kSnen. Wy heb-
ben tho valschen gadesdensten vorhen alles
geven kSnt. Thorn rechten, erkanten gades-
denste wil nu nemand geven. Men leth sick
ditaken, yd sy tho vele, war men schal keren
thorn rechten gadesdenste, tho den kerckdenern
tat erste, de uns thor lehr und salicheit denen
und eten trouwen ere brod nicht vorgeves, dar
negest tho den andern armen. Scholen wy dorch
de leve geven den armen, de tins nenen denst
dhon umme Gades willen tho erer nottroft, vele
mehr schoIen wy jo geven den, den wy schuIdich
sind vor eren truwen erbeit, van Christo bevalen.
Christus secht: Eta arbeider is weft synes
lones [Luk 10,7].
Christo is trouwen groth gelegen an synen
denern, de Gades wort prediken und de hilge
schrift truwelick und vIitich leren und sorgen
so mit dem reynen worde Gades vor der lriden
salicheit. Wente darumme hefft he den dodt
5verwurmen und is tho hemmele gefahren, dat
he uns wolde geven srilcke lerer tho unser sali-
cheit, und wenn wy solcke lerer nicht hebben,
so stad wy doch und blyven des drivels. Wo
geit yd tho, dat wy se denne nicht ock wol und
weft holden kSnen, dewile se Christus so weft
und hoch achtet? So secht Paulus Eph. 4 [8] ut
dem psalm [68,19]: Christus is upgefaren in de
h6gede und hefft de gevenknisse gevangen ge-
vSret und hefft den mynschen gaven gegeven.
Dat is (alse he uthlecht) he hefft etlike gesettet
tho apostelen, etlike tho propheten, etlike tho
evangelisten, etlike tho herden edder pastoren
und doctorn edder lerer, dat de hilgen geschickt
syn etc. [Eph 4,11f.], dat sind jo nicht dohm-
heren, mSnnike, missepapen, paweste, cardinale,
rSmissche bisschope und prelaten, de nu dat
evangelion Christi alse de antichriste vervol-
gen, sonder wat sind anders apostele, propheten,
evangelisten, pastorn und doctorn den predikere
des evangelii und lerer der hilgen schrift?
S51cke hefft Christus syner leven bruth, der
hilgen christliken apostolischen kercken, dat is,
der christenheit gegeven. Nu wy siIcke uth
Gades gnaden wedderkrigen, so fragen wy nicht
32
Wolfenbtittel
vynde nicht dat gude in my, dat is, in mynem
fleissche und alse David secht: Here, vor dynem
angesichte werd nemand rechtverdich, de hyr
levet [Ps 143,2], alse ock uth solcken schriften
,und uth eigener erfarenheit sanctus Augustinus
secht: Veh hominum vitae quantumcunque lau-
dabili, si remora misericordia iudicetur, dat is
so vele secht: O web dem levende der nynschen,
went ock sehr lofflick is, so yd gerichtet scha!
werden na rechte, ane berrnherticheit. Dat
then de rechten Christen wol, darumme kOnen se
sick ock nicht up ere guden werke vorlaten,
wenn se ock der vele dohn, sonder blyven in der
gnaden Gades, im geloven Christi, alse gesecht
is thovorn.
Overst sehe doch in dissem stticke an de
gnade, barmherticheit und leve Gades, unses
Vaders. Wy vor unse personen gefallen und be-
hagen Gade wol, alse syne leven kindere. XVente
he hefft uns unse sunde vorgeven und hefft
uns kindere Gades gemaket dorch den geloven
an Christum uth lurer gnade und barmherti-
heir. Dar is de bohm gut. Nu yd 0verst ktimpt
tho der frucht, dat is, tho unsern guden werken,
so bevindet yd sick, dat unse guden verke nicht
genoch dohn dem gesette edder gebaden Gades,
sind unvulkamen und van unsentwegen unrein,
dewyle wy noch in dissem levende ane under-
lath beden tho unsem hemmelschen Vader: Vor-
gyff uns unse schult etc. und darmede bekennen,
dat wy noch vor Gade sundere sind.
Dat is yd, dat ock vy kindere Gades mit
unsen werken nicht kOnen genoch dohn dem
gesette edder den gebaden Gades, welck doch
menen de phariseyer und fragen, wat se mehr
scholden dohn, dat se salich werden, gelSven,
dat se mit eren kreften und mit erem donde
kSnen dem gesette genoch dohn und dardorch
salich werden. Darvedder Paulus lude neen tho
secht, schir in alle synen epistelen gelick ock
alse unse mSnnike hebben opera supererogati-
onis, dat is, alse se seggen, verke, de se noch
mehr dohn, wen Got gebaden hefft und meynen
mit ungelOvigem herren, alse de pharisyer, dat
se dat gesette, dat is, de gebade Gades, mit
eren werken lange vullenbracht hebben und
erviillet. Dat is blindheit 5ver blindheit, dat de
elenden ltide ock nicht weten vain gesette Gades,
wenne wolden edder konden se denne weten
vain evangelio Christi?
Wy, alse de leven kindere Gades, leven Got
unsen leven Vader und hebben nicht andere
gSdere, alse uns im ersten gebade werd geba-
den, wy leven ock de andern alse unse leven
brSdere, 6verst dat gesette Gades let uns nicht
thofreden, sunder fordert ane unterlat noch
stedes van ganzem herben, van ganzer seelen,
van ganzem gemSte und allen kreften. Vor wil
dat hen mit uns armen stindern? und dat wy
unsen negesten leven schSlen alse uns stilvest,
dat wil uns tho vele leve werden, dat wy nicht
kSnen vullenbringen.
Hyr sehe vy nu ock in unsen werken, van
Gade bevalen, de gnade Gades. Augustinus uth
der schrift und uth hilger erfarenheit secht also:
Wy Christen vullenbringen dat gesette, dat is,
wy holden vullenkamentlick de gebade Gades
uth gnade 8. De gebade Gades sind: Du schalt
Got leven van ganzem herren etc. und dynen
negesten alse dy stilvest. Dat Augustinus secht:
Uth gnade, meynet he, alse he ock uthlecht,
venn he schrifft van der gnaden vedder de Pe-
lagianere und ock stis, dat ein Christen, vovol he
is ein kind Gades geworden, allene dorch den
geloven an Christum und nu war gudes dohn
kan dorch de htilpe des hilgen Geistes, de em
gegeven is, doch nenerlye wyse mit synem
minschliken vermSgen edder kreften, mit synen
werken, dat is, mit syner, des herren leve kan
genoch dohn dern gesette edder Gades gebade
ervtillen. Wente wovol he nu Got levet alse
synen Vader und den negesten levet alse synen
broder, so lever he denne noch nicht so vullen-
kamen, alse dat gesette vordert: van ganzem
7 Confessiones IX 13,34; MSL 32,778;CSEL 33.223
s Vgl. C. Faustum Manich. XIX, 18; MSL 42,359;
CSEL 25,517. De spir. et lit. XIX, 34; MSL 44,
221; CSEL 60,187 f. De grat. et lib. arb. XIV,
27; MSL 44,897. Sermo 252,2; MSL 38,1240 u. a.
34
Wolfenbtittel
regiment denen k6nen, Gade und synem leven
S6ne Jhesu Christo, unsem Heren, tho ehren. Dat
drtidde del van gemeinem kasten in allen par-
kerken, van allen kerckgtidern und presterleh-
hen und inkamende etc. anthorichtende, daruth
de diaken edder kastenheren ehrlick versolden
m6gen de predicanten, kercken- und scholen-
denere. Item: De kercken in buwelickem wesende
holden und arme lfide versorgen.
Dat erste del disser ordeninge: van unsen kercken, van der christliken lere
und ceremonien.
Van der lere.
EVANGELION] De predikere scholen predi-
ken vor alle dink tom erste bore und vorge-
vinge der sunden im namen Christi, alse Chri-
stus secht Luce ultimo I Luk 24.47]. Dat is dat
rechte evangelion Christi, dat xvy allene dorch
Christum, so wy an en gelSven, vorgevinge der
sunden krigen, kinder Gades und ewich salich
xverden, hebben einen gnedigen Vader im hem-
reel, xveten, worup wy leven und wor xvy tho
huss hiiren, wenn wy sterven, und hebben den
hilgen Gemt und s61cken m6t und kintlick herte
tho Gade, dat xvy in allen n6den lyres und der
seelen tho em alse de kinder thorn Vader lopen
kSnen und bidden van em im namen Christi
allent, wat wy willen. Is dat nicht eine grote
unuthsprecklike gnade Gades dorch Christum
allene, de uns in dem evangelio angebaden xvert
und wy se annehmen mit den geloven an Chri-
stum. Alse Christus secht Joh. 14 [6]: Ick bin de
wech, de warheit und dat levent. Nemand kompt
thom Vader ane alliene dorch my_ Und Petrus,
Act 4 [12]: Nen ander name is den lfiden gege-
yen under dem hemmel, dardorch wy k6nen
salich werden, sunder allene de name ,lhesu
Christi. Und Paulus, GaL 2 [16]: Scientes que non
iustificatur homo ex operibus legis, nisi per
fidem Jesu Christi. Den articulum justificationis,
dat is, wo wy unser sunde los und rechtferdich
xverden vor Gade geachtet, nemlich allene dorch
den geloven an Christum, schal me uns vlitich
und reine prediken, dat xvy Jesum Christum,
den SSne Gades, umme unsentwillen minsche
geworden, recht leren mit syner erl6singe er-
kennen und van dage tho dage wassen und
16a Das Santeln Weihen des Pfaffen.
thonemen in syner erkentnisse, Phil. 3 [8ff., vgl.
2. Petr 3,18] etc. Went men des artickels justifi-
cationis feller, so is yd alIes verlaren. XVenn
men overst den artikel vlitich mit der lere dri-
ver, so werd uns gewisse salicheit angebaden
in Christo Jesu, unsem Heren. Amen.
GUDE \VERKE] Thorn andern scholen de pre-
dicanten darna ock leren, dat de kinder Gades
ock gude werke dohn und heven an, den olden
Adam in sick tho d6dende mit s,vnen lsten, dat
wy nicht dohn allent, war uns gelstet, Eph 4,
5, 6. Gude werke overst sind alIeine, de Got in
den rein gebaden van uns fordert: van herren
Gott leven und unsen negesten leven, dar werde
wy altho vele tho dohnde krigen, aIso dat wy
ock noch m6ten ane underlath beden: Vorgiff
uns unse schuld, alse wy vorgeven unsen schfil-
digern [\It 6,12]. M3nschengebaden und min-
schenleren scholen uns nicht mehr erdichtde
gude werke und valsche gadesdenste maken_
Wente Christus secht uth dem Jesaia Matth. 15
[9]: Vergeves denen se my (dat is alle re gades-
denst is verlaren und nichts), dewile se leren
mynschenlere und mynschengebade. Nen bisschop
hefft macht, unse nye gadesdensge tho makende,
de uns van Gade nicht sind bevalen.
DOEPE] Thorn drfidden scholen de predikere
van der d6pe und aventmal Christi leren, wortho
solcke sacramente uns gegeven sind und dat
men se nicht anders geve und heine, ock nicht
anders lere tho gevende und tho nemende, denn
alse Christus se ingesettet und bevalen hefft
Papensantelent 16a und smerent bedarven wy thor
d6pe nicht, xvy willen nicht anders edder beret
ged6fft syn. derm alse Christus ingesettet und
40
Wolfenbrittel
menen, dat se darmede beden dach und nacht.
Darvan is m der hilligen schrift [vgl. Jes 1,15,
Am 5,23; Mt 6,7] und in andern b6kern by
unsern tyden vele geschreven.
GEDULT] Hyrtho geh6ret ock, dat de pre-
dicanten leren, dat wy in unsen schaden und
anfechtingen gedult hebben und uns srilvest
nicht wreken, sunder geduldich lyden umme
Gades, umme Christi, umme des evangelii willen
in guder hopeninge, dat Got uns erh6re und
werde uns tho syner tydt erredden.
ECHTESTAND] Thorn v6fften: De predikere
scholen ock vlitich dat yolk underrichten vain
echtenstande, dat Got den stand srilvest ge-
schapen hefft, do he man und wyff makede. Dat
Got den echtenstand srilvest ingesettet, gebaden
und bevalen hefft, do he sprack: Ein mynsche
vorlate vader und moder und blyve by synem
wyve und verd man und wyff ein lyff [Gen
2,24]. Dat is jo ein grote vereninge und grote
leve up erden, van Gade geschapen und vor-
ordenet. Item, dat Got ock den echtenstand ge-
segenet hefft, do he sprack: Wasset und vor-
meret ju [Gen 1,28]. Darumme hefft Got ein
wolgefallen an uns in unsem echtenstande alse
den he srilvest geschapen, mit synem worde ver-
ordenet und gesegenet hefft Dartho hefft ock
Got den echtenstand sere hoch geeret in synen
teyn gebaden, dar he gebrit: Du schalt d.vnen
vader und dyne moder ehren. Du schalt nicht
ehebreken. Du schalt nicht begeren dynes nege-
sten wyff Wedderumme scholen ock de predi-
canten hart strapen de schendige horerye und
ehebrekerye und andere unreinicheit, de nicht
tho nSmende is, dar de lride henin vallen, de
nicht de sunderge gave van Gade hebben, dat
se junkfrouwen kSnen blyven, venn se tho den
jaren kamen, dar se sick scholden geven in den
echtenstand, ja mit solcken sunden und schan-
den behelpen se sick, dat se des echtenstandes
nicht bedSrven, den doch Got geschapen, vor-
ordenet, gesegenet und hoch geehret hefft. Alse
des pawestes papen und mSnneke, de den ech-
tenstand verswaren und vorlavet hebben mit
erem smeringen und klosterlSfften wedder Got.
Se scholden des drivels verk und leren vor-
sweren und vorlaven, den se vele lever anhan-
gen und mit ganzem herren se annehmen und
scholden nicht vorsweren den echtenstand, wel-
ckere is Gades werk, bevehel und lere. Darvor
krigen se ock eren lohn. RSm. 1 [24]: Tradidit
eos Deus in reprobum sensum, ut faciant quae
non sunt secundum naturam etc. Darumme wil-
len wy ock m unsen landen nicht lyden apen-
bare horerye, vele weiniger de ehebrekerye, dat
Got nicht eine harde straffe late komen up
unse lande. De prestere edder predicanten, de
sick willen begeven in den echtenstand na Ga-
des worde und ordeninge, de schal by uns ne-
mand verhinderen, sunder wy willen en gerne
to solcker gbtliken ehren vorderlick syn. XVente
wy weten wol, dat dat eine papen-und mSnnike-
15gen is, wenn se seggen, dat yd Christus im
nyen testamente anders gemaket und vorordeo
net hefft (besundergen mit dem bescharen hu-
pen), denn yd gewesen is im olden testament,
dar de prester frouwen nemen. Christus mit
synen apostelen secht anders Matthei 19 [4] secht
Christ-us: Id schal blyven mit dem echtenstande,
alse id van anfange Got geschapen und mit sy-
nero alveldigen worde geordenet hefft. Und he
hefft dem echtenstande de grote ehre gedan, dat
he thor hochtydt water to xvyne makede und be-
wysede dar allererst syne herrlicheit vor synen
jfingeren, Job 2 [11]. Paulus vorbtith nenem Chri-
sten den echtenstand, 1. Cor. 7 [2.9]. XVyssaget
overst 1. Tim. 4 [1], dat des pawestes drivelsleren
by den unlSvigen papen werden den echtenstand
vorbeden 1. Tim. 3 [2]. By Paulo hefft ein bisschop
eme echtefrouwe und ehrlike kindere; van sich
srilvest und van den anderen apostelen secht
he 1. Cor. 9 [5]: Hebbe ick und Barnabas nicht
so wol recht eine frouwe by uns tho hebbende,
so wol alse de anderen apostelen und Christi
brSdere und Kephas, dat is Petrus. De epistele
thon Hebreern secht cap- 13 [7]: De ehe schal
ehrlick geholden werden by allen Christen und
dat ehebette unbeflecket, de horere overst und
de ehebrekere werd Got srilvest richten.
OVERICHEIT] Thorn sesten: De predikere
scholen ock dat yolk recht leren van der overi-
cheit, dat wy er gehorsam syn scholen und nicht
42
Kirchenordnung 1543
wedderstreven in erer ordentliker gewald van
Gade bevalen und geven er ehre, fruchte, schott
und tollen, R6m. 13 [1--2; 6--7]. Wenn se overst
van uns fordert baven ere ordentlike gewalt,
wat Gade geh6ret, dat wy dohn scholen wedder
Got und wedder unser seelen salicheit, alse nu
etlike weren, dat men nicht schal dat evange-
lion hSren und bekennen, dat men nicht schal
dat sacrament na Christi bevehel nemen etc.,
flat schole wy seggen mit den apostelen Act. 4
[ 5,29]: Men schal Gade mehr gehorsam syn
wenn den mynschen. Worumme anders hebben
sick de leven martelere dSden laten? Wedder-
umme scholen de predicanten vormanen de
overicheit und richtere, dat se gedenken, dat
se Gades denere sind. lSm. 13 [4], und richten
recht dem armen alse dem ryken, alse de hillige
k6ning Josaphat syne richtere und amptlfide
vormanet, 2. Para. 19 |2. Chr 19,6 f.].
ALLE STENDE] Thorn sSvenden scholen ock
de predicanten leren und underrichten alle sten-
de, van Gade vorordenet: heren, underdanen,
predicanten, husheren und husfrouwen, kindere,
knechte und megede (mankt welcken stenden
sind night de missepapen), dat se truwelick dohn,
wat er ampt is. Dat sind ere guden werke und
dat se weten scholen, dat se Gade wolgevallen
in erem ampte, so se anders Christen sinl. So
leren de leven apostele Petrus und Paulus, alse
du allermeist sfist in der korten epistele thorn
Tito [2,2--10; 3,1]. Dat kSnen unse predicanten
allermeist dohn, wenn se den catechismum vli-
tich leren, den se nicht allene des Sondages,
sunder ock in sundergen tyden des jares na
verordeninge prediken scholen.
BOEKE] Tho solcken leren und wat se mehr
scholen leren, scholen se vlitich de biblia, dat
is de hillige schrift lesen und hebben siist ock
andere gude bSke 1;, de postillen Lutheri, Gala-
tas, ock Locos communes, Apologiam, Romanos
Philippi, den psalmum Afferte Doctoris Pome-
rani: van den kindern, de wy gerne wolden
dopen und k6nen nicht. Item dat boeck visitati-
onis Saxonicae, und andere gude boke, nicht
unntitte etc.
Van den predicanten.
Tho der lere des hilligen evangelii und war
tho der heilsamen lere Christi gehSret, tho der
bycht, de wy wol gebruken kSnen, tho den
sacramenten uththodeilende, tho den armen stin-
dern tho underwysende bedarve wy gude pre-
dicanten, gelert, geschicket, gotfriicht':ch, fram,
sedich 1;a. tiichtig, lehrhaftig etc. 1. Tim. 3 ] 2], Tit. 1
[8]. Umme sfilcke willen wy Got bidden, dat wy
se krigen alse Christus leret: Bidder den Vader
der ernde etc. [Mt 9.38]. -Men schal darna trach-
ten, dat men sfilcke bekame und so ehrlick be-
solde in jowelikem 6rde van den kercken und
geistliken giidern, alse men se nSmet, dat se
gerne by uns syn und blyven kSnen. XVente wy
mothen ock betrachten, wat de bedarven tho
erer ehrliken husholdinge und sust tho veler
vorvallender noth, de nen handwerk, kopenschap.
hanternge, edder jennygerlye neringe hebben
edder hebben mSten umb eres amptes willen,
dat se allene mit Gades worde und der hilligen
schrift ummegahn, darmede se uns allene denen
mSten und hebben doch nicht ein kolblat vorge-
yes, sunder mSten alles mit dem reden penninge
Zu den Postillen vgl. die Bibliographien WA
10 1,2 S. XXX ff., WA 22, S. XXX ff. -- In epi-
stulam S. Pauli ad Galatas commentarius, ex
praelectione D. Martini Lutheri collectus. Vite-
bergae 1535, vgl. WA 40 I, S. 13. Melanch-
thon, Loci communes rerum theologicarum
seu hypotyposes theologicae. Wittenberg 1521;
weitere Ausgaben vgl. CR XXI. -- Apologia
confessionis. 1531, Bek. Schr. S. XXIII. Com-
mentarius in Epist. Pauli ad Romanos etc.
1532 und 1540, vgl. CR XXV,493 ff.- Der
XXIX Psalm ausgelegt dutch Doctor Johan
Bugenhagen Pomm. Darinnen auch von der
Kinder Tauffe. Item von den ungeborn Kin-
dern und yon den Kindern die man nicht
teuffen kan. Ein Trost D. Martini Luthers fur
die Weibern. welchen es ungerat gegangen
ist mit Kinder geberen. Wittemberg 1542; vgl.
G. Geisenhof, Bibliotheca Bugenhagiana. 1908,
Nr 307--310. -- Wohl Unterricht tier Visita-
toren an die Pfarrherrn im Kurftirstentum
zu Sachsen. 1528 bzw. 1538 u. 1539, vgl. Sehling
I, 149 ff.
sittig, zfichtig.
5" 43
Wolfenbtittel
kSpen. Der dage sind vele, der male sind noch
viel rnehr. Und yd is nicht allene ethen und
drinken, dar gehSrt noch vele mehr tho. Wol
verntinftig is und weth, war husholdinge kostet,
penning by penninge to reken, de rnake hir re-
kenschop Stinderge noth kan ock vele vorvallen.
Se rnoten ock boke kSpen und nicht so lusich syn,
dat niernand erer geneten kSne. Paulus secht
1. Tim. 5 [17], dat se dubbelder ehre werd sind.
Dit is ock ein grote orsake, dat rne nu mot
,hrlike besoldinge rnaken, dat se nene andere
thogenge hebben edder accidentalia ane alleine
etlike und gar weynige tho erer underholdinge,
van welcken unse papen thovorne genoch heb-
ben gehat, und besundergen konden se rnit den
erdichteden und erlagen vegevtire alles tho sick
bringen, lnse prestere des evangelii nernen
nichts van nernande in der bicht edder wenn se
de sacrarnente vorreken, scholen oak van ne-
rnand war forderen, sonder scholen den riken
und arrnen dienen vorgeves glick. WI en overst
jernand, de yd vorrnach, willichlick vat schen-
ken, warurnrne scholden se dat nicht nehrnen?
Und twar wol en war grinner (alse g6tlick und
christlick is} und wil se vorehren rnit etwas,
flat in ere koken edder sus denet, de werd ere
hus wol weten tho vinden.
Predicanten scholen van den visitatoribus in
einern jewelkern 6rde, so vele verordenet wer-
den, alse dar van n6den werd syn, alse tho
tIelrnstede dre, tho Scheningen twe etc., rnank
welcken de erste schal pastor syn, tho predi-
kende und de kercke tho regerende rnit Gades
worde, de andern scholen syn syne adiutores
edder rnitpastoren und prestere. Overst in den
klenesten flecken und in alien d6rpern is yd
genocl, dat men ein pastor sy. Van erern arnpte
und erbeide werd diese ordinantie narnals vor-
rnelden. Vor alle disse predicanten tho erer ehr-
liken husholdinge scholen ehrlike und genoch-
same solde vorordenet werden, einern jewelicken
na syner gelegenheit, dat se der hilgen schrift
und eres arnptes alleine gewaren k6nen
;b Zustirnrnung, vgl. Schiller und Ltibben.
Bd. 5, S. 550.
De pastor in den flecken und steden schal
vorschaffet und angenamen werden van dem
fade und van den kastenheren, de scholen en
dem superattendenten vorantwerden tho exa-
rninerende und tho ordinerende, so he nicht
thovorne geordineret is. Van dar schal he apen-
bare schriftlike ttichnisse tho syner kercken
bringen, dat he dtichtich befunden und geordine-
ret is. Overst de neuen predicanten edder kap-
pellane scholen angenamen yam parheren und
den borgerrnesteren und dem superattendenten
tho ordinerende gepresenteret werden etc. Up
den d6rpern scholen de lehnheren den kerck-
heren dern superattendenten presenteren. De
superattendent schal nernand bestedigen, de
nicht thorn arnpte dtichtig is.
De predicanten in den flecken und steden
scholen gelerde scholrnestere sick bestellen na
gelegenheit eines jewelcken 6rdes rnit willen
und vulbort 17b des fades. Den erweleden schole-
rnester schal de parhere und radt senden tom
superattendenten, de schal en vorh6ren (so de
scholerneister nicht rnagister artiurn is) und rnit
synern breve und sigel en xvedder thorugge
senden, dat en de radt und pastor annernen, so
he dartho dtichtich is bevunden. V,_lle stilcke
noth vor, dat men dern scholrneister rnoste orloff
geven, so schalt nicht anders gescheen, wenn
dorch den kerckheren und radt rnit weten und
willen edder 6rdel des superattendenten. Overst
de scholerneister, wenn he angenamen is, schal
rnacht hebben, syne scholegesellen anthonernen-
de, de dartho dtichtich sind, rnit willen des
parheren, den rnach he ock xveder uth redeliker
orsaken vorl6ven und orloff geven mit willen
des parheren, wtirde derwegen twedracht ttis-
schen dern parheren und scholernestere, so schal
se de superattende scheiden.
Den k6ster in der stadt schal de radt
nernen rnit dern kerckheren. Up den d6rpern
schal neen pastor edder parhere einen k6ster
holden, de nicht kan helpen den catechisrnum
den kindern und dern jungen volke leren. Dar-
44
Kirchenordnung 1543
doch leider ane uthleginge. Se kSnen mit einem
Deo gratias darvan kamen. Darvan heten se
canonici, a canonica scriptura, alse de olden
doctores de hilge schrift nSmen. Dat sind ock
horae canonicae, de stunden, in welcken werd
gelesen und tracteret canonica scriptura. Overst
in dissen lesten tyden hefft de antichrist mit
synen gotlosen bisschoppen und dSmpapen siil-
cke gStlike namen in einen schendigen und
spSttischen misbruck gebracht und lose papen
und yule bfike daruht gemaket.
De predicator mit den beiden theologen scho-
len de 5versten superintendenten syn, de rich-
ten scholen de lere, so etlike predicanten ver-
klaget werden, der valschen leren edder unwe-
enheit halven Tho den schal men senden alle
erwelede predicanten, dat se de examineren
und christlick ordineren Nen predicante edder
scholemeister schal angenamen verden, de nicht
schriftlike ttichnisse hefft van en Disse scholen
macht hebben, tho citeren und tho vorderen de-
jennen, de umme der lere villen verklaget xver-
den und de schuldigen und ungehorsamen, so
se sick nicht beteren willen, yam ampte afftho-
settende, ftirder schal sick ere jurisdiction nicht
strecken.
Over dit alle schal ock under den canoniken
upgerichtet verden ein gemein consistorium ec-
clesiasticum vor dit ganze land, darhen scholen
gewyset werden (und anders nergende hen) alle
hadersaken van kercken und kerckengidern, van
kerckendenern und scholendenern und eren sola-
rien. Darhen schal men ock wysen alle ,ehesaken,
wenn se hadersaken werden, alse thovorne ge-
secht is. Darumme scholen se ock macht hebben,
tho citeren und tho straffen na Christus regel,
Matth. 18 [17]. V61t 6verst de sake der werlt-
liken overicheit tho straffende, so scholen se
yd darhen vysen. Und der overicheit scholen
se ant6gen, dat se straffen schal offentlike hore-
rye, ehebrekerye, woker etc. Twe canonici in
consistorio principales scholen juristen syn, so
geleret, dat se de ehesaken richten k6nen und
andere geltsaken van den kerckengiidern etc.
Doch dat se nicht volgen des pawestes unrechte
rechte in dissen tven ehesaken, im unvors6n-
likem ehebroke und im unwedderkamelikem :8
wechlopen, darvan gude bokesschen';9 geschre-
yen sind uth Gades vorde na dem natfirliken
rechte ;0 Sind de beiden so geschicket, dat se
ock mit gudem rade dissen landen und ltiden
nfitte kSnen syn, so is yd noch vele bether und
stilcke schal men in dem consistorio gerne we-
ten. Twe canonici scholen dar notarii syn, schri-
yen alle hendele und sententien, examineren,
testes etc De anderen canonici scholen im con-
sistorio mitradt und bysittere und richtere syn
und also leren im consistorio, in den prediken
und in den theologiae lectionibus, dat se ha-
reals tho grStern ampten mSgen gebruket werden.
Silck alles moth jo heten eine christlike scho-
le, dar de canonici billick den sold edder ere pre-
benden nemen, wat scholden se anders ntitte
syn ?
6.9 So spricht Bugenhagen auch in seiner in
Anm. 69 angefiihrten Schrift yon ,,vnwider-
komlichem Weglauffen."
6.9 M. Luther, Von Ehesachen, 1530. WA 30 IlI,
S. 205--248. J Bugenhagen, Vom Ehebruch
vnd weglauffen, 1539. Beide Schriften erschie-
hen 1540 in einem Band zusammen mit einer
Schrift Melanchthons unter dem Titel Won
Ehesachen. D. Mart. Luth. Item Vom Ehe-
bruch vnd weglauffen. D. Johan Bugenhagen
Pomer an KSnigliche Maiestat zu Denemarcken
etc. De Arbore Consa_nguinitatis et Affinitatis
siue Gradibus. Philip. Melanth. Wittemberg
MDXL", vgl. G. Geisenhof, Bibl. Bugenhagi-
ana. 1908, Nr. 302--305.--Johann Brenz, Wie
yn Ehesachen, vnd jn den fellen, so sich der-
halben zu tragen, nach GStlichen billichen
Rechten, Christenlich zu handeln sey. Mit
einer Vorrhede Mart. Luthers, 1531. Erst-
druck der Schrift ohne Luthers Vorrede schon
vor dem 27.7.1529, vgl. WA 30 lII. S. 479.
Luthers Vorrede WA 30 III, S. 481- 486.
7o Vgl. Bugenhagen, Vom Ehebruch ...: ,.vnan-
gesehen die vngerechten Bapstrechte, die da
wider sind, das man dem vnschuldigen Teile
nicht helffen sol, welches doch auch ist wider
das natfirliche Recht, da alle Keiserliche
Rechte aus komen sind, vnd die Juristen
bekennen, xvenn leges oder Gesetze oder
Rechte werden eigentlich befunden, alas sie
sind wieder das natfirliche Gesetz, so sollen
nd mtissen sie nicht recht sein..."
6 49
Kirchenordnung 1543
Darna scholen de kindere, alse des morgens,
lectien uth dem lden testament lesen mit dem
anvange, wo vor geschreven, also: Lectio libri
Genesis, capite primo. Darna singen se einen
reinen hymnum. Item Magnificat : mit einer
antiphonen und besluten, alse in der metten
darvan gesecht is.
In der vesper up de hilgen avende schal alle
ding gelick wo up de werkeldage vullenbracht
werden. Alleine na tier lection schal men sin-
gen dat responsorium yam hilgen dage, alle
weke ein sunderlick mit dem versche und Gloria
Patri. Darna den hymnum desstilven dages, so
verne alse he rein is. Na dem hymno scholen
twe edder tire kindere balde de latinische lita-
nia ;5 singen. Darna eine collecten und Benedi-
camus 76. Overst de dtidesche litania ;; roach
men in der weken einmal na der predike laten
singen, dat de ganze kercke antwerde, wenn de
parhere wil.
In der metten des Sondages scholen int erste
de kindere mit halvem stemmen bescheident-
lick den latinischen catechismum versch umme
versch up beiden siden des chores lesen alleine,
ane de praeceptores. Doch schal de schole-
meister ein ider stticke des catechismi anheven
also:
Magister:
Haec sunt praecepta Domini Dei
nostri.
Primus chorus puerorum:
Ego sum Dominus Deus tuus.
Non habebis deos alienos coram me
Alter chorus :
Non assumes nomen Domini Dei tui in vanum.
Primus chorus:
Memento ut diem Sabbati sanctifices.
Alter chorus :
Honora patrem et matrem, ut sis longevus
super terram.
1: Non occides
2: Non maechaberis.
1: Non furtum facies
2: Non loqueris contra proximum tuum fal-
sum testimonium.
1: Non concupisces domum proximi tui
2: Nec desiderabis uxorem eius, non servum,
non ancillam, non bovem, non asinum, nec
omnia quae illius sunt
Magister:
IIaec est comminatio et promissio
legis [Ex 20,5 f]:
1: Ego sum Dominus Deus tuus, fortis zelotes,
visitans iniquitatem patrum in filios, in
tertiam et quartam generationem eorum qui
oderunt me.
2: Et faciens misericordiam in milia, iis qui
diligunt me et cutodiunt pr:mcepta mea
Magister:
tti sunt articuli nostrae fidei-
l: Credo in Deum Pattern omnipotentem, crea-
torero coeli et terrae
2: Et in Jesum Christum Filium eius unicum,
Dominum nostrum.
1: Qui conceptus est de Spiritu sancto, natus
ex Maria virgine.
2: Passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mor-
tuus et sepultus, descendit ad inferna
1: Tertia die resurrexit a mortuis, ascendit
ad coelos, sedet ad dexteram Dei Patris
omnipotentis.
2: Inde venturus est iudicare vivos et mortuos.
1: Credo in Spiritum sanctum.
2: Sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum
communionem.
1: Remissionem peccatorum
2: Carnis resurrectionem
1: Et vitam aeternam. Amen.
7 Vgl. Brev. Rom., Ordinarium dinini Officii ad
Vesperas. P. Vern. S. 31, P. Aest. S. 22, P.
Autumn. S. 22, P. Hiem. S. 26 f. -- Vgl. Deut-
sche Messe, 1526. Sehling 1,13 f.
75 Latina Litania correcta. WA 30 III, S. 36--40.
Zu Luthers Litaneien vgl. ibid. S. 1- 28.
Vgl. Brev. Rom., Ordinarium divini Officii ad
Vesperas. P. Vern. S. 34, P. Aest. S. 23, P.
Autumn. S. 24. P. Hiem. S. 29.
WA 30 III, S 29--34; Ev. Kgb. Nr. 138.
Wolfenbtittel
derwegen wy uns ock mit unsern vorstande und
vorrnSgen nicht kSnen los rnaken uth dern stren-
gen richte Gades und van der gevalt des dri-
vels, dartn wy gevallen sind dorch de over-
tredtnge der gebaden Gades, so hefft Gad unse
unvormSgen bet erkant wen vy und hefft vor
uns gegeven als ein gnedich Vader synen ein-
geborn SSne Jhesurn Christum, dat wy dorch s.vn
evangelion erlrichtet und dorch synen todt er-
15set wurden van unsen srinden und dorch en
kindere Gades weren, ewich salich, so wy dat
10veden Srilck let he uns stedes prediken, wol
dat 15vet, de hefft gewisse dat ewige levent.
Up sulcken loven und tho sulcker salicheit ver-
den wy ock gedofft. Dar schole wy stedes irme
blyven, so blyve vy in Christo und Christus in
uns. So ethe wy stedes ane unterlat geistlick
rnit dern loven dat lyff Christi und drinken syn
blurb, dat is. wy werden Christo ingelyvet, dat
wy eins rnit em werden darrnede, dat xvy 15ven,
dat he syn lyff vor uns in den dodt gegeven und
syn blurb vor uns irn krritze vorgaten hefft. Dar-
up vorlate wy uns thor salicheit vedder alle
falsche lere, alle srinde, anvechtinge und not
Uth welcker woldadt Christi wy ock leren, vel-
cke leve und gedult wy 5ven scholen jegen un-
sen negesten, ock jegen unsen vyend. Wat wol-
de vy rnehr? Doch dat wy nicht vorgeten edder
trag werden (alse vy leider verden) tho sril-
ckem 15ven der rninschxverdinge unde dodes
Christi, hefft he uns ock eine besonderge ge-
dechtnisse edder vorkrindinge synes dodes, so
vakene wy willen, bevalen, dat wy ock inn uth-
vendigen sacramente der vornuft verborgen,
alleine den] loven uth dern worde Christi bekant,
ethen und drinken scholen syn lyff und blut,
dat wy jo nicht twivelen scholen, syn dodt und
blutvorgetinge im krritze sy unse gewisse sali-
cheit, darvan scholen wy singen, lesen, predigen,
h6ren, alse wy in der rnisse dohn und narnals
ock darvan reden unsen kinderen und gesinde
und mank einander vorkrindigen, uns tho trSste
und velen thor salicheit na dem bevehele Christi:
Srilck doht tho myner gedechtnisse
Wol nu werdich wil ethen und drinken dit
sacramente, de schal twe clink dohn: he schal
hyr 15ven, wat Christus secht und dohn, wat he
bevehlet trod gebrit. He secht: Dit is myn lyff,
dat vor ju gegeven werd. Dit is myn blut, dat
vor ju uthgelaten werd tho vorgevinge tier sfin-
den. Srilck schole gy loven. He gebfit avers:
Nernet hen und ethet Drinket alle daruth und
gedenket rnyner. Srilck schole gy dohn na syner
gnaden worde und bevehele. Amen.
Tho tiden mag men und schal ock vor de
exhortatie lesen paraphrasin orationis dorninicae
doctoris Lutheri 96. Also:
Leven frrinde Christi, dewile vy hyr vorsarn-
let sind in dern narnen des Heren, syn hilge
testament tho entfangen, so vorrnane ick ju upt
erste, dat gy juwe herte tho Gadet erheven, rnit
rny tho beden dat Vaderunse, alse uns Christus,
unse Here, geleret und erhSrung trSstlick tho-
gesecht hefft.
Dat Got, unse Vader im hernmel, uns, syne
elenden kinder up erden barrnhertichlick an-
sehen ville und gnade vorlehnen, dat syn hilge
name rnank uns und in aller verlt gehilget wer-
de dorch reine, rechtschapene lere s)-nes wordes
und dorch brrinstige leve unsers levendes, wol-
de gnedichlick affwenden alle falsche lere und
bSse levent, darin syn hilge name gelestert und
geschendet werd
Dat ock syn rick thokame und gernehret wer-
de, alle siindere, vorblendet und varn drivel in
synern ricke gefangen, tho erkentnisse des rech-
ten geloven an Jhesum Christurn, synen Son,
karnen und den tal tier Christen groth rnacken.
Dat wy ock rnit svnern Geiste gesterket wer-
den, synen willen tho donde und tho lydende,
beide im levende und stervende. Irn guden und
bSsen alle tidt unsen willen brecken, offeren
und diSden.
Wolde uns ock unse dagliche brot geven, vor
gyricheit und sorge des bukes behriden, sondern
uns alles guden genoch tho ern vorsehen laten.
Wolde ock unse schuld vorgeven, alse xvy den
unsen schuldigern vorgeven, dat unse herte
96 Deutsche Messe 1526, vgl. Sehling 1,15.
56
Wolfenbfittel
ben up den kneen edder stan, bet tho der lesten
segeninge, dewile singet men, war 6verich is
vain lede edder me hevet mehr an, wenn vele
communicanten sind.
Doch wenn vele communicanten sind, so kan
men xvol dat bevehel Christi na einander sin-
gen und geven des Heren brodt tho einer und
des Heren kelck thor andern siden des disches,
alse dat ein predicante thotrede in gemeinen
klederen und helpe.
Wenn se overst alle communiceret hebben
und sind up eren steden, so singen se und alle
yolk tho Christo im hemmele dat dtidesche Ag-
nus Dei 1 also:
[Noten:] Christe, du lain Gades, de du drechst
de sund der werlt, erbarm dick unser. [Ende der
Noten]
Thorn drtidden male:
[Noten:l Giff uns dynen frede. Amen. I Ende
der Noten].
Volget darna de leste collecta also:
[Noten:l Lat uns beden 2. [Ende der Notenl.
Wy danken dy, almechtige Here Got, dat du
tuns dorch disse heilsame gave hast erquicket
und bidden dyne barmherticheit, dat du uns
stilcks gedyen latest tho starkem loven jegen dv
und tho berniger leve mank uns allen.
[Noten:] dorch unsen Heren Jesum Christum.
men. [Ende der Noten].
Denne keret he sick umb und gifft den com-
municanten und dem volke disse segeninge, be-
schreven Numeri 6 [24 f.]:
De tlere segene dy und beh6de dy.
De Here erltichte syn angesichte 6ver dy
und sy dy gnedich.
De Here heve syn angesichte up dy
[Noten:] und ea geve dy frede. Amen. [Ende tier
Noten].
Wenn nene communicanten sind. so schal me
dat sacramente nicht handelen, dat wy nicht
vallen in den gruweliken misbruck des sacra-
mentes Christi wedder synen bevehel Doch wil-
len wy denne ock singen, beden, dankseggen,
lesen und lesen h6ren, predigen und predigen
hSren des hilgendages, alse Christene scholen
nach aller wyse, alse de misse beschreven is
vor der predike. Na der predike mach men stist
war gudes mit dem volke singen vele edder
wenich, eine collecta lesen und de leste bene-
dictio ane missegewand geven.
Finis coenae dominicae
Disse vorgeschreven ordeninge tier missen
schal allerwegen so geholden verden Up den
d6rpern scholen de kerckheren yd ock also hol-
den und so vele alse en m6gelick is. mit den
buren singen. Se mit eren k6stern scholen sick
vliten, dat se den buren eindrechtich singen und
Got laven leren. Wenn se des hilgen dages na
der predike in der missen nene communicanten
hebben, so schal de kerckhere edder k6ster na
der predike de dtidesche litania singen und ge-
wennen dat yolk dartho, dat se fyn eindrech-
rich in der litania antwerden k6nen. Darup vol-
get eine dtidesche collecta vor allerley not und
de leste benedictio dorch den kerckheren dem
volke gegeven. Dartho se alle antwerden: Amen.
Darmede sy id uthe.
Doch scholen de kerckheren, wenn se uth dem
catechismo prediken edder sust to saaer tidt, dat
yolk vlitich leren vom sacramente wedder den
gruweliken misbruk tier vegevtiresmissen, dar-
dorch werden de gelovigen gereizet und thoge-
locket, dat se gerne und vaken thorn sacramente
gan. Mit nener andern wise schal men de Ride
tom sacramente dringen edder n6digen. De at-
men sundere und sunderinnen, de sick na dem
evangelio tho Christo bekeren und gel6ven, dat
Christus syn lyff vor uns in den todt gegeven
hefft und hefft im krtitze syn bludt uthgegaten
tho vergevinge unser sunden, werden gerne und
Ev. Kgb. Nr. 136; Wackernagel III. Nr. 619.
620. Zum Musikalischen s. Hdb. d. dtsch, ev.
Kirchenmusik, 1. Bfl. 1. T. Nr. 87
Deutsche Messe 1526, Sehling I, 16. Zum Musi-
kalischen: Hdb. d. dtsch, ev Kirchenmusik.
1. Bd. 1. T. Nr. 361.
2a S. Hdb. der dtsch, ev. Kirchenmusik, 1. Bd.
1. T. Nr. 355.
58
Kirchenordnung 1543
vaken des sacraments gebruken und sulcke
gnade Gades bekennen rnit singen, beden, laven,
danken, prediken h6ren und ere kindere und ge-
sinde sfilckes ock leren na dem bevehele Christi:
Sfilck doht, so vaken gy yd trinken, tho myner
gedechtnisse.
Overst in den steden, dar gude kinderscholen
sind, up den festdagen Christi roach men wol
einen latinischen introitum, doch uth der hilgen
schrift, singen und de prester roach denne ock
dar wol singen de latinische praefatio vain
Wynachten-3, yarn Paschen-'l und Pinxten-feste ''
und up andere feste de prefatio de sancta tri-
nitate, *; wenn man wil, welcke praefatio gema-
ket is wedder de Arrianer, andere praefation,
ock de quotidiana, lasse men slichtes ligen alse
unn6dich etc. Up de latinische praefatio rnach
de ganze kercke fr61ick dat dfidesch Sanctus ;
singen.
(Noten:l Hillich is Got, de Vader, hillich is Got,
de Sone, hillich is Got, de hilge Geist. He is de
Here Zebaoth. Alle werld is syner ehren vul.
Hosianna in tier h6chde. Gelavet sy, de dar
kurnpt im namen des tteren. Hosianna in der
hSchde. {Ende der Noten).
Stilck dtidesch Sanctus rnach men xvol ock up
ein andermal edder alle tid singen under der
communion neven andern gesengen
Na dem Sanctus, wenn man {als gesecht) de
latinische praefatio gesungen hefft, dat yd
nicht tho lang werde, roach men vol de exhor-
tatio nachlaten und bald darup singen: Vader
unse etc- Unse Here Jesus Christus in der nacht.
do he verraden vard etc.
Dfidesch.
Gelick alse men uns dfidesch predigt, wat
xvere uns anders rnit der predige gehulpen?
Also schal men ock dfidesch de d6pe und sacra-
ment geven. Also hebben de leven apostelen ge-
dan. Se hebben dat evangelion geprediget, ge-
d6pet und dat sacramente gegeven mit allerleye
sprake der lfiden, dar se henquemen. Dat wy
klar und recht k6nen vorst_an, wat Christus unse
heiland dar in sacramenten mit uns handelt,
uns is daran gelegen, darurnme scholen wy yd
xveten. Unvorstendige lfide rnenen, yd sy eine
nye vyse, dfidesch tho d6pen und ane stinkende
olye. Hebben doch thovorne und noch in n6den
ock wol unse frouwen ged6pt nicht anders, wenn
dfidesch allene mit watere im narnen des Vaders,
des Sons und des hilligen Geistes ane alle olye
und is ane tvivel de rechte dSpe gewest. Wy
villen ock, venn wy des hilgen dages thosam-
mende komen thorn aventrnal unses Heren Jesu
Christi, mit tier ganzen kercken dtidesche psal-
Vgl. BSm. Mebuch, S. 493: Vere dignurn ...
Quia per incarnati Verbi mysteriurn nova
mentis nostrae oculis lux tuae claritatis in-
fulsit: ut, durn visibiliter Deum cognoscirnus,
per hunc in invisibilium amorem rapiamur.
Et ideo cure Angelis ...
Vgl. l=t6rn. Mebuch, S. 495: Vere dignurn ...
et salutace: Te quidem, Dornine, omni tempore,
sed in hac potlssirnurn die gloriosius praedi-
care, curn Pascha nostrum immolatus est
Christus. Ipse enim verus est Agnus, qui
abstulit peccata mundi. Qui mortem nostram
moriendo destruxit et vitarn resurgendo repa-
ravit. Et ideo ...
Vgl. RSrn. Mebuch, S. 497: Vere dignum ...
per Christurn, Dominurn nostrum. Qm, ascen-
dens super omnes caelos sedensque ad dexte-
ram tuam, promissurn Spiritum Sanctum {ho-
dlerna die} in filios adoptionis effudit Qua-
propter profusls gaudiis tot-us in orbe terrarum
mundus exsultat Sed et supernae Virtutes
atque angelicae Potestates hymnurn gloriae
tuae concinunt, sine fine ...
Vgl. lSm. Melbuch, S. 497 f.: Vere dignum ...
Qui cure unigenito Filio tuo et Spiritu Sancto
tmus es Deus, unus es Dominus: non in unius
singularitate personae, seal in unius Trinitate
substantiae. Quod enirn de tua gloria, reve-
lante te, credimus, hoc de Filio tuo, loc de
Spiritu Sancto sine differentia discretionis
sentirnus. Ut in confessione verae sempiter-
naeque Deitatis, et in personis proprietas, et
in essentia unitas, et in rnajestate adoretur
aequalitas. Quarn laudant Angeli atque Arch-
angeli, Cherubim quoque ac Seraphim: qui
non cessant clamare quotidie, una voce
dicentes ...
Handb. d. dtsch, ev. Kirchenmusik, 1. Bd
1. T. Nr. 73.
. 59
Kirchenordnung 1543
De predikinen.
Am Sondage und festen schal men in allen
kercken in den steden alle tidt des morgens den
catechismum nit grotem vlite umb des graven
mad jungen yolks willen prediken Und werm
de sermon des catechismi uthe is, darna dat ge-
w6ntlike evangelion den volke allene vorlesen,
welck in tier homissen van den kerckheren schal
uthgelecht werden.
Des namiddages schal me de epistel edder vam
feste under der vesper prediken. Tho dlssen namid-
dagesprediken scholen de scholgesellen or und
na de vesper delen, alse thovorne vorordenet is.
Hyrby is ock tho merken, dat nicht jemand
syne lere und hogen verstant in dfidinge des
catechismi bewisen schole, dardorch he hoch an-
gesehen und geholden werde. Men schal alle
ding thor beteringe mad nfitticheit der gemeinen
vorsammelinge up dat allerentfoldigeste den
volke vordragen und den catechismum mit einer-
leie worden. Dat also alle tidt einerleie ding
geh6ret mad dat volk dorch de eindrechticheit
der lere up eine gewisse wyse m6ge gelert wer-
den. So lange overst, alse ein stficke eines deeles
des catechismi vorhanden is, darvan de prediger
leret, schal he dat ganze stiicke van nye an
vorhalen mad langsam, dat de kmdere und alle
andere heimlick by sick de worde ock mede re-
den m6gen. Doch hefft ein jewelike deel syne
art, wo men anfangen und endigen schal. Sfilck
is ock also in allen andern artikelen tho hol-
deride. Wenn de catechismus uthe is. so schal
men en wederumme up dat nye anfangen und jo
stetliken in einem jeweliken sermon des cate-
chismi ein stficke endigen. Ane dat schal de
catechismipredike veer tyde im jare hebben.
des namiddages up etlike werkeldage tho pre-
dikende, de twe ersten veken im Advent, de
twe ersten weken in quadragesima, twe weken
in rogationibus und twe weken im berveste, ehr
men den hoppen affnimpt, alleine des Mandages,
Dinxstedages, Donnerdages und Frydages
Wor twe edder dre predicanten in den steden
sind, de scholen des vyrdages dre sermone dohn.
Alse des morgens catechismum, under der mis-
sen dat evangelium, under der vesper de epistel.
Wo overst im ringen flecke edder up den dSr-
pern men ein pastor is, dar schal men des vyr-
dages twemal prediken, thor misse dat evange-
lium, des namiddages up gelegene stede den
catechismum. Darsfilvest ock schal me noch
eins in der weken up einen gelegenen werkeldag
prediken uth den catechismo edder (wo sunder-
like geschickede thoh6rer sind) etwat uth der
hilgen schrift, den thoh6reren denstlick und nfit-
re. Overst in den steden, dar twe predicanten
sind, schal men up twe gelegene werkeldage
prediken uth der hilgen schrift. In de prediken
m6gen se sick deelen. Overst tho Helmstede und
Gandersheim, dar dre predicanten sind, kSnen
se velichte einen dag mehr prediken, doch dat
se nicht vorsfimen de kl6stere, dar se prediken
scholen, dar vor de kl6stere en geven sundergen
sold baven den sold, den se hebben van eren
kercken.
Wenn em predicante in der weken dremal
prediket, dat is genoch Wenn m der weken sun-
derlike feste kamen na disser ordeninge, so m6-
gen de predicanten wol (so se willen} etlike
werkeldages prediken nalaten.
De dorpparheren scholen ere k6stere dartho
holden, dat se jo truwelick in alien dorpen den
kleinen catechismum helpen leren. De k6stere,
de dat nicht willen edder k6nen, scholen se nicht
holden.
Des vyrdages beth up den middach schal men
nene zechen edder schenkerye holden mit bere,
wyne edder bernewyne etc., desgeliken ock des
namiddages, alleine de stunde over, wenn men
prediket, schal sfilcke schenkerye nicht geholden
werden. Overst dem reysenden manne ethen
und drinken tho vork6pen, schal nicht verbaden
syn, doch also, dat dardorch dat wolk nicht vor-
hindert werde thor predike tho kamende Item
bure und borgere, jung and olt (de dar wol
kSnen), scholen des vyrdages nicht uth der pre-
dike blyven, ock nicht dewile up dem kerckhave
edder anderswor spacyren. De darwedder dohn,
scholen van erer overicheit hart gestrafft wer-
den, wente sillcks is nicht tho gedulden.
De superintendenten scholen jo darup sehen
und truwelick vormanen de pastoren trod pre-
61
Kirchenordnung 1543
up dem sproke start: Se werden alle van Gade
geleret verden [Joh 6,45]. Darrnede se alle scho-
len wtiste rnaken. Hirby is tho vorhSdende, dat
gelikewol ock de historia van Sanct Johannis uth
den evangelisten nicht vorstirnet werde, welcke
so lang is, dat men se in einer predike nicht
vol endigen kan, nSmlick wo he sy entfangen,
geboren, geprediget hefft und thorn lasten ock
enthSvedet is. Wes men nu des in einern dage
nicht uthrichten kan, dat rnach rnen in andern
dagen darna volendigen. Ock schal men arn
Johannisdage singen de sequentie van syner
enthSvinge: Psallite regi etc. 13
De dach Michaelis is eine gerneine dankseg-
grnge vor alle frtichte, de wy des jars gesarnlet
und entfangen hebben. Darurnme schal de ganze
vorsarnrnelinge na der prediken singen tho der
danksegginge rnit groter andacht dat dtidesche
Te Deurn, van doctore Luthero vordtideschet 1.
Overst sowol des rnorgens alse des namiddages
schal men prediken van den engelen, up dat
jederrnann vorsta, war gtides wy van Gade dorch
eren denst entfangen hebben, dat wy ock Gade
darvor danken rnSgen. Dit fest schal by uns dat
viertydenfest syn, in welckern rnen geven schal
den viertydenpenning. De lesterlike kruetwy-
ginge und palrntSverie 1 willen wy nicht rnehr
hebben.
Van vierdaen
Wy rnoten etlike feste beholden, nicht urnnrne
der dage willen, sunder van wegen der prediken
des gSttliken wordes, dat alle stticke des hilligen
evangelii mSgen bequernelick uthgelecht werden
Wy nernen nene vierdage an denn alleine de
gewontliken Sondage, darrnede wy van dern
arbeide rowen, dat wort Gades hSren, dat sacra-
ment entfangen und int gerneine vor alle not-
truft bidden, ock Gade vor syne woldat danken
rnSge. Darurnrne schal ein jewelick sick ein-
drechtichlick in den vierdagen vinden laten und
sick daglikes arbeides entholden.
De dre grote feste Christi yren wy ein jewe-
lick dre dage lang urnme der historien Christi
willen_ Darbeneven vyren wy ock dat lest cir-
curncisionis 1,:, Epiph2nie, purificationis 17 und
annunciationis Mariae '. So nu datstilvige fest
annunciationis in der weken na dem Palmson-
dage komen wtirde edder ock vurder int jar, so
schal men yd arn Sonnavent vor Palrnarurn hol-
den na older gewonheit. Ock vyren wy de feste
ascensionis und visitationis 19 rnit gewontlikem
evangelion. Overst irn feste visitationis schal
men lesen de epistele: Egredietur virga etc.
dtidesch, Jesaia 11 [1- I0], welcker epistel ende
is: Et erit sepulchrum eius gloriosum etc. Thorn
lasten dat fest Johannis Baptistae, up welck fest
schal de epistel syn Jesaia 40 [1--8]: Consola-
mini etc. diidesch, dat ende: Verburn autem
Dornini stabit in aeternurn. Dat lest Michaelis
schal syn thor danksegginge, alse thovorne ge-
secht is.
Van Sanct Marien Magdalenen schal men dat
evangelion Luce 7 [36--50] prediken des nege-
13 Psallite regi nostro, Sequenz an Joh. Enth.,
Vackernagel I, Nr. 161.
a Ev. Kgb. Nr. 137; Wackernagel III, Nr. 31.
15 ,,Krfiuterweihe und Palrnenzauberei" sind hier
offenbar nut in rnittelbarem Zusarnrnenhang
[nit dem Michaelisfest genannt. Sie spielten
bei den Flurprozessionen zur Hagelfeier, die
in der legel vor Beginn der Ernte stattfan-
den, eine lolle. Dabei wurden die zuvor arn
Palmsormtag geweihten Palmen (X, Veidenzwei-
ge) kreuzweise auf die Felder gesteckt, urn
sie vor Blitz und Unwetter zu schtitzen. Auch
yon den an Marii Himrnelfahrt geweihten
Kriutern glaubte man, dal3 sie unwetterab-
wehrende Krifte htten, und brachte sie da-
her gleichfalls auf die Felder. -- In verschm-
17
18
19
denen Ortschaften des harmoverschen und
braunschweigischen Gebietes wurde das Ha-
gelfest vermutlich wihrend der ganzen Ernte-
zeit bis zurn Erntedankfest wiederholt ge-
feiert, wie sich in diesen Gegenden Hagel-
feierbetstunden wihrend der ganzen Erntezeit
auch noch in der prot. Kirche erhalten haben;
vgl. H. Pfannenschrnid, Gerrnanische Ernte-
feste irn heidn, u. christl. Cultus m. bes. Be-
ziehung auf Nieders. 1878, S. 60.77 ff.; A. Franz,
Die kirchlichen Benediktionen. Bd. I, S. 406,506.
1. Jan.
2. Febr.
25. Mirz.
2_ Juli.
63
Wolfenbiittel
corda etc 0 Mit dem gesange werd de ordinan-
dus vor dat altar up de knee gesettet und alle
prester in der stadt setten sich darmit up de
knee und de superintendent keret sick vor dem
altar thorn volke und lest also:
So schrifft S. Paulus in der ersten epistel
an Timotheon im drridden capitel [v. 1- 7]: Dat
is jo gewislick war. So jemand eins bisschopes
ampt begert, de begert ein kSstlick werk. Ein
bisschop overst schal unstrefflich syn, einer frou-
wen man, nrichteren, metich, sedich, gastfry,
lehrhaftig, nicht ein wynsriper, nicht betisch 40a,
nicht unehrlike hanteringe dryven, sunder ge-
linde, nicht haderaftich, nicht gyrich, de synem
eigen huse wol vorstah, de gehorsame kindere
hebbe, mit aller erbarheit (so overst jemand sy-
hem eigen huse nicht wet vorthostande, wo
werd he de gemeine Gades versorgen?), nicht
ein nyeling, up dat he sick nicht upblase und
dem lesterere int 5rdel valle. He mot vverst ock
eine gude trichnisse hebben van den. de dar
buten sind, up dat he dem lesterere nicht in de
smaheit und strick valle
So vermanet S. Paulus de oldesten der ge-
meine tho Epheso [Apg 20,28- 31]: So hebbet nu
acht up ju srilvest und up de ganze herde, under
xvelcke ju de hilge Geist gesettet hefft tho bis-
schopen, tho weidende de gemeine Gades, welcke
he dorch syn eigen blut erworven hefft. Wente
dat vet ick, dat na mynem affschede werden
under ju kamen gruwelike wulve, de der herde
nicht verschonen xverden, ock uth ju stilvest
werden upstaen mennere, de dar vorkerde lere
reden, de jiinger an sick tho tehnde. Darumme
syd wacker und denket daran, dat ick nicht
affgelaten hebbe dre jar, dach und nacht, einen
jeweliken mit tranen tho vermanende.
Inde ordinator loquatur in hanc vel similem
sententiam, ad ordinandum vel ordenandos:
Hyr hSren wy, dat uns de bisschope, dat is
predikere und parheren beropen sind und syn
scholen, nicht werd bevalen, gense edder koye
to hSden, sunder de gemeine, de Got durch syn
eigen blut erworven hefft, dat wy se weiden
scholen mit dem reinen worde Gades, ock wa-
ken und thosehen, dat nicht wulve und rotten
under de armen schape inryten. Darumme nSmet
he id ein kSstlick werk. Ock vor unse personen
scholen wy trichtich und ehrlick leven, unse
husere, wyff, kinder und gesinde christlick hol-
den und theen.
Sy gy nu sulcks tho dohn bereit?
Dicat: Ja.
Hic presbyteri ordine imponunt manus super
caput ordinandi et redeunt quisque ad locum,
ubi sederant prius super genua. Et dicat ordi-
nator clara voce orationem dominicam!
Lat uns beden: Vader unse etc.
Barmhertige Got, hemmelsche Vader, du hast
dorch den round dynes leven S6ns, unses Heren
Jesu Christi, tho uns gesecht: De ernte is groth.
5verst weinich sind der arbeider. Bidder den
Heren der ernde, dat he arbeidere in syne ernde
sende [.It 9,37 f ]. Up stilck dyn gStlick bevehel
bidden wy van herren, du wiliest dissen dynen
deneren sampt uns allen, de tho dynem worde
beropen sind, dynen hilligen Geist ricklick geven,
dat wy mit grotem hupen dyne evangelisten syn,
truwe und vaste blyven wedder den drivel, werlt
und flesch, darmit dyn name gehilget, d.vn rike
gemeret, d)na wille vullenbracht werde XXroldest
ock dem leidigen gruwele des pawestes und
hiahomets sampt anderen rotten, de dynen ha-
men lesteren, dyn rike thostSren, dynem wil-
len wedderstreven, entlick striren und ein ende
maken. Stilck unse gebet {dewile du id geheten,
geleret und vortrSstet hast} woldest du gnedicho
lick erhSren, alse wy geloven und truwen dorch
4o Vgl. H6fling, S. 137, Anm. 2; RSm. Melbuch, S.
582: Oratio am Pfingstsonntag, S. [86]: Messen
am Samstag zu Ehren der allerseligsten Jung-
frau, V. Vom Samstag nach der Oktav des
HerzoJesu-Festes bis zum Samstag vor dem
ersten Adventsonntag. Zweite Oratio: vom
hi. Geist.
40a : bissig
7O
Kirchenordnung 1543
hebben, in welcke ein jewelick knave synern
vorstande und gelegenheit na vorordenet werde.
Van der praeceptoribus und sdollesellen,
wat ere ampt und besoldinle syn sdal.
Dewile overst tho anrichtinge solcker scholen
und classium gude praeceptores und paedagogi
gehSren, so schSlen de visitatores in einern jewe-
liken 5rde na gelegenheit gude und gelerde
scholgesellen so vele, alse van nSden, vororde-
nero welcken de visitatores ock allerwegen stil-
cke besoldinge scholen bestellen, dat se sick
nicht tho beklagen hebben. Overst wedderumrne
schSlen ock de gesellen in stilcker institution
allen vlyt vorwenden und eres arnptes, wo sick
yd gebSrt, warnemen, wo se denn nach lude
disser ordeninge sick ane twivel ock stilvest
erinneren werden.
De scholekindere scholen alle verndel jars ere
preciurn geven, alse van oldes in einern jewe-
liken 5rde gewonlick is geweset. De ganz arme
kindere scholen nichts geven.
Doch scholen de kastenheren erkennen, wel-
cke kindere so arm sind, und se thorn schole-
meister bringen, dat he se vorgeves annehrne
und nichts an en vorstimen late.
De funeralia scholen de rnagister und gesel-
len alle gelick delen, dat de overrneister nicht
rnehr darvan krige wenn de geringeste geselle
vVenn man de scholere wil hebben, dat se thor
brutlacht in der kercken singen, so roach men
en darvor dohn, war in jeweliken 5rde suss
lange her gewonlick is geweset.
Prima classis. De erste hupe.
Tho dissern hupen h6ren alle de, de noch
bockstaven und lesen leren. Und id is gut, dat
solcks in den latinischen enchiridiis 49 gesche,
darinne de teyn gebade, dat Vaderunse, de ge-
love und war mehr thorn catechisrno gehSret,
vervatet is, und wenn se de enchiridia verdich
lesen k6nen, dat rnen se darna in den/ Donato 50
und Catone 5t 6re rnit anhangender uthlegginge.
Und m6ten solcke boke, wenn se uthe sind, alIe
tydt wedderumme angefangen werden.
Solcke knaven scholen ock dagelick des avert-
des twe vocabula rnit erem diideschen rnede tho
bus nehmen und desiilven des rnorgens tho repe-
teren weten, scholen ock eren eigen 6rt in der
schole hebben.
Secunda classis.
Tho dissern hupen gehOren de, so lesen kSnen
und de grammatica leren m6ten. Und schal tho
solcker behoff aIle tidt Grammatica Philippi 53
blyven und neven der grammatica hefft men vor
middage tho verdiideschende Aesopum mit 6vin-
ge der declination, der conjugation und re-
gulen. Na middage Paedagogiam Mosellani 53
und etlike colloquia Erasmi 54, de sunderlike ard
hebben und de besten sind. Id scholen sick ock
solcke knaven ira latin tho 6yen anfangen und
des avendes einen latinischen sproke rnit sick
helm nemen, den se des morgens tho repeteren
weten. Men schal davup sehen, dat se ock wol
schriven leren und de orthographiam holden.
Tertia classis
Tho dissem hupen geh6ren, de declineren und
coniugeren kSnen und in der grammatica etwas
ge6vet sind. Neven der Grarnmatica Philippi
scholen se thor 6vinge Terentium hebben und
syntaxin 55 uthwendich tho seggen wetten. Te-
rentium scholen se uthwendich leren. Darna mot
men en etlike comedias Plauti und de ardige-
sten edder selectas epistolas Ciceronis lesen_
Se scholen stedes latin reden. Thowilen ex Te-
rentio uthwendich etwes reciteren und einrnal
in der weken carmina und epistelen schryven,
darna de knaven geschickt shad.
49 Vgl. zu den lat. Uebersetzungen des K1. Kate-
chismus zusammenfassend: M. Reu, D. Martin
Luthers Kleiner Katechismus. 1929, S. 50 ff.
50 Ars minor des Donatus, lat. Elernentargram-
rnatik des Mittelalters, Ausg. in Keil, Gram.
Lat. IV,354 ff.
51 Dicta Catonis, Sammlung lat. Spruchweisheit,
Ausg. b. Baehrens, poetae lat. rain. 3,205 ff.;
vgl. Pauly-Wissowa, RE V, 358 ff.
52 Grarnmatica latina. 1526, CR 20 241 ff.
53 Peter Schade (Mosellanus), Paedagogia. 1518.
54 Erasmus Roterodamus, Colloquia familiaria.
1518. 1522. Opp. (Clericus) Leyden, I. 1703.
5s Syntaxis Phil. Melanthonis. 1529, CR 20.347 ff.
e 73
Kirchenordnung 1543
Quarta classis.
Tho dissem hupen geh6ren de, so im latine
verdich sind. Men schal en neven der gramma-
tica Virgilium lesen mit antekinge der con-
struction figurarum und praecipuarum senten-
tiarum. Und wenn se hirinne wol ge6vet sind,
schal men en DiaIecticam und Rhetoricam Phi-
lippi56 vor middage, na middage Virgilium, Me-
tamorphosin Ovidii, am avende Officia Ciceronis
lesen.
Se scholen alle tidt latin reden, thowilen etlike
carmina uth Vergilio reciteren und alle weken
carmina und epistoIas maken na erer schick-
licheit und gelegenheit.
Hyr is tho merkende, dat de praeceptores
disse classes nicht alle sch61en balde anrichten
vor de ungeschickede jungen, alse etIike dohn, de
mehr ere ehre soken, denn beteringe der kindere,
und lesen Ciceronem, Virgi!ium etc. den jungen,
de nicht ere grammatica xveten. Se scholen
ersten twe edder dre classes maken und 6yen
de kindere in der grammatica und regulen mit
chrivende, latin redende ane unterIat ock den-
ne, wenn se tho grotteren lectien ntitlick gev6r-
dert werden Welcke praeceptores sick des be-
weren und nicht dohn willen, schal men by
dem ampte nicht laten Wente efft se xvol
geleret sind, so vorderven se doch de jungen
und is beret andere, de nicht so sehre geleret
nd doch vlitiger sind. tho hebbende. Tho rech-
ter tidt schal men de kindere in quarta classe
x urder helpen Item man roach etliken knaven,
de dartho geschicket xverden, ock wol 1Rudi-
menta literarum graecarum und hebraicarum57
vorleggen.
Van 6vinge der scholeren.
Wo de stunden und lectiones tho vorordenen
und under de gesellen tho delen sind, darmit
der sake allenthalven eine rechte gestalt gege-
yen werde, gyfft men den rectoribus helm und
m6gen des superintendenten fades, wenn men
de gelegenheit disses ordes und der knaven er-
faret, ock dartho gebruken. Wat de knaven in
der kercken vor 6vinge mit singen und lesen
hebben scholen, is vorhen in der ordeninge der
ceremonien angetekent. Wenn overst de stunde
in der kercken ungelegen, mSgen de rectores
mit fade des superintendenten destilvige na
gelegenheit anderen.
Alle xverkeldage scholen und m6ten se eine
stunde, nomelick tho twelf slegen im middage,
tho der musica hebben, in welcker de cantor
edder de scholemeister de knaven nicht alleine
in cantu piano edder chorali, sunder ock in
figuraIi underwisen und wol 6yen schal und
moten em de anderen geselIen hirinne helpen.
Ock schal de cantor cantum figuralem in de
kercken bringen und darmit de jogent Got tho
lavende lustick maken.
De Middeweken dach schal alle tit dies repe-
titionis syn_ Und schal in allen classibus, wat
de anderen dage gelesen, vlitich gerepetirt wet-
den. Ock schal men den knaven an dissem dage
so aartno dfichtich sind, argumenta geven, dat
se carmina und epistolen schryven und en des
namiddages dimissionem geven.
De Sonnavend schal dies exercende pietatis
sm. Und schal dar vor de geringen knaven de
catechismus, vor de anderen dat evangelion
Matthei edder evangelia dominicalia edder et-
like episteIen Pauli edder proverbia Salomonis
gelesen werden. Und scholen de scholgesellen
hir mit vlite van den geringesten knaven de
exposition des catechismi (den se ock uthwen-
dich leren und reciteren scholen), van den an-
deren averst etlike integros locos ut eren lecti-
onibus uthwendich tho reciteren vorderen, dar-
mit allenthalven de gotselicheit by en gef6rdert
werde.
:,6 Dialectica, vgl. CFt 13,507 ff.; dazu Compen-
diaria dialectices ratio, CR 20,711 ff. und Ero-
temata dialectices 13.513 ff.; Elementorum
rhetoricae ll.II, CR 13,413 ff.
U. a. wohl Reuchlin, Rudimenta hebraica
1506; Vocabularius breviloquus. 1504; Septem
psalmi poenitentiales hebraici cure gramma-
tica tralacione latina. 1512.
74
Wolfenbfittel
Privi|eia der elerden
Tho vorderinge g6tlikes wordes, fryen k0n-
sten und allerley erbarheit, darto dennoch de
predikere, scholgesellen und kerkendenere mit
h6gestem vlite helpen moten, sch61en en ere
privilegia und freiheiden van allen b6rgerliken
beschweringen blyven und men schal se darby
handhaven. Darwedder schal nemand handelen.
Sfinderlike 6vnle in der scholen.
Id sind thowilen lectiones, de dre classes
wol thogelick h6ren k6nen. In destilvigen wet-
den sick de rectores, dat de classes darna ge-
ordent werden, vol recht schicken. Van tier
sankstunde hebben vy vorhen gesecht.
De Donatisten schal men alle dage vor mid-
dage (den Middeveken und Sonnavent uthge-
scheiden) int gemeine in tier grammatica, eti-
mologia, syntaxi und prosodia sere vlitich 6yen
und vort dryven. Knaven, de tho stilckem schri-
yen dtichtich sind, scholen alle weken carmina
und episteln schryven, wo darbaven angeteget
is, und jummer latin reden. Vain morgen- und
vespergesange is baven gesecht
Wo men ock in der schole den Middeweken
tho tier repetition, carmina und epistelen tho
schryven 6yen und na middage diem lusus heb-
ben schal, desgeliken, wat up den Sonnavent in
causa pietatis gedreven werflen schal, is dar-
baven ock gesecht und is vider wort hyrvan
tho maken nicht niSdich.
Darmit overst in disser scholeordeninge jo
nichts vorgeten, vordert ock de hoge not, dat
men den scholgesellen bequeme behusinge, da-
tin se studirn und er gemack hebben k6nen,
vorschaffe und vorordene.
Denn dat sick so vele gesellen in einer edder
twen behusingen entholden scholden, is nicht
wol m6gelick. Desgeliken eren studiis nicht be-
quemelick.
De ehelick werden, de schal men sunderlick
mit bequemener woninge vorsorgen. Darup scho-
len vlitich sehen de radt und kastenheren und
dat also vorschaffen.
Van der junkfrauenscholen.
Eine schole schal men uprichten in den steden
und flecken in einem gelegenen orde vor de
kleinen junkfrauen und de schollen darinne leren
schryven und lesen calder thorn weinigesten
alleine lesen, welck se in einem edder tven
jaren leren k6nen. Men schal en dar psalme xnd
geistlike gesenge singen leren und den kleinen
catechismum doctoris Lutheri, ersten de hilgen
w6rde des catechismi, darna de korte bedti-
dinge tier wSrder, als in dem catechismo steyt.
Wenn se dat wol k6nen, so schal men se darna
ock laten lesen den ganzen dtideschen psalter
edder etlike und vele psalme daruth Denne
math men en ock wol in der scholen bevehelen,
dat se tho hus lesen etlike historien uth der
d0deschen biblien, yd sy uth dem olden edder
nyen testamente, darvan se war k6nen in der
scholen naseggen uthwendich, ane b6ck, wo gut
se yd maken k6nen. Wol syne jungfrouven wil
mehr laten leren, de late en ock mit dem schri-
vende leren geschreven breve lesen etc.
Vor middage scholen se allene twe stunden
in tier scholen syn, na middage ock men tve
stunden, tho gelegener tyt Wenn se uth der
scholen gahn, so schollen se ersten einen psalm
calder geistlick led singen, darmede k6nen se
dat singen ane anderen erbeit leren mit luste
und leve. Alle andere tydt des morgens, mid-
dages und gegen den avent scholen se by eren
modern syn tho buss, lesen war und leren van
eren modern ttichtich husholden und war dar
mehr thogeh6ret. Men schal en ock icht tho vele
upleggen, mate is tho allen dingen gut. Men
late de kleinen kinder tho tyden ock spelen,
dat se darna deste vlitiger thorn studirende wed-
tier ankamen.
Salomon am ende in synch spr6ken secht, dat
id nicht genoch is, wenn eine husmoder schSn is,
so se nicht ock gotfrtichtich is, de na Gades
worde Got alle tidt in allen eren scheten vor
ogen hefft: Fallax gratia et vana est pulchri-
tudo, muller timens Deum ipsa laudabitur [Pr
31,30]. Wente gotlose moderen fragen nichts na
- 75
Wolfenbtittel
Gade, dat is, na Gades worde. Darumme holden
se ock ere knechte und megede nicht tho Ga-
des worde und theen gotlose kindere up. Overst
uth siilcker junkfrauenscholen kSnen wy vele
husmodern krigen, de mit Gades worde tho
Gades fruchte geholden sind. De gedenken by
Christo to blyvende, in welcken se gedofft sind,
de holden namals ere gesinde und kindere ock
tho Gades worde, dat se by Christo und in
Christo blyven, in welcken se gedSfft sind. Wol
dem marine, de siilck eine frouve und hus-
moder kricht, als dar Salomon secht. Dar roach
men vortan lesen. Van siilcken husmodern, de
Got frtichten, werd namals de stadt besettet
mit eren kinderen, de frame b6rgere und b6rge-
rinnen werden und kompt van en ein eddel
geslechte, de kindere Gades verden dorch den
geloven an Jesum Christum bet thorn jiingesten
dage. Darumme willen vy trouen siilcke junk-
frouwenscholen nicht vorstimen, sonder in ehren
holden.
Tho disser scholen schal men vorschaffen eine
ehrlike matrona, de xvol leren kan und mit den
junkfrouen wol und vorniiftich kan ummegahn,
de Gades wort leff hefft und gerne in der biblien
und sus war gudes leset. Der schal men uth der
gemeinen kasten geven jerlick drittich edder
twintich giilden in miinte na gelegenheit jeders
6rdes und alle verndel jares dat veerde part van
siilcken drittich edder twintich gtilden. Der frou-
wen schal men in den vormSgen steden noch
eine siilcke tho hiilpe schaffen, de schal jerlick
hebben 20 gtilden in miinte, alle verndel jares dat
veerde part van siilcken 20 giilden. De junkfrou-
ven scholen gr6ter precium den meisterinnen
geven venn de jungen in der andern scholen,
doch etliche mehr, etlike ringer. De ganz armen
scholen nichts geven. Doch dit alles up erkent-
nisse der kastenherrn. Dat precium scholen de
meisterinnen gelike deilen. Frye voningen scho-
len se beide hebben und fry syn van aller b6r-
gerliken last und uthgave. Se k6nen wol beide
wonen in der junkfrouwenscholen, wenn men
de woninge bequemelick darna anrichtet.
Ende der scholen.
Dat driidde deel disser ordinantien is van
der gemeinen kasten.
In einer jeweliken kercken schal stahn eine
kaste, dar frame liide und milde hende dage-
lick insteken ere almissen vor de armen und
nottroftigen umme Gades willen, welcke de
kastendiaken scholen alle weken daruth nemen
und latent erem schriver anschriven und brin-
gent semptlick in de sacristie edder in einen
anderen wolvorwarden 6rt in ere kaste.
Wente gemeine kaste her nicht de kiste, de
in der kercken apenbar steyht, dat men darin
scholde bringen alle gilder der kercken, wol
wolde dat raden? Sonder gemeine kaste is ge-
redet so vele, efft men wolde seggen: Gemeine
schatt der kercken, darhen thosammende vor-
ordenet is und werd ingebracht alle inkament
der kercken und alle geistlike giidere (alse men
se n6met) grot und klein dorch de kastendiaken_
Dar mot men hebben kisten, slote, iseren, mu-
ren und vaste d6ren, dat solck schat vol ver-
varet sy. Dat her de gemeine kaste.
In disse gemeine kaste geh6ren alle giider
dersiilvigen kercken, klein und grot. Nemlick
thorn ersten vor de rechten armen, alt und
jung, de nichts vorwerven k6nen, vor kranke
Itide und arme frouwen in dem kinderbedde
und wor sust de predicanten werden anseggen,
de tho den kranken gahn etc. Alle milde almis-
sen, in de kisten geoffert, alle almissen, de de
kastendiaken in de biiddele sammelen van fra-
men ltiden. Wente se scholen des hilligen dages
mit twen edder dren btidelen ummegahn under
der predike und schemen sick des nicht umme
Christus willen, de secht: War gy einem ringe-
sten van den mynen hebben gedahn, dat heb-
ben gy my siilvest gedahn [.Mt 25,40]. Item dar-
hen geh6ren ock alle ander milde gaven christ-
liker herren und alle testamente, de gemaket
sind und noch gemaket werden.
War unse vorelderen gegeven hebben tho un-
gerechten gadesdensten uth unvorstande (se
hebbent jo gut gemeint), dat scholen wy nu
na erkanter warheit keren thorn rechten gades-
denste, dar Christus van secht: Gy hebbent my
76
Wolfenbiittel
und kastensegel, by den radt gelecht werden.
Darmne ock geschreven schal werden, wenn de
rechenschop geschtit, wat sick de gtider vor-
mehret hebben. Overst de kastendiaken scholen
eine uthschrift des inventarii by sick beholden.
Kastendiaken.
Tho solcken gemeinen kasten edder schatte
vor de armen und kerckendenere scholen erwelt
werden sSs kastendiaken edder kastenheren,
twe uth dem rade und veer b6rgere uth der
gemeine.
De solcke lfide scholen syn, alse steyt Act. 6
[3], 1. Tim. 3 [2 ff.]: ehrlike lfide, nicht 16genere,
nicht drunkenbolten, nicht bedregere, de ehrlick
husholden mit eren echtenwyven und kinderen,
de vul hiIliges Geistes und wysheit sind, dat is,
de dat gehemnisse des evangelii edder des ge-
lovens in reiner conscientien hebben, de so vor-
stendich sind, dat se vol veten, wor se geven
und borgen scholen, dat nicht dat kastengut
ane not vorringert werde De ock so fram syn,
dat se de armen und nottroftigen nicht ver-
sfimen
Disse scholen vlitich inmahnen und uthgeven
und dat alle erem schrivere schriven laten, alle
solde der kercken- und scholdeneren scholen
se alle verndeljars uthrichten. Item: de schSlen
neven dem fade vorschaffen bequemelike wonin-
ge den predicanten und scholgesellen, und wenn
de scholgesellen ehelick werden, so schal men
dem eheliken gesellen eine sunderlike woninge
bestellen, so lange he in dern ampte blifft. De
kastenheren scholen ock buwen und in buwe-
likem vesende holden der kercken- und scholen-
denere hi]sere. Item: de kerckhSve scholen se
genochsam befreden, wente der Christen be-
greffnisse scholen wy ehrlick holden, darumme
dat wy gelSven de upstandinge der doden
Alle Sundage des namiddages na der predike
(welcke predike umme seyers tvelve schal ge-
scheen) scholen de kastendiaken thosammende
kamen, dar ere kaste is, umme der armen wil-
len, de se up dem register angeschreven hebben,
den se thogesecht hebben, alle weke wat tho
gevende, dem einen mehr, dem anderen gerin-
get na gelegenheit. Und sus ock tho ratslagen,
efft wat van n6den were der kasten halven.
De kastenheren scholen sick vorschaffen einen
geschickeden schriver und den mit der borger-
meistern und kerckheren rade und willen an-
nemen.
De schriver schal ein framer bSrger syn, de
ehrlick husholt, de vorstendich is up rekenschop,
de dat gemeine kastenbSck wol vorstan und de
rekenschop wol schriven kan gegen de tidt,
wenn men rekenschop schal dohn.
De kastendiaken scholen alle jar in der weken
vor Palmsondage rekenschop dohn up dem rat-
huse dem kerckheren und dem rade. Des Son-
dages thovorn schal yd vain predigstole aff-
gektindiget werden, dat de rekenschop gescheen
schal, hefft jemand wat inthoreden wedder de
kastenheren edder weth sus vat mehr gudes
der kasten tho gude, de roach sick up de tydt
up dat rathus maken und rede dar frilick der
saken tho gude und nicht thorn vorderve. De
dSre schal em und anderen borgern, de darby
willen syn, apen start
Na der rekenschop scholen denn stilvest de
tve radespersonen, de kastendiaken ein jar
lang sind geweset, fry und los syn van dissem
ampte, ock de bSrgere, de by der kasten sind
geveset. Und men schal en na guder rekenschop
danken und balde, ehr men geyt vain rathuse,
schal darsfilvest de parhere und de radt sampt
allen, de dat jar diaken sind gevest,oerxvelen
tho der kasten upt nye einen van den beiden
ratheren, de des vorgangen jares sind kasten-
heren geweset und noch einen ratheren, de des
vorgangen jares nicht is kastenhere geweset.
Dartho ock twe borgere van dens/]lvigen, de
kastendiaken ein jar lang sind gewest, und
twe bSrger, de im vorigen jar nicht sind kasten-
diaken gewest.
Wente wen men idel nye alle jar erwelen
scholde, de nicht mit dec saken ummegegahn
hedden, so mfichte uth unerfarenheit de gemeine
kaste schaden nemen. Darumme is yd gut, dat
stilcke dre erfarne bSrgere noch ein jar darby
blyven, van welcken de anderen ock kSnen leren
und angevSret werden. So moten de dre blyven
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Kirchenordnung 1543
twe jar lank. Im drtidden jar kinen se fry wer-
den. Also scholen alle jar de kastendiaken wed-
der erwelet werden na der rekenschop.
Dre slStele scholen tho dem kasten syn, einen
slStel schal hebben de radespersone, de thor ydt
kastenhere is, den anderen ein bSrger van den
veer kastenheren, de uth tier gemeine sind, den
drtidden de kerckhere. In der ersten visitation
is de driidde slStel dem fade bevalen, darumme,
dat noch allewegen nicht kerckheren weren.
Nu overst vordan schal den drtidden slStel de
parhere edder pastor hebben.
Mit den gylden und broderschoppen schal de
radt sampt den kastendiaken frtintlick handelen,
dat se de gylde und brderschoppen in de ge-
meine kasten disser gadessaken tho gude laten
komen. Id kan doch und schal ock nicht beret
angelecht werden.
So scholen desillven ock friintlick handelen
mit den geslechten, de jus patronatus over etlike
lene hebben, dat se de lene ock gerne tho dis-
sere christliken schatte laten kamen. Se vor-
lesen nicht darmede ere herlicheit, sonder k(inen
vor sick und ere frtindschop mit groter herr-
licheit beholden und vaken war sunderlikes
gudes darvan dohn. XVente bet nu her sind erer
etlike verstorven, de newerlde de lehne vorleh-
net hebben, dewile etlike papen lange leveden,
de de lene hadden. Nu overst, wenn se de lene
tlmm kasten lathen komen, kSnen se sick vorbe-
holden und vorschryven laten solcke gerechti-
cheit, dat se (den dat lehn thor tydt gehSrt)
mSgen umme dat ander edder drtidde jar, wenn
de kaste so rick und vormSgen werd, eine vor-
bede dohn und schSlen alse patronen des lehnes
nicht geweigert werden vor einen armen stu-
denten in einer universiteten ein jar lank edder
vyve tho holdende edder vor eine arme ehr-
licke denstmaget uththogevende. Und roach ein
van dem geslechte, de lehnhere is, des jares,
wenn de kaste rekenschop deyt van dem lehne,
uppet rathus komen und sehen und hSren sill-
vest, dat mit dem lehne recht und christlick ge-
handelt werd. Weren overst etlike so halstar-
rich, dat se ere lehen tho solcken guden werken
nicht wolden laten komen, so schal de rad und
de kastendiaken solck leben vorteken laten in
ere inventarium und neinerley weise staden, dat
etlike solcke lehne wolden verrucken to sick und
bringen se erer frtindschop uth den henden, dat
men nicht were, wor se blyven, alse id sick nu
leider wol kan thodregen. Sonder se scholen
schuldich syn, upt rathus tho kamende, wenn de
kaste rekenschop deyt und dar ock vor allen
rekenschop alle jar von erem lehne dohn, dat
me were und anschrive, wor se id hen gekert
hebben umb Gades willen. So vorkamen de
leben nicht, efft men se noch nahmals by eren
nakSmelingen kSnde by de kasten krigen.
Den missepresteren by uns, de nicht mehr
misseren und nicht lesteren dat evangelion Chri-
sti, de ehrlick husholden und disse christlike
ordeninge annehmen, willen wy ere inkament
ere levelang laten, andersworhen schal en
nichts volgen. Ja, sind se sunderlick arm by uns,
so schal men en vele lever mit milden almis-
sen ehrlick in eren husen tho htilpe kamen.
Desgeliken den mSnniken, de uth den klSste-
ren willen gahn, schoie de visitatores helpen
thorn predigampte, so se dartho denen edder
sus tho ehrliker neringe und se ehrlick affer-
digen mit gelde van des klosters gtidern. Des-
geliken den nonnen und klSster und stiftjunk-
frauen etc. Wente id schal en allen alletydt fry
syn, ehrlick und christlick utthogaende.
De overst darinne blyven willen, so se nicht
lesteren dat evangelion Christi und holden stiile
mit eren missen und alle erem apenbarem ge-
senge, wandelen eren mSnnike und nonnen-
habyt und verlaten ganz eren orden, dat se
alleine in der regel Christi by Christo blyven,
in welcken und in synen dodt se gedofft sind
etc., de schal men nicht vorlaten, sunder ere
leventlang mit aller nottroft vorsorgen. Se scho-
len by sick na alle eren willen beden: studern,
in der hilgen schrift und sust wat gudes lesen,
prediken hSren (dartho se scholen einen pre-
diker besolden, alse en schriftlick und mfindlick
dorch de visitatores vorordenet und bevalen is),
und wol id mank en beret leret, de roach syne
broder ock vordan leren, dat se ock gedenken,
wo se salich werden. Se alle scholen nemande
79
Wolfenbfittel
mehr in eren orden nemen. 13e in den klSstern
und stiffen blyven, scholen apenbar singen und
lesen in eren cerimonien ut der hilgen schrift,
alse doctor Pomeranus latinisch beschreven und
darby eine christlike underrichtinge gedan hefft,
welck de fOrsten und stende also verordenen
und setten ock hinden an disse kerckenordenin-
ge 58. Unde hebben sfilck alles alrede in einem
jeweliken klostere und stift dorch de visitatores
gebaden und vorordenet, dartho ock schrift-
lich vorantwerdet. De darwedder dohn, den
schal men de gfidere uth dissen landen nicht
volgen laten und men schal se dartho ock in
dissen landen nicht xveen, als en dat ock
schriftlick vorantwordet is.
De predicanten in den steden scholen ock
trOstlick syn den armen bedelmOnniken, de nu
van olders edder krankheit xvegen nergent hen
xveten. De men ane dat doch nicht schal vor-
laten, went xverd angesecht, so se sick na disser
ordeninge holden.
De kercken- und scholdenere, de by uns in
unsem truxven denste vorkranken, vorderven
edder voroldern, dat se nicht mehr kOnen de-
hen, schal men uth den kasten edder ock sust
uth geistliken gfidern vorsorgen ehrlick. Wo
kbnden wy yd anders vor Gade und den lfiden
vorantwerden 7
Den heveammen edder bademOmen is yd bil-
lick, dat men ock xvat schenket uth der gemei-
hen kasten, wenn men yd vormach, besunder-
gen den, de dem fade gesxvaren sind, dat se
deste vlitiger ock den armen frouven denen.
War se vor drankgeld dartho van en krigen
k6nen, dat m6gen se wol nemen. Dar is einer
stat edder gemeinen groth an gelegen.
De Hospitalen.
De hospitale schal men vlitich versorgen dorch
etlike van den kastendiaken, dartho sunderlick
erwelet vain kerckheren, vain fade und allen
kastendiaken. Kan yd dorch de nicht bequeme-
lick gescheen, so erwele men andere dartho, jo
viere tho jexvelikem hospitale, xvelcken men
alle inkament der hospitale und alles schal
schriftlick bevelen, dat se de armen jo recht
vorsorgen, dat nicht personen in dat hospital
werden genamen vor gelt, sunder mit willen
des kerckheren, des rades und aller kastenheren
alleine, de im ehrliken levende nStlick vorarmet
sind, besundergen borger und borgerinnen, ane
dat men nicht innehme 5vet den tal, dat men de
angenamenen wol versorgen kan.
Also schal men ock by macht beholden de
unreinen husere, dar men henlecht de uthset-
tigen, franzSsisschen etc. und jo allermeist tho-
sehen, dat de armen lfide dar nein not lyden
mit bedden, xvasschen, ethen etc.
De dartho erxvelet xverden, scholen ock alle
jar, xvenn de anderen, wo gesecht, rekenschop
dohn. Denne schal men nye hospitaldiaken edder
vorstendere erwelen, overst nicht idel nye, alse
ock van den kastendiaken gesecht is.
De predicanten in den steden scholen alle
hospitale einmal in der weken visiteren und en
prediken, dar mSgen se sick in delen.
FINIS
Gedrfickt tho Wittemberch: dorch Georgen Rhaw. 1543.
58 Vgl. S. 81.
8O
.lnge]igt ist: Sequitur PL4 ET L'EBE C.4TllOLIC 1 ET COYSENTIEYS I'ETERI ECCLE-
SL.IE ORDI.Y.4TIO C..IERIMONIARUM, PRO C.INONICIS et monachis qui reliqui sunt in terra
Brunst,icensi, donec moriantur. Nam quemadmodum ex bonis illis ecclesiasticis, non superstitiosi
et blasphemi monachi, neque ociosi canonici, ut nunc nihil aliud dicamus, posthac alantur, ned
constituantur ministeria [mblica ecclesiarum, quibus indigemus, et curentur pro emeritis mini-
stris, pro studentibus, et aliis [auperibus, superius in hac nostra ordinatione exemplum (si [ieri
[ossit) propositum est 59.
59 Diese Ordnung, die Bugenhagen fgtr Pommern aufstellte, steht bei Sehling II', S. 344 353. Unsere KO erueitert neben
Titel und Einleitung vor allem den kurzen Schlu (Finiz caenae Domini. Sequitur sexta vel nona.):
FINIS CA ENA E DO ill
Ubi vero monachorum aut canonicorum ecclesia est parrocbia, omnia cure populo cantentur in missa diei festi
et dominicarum ut in ordinatione ecclesiarum scripture est, neque monachi vel canonici suo cantu impediant
laudationem ecclesiae sanctae.
SEQUITUR SE'T,4 VEL NONA.
Finiz ordinatonis ecclesiasticae in terra BrUnSwicensi. [mpressum 'itebergae apud Georgium Rhaw. ,4nno 1543.
Ebenso den Abschnitt Pro nona (Sehling 1I', S. 350 Sp. 1):
Quia veto psalmus Beati immacalati, distinctus est viginti duobus octonariis, commodius ]aerit, propter canonicos
studiosos sacrae scripturae, ut in singalis hisce horis: Prima, tertia, sexta, nona, tantam anus oct6narius nut
summum duo, cantentur et semper incipiatur ubi relictam est, usqae ad finem psalmi. Imo alio ordine, ham die
Lunae, Martis, Mercurii, Jovis, l'eneris, debent audire lectionem et tractationem sacrae scrtptarae (qtmndo non
predicatur unam horam mane et alteram horam ante coenam, ad hoc foveant predicatorem et lectores theoloeiae,
ut postea verbo Dei eruditi, possint praefici ecclesiis et scholis, alio qui quid facerent suis vanis nomintbus?
Im ,4bschnitt D e m i s s a wird bei Erlaubnis der Beibehaltung der .4ltargewiinder ein.qeschoben (Sehling IV, S. 351,
Sp. 1, 2. 3. v. u.J:
si ira volant tamen cure consilio supremi superintendentis.
Sonst nut geringfiigige .4bweichangen yon der Pommerschen Ordnung.
o 81
Kirchenordnung 1569
wort. zum theil wieder dasselbige, eingeffihret,
abzuschaffen und zu bessern vorhabens, welche
irthumb und missbreuch allen frommen Christen
missfallen und auf abschaffung und besserung
derselben viel jahr lang mit besonder grosser
begird gewartet, auch unsere underthanen in
solchem allem sich ganz gehorsam mud wilfarig
erzeigt.
Welcher gestalt abet sie die pastorn und kir-
chendiener in unserm ganzem fiirstenthumb
durch ein 6rdentlich und christlich examen be-
funden, so zum guten theil nicht rechte pasto-
res, sondern ungelerte und ungeschickte mer-
cenarii und gleich als gedingete knecht gewesen,
zum guten theil auch viel pfarren umbestellet,
das die kinder ungetauft und die alten leute
ohne das sacrament des leibs und bluts unsers
Herrn Christi dahingestorben und also in ihren
hSchsten anfechtungen ungetrost gelassen, das
ist unserer lieben und getreuen tmderthanen
halben nicht unbillich zu klagen.
Welches alles ffirnemlich daher kommen, das
nemlich wieder Gottes wort k6nig, ffirsten und
herrn sampt andern christlichen oberigkeiten
felschlich verwehnet, als ob es ihres ampts und
beruffs nicht sein solte, sich der kirchen auch
neben ihrer kanzley anzunehmen
Derowegen da gleich ein christlicher ffirst
allerley grobe und greifliche mengel gespfiret
un:l gesehen, dannoch sein ampt gegen densel-
ben nichts uben dfirfen, sondern solches alles
den bisschoffen heimstellen und bevehlen mfissen,
welche durch derselben officialen oder andere
ihre vicarios und statthalter in geistlichen sa-
chen die kirchen bestellet und ordnung gehalten
(wie leider dieselbige in angestelter christlichen
visitation befunden).
Weil dann unsere getreue und liebe under-
thanen des glaubens und der religion halben
nicht weniger als in der weltlichen eusserlichen
regierung, das ihnen recht und gerechtigkeit
mitgetheilet, uns als dem landsffirsten beide,
von der hohen oberigkeit in der welt und auch
an dem tag des Herrn zu vertretten stehen, ha-
ben wir nicht underlassen, solche hochwichtige
sachen, daran nicht allein zeitliche wolfarth.
sondern auch unser selbst und unserer under-
thanen ewig heil und seligkeit gelegen, mit ernst
nachzudenken und durch unsere ansehenliche
geistliche und politische rethe und in Gottes
wort verstendige theolgen dieselbige in ernst-
liche berathschlagungen zu ziehen, zu beden-
ken und zu erwegen, welcher gestalt der uralte
catholische, christliche und apostolisch glaube
yon der eingeschliechenen und dem wort Gottes
wiederwertigen menschensatzungen, missbreu-
chen und irthumben gereiniget und nach dem
willen Gottes, auch rechten alten gebrauch der
ersten und reinesten kirchen erhalten verden
mSchte.
Dann wir ketnswegs gesinnet, etwas in den
kirchen unsers ftirstenthumbs neues einzuftih-
ren, das nicht zur zeit der lieben aposteln und
derselben negstgefolgten nachkommen im brauch
gewesen sein solte.
Und demnach etlichen, besonders zu diesem
christlichen werk erforderten und beruffenen
theologen 6 auferlegt und bevohlen, auf ein sol-
che kirchenordnung bedacht zu sein, so zufor-
derst dem wort Gottes und der christlichen
augspiirgischencon[ession dt.rchauss in allen ar-
tickeln gemess: in den ceremonien abet den
benachbaurten kirchen dieser landen am aller
einlichsten 7, damit ungleicheit der ceremonien
bey den unverstendigen und in Gottes wort noch
nicht wol erbauten Christen ergernuss und al-
lerley anstoss geberen m6chte, darnach sich alle
unsere pfarrherrn und kirchendiener in der lehr
und gebrauch der hochwirdigen sacramenten.
ehevertrauungen, leichpredigten und bestettigung
der abgestorbenen zu der erden und dergleichen
gleichf6rmig durchauss, auch sonst in allweg
Martin Chemnitz und Jakob Andre.
Der liturgische Teil dieser Kirchenordnung
lehnt sich vor allem an die Lfineburger Kir-
chenordnung yon 1564 an, vgl. A. Petri, S. 47;
H. Hachfeld, Martin Chemnitz nach seinem
Leben und Wirken. 1867, S. 71; Beste, S. 69: P.
Tschackert, S. 603; u. a., bes. A. litter, Die
sog. Calenberger KO.
85
Kirchenordnung 1569
ein anfang der weissheit ftirgeschrieben, ein
verdienlich werk gen]acht, dardurch ihr selbst
eigene, auch deren, so sich in ihre brtiderschaft
begeben, stinde zu btissen und vor Gott gnad
erwerben.
Demnach haben wir nach gehaltener visitation
der klSster, auch unserer lieben und getreuen
prelaten und personen darauf erfolgten decla-
ration 11 (so zur beftirderung unserer ihnen vor-
gehalten und in Gottes wort gegrtindter refor-
mation, neben undertheniger danksagung den]
aln]echtigen und uns, als den] landsfiirsten, ge-
schehen, n]it allen] gehorsan] sich ganz gut-
willig erbotten und bewiesen), anfangs eine
verbesserung des gottesdiensts anstellen und
allein abschaffen lassen, was den] offenbaren.
reinen und unverfelschten wort Gottes, n]it ver-
trauen auf den verdienst des ordens, n]essopfer
ftir die stind der lebendigen und der todten, den
n]issbrauch einer gestalt des sacran]ents ftir
die leyen, anruffung der heiligen, vigilien, seel-
n]essen fiir die abgestorbenen und was derglei-
chen unsern algemeinen, catholischen, aposto-
lischen, christlichen glauben, dutch welchen wit
zu den] einigen verdienst des gehorsan]bs unsers
Herrn Jhesu Christi gewiesen werden, genzlich
entgegen und zuwieder; dargegen abet den rech-
ten gottesdienst und die alte geseng de ten]pore
und kirchenubung in] lesen und singen also an-
stellen lassen, das es neben den] gebet, anruf-
lung und danksagung flit Gottes gnaden ein
studium der heiligen schrift sey, dadurch die
jungen knaben die geschicht und lehr der hei-
ligen schrift eigentlich und wol in gedechtniss
bringen, deren sie sich nachn]als in der lehr
und predigten {darzu sie ftirnen]lich auferzogen)
der kirchen Gottes zu aufbauung herren ntitzlich
zu gebrauchen
Dessgleichen in allen und jeden unsers ftir-
stenthumbs n]anskl6stern gelerte und versten-
dige praeceptores verordnen lassen, welche he-
ben verrichtunge der verordneten gottesdienst
in der kitchen den jungen knaben teglich (nach
derselben verstand) lectiones halten, sie under-
weisen und lehren, dan]it sie ftirderlich zur
kitchen Gottes ntitzlich zu gebrauchen, in n]as-
sen solches alles dieser unser ordnung einver-
leibet.
Nachden] auch neben den n]ansklSstern in
unsern] ftirstenthun]b jungfrauenklSster gestif-
tet, welche anfangs anders nicht, denn christ-
liche zuchtheuser gewesen, darirmen die jung-
frauen zur warhaftigen erkentnuss Gottes, auch
aller christlicher zucht und erbarkeit aufer-
zo.gen, und da sie ihre jhar erreicht, durch der-
selben eltern widerun]b daraus genommen und
versorget worden, haben wit dieselbige gleicher
gestalt auch nicht einreissen, noch abthun,
sonder (in n]assen auch in den n]ansklbstern ge-
schehen) allein den angestelten gottesdienst
nach anleitung heiliger g6ttlicher schrift und
unsers allgen]einen christlichen glaubens refor-
n]irn und also anstellen lassen, darn]it die jung-
frauen denselben auch verstehen, Gott nicht
darn]it erztirnet, sie aber dadurch san]pt allen
denen, so ihnen zuhbren, gebessert werden
n]Sgen.
Den]nach wit vor den] alln]echtigen wol mit
reinen] gewissen sagen kSnnen, auch vor seiner
ganzen christenheit dessert 5ffentlich wieder
das lestern der wiederwertigen uns bezeuget
haben w611en, das wit hiemit der klbster oder
andere geistliche gtiter in den] wenigsten nicht
gesucht, auch solches alles nien]and weder zu
liebe noch zu leide, sonder allein den] alln]ech-
tigen zu lob und ehr, den klosterpersonen, auch
unsern getreuen und lieben underthanen zu
zeitlicher und ewiger wolfart vermSg unsers
tragenden an]pts und gewissens angestellet,
welcher mit besonderm ernst der oberkeit auf-
erleget, Deut. 17 [14--20], die abg6tterey und
falschen gottesdienst abzuschaffen und die herr-
schaften, so wieder die warnung sen]er pro-
pheten abgbtterey geschitzet und geschirmet.
Die Aebte und Prbpste n]uten die Augsburg.
Konf. unterschreiben oder wurden entlassen,
vgl. Beste, S. 68.
Wolfenbtittel
wie dasselbige in den biblischen, prophetischen
und apostolischen schriften altes und neues
testaments durch Mosen. die propheten, evange-
listen und aposteln verfasset ist. Darm die
rechte religion der wahren kirchen Gottes stehet
nicht auf eingem gutdtinken menschlicher ver-
nunft und klugheit, 1. Cor. 2 [1 f.], auch nicht
darauf, was grosse leute ftirgeben und setzen,
das etwa lange zeit gevehret hat, .Mat. 5
[21 ff.]; Jsai. 29 [17 ff.]; Ezech. 20 [39 ff.], sondern
allein darauf, was des Herrn round geredt und
geoffenbaret hat Jsa. 1 [20]; Job. 1 [33]. Solche
lehre aber, dardurch Gott sein wesen und sei-
nen willen von anfang der welt seiner kitchen
geoffenbaret, hat er darnach selbs, soviel uns
u unser seligkeit zu wissen von nbten ist,
schriftlich verfassen lassen umb der nachko-
men willen, Psalm. 102 [19]. auf das die kirche
zu allen zeiten haben mSchte einen bestendigen
grund und ein gewisse regel, darbey und dar-
nach die rechte wahre religion geprobieret und
erkennet und von allerley ungewisser falscher,
irriger lehr underscheiden kSnne und solle wet-
den, wie Irenaeus davon handelt, ]Jbro 3, cap.
I i,;, und wie die ganze alte kirche der meinung
und der ursachen ha]ben die heiligen schrift
nennet canonicam scripturam 17
Und sollen die leute allwege auf den grund
geweiset und geftihret werden, das Gott in der
heiligen schrift al]es verfasset und begriffen
habe, was nutz und noth ist zu unser lehr, trost,
gedult, Rom 15 [4], zur warnung, I. Corint. I0
[II], zur straff, zur besserung, zur zfichtigung,
2 Tim 3 [16], ja, das ein mensch Gottes, das ist
ein diener des worts, volnkommen und zu allen
guten xverken (nemlich seinem ampt zugehbrig)
geschickt sey, 2. Tim. 3 [17]. Und in summa: in
der heiligen schrift haben wir, das wir an
Christum gleuben und durch den glauben das
ewig leben haben in seinem nahmen, Johan. 20
[31]. Daher Augustinus recht saget Contra lite-
ras Petiliani, libro tertio, capite sexto: Ver n
glaubenssachen etvas ftirgibt ausser dem und
uber das, was wir in der prophetischen und
apostolischen schriften empfangen haben, er
sey, wer er w611e, wens auch gleich ein engel
von himel were, so sey er verflucht 1.. Hie mul
verworfen und verdammet werden die papisti-
sche religion, welche ohn und wieder die schrift
allein auf menschendecret und satzung, auf tod-
ten erscheinung, auf selbserwelte geistlicheit
und auf langen gebrauch sich grtindet, Jsai. 8
[19] und 29 [13]; Matth. 5 [21ff.] nd 15 [1--9],
wie grossen schem tier weil3heit alas mmer mehr
haben m6ge, Colo 2 [8].
Es mtissen hie auch verdammet und verwor-
fen werden Schwenckfeldt mit den wiederteu-
fern, velche schxvermen, das Gott anderer art
und weise, dann allein durch das wort der
schrift, nemlich durch sonderliche offenbartmg
sich wblle den menschen zu erkennen geben 19
Es muB aber auch die heilige schrift nicht ge-
beuget, verdrehet und verkeret werden auf ftir-
gefassete opiniones nach eines jeden gefallen;
denn die schrift stehet nicht auf eines jeden
eigene auBlegung. 2. Pet. 1 [20f.], sonder sie
soll angenommen werden in dem einfeltigen
verstande, wie derselben der helle, klare buch-
stabe gibt und wie ein spruch der schrift den
andern iuxta analogiam fidei verkleret, wie sol-
che regulas de interpretatione scripturae setzen
Irenaeus lib. 2, cap. 46 und 47 2o, Hieronymus
1,; Contra haer. lII, 1,1; MSG 7, 844. Harvey II,2.
1: Z. B. August., De civ. Dei, XI,3; MSL 41,318.
CSEL 40 1,513. ibid. XV, 23,4; MSL 41,470f.
CSEL 40 II,111. De doctr, chr. II,8, 12.13; MSL
34,40 f.--Vgl, dazu Th. Zahn, RE39, S. 769--773.
la Contr. lit. Pet., Ill, 6,7; MSL 43,351. CSEL 52,]68.
x'* Vgl. FC,Ep XII,22; SD XII,30. Bek. Schr. S. 825
u. 1097, ferner RE 3 18, S. 76 ff.- Die Stellen,
die hier und im ,,Kurzen Bericht" bestimmten
Abschnitten in der FC entsprechen, sind in den
Anmerkungen mit dem Hinweis auf diese Ab-
schnitte und die betr. Seitenzahl in der krit.
Ausgabe der Bekenntnisschr. der ev. luth.
Kirche v. 1930 versehen. Dort sind im dazuge-
hSrigen Apparat auch die Erklirungen und
die einschligige Literatur zu vergleichen.
Contra haer. II, 27.28, 1--3 bei MSG 7, 803
806; bei Harvey: II, XL.XLI; Bd. I, S. 348--353;
vgl. dort die am Rand vermerkten Nummern.
9O
Kirchenordnung 1569
zum andern den glauben, der im evangelio
sucht und ergreift vergebung der srinden aul
gnaden umb Christus willen, zum dritten die
frtichte der busse, das ist den anfang eines
neuen lebens oder neuen gehorsams. Und uber
solcher abtheilung oder erzelung der stricken
der busse sollen die prediger kein unntig
zenk anrichten, sondern folgen, wie die apo-
logia fein bescheidenlich redet 39. Wellrl in der
lehr yon der busse zu der reu und zu dem
glauben mit gezelet und gerechnet wird der neu
gehorsam, das w611en wir niche, grol fechten,
allein das de rebus ipsis rein underscheidenlich
geleret werde, nemlich, das zu der g6ttlichen
traurigkeit, welche zur seligkeit wirket eine reu,
die niemand gereuet, 2 Cor. 7 [10], geh6ren zwey
strick, contritio et rides, reu und glauben, der
neue gehorsam aber geh6ret nicht darzu Und
dahin, wenn die frage ist, xvie und wadurch man
erlangen mSge vergebung der stinden und die
seligkeit, sondern wenn erstlich dutch den glau-
ben die sonde vergeben ist, alfidann folgen die
frrichte in guten werken, so Gott gebotten, und
im leiden des kreuzes, so Gott dem alten Adam
auflegt, wie auch das ein schedlicher irrthumb
ist, das man im babsthumb lehret, das die ]eute
mit ihrer reu und leid gnad verdienen 4o, sondern
die reu mul vorher gehen; denn die kranken
und nicht die gesunden dfirfen des arzten. Matth.
9 [12]. Die gnad abet, vergebung der stinden und
das ewig leben hat allein Christus verdienet
und wird allein dutch den glauben ergriffen
und angenomen, und darnach, darauf und dar-
aul folgen dann gute frrichte, alas also die drei-
erley, busse, glauben und neuer gehorsam, in
warhaftiger erklerung des menschen sein und
gelehret mrissen verden denn wo keine busse
ist, do kan auch kein rechtschaffener glaube
sein, und do keine gute fr0che folgen, ists ein
gewisse anzeigung, das wedder warhaftige busse
noch rechtschaffener glaube da sey. Es mtissen
aber gleichwol auch die dreierley mit gebtirli-
chem underscheid gelehret werden, welchs vor-
gehe, welchs nochfolge, welchs eines jeden ampt
und eigentschaft sey, und furnemlich, welchs
das mittel sey, dardurch vergebung der stinden.
so dutch Christum verdienet und erworben ist,
erlanget, ergriffen und angenomen werde.
Diese lehre wird grtindlich und nach der lenge
gehandelt in der apologia im 12 artickel 41. do-
bin und darauf wit uns auch referiren. Weil
abet viel daran gelegen und yon unverstendigen
predigern oft mit grosset unbescheidenheit da-
yon geredt wird, haben wir diese kurze erinne-
rung hieher setzen w611en zur einfeltigen an-
leitung, wie mit gebtirlicher bescheidenheit zur
erbauung die lehre yon rechtschaffener seliger
busse dem einfeltigem volke m6ge frirgetragen
werden_
Und weil fast die ganze summa der christ-
lichen lehre in diesen stricken begriffen wird.
sollen die prediger sich befleissigen, das sie
nicht in gemein bin predigen, sondern allwege
die materiam auf dieser stticke eins richten:
der sonde, von Gottes zorn und straff der sonde.
yon reu, leid, angst des gewissens etc., vom vor-
satz, von der stinde abzulassen und dieselbige
zu meiden, yon Christi person, yon seinem ampt
und verdienst, von Gottes gnaden, vergebung
der sfinden, von gleuben, yon guten frrichten
des glaubens, als von gutem vorsatz zur besse-
rung, yon guten werken, yon gedult im leiden
etc., das also in den predigten bey der ]ehre
allwege sey applicatio seu accommodatio ad
usum, wie die lehre besserlich soll gebraucht
werden
\Veil auch nothwendig die bepstische lehre yon
der busse wird m0ssen gestrafft und wiederlegt
werden, sollen die prediger sich fleissig h0ten,
das es ja nicht geschehe mit solcher nbeschei-
denheit, als wet nun gar keiner busse von n6ten.
Und weil robe, sichere leute es sonst so ein-
nemen m6chten, sollen die prediger allzeit, wenn
sie hievon reden w6llen, sich wol verwaren, alas
es in keinem wege die meinung babe, als dfirfte
man keiner busse; denn Christ-us spricht: Thut
39 Art. XII, 1.28ff. 91. 131.174. Bek. Schr. S. 252,
257 ff., 271, 279, 290.
40 Vgl. Trident. Sess. XIV, cap. 4. Denzinger 898.
41 Bek. Schr. S. 252--291.
95
Wolfenb0ttel
busse, das himelreich ist nahe herbeykommen,
Matth. 4 [17], item: Wo ihr nicht busse thut,
so werdet ihr alle umbkommen, Luc. 13 [5]. Ein
unbugfertiges herz samlet ihm Gottes zorn, Rom.
2 [5], Apocalip. 2 [5; 16] und 3 [3; 19]; sondern
hierumb sey es zu thun, well fromme herzen
gerne wolten busse, thun, das sie nicht unter
Gottes zorn exviglich verderben, sondern ins
himelreich kommen mSchten, welchs da sey
eine rechtschaffene busse, die da wirken mSge
eine reu zur seligkeit, 2. Corinth. 7 [10].
Und hie soll nun rein bescheidentlich dem
volk angezeigt xverden, vie jemmerlich und ge-
fehrlich der bapst mit seiner lehre die arme
gewissen gemartert, geplaget, verleitet und ver-
ftihret hat, nemlich, das er setzet drey stock
der busse, reuen, beichten und gnugthun .o., und
darunder des glaubens, der umb Christus willen
vergebung der stinden entfangen mug, nicht mit
einem worte gedenkt 3, sondern heist die arme
gewissen in zweifel bleiben, ob sie Gottes gnade
haben oder nicht 44. Item. de contritione lehret
er, das reu und leid solle so grol] und gnugsam
sein als die sonde ist 5, welches unmSglich ist,
item, das man durch solch reuen gnade und ver-
gebung verdiene 6. Von der beicht lehret er, das
nStig sey, alle sonde dem priester in der beicht
zu erzelen, und das keine sonde vergeben kSnne
werden, die dem priester nicht erzelet und
offenbaret sey 7. Darnach lelret er de satis-
factione, das xvir mit unsern guten werken alas
wiederumb bezalen sollen, was wit mit den
s0nden verxvirket haben und also ftir die sonde
gnug thun 8, und nimpt doch darzu solche wer-
ke, die Gott nicht geboten hat, als underscheid
der speise, walfarten, anruffung der heiligen
etc Die absolution hat der bapst wol behalten,
abet dieselbige schendlich und greulich ver-
felschet; denn er setzet den grund darauf, das
Gott die sonde vergebe in ansehung und nach
marl unserer reu und gnugthuung 49, und stehet
in der agenda offentlich dise gotslesterliche
forma absolutionis 50: Das verdienst unsers
Herrn Jhesu Christi und der heiligen jungfrauen
Mariae und aller heiligen, die demuth deiner
beicht und alle gute werke, so du gethan hast
und noch thun wirst, auch alles, was du ge-
litten hast und noch leiden xvirst, und anderer
leute gute werke, so in der christlichen kirchen
geschehen, auch der ablas, so du gelSset hast,
dil] alles sey dir zur vergebung der sfi_nden, zur
seligkeit leibs und der seelen und zum exvigen
leben etc.
Hie soll den leuten aug Gotts worte rein ge-
weiset werden, wie und xvarumb solche lehre
falsch und unrecht sey, vie dieselbige streite
vieder das ampt. xvieder den verdienst und die
ehre des Herrn Jhesu Christi und wie dadurch
die gewissen nicht getrSstet, sondern verwirret
und von dem wege der seligkeit jemmerlich
abgeftiret werden, das also die falsche, irrige
lehre und meinung yon der busse den leuten
aul gutem grunde mit gebtirlicher bescheiden-
heit aul den herzen durch Gottes gnade mSge
genomen werden
Und hiebey soil allwege wiederholet und in-
culciert werden, das sie nicht gedenken sollen,
als dtirften sie hinfuro nun keiner busse, son-
dern das sie nun durch unsern Herrn Gott in
seinem worte sich berichten und underxveisen
lassen, was da sey eine rechtschaffene, selige
busse, worin sie stehe und was darzu gehSre,
und well die lehre nun klar ihnen wird furge-
tragen, das sie auch zu solcher busse sich
schicken, wie die schrift solches in schSnen
spr0chen und exempeln f0rhelt.
Vgl. Trident. Sess. XIV, cap. 4.5.8. can. 4.
Denzinger 899 -- 901.904 f. 914.
Vgl. Apol. XIL2 f. Bek. Schr. 252f.
Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 8. can. 7.12. Den-
zinger 904.917.922. Petrus Lomb. Sent. III, d.
26,1.
Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 4. can. 5. Den-
zinger 897. 915.
96
46 Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 4. can. 5. Den-
zinger 897 f. 915.
4 Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 5. can. 7. Den-
zinger 899 901.917.
4s Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 8. Denzinger 904 f.
4. Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 6. can. 13. Den-
zinger 902. 923.
7' Vgl R6m. Mel]buch, S. [226].
WoHenbfitl
Galat. 3 [2]. Derhalben mul vorhm die person
durch Christum gerecht und Gott angenehm
werden, aldann verneuert tier heilige Geist
das herze, das es einen guten fursatz bekSmpt
und in betrachtung der grossen gtite und gnad
Gottes sich yon herzen ergibt, demselbigen zu
dienen und gehorsam zu sein, Rom. 6 [17]. Wenn
nun im herzen also die verneurung des heili-
gen Geistes angefangen ist, so soll das herz
nicht au menschensatzungen oder eigener an-
dacht sonderliche gottesdienste erdenken, Colo.
2 [8; 23]; Matth. 15 [3--9]; Deuteron. 12 [29--
31]; Ezech. 20 [16], sondern alldann k6mpt das
gesetz und weiset, was das ftir gute werk sein,
die Gott vor bereitet hat, das die seinen darin-
hen wandeln sollen, Ephes. 2 [10]; Ezeichiel. 20
[11 f.]; Deuteron. 12 [1]; Roman. 12 [lff.]; Galat.
5 [22 f.]. Und well das gesetz all, bald auch wei-
set. das solche auch der heiligen gute werke
in diesem leben schwach, unrein und unvoln-
komen sein, Psalm 32 [6]; Roman. 7 [14 ff.], so
k6mpt wiederumb das evangelion und lehret,
wie und warumb solche gute werk Gott gefel-
lig und angenehm sein, nemlich nicht darumb,
das sie rein und volnkomen sein. sondern dutch
den glauben umb des Herrn Christi xvillen, weil
die person des gleubigen Gott versSnet und an-
genehm ist. Solcher underscheid des gesetzes
und evangelii muI fleissig gehalten werden,
dann was fiir unrath in tier kirchen darau/
entstehe, wenn gesetz und evangelium vermen-
get oder zu weir von einander gerissen oder ja
hr rechter gebrauch verkeret wird, ist das
bapsthumb noch heut zu rage ein merklich exem-
pel, und derhalben muI das gestrafft werden,
das der bapst auI dem gesetz der werk gemacht
hat eine lehre, dardurch man vergebung der
stinde und ewiges leben erlangen m6ge, und
wiederumb auk dem evangelio gemacht ein
verklehr. item ein lehre, die da schrecken und
nicht trSsten solle.
Es 54 sollen auch die antmomi 55 oder gesetz-
sttirmer in diesen kitchen nicht gediildet wet-
den, welche die predigt des gesetzes aul der
kixchen wegwerfen und wSllen, das man die
stinde straffen, reu und leid leren solle nicht
aul dem gesetz, sondern aul dem evangelio,
under solchem schein, das man die gewissen
nicht so hart angreifen, noch so heftig schrecken
solle, wie das gesetz thut. Aber die schwermer
hat Lutherus 5 aLL6 gewaltigem grunde der
schrift wiederlegt. Es ist auch das nicht wahr,
das etliche schvermen, wenn erkentnil der
siinden, reu und leid uber die siinde aul dem
gesetz geprediget wird, dal das sey ein judas-
busse und ewige verzweifelung, sondern das
ist wahr, wenn man es bey der predigt des
gesetzes alleine wolt bleiben lassen und nicht
all, bald auch die vergebung der stinden auf die
busse durch das evangelion ftirtragen wolte,
so w0rde und wer es eine Judasche verzweif-
lung, also abet w0rde auch das gesetz nicht
recht geprediget, ham finis legis est Christus
ad iustitiam credenti, Ro. 10 [4], und Gott
beschleust durchs gesetz alles under die sonde,
auf das er sich aller erbarme und die ver-
heissung kome durch den glauben an Christum,
Rom 11 [32]; Galat. 3 [22], et lex est paedagogus
ad Christum [Gal 3,24]. Es thun auch die un-
recht, die da den tertium usum legis verwer-
fen 57, als solte das gesetz den bekerten und
verneuerten darzu nicht dienstlich sein, das
es sie berichte, was sie zum neuen gehorsam
for gute werke thun sollen, wie dil droben
erkleret ist.
Es sollen die prediger auch grtindlichen ver-
stand und bericht haben de usitata et generali
definitione evangelii, das sie nicht entweder
gezenk dariiber erregen oder au miverstand
derselbigen den n6tigen underscheid des ge-
setzes und evangelii confundieren. Das stehet
in apologia 58 etliche mahl. da das evangelion
5a Vgl. zu folg. Satz : FC,SD V,15. Bek. Schr S. 956 f.
55 Zur Literatur vgl. Bek Schr. S. 951,
1. und 3.
56 Vgl. FC,SD V.17. Bek. Schr. S. 957; zur Litera-
fur: Bek. Schr. S. 951, Anrn. 3.
57 Zur Literatur vgl FC,SD VI. Bek. Schr. S.
962. Anm. 3.
5. Apol. XII,31. Bek. Schr. S. 257; XXVII.54. Bek.
Schr. S. 393.
I00
Kirchenordnung 1569
durch seine werke die seligkeit verdienen kSnne;
denn die habe uns Christ-us alleine verdienet,
aber wenn wit derselbigen sollen theilhaftig
werden, so gehre nicht allein tier glaube darzu,
sondern auch unsere gute werk 84. Diese mei-
hung als falsch und tmrein muB auB Gottes
wort verworfen werden. Derhalben auch die
disputationes s5 (das gute werk zur seligkeit yon
nbthen sollen sein, also, das es unmiiglich sey,
ohn gute werk allein dutch den glauben an
Christum selig zu werden, desgleichen auch,
das gute werk sollen zur seligkeit schedtlich
sein) in diese kitchen nicht sollen eingeftihret
werden, ohn underscheid und nothvendige er-
klerung davon zu schreyen und streiten, sondern
dargegen soll mit bescheidenheit auB der schrift
dieser grund gelegt verdcn. xvie Christus alleine
verdienet hat Gottes gnade und die seligkeit
also sey allein der glaube ohne zuthun der verk
das einige mittel, dadurch xvir solch verdienst
Christi, so uns im wort und sacramenten ftirge-
tragen vird, ergreifen, zu uns nehmen und
des teilhaftig werden. Und hiebey muB auch
angezeigt werden, das ein rechtschaffener glau-
be nicht sey ohne gute verke, sondern er ist
thetig dutch die liebe und bringet viel frtichte
in guten werken [Jak 2,17]. Aber das ampt und
die eigentschaft hat der glaube und nicht die
verke, das er allein das mittel und xverkzeug
ist, dadurch wir Gottes gnade und seligkeit,
dutch Christum verdienet, zu uns nehmen und
an uns bringen ohn zuhun der verke, wie die-
set lehr gevaltiger grund auB der schrift in
apologia 86 deducirt wird, daher die pastores
grund und testimonia nemen sollen.
Es 87 soil auch die disputation in die kitchen
dieses ftirstenthumbs nicht eingeftiret werden,
als solte ein andere weise, andere mittel
trod wege seth, die seligkeit zu erlangen, als
die rechtfertigung. Denn die schrift lehret ge-
waltig und klerlich, wie wir fiir Gott gerecht,
das wit auch also selig werden, allein auB gna-
den, allein umb des Herren Christi willen und
allein dutch den glauben ohne zuthun der werk
Rom. 4 [4 f.], und setzet die schrift die particulas
exclusivas (auB gnaden, dutch den glauben, vhne
werke) nicht allein bey dem artickel der recht-
fertigung, sondern treibet dieselbige ja so stark
auch bey dem artickel der seligkeit 88, Rom 4
I9]; Ephes. 2 [Sf.]; Tit. 3 [5--7]; 2. Tim. 1 [9]
Und weil nun forma sanorum verborum mt
Ro. 4 [6]: BeatituJo est eius hominis, cui Deus
imputat iustitiam sine operibus. -- Et augusta-
na confessio, articulo sexto s9 citat dictum Am-
brosii90: Hoc constitutum est a Deo, ut qui
credit in Christum, salvus sit sine opere, sola
fide, gratis accipiens remissionem peccatorum
- Derhalben ist klar, das dem ftirbild der heil-
samen worte strackes zuvieder und entgegen
sey, wenn man lehret, das gute verk zur selig-
keit von nbten, also, das es unmtiglich sey,
ohne gute verk selig xverden. Wie aber gleich-
woll hiemit nicht geleret werde ein todter, ge-
ferbter, werkloser glaube, sondern das die verke
dem glauben, wo er rechtschaffen ist, gewiBlich
folgen, soll bald hernach expliciret verden.
84 Herzog Heinrich hatte sich voriibergehend
damit begniigt, die Evangelischen zur An-
nahme des Augsb. Interims zu beween, vgl.
F. Koldewey, Heinz v. Wolfenbiittel, S. 67. --
Vgl. Augsburg. Interim, Abschn. VII. Von der
Liebe und guten Wercken, bei J. E. Bieck,
Das dreyfache Interim. 1721, S. 286f.: ,,Aus
diesem grossen GOttes-Geschencke (welches
je mehr es in uns wichst und zunimmt, je
mehr das alte Wesen des Fleisches in uns
abnimmt) fliessen, wie aus einem Brunnen,
alle gute Wercke, welche so nthig seynd
einem jeden Gerechtfertigten zur Seeligkeit,
daB, wo er sie nicht thut, da er soll, so ver
lieret er die Gnade GOttes, und wird als ein
unniitzer Reben ausgeschnitten yon Christo,
und ins Feur geworffen, wie Christus selbst
in seinem Evangelio lernet."
s5 Vgl. FC,Ep IV u. SD IV. Bek. Schr. S. 786f.
u. 936 ff.
36 IV. Bek. Schr. S. 158--233.
37 Zum folg. Abschn. vgl. FC,SD III,52 f. Bek. Schr.
S. 932.
s8 Hierzu vgl. auch FC,SD IV,22. Bek. Schr. $945.
s9 VI,3. Bek. Schr. S. 59.
9o Ambrosiaster, in ep. 1 ad Cot. 1A: MSL 17,185.
107
Wolfenbtittel
werk so stark, die da bestehen und helfen kSn-
ten, Roman 3 [20] und 4 [2]. Nun were es woll
ein meinung, wenn Gott seinen zorn und ge-
richte wieder die siinde ohne bezalung wolt
fallen lassen, abet damit wtirde sein gesetz
aufgehoben und aufgelSset, velchs unmtiglich
ist, spricht Christus Matth. 5 [18] und Paulus
Roman. 3 [31]; denn dasselbige will und mu
erftillet sein, sonst sein wit alle verloren. Die-
selbige erftillung abet ist uns von wegen unsers
fleisches unmtiglich, Roman. 8 [3]. Hie kan nun
kein creatur helfen und weiB menschliche ver-
nunft keinen rath. Do kSmpt das evangelium nd
offenbaret uns die gerechtigkeit, die ftir Gott
gilt, nemlich, veil das gesetz must erftillet
sein und solchs uns unmiiglich war und wit
derwegen hetten ewig must verlohren sein, das
Gott aufi grundloser gtite, liebe und barmherzig-
keit seinen einigen Sohn gesandt hat in unser
fleisch und das derselbige mittler, Gott und
mensch, an unser start getretten ist, ftir uns
das gesetz auf sich genommen und dasselbige
mit seinem allerheiligstem und volnkommensten
gehorsam erftillet, und was wir ftir straffe mit
unsern stinden wieder das gesetz verwirket hat-
ten, daftir hat er gnug gethan und bezalet mit
seinem unschtildigem leiden und sterben Und
well die person Gott und mensch ist, so ist der
gehorsam und die gnugthuung so reich und
uberschxvenklich, das es eine versSnung ist ftir
die sfinde der ganzen xvelt, 1. Johan. 1 [7], und
das wit durch seinen gehorsam alle gerecht
kSnnen werden, Rom. 5 [19],
Dieselbige gerechtigkeit, so Christus mit sei-
nero gehorsam, leiden und sterben erxvorben hat.
lest nun der himlischer Vatter durch den heili-
gen Geist im wort und sacramenten ftirtragen
und anbieen nicht den sichern, muthxvilligen
stindern, das die in stinden frey mSchten vort-
fahren un ohne busse gleichxvoll selig werden,
sondern den bufifertigen, die ihre sfinde erken-
nen. sich ffir Gottes zorn ffirchten, denen angst
und bange ist. das sie nicht mSchten verloren
werden. Und ist Gottes wille und befehl, das
dieselbigen die angebottene gnad in Christo
durch den glauben annehmen sollen. Und wenn
das geschicht, so haben sie in Christo alles,
was das gesetz erfordert, das also der handel
der rechtfertigung kein leichtfertiger scherz,
sondern ein hoher, grosser ernst ist und wit also
nicht ohne gerechtigkeit ftir Gott dutch den
glauben gerechtfertiget werden, sondern wit
haben in Christo die allervolnkommenste ge-
rechtigkeit, so das gesetz erfordern kan, und
dieselbige wird uns durch den glauben zugerech-
net, Rom. 4 [5] und 8 [4]. Und also wird das
gesetz nicht aufgehoben durch den glauben.
sondern vielmehr aufgerichtet, Roman. 3 [31].
XVenn also der processus iustificationis nach
Pauli exempel den leuten ftirgemalet wird, so
verden leichtfertige, sichere, epicurische ge-
danken voll augeschlagen. Und do gleich je-
mand auf seine werke viel trauen wolte, wenn
er sich in seinem gewissen damit also, wie ge-
sagt, ftirstellet ad examen divini iudicii, so wird
die pharisaische hoffart rein niddergelegt. Auch
hat das gewissen aug diesem grunde einen be-
stendien trost und starken felsen xvieder alle
pforten der hellen. Di sey also ein kurze, ein-
feltige anleitung, xvie der articulus iustificati-
onis, yon allen irrthumben geleutert, yon allen
corruptelen verwahret und mit christlicher be-
scheidenheit au grunde der schrift zur erbau-
ung also mSge getrieben werden, alas aller rai-
verstand und mifibraucb abgelehnet und die
gewissen einen bestendigen, seligen trost dar-
au nehmen mSgen. Was sonst mehr zu der
lehre gehSret, das sollen die pastores nehrnen
ex confessione et apologia.
Von gilen werken.
lm bapsthumb hat man die leute nur immer
zu gutten xverken genStiget und getrieben , und
ist auch bey vielen ernst und eifer gewesen
zu guten xverken0 abet das beste hat gemangelt,
nemlich, das man nicht recht gelehret hat.
2 Vgl Trident. Sess. VI,I6. Denzinger 809 f.
110
Kirchenordnung 1569
welches rechtschaffene, gute und Oott wollge-
fellige werke sind; denn die meisten guten werk,
davon man im bapsthumb geleret und darauf
man die leute geweiset hat, sind entweder aul
menschensatzungen oder aul eigener selbser-
welte heiligkeit hergeflossen, als underscheid der
speise, heiligen anruffen, walfarten, rosenkrenz
beten und in summa alas ganze klosterleben
Was abet die schrift yon solchen werken halte
und urtheile, zeugen die sprfiche Deuteron. 12
[30f.]; Jsai. 1 [10--17] und 29 [13]; Col. 2 [8].
Derhalben sollen nun die leute auf den grund
geffihret werden, alas rechtschaffene, gute, Gott
xvollgefellige werke alleine die stud, welche
Gott in seinem wort vorgeschrieben und befoh-
len hat, Deuteronom. 12 [1]; Ezechiel. 20
Psalm. 119 [4], und sollen sonderlich die leute des
berichtet werden, das man Gott dienen kSnne
nicht allein in kitchen, klausen, klSstern etc.,
sondern wenn ein gleubiger, tier umb Christus
willen mit Gott versSnet ist, den vorsatz hat,
das er Gott w611e gehorsam sein und darauf
in den gemeinen werken der zehen gebotten,
ja in teglicher arbeit seines beruffs sich ubet, so
sey es ein rechter, wahrer gottesdienst, welcher
ibm umb Christus willen angenehm und gefellig
ist, Ephes. 6 [5--8]; Philipp. 3 [15]; 1. Petri 2 [5].
Und weft nun aul und nach Gottes wort ge-
lehret mul werden, alas uns Gott gerecht und
selig mache nicht aul unsern werken, sondern
aufl gaaden umb Christus willen dutch den
glauben ohne zuthun tier werke, so werden ohne
zweifel ihrer viel solche lehre darzu milbrau-
chen wSllen, als solte und dfirfte man nun
nichts guts thun 3. Derhalben mul dif fleissig
und woll verwahret werden dutch solche er-
klerung, alas ein rechtschaffener glaube als ein
guter baum nicht ohne gute friichte sey, viel
weniger bSse frfichte bringe, Matth 7 [18];
2. Pet. 1 [5--8], und da keine frfichte in guten
werken folgen, da sey kein rechtschaffener, le-
bendiger, sondern ein geferbter, todter glaube,
1. Tim. 1 [19f.]; Jacobi 2 [17]; denn ein wahrer
glaube ergreift auf einer seite im wort und
sacramenten Christum und Gottes gnade in
Christo, auf der ander seite ist er dutch die
liebe und andere gute werk thetig, Galat. 5 [6].
Es reacher aber der glaube gerecht und selig
nicht darumb und daher, das er durch gute werk
thetig ist, sondern allein darumb und daher,
weft er Christum ergreift trod annimpt Die
proba abet, das es nicht ein geferbter, todter
glaube sey, stehet in dem, wenn er durch gute
werk thetig ist, Galat. 5 [6]. Soil derhalben
erstlich gestrafft verden, das etliche gedenken
md auch woll sagen dtirfen: XVer gute xverke
thut, der ist ein papist, die evangelischen dtirfen
keiner gute werk, item, die da ohne under-
scheid und notxvendiger erklerung schreyen, das
gute werk sollen zur seligkeit schedtlich sein.
Wahr ists, wet gute verk der meinung thut,
die seligkeit dadurch zu verdienen, der ist ein
phariseer, und in solchem fall nennet Paulus
die verk nicht allein dreck und unflath, sondern
auch schaden, Philip. 3 [6]; denn darzu dfirfen
wit unserer werk nicht, sondern Christus mit
seinem gehorsam und leiden hat uns solchs
verdienet Abet daraul3 folget in keinem wege
nicht, das wit darumb nichts guts thun dfirfen
oder sollen; denn Christus hat uns mit seinem
todt erlSset nicht darzu, das wit ein sonderlich
privilegium solten haben, in sinden und schan-
den zu leben, sondern, wie die schrift sager, auf
das er ihm reinigte ein yolk, das da fleissig
sey zu guten werken, Tit. 2 [14], und auf alas
wir ihm dienen sollen in heiligkeit und gerech-
tigkeit, die ihm gefellig ist, Luc. 1 [75]. Der-
halbert sollen in diesen kitchen nicht gedfildet
werden, die da anfechten und verwerfen die
gemeine reden, so in augustana confessione 4
et apologia 5 gebreuchlich seind, das gute werk
yon nSten und dem glauben gewillich und noth-
vendig folgen sollen, item, alas xvir sollen und
missen thun solche xverk, die da Gott gebotten
s Vgl. FC,SD IV,3. Bek. Schr. S. 938 f.
4 VI,1. Bek. Schr. S. 58f. XX,27f. Bek. Schr.
S. 77f.
IV,189 Bek. Schr. S. 197.
111
WolfenbOttel
hat, welche reden darumb also geffihret werden,
das die Christen erinnert sollen werden, weil
doch sonst der alte Adam zu allem guten faul
und treg und immer lust und liebe hat zu
einem sicheren, ruchlosen, epicurischen leben,
das es kein adiaphoron oder arbitrarium sey,
guts zu thun oder zu lassen unsers gefallens,
sondern das es Gott also yon uns haben will
und sein ernster befehl ist, Johan. 15 [12, vgl.
13,34]: Ein neu gebott gebe ich euch, das ihr
euch undereinander liebet, und 1. Johan. 4 [21]:
DiB gebott haben wit von ibm, das wet Gott
liebet, auch seinen bruder liebe -- Und die
schrift selber fiihret diese rede: Wir sind schtil-
dener und schtildig, wir sollen und mtissen,
es ist nitig etc., Roman. 8 [12] nd 15 [27]; Luc.
13 [4]; Ephes. 5 [28]; 2. Thessal. 2 [13]; 1. Johan.
2 [6]; Actor. 5 [29]; Roma. 13 [8]; 1. Corinth. 9
[16]. So redet auch Lutherus also, De votis
monasticis: Opera in decalogo mandata non sunt
quidem ad iusticiam et salutem necessaria,
tamen necessaria sunt, neque enim omitti pos-
sunt, etiam praesente fide 6. Hiebey 7 mul gleich-
woll aber auch die erklerung gesetzt werden,
das es nicht verstanden solle werden de necessi-
tate coactionis, als weren das rechte, gute wer-
ke, wenn einer ohne xvillen genStiget und ge-
zwungen oder allein zum schein eusserlich etwas
guts thut und doch das herze welt darvon ist;
denn solchen dienst will Gott nicht haben, der
mit unwillen, auI zwange oder zum schein ge-
schicht, 2_ Corinth. 9 [7]; 1. Petri 5 [2]; Matth. 15
[7--9], sondern solche werke will Gott yon den
seinen haben und durch Christum ibm gefallen
lassen, wenn das ende des gebotts ist liebe yon
reinem herzen, yon gutem gewissen und unge-
ferbten glauben, 1. Tim. 1 [5], md wenn der ge-
horsam gehet yon herzen, Roman. 6 [17]; 1. Petri
5 [2]; Psalm. 110 [3]; den einen friJlichen geber
hat Gott lieb, 2. Corinth. 9 [7].
Es rnui auch bey der lehre yon guten werken
fein bescheiden und klar au[ Gottes wort be-
richt gethan werden, wozu und auI was ursa-
chen man solle gute werk thun. Nun ist biBhero
au des bapsts lehre 8 geprediget worden, das
durch gute werke Gottes gnade und die selig-
keit verdienet, ergriffen und erlanget werde,
und das man darumb gute werk thun mtisse,
well man ohne gute werke nicht ktirme selig
werden, item, der glaube rnache woll gerecht,
aber doch also, das zugleich auch die gute wer-
ke rait zur seligkeit yon ntithen sein. WeLl abet
dis falsch und unrecht ist, man verstehe es
de merito, applicatione aut parte iustificati-
onis et salvificationis, wie droben de iustifica-
tione, item in confessione et apologia au Got-
tes worte grtindlich und klerlich erweiset wird,
so mu diese lehre durch Gottes wort aus
diesen kirchen aulgesetzet und aulgemustert
werden und ktinnen auch also diese propositi-
ones nicht gedtildet werden, das gute werke zur
seligkeit yon ntiten, also das es unmtiglich sey,
ohne gute werke selig zu werden. Man mul
aber alhie zugleich auch die kirche wieder der
antinomer furores 9 woll verwahren, die da ftir-
geben, als ob diejennigen, so einrnahl durch
den glauben umb Christus willen vergebung
der stinden, gerechtigkeit und seligkeit entfan-
gen haben, wenn die schon hernach den btisen
lusten folgen und auf stinde wieder das gewis-
sen sich begeben, gleichwoll hetten und behiel-
ten gerechtigkeit und seligkeit; denn Paulus
saget rnit grossem ernst zu denen, die durch
den glauben gerechtfertiget waren worden, Rom.
8 [13]:Wo ihr nach dem fleisch leben werdet, so
werdet ihr sterben, 1. Cor. 6 [9]; Gal. 5 [21];
Ephes. 5 [5]: Last euch nicht betrigen, die solchs
thun, die haben kein theil am reich Gottes,
Col. 3 [6]: Umb welcher willen ktimpt der zorn
Gottes uber die kinder des unglaubens. -- DiI
aber geschicht nicht darumb, als weren zur
seligkeit auch die guten werke von nSthen,
sondern das der glaube, welcher alleine die
seligkeit ergreift und erhelt, bey solchen siin-
Gektirztes Zitat. WA 8, S. 606.
Vgl. zum Folgenden FC,SD IV,17. Bek. Schr.
943.
8 Vgl. Trident. Sess. VI. cap. 8. cap. 16. Denzin-
ger 801.899. -- Dazu Diekamp, a .a.O.S. 540, 553.
9 Vgl. S. 100.
112
Kirchenordnung 1569
den nicht stehen noch bleiben kan, wie die
schrifL redet, 1. Tim. 5 [8]; 2. Pet. 1 [5]; Col. 3
[lff.]. Also redet auch die gemeine confession
in articulis schmalcaldicis 10: Es ist yon nSten
zu wissen und zu lehren, wo die heiligen leute
uber das, so sie die erbsfinde noch haben und
ffihlen, darwieder auch teglich bfissen und strei-
ten, etwa in 5fZentliche sfinde fallen, das alB-
dann der glaube und heiliger Geist weg ist ge-
west; denn der heilig Geist lest die sfinde nicht
walten trod uberhand gewinnen, das sie voln-
bracht werde, sondern steuret und wehret, das
sie nicht muB thun, was sie will; thut sie abet,
was sie will, so ist der heilig Geist und glaube
nicht dabey. Haec ibi. Und die apologia 11 redet
auch so uber den spruch 2. Pet. 1 [10]: Thut
gute werke, das ihr in euren beruf verharret,
auf das die gaben des beruffs nicht wiederumb
verlohren werden, welche vorhin uns wieder-
fahren, nicht yon wegen der folgenden werk.
Abet jetzund werden dieselben bewahret und
erhalten durch den glauben. Der glaube abet
bleibt in denen nicht, die den heiligen Geist
verlieren und die busse yon sich stossen etc. --
Hieran ist gar hoch und viel gelegen, alas die
lehre yon guten werken auf beiden seiten wieder
die phariseer und Epicureer mit allem fleiB
woll verwahret werde.
Diese ursachen abet, warumb und wazu die
Christen nach der schrift gute werk thun sollen,
seind in confessione 12 et apologia 23 au Gottes
worte rein kurz zusammengezogen, nemlich, well
es Gott also haben will und befohlen hat, item
das wit dardurch den glauben uben, beweisen
und lest machen, damlt aul3 den frfichten jeder-
menniglich bekant werde, alas wit warhaftig
ein guter baum und zum reich der gnaden be-
ruffen sein, auch darumb, das wit, dem lieben
Gott zu ehren, dankbar sein, mit tier "hat
unsern glauben ffir aller welt bekennen und
viel leute damit zur bekerung bewegen, Gott
zum preiB, Matth. 5 [16]. Auch hat Urbanus
Ftegius die causas fein 5rdentlich und under-
scheidentlich gefasset in libello De formulis
caute loquendi , wie sie auch in Locis commu-
nibus Philippi 15 gefaset sein.
Lutherus pflegt diese lehre fein kurz zu fas-
sen in drey punkt: Erstlich soll man gute werke
thun umb Gottes willen 1, weil es sein befehl
und wille ist, Johann. 15 [1 ff.]; 1. Thessal. 4 [3],
well er unser Vatter ist, das wit uns gegen ihm
als gehorsame kinder erzeigen, 1. Petr. 1 [13 If.I;
1. Johan. 3 [1], das wit Gottes nachfSlger sein,
Ephes. 5 [1]; 1. Pet. 2 [21]; 1. Johan. 2 [6], wie
er uns geliebet und vergeben hat, Colts. 3 [15]: 1.
Johan. 4 [9 ff.], weil Christus sich f(ir uns gege-
ben hat, auf das wir nicht tier s(inden dienen
sollen, sondern im neuen leben wandlen, lom.
6 [lff.]; Tit. 2 [llf.]; 1. Pet. 1 [3] und 2 [14]:
Ephes. 2 [15--17]; 2. orin. 5 [9 ff.], nd summa,
das Gott durch unsere gute werke gepreiset
werde, Matth. 5 [16]; Phil. 1 [11]; 1. Pet. 4 [11].
Zum andern sollen wir gute werke thun umb des
nehesten willen 17, das demselbigen damit ge-
dienet und geholfen werde in seinen nSten, 1.
Johan. 3 [11 ff.], das wir niemand ergernu ge
ben, 2. Corin. 6 [3]; Phil. 2 [14f.] trod die lehre
nicht verlestert verde, 1. Tim. 6 [1]; Tit. 2 [5],
Von der falschen Bue der Papisten. 43 f. Bek.
Schr. S. 448.
XX,12 f. Bek. Schr. S. 315 f.
XX,27 ff. Bek. Schr. S. 77
IV,189. Bek. Schr. S. 197; XX,13. Bek. Schr.
S. 316.
Uckeley, S. 45--49, bes. S. 47f.
Gemeint sind hier offenbar die Loci. praec.
theol. 1543 (Loci theol, tertia eorum aetas).
Art. IX. De bonis operibus, De quarta questi-
one: Propter quas caussas facienda sunt bona
opera 7 Cl=t XXI, 775 -- 780.
Vgl. im einzelnen der Fteihenfolge nach: Von
den guten Werken, WA 6, S. 207, Z. 2630;
ibid. S. 221, Z 1--5; Gr. Kat., 4. Geb., 115 u.
126. Bek. Schr. S. 589 f. u. 592 f. Von der Freio
heir eines Christenmenschen, WA 7, S. 35, Z.
28--S. 36, Z. 10; Von den gut. Werk., WA 6,
S. 242, Z. 29--33; ibid., S. 225, Z. 1019; Von
der Fre]heit, WA 7, S. 30, Z. 15S.31, Z. 8; Von
dem Sakr. d. Bue, 1519. WA 2, S. 720, Z. 1
Von den gut Werk., WA 6, S. 219, Z. 31ff.
Von der Freiheit, "WA 7, S. 34, Z. 24ff.; ibid.
S. 35, Z. 28--S. 36, Z. 10; In ep. S. Pauli ad Gal.
comm. 1535. Zu 4, 6, WA 40 I, S. 573, Z. 26--29.
Von den gut.Werk., WA 6, S. 221, Z. 21S. 222,
Z. 9; Von der Freiheit, WA 7, S. 36, Z. 27--30.
113
Wolfenbfittel
nattirliche, angeborne art, geschicklicheit, krefte
und vermSgen finde, belangend die geistliche,
gStliche sachen.
Und hierauf gibt aul tier schrift die confession
und apologia im 1. artickel -5 klare, richtige,
gegrtindte antwort, nemlich 26 das die schrift
zeuge, das in und zu solchen geistlichen sachen
der natfirliche mensch dutch den fall ganz und
gar verloren habe alle tugliche geschicklicheit,
kraft und vermSgen, auch etwas guts zu ge-
denken als von ihm selbs, 2. Corinth. 3 [1].
Ja, wenn gleich das wort geprediget wird, so
kan es der nattirliche mensch durch seine eigne
geschicklicheit und krefLe nicht vernemen, fas-
sen noch annehmen, sondern ist ihm ein torheit,
1. Corint. 1 [18] und 2 [8], da ist von natur kein
verlangen, begern, wSllen, ftirnehmen noch aul-
richten, was Gott gefell':g mSchte sein, wo nicht
der heilige Geist beydes gebe, das wSllen und
volnbringen, Philip. 2 [13]; denn das fleisch ist
dem gesetze Gottes nichts underthon und ver-
mag es auch nicht, loman. 8 [7]. Daher die
schrift den nattirlichen menschen nennet fin-
sternuB, Ephes. 5 [8]; Johan. 1 [5]; Actor. 26 [18],
und das er in stinden zum guten todt und er-
storben s_y, Ephe. 2 [1]; Col. 2 [13]. Augustinus-7
fasset dil rein kurz, das die schrift den nattir-
lichen freyen willen in geistlichen sachen ab-
schneide, cogitate, velle, posse et facere, das
gedenken, wSllen, vermtigen und thun, was
rechtschaffen und gutt ist.
Zum andern nimpt die schrift dem nattirlichen
menschen in geistlichen sachen nicht allein alle
geschicklicheit und krefte, sondern schreibet
ihm dagegen zu ganz und gar ein wiederwertige
unart, die Gott stracks wie eine feindschaft zu-
xvider sey, 1o. 8 [7], do alles dichten und
trachten nur bSse sey, Gen. 6 [5] und 8 [21], do
alas bSse anhenge und wieder Gottes gesetz
streite, lom. 7 [21- 23], daher es genennet wird
ein hartes, steinern, verstocktes herz, lom. 2
[5]; Ezech. 36 [26]; Jerem. 17 [9], ja, auch in
renatis streitet das fleisch wieder den Geist,
Rom. 7 [23]; Gal. 5 [17].
Zum dritten gibt die schrift die bekerung
mit alle dem, das darzu gehSret, alleine dem
heiligen Geist, das derselbige das harte, steinern
herz beschneide und hinwegnehme und ein zar-
tes, fleischern herz gebe, das Gott ftirchte,
Deuteronom. 20 [Dt 30,6]; Ezechiel. 36 [26], gebe
erleuchte augen und verstanfl, Ephes. 1 [17 f.];
Deuteronom. 29 [3], geneigten willen, geschick-
licheit, krefte und vermSgen, zu thun, was
Gott gefellt, 2 Corinth. 3 [6]; Philipp. 2 [13],
rechte busse, Actorum 5 [31]; 11 [18]; 2. Timoth.
2 [25], wahren glauben, Ephe. 1 [13] und 2 [8],
wahre liebe Gottes und des nechsten, Ephes. 5
[2], und summa, alas niemand kSnne den Sohn
kennen und zu demselbigen kommen, es er-
leuchte und ziehe ihn denn der Vatter, Matth.
11 [27]; Johann. 6 [44], das wir also in der
bekerung nichts haben, das wit nicht von ibm
in der wiedergeburt und verneuerung entfangen
hetten, 1. Corinth. 4 [7]; Jacobi 1 [17]. Und bleibet
doch gleichwoll auch in den heiligen in diesem
leben noch das fleisch, xviewoll gekreuziget, das
noch immerdar wieder den Geist streitet, dar-
wieder der Geist immer kempfen mu, Galat.
5 [17]. Wenn aber der heilig Geist seine wirkung
bey uns anhebet, so entfangen wir dardurch
und haben, wievoll in grosset schwacheit, tug-
ligkeit, guten willen, vorsatz, fleil, kreft und
vermSgen zum guten, aber dasselbige nicht von
uns selbs, sondern ist ein gabe Gottes des
heiligen Geistes, wie Augustini spruch fein sa-
get: Nos ergo volumus et operamur, sed Deus
in nobis operatur et velle et facere. Hoc expedit
nobis et credere et dicere, ut sit humilis et
Art. II. Bek. Schr. S. 52 f. u. S. 145--157.
Vgl. zu der folgenden ErSrterung die sehr
viel ausftihrlichere, abet in denselben Bahnen
sich bewegende der FC, SD II,7 ft. Bek. Schr.
S. 873 ff., vgl. dazu Hachfeld, a. a. O. S. 61.
Vgl. z. B. De nat. et grat. cap. XL,47; MSL
44,270. CSEL 60,268; ibid. cap. LXVII,81; MSL
44,287. CSEL 60.295. -- De dono pers. cap.
XIII,33; MSL 45,1012f. -- Sermo XXX, cap.
II,3; MSL 38,188. -- Epist. CCXVII, cap. IV,12;
MSL 33,983. CSEL 57,412.
116
Kirchenordnung 1569
submissa confessio et detur totum Deo 28. Tunc
enim tutius vivimus, si totum Deo damus, non
autem nos illi ex parte et nobis ex parte com-
mittimus 29. De bono perseverantiae, capite 6
et 15.
Dil ist die rechte, reine, wahre, prophetische
und apostolische lehre yon diesem artickel. Was
nun wieder solche klare gegriindte meinung der
schrift streitet, das mul gestrafft und verworfen
werden, als der alten und neuen Pelagianer und
aller papisten lehre 3o, das der raensch entweder
solches alles, was zur bekerung gehSret, aul
seinen eigenen kreften vermOge oder vermOge
doch den anfang zu machen, welchen darnach
der heilig Geist zuhtilfekomme, oder wenn der
heilige Geist durch seine wirkung die hand zur
bekerung angelegt hat, das der natiirliche
mensch yon sich selbs, aul seimn eigenen
natiirlichen kreften noch etlichermassen habe
eine geschicklicheit und vermtigen, das wort
anzunehmen, zu der gnaden sich appliciren,
dem heiligem Geist raum zu geben etc., wie
dann der alte Adam allzeit sich selbs preisen
und seine krefte gerne rhfimen will. Abet Augu-
stinus sagt rein De natura et gratia, capite
53 3: Quid tantum de naturae possibilitate prae-
sumitur, vulnerata, sauciata, vexata, perdita est,
vera confessione et sanatione, non falsa defen-
sione opus habet. Und soll dil alles gerichtet
werden nicht zum unnOtigem gezenk, sondern
dohin, das die Christen solche gaben des heili-
gen Geistes erkennen, ihm daftir danken, zu dem
rechten arzt, der in diesen sachen allein hel-
fen kan, sich linden und halten, und das sie
wissen mOgen, bey were sie solche gaben suchen
sollen.
Zum vierten mul in dieser lehre auch das
gemeldet werden, wie und wodurch der heilige
Geist solches, was zur bekerung gehSret, wirken
und geben wOlle, nemlich nicht ohne mittel, wie
die enthusiasten sagen -- sie wSllen wedder
mit dem wort noch sacramenten sich bektim-
mern, sondern immer ffir sich hinleben und
so lang warren, bi Gott ohne mittel ihnen die
bekerung eingebe und sie mit gewalt ziehe, alas
sie es ftihlen kSnnen, das es Gottes wirkung sey
--, sondern Gott hat darzu eingesetzet und ge-
geben die 5rdentliche mittel, das mtindliche wort
und die sacramenta. Das vort sollen wir hOren
und betrachten, die sacramenta brauchen; denn
also und dadurch will der heilige Geist kreftig
sein, seine gaben und wirkungen geben. Derhal-
ben sollen die leute, die solcher gaben des
heiligen Geistes bediirfen und begeren, zum wort
und sacramenten, als 5rdentliche mittel und
werkzeug des heiligen Geistes, geweiset werden
Zum letzten gehSret zu dieser lehre auch die
erinnerung, das tier heilige Geist mit seinen
gaben und mit seiner wirkung alles, was zur
bekerung gehOret, nicht all, bald und auf ein-
mahl gar aulrichtet und volnbringet, sondern
wie es dutch die 5rdentliche mittel vom heiligen
Geist wird angefangen, also wirds auch yon dem-
selbigen dutch die 5rdentliche mittel, wiewoll
in grosset schwacheit, geffirdert, gesterket, ver-
mehret, erhalten und bil arts ende hinauige-
fiihret. Sollen derhalben die Christen vermanet
werden, wenn der heilige Geist solche wirkung
durchs wort bey uns anhebet, das wir solches
nicht hindern oder zerstSren -- denn das heist,
dem hellgem Geiste wiederstreben, Act. 7 [51]--,
sondern die neue angefangene gaben des Geistes
in uns mit vlei6 und ernst uben, zum wort uns
immer halten und daneben vleissig beten. Denn
also und dadurch will der heilige Geist, was
er angefangen hat. fordern, sterken, mehren,
erhalten und bil zum ende hinauftihren, wie
das gleichnil yon den ftinf centner, Mat. 25
[14ff.], lehret, und das meinet Christus, wenn
er spricht: Wer do hat, dem wird gegeben wer-
den, und wet nicht hat, dem wird dasselbig.
was er hat. genommen werden. -- Das will auch
2s De dono pers cap. XIII,33; MSL 45,1013.
29 De dono pers. cap. VI,12; MSL 45,1000.
3o Vgl. FC,Ep II,9 ff: SD II.3 ff. Bek. Schr. S. 778
u. S. 871.
De nat. et grat. cap. LIII,62; MSL 44,277. CSEL
6O,279.
117
Kirchenordnung 1569
mit bescheide berichtet werden, das wir darurnh
und darnit den ehestand und die ordinationern
rninistrorum ecclesiae nicht verwerfen noch
schrnehen, auch die jugend nutzlicher bestetti-
gung irn christenthurnb und die kranken n6tiges
trostes nicht berauben; denn wie nach Gottes
bevelch ohne aberglauben und abg6tterey die
eheleute zusarnrnengegeben, die beruffene pre-
diger ordiniret, die kranken besucht und getr0-
stet sollen werden, soll hernach in der kirchen-
ordnung gesetzt werden. Auch soll verordnet
werden, wie die getaufte jugend, wenn die
erstlich zurn abendmal des Herrn gestattet wird.
soil underrichtet und verrnahnet und rnit dern
gerneinem gebett in ihrern christenthurnb be-
stettiget werden
Wenn man nun fragt, wieviel sacrament irn
neuen testament sein, so ist das klar, das die
taufe und das abendrnal des Herrn xvarhaftige
sacrarnenta sein; denn davon haben wir beide
stticke, die zurn rechtern sncrarnent gehSren, in
Gottes wort aulgedrucket, den befehl und die
verheissung Gottes. In der absolution ist kein
gewisser eusserlicher titus yon Gott verordnet
und gebotten, allein weil durch die absolution
die verheissung der gnaden applicieret wird
singulis petentibus et credentibus, einern jedern
insonderheit, der es rn rechtem glauben be-
geret, ists nicht ubel gethan, wenn man sie rnit
under die sacrament rechnet 38, wie auch die
apologia 39 thut. Und sollen hiertiber die pasto-
res kein gezenk rnachen.
Das aher auch die sacrarnentschwerrner nicht
mfgen in diese kirchen einreissen, sollen die
leute ffir diesern ihrern irrthumb gewarnet wer-
den, alas sie ffirgeben, die sacrarnenta sein
allein eusserliche zeichen, die do Gottes gnade
nut bedeuten oder eusserlich davon allein zeug-
nil geben und erinnerung thun 40. Es soil aber
dagegen aul Gottes wort geleret werden, das
die sacrarnenta sein solche handlungen, die
Gottes sein selbs eigen werk seind, die er, selbs
gegenwertig, durch den diener verrichtet, in
welchen und dutch welche er die verheissene
gnade und alle erworbene gtiter in Christo ftir-
tregt, reicht, zueignet, bestettiget und versiegelt
einern ]eden der sie in rechtem glauben nutzet
und brauchet, das also Gott selber durch die
sacrarnent in uns kreftig ist und wirket Der-
halben auch die sacrarnenta und derselbigen
kraft nicht stehen auf des dieners wirdigkeit
oder unwirdigkeit 4, sondern wenn sie nach
verordnung des Herrn Christi verhandelt wet-
den, so ist ers selber, der durch den diener
lauth seiner wort absolviert, teufet und sein
abendrnal reichet.
Von der beicht und absolution.
n der bepstischen orenbeicht _o vird aus Got-
tes wort zweyerley gestrafft, erstlich, das sie
fordert volnkornrnene und auldruckliche erze-
lung und offenbarung gegen dern priester aller
und jeder siinde, also alas die stinde, so dern prie-
ster in tier beicht nicht offenbaret xvird, nicht
38 Vgl. hierzu Hachfeld, a. a. O. S. 61.
39 XII,42f; XIII,4. Bek. Schr. S. 259 u. S. 292.
s0 Hier ist wohl bes an Zwingli gedacht, vor
allem Fidei ratio- 1530. Schuler-Schulthel IV,
S. 9--11; vgl. auch ibid. S. 11--15.- Ferner
vgl. Vorn touf. 1525, Schuler-Schulth. IIa, S.
238, 244, 252, 255f., 258, 301; Cornrnentarius.
1525, Schuler-Schulthel Ill, S. 241, 257, 263;
Subsid sir. coron. 1525. Schuler-Schulth. III,
S. 329--356; Ein klare underrichtung. 1526,
Schuler-Schulth. IIa, bes. S. 429 f., 433, 437 f.,
458, 461f., 465; Arnica exegesis. 1527, Schuler-
Schulth. III, S. 459--562; Daft dieses Wort
Jesu Christi. 1527: Schuler-Schulth. lib. bes.
S. 39. 61; Uiher doctor Mart. Luthers htich.
1528, Schuler-Schulth. IIb, bes. S. 195ff., 203,
206f, 212. -- Zu Oekolarnpad vgl. E. Stae-
helin, Das theol Lebenswerk Job. Oekolarn-
pads, Quellen u. Forschungen z. Reforrnations-
gesch., Bd. XXI,1939, S. 267--329, bes. S. 321
u. 323. -- Vgl. auch Conf. heir. prior. 1536, Art.
20. 22. Mfiller {1903) S. 106f.; Conf. rhaet.
1552. Mfiller, S. 167 ff.
Vgl. Conf. Aug. VIII,2. Bek. Schr. S. 61: FC,SD
VII,24. Bek. Schr. S. 980.
Vgl. Trident. Sess. XIV. can. 7. Denzinger 917.
Vgl. dazu F. Diekamp, a.a.O.S. 277 ff., Th.
H Sirnar, a.a.O.S. 356f.
119
Wolfenbtittel
k6nne vergeben werden, zum andern, das solch
werk der beicht mit verdienstlich und nOtig
sey zur vergebung der stinden. Aber wenn diB
auI Gottes wort, wie billich, gestrafft wird, so
muff dieser bericht dabey gethan werden, das
es nicht die meinung habe, als wolte man die
beicht ganz und gar verwerfen und aufi diesen
kitchen hinwegthun, sondern es soll fein mit
bescheide angezeigt werden, was man ftir eine
beicht, auf was meinung und aufi vas ursachen
nach Gottes wort haben und behalten wOlle.
Ftir Gott soll ein jeder teglich alle seine stinde
auIdrucklich bekennen, Psal. 32 [5], auch do er
jemands beleidiget hat, das soll er demselbigen
bekennen und abbitten, Matt. 18 [15--18]; Lu.
17 [3 f.]; Jacobi 5 [16].
Die beichte abet vor dem pastor, wenn jemand
zum abendmal des Herrn gehen will, soll also
und darumb gehalten werden, erstlich, das ein
Christ gegen seinem seelsorger sich in und mit
der beicht erklere, vie er seine stinde erkenne
und seinem lieben Gott bekenne, was er ftir
busse habe, wie sein glaube stehe, was er fiir
einen vorsatz zur besserung habe, das daraufi
der pastor vernehmen m6ge, o.b er zu 10sen oder
zu binden sey
Zum andern, das der pastor, wo er vermerkt,
das es etwan an einem sttick mangelt, kOnne
berichten, unterweisen, vermanen und anzei-
gen, wie nach Gottes wort die busse, der glaube,
der vOrsatz zur besserung solle gestalt sein;
denn ihrer viel verstehens nicht gnugsam, und
die es verstehen, seind gemeiniglich gar kalt
zur busse, zum glauben und zur besserung.
Wenn abet in solcher privatunderredung be-
richt und vermanung geschicht aufi Gottes wort,
so ist ohne zweifel Gott durch sein wort kreftig,
wahre busse, glaube und besserung zu wirken
und zu geben.
Zum dritten, wenn der pastor weiB, das
seine schefflein in stinden liggen, kan er sie
in solcher privatunderredung desto bequemer
aufi Gottes xvort straffen und zu wahrer busse
vermanen.
Zum vierten, wenn ein armes gewissen etwa
anliegen, beschwerung oder anfechtung hat, kan
es in solcher unterredung bey seinem seelsorger
radt und trost suchen.
Zum ftinften, das nicht jemand auB unwissen-
heir oder unbedacht das abendmal des Herrn
zum gericht entfangen mSge, so wird er in der
beicht berichtet, erinnert und vermahnet, das
und wie er sich prtifen solle.
Zum sechsten soll diese beicht darumb ge-
halten werden, auf das also in wahrer busse
dutch rechten glauben die privatabsolution bey
dem Herrn Christo im wort gesucht und yon
i'nm dutch das mittel des dieners entfangen
werde. Also ist die beichte, wie wit die halten,
Gottes vort gemefi, hat grossen nutz und wird
viel frucht schaffen. Und wenn die leute des
berichtet und es recht bedenken werden, so darf
man sie nicht treiben, nOtigen oder zwingen zur
beicht, sondern der grosse nutz und ihre eigen
noth wird sie woll darzu fordern. Wet aber
das alles nicht achtet, an dem kan man dabey
leicht erkennen, was er ftir ein Christ sey.
Ftirnemlich abet soll die lehre vonder abso-
lution woll erkleret werden, weil vorhin der
bapst dieselbige mit seiner gnugthuung und
mit der heiligen verdienst beschmeisset und
jetzund die sacramentschwermer, auch etliche
andere, dieselbige zum theil verachten, zum
theil gar verwerfen, auf das die leute au Got-
tes wort berichtet werden, was Imrrlichen, schS-
hen trost die arme gewissen linden in der abso-
lution, und also yon derselbigen viel und hoch
halten, die oft und gem in rechtem glauben
brauchen. Es ist abet die absolution nichts
anders, denn eben die verheissung des evangelii
von Gottes gnade und yon vergebung der siinde
dutch den glauben umb Christus willen, die
sonst in der gemeinen predigt allen furgetragen
wird, abet mit diesem underscheid: in der ge-
meinen predigt wird dieselbige verheissung in
gemein ftirgetragen, angebotten, gereicht und
zugeeignet allen gleubigen, aber in der absolu-
tion wird dieselbige verheissung insonderheit
einem jeden ftir sein person, der in rechtem
glauben derselbigen braucht, ftirgetragen, ge-
reicht und zugeeignet. Nun soll auch in tier
gemeinen predigt die verheissung des evangelii
120
Kirchenordnung 1569
und nach solchem befehl und verheissung mit
den worten die taufe gehandelt wird, so ist
da Gott Vater, tier uns selig macht durch das
badt der wiedergeburt, Tit. 3 [5], Gott der Sohn,
der seine gemeine reiniget durch das wasser-
badt im wort, Ephes. 5 [26], der heilige Geist,
der uns durch solch wasserbadt ira wort neu
geberet und verneuert, Johann 3 [5]; Tit. 3 [5].
Und daher hats die taufe, das sie ist ein selig
badt, zu vaschen uns yon stinden Der bapst
aber hat durch sein weihen 4c, die leute yon
solchem wort Gottes und grunde abgeftihret
und sie dahin geweiset, wenn das vasser be-
schworen, die taufkerze 7 dareingesteckt, der
cresam 48 hineingegossen, viel kreuz dartiber
gernachet werden, das also daflurch und daher
die taufe ihre kraft habe zur vergebung der
snden und seligkeit, so doch davon wedder
befehl noch verheissung in Gottes xvort ist. Und
ist ein greulich ding, alas man Gottes wort
hindansetzen und rnenschenftindlein solche gros-
se dinge zuschreiben darf. welches f/Jrvahr ein
rechte abg6tterey ist, wie dann auch das be-
schweren des wassers, weil es geschicht ohne
befehl und verheissung Gottes, ein rechte zau-
berey ist. Auch wird dabey die anruffung der
heiligen gebraucht und audrucklich gebeten,
das Johannes Baptista die taufe heiligen while,
auf das dadurch die stinde rn6gen gereiniget
werden.
Solches sollen die prediger aul der bepsti-
schen agenda nehrnen und dern yolk erkleren,
was es ftir ein grosser greuel sey, und dargegen
sie weisen auf die rechte heiligung der taufe,
wie gerneldt ist.
Soil derhalben hinffiro solch papistisch tauf-
weihen in diesen kitchen genzlich underlassen
werden. Denn wir die taufe nicht besser k6nnen
noch sollen machen, dean wie Christus getauft
ist und wie die apos/eln getauft haben. Die
haben kein sonderlich xvasser, das vorhin be-
schworen und geweihet vere, darzu genornrnen,
sonder wenn sie gernein wasser genornrnen Had
dasselbig in tier handlung der tauf in das vort
des befehls und der verheissung der taufe ge-
fasset, so haben sie es daftir gehalten, alas dar-
dutch die taufe rechtschaffen und reichlich gnug
geheiliget sey.
Es soll auch das yolk berichtet werden, alas
die substanz und alas wesen der heiligen taufe
darin stehe, das es sey ein wasserbadt im
wort, Ephes. 5 [26], also das es ein rechtschaf-
fene, volnkornrnene taufe ist, wenn jernand rnit
wasser getauft xvird ira narnen des Vaters, des
Sohns und des heiligen Geistes, wenn gleich
keiae andere cerernonien darzukornrnen. Und
derhalben rnul ein grosser underscheid gehalten
werden zwischen dern, darin die rechte sub-
stanz der taufe stehet, u,ld zwischen gebetten,
lectionen und andern cerernonien, so sonst dabey
gebrauchet werden. Und veil under denselbigen
ceremonien etliche seind, an welchen 5ffent-
licher aberglaube henget, als wie rnan inn baps-
thumb handelt rnit geweiheten salz, rnit dern
speichel, rnit dern Ave Maria, rnit dern oly, cre-
sam und brennenden liechte, also das die kraft
und wirkung, so eigentlich der heiligen taufe
gehbret, gegeben und zugeschrieben vird dern
geweihetern salz, dern oly und cresarn, wie sol-
ches ihre agenda augweiset 49, sollen dieselbi-
gen cerernonien bey der taufe underlassen und
weggethan verden, aber andere nutzliche lecti-
ones, gebet, fragen etc., dardurch die lehre yon
der taufe, yon der erbstinde, vorn glauben, yon
46 Vgl. die Weihe des Taufwassers arn Karsarns-
tag: Rbm. Mefbuch, S. 439--444, in der
Pfingstvigil: ibid. S. 576; Benedictio fontis
et aquae baptisrnalis extra pervigiliurn Pa-
schae et Pentecostes curn aqua consecrata
non habetur: Rit. Rom. I, Tit. II, Cap. VIII,
S. 94 -- 97.
47 Zur Bedeutung der Taufkerze vgl. A. Franz,
Die kirchl Benecliktionen i. Mittelalter. 1909,
Bd. I, S. 549 ff. -- Vgl. die Segnung der Oster-
kerze am Karsamstag: RSm. Melbuch, S.
4O6 -- 411.
4s Vgl. die Benedictio chrisrnatis in coena Do-
mini: Pontif. Rorn. III, S. 55--65.
49 Vgl. den ,,Ordo baptisrni parvulorum": Pdt.
Rorn. I, Tit. II, Cap. II, S. 15--23, den ,,Ordo
baptisrni adultorurn": ibid. I, Tit. II, Cap. IV.
S. 27 -- 58.
5" 123
Wolfenbfittel
der wiedergeburt und verneuerung kurz und
nutzlich erkleret wird, sollen gehalten werden,
wie in dem taufbiichlein Lutheri 5o, welches in
den benachbaurten reformierten kirchen ge-
breuchlich, verfasset ist. Und das alles soll in
bekanter deutscher sprach gehandelt werden,
das die umbstehenden vernemen m6gen, was
for ein grosser ernst dar gehandelt werde, und
sie desto herzlicher mitbeten, auch ihrer tauf
sich erinnern mSgen. Derhalben sollen auch die
pastores in der predigt die ganze handlung der
taufe oft dem yolk erkleren.
Hieneben muff auch der bericht geschehen, ob
woll im bapstumb viel superstitiones mit un-
tergelaufen, well aber dennoch die substantialia
baptismi geblieben sind, das diejenigen, so im
bapstumb getauft sind, eine rechte, volnkom-
mene taufe haben, well dieselbige stehet und
berhuet nicht auf des priesters unwirdigkeit
oder milbrauch, sondern auf dem worte des
Herrn Christi, Eph. 5 [26].
Es soll auch die kirche verwarnet und die
reine lehre yon der kindertaufe mit fleifl ver-
xvaret xverden ftir der wiederteufer irthumb, und
toll in diesen kirchen bleiben und gehalten wer-
den, das man die kinderlein zur taufe schicke
und sie teufen lasse. Hieneben aber soll auch
fleissig die lehre getrieben werden, das die
leute nicht meinen, es geschee also yon wegen
alter gewonheit, sondern das sie lehrnen be-
trachten die ursachen, warumb man mit den
kinderchen zur taufe ellen solle, welch ein
wichtiger, ernster handel da sey, wenn ein
kindlein getauft xvird, was die taufe dem kin-
derchen nutze. Und difl gehet au[3 dem grunde
der schrift yon der erbstinde, nemlich das die
kinderlein in stinden entfangen und geboren
xverden, Psalm. 51 [7], und derhalben von natur
kinder des zorns sein, Ephes 2 [3], vom reich
Gottes auflgeschlossen; dann xvas vom fleisch
geboren ist, das ist fleisch, und do es nicht yon
neuen wieder geboren wird, kans in das reich
Gottes nicht kommen, Johan 3 [6; 5], so wirds
also ohne zwekfel geh6ren unter das reich des
sathans, Col. 1 [13], zur verdamnu, Rom. 5
[16 ff.]. Nun k6nnen abet oder sollen ja fromme
eltern ihren kindern nicht g6nnen, alas sie in
solchem jammer und ellend bleiben und ewig-
lich verderben m6chten, sondern sollen ja bil-
lich darnach trachten, xvie ihnen m6chte ge-
rahten und geholfen werden. Nun ist Christus
als ein erlSser und heiland gestorben, wie fiir
alle menschen, also auch fiir die kinderlein, und
yon denselben spricht er aufldrucklich: Lasset
die kinderlein zu mir kommen; denn solcher ist
das himelreich. Item, es ist nicht der wille
meines himlischen Vaters, das eines von den
kleinen soll verloren werden, Matth. 18 [14] und
19 [14]; Marci 10 [14]. Es wird aber die gnade
Gottes in Christo zur seligkeit fiirgetragen, ge-
reichet und zugeeignet nicht ohne mittel, son-
dern durch 6rdentliche mittel des worts und
der sacrament (wie droben vielmals gemeldet),
yon Gott darzu eingesetzt. Derhalben weft Chri-
stus die kinderlein will selig haben, so mu ein
sonderlich mittel yon Gott darzu verordnet sein,
dardurch Gottes gnade, vergebung der siinden
zur seligkeit in Christo ihnen gegeben, gereichet
und zugeeignet werde, wie im alten testament,
also auch im neuen testament.
Nun kan man durchs blosse wort alleine
mit den kinderlein nicht handeln; denn man
kan sie noch nicht lehren. Derhalben muff es
durch die sacrament geschehen, wie im alten
testament durch die beschneidung. Vom abend-
mal aber des Herrn spricht Paulus: Der mensch
prfife sich selbs, item, er soll underscheiden den
leib des Herrn, 1_ Cor. 11 [28 f.], xvelches die jun-
gen kinderlein noch nicht thun k6nnen. Derwe-
gen bleibt noch die taufe ubrig, das dieselbige
ein solch mittel sey, wie solches gewaltigen
grund in der schrift hat; denn Christus spricht:
Der kinder ist das himelreich, Matt. 19 [14].
Es kann abet niemand ins hlmelreich kommen,
er sey dann wiedergeborn, und dasselbige ge-
schicht durchs wasser und den Geist, Joh. 3 [5].
.,0 Bek. Schr. S. 535 ft.
124
Wolfenbttttel
tenen eltern geboren sind) waren auch kinder
des zorns von natur, gleich wie die andern,
nemlich die yon heidnischen eltern geborn sind.
Die verheissung der gnaden und seligkeit ge-
hSret ja auch den kindern, Genes 17 [5]; Act.
2 [39], wie auch aller welt, aber wo die verheis-
sung nicht appliciret wird, da macht sie ohn
zweifel nicht selig, und darumb sagt augustana
confessio, articulo 9 53 recht, das die taufe zur
seligkeit nStig sey, nemlich als ein solch mit-
tel, dadurch die verheissung der seligkeit appli-
ciret xverde Dig aber verstehen xvir von den ge-
bornen kindern, die uns Gott in unsere hende
gibt; denn wie die pastores uber die ungeborne
kinderlein oder so todt geboren werden, die
eltern tr6sten sollen, werden sie wissen zu neh-
men aul3 Lutheri und Pomerani davon aul3ge-
gangenen btichlein 5. Und summa, man mug
die leute nicht gewehnen, das sie die taufe an-
sehen schlechts xvie ein eusserlich zeichen, das
nut allein etwas anzeige, sondern sie sollen
oft vermanet werden, das sie die taufe an-
sehen, wie die schrift davon redet, nemlich das
es sey ein werk der heiligen dreyfaltigkeit.
welche der rechte teufer ist dutch den round
und hand des dieners und ein solche handlung.
do Gott der Vater dutch die taufe selig macht,
Tit. 3 [5], do Gott der Sohn dutch das wasser-
badt im wort reiniget, Ephes. 5 [26], dadurch
der heilige Geist den menschen yon neuen ge-
beret und erneuert, Johan. 3 [5]; Tit. 3 [5], und
das darumb und daher, weil wit getauft werden
auf den todt Christi, Ro. 6 [3]. auf seine auf-
erstehung, I. Pet. 3 [21]. und summa, xveil in
der taufe Christus mit alle seinem verdienst an-
gezogen xvird, Galat. 3 [27]. und also machet
die heilige dreyfaltigkeit in der taufe umb Chri-
stus willen mit uns einen bund eines guten ge-
wissens, 1. Pet. 3 [16] durch vergebung tier siin-
den, Actor. 2 [38] und 22 [16] zur ewigen selig-
keit, Mar. 16 [16].
Und derhalben soll auch bey der taufe alle
leichtfertigkeit verhiitet und die ganze handlung,
beide yon den priester und yon den umbstehen-
den, mit aller reverenz in gottesfurcht ver-
richtet xverden. Es sollen auch nicht unversten-
dige kinder, leichtfertige personen oder gottlose
leute zu gefattern bey der taufe zu stehen ge-
stattet werden. Und xvere gutt, das umb nutz-
licher erinnerung und umb des gemeinen gebets
xvillen die handlung der taufe, xvo es geschehen
kbnte und sich leiden volte, verrichtet wiirde,
wenn die ganze gemeine Gottes beysamen ist.
Jedoch sollen freunde, nachbaurn, bekante und
andere xermanet xverden, das sie gerne mit-
gehen und dabey sein. wenn ein kindlein ge-
tauft wird
Von der meg.
Die papistische meg ist ein greuel aller greuel,
welche bey reiner lehre des evangelii nicht
kan noch soll gestattet oder geduldet, sondern
mug aug Gottes xvort mit allem ernst gestraffet
xverden Das abet tier falsche xvahn vom ver-
dienst tier meg den leuten dutch Gottes worte
aug den herzen genomen und sie selbs den
greuel aug grunde tier schrift verstehen und
fliehen mtigen, so mug rein unterscheidentlich
angezeiget werden, worin derselbige greuel tier
messe stehe; dann alas man aug den psalmen
etwas singer, introitus, tractus, sequentias, die
rein sein, braucht, alas collectae, darin gemeine
gebett, so reine sind, verfasset, gelesen werden,
deggleichen das aug der propheten, evangelisten
Bek. Schr. S. 61f.
,,Der XXIX. Psalm ausgelegt Durch Doctor
Johan Bugenhagen Pomern. Darirmen auch
yon tier Kinder Tauffe. Item yon den vngeborn
Kindern vnd yon den Kindern die man nicht
teuffen kan. Ein Trost D. Martini Luthers fur
die Weibern, welchen es vngerat gegangen
ist mit Kinder geberen". 1542. -- Vgl. G.
Geisenhof. Bibl. Bugenhagiana. 1908. Nr. 307
--309; vgl. die Schrift Luthers: WA 53, S.
205--208.- Ferner: Won den vngeborn kin-
dern vnd yon den kindern, die wir nicht
teuffen k6nnen x-rid wolten doch gern nach
Christus befehl vnd sonst yon der Tauff Ge-
schrieben durch Johannem Bugenhagen Po-
mern." 1551. --- Vgl. G. Geisenhof. a. a.O. Nr.
389 -- 394.
126
WolfenbOttel
immer und in ewigkeit wehret, Heb. 9 [25f.]
und 10 [14]. Und desselbigen kraft und ver-
dienst wird uns ira wort und sacramenten ffir-
getragen, gereichet und zugeeignet. Und wenn
wirs durch einen rechten glauben zu uns neh-
men, so werden wir also teilhaftig alles les,
was Christus durch sein opfer am kreuz ver-
dienet und erworben hat. Und difi ist der rech-
re, einige weg, wie wir bey Gott dem Vater
durch Christum gnad, vergebung der sfinden,
seligkeit und alle himlische schetze uberkom-
men, bedfirfen also darzu kein ander eusser-
lich opfer im neuxven testament. Sonst aber hat
die christenheit im neuen testament viel geist-
licher opfer, so yon Gott befohlen, die ihra
auch durch Christum angenehm sein, 1. Pet. 2
[5], als lobopfer und dankopfer, Heb. 13 [15f.];
Psalm. 50 [14], bettopfer, Psalm. 143 [6], das
opfer eines bufifertigen, betrfibten herzens,
Psalm. 51 [19], das opfcr des glaubens und
h6ffnung, Psalm. 4 [6], das opfer der wolthe-
tigkeit, Phil. 4 [18], und summa alas opfer des
ganzen neuen lebens, Rom 12 [1], alas aber sind
nicht eusserliche opferxverk, sondern geistliche
opfer, 1. Pet. 2 [5], die da geschehen im Geist
und in tier warheit, nicht vergebung der sfinde
damit zu verdienen, sondern Gott zu lobe und
ehren. Von solchen geistlichen opfern reden die
veter, welches hernach der bapst auf seine
opfermefi gezogen hat.
Von dem abendma| des Herrn.
Zum gedechtnufi des einigen vers/Snopfers, so
einmal am kreuz verrichtet, hat Christus ein-
gesetzt [hit 26,26--28; Mk 14,22--24; Luk 22,19
--20; 1. K 11,23--26] sein heiliges abendmal,
in welchem seiner gedacht und sein todt ver-
kfindiget soll werden, bifi er wieder wird kom-
men, zu richten die lebendigen und die rod-
ten. Und dasselbige hat er eingesetzt in tier
nacht, do er verrathen ward, gleichwie sein
testament, darin er seine gfiter und himlische
schetze, so er durch aufopferung seines leibes
mad durch vergiessung seines bludts erworben,
seinen jfingern bescheidet, also alas er die-
selbige allen gleubigen reichen, zueignen, ver-
gwissen und versigeln will, darrait clas er uns
in seinem abendmal zu essen gibt mit dem
eusserlichem brodt denselbigen seinen leib, clef
ffir uns gegeben ist, und mit dem eusserli-
chem wein zu drinken eben dasselbige sein
blurt, clas ffir uns zur vergebung tier sfinden
am kreuz vergossen ist. Und well wir also in
des Herrn abendmal haben die grosse, herliche,
reiche, himlische schetze uncl gfiter, soll das-
selbige in der christlichen kirchen mit hSchster
reverenz gehalten uncl gebraucht werden, also
und keinesweges anders, denn wie es tier Sone
Gottes in seinem testament verordnet und be-
fohlen hat; denn endert man doch eines men-
schen testament nicht, wans bestetiget ist, Gal.
3 [15], sondern man belt den for einen sacrile-
gum, wet etwas darvon oder darzu thut. Viel-
mehr soll solches in aller furcht Gottes gehalten
werden mit dem testament des Sohns Gottes,
darin er uns die gfiter unserer seligkeit be-
scheiden hat Derhalben soll hinffiro in diesen
kirchen das abendraal des Herrn gereicht und
gebraucht werden also, wie es der Herr Chri-
stus in seinem testament verordnet und be-
fohlen hat, nemlich unter be:der gestalt, das
mit dem brodte gereichet und entfangen werde
cler leib Christi und mit dera wein das blurt
Christi. Und soll in keinem wege gestattet
werden, das es ander3, nemlich unter einer
gestalt allein, gereichet oder gebrauchet werde,
veil solchs dem aufigedrucktem befehl des testa-
ments Christi zuwieder und entgegen ist, son-
dern alas die kirche wlssen mSge, was ihr
da gereichet und gegeben werde, sollen die wort
der einsetzung in bekanter sprach mit aufi-
drucklicher lauter, klarer stimra gesprochen ver-
den unterscheidlich ubers brott und darnach
uber den wein. Und sollen die leute aufi Gottes
wort berichtet werden, welch ein greulicher
kirchenraub und gottesdieberey es sey, das tier
128
Kirchenordnung 1569
bapst den leyen geraubet und verbotten hat
den kelch des Herrn58a, welchen der Herr Chri-
stus in seinem testament zu reichen und
brauchen nicht allein vergfinstiget, sondern be-
fohlen hat allen menschen, die seinen namen
anruffen, 1. Corin. 1 [2] und 11 [25 f.], wie auch
solchs in der ersten alten christlichen kitchen
bey und nach tier apostel zeiten durchau[ allent-
halbert gehalten ist worden, und soll den leuten
geweiset werden, was der teufel mit der kelch-
dieberey gesucht babe, nemlich das er den
leuten rauben mSchte den schSnen trost, wen
chef mit auldrucklichen worten in dem andern
theil des abendmals gesetzt wird: Dieser kelch
ist das neue testament in meinem blute, wel-
ches ftir euch vergossen wird zur vergebung
der stinden [Mt 26,28] --, wie sie such eben dar-
umb bey dem ersten theft in ihren metbtichern
aulgelassen haben die wort (quod pro vobis
datur) 59, auf das die leute also desto mehr
auf ihre opfermel geftiret mSchten werden.
Es soll abet der brauch beider gestalt gehal-
ten werden nicht darumb, das es der bapst et-
wan vergSnnet und nachgibt, sondern darumb,
weil es der Son Gottes in seinem testament
also verordnet und befoh!en hat und weil das
verbott der andern gestalt eine greuliche stinde
ist wieder das testament Christi.
Und well der Son Gottes selber in seinem
testament verordnet und aul3drucket, wie wit
seines leibs und bluts im abendmal brauchen
sollen, nemlich den leib nemen und essen, das
blut nemen und trinken zu seinem gedecht-
nile, und abet zu einem testament niemand
etwas zuthun soll, Gal. 3 [15], so ist daraul
klar, das es nicht allein geh6ret under den
spruch Matth. 15 [9]: Frustra colunt me manda-
tis hominum, sondern das es eine schwere
sfinde sey wieder das testament Christi, wenn
man das sacrament zum schauspiel herumbtregt
oder einsperret und daffir einen sonderlichen
gottesdienst anrichtet. So ists auch nicht ftir
die todten eingesetzt, die nicht mehr essen und
trinken; derhalben das abendmal halten, den
todten damit zuhtilfzukommen, ist auch wieder
das testament Christi.
Und well nun alas abendmal des Herrn wieder-
umb ganz mit seinem rechten, wahren brauch
aul Gottes wort diesen kirchen restituiret wird,
sollen die leute vleissig vermanet werden, das
sie daftir dem lieben Gott yon herzen danken
und zu wahrer dankbarkeit nun oft, wie Paulus
lehret, das abendmal brauchen, nicht au[ zwang
auf bestimpte zeit, sondern das ihre eigene
noth sie darzu treibe und der grosse nutz,
selige trost und edle kratt des abendmals sie
darzu reize. Und das kan aufs einfeltigste aul3
und mit den worten der einsatzung den leu-
ten ftirgetragen werden, das sie solche ver-
manung allzeit vor augen haben kSrmen:
sollen stets im wahrem glauben gedenken, was
Christus an uns gewendet hat und seines todts
nimmer vergessen. Wit befinden abet, das wits
leider allzuviel vergessen und solch gedecht-
nil3 in uns schwach, kalt und faul ist. Do rufft
nun unser lieber heiland Christus in seinem
abendmal [Mr 26,26--28; 1. K 11,25]: Nemet,
esset, trinket, das ist mein leib, mein blur, sol-
ches thut zu meinem gedechtnil. Item wit sind
durch Christum in den gnadenbund des neuen
testaments in der heiligen taufe eingesetzt, aber
denselben bund halten wir leider so steif und
lest nicht, wie wit solten, tretten oft daraul
und brechen denselben, das wit nun gewil mS-
gen sein, das Christus, so wit in wahrer bul3
dutch den glauben uns zu ibm kehren, uns
widerumb in denselben bund des neuen testa-
ments einnehme, und das wit ein gewisses
pfand und siegel mSgen haben, das wir in dem
bunde allzeit mtigen gefunden sein, bleiben und
erhalten werden. So spricht der Son Gottes
im abendmal: Trinket alle daraul3, dieser kelch
ist das neue testament etc. Item Christi leib
ist ffir alle gegeben und sein blur ftir alle
8a Conc. Constant. Sess. XIII, Denz. 626; Trid.
Sess. XIII. cap. 3; XXI. cap. 2 f., can. 2f.
Denz. 876, 931 f., 935 f.
59 Vgl. FtSm. Melbuch, Ordo Missae, S. 475.
129
Wolfenblel
der mein leib, der f/ir euch gegeben wird, es
ist das mein blur, alas zur vergebung eurer
stinden vergossen ist. Und Paulus 1. Corinth. 10
[16]: Das brodt, alas wir brechen, ist particlpatio
corporis Christi, eine gemeine aultheilung und
niessung des leibs Christi --, das ist doch ja
deutlich und klar gnug, den text mit tier glossa
gegeben, was das sey, das im abendmal mit
hande und munde gereicht und entfangen wird,
ob der leib und blur Christi allein geistlicher
weise durch den glauben entfangen, item ob
wit m/issen hinauf ggen himel steigen, wenn
wir den leib und das blur Christi entfangen
wSllen, oder ob Christus zu uns kSmpt und
alhie auf e.rden in seinem abendmal uns seinen
leib und blur reiche und gebe; denn auf diese
fragen alle gibt Christus richtige, klare antwort:
Das euch im abendmal hier auf erden gereichet
wird, das ihr mit eurem munde entfanget, das
ist mein leib, der ftir euch gegeben wird, alas
ist mein blur, das ffir euch vergossen wird zur
vergebung der stinden, nicht aber essen wit
den leib Christi also nattirlicher weil wie ein
sttick rindfleisch 6, alas mit den zehnen zer-
kauet, eingeschlungen, im magen verdauet wird
etc., sondern well Christus spricht: Nemet, esset,
das ist mein leib, so gleuben wir, obs gleich
nicht nattirlicher weise geschicht, das es den-
noch gleichvoll warhaftig geschehe auf uber-
nattirliche, himlische weise, velche dem stifter
dieses abendmals allein bekant ist. Wit gleu-
ben, was er sagt, modurn abet, wie es geschehe,
befehlen wir dem, ders gesagt hat.
Und hie soll uns nicht irren, das solches
rinser vernunft wiinderlich, seltzam und unge-
reimpt drinker sein; denn die ist in Gottes
sachen eine nerrin, 1. Corinth. 1 [19ff.] und 2
[1--5], und mul gefangen genommen werden
under dem gehorsam Christi, 2. Corinth. 10 [5].
So ist auch wieder keinen artlckel des glau-
hens; denn das lie Calvinischen 65 mit hohen,
prechtigen worten f/irgeben, well es nicht ist
eine nattirliche eigenschaft elnes wahren,
menschlichen kSrpers, alas er auf eine zeit zu-
gleich mehr dann an einem orte wesentlich sein
kSnne, und aber Christus einen wahren mensch-
lichen leib mit allen wesentlichen eigentschaften,
uns allenthalben gleich, nut allein die stinde
aulgeschlossen, an sich genommen, Hebr. 2 [17]
und 4 [15], so vermSge er nicht salva humani-
tatis suae veritate mit seinem Ieibe und blute
zugleich im himel und an allen den 5rtern auf
erden, da sein abendmal nach seiner einsatzung
gehalten wird, wesentlich gegenwertig zu sein,
obgleich die wort seines testaments also lauten.
Darauf gibt unser glaube 66 ein richtige, grtind-
liche, klare antxvort, nemlich das nicht allein
das wahr ist, welches wir gerne zugeben und
bekennen, das Christus nach seiner mensch-
licher natur uns, seinen br/idern, allenthalben
gleich ist, aulgenommen die s/inde, sondern das
auch dil feste stehe und wahr sey, weil die
menschliche natur in Cbristo mit der gSttlichen
persSnlich vereiniget und erhaben ist uber alles,
was genennet kan werden, nicht allein in dieser,
sondern auch in der ktinftigen welt, Ephes. 1
[20--23], das Christus mit seiner menschlichen
natur uncl durch dieselbige viel k{Snne, vermSge
und aulrichte, das sonst den wesentlichen, na-
ttirlichen eigenschaften eines schlechten mensch-
lichen kSrpers ganz und gar unm/iglich were;
denn sein blur reiniget uns yon stinden, 1. Johan.
1 [7], in seinem blur haben wit die erlSsung und
vergebung der s/inden, Col. 1 [14], in seinem blur
sind wit gerecht, lom. 5 [9], sein fleisch ist ge-
geben f/ir der welt leben, Johan. 6 [51], er gehet
mit seinem kSrper durch verschlossene thtiren 6z,
Johann. 20 [26], wandelt auf lem wasser, Matth.
14 [25], ihm ist nach seiner menschlichen natur
alles in seine hende gegeben, Johan. 13 [3];
': Vgl. Luther, DaB diese Wort Christi ,,Das ist
mein leib" noch lest stehen. 1527, WA 23, S.
242, 243, 258, 259.
5 Vgl. Calvin, Instit. IV,17, 12. 17. 29 f. CI XXX,
101 1015 f. 1028-- 1032.
6, Vgl. FC,SD VIII, bes. 12, 23, 25- 30. Bek Schr.
S. 1021, 1024 ff.
67 Vjl. FC,SD VII,109. Bek. Schr. S. 1007.
132
Kirchenordnung 1569
Matth. 11 [27], ]a alle gewalt im himel und auf
erden, Matth. 28 [18] und werden gleichwoll da-
dutch die naturen nicht vermtschet. Weil nun
derselbige in seinem testament yon dem brodt
und wein, so im abendmal gereichet und ent-
fangen werden, spricht: Das ist mein leib, das ist
metn blur, solt ihm das unmtiglich sein darumb
und aufi der ursachen, weil es die nattirliche
eigenschaften in unsern k6rpern nicht verm6-
gen? Ja, unser glaube bestettiget difi viel mehr,
wie ers gesagt hat, ob es gleich den nattirlichen
eigenschaften des menschlichen kSrpers nicht
mtiglich ist, so vermags doch tier, dem alle ge-
walt gegeben ist im himel und auf erden, auch
nach seiner menschlichen natur.
Also auch gibt unser glaube gute, bestendige
antwort darauf, wean die Calvinisten 68 ein gro
geschrey dari]ber machen: Christus ist mit sei-
nero leibe gen himel gefahrcn, derhalben kan
er mit demselbigen nicht hie auf erden bey uns
in seinem abendmal sein --; denn die himelfart
Christi ist nicht ein schlechte, reumliche ver-
endrung des orts, wie Elias gegen himel gefah-
ren ist oder wie ein armes vSgelein von der
erden auf einen baum fleugt, wie die sacramen-
tarii mit ihren kindischen gedanken davon dich-
ten, sondern also redet die schrift davon, das
Christus durch seine himelfart alle irdische
schwacheit abgelegt und sey dadurch gesetzt
zur rechten der majestet und kraft Gottes.
Mar. 16 [19]; Actor. 2 [33]; Heb. 1 [3]; Lucae 22
[69], also das ihm auch nach seiner mensch-
lichen natur alles unterworfen, er uber alles.
was gewaltig und kreftig ist, erhShet, 1. Petr. 1
[21]; Ephes. 1 [20 ff.]. Solte ihm dana stett, raum
und oft hindern, das er nicht vermSchte 69, was
er in seinem testament aufigesprochen, ja auch
nach seiner himelfart wiederholet und bestetti-
get hat, l Corinth. 11 [26]7 Das kan. darf. mul
und soil unser glauben nicht sagen, sondern eben
dieselbe artickel des glaubens, die als streitig
wieder den einfeltigen verstand des testaments
Christi von den sacramentariis angezogen wer-
den, bestettigen und bekreftigen denselben viel
mehr.
Derhalben bleiben wit einfeltig bey unserm
catechismo TO, das des Herrn abendmal sey der
wahre leib und das wahre blur unsers Herrn
Jhesu Christi, unterm brodt und wein uns Chri-
sten zu essen und zu trinken yon Christo selbs
eingesetzt. Et sicut augustana confessio in de-
cimo articulo inquit 7: De coena Domini docent,
quod corpus et sanguis Christi vere adsiat et
distribuantur vescentibus in coena Domini, et
improbant secus docentes Und wie die augs-
ptirgische confession im 10. artickel spricht:
Vom abendmal des Herrn lehren sir, das der
leib und das blur Christi warhaftig gegenwertig
sein und au{geteilet verden denen, die das
abendmal essen und trinken, und derhalben wird
auch die gegenlehre verxvorfen. Et apologia ;e.
Confitemur nos sentire, quod in coena Domini
vere et substantialiter adsint corpus et sanguis
Christi et vere e.xhibeantur cure illis rebus quae
videntur, pane et vino, his qui sacramentum
accipiunt. Und in der apologia: Wir bekennen,
das wits daffir halten, das im abendmal des
Herrn warhaftig und wesentlich gegenwertig
sey der leib und das blur Christi und warhaftig
gereicht werde mit dem sichtlichen brodt und
wein denea, die das sacrament entfangen. Item
articuli schmalcaldici73: Vom sacrament des
altars halten wir, das brodt und wein im abend-
real sey der wahrhaftige leib und blur Christi
und werden nicht allein gereicht und entfangen
yon frommen, sondern auch yon b6sen Christen.
Wit lehren aber nicht allein vom sacramentli-
chen essen und trinken des leibs und bluts
68 VgL Calvin. Instit. IV, 17, 26 ff. CR XXX, 1025
-- 1028.
69 Vgl. FC,SD VIII,78. Bek. Schr. S. 1043 bei
Anm. 5; dazu Gensichen, a. a. O. S. 105 f.
70 K1. Katech., Das Sakrament des Altars, 2.
Bek. Schr. S. 519 f.
Bek. Schr. S. 62 f.
X,1. Bek. Schr. S. 247 f.
Vom Sakrament des Altars, 1. Bek. Schr. S.
45O f
133
Wolfenbfittel
nentwillen gestellet werde, Johann. 16 [23]. Bey
der lehre soll fleissig getrieben werden die ver-
manung, das Gottes wille und befehl ist, das
wir beten sollen stets und ohne ablassen, Luc.
18 [1--8]; 1. Thessal. 5 [17], darzu uns unsere
noth treiben und die liebliche verheissungen
Gottes neben den schOnen exempeln Christi
und aller heiligen in der schrift uns reizen
sollen. Und soll ein jeder Christ sich und die
seinen gewehnen, das er morgends, venn er
aufstehet, abends, wenn er schlaffen gehet, wenn
er zum tisch oder yore tisch gehet, wenn er et-
was anhebet etc., sein gebet thue und ffirnem-
lich, wenn die gemeine Gotts zum wort und
sacramenten versamlet ist, das ein Christ da
sein gebet thu, nicht allein insonderhoit, son-
dern auch im gemeinem gebet ffir gemeine und
sonderbare noth bitten helle.
Von weihen des salz, wasser, feur,
kreuter und anderer creaturen.
Well solch veihen bil3hero in disen kirchen
getrieben, mfissen die leute davon berichtet
werden. Denn ja fromme Christen gerne wolten
solche creaturen Gottes seliglich brauchen, also
das Gott seinen segen dazu geben mSchte und
sie solche gaben Gottes nicht wie unchristen,
sonflern wie kinder Gottes auf seiner gnedigen,
milden hand entfangen raOchten; und darumb
halten etlfche leute viel yon dem papistischen
xveihen, etliche aber brauchen der creaturen
ohne alle gcdanken, gebet und danksagung wie
die seue. Aber Paulus weiset sehr rein in einem
kurzen spruch, wie die creaturen Gottes zu
solchem seligen brauch geheiliget werden, 1.
Tim. 4 [3--5]: Gott hat die creaturen geschaf-
fen, zu gebrauchen mit danksagung den gleu-
bigen; denn alle creatur Gottes ist gutt und
nichts verwerflich, das mit danksagung ent-
fangen wird; denn es wird geheiliget durch das
wort Gottes und gebet. -- In diesem spruch ist
die ganze lchre gar schSn begriffen. Wir wSllen
kfirzlich die ffirnemsten stck anzeigen, und ist
das erste, das wit au G3ttes wort erkennen
und wissen sollen, das Gott, nachdem er die
creaturen geschaffen, dieselben dem menschen
zu gebrauchen vergSnnet und gegeben hat, Cene-
sis 1 [29 f.]; denn sonst hetten wit zu dem ge-
brauch der creaturen, die nicht unser, sondern
Gottes sind, kein recht noch macht. Und das
ist das wort Gottes, davon der spruch Pauli
redet, dadurch die creaturen zu unserm brauch
geheiliget werden, und in demselbigen worte soll
sonderlich das betrachtet werclen, do yon wegen
der snde der mensch solch privilegium ver-
wirket hatte, das Gott auf gnaden umb des
Herrn Christi willen dasselbige uns wiederumb
restituiret hat, Gene. 9 [3]. Zum andern saget
dieser spruch Pauli, das die creaturen also
durchs wort und gebet geheiliget werden, nicht
der meinung, als weren sie sonst verfluchet,
bSse oder yore teufel besessen; denn er spricht
aufdrucklich: Alle creatur Gottes ist gut und
nichts ververflich --, sondern darzu wird sie
also, wie gesagt, durchs wort geheiliget, das wit
derselbigen, die Gottes und nicht unser sind,
mit gutem gewissen, au/ guten gnedigen willen
des himlischen Vaters, seliglich brauchen kSn-
hen; dann wenn man sonst eines frembden
guts mit des herren ungnad und unwillen ge-
braucht, so bekSmpts nicht woll. Zum dritten,
weil den ungleubigen und unreinen alles unrein
ist, Tit. 1 [15], so setzt Paulus das gebet darzu,
nemlich wenn wit die creaturen Gottes brauchen
wSllen, das wit in unserm gebete des jetztgemel-
ten privilegii uns erinneren sollen und bekennen
das wit sonst yon uns selbs ke'in recht oder
macht daran hetten, und in rechtem glauben bit-
ten, das der himlischer Vater umb Christus wil-
len uns solchen brauch seiner creaturen segenen
wSlle, das er uns seliglich mSge sein, alas wit
solche seine gaben nicht wie unchristen mit
seiner ungnad und unvillen ibm rauben, sondern
wie seine kinderchen attl seiner milden hand
mit seinem gnedigem guten willen und mit
seinem gSttlichem segen entfangen und brau-
chert mSgen. Zum vierten, spricht Paulus, soil
darauf volgen die danksagung ftir solch sein
privilegium und fiir seinen segen. Letzlich setzet
Paulus aucl das dabey, das sonderlich woll sol/
gemerket werden, das dutch solch heiligen
durchs wort, gebet und danksagung den creatu-
136
Kirchenordnung 1569
ten nicht gegeben wird ein andere, neue art und
kraft, denn ihnen in der schbpfung yon Gott
gegeben ist; denn Paulus spricht, Gott babe <lie
creaturen geschaffen zura brauch, das ist, er
habe in der schSpfung einer jeden creatur gege-
ben ihre arth, kraft und wirkung, wozu sie
solle dienen und gebrauchet werden. Und die
heiligung thut nicht anders noch raehr, derm
das solcher brauch, darzu die creatur yon Gott
in der schSpfung verordnet, uns raSge seliglich
sein. Wit reden aber hie nicht davon, wie Gott
durch sonderliche verordnung, befehl und ver-
heissung in seinen sacraraenten etlicher crea-
turen brauchet, oder wie er durch rairakel und
wunderwerk entwedder selbs oder durch seine
heiligen, die donura rairaculorura haben, bewei-
set, das er wie ein Herr seiner creaturen raech-
rig sey, auch anders, dann ihre nattirliche arth
und eigentschaft ist, sondern wir reden hie
yon dem gebrauch der creaturen, der da ist
ausser den sacraraenten und rairakeln Gottes.
Auis diesera grunde ist nun leicht und klar,
was ein Christ yon den papistischen weihen der
creaturen halten soll; denn erstlich beschwe-
ren sie die creaturen, als weren sie besessen,
das darauis der teufel mit seiner raacht weichen
wSlle, welchs stracks xvieder Paulura ist, der
da sagt: Alle creatur Gottes ist gutt und nichts
verwerflich [1. Tim 4,4]. -- Zura andern weihen
sie die creaturen nicht zu dem brauch, darzu
sie geschaffen sind, sondern der raeinung, das
durch solch weihen die creaturen ein andere
arth und kraft bekoraraen sollen, darzu sie
nicht geschaffen sind, als das sie dienstlich
und kreftig sollen sein, alle list und gewalt des
teufels zu hindern und zu vertreiben, der see-
len radt und htilf zu schaffen. Und obgleich
die wort und gebet noch so gutt und heilig
weren, well sie abet nicht haben Gottes wort,
befehl und verheissung, wie in den sacraraenten,
auch nicht das donum edendi rairacula, so ists
eben, als wenn einer den ganzen psalter rait
allen evangelien uber einen nesselstrauch lese
der raeinung, das derselbige nicht brennen solte,
oder uber ein welches ey, daiS das so hart
ein btichssenkugel solt werden; denn weil wir
davon kein befehl oder verheissung Gottes ha-
ben, so hilft wedder beten noch lesen dazu und
ist ein greulicher raiiSbrauch des naraens Got-
tes wieder das ander gebot, und ist kein under-
scheid zwischen solchen weihen und zwischen
anderer zauberey, da raan Gottes wort und
naraen zu braucht. Zum dritten ist das das
allerbeschwerlichste, das solchen geweiheten
creaturen, als wasser, salz etc., ohn Gottes wort,
befehl und verheissung im bapsthumb zuge-
schrieben und zugetrauet wir, das allein Gott
umb Christus willen dutch den heiligen Geist
schaffen und wirken will und darzu er
brauchen will sein wort und seine sacramenta,
die er durch sonderliche verordnung als 5rdent-
liche raittel darzu eingesetzt hat. AIs dera ge-
weiheten salz wird das zugeschrieben, das es
sey ein heilsara sacrament und eine volkommene
arzney, den bSsen feind zu vertreiben Itera so
spricht ihre agenda7: Nira hin das salz der
well, heir, auf das dir Christus gnedig sey zum
ewigen leben
Das wasser 78 wird dazu geweihet, das es sein
solle allen, die es nehmen, ein hell leibs und
der seelen, und was damit besprenget wird, das
davon abgehalten, abgetrieben und au[gerottet
werden die teufel rait aller ihrer list und ge-
wait, alle krankheit und alles, was der gesund-
heit und rhue ira hause zuwieder ist Itera,
wohin es gesprenget werde, das dahin die ge-
genwertigkeit des heiligen Geites, die gnade
des segens Gottes komraen und alles bSses wei-
chen mtisse, itera zur vergcbung der teglichen
stinden
7 Vgl. Rit. Born. P. I, Tit. II, Cap. II, 7. S. 17.--
Dazu A. Franz, Die kirchlichen Benediktlnen
Bd. I, S. 221- 229.
78 Vgl. bes. ,,Ordo ad faciendara aquam benedic-
tam", Rit. Born. P. I, Tit. VIII, Cap. II. S.
278ff., ebenso ,,Benedictio aquae in Vigllia
Epiphaniae", Bit. lora. P. II {Appendix), Bene-
dictiones reservatae 1, bes. S. 542 f., dazu A.
Franz, a. a.O. Bd. I, S. 43- 220.
137
Wolfenbfittel
Die wachl31iecht 79 werden also gewelhet, das
sie dardurch bekornrnen und haben sollen sol-
che kraft und segen, das wo sie angeztindet
und gesetzet werden, der teufel mit allern seinem
gespenst weichen rntisse, item, das sie sein
rnSgen zur gesundheit leibs und der seelen, auf
das die, so dieselbigen in den henden tragen,
yon der blindheit des herzen erl6set, das liecht,
das irn finsternil3 leuchtet, ergreifen m6gen.
Die asche 8o wird also geweihet, dassie ein
selige arzney sein soil, wet damit bestrauet
wird, das dermit dern geist der busse er-
fiillet werde, item, das der vergebung seiner
siinde, des leibs gesundheit und der seelen
schutz bekornrnen rnSge; denn die agenda
spricht, das die asche auf das heupt gelegt
werde caussa prornerendae veniae 81, das wir
gnade und vergebung verdienen mSgen.
Die palmen und andere zweige 82 werden also
geweihet, das sie allern volke gedeyen rnSgen
zur seligkeit, auf das alle, so dieselbigen tra-
gen, item wo sie hingetragen werden, das der
orth dadurch gehefliget, der bSse feind ver-
trieben und Gottes rechte hand uns beschtitzen
rnSge.
Das feur 83 wird mit diesen worten geweihet:
auf dassie, rnit geistlichen begirden entztindet,
zu der ewigen klarheit kommen rnSgen, und das
Gott dadurch helle wieder alle feurige pfeile
des teufels.
Das osterlamb, schmken und kese 8a werden
mit diesen worten geweihet: das wet davon
isset, mit allem himlischen segen und mit Got-
tes gnaden in gutem gesettiget mSge werden.
Eyer, brodt, f/aden 85 wird also geweihet, alas
man vertrauen solle, wer davon isset, das es
dern gereichen solle zur ewigen seligkeit und
sie dadurch entfangen rnSgen des leibs gesund-
heit und der seelen schutz.
An S. Johans tag 86 wird der wein zum Johan-
nistrunk 87 also geweihet, wet davon etwas
nirnpt, das derselbige dutch ftirbitt Marien und
Johannis das evige leben uberkomme, item
das es sey ein hell leibs und der seelen und
eine beschirrnung wieder alle krankheit, gift,
auch wieder alle list der feinde, wieder alle
geIahr leibs und der seelen etc.
Die kreuterS8 werden rnit solchen worten ge-
weihet: das sie nicht allein allerley krank-
heit, schaden und fell, beide, menschen und
vihe, vertreiben sollen, sondern auch, alas alle,
die davon nehmen, der seelen und des leibs
gesundheit entangen und in die thtire des
paradeises eingehen rnSgen etc.
Weil abet dil3 alles greulich ist wieder das
erste gebott, das solche hohe himlische, geist-
79 Vgl. ,,Benedictio candelarurn", Rit. Rom. P.
I, Tit. VIII, Cap. III, S. 281; ,,Benedictio can-
delarum in honorern S. Raymundi Nonnati",
ibid. P. II, Benedictiones propriae 48, S. 659 f.;
,,Benedictio candelarurn societatis sacratissi-
mi Rosarii", ibid. P. II, Benedictiones propriae
38, S. 648f.
80 Vgl. die Aschenweihe am Aschermittwoch:
13tim. Mel3buch, S. 129--132, dazu A. Franz,
a. a. O. Bd. I, S. 461 -- 468.
81 Vgl. lSrn. Mel3buch, S. 130.
s2 Vgl. die Palmweihe (Weihe yon Palrnen und
Oelzweigen, in Deutschl. auch yon Buchszwei-
gen oder Weidenkitzchen) arn Palrnsonntag:
ESrn. Mel3buch, S. 129--132, dazu A. Franz,
,,Deus qui dispersa congregas..." S. 309. Dazu
A. Franz, a.a.O. Bd. I, S. 470- 507.
83 Vgl. die Veihe des neuen Feuers arn Kar-
sarnstag: ESrn. Mel3b. S. 404--406, bes. die
erste u. dritte Oratio. Dazu A. Franz, a. a. O.
Bd. I, S. 507--518.
st Im heutigen Rit Rom. finden sich die folgen-
den Worte bei der ,,Benedictio casei vel
butyri", P. II (Append.), Benedictiones non
reservatae 59, S. 521; dieselben Worte bei
einer ,,Benedictio super agnum in Pascha"
vgl. bei A. Franz, a. a. O. Bd. I, S. 585.
85 Vgl. dazu A. Franz, a. a. O. Bd. I, S. 589--594.
86 Fest Joh des Apostels u. Evangelisten am
27. Dez.
87 Vgl. Rit. Rorn. P. II, Benedictiones non reser-
vatae 2 u. 3, S. 454 ff., dazu A. Franz, a.a.O.
Bd. I, S. 297--334.
88 Vgl. A. Franz, a.a.O. Bd. I, S. 398 ff., ferner
Eit. Eorn. P. II, Benedictio herbarum in Fe-
stum Assumptionis B. Mariae Virg., Benedict.
non reserv. 11, S. 465 ff. (In dieser Benedictio
des heutigen Rit. finden nicht alle lm Text
angedeuteten Bitten ihre Entsprechung).
138
Kirchenordnung 1569
gewSnlichen kleidern die communion halten sol-
ten, so sollen die pastores und kirchendiener,
so messe halten wSllen, wenn cornmunicanten
vorhanden sein, nicht blo mit ihren gewSn-
lichen kleidern, sondern in ihrern ornatu eccle-
siastico, als albert, casein und rneigewand rein
ehrlich und rnit grosser andacht und anruffung
des Sons Gottes vor den altar tretten und das
officium naissae anfahen, halten und verrichten.
Es soll auch der altar rnit reinen ttichern
und andern ornatu gezieret und bekleidet sein,
item liechte auf dem altar brennen, weil solches
auch in den genachbarten reformierten kir-
chen gehalten, und kan gleichwoll das gemeine
yolk berichtet werden, das solchs nicht noth-
xvendig, als alas darin sonderlicher gottesdienst
sttinde oder die heiligung dieses sacraments
daran gelegen, sonder wie ein frey mittelding
ohne allen aberglauben gehalten werde. Und
damit fortan in allen kirchen dieses ftirsten-
thunabs die ceremonien in officio naissae allent-
halbert ehrlich, 6rdentlich und eintrechtigen, so-
viel als immer rnSglich, geftirt werden naSgen,
so sol man erstlich einen introituna de tempore,
darauf das Kyrie eleison 4 und Gloria in excel-
sis 5, item, et in terra pax, zu zeiten lateinisch,
zu zeiten deutsch singen.
Darnach wende sich tier priester zum yolk
und singe:
Der Herr sey rnit euch.
Das yolk antworte:
Und mit deinem geist.
Darauf wende sich der priester wiederumb
gegen den altar und singe eine collecten de
tempore oder festo oder die sich zu der materien
schicken auf volgende rnelodey:
[Noten:] Last uns beten 6. Allmechtiger Herre
Gott, weck uns auf, das wit bereit sein, wenn
dein Son ktirnpt, ihn mit freuden zu enapfahen
und dir rnit reinena herzen zu dienen durch den-
selbigen deinen Son Jesurn Chrmtum, unsern
Herren. [Ende tier noten].
Das yolk antwortet: Amen.
Denn wende sich der priester gegen das yolk
und singe oder lese die epistel deudsch. Nach
der epistel singet man einen sequenz oder alle-
luia oder tractum, so rein sein, darnit die schti-
ler auch im lateinischen gesang getibet, oder
aul D. Luthers gesangbuch 7 ein deutscher
psalm, auf das die christliche gemein rnitsin-
gen, auch ihr gottselige ubung haben mSchte.
Darnach singet oder lieset der priester das
evangeliurn deudsch gegen dem volke.
Wenn also das evangelium gelesen oder gesun-
gen, so sol das Patrern oder Wir gleuben alle
an einen Gott 8 gesungen werden.
Und wenn der glaube deudsch gesungen wird,
so sol darunter nicht georgelt werden
[Noten:] Credo 9 in unum Deum, Patrem omni-
potentem, factorem coeli et terrae, visibilium
omnium et invisibilium. Et in unum Dominum
Iesum Christum, Filium Dei unigenitum, et ex
Patre nature ante omnia secula, Deurn de Deo,
lunaen de lumine, Deum verum de Deo vero,
genitum, non factum, consubstantialem Patri,
per quem omnia facta sunt, qui propter nos
homines et propter nostram salutena descendit
de coelis et incarnatus est de Spiritu sancto ex
Maria virgine et homo factus est, crucifixus
etiam pro nobis sub Pontio Pilato, passus et
sepultus est, et resurrexit tertia die secundum
scripturas, et ascendit in coelurn, sedet ad dex-
teram Patris, et iterum venturus est cure gloria
iudicare vivos et rnortuos, cuius regni non erit
finis. Et in Spirlturn sanctum Dominum, et vivi-
ficantem, qui ex Patre Filioque procedit, qui
curn Patre et Filio simul adoratur et conglorifi-
catur, qui locutus est per prophetas Et unam
4 Vgl. RSm. Meibuch, Ordo Missae, S. 458 f.--
Deutsch: Ev. Kgb. Lit. 1--3.
5 Vgl. RSm. Melb., ibid. S. 459f.- Deutsch:
Ev. Kgb. Lit. 6 f.
6 Zum Musikalischen s. Hdb. d. dtsch, ev. Kir-
chennaus. 1. Bd. 1. T. 1941, Nr. 363a. -- Vgl. die
Nachweise der irn Handbuch enthaltenen, die-
ser KO entsprechenden Melodien: Hdb. S.
548, Nr. 117.
Vgl. S. 142 Anna. 1.
XVackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132.
Bek. Schr. S. 26 f.
143
Kirchenordnung 1569
ungleubigen aus Gottes wort und im namen
Jhesu Christi, das ihnen Gott ihre sonde vorbe-
halten hat und gewilich straffen wird.
Darauf soll das yolk abermal zum gebet und
danksagung gegen Gott vermanet werden und
samptlich vor erhaltung der kitchen Gottes
und rechter lehre, darzu der treuen xvarhaftigen
lehrer, und alas Gott treue arbeiter in seine
ernte senden xvSlle [Mt 9,37 f.], for die oberkeit,
ftir zeitlichen friede und gewechs der frtichte,
und in summa for die noth der ganzen christen-
heit und sonderbarer personen, die des christ-
lichen gebets begern, wie des ungeverlich eine
hotel folget.
Lieben Christen, last uns Gott bitten, das er
uns bey seinem gSttlichem vort wSlle gnediglich
erhalten und getreue arbeiter in seine ernte
senden, den predigern und kirchendienern seinen
heiligen Geist verleihen, alas .ie dasselbig rein
und recht f0rtragen und lehren, auch mit gott-
seligem leben ffirgehn, und das der allmechtige
wSlle sie und uns vor falscber lehre gnediglich
beh0ten und derselbigen steurcn und wbren, das
er auch unsern brOdern und schwestern, die mit
falscher lehre oder sonst mit unrechter gexvalt
yon unchristen oder andern tyrannen ange-
fochten und beschweret werden, gnediglich hen
fen xv(ille, das sie in wahrem glauben und ge-
dult bestendig bleiben und. so miiglich, die ver-
folgung yon ihnen genommen oder gemiltert
werde.
Bitter auch vor weltliche oberkeiten, key. m,j.
und andere potentaten, auch alle andere, die
im ampt der oberkeit sitzen, das der allmechtige
wSlle diejenige, die durch Gottes wort erleuch-
tet sein, darbey gnediglich erhalten, denen aber,
so noch nicht erleuchtet, seine gnade geben, alas
sie Gottes wort in ihren landen leiden und an-
nehmen, welche aber das nicht thun wllen und
es verfolgen, das er denselbigen steuren und ihr
f0rnemen zuschanden machen wSlle.
Sonderlich danket Gott, das er unsern gnedi-
gen landsf0rsten und herrn also begnadet hat,
das Seine Ffirstliche Gnade Gottes wort lieb
haben und in ihrem land predigen lassen und
fordern, und bitter, das Seine F0rstliche Gnade
der allmechtige dabey wSlle gnediglich erhalten
und derselben gottselig langes leben, gesund-
heit und gnade verleihen, das S. F. Gnade ihr
regiment also f0hren, alas es Gott zu ehren und
lhren Ftirstlichen Gnaden und derselbigen un-
derthonen zu gutem gereiche und wit ein still
friedlich leben in aller gottseligkeit [1. Tim 2,1 f.]
unter S. F. G. ftihren mSgen.
Bitter auch vor unsere gnedige landsftirstin
und junge herrschaft, das sie der allmechtig
auch in seinem gnedigen schutz haben und sie
vor allem unheil behtiten und an leib und seel
segnen wSlle.
Bitter auch vor die rethe, ampt und bevelch-
haber (auch den rath dieser start), das ihnen
Gott wSlle gnade geben, alas sie woll rathen
und ihren bevohlenen ampten und bevehlichen
getreulichen ftirstehen und aulrichten.
Bittet auch vor alle angefochten und be-
trtibte herzen, vor alle kranken, schwangere
frauen, junge kinder und alle, so in niSten sein,
das der allmechtige wSlle dieselbigen alle trS-
stem behtiten und ihnen in ihren nSten beyste-
hen und zuhtilf kommen
Bitter vor uns alle in dieser gemein und in
dem ganzen lande, das Gott uns wiSlle gnedig
sein und beh0ten vor krieg, pestilenz und theu-
rer zeit, vor feur und wassersnoth, vor bagel
und ungewitter und vor allem ungltick und
ubel und wSlle die fr0chte auf dem felde be-
h0ten, segen und gnade geben, das wit sie mit
fried, gesmdheit und danksagung geniessen
mSgen.
Ein jeder trage Gott seine eigen noth ftir und
beret in dem namen Christi auf seine zusagung,
da er spricht: Alles, was ihr bitter in meinem
namen, gleubet, so xverdet ihr es haben
11,24; Joh 14,14], und sprechet yon grund des
herzens Vater unser etc.
Wenn denn etwas f0rfellet, darvon sonderliche
bitt zu thun ist, als vor sonderliche kranken,
vor frauen, die in kindesnSthen sein, und was
sonst vor noth und sachen des landes oder
sonderer personen f0rfallen, das soil diesem
gemeinem gebet auch mit kurzen worten ange-
hangen werden.
145
Woltenbilttel
Und sollen die prediger das volk vleilig ver-
manen, das sie in ihrem anligen das gemein
gebet gern suchen und nach erhSrung des-
selben und ihrer erlSsung aul angeregten anli-
gen die danksagung dem kirchendiener nicht
verhalten, darmit Gott auch 5ffentlich yon vie-
len personen gedankt werde.
Dieses gebet soll nach geendigter predigt und
keines zwischen verlesung des evangelii und
aulYlegung desselbigen geschehen, darmit die
leute so viel besser den inhalt des verlesenen
evangelii behalten und durch das gebet nicht in
vergel desselbigen und andere gedanken geftirt
werden, es sey denn, das ein frau in kindes oder
jemands anders in todtesnSthen xvere und des
gemeinen gebets begerte; den in diesem fall,
da auch ein geringer verzug kSnte nachteilig
sein, mag das sonderliche gebet vor dieselbigen
vor oder nach verlesung des evangelii woll ge-
schehen_
Auch soll der prediger zu zeiten die leute
vermanen, das sie in der kirchen bey dem ge-
meinen gebet und bey der communion pIeiben.
Wenn das gebet nach der predigt geendigt,
sollen die, so zur communion gehen wSllen,
alsbald in den chor treten und niderknien.
So es denn die zeit leidet in festen, sollen in
den stedten praefation gesungen xxerden de
festo, wie die zu ende dieser ordnung folgen
Formula exhortationis zum voIke, das zum
sacrament ehen will. 1:'
Meine allerliebsten in Gott, dieweil wir nun
das abendmal unsers lieben Herrn Jhesu Christi
wSllen bedenken und halten, darin uns sein
fleisch zu einer speise und sein blut zu einem
dranke, nicht des leibes, sondern der seelen ge-
geben wird, sollen wir billich mit grossem vleil
ein itzlicher sich selbs prtifen, als Paulus 1. K 11,
28] sagt, und denn yon diesem bro:lt essen und yon
diesem kelche drinken; den niemand soll, sondern
allein ein hungerige eel, die ihre stinde erkend,
Gottes zorn und den todt ftirchtet und nach der
gerechtigkeit hungerig und dtirstig ist, dil heilige
sacrament empfahen. So wir aber uns selbs
prtifen, finden wir nichts in uns, denn stind und
todt, kSnnen vns auch selbst in keinem wege
daraul helfen. Darauf hat unser lieber Herr
Jhesus Christus sich uber uns erbarmet0 ist
umb unser xvillen mensch geworden, das er vor
uns das gesetz erftillete und lidde, was wir mit
unsern stinden verschuldet hetten, und das wir
jha festiglich gleubeten und uns frSlich darauf
verlassen mSchten, nam er nach dem abend-
essen das brodt, sagte dank, brach es und
sprach: Nemet hin und esset, das ist mein leib,
der vor euch gegeben wird --, als volt er sagen:
Das ich mensch bin worden und alles, was ich
thue und leide, das ist alles euer eigen, vor
euch und euch zu gute geschehen, und des zu
einem wahrzeichen gebe ich euch meinen leib
zu einer speise, delgleichen auch den kelch
und sprach: Nemet hin und drinker aul diesem
alle, dieser kelch ist. das neue testament in
meinem blut, das vor euch und viel vergossen
wird zu vergebung der stinden; als oft ihr das
thut, so thut es zu meiner gedechtnil --, als
wolt er sprechen: Diewei! ich reich euer ange-
nomen und euer stinde auf reich geladen babe,
wil ich reich selbs ftir die stinde opfern, mein
blur vergiessen, gnad und vergebung der stinde
erwerben und also ein neue testament auf-
richten, darin der stinde ewig nicht soll gedacht
werden. Des zu einem wahrzeichen geb ich
euch mein bIut zu trinken_ Wer nun also yon
diesem brodt isset und aul diesem kelch trin-
ket. das ist, wer diesen worten, die er hSrt. und
diese zeichen, die er empfehet, festiglich gleu-
bet, der bleibet in Christo und Christ-us in ihme
und lebet ewiglich. Darbey sollen wir nun sei-
nes todes gedenken und ihme yon herzen dank-
sagen, ein jglich sein kreuz auf sich nemen
und dem Herrn nachfoIgen [.XIt 16,24] und vor
allen dingen einer den andern lieben, gleich
als uns Christus geliebet hat [Eph 5,2]. Denn es
ist ein brot und wir viel ein leib, die wir
eines brodes theilhaftig werden [1. K 10,17] und
alle aul einem kelche trinken.
15 HSfling, S 59--61; 82--85.
146
' Kirchenordnung 1569
Das 16 wit abet alle samptlich nach jetzt ge-
hOrter lehre und vermanung in rechtem, war-
haftigem glauben und bufifertigkeit das heilige
sacrament wirdiglich empfahen mSgen, so wSl-
len wir Gott den Vater im namen Christi an-
ruffen und yon grund des herzen ein andechtig
Vater unser sprechen.
Ein ander exhortation. '7
Mein allerliebsten, uns wird stets durch die
predigt des evangelii Christi ftirgehalten, das wir
yon uns selbs unwissen, arme stinders und ver-
loren sein, und dieweil wir nicht mehr yon
uns selbs sein denn fleisch und blur, derwegen
wit uns auch mit unserm verstande und vermb-
gen nicht kSnnen loft machen aufi dem gestren-
gen gericht Gottes und yon der gewalt des teu-
fels, darin wir gefallen sind durch die uber-
trettunge der gebott und des willen Gottes, so
hat Gott unser unvermSgen bail erkant denn
wir und hat vor uns gegeben als ein gnediger
Vater seinen eingebornen Son iFnesum Christum,
das wir durch sein evangelium erleuchtet und
dutch seinen todt erlSset wfirden yon unsern
stinden und durch ihne kinder Gottes wbrden,
ewig selig, so wir das gleubten. Solches lest er
uns stets predigen, wer das gleubet, der hat
gewi das ewige leben. Auf solchen glauben und
zu solcher seligkeit werden wir auch getauft,
da sollen wir stets in bleiben, so bleiben wir
in Christo und Christus in uns, so essen wir
stets ohne underla geistlich mit dem glauben
den leib Christi und trinken seln blur, das ist,
wir werden Christo eingeleibet, das wir eins
mit ihme werden, damit das wir gleuben, das
er sein leib fur uns in den todt gegeben hat
und sein blur vor uns am kreuze vergossen.
Darauf verlassen wir uns zur seligkeit wider
alle falsche lehre, alle stinde, anfechtung und
noth, aus welcher wolthat Christi wir auch ler-
hen, welche liebe und gedult wir uben sollen
gegen unsern nechsten, auch gegen unsern fein-
den. Was wolten wir mehr? Doch das wir nicht
vergessen oder trag wtirden, als xvir leider
werden, zu solchem glauben der menschwerdung
und des todes Christi, hat er uns auch ein be-
sonder gedechtnis oder verkLindigung seines
todes [1. K 11, 26], so oft wir wollen, befohlen.
alas wit auch im auswendigen sacrament, tier
vernunft verborgen, alleine dem glauben aus
dem worte Christi bekant, essen sollen und crin-
ken sein leib und blur, das wit jha nicht zwei-
feln sollen, sein todt und blutvergiessung am
kreuze sey unser gewisse seligkeit. Davon sol-
len wit singen, lesen, predigen, hSren, gleich
wie wir in dieser messe thun, und nachmals
auch davon reden und untereinander verkiin-
digen, uns zu trost und vielen zur seligkeit, nach
dem bevelch Christi: Solches thut zu meinem
gedechtnis [1 K 11, 25].
Wet nun wirdig wil essen und trinken dif
sacrament, der soll zwey ding thun: Er soll
gleuben, vas Christus sager, und thun, was er
gebeut Er sager: Das ist mein leib, der ftir
euch gegeben wird, das ist mein blur, das fiir
euch aul3gegossen wird zur ergebung der sfin-
den, solches sollet ihr gleuben Er gebeut abet:
Nemet him esset und trinket alle daraus und
gedenket meiner -- Solches sollet ihr thun
nach seiner gnaden wort und bevelch. Das
uns abet der allmechtige Gott und barmher-
ziger Vater seinen heiligen Getst reichlich mit-
theilen w611e, auf das wit dutch desselbigen
gnade uns dieser zweyer stiicke yon grund des
herzen befleissigen m6gen und also das heilige
sacrament wirdiglich empfahen zu sterkung un-
sets schwachen glaubens und besserung rinsers
sfindlichen lebens, so w611en wit ihnen dar-
umb anruffen und in dem namen Christi beten
yon grund des herzen ein andechtig Vater un-
ser etc.
Alia forma exhortationis?
Nachdem wit dutch den fall und ubertretung
unser aller eltern, Adam und Eva, sein in
sfinde gefallen und des ewigen todes schfildig
16 H6fling, S. 85, Anm. lc.
17 Hbfling, S. 77--79.
18 H6fling, S. 79- 82.
8" 147
Kirchenordnung 1569
fiirnehmen und die nacheinander auf den nach-
mittag des Sontags predigen.
Nach der predigt singet man das Magnificat 7,
bil3weilen deudsch, bilweilen latelnisch, darauf
wird eine collecta gelesen und mit dem Benedi-
camus Domino 8 beschlossen.
Auf den d6rfern, wie hernacher gemeldet,
sol man am Sontag ohne underscheid umb ein
uhr vesper halten, einen psalm oder zween
deudsch singen und darnach den catechismum
den kindern leren Und wenn das geschehen,
so mag der prediger dem alten yolk ein stock
aus dem catechismo erkleren.
Darnach mag man das Magnificat deudsch
oder Nunc dimittis 39 deudsch singen und mit
einer collectn beschliessen
Insonderheit aber sollen die pastores das yolk
vermanen, das sie vleissig vor sich selbs in
die kitchen gehn, auch ihr gesinde und kinder
lassen darein kommen.
Es sollen auch b0rgermeister und rath in den
stetten und unsere haupt und amptleute und
v6gte in den ampten die leute, wo es nicht son-
derliche ehafte noth erfordert, mit diensten
verschonen und allenthalben ein vleissig auf-
sehen haben, das under der predigt und gottes-
dienst, sowoll den nachmittag als vormittag,
kein gasterey, kr0gen oder schwelgerey oder
zecherey, auch spazirengehen auf dem kirchoff
gestattet, noch under der predigt brantwein oder
bier verkauft oder, da wagen sein, ichteswes
gewogen oder sonst kaufmanschaft getrieben,
noch die kremerbuden er6ffnet werden, und
soIchs ernstlich verpieten und yon der kanzel
verkiindigen lassen Und do darwieder geschehe,
so sollen sie wirt und gast in straff nehmen,
auch, so n6tig, in gefengnil einziehen, damlt
andern exempel gegeben und solch ungeschickt,
unchristlich wesen abgestalt werde.
Es sollen auch in steten und d6rfern alle
'ontag vor der friie und nachmittagspredigt die
w6rter des ganzen catechismi den leuten deut-
lich vorgesagt werden, auch eine kurze form
einer beicht 40, damit der gemeine mann lerne
seine stinde Gott dem allmechtigen beichten und
sich in der beicht rechtschaffen zu schicken.
Yon den besondern fosten oder feyertagen.
so man im jahr hMten soil.
Uber die gemeinen Sontag sollen gehalten
werden die hohen heuptfest des Herrn Christi,
als da sind:
Der tag nativitatis Christi oder der geburt
Christi sampt den andern und dritten folgenden.
Damit abet dieser artiekel von tier menseh-
werdung des Sohns Gottes tier jugend woll er-
kleret und eingebildet werde, m6gen die prediger
die historien yon S Steffan 41 und Johanne 42,
je nach gelegenheit der zest, als bey diesem lest
frembde geschichten einstellen und dem volke
auf diese drey tag von der geburt nach D.
Luthers haugpostill 43 geprediget werden
Der tag circumcisionis oder der beschneidung
Christi 44
Der tag epiphaniae, das ist der erscheinung
oder offenbarung Christi. den man nennet der
heiligen drey k6nige tag.
Der tag der opferung Christi im tempel, ge-
nant purificationis .Mariae oder liechtmegtag 45
Der tag annunciationis Mariae oder concepti-
onis Christi , da Christus In der jungfrauen
leib empfangen ist.
37 Deutsch: Ev. Kgb. Lit. 26. - Lat.: vgl. Brev.
tlom., Ortlinarium divint Officii ad Vesperas.
P. Vern. S. 31; P. Aest. S. 22; P. Autumn.
S. 22; P. Hiem. S. 26f.
8 Vgl. Brev. 1Rom., ibid. P. Vern. S. 34; P. Aest.
S. 23; P. Autumn. S. 24; P. Hiem. S. 29. --
Deutsch: Ev. Kgb. Lit. 20--23.
9 Ev. Kgb. Lit. 27.
40 K1. Katech. Wie man die Einfltigen soil leh-
ren beichten. Bek. Schr. S. 517 ff.
Fest des hi. Erzmfirtyrers Stephanus am 26.
Dez.: vgl. 1R6m. Megb. S. 53--56.
Fest des hl Johannes am 27. Dez.: vgl. R/Sin.
Megb. S. 56--59.
Luthers Hauspostille, hrsg. v. Veit Dietrich
1544. EA 2 1 6.
1. Jan. -- Vgl. zu den Festen C. Bertheau,
ITE36, S. 52--59.
2 Febr.
25. Mrz.
151
Kirchenordnung 1569
meine und junge yolk die summa der christli-
chert lehre desto besser fassen und lernen mSge,
so soil allezeit auf den d/Srfern des Freytags der
catechismus einfeltig geleret und geprediget
werden.
Well auch gebreuchlich, das die betglocken
abends, morgends und zu mittage geleutet wet-
den, so soll das yolk vermanet werden, wenn
solchs geschicht, das sie ihr gebet zu Gott dem
Herrn ftir friede 69 und alle zeitliche und ewige
wolfart thun und ihr gesinde auch darzu hal-
ten, sie sein im hause, im felde oder wo einer
ist, und das sie sich des nicht schemen; denn
es ist Gott ein gefellig und ihnen selbs ein
ntitzlich werk-
Wie es mit der meB oder communion
den d6rfern soll gehalten werden.
Mel3 oder communio.
Die sol clef pfarherr un,1 eustos anfahen mit
einem deudsehen psalmen, wens ihnen allein
den introitum zu singen zu schxver were
Darnaeh das deudsche Kyrie 70.
Darnaeh Allein Gott in der h/She sev ehr ;1 etc
Darnaeh wende der priester sich gegen dem
volke und spreehe oder singe:
Der Herr sey mit eueh
Antwortet der custos:
Und mit deinem geiste.
Darauf folget die collecta oder gebet, wie
die auf die Sontag und lest verordnet sein, diese
lieset der priester gegen dem altar.
Darnach wendet er sich wiederumb gegen dern
yolk und lieset oder singer nach der gelegenheit
die epistel deutsch nit ]auter stimm, das die
kirche die wort vernemen kSnne und hebet an:
Diese epistel beschreibet der heilig Paulus oder
N. in N. epistel.
Nach der epistel singer man einen deud-
schen psalm, darnach wende sich der pfarrherr
abermal gegen dem volke und lese oder singe
das evangelium desselben Sontags oder fests
und hebet also an: Das heilige evangelium
beschreibet S. N. im N. capitel.
Darnach wende er sich wieder gegen den
altar und singe: Wir gleuben all an einen
Gott 72 etc., das soil die ganze kirche singen.
Darauf folget flie predigt, in welcher anfang
der catechismus yon wort zu wort ganz und
darnach das evangelium abermal soil gelesen
und hernach erklert werden, zu ende der predigt
geschicht das gemeine gebet, wie obstehet.
Die vermanung in der kirchen, bey der com-
munion zu bleiben, soil etliche mahl im jahr
geschehen
Nach der predigt fehet der pfarherr auf der
kanzel einen psalm an zu singen
Auf die hohen fest mag eine deudsche prae-
ratio gesungen xerden.
Darnach thut er die vermanung, wie oben
stehet.
Darnach singet der pfarherr vor dem altar
das Vater unser und die wort von der einsat-
zung des abentmals Jhesu Christi
Nach den worten des testaments soil man
singen Jhesus Chrtstus, unser heiland 73 etc.
und unter diesem gesang die leute communi-
ciren
Wenn der communicanten viel sind, singe
man dieweile auch andere gesenge, als Gott
sey ge!obet ;4 etc., item den psalm Ich danke
dem Herrn 5 etc. und zuletzt O lamb Gottes
unschtildig ;c, etc. oder Christe. du lamb Gottes ;
Darnach, wenn sie alle communiciert sein,
sprecte cter pfarterr die collect Wit danken
dir, allmechtiger Herr Gott 7s etc., item die
69 Vgl S. 182, Anm. 31.
T0 Ev. Kgb. Lit. 1- 3.
71 Wackernagel III, Nr. 616. Ev. Kgb. Nr. 131.
7- Wackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132.
73 Wackernagel III, Nr. 10. Ev. Kgb. Nr. 154.
7 Wackernagel III, Nr. 11. Ev. Kgb. Nr. 163.
75 Ps 111, im Bapst'schen Gesangbuch (vgl. S.
142, Anm. 1) Bd. I, Nr. XIX: ,,Der CXI. Psalm,
den man singen mag, wenn man das hochwir-
dige Sacrament reicht."
76 Wackernagel III, Nr. 620. Ev. Kgb. Nr. 55
77 Ev. Kgb. Nr. 136.
;s Vgl. S. 149 u. Anm. 30.
9" 155
Wolfenbiittel
benediction Der Herr segne dich etc., wie diI
alles oben verzeichnet.
Wenn nicht communicanten da sind, soll es
mit dem gesang und lection vor der predigt
aller ding gehalten werden, wie oben beschrie-
ben Auch soll in der predigt erinnerung trod
vermanung geschehen, das man ofter zur com-
munion kommen wSlle.
Nach der predigt aber soll allein die lita-
hey 79 gesungen werden und der segen darauf.
Zuletzt singe man Erhalt uns, Herr, bey dei-
nero wort 8o etc und Verleihe uns fried gnedig-
lich 81.
Weil auch biBhero gebreuchlich gewesen, das
bey der communion der priester, so meB helt,
mit dem kirchenornat bekleidet und wachBliech-
ter auf dem altar angeztindet, so soll es ftirder
darbey gelassen und also in di/rfern auch ge-
halten verden.
Es sollen auch sonst die priester mit ehr-
lichen und zimllchen langen kleidern jederzeit
gekleidet sein.
Nach mittag am Sontae und feyertaen
auf den d6rfern
Sollen die leute in allwege darzu gehalten
werden, das sie wiederumb in die kitchen komen
und den catechismum hi/ren lesen und handeln.
Dabey sollen sie singen DIB sind die heiligen
zehen gebott 82 etc., item Vater unser im himel-
reich ,93 etc.
Wo aber dieses umb gewisser ursachen xxlllen
nicht mi/glich, soll ihnen alle Sontag nach der
predigt und vor der communion und am Mit-
wochen vor mittage nach der predigt ein sttick
aus dem kleinen catechisrno Lutheri yon wort
zu vort f/irgelesen werden. Und sollen die
pastores in allwege ftirnernlich darauf bedacht
sein, das sie die lehre des catechismi mit hi/ch-
stem vleiB bey ihren pfarkindern treiben und
pflanzen; denn wie nutz und nStig das sey, ist
nicht auBzusprechen.
Von der taufe
Weil die heilige taufe yon unserm Herrn Jhesu
Christo selbs eingesetzt und das fundament
rinsers christlichen glaubens 1st und wir dar-
durch der heiligen christlichen kirchen, ja Chri-
sto selbs einverleibt werden trod billich und
recht ist, das dieselbige ehrlich und mit grosser
solennitet und andacht und in beysein vieler
Christen gehalten werde, damit andere leute
ihrer taufe und der hohen gaben Gottes, als
der vergebung der stinde, der kindschaft Got-
tes und der ewigen seligkett, die er dadurch den
menschen mitteilet, erinnert, auch zum gebet vor
die kindlein, so getauft, vermahnet werden, so
wi/llen wir, das in tmserm ftirstenthumb die
heilige taufe nicht im winkel oder heimlich,
sondern in facie ecclesiae, in i/ffentlicher ge-
meiner versamblung geschehen solle. Derowe-
gen ordnen und setzen wir, das in allen pfarren
unsers ftirstenthumbs die taufsteine, wo es zu-
vor nicht were, an eim gelegenen, ehrlichen orth
und ein tritt oder zween in die hi/he gesetzt
xverden sollen. Und sollen die leute vermahnet
werden, xvo es die gelegenheit leiden will, das
sie ihre kindlein des Sontags und werktags,
wenn predigt gehalten werden, in die kirchen
bringen und teufen lassen.
Es soll aber die taufe an Sontagen des mor-
gens nach geendigter communion und auf den
nachmittag kurz nach der predigt und auf
die werktage alsbald auch nach der predigt, ehe
flas yolk auB der kirchen gehet, gehalten
werden.
Nachdem auch bey etlichen ein bi/ser brauch,
das sie allein umb des gefreB oder prachts
Ien die kindertaufe bib in die acht, vierzehen
rage, dritt und mehr xvochen verziehen, dar-
durch die kinder versaumpt und etwa unge-
tauft dahinsterben, sollen hinfuro die eltern
ihre kinder unverzogenlich zur heiligen taufe
beftirdern und derhalben kein mangel an ihnen
erscheinen lassen.
9 Ev. Kgb. Nr. 138.
80 Wackernagel III, Nr. 44 ff. Ev. Kgb. Nr. 142
$1 Wackernagel III, Nr. 35 ff. Ev. Kgb. Nr. 139
- Wackernagel III. Nr. 22. Ev. Kgb. Nr. 240.
$3 \Vackernagel III, Nr. 41. Ev. Kgb. Nr. 241.
156
Kirchenordntmg 1569
sen, auf das sie Gottes zorn wieder die siinde
ftirchten und erkermen lernen und sie darnach,
wenn sie busse thun und ftirsatz haben, ihr
leben zu bessern, rnit Gottes wort trSsten und
einen jeden nach gethaner beicht aus dern be-
vehl und der zusage Christi insonderheit absol-
viren und nicht zween, drey oder mehr zugleich,
wie man etliche rnal erfahren; denn solchs nicht
gedtildet werden soll.
Da auch zu zeiten gar einfeltige leute den
pastorn und beichtvetern ifirkornmen, so sollen
sie die in ihrern catechisrno fragen und den-
selbigen recitiren lasen, und wa sie den nicht
wissen, sie verrnanen, bey straff denselbigen
zu lernen. Und xviewol ein jeder pastor wird
wissen, wie er die beichtkinder absolviren soll,
so volget doch urnb der einfeltigen pastorn win
len ein form oder zwo, der sich dieselbigen zu
behalten.
Forma der absolution.
Der allrnechtige Gott und Vater unsers Herrn
Jhesu Christi wil dir gnedig und barmherzig
sein und wil dir alle deine sfinde vergeben umb
des willen, das sein lieber Son Jhesus Christus
daftir gelitten hat und gestorben ist, und irn
nahmen desselbigen unsers Herrn Jhesu Chri-
sti, auf seinen bevehl und in kraft seiner wort,
da er sagt [Mt 18,181: Welchen ihr die sfinde
erlasset, den seind sie erlassen, spreche ich
dich aller deiner stinden lrey, ledig und loss,
das sie dir allzumal sollen vergeben sein so
reichlch und volnkomrnen, als Jhesus Christus
dasselbige durch sein leiden und sterben ver-
dienet und durchs evangeliurn in alle xvelt zu
predigen befohlen hat. Und dieser trSstlichen
zusagen, die ich dir jetzt im namen des Herrn
Christi gethan, der w61lest dich tr6stlich anneh-
men, dein gewissen darauf zufrieden stellen und
vestiglich gleuben, deine sfinde sein dir ge-
wisslich vergeben irn namen des Vaters und
des Sons unfl des heiligen Geistes.
Alia absolutionis formula.
Dieweil alas ihr bekennet, das ihr mit siinden
behaftet seid und Gott rnit siindigen erzfirnet
habt und desfals begeret frost wieder des teufels
anfechtung und ich, zu trSsten arrne sRnders trod
stinderinnen, verordnet bin, ein diener Gottes,
nachdem auch Christus zu mLr gesprochen hat
[Mt 18,18]: Welches stinde ihr vergebet, dem
sind sie vergeben, item was ihr entbindet auf
erden, ist entbunden irn hirnel, auf solche zusage
Gottes und nach seinem bevehl spreche ich euch
loss yon allen euren stinden alhie in der stette
Gottes irn rahmen des Vaters und des Sohns
und des heiligen Geistes. Amen.
Gehet bin irn friede und sttndiget nicht rnehr.
Nachdern auch zur beicht nicht allein gott-
selige und fromrne, sondern auch unbuferttge
leute zun zeiten kornrnen, werden sich gegen
dieselben die prediger rnit ernstlicher verrna-
hung und erinnerung der gebiir nach xvol wissen
zu verhalten, und da sie nicht besserung ver-
heissen, sie xveder absolviren noch zur commu-
nion lassen sollen: dann Christus nicht allein zu
16sen, sonder auch zu binden befolen hat.
Von vertrauen und senen brant und
breutiam.
Nachdern tier ehestand auch eine sonderliche
gottesordnung ist, dadurch das rnenschlich ge-
schlecht erhalten und dem allrnechtigen eine
ktrche auf dieser welt gesarnlet wird und aus
vielen christlichen ursachen n6tig, das die zu-
samrnenffigung der eheleut 6ffentlich und in
der gerneine geschehe, darnit nicht alleine der
ehestand soviel desto ehrlicher gehalten, son-
dern auch alle verbottene vermischung desto
bag rn6gen verhfitet verden. so ordnen vir, das
die personen, so zusarnen sollen gegeben xver-
den, zwein Sontag oder feyertage zuvor von der
kanzel aufgebotten werden, ungefehr rnit den
vorI:en 99.
9.9 Vgl. zum folgenden Abschn. K1. Katech. Ein
Traubtichlein ftir die einfiltigen Pfarrherrn.
6. Bek. Schr. S. 530.
Wolfenbiitel
Hans N und Greta N. wbllen nach gbttlicher
ordnung zum heiligen stand der ehe greifen, be-
gem des ein geinein christlich gebet vor sie,
alas sie es in Gottes nainen anfahen und wol
gerahte Und hette jemand was darein zu spre-
chert, tier thue es bey zeit oder schweige her-
nach. Gott gebe ihnen seinen segen.
Und dainit der ehestan:l desto ehrlicher ge-
halten werde, so ordnen wir, das die zusaininen-
ftigung der personen in stedten und dbrfern,
so ehelich werden wbllen. 5ffentlich in der
kitchen geschehe 1 vor der geineine, welchs auf
einen gelegenen werktag nach gehaltener pre-
digt geschehen Inag. Und soll bey der copulation
braut und breutigains ungefehrlich nachvolgen-
der proceB gehalten werden
Erstlich soll ein pastor den breutigain und
die braut nainhaftig nachinals aufpieten auf
volgende und dergleichen weise:
Es sein alhie gegenwertig N und N., welche
sich in den ehelichen stand nach gbttlichein
willen zu begeben bedacht sein, auch derove-
gen nach gebrauch diser kitchen 6ffentlich von
der kanzel abgektindiget worden, wil sie auch
nochmals zuin uberfluss aufgebotten haben, ob
jeinand were, der einrede hette und gute ur-
sachen wiiste ftirzubringen, dainit diese ange-
fangene ehe nicht In6chte vor sich gehen, das
er bey zeiten spreche oder schxveige hernach-
Inals.
Taceat paulisper, postea pergat
Deinnach sonst lange keiner gefunden, auch
noch zur zeit nicht vorhanden, der emige ein-
rede hat, dardurch diese ehe zwischen jetztge-
nanten personen Inbchte verhindert werden, so
sol auch hernach keiner zugelassen werden,
besondern, was alhie volnzogen xwrd, sol sich
kein mensch understehen zu verendern
Darnach sol die vertrauung geschehen Init
volgenden oder dergleichen worten:
Hans, ihr stehet alhie und begeret gegenwer-
tige Margareten zu nehinen zu euer ehelichen
haussfrauen, Init ihr nach Gottes bevelch und
willen zu leben, euch auch von thr nicht zu
scheiden, es sey dann, das euch der todt scheide.
Ist solches noch euers herzen wille und Inei-
hung, so bekennets alhie vor Gottes angesichte
und in gegenwertigkeit tier geineine und saget:
Ja_
Dicat: Ja.
Margareta, ihr stehet alhie und begeret ge-
genwertigen Hansen zu nehinen zu eurein ehe-
lichen Inanne, Init thin nach Gottes bevelch und
willen zu leben, euch auch von thine nicht zu
scheiden, der todt scheide euch denn. Ist solches
euers herzen wille und Ineinung, so bekennets
alhie und sager: Ja
Dicat: Ja.
Hie 2 lasse er sie ein dein andern die trauringe
geben und ftige ihrer beider rechte hende zusa-
Inen und spreche:
XVas Gott zusainenftiget, sol der Inensch nicht
scheiden
Darnach spreche er vor allen in geinem:
XVeil Hans N und Margareta sich untereinan-
der zur ehe begeren und solchs alhie 6ffentlich
ftir Gott und dieser christlichen geineine beken-
hen, sich auch darauf unter andern die hende
und trauringe gegeben haben, so spreche ich
sie ehelich zusainen iin nainen des Vaters. des
Sons und des heiligen Geistes. Ainen.
Nach solchein soil der prediger die neuen ehe-
leute lassen vor dein altar niederknien und
nachfolgendes uber sie lesen [Gen 2,18--24]:
Und Gott der Herr sprach: es ist nicht gut,
das der Inensch alleme sey, ich wil ihin ein
gehtilfen Inachen, die uinb ihn sey. Da liess Gott
der Herr einen tiefen schlaff fallen auf den Inen-
schen, und er entschlief, und nain seiner rieben
eine und schlos die stedte zu Init fleisch. Und
Gott der Herr bauet em weib aus der riebe, die
er yon dein Inenschen nam und brachte sie zu
ihm. Da sprach der mensch: Das ist doch bein
yon Ineinen beinen und fleisch yon Ineinein
1 Zuin Folgenden vgl. H6fling, S. 173 f. Anin. 1.
2 Zum Folgenden vgl. wieder Traubtichlein. 8
168
--16. Bek. Schr. S. 531--534, dazu Hbfling,
S 176-- 183.
Wolfenbiittel
Von besuchung der kranken.
Demnach hoch und viel daran gelegen ist, das
ein kranker mensch in seiner krankheit wol
unterrichtet und getr6stt werde und solchs
ftir allen dingen auch ins predigampt geh/Sret
und den pfarherrn als den seelsorgern zustehet,
so sollen auch alle pastorn aus obligendem ampt
sich sonderlichen zum h/Schsten beflessigen zu
wissen, wie sie sich bey kranken halten sollen,
nemlich sie erst underrichten, da es die zeit
erleiden wil, wie ein Christ seine krankheit an-
sehen soll. warumb i_hm dieselbige von Gott
zugeschicket werde, was Gott darinne suche
trod wie man sich in solcher krankheit christ-
lich halten solle.
Zum andern die kranken auch nicht allein
gegen die schmerzen und schwacheit des leibs,
sondern auch allerley invendige anfechtung des
herzen tr/Ssten; denn die zwey stfick sein beider-
ley niStig bey kranken lenten, damit sie sich
in ihrer krankheit guts zu Gotg versehen ler-
nen und desto besser zu friede und gedult be-
geben m6gen.
Und wiewol vor unniStig geachtet, von diesen
stricken an diesem oft weitleuftig zu handeln,
weil sonst von vielen gottffirchtigen, hochgelar-
ten leuten davon geschrieben ist, als nemlich
D. Martino Luthero, Urbano Regio, Pfeffingero,
Huberino, Wellero 4 und andern mehr, so wS1-
ten wit doch umb der einfeltigen pastorn willen
ein kleine anleitung vermelden.
Wenn ein pfarherr von einem kranken ge-
fordert wird, ihne zu underrichten, zu trsten,
zu absolviren und das heilige sacrament des
altars zu reichen, so soll er sich mit sonder-
lichem vleil erstlich erkfinden bey den, so umb
den kranken sein, auch yon ihm selbs, ob er
uber die leibliche schwacheit auch innerliche be-
schwerung und anfechtung habe, als ob er
mit befindung seines schwachen glaubens und
unwirdigkeit angefochten werde oder sonst eine
besondere anfechtung und anligen habe.
Ob er mit betrachtung seiner grossen marmig-
faltigen sfinden beschweret, ob er mit den
schrecken des zorns Gottes, des ewigen todes
und ewigen verdamnul beengstiget, ob er uber
den abschied yon dieser welt und den seinen
bekfimmert oder andere dergleichen anfechtung
in seiner conscientien babe.
Wenn er nun also nach solcher vleissiger
erforschung erfahren, worinne der kranke zum
hbchsten angefochten wird, so soll er auch
seine underrichtung und trost dagegen stellen,
damit er dem patienten solche anligende be-
,,Etliche Trostschrifften vnd predigten, fur <tie
so in rods nmd ander not x-nd anfechtung sind.
Doct. Mar. Luth." Gedruckt zu Wittenberg
1545. Vgl. WA 7, S. 779 ff. -- Vermutlich auch:
TrSstlicher Unterricht, wie man in Leibes-
schxvachheit der Kleinm/ithigkeit und andern
Anfechtungen des Teufels begegnen und steu-
ern mSge. 1534. Eine Nachschrift von Veit
Dietrich, die Ludwig Rabus im 4. Tell seiner
Historie der hell. auserwihlten Gotteszeugen
drucken liel, und die dann in <tie 'Sammlungen
der Schriften Luthers aufgenommen wurde
Vgl. EA 64, S. 300 ff. Vgl. auch WA 41, S. XXIV f.
u. 301 ff. -- Urbanus Rhegius: Seelen Ertzney
fir die gesunden vnd krancken in todes
nbten. 1529 (Urbani Regii, Deutsche Bficher
vnnd Schrifften. 1562. 3. Theyl, III, S. XI ff.)
Lat. Uebersetz. v. J. Freder 1537. Vgl. dazu
H- Beck, Die Erbauungsliteratur der ev. Kir-
che Deutschlands. 1883, S. 72f., auch RE316,
S. 739. -- Joh. Pfeffinger: vermutlich ,,Trost-
170
bfichlein aus Gottes Wort inn mannicherley
md schweren fellen." 15 (517). Lat. Ausgabe
I57 Vgl. H. Beck, a.a.O.S. 104f., F. Seifert
i. Beitr. z. Sichs. KG, 4. H. 1888, S. 159 Anm. 1.
-- Caspar Huberinus: Vom Zorn vnd Gfitte
Gottes. 1529; 1534 mit einer Vorrede Luthers
versehen, vgl. XVA 38, S. 315ff. Ueber die
Schrift selbst vgl. H. Beck, a.a.O.S. 173f.,
auch RE38, S. 415. Beck, S. 180, erwihnt noch
eine kleinere Schrift von Huberinus: Anlei-
tung, wie man die Kranken trSsten soll und
wie die von der Obrigkeit zum Tode ver-
urteilten Gefangenen zu trSsten sind. Nfirn-
berg 1542. -- Hieronymus Weller: Auslegung
des 27. und 121. Psalms sammt einen schbnen
Unterricht, vie auch andere Psalmen nfitz-
lich mSgen gelesen werden, it. Auslegung des
trstlichen Spruchs Matth. 11. it. Trost in
langwierigen schwecen Kranckheiten. Nfirn-
berg 1559 (Vgl. Teutsche Schrifften, 1702, 2.
Einth. S. 92 b ff.).
Kirchenordnung 1569
schwerung aus dem sinne bringen rnSge und
doch nicht viel spriiche auf einen haufen werfen,
sondern wenig und aulerlesene, liebliche sprtiche
ffihren, damit sie der kranke, betriibte rnensch
desto besser fassen mSge.
Es sol aber, indem solchs alles geschicht,
das volk, so im hause versamlet, von dem
kranken abtretten, damit der pfarherr mit ihrn
msonderheit und im geheim reden rnSge.
Nach gethaner und gehSrter beicht soll er
ihne auf sein bitte und begern im amen
und aus dem bevelch Jhesu Christi absolviren,
wie kurz zuvor vermeldet und ihn darnach
aberrnal ermahnen zum bestendigen, warhaf-
tigen glauben auf die zusage Gottes und ver-
dienst Jhesu Christi zur gedult, hoffnung und
embsigern gebet ira narne Jhesu Clristi, und das
er jederrnenniglich, tier ihme zu nahe gewesen,
gerne und williglich vergeben solle, gleich
er wolte, alas ihme yon Gott wiederfahren solle
Und weil auch billich, das warm ein kranker
soil communiciret werden, dab das gesinde, die
freunde und nachbauren zu dieser action ge-
fordert werden, so sol solches allenthalben
also gehalten werden, damit keine winkelmel
daraul werden mSge, und sol alBdann nach
gesprochener absolution uber den kranken auch
eine kurze vermanung geschehen an das volk
zum ernstlichen gebet fiir den kranken auf
diese oder dergleichen forma:
Lieben freunde, demnach xv.r befinden, das
unser lieber bruder (oder liebe schwester) in
Christo mit schxverer schvacheit oder grossern
schmerzen beladen und wir ihme in dem allem
nicht besser dienen kSnnen, denn mit unserm
christlichem gebet, so wil ich euch alle sampt-
lich verrnahnet haben, ihr wSllet euer gebet
zusammen thun und rnit diesem eurern kranken
N. N. Gott anruffen und bitten, Gott wSlle ibm
in seiner schweren krankheit zu hi]If kSmmen,
irn glauben sterken, in rechter anruffung Got-
tes und christlicher gedu!t erhalten und in
dieser seiner krankheit verleihen, was ihme
nutz und nat ist an leib und seel, hie zeitlich
und hernachmals ewiglich, sonderlich, das ihm
Gott gnade verleihen vSlle, das er das heilige
sacrament wirdiglich empfangen mSg zu ster-
kung seines schwachen glaubens, zu trost sener
betrbten conscientien etc., und also mit uns
beten auf Gottes Oevelcla und seine gnedige
zusage yon grund des herzen ein andechtigs
Vater unser etc.
Man mag in solcher vermanung nehmen das
exordium a dicto Christi Matth. 18 [19f.]: Ich
sage euch, so zwen under euch eins werden auf
erden, warurnb es sey, alas sie bitten wSllen, das
sol ihnen yon meinem Vater im hirnel wiederfah-
ren; denn wo zwen oder drey versamlet sein
in meinem namen, da bin ich mitten unter ihnen,
und also dirigirt werden ad orationern Deo offe-
rendam pro aegrotante, oder auch von andern
schSnen sprOchen der schrift, und doch entlich
dahin gericht, dal das yolk zum gebet ver-
mahnet.
Auf solche verrnanung sol der pfarherr das
Vater unser sprechen fein laut, damit die kran-
ke person und alas ganze yolk rnitbeten kSrme,
spreche auch darauf: Der allrnechtige Gott wSlle
unser gebet gnediglich erhSren. Amen.
Es mag auch alhie ein pfarherr zur erinnerung
des kranken die artickel des glaubens erzelen
nach gelegenheit der zeit und personen_
Darnach, wenn man einen tisch rein ehrlich
mit reinen tichern und mi brodt und wein
zu der communion zubereitet, so recitire der
pfarherr das erste theil der xvOrter Christi
yon der einsatzung des abendmals.
Unser Herr Jhesus Christus in der nacht, da
er verrahten vard, nam er das brodt, danket
und brachs und gabs seinen jtingern und sprach:
Nemet hin und esset, das ist mein leib, der fir
euch gegeben xvird, solchs thut zu meiner ge-
dechtniss.
Auf diese wort reiche man dem kranken den
leib des Herrn Jhesu Christi.
Darnach recitire er das ander theil der wSrter
Christi yon der einsatzung des abendmals.
Desgleichen nam der Herr Jhesus Christus
auch den kelch nach dem abendmal, dankte und
gab ihnen den und sprach: Nemet hin und trin-
ket alle darauss, dieser kelch ist das neue testa-
ment in meinem blute, das vor euch vergossen
). 171
Woenbfittel
wird zur vergebung der sfinde. Solches thut,
so oft ihr es trinket, zu memer gedechtniss.
AuI diese wort reiche man dem kranken das
blut Jhesu Christi.
Darnach spreche der pfarherr:
Last uns beten.
Christe 5, du lamb Gottes, der du tregst die
stinde der welt, erbarm dich unser.
Christe, du lamb Gorges, der du tregst die siin-
de der welt, erbarm dich maser
Christe, du lamb Gottes, der du tregst die siin-
de der welt, gib uns deinen ewigen frieden.
Amen.
Wir 6 danken dir, allmechtiger Herr Gott,
das du uns durch diese heilsame gabe hast er-
quicket und bitten deine barmherzigkeit, du
wSllest uns solches gedeyen lassen zu starkem
glauben gegen dir und zu herzgrtindlicher liebe
under uns allen umb Jhesu Christi, unsers Herrn
willen. Amen.
Addatur benedictio [Num 6,24--26].
Der Herr segne dich und behtite dich
Der Herr erleuchte sein angesicht uber dir
and sey dir gnedig.
Der Herr erhebe sein angesicht auf dich mad
gebe dir seinen ewigen frieden durch ,Thesum
Christum, unsern Herrn- Amen.
Nach solchem allem kan der pastor seinen
abschied yon dem kranken nehmen mit diesen
oder dergleichen worten:
Lieber freund, demnach ihr aus Gottes wort
getr6stet und dutch eine fr61iche absolution log
gesprochen yon allen euern stinden, auch zu
mehrer sterkung euers glaubens mit dem leib
und blut Jhesu Christi erquicket und also al-
lenthalben gnugsam vergwisset seid, das euch
alle euer stinde warhaftigen verziehen und ver-
geben sein und das ihr in gnaden Gottes ste-
hen und wir alle samptlich mit euch euer sache
Gott im himel, euerm lieben Vater, auf seine
gnadenreiche zusagen befehlen, so wird er auch
sonder zweifel euer krankheit als ein frommer
Gott und Vater zum allerbesten wenden, als es
euch nutz und gut ist an leib und seele. Dar-
umb seid getrost und sprechet immerdar: Herr,
himlischer Vater, hie bin ich, dein liebes kind
und dein diener (oder dienerin), machs mit
mix nach deinem willen, alleine ftihre reich icht
m versuchung, sondern erl6se reich vgn allem
ubel. Amen.
Und weil ihr euch also fr61ich zu Gott ganz
trod gar begebet, so wtinsche ich euch, Gott
w611e euch in solchem glauben, gedult, boll-
hung und anruffung gnediglich erhalten durch
Christum, tmsern Herrn- Amen.
Friede sey mit euch. Amen.
Es sollen auch die pfarrer nicht underlassen,
die kranken nach derselbigen gelegenheit, da
sie schwach und kleinmtitig, oft zu besuchen
und sie mit Gottes wort tr6sten, das sie die
krankheit mit gedult tragen und den anfech-
tungen durch die gnad Gottes ein wiederstand
thun m6gen, wie sich der person gestalt nach
ein jeder kirchendiener wol wird wissen zu
verhalten.
Von besuchurg, erinnerung, vermanung
und trost der gefangenen, so das leben
verwirket haben.
Es ist ein grosser jammer gewesen, das man
im bapsthumb an etlichen 6rten solche arme
leute weder mit der absolution noch mit darei-
chung des abendmals des Herrn getr6stet hat,
dadurch die arme leute in solche zweifelmutige
gedanken getrieben sind, weil sie durch ihre
mighandlungen den leiblichen todt verdienet,
als ob sie derhalben auch yon Gott verstossen
und yon aller gemeinschaft der christlichen
kirchen abgeschnitten weren_ Well abet keine
stinde so grog und schwer, die den bugfertigen
nicht m6ge vergeben werden, auch keine be-
kerung zu langsam und spat, wenn sie nut in
diesem leben, auch am allerletzten, geschicht,
wie solchs der Son Gottes selber mit einem
herlichen sch6nen exempel an dem m6rder, so
neben ihm am kreuze hieng, bezeuget hat [Luk
5 Ev. Kgb- Nr. 136.
H6fling, S. 68.
172
Kirchenordnung 1569
23,43], derhalben sollen die prediger solche arme
leute ihnen firnemlich lassen befohlen sein,
und weil sie der teufel also zu falle ge-
bracht, sie auch nun nicht mehr lange zeit
und gelegenheit zur christlichen bekerung
haben, sollen die prediger allen vlei8
wenden, das sie zu wahrer buB gebracht,
dutch den glauben an Christum getrSstet und
gesterket, sich mit gedult und kindlichem ge-
horsam in die straff, so sie mit ihrer missethat
verwirket, andern zum exempel ergeben mSgen.
Auch gebtiret christlicher oberkeit nicht allein.
am leibe die ubeltheter zu straffen, sondern
auch dahin zu trachten, das die arme seele
gerettet und also beide, leib und seele, dem
lieben Gott aufgeopfert mSge werden.
Sollen derwegen solche arme leute etliche
tage zuvor, ehe sie abgethan sollen werden,
an einen gelegenen orth, da die prediger rait
dem worte und sacramenten nach notturft mit
ihnen handeln kSnnen, gebracht und die seel-
sorger zu ihnen gefordert werden. Ehe dann
abet der prediger anhebet, mit ihnen zu han-
deln, sol er sich befleissigen, das er durch kurze
fragen erkfinden m6ge, wie den arraen leuten
zumuth und sinne sey. Derm wenn er sie fragen
wird, wie sie darzu kommen? Warumb sie da
gefangen liggen?, so werden etliche ihre mis-
sethat nicht bekennen w611en, etliche werdens
entschuldigen oder uber andere leute, dutch
die sie darzu gebracht, klagen. Etliche werden
sich mit ungedult vernehmen lassen, als ge-
schehe ihnen zu viel. Etliche werden frech
und trotzig sein Etliche aber werden sich also
erzeigen, das man am worten und geberden ver-
nehmen kan, das sie sehr bekummert, voll
leides und jammers sein Nachdem nun der
prediger solche arme leute befindet, sol er gegen
ihnen nach gelegenheit und notturft brauchen
erinnerung, straff, vermanung, warnung, trost
etc. Es soil aber solches alles aufs einfeltigst
gerichtet werden auf diese drey hauptstfick:
Erstlich, das die arme leute zu wahrer er-
kant-nil3 ihrer stinde und Gottes zorns uber die
stinde geffihret mtigen werden, nemlich das
ihre mil3handlung nicht allein wider die welt-
liche oberigkeit, sondern fOrnemlich wieder Gott
im himel sey, und das sie nicht allein in der
oberigkeit haften sein zur leiblichen straff, son-
dern das sie fiirnemlich in Gottes stricken und
banden liggen zum ewigen verdamnul, welchs
ohne zweifel auf den zeitlichen todt volgen
werde, wo sie sich nicht warhaftig zu Gott
bekeren. Und sol sonderlich ihnen mit vleil3
diJ3 firgehalten werden, weil sie Gottes warnung
und drauung in seinem worte entweder nicht
hSren oder sich daran nicht haben keren wSl-
len, das Gott sie nun dutch die obrigkeit, als
seine dienerin, habe mit seinem gerichte ge-
fasset und angegriffen, das sie es greifen und
ffilen sollen, das er ihrer mil3handlungen halben
ernstlich zfirne und nach dem zeitlichen urtheil
der obrigkeit auch sein ewiges gericht uber
sie ergehen wSlle lassen, wo sie nicht rait ihn
versSnet werden.
Zum andern sollen die prediger ihre under-
redungen mit den armen leuten ffirnemlich rich-
ten zura wahren bestendigen trost Und werden
die prediger wol merken k6nnen, ob das schrek-
ken und bekfimmernifi bey den armen leuten
raehr des schmehlichen todts denn des gewis-
sens halbert sey, das sie fiirnemlich ihre erin-
nerung dahin richten, das die arme leute vor
allen dingen darauf denken sollen, das sie in
ihrem gewissen mit Gott m6gen versSnet wet-
den, velchs aus der lehre des evangelii soil
genoramen werden, das Gott nicht lust babe an
des sfinders todt. das Christus aller welt sind
getragen [Fm 5,8] etc Und sollen sonderlich
die arme leute erinnert werden, das sie eben
in diesem Jhrem gefengnul3 Gottes gnade gegen
sie erkennen und spfiren k6nnen. Denn wo sie
frey weren hingangen, weren sie in solchen
sinden geblieben und sich mit Gott nicht viel
bektimmert. Wenn nun Gott mit seinem ge-
richte sie ubereilet, das sie auf frischer that
weren erwtirget worden, so hetten sie doch
ewig must verloren werden. Nun aber habe sie
Gott zur bul3 geffiret und an solchen orth ge-
bracht, do sie mit Gottes wort unterrichtet und
getrSstet kSnnen werden und noch zeit zur be-
kerung haben m6gen Wenn nun also das ge-
173
Wolfenbfittel
wissen von warem frost berichtet, sol ihnen
zur bestettigung und vergvissung solchs tro-
stes die absolution und das abendmal des Herrn
mitgeteilet werden, und dasselbige einen tag
oder zwen zuvor, ehe sie abgethan sollen
werden
Zum dritten sollen die prediger darauf se-
hen. das die armen leute vleissig vermanet
werden, das sie sich mit christlicher gedult,
demuth und gehorsam in die straff, so sie mit
ihrer mil3handlung verwirket, ergeben sollen.
Dasselbige abet soll nicht also geschehen, wie
man im bapsthumb solche leute gelehret hat.
das Gott ihren schmelichen todt ftir ihre sfinde
als eine gnugthuung annemen werde, denn
dasselbige geh6ret allein dem leiden, todt und
sterben des Herrn Christi, sondern das sie sol-
chert todt als eine verdiente straffe ihrer sfinde,
ihnen yon Gott auferlegt, gehorsamlich tragen
sollen. Denn wo sie ihre sfinde, damit sie
solchen todt verschfildet. varhaftig erkennen
und darnach Gott dutch Christum umb ver-
gebung bitten, sollen sie berichtet werden, das
sie nicht allein wie diebe oder mSrder sondern
auch wie Christen leiden. Und das sie ihre
herzen desto besser mit gedult fassen mSgen,
sollen ihnen diese stfick ffirgehalten werden:
Erstlich, das es Gottes straffe sey, der nach
seinem w/lien dieselbige ihnen auferlege, und
wie vorhin sie in der sfinde Gott ungehorsam
gewesen, das sie nu wiederumb durch gedult
der straff in seinem gehorsam sich ergeben
Zum andern, xveil der alte Adam sie verfOh-
ret, das sie denselbigen nun dem lieben Crott
wiederumb in gehorsam zur straff ergeben, derm
also xvird es Gott ein gefelliges opfer, und Gott
wil nun ihrem b6sen fleisch und blur wehren,
das es die arme leute nicht mehr so verffihren
soil. Zum dritten, das durch solch ihr exempel
viel werden gewarnet werden, das sie Gott
ffirchten, vor sfinden sich hfiten und davon ab-
lassen, das also durch solchen ihren todt Gott
geehret und vielen damit gedienet wird etc.
Es sollen auch die prediger vleissig handlen,
das die arme leute yon herzen vergeben allen
menschen, sonderlich die sie entwedder zu dem
falle oder in die haften gebracht haben, ftirnem-
lich aber, das sie keinen ungedtildigen wieder-
willen wieder die oberkeit oder derselbigen
diener von vegen der straff fassen, haben oder
behaltep, mSgen Und alas der rechte glaube und
wahrer trost durch den anblick der zunahenden
straff und marter ihnen nicht entfallen mSge,
sollen die prediger sich nicht schemen, mit
ihnen zu gehen, wenn sie aufigeffihret werden.
Von begrebnussen.
"Weil die sepult-urae oder begrebnil bey den
alten vettern und dem volk Gottes allezeit
ehrlich sein gehalten worden, denn sie sein
erinnerung der kfinftigen aufersehung, auch
die kirch6fe oder gottesacker, da die Christen
ruben, billich befriedet sein sollen, und wiewol
es denen, so zur kitchen gehen, allerley gute
gedanken und erinnerung gibt, wenn das be-
grebnu bey der kitchen ist, jedoch ists an
etlichen 6rten aus vielen ursachen nutz und
gut. das die kirch6fe ausserhalb den stetten sein,
sonderlich da die kirch6fe in der stadt keinen
grossen platz haben, so ordnen wit, das die
kirch6fe in und vor den stetten, auch auf den
d6rfern, sollen dermassen befriediget werden,
also das kein vihe daraufgehen noch schaden
thun k6nne, und da es die notturft erfordert,
ausserhalb den stetn an einen gelegen orth
kirch6fe oder gottesacker zugerichtet werden.
Und weil in den reformirten kitchen eine
16bliche gewonheit ist, das die kindelein, so
ohne die taufe hinsterben, nicht auf einen son-
derlichen ktrchoff, sondern neben andere Chri-
sten begraben werden auf den gottesacker, und
xvir auch dasselbige christlich achten und ohne
ergernu3 wol geschehen kan, so wSllen
das solchs auch in alien kitchen unsers ffir-
stenthumbs also soll gehalten werden, den from-
men eltern zu trost.
Und weil gebreuchlich, das die todte k6rper
ehrlich und mit christlichen gesengen zur erden
bestettiget xverden, so solle an den 6rtern, da
174
Kirchenordnung 1569
schiller seind, dieselbige vorher und die pasto-
res, oder da keine schtiler sein, der pastor und
ktister ffir der leiche gehen und singen ein
geistlich lied oder zwey:
Mitten wir im leben seind 7 etc.
Mit fried und freud 8 etc.
Responsorium: Si bona suscepimus 9 etc
Aus tiefer noth 10 etc.
Erbarm dich mein, o Herre Gott 11 etc.
Wtr gleuben 1 etc.
Nu lasset uns den leib begraben 13 etc.
Nach der leich sollen mann und frauesper-
sonen ordentlich volgen.
Und wenn sie auf den kirchoff kommen und
die Ieiche zur erden bestettiget vorden und
die mit der leich gangen, ihr almusen in got-
teskasten gegeben, sol der kirchendiener ftir
den altar tretten und durch ihne em kurze ver-
manung geschehen yon serbligkeit und schva-
cheit des menschlichen geschlechts, yon ursa-
chen der sfinde und todts, yon erlSsung, so
durch Christ"m, Gotts Son, unsern heiland, ge-
schehen, und yon auferstehung der todten
oder dergleichen.
Und mSgen die themata der vermanung, wenn
ein kindlein begraben wird, genommen werden:
Ex Math. 18 [3]:
Es sey dann, das ihr werdet als dieser klei-
hen kindlein ein, so werdet ihr ins himelreich
nicht kommen.
Ex 5.Iath. 19 [14]:
Lasset die kindlein zu mir kommen etc.
Ex Sapientiae lib. 4 [4,7]:
Der rechtfertige, ob er gleich allzu zeitlich
stirbet, so ist er doch in der ruhe
Ex Esaiae 26 [57,1]:
Der rechtfertige wird weggeraffet etc.
Ex Galat. 3 [26]:
Ihr seid allzumal kinder Gottes dutch Jesum
Christum etc.
Ex Ephes. 2 [3]:
Wit weren allzusamen kinder des zorns Got-
tes als die andern etc. Abet aul gnaden seid ihr
seIlg worden durch den glauben, und solchs
nicht aul euch, Gottes gabe ists, auf das sich
niemand zu berhiimen habe.
Venn aber ein alt mensch begraben werden
sol, so k6nnen die themata der vermanung ge-
nommen werden:
Ex Psalm. 39 [5]:
Herr, lere reich, denn es ein end mit mir
haben wird.
Ex Psalm. 90 [12]:
Lehre uns bedenken, das wit sterben mtissen,
auf das wir verstendig werden
Ex Iob 14 [1]:
Ein mensch, geborn yon einer frauen etc.
Ex Iob 19 [25]:
Ich weiI, das mein erl6ser lebt.
Ex Esaiae, cap. 56 [57.1]:
Der gerechte k6mpt umb. und niemand ist,
der es zu herzen heine, und heilige leute etc.
Ex Daniel. 12 [2]:
Viel, die under der erden ligen und schlaffen,
werden aufwachen etc.
Ex Ecclesiasticis, cap. 7 [1]:
Der tag des todts ist besser etc
Ex cap. 9 [12]:
Der mensch weiJ3 seine zeit nicht etc.
Ex Syracidis, cap. 5 (Sir 5,8]:
Verzeuch es nicht, dich zum Herrn zu beo
keren etc.
Item cap. 17 [21]:
So bekere dich zum Herrn, verlaI dein sfind-
lich leben etc.
Ex cap. 38 [16]:
Wenn einer stirbt, so beweine ihn etc.
Item ex cap. 40 [1]:
Es ist ein elend und jemerlich ding etc.
7 Wackernagel III, Nr. 12. Ev. Kgb. Nr. 309.
8 Wackernagel III, Nr. 25. Ev. Kgb. Nr. 310.
9 Vgl. Hdbuch d. dtsch, ev. Kirchenmus. 1.
Bd., 1. T. 1941. Nr. 312 u. 315. -- (Pesponsorium
aus Hiob 2,10.).
10 Wackernagel III, Nr. 6. Ev. Kgb. Nr. 195.
11 Wackernagel III, Nr. 70.
12 Wackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132.
13 Wackernagel III, Nr. 396. Ev. Kgb. Nr. 174.
175
Kirchenordnung 1569
lich dardurch selig verden durch Jhesum Chri-
stum, deinen Son, unsern Herrn. Amen.
Ein ander. '4
Wit danken dir, Herr Gott, himlischer Vater,
dutch Jhesum Christum, deinen lieben Son, das
du uns diese nacht ffir allem schaden und fahre
behtitet hast, und bitten dich, du w611est uns
diesen tag auch behtiten ftir stinden und allern
ubel, das dir all unser thun und leben gefalle.
Denn wir befehlen uns, unsere leibe und seelen
und alles in deine hende Dein heiliger engel
sey mit tans, das der b6se feind keine macht an
uns finde umb desselbigen Jhesu Christi, deines
Sons, unsers Herrn, willen Amen.
Ein ander.
Herr Gott, himlischer Vater, der du uns dei-
hen Son geschenket und durch ihn uns vom
reich des teufels erl6set hast, wit bitten dich,
du w611est uns bey deinern wort erhalten, in
aller noth und angst uns damit trbsten, was wit
taxvider gethan, gnedig vergeben, durch dei-
hen heiligen Geist uns heiligen und entlich
selig rnachen, auf das wit deine gnade und
barrnherzigkeit in ewigkeit rhtimen und prei-
sen mbgen durch Jhesum Christum, deinen Son,
unsern Herrn. Arnen.
Ein ander.
Wir danken dir, Herr Gott. himlischer Vater,
dutch Jhesum Christurn, deinen lieben Son, das
das uns diesen tag gnediglich behtitet hast,
Jxnd bitten dich, du wSllest uns vergeben alle
unsere stinde, wo xvir unrecht gethan haben.
trod uns diese nacht auch gnediglich behtiten.
Denn wir befehlen uns, unser leib und seele
und alles in deine hende Dein heiliger engel
sey rnit uns, das der bSse feind keine macht
an uns finde urnb desselbigen deines Sons,
Jhesu Christi, unsers Herrn willen Amen.
Ein andr.
Herr Gott, himlischer Vater, der du aus veter-
licher liebe gegen uns arme stinder deinen
Sohn uns geschenket hast. das wir an ihn gleu-
ben und durch den glauben sollen selig werden,
wir bitten dich, gib deinen heiligen Geist in
unsere herzen, das wit in solchern glauben bis
an unsere ende beharren und ewig selig ver-
den durch Jhesum Christum, deinen Son, unsern
Herrn Amen.
Ein ander.
Herr Gott, himlischer Vater, der du deinen
Sohn, unsern Herrn Jhesum Christum in diese
welt gesandt hast, das er des teufels tyranney
wehren und uns armen menschen wider sol-
then argen feind sol schtitzen, wit bitten dich,
du wSllest uns f/Jr sicherheit behtiten und in
aIIer anfechtung, durch deinen heHigen Geist
nach deinem worte zu wandeln, gnediglich er-
halten, das xvir bis an das ende vor solchem
feinde befriedet bleiben und entlich selig wet-
den mbgen dutch denselben deinen Sohn, Jhe-
sum Christum, unsern IIerrn Amen.
Ein ander.
Allmechtiger Herr Gott Vater, xvir bitten dich,
du wSllest unsere stinde gnediglich verschonen.
und wiewol wit ohne underlas s/indigen und
wol eitel straff verdienen, so verleihe doch
gnediglich, das das exvige xvolverdiente verder-
ben yon uns abgewandt, zu steur und hi]lf
unserer besserung geendet :verde umb Jesu
Chr|sti, deines lieben Sons, unsers Herrn wil-
len. Amen.
Ein ander.
Allmechtiger Herr Gott, wir bitten dich, gib
deiner gemein deinen Geist und gbttliche weis-
heir, das dein wort unter uns laufe und wachse
mit aller freidigkeit, wie sichs gebfirt, gepre-
1 Vgl. KI. Katech., "Vie ein Hausvater sein Ge-
sinde soll lehren, morgens und abends sich
segenen, 2. Bek. Schr. S. 521 -- Ev. Kgb.
Anh. S. 46.
5 Vgl. K1. Katech., Wie ein Hausvater sein Ge-
sinde soil lehren, morgens und abends sich
segenen, 5. Bek. Schr. S. 522.- Ev. Kgb.
Anh. S. 52.
22 177
Wolfenbiittel
Von der beteglocken oder pro pace leuten.
Man heir m bapsthumb rnorgends, rnittags
und abends einen sonderlichen glockenschlag,
dardurch das volk vermahnet solle werden, die
jungfrau Marien anzuruffen. Well aber die hoch-
gelobte jungfrau Maria solche ehre, die Gott
allein gebfiret, nicht haben wil und auch wid-
der Gottes wort ist, soll davon das yolk unter-
richtet verden. Es kan aber der glockenschlag
an ihrn selber, wie auch in den benachbarten
reforrnirten kirchen, behalten werden, under-
scheid der rnorgends, rnittags und abendstunde
dem yolk damit anzuzeigen, und das dadurch
das yolk erinnert und verrnanet werde, das sie
morgends, rnittags und abends for gemeinen
frieden und gut regiment bitten sollen, in wel-
chern gebet man gleich for die obrigkeit und
widder alle feinde des gemeinen christlichen
friedens 18 bitter. Daher man es in den be-
nachbarten reforrnirten kirchen sehr fein nennet
die beteglocken oder pro pace leuten, und ist
christlich, gut und nutzlich, dab das gernein volk
darzu gewenet werde, das sie solchs n6tigen
gebets nicht vergessen Well es aber ofte ver-
gessen wird, kan der glockenschlag darzu er-
irmerung geben, das sie an solch gebet zu thun
gedenken, wenn sie h6ren pro pace leuten, sie
sein irn hause, irn garten, auf der gassen oder
auf dern felde. Und rnag man alsdann die
kinder irn hause auch singen lassen: Erhalt uns,
Herr, bey deinern wort 19 etc., item: Verleihe
uns frieden gnediglich 20. Solch gebet ist in
diesen letzten gefehrlichen zeiten hoch von
n6ten.
Folgen die prefationes, so an hohen festen in den stedten nach der predigt vor der
communion gesungen werden.
Quotidiana. '
[Noten:] Dorninus vobiscurn. Et eurn spiritu
tuo. Sursum eorda. Habemus ad Dorninurn. Gra-
tias agarnus Domino Deo nostro
Dignurn et iusturn est.
Vere dignurn et iusturn est, aequum et salu-
tare, nos tibi semper et ubique gratias agere,
Domine sancte Pater ornnipotens, aeterne Deus,
per Christum Dorninurn nostrum, per quern rna-
iestatern tuam laudant angeli, adorant dornina-
tiones, tremunt potestates, coeli coelorurnque
virtutes ac beata seraphin socia exultatione
concelebrant Curn quibus et nostras voces ut
adrnitti iubeas te precarnur supplici confessione
dicentes: [Ende der Noten]
Sanctus. sanctus, sanctus Dorninus Deus Ze-
baoth, pleni sunt coeli et terra gloria tua,
osianna in excelsis. Benedictus qui venit in no-
mine Dornini, osianna in excelsis
In die nativitatis Christi. '-
[Noten:] Vere dignurn etc. Aeterne Deus, quia
per incarnati verbi mysteriurn nova rnentis no-
strae oculis lux tuae claritatis effulsit, ut durn
visibiliter Deurn cognoscimus, per hunc in invisi-
biliurn amorern rapiarnur Et ideo curn angelis
et archange]is, curn thronis et dorninationibus,
curnque ornni militia coelestis exercitus hyrnnurn
gloriae tuae canimus sine fine dicentes: [Ende
der Noten ]
Sanctus etc.
In die epiphanias. -
[Noten:] Vere dignurn etc. eterne Deus, qui
eurn unigenitus tuus in substantia nostrae rnor-
talitatis apparuit, nova nos irarnortalitatis suae
luee reparavit. Et ideo eurn angelis et arehan-
gelis, eurn thronis et dorninationibus, euraque
ornni militia eoelestis exereitus hyrnnurn gloriae
.r Vgl. S. 182, Anm. 31.
19 Wackernagel III, Nr. 44 ff. Ev. Kgb. Nr. 142.
0 Wackernagel III, Nr 35 ff. Ev. Kgb. Nr. 139.
180
2 Vgl. R6m. MeBbuch, S. 469 f.
22 Vgl. RSm. Me/3buch, S. 493.
23 Vgl. RSm. MeBbuch, S. 493.
Kirchenordnung 1569
rnenschen die verzeihung der stinden vor Gott
erlange und ihne frornm rnache?
Welches sey der rechte gebrauch der zehen
gebott oder des g6ttlichen gesetzs?
Von dem evangelio.
Was der gebrauch dieses narnens evangelii
in der kitchen sey7
Was tier recht underscheid sey zwischen dem
gesetz und evangelio s?
Ob das evangelion yon Christo dern Sohn
Gottes allererst geprediget worden sey, da Chri-
st-us ist in dise welt kornen und hat seine
apostel in die ganzen welt ausgeschicket, oder
ob es auch yon anfang der velt her geprediget
worden sey7
Von der rechtfertigung des menschen.
Ob der rnenseh gereehtfertig, (das is) yon
den s/inden und ungereehtigkeit absolviret und
erledigt werde dutch den verdienst seiner werk
oder allein dureh den glauben in dhesum Chri-
stum, das derselbe allein uns die verzeihung
der sfinden dutch sein leiden und sterben ver-
dient babe7
Nachdern der verdienst tmserer werk uns
nicht erlangt die vergebung der stinden, warumb
sollen vir dann gute werk thu?
Ists auch recht geredt, allein der glaub macht
uns gerecht 7
Ists auch recht geredt, die gute werk seind
zur seligkeit nOtig 397
Nachdern wir haben verzeihung der s/inden
allein dutch den glauben yon ,vegen Jhesu
Christi, ist es auch notxvendig, das wir dutch
den heiligen Geist erneuert xverden und hie
in diesern leben anfahen, gute werk zu thun,
bi wir irn ktinftigen leben gunz rein und hei-
lig werden?
Von der taufe.
Ob die taufe, so yon Johanne angefangen
und yon Christo bevolen, zu unserrn hell not-
wendig sey?
Ob die tauf nicht allein sey ein eusserlich
zeichen 30 des innerlichen taufs, sonder sey auch
ein rnittelwerkzeug, dardurch wir in Christo
yon dern heiligen Geist viedergeborn und
neuert werden 7
Ob man auch die kinder teufen soll7
Von dem h. abendmal des Herrn Christi.
Ob das brodt und der wein in dern abendmal
des Herrn Christi sey laut seiner wort (Nernet
bin und esset, alas ist rnein leib; nernet bin
und trinket, das ist rnein blur etc.) der recht
und warhaftig leib und blut Christi, werde auch
dutch wein und brodt warhaftig, wesentlich
und gegenwertig auBgetheilet 17
Ob das brodt xverde also in den leib und der
wein in alas blur Christi verwandelt, alas da
wider brodt noch wein, sondern allein die ge-
stalt des brodts und weins bleibe427
Ob tier unwirdig auch den leib und blut Christi
ira nachtrnal ernpfahe 3
Ob man aus dern nachtrnal Christi sol
rneB rnachen darin man den leib und blut
Christi opfer far die sfind der lebendigen nd
todten 4 7
Ob man das brodt und wein for den leib und
blur Christi halten sol, so man dabey kein
verktindigung des todts Christi halter und es
nicht nach der einsetzung Christi der kirchen
austeilet, sondern sperret es in ein sacrament-
38 Vgl. oben S. 98 ff.
39 Vgl. oben S. 111 ff.
40 Vgl. oben S. 125 f.
1 Vgl. Conf. Aug. X. Bek. Schr. S. 62f. --
K1. Katech., Das Sakrarnent des Altars, 1--4.
Bek. Schr. S. 519f., Gr. Katech., Von dem
Sakrarnent des Altars, 8. Bek. Schr. S. 709.
42 Vgl. Schrnalk. Art., Vorn Sakrarnent des Al-
tars, 5. Bek. Schr. S. 452.
Vgl. Schrnalk. Art., ibid. 1. Bek. Schr. S.
450f -- Gr. Katech., Von dern Sakrarnent
des Altars, 5. Bek. Schr. S. 708 f.
Vgl. Conf. Aug. XXIV.21-- 33. Bek. Schr. S.
93f. -- Apol. XXIV,62f. Bek. Schr. S. 367;
auch Apol. XXIV,89 ff. Bek. Schr. S. 373
Schrnalk. Art. Das ander Tell, Der ander
Artikel, 1. Bek. Schr. S. 416.
185
Wolenbfittel
alle sein gescheft und hantierung, sonder auch
sein rede, kleidung und wandel, ja auch alle
seine wort und werk ein ehr und tugend seien,
damit nicht, was er mit einer hand erbaue,
gleich wider mit der andern abreisse under
nicht die kirch, beid, mit strefflichem laster
und ergerlichem exempel, verderbe.
Er soll auch bedenken, das ihme vor allen
andern menschen der spruch Christi zugehSret,
Math. 18 [6]: Welcher ergert dieser geringsten
emen, die an reich gleuben, dem were es besser,
das em mfilenstein an seinen hals gehenket
und erseufet wfirde im meet, da es am tiefsten
ist.
Und der kirchendiener sol auf das vleissigst
die epistolas Pauli ad Timotheum und Titum
lesen, viderlesen und oft repetiren, damit er
draul3 erlerne, wie er sich, beide, in lehr und
leben halten, auch wie sein eigen hauIgesind
sein und er dasselbig regieren sol [1. Tim 3,4].
Das er auch unserer hievor in diesem buch
gedruckten kirchenordnung, die wit haben an-
richten lassen, vleissig nachkommen und sei-
hen superintendenten in ihrem ampt und yon
uns habendem bevelch gehorsam sein, und da
sich was irrung und milverstand zwischen ihm
und andern unsern kirchendienern, amptleuten,
underthanen und zugevandten zutriige, dasselb
an den superintendenten oder unser consisto-
rium gelangen lassen und von ihnen bescheids
erholen. "Vo aber solche irrung dermassen ge-
schaffen, das die vermeltermassen nicht ent-
scheiden, sonder zu recht remittiert miisten
werden, so sol er darumb an 6rtern und enden,
dahin wit ihne volgender freyheit nach 6r-
dentlich bescheiden werden, recht geben und
nemen und sich selbigen ohne weigerlich, ent-
lichen und ohne einige appellation settigen las-
sen, auch von severn kirchenampt ohne unser
vomvissen und willen nicht abtretten
Und dieweil er die zeit seines kirchenampts
und dienstes aller unser lands und btirgerli-
chef freyheiten nicht weniger als unsere under-
thanen theilhaftig ist, so sol er unsern nutzen
ftirdern, auch schaden warnen, wie er denn
solchs alles und jedes zu halten bey hand ge-
gebener treu versprechen und zusagen sol.
Nach verrichtung dieses sol er nach der ord-
nung, dutch D. Luthern 52 gestelt, ordinirt und
alsdann erst, inmassen hernach begriffen, prae-
sentirt werden.
Folget die form der ordination, durch
D. Martinum Luther gestellet.
Erstlich singer man Veni sancte Spiritus 5s
etc trod wird die collect gelesen. Darnach lie-
set der superintendens diese volgende text:
So schreibt S. Paulus in der ersten epistel an
Timotheon am dritten capitel [1--7]:
Das ist je gewislich war, so jemand ein
bischoffsampt begeret, der begeret ein kSstlich
werk. Es sol abet ein bischoff unstrefflich sein
eines weibes man, ntichtern, messig, sittig, gast-
frey, lernhaftig, nicht ein weinseufer, nicht beis-
sig, nicht unehrliche hantierung treiben, sondern
gelinde, nicht haderhaftig, nicht geizig, der sei-
hem eigen hause wol ftirstehet, der gehorsame
kinder habe, mit aller erbarkeit. So abet je-
mand seinem eigenen hause nicht weiB fiirzu-
stehen, wie vird er die gemeine Gottes ver-
sorgen? Nicht ein neuling, auf das er sich
nicht aufblase und dem lesterer ins urtheil
falle. Er muB abet auch ein gut zeugniB haben
von denen, die draussen sind, auf das er nicht
falle dem lesterer in die schmach und stricke.
So ermanet Paulus die eltisten tier gemeine
zu Epheso, Actor. 20 [28--31]:
So habt nun acht auf euch selbst und auf
die ganze herde, unter welche euch der heilige
Geist gesetzt hat zu bischoffen, zu weyden die
gememe Gottes, welche er dutch sein eigen
blur erworben hat. Denn das wei ich, das
nach meinem abschied werden unter euch ko-
men greuliche wSlfe, die der herde nicht ver-
schonen werden. Auch aul3 euch selbs werden
aufstehen menner, die da verkerte lehr reden,
52 Luther, Das deutsche Ordinationsformular.
1535. "VA 38, S. 423 ff. {R). H6fling, S. 137 ff.
53 Wackernagel I, Nr. 160.
188
Wolfenbiittel
der specialsuperintendens aufs ftirderlichst ne-
ben dem amptman selbigen orts, auch einem
genachbaurten pfarrer als gezeugen der hand-
lungen daselbsten erscheinen, denselbigen an-
genommen diener mitbringen.
Und so das yolk in der kirchen versamlet,
anfangs singen: Nun bitten wit den heiligen
Geist 55 etc.
Auf dil gesang der superintendens oder sein
adjunct aufstehen und ein predigt thun vom
ministerio verbi oder sonst yon einem argu-
ment, dahin dienlich, yon were es eingesetzt
sey und xvorzu es nutz etc., trod also alas yolk
entlich zur predigt vermanen Nach der pre-
digt gesungen werden der glaub 56
Unter dem gesang sol der superintendens ftir
den altar tretten, den neuen pfarherr oder
diacon zu sich beruffen und vor ihme zu dem
gebet niderknien lassen, nach vollendetem ge-
sang ein kurze vermanung zu dem volke thun,
darin anzeigen, wie das dieser zu ihrem pfar-
herr oder diacon erwOlt und taugenlich er-
kent, auch 5rdentlich darzu beruffen der hoff-
nung sie vtirden mit ihme versehen sein etc.,
und also das yolk welter zu dem gebet er-
manen, damit der Herr sein gnad und ge-
deyen darzu geben wSlle, und alsdann volgende
gebet mit heller, lauter und verstendlicher
sprach vorbeten etc. un=l sagen:
Last tuns beten.
Allmechtiger, exviger Gott. himlischer Vater,
du hast selbst dem armen menschlichen ge-
schlecht zur wolfart, trost und htilf das hoch-
wirdig predigampt des heiligen evangelii yon
deinem geliebten Son, unsern Herrn Jhesu Chri-
sto, geordnet und eingesetzt, auch darbey zu-
gesagt und versprochen, das welcher gleubt
und getauft wird, selig sein sol. Dieweil uns
aber unserer verderbten natur und stindlichen
fleisches halben beschxverlich und geferlich sein
wil, solchen so theuren und verden schatz wider
den anlauf des tausentlistigen und grimmigen
feindes ohn dein sonderliche htilf und gnedi-
gen beystand unter uns zu bewaren und zu ero
halten, so bitten wir dich herzlichen, du wSllest
uns durch dein grundlose gnad und barmher-
zigkeit in nSten nicht verlassen, sondern mit
deiner gSttlichen hand uber uns halten und
sonderlich uber diesem deinem diener N., wel-
chem jetzund das heilig evangelium zu pre-
digen bevohlen ist, damit solcher dein so heil-
samer, nutzlicher und notxvendiger bevelch bib
gu ende der welt in deiner heiligen christenheit
wieder alle gespenst des bSsen geistes sein
ftirgang hab und wit des himlischen trosts nim-
mermehr beraubt werden, durch Jhesum Chri-
stum, deinen geliebten Son, unsern Herrn, wel-
cher mit dir und dem heiligen Geist lebet und
regieret, gleicher Gott, hochgelobt in ewigkeit.
Amen.
HSret das heilig evangelium, welchs uns be-
schreibt der heilig evangelist Johannes [Joh 20,
21 -- 23]
Der Herr sagt zu seinen jtingern: "Wie reich
mein himlischer Vater gesandt hat, also sende
ich euch auch_ Und als er solchs gesagt hat,
bliel er sie an und sprach: Nemet hin den
heiligen Geist, welchen ihr die stind erlasset,
denen sollen sie erlassen sein, und welchen
ihr die stind behaltet, denen sollen sie behal-
ten sein.
Der superintendens mag auch nachvolgende
epistel nach gelegenheit der zeit und kitchen
umb mehr erirmerung wegen ftirlesen, nemlich
also:
So schreibt S. Paulus in der ersten epistel
an Timotheon am dritten capittel [1
Das ist je gewisslich war. so jemand ein
bischoffampt begeret, der begeret ein kSstlich
werk. Es sol aber ein bischoff unstrefflich
sein, eines weibs man, ntichtern, messig, sit-
rig, gastfrey, lehrhaftig, nicht ein xveinseufer,
nicht beissig, nicht unehrliche hantierung trei-
ben, sonder gelinde, nicht haderhaftig, nicht
geizig, der seinem eignen hause wol ftirstehe,
der gehorsame kinder babe, mit aller erbarkeit,
5. Wackernagel III. Nr. 28. Ev. Kgb. Nr. 99.
190
56 Wackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132.
Wolfenbtittel
behalten rnSgen, so lang sie daselbsten in dien-
sten verharren. XVo sie aber abkornrnen, sollen
sie sich rnit ihren giitern unsers fiirstenthumbs
lands gebrauch nach verhalten
Darneben aber unsere kirchendiener ihrer per-
son halber, als lang sie irn kirchendienst seind,
aller fron, xvacht und dergleichen personlicher
beschwerden und sachen frey sein und bleiben.
Sie sollen auch wun G3, wasser und xveid
und andere gerechtsarne, gleichsarn andern sel-
bigen flecken underthonen, doch rnit des flecken
rnai3 und ordnung zu geniessen und zu ge-
brauchen haben
Und so sich nach schickung des allrnechtigen
ffigte, das bey dern kirchenampt soIcher kirchen-
diener einer mit todt verffihre, weib und kinder
hinder sich liesse, sollen sich unsere arnptleut
und gericht neben dern superlntendenten ihrer
rnit ernst und treuen annehmen, so es die not-
turft erheischte, vorrniinder und pfleger zugleich
andern widwen und weisen selbigen orts verord-
hen, ihren nutzen, wolfart und notturft verhand-
len, pflegen und vervorrniJnden lassen, ihnen
auch in allern anliegen berahten und verholfen
sein
Und zu fernerer nad wSllen wir den xvidxven
und kindern ein halb jar nach ihres ehexvirts
und vatern absterben in der pfarr, predicatur
oder kaplaney behausung den sitz, darzu das
einkornrnen der pfarr gleich als lang dern dato
nach vonder zeit seines absterbens verfolgen
und xverden auch solche weil dutch die ge-
nachbaurten die pfarr, predicatur oder diaconat
versehen.
Darzu ihre knaben, xva dieselben bey der
schul auferzogen und ein solchen profecturn
erlanget, das sie in unser paedagogiurn, kloster-
schulen oder stipendiurn taugenlich und ge-
schickt zugleich und neben unsern underthanen
in unserrn land erbornen kindern gegen gleich-
rnessiger obligation auf und annehrnen, auch
erhalten lassen
XVeil auch zu ffirderung des rninisterii nicht
unzeitlich bedacht wird, wenn die armen pasto-
res verstorben, das ihre nachgelassen widwen
und kinder unter dach sein und eine behausung
haben rnSgen, so xvSllen wir aus gnedigern veter-
lichern willen, damit wir den pastoribus zuge-
than, hiernit befohlen haben, das ein jede stadt
und kirchspiel in unserrn fiJrstenthurnb ein woh-
nung, woes arn gelegensten sein wird, rnit rath
unser arnpten oder des raths in stetten ftirder-
lich sollen bauen, darinnen sollen der pastorn
verlassen wdxven die zeit ibreh lebens die freye
xvohnung haben, auch schatzfrey sitzen und
nicht desto weniger der gerneinen huet tend
veyde, mastung und notttirftiger feurung, wie
andere, zu geniessen haben.
Und sollen unsere arnpten hiernit bevelch ha-
ben, wo sons die leute kein holz zu obberiirter
notturft hetten, aus unsern hSlzern darzu not-
iJrftig holz zu weisen.
Da abet zwo widwen vorhanden sein wtirden,
so sol die junge widwe so lang verziehen, bib
die alte verstorben, und nach ihrern rode die
wohnung auch haben.
Und sollen solche heuser yon den stedten und
pfarleuten in bau und besserung gehalten, tend
wenn keine widxve vorhanden, die wohnung ver-
heuret xverden und der zinB dern bau des hauses
und tier kitchen zurn besten komrnen.
Zudem haben wit allen und jeden bearnpten
rnit ernst bevohlen und auferlegt, unsere kirchen-
diener in allern ihrern anligen getreulichen zu
handhaben und zu der billicheit zu verhelfen,
yon unsertwegen rnit ernst schfitzen und ob
ihnen halten ftir sich selbst und ihrer personen
halben, dieselben an ihren bevohlenen officien
63 Synonym rnit Weide, Fischer, Schwab W6r-
terb. VI 1. S. 954: dazu unten S. 240.
194
Kirchenordnung 1569
sey, und ander rnehr punkten, so der super-
intendens vermSg unser hierin gedruckter schul-
ordnung, auch seiner geschicklicheit nach wol
wird wissen zu fragen.
Item, wie sich auch die deudsche schulrneister
und custos an jedern oft, in der schul, kirchen
trod sonst nach unser ordnung halten.
Von der lands und kastenordnung.
Item, was sich die bearnpten, desgleichen
gericht und rath, auch stadtschreiber rnit be-
suchung der predigt, ernpfahung der sacrament
halten, auch ob sie sonst ihrer person halben
nicht rnit 5ffentlichen lasteren, rnit was laster
und wie sie beschreyet sere.
Ob sie, unsere amptleut ;2, auch jerlich die
landgericht rnit vleiS, desgleichen ob unser
kirchen, lands, kasten ;-% und brtichordnung hal-
ten und sonderlich, ob sie zauberer, segen-
sprecher und denselbigen den zugang, des-
gleichen 5ffentliche gottesschwur, unehrliche
beysitzung, auch unSrdentlich zu und voll-
trinken auf den rathheusern und sonst, ftir-
nemlich under den predigten, gestatten oder
selbs brauchen.
Item, ob die arnptleut und gericht die eltern,
so die predigten seibst versaurnen oder ihre
kinder und haugesinde zurn catechisrno nicht
schicken, vermSg unser ordnung erinnern und
die verechter gebtirlichen straffen.
Item, ob das gottslestern, roll und zutrinken
bey der gerneine zu oder abnehrne.
Item, rnit was vleil und unflei/] die gerneine
die predigt besuchen und sich des Herrn nacht-
mals gebrauchen.
Item, mit was vlei/] die eltern ihre kinder
und hau[3gesind zum catechisrno ziehen und
schicken.
Item, ob personen bey seiner kitchen, die
seine predigt oder des Herrn nachtrnal nicht
besuchen oder sonst verechtlich davon reden
und halten oder auch ihre kinder und hau-
gesind zum catechismo nicht ftirdern oder
zauberey, warsagens, segensprechens, ehebruchs,
unzucht, volsaufens oder anderer uppigen und
ergerlichen laster sich gebrauchen, wet die-
selbige alle mit namen und ihr verhandltmg ver-
zeichnen.
Item, ob auch den arrnen kranken in ihrer
noth und krankheit rnit arzney und anderrn
verrnSge der kastenordnung gepfleget werde.
Item, ob er auch auf der spittal und der-
selbigen verpfriindten und arrnen kinder ver-
mSge unser kastenordnung sein superintendenz
und mit was ordnunge er die habe und visitire.
Item gleicher form sol der superintendens
etliche gutherzige, ehrliebende bey gericht, rath
oder der gerneine ad partern der obgeschriebe-
hen fiirnernsten punkten, den rnagistrat und
senat beIangend, befragen.
Item, ob die kitchen auch in wesentlichen
gebeuen erhalten werden und was daran fiir
rnangel befunden.
Item, ob die kirchendiener die behausungen
in dern schleissenden, als ofen. fenster und der-
gleichen, darzu ihre giiter, garten, acker, wisen
in wesenlichen ehrn. bau und besserung un-
abgengig erhalten.
Item auch sein nachfrag haben, ob ein
kirchendiener sich der arzney, schreiberey, nota-
riatampts oder anderer practick oder sonst
weltlicher ernpter oder wucherlichen contracten
gebrauche
- Der ,,Arntmann", der in dieser KO hiufig
genannt und rnit besonderen Aufgaben in
der Kirche betraut wird, ist nach Martens,
S. 129 ff., hinsichtlich seiner kirchlichen Funk-
tionen Nachfolger des wtirttembergischen Ca-
rnerarius, der ein ausschlieilich kirchlicher
Bearnter war. Aber schon in Wtirtternberg
selbst, nimlich aus der Wiirttemberg. KO yon
1559, die for diesen Teil unserer KO die Vor-
lage bildete, war der Camerarius verschwun-
den Ueber die damit gegebene scharfe Tren-
hung zwischen geistlichen und weltlichen An-
gelegenheiten sowie die rnangelnde Regelung
der Verwaltung der Kirchen- und Pfarrgtiter
vgl. ebenfalls hiartens, S. 131 ff.
72a Vgl. S_ 261 ff.
197
Kirchenordnung 1569
confession, auch was darauf rnit ihme gehan-
delt und er ftir antwort gegeben, alles under-
schiedlich mi*, ihrern rath und gutbedunken
unserrn consistorio schriftlichen berichten und
ferners bescheids gewarten.
Wtirde aber ein kirchendiener in seinern leben
oder rnoribus strafflich erfunden, so sol ihne
der specialsuperintendens erstmal fir sich selbs
seinem beruff nach und urnb christenlicher lieb
und zucht willen zur besserung understehen zu
bringen.
Wo aber hierilber der nicht gebessert, alsdann
denselbigen zurn andern rnahl mit seinern gene-
ralsuperintendenten mit ftiglichen, gebilrlichen,
chritenlichen mitteln ftir die hand nehrnen und
mtiglichs vleii zur besserung richten.
Wo nachmals das auch nicht erschiessen wolt,
alsdann ftir das dritte mahl (oder wo die hand-
lung so thetlich, ersten oder des andern mahls)
sollen die beide superintendenten mit gutem,
lauterm, sattem bericht mit allen umbstenden
solchs alles zu handen unsers consistorii schrift-
lich uberschicken, oder so die sach verzug leiden
mag, in dern conventu der superintendenten for-
bringen und ferner bevelchs gewarten.
Do sich aber zank und zweytracht zwischen
den kirchendienern selbs oder zwischen den
dienern und den arnptleuten oder andern unsern
underthonen zutriige, so sol darin, als wit in un-
ser ordnung hieoben gesetzt, gehandelt werden.
Da es aber frevel, friedbruch oder rnalefitz
weren, alsdann sollen die arnptleut sarnpt den
superintendenten solches unsere kirchenreth
grfindlicb berichten und ferners bescheids ge-
warren.
Wo auch ein specialis in seiner superinten-
denz einen oder rnehr kirchendiener befinden, der
sern eigen affect mit holhippen 72c boldern oder
schrnehen brauchen, darzu auch yon der gernein
parten machen oder sich an ein trunkene rott
henken wfirde, dasselbig alBbald einem jeden
mit ernst undersagen, sich des genzlich zu ent-
halten in bedenkung, das der kirchen solches
mehr ergerlich, dann besserlich ist. Wo abet
iner urnb solche warnung nicht geben, solchs
wie andere sachen der ordnung nach hande]n
und berichgen.
Item, so ein kircbendiener in leibskrankheit
gefallen oder in ein solch hoch alger gerahten
were, das er selber sein arnpt bey der kitchen
nicht verrichten rnScht, sol der superingendens
diese verordnung thun, das mit den negsten
rninistris die kirchen, wie deshalb hievor auch
ein artickel unler der kirchendiener freyheiten
begriffen, versehen werde Dargegen sol ein
solcher kranker oder alter dernselben, so ihne
also in kirchendiensten versicht, ein zirnblich
honorarium nach gelegenheit der sachen und
tier superintendenten, auch eines andern negsten
kirchendieners, so er superintendens zu sich
ziehen sol, erkantnuf geben.
Item, so ein kirchendiener mit todt abgieng,
sol alsbald der generalis oder specialis super-
intendens das consistorium berichten, auf was
tag er gestorben und darneben alsbald die fiir-
sehung thun, das eines jeden abgestorbenen
kirchendieners xvidve und kinder zu gut die
kirch ein halb jar lang rnit den nechsten nach-
barn versehen werde
Itern. so oft und dick ein neuer diener in
eines jeden superintendenten gezirk verordnet
wird, sol er superintendens sich rnit solchern
allerdings halgen, wie hieroben deshalb unser
ordnung auBweiset.
Item, wo ein kirchendiener seiner pfarr ein-
komrnen nicht 5rdentlich gereicht oder andere
unrichtigkeit dem kirchendiener begegnet, als-
dann sol superintendens rnit den arnptleuten
daraus reden und bey ihnen g0tliche billicheit
erhalten. Wo aber der amptman des zweifelich
zu thun sein wolt, so sollen er superintendens
die mengel underschiedlich zu unsern kirchen-
rethen berichten und daselbst bescheids ge-
wertig sein.
c schmihen; Fischer, Schwib. Wfrterb III,
S. 1770.
199
Wolfenblittel
Alles, was kirchendiener, schulmeister, gemein
oder privatpersonen in kirchensachen zu klagen
haben, das sollen sie zuvor bey den super-
intendenten, dem speciali und generali, an-
bringen. Wann ihnen abet yon denen nicht
m6cht geholfen werden, so m6gen sie ihr an-
liegen in ein supplication stellen, welche die
superintendenten, so viel der kirchendiener lehr
und leben betrifft, so viel abet die politica
belangt, als besoldung, bau etc., die beampten
underschreiben sollen. Damit auch unsere kir-
chenreth grtindlichen bericht m6gen haben, auch
die kirchendiener nicht lang umbgetrieben oder
aufgezogen verden, so sollen sie solche bericht
mitsampt der supplication ubergeben
Es sollen auch die superintendenten die
kirchendiener warnen, das sie ohne solchen
proceB, ftir sich selbs und ohne underschreiben
nicht ftirkomen und unsere kirchenrehte un-
bemtihet iassen wOllen, sonst werden sie wie-
der hinder sich gewiesen oder. wo sie ihnen
nicht wehren wolten lassen, ihr gebtirend straff
empfahen
Der generalsuperintendenten officium.
Erstliehs sol jeder generalis auf seine speeial-
superint, endenten mit vleissigem ernst sehen,
damit jeder seinem beveleh und ampt der in-
struction naeh mit vleiB naehkome und hier-
innen niemands versehonet verde.
Item, vann und so oft einem generalsuper-
intendenten yon seinen speeialn iehts, so ihnen
besehwerlieh zu verriehten, ffirgebraeht oder
raths begeret wird, so sol er ihnen, den spe-
eialn, berahten und beholfen sein. aueh mit
mfigliehstem und bestem vleiB alle streitige
saehen und unriehtigkeit, aueh tmordnung an
lehr und leben zu guter besserung, ruhe und
fried leben, und va yon n6tn, mit der ampt-
leut hfilf bringen.
Was abet beschwerliehs und straffbars, solehs
in eonventu unsers consistorii, so sie besehreiben
werden, anbringen Wo abet die saehen der-
massen geschaffen, das sie nicht verzug leiden
m6chten, alsbald mit gutem, sattem, wahrem
grund und allen umbstenden, auch, so die sachen
vichtig, dasselbig zu gedachtem unserm kirchen-
rath mit ihrem rath und gutbedtinken berichten.
Es sol auch ein jeder generalsuperintendens
yon seinen specialn ihr jedes visitation vor dem
convent schriftlich erfordern und alsdann der-
selben particularia, neben ihr der general auszug
in conventum bringen, damit man die particu-
laria in der consultation zu schleuniger auB-
richtung, zu mehrerm bericht bey der hand
haben m6ge etc.
Und nachdem auch in unser kirchenordnung
versehen, vann ein kirchendiener das abendmal
Christi halten wil, die kirch zu vermanen, das
ein jeder, der des Herren nachtmal Christi
zu empfahen gedenket, sich zuvor am abend
anzeige etc. 73, wo nun solche ermanung yon
unsern kirchendienern nicht allwegen gebraucht,
noch minder eins thefts die pfarkinder unser
kirchenordnung gemeB zuvor exploriert und
ermanet werden, darauB volget, das die unbu-
fertige, so in ergerniB leben und mit groben
lastern beschxveret und darinnen beharren,
gleich den buBfertigen zu des Herrn abendmal
gelassen, velches beschwerlich, auch hierdurch
die privatabsolution versaumbt und verachtet
wird, so doch die zu ihrem gebitrlichen
gebrauch bleiben sol, demnach verordnen und
w611en wit ganz ernstlich, das yon unsern
generalsuperintendenten den specialibus bevoh-
len werde, den pfarrern und diacon ihrer super-
intendenz aufzulegen, sich des orts unser
kirchenordnung allerdings mit dieser ferer3a
unser erklerung gemeB zu halten und sonder-
lich, wann ihrer ein oder mehr des Herrn
nachtmal halten wil, so sol er das am Sontag
daftir nach geendigter predigt der kitchen also
verktinden, velcher das begern wolte, der solte
sich davor in der wochen bey ihme pfarherr
privatim anzeigen, damit er yon jedem dannoch
zuvor rationem suae fidei haben und ein jeder
;a Vgl. S. 142.
73a ferner.
2OO
Wol fenbfittel
General
Helmstedt stadt
Special
SchSningen
K6nigslutter
P fatten
] Stadt und gerichte
helm
Warberg
I Jerxem s8
Hessem 89
Summa 22 pfarrer.
Gericht
Langeleben
Stipplinburg 9o cumpterey
Marienthal kloster 90a -
CalvSrde
VSrsfelde 91 im Werder zur Wulffesburg
NeuhauB
Bardorff
Summa 17 pfarrer.
8
1
4
7
2
6
1
2
2
1
1
1
3
Bokenem stadt
I Nette
I Nidern Freden
I O1Bburg
Woldenberg
Bmder/Walmode
Heine
Summa 21 pfarrer.
Liechtenberg
Stein -krug
Summa 27 pfarrer.
19
1
1
21
6
Sesen
j Stadt und gerichte
Westerhove 93
I Bylderla -
Summa 18 pfarrer.
10
6
2
Ganderfiheim
Saltzgitter oder
Liebenhalle
Alhusen
I Liebenburg 18
t Lutter am Barenberg 2
Summa 20 pfarrer
I Stauffenburg 5
I Im Grunde95 1
I Wildeman 1
I Zellerfeldt 1
Summa 8 pfarrer.
Grena 92 EingehSrende pfarr und filiae 6
88 Jerxheim -- 89 Hessen. -- 9o Sfipplingenburg. 91 Vorsfelde. -- 92 Greene. -- 93 Westerhof.
90a Zisterzienserkloster, gegr. vor 1146. 9 Bilderlahe _ 95 Bad Grund,
204
Ceeral
Alvelde stadt
Kirchenordnung 1569
Halle
Holtzminde
Special
Pfarren
I Herschaft Horaburgk und aller
dSrfer, darinne belegen
J Start Oldendorff
Keranade kloster 96
Ottenstein
Suraraa 16 platter.
junkern
12
1
1
2
I Start 1
} Eberstein 5
[ Ftirstenberg 3
Summa 9 pfarrer.
Ditrichholtensen
Das arapt Wintzenburg mit einligenden jtmkern-
dSrfern der von WriJ3berg 97, Bauscheplaten und
Steinberge.
Sibbessen-Peze 3
Nidder btirde 5
Die go t';a ftir Alveldt _ 4
Summa 12 pfarrer
Lambspringk I Hasickenheuser btirde oder pflege .
fleck trod jungfrauen- Gelenbtirgische btirde .
kloster 9 b I Bodenburg
I Saltz Detferdt 98
Surama 17 pfarrer
Censur oder discip|in der kirchen.
Und aLs wit aueh yon Gott unser bevohlen
ampt, oberkeit und regierung durch die gnad des
allmechtigen je gerne unsers besten raSglichsten
vleil3 dahin richten wolten, das allerley stind,
laster, ubelthaten und ergernuJ3, so viel bey
dera verderbten raenschlichen geschlecht hie auf
erden raSglich, verhfitet und vermitten werde
und denselben ffirzukoraen oder zu wehren, icht
allein die weltlich, sonder auch die kirchen-
straff aus g6ttlicher verordnung und stiftung
gegen den ergerlichen stindern und raiJ3handlern
zu gebrauchen trod zu verrichten bevohlen ist,
derrmach und ira fall die straff der ergerlichen
5ffentlichen laster, yon derxvegen der zorn
Gottes uber das menschlich geschlecht kSmpt,
unserer verordneten lands und andern ord-
nungen nach nicht verfahen und daraul3 rechte
christliche besserung volgen wolte, so sol ira
pfarr und predigarapt verra6g der ordnung und
bevelch unsers einigen heilands Jhesu Christi,
Matt. 18 [15--18], gehandlet.
96 967 gegr. Frauenkloster, ira 16. Jh. vom Hause
Braunschweig u. der Abtei Corvey umstritten;
vgl. Hoogeweg, Verzeichnis d Stirrer und
KlSster Niedersachsens, 1908, S. 74 f.
sT Auch ,,v. Wriesberg", aires niederschs. Adels-
geschlecht, das schon ira 11. Jhdt. ein Burg-
lehen auf dem Hause Winzenburg nebst an-
deren Gtitern empfangen haben soil, vgl.
Gauhe, Adelslexikon I, 1740, S. 2961.
97a Gau (Gerichtssprengel).
9;b Kanonissenstift, vor 847 gegr.; vgl. Hooge-
weg, . a. O. S. 76 f.
98 Salzdetfurth.
205
Wolfenbiittel
das pfarrvolk nicht bey derselben begrebnul
sein, sonder flame, als ein abgeschnitten glied
yon der heiligen christlichen kirchen, vergraben
lassen.
Es sollen auch die pfarhern mit allem vleifi
flar pfarvolk zu seiner gelegenen zeit under-
richten, alas die 5rdentlich excommunication
ketnswegs zu verachten, sonder svie die com-
munion und gemeinschaft der heiligen, christ-
lichen kirchen sey ein gemeinschaft aller gStt-
lichen, himlischen gtiter, also sey auch die
5rdentliche und rechtmessige excommunication
ein beraubung alles zeitlichen und ewigen hells.
Jedoch, da die milhandlung so lesterlich und
ergerlich, alas die straff nicht wol one merk-
lichen nachtei! und ergernil der kirchen ver-
zogen und obgelauter massen nacheinander
handelt werden mScht, so sol ohne vorgehende
ermanung der pfarher des orts, da die ergerliche
person gesessen, solches seinem verordenten
special und derselb volgends dem generalsuper-
intendenten mit guten umbstenden berichten,
damit es 'ermSge unser superintendenzordnurtg
fritter ohne verzug an unsern kirchenrath ge-
langet und bescheid erholt mSge werden
Vom synodo.
Wie und wann ein gemeiner conventus des
consistorii bey unser kanzley der superin-
tendenz halben gehalten soil werden.
Auf dos nu unserer specialsuperintendenten
visitationes 1.hre 6rdentliche und wirkliche ver-
richtung, auch darauf gebiirende execution so
viel ernstlicher erlangen m6gen, so ordnen und
w611en wit des jahrs zweymal zu Wulffenbiittel
derwegen ein conventus gehalten, zu solchem
dann die fiinf generales superintendentes mit
flarer superintendenz, ungefehrlich nach Geor-
gii e und Crucis 3, beschrieben sollen verden,
welche neben und mit unserm obersten super-
intendenten unserer kirchensachen in unser
kanzley auf die verordente und benante stunden
morgends und nachmittag erscheinen und da-
selbst sampt unsern statthalter, den sonders
hierzu verordenten kirchenrehten, auch andern
hierzu verordenten theologen, die sachen fOr
die hand nehmen, verrichn und anfenglichs
bemelte unsere statthalter und, beides, yon poli-
tischen personen und theologen verordente
kirchenrethe bertirte ftinf generalsuperintenden-
ten und deren jeden insonderheit nacheinander
aller feel und mangel, so ihnen yon den specialn
angebracht, ftirnemlich abet jeder irrigen, ver-
forischen lehren, so den heiligen prophetischen
und apostolischen schriften, auch daher ge-
zogener augiptirgischer confession und unser
kirchenordnung einverleibter declaration zuwie-
der, volgends auch und daneben der groben
laster, so sie nicht allein der kitchen, schulen
und derselbigen diener, sondern auch anderer
personen halber ftirbringen werden, anhren,
die alle alsdann samptlich darin ihrem besten
verstand, christlicher lehr, zucht, erbarkeit und
billigkeit gemeI votiren und bedenken, -ie sol-
chen mengeln allen und jeden begegnet und-
dieselben vermge predigampts, auch unser lands
und andern ordnungen abgeleinet3a und ge-
strafft mgen werden.
Hieneben bevehlen wit ernstlich, vas also im
consistorio forgebracht, berathschlaget, bedacht
und bewegen wirdet, das solches alles im rath
und geheim verschwigen gehalten und yon
keiner person erffnet, sondern die publication
allein im namen des consistorii und nicht pri-
vatim, vie gehSrt, beschehen.
Soviel abet unserer kirchendiener feel, mangel
und straffwirdige exceI belanget, da xvllen
wit, xvas ihrenthalben uber die hievor in unser
visitationordnung gesetzte ,varnung oder auch
yon wegen derselben wichtigkeit den conventi-
bus forgebracht und angezeigt, das dargegen
23. April.
Als zweiter Terrain der Zusammenktinfte ist
hier xvohl die Zeit nach dem Tag der Kreuz-
erhShung am 14. September gemeint.
3a --- abgestellt, beseitigt; vgl. H. Fischer, Schwti-
bisch. WSrterb. I, 1904, S. 42 f.
208
Woltenbfittel
liegenden gtiter angelegt und unsere statthalter,
kanzler und kirchenrethe bey ihren pflichten,
damit sie uns zugethan, ernstlichen darob hal-
ten, sich fleissig erinnern und bedenken sollen,
wofer diese gtiter und einkommen mit nachteil
der kirchen, auch mangel der ministrorum, schu-
len, studien und ander piarum causarura, der
kitchen anhengig, anderst dann zu underhaltung,
nutz und noturft derselbigen schulen und kir-
chert, demnach sie einmahl Gott dem Herrn
ergeben, angexvend werden wolten, das der
ernstliche zorn Gottes dardurch erwecket und
zu besorgen, derselb nicht an solchen kirchen-
gtitern und gefellen als einem zeitlichen und ge-
ringsten allein angehen, sondern zu noch mehrer
straff mit verlierung seines g6ttlichen worts und
segens sich gewillichen erstrecken wtirde, dann
wir hiervon zu unserm privat und sondern
nutz das weinigst nicht anzuwenden, sonder
zu erhaltung obgehSrter kirchensachen genzlich
kommen und gebrauchen zu lassen gedenken.
Vor und obgemelte angenommene und ver-
ordente personen zu einziehung der prebenden,
kaplaneyen, vicariaten, pfrfinden und andern
geist]ichen gefell und einkommen sollen als-
dann den kirchendienen und schulmeistern ihre
geordente competenzen one feelen, mangel oder
klag. wie ihnen die bestimpt, reichen, auch
andere besoldungen, aulgaben mit den gebeuen
und sonsten in alweg, als vorlaut, ihrem stat, den
wir ihnen zustellen lassen, nach verrichten und
deshalb vor unsern kirchenrethen jerlichen ur-
kundliche und aufgerichte rechnung darumb thun
uf das sich auch jemanden, besonder die-
jennigen, velchen die collaturen etlicher pfarren
und pfrfinden in unserm ffirstenthumb zuge-
h6ren, diser unser ordnung und ffirnemens nicht
zu beklagen oder zu gedenken, das solcher pfar-
ren, frtimel und kaplaneyen gtiter und gefell,
unser hievor gesetzter ordnung und meinung
entgegen, darvon alieniert, so w611en wir dem-
nach den gerichten unserer stedt und flecken
copeyen der hiertiber beschehener erneurungen
zustellen lassen, die sollen dieselben bey handen
haben und behalten, auch jederzeit selbs darob
und an sein und hierinnen ihr gut aufmerkens
haben, wa ichtigs davon abgel66t oder sonst
bewegender ursachen halben alieniert, das
solchs unverlengt, der pfarr und pfrfind zu
gutem, wider angelegt und verwendt werde.
Mit den heuptbriefen, so darfiber vorhanden,
sol es gehalten werden, inmassen von alter her-
kommen gebraucht und gefibt worden.
Verordnun des kirchenraths oder
consistorii bey unser kanzley, auch expe-
dition desselbien.
Als wit in unsern vorgehenden ordnungen
oftermalen yon unsern kirchenrethen meldung
gethan, ihnen auch mit ernst auferlegt haben,
ob denselben zu halten und wo feel und mangel
erscheinen wolten, dieselbige vermSge der orfl-
hung zu wenden, ffirnenlich abet die bestellung
der ministerien und schulen, auf das darinnen
6rdentlich, richtig gehandelt und taugenliche,
gelerte und gottsffirchtige kirchendiener gebfir-
lichen vociert und mit gottseliger erbauung
der kitchen zu den kirchendiensten geordnet
werden, eingebunden und injungiert haben, dem-
nach und damit hieran auch nicht mangel er-
scheine, so w611en und verordnen wit, das zu-
forderst in solchem unserm kirchenrath oder
consistorio unser stathalter, kanzler und ober-
ster superintendens zu \Vulffenbfittel, so jeder-
zeit sein werden, die oberste superintendenz und
inspection haben und neben tier andern ihrer
6rdentlichen inspection verholfen sein, die ord-
nungen, auch expedition helfen handhaben.
Zu und neben denen sollen bey unserm
kirchenrath auch etliche theologen {so wit ]eder-
zeit bestimmen) gebraucht werden, welcher ge-
scheften sein sollen, inmassen hernacher volget
und begriffen ist.
Desgleichen und auf das alle sachen desto
mit mehrerm ernst und stattlicher verricht, so
v611en wit. warm politische sachen, tier kirchen
anhengig, ftirfallen wtirden, sollen dieselbige
auch vor unsern politischen kanzleyrethen be-
rathschlagt und verricbtet xverden.
Zu notwendiger expedition tier kirchen-
gescheften sol auch ein vleissiger, geschickter
secretarius gehalten werden.
210
Wolfenbiittel
sen, sondern neben und mit den andern consi-
storialibus gleiche authoritet, gewalt und be-
velch haben und die ffirsorg tragen, damit von
den kirchen nichts abalieniert und jederzeit die
kirchendiener mit gebfirlicher underhaltung nach
eines jeden gaben und geschicklicheit versehen
werden.
Es sollen auch unsere consistoriales und ver-
ordente kirchenrethe keine sachen auf die lange
bank hinlegen lassen, sonder genzlichen darob
und an sein, damit in allen handlungen unsern
ordinationibus stracks und one milterung, es
weren dann ehehafte ursachen entgegen, gelebet
und nachgesetzt werde.
Und was also in allxvege verhandelt und be-
schlossen, darob sein, das im namen des consi-
storii gefertiget und exequiert werde.
Es sollen auch unsere kirchenrethe unsereI
stiften, jungfrauenklSster, pfarren, predicatu-
ren, kaplaneyen, darneben auch aller und jeder
in unser oberkeit prebenden, kaplaneyen, frfi-
mefi, pfrfinden und dergleichen sampt deren zu-
gehSrigen oberkeiten, herrligkeiten, lehnschaf-
ten, rechten, gerechtsame, gtiter, zinfi, gtilten a,
gefell, nutzbarkeiten, einkommen, auch deren
anhangende jura handhaben, verthedingen und
mit ganzem ernst daran sein, damit demselben
nichts entzogen oder anderstwohin, dann ver-
m6g vorgehender unser verordnung, angewendt
und hingelassen werde.
Desgleichen wSllen .nd bevehlen wir auch
ernstlich, das unser consistorium sein gut auf-
sehens auf unsere roans und jungfrauenklSster
und derselben angerichte schulen und haus-
halten haben, damit 5rdentlich und wol den
klSstern zu gutem gehauset, nichts unntitzlich
und uberflfissig verschwent, alieniert oder die
kloster weder mit ubermessiger gastung, noch
in andere weg beschwert, ffirnemlich aber, das
die schulen und klSster schulordnung nach im
gang erhalten, die praeceptores mit den knaben
vleifi ffirwenden und in allweg pietas und studia
geftirdert werden.
So auch unsern prelaten und klSster an haben-
der oberkeiten, herrligkeiten, giitern, zinsen, gill-
ten und gefelle eintrag oder beschwernut be-
gegnen und zugeftiget werden wolt, von were es
gleich geschehe, sollen unsere kirchenrethe in
unserm namen ihnen die hand bieten, wieder
solches verholfen und beystendig sein, schirmen
und handhaben und ihnen in allem ihrem an-
liegen rathlich und hfilflich sein.
Gleicherxveifi auf under stipendiatenpedago-
glum, alle particular und deudsche schulen,
und was dergleichen mehr in unsern ordnungen
begriffen, acht haben, auf das in solchen rich-
tiglich gehauset und gehandelt, und was unsern
ordi_ationibus entgegen sich ereugen wolt, das-
selb beyzeiten und mit nutzen abschaffen.
Also auch ob unser kasten und weisenord-
hung halten.
Derwegen darob und an sein, auf das jer-
lichen die bedachte synodi und angestelte visi-
tationes one hindernufi geh_alten und was
mangel befunden, dieselben gebessert werden.
\Va auch unsern pfarrern und kirchendienern
an ihren pfarrgfitern eintreg oder verhinderung
geschehen wSlte, so ist auch unser bevelch, so
oft daran mangel erscheinte, das unsere kirchen-
rethe dieselben abschaffen und verffigen wSllen,
dam,.t ihnen kirchendienern dieselbe ohne klag
gedeyen mSge.
Do aber durch schickung des allmechtigen
einer unser kirchendiener krankheit oder ande-
rer zufallender beschwerungen in armut ge-
rathen oder widwen und weisen in armut ver-
lassen oder einem ein aufzug gegeben werden
mtiste, sol dergleichen personen jederzeit der
gebfir nach hfilf und steur widerfahren
Unser consistorium sol auch jederzeit ver-
ordnung thun, damit die pfarr und pfrfindheuser
der noturft nach in wesenlichen beuen gehalten,
und so yon nSten, grund und heuptbeu zu thun,
dieselben auf vorgehende berathschlagung der
verstendigen werkleut der gelegenheit nach
volnffihren lassen. Do aber dieselben gebeu
?a Abgaben.
212
Kirchenordnung 1569
an schleissenden oder heuptgebeuen andere
schfildig weren, gleichfals bey denselben ver-
schaffen.
Ferners auch der geistlichen verwaltern, des-
gleichen aller unserer roans und jungfrauen-
klbster rechnungen gebfirender und rechter zeit
mit bestem vleiB, nemlich auf Georgii s anzu-
fahen, hbren und damit keinswegs verziehen,
und darin gutt aufsehens haben, das dieselben
urkfindlich und 5rdcntlich gestelt verden.
Was ftir feel, mangel, unordnung, abgang in
der einnam oder uberflul in auggaben darin be-
funden, dieselben aufzeichnen, mit nichten pas-
sieren lassen, sonder den recessen, damit die-
selbigen gerechtfertiget und emendiert, an-
henken, darauf in volgep.dcr rechnung oder zu
der in recessen bestimpter zeit vermerken, ob
die also mit besserer verrichtung abgestelt oder
nicht, und hierinnen nach gclegenheit der
sachen die gebfir furnemen.
Und ob zu zeiten anderer unserer ftirfallender
gescheften halber sich zutrfige, das der vcr-
ordenten einer nicht bey den ordinari teg-
lichen gescheften oder rechnungen entgegen sein
kbnte, so sollen die andern, so entgegen, nicht
desto weniger rnit dem secretario in den ge-
meinen expeditionibus ftirschreiten. Fiele ihnen
abet ichtigs zweifenliches und beschwerliches
darunder ftir, dasselbig 5rdentlich aufzeichnen,
alsdann zu ankunft des abwesenden mit ihrne
auch bedenken, erwegen und handlen, wie sich
gebtirt.
Es sol auch unser consistorium die ftrsehung
anstellen, das durch einen oder etliche der
zugegebenen politischen rethen bey unsern
mansklbstern, auch der verwaltern der vaciren-
den kaplaneyen etc., so zu underhaltung der
stipendiaten, jerlichen visitationibus und andern
nothwendigen kirchensachen verordnet, jerliche
rechnungen gehSret, auch derwegen augzug der-
selben gemacht, die feel und mangel signiert,
volgends solches alles yon dem consistorio not-
wendiglich erwegen und die gebrechen abgestelt
und gebessert werden.
Neben dem soil auch unser consistorium, was
jeder kirchen einkommen und wohin solches
verwendet, auch armenkastenrechnungen (wel-
che dann alle jerlichen ihnen uberschicket wer-
den sollen} mit vleiB ersehen bewegen und
alle unordnung, abgang und uberflul abschaffen
und wenden.
Wo ferne dann einige sache an uns zu brin-
gen, das sol lnit ihrern bedenken geschehen,
wbllen wit ihnen jederzeit ftirderlichen bescheid
wiederfahren lassen und in der execution ver-
helfen
So nun under diesem pennige Sa sachen fur-
fielen, die unsere geistliche verwaltung, roans
und jungfrauenklSster, auch derselben oberkeit,
herligkeit, ehehaftlnen 'b, recht, gerechtsame,
tcr, zinB und gult und was denselben anhangen
mScht, belangen und derentwegen sonderer be-
wegender ursachen und von mehrern berichts
und gegenberichts wegen einer zusammenkunft
und veragung von nSten, da wbllen wir, das
dieselbigen ftr unser k2nzle.v vertagt und da-
selbsten in beysein etlicher yon dem consistorio
verhSrt und auggeftiret wer=len
Von dem secretario des kirchenraths.
Der seeretarius unsers kirehenr{hs soil yon
den ordinari in gemeiner unser kanzleyordnung
assignierten stunden zugegen sein, aueh den
geseheften augwarten
Und dann im rath alle supplieationes, bericht
und ffirkomrnende sehriften lesen, die vota
vleissig vermerken und auf entlichen besehluB
des eonsistorii die decreta der ordnung naeh
signieren.
Was aueh ffir eoneepta zu maehen, selbst
eoneipiern, dieselben naehgends im rath wider
ablesen und auf die approbation vleissig daran
sein, darnit solche ingrossiert, andere decreta
gefertiget und was sonsten zu schreiben, nicht
s 23. April.
a = strittige.
b = Privilegien. Gerechtigkeitan; vgl. H. Fischev
Schvib. WSrterb. II, 1908, S. 545 ff.
213
Wolfenbiittel
eingestelt, darzu die supplicanten damit ab-
gefertigt und die bevelch weggeschickt und
nichts eingestelt werde.
Der secretarius sol auch aIle schriften, acta
und handlungen 5rdentlichen registrieren und
jedesmals an _hre gebfirende 5rter verwaren
und legen.
Auch keine schriften, gescheften, bficher, ord-
nungen, neuerungen, instructionen oder andere
ehehafte sachen jemanden frembden, dem solchs
nicht gebfirt oder zustfinde, ausser seiner hand
ohne der consistorialium vorwissen und er-
lauben zu stellen, zu lesen oder abzuschreiben
vergfinnen, damit die geheimnussen one ge-
offenbart gehalten, auch der kirchen verrichtung
dest weniger unrichtigkeit daraul3 ervolge.
Ordnung in eesachen.
Als wir auch befunden, das die notturft er-
fordern xvil, in den ehe, als hochxvichtigen
sachen, auch Gott dem allmechtigen zu lob
und preiB, desgleichen zu ffirderung des ge-
meinen nutzes, christliche, rechtmessige und
billiche versehung zu thun, damit der heilig, yon
Gott dem Herrn selbs eingesetzter ehestand,
soviel mfiglich und an uns ist, christlichen, auch
wie sich gebfiret, angefangen und erhalten.
auch darzu allerley ungSttlichem und unerbarm
wesen gevehret werde, so haben xvir in be-
trachtung solches alles nachvolgende ordnung
in ehesachen ffirgenommen.
Von heimlicher unSrdentlicher eheverpflich-
tung der kinder, one vorwissen und willen
der eltern oder vormfindern.
Es ist menniglich christli_hs und sonst erbars
verstands kund und offenbar, das die ehr-
empietung und gehorsam der kinder gegen ihren
eltern anfenglich menschlicher natur als ein
natfirlich, ewig und unvandelbar recht einge-
billet und hernach in das g6ttlich wort, auch
andere rechtgeschaffene schriften auBtrucklich
verfasset und verkfindiget.
Und darzu auch unverborgen, das beide,
Moses [Vgl. z. B. Gen 24: Gen 29, 16 ff.] und
keyserliche recht 9, die bemelte ehrempietung
und gehorsame nicht allein auf die eusserlich,
heuBliche kinderzucht, sondern auch auf das ehe-
lich verheyraten verstehen, deuten und auJ3-
legen
Es befindet sich auch aus teglicher erfarung,
das der allmechtig den ungehorsamb der kinder
gegen ihren eltern, bevorab so die kinder sich
ohne vorwissen und willen ihrer eltern muthwil-
liglich verheyraten, mit al!erley beschwerlichen,
verderblichem unglfick und plagen heimgesucht.
Itierauf dieweil aus gbttlicher ordnung und
in kraft keyserlicher geschriebener recht, auch
natfirlicher erbar und billicheit, darzu schfildiger
dankbarkeit nach die kinder ihren eltern ge-
horsam sein und ffirnemlich auch mit ihrem
rath, vorvissen und xvillen verehelichet werden
sollen, so ist in betrachtung jetzund angeregter
und anderer mehr erbarer und christenlicher
uns darzu bewegenden ursachen unser meinung,
ordnung und ernstlicher bevelch, das furthin nie-
mand, so noch under veterlichem gewalt ist,
sich ohne rath. vorwissen und willen seiner
eltern ehlich verpflichten sol.
Im fall abet. das ein kind, so noch im veter-
lichem gewalt, ohne bewilligung seiner eltern
sich wfirde ehelich verpflichten, all3dann sollen
dieselben personen im fall, wo die eltern darin
nicht gehellen 9a wolten, von unsern pfarherrn
in der kirchen nicht aul3gerufft noch eingeseg-
net, sondern ffir unser consistorium, hierin
6rdentlichen, rechtmessigen bescheid und er-
kantnul3 zu erholen, gewiesen werden.
Corp. iur. civ. Instit. I, 10: Ausg. v. Th. Momm-
sen, P. Krtiger, R. Schoell. 15. Ed. 1928, Vol.
I. S. 4. -- Pandect. XXIII.I.10; XXIII,2,2; ibid.
214
S. 330. -- Cod. Just. V,4,20; dies. Ausgabe, 9.
Ed. 1915, Vol. II, S. 196.
9a einwilligen.
Wolfenbfittl
kirchgang gestrafft werden, nemlich die mans-
person acht tag in turn an bodem mit vasser
und brodt und die frau vier tag in ein frauen-
gefengnul gelegt verden und darzu ihnen bei-
den spiel offer gest auf der hochzeit zu haben
oder ihr ein krenzlein zum kirchgang zu tragen,
verbotten sein.
So aber die ehe nicht bekant oder sonst be-
vtsen wfirde, sonder allein das beschlaffen, als-
dann sol die klagende person dem antwurterb
in kosten und schaden f211ig erkennt und darzu
der man vierzehen tag im turn am bodem mit
xvasser und brodt und die frau acht tag in
ein frauengefengnul gestraftt werden.
Von der blutfreundschaft und schweRerschaft.
Nachdem es sich ein zeit lang je lenger je
mehr zugetragen, das ctliche unverschempte
personen, ungeachtet, dassie mit blutfreund-
schaft oder schwegerschaft einander dermassen
verwant, das sie g6tlicher, auch natfirlicher
zucht und erbarket oder sonst rechtmessiger
satzungen halben keine rechte, 6rdentliche und
g6ttliche ehe miteinandcr besitzen m6gen, sich
ehelich zusamen zu verpflichten understanden.
xvelchs dann vor Gott greulich und abscheulich.
auch daraul viel ergernuf und sonst allerhand
unrath ervolget, so ist deahalben unser ernst-
licher will. meinung und bevelch, velchen per-
sonen das g6ttlich, natfirlich gesetz [Lev 18,
6--18]. auch keyserliche geschriebene recht yon
xvegen der blutfreundschaft und schwegerschaft
die ehe verbieten, das dieselben keinswegs bey
vermeidung der ernstlichen straff, so derhalben
die gemeine geschriebene recht dem ubertretter
auferlegen 10, sich zusammen ehelich zu ver-
pflichten understehen sollen.
Und die,veil in der eheverlobung nicht allein,
vas frey gelassen, sonder auch xvas gebtirlich
und ein wolstand ist, angesehen werden sol,
so ist ferner in betrachtung vielerley uns darzu
bewegenden ursachen unsere meinung und be-
velch, das hinfurt alle die personen, so im
andern und dritten grad der blutvervandtnul,
als geschvesterigte kinder und kindskinder, des-
gleichen auch der schvegerschaft (inmassen
solche gradus hernacher 6rdentlich gesetzt) bey
vermeidung unser schweren ungnad und ernst-
lichen straff, sich keinswegs miteinander ehe-
lich verloben oder noch weniger bey einander
schlaffen sollen.
Wo aber jemands unserer underthanen sich
hierinnen ungehorsamlich halten wfirde, als-
dann sollen dieselben partheyen yon unsern
pfarrhern nicht verktindiget noch eingesegnet,
sonder ffir unser consistorium, einen gebfirlichen
bescheid zu erholen, gexviesen xverden, und so
yon den partheyen obgeh6rter gestalt 6ffent-
lich und wissentlich wider die natfirliche er-
barkeit und rechtmessige satzungen gehandelt
worden were, w611en wir uns hiemit dieselben
personen ganz ernstlich nach gestalt der sachen
zu straffen vorbehalten haben
Keinem sol auch zugelassen werden, sein an-
genommen, adoptiert kind, noch auch das in
seiner verpflegung oder vervogtung ist, ihme
selbst oder sein, des pflegers oder vormfinders,
son oder tochter anderst, dann die recht zu-
lassen, bey unser ungnad und straff zu ver-
ehelichen
:'b Beklagter; Fischer, Schwtib. W6rterb. I, 281.
0 Das r6m. Recht sah im Falle einer blutschtin-
derischen Ehe als Bestrafung Confiscation des
Heiratsgutes und des fibrigen Verm6gens.
Amtsverlust und Verbannung vor, bei Leu-
ten niederen Standes auch k6rperliche Zfich-
tigung, vgl. Corp. iur. cir. Nov. XII,1; 5. Ed.
1928. Vol. II[, S. 95 f.
Vgl. Corp. iur. civ. Inst. [,10,1 f.; \rol. [. S. 4:
,,itaque earn, quae tibi per adoptionem filia
aut neptis esse coeperit, non poteris uxorem
ducere, quamvis earn emancipaveris. 2. Inter
216
eas quoque personas, quae ex transverso
gradu cognationis iunguntur, est quaedam
similis observatio, sed non tanta, sane enim
inter fratrem sororemque nuptiae prohibita
sunt ... se.:l si qua per adoptionem soror tibi
esse coeperit, quamdiu quidem constat adop-
tio, sane inter te et earn nuptiae consistere
non possunt: cure veto per emancipationem
adoptio dissoluta sit. poteris earn uxorem
ducere: sed et si tu emancipatus fueris, nihil est
impedimento nuptiis." -- Vgl. auch Pandect.
XXIII.I.15 ibid. S. 330. -- Pandect. XXIII,2.17;
Kirchenordnung 1569
Do sich auch begeben wtirde, das ein jung-
frau oder frau von einern rnit listen, trug oder
ander hinderffirungen, persuasionibus et induc-
tionibus ohne oder rnit gewalt per rapturn
heirnlicher oder betrieglicher wetl weggef/iret
und solchs vor unsern eherichter und rethen
beygebracht wtirde, alsdann sol nicht allein
zxvtschen solchen personen kein ehe erkant,
sondern auch der, so gehSrterrnassen rapturn
begangen, in gerneiner recht und unser ernst-
liche straff gefallen sein, welche wit auch an
solchern ubelthetter nach gestalt und gelegen-
heir der ubertrettung an leib oder leben rnit
rechtlicher erkantnul$ volnstrecken lassen wSllen
Do auch den gerneinen pfarrern in diesern
und andern fellen etwas bedenklichs und zwei-
felhaftigs ftirfallen wrde, daraul sie sich nicht
eigentlich verrichten kSnten, sollen sie bey
ihren superintendenten sich berichts erhSlen
oder an unser consistoriurn gelangen lassen
und daselbst bescheids sich verhalten.
Von ehescheidung des ehebruchs 1halben.
Nachdern etliche ehe, so yon wegen des be-
gangnen ehebruchs durch unsere geordente ehe-
richter und rethe yon einander gescheiden sein.
sich eigen willens nach der scheidung ander-
werts zu verheyraten ftirnehmen, so ist unser
ernstlieher will und meinung, alas hinfurt kein
gescheiden person sich eigens gefallens wider-
urnb verheyrate, sonder, so es deshalben be-
schwerung tragen wtirde, solches unsern ehe-
richtern ffirbringen und yon ihnen deshalb be-
scheids erwarten.
Es sol aueh tier straff halben gegen der ehe-
brfichigen person verrnSge tier landordnung rnit
des arnpts verweisung, so lng das unschiildig
noch irn leben bleibt, gehalten xverden Irn fall
aber, da das unschtildig den andern heyrath
aul billichen ehehaften ursachen yon unsern
eherichtern erlangen und sich viederurnb ver-
heyrahten wtird, sol das schtildig des lands
verviesen werden und nichts destoweniger dern
unschtildigen sein ftirderung yon verwirkung
xvegen des ehebriJchigen guts gegen dern schtil-
digen vor dern 5rdentlichen gericht in alhvege
auBzufiJhren, vorbehalten sein.
Doch wo die eheleut auB einiger obgernelter
ursach rnit der urtheil gescheiden xverden, so
rnSgen sie sich wol rniteinander xvlderurnb
christlich versSnen und cinander ehelich bey-
wohnung thun, darin unser arnptleut allen rniJg-
lichen vleiB fiJrwenden sollen
Wo auch die unschtildige person in schweben-
den rechten und ehe die endurteil ergeht, auch
ehebrchig und solchs bewisen xviJrde, alsdann
sollen sie, beide eheleut, nicht gescheiden, sonder
die instantia gefallen, auch sie beide, einander
widerumb eheliche beywonung zu thun, schtildig
sein und nicht dest weniger sie beide vcrmSge
unser landsordnung gestrafft werden
Von versbnun und zusamenhedigung'
der eheleut.
Es tregt sich auch teglich und an vie] 5rtern
zu. das unter den eheleuten je eins gegen dern
andern oder sie beide gegen einander grssen
unwillen, held, haft, grirnmen und un[rund-
schaft gefast, darnit nicht nachlassen, sondern
eheliche beywobnung nicht haben noch pflegen
wSllen. Darin sollen jedes orts arnptleut und
gericht, auch cherichter und rethe, so dise und
dergleichen sachen fiJr sie gebracht, allen rntig-
lichen vleiB ankeren und ernstliche handlung
ibid. S. 331. -- Pandect. XXIII,2,55; ibid. S.
333 f. -- PandecL XXIII.2.62,2; ibid. S. 334. --
Pandect. XXIII,2,66f.: ibid. S. 334f. -- Cod.
Just. V,6,5 ff.; Vol. II, S. 200.
Ehebruch und bSsliche Verlassung {vgl. S.
218) galten bei den teforrnatoren durchweg
unbestritten als Ehescheidungsgrtinde Wo
noch andere Grtinde hinzugeftigt wurden, ent-
nahrn man sie dern rSrn. lqecht. Ehebruch aber
sah man auf Grund yon .XIt 5.32 u 19,9. b/Ss-
liche Veranlassung auf Grund yon 1. K 7.15
als dutch das Neue Testament gerechtfertigte
Scheidungsgrtinde an. Luther hatte schon 1520
gefiufert, daf er 1 K 7,15 auf .die bSsliche Ver-
lassung ftir anwendbar halte Vgl. De capt.
\VA 6, S. 559 f.
-"a Zusammenbrinung; Fischer. Schwtb. WOr-
terb. VI. 1, S- 1376.
27 217
rchenordnung 1569
Regula.
Diese hinaufwarts erzelte personen seind als
vor unsere vetter zu achten Derhalben ist ver-
botten, sich mit denselbigen in den ehestand
emzulassen.
Personen, so yon wegen der blutfreundschaft
in der seydwartslinien (herunderxverts zu rech-
hen) zu ehelichen verbotten, denn solche per-
sonen anstatt unserer t6chter geachtet werden:
Der bruder sol nicht nernrnen hinabverts:
II.
Des bruders, noch der schwester tochter.
III.
Des bruders tochter tochter, noch der schwe-
ster tochter tochter, noch des bruders sohns
tochter, noch der schxvester sons tochter.
IIII.
Des bruders, noch der schwester tochter toch-
ter tochter, noch des bruders sons sons tochter,
noch der schvester sons sons tochter.
Regula.
Welches tochter ich nicht darf nemrnen, des-
selbigen tochter tochter ist rnir auch ver-
botten 8, ja auch desselbigen tochter tochter
tochter.
Personen, so yon wegen der blutfreundschaft
in der seydvertslinien {herunderxverts zu rech-
hen) zu ehelichen verbotten, denn solche per-
sonen als vor unsere s6ne geachtet werden:
Die schwester sol nicht nemrnen hinabverts:
II.
Des bruders sons, ngch der schxvester son.
III.
Des bruders sons son, noch der schwester
sons son, noch des bruders tochter son, noch
der schwester tochter son.
iIII.
Des bruders sons sons son, noch der schve-
ster sons sons son, noch des bruders tochter
tochter son, noch der schvester tochter tochter
son.
Erinnerung.
Das vierte gebott Gottes spricht [Ex 20, 12]:
Du solt vatter und mtitter ehren. Es kan abet
kein grSsser und erschrecklicher unehre ratter
und mutter und allen denen, so anstatt unserer
vetter und mtitter geachtet werden, yon den kin-
dern wiederfahren, denn so von ihnen dutch
blutschande geschendet und verunreiniget wet-
den, welche stinde, wie hart sie Gott straffe,
ist an Ruben [Gen 35, 22], Absalon [2. Sam 16,
22] und andern rnehr zu sehen.
Personen, so yon vegen der blutfreundschaft
in der seydwartslinien sich rniteinander zu ver-
ehelichen verbotten, als nemlich bruder und
schwester ihre kinder und kindskind:
I
Brtidern und schwestern sich miteinander zu
verehelichen oder zu bertiren, ist von gSttlichem,
nattirlichem und allen rechten und gesetzen
verbotten, sie sind von roller oder halber ge-
burr, das ist, von einem vatter und einer mutter
oder allein yon der beiden einen, ja auch die
nicht, so etvan ausserhalb der ehe yon vatter
oder mutter erzeuget.
II.
Bruder und schxvester kinder 19
1 Vgl. Corp. iur. civ. Inst. 1,10,3; Vol. I, S. 4:
,,Fratris vel sororis filiam uxorem ducere non
lioet, seal nec neptem fratris vel sororis ducere
quis potest, quamvis quarto gradu sint." Vgl.
auch Cod. Just. V,4,17; Vol. II, S. 196.; ibid.
V,8,2; Vol. II, S. 200. -- Luther dagegen, Wel-
che Personen verboten sind zu ehelichen.
Vom ehelichen Leben. 1522, sah die Ehe zwi-
schen Onkel und Nichte nach dem Alten
Testament nicht als verboten an, vgl. WA
10 II, S. 230; vgl. Von Ehesachen, WA 30 III,
S. 244 f.
s Vgl. Corp. iur. civ. Inst. 1,10,3, Vol. I, S. 4.:
cuius enirn filiarn uxorern ducere non licet,
eius neque neptern perrnittitur."
1:, Vgl. dagegen Corp. iur. civ. Inst. 1,10.4; Vol. I,
S. 4; .,Duorurn autem fratrum vel sororum
liberi vel fratris et sororis iungi possunt";
221
r,rchenordnung 1569
2.Ihres bruders tochter tochter mann.
3. Ihrer schwester tochter tochter mann,
4. Ihres mannes bruders sons son.
5.Ihres mannes schwester sons son.
Von breutigam und der braut, das ist, die
sid miteinander 6Ilentlich verlobt, und doch
das eine verstirbt, ehe die hochzeit oder
beylager gehalten.
Der son sol nicht nemmen seiner braut mutter.
Item er sol nicht nemmen seines vatters braut
oder vertraute, welche seine stiefmutter solte
geworden sein.
Also ist auch yon tier tochter zu sagen, nem-
lich:
Die tochter sol nicht nehmen ihrer mutter
breutigam oder vertrauten, welcher ihr stief-
ratter solt geworden sein.
Item sie sol nicht nehmen ihres breutigams
ratter, alas ist der, mit welches sone sie sich
zuvor verlobt und doch mit ihme nicht hochzeit
gehalten.
Der vatter sol nicht nemmen seines sons ver-
lobte braut.
Die mutter sol nicht nehmen ihrer tochter
verlobten breutigam.
Erinnerung und underricht.
Die,veil mann und weib ein leib und
fleisch durch die ehe worden, sol ein jegliches
theil sich yon des andern blutfreunden enthal-
ten Es werden aber nicht allein blutfreunde
genant, welche yon ganzer geburt, als yon einem
rater tud yon einer mutter, sondern auch wel-
che yon halber geburt, als yon dieser einem,
ja auch, welche etwan ausserhalb tier ehe ge-
zeuget und des gebltits halbert durch alas nattir-
liche recht mit einander vervandt sind, unter
welchen personen keine eheverbindung noch
vermischung geschehen sol, wie dann im dritten
buch Mose am achtzehenden capittel verbotten
wird und wer dieser personen eine, so ihme
mit blur verwandt und verbotten, berhtiret,
der hat eine blutschande begangen.
Wo jemands mehrers oder welters berichts be-
n6tiget oder bed/irfte, der sol sich de,sen zuvor
in den consistorien und bey den superintendenten
und pfarherrn erholen, und ehe solchs gesche-
hen. zu keiner ehelichen verpflichtung schreiten
Von den schulen.
Dieweil zu dem heiligen predigampt, xvelt-
licher oberkeit, zeitlichen emptern, regimenten
trod hau/haltung rechtschaffene, weise, gelerte,
geschickte und gottsffirchtige menner geh6ren
und dann die schulen die rechten yon Gott
verordenten und bevohlenen mittel sein, dar-
innen solche leut auferzogen mhgen verden,
wie auch in rechten die schulen und studiosi
mit namhaften privilegiis begabet, versehen und
uns erinnern, die schulen und studien zu haben
und zu erhalten, dervegen unsere voreltern
yon ihren zeitlichen gtitern an die klhster und
stiften der schul und studien halben ein ham-
hafts verwendt, demnach und damit in unserm
ffirstenthumb die kinder yon jugend auf yon
ihren elementis per gradus dest ehe und ffirder-
licher zu den nutzlichen sprachen, wie dann alas
all testament in hebraischer und das neu testa-
ment in griechischer sprachen geschrieben sein,
und dann yon denselbigen zu rechter theology
und andern hohen nott/irftigen k/insten, regi-
menten, emptern und haulhaltungen gerahten
und kommen mbgen, so verordnen, schaffen und
bevehlen wir, das dieselbigen in unserm frsten-
thumb yon unsern verordenten rethen zu ver-
richt-ung der kirchendiensten volgender unserer
ordinationen nach mit allem vleil und ernst an-
gericht und ohne feelen exequirt. Nemlichen
zuvorderst getreulichen daran sein, damit in
allen und jeden stetten, die sein groI oder klein,
desgleichen etlichen den firnemsten dhrfern
oder flecken unsers ffirstenthumbs lateinische
schulen und darzu taugenliche praeceptores ge-
halten werden.
225
Wolfenbflttel
Und nachdem wir befinden, das unglelcheit
in der lehc, autoribus und modo docendi der
jugend an ihren studien in viel weg hinderlich,
sein wir der jugend zu gutem und gnaden be-
weget und verursachet worden, ein gleich-
messige schulordination mit underschiedlichen
abtheilung in classes, decurias, gewisse autores,
horas, repetitiones und dergleichen, darnach sich
die preceptores alle richten und dieselbigen mit
nichten ihres gefallens endern sollen, auch also
alle schulen auf einander correspondieren be-
greifen lassen. Und wiewol dieselbig etnfeltig-
licb gestelt und ein kindisch ansebens haben
mScht, so gedenken xvir doch, es verde ein
jeder, welcher dil verk recht bewegen vird,
leichtlich die ursachen bey ihme selbs ermessen
und verstehen, das in kindischen sachen und
gescheften auch einfeltiglich zu handeIn sey und
das ohne solchen kindischen anfang das mehrer
nicht zu erlangen.
Dieweil aber nicht bey jeden unsern schulen
diese unsere schulordnung mit allen classibus
auI mangel der pedagogen und auditoren genz-
lichen und volnkSmmenlich anzurichten und der-
wegen an etlichen 5rtern allein die inferiores
classes gehalten verden mSgen, auch nicht ge-
ratben, die jungen gleich a primis rudimentis,
zuvor und ehe sie ihre grammaticalia wol, die
praecepta dialecticae und rethoricae aber zim-
lichen ergriffen, zu einer universitet oder hohen
schul also jung zu schicken, so seind wir dem-
nach entschlossen, unserer landschaft kindern
zu gnaden in unserer start N. 28 ein sonder paed-
agogium mit gescbickten pedagogarchen anzu-
richten lassen, darin alle classes und derselben
lectiones durch gelerte praeceptores nach not-
turft gehalten, auf alas die knaben, so man
nicht gleich, zuvor und ehe sie in der gram-
matic, dialectic und rethoric fundiert, auf ein
universitet verschicken wolte, daselbsten proce-
dieren und ihre studia continuiren Das auch
den armen unvermiiglichen knaben, so gute und
fruchtbare ingenia, geholfen und die befiirdert
per gradus profectum studiorum, schaffen und
fortfahren mSgen, gedenken wir etlichen, so
yon den ringen particularschulen sich in ge-
dacht unser paedagogium begeben und der ftinf-
ten oder zum wenigsten der vierten classen
fehig, ein subsidium oder hull au/ unserm ge-
meinem kirchenkasten geben und reichen zu
lassen, so lang bi/ sie veiters promovieren.
Zudem und auf das. soviel miiglich, unser
armen landschaft und dero kindern, so sie zur
schul erzogen, die hand gebotten und gehulfen
werde, haben wit auch in unsern klSstern, doch
underscbiedlicbe scbulen verordnet, desgleicben
auch etliche stipendia aufzurichten bedacht, der
ursachen, damit den armen unsern landkindern,
so zum studieren geneiget, gradatim geholfen
und yon den particularschulen die armsten,
denen ihre eltern gar nicht zu helfen, wo sie
anderst der ordination nach qualificiert, in
solche klosterschulen eingenommen, auch so
sie bey denselben oder in unserm paedagogio
zu N. procedierten, in gedacht unser stipendium
zu ftirdern weren und also nach und nach
hfilf haben, ihre studia ihnen selbst und darm
der kitchen Gottes zu nutzen, fOrstand und
wolfart absolvieren mSgen.
Als wit auch etliche namhafte und volk-
reiche flecken in unserm ffirstenthumb und ge-
meinlich hertschaffende underthonen haben, so
ihrer arbeit halber nicht alle zeit, wie noth.
ihre kinder selbs underrichten und weisen ktin-
nen, damit dann derselben arbeitenden kinder
in ihrer jugend nicht versaumbt, ftirnemlich
abet mit dem gebet und catechismo und dar-
neben schreibens und lesens ihren selbs und
gemeines nutzes wegen, desgleichen mit psal-
men singen dester bal unterricht und chri-
stenlich auferzogen, wSllen wit, wo biI anhero
in solchen flecken kfistereyen gewesen, das da-
selbst deudsche schulen mit den kiistereyen
zusamen angericht und darauf zu versehung
der deutschen schulen und ktistereyen yon
unsern verordenten kirchenrethen geschickte
2. Gandersheim, vgl. S. 88, Anm, 13.
226
. xrchenordnung 1569
und zuvor examinirte personen, so schreibens
und lesens wol bericht, auch die jugend im
catechismo und kirchengesang underrichten
kiinden, verordnet werden.
Alles inmassen solcher bedachter schulen
ordinationes 5rdentlich hernach volgen
Von particularschulen.
Dieweil nun nicht wenig an dem gelegen, das
die jugent gleich zu anfang ihres studierens
recht angeftirt, underricht und die grundvestin,
darauf dann volgends die mehrern studia er-
volgen und gebauen, nutzlich gelegt, welches
dann in den particular unserer stett und
flecken geordenten schulen geschehen und voln-
zogen werden mug, und wo die jugend gleich
in limine verhindert, ungleich oder ubel insti-
tuiret oder versaumbt, ihnen durchauB ftir und
[iir beschwerlich, nachteilig und verhinderlich,
so bevehlen wit hiemit ernstlichen, das in allen
und jeden unsers ftirstenthumbs particular latei-
nischen schulen nachgesetzte ordnung, so vir
dutch etliche, dieser sachen verstendige und
lang getibte zusammenziehen lassen, mit lehr
und disciplin der knaben volnzogen, die prae-
ceptores und ihre cooperarii vermSg derselbiger
bestelt und angenomen, auch zu verrichtung
ihrer officien gegen den gesetzten und bestimp-
ten benefitien, auch sondern privilegiis dutch
die dariiber deputierte superintendenten und
unsere kirchenrethe gewiBlichen angehalten
werden.
Der erste theft.
De ordine classium.
Und anfenglichs yon wegen grosset ungleicheit
zwischen den mehrern und kleinern stettlein,
auch namhaftern flecken unsers fiirstenthumbs
nicht allerley in jeden unsern lateinischen schu-
len gelert und gelernet werden mag, und doch
die hohe notturft erfordert, woferne man anderst
ein sattes haben wil, eine bestendige, gleich-
messige schulordnung, darnach alle unsere scho-
lae dirigiert und reguliert xvtirden, zu verferti-
gem so ist demnach berathlich erwogen, diese
schulordination in underschiedliche classes und
derselbigen ftinf, inmassen (dann der knaben
verstand, captus und erudition auch aufsteigt)
auBzuteilen. Nicht der ursachen, das darumb
eine jede schul alle auf ffinf classes haben
mtisse, sondern das nach gelegenheit der flecken
und knaben eine, zwo. drey oder mehr f(irge-
nommen verde, auf form und weiB, wie her-
nach volget.
Classis infima.
In diesem haufen sollen begriffen werden
alle knaben, so erst anfahen und lernen buch-
staben, lesen und schreiben, und sollen dar-
innen bleiben, bib sie des lesens aller ding
fertig und gewiB sein. Und ist gemein allen
schulen in grossen und kleinen stetten und
dSrfern, da gleich nun ein person zum schul-
meister erhalten mag werden
Ouarta classis.
In diesen classen gehOren die, so schon mit
dem lesen allerdings fertig seind. L'nd sollen,
wie bey dieser classe hernach verzeichnet, in
ihren studien mit fiirgebung derselben autorum
ferners gefiirdert werden.
Tertia classis.
Zu dieser sollen geordnet werden, welche
in der andern classe dieselben studia absolviert
und nunmehr der lection tier dritten classe,
hernach zugeordnet, fehig seyen
Secunda classis.
So nun ein knab in der dritten elasse wol
abgericht, sol derselb noeh ferners und in diese
seeundam zu hSrung derselben leetionen, je
lenger je mehr im studieren aufzusteigen, ge-
setzt werden
Prima classis.
So dann ein junger seine studia in secunda
classe absolviert und also etwas wol ersterket,
solle er in primam classem, welcher etwas
treffentlichere authores und lectiones assigniert,
verordnet werden.
2s" 227
Wolfenbfittel
Von den decmiis.
Und dieweil sich begibt, das in den classibus,
besonder den dreyen ersten, vielmalen, ffirnem-
lichen, wa der knaben viel sein, warm sie zu
ungleichen zeiten darin kommen, ob sie schon
einerley lectiones haben, jedoch einander mit
ihrem studiren und profectu etwas ungleich,
und je einer sich mehr dann tier ander darin
ftirdert, sol der praeceptor die ffirsehung thun,
alas in diesen fellen bey solchen classibus decu-
riae angericht und die knaben zusammengesetzt
werden, so sich im studieren am meisten mit-
einander vergleichen, damit er ihre tngenia dest
leichter erkennen m6ge und die knaben durch
sein promotion ad aemulationem, eyfer und vlei
gereizet werden.
Es sol auch in einer jeden decuria au den
knaben alle wochen ein neuer decurio und
rottmeister gewehlet werden, welcher seinen
rottgesellen ihre gemeine lection lauth ffir-
sprechen sol und sonst acht auf sie haben, das
sie sich wol halten, und ihr unzucht dem prae-
ceptori vor der lection anze,.'ge.
Welche bficher in der schul gelesen sollen
werden.
Auf alas nun die knaben mit andern bfichern
nicht beladen, noch ihre eltern mit viel bficher
zu kaufen beschwert werden, darzu die schul-
meister mit den examinibus und progressioni-
bus, so jerlich in allen schulen gehalten, ihres
thuns desto richtiger mSgen antwort geben,
oder so die knaben yon einer schul in die
andern geffirdert, mit ungleicheit tier biicher
nicht irre gemacht, so sollen hinfurt in allen
schulen nun einerley bficher und kein anders,
dann die in dieser ordnung hernach verzeichnet,
gelesen, die auch keinswegs verendert, sonder
zu bestimpter zeit aufgelesen und nachmals
vornen wieder angefangen werden.
Von den stunden in der schul.
Auf das die schulknaben und ihre eltern.
item die paedagogi wissen, zu welcher zeit
sie sich zu der schul schicken sollen, so ordnen
und w611en wit, das hinfurt, warm kein feyer-
tag ist, in allen schulen teglich drey stund vor
mittag, nemlich sommers zeiten von der sechsten
uhr bif auf die siebende und dann yon der
achten uhr bil ungefehrlich auf die zehende,
aber winters zeiten yon der siebenden uhr bif
ungefehrlich auf die achten und dann yon der
neunden uhr bif auf die zehenden.
Und nach mittag auch drey stund, beyde,
sommers und winters zeiten gleich, nemlich
von zxv61f uhr bif umb zwey und darm yon
drey uhr bif umb viere schul gehalten sol
werden.
Doch m6gen die eltern und schulmeister mit
den gar jungen kindern und legisten in infima
classe uber der morgenstund xvol dispensieren,
sonderlich winters zeiten dieselben etwas spa-
ters zu der schul schicken und kommen lassen.
Es sollen auch die praeceptores und ihre
collaboratores schfildig sein, selber anfangs auf
die verordente stund entgegen zu sein und
mit vleif dahin sehen, das die knaben zu
jeder verordenten stund in die schul kommen,
damit ein jede stund nutzlich und wol angelegt
xverde.
Und auf das solche ordnung erhalten und
denen, so gem neben die schul gehn, geweret
werde, sol der schulmeister (so oft es ihn ffir
gut und notwendig ansicht) den catalogum selbs
lesen oder die collaboratores thun lassen und
nachmals die absentes rechtfertigen, und wo die
absentia bey ihnen oder mchr unn6tig oder mutlo-
willig befunden, darub bescheidenlich straffen.
Was und auf welche weifi zu jeder stunde
in einer jeden classe Eelesen und gefibet
werden soll.
Infima classis.
In infima classe sollen die lectiones nicht,
wie in den andern nachvolgenden classibus ge-
schicht, geendert, sonder die praeceptores mit
den legisten die 6 stunde des tags und die
6 tage durch die xvochen das ganz jar mit nach-
volgender ordnung furtfaren, so lang und viel,
bif sie, die knaben, in dieser classe des lesens
und schreibens ganz fertig werden.
228
Wolfenbfittel
die knaben in ihre collectanea sollen aufschrei-
ben, damit sie dieselbigen in loquendo et scri-
bendo k6nnen nutz machen-
Des andern tags sol die lectio Aesopica oder
Dialogorum Castalionis mit dem exercitio ety-
mologiae und syntaxis und recitatione phra-
sium zur ersten stunde zuvor repetiert und darm
den knaben ein neue lectin wieder ftirgeben
werden.
Es sol auch der praeceptor in repetitionibus
zu zeiten etn verbum aus dem dictionario ftir
sich nehmen und sein ganz progeniem oder
prepagationem und wie eines aus dem andern
fleust, auch phrases anzeigen und die knaben
auch dahin gewehnen, das sie auf die phrases
und formulas loquendi gr6sser acht haben.
Hora octava et nona in tertia classe ante
meridiem:
Zu dmsen stunden sollen die Quaestiones
grammaticae, wie sie aus dem Philippo ge-
zogen 1 und auf tertiam und quartam classem
gericht, gelesen werden.
Des andern tags sol zu den bemelten stunden
diese lection zuvor xvol repetiert und darnach
ein andere yon neuem ftirgelesen werden_
Nachdem aber grammatica lectio aul ist, sol
der praeceptor die ubrige zeit und dritte stund
die selectiores epistolas Ciceronis den knaben
einen tag umb den andern vorlesen und repe-
tiren, wie zur frtihen lection mit dem Aesopo
auch geschehen ist
Hora duodecima et prima in tertia classe:
Zu diesen stunden sol nach der musica den
knaben der Terentius 42 gelesen werden, welchen
sie auch aulwendig lernen und des andern tags
m der repetition aufwendig recitiren sollen.
Und well der Terentius gar proprie und pure
geschrieben, sollen dieselbigen phrases mit den
knaben viel und vleissig getibt, auch in gut
deudsch gebracht, damit das lateinreden und
schreiben dardurch geftirdert werde.
Es sollen auch die praeceptores in enarratione
Terentii diese prudentiam haben, das sie con-
silium authoris wl anzeigen, -ie er nicht aIle
ding ex sua persona rede, sonder diversa vitia
et ingenia in diversis personis abmale, ut in
Demea, nimiam severitatem in corrigendis delic-
tis, in Mitione 43 vero, nimiam ad condonandum
facilitatem.
Item, da Mitio sagt:4 Non est flagitium
(crede mihi) adolescentem scortari, neque po-
tare, neque fores effringere etc., ist der jugent
anzuzeigen, das hIitio diese wort nicht aus
ernst rede, wie ers dann gleich in eadem scena
wiederrufft und den spectatoribus huius dissi-
mulattonis ursach anzeigt, da er also sagt: 45
Nec nihil, neque omnia haec sunt, quae dicit,
tamen nonnihil molesta sunt haec mihi; sed
ostendere me aegre pati illi nolui, nam ira
est homo: quum placo adversor sedulo, et de-
terreo etc
In Adelph., act. 1, scena. 2 5a.
Item, es solien auch an diesen und dergleichen
locis die praeceptores anzeigen, wie die blinden
ethnici yon Gott und seinem wort nichts ge-
wift, wie darm die rochlosen Christen auch
nichts darumb wissen, darneben ein exemplum
und testimonium sacrae scripturae anzeigen,
wie Crott der Herr diese laster greulich straffe
und sich in alhvegen befleissigen, das die un-
verstandne, zarte jugent nicht geergert werde.
Hora tertia usque ad quartam in tertia classe:
Zu dieser stund sol teglich den knaben ein
regel aus dem syntaxi, so zu diser classe ver-
ordnet, ftirgelesen und mit exemplis, so bey der
41 Vgl. S. 229, Anm. 30.
4- Vermutlich die yon J. Camerarius 1545 f ver-
anstaltete Ausgabe, die Melanchthon mit zwe
Vorreden versah, vgl. K. Hartfelder, Ph. _XI.
als Praeceptor Germaniae. 1889, S. 584, Nr. 96
u. S. 600, Nr. 373. Neuere krit. Ausg_ v. Ump-
fenbach. 1870. Vgl. CR I, 772 ff.; V. 567 ff.
43 Demea und Mitio sind Personen tn der KomS-
die ,,Adelphoe", b. Umpfenbach S. 427--510.
4 Adelphe 1.2,21-- 23 ; Umpfenbach S. 438.
45 Adelphoe 1,2,61- 64; Umpfenbach S. 441.
a Am Rand.
232
Kirchenordnung 1569
regel standen, auch andern mehr, so yon dem
praeceptore fingiert, wol erklert und ad regulam
appliciert werden, doch sol zuvor, ehe die regel
gelesen wird, allwegen superioris diei lectio
yon den knaben exigiert und alsdann erst ein
neue lection ftirgegeben werden.
De exercitio styli.
Hierauf sol nun aucl das exercitium styli an-
gefangen und alle Mitwoch ein kurz leicht argu-
ment aua den negstgeh6rten lectionibus und,
soviel mfiglich, eben dieselben wort, doch ver-
deutscht und als hernach volget, geendert, ge-
nommen, den knaben deutsch ftirgeben und
dictiert und ihnen angezeigt werden, an wel-
chem ort sie solch argument linden, damit sie
ein anleitung haben, die phrases authorum au
geh6rten lectionibus dest leichter zu imitieren
Doch sol der praeceptor die genera, numeros,
personas, casus, modos et tempora endern.
Volgends am negsten Freytag darnach sollen
die praeceptores yon allen knaben exigieren
und ihr jedem die vitia und mengel in generi-
bus, numeris, casibus, temporibus, modis und
andern accidentibus, auch in syntaxi, freandlich
trod deutlich anzeigen, das es die andern auch
h6ren. Darumb geh6rt hieher gedult, dieweile
die knaben oftmals feelen, sonst, wo man un-
gedtiltig mit ihnen ,.'st, besonder in exercitio
styli, werden sie kleinmfitig, verzagt und ver-
drossen
Ftirnemlich auch darauf acht haben, das
keiner des andern scripture allein abschreibe
und, als hette ers selbs gemacht, dargebe.
Die knaben sollen auch zu solchem eigene
besondere bticher haben, darin sie die scripta
yon quatember zu quatember einschreiben und
emendieren lassen, damit man in der super-
intendenz der knaben und preceptorn vlei und
unfleia sehen m6ge.
Secunda classis.
Die erste siund vor mitta.
zu dieser stund sol integrum opus Epistolarum
familiarium Ciceronis gelesen und mit der ex-
plication, exercitio grammatices und repetiti-
onibus gehalten, wie in den vorigen lectionibus
verzeichnet ist, besonder in dieser classe yon
dem praeceptore inter legendum figurae con-
structionis und species metaplasmi demonstriert
werden.
Die andern zwey stund vor mittag.
Zu der ersten stund sollen die Quaestiones
grammatices, zu dieser classe verordnet, alle tag
gelesen und repetiert werden, doch etwas grind-
licher, dann in tertia classe geschehen ist.
De ubrigen zeit sol der praeceptor die lection
Epistolarum familiarium, so zur ersten stund
gehalten, repetiren und ad usum grammatices
transferieren, wie oft gemelt ist.
Auf zw61f uhr big zwey in secunda classe.
Zu dieser stund nach der music sollen die
praeceptores die erst comoediam Terentii
driam 6, und so solche absolviert, libellum Cice-
ronis De amicitia lesen. Nach demselben die
andern comoediam Terentii Eunuchum 7 und
auf volendung derselben libellum Ciceronis De
senectute, und also durchauss alternatim fiir-
nemen und halten.
De ubrige zeit sol der praeceptor den ganzen
syntaxim 5rdentlich nacheinander repetieren, wie
er in tertia classe zu dieser stund gelesen ist
vorden.
Nachdem er aber den syntaxim einmal vol-
endet, sol er lhn lassen anstehen und anstatt
desselbigen die principia prosodiae as, wie sie
per Quaestiones gestelt, fiir sich nehmen und
nach volendung derselbigen den svntaxim wieder-
umb davornen anfahen.
b. Umpfenbach S. 1- 86.
7 b. Umpfenbach S. 87--182.
As Vgl. Mel., Gramm. Lat. CR XX.245: ,,Pro-
sodia, quae docet accentus ..."
29 233
,.trchenordnung 1569
demnach solches epitome ausser den Rhetoricis
Philippi gebraucht und ftir die hand genomen
und ein praeceptum oder zwey deutlich und
wol expliciert und den negsten tag hernach zu
dieser stund, ehe man wieder list, repetiert und
memoriter recitiert werden Und dieweil die
praecepta fiir sich selbs blol seind und keinen
nutz schaffen, wo sic nicht exemplis illustriert
werden, und aber die knaben den usum auch
sehen mSgen, sol auf ein jeden statum oder
genus causae ein oratio Ciceronis oder Livii,
wie in gemelten Quaestionibus Georgii Maioris
sic getruckt, gelesen werden, dann der praecep-
tor vleissig das argumentum, die partes orati-
onis, den stature, die argumenta confirmationis,
darnach in singulis partibus orationis, wie sic
orniert und tractiert werden, anzeigen. Und
sol der praeceptor erstlich auf die inventionem,
nachmals dispositionem und letzlich elocuti-
onem acht haben und also die praecepta auf
gehSrte weia demonstrieren.
Die erste und andere stund nach mitta
von zwBlf biss auf ein und zwey uhr in
prima classe.
Nachdem das exercitium musicae verricht,
sol der praeceptor dieses classis den grSssern
Syntaxim Philippi Melanthonis 56 5rdentlich ftir-
nehmen und ein regel oder zwo mit den exem-
plis wol explicieren und den knaben anzeigen,
das man solche schSne formulas loquendi in
reden und schreiben imitieren solle, auch all-
wegen, wie vor oft gemelt, den negsten tag die
vorgehenden lection repetieren, ehe man wieder
lielt.
Aber von ein bil zwey uhr sollen die libri
Aeneidos Virgilii und Officia Ciceronis, ein buch
umb das ander, gelesen, auch alternis diebus
repetiert und ein grammaticum exercitium dar-
aua gehalten werden.
Die letzte stund von drey bil vier uhrn in
prima classe.
In dieser stund sol allwegen alternis diebus
Integra grammatica graeca 5' und ein lection ex
Fabulis graecis Aesopi, ex Isocrate Ad Demoni-
cure 58 oder Paedia Xenophontis oder Hesiodo
nach gelegenheit der auditorum gelesen und
repetiert werden und hierin der praeceptor auf
das vleissigst die themata 59 den knaben an-
zeigen und sic selbs formieren lassen, auch sic
darzu halten, das sic es vleissig colligieren und
aufschreiben
Exercitium styli.
Es sollen auch in dieser classe die deutsche
argumenta lenger und scherfer gestelt werden.
doch das sic in periodos eingeschlossen seln.
damit die jungen der composition gewohnen.
Und dieweil man in dieser classe principia
dialecticae und rhetoricae lieset, sollen die argu-
menta nicht alle auf eine weise gerichtet, sonder
etwan ein epistola, zun zeiten ein exordium.
narratio, locus communis, confirmatio, peroratio,
descriptio alicuius rei, tractatio fabulae oder
dergleichen progymnasmata fiirgegeben und die
adolescentes also abgericht werden, das ihnen
nachmals, ganze declamationes zu schreiben,
nicht zu schwer sey.
Da muB man nicht sehen, wie lang, sonder
wie gut die scripta sein und das sic auf die
phrases und imitationem Ciceronis gerichtet
werden, sonst coacerniren die knaben allein
viel sententias aul andern scriptoribus ohne
56 CR XX,337ff. -- Die Syntax, die seit 1532
racist mit der Grammatik zusammen erschien,
wurde zuerst auch fiir sich gedruckt. Erst-
ausgabe: 1526. Vgl. dazu CR XX, 227 ff.; Hart-
felder, a. a. O. S. 275.
57 Die zweite Ausgabe der griech. Grammatik
Melanchthons von 1520 hatte den Titel ,,Inte-
grae Graecae Grammatices Institutiones". Sic
wurde danach noch 5fter aufgelegt. Die spi-
teren Ausgaben der Grammatik sind nur
,,Grammatica Graeca ..." benannt. Jedoch
wird Melanchthons Grammatik auch allge-
mein als ,,Grammatica graeca integra" be-
zeichnet, vgl. CR XX,15 ff., wo die letzte Aus-
gabe yon 1542 abgedruckt ist.
5 Rede mit Anweisun.gen ffir das tigliche Le-
ben, Isokrates zu Unrecht zugeschrieben, vgl.
Pauly-Wissowa, Realenc. IX 2. 2195 ff
59 Wortformen.
2- 235
.... chenordnung 1569
ist. Abet in unsern stetten, bey der particular-
schul und sonst wo die schulen gro6 und den
5rdentlichen lectionibus nicht verhinderlich,
mSchten alle tag vor der ersten lection nach
mittagzeit ein vierteil stund die knaben in
der music underricht, doch das die praecepta
ganz kurz und ftirnehrnlich nach notwendigen
gegebenen praeceptis usus getrieben werde.
Am Sonnabend zur vesper, so man das erst
mahl leutet, sollen alle knaben ztichtig zu der
schul kommen, ein jeder sein psalmenbtichlein c,
mit sich bringen, auf das, so man zusammen
leutet, sie in der proceB zu chor miteinander
gehen m6gen.
Desgleichen sol am Sonn und feyertag zur
morgen, mittag oder vesperpredigt auch gehan-
delt werden und die praeceptores sich mit dem
gesang unser kirchenordnung nach halten.
Am Freytag oder andern tagen, da jedes orts
die lytaney 65 gehalten wird, sol die ganze schul
zu der predigt und lytaney vleissig kommen.
Es sol auch der praeceptor gut acht haben,
das die kinder in der kitchen ziichtig sein
und der predigt vleissig zuhSren, damit, so
man sie nach der predigt examiniren wird. was
sie daraufi behalten haben, wissen zu erzelen.
Von der disciplin und zucht.
Der gottseligkeit volget auch die eusserliche
disciplin und zucht der knaben, welche yon dem
heiligen Geist auch vleissig zu pflanzen ge-
botten ist. Derha]ben wbllen wit, das dieselbige
ernstlich getrieben, damit die jugent nicht wie
das vihe ohne aIle zucht erzogen werde, laut
des spruchs: Die wort, die ich dir heut gebiete,
soltu deinen kindern scherpfen [Dr 6, 6 f.] etc.
Dann wo gottesfurcht bey einem kind ist,
alsbald findt sich auch bey ihme die zucht.
Darumb so] nicht allein die schulmeister, sonder
auch die e]tern oder diejenigen, denen ihre
eltern entfa]len, verordente vormi]nder vleissigs
und ernstlichs aufsehens haben, das die kinder,
dieweil sie noch zart und zu biegen seind, zu
aller erbarkeit und guten sitten gezogen wet-
den und zur schul, kitchen, auf der gassen,
in ihren heusern und an allen 6rtern guten
wandel ftihren.
Wo abet eltern oder vormiinder weren, die
aus unverstand, fahrlessigkeit oder hal6starrig-
keit ihrer kinder, die sie zur schu! verordnet und
sonderlich die mit der zeit in das paedagogium,
klosterschulen oder stipendium zu bringen ge-
denken, nicht achten, dieselben mit der zucht
versaumen und nicht, wie sie vor Gott schfildig,
ob ihnen halten wOrden, die sollen yon den
schulmeistern ermanet und ihres ampts vleissig
erinnert, und da es nicht hilft, in der visitation
dem superintendenten und magistrat angezeigt
werden, damit dieselben dargegen ihr ampt
auch gebrauchen und verrichten mbgen.
Und damit die eltern der schulen nutz und
notturft mit den kindern bericht und zu desto
mehrer liebe, v]ei6 und eifer gereizet werden,
sollen die pfarrer und kirchendiener dem yolk
auf das wenigst im jar zweymal, das erst im
frilling, das ander gegen dem winter, in 6ffent-
licher predig ein ernstliche vermanung thun,
das sie die kinder vleissig zur schul schicken
in bedenken, das der mehrer tell ihrer arbeit
und hantierung halbert dieselben nicht selbs
lehren und underichten m6gen, trod doch zu
ihrer zeitlichen und ewigen wolfart in den
schulen, als dem rechten mittel gelehrt zu
werden, ihnen hoch yon nbten mid nutzlich. Und
sie, die eltern, ihre kinder selbs auch under der
ruten halten und ihnen nicht zu lei6 und milt
seien oder under den schulen zu andern arbeiten
gebrauchen und an ihren studiis verhindern.
Und wo sie ab den schulmeistern klagen, nicht
leichtlich glauben geben und beyfa! thun, dann
die schulmeister hierin ihres ampts nicht ver-
gessen, sonder wissen und daftir halten sollen,
das ihnen die kinder nicht als dem hirten das
4 Vgl. S. 248 bei Anm. 69; verbreitet war das
Psalterium Davidis... repurgatum yon G.
Maior, 1547; vgl. RE 3 12, S. 86, 55 ff.
c,:, Ev. Kgb. Nr. 138. Vgl. oben S. 51. Anm. 75
und 77.
237
Wolfenbtittel
unvernunftige vihe, sonder als himlische kleinot
vertrauet und bevohlen sein, welche auch unser
Herr und Gott so lieb hat, das er mit allem
ernst gebotten und bevohlen [Mt 18, 6; Luk 17, 2],
das niemands eins aug denselben ergern, dann
wer das thue, das dem besser wer, es w/irde
ihme ein mtilstein an den halfi gehenkt und
ins meer, da es am tiefesten ist. versenket.
Damit aber die kinder zu volfart der kirchen
und der gemeine Christi auferzogen werden, sol
der schulmeister ungefehrlich auf nachvolgende
statuta zu halten, gut acht haben
Statuta.
I.] Erstlich, das alle knaben gottsftirchtig, fromm
und ztichtig sein. vleissig in die schul gehen
und lernen.
II.] Das sie ihren eltern, vormtindern, pfarrherrn
und schulmeistern gehorsam sein und alle die-
jennige, denen ehr gebfirt, in ehren halten.
III.] Sie sollen in der schul under den lectioni-
bus, auch in der kirchen still sein und nicht
schxvatzen, in und ausserhalb der schulen nicht
deudsch, sonder lateinisch miteinander reden,
darob dann die schulmeister mit vleifi halten
sollen und ftirnemlich auch gute vleissige ftir-
sehung thun, das einer mit dem andern fried-
sam und friedfertig sey und zu keinem zank,
hader und schlahen einige ursach geben, sonder
im fall sich solches zutrtige, ihrem praeceptori
anzeigen.
IIII.] Es sollen auch die kinder nicht ohne rock
weder zur schul oder in die kirchen gehen
V.] Sie sollen auch daheim oder anderstxvo
nichts aufi der schul schxvatzen, noch ihre prae-
ceptores oder condiscipulos und mitgesellen gegen
ihren eltern verunglimpfen.
VI.] Es sollen auch die knaben sich mit btichern
und anderm, wann sie zur schul gehen, nach
notturft versehen und gefast machen, dassie
zwischen den stunden der lectionen nicht aufi
der schul laufen dtirfen oder sich sonst ab-
sentieren, welchs dann die schulmeister ihnen
ohne besondere bewegliche ursachen und ihrer
notturft nach mit nichten und keinswegs ge-
statten sollen.
VII.] Es sol zu jeder stund nach volendung der
lection in jeglicher classe insonderheit ein re-
gister oder catalogus, darin ein jglicher paed-
agogus seine knaben verzeichnet, vleissig ge-
lesen und die absentes mit punkten vermerket
und nachmals, so dieselben nicht rechtmessige
ursach und kundschaft ihrer versaumnul dar-
thun ktinden, zimlicher massen und der ge-
btir nach gestrafft werden.
Zum beschlufi sol der schulmeister erst er-
zelte leges und statuta in tier schulen auf
einer tafel geschrieben aufhenken, damit sie
nicht allein die knaben selbs lesen kSnnen,
sonder auch der schulmeister dieselbige alle
quatember den knaben einmal ffirlesen und
erkleren mSge.
Der dritte theil.
Von der election, examine und officio eines
ieden schulmeisters und collaboratoris.
So nun die hohe notturft erfordert, solche
unsere kinderschulen mit gelerten gottsfiirch-
tigen und zu solchem ampt und arbeit gut-
eyferigen und unverdrossenen schulmeistern und
collaboratoribus zu besetzen.
Demnach so oft und dick 6'%ein schulmeister
oder collaborator yon unsern amptleuten und
gerichts jedes orts ihrem herkommen nach
unsern kirchenrethen nominiert und presen-
tiert oder auf ansuchen derselbiger unserer
amptleuten und gerichten einer yon unsern
kirchenrethen beruffen oder einer semen
dienst selbs anbeut, soil ein jeder vorhin, ehe
dann er in das examen admittiert und zugelassen,
seines herkommens, lehr. wesens und lebens
glaubwirdige, rechtmessige testimonia und kund-
schaften, entweder yon seiner oberkeit, darunder
er geborn und gewohnet, oder yon seinen
65a ---- oft. hiufig; vgl. H. Fischer, Schwib. W6r-
terb. II. 1908, S. 189.
238
Kirchenordnung 1569
praeceptoribus oder oberkeit, darunder er sich
zuvor mit dienst, lehr und leben gehalten,
unsern kirchenrethen ffirbringen.
Wo dann solchs also richtig geschehen, als-
dann er in unser schul zu Wulffenbfittel vor
unsern verordenten theologen und dann der-
selbigen schul pedagogarcha ein lection oder
zxvo, die ihme angezeigt xverden, thun. Wann
dann er und sonderlich in der grammatic taug-
lich erfunden, so sol er darauf von unsern
kirchenrethen seiner pietet halben auf unsern
catechismum, in unsern kirchenordnungen be-
griffen, 5rdentlich und mit sonderm vleiB exa-
miniert werden. So er nu also in der pietet
der augBptirgischen confession nach rein, gott-
selig und zu solcher administration tauglich
erkennt, so so! er in unserm namen mit be-
velch von unsern kirchenrethen an den pfarr-
herrn, amptman, btirgermeister, gericht und ge-
ordenten superintendenten, dahin er nominiert
und approbiert, geschickt und allda ihme yore
pfarrherr in gegenwertigkeit der andern, erst
angeregten personen unser schulordnung vor-
gelesen, uberantwortet und dann darauf vol-
gende artickel ftirgehalten werden
Nemlich, das er sich aus solcher ordnung
teglich erinnern, die zu herzen fassen und be-
denken wSlle, das sein dienst ein hoch, theur
und yon Gott geordnet ampt und mittel sey,
die kinder mit der lehr und gottsfurcht zu er-
haltung des predigampts und guten regiments
anzunehmen
Darnach wSlle und sol er vermittelst gbtt-
licher gnaden die schul, so ihme bevohlen, mit
treuem vleiB regieren und der jugent mit einem
ztichtigen, erbarn, ntichtern leben vorstehen und
sie in jeder classe durch decurias von den
ersten elementis an mit ihren assignierten insti-
tutionibus, praeceptis und authoribus zu allen
stunden dieser unser schulordnung nach treu-
lich underrichten und lehren, das man jederzeit
bey der jugent seinen vlei[ scheinbarlich befinde,
und mit gemelten assignierten authoribus in
keiner classe enderung thun, sondern dieselbige
keinswegs underlassen und ffirnemlich die gram-
matic als das n6tigste stfick f/Jr und ftir treiben
und uben, damit die knaben gute und gewisse
grammatici werden.
Das er auch mit den schfilern, so etwas in
der grammatic bericht, lateinisch rede und sie
dasselb also zu reden gewehne.
Die jungen, so unfleiB und b6Bheit halbert
strefflich befunden, wie oben gemelt, mit kei-
nero giftigen zorn oder unbescheidenheit oder
poldern, sonder gebfirlich und bescheidenlich
mit glimpflichen vorten, und do die nicht ver-
fenglich oder erschieBlich, mit der ruten straf-
fen, dieselbige gebfirlicher weiB gebrauchen und
dabey alle ungebfirliche streich, als zu dem
haupt, auf die nasen oder backen schlahen,
in die ohren pfetzen ';.b oder dieselbigen umb-
drehen, bey dem haar ziehen oder raufen, tholle65c
geben oder anders dergleichen genzlich ver-
meiden, ffirnemlich aber sich in allweg be-
fleissigen, das sie diejenigen, so gute ingenia
haben, nicht poldern, sonder sanft und mild
mit ihnen handeln, auch die, so etxvas unlernig
und nicht mit so scharfen ingeniis begabt, ob-
gelauter massen mit worten und bescheidener
gebtirlicher straff ermanen. Do abet ein knab so
gar unlernig und also eines harten kopfs, das
kein vleil noch arbeit bey ibme wolte erschies-
sen. desselben eltern anzelgen, das er bey der
schul verderbe, damit sie, die eltern, ihne zu hand-
werkern oder anderm beyzeit richten und helfen
m6gen, jedoch hierin nicht ellen, dann es begibt
sich, das in dem fall die letzten die ersten
werden, darumb allwegen das alter und mores
der knaben vleissig seind zu bedenken
Und damit tier kirchen und schul halben
gleichheit gehalten verde, den catechismum, so
in unser kirchenordnung begriffen, gebrauchen,
auch kein ander gesang oder psalmen, dann
deren die kirch desselbigen orts gewont ist
Sb zwicken, kneifen; Fischer, Schw/b. W6r- I;c Schlge, Fischer, a. a. O. II. S. 252.
terb. I, S. 1040 f.
239
trchenordnung 1569
eingesessenen btirgern nach derselbiger statt
oder fleckens ordnung und mal zu nutzen und
zu geniessen haben.
Und damit ein jeder schulmeister und colla-
borator vor und neben unsern underthanen
sich dest weniger zu beschweren, sonder mehr
ihres ampts etwas zu getrSsten und zu erfreuen
haben, so ordnen und wSllen wir, voferne sich
zvischen unsern underthanen und dann einem
schulmeister oder collaboratore zank und irr-
thumb, ihre personen belangend, zutriigen, das
sie darumb vor den pfarrherrn, amptleuten und
schulsuperintendenten gegen einander verhSrt
und yon denselbcn der gebiir und billicheit nach
verglichen Wo abet die sach so wichtig und
grolL das sie es nicht vergleichen und ent-
scheiden kSnden, sie filr unsere kirchenrethe
umb bescheid remittiert und gewiesen werden
sollen.
Was dann actiones reales betrifft, da sollen
die schulmeisber an den 5rtern. da sich die
handlung verlaufen und zugetragen, wie andere
unsere underthanen, recht zu geben und zu
nehmen, schiildig sein.
So sol es der malefitz und hohen frevel halbert
gehalten werden, wie daroben ein sonder
artickel der kirchendiener und ihrenthalben be-
griffen 65e.
Es sol auch jegliche schul ein gelegene be-
hausung, darinnen die schulmeister und kinder
ihre nottiirftige und zimliche wonung haben
mSgen, verordnet werden
Der vierte theil.
Von den superintendenten und inspectorn
der particularschulen.
Und damit diese schulordnung desto statt-
licher angericht, ins werk gebracht und darm
erhalten werden mSge, wSllen wir. das an jedem
ort in stetten und andern flecken, da schulen
sein, neben dem pfarrherr und amptman noch
zwen oder drey fromme, gottsfilrchtige, ver-
stendige, erbare, und wo roans gehaben mag,
menner, die da gestudiert haben, aul dem ge-
richt oder rath, zu superintendenten und inspec-
torn der schul geordnet werden, die nach-
volgender gestalt mit allem vleil ihre inspection
auf die schul haben und dieselben visitieren
sollen.
Nemlich und erstlich sol der pfarrherr aufs
wenigst im jar ein oder zweymahl, als im
frilling und gegen dem winter, wie oben ge-
meldt e6, in 5ffentlicher predigt ein ernstliche
vermanung thun, das man die kinder vleissig
zur schul schicken wSlle, mit anzeigung des
grossen nutzes, so daraul volge, und vie not-
wendig die schulen sein, da man nicht allein
gute kiinste, sonder auch und filrnemlich gottes-
furcht, tugent und zucht lerne, entgegen was
filr grosset, treffentlicher, ewiger und zeitlicher
schaden entstehe, so man die kinder hierinnen
versaume und nicht mit ernst und vleift zur
schul halte, nemlich, das sie ohne gottesfurcht
und erkantnul, auch ohne alle zucht (sonder-
lich wo die eltern, wie der mehrer theil ge-
schicht, ihrer arbeit und hanthierungen halb
nicht ob ihnen halten und sie ziehen und under-
weisen kSnnen), wie alas unvernunftige vihe,
aufwachsen und nicht lernen, was ihnen zu
hrem hell und seligkeit nutzlich und notvendig
ist, darneben auch hernach in zeitlichen und
weltlichen sachen weder ihnen selbst noch
andern rathen und nutz sein mSgen, und das
derwegen die eltern ihre kinder an ihrem glilck,
ewiger und zeitlicher wolfart nicht verhindern
sonder mit allem ernst und vleift (wie sie vor
Gott schilldig und darumb rechenschaft geben
milssen) befilrdern und dieselben, sonderlich
welche mit guten ingeniis begabt, nlcht yon
der schul als dem 5rdentlichen mittel der lehr
und zucht abziehen wSllen.
Hieneben auch bericht thun, wie ein muh-
selig ampt es sey und was fiir grosse sorg und
arbeit ein schulmeister mit den kindern haben
milsse, das sie derhalben dieselben in ehren
halten, ihnen ihr schulgelt und besoldung und
e Vgl. S. 198 f.
66 Vgl. S. 237.
30 241
Wolfenbfittel
saur verdiente gelt nicht mit unwillen, sonder
getreulich und richtig reichen und geben etc.,
wie sich dann ein jeder pfarrherr hierinnen
selbst seinem predigampt nach xvol wird zu
halten wissen.
Am andern sol er, pfarrherr, allein oder,
da es yon nSten, neben und mit ihme der ampt-
man und verordente inspectores zum venigsten
alle monat einmahl in die schul gehen und
sehen, ob und wie diese unser schulordnung
angericht sey und vie der nachgelebt werde,
ffirnemlich aber darauf acht haben, das neben
der lehr die furcht Gottes und erkantnul3 unsers
Herrn Christi, auch die eusserliche zucht und
erbarkeit bey der jugent vleissig getrieben
werde, das die knaben in und ausserhalb der
schul latine reden, auch alle vochen epistolas
schreiben oder ffirgeschriebene argumenta ver-
tieren, darzu aller -knaben geschriebene epistolas
besehen und ob die auch yon ihren praeceptori-
bus mit vleil3 der ordnung nach. wie oben im
ersten theil dieser unser schulordnung bey dem
exercitio styli begriffen;%, corigiert verden,
und wo sich feel und mangel befindt, abschaffen
und bessern
Und damit die knaben 5rdentlicherweil3 und zu
rechter zeit yon einer classe zu der andern
und hShern verordnet und geffirdert verden,
sollen pfarrher, amptman und die darzu depu-
tierten inspectores samptlich mitetnander, und
nicht der pfarrherr allein, alle vierteil jar die
schul visitieren und ein examen halten und
daran sein. das durch die schulmeister die ge-
schickten, fleissigen knaben in hShere classes
zu seiner zeit, vann unser obgemelten ordnung
nach die grammatic, dialectic und rhetoric jars
wieder angefangen werden, gesetzt, dieselben
ihres vleil3 halb loben und die andern auch
darzu vermanen und reizen, besonder acht dar-
innen haben, damit die tauglichen nicht in
den venigern classibus durch den praeceptorem
etwann ex privato affectu zu lang und gefehr-
- %
liclen behalten oder auch die ungeschickten
aul] gunst in die h6here befiirdert werden Und
da sie feel und mengel, das diese unsere ord-
nung nicht angericht und deren gemel die
jugend gelert und underwiesen wfirden, be-
linden, welche der schulmeister uber hievbrig
des pfarrherrs undersagen nicht abgestellt und
gebessert, dieselben 6rdentlich verzeichnen und
dem specialsuperintendenten desselbigen orts, so
er seiner superintendenz halben one das dahin
k6mpt, zustellen. Der all3dann neben obgemel-
ten verordenten die schul auch vleissig visi-
tieren, die knaben examinieren, und was er ffir
unordnung und mangel nicht abstellen kan, sei-
nen generalsuperintendenten neben anderm be-
richten sol, damit er das zu gebfirender zeit in
synodo unsern kirchenrethen anzubringen und
dieselben der gebfir nach bescheid zu geben
und einsehens zu thun wissen.
Do auch unser underthanen einer oder mehr
seine kinder in den schulen ein zeitlang er-
halten und doch dieselben wieder yon dem
studieren heraul3nehmen wolten, die superinten-
denten aber befinden, das der knab ein gut
ingenium hette, sollen sie die vermfiglichen
eltern mit vleil3 ermanen, die kinder bey der
schul verharren zu lassen, aber derjenigen, so
armuth halbert solchs nicht k6nten, die verord-
hung thun, damit ihnen vermSge unser kasten-
ordnung hfilf und handreichung geschehe.
Und nachdem oftmals zwischen den pfarherrn
und schulpersonen privatsachen oder der schul
halbert zweytracht und uneinigkeit entstehet,
w611en wir dem amptman und verordenten in-
spectorn hiemit auferlegt und bevohlen haben,
im fall solches geschehe, das sie beide theil ihres
ampts erinnern und ermanen, einander weder
publice noch privatim zu verunglimpfen, sonder
sich ihres entscheids gfitlich settigen zu lassen
und ihrer officien vleissig zu warten, wie dann
die inspect.ores allen ernst und vleil3 ffirwenden
sollen, damit sie beide theil gfitlichen ver-
gleichen und allen unwillen aufheben_
Soferne auch einer unsever underthanen
seiner kinder oder anderer sachen halber (wie
sich dann oft begibt, das die kinder, so yon
;% Vg]. S. 233 und 235 f.
b \-gl. S. 247 und Anm. 68 b.
242
lrchenordnung 1569
nicht junge knder darinnen, so noch teglicher
pflege rnit seubern zu underhalten, sonder dahin
gericht, darnit kirchendiener zu lehr und pre-
digampt, und soviel es irnmer mit dern segen des
allmechtigen zu erhalten, ftrderlichst daselbsten
erzogen, derhalben auch neben andern lectioni-
bus das studium theologiae nach gelegenheit der
studiosen ftrnernlich getrieben, auch die eltern
fiir solche ihre junge kinder bey ihnen in den
stetten und flecken schulen haben, sollen die
knaben und studiosi ihres alters yon zwSlf bib
in vierzeben jar ungefehrlich, auch eines guten
zum studieren tauglichen und febigen ingenii
sein.
Darzu dieweil den kirchendienern vor andern
zustehet, ehrlichen wandel zu ftihren, aber aul
und in der jugend leichtlich abzunehmen, was
im alter zu verhoffen, neben dem ingenio auch
eines stillen, ztchtigen und eingezogenen wesens
und haltens.
Desgleichen yon christlichen, erbarn und we-
sentlichen eltern geborn und christlich und wol
erzogen.
Und der praeceptorum grammaticae nach not-
turft und dermassen geschickt sein, das sie in
solchen keines besondern praeceptoris oder
underrichtung bedtirfen, wissen sich selbs darin
nottwendiglich zu helfen und secundam classem
unser particularschulordination nach erlangt und
ungefehrlich in primam classern oder unser
paedagogium zu Gandersheim zu promovieren
weren, damit sie gleich all, bald in unsern
klosterschulen ad altiora beftirdert und also
den cursum ihren studiorum desto ehe absol-
vieren und gebraucht werden mSgen.
Dieweil aber erwogen, wie etliche unsere
underthanen nicht eines solchen vermSgens, das
sie ihre kinder so lang bey den schulen, bib
sie die grarnmaticalia perfecte ergreifen, ob wir
ihnen gleich bey unserm paedagogio hi]If tbun
liessen, underhalten mSgen, dadurch leichtlich
fruchtbare und fehige ingenia mit nachteil der
kirchen verhindert, auch die eltern gleich an-
fangs, damit sie ihre kinder desto weniger zur
schul erziehen, abgeschrecket, so wSllen wit die
fernere verordnung thun, damit in etlichen un-
sern besondern darzu bestimpten kl6stern auch
die grammatica dociert, getrieben und gelehret,
dahin dann diejennigen, so in den praeceptis
grammaticae noch nicht gnugsamblich getbt,
aber doch unserer particularschulen classem
tertiam erreicht und nunmehr der andern und
derselbiger lectionen fehig sein mSchten, gethan
und eingenommen, volgends wo sie ein profec-
turn schaffen, alsdann zu den mehrern klSstern,
darin die hShere artes neben der theology ge-
lesen, beftirdert und also per gradus angebracht
werden sollen.
Wir wSllen auch die gnedige verordnung thun,
das ein besonder klo3ter zur underhaltung der
jungen deputiert, so ihre linguas und artes
dicendi studieren, desgleichen auch in theologia
ein solchen profectum geschafft, das sie zum
kirchendienst zu gebrauchen und doch mit con-
dicionibus nicht versehen werden kSnden, das
sie daselbsten im studio theologico noch mehr
gesterket ud exerciert und aldann mit mehr
frucht und nutzen der kitchen zurn ministerio
gebraucht werden mSgen.
Damit und abet hierundcr richtige ordnung
erhalten und mit aufnemung der studiosen
in unsere klSsterschulen dester weniger gefeh-
let, geirret oder unfualificierte zugelassen, so
sol ein jeder dermassen anhaltender junger zu-
forderst und eheer zu dem hierzu bedachten
examen admittiert, von seinem pfarrherr und
schulmeister seiner erudition, ingenii und wol-
haltens, und dann unsern arnptleuten, auch
gericht desselbigen orts, seines alters und seiner
eltern thun. lassens und zeitlichen vermSgens
und vas er sonst fiir brtider und schwester
und freundschaft habe und vie christlich er er-
zogen oder nicht, mitbringen und ftirlegen,
welche testimonia unsere pfarherr, schulmeister,
amptleut und gericht (soferne sie getrauen und
vermeinen, des jungen ingenii halber ein solch
beneficium an ihme wol angelegt, auch seine
eltern, vormtinder oder pfleger christlich ge-
sinnet, willen, lust und neigung haben, ihren
son in das ministerium komrnen zu lassen) ihnen
auf ihr anlangen rnitteilen. Doch sollen sie kei-
hen jungen, so mit einer heimlichen und ab-
245
Wolfenbfittel
scheulichen krankheit beladen xvere, zu unserm
kirchenrath weisen oder kommen lassen. Und
so es dieser punkten halb unserer ordination
nach, als obstehet, kein mangel, alsdann erst
seiner erudition vor unsern deputatis ange-
sprochen und erkiindiget xverden
Also das alle und jede, so in unserer klbster
schulen anzunemen, nachdem sis ihre testimonia
gnugsamlich aul3gebracht, dutch unsern super-
intendenten zu Wulffenbfittel und einen seiner
collegen in beysein zweyer oder aufs wenigst
eines aus unsern kirchenrethen examiniert und
erfarn xverden, ob er der lectionum, xvelche
wie hernacher, in den klbstern zu lesen und zu
docieren, sonderlichen bestimpt, fehig und mit
guten nutzen und profectu, ohne hinderung sein
selbs und der andern auditorum, dahin zu
beffirdern sey oder nicht, volgends xvie sis
ihne gewil31ichen und allerdings befinden, sampt
ihrem juditio seines ingenii, unsere kirchenrethe
in schriften aufgezeichnet berichten
So nun einer dermassen gelert und proficiert
hette, das er zu einiger klosterinstitution taug-
lich, sol derselbe nachgehends in sin kloster,
seinem captu und erudition gemel3, yon unsern
kirchenrethen, wo ein locus ledig befunden (der-
xvegen sis sin 6rdentliche verzeichnul3 und cata-
logum beyhanden haben sollen, daraul3 sie jeder-
zeit eigentlich sehen m6gen, was ffir knaben
in jedem kloster sein und xvieviel an der zal
mangeln) unserm prelaten des orts zugeschicket
und presentiert werden, velcher auch denselben,
wie andere, aufzunemen und zu erhalten schfildig
sein.
Keiner unserer prelaten sol keinen jungen
ohne zuvor examiniert, als vorstehet, zu der
klosterschul zulassen. So aber an der anzal
der studiosen mangeln und der prelat einen
qualificierten knaben wil3te, der mag ihne wol
zu unsern kirchenrethen gen Wulffenbfittel
sampt seinen testimoniis, als vorgemelt, weisen,
denselben examinieren zu lassen, und xvo er
geschickt befunden, alsdann sol derselbe erst
durch unsern prelaten angenommen werden.
Und dieweil, als im anfang gesetzt, alle und
jede jungen, die also in unsern kl6stern under-
halten, ihre studien genzlich und allein dahin
zu richten schiildig, damit sis zu der kirchen
lehr und predigdiensten mit der zeit zu ge-
brauchen, so wil sich auch gebiiren, das sis
darzu ihre eltern, vormfinder oder negst ver-
wandte freund sich hierzu obligieren in form,
wie volget.
Forma obligationis.
Ich N. von N. bekenne und thu kund hiemit
und in kraft dieses briefs, als der durchleuch-
tig, hochgeborn ffirst und herr, herr Julius,
herzog zu Braunschweig und Lfineburg etc..
mein gnediger ffirst und herr, auf mein under-
thenig bitten und anhalten mich zu fruchtbarer
volnftirung meiner angefangenen studien (die
ich dann mit verleihung gSttlicher gnaden allein
auf die theology, damit ich mit der zeit in der
kirch Gottes zu einem diener nach seinem gStt-
lichen beruff gebraucht werden mSge, zu rich-
ten, entliches willens und ffirnemens) in ihrer
l v. G. angericht klosterpaedagogium oder schul
zu N. gnediglich aufgenomen und erhalten
lassen, das hierauf ihrer F. G. ich schfildiger,
billicher dankbarkeit zugesagt und versprochen
hab, thu auch solches jetzo hiemit diesem brief
bester form, ihren F_ G., auch dem ehrwirdigen
herrn, herrn N., prelaten gemelts klosters, und
dahin verordneten praeceptoribus underthenig-
lich gewertig und gehorsam zu sein, den statutis
und ordnungen des klosters zu geleben und mich
denselben in allweg gemel3 zu halten und zu
erweisen, auch keinswegs one ihr F. G. und
des herrn prelaten vorwissen und erlauben aul3
dem kloster anderstwohin oder zu andern schu-
len zu begeben, sonder darin bib zu fernerm
bescheid zu verharren und mit allem ernst
und vleil3 zu studieren, sonderlich aber auf kein
profession dann die theology zu begeben und
in allweg mit Gottes gnad dahin zu arbeiten
und mich zu richten, damit ich ihren F. G. oder
derselben landschaft bey der kirchen als sin
kirchendiener zu gebrauchen sein mSge. Und
da ihr F. G. mich uber kurz oder lang zu
kirchendiensten gebrauchen xviirden, mich ge-
horsam und gewertig zu erzeigen und ihrer
246
Kirchenordnung 1569
auf ein ganz capittel, lateinisch und deudsch,
aua dem alten testament yon anfang der bibel
nach seiner ordnung verlesen und dasselbig
mit dem Benedictus 7o oder symbolo Athanasii 71
ein tag umb den andern, auch gew/nlichen
christlichen antiphonen de tempore und einer
collect beschliessen.
Es sol abet zu underrichtung der precum,
drzu im lesen des capittels aua der bibel diese
ordnung gehalten werden, das allwegen ein
studiosus solchs ein ganze wochen verrichte,
volgends per ordinem yon einem auf den andern
komme. So dan einen der ordo treffen wird, sol
derselb alas capittel laut, langsam, verstentlich
lesen, damit er hiedurch vor der gemeine rdent-
lich zu redcn gevohne und die andern auB dem
zuhBren ein nutz empfangen mSgen, auch der-
wegen zu gewohnung der heiligen schrift alle
studiosi und zuhSrer ihre eigene bibel vor ihnen
und vleissigs aufsehens darinnen haben sollen.
Und dann nach mittag die werktag sollen
utah vier uhr in dem chor einer oder zwen die
negsten auf die davor vor mittag absolvierte
psalmen volgende psalmen mit einer antiphona
de tempore gesungen und darauf ein capittel
aus dem neuen testament, abermals deudsch und
lateinisch, vornen anzufangen, gelesen, darnach
mit dem cantico -'Magnificat 72 oder Nunc dimit-
tis 7a, alternis, umb ein ander und gewbnlichen
antiphonen und mit einer christlichen und reinen
collect yon der zeit beschliessen.
Es sol fiir das 6rdentlich capittel am abend
natalis Christi entweder 9 cap. Esaie [1--6]
oder 2. caput Lucae 1--20], Paschae aber das
16. caput Marci [9--11] und dann ascensionis
Christi 1. caput Actorum [1--12] und Pentecostes
2. caput Actorum [1--12] umb 4 uhr, dieweil sie
die historias des kiinftigen fests begreifen, ge-
lesen werden
Nach dem nachtessen abet zum abendgebet
wieder ein psalm und der negst, an dem sie
es vor essens gelassen, gelesen, die sonder
gestelte oben inserierte precation und dominica
oratio gebetet werden, alles inmassen zuvor yon
dem friigebet gesetzt.
Ferner w/llen und bevelhen wit, das es an
allen Sonnabenden und in unser kirchenordnung
bestimpten feirtagsabenden in dem chor und
kircheniibungen allerdings gehalten werde, wie
yon den werktagen negst hievor underschiedlich
vermeldet, doch m6gen sie zu dem Magnificat
einen reinen und g(ittlichem wort gemesen hym-
hum oder responsorium singen.
Zu den Sonn und feyrtagen sollen die kloster-
jungen morgends dest zeitlicher und so man das
erst zeichen leutet, in die kirch yon den praecep-
toribus gefiirt, ein introit sampt dem Kyrielei-
son 71 und zu den hohen festen dafiir ein christ-
licher, reiner sequenz oder gradual gesungen,
das dominicale evangelium latine dutch der
jungen einen verstentlich und laut gelesen, dar-
auf das Pattern 75 gesungen und doch dB alles
im chor verricht, hernacher nach dem zusamen-
leuten vorund nach tier predig heraussen an
dem gewiSnlichen oft in der kitchen vor tier
gemeine ein deudscher psalm nach gelegenheit
gesungen werden.
Nach mittag aber an den Sonn und alien an-
dern feyrtagen sol man (ii-dentlich einen Iocum
aul dem catechismo explicieren und darauf
under den knaben examinieren, auch, so roans
haben mag, solche explication und examination
dutch der studiosen einen, welcher eines zim-
lichen alters und darzu tauglich, verrichten, dar-
zu roy und nach haltung des catechismi aII-
vegen ein psalmen deudsch singen.
Unsere prelaten sollen mit allem ernst und
vleia darob und an sein, das gemeinlich alles
70 Vgl. Brev. 1Rom,, Ordinarium divirti Officii ad
Laudes. P. Vern. S. 12 f.; P. Aestiv. S. 8 f;
P. Autumn. S. 8 f.; P. Hiem. S. 10 f.
l Bek. Schr. S. 28--30.
7.o Vgl. Brev. Rom., Ordinarium divini Officii
ad Vesperas. P. Vern. S. 31; P. Aestiv. S. 22;
P. Autumn. S. 22; P. Hiem. S. 26 f.
73 Vgl. Brev. Rom., Ordinarium divini Officii ad
Completorium. P. Vern. S. 36; P. Aestiv. S. 25;
P Autumn. S. 27; P. Hiem. S. 31.
7t Vgl. IR6m. MeBbuch, Ordo 5qissae, S. 458 f.
75 Das Nicfinische Glaubensbekenntnis, vgl. 1R6m.
Meabuch, Ordo Missae, S. 42 ff. [Bek. Schv.
S. 26 f.).
249
Wolfenbfiel
klostergesing sich zu der explication und exa-
mination des catechismi befleisse und gefehr-
lichen ohne ehehafte ursachen darvon nicht ab-
sentiere, auch in diesem fall die ungehorsame
nach gelegenheit und gestalt der sachen bey
straff darzu anhalten und zxvingen.
Die vesper sol gehalten werden an den Sonn
und feyrtagen, inmassen yon den feyrabenden
verordnet.
Damit werden sie sampt dem lesen uber
tisch one die andern lectiones theologicas in
der schul auf die sechs ubungen in der kirchen
und sacris, damit sie deren wol gexvohnen, haben.
Und damit die morgen und abendpreces, auch
lectiones, in der kirchen dest 6rdentlicher ver-
richt, so sol zu einem jeden, nemlich einer zu
den precibus und ein sonderer zu den lecti-
onibus der kirchen hebdomodarius von den
klosterpraeceptoribus deputiert und under den
jungen per ordinem abgewechsselt xverden.
Es sol auch jerlichen die communio coenae
dominicae, so oft communicanten vorhanden
sind, in der kitchen gehalten werden_
Auch allwegen am negsten Sontag darvor in
der predigt das klostergesind und discipuli not-
wendiglich informiert und darzu mit allem vleil
vermant.
Dieselb und was mit dem privato examine,
absolution und was mehr darunder von n6terL
allerdings unserer kirchenordnung gemelk
Desgleichen zu osterlicher zeit und andern
namhaften festen mit der predigt und aul-
legung tier darzu dienstlichen historien und
genzlichen in der kirchen jetzgemelter unser
kirchenordination ebenmessig gehalten werden.
Schulordnun mit den lectionibus.
Nachdem nun die jetztgemelte kirchenordnung
und ubung in den kl6stern dahin bedacht, das
die studiosi des lateinischen texts der heiligen,
g6ttlichen schrift von jugend auf gewohnen
und also zu dem kfinftigen kirchenampt zube-
reitet werden sollen, und aber viel singen und
lesen one verstand wenig frucht bringt, auch
nutzlicher ist, ffinf wort, wie Paulus sagt, in
der kitchen mit verstendlicher erklerung, dann
zehentausent ohne verstand reden, so haben wit
verordnet, das neben der kirchenubung auch
ein schulubung mit den lectionibus bonarum
atrium et theologiae, wie sie hernach ver-
zeichnet, gehalten werden soll.
Nemlich am werktag nach dem frfigebet, som-
mers und winters zeit, sol allweg ein lectio
theologica gehalten und in den ffirnemsten
klosterschulen ein buch aus dem alten testa-
ment oder ein epistola Pauli oder anderer apo-
steln, abet in den grammatistenschulen einer
aul den vier evangelisten oder Acta apostolo-
rum dieser gestalt erklert, das die studiosi
darin nach dem verm6gen ihres verstands,
beide, in grammatica und theologia, berichtet
werden.
Es sol abet tier praeceptor theologiae alle
tag ein lectionem theologicam halten und alles
dahin richten, das die jugent zu ihrem eigen
hell und dann zum kfinftigen gebrauch des
kirchendiensts angeffirt und auferzogen xverden.
Umb sieben uhr im s6mmer und acht uhr
im xvinter sol in den ffirnemsten schulen die
Grammatica Philippi Melanthonis ultima aedi-
rio ;6 und die Erotemata dialecticae Philippi,
wie sie in kurze quaestiones verfasset 77, alter-
nis, einen tag umb den andern, aber in den
grammatistenschulen ;s Quaestiones gramma-
ticae ex Grammatica Philippi ;9 und Epistolae
familiares Ciceronis auch alternis gelesen
xverden.
Nach mitta.
Umb zw61f uhr sol man in den ffirnemsten
schulen Aeneida Virgilii und Officia Ciceronis
alternis, doch solcher gestalt interpretieren, das
76 Vgl. S. 234, Anm. 53.
77 Vgl. S. 234, Anm. 52.
78 die niederen Klosterschulen. in denen die
Schiller noch hauptsichlich mit der lat Gram-
matik beschiftigt warcn. Vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 611.
'- Vgl. S. 229. Anm. 30.
250
., .enordnung 1569
das yon einem gesehen gethan und getrieben
geschehen sein, das verschweigen wtirde, sol
gleich dem theter gestrafft werden.
Und sonst auch sich an allen 5rtern im
kloster still, bescheidenlich, erbar und christ-
lich halten. Wo einer unbescheidenlich erfunden,
darumb vom prelaten ins gefengnul3, der ver-
brechung nach, gebtilt und gestrafft werden,
doch sol ihnen miteinander ztichtig, christlich
und erbarlich zu seiner gebtirlichen zeit, doch
latine zu reden, nicht abgestricket sein
Schuldisciplin.
Wie sich abet die klosterknaben in der schul
halten und welchermassen die uberfahrer in
allweg zu straffen, davon haben wir bey der
schulordination notwendige verordnung thun
lassen.
Von der tischzucht.
Und als yon Gott dem allmechtigen die narung
bescheret und er darumb angeruffen, gepreiset
sein und gedanket haben wil, so sol allwegen
vor und nach dem essen morgens und abends
das Benedicite und Gratias s5 gesprochen werden_
Auch die richtigkeit darin gehalten, das ein
studiosus umb den andern vom ersten bi auf
den letzten zu solchem eine wochen lang depu-
tiert werde, der das gebet mit erhobener stimm
und verstendlicher pronunciation verrichte.
Derhalben ein jeder, nachdem man zu tisch
geleutet, bey dem gebet gewillichen sein. Und
diejenigen, so es ohne nothwendige ehehafte
ursachen underlassen, gleichermassen gestrafft.
Auch allen denen, welche vom tisch ohne
ursachen und erlauben und ehe das Gratias
gebetet, aufstehn und weggehen wtirden, ihre
nachvolgende malzeit abgestricket.
Es sol uber tisch under dem essen morgens
und abends allemal ein ganz capittel aul dem
Eusebio in Ecclesiastica historia s6, una cure
historia Socratis 87, Sozomeni as et Theodoreti 89
oder dergleichen sacra historica, wie sie zu
jeder zeit mit rath der prelaten und super-
mtendenten bestimpt, dutch die klosterstudiosos,
einen nach dem andern, wie die ordnung einen
jeden treffen wird, verstentlich und mit er-
hobener stimm, das man es wol erhbren und
verstehn mSge, gelesen werden, und ein jeder,
an den das lesen kSmpt, dasselbe eine ganze
wochen versehen.
Welchen dann das lesen, gehbrtermassen, er-
reichen wtirde, der sol es selbs gehorsamlich
verrichten Da er das abet ohne sonderliche
zugegehene ursachen underlassen, pro arbitrio
praeceptoris. 0
So dann einer under dem gebet und lesen
uber dem tisch schwatzen oder sich sonst mit
ungeberden erzeigen in essen, trinken und
andern civilitatibus, so uber den tisch zu halten,
unztichtig erweisen wfirde, derselbig sol, so
oft es geschicht, mit abbruch etlicher malzeit
oder, noch herter, mit dem gefengnul, auch
wasser und brot gebtilt werden.
Item, sie sollen keine gest zu sich ftirdern
noch laden, auch aller gastereyen, zerens und
zechens in und ausserhalb des klosters genz-
lich enthalten bey vermeidung des prelaten
straff, darumb dem versch/ilden nach zu emp-
fangen.
Doch so ih,'en einem oder mehr des jars einmal
oder zwey sein ratter, bruder oder pfleger ihne
zu besuchen kommen wtirde, solchem sol als-
dann im kloster auf vorgehendes prelaten er-
laubnuI eine malzeit oder zwo nach gestalt
der sachen nicht abgeschlagen sein, aber hier-
85 K1. Katechismus. Bek. Schr. S. 522 f. Ev. Kgb.
Anh. S. 50.
86 MSG 20,45--906; Ausg. v. Schwartz, 3. Aufl.
1922
87 h1SG 67,33-- 842.
88 MSG 67,844 -- 1630.
89 MSG 82,B81 -- 1280
90 In der Wtrttemberg. KO yon 1559 folgt bier:
,,des weins drey tag priviert werden_" Diese
Strafe paste nicht auf die braunschweig.
Verhiltnisse und wurde gestrichen. Verse-
hentlich ist es offenbar unterblieben, etwas
anderes daltir einzusetzen. Vgl. Koldewey,
Schulordnungen, S. 611.
253
Wolfenbfittel
bey den darinnen bestelten personen kein an-
hang machen und haben, alles und jedes bey
vermeidung ernstlicher straffen nach gestalt der
sachen.
Darzu in allen und jeden des klosters ge-
machen nichts verderben, verbrechen, zerschla-
gen und verwiisten, sonder soviel sie nicht
verbessern, jedoch ganz und unzerbrochen blei-
ben lassen bey peen der uberfarung gemeB.
Darzu aufi dem kloster oder sonst nicht va-
gieren ohne erlauben der preceptorn bey straff
der preceptorn gut ansehen.
Viel weniger heim oder zu ihren freunden
reisen, es werde ihnen dann yon dem pre-
laten vergfinnet.
Und hierin lenger nicht aussen bleiben, dann
ihnen underschiedlicher terrain bestimpt und zu-
gelassen, bey ernstlicher unnachlessiger peen
und straff.
Gegen den jungen m6gen die praeceptores
nach gelegenheit der sachen zuweilen und
nach ihrem gut ermessen fiir die obgedachte
straffen auch die ruth gebrauchen und zu er-
haltung dieser unser statuten, lehr und andern
ordnungen sie verm6gen
Es sol ein jeder novitius schiildig und ver-
pflicht sein, was einer yon dem andern wieder
eins oder mehr dieser statuten und ordnung
gesehen, geh6rt, erfunden und vernommen, das
jederzeit dem prelaten oder praeceptoribus fiir-
zubringen und keiner des andern verschonen
bey gleicher buff, so dem rlelinquenten auferlegt.
XVann auch den praeceptoribus ein solch
delictum und excefi angezeigt oder ihrer einer
jederzeit solches fiir sich selbs gewahr worden
(darauf dann jeder seiner schiildigen pflicht
halben sehen und merken sol}. alsbald einen
jeden ubertretter zur straff anhalten, aber die
verwirkung, so mit dem gefengnufi gebiiBt und
gestrafft sollen werden, dieselbigen mit des pre-
laten vorwissen exequieren
Und ob einer oder rnehr den andern umb
angebung oder straff einiges ubertrettens mit
worten oder werken beleidigen wiirde, die sollen
und werden dermassen und nach gestalt einer
jeden handlung gestrafft und gebfifit, das ein
jeder ein exempel darab nehmen mag.
Item, es sol auch keiner heimlicherweiB ohne
vorwissen und erlaubnuB unser und des pre-
laten yore kloster abkommen.
Und so einer oder mehr hierfiber heimlicher-
weifi ohne vorwissen und erlaubnufi unser und
des prelaten aus dem kloster abtretten, so sol
solcher alsbald yon dem prelaten uns zuge-
schrieben, gedenken wir unsern amptleuten, un-
der des gericht solche gesessen, bevelch zu thun,
nach solchen abgetrettenen zu trachten und
in haftung zu bringen und dasselbige alsbald
uns zu berichten, damit wir als der landsfiirst
einen solchen mit dem prelaten wissen mSgen,
nach seiner verschiildigung und andern zum
exempel zu straffen und zu bfissen
Damit sich nun keiner der unwissenheit zu
entschiildigen habe, so sol nun hinfurt zu allen
quartaln diese ordnung und statuten 6ffentlich
in der conventstuben vor allen klosterstudi-
osen durch einen praeceptorem in gegenwertig-
keit des prelaten verstendlich vorgelesen und
declariert werden
Doch sol den prelaten und praeceptoribus
allwegen nach gelegenheit der umbstende fer-
nere straff fiirzunehmen und im fall yon n6ten,
auch an uns zu bringen und bescheid zu er-
langen, vorbehalten sen.
Von den prelaten.
Und demnach die notturft ffirnemlich er-
heischt, zu erhaltung der klosterschulen, in der
kitchen und scholastica functione, auch verwal-
tung der weltlichen klSstergescheften, gottes-
fiirchtige, gelerte und verstendige prelaten und
heupter den klSstern fiirzusetzen, so wollen
wit jederzeit, so ein prelat abkommen und ster-
ben wiirde, fiirdersame und entliche vorsehung
thun lassen, das an desselben start ein auf-
rechter, christlicher, gelerter, erfarner und tau-
genlicher prelat verordnet werde, welcher selber
mit predigt und lehr der kirchen, schul und
studiosen desselben klosters ffirnemlich mit nutz
und wolfart, dann auch anderm klostergesinde
256
Wolfenbfittel
Zum vierden sollen auch die personen, so kiinf-
tiglich aufgenommen, weder die kappen und
ordenskleider zu tragen noch mit den geltibden,
ewige jungfrauschaft zu halten, verbunden wer-
den, sondern nach geschehener verheissung des
gebtirlichen gehorsams, so lang sie im kloster
bleiben, in gebiirenden, erbarn, schwarzen klei-
dern und weissen schleyern zu wandeln auf-
erlegt werden.
Soviel dann den gottesdienst belangt, sol der-
selbige vermSge heiliger gSttlicher schrift yon
den klosterjungfrauen mit rechter christlicher
andacht teglich auf nachvolgende ordnung ver-
richtet werden.
Zu winters zeiten umb sech[ und im sommer
zu fiinf uhr sollen die jungfrauen morgends
auf dem chor an ihrem gewSnlichen ort zu-
samenkommen und eine aus den jungfrauen
anfangs das nachvolgend gebet mit lauter stimm
den andern mitzubeten vorsprechen
Precatio.
Allmechtiger, ewiger Gott und Vater unsers
Herrn Jhesu Christi, der du uns menschen im
anfang zu deinem ebenbild geschaffen, und da
wir durch den fall unserer ersten eltern, auch
unsere eigene angeborne siinde dem todt under-
worfen waren, durch deinen lieben Sohn Jhesum
Christum yon siinde, todt und verdamnuI3 ohne
allen unsern verdienst auI3 gnaden und deiner
lautern barmherzigkeit erlSset und zu dem
ewigen himlischen reich wieder geboren und
umb seinentwillen zu kindern und erben deines
reichs wiederumb angenomen hast, wir danken
dir yon herzen, das du neben allen andern
gnaden und gutthaten uns auch zu solcher er-
kantnufi hast gnediglich kommen lassen und
bib auf diese gegenwertige stund veterlich er-
halten, und bitten dich, du wSllest deine heilige
christlichen kitchen, welche in der ganzen welt
zerstreuet und dieser zeit mit mancherley kreuz
und wiederwertigkeit beladen, angefochten und
vervolget wird, durch deinen heiligen Geist
regieren und dieselbige sampt allen ihren recht-
schaffenen dienern gnediglich erhalten, des-
gleichen unsern allergnedigsten herrn, den r6mi-
schen keyser, sampt allen chur und ftirsten,
sonderlich aber unsern gnedigen herrn und
landsftirsten herzog Julius, S. F. G. christlichen
gemahl und junger herschaft sampt aller der-
selben rethe ond amptleut mit der kraft deiner
allmechtigen rechten beschirmen, das wit under
derselben schutz dir im frieden dienen und ein
gottselig, erbar leben ffihren m6gen, legiere
alle ihre rethe und anschleg, damit sie zu aller
zeit ftirnemlich die ehr deines g6ttlichen namens
beffirdern, gericht und gerecht_gkeit auf erden
uben. fried und einigkeit under sich selbst halten,
und steure allen denen, so derselbigen gott-
seligen ftirnehmen zuwieder, krieg und blutver-
giessen anzurichten sich understtinden_ Du w61-
lest auch uns deinen heiligen Geist mittheilen,
auf das wir unser ganzes leben nach deinem
willen und wolgefallen zu lob und preifi deines
gSttlichen namens und unser seelen hell an-
schicken, auf das wit zu allen stunden als deine
liebe kinder im rechten glauben und wahrhaf-
tigem gehorsam deiner heiligen gebott erfunden
werden und entlich das versprochen erbtheil im
himel mit allen deinen ausserwelten besitzen
mSgen durch unsern Herrn Jhesum Christum.
Amen.
Nach diesem gebet sollen nach gew6nlichen
anfang des gesangs die jungfrauen, jede in
ihrem stul, einen psalmen, zween oder drey
deudsch oder, do die jungfrauen die lateinische
sprach versttinden, zun zeiten lateinisch umb ein
andern singen oder beten.
Darauf yon der jungfrauen, so das gebet ge-
sprochen, ein capittel aus dem alten testament
deudsch gelesen.
Nach dem capittel sollen sie deudsch oder la-
teinisch das Benedictus gegen einander uber,
die form und weir. wie die psalmen, deudsch
oder lateinisch, so sie dieselbige sprach ver-
stehen, singen oder lesen, darauf eine reine
260
axrchenordnung 1569
Zum andern, yon ungewissen zufelligen ein-
kommen sol man erstlich auf alle lest und
Sontag in der kitchen vor oder nach der predigt,
wie es an jedem ort am gelegensten sein kan,
mit dem secklin das almusen samlen.
Es sol auch vor jeglicher kirchthtir ein er-
barer man mit einer tafel oder schtissel, das
almusen zu empfahen, stehen und warten, auf
das yon denjenigen, welche ihr almusen dahin
gelegener dann in das secklin zu geben, das-
selbe entfangen und menniglich zu h01f der
armen deste mehr angereizet werde.
Item es sollen etliche verordnet werden, die
auf Sontag und Mitwochen durch alle gassen
gehen, das almusen zu empfangen und zu sam-
len, deren jeglicher tragen sol in der hand
eine beschlossene btichsse, das gelt darin zu
empfangen, und auf den rticken einen korb
oder botten, das brodt oder anders darin zu
samlen und mit der andern hand eine glocken
oder schellen, damit menniglich vermanet sey,
das almusen zu reichen. Und was die also
samlen, an gelt, brodt oder anderm, das alles
sollen sic yon stund an den geordenten pflegern
zu underhaltung des obgemelten almusens uber-
antworten.
Und damit nicht allein die btirger und ein-
wbhner, sonder auch die frembden geste ihre
h{ilf und handreichung zu underhaltung solches
almusens thun mbgen, so sol in oder vor der
kitchen ein stock aufgerichtet und gesetzt wet-
den mit angehenkter tafel, dero gemehl 955 zur
handreichung einen jeglichen vermanen mSge,
auch in alle wirtsheuser eine beschlossene
biichssen bey der wand des obern tischs an-
gehenkt, clarzu ein bedeutung zu reichung des
heiligen almusens gemahlet und den wirten
sonderlich befohlen werden, ihre geste zur steur
and handreichung getreulich zu vermanen. Die-
selbige btichssen und schltissel sollen die ge-
ordente in den ftirnemsten stetten alle Sonn-
abend und in den andern stetten und flecken
alle monat nach jeder start und flecken gelegen-
heir gegen abend aufthun und das gelt den
pflegern uberantworten und die wiederumb zu-
schliessen.
Es sollen auch zur zeit tier ernte die pfarrer
ihre zuhbrer vleissig vermahnen, das sic yon
dem empfangenen segen Gottes den armen eine
reichliche handreichung thun w5llen
Item auf den hochzeiten, in der kitchen, wenn
man die ehe eingesegnet hat, sol yon dem
kastenpfleger oder custos ein becken in der
kitchen aufgesetzt und die hochzeitleut, den
armen etwas zu steur, durch den kirchendiener,
so die hochzeit eingesegnet, vermant und das-
selbig yon einem kastenpfleger empfangen,
underschiedlich gemerket und verrechnet werden
Desgleichen wenn man mit der leichpredigt
oder in andere weg bey der kirchen versamb-
lung belt. sol allwegen die versamblung, den
armen in das becken zu geben, vermanet werden
Iterr. es sollen auch tmsere gerichtspersonen
und stattschreiber, vor welchen testamenta auf-
gericht, desgleichen die pfarherrn und diacon
die testierende kranken tlnd sterbenden, so
solches wol vermSgen und nicht sonderliche
leibs oder angeborne arme erben haben, zu
einem testament und milter handreichung in
der armen kasten mit h0chstem vleiB vermanen.
Item der John yon dem geleut der ,gl,cken,
so den abgestorbenen nach geschicht.
Item das yon den geltstraffen oder brSken 95c
in der armen kasten auch etwas gegeben werde.
Item wo etwann in stetten oder flecken am
almusen zu underhaltung der nott/rftigen zer-
rinnen wtirde, sollen die pfleger der armen die
reichen, so eines guten vermSgen sein, insonder-
heir ansprechen und ersuchen.
Item das man zu wolfeilen zeiten, wa mtissig
gelt vorhanden were, frucht und anders zu
einem vorrath der armen aufkeuIen.
Wo auch kasten unl spittal nicht zusamen-
gezogen mbchten werden, sondern also ge-
95b ----- Gemtilde, Fischer, a. a. O. II1, S. 313 f.
95c -----Geldstrafe I/r Gesetzesbruch, vgl. Schiller
u Ltibben I, S. 429 .
263
WoLfenbtittel
trermt und gescheiden rniisten bleiben und aber
die spittel und siechenheuser uber die tegliche
underhaltung ihrer arrnen etwas in kasten er-
schiessen rnSchten, sollen sie dern arrnenkasten
zu hiilf korrnrnen. In surnrna, es sol je ein
arrnepflegschaft der andern die hand reichen.
Wenn aber ein dorf oder fleck so unverrniig-
lich were, oder der arrnen personen soviel
hette, das sie in ihrern flecken nicht under-
halten xverden rnSchten und aber andere flecken
desselbigen arnpts des verrnSgens, auch der
arrnen so wenig oder gar keine vorhanden,
so sollen alsdann denselben unverrniiglichen
flecken die andern verrniiglichen rnit ihrern
almusen zu steur un'.l htilf kornrnen, das dann
auch yon tier star desselben ampts verstanden
werden sol, damit in allwege, soviel irnmer rntig-
lich, gleicheit und fiirderung der arrnen gehalten
werden rnSge
Das ander capittel.
Wem man und mit was ordnung aus dem
kasten geben, helfen und rathen, auch wie
sich dieselbigen halten sollen etc.
Erstlich denen, so mit tiefer armut, alter oder
schwerer krankheit beladen.
Etlichen mug rnan geben und helfen, die gar
mit tiefer arrnut, alter oder sonst mit schwerer
leibskrankheit derrnassen beladen, das sie nicht
rnehr arbeiten und dienen rnSgen und sich ihre
tag frSrnlich, rnit treuer arbeit oder diensten
gehalten. Wa dann solche arrne in einer start,
da ein spittal ist, gefunden, die sollen in be-
denkung, das dieselbige spittel allein solchen
armen zu trost fundiert, in dasselbig spittal
aufgenornrnen und darinnen der gelegenheit nach
erhalten werden. Wo aber in stetten oder
dSrfern, da solche arrne und keine spittel weren,
die sollen yon der gerneine undergeschleift und
alsdann ihnen yon der gerneine, auch arrnen-
kasten desselbigen orts, soviel die gelegenheit
desselbigen kastens erleiden rnag hfilf gethan
werden. Wo aber des kastens ungelegenheit
halbert sich die htilf daraug, des arrnen notturft
nach, nicht so welt strecken rnSchte, alsdann
die gerneine rnit ihrer handsteur zu geben und
helfen und die prediger alas volk verrnanen,
solchen fromrnen arrnen ihre tegliche steur und
alrnusen auch rnitzutheilen, damit dannoch die
arrnenkasten nicht gar uberlegt, sondern irn
wesen dester bag auf ein leidigen unfall den
arrnen zu einern vorrath und trost bleiben
rnSgen und nichts desto weniger solche frornme
arrnen in ihrer noth versehen werden, welche
der bettler zeichen frey sein sollen.
Haugarmen.
Den andern, so hauBarm sein. die weib und
kinder haben, sich fr6rnrniglich rnit treuer arbeit
oder diensten dern gerneinern nutz oder sonsten.
wahin man sie gebraucht, halten und sich doch
hiernit, und sonderlich zu theuren zeiten, nicht
betragen und auBbringen rnSgen, auch etvan
gerne arbeiten und dienen wolten und nicht
zu arbeiten oder zu dienen haben, denen sol
rnan urnb Gottes willen nach gelegenheit ihrer
arrnut und der personen vom arrnenkasten oder
dern teglichen alrnusen, so man versarnlet, steur
und handreichung thun, ohne hoffnung der er-
stattung und wiedergebens. Dieselbigen. nem-
lich die alten, es sein rnann oder weib, sollen
vornen an ihren kleidern 5ffentlich und unver-
deckt der start, in der sie begriffen, zeichen
stettigs an ihnen tragen, darnit jederrnan sehen
mSge. were solches gegeben. Doch sollen die
alten das alrnusen und hfilf selbst ernpfangen
und ihre kinder nicht darnach schicken, sonder
zu der arbeit ziehen und halten, darnit sie in
der jugend zu dern betteln dester weniger ge-
wehnet verden
Doch sollen solche arrnen zuvor und ehe dann
sie zu solchen alrnusen gelassen, yon den ampt-
leuten und gerichten ernstlich gewarnet und
verrnahnet werden, sich alles spielens, zechens,
wirtsheuser, heirnblich und 5ffentlich, unniitz-
lichen verschwendens, faulenzens und rntissig-
gehens zu enthalten, sondern heuglich, arbeit-
264
Kirchenordnung 1569
sam, sperig:*%, frtmmiglich, wesentlich und zu
Gottes wort und ehren zu halten, auch ihre
kinder dahin zu weisen and ziehen. Dann wfirde
hiertiber derselben einer abet dem spiel oder
sonsten in den wirtsheusern, heimblich oder
flentlich, oder sie, ihre weiber oder kinder
faulenzen, ohne arbeit und dienst, and doch
wol arbeit and dienst teglich and billiche be-
lohmmg haben and bekommen mSchten, er-
funden, daraui dann die amptleut, gericht, rath,
allgeschwornen und sonderlich die stattknecht,
bettelvtgte, burmeister eJn besonder aufmerken
haben sollen. Der oder dieselbigen alle, yon
denen solches ftirkSmpt, sollen das erst real,
nemlich der man im thurn am boden drey tag
und nacht gestrafft and gebtilt and das weib,
so also ergvJffen, des almusen acht tag beraubt,
das ander real der man acht tag im thurn
und die frau in einer frauen gefengnu drey tag
gestrafft and gebfiit und zum dritten real mit
weib und kindern des lands verwiesen werden,
ihnen selber zu wolverschtildter straff und da-
mit ander solch exempel fiir augen zu nehmen
und sich daftir zu verhtiten wissen, alIes nach
gestalt und gelegenheit der personen und
sachen. Welche straffen auch durch unsere
amptleut und gericht nicht eingestelt oder ver-
zogen, sondern gegen den uberfarern beyzeiten
ftirgenommen werden sollen. Dann woferne
durch sie gefehrlichen''e zugesehen, bill die
armen dartiber in das alter oder sonsten leibs
tmvermtiglicheit gerieten, gedenken wir alldann
gegen denselben fahrlessigen amptIeuten und
gerichten gebtirlichs einsehens also geschehen
zu lassen, damit die armenkasten ihrer fahr-
lessigkeit nicht entgelten sollen. Wo abet solche
haufiarmen and kinder sein. die gerne arbeiten
und dienen wolten und zu arbeiten und diensten
ftir sich selber nicht kommen mSchten, so
sollen die amptleut und gericht sie zu arbeit
und diensten, es sey am gemeinem nutz oder
sonder personen oder zu einem eigen eintragen-
den baugtitlein beftir:iern oder die hand bieten,
damit in alle wege bey ihnen das mfissiggehen
verhtitet und nicht faulenzer, auch die arme-
kasten desto weniger mit ihnen beschweret
werden.
Den dritten, so nicht als gar mit tiefer armut
beschweret sein. sondern ein wenig guts haben,
oder einem armen handwerksman, der sein
handwerk ohne htiIf und vorsetzung nicht an-
fahen noch treiben kan, muf man umb Gottes
willen auf wiedergeben, so sie es anderst
der zeit zuwegen bringen mbchten, nach ver-
mbg des kastens und gelegenheit der personen
zimlich leihen und vorsetzen. Und die sollen
mit dem bettlerzeichen aufi beweglichen ur-
sachen nicht beschweret werden_
Den vierten, zur zeit der theurung, der ohne
grossen nachteil seine gtiter nicht verkeufen
kan, sol man nach verm6gen des kastens und
gelegenheit der person auf wiedergeben leihen
und vorsetzen
Zum itinIten sol man auch in einer jeglichen
start oder flecken, da man lateinische schulen
heir, etliche arme knaben nach vermfigen der
start oder flecken mit dem almusen zur schul
halten oder ihnen zum wenigsten wochenlich
ein steur geben.
Armen vaterlosen weysen.
Zum sechsen, arme vaterlose weysen sol man
zu handwerken, schulen, zun ehren und hau-
haltung mit angehefter vermanung der xvieder-
geltung, xvo ihnen ihre hand so lang wird,
mit hOchstem vleiB verhelfen.
Zum siebenden, zur zeit serbender noth, auch
sonsten, so ofk arme dienstknecht und megde,
auch andere frembde haskig niederfellig und
krank wrden oder mit dem erbgrind und
andern schweren krankheiten beladen weren.
und abet yon ihrem eigen nicht zu leben,
uch yon ihren herrn und frauen underhaltung
nicht erlangen mOchten, die sollen yon dem
95d = sparsam, Fischer. a. a- O. V, S. 1484 f.
95e Xg! S. 247 u. Anm. 68b
. 265
Wolfenbfittel
gemeinen almusen oder spitteln undergeschleift.
geheilet und zimlich underhalten werden, so-
lang biR sie ihre gesundheit zimlich erlangen,
und doch die herrn und frauen darneben dutch
die kastenpfleger vermanet xverden, ihnen, in
ansehung sie in derselben diensten krank und
niederfellig xvorden, zum wenigsten eine hand-
reichung und hfilf zu thun.
Zum beschluR dieses capittels w6!len wit auch
ernstlich hiemit alle unsere underthanen, arm
und reich, vermanet und ersucht haben, das
sie sich selbst, auch ihre kinder und gesinde,
zu den predigten und sonderlich zu dem cate-
chismo, so man nennet der kinder predig und
frag, das wort Gottes zu h6ren und zu lernen,
mit allem vleiR schicken und ffirnemlich, das
diejenigen, so die hand auR dem armenkasten
gebotten wird. ihre kinder, die manspersonel,
die knaben "rod die frauen die t6chter, mit sich
zu solcher kinderlehr selber ffihren und be-
suchen w611en und der keine ohne ehehafte
ursachen versaumen bey verxvirkung der ge-
meinen kastenhfilf oder anderer straff, dem
verschfilden nach auch xvo die herrn und frauen
ihre knechte und megde umb eigennutzigkeit
willen nicht zur predigt und catechismo an-
hielten, sollen dieselben, wo die knecht und
megde bey ihnen in krankheit fielen, noch
ferner mit hfilf und handreichung solchen kran-
ken erlalten, nach gestalt der sachen gestrafft
werden.
Wie es mit den frembden bettlern und land-
streicher, auch den leichtfertien armen e-
halten sol werden.
Damit den einxvonenden dfirftigen arrnen
leuten dest statlicher und reichlicher geholfen
und andere beschxverlicheit und unrath, so yon
den frembden betlern und landstreicher biRher
an vielen 6rtern und enden scheinbarlich und
beschwerlich begegnet ist. verhfitet m6ge wet-
den, so w611en und gebieten wit ernstlich, das
alle landstreicher in unserm ffirstenthumb xveder
auf jarmarkten, noch zu andern zeiten nicht
gelassen, darinnen gar nicht gedfildet, sonder
sollen hinaufigewiesen werden und ffirnemlich
die amptleut, bfirgermeister, gerichten und
kastenpfleger an den grenzen und ortemptern
die vleissige und ernstliche versehung thun,
das die daselbst abgewiesen und nicht in unser
ffirstenthumb eingelassen werden. Dann diese
im schein angemaBter armuth allerley brand,
mord, raub, diebstal und verretherey anrichten
und uben, zudem mit ihrer faulkeit, gleich wie
die hummel dem arbeitsamen bienlein, den
armen dfirftigen das brodt vor dem munde
abzuschneiden understanden. "Vfirden abet die
an einem oder mehr 6rtern in unserrn ffirsten-
thumb, es were auf jarmarkten oder andere zeit,
yon jemand zugelassen und gedtildet oder auf
den grenzen yon den arnptleuten und bfirger-
meistern nicht abgewisen, geferlichen und wis-
sentlichen durchgelassen, gedenken wit, diesel-
bigen darumb mit ernst zu straffen, darnach sich
ein jeder wisse zu schic[en.
Nachdem man abet einen frembden, den die
groB unvermeidliche noth etwan tringt, dutch
ein land seiner notturft nach zu ziehen, leicht-
lich erkennen und underscheiden mag vor einem
landstreicher, der allein auf dem bettel und
faulenzen umbzeucht, sollen die landstreicher
an den grenzen unsers ffirstenthumbs und ort-
emptern abgewisen und umb obangezeigter ur-
sachen willen zurfick wiederurnb zu ziehen mit
glfibden verpflicht, den andern abet eine mal-
zeit, oder wo sie verspedet wfirden, uber nacht
yon gemeinem almusen nach verm6ge des
kastens und gelegenheit der personen eine zim-
liche steur gegeben und damit fortgewiesen
und ihnen keinswegs vor oder in den heusern
zu bettlen gestattet werden.
Und als sich oftmals zutregt, das die armen
durchreisenden ihrer leib halb also schwach,
krank und unvermfiglicl, das sie zu fug und ffir
sich selbs ohne fuhr oder hfilf nicht fortkommen
m6gen und dann yon alters solche kranken ffir-
ziehenden in fron an de negsten 6rter und flecken
dutch die einw6hner geffihrt und geffirdert wor-
den, so w611en wit demnach, das in solchen
gesetzten fellen, und wo ihnen also kranken
zukommen und zugebracht, unsere amptleut
jeder 6rtern und flecken allezeit die verordnung
266
Wolfenbiittel
das ihre schendlichen verthun zar leichtfertig-
keit, mit dem almusen in keinen veg geholfen
und fiirschub gethan, sonder der miBbrauch des
almusens, ob sie es schon durch list und un-
wissenheit der pfleger zmvegen gebracht herren,
bey ihnen nach erkantnuB der amptleut und
gerichten und gelegenheit der sachen and per-
sonen scharpf und ernstlich gestrafft, auch die-
jenigen, so der ordnung zuwieder sich des bett-
lens nicht entbalten oder in einigerley weg un-
geschickt erzeigen wolten, die sollen gleicher
gestalt nach maB der ubertrettang in ernst-
liche straff genommen verden
Unsere ernstliche meinung ist auch. vo je-
manden diejenigen, velcben auB den armen-
kasten geholfen, zu zechen und spielen ein-
ziehen, denselben bier und anders zur zeche
reichen oder mit ihnen spielte, das solchem
nicht allein nichts fiir die zech und spiel, va die
aafgeschlagen, gevolget, sonder wo sie gleich
ichtigs derwegen empfangen oder eingenommen
hetten, yon unsern amptleaten die wirte und mit-
spieler dasselb dem armen vider herauBzageben
angehalten, darzu nach gelegenheit and ge-
stalt der sachen umb ein geltbuB in armen-
kasten zu erlegen, gestrafft werden.
Wie die nottiSr[tigen, [romme armen zum
almusen erkennt und angenommen werden,
auch der undankbsrn halben einsehens
geschehen soil.
Damit nun hinfurt in diesen fellen allein
den fromen armen und dester underschied-
lieher und 6rclentlicher weir geholfen wercie,
sich die faulenzer, verschvender und rauch-
losen dester veniger under die frommen, denen
zu abbruch, einmischen, auch die gutherzigen
spiiren m6gen, were und wie das almusen auB-
gespendet, und dester mehr angereizet, ihr steur
und handreichung in die armenkasten oder
den armen in andere xvege zu geben und
sonst alle auBrichtung dieser unser ordnung
nach dester wirklicher und richtiger voln-
strecket mSge werden, vSllen und bevehlen
wir, das niemand also zu empfahung des al-
musens zugelassen oder umb Gottes villen ge-
geben oder geholfen werde, es sey denn einem
yon dem amptman und gericht, da einer geo
sessen, solches seiner notturft und wolhaltens
dieser unser ordnung nach (und nicht auB
gunst) vergSnt und zugelassen.
Am andern, das ein jeder statt und flecken,
nemlich in den steten der amptman und
liche verordente yon dem gericht und in den
d6rfern der schultheiB und ein gericht, des
jars zu vier sondern gerichtstagen, der armen
halbert zusammenkommen und yon den kasten,
spittal und andern pflegern, auch bettelvSgten,
alle feel und mengel ihrer verwaltungen, auch
der armen thun und lassen, und wem las
almusen zu geben oder nicht, und ob die armen
neben ihren weib und kindern die predig des
heiligen g6ttlichen worts, insonderheit die kin-
der zu der frag, arbeit, zucht, handwerken,
diensten oder schulen gezogen, und wie sonst
in allweg dieser urmer ordnung nach gehauset
werde, mit sonderm ernst und vleiB alles be-
fragen und einnehmen sollen, xvas dann un-
richtigs, beschverlichs und gefehrlichs sie be-
funden, dargegen dasjenig ffirnehmen, das sich
gebiirt, und getrauen gegen Gott und uns zu
veran tvorten.
Item, ob auch gelt, frucht, bier oder anders
m tier kasten und spittal in vorrath, wie die ver-
wart, und ob yon dem barem gelt lem kasten
etwas eintragendes anzulegen, oder zu kaufen,
oder frucht oder anders zu verkaufen sey der
nicht, alles berathlich und nutzlich erwegen und
darnach den pflegern darauf bescheid geben.
Item, das bei jedem gericht in den stetten
und dSrfern sonderlich register gehalten und
darin, was sie in solchen gehaltenen gerichts-
tagen erkennen und bescheiden, underschied-
lich und insonderheit die armen mit ihren
namen und zunamen sampt ihren weib und
kindern, so von ihnen erkent, inmassen oben
gemelt, des almusens oder hiilf nottiirftig und
fehig zu sein, auch wie und xvas man einem
jeden geben und helfen sol, geschrieben und
alBdann den pflegern oder auBspendern ab-
schrift gegeben werden, damit ein jeder under-
schiedlich wissen mSge, was er geben und ver-
268
Wolfenbiittel
stellung verffigt, damit ftir diese gebrechliche
bey den siechenheusern auch eigene abgestin-
derte gemach angericht, darin diejenigen, so
htilf bedtirfen, undergebracht, ihre pfleg und
curare haben mSgen.
Zu welchen wit auch. und also den sunder-
siechen und blatterigen, zuvorderst abet unser
gemeiner landschaft zu gnaden und gutem,
etliche leib und wundarzte in gewissen ge-
zirken unsers ftirstenthumbs verordnen wSllen,
also das dieselben sich neben anderer ihrer
practick der armen kranken, gebrechlichen leuten
in den siech und blatterheusern annehmen und
vermittelst gStlicher gnaden dieselben in ihrer
cur und arztneiung haben sollen. Derhalben
sol hinfurt keiner unserer underthanen, so
sundersiech, in die ein6de verstossen, sonder in
desselbigen ampts, start oder flecken zuge-
ordente behausung geschickt, da er auch ein-
genommen werden sol. Und so derselb arm des
vermSgens nicht were, sich yon seinem eigen
gut darin zu erhalten, w611en wit, das ihme
leibsnarung yon dem almusen, inmassen under
den armen blatterigen hernacher gesetzt, ge-
sch6pft und dem siechenhaul gebtirliche er-
getzung wiederfahre.
Gleicher gestalt, wa arme unvermtigliche,
blatterige, franzSsische oder sonst gebrechliche
leute, so nicht gtiter hetten, weren, welchen
daheim nicht ftiglicher zu helfen, die mSgen
auch in die darzu verordente blatterheuser ge-
schickt, daselbst im fall der noth und gelegen-
heir der krankheit nach die oben bestimpte
unsere darzu verordente wundarzte gebraucht
und yon dem almusen, doch auf wiedergelten.
so sie zu verm6gen kemen, geheilet, auch die
zeit ihrer krankheit darvon zimlich underhalten.
Wenn sie aber gtiter herren, ihnen auf
dieselbige gtiter auf wiederbezalung ftirgesetzt
und geliehen werden, wie sich der fleck (in-
massen er auch thun sol} mit den verordenten
der start, da das blatterhaul vere, jederzeit
vergleichen wird, alles nach gelegenheit der
kasten, spitalen und personen, also das solche
armen in ihres leibs notttirften der g6ttlichen
mittel auch geniessen m6gen und dieselben
ihnen ihrer armuth halben nicht entzogen, son-
dern die brtiderliche liebe und treu in allweg
gegen ihnen auch bewiesen und erzeigt werde.
Derwegen die sundersiechen, blatterigen und
gebrechlichen nicht mehr im land umbreiten
noch ziehen oder sich bettlens befleissigen, son-
der in allweg in ihren verordenten heusern
bleiben sollen.
Do aber einer oder mehr blatteriger, franzS-
sischer, presthafter, ftiglicher und mit ringerm
kosten in dem flecken daheim oder in der nahe
curiert und geheilet werden mSchte, dem oder
denselben sol, im fall sie des bedtirftig, solcher
gestalt handreichung und htilf mitgetheilet wet-
den. wie negst gesetzt.
Wo auch in unsern stetten und emptern leut
befunden, die mit aussatz, blatteriger, franzS-
sischer oder dergleichen krankheiten beladen,
die eines verm6gens, dieselben sollen nicht desto
weniger auf ihr beger eingenommen, die pfleg
und cura mitgetheilet, doch dassie dargegen
schtildig sein, ihr essen, trinken, pfleg, warte
und curare nach billichen dingen selbst zu be-
zalen, damit der armen gtiter nicht beschweret
und zu ihrem schaden und nachteil in abfall
kommen.
Als sich nun oftmals oefindt, das den heusern
der armen sundersiechen und blatterigen viel
nachtheils durch teglich uberreiten erwechst,
auch mehrmals betrug bey solchen landfehrern
befunden, ist hierauf unser bevelch, das hinfurt
kein frembder sundersiech oder blatteriger in
unsern stedten und emptern der geordenten
heuser mehr warm einmal, es were dann, das
sie ihren notwendigen gescheften noch am
wiederreisen solche ant'effen, gehalten, auch
so einer oder mehr wieder wtirde kommen,
der sol nachmals nicht weiter eingelassen
werden.
Das dritte capittel.
Von aufnehmun_ der kasten und
spittalpfleger.
Anfenglichs sollen durch den amptman und
gericht jedes orts in beysein des pfarrers oder
superintendenten ftirsichtige, gottsftirchtige, er-
270
Krchenordnung 1569
bare und redliche menner, die dem wort Gottes
anhengig, die ein gut gezeugni6 bey jederman
baben, nach dem bevelch der apostel [Act 6, 2 f]
zu der armen und spittalpfleger erkoren, item,
die der verwaltung und hau6haltens, auch
schreibens und lesens bericht und den armen
aus christlicher treu und liebe geneigt sein,
und sollen solche erkorne pfleger anderer pIleg-
schaften enthaben sein.
Von glfibd der pfleger.
Warm und so oft also von amptleuten und
gerichten die erwehlung der pfleger geh6rter-
reassert geschehen, sollen dieselbigen personen
ffir sie geschickt und ihre verwaltung und
instruction Itirgehalten, auch erinnert und vet-
manet werden, alas sie sich dieses ampts und
verwaltung, mit gutem geneigten willen, bestes
und getreues vleisses zu underfahen; dann neben
andern christlichen werken solches Gott ein
besonder gefellig xverk, ampt und dienst .ey,
mit solchen und dergleichen vermanung und
erinnerung, und alsdarm darauf solches ihres
ampts halber, wie volget, geloben und schweren
lassen.
Eyd der pfleger.
Ihr werden geloben und darzu schweren einen
eyd zu Gott dem Herrn, unserm Vater, alles
des armenkastens und spittals einkommen, es
sey gelt, schfilden, frficht und alle andere haab
und gfiter, dem kasten oder spittal zugeh6rig,
getreulich zu bewaren und in keinem wege
anders zu verendern noch zu gebrauchen oder
dieselbige in euren selbst eigen nutz zu ver-
wenden, bey verpfendung eurer selbst eigen
gtiter, liegender und farender.
Zum andern euers jetzt auferlegten ampts
oder pflegs administration dieser ordnung nach
geme6 volnziehen und verrichten, auch euers
einnehmens und au6gebens jerliche gute, er-
bare, underschiedliche und aufrichtige 6rdent-
liche rechnung mit euern register trod rech-
nungsbficher, auch bezalung thun.
Zum dritten alle frficht, vihe, futter oder
anders in getreuer verwahrung und ntitzlicher
versehung haben, und was davon zu verkaufen,
mit rath und gutbedfinken des amptmans und
gerichts zu rechter und bester zeit mit gutem
urkund dieselbige umb bar bezalung mit under-
schiedlicher aufzeichnufi hingeb.en.
Item dergleichen die au6gab der hau6haltung
halben in dem spittal mit der wochen und
quartalrechnung urkfindlich verrichten.
Zum vierden allen federbett und leine-
gewand, auch andern vorrath, schiff":' und ge-
schirre underschiedlich inventiert, wolverwarth,
in besserung und one abgang haben und hal-
ten, was daran jederzeit zerschlissen, dasselbig
darlegen, und was mit neuen wider ergenzt
und ersetzt, dasselbig in dem inventieren ur-
kfindlich setzen und vergreifen lassen.
Zum ffinften alle beynutzung verrechnen, des-
gleichen ftir euch selber, noch sonst in ge-
meinschaft, weder an zehenden, eigen nutz-
baren gfitern, noch andern gefellen, euer amp-
tung oder pflege zugehSrig, in keinem wege
bestehen noch theil oder gemein haben.
Auch eure frfichte in den kasten nicht
schtitten, da euer ampt oder pflege Irtichten
liegen.
Zum sechsten, das ihr auch keine frucht
auf, noch ab dem kasten thun noch thun lassen
ohne urkund und beysein der verordenten, ge-
schwornen kornmesser, auch ernstlich und mit
sonderm vlei6 verhfiten, das euer hau6gesind
noch andere, so nicht notttirftig darzu sein,
uber die frficht nicht gelassen werden.
Zum sieb.enden auf alle erbare zucht des
spittals oder armenkastens personen, sonder-
lich auf die arme kinder, das die ehrlich ge-
zogen, wie das auch alles anders diese ord-
hung au6weiset, mit vlei6 sehen, und soviel
die euch beriirt, verrichten, und sonst alles
95g = Metallgefi6 im Herd zum XVasserwirmen: ,.schlff und geschirre" der gesamte Haus-
rat; Fischer, a. a. O. V, S. 827.
271
Wolfenbtittel
dasjenige thun und leisten, das euer verwaltung
nutz und wolfart ist, nach eurem besten ver-
mtigen und fleifi, ,vie einem frommen, ehr-
liebenden biderman gezimpt und gebtirt, ge-
treulich und ungeferlich
Von verwaItung der armenkasten und
spittalen
Nachdem sich bey verwaltung und admini-
stration der kasten und spittal zutragen mSchte,
das nicht allein von solchen pflegern, der-
gleichen den amptleuten und gerichten, kein
aufsehen oder gebirlicher, schtildiger vleil3 ftir-
gexvendt, damit der armenkasten und spittal
mit ntitzlicher und 5rdentlicher haulhaltung in
besserung gebracht und die armen darau13 beo
dacht, erhalten und versehen xvtirden, sonder
yon etlichen ober und underamptleuten, ge-
meinen, sondern personen und pflegern mit
teglichem scblamm unnbtiger und ubermessiger
zerung, gebrauchung ihrer ftiren und menin 95h
mlt erforderung gemester schwein, speck, auch
dergleichen essender ding und sonst allerley
ungebtirliche, geschxvinde eigennutzigkeit vor-
theiliger, geferlicher und aufsetzigerweise ge-
braucht xverden, also das auch etliche solcher
armenkasten und spittal gelt, frtichte, liegende,
eintragende gtiter und anders zu ihrem selbs
vortheil und eigen nutz gebraucht und an-
gelegt und dann mit verkaufen frtichten, auch
verenderung derselben, allerhand geschwindig-
keit und vortheil getibt und angericht xverden
mbchte, welches alles der amptleuten und ge-
richt eigennutzigkeit und farlessigkeit schuld
ist, das sie mit ihrem ampt mit aufsehen ihren
schtildigen vleil3 nicht ftirgewendt und der
armen wenig, sonder allein ihres geltists, selbs
gescheften und eigen nutz gesorgt und ge-
machet, dem zu begegnen, wollen vir hinfurt,
das nachvolgende ordnung gebraucht und ge-
halten werde.
Dieweil man in kleinen dbrfern ftir gelt und
brief gemeinlich nicht gnugsame verwarung und
behaltnufi hat, so sol man an einem jeglichen
solchen orth einen kasten in der kirchen, oder wo
roans am besten verxvahren mag, haben, tier mit
beschlag und schlSssen vleissig verwaret sey,
damit dem almusen kein schade zugefiget mSge
werden.
Und derselbig kaste sol zum wenigsten mit
dreyen underschiedlichen schlSssen verwaret
sein, die schlfissel aber nach jedes orts gelegen-
heit under die amptleut, burgermeister und
pfleger aui3getheilet werden, damit keiner allein
den kasten 5ffnen m6ge.
Es sollen auch in demselbigen kasten gelt
und klein6ter, auch alle heuptbrief und regi-
ster, dem almusen zugeh6rig, von denen die
pfleger jederzeit glaubwirdige abschriften und
copeyen underhanqen haben sollen, beschlossen
und verxvaret xverden
Item die pfIeger und verordenten sollen alle
wochen, xvas allenthalben her ftir gelt, tuch
oder anders dergleichen gefelt und in das zu-
fellige einkommen geh6rt, vleissig und brdent-
lich aufzeichnen.
Es sol auch der fleck oder stadt kein gelt
au dem kasten zu dem gemeinem nutz nehmen.
auch nicht an der stadt oder d6rfer gebeu, zur
steur, schatzung, h6rzug 95i, brunst oder ander
zerung, kosten oder hirtenlohn und dergleichen
gewendt noch entlehnet werden, wie bher
etwann geschehen ist, sonder sol der kast vor
dem allem gefreyet und versichert sein.
Was sonderliche personen au3 dem kasten
der kirchengiter, briderschaften und der-
gleichen hievor entlehnet haben, sollen das-
selbige dem kasten und spittal xviderumb be-
zalen. XVenn aber ein ganze gemeine aus dem
kasten oder spittal zu hilf der hievor lang
gewerter teurung und anderer not entlehnet
haben, sollen das dem kasten oder spittal
auf ziel nach gelegenheit des kastens, personen
und zeit wieder erstatten. Hetten abet ober,
underamptleut, pfleger oder andere aus dem
kasten, spittal oder andern deren pflegschaften
95h ----Gespann yon Ochsen oder Pferden. Fischer.
a. a. O. IX', S. 1601 f.
95i----- Heerzug. vgl. Fischer, a. a. O. III, S. 1536.
272
XVolfenbtittel
\Vo aber einer oder eine solches so gar ver-
echtlicher und muthwilligerweil3 erlassen, der
oder dieselben sollen nach gestalt trod gelegen-
heir der sachen trod uberfartmg mit dem thurn
oder in ander weg ernstlich gestrafft werden.
Darzu keine roans oder weibsperson das hei-
lige evangelium und Gottes wort, wie es nach
gSttlicher schrift gepredigt wird, schmehen,
lestern oder mit jemand sich deshalb in einige
zenkische disputation begeben, bey einer schwe-
ren straff oder verwirkung seiner pfr/ind, dem
uberfahrer, je nach gelegenheit der sachen und
ubertrettung, aufzulegen.
Item, das auch zu allen malzeiten, morgens
und abends, vor und nach dem tisch durch
einen jungen knaben oder tSchterlein, so die
im spittal weren, wo nicht, durch die alten,
ins umb das ander, in allen gemachen 5ffent-
lich mit lauten worten, nemlich vor dem
tisch das Benedicite und nach dem tisch das
Gratias 99 deudsch allxvegen mit einem Vater
unser, wie ungeferlich im catechismo gelehret,
gebetet und keinsxvegs undedassen werde.
Zudem auch die junge, arme kinder im spittal
durch den hauimeister oder hauimutter oder
ein arme, darzu verordente pfrilndnerin, und
im seelhauf durch den bettelvogt oder seine
hauifrauen zu morgen und nachts zu dem
gebet gewehnen und underrichten.
Darzu alle Sonn und feyrtage zu den predigten
und der kinderfrag yon und darzu Ifihren, und
nach der predigt und frag allwegen jedes in-
sonderheit befragen, was es darvon behalten,
und sonst zu allen guten, christlichen und er-
barn tugenden und sitten, auch zu der arbeit,
gescheften, diensten, schulen und handwerken,
nach jedes kindes gelegenheit, mit gebtirlichem
underweisen und strafIen, aufziehen und an
ilmen kein vlei sparen noch erwinden9'-a
lassen.
Ob dem allem daxm die spittal, kasten und
hauJ3meister, darzu die arnptleut und gericht
jederzeit ihr ernstlich, teglichs aufsehen haben
und brauchen sollen, das wir ihnen mit sonderm
ernst bevolen und auferlegt haben wbllen.
Item es sollen auch alle und jede marts und
frauenperson aller und jeder unbescheide-
net, unztichtiger und schandbaren, auch zenki-
schen wort uber tisch hieneben genzlich ent-
halten, sonder jederzeit aller zucht, erbarkeit,
bescheidenheit und friedlebens gegen einander
gefarn und befleissigen bey abbruch umb jedes
schandbar, unzfichtig oder zenkisch wort eines
tags des fleisches oder einer andern hbhern
straff, nach gelegenheit der sachen und uber-
farung aufzulegen.
Wir wbllen auch, dassie sich ces gottes-
lesterns, schwerens und fluchens genzlich ent-
halten und vermeiden.
Welcher oder welche spittaler oder pfrilnder
einer oder eine hiertiber, allein aul3 ringem
gemtith und bSser gewonheit, ohne gefehrsgb
schweret oder fluchet, dem sol uber ein malzeit
sein gebilrende fleisch oder dergleichen abge-
brochen werden.
So aber einer auJ3 zorn, verdachtem muth,
ftirsetzlich und gefehrlich und insonderheit uber
geschehener vermanung (xvie darm hiervor ein
jeder den andern xvarnen und vermanen sol)
fluchen und schweren wtirde, der sol als ein
gottslesterer gestrafft xverden.
Welcher oder welche im spittal im ehebrnch
begriffen oder eine jungfrau, besonder einen
armen verpfrtindten weisen, geschwecht und
solches kundbarlich erwiesen wird, derselbig
sol sein pfriJnd gegen dem spittal verwirkt und
nichts desto weniger umb seine miihandlung
nach gestalt eines jeden thettlicher handlung
mit keyserlichem, strengen rechten gestrafft
werden.
99 K1. Katechismus. Bek. Schr. S. 522 f. Ev. Kgb. 99a ---- fehlen.
Anh. S. 50. 99b Vgl. S. 252.
276
Wolfenbfittel
Ordmatio des paedagogii zu GaaderBheun. 356
Ordnung der kirchenubung trod schulen bey den prelaturnmanskl6stern 359
Von den klosterstudiosis 361
Von kirchenubungen. 371
Schulordnungen mit den lectionibus.. 377
Statuta der klosterschulen. 381
Von gotteslesterung. 382
Von der gebfirlichen reverenz.. 383
Von nfichtern und zfichtigem leben.. 384
Schuldisciplin. 385
Von der tischzucht. . Ibid.
Wie sich die klosterstudiosen gegen einander halten sollen 388
Ratio vestitus.. 389
Wie sie sich in ihren gemachen und sonst halten sollen. 590
Wie sie sich gegen den kl6sternofficialen, diener und personen erzeigen sollen. 392
Von den prelaten. 395
Von den klosterpreceptorn. 397
Von der prelaten verwaltern. 398
Von der superintendenz uber die kl6sterschulen. 400
Wie es hinfuro in den jungfrauenkl6stern dieses ffirstenthumbs gehalten werden sol. 402
Kastenordnung. 411
Durch welchen weg ein gemeiner kaste aufgericht mag werden trod was darein gefallen
soll. 412
Were man und mit was ordnung aus dem kasten geben, helfen und rahten, auch wie sich
dieselben halten sollen. 416
Wie es mit den frembden bettlern und laadstreichern, auch den leichtfertigen armen ge-
halten sol werden. 422
Wie die nottfirftige, fromme armen zum almusen erkennt und angenommen werden, auch
der undaakbarn halben einsehens geschehen sol. 427
Wie es mit den siechen und blatterheusern und deren armen m stedten und emptern gehal-
ten sol verden. 430
Von glfibd der pfleger, auch ihrem eyd.. 435
Von verwaltung der armenkasten und spittalen 437
Kirchen und derselben thfirnarmenkasten und spittal gebeu 441
Zehrung trod bottenlohn. Ibid.
Von der zucht in den spittaln. 447
(243)
(244)
(244)
(248)
(250)
(251)
(251)
(252)
(252)
(253)
(253)
(254)
(25,)
(255)
(256)
(257)
(25)
(258)
(258)
(262)
(262)
(264)
(266)
(268)
(269)
(271)
(22)
(273)
(273)
1275)
Gott allein die ehre.
Das hier folgende Verzeichnis der .,Errata" ist im Abdruck unseres Textes berficksichtigt worden.
Wulffenbfittel
Bey Conrado Horn
280
Wolfenbfittel
allmechtigen sey eine gerechte, gottftirchtige
und christliche oberkeit 5, die nicht allein ftir
Lhr person vor Gott gerecht und from ist,
sondern auch den unterthanen zu gut nach
solchen leuten und dienern trachtet, die ihnen
recht und billigkeit schaffen und sie bey dem
warhaftigen gottesdienst, aller erbarkeit und
billigkeit schtitzen und schirmen. Welche gabe
Gottes 6 man aber gemeinlich nicht erkennet,
bis der gottlos regiert. Alsdenn fehet man
an zu seufzen, da die unterthanen im zeit-
lichen zum hSchsten beschweret und darzu auch
des rechten einigen trosts mangeln mtissen,
den sie in dem reinen, unverfelschten wort
Gottes und schirm der gottseligen oberkeit
haben solten.
Eine solche gestalt hatte es mit dem yolk
Gottes, den kindern Israel, da sie helden zu
richtern hetten. Denn so lange solche helden.
als Josua, Gideon, Simson, Jephta und der-
gleichen richter lebeten, half ihnen der Herr
aus ihrer feinde hand [Jud. 2 = Ri2, 18], das sie
sicher voneten: also auch bey der regierung
der gottseligen kbnigen Davia. Salon]on, ssa,
Josaphat, Hiskia, Josia, welche d_ reck, ten var-
haftigen gottesdienst in Israel nach dem gesetz
hlose und xvort des Herrn xviderumb aufrichte-
ten, xvar das volk in grossen freuden, hatte
den segen 7, schutz und schirm des Herrn wider
alle seine feinde. Denn solches hat der Herr
seinem yolk versprochen, wie Mose bezeuget:
[Deut. 2I, i. 7 f. 12--14: Levi. 26,3]: XVenn du
der stim des Herrn deines Gottes gehorchen
wirst0 das du haltest und thust al]e seine
gebot, so xvird der Herr deine feinde, die
sich wider dich auflehnen, ftir dir schlahen.
Der Herr wird gebieten dem segen, das er mit
dir sey in deinem keller und in ahem, das
du ftirnimpst, der Herr wird dir seinen guten
schatz aufthun, den himel, das er deinem lande
regen gebe zu seiner zeit und das er segne
alle werk deiner hende, darumb das du ge-
horsam bist den geboten des Herrn deines
Gottes und das du nicht weichest yon irgend
einem wort, weder zur rechten noch zur linken,
damit du andern g6ttern nachwandelst zu
dienen.
Da sie aber dem Herrn ftir solche gnad nicht
dankbar varen und yon dem gesetz des Herrn
abwichen, abg6ttische k6nig und gottlosen uber
sie herscheten, als zur zeit Ahab, Jeroboam,
Manasse und anderer ungottseligen kSnigen in
Juda und Israel geschehen, ist der fluch Gottes
heufig uber sie komen, hunger und pestilenz
haben sie getroffen, der krieg und das schwert
hat sie gefressen und sind also land und leut
jemerlich verwtistet und verderbet worden, wie
denn der Herr ihnen solches vielfaltig lurch hIo-
sen und andere seine propheten gedrauet [Deut. 28,
15 If; Levi. 26, 14--41; Amos 3] und endlich uber
sie komen lassen, wenn sie ihn mit unrechtem
und falschem gottesdienst erztirnet, sich aus
den straffpredigten nichts gebessert und zu dem
Herrn ihrem Gott nicht bekeret haben.
Well wir denn nicht leugnen kSnnen, sondern
bekennen mtissen, das nunmehr ein lange zeit
und viel jar her viel und mancherley grosse
und schwere mil3breuch 8 in die kirchen Gottes
eingerissen und also beides, zur rechten und
linken, von dem ausgedruckten, klaren und
hellen wort Gottes abgewichen worden, dar-
fiber die fromen und gutherzige Christen hohes
und nidriges standes geseufzet und nach einer
christlichen gottseligen reformation ein herzlich
verlangen gehapt, gleichwol aber immer mit
dem titel 9 und namen der kirchen aufgehalten,
als ob solches alles durch die heilige christ-
liche kirchen verordnet, bey deren allein es auch
stehe, widerumb zu endern, bier zwischen aber
meniglich schuldig sey bey dem gehorsam, so
5 a. Ft.: Gottselige, christliche oberkeit ein be-
sondere gnad Gottes.
6 a. Ft.: Die gaben Gottes erkennet man nicht,
bis man sie verleuret.
7 a. Ft.: Segen Gottes bey dem christlichen, gott-
seligen regiment.
8 a. Ft.: Vil misbreuch in die kirch Gottes ein-
gerissen.
9 a. Ft.: Der tittel der kirchen hat viel leut
uffgehalten.
282
rlosterordnung 1569
ein jeder Christ der kirchen schuldig [Matt. 18,
17], und bey seiner seelen seligkeit, alles zu
halten, unangesehen, das Gottes wort solchen
genzlich entgegen und zuwider, wie denn in
etlichen artickeln als: yon vergebung der s0_n-
den durch alas blut und einigert verdtenst Jhesu
Christi 10, vom gebrauch des hochwirdigen sacra-
ments des leibes und bluts unsers Herrn Jhesu
Christi 1, yon der priesterehe 12, yon unter-
scheid der speise 13, yon der warhaftigen
ruffung Gottes 1 und dergleichen artickeln mehr,
so offenbar, das es kein verntinftiger Christ
widersprechen kart und demnach einen Christen
nicht unbillig wundern solt, wie es doch immer-
mehr mtiglich gewesen, das die lout sich wider
das klare und offenbare wort Gottes in solche
tiefe finsternis solten haben ftiren lassen, der-
halben eine besondere gnade 15 yon dem all-
mechtigen Gott und Vater unsers Herrn Jhesu
Christi diesem 15blichen ftirstenthumb Braun-
schweig widerfaren, das der durchlauchtig hoch-
geborn ftirst und herr, herr Julius, herzog zu
Bratmschweig und Li]neburg etc., neben andern
hohen und ftirstlichen tugenden mit der rechten
und warhaftigen erkendnis des Sons Gottes und
seines seligmachenden, reinen, unverfelschten
worts begabet und mit seinem heiligen Geist
erleuchtet vorden, welche denn S[eine] F[tirst-
liche] G[naden] nicht vergeblich empfangen, son-
dern alsbald zu derselben angehenden ftirst-
lichen regierung vor allem andern obligenden
vielfaltigen gescheften die sorg der kitchen ano
gelegen sein lassen, damit, was dem ausge-
drticken vort und bevehl Gottes zuwidern, ab-
geschaffet und der rechte xvarhaftige gottes-
dienst gepflanzet und widerumb aufgerichtet
werden mbge
Der ursach S. F. G. anfangs eine christliche
und in Gottes wort gegrtindete kirchenordnung
verfassen lassen 16, welcher gestalt hinfuro die
kitchen mit gottsftirchtigen und in Gottes wort
verstendigen, lehrhaften, sanftmtitigen, beschei-
denen und ihres lebens halben unergerlichen
pfarhern und dienern des worts Gottes zu be-
stellen, wie sie in den ftirnemsten artickeln
der christlichen lehr verh/ret und der alton
christlichen, apostolischen und catholischen kit-
chen 15blichen gebrauch nach darzu ordiniret,
geweihet und confirmiret, mit was bescheiden-
heit sie besonders yon den zweispaltigen ar-
tickeln der religion das einfeltige unverstendige
yolk. christlich unterwmsen und mit allot ge-
btirender reverenz, zucht und gottesforcht die
heiligen sacrament gebrauchen und der christ-
lichen gemein austheilen sollen, desgleichen
auch, mit was ordnung die einigkeit in der
lehre, gleichfSrmigkeit in ceremonien, christliche
zucht unter den kirchendienern, auch gottselig-
keit und erbarkeit bey der christlichen gemein
und zuhtrern des worts Gottes mSchte er-
halten werden, darzu das bisschoffliche ampt
verordnet, das besondere personen uber etliche
ihnen besonders zugeordneten pfarren zu super-
intendenten, das ist, uffseher und rechte war-
haftige christliche bisschoff verordnet, die ihr
teglich unnachleslich uffsehen uff lehr und leben
derselben pfarherrn haben und also in ihrem
beruff (so viel immer mtiglich) unstrefflich
halten sollen, uber welche andere als general-
superattendenten verordnet, so ihnen in allen
Vgl. Conf. Aug. u. Apol. IV. Bek. Schr., S. 55 f.
u. S. 158 ff.; Schmalkald. Art., Das ander Toil,
Hiuptartikel. Bek. Schr. S. 415 f.
Vgl. Conf. Aug. u. Apol. X. Bek Schr. S. 62 f.
u. 247 f.; Conf. Aug. und Apol. XXII. Bek.
Schr. S. 85 f. u. 328 ff.; Conf. Aug. und Apol.
XXIV. Bek. Schr. S. 91 ff. u. 349 ff.; Schmal-
kald. Art., Das ander Toil, Der ander Artikel.
Bek. Schr. S. 416 ff.: ibid. Vom Sakrament
des Altars. Bek. Schr. S. 450 f.; K1. Kat. Bek.
Schr. S. 519 ff.; Gr. Kat. Bek. Schr. S. 707 ff.
o. Vgl. Conf. Aug. u. Apol. XXIII. Bek. Schr.,
S. 86 ff. u. 332 ff.; Schmalkald. Art. Von der
Priesterehe. Bek. Schr. S. 459.
13 Vgl. Conf. Aug. XXVI. Bek. Schr., S. 100 ff.
1 Vgl. Conf. Aug. u. Apol. XXI. Bek. Schr.,
S. 81 ff. u. 316 ff.; Schmalk. Art. Von Heiligen-
Anrufen. Bek. Schr. S. 424 f.
- a.R.: Gnade Gottes dem herzogthumb Braun-
schweig widerfaren.
lc a.R.: Reformation der kitchen im herzog-
thumb Braunschweig.
3* 283
Woltenbiittel
Gott zu verwaren hette, das nemlich seinem
gSttlichen wort und willen entgegen und zu-
wider nicht, s weder abgethan noch aufgericht,
sondern nur der warhaftige gottesdienst wider-
umb in die alte christliche ordnung gebracht,
die Gott gefellig und der christenheit niitzlich ist.
Es hat reich auch nicht wenig darzu beweget,
das ich wol ermessen kSnnen, welcher gestalt
beides, von freunden und feinden, euch zuge-
setzt und euch orgeworfen werden mSgen,
als solten ihr dem allmechtigen euer geltibde
nicht gehalten, von ibm abtrtinnig worden und
also yon der rechten, varhaftigen christlichen
kitchen abgefallen sein, ausserhalb welcher
weder leben noch seligkeit zu hotten oder zu
gleuben ist
Domit ihr denn gegen meniglich euch herren
mit bestendigem und doch einfeltigem grunde
des lautern, hellen und klaren vorts Gottes,
auch unsers varhaftigen uhralten christlichen
glaubens gegen ihnen und allermeniglich zu
verantworten, das ihr keinswegs an euerm breu-
tigam, unserm Herrn Jesu Christo, abtriinnig
vorden, sondern noch diesen tag seine braut
sein und durch die gnad seines heiligen Geistes
bis in den rod zu bleiben und einmal die ihme
in der heiligen taufe gelobte treu und gehor-
sam zu leisten, gesinnet, das ihr nemlich keusch
und ztichtig zu leben, und vas seinem heiligen
willen zuvider (als viel in dieser unser ver-
derbten natur zu thun mtiglich}, zu meiden, ver-
sprochen habet, mit euerm ganzen leben zu
erveisen, der ursach denn die kron 26 auf euerm
heupte nicht getallen, sondern durch rechte
erkendnis euers und unser aller (die vir xvar-
haftige Christen sind) geistlichen breutigams,
Jhesu Christi, bevestiget, das euch dieselbige bey
ihme hinderlegt und am jtingsten tag vor allen
engeln mit unaussprechlichen ehren und herrlig-
keit aufgesetzt und nimmermehr yon euch ge-
nomen verden soll, habe ich euch diesen kurzen,
einfeltigen bericht in schriften verfassen wSllen,
das ihr denselben allen denen, so euch dieser
in den klSstern beschehenen verenderung halben
anreden mSchten, hetten fiirzulegen, daratts sie
genugsam zu verstehen haben, das solches alles
von euch aus keiner leichtfertigkeit noch fleisch-
lichen irdischen gedanken, sondern aus rechtem,
warhaftigen glauben und ettsserster not euer
seelen seligkeit beschehen, damit ihr vor Gott
ein gut gewissen behalten, demselben mit water
anruffungen und gefelligem gehorsam seiner
gebot dienen und also allein durch den einigen
verdienst Jhesu Christi {darauf unser einig ver-
trauen stehen sol} selig werden mSgen.
Ich wil auch nicht zweifeln, es sol durch die
gnade Gottes, auch unserm gegentheil an et-
lichen often nicht mkssfallen, wenn sie vernemen,
mit was christlicher ordnung die prelaten und
jungfrauenklSster in diesem ftirstenthumb an-
gestellet und also im werk befinden, das nichts
chrkstlichs abgeschaffet noch eingestellet, des-
gleichen auch nichts ungottseliges noch un-
christlichs ftirgenomen, und derhalben ihnen
selbst allerley nachdenken schepfen werden, uff
derogleichen wege auch zu trachten, damit gute
ordnung nicht zerstSret und doch auch der
reine unverfelschte gottesdienst in ihren klS-
stern nach anleitung heiliger gSttlichen schrift
und unsers catholischen, christlichen, selig-
machenden glaubens angestellet und erhalten
werden mSge.
Denn leider unverborgen, sondern aller welt
oftenbar ist, vas his daher fiir ein unordentlich,
ungekstlich leben in vielen klSstern geftiret,
welcher gestalt die gevissen vider Gottes wort
gefangen und im zwange gehalten, mit was lust
und andacht der gottesdienst {so zum /rossen
theft allein uff menschengebot gesetzt, darmit
doch Gott nicht gedienet wird, zum theft dem
offenbaren wort Gottes zuwider) verrichtet wor-
den, dariiber viel fromer herzen geklaget und
besserung solches alles gehoffet und gebeten.
Weft denn cler allmechtige Gott und Vater
unsers Herrn Jhesu Christi das seufzen semer
auservelten erhSret und diese gnade verliehen
26 a.l.: Die klosterjungfrauen haben ihre kron
nicht hingelegt, sondern sie ist ihnen im
himel hinterlegt.
286
Wolfenbfittel
Von christlicher reformation der kl6ster im
fiirstenthumb Braunschweig, Wulffenbiitli-
schen theils, anno 1568 im October angestelt.
Es ist kein zweifel, nachdem durch besondere
gnad des allmechtigen Gottes und Vaters unsers
Herrn Jhesu Christi auch in diesem 15blichen
ftirsenthumb Braunschweig eine christliche re-
formation der ktrchen und klSster ftirgenomen.
das viel und mancherley von derselben bin und
wider, sonderlich aber bey unserm gegentheil
ausgeben werde 32, als solte hierdurch der recht,
warhaftig gottesdienst sampt dem alten aposto-
lischen, catholischen, christlichen glauben ab-
gethan, ein neuer glaub eingebracht und dar-
durch endlich anders nichts denn allein die
geistliche gtiter gesucht, die klSster zerstSret
und derselben ein und uffkomen in eigen und
weltlich nutz und gebrauch verordnet werden,
welchs do es sich im werk also befinden solt,
nicht allein vor der welt und allen Christen
ergerlich, sondern auch vor Gott keinswegs ver-
antwortlich sein wtirde.
Denn wie nur ein einiger glaub33 ist, dar-
innen man kan selig werden, welchs ist der air
catholisch, apostolisch, christlich glaube, darin
yon anfang der welt her alle heiligen patri-
archen, propheten, kSnig, apostel und marterer
seind selig worden [Heb. 11], also mus unwider-
sprechlich volgen, wer yon diesem alten aposto-
lischen, catholischen, christlichen glauben ab-
weichet und sich zum neuen glauben bekermet,
das derselbig gewislich nicht selig werden
kSnne.
Der ursach s,ch meniglich vor einen neuen
glauben anderst nicht, als vor dem leidigen sathan
selbst, auf das allervleissigst htiten sol, so lieb
ihm seiner seelen ewig heil und seligkeit ist.
Also auch, wer die gtiter 3, so einmal zu der
ehr Gottes ergeben sind, der kirchen Gottes
entzeucht und in sein eigen nutz verwendet, der
wird gewislich ein nagenden wurm und b6s
gewissen, darzu keinen segen Gottes haben und
mus am jtingsten tag deshalben einen schweren
stand thun.
Derhalben die unvermeidenliche nodturft erfor-
dert, das meniglich dieser ftirgenomenen christ-
lichen reformation ein warhaftigen, griindlichen
und bestendigen bericht babe, welcher gestalt
dieselbige ftirgenomen, vas darirmen gesucht,
was auch darmit abgethan oder erhalten, damit
alle einwohner dieses 15blichen ftirstenthumbs,
besonders aber, so in herrn und jungfrauen-
klSstern 35 bis daher gelebet und solche christ-
liche ordnung gutwillig, gehorsam und zum gu-
en theil mit grosset danksagung angenomen,
sich beides, vor dem angesicht Gottes wider
die anfechtung des leidigen sathans trSsten, und
auch in dieser welt gegen meniglich wissen
nach aller nodturft mit bestendigem grund ihres
glaubens und Gottes worts beides, gegen den
freunden und feinden, zu verantworten und aus-
ftirlich zu berichen herren, das sie hiermit yon
dem rechten, alen, catholischen, christlichen
glauben nicht abgetretten, kein neuen glauben
angenomen, sondern in dem alten, warhaftigen,
catholischen, christlichen glauben standhaft und
bestendig geblieben und bis in ihr gruben durch
Gottes gnad zu verharren gesirmet sein.
Da wir dann mit allem vleis besehen und
lesen, was beides, die propheten und apostel
im alten und neuen testament, beschrieben und
der christlichen kirchen hinderlassen haben 36,
darnach sie ihren glauben, leben und sterben
richten sollen, so linden wir, das solchs auf
dreyen ftirnemen haubtpunkten besthet, welche
der einfeltig gemein leye gleich so wol als
die geleren und tier heiligen schrift vor-
stendigen wissen und sein ganzes leben darnach
richten kan.
32 a.R.: Mancherley reden und ureil yon der
klSster reformation
33 a.R.: Man sol kein neuen glauben annemen.
3t a.R.: Geistliche iter sollen der kirchen nicht
entzogen werden
35 a.R.: Klosterjungfrauen sollen gefasst sein.
ihres glaubens rechenschaft zu geben.
3e a.R.: Summa und inhalt des alten, catholi-
schen, christlichen glaubens und christlicher
lehr.
288
Klosterordnung 1569
denn nut ein emiger seligmachender glaub und
weg zu dem ewigen leben geleret wird, ist die
frag, was doch derselbig glaub sey, dartiber m
der welt so viel kifens, streit, hader, zvispalt
und unemigkeit ist7 Denn ein einfeltig herz
doch gern wissen wo]t, was derselbig sey, dar-
mites zugleich auch c}en patriarchen, prophe-
ten, aposteln, kSnigen und lieben martirern selig
und den lieben auss.erwelten kindern Gottes
mSchte ewiglich zugesellet werden.
Hie hat der allmechtig Gott seiner armen
christenheit ein besondere gnad bexviesen, weil
der armen einfeltigen und unverstendigen leut
in der christenheit zu aller zeit mehr sind weder
der ge]erten und hochverstendigen, die weder
schreiben noch lesen und also selbst in der hei-
ligen schrift nicht lesen kSnnen, vas in einem
jeden propheten, evangelisten oder apostelbrief
geschrieben, so hat Gott tier Herr dem ge-
rneinen leyen aus dem grossen buch der bibel
altes und neues testaments ein kurzen auszug
gernacht 3 und darinnen alles verfasset, was in
dem grossen buch geschrieben ist, welcher aus-
zug recht und wol tier leyen bibel a4 mag ge-
nennet werden darumb, alas die leyen und un-
verstendigen, so die tag ihres lebens niemals
in ein schul gangen, zugleich den gelerten darin
lesen und sich berichten kSnnen, was der weg
zu dem ewigen leben sey. Und hat nicht mehr
denn sechs capitel 5
In dem ersten sind begriffen die zehen
gebot 46, welche Gott durch Mosen yon himel
herab auf dem berg Sinai gegeben hat, und
lauten also:
1. Ich bin der Herr dein Gott, du sollst nicht
andere gOtter neben mir haben
2. Du solt den namen des Herrn deines Gottes
nicht vergeblich ftiren, denn der Herr wird den
nicht unschtildig halten, der semen namen ver-
geblich ftiret.
3. Gedenke des Sabaths, das du ihn heiligest.
4. Du solt dein vater und dein mutter ehren,
uff alas du lang lebest im lande, das dir der
Herr, dein Gott, geben wird.
5. Du solt nicht tOdten.
6. Du solt nicht ehebrechen.
7. Du solt nicht stelen.
8. Du solt nicht falche zeugnis reden wider
deinen nehesten
9_ Du solt dich nicht lassen geltisten deines
nehesten hauss.
10. Du solt dich nicht lassen geliisten deines
nehesten weibs, noch seines knechts, noch seiner
megde, noch seines ochssen, noch seines esels,
noch alles, was dein nechster hat.
Dis sind die gebot Gottes, die nicht yon elm
menschen erdacht 47, sondern durch Gott selbst
vor vierhalb tausent jaren 'on dem berg Sinai
mehr denn sechsmal hunderttausent mennern mit
der stimm Gottes gepredigt worden, in welchen
vollkomenlich begriffen ist alles, was man thun
oder lassen sol, das Gott gefellig und angenem
ist, und so vollkommen, das man kein gut werk
erdenken kan, so Gott gefellig, das nicht m
dieser zehen geboten einem begriffen ist, welche
uns Ieren48, wie wit uns beides, gegen Gott
und unserm nechsten, mit gedanken, worten und
werken verhalten sollen, 1.] das wir nemlch
Gott den Herrn allen creaturn f[irziehen, den-
selben uber alles, was genennet werden mag,
ftlrchten, lieben und unser ganzes vertrauen uff
ihn setzen, was er uns bevehlet, das wit dem-
selben nachsetzen und uns keine creatur yon
semem wort abftiren lassen, wenn es auch em
engel im hirnel vere, 2.] desgleichen das xvir
seinen namen heilig und ehrlich halten und den-
a3 a.R.: Catechismus der leyen bibel.
44 Vgl. FC, Ep, Von dem summarischen Begriff,
5. Bek. Schr. S. 769, wo unter ,,Laien-Bibel"
der K1. (Bek. Schr. S. 501 ff.) und der Gr. Kat.
(Bek. Schr. S. 545 ff.) verstanden werden.
45 a.R.: Sechs hauptsttick der christlichen lehr.
4 a. R.: I. Das erste sttick der christlichen lehr
sind die zehen gebot, Exo. 20 [2--17].
7 a.R.: Die zehen gebot nicht ein menschen-
satzung.
s a.R.: Summa und kurze erklerung der zehen
gebot Gottes.
. 291
Klosterordnung 1569
ist, wir setzen all unser vertrauen allein auf
iln, der uns nicht allein erschaffen, sondern
auch erlbset hat und wirket in uns den glau-
ben [2. Thess. 3, 2 f.; Phil. 1, 6; Matth. 10, 28 ff.],
das wit uns nicht allein, soviel das irdisch leben
belangt, in seinen veterlichen schutz und schirm
bevehlen und wissen, das uns ohne seinen willen
kein bar yon dem heupt fellet, sondern auch,
der uns das leben gegeben, der werde es auch
bis auf das bestimpte stilndlein erhalten, und
also gewis sein, das er uns allein, allein, allein
umb seines Sons willen widerumb zu gnaden
aufgenomen habe, alle unsere s/inde verziehen
und vergeben, umb welcher willen der Herr
Christus gelitten unter Pontio Pilato, gekreuziget,
gestorben, begraben und gen himel gefaren,
und da sie vollkomen bezalet gewesen, umb
unser gerechtigkeit willen widerumb yon todten
auferstanden [1Rom. 4, 24 f], die er uns erlanget
hat, das wir umb seines verdienstes willen allein
vergebung aller unser sfinden, eine frbliche auf-
erstehung und das ewige leben gewis haben.
Dis ist unser einfeltiger catholischer, aposto-
lischer, christlicher glaube n, durch welchen alle
ausserwelten yon anfang der welt her sind selig
worden. Diesen glauben haben Adam und Eva
ira paradis gelernet und gehoffet auf des weibes
samen [Gen. 3. 15], welcher ist Jhesus Christus,
der sie und uns alle aus dem gewalt der schlan-
gen, das ist des teufels, erlSset hat. Diesen
glauben haben gehabt ihre gleubige nachkomen
[Heb. 11] Noe, Loth. Abraham, Isaac, Jacob,
Joseph, Mose, David, Samuel etc. und andere,
welche alle zumal allein dutch das leiden Christi
sind selig worden, das ihnen durch die tegliche
opfer fiirgebildet worden ist [Heb. 8, 3--5: Act. 4,
12; 10, 43]. Und ist kein ander glaube unter
dem himel, darinnen man kbnne selig werden
[Eph. 4, 5], denn allein dieser unser catholischer,
christlicher glaub, der in so kurze artickel ver-
fasset, das se auch ein kind umb sechs, sieben
jar lernen kan. Davon sich auch kein mensch
treiben, noch anders bereden lassen sol, so
lieb ihm seiner seelen heil und das ewige leben
ist.
Das dritte capitel der leyenbibel begreift (]as
gebet 61, welchs unser Herr Jhesus Christus
seine jiinger selbst geleret.
Und ist nemlich das Vater unser, welches also
lautet [hlatth. 6, 9--31: Luc. 11, 2--4]: Unser
VaLet. der du bist in den himeln, dein name
werde geheiliget, dein reich kome, dein wille
geschehe, auf erden wie im himel, unser teglich
brot gib uns heut, und vergib uns unsere schult,
als wir vergeben unsern schiildigern, und f/ire
uns nicht in versuchung, sondern erlbse uns
vom ubel, denn dein ist das reich und die
kraft und die herrligkeit in ewigkeit. Amen.
Dis ist ein kurz gebet, welchs man die kinder
leret, sobald sie anfahen zu reden, darinnen aber
alles das begriffen ist, was wir yon Gott zu
leibes und der seelen zeitlicher und ewiger wol-
fart zu bitten haben.
Denn nachdem uns in den zehen geboten fiir-
geschrieben ist, was Gott yon uns haben wil,
wir auch zu thun schuldig sind, so haben wir
doch nicht so viel kraft 6-, das wit us uns
selbst, alas ist, aus eignen kreften, etwas guts
gedenken, ich schweig, thun kbnnen, xvie solches
Sanct Pauhs mit klaren worten bezeuget, da er
also spricht [2. Cor_ 3, 5]: Wir sind nicht t/ich-
rig, etwas zu gedenken yon uns selber, als yon
uns selber, sondern das wir ttichtig sind, das
ist yon Gott.
Derhalben soll in unsern herzen der name
Gottes mit glauben, ]iebe und vertrauen ge-
heiliget 6, desgleichen auch mit dem round ge-
preiset und im gehorsam der zehen gebot sein
gbttlicher wille gegen ihme, auch gegen dem
nechsten vollenbracht werden, so mus zuvor
Gott in unsern herzen regieren und sein reich
in uns angefangen haben und erhalten, der alle
60 a.R.: Der catholisch, christlich glaube
nicht neu, sondern alt.
e, a.R.: IlI. Das dritte theil der christlichen lehr
ist das Vater unser.
6- a.R. Die not treibet die Christen zum gebet.
63 a. .: Kurze erklerung des Vater unsers.
295
Klosrordnung 1569
merit nichts frirhalten, das nicht in dieser sechs
stricken einem begriffen sey, die ihm auch so
viel verstands, anleitung und unterweisung
geben, das er nach diesem bericht alle geister
prfifen, ihre predigten urteilen, vor falscher lehr
sich htlten und also beides, vor Gott und den
menschen, bestehen und ihm welters nicht zu-
gemutet werden kan.
Denn so ein einfeltiger leye aus den zehen
geboten seine stindige gedanken, wort und werk
erkermet und bereuet und durch den glauben all
sein vertrauen allein auf den verdienst Jhesu
Christi setzet, der ihn mit seinem eigen blur
yon der srinde, rod, teufel, helle und ewiger
verdamnis erl6set hat und fehet an nach der
-- --gnade--des heiligen Geistes. ihm verliehen, dem
Herren Chriso frir diese gutthat die rage seines
lebens dankbar zu sein, nicht allein mit worten,
sondern auch mi gedanken und den werken,
riiffet seinen namen in allen n6ten an, lobet
und preiset denselben und bevleissiget sich
seines g6ttlichen willens, so viel ein mensch
in diesem leben und grosset schwacheit unserer
natur thun kan: er ist auf den verdienst Jhesu
im namen Gottes des Vaters, Sons und heiligen
Geistes getauft, darin ihrn die verheissung der
vergebung aller seiner siinden versigelt ist, er
gebraucht sich des hochwirdigen sacraments,
seines leibes und blurs, zur gedechtnus seines
allerheiligsten und bittern leidens und sterbens
mit herrlicher und herzlicher danksagung, gleu-
bet der heiligen absolution, da ihrn die ver-
gebung aller seiner snden irn narnen Jhesu
Christi verkrindiget wird, wartet seinem beruff
aus, darin ihn Gott gesetzt hat, mit treu und
vleis und wartet alle stund irn glauben und un-
gezweifelter hoffnung seiner erl6sung aus die-
sem elenden jamerthal- rnsste man aber einen
solchen menschen nicht frir einen rechten, war-
haftigen und Gott wolgefelligen Christen halten7
Oder was mrisste er mehr thun oder mehr
gleuben? Nichts mehr kan man ihn leren, nichts
mehr kan noch sol man ihm auflegen. Auf
diesen zweck sind alle predigten und die ganze
heilige g6ttliche schrift gerichtet. Denn alle
predigten der propheten und apostel von Christo
Jhesu geh6ren zumal alle in die artickel unsers
christlichen glaubens. Also aller propheten und
apostel lere und vermanungen zu den guten
werken geh6ren in die zehen gebot Gottes. Alle
gebet des alten und neuen testaments geh6ren
in das Vater unser. Das also alles, was wir
yon Gott gleuben, wie wit beten und leben
sollen, in diesen dreyen stricken, nemlich im
Vater unser, glauben und zehen geboten begrif-
fen ist, und damit wit in denselbigen standhaft
und bestendiglich verharren, mit den andern
drey stricken, nemlich mit der heiligen taufe,
mit dem heiligen abendmal und heiliger abso-
lution unser glaub und steifer frirsatz bekref-
tiger und gesterket werden.
Dis ist die summa und inhalt der ganzen
christlichen religion und des alten warhaftigen
catholischen, apostolischen, christlichen glaubens,
durch welchen die menschen in allen stenden
mrissen selig werden, ausserhalb dem auch sie
keine seligkeit weder zu gleuben und zu hoffen
haben.
Denn obwol Gott in dieser welt drey unter-
schiedliche sende 7s verordnet, nemlich den
stand der oberkeit, des predigampts und den
ehestand, so hat er doch nicht drey weg zu
dem himel geordnet 79, das durch ein besondern
weg die oberkeit, durch ein besondern die pre-
diger und durch ein besondern die im ehelichen
stand solten selig werden, sondern hat ihnen
allen zumal nut einen weg frirgeschrieben, der
in den sechs capiteln der leyenbibel beschrie-
ben ist, nemlich, das sie aus den zehen geboten
ihre siinde lernen erkennen und bereuen, aus
den artickeln des glaubens lernen Gott er-
kennen, der umb des leidens Jhesu Christi willen
aus gnaden ihnen ihre siinde vergibt, lernen
nach anleitung des Vater unsers Gott in allen
7s Vgl. Schmalk. Art., Vorrede, 14. Bek. Schr.
S. 413, dazu Anm. 13; Kl. Kat., Haustafel. Bek.
Schr. S. 523 ff.
79 a.R.: Alle stende auf erden haben nicht mehr
denn einen weg zum exvigen leben.
299
tLosterordnung 1569
Dabey sich auch die klosterjungfrauen 9 zu
erinnern haben, nicht allein, wie ubel sie in
diesem stock verffiret, sondern auch, wie
schmelich sie yon ihren leiblichen und christ-
lichen m0ttern in ihren herzen halten, yon
denen sie in diese welt geboren sind. Denn sind
sie darumb eine braut Jhesu Christi, das sie
im jungfraustand und diesem orden leben,
ves braut ist denn ihrer jeden mutter? Sind
ihre rnfitter nicht auch des IIerrn Christi braut,
so m0ssen sie seines feindes braut sein Sind
sie aber auch Christus braut, so haben die
klosterjungfrauen ihres standes und ordens
halben keinen vorteil vor den gottsf0rchtigen
eheweibern.
Ja, wenn wir sie sampt ihren werken mit
einander vergleichen, so wird sichs befinden,
das die fromen eheweiber 10 die rechte braut
Christi sind. Dargegen abet die klosterjung-
frauen in solchem stand {wie derselbige dieser
zeit beschaffen) sind nicht die braut Christi
blieben, noch ihre kron, so sie in der heiligen
taufe empfangen, behalten mSgen, es sey denn,
das sie sich aus Gottes wort anders und bessers
weisen lassen.
Denn den ehelichen stand 11 hat Gott selbst
gestiftet und eingesetzet [Gen. 3; vgl. Gen 1.27 f.
und 2, 21 ff.; Matth. 19, 4 ff.; 1. Cor. 7, 10], darzu
im paradis, ehe Adam und Eva ges0ndiget ha-
ben, darumb es auch ein geistlicher und Gott
gefelliger stand ist, den der heilige Geist selbst
hat geordnet, der ursachen auch die werk, so
eine christliche hausmutter mit der haushaltung
und uIfziehung der kinder verrichten und also
of ihren sanften schlaff brechen, auch mehr
denn ein, zvey, drey mal mit den saugenden,
kranken kindern zur metten gehen mus, sind
anderst nichts, denn ein Gott gefelliger gottes-
dienst, den S. Paulus so hoch preiset 12, das er
saget [1. Tim. 2, 15]: Das weib wird selig durch
kinder zeugen, so sie b!eibet im glauben und in
der liebe und in der heiligung sampt der zucht.
Wo wird aber dem klosterleben solch zeugnis
gegeben? Ja, das widerspiel, vie hernach an-
gezeiget werden sol, davon der Herr Christus
sager [Matth. 15, 9]: Sie ehren reich umbsonst
mit menschengeboten. Denn die werk 13 (der
gestalt und wie sie heutiges tages in den kl0-
stern geschehen und for den htichsten gottes-
dienst gehalten) sind mehrer tells anders nichts
denn menschensatzungen, dem heiligen catholi-
schen, christlichen glauben entgegen, die neben
demselben nicht bestehen mOgen und umb des
ehestandes willen (den die bepstischen unter die
sacrament gezelet) in die klOster anfangs ver-
ordnet. So gar tst nicht die meinung gewesen,
das dieser stand dem ehelichen stande for-
gezogen oder hSher denn der ehestand solte ge-
halten worclen sein.
Das aber S Paulus 1 geschrieben hat, wenn
eine jungfrau nicht freie, thue sie besser, denn
so sie freie, erklert er sich selbst, darnit ihm
seine wort nicht jemand verkere. Denn vor die-
sen worten schreibet S. Paulus also: Von den
jungfrauen habe ich kein gebot des Herrn, ich
sage abet meine meinung, als der ich barm-
herzigkeit erlanget habe yon dem Herrn, treu
zu sein. So meine ich nun, solches sey gut
umb der gegenwertigen not willen [1. K 7, 25 f.].
Damit er gnugsam zu verstehen gibt, das seine
meinung gar nicht sey, als solte er auch vor
Gott den jungfreulichen stand dem ehelichen
stande fiirziehen, sondern allein in dieser welt,
wie S. Paulus noch mehr erkleret, da er spricht:
So eine jungfrau freyet, s0ndiget sie nicht, doch
werden solche leibliche tr0bsal haben [1. K 7,
28]. Aber alas sie vor Gott besser thue ausser-
halb dieser not, so domals zu Corintho gros
9 a. Ft.: Kloster.iungfrauen halten nicht wol yon
ihren leiblichen miittern.
10 a. Ft.: Der eheliche stand Gott gefelliger denn
der klost.erstand, wie er etliche jar her ge-
halten.
11 a. Ft.: Der ehestand ist ein geistlicher, reiner.
keuscher stand.
12 a.R.: Preis und lob der eheweiber beruffs
und guter werk.
13 a.R.: Werk des klosterlebens sind menschen-
satzungen.
li a.R.: Rechter verstand der wort S. Pauli: Es
sey besser nicht freien.
305
Wolfenbfittel
Dis ist nicht eine schlechte geringe siinde,
sondern eine erschreckliche abg6tterey, damit
Gott zum allerhSchsten erziirnet wird.
Denn Gott hat in seinem wort ausdrcklich ge-
boten, das wir in alien unsern n6ten niemand
denn allein ihn, anruffen sollen, wie geschrieben
stehet im psalmen [Psalm. 50, 15]: Ftuff reich an,
spricht der Herr, im tag deiner not, so wil ich
dich erh6ren, das du reich preisen solt. Und
Christus spricht [Matth 4, 10]: Du solt Gott,
deinen Herrn, anruffen und ihm alleine dienen.
Und abermals spricht er [.Iatth. 11, 28]: Kompt
zu mir alle, die ihr beschweret und beladen seid,
ich vil euch erquicken- Dis ist der ernstliche
bevehl Gottes, das wir ihn allein anbeten und
in allen unsern nOten unsere zuflucht zu ihm
haben sollen.
Do wir aber die abgestorbene heiligen anbeten
und anruffen 6O, so berauben wit Gott seiner
ehre und legen sie einer creatur zu, welches eine
abgOttereysiinde ist, die aus den abgestorbenen
menschen abgStter reacher und unmiiglich ist,
die abgestorbenen heiligen anzuruffen, man lege
ihnen denn gOttliche ehre zu 61, die doch alletn
Gott geh6ret.
Denn do auf eine stunde die mutter Gottes
oder sonst ein heilige zu Jerusalem, zu Ftom,
zu Venedi, zu Paris. zu S Jacob ';, zu Antorff6-oa
und an allen andern 5rten angeruffen wird, so
mus folgen, das entweder die mutter Gottes und
die heiligen allenthalben gegenvertig sind, aller
derselben menschen gedanken wissen und hSren,
oder aber die anruffung ist umbsonst, wenn
rinser gebet die heiligen nicht h6ren solten.
L. Eisenhofer, a- a. O. Bd. II, S. 531, 547, 549.
Vgl. ferner die Anrufung der Heiligen nach
Verlesung des hIartyrologiums in der Prim:
P. Vern. S. 21, P. Aestiv. S. 16, P. Autumn.
S. 16, P. Hiem. S. 18; dazu Eisenhofer, a. a. O.
Bd. II, S. 532 f und 534. -- Seit dem frtihen
Mittelalter hatte sich in den K15stern auch
die Sitte herausgebildet, fiir die Toten neben
den gewShnlichcn Horen ein besonderes Offi-
cium zu lesen, das aus Vesper, Matutir. und
Laudes bestand. Vgl. Eisenhofer, a. a. O.
Bd. II, S. 555 f. -- Vgl. das Officium defunc-
torum mit den verschiedenen Horen im Rit.
Rom. P. I, Tit. VI, Cap. !V, S. 202 ff.
DIS ist aber ein stiick der majestet Gottes 63,
die niemand denn Gott zugehSret, nemlich, das
er an allen 5rten ist, alles sihet, hSret und weis,
dem nichtes verborgen ist, der das herz er-
forschet und die nieren priifet und die inner-
lichen seufzen anschauet und muter allen men-
schen allein des menschen Son 6t, unserm Herrn
Jhesu Christo, mitgeteilet, well Gott mud mensch
in Christo eine person [Joh. 17. 10 f. 21 f.] und
er nach seiner menscheit zur rechten der all-
mechtigen kraft Gottes gesetzt [Act. 1, 9 ff.].
Darumb kan er allein sagen [Matt. 18, 20]: Wo
zween in meinem namen versamlet sind, bin
ich mitten unter ihnen. Item [,Matt. 28, 20]: Ich bin
bey euch bis an das ende der welt, velches
S. Petrus, S. Paulus, noch einiger heilige nicht
sagen mOgen. Darumb xver einem heiligen diese
ehre zulegt, der reacher aus ihm einen Gott,
er sage, was er wolle, und begehet mit seiner
anruffung eine abgOtterey.
Das aber die abgestorbene heiligen 5 nicht
xvissen, was wit auf erden thun, und demnach
auch umbsonst (wenn es gleich nicht siinde xvere)
angeruffen werden, bezeuget der prophet Esaias
mit deutlichen und offenbaren worten [Esa. 64
Jes 63, 16]: Bistu doch unser Vater, denn Abra-
ham weis yon uns nichts, und Israel kennet uns
nicht. Du aber, Herr, bist unser Vater und unser
erlOser, yon alters her ist das dein name. Und
vil der prophet im namen des betriibten volks
so viel sagen: zu vem solten xvir in unser not
laufen? Wenn Abraham und Jacob noch lebe-
ten, so xvolten xvir die anstellen, das sie ffir
tins beten, die bey ihren lebzeiten viel durch
6 a. Ft.: Was die anruffung der heiligen fiir
eine siinde sey.
1 a. Ft.: Den heiligen wird gSttliche ehr zu-
gelegt.
62 Santiago de Compostela in Spanien rnit dem
angeblichen Grab d. Apostels Jakobus Zebed.,
bertihmter Wallfahrstort.
62 a Antwerpen.
63 a. Ft.: An allen 5rten sein, gehSret der gStt-
lichen majestet zu.
6t a. Ft.: Alleia der mensch Christus sihet, hSret
alles und sonst kein abgestorbener mensch.
65 a. Ft.: Die heiligen hSren unser gebet nicht.
312
lxiosterordnung 1569
ihr gebet bey dir erlanget haben. Nun abet
sind sie ferne yon uns, das wit ihnen nicht
ruffen, sie auch uns nicht hSren kSnnen, dar-
umb wollen wir zu dir laufen, der du unser
Vater und unser erlSser bist und uns befohlen
hast, in unser not dich anzuruffen, denn Vater
ist dein alter name, der du nicht allein deines
Sons, sondern auch unser Vater bist und uns
als deine arme kinder nicht verstossen xvirst.
Da uns denn der prophet mit einfeltigen,
klaren worten in das Vater unser weiset, da
Christus geleret hat: Wenn ihr beten xvollet, so
sprechet: Vater unser, der du bist im himel etc.,
Luc. 11 [2--4]; Matth. 6 [9--13].
Weil denn die abgestorbenen heiligen uns
nicht hSren, was sollen wit sie denn anruffen?
So wollen auch die engel 66 nicht angeruffen
werden, wenn sie gleich teglich umb uns her
sind, wie in der Offenbarung Johannis zu sehen,
da der engel nicht wolt leiden, das ihn Johan-
nes anbetet. Ich fiel, spricht Johannes [Apo. 19,
10], ftir ihn zu seinen ffissen, ihn anzubeten,
und er sprach zu mir: Sihe zu, thue es nicht,
ich bin dein mitknecht und deiner brfider und
deter, die das zeugnis Jhesu haben. Bete Gott
an: So wit nun einen engel nicht dorfen an-
beten, der bey uns ist, xvie solten wir denn
einen menschen anbeten, der nicht bey uns
ist und nichts yon uns weis7
Das man aber sager ';, man ruffe die heiligen
nicht der meinunge an, das sie uns helfen oder
unsere mitler vor Gott sein solten, sondern
allein als ftirbitter, das ist auch nichts. Denn 8
die gebet und collecten sind auf den verdienst
der lieben heiligen gestelt, dardurch uns Gott
an leib und seele helfen sol, wie solches alle
klosterjungfrauen wissen.
Nun ist abet Christus unser mitler allein in
seinem verdienst, damit er fi]r uns bezalet und
Gott uns xviderumb versSnet hat. Darumb so
oft wir etwa bitten im namen der heiligen 69,
das uns Gott umb ihres verdienstes willen
wolle behtiten, xvie denn solches dem canon der
meB;O einverleibet und keine mess gelesen,
darin nicht tier verdienst der lieben heiligen
vermeldet wird, so ist auch offenbar, das man
aus ihnen mitler gemacht hat.
So zeuget Johannes nut yon einem advocaten
und f/irsprech 71, den alle gleubigen bey Gott
haben. Ob jemand stindigeto spricht Johannes
[1. Job. 2, 1 I.], so haben xvir einen fi]rsprecher
bey dem Vater, Jhesum Christum, der gerecht
ist, und derselbige ist die versSnung ftir unser
siinde, nicht allein abet fiir die unsere, sondern
auch ftir der ganzen welt stinde An diesem
ftirsprechen sollen wir uns bentigen lassen,
der wird uns nichtes verschlaffen, sondern alle
nodturft bey dem Vater reden.
Das aber in diesem leben einer den andern
vermanet ;2, fi]r sich zu bitten, dessert haben
vir bevehl und exempel. Aber yon den ab-
gestorbenen stehet geschrieben [Esa. 64 ---- Jes
63, 16]: Abraham xveis nichts yon uns, und
Israel kennet uns nicht. Dabey wir es auch
bleiben und die abgestorbenen sollen ruben
lassen.
Desgleichen 3as gesaget vird, man bete die
mutter Gottes ;3 nicht an, sondern grtisse sie
allein, ist auch das widerspiel in den vielfeltigen
gebetli_ zu sehen, die zu der mutter Gottes ge-
richter sind. Denn yon ihr wird gebeten, das
man allein yon Gott bitten sol, als da gesungen
und gebeten wird ;: Tu nos ab hoste protege
et in hora morris suscipe; das ist auf deutsch
6 a.R.: Die engel wollen nicht angeruffen
werden.
6; a.R.: Eir, rede.
68 a.R.: Widerlegung.
6. a.R.: Ob die heiligen auch als mitler vor
Gott angeruffen worden.
;o Vgl. RSm. Me/buch, Gedichtnis der Heili-
gen, S. 473: ... quorum meritis precibusque
concedas, ut in omnibus protectionis tuae
muniamur auxilio.
;1 a.R.: Christus unser einiger advocat bey Gott.
;2 a. R.: Unterscheid der lebendigen und der
todten, belangend die anmanung zum gebet.
73 a.l.: Die mutter Gottes nicht allein gegrtis-
set, sondern auch angebetet vorden.
74 Vgl. RSm. Me/buch, S. [239]: .Maria, Mater
gratiae, Mater misericordiae, tu nos...
313
XVolfenbfittel
so viel gesagt: Du (_Maria) wollest uns vor dern
bSsen feind schirrnen und uns in der stunde
des todes beystehen und aufnernen. Heisst das
nicht angebetet? Heisst das nicht, von Maria
bitten, das man allein von Gott bitten sol7
S. Stephanus sager: Dornine Iesu, suscipe spiri-
turn rneurn, Herr Jhesu, nirn rneinen geist auf
[Act 7, 58]. Hie aber heisst es, ,Maria, du
mutter Gottes, nirn rneinen geist auf. Ich wil
hie nichts vorn Salve regina 75 sagen 76, darin
Marie, der Mutter Gottes, zugelegt wird, das
allein dern Herrn Christo zugehSret, das sie
nernlich sey unser leben und unser hoffnung, so
doch Christus allein unser hoffnung und trost ist,
wie er dean spricht [Job. 14, 6]: Ich bin die war-
heir und das leben. Desgleichen ist er auch
unser hoffnung. Und verflucht ist der rnensch,
sagt Jerernias [Jere. 17, 5], der seine hoffnung
auf einen menschen, das ist, nicht allein auf den
einigen, allrnechtigen Gottesson setzet.
Desgleichen xvird ihr zugernessen, das sie
unsere seufzen hSre, und man bitter, sie wolle
ihre barmherzige augen zu uns wenden, welches
alles allein Gott zugehSret und keinern ab-
gestorbenen rnenschen, xxie droben gnugsarn an-
gezeiget und aus Gottes wort erxviesen vorden
ist. Darurnb lesst es sich weder leugnen noch
verstreichen, sondern der sicherste weg ist,
aufrichtig bekennen und urnb verzei_hung bitten,
das vir unxvissend solchs gethan und nicht
verstanden haben.
Do man aber gleich Mariarn 77 allein gegrtisset
und nicht angebetet hette (das doch nicht ist,
xvie itzt argezeiget), so were doch auch solch
grtissen unrecht. Derm es ist allein dern engel
Gabriel befohlen worden [Luc. 1, 28] und sonst
keinem engel. Wir lesen auch nicht, das ein
engel nach dem andern sie gegriisset babe.
So ist auch das werk schon vollnbracht, darumb
sie der engel Gabriel gegriisset hat, das sie
nernlich hat sollen ernpfangen vorn heiligen Geist
und den Son des hSchsten geberen. Well sie
Jim denn nicht noch einrnal ernpfangen und
geberen darf, so bedarf es auch unsers griissens
nicht. Wir rnSgen aber die ganze geschicht
dieses englischen grusses 78 lesen und uns dar-
aus der gnaden Gottes erinnern. Das griissen
aber, so uns nicht befohlen ist, sollen wir an-
stehen lassen.
XVeil denn schier der rnehrer tell des gottes-
dienstes in den kl6stern rnit anruffung der hei-
ligen verrichtet vorden, welchs unrecht und
wider das offenbare wort Gottes und eine ab-
gStterey ist, darzu auch, was an ihm selbst
recht and heilig, als der psalter, Vater unser,
engelische grus, nicht nach der ordnung Gottes
gebrauchet, sondern in einen misbrauch verkeret
vorden, kan ein jeder Christ leichtlich abnernen,
las darnit der allrnechtige zum h6chsten erziirnet
vorden sey.
Desgleichen ist auch der rechte christliche,
apostolische und catholische brauch des hoch-
virdigen sacrarnents 79 des leibes und blurs
unsers Herrn Jhesu Christi zerrissen und jem-
rnerlich verkeret worden.
Denn emrnal xvider die stiftung und einsetzung
des testaments und letzten willens unsers Herrn
Christi den jungfrauen in den klbstern dis sacra-
merit so nicht unter beider gestalt, sondern nur
in einer gestalt ist gegeben81. Und sind die
einfeltigen jungfrauen beredet worden, das sie
unter einer gestalt ebenso viel haben als in
75 Vgl. RSm. Mebuch, Ordo Missae, Gebete
nach der stillen hl. Messe, S. 488 f.: Salve
Regina, mater rnisericordiae ...; irn Brev.
Rorn., P. Aestiv, S. 27 und P. Autumn, S. 29,
bildet das ,,Salve Regina" die Schluantiphon
tier einzelnen Horen. -- V.I. dazu L. Eisen-
hofer, a. a. O., Bd. II, S. 553 f.
76 a.R.: Das Salve regina ist gar abgSttisch.
77 a.R.: Mariarn, die mutter Gottes, sol man
nicht griissen.
7s a.R.: Wie man den englischen grus christlich
gebraucben sol.
79 a.R.: Verkerung des hochwirdigen sacraments
in den klSstern.
so a.R.: Unrechter brauch des sacrarnents unter
einer gestalt.
s Vgl. oben S. 129, Anm. 58a.
314
,uterordnung 1569
beider gestalt, derwegen nicht nStig, das sie
aus dem kelch das blut Christi trinken, welches
abet nicht ist.
Dezm was im heiligen sacrament des leibes
und blutes Christi weiters denn brot und wein
gegenwertig ausgeteilet wird, das geschihet allei
umb des worts Christi 82 willen, damit der
Herr dieses sacrament gestiftet und eingesetzet
hat. Derhalben well Christus nicht gesaget hat:
Nemet und esset metn blut, so kan auch
Christ nicht gleuben, das er unter etner gestalt
so viel empfahe, als wenn er aus dem kelch
nach dem bevehl Christi hette getrunken.
Und gehSret hieher gar nichts, das man
saget 83, es sey kein leib ohn blut, derhalben
Christus unter jeder gestalt ganz und unter eider
gestalt so viel sey als unter beiden gestalten.
Denn dis geheirrmis gehet nicht zu auf eine
natttrliche, sondern geistliche und htmlische
weise; darumb lesset es sich nicht also aus art
und eigenschaften der nattirlichen dingen wider
den ausgedruckten bevehl Christi schliessen, der
solches auch wol gewust, abet sein blur zu trin-
ken aus dem kelch unterschiedlich befohlen hat.
Das aber welter gesaget wird, die heilige
christliche und catholische kirche 84 babe die
stiftung unsers Herrn Christi aus allerhand be-
wegenden ursachen geendert, daskan auch mit
der warheit nicht dargethan werden.
Denn weil Christus mit so grossem ernst seinen
]tlngern eLnbindet [Matth. 28, 19 f.], seie klrche
zu leren, das sie alles halten sollen, was Chri-
stus den aposteln befohlen 85, zeuget S. Paulus,
das die kirche Christi solchem bevehl treulich
nachkomen und sich in alleweg gehorsam ver-
halten babe, inmassen denn besonder bey die-
sere sacrament geschehen, welches zu endern
tn keines menschen noch engels gewalt stehet.
Und da ekn engel yore himel oder ein apostel
selbst keme und wolte es anderst machen, denn
es Christus geordnet hat, der sol nach der lere
S. Pauli verflucht sein [Gal. 1, 8].
Derhalben obwol Christus befohlen hat, seine
kirche s6 zu htren und derselben zu gehorsamen,
und wer ihr nicht gehorsam ist, der sol wie
ein zSlner und ein heide gehalten werden
[Matth. 18, 17], jedoch hat er seiner kirchen
ketnen vollmechtigen, sondern einen gewissen be-
vehlich gegeben, die sich nach dem ausgedrtick-
ten wort Christi als eine gehorsame braut ver-
halten und nichts darwider handlen sol. Wie
denn der apostel die kirche allen weibern als
ein exempel des gehorsams in allen dingen
ftirstellet [Eph. 5, 24], das sie ftir augen haben
und demselben im gehorsam gegen ihren
mennern nachvolgen sollen, welches sich ubel
schicken und einen schlechten gehorsam bey den
weibern gegen ihren mennern bringen wtirde,
wenn die kirche macht und gewalt hette, ihrem
Herrn Christo sein testament und letzten willen
zu brechen.
Darumb ist es keinesweges also, das man sagen
wolte, die ganze catholische christliche kirche
hette verordnet, das die leyen nut unter einer
gestalt das sacrament gebrauchen sollen sT, well
allermenniglich wissend und offenbar, das die
griechische kitchen bis auf den heutigen tag den
brauch beider gestalt des sacraments gebraucht
und in die verenderung des testaments und letz-
ten willens Christi niemals gewilliget, sondern
bey der ordnung Christi standhaft und bestendig
geblieben sind.
So hat auch der heilige apostel Paulus ss die
wort Christi yore brauch beider gestalt des
a.l.: In den h. sacramenten auf das wort
und bevehl Christi zu sehen.
a.R.: Widerlegung des vermeinten grunds yon
gebrauch einer gestalt des sacraments.
a.R.: Die christliche kirche hat den brauch
des h. sacraments unter beider gestalt nicht
geendert.
a.R.: Christi ordnung darf die christliche
kirche nicht endern.
86 a. R.: Wie welt sich der gehorsam der christ-
lichen kirchen und derselben gebot und oral-
hung erstrecken.
87 a.R.: Der brauch einer .gestalt des sacra-
merits ist nicht catholisch.
88 a.R.: Zeugnis S. Pauli yore brauch beider ge-
stalt des sacraments vor die leyen.
39" 315
Wolfenbtittel
sacraments so deutlich erkleret, wenn Christus
sager: Trinket alle daraus, das es nicht a!lein
yon den aposteln zu verstehen, sondern damit
alle leyen auch gemeinet und eingeschlossen
worden, das einem Christen nicht unbillich ver-
wundern sol, xvie ein mensch so verwegen sein
und dem klaren bevehl Christi so offenbarlich
und wissentlich zuwider handlen sol. 1. So oft
ihr yon diesem brot esset (spricht S. Paulus
[1. Cor. 11, 26--29]} und yon diesem kelch trinket,
solt ihr den rod des Herrn verktindigen, bis das
er kompt. 2. Welcher nun unwirdig isset von
diesem brot oder von dem kelch des Herrn trin-
ket, der ist schtildig an dem leib und blur des
Herrn. 3. Der mensch aber prtife sich selbst und
esse also yon diesem brot urJd trinke yon diesem
kelch. 4. Denn welcher unwirdig isset und trin-
ket, 5. der isset und trinket ibm selber das gericht.
Hie widerholet S. Paulus den bevehl unsers
Herrn Jhesu Christi vom kelch zum ftinften real
und redet von einem prtifen, alas geschehen solle,
nicht allein, wenn man yon diesem heiligen brot
sset, sondern auch von dem kelch Christi trin-
ket, welches nicht allein yon den priestern,
sondern auch yon den leyen und also yon der
ganzen kirchen S. Paulus geredt und verstanden
hat. Er sager, der mensch prtife sich selbst,
und sager nicht, allein der priester prtife sich.
Derhalben auch, wer den kelch unterlesset, der
prfifet sich nicht recht, empfehet auch das
sacrament nicht recht, sondern handelt wider
das testament und letzten willen unsers Herrn
Jhesu Christi, und da ers besser xveis und
unterrichtet ist, wird ers am jtingsten rage
nimermehr verantworten kSnnen.
Der ander misbrauch und verkerung dieses
hochwirdigen sacraments s: ist, das man daraus
ein opfer r die stinde der lebendigen und der
todten gemacht, dardurch die armen seelen aus
dem fegfeur 90 erlSset verden sollen, welcher
irrthumb beides, wider die einsetzung des Herrn
Christi und wider unsern catholischen, christ-
lichen glauben ist.
Denn Chrstus sager mit deutlichen worten 9,
was man mit diesem sacrament thun solle und
spricht: Nemet hin und esset, nernet bin und
trinket, das thut zu meinem gedechtnis. Er sager
nicht: Nemet hin und opferts ftir die siinde,
schuld und peen der lebendigen auf erden und
der todten im fegfeur. Item S. Paulus erkleret
die wort Christi, da er sager [1. Cor. 11, 24. 26]:
Das thut zu meinem gedechtnis, das es so viel
gesagt sey, so oft ihr yon diesem brot esset
und yon dem kelch des Herrn trinket, solt ihr
den tod des Herrn verktindigen, bis das er kompt.
Er sager nicht, so oft ihr opfert, sondern so oft
ihr esset und trinket etc.
So kan auch unser christlicher glaube 92 kein
solch opfer leiden, denn der catholische, christ-
liche glaube weis nur yon einem einigen versSn-
opfer ftir die stinde der lebendigen und der
todten, und das ist das opfer Christi, am kreuz
einmal ftir die stinde der ganzen welt gesehehen,
wie die propheten und apostel bezeugen [1. Cor. 5,
7: Rom. 3,24; Isa. 53,4f.; Dan. 9,24]. Einen solchen
hohenpriester solten wir haben, spricht die
epistel an die Hebreer [Heb. 7, 26 f.], der da xere
heilig, unschtildig, unbefleckt, von den stindern
abgesondert und hSher denn tier himel, dem
nicht teglich not were, vie jenen hohenpriestern,
zuerst ftir seine eigene stinde opfer zu thun,
darnach ftir des yolks stinde. Denn alas hat er
gethan einmal, da er sich selbst opferte, ist
[Heb. 9, 12] durch sein eigen blur eingangen ein-
real in das allerheiligest und hat e]ne ewige
erlSsung erfunden, und [Heb. 10, 14] mit einem
opfer hat er in exvigkeit vollendet, die ge-
heiliget werden.
89 a.R.: Messopfer ist eine verkerung des hoch-
wirdigen sacraments.
9o Zum Fegfeuer vgl. Gregor I., Dial. IX', 39; MSL
77, 396; Conc. Lugd. I 1245. 23. Denzinger 456;
Conc. Florent. (1438--1445), Decretum pro Grae-
cis. Denzinger 693; Conc. Trid. Sess. VI. Can.
30. Denzinger 840; Sess. XXV, Decretum de
purgatorio. Denzinger 983. Professio fidei Tri-
dentina. Denzinger 998.
91 a. P.: Widerlegung aus den worten der ein-
setzung des sacraments.
92 a.R.: Widerlegung des messopfers aus dem
christlichen glauben.
316
msterordnung 1569
Was mbcht klarer xvider das vermeint mess-
opfer gesaget werden, da man sich unterst.ehet,
Christum teglich in der mess zu opfern ftir die
sonde der lebendigen und der todten 93, als ob
Christus nicht vollkommen alle stinde geb0sset
und bezalet hette am kreuz, so doch S. Paulus
hie klerlich bezeuget, Christus habe mit einem
opfer vollkomen gemacht alle, die da sollen ge-
heiliget werden, und dis sey tier unterscheid 94
zwischen dem opfer Christi und des hohenprie-
sters im alten testament, das jener habe oft
mtissen opfern, Christus aber habe nicht mehr
denn einmal sollen geopfert werden, damit er
ein ewige vollkomene erlbsung erfunden hat,
welcher unterscheid nicht bestehen m6cht, wenn
Christus mehr denn einmal blutiger oder un-
blutigerweise muste f/Jr die siind, schuld und
peen der lebendigen und todten geopfert werden.
Unser catholischer christlicher glaube 95 lautet:
Ich gleube in Jhesum Christum, der gelitten hat
unter Pontio Pilato, gekreuziget, gestorben und
begraben ist. Ich gleube vergebung der siinden
etc. Das ist, ich gleube, das Christus umb
meinent und aller armen sfinder wiilen sey am
kreuz aufgeopfert worden und habe uns vero
dienet und erlangt vergebung unser stinden, das
uns tier Vater umb seinentwillen solche ver-
zeihet und vergibet, dessert verdienst ich teil-
haftig werde, wenn ich warhaftig gleube an ihn
und desselben gedechtnis halte, nicht mit einem
neuen versSnopfer, sonclern so oft ich sein hei-
lig sacrament seines leibes und bluts empfahe,
esse und trinke nach seinem bevehl [1. Cor. 11,
23 ff.], w,_'e die fromen Christen zu Corintho
gethan haben.
Der ursachen auch kein fegfeur 96 sein kan,
darin man erst die sonde mfiste btissen, denn
entweder hat Christus nicht alle sfinde mit
seinem unschiildigen leiden gebiisset, so were
unser christlicher glaube falsch, oder abet hat
er sie alle gebiisset, so kan keine siinde im feg-
feur gebtisset werden.
Aber das sey fevne, das unser christlicher
glaube solte falsch sein, denn Johannes saget
[1. Joh. 1, 7]: Das blut Jhesu Christi rei-
niget uns yon allen stinden. Rein/get es
yon allen stinden, so rein/get uns das fegfeur
yon keiner sonde. Item [1. Joh. 2, 2], er ist die
versbnung for unser siinde, nicht allein fiir
unsere, sondern auch ftir der ganzen welt siinde.
Ist denn Christus ftir der ganzen welt stinde eine
versSnung, so kan das fegfeur keine sonde ver-
sbnen. Das kan ein jeder einfeltiger mensch
ve rs tehen
Darumb ist es eine grosse verkleinerung,
schmach und lesterung des kreuzopfers und
bittern leidens und sterbens Jhesu Christi, da
die menschen felschlich uberredet werden, das
in der mess .'; der leib und blut Christi teglich
aufgeopfert werde, umb welches opfers willen
Gott den menschen, so dabey stehen und zu-
sehen, ihre stinde vergebe, den abgestorbenen
aber, so im leben die seelmessen bestelt, umb
dieses messopfers willen die straffe und qual
des egfeurs milterte, so doch solches alles mit
einem einigen opfer Chritus am kreuz vollen-
bracht und alle stinde volkomenlich geb0sset
und tins eine ewige, imerwerende erl6sung er-
langet hat.
Da man aber sagen volte, es wiirde ntcht der
meinung mess gehalten, sondern die mess sey
anders nichts denn eine herrliche widergedecht-
his des kreuzopfers Christi 9s, dabey sein bitter
leiden und sterben betrachtet und alas opfer
der danksagung aufgeopfert werde, darauf sollen
diese leut wissen, das die bisschoff auf dem
concilio zu Trent -- diese Xleinung als eine
ketzerey verdampt und mit runden worten ge-
93 Vgl. R6m. MeBbuch, Ordo Missae, Darbrin-
gung des Brotes, S. 465: ... hostiam, quam ego
indignus famulus tuus offero ... et pro om-
nibus fidelibus christianis vivis atque defunc-
tis: ut mihi, et illis proficiat ad salutem in
vitam aeternam.
9 a.R.: Unterscheid des opfers Christi und
Aarons.
95 a.R.: Das rnessopfer ist wider den christ-
lichen glauben.
96 a. Iq..: Es ist kein fegfeur.
9; a.R.: Greuel der papistischen messe.
9s a.l.: Einrede: Die mess sey ein opfer tier
danksagung und gedechtnis des leidens Christi
99 a. l.: Antwort aus dern trientischen concilio.
317
Klosterordnung 1569
yon ihren siinden absolviret worden. Denn also
lauten die wort tier absolution Z: Passio Domini
nostri Iesu Christi, meritum et integritas beatae
Mariae semper virginis, intercessio omnium sanc-
torum, obedientia, labor et rigor )rdinis, )mnia
bona, quae feceritis, et adversa, quae propter De-
um sustinueritis, sint vobis in remissionem om-
nium peccatorum vestrorum. Amen. Das lautet
auf deudsch also: Das leiden unsers Herrn Jhesu
Christi, der verdienst und die unschuld der
seligen allveg ungfrauen Marie, die fiirbit aller
heiligen, der gehorsam, die arbeit und streng
leben des )rdens, alle gute werk, die ihr gethan,
trod alles leiden und widerwertigkeit, so ihr
umb Gottes willen gelitten hapt, das verhelfe
euch zur vergebung aller eurer siinden 8.
Wenn ein Christ diese absolution nut hSrete
sprechen, solte er dariiber erschrecken, ich ge-
schweig, das einer dieselbige empfangen und deren
sich vor Gott trSsten solle, welche absolution we-
der catholisch, apostolisch noch christlich ist.
Denn die apostel haben alle arme busfertige
siinder allein auf den verdienst des leidens
Jhesu Christi absolviert, wie droben auch gnug-
sam ist angezeiget und mit zeugnissen der hei-
ligen schrift und exempeln derselben erwiesen
worden. Es ist Maria, die hochgelobte jungfrau,
nicht fiir uns gekreuziget, die andern apostel
haben nicht fiir uns gelitten, darumb kSnnen
wir auf derselben verdienst von unsern siinden
nicht absolviert werdeng; denn was man dem
verdienst der heiligen zumisset, das nimpt man
dem verdienst Christi.
Es haben sich auch die lieben heiligen keines
verdienss 10 jemals gerhiimet, so alle zumal
schii!dener Gottes gewesen und bitten miissen
[Matth. 6, 12; Psal. 32, 5]: Vergib uns unser
schuld, und gleuben vergebung der sfinden. Dar-
umb sie sich gar nicht, weder zum halben noch
ganzen tell auf ihren verdienst verlassen, noch
viel weniger andere leut darauf gewiesen haben,
sondern allein auf den einigen vollkomenen ver-
dienst Jhesu Christi absolx4ert. Wie S. Petrus
am Pfingstag bey drytausent menschen absol-
viert, spricht er [Act. 2, 38]: Thut busse und
las sich ein jeder teufen auf den namen ,Yhesu
(nicht meinen oder anderer heiligen) zur ver-
gebung der siinden, so xverdet ihr empfahen
die gabe des heiligen Geistes.
Noch viel xveniger kan sich ein mensch auf
den verdienst, gehorsam und streng leben des
ordens 11 lassen absolviren, damit Gott in viel
wege, wie droben angezeiget, erzfirnet und nicht
versSnet xvird. Und da es gleich alles recht
xvere, was darirmen gethan wird, sol ein mensch
dennoch darauf nicht absolviret xverden Denn
ein mensch schiildig ist, seinem Gott zu dienen,
xvenn er gleich nicht gesiindiget hette, darumb
er auch seine vorgehende siinde 12 mit den nach-
folgenden guten werken nicht bezalen kan, wel-
che er schiildig ist zu thun. Und da er es auch
alles vollkomen hielte, was thin geboten ist,
dennoch keines verdienstes sich zu rhiimen hette,
sondern nach der lere Christi [Luc. 17, 10] zu sa-
gen schuldig ist, er sey ein unniitzer knecht und
habe erst gethan, was er schiildig gexvesen sey.
Demnach ein mensch sehe, wohin er wolle,
in himel oder auf erden, zu engeln oder heiligen
menschen und auf alle gute werk, die ein mensch
gethan hat oder noch thun mag, so kan and
sol er sich nirgend auf, denn allein auf den
einigen verdienst des passions 13, das ist, des
gehorsams, bitter leidens und sterbens unsers
Herrn Jhesu Christi absolviren lassen
a.l.: Form tier papistischen absolution.
Vgl. -- au2er der Bezugnahme auf den "Or-
den--: RSm. Mebuch, S. [226], eine der
zitierten ihnliche mSnchische Absolutions-
formel b. Luther, In ep. S. Pauli ad Galatas
Commentarius, zu 2, 18. WA 40 I, S. 264 f.
a.R.: Auf der heiligen und eigenen verdienst
ist niemand zu absolvieren.
a.l.: Die heiligen haben kein verdienst.
a.R.: Niemand sol sich auf sein eigen oder
des ordens verdienst absolvieren lassen.
a.R.: Stinde kan man mit folgenden werken
nicht bezalen.
a.R.: Das leiden Christi reiniget allein yon
allen siinden.
3!9
Wolfenbtittel
Daraus alle klosterjungfrauen abzunemen, was
ftir greuliche und erschreckliche finsternissen,
aberglauben, abg6ttereyen und mishreuch 14 in
das klosterleben (xvie auch sonst in die ganze
chrtstenheit) eingerissen und leider dermassen,
wie das unkraut, uberhand genomen, das man
solches alles ftir den wolgefelligen und ange-
nemen gottesdienst gehalten und unter dem-
selben den rechten, warhaftigen gottesdienst
schier nicht mehr erkennet hat.
1] Die zehen gebot und die rechte, edle, gute
werk sind mit menschengeboten verdunkelt ge-
wesen, die man viel hSher denn Gottes gebot
gehalten und verhoffet, dem Herrn mehr damit
zu dienen denn mit den werken, die in den
zehen geboten befohlen gewesen sind.
2.] Der christliche glaube ist verdunkelt wor-
den durch der heiligen und menschen verdienst,
das man sich nicht auf den einigen verdienst
Jesu Christi, sondern auch auf der heiligen
und unsern eigen verdienst verlassen, wie hie-
bevorn gnugsam ist angezeiget worden.
3.] Durch die xvalfarten und anruffung der
heiligen ist fias Vater unser verdunkelt, das
man schier das veterliche herz Gottes, unsers
himlischen Vaters, nicht mehr erkennet hat.
Denn die prediger und lerer den himlischen
Vater 15 nicht anderst als einen grausamen
tyrannen den betrtibten stindern ftirgemalet, ftir
welchen die armen si]nder nicht tretten dSrfen,
ja Christum. den Herrn selber, der unser einiger
So doch dargegen unser Herr Gott, seine un-
aussprechliche liebe anzuzeigen, darumb ein
Vater 16 von uns hat genennet werden wollen
[Esa. 64-----Jes 63, 16], auf alas wir wissen sollen.
wir sein nimer so vlllig zu beten, er sey noch
viel williger zu hSren und zu geben [Matth. 6,
6. 8. ff.; Luc. 11, 2--4. 9--13; Rom. 11 10,13].
Und Christus schtittet sein ganzes herz aus
gegen den stindern, auf das sie unerschrocken
zu ibm gehen sollen, da er spricht [.Matth. 11, 28]:
Kompt zu mir, zu mir, spricht er, alle, die ihr
beschweret und beladen seid, ich vil euch er-
quicken Er saget nicht: Habe ein jeder einen
eigenen patron, der eine gehe zu meiner mutter,
der andere zu S. Peter, der dritte zu S. Paulo,
sondern er saget: Kompt alle zu mir, die ihr
beschweret seid: niemand kan euch dieser last
und biirde abhelfen denn ich, der ich ftir euch
gestorben und euch er!Sset babe, das S. Peter,
S. Paul [1. Cor. 1, 13] oder meine mutter nicht
gethan hat.
4.] Das hochwirdige sacrament des leibes und
bluts unsers Herrn Jhesu Christi ist nicht allein
verdunkelt, sondern auch jemmerlich zerrissen,
da den leyen nur die eine gestalt gegeben
und aus dem sacrament ein neu opfer ftir die
siinde der lebendigen und der todten gemacht
und also gar nahend die austeilung des leibes
und blut.s Christi und der rechte gebrauch dieses
sacraments verloren worden.
5.] Die schltissel des himelreichs sind schier
mitler, advocat und ftirsprech bey dem Vater ist, gar verrostet unfi mit menschenverdienst uber-
haben sie dermassen den angefochtenen gewissen
ftirgestelt, als wenn niemand ftir ihn komen
dtirfte, er hette denn zuvor seine mutter an-
geruffen oder sonst einen heiligen und patronen
vorgeschickt, der ihm den weg zu Christo be-
reitet hette, wie solches alles den jungfrauen
in den klSstern unverborgen ist.
wachssen gewesen, da die leute nicht allein
auf den verdienst Christi. sondern auch auf der
heiligen und anderer menschen verdienst sind
absolviert worden.
Desgleichen das ganze klosterleben 1; an ibm
selbst, so anderst nichts denn schulen und zucht-
heuser gewesen, ist dermassen yon ihrem alter
a.R.: Welcher gestalt die rechte christliche
religion unter dem bapsthumb verdunke!t
xvorden.
a.l.: Wie man den himlischen Vater und
Christum den armen stindern im bapsthumb
ftirgemalet habe.
16 a.R.: Warumb Gott hat wollen ein Vater
genennet xverden.
1; a.R.: Das erste klosterwesen gar verendert.
320
Wolfenbiittel
ffirnemen, dadurch unser nechster an seinen
ehren und gutem namen verletzt werde, sondern
von herzen seine ehr bevaren und seine schand
mit worten und werken zudecken.
In summa, unser ganze natur, leib und seel,
herz und verstand, will und vermSgen, alle
tmsere sinn und krefte sollen anderst nicht ge-
schaffen sein, denn nach dem allerheiligsten xvil-
len Gottes, das vir vider seinen allerheiligsten
willen nicht gedenken, nichts vSllen, nichts
halten, nichts sehen, nichts hSren, nichts kosten,
nichts riechen, nichts greifen, nichts handlen
noch wirken, sondern das in solchem allem der
gute wille Gottes geschehe, wie denn die lieben
engel im himel thun.
Ist nun miiglich, das in tier welt einem men-
schen eine vollkommene regel kSnne fiirge-
schrieben oder einer klosterjungfrauen yon der
domina ein christlich xverk befohlen werden,
das nicht in dieser regel begriffen sey? Nein ffir-
xvar, xvenn man alle regel S Augustini (die er
doch nicht geschrieben c_"}, S. Benedicti c3, S. Do-
minici c, S. Francisci 5 und anderer zusamen
in einen klumpen schmelzen solte, mag kein
solche volkommene regel daraus gemacht xverden.
.MScht abet jemand sprechen: Wer kan aber
diese regel 66 halten? Sie ist zu schwer und
uns armen siindern unmi]glich zu halten. Eben
das wolt ich haben c;: diese regel ist allen key-
sern, kSnigen, ffirsten, graven, herrn, edelleuten,
biirgern, bauren, veib und man, knecht und
megden, jungen und alten, klein und grossen
fiirgeschrieben und von Gott selbst auferlegt
worden.
"Veil wir darm diese regel nicht halten kSnnen
und doch in der tauf alle die tag uusers lebens
verpflicht sind, darnach zu leben, was gehet
uns denn der noth an, das vir uns uber solche
noch andere regel 68 und werk lassen aufbinden,
die Gott nicht geboten, sondern ausdriicklich ge-
sagt hat, das ihme damit nicht gedienet werde?
Denn xvie solt es Gott immermehr gefallen
kSnnen, das du seine gebot unterlessest und
xvollest ihme mit menschengebot dienen? Wie
Christus Matth. am 15. capitel sagt: Warumb
ubertrettet ihr Gottes gebot umb euer aufsetz
villen [Matth. 15, 3; Esa. 29, 13]? Eim herrn
oder frauen auf dieser erden wiirde nicht ge-
fallen, venn sie eim hausknecht etwas be-
vehlen, der hausknecht aber thet unter denen
weilen etwas anders, das ihme ein anderer
knecht befohlen hette. Der herr wiirde sagen:
Auf mein bevehl bistu bescheiden, das soltestu
gethan haben und nicht, was dich dein mit-
knecht geheissen. Also auch wir sind auf Gottes
gebot bescheiden und ist uns unmiiglich, das-
selbige zu thun. \Varumb solten xvir uns denn
neue menschengebot und regel aufladen lassen?
MScht einer weiter sagen69: Weil wir denn
der menschen regel nicht halten sollen trod
Die ,.regula Augustini" schlechtweg ist die
sog. 3. Regel Augustins. Alle drei haben Augu-
stin nicht zum Verfasser, sind aber hervorge-
wachsen aus dem Schreiben Augustins an die
Nonnen yon Hippo, in dem Augustin Grund-
regeln ffir alas gemeinsame Leben der Nonnen
aufstellt (Ep. 2ll; .ISL 33, 958 ff CSEL 57,
356 ff.). Vgl. den Text der 3. Regel ISL 32,
1377 ff., dazu RE 3 2, S. 254 f.
Aelterer Druck der regula S. Benedicti: hISL
66, 215 ff. Ueber die zahlreichen spiteren
Drucke und wissenschaftliche Untersuchungen
zu der Regel vgl..M. Heimbucher, Die Orden
und Kongregatienen d. kath. Kirche 3 Bd. I,
1933, S. 161, Anm. 2. -- Zu der Regel selbst
vgl. ibid. S. 160--167.
Dominikus machte ffir seinen Orden die sog.
3. Regel Augustins (vgl. Anm. 62) zur Richt-
schnur. Die Verfassung des Ordens wurde
in ihrer Grundlage auf dem Generalkapitel
zu Bologna 1220 festgelegt und yon Jordan
dem Sachsen, des Dominikus Nachfolgero wei-
ter ausgestaltet. Vgl. dariiber Heimbucher,
a. a. O. S. 479 ff., Literatur und Quellen-
angaben S. 469 ff.
65 Von den 3 Regeln des Franziskus fiir den
1. Orden sind die 2. und 3. erhalten. Ueber
die Drucke dieser Regeln vgl. Heimbucher,
a. a. O. S. 681, Anm. 4; S. 682, ,m. 1, dazu
ibid. S. 681 ffi
6 a.R.: Einrede: Die regel der zehen gebot Got-
tes ist uns unmfiglich zu halten.
67 a. Pt.: Antwort.
6s a.R.: Ein Christ sol ihm uber die zehen gebot
kein andere regel aufdringen lassen.
69 a. Pt.: Einrede.
328
Klosterordnung 1569
schweret, das er seine seele verbindet, der sol
sein wort nicht schwechen, sondern alles thun,
wie es zu seinera raunde ist ausgegangen. Werm
ein weibsloilde dera Herrn ein geltibde thut und
sich verbindet, weil sie in ihres raters hause
und ein raagthura ist, und ihr gelfibde und ver-
biindnis, das sie thut uber ihre seele, korapt
ftir ihren rater und er schweiget darzu, so
gilt all ihr geltibde und all ihr verbtindnis, des
sie sich uber ihr seele verlounden hat. Wo
aber ihr vater wehret des rages, venn ers
hSret, so gilt kein geltibde noch verbtindnis,
des sie sich uber ihre seele verbunden hat, und
der Herr wird ihr gnedig sein, well ihr rater
thr gewehret hat.
Hat sie abet einen raan und hat ein geltibde
auf ihr oder entferet ihr aus ihren lippen
ein verbtindnis uber ihre seele und der man
hSrets und schweiget desselben rages stille, so
gilt ihr geltibde und verbtindnis, dessen sie sich
uber ihre seele verbunden hat. Da abet ihr
man wehret des rages, wenn ers hSret, so ist
thr geltibde los, das sie auf ihr hat, und das ver-
btindnis, alas hr aus ihren lippen entfaren ist
uber the seele, und der Herr wird thr gnedig
sein.
Hie zeuget der Herr durch Mosen, wenn ein
vater seiner tochter oder ein eheman seines
weibes geltibde widerspreche 82, so sey sie es
nicht schuldig noch verbunden zu halten, darf
uhr auch kein gewissen darurab machen noch
sorgen, das sie Gott deshalben straffen werde,
sondern Gott wil ihr gnedig sein.
So denn ein leiblicher vater so viel gewalts
uber seine tochter und ein eheraan gegen sei-
nera weibe hat und kan sie der geltibde ledig
zelen, die sie ohn ihr wissen und willen gethan
haben, warurab solte denn der hiralische Vater
gegen seinen kindern und Christus gegen seiner
braut nicht so vieI raacht und gewalt haben,
wenn jeraand unter den Christen ira unverstand
ein geltibde gethan, das Gott nicht gefellig und
in seinera wort 5ffentlich widersprochen, das
er ihn deshalben nicht solte absolvieren und
ledig zelen kSnnen7 Ja, der Herr widerspricht
und absolviert nicht allein yon solchen ge-
ltibden, la man erkermet und bekennet, das man
unbedacht und unrecht gehandelt, sondern be-
zeuget auch 6ffentlich, das, da man solche
geltibde halte 83, nicht ihme, dera Herrn, sondern
dem leidigen sathan diene, wie an den kindern
Israel zu sehen, die Gott zu ehren gelobten und
verhiessen, ihre sbne durch alas feur zu opfern,
wie yon Manasse geschrieben stehet, das er
liesse seinen son durch das feur gehen [2. leg. 21,
6], velchen brauch der gottselige kbnig Josia
abgethan, das tophat verunreiniget, das niemand
semen son oder seine tochter dera .XIolech
durchs feur liesse gehen [2. leg. 23, 10]. Was
sager abet der psalra yon diesen gelfibden und
gottesdienst7 Sie opferten ihre s6ne und ihre
tSchter den teufeln [Psal. 106, 37].
Darurab ist ein guter unterscheid zu halten
unter den geltibden. Denn vembge Gottes wort
ist man nicht schuldig, alle geltibde on unter-
scheid zu halten. Dabey diese unfehlbare regel 8
und richtschnur zu halten ist: Wenn ein mensch
etwas gelobet und auch mit einem eyde be-
stettiget, das Gott in seinera vort widersprochen
und 6ffentlich zeuget, das es ibm nicht gefalle,
ihra auch damit nicht gedienet, sondern viel
mehr zura zorn gereizet werde, so ist der mensch
in seinera gewissen nicht verbunden, solch ge-
ltibd zu halten. Wil alas dutch ein einfeltig
exempel erkleren: Wenn einer gelobet hette, er
wolbe seinen son oder seine tochter Gott auf-
opfern, were ers auch schuldig zu thun 7 Wie wit
lesen yon Jephtah [Jud. 11, 30 ff.], das er Gott
verheissen, wenn thra Gott die kinder Araraon
in seine hende gebe, was zu seiner hausthtir
eraus ihra entgegen gehe, wenn er mit frieden
widerkome yon den kindern Araraon, alas sol
82 a. R.: Ei vater und eheraan kSnnen ihrer
tSchter und weiber gelilbde widerruffen.
83 a.R.: Mi haltung der geltibde wider Gottes
wort wird Gott nicht gedienet.
8 a.R.: Unfehlbare, gewisse regel yon den ge-
lfibden.
. 331
Wolfenbiittel
des Herrn sein und wbls zum brandopfer opfern.
Da er nun gen Mitzpa zu seinem haus kompt,
sihe, da gehet sein tochter heraus. Hie ist die
frage, ob Jephtah schuldig gexvesen sey, seine
tochter zu opfern7 Antwort: Nein. Denn Gott
hat verboten, ihm ein opfer von unschtildigen
menschen blur zu thun und bezeuget, das solche
opfer nicht ibm, sondern dem teufel geschehen
[Pal. 106, 37]. Drumb wenn Jephtah seine toch-
ter geopfert hat (daran doch noch viel zwei-
feln), so hat er unrecht gethan.
Also lesen vir [1. Sam. 14. 24--45], das der
knig Saul ein unbedacht gelfibde gethan, und
als sein son Jonathan unwissend zu aufenthal-
tung seines lebens dawider gehandelt und Saul
ihn tSdten wOllen, hat ihn das yolk Israel mit
gewalt aus der hand seines vaters erlSset und
recht daran gethan. Solcher gestalt ist auch
Herodes nicht schuldig gewesen, umb seines eids
willen, so er tterodias tochter gethan, Johanni
dem teufer das heupt zu nemen.
Derhalben ist es ftirnemlich daran gelegen,
so viel die geltibde 85 tier klosterjungfrauen be-
langet, das man eigentlich und mit gebtirenden
untercheid wisse, vas sie gelobt und verheissen
haben.
Derm so viel den gehorsam gegen Gottes gebot,
auch keuscheit und willige armut belanget,
haben sie diese sttick alle in der tauf ver-
sprochen und sind sie alle die tage ihres lebens
zu halten verbunden, nemlich, das sie alien
denen, so ihnen zur oberkeit ffirgesetzt werden,
in allem dem, das nicht wider C-ott ist, ge-
horsam sein, keusch trod ziJchtig leben und zu
aller zeit vor lieb und gut nemen und sich
geniJgen lassen, was ihnen zur notturft und
aufenthaltung ihres leibes gegeben wird. Diese
stfick sind sie zu halten schuldig und kan sie
kein bapst, kein bisschoff, kein priester noch
kaplan davon absolvieren.
Do man aber solche gel/ibde welter strecken
und wider das ausgedriickte wort Gottes an-
ziehen wolt, hie ist eine gewisse unfehlbare
regel, nemlich das Gottes xvort allen geliibden
vorgehe und vider dasselbige den menschen
nicht binden.
AIs venn eine jungfrau von ihren eltern in
der kindheit in das kloster gestossen oder auch
mit freiem guten willen ungezwungen und un-
genbtiget dare:n gegangen, und da es seine 14.,
15. oder mehr jar erreichet, gelobet und ver-
heissen hat, ewige jungfrauschaft bis in den rod
zu halten trod nicht zu freien, befindet abet
nachmals, das sie die gabe von Gott nicht
hat, nicht allein am leibe, sondern auch im geist
rein zu bleiben, sondern sihet, das sie zum ehe-
stand erschaffen und verordnet, hie ist die
frag, ob eine solche jungfrau wider Gott und
ihr gewissen handle, xverm sie freiete ? Die ant-
wort ist in C-ottes vort klar. Sie hat ein gelfibde
gethan trod Gott zuvor darumb nicht gefraget,
welcher durch den heiligen apostel Paulum aus-
drticklich seinen willen erkleret 86, nemlich, das
ibm niemand diesen strick an den hals werfen
soll [I. K 7, 35], sondern aIIein das leret, es
mbge Lhrn wol ein mensch steif ftirnemen, also
zu bleiben, darneben abet diese freyheit ibm
behalten, das er nicht mit dem sttick verbunden
sey und ausdrticklich gesetzt [1. Cot. 7, 2. 9]:
Hurerey zu vermeiden, so babe ein jede ihren
eignen man Und abermals: Es ist besser freien
denn brunst leiden. Und vermanet die Corinther
von den vidwen, so die gabe nicht hetten,
ausserhalb dem ehestand keusch zu leben, das
sie sie freien lassen.
Aus diesem grund hat der landsftirst herzog
Julius etc. alien klosterjungfrauen ihre frey-
heir 87 anzeigen und vermelden lassen, das wie
S. F. G. keine klosterjungfrauen aus den klbstern
zu verjagen gemeinet, sondern welche bleiben
85 a.R.: Welcher gestalt die klosterjungfrauen
ihr geltibd zu halten verbtmden.
86 a.R.: Gott rhet niemand, ewige jungfrau-
schaft zu loben, denn sie ist eine gabe Gottes,
die nicht in des menschen freien willen stehet.
87 a.R.: Den klosterjungfrauen frey gestelt, zu
freien oder zu bleiben.
332
Wolfenbfittel
schuldig seid zu halten, sondern da ihr meine
hulde und gnad behalten wollet, davon abstehen
und reich ferner damit nicht erzfirnen sollet, wie
ihr bis anher unwissend gethan und wider
meinen ausgedruckten bevehl gehandelt habet.
Also auch, so viel die kron, kappen, schep-
ler 9, subtil, desgleichen, das ihr auf bestimpte
tage nicht fleisch esset, belangt, solt ihr wis-
sen, das ihr mir damit nichts gedienet habet,
vie ihr solchs in meinem klaren wort finder, da
ich gesprochen und 5ffentlich bezeuget [Matth.
15, 9]: Man diene mir umbsonst mit menschen-
geboten. Nun habe ich aber nicht geboten, das
man mir mit solcher kron, subtil, kappen, schep-
ler, unterscheid der speise dienen solle, sondern
es haben solchs alles de menschen aus mensch-
licher andacht, ohn mein wort und bevehl ver-
ordnet Darumb, ver gelobet und verheissen hat,
mir zu dienen in dieser kron, kappen, schepler,
subtil und dergleichen, den wil ich hiemit
vom himel herab absolviert haben, das er solches
zu halten nicht schuldig, sondern fallen lasse
und mir nach meinem wort diene.
Item da eine jungfrau oder eine ganze sam-
lung versprochen, auch deshalben brief und
sigel yon sich gegeben hette, das sie jerliches
etliche psalter ffir einen todten oder lebend':gen
menschen beten wolten, wil ich sie hiemit auch
von diesem gelfibde absolvieren, das sie solches
nicht zu thun schuldig. Denn der psalter ist
nicht darumb aufgeschrieben, auch yon Gott
nicht darzu verordnet, das man denselben ffir
die abgestorbenen sprechen und sie damit aus
dem fegfeur erlSsen solte. Darumb, welcher
mensch der meinung den psalter durchbetet oder
singer, der weis nicht, was der psalter ist oder
worzu er verordnet, sondern begehet damit eine
abg6tterey und lesterung unsers Herrn Jhesu
Christi und legt dem werk des psalterlesens,
so doch mehrerthekls ohn allen verstand ge-
schihet, zu, das allein dem leiden Jhesu Christi
zugehSret, nemlich das dis singen oder lesen
des psalters sol dem abgestorbenen die marter
im fegfeur miltern und ein teil seiner sfinden
bfissen und bezalen, so doch unser Herr Christus
unser einiges fegfeur ist, der alle unser siinde
geb/isset und bezalet hat.
Derhalben weil Gott, der Vater, sampt seinem
Son Jesu Christo und dem heiligen Geist vom
himel herab zeuget, das der gottesdienst, so die
jungfrauen in den klSstern zu halten gelobet
haben, wider Gottes wort und zum guten teil
nichts denn lauter menschensatzungen sind, da-
durch der rechte, warhaftige gottesdienst und
das alte, catholische, christliche und gottselige
klosterleben verdunkelt, so sollen die jungfrauen
vissen, do sie dasselbige abschaffen und hin-
legen, das sie nicht yon einem menschen, son-
dern durch unsern Herrn Jhesum Christum
selbst absolviert und yon ihrem geliibde ledig
gesprochen werden, der solches alles, was hie-
vor vermelde, in seinem wort auf das ernst-
lichste straffet und also auch widersprochen
hat, velches widersprechen viel hSher zu halten
denn eines leiblichen raters oder ehemannes
widersprechen, dadurch eine jungfrau oder ein
eheweib in den gelfibden, d,e sie sonst mit
gutem gewissen halten kSnten, doch absolviert
werden, allein darumb, das es der vater oder
eheman widersprochen hat.
Dis ist der einfeltige, christliche und in Gottes
wort gegriindte bericht, welcher gestalt die
klSster, besonders aber die jungfrauenklSster,
im hochlbblichen herzogthumb Brunschweig,
Wulffenbfitlischen theils, nach dem reinen, un-
verfelschten wort Gottes und nach anleitung
unsers allgemeinen, alten, catholischen, aposto-
lischen, christlichen glaubens reformieret worden
Daraus meniglich zu vernemen, das in dem-
selben kein neuer glaube aufgerichtet, keine
christliche und Gott volgefellige ordnung ab-
geschaffet, noch viel weniger einige verwiistung
derselben gesucht, desgleichen auch gegen nie-
mand mit gewalt oder einiger ungestiime ge-
fahren, sondern alle und jede schvestern mit
beste.ndigem grunde heiliger gbttlicher schrift
9- S. 309, Anm. 36.
334
Klosterordnung 1569
mud christlicher sanftrnut geleret und unter-
wiesen, was die rechte erkendnis, anruffung und
dienst Gottes sey, worauf derselbige bestehe,
wie er yon den menschensatzungen zu unter-
scheiden, was auch das testament und letzter
will Christi gewesen und welcher gestalt der-
selbige verrnSge seines ausgedruckten worts sol
gehalten werden, auf was weise und weg sie
ohn verletzung ihres gewissens den einmal an-
genomen orden sarnpt der kappen widcrurnb
hingelegt und beyeinander in christlicher frey-
belt, gottseliger zucht und erbarkeit leben und
Gott dienen mbgen.
Und verhoffe demnach zu dern allrnechtigen
Gott und Vater unsers lieben Herrn Jesu Christi,
das nicht allein alle die, so den Geist Christi
haben, ihnen solche christliche ordnung und
reforrnation gefallen lassen, sondern alas auch
viel aus unserm gegentheil, so bis daher mit
reforrnation }hrer klbster stille gestanden, aller-
ley nachdenken daraus schepfen sollen, gleicher
gestalt auch dieselbige nicht lenger einzustellen,
wenn sie sehen werden, das solche in diesem
ftirstenthumb nicht verwiistet, sondern in den
alten christlichen brauch widerurnb gebracht
und durch die gnade Gottes also angestellet, alas
der allrnechtige darinnen verrnge seines worts
gelobet, die jungfrauen zu aller gottesfurcht und
chrislicher zucht gehalten, derselben .gewissen
und seelen seligkeit gerhaten, deren aufkunften
das wenigst nicht entzogen, sondern alles zu
der ehre des allrnechtigen, zu seines narnens lob
und preis und der kirchen wolfart gerichtet
sehen.
Nachdem aber wol zu vermuten, das der feind
menschliches geschlechts nicht unterlassen werde,
diesem gottseligen und christlichen ftirnernen
sich zu widersetzen und dasselbige zu verstSren,
so sollen wit auch hinwiderurnb mit dem gebet
zu dern allmechtigen on unterlas anhalten und
bitten, das er dieses werk, so zu den ehren
seines namens angestellet, gnedig und veterlich
erhalten wolle, welches gebet er on zweifel
erhSren und sich nicht better gegen uns denn
ein leiblicher rater gegen seinen kindern er-
zeigen wird, wie denn Christus selbst spricht
[Luc. 11, 11--13]: Wo bittet unter euch ein son
den vater urnbs brot, der ihrn einen stein biete?
Und so er urnb einen fisch bittet, der ibm eine
schlange ftir den fisch biete? Oder so er urnb
ein ey bittet, der ibm ein skorpion daftir biete?
So denn ihr, spricht er, die ihr arg seid, kSnnet
euern kindern gute gaben geben, viel rnehr
wird tier Vater irn hirnel den heiligen Geist
geben denen, die ihn bitten.
Dieser zusagung unsers Herrn Christi sollen
wit xvol trauen und aus glauben beten und
nicht zweifeln, der dis werk dutch die gnade
seines heiligen Geistes angefangen und so ferne
gebracht, tier werde es auch vollnfiren und
seine ausserwelte kinder wider die pforten der
hellen zur hirnlischen btirgerschaft erhalten und
ewiglich selig rnachen. Demselben sey ftir diese
und alle andere seine unzalbare und unaus-
sprechliche gnade und gutthaten lob, ehre und
preis in ew}gkeit. Amen.
Folget ein register [wird bier nicht rnit ab-
gedruckt].
Gedruckt zu Magdeburgk
dutch Andreas Gehen und Wilhelrn Ross. 1569.
335
eit dem _llittelalter be[and sich die Stadt Braunschweig gemeinscha]tlichem
in
Besitz
der verschiedenen Linien des ll'el[enhanses. Das wirkte slch dahin ans. dat3 die Stadt ein weit-
gehend selbstandiges llegiment ]ihrte. _Inch an/kirchlichem Gebiet hatte sich die Stadt bereits
vor der lle/ormation elne gewisse Selbstandigkeit and mannig/ache Freiheiten :u erwirken
gewuBt.
'ber die Injiinge der llejormation vgl. B e s t e (S. 9 II.), T n i c a (S. 2:e II.), e h t -
m eyer 111 (S. 1I!. ). z,, der besonderen und lar nraunschweig wohl eigentimlichen Stel-
lun.a der ,,]lietpriester'" v.al. `j. !t e epe (Die Organisation der .lltarp/randen an den P/arr-
kitchen der Stadt Braunschwelg im _llittelalter. In: `jb. d. Gesch. l'er.], d. ller=ogtum Brschwg.
12. 191.'I. S. 16S') und die kritischen .lusstellun.een hierzu bei D. P 1 elm e s (ll'eltliches
Sti]tun.asrecht. Gesch. der llechts]ormen. 193. in: Forschungen zum deutschen llecht 111. 3,
S. 130 [., 154--157. sowie weitere dort an.,egebene Lit.). 15 gibt der Bat seinen ll'ider-
stand au] und beru]t =unachst Heinrich li'inkel, dann "Johannes Bugenha#en nach Braunschweig
zur \euordnun.a der kirchlichen l'erhaltnisse. Xoch im .aleichen `jahre ver]aBte Buaenhagen die
KO der Stadt Braunscht'eig. Zur l'orgeschichte vgl. H a n s e 1 m a n n. Einleltung. Zum Inhalt
v.al. !1. II e r i n .e . Doktor Pomeranus. `johann Bugenhagen. l b : G. K a w e r a u..lrt. Bugen-
hagen, tiES 3. S. 531. dort altere Lit.: ]erner Scholz: H. Beck. Bu.aenhagens Person in
seiner KO ]at die Stadt Braunschweig. Braunschweig 19': E. H'ol]. `j. Bugenhagen. Ge-
meinde und lint: in ll'ol]. Peregrinatio. Studien zur reormator, fheolo.eie. 1934. S. 57--27.S.
lusgaben durch llanselmann in niederdeutschem Purismus: !1. Lietzmann in: Kleine
Tezte jar l'orlesungen und -bungen 55. 191: neuhochdeutsche -bertragung bei Ch. Belier-
mann. Das Leben des `j. Bugenhagen. IS.9. S. lOT .i]. l_nsere _4usgabe unter Nr. 1.
Die niederdeutsche lus,abe ]and bereits 1531 eine hochdeutsche Ubertra.ung in nahezu
tviJrtllcher lnlehnuna (vgl. !1 a n s e 1 m a n n. S. lzvii und Iziz). 1563 veranstaltete der Bat der
Stadt einen .\'eudruck der Fassune yon 1531 mit einigen l'erbesserungen (v.l. H n s e I m a n n,
S. l:i.r), und llinzu]agun.e ]olgender Sticke: Schmalkaldische Irtikel yon 1537. _4ugsburgische
Kon]ession und deren _lpoloaie in `justus `jonas' l'erdeutschung. Erklarung der Theologen au]
dem Lineburger K,mt'ent 1561. Diese lus.eabe wurde als das Corpus doctrinae der Stadt
Braunschwei be=eichnet (vFl. T s c h a c k e r t, S. 615/ und t'on dem Bat und allen _llitgliedern
des geistlichen llinisteriums der Stadt unterschrieben (rgl. Stadt_4. Braunschweig G 1 2 3r. 75,
1. Struck und R e h t m e v e r 1II. S. 53 ].). In dieser Form behieh die KO yon 1525 in der Stadt
Braunschweig bis r, um l'erlust ihrer Selbstandigkeit 167"1 Geltung.
_llit der zum Schlut3 des Druckes behaupteten ..einmithigen'" _4nnahme der KO durch
den Bat und die ganze Gemeinde am 5. September 152 war keineswegs die Ruhein der Stadt
wiederher.aestellt. Zwar 'eranlaBte der Rat im `jahre 1531 die Geistlichkeit. =ur ll'ahrung der
Lehreinheit ein Bekenntnis au]=ustellen, das . ortan eder Stadtprediger zu unterschreiben hatte,
wenn er nicht entlassen werden wollte (vgl. H i I 1 e - K e I l n e r, S. 136: .lbdruck bei R e h t -
m e'er 111. Beilage S. 15]L). .luch versuchte der Bat indirekt durch das Echteding yore
22. lugust 1532 noch eine weitere juristische Be]estigung der Re]ormation herbeizu]ihren (vgl.
die 1532 neuge[at3ten Punkte 1. 2 und des Echtedin,gs, l_'rk. Buch 1. S. 326 und 331). Die
Beset=ung der meisten stddtischen P.arren lag namlich in den Handen der Sti]ter und Kl5ster;
die damit yore Her=og belehnt waren. Die Bestatigun aber war dem Her=og vorbehalten.
der dieses Recht auch [fir die Stellen beanspruchte, die seit undenklichen Zeiten yore Rat
oder yon Privatpersonen beset=t wurden (St. llartini. St. Catharinen. St. Michaelis). Far St. U1-
rici und St..llagni behauptete der Her=og unmittelbares Beset=ungsrecht. (Zu St. Magni und
dem dort wechselnden Patronatsrecht vgl. B r u t = e r . q. 60). Die Sti[ter St. Blasii und
338
Die Kirchenordnungen
1. Der erbarn stadt Brunswig christlike ordeninge to denste dem hilgen
evangelio, christliker leve, tucht, frede unde eynicheit. Ock darunder vele
christlike lere vor de borRere.
Dorch Joannem Bugenhagen Pomeren bescreven. 1528.1
3oannes BugenhaRen Pomer dem lesere.
In disser ordeninge synt upgerichtet gude
scholen, de leyder allerwegen vorvallen edder
nicht imme rechte gebruke sint, de me doch
m6t hebben vor de j6get. Ock bestellet in allen
kerken gude predigere des evangelii, de me m6t
hebben, wo k6ne vy anders Christen syn? Is
id 6vers n6tlik, sulke denste in den scho{en
unde kerken to hebben, so is id ock nStlick,
reddelik unde gotlik, alse Christus secht [1_ Tim 5,
18], dat eyn arbeydesman synes lohnes werdich
sy. Darumme unde ock vor de armen unde
notroftigen synt upgerichtet de gemeynen ka-
sten. Wente den arbeyderen nicht geven 5ren
lohn, were unchristlik unde is jo ein ringe,
lat wy den tidlike neringe vorsorgen, de uns dat
geystlike seyen 2. Unde war wy den ringesten
Christi ankeren 3, des wert Christus tome junge-
sten dage gedenken, alse em sulvest angekeret
[Mt 2S, 40].
Etlike scryen over nye ordeninge. War is
hyr in disen stucken nyes7 Wo kan ein vor-
stendich mynsche mit guder conscientie seg-
gem dat sulke clink nicht n6dich syn7 Dit synt
de meysten unde grotesten stucken in disser
ordeninge. Schinderye 6vers {der leyder under
deme namen gadesdenstes alto veIe is) n6met
Paulus nicht eyrie ordeninge, sonder eyne un-
ordeninge wedder gotlike unde christlike orde-
hinge, unde deyt destilvige unordeninge unde
unordens knechte, de sick doch 6res ordens vor-
r6men, in den ban, 2. Thessa. 3 [6. 14].
Cerimonien 6vers, de hyr vorordent synt, wo de
scholere alle dage des avendes unde des morgens
uth der hilgen scrift psalme unde lectien singen
unde lesen scholen unde den leyen sampt den
anderen dt[desch, wen se tot predige unde misse
des hilgen dages tosamende kamen, werden
geholden umme eyndracht willen mit fryer con-
scientie unde denen der gemeyne to der bete-
ringe, de,vile se anders nicht synt wen gude
lere unde 6vinge der joget unde underrichtinge
unde bet unde danksegginge tier Christenen,
noch deme live, noch der conscientien edder
selen beswerlick.
Sulke cerimonien weren den Christenen nutte
Van anderen, de men 5 geltsaken synt, edder
to velken de conscientien mit mynschenleren
unde gebaden vorstricket synt, secht Christus
Math. 15 [9]: Frustru colunt me etc., dat is:
Alle 6re gadesdenst is vorgeves, dewile se
leren de leren unde gebade der mynschen etc.
Ick schwige noch, dat vele nichts weten, war
se in 6ren psalmen lesen, ja se begeren id nicht
to weten: war scholden doch drunkene chor-
scholere unde ungelerde tidepapen unde vigilien-
mummelers van der hilgen scrift weten? Wfl
me nicht christlike unde dem volke nutte ceri-
monien hebben, so kan me ock unchristlike vol
Druckvorlage: Druck yon 1528, Wittenberg bei
Joseph Kluck. Okt., 142 Bll.-Expl. der Nieders.
St. und U. B. G6ttingen (Jus. statut. V 7778).
_-- sfien.
3 _-- zu%venden
4 = nennt.
5 = nur
348
..... lenordnung 1528
Christi tor vorgevinge der sunden, so werde gy
entfangen de gave des hilgen Geistes. Wente
jue trade juer kynderen is de tosage unde
aller, de noch verne synt, de Got unse Here
hyrto ropende wert. Dar h6restu jo, de J6den
mit oren kynderen unde de verne weren, dat
synt de heydene, Ephe. 2 [13. 17], Esa. 57 [19],
sonder twivel ock mit eren kynderen, wente in
disseme parte hebbent de J6den nicht beter wen
de heydene, Gala. 3 [28].
Unde sunder twivel hebben de gedoften J6den
unde darna de gedoften heyden ock ore kyndere
tot d6pe gebracht, wen sulcks de apostele nicht
hedden wolt tolaten, so were id gescreven, wente
id hedde ock n6tlick geweset to weten. De
apostele overs mosten sulcks tolaten alse got-
lick unde christlick, dewile se hedden geh6ret:
Later de kynderken to my kamen unde wehret
en nicht etc., alse ock Petrus secht [Act 2,
39]: Jue unde juer kyndern is de tosage.
Tome Abraham is gesecht Gen. 22 [18], alse
ock Paulus wedderhalet Gal. 3 [16]: Dorch dyn
sfid scholen gesegenet werden alle heydene
eSder alle v61ke up erden. Ick meyne jo, dat
de kynderken ock in den segen horen des sfides
Abrahe, dat is, unses Heren Jesu Christi. In de
toseginge Gades trade in de prophetien hefft
Petrus gesehn mit den vorgesechten w6rden.
Up dissen sterken grund uth Gades wSrde,
alse wy nu hehr getellet hebben, offeren wy
unde bringen unse kynderken Christo, begeren,
dat he se wille annemen unde holden ock vor
Christene, unde dewile wy gewisse synt uth
syneme w6rde, dat he de kynderken gerne
nympt unde spreckt, dat striker sy dat rike
Gades, so geven wy en ock dat gevtsse van
Christo ingesettede unde bevalen teken der sa-
licheit, dat is de waterdSpe, darinne sunder
twivel Christus sulvest se alse ock andere 16vige
dSpet mit syneme hilgen Geiste, dorch welken
se nye unde weddergebaren werden, dat se syn
kyndere Gades unde hebben dat ewige levent,
alse Joannes Bapttste secht Matth. 3 [11]: Ick
d6pe mit watere, Christus mit dem hilgen Geiste
und viire.
Water k6ne wy geven in der d6pe, dewile
overs de dSpe nicht unse, sunder Christi is, so
gifft dar Christus sulvest den hilgen Geist unde
dorch den vorgevinge der sunden unde de
wedderb6rt.
Also werden unse kynderken alse ock andere
15vige ged6pet in Christum unde synen d6t,
Ro. 6 [3 f.], tehn Christum an, Gal. 3 [27],
hebben vorgevinge der sunden dardorch, Actor.
22 [161.
Welk ock Petrus in syner ersten epistole amme
drudden capitele secht also [1 Petr 3, 21]:
De waterdbpe maker uns salich nicht dar-
umme, dat uthwendich mit dem watere uns war
weft afgewasschet, sonder dat wy dar eyne
stipulatie, dat is eyn vorbund, maken eyner
guden conscientien mit Gade dorch de upstan-
dinge Jesu Christi etc.
Unde Paulus Tit. 3 [4 ff.]: Den erschehn de
fruntlicheit unde lfidegunsticheit Gades unses
heylandes, nicht umme der werke willen der
gerechticheit, de wy gedin hedden, sunder na
syner berrnherticheit makede he uns salich dorch
dat bad der weddergeb6rt unde vornyginge des
hilgen Geistes, den he rikelick uthgegaten hefft
in uns dorch Jesum Christum unsen heyland, up
dat wy, dorch dessulvigen gnade gerechtver-
diget, erven syn des ewigen levendes nach der
h6peninge, dat is jo gevislick wahr.
Desgeliken ock Ephe. 5 [25 ff.]: Christus hefft
gelevet syne christenheit und hefft sick sulvest
vor se gegeven, up dat he se hilgede, unde
hefft se gereyniget dorch dat waterbad imme
w6rde, up dat he sick bereydede eyrie hehr-
like christenheit, de neyne befleckinge edder
krunkelen edder dergeliken hebbe, sonder dat
se hillich sy unde unstraflick
Uth welken w6rden hSrestu, dat in der water-
d6pe, de he bevalen hefft, Christus sulvest mit
syneme hilgen Geiste d6pe unde afwassche van
den sunden unde make uns to ewigen kyndern
Gades. Darumme geve wy ock de d6pe na
Christus bevehle nicht in unserae namen (unde
schadet nicht tot d6pe Christi, wen ock de
waterdSper eyn heymelick Judas were), sonder
. 355
Braunschweig
imme namen des Vaders unde des Sones unde
des hilgen Geistes. De bilge drevaldicheit dSpet
dar sulvest, alse Christus insettet, vente xvat
dorch recht bevehl in eyries anderen namen
geschfit, dat is so vele, efft he dat sulvest
dede, unde vorware, ven de hilge drevaldicheit
dorch Christum, unsen Heren uncle middeler
unde heyland nicht sulvest dar dSpede, so konde
sulke weddergebSrt unde salicheit, alse gesecht
is, dar nicht gegeven werden.
To sulker gnaden unde salicheit offere wy
Christo unse kynderken, dewile he se van uns
fordert unde staffet uns, so wy se em nicht
bringen; se konen anders nicht salich werden,
alse Christus secht Jo. 3 [5]: So we nicht wert
weddergebaren uth dem water unde deme hilgen
Geiste, de kan nicht ingn int rike Gades.
De hilge Geist kumpt den anderen dorch de
predige des evangelii unde gifft en den loven
in Christum, Gala. 3 [2], an den kynderken
overs, de vy Christo nach synem wSrde to-
bringen, darvestu nicht twivelen, efft dar de
bilge Geist sy, dewile du hSrest, dat Christus
secht, latet se to my kamen, sulker is dat rike
Gades, by den is jo nicht de bose geist, sonder
de hilge Geist dorch Jesum Christum, unsen
Heren.
Wo xvolde doch nu so gotlose eyn mynsche
syn, de syneme kynde sulke gnade, van Christo
togesecht unde erxvorven, wolde vorstimen ? Noch
vindet me htiten alse ock wandages gotlose ltide,
de sulke kynderdSpe mit etliken scriften nach
deme schyne trefflick anvechten. Darumme is
ock disse bekentnisse van der kynderdOpe hyr
int erste vorangesettet to eren der warheit
Gades unde velen to troste.
Wy mochten lever sterven wen de kynder-
dope uns laten nemen. Orsake is genoch uth
Gades wOrde gegeven unde etl[ke christlike lerer,
ock by unsen tiden, to Nurenberge unde to
Wittemberge, hebben mehr darvan bescreven 12
Dat me dudesch dope.
Sulke hehrlicheit der dSpe schal me uns vor-
dragen mit der predige, dat wy mogen weten,
wat rechte christlike dSpe sy, de uns gegeven
is unde de wy unsen kynderken geven. Andere
urmutte hehrlicheit, angerichtet mit lichten,
vanen, dSpewygende 13, kreseme 14, onen Chri-
stene wol entberen. Wente tome uthwendige
sacramente der dSpen hSret water unde Christus
bevehl, dat is, dat me so dSpe, alse Christus
bevalen hefft. De is alleine meyster unde be-
deger 15 in diser sake, den schole wy hSren,
alse de hemmelische Vader scryet uth deme
hemmele over era: Dit is myn leve Sone, in
welkeme ick hebbe eyn wo)geval, den schole
gy hSren [.It i?, 5]. Unde dorch Mosen to-
voren, Deuteronomii 18 [18 f.]: Vv'e den propheten
Christum nicht hSret, van deme wil ick id sSken,
dat is, ick sulvest wil mick wedder den vor-
achter wreken 15a.
Dat andere dink nicht van nSden synt tor
dSpe, hebben ock alle doctores in den hogen
Luther, Von der Wiedertaufe an zvei Pfarr-
herrn. Wittenberg 1528 (von Luther bereits
am 27. 1. 1528 abgeschlossen, vgl. G. Buch-
wald, Luther-Kalendarium, Schriften d. Ver.
f. Ref. Gesch. Jg. 47, H. 2, Nr. 147, S. 56), XVA
26, S. 144--174; Melanchthon, Iudicium de Ana-
baptistis. 1527, CR I, 931--933; De Anabapti-
stis. April 1528, mit einer Zuschrift an den
Abt Friedrich v. St. Aegidien in Ntirnberg,
CR I, 955--973; Grundtliche vnterrichtung eins
erbarn Rats der Stadt Nfirnberg, XVelcher ge-
stalt, ire Pfarrherr vnd Prediger in der Stet-
ten v auff dem Land, das Volk, wider et-
liche verftirerische lere der XVidertauffer..er-
marten vnnd vnterrichten sollen, vermutlich
von W. Link (vgl. F. Roth, Die Einf/ihrung
der Reformation in Ntirnberg 1517--1528. 1885,
S. 260 L); Th. Venatorius, Pro baptismo et
fide parvulorum. 1527 (vgl. dazu Th. Kolde,
RE 3 20, S. 490).
Taufweihen. Vermutlich sind die Taufxvasser-
weihe am Karsamstag oder in der Pfingstvigil
bei der Taufe (vgl. Rit. Rom. I, Tit. II, Cap. II,
(vgl. oben S. 123, Anm. 46) und die Salz-
xveihe bei der Taufe (vgl. Rit. Rom. I, Tit. II,
6, S. 17) gemeint.
__ Chrisma. Seine Verwendung bei der Taufe
vgl. Rit. Rom. I, Tit. II, Cap. II, 23, S. 23.
= Gebieter -- 15a = richen.
356
Braunschweig
sulke bedtidinge, dat is vorklaringe, dat de ltide
leren, dat de bilge Geist mit dem Christenen
handelt imme herren vor Gade, schal dorch de
prestere nicht mit smerende, sunder mit pre-
digende werden uthgerichtet, alse Christus be-
valen hefft: dat is dat rechte apostolische
presterlike edder bisschoplike ampt na dem
lude des ganzen nyen testamentes.
Id is uns gude genoch, wen wy d6pet verden
alse Christus sulvest unde alse de hilgen apo-
stole unde alse de apostole de anderen Christe-
hen d6peden unde to d6pende lereden, nemlick
dorch dat water unde den hilgen Geist; vater
geve vy uth bevehle Christi, den hilgen Geist
gifft Christus sulvest, ja de ganze hilge dreval-
dicheit, alse gesecht is.
Darumme, dat de ltide mogen weten, alse
gesecht is, war me mit bedende unde evangelien
lesende unde fragen by der d6pe unde in der
dSpe handelt undeen nicht vordecket sy, is int
erste in disser ordeninge vor .ut. angesehn, dat me
de kynderken nu vortan dtidesch d6pen schal.
XVente ock Christus bevalen hefft [Mt 28, 19]:
Giit hen unde leret alle heydene unde d6pet se
imme namen des Vaders unde des Sones unde
des hilgen Geistes. Darumme, wowol de apostole
Joden gebaren weren, so hebben se doch den
heydenen nicht mit jodescher sprake geprediget,
dat hedde even so vele geweset, alse wen eyn
den dtideschen leyen wolde latinisch edder pa-
lensch 17 predigen, sonder se hebben leret de
Greken mit grekischer sprake, de Chaldeyer mit
orer sprake, de Walen mit walscher edder latini-
scher sprake, ane dat de gelerden in Wallende
ock wol grekes kunden. Darto hedden de apo-
stole ock dorch den hilgen Geist tungen ge-
kregen, dat se konden mit mennigerleye spraken
spreken, to uththobredende dat evangelion
Christi over de ganze xvelt.
.XIit der sprake, dar se mede predigeden, dar-
mede dofften se ock, by den J6den j6disch, by
den anderen anders. Wo konden anders de ltide
ore d6pe hebben vorsttin? Unde licht doch an
deme vorstande de grote macht. Wo kame wy
Dtideschen denne darto, dat me uns Gades wSrt
wil in tier dSpe mit unbekander sprake vor-
decken 7
Ock dewile de dSpe nichts were ane dat wort
unde bevehl Christi. Dat wort Christi overs
schal jo van uns vordern den loven. Wo schole
wy 16ven, wen wy id nicht vorsttin, sondern
grin darmede umme alse eyne nunne mit dem
psaltere 18 ?
Is id nicht wedder alle vornunft, dat me de
ungelerden leyen latinisch frage unde se moten
antwerden unde weten nicht, worto? De hyr
wedderfechten, dohn nicht anders, wen dat se
meysterlick bewisen oren mutwillen unde blint-
heit xvedder alle vernunft unde redelicheit.
D6pen doch ock de leyen unde fraue in n6den
nicht latinisch, sonder dtidesch unde nemand is,
de darf seggen, dat sulck unrecht sy, so nicht
anders daranne feylet. Ock alle lerer moten
spreken, dat dat kynd recht unde ewichlick in
Christum ged6pet sy, unde were vedder Got, so
jemand dat kynd noch eyns volde d6pen. Alse
ock alle man by den Christen 16vet, dat sulck
k3md salich unde Christene sy. Worumme schol-
den denne de prestere nicht dtidesch dSpen, de
vol beter rnit der saken konen ummegiin, de
ltide, de darby synd, vormanen to beden, en dat
evangelion lesen unde gute lere geven? Dat du
ock also mogest sehn, dat dtidesch d6pen in
disen landen nicht nyes is
Ja, id were gut, dat alle m.mschen tolepen,
besondergen de vorstendigen kyndere, wen ein
kyndeken ged6pet wert, tosehn made tohSren,
war dar gehandelt wert, dat se also vormanet
vurden, ock orer egenen d6pe, de se entfangen
hebben, unde war se dar vor eynen vorbund mit
Christo gemaket. So wurde me mehr sonder
twivel van tier d6pe Christi holden, besondergen
wen de prediger ock darto dohn mit der pre-
dige. Dat were denne de rechte d6pewyginge
unde der d6pe rechte herlicheit unde wurde
Christus bevehl rechte vorstanden.
; = polnisch
358
1< Sprichwcrt, vgl. oben S. 310 bei Anm. 53.
Braunschweig
ken to rny karnen, unde wy offeren ern nicht
eyne ko edder kalf, to nernen in syn rike {dat
uns hyr nicht eyn gotlose rnynsche rnochte be-
spotten), sonder eyne sele, vor welke Christus
den dot hefft geleden irnme krutze unde syn
blur dar vorgaten.
Dat arrne kyndeken is in sunden entfangen
unde hefft darurnrne syne gewisse vord0rnenisse
by sick. Darumrne offere wy also datsulvige mit
flitigeme gebede Christo, dat he id wassche
rnit synerne blude unde dope rnit synerne hilgen
Geiste; he wil id gerne dohn, he wet vol, dat
wy id in sulken n0den nicht anders kOnen
maken, unde vorsteyt unse christlike begehr,
weft ock syne w0rde nicht konen vorl0chenen,
darmede he uns so rychlick togesecht hefft
gnedige erhOringe unser bede.
Wen sulck den ltiden wurde geleret, so wusten
se sick in sulkerne valle christlick to holden
unde konden sick deste bet rnit sulkerne un-
gelucken tofreden stellen. Wente id is eyne
vtirlike meyninge, dat rne holt, dat rne sulken
kyndern nicht kan christlick helpen. Wo vele
beter were id, fiat me, wo gesecht is, rnit
gudeme loven Christo also de kyndere bev01e,
dewile vy so guden grund darto hebben.
Sulke kyndere, de wy so Gade unde synerne
Christo, unserne heylande, offerden, weren dar-
urnrne nicht vorlaren, dat rne se nicht kan
tot dope krigen. Wente de dope is uns nicht
gebaden to geven den, de noch nicht gebaren
synt, alse gesecht is; dat is uns overs gebaden,
dat wy vor sulke alse vor andere notroftige
bidden scholen unde twivelen nicht, wy syn
erh0ret. Mit sulker wise doh vy by sulken
kynderen, war wy konen nach Christus bevehle.
Dat machstu ock sehn in den j0denk.vnderen.
De rnegedeken wurden nicht vordOrnet, darurnrne
dat se nicht besneden wurden; ock nicht de
knechtken, de vorsturven binnen achte tagen
na der b0rt, wente de besnidinge was en nicht
gebaden. Also werden ock nicht vord0rnet unse
ungebaren kyndere, darurnrne, dat se nicht
konen tor dope kamen; wente de dope is en
nicht gebaden, sonder den gebaren, so verne
doch wy so Christo, alse wy konen, wo gesecht
is, tobringen. Wente ane den Christurn is neyne
salicheit. Wy wolden gerne, dat se tot dope
quemen, overs Gade gev01t id anders.
Wen wy Christene weren unde gingen umrne
rnit Gades w0rde unde dern loven, so were
sulken saken wol to raden, so verne, alse uns
Gades wort underrichtet unde trOstet, wat wy
nicht uth Gades w0rde konen hebben, dat rn0te
wy em bevehlen.
Van den scholen.
Id is hillich unde christlick recht, alse gesecht
is, dat wy unse kynderken Christo tor dope brin-
gen. Overs, ach leyder, wen se upwassen unde
de tidt kurnpt, dat rne se leren schal, so is
nemand darheyrne. Nernand vorberrnet sick over
de armen kyndere, dat rne se so lerede, dat
se rnochten by Christo bliven, derne se in der
dope geoffert synt. Nernand vorsiirnet gerne
den kynderken de dope, alse ock recht is, overs
wedderurnrne nernand gedenket, dat uns nicht
alleyne bevalen is, de kyndere to d0pen, sonder
ock, wen de tidt kumpt, to leren, alse gescreven
is tovorn van der dope 25a.
De gedoften kynderken leven in der gnaden
Gades, alse Adam unde Eva vor tier sunden
imrne paradise, weten nichts gudes noch b0ses,
wowol se van unser sundliken nature halven
to tome unde torne b0sen geneget synt. Se
hebben de tosage Christi: Sulker is dat rike
Gades.
Wen overs de tidt kurnpt, dat se vornunftich
beginnen to werden, so kumpt ock de slange,
alse to Adarn unde Even, trade beginnet, de
kyndere to leren alle undOget trade darto de
vornuft darhen leyden, dat se lestere de artikele
des christliken lovens unde vorachte den vor-
bund, rnit Christo gemaket in der dope. Denne
is id tidt, denne wert van uns gevordert, dat
rne se leren schal; overs leyder, me h01t se
25a Bugenhagens Sorge fiir das Schulwesen ist
die Sorge des ,,bischOflichen Lehrers" urn
eine christliche Jugenderz,_ehung, vgl. E. Wolf,
S. 265 f.
362
Braunschweig
kSpen-9, noch nemen se neyn gelt, sonder
sweren, armSth to holden unde erneren sick
doch unchristlick: etlike mit bedelye, alle mit
bedregerye.
Alle disse genSmenden ungelucken kamen
hehr, dat wy vorgeten, ja ock nicht weten den
vorbund, den wy gemaket hebben mit Christo
in tier dSpe, dar wy gewasschet synt mit
Christus blude, gehilget dorch den hilgen Geist,
in welker gnade wy dar annemen to levende
unde to stervende, bet dat imme jungesten dage
unse dSpe vulkarnen werde; denne werde wy
aller sunde unde alles 5vels ersten rechte 15s
syn; underdes hefft de hilge Geist stedes mit
den Christenen to schaffen, dat he se lere unde
frim make, alse vy ock imme Vader unse bidden
unde begeren, so wy id anders rechte veten to
beden. Worumme were wy sulke unse gnade
nicht unde vorgeten se, dat wy darna andere
wege erdenken tor salicheit? Me denket nicht,
dat me uns in Gades frtichte unde in tier er-
kentnisse Christi uptehe nach Gades wSrde.
Dorumme is hyr to Brunswig dorch den erbarn
radt unde de ganze gemeyne vor alle andere
dinge vor nSdich angesehen, gude scholen upto-
richten unde dar to besolden ehrlike, redelike,
gelerde magister unde gesellen 30, Gade deme
almechtigen ton eren, tier jSget tome besten
unde to willen der ganzen stadt. Darinne de
arme unwetene jSget moge tuchtich geholden
werden, leren de teyn gebot Gades, den loven,
dat Vader unse, de sacramente Christi mit der
uthlegginge 31, so vele alse kynderen denet. Item
leren singen latinische psalme, lesen uth tier
scrift latinische lectien alle dage. Darto schole-
kunst, darfith me lere sulks vorstin. Unde
nicht alleyne dat, sonder ock daruth mit tier
tidt mogen werden gude scholemeystere, gude
predigere, gude rechtvorstandige, gude arsten,
gude gadesfruchtende, tuchtige, ehrlike, redelike,
gehorsame, fruntlike, gelerde, fredesame, nicht
wylde, sonder frSlike borgere, de ock so vortan
5re kynder tome besten mogen holden unde so
vortan kyndeskynd.
Sulck wil Got van uns hebben, he wert ock by
tms syn mit syner gnade, dat sulk wol gedye
unde vSrtga. De JSden lereden ore kyndere in
den htiseren unde hedden scholen in allen
steden, de synagogen werden genSmet, dat se
jo den Mosen wol lereden unde konden oren
loven vorantwerden, alse de JSden noch na
5rer wise 5re kynder leren. By uns Christenen
is id jo schande, dat wy Christum nicht leren
recht erkennen, in welken j doch gedSpet st;
darto is id ock schade, dat wy de joget nicht
laden leren sulke kunste, dardorch se darna sick
sulvest unde der werlt denen kunden tor
salicheit der selen unde to gudem regimente
in disseme levende landen unde steden denende.
Gerede sulck unse vlyt mit etliken nicht wol,
so wurde he doch geraden in velen anderen.
Eyn bSm, de vele guder appele drecht, schal
nicht darumme afgehowen werden, dat twe
edder dre appele wormadich sind. Dat gude
mSt me nicht nalaten alarum, dat id an etliken
vorlaren is.
Latinische junenscholen.
Twe gude latinische jungenscholen synt an-
gesehn vor genSch, unde wowol id ringe is in
sulker stadt, so wil me doch de beyden scholen
deste ehrliker holden unde vlitiger mit gelerden
magistern unde gesellen, dat de jSget sere wol
dardorch vorsorget sy.
29 Vgl. zu den opera supererogationis: Th.
Simar, Lehrbuch tier Moraltheologie 3. 1893,
S. 45 ff.; O. Schilling, Lehrbuch der Moral-
theologie, 1. Bd., 1928, S. 189--198, ferner RE 3
14, S. 417 f.
3o Vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 56; F. Koldewey,
Schulordnungen, S. XLVI.
Ffinf Hauptstticke in dieser Reihenfolge mit
kurzer Deutung sind auch schon im Btichlein
ftir die Laien yon 1525 enthalten, vgl. F. Cohrs,
Die ev. Katechismusversuche vor Luthers En-
chiridion, 1. Bd., 1900. Monumenta Germaniae
Paedag., Bd. XX, S. 200 ff., dazu ibid S. 178. --
Cohrs hilt es ftir mSglich, da Bugenhagen
der Verfasser des B[ichleins ist, vgl. ibid.
S. 176 ff.
364
Braunschxveig
Van dem arbeyde in den scholen.
Mit deme arbeyde unde 5vinge in den scholen
schal id mit der tidt tome meysten geholden
werden, alse Philippus Melanchthon hefft be-
screven imme boke, dat dissen titel hefft: Under-
richtinge tier visitatoren an de parnere etc.
De kyndere schSlen gedelet werden in dre
classes edder in dre parte46. De ersten synt de
ringesten, de anderen de middelsten, de drudden
de besten, alse in deme genSmedeme boke be-
screven steyt. De ersten twe parte scholen
geleret verden in beyden scholen.
Dat drudde part, wen etlike darto gedyen
roach leren alleyne to Sunte Marten; sulke
jungen unde nicht andere mach de magister to
Sunte Marten, wen de 51dern dat begeren, an-
nemen, doch nicht ane dat ordel des super-
attendenten, velk den jungen examineren schal,
efft he ock in dat drudde part denet, dat deme
rector to Sunte Catharinen nicht vat to vohr-
range 46a gescheh edder nicht hader unde twi-
tracht verde unter den beyden scholenmeysteren.
Konde ock unde wolde de rector to Sunte
Catharinen sulke gelerde jungen vortan leren,
de in syne schole sus lange gehSret hebben,
so sta id by der 51deren villen, de jungen dir-
tolaten edder vechtonemen, doch also dat de
rector darmede nicht vorsfime synen arbeyd, em
vor de anderen twe parte der kyndern upgelecht.
Sulck eyn drudde part der jungen wert me
velicht int erste nicht hebben edder ganz wey-
nich, doch mSt sulkes angehaven wesen. Velichte
werden andere gesellen unde borgerkyndere,
de tovorn studeret hebben, ock willen to sulken
edder etliken lectien gin, de gelesen verden vor
de jungen des drudden partes, alse imme ge-
n6meden boke bescreven steyt, den schal me
sulcks ock gerne gunnen. Synt se vormSgen,
so mogen se darvor deme magistro wat in de
kSkene schenken nach ereme willen.
Alle vlit unde arbeyd in den scholen schal
darto denen, dat de jungen jo wol werden ge-
5vet, latinisch to leren, dat se leren wol lesen,
recht scriven, vorst/in de autores, de en uth-
gelecht werden, recht latyn spreken unde stedes
versche unde epistolen maken. Id schadet ock
nicht, dat me se up etlike tidt examinere unde
hSre, wo se dfidesch reden, dat se nicht dat eyne
int andere verpen unde unvorstendich redenetc.;
dat kan me wol dohn, wen se mSten latinische
sententien exponeren, darto helpet den jungen
uth tier maten sere, so se ordentlike geschickede
latinische epistolen maken, hie late se jo nicht
leren reden edder scriven kSkenlatyn, so fro alse
me id by en beteren kan.
Disse 5vinge schal stedes waren, so lange dat
se ock denen tot dialectica unde rhetorica, alse
in deme genSmeden boke bescreven is 4;
To rechter tidt roach me den, de darto denen,
ock wol grekisch lesen leren unde dat Pater
noster edder eyn capitel uth deme nyen testa-
mente edder wat anders, dat kort unde licht
is, grekisch vohrleggen unde mit der tidt nach
tier grammatike etlike dictiones leren decli-
neren etc.; doch dessulvigen nicht to vele, dat
nicht de magistri 5re kunst bewisen ane frucht
der jungen. Wente grekisch leren, ehr se wol
geSvet synt imme latinischen, is by uns ganz
vorlarene kost unde moye 48
Desgeliken roach me en och hebreische bock-
stave kennen und lesen leren, to hulpe, efft
etlike van en darna in eyner hogen schole, dar
de tungen geleret werden, darto geneget unde
geschicket wurden, mehr van der sprake to leren.
Me schal de kyndere unde de jungen nicht
besweren mit deme, dat se nicht dragen kSnen,
overs vlitich an_holden, latinisch to leren, alse
in deme genSmeden boke bescreven is.
In deme sulvigen boke steyt ock49, wo me se
to etlike tiden mit Gades wSrde unde hilger
46 Vgl. Unterricht der visitatoren an die pfarr-
herrn im kurftirstenthum zu Sachsen 1528;
Sehling I, S. 172 ff.
46a zum Nachteil.
47 Unterricht d. visitatoren.. ; Sehling I, S. 172 ff.
48 Vgl. Unterricht der visitatoren.. ; Sehling I,
368
S. 172. Dort vird es ganz vervorfen, daf die
Jungen auger Latein noch Griechisch und
Hebriisch lernen.
49 Unterricht der visitatoren...; Sehling I, S. 173:
Ein Tag ,,als sonnabend oder mitwoch" wird
ffir die christliche Unterweisung angesetzt.
Kirchenordnung 1528
schole grin. De andere tidt scholen se 5ver-
lesen, item den 61deren denen unde leren hus-
holden unde tosehn etc.
Van sulken juncfrauen, de Gades w6rt gevatet
hebben, werden darna nutlike, geschickede, frS-
like, fruntlike, gehorsame, gadesfrfichtende, nicht
byl6vische und egenkbppesche hfismoderen, de
6re yolk in tfichten konen regeren unde de
kyndere in gehorsame, eren unde gadesfrfichten
uptehn. Unde de kyndere vortan werden 5re
kyndere ock so uptehn unde so vortan kyndes-
kynd. Schal overs war darmank nicht xvol
geraden, dat rest me Gade regeren laten. Wy
scholen dat unse dohn, alse uns Got bevalen
hefft. O, wo bbse were id, xven me sulke gude
5rsake vor de unwetende jSget nicht vorderde.
So 6vers eyn borger ganz arm were unde
wolde syne dochter ock gerne leren laten, de
spreke de vorstenderen der gemeynen kasten
der armen to in syner pare, dat se xvolden sulck
uthrichten umme Gades willen etc.
Van den predicanten.
An guder lere edder predigen nach Gades
vorordeninge is id ganz gelegen, dat dat hilge
evangelion Christi by uns gedye. Eyn gut bSm
bringer gude frfichte, eyn bbs bSm bSse fr/ichte
[Mt 7, 17]. Eyn gut prediger sorget vor de
salicheit der mynschen unde prediget dat reyne
wSrt Gades, alse den predigeren Christus bevalen
hefft: Prediget dat evangelion (nicht mynschen-
lere) allen creaturen [Mk 16, 15]. Daruth kumpt
sonder twivel salicheit denjenen, de deme
evangelion, dat geprediget xvert van Christo,
gelSven, alse he secht [Mk 16, 16]: We gelbvet
unde wert gedofft, de wert salich etc. Unde
Paulus Rom. 1 [16]: Dat evangelion is eyne kraft
Gades tor salicheit alleme, de daran gelSvet.
Unde 1. Corin. 1 [23 f.]: Wy predigen den ge-
kr/itzigeden Christum, welke predige is den
JSden eyrie ergernisse, den heydenen eyrie nar-
heyt, overs Gades kraft den JSden und heyde-
hen, de beropen synt etc. Also gyfft uns de
hlge Geyst den loven in Christum dorch de
predige edder dat wort des evangelii. He konde
wol anders den loven geven, overs id gevolt
em unde vorordenet, dat wy en so scholen
krigen. Van sulker frucht de predige spreckt
ock Esaias imme 55. capitele [11], dat dat evan-
gelion nicht vorgeves wert geprediget werden.
Les dat ganze capitel.
Eyn bbse prediger overs, welk is eyn bbse
bbm, prediget neven deme evangelio unde deme
namen Christi, dat he mit Gades worde nicht
beschermen kan, leret mynschenlcren, welke
Paulus 1. Timo. 4 [1] nbmet diivelsleren. Wente
war nicht uth deme worde Gades is, dat is uth
mynschliken herren bedacht, war daruth bedacht
is alse gotlick unde hulplick tot vorgevinge tier
sunden unde salicheit, dat is idel lbgene; 15gene
overs is vamme dtivele, ven se ock schynet mit
5ren uthgedichteden werken alse engelisch levent
trade hillicheit, alse Paulus secht Col_ 2 [18].
Sulck eyn prediger gifft denne vohr grote
logene, doch, alse Paulus secht: In hypocrisi, dat
is mit kostlikeme schyne der engelischen hil-
licheit und des engelischen levendes unde got-
liker warheit, welk alle Christus nbmet schapes-
kledere [.Mt 7, 15]. Gades wort is nicht dar,
sonder mynschentand unde diivelslSgene. So
heven sulke an unde vorbeden ehelick to wer-
den; dar synt sere kSstele fruchte uthgekamen,
dar Gade unde den lfiden vor grfixvet; me hefft
id eyn engelisch levent genbmet etc. Se vor-
beden ock spise, de Got geschapen hefft to
netende mit danksegginge den lbvigen, de de
wirheit erkennen, trade hebben mit sulker unde
untelliker mehr mynschliker unde erdichteder
rechticheit gemaket, dat Jesus Christus, de rechte
unde eynige rechtverdicheit, uns van deme Va-
dere geschenket, vor.unkelt is, also dat du
vindest xvol emen stratenrbver, eynen ehebreker
eynen wSkerer (ick svige der blinden hfichelere),
de wol darf vor eynen ke*ter unde vordbmeden
mynschen schelden eynen framen man, de des
Frydages flesch eth, welk doch fry is unde
is yon Gade nicht vorbaden.
Se richten an mit 5rer predige vele hillicheit
unde sonderlike gadesdenste, alse se meynen,
overs Christus secht darvan Matthei 15 [9] uth
deme propheten Esaia [29, 13 f]: Frustra colunt
46* 371
Braunschweig
me etc. Ore gadesdenst is ganz vorgeves, dewile
se predigen de leren unde de gebade der
mynschen.
Summa summarum, alle Ore predige, lere unde
scrivent vOren se jr tome lesten darhen, dat
se mogen bliven hilge patres unde werdige
prelaten unde besondergen jr, dat deme groten
gade buke nicht syn gadesdenst werde afge-
braken unde vorvalle, Gades bade unde dat
evangelion Christ mocnte lever vallen unde alle
arme lode vorhungeren. Darvan Paulus secht
Phil. 3 [17 ff.]: Volget my, leven brudere, unde
secht up de, de so wanderen, a!se gy uns hebben
tome vohrbilde. Wente vele wanderen, van
welcken ick ju vakene 56 gesecht hebbe, nu overs
segge ick ju ock venende, de viende des krritzes
Christi; Ore ende is vordOmenisse, ore got is
de brick; Ore ere xvert to schanden xverden, de
up erdesche dink gesinnet synt, dat is, van
Gades rechticheit weten se nicht, ja se vechten
darwedder umme des bukes willen. Ore ere
unde brick liden dat evangelion Christi nicht.
Noch synt se upgeblasen imme synne 5res herten
ande geven grote hillicheit vohr in den dingen,
dar se sick sulvest nicht up vorstin, Colo. 2 [23].
Wente se bebben neyn gadesxvSrt to 5reme
tandwerke unde 15genpredJge.
By sulker predige, alse by 5ren frrichten,
scholen de jungere Christi de falschen propheten
erkennen, daruth klir wert, dat se synt gri-
pende wulve; wente se gripen allent, wat se
na sick halen k6nen, alle 6re predikent unde
gadesdenst priset den groten got brick.
Sulke frucht, dat is sulke predige, predigen
de rechte predigere nicht, sonder dat evange-
lion Christi, me geve en denne vele edder xvey-
nich_ Redelike neringe is me en schuldich.
overs se prediken darurnme neyne 16genpredige,
wen me en nicht geven wil. Se hengen sick
nicht an drivelsleren umme des bukes xvillen.
Wil me se nicht ansehn, so xvert se Got wol
andersvohr erneren, also ock Christus den apo-
stelen bevalen hefft.
Darumme to vormiden de olden unQe nyen
vorv6rer, de nicht recht Gades w6rt den ltiden
vordregen, sonder hengen an mynschenleren
edder steken {under deme namen des evangelii}
vul opinien unde mynschendanken, dar se lever
scholden steken -ul gelovens unde sick laten
benogen an der slichten varheit Christi. De
to vormiden unde rechte evangelische predikere
overtokamen, bedarve vy, dat wy van herren
erstlick danken deme Vadere aller bermher-
ticheit vor dat evangelion unses Heren Jesu
Christi, sines leven Sones, uns so gnedichlick
unde rycklick to dissen letsten tiden vedder
apenbaret, daruth xvy erkennen ernstlick unse
sunde, erd6m uncle hrichelye erkennen unde
dorch den loven in Christum entfangen ock
vorgevinge der sunden, synt ksndere Gades unde
salich, erkennen, xvat rechte gude xverke synt,
unde dat krritze edder gedult Gade wolgevallich.
alse uns Paulus mit syneme exempel leret Gade
rianken. Collos. 1 [12 ff.].
Darna schole xvy ock, alse uns Christus leret
Matthei 9 [38], bidden den Heren der ernte, dat
he arbe'deslride in syne ernte sende, dat is,
dat he gude predigere uns wolde toschaffen, id
is doch syne ernte unde nicht unse, overs he
wil gebeden syn, des hefft he uns. Christus, sul-
vest eyn trefflick exempel gegeven. Wente alse
gescreven steyt Luce 6 [12 ff.], d6n he wolde
ervelen de 12 apostel, bedede he tovorn de
ganze nacht to syneme Vade up dem berge.
So schole xvy ock bidden umme gude predikere,
welke synt eyne eddele gave Gades.
Unde wen id uns feylede, dat wy under den
predigern, de vor gut verden angesehn, eynen
heymeliken Judas kregen (wente eynen apen-
baren schole wy, so vele by uns is, nicht liden),
so wurde doch id Got also vorschaffen, dat sulk
eyn vorreder unde valsch bruder deme evangelio
nicht moge schaden dohn, xvente wy hebben em
nach syneme w6rde mit unseme bede de sake
bevalen, sunder tvivel, he vert id xvol uns tor
salicheit rithrichten.
56 oft.
372
l-clenordnung 1528
Quackelpredigere hebbe wy gen6ch gehat, nu
me overs wil gude predigere hebben, kan me
kume eynen rechtschafenen treffen, alse Chri-
stus sede [hit 9, 37]: De ernte is vele, der
arbeydere is weynich.
Wen wy overs also mit heymelikeme unde
apenbareme van deme predickstole gebede Gade
de sake, gude predigere to vorschaffen, bevalen
hebben, so wille wy ock dat unse darto dohn
unde laten id nergen ane feylen, dat wy sulke
denere des wordes mogen oberkamen.
Vam superattendenten unde synem hulpere.
Vor alle dynk taste wy unde willen ock hebben
eynen superattendenten, das is e3rnen upseher,
deme mit syneme adjutor de ganze sake aller
predigeren unde der scholen, so vele de lere
made eynicheit bedrept, werde dorch den erbarn
radt un2e de de --'e'a gemeyne darto vorordent, alse
synt de schatkastenheren, bevalen, uptosehn, wat
me leret unde wo etc. Sulck is van hogen nSden,
wente wy willen dorch Gades gunst eyndrech-
tige predigen nach deme wSrde Gades hebben
5vet de ganze stadt, alse id ock van Gades
gnaden is angevangen unde geyt imme swange.
Wy willen nicht liden mit unseme wetende
sekten edder partyen des w6rdes halven. Ock
nicht liden mit valsche predigen wedder dat
evangelion, dat is wedder de gnade Gades, uns
dorch Jesum Christu.rn, unsen Heren, geschen-
ket. Ock nicht wedder den bevehl unde in-
settinge der dSpe unde des sacramentes des lives
trade bludes unses Heren Jesu Christi, van
Christo mit klaren worden ingesettet unde
bevalen.
Unlidelick schal uns ock syn sulke predige, de
darhen denet, dat me der overicheit nicht scholde
gehorsam s3rn. gelyck efft under den Christenen
nicht scholden weltlike heren s3rn57. Wente
sulke heren, alse by uns unse erbar radt is,
konen wot dorch den loven vor Gade unse christ-
like br6dere syn, dar is neyn ansehent der per-
sonen. Overs nach 6reme ampte scholen se
sick holden vor heren unde slan mit deme
swerde, en van Gade bevalen, de unchristliken
boven unde schelke up de k6ppe, dat is, se
straffen na rechte. \Ven Got sulke overicheit in
der werlt nicht vorordenet hedde, so were wy,
unse wive, kyndere, gtidere etc. nergend seker.
Darumme synt wy en schuldich schot, fruchte
unde ehre. nicht alleyne darumme, dat se tins
mochten straffen, sonder ock umme Gades wil-
len, alse id Paulus fyn bescrivet Rom. 13 [1 ff],
unde Petrus vormanet 1_ Pet 2 [13 ff.]. Alleyne
wedder Gades w6rt schole wy nicht dohn umme
der overicheit willen, wente dar is Got de h6ge-
ste overicheit, alse Christus leret [Mt 22. 21].
dat me deme keysere geve, war deme keysere
geh6ret, unde Gade, war Gade geh6ret, de schal
alle3uae over unsen loven herschen, darby schole
wy laten allent, wat wy sint unde hebben. In
alien anderen dingen, wen uns to vele weft
upgelecht, schole wy gehorsam syn etc. Drvan
roach me ock mehr lesen in der Underrichtinge
der visitatoren zu Sachsen etc. 5s unde in deme
boke Von der xverliken 6vericheit 59
De predikere scholen frylick sunde straffen,
doch unvormerket de personen, xvente beteren
scholen se unde nicht schenden. Wolde doch
Christus den Judas nicht schenden made straf-
'6a ,,de" fehlt in der Druckvorlage.
5 Thomas Mfintzer erstrebte Beseitigung der
Ffirstengewalt zu gunsten der Demokratie
(vgl. K. Holl, Ges. Aufs. z. Kirchengesch. l 2.3,
1923, S. 454 ff.), bzw. der Christusherrschaft
(vgl. C. Hinrichs, Luther und hItintzer. 1952,
164 f.). Zur resignierten Haltung der schwei-
zerischen und sfidSeutschen Tiufer vgl. Holl.
S. 458. Schwirmerische Ideen lebten nach
1525 bes. unter den Anhingern Hans Huts,
vgl. z. B. die Nikolsburger Artikel v. 1527:
,,Bei den cristen menschen sol kein gewalt
noch oberkeit sein." -- Aussagen yon \Vie-
dertiufern 1527: ,,Wet ainicher obrigkeit ver-
wandt ist, mag nit selig werden, soll man
versteen, das kain obrigkeit sein soil." in
Quellen u. Forschungen z. lqeformationsge-
schichte 16 Quellen z. Gesch. d. \Viedertiufer,
Bd. I1. 1934, S. 65 f.
5, Unterricht d. visitatoren...; Sehling I, S. 155 ff.,
164.
:"- Luther, \'on weltlicher Obrigkeit, wie weit
man ihr Gehorsam schuldig sei. 1523. \VA 11,
S. 245--280.
373
Braunschweig
In der Advente twe xvekene des Mandages,
Dynxtedages, Donredages unde Frydages. In
den ersten vullen twen veken in der vastene
ock so. In tier krtitzeweke 0 mit der navolgen-
den veke ock so, ane des Heren hemmelvart-
dach. Tve wekene na cler ernte, ehr me den
hoppen afnympt, ock so
Darumme moten de beyden predicanten den
catechismum kort unde vorstendich vaten vor de
simpelen, dat me den kan uthpredigen in den
achte prediken. Dewile scholen de andere pre-
digere stille holden unde rowen mit 6ren lectien
edder werkeldageschen predigent; alleyne des
Midewekens scholen se predigen in allen paren
in den weken des catechismi.
Wen overs sulke tidt kumpt, dat me des Man-
dages den catechismum schal anvangen, so scho-
len de anderen predigere in allen kerken des
Sundages tovoren dat vorkundigen deme volke
vamme predikstole unde vormanen, dat se schul-
dich smt. to sulker predige 6re kmdere unde
gesinde to senden etc. To sulke predige schal
me em verndel stunde tovorne lfiden in den
klosteren.
Stunden overs schal me to den beyden pre-
digen erwelen, alse me vormodet, deme volke
unde gesinde nutte unde bequemelick to syn,
de eyrie des morgens, de andere des avendes
etc.
Van der passien unde Pasdnentidt.
Van Oculi bet up Judica de 14 dage lank
scholen wedder ang,in de gemeynen lectien edder
gemeynen predigen, van welken na wert ge-
secht verden, unde scholen wedder uph6ren van
Judica bet des Sondages na Paschen.
Den Sundach Judica hefft me gen6met den
Sundach des lidendes Christi. In der weke darna
scholen de predigere in allen kerken up 6re
gewonlike dage unde stunden predigen dat
11. capitel Joannis van deme erweckeden La-
zaro unde wo de Here vohrwiket in Ephrem.
Des Sunnavendes vor Palmesundage under tier
vesper werden predigen de superattendens unde
de adjutor in 6ren wonliken steden unde stun-
den, wo de Here villich wedderkumpt tome
lidende unde vo he eth to Bethania unde vele
volkes lopt to em uth Hierusalem, Joh. 12. XVente
de historie is in Palmeavende, dat is des Sunn-
avendes vor Palmedage, geschehn alse Joannes
bettiget
In Palmesundage tot messen schal me pre-
digen vamme intage des Heren in Hierusalem.
Des namiddages de epistole, des avendes wo
etlike heydene den Heren volden sehn, Jo. 12
[20 ff.], unde xvat he dede up den dach imme
tempele, hIatth 21 [12 ff.].
De negesten dre dage up w6nlike stunden, ock
des Middewekens under der vesper m6gen de
predicanten prediken tith der passie van der
historie, de done geschehn is vor deme guden
Dunredage 71, war en wert gut dunken vor dat
yolk.
Up den guden Dunredach in allen paren des
morgens vamme osterlamme unde deme sacra-
mente des lives unde bludes Christi, van Christo
up den dach ingesettet. Des namiddages, wo
de Here Jesus den jungeren de v6te wasschet,
Joarmis 13. Des avendes scholen de superatten-
dens unde adjutor kort mit eyner summa repe-
teren vamme sacramente unde v6tewasschende,
darna ock kort, wo Christus hefft geredet van
syneme vorredere unde wo vormeten de hiligen
apostele synt gexveset, de noch nicht xmsten,
war anvechtinge des dodes vor swarheit by sick
hefft. Darup flitich prediken vamme bede unde
grtiwelikeme angeste unde lidende des Heren
imme girten [Mt 26, 36 ff.; Mk 14, 32 ff].
Up den stillen Frydach des morgens umme eyers
sSvene, wen de scholere 6re psalme gesungen
unde lectien gelesen hebben unde darto e)m
dtidesch psalm gesungen is van der gemeyne
edder sus alleyne dtidesch gesungen, w6r neyne
schSlere smt, so schal em predicante up deme
:0 Himmelfahrtsvoche. vgl. oben S. 154, Anm. 62. 7 Grtindonnerstag.
378
ttrcnenordnung 1528
predickstole iith eynem boke lesen diidesch van
5rde 7- to ende de passie des Heren, tosamende
gebrocht iith den vehr evangelisten. He schal
overs anvangen van derne, dat gescreven is, wo
de Here is uthgegfin 5ver de beke Kidron up
den Olienberch etc. unde lesen slicht den text
fyn klar, beschedelick uncle vorstendlick, bet up
de historie tier upstandinge des Heren He rnach
wol anheven mit disserne titele: Dit is de passie
edder dat liden unses Heren Jesu Christi, alse
de vehr evangelisten dat hebben bescreven. DSn
unse Here Jesus Christus rnit synen jungeren
na deme aventetende den lavesank gespraken
hedde, gink he uth, alse he plach to dohn, 5vet
de beke Kidron an den Olieberch, unde syne
jungere volgeden ern ha. Done sprack he to en:
In disser nacht werde gy ju alle ergeren an my
etc.
Sulck is deme volke nutte rnehr, wen done
me de passie lude sank, unde de prestere gin-
gen darvan, de leyen overs vorstunden id nicht.
Unde schal geschehn in allen parch. Sulck lesent
overs wert wol eyrie gude stunde waren.
Darna schal de predicante varnnrne lidende
Christi leren unde vorrnanen eyne halve stunde
lank, dat is gen6w. ,Vente dat unlustige lange
passienpredigent, alse me plach to dohn, is nicht
nutte.
Up den narniddach in etliken kerken unde up
den avent to Sunte Otilien unde irnnrne grauen
klostere kan me wol rnehr seggen van den
stucken der passien, ock des anderen dages up
den rnorgen unde under tier vesper, ock is
sus in den vorigen dagen geprediget van etliken
stucken uth tier passien. Mit sulker wise wert
nutlick de ganze passie iith den vehr evange-
listen vohrgedragen.
So etlike na tier passien in stillen Frydage
willen cornrnuniceren, so geve rne dat sacra-
mente, alse rne plecht des Sundages na der
predige, wowol dat up den dach de rnissensank
unde geprenge vor der predige nicht geholden is.
De gepredigede passie is eyn gut geprenge tome
cornrnuniceren. Wente Christus secht [Luk 22,
19; 1. K 11, 24 f]: Sulck doht to rnyner gedecht-
nisse, dat is, alse Paulus secht [1. K 11, 26], vor-
kundiget rnynen dSt etc.
In dern Paschen schal de ganze historie van
tier upstandinge Christi deme volke vohrgedragen
werden, de rnSgen de predicanten up den mor-
gen, rniddach unde avent in den dren vyrdagen
dehlen, deme volke to troste unde guder lere0
wo se willen, ock etlike dexte darvan sick be-
waren to predigen up de werkeldage in won-
liken stunden bet up den Sundach.
Van anderen tiden.
Up disse wise is id ock gut, den leyen de
historie slicht vortolesen, ehr rne dat evange-
lion uthlegge, in andern festen, alse in derne
Winachten de historie Luce 2, in des Heren
hemrnelvart Act. 1, up Pynxten Actor_ 2 etc.,
ock dat me vakene in den predigen historien
uth derne olden unde nyen testarnente invSre,
wente sulk leret sere wol dat gerneyne yolk
etc.
Van der predige im vastelavende. 7
Up guden Dunredach unde in derne Paschen
hefft me stedes sunderge tidt unde 5rsake ge-
hat, to predgen vamrne sacrarnente unde bicht;
sulk is gut, so verne dat yolk werde vorrnanet
vIittch rnit Gades wSrde, dat nernand tome
sacrarnente ga urnrne tier tizlt willen edder
urnrne des pavestes gebazles willen. Wente sulk
is wedder Christus bevehl, welk bevehlet, va-
kene, nicht alleyne up Paschen, so me wil, to
eten syn lyff unde to drinken syn blut irnme
sacrarnente to syner gedechtnisse. Sulk schal
ock vakene gepredtget werden trade kurnpt to
predigen irnnrne catechisrno. Is cloch gut, alse
gesecht is, dat des jares alle man up eyrie
sunderge tidt wete up sulk eyne predige to
wfirden, besundergen up de tidt, alse Christus
dat sacrarnente hefft ingesettet.
7.o --- Anfang.
z3 = Fastnacht
. 379
Braunschweig
De adjur prediget des avendes umme seyers
3 imme Paulerkloster des Mandages, Midde-
wekens unde Frydages, so em dat to vele wer,
so late he de frydagespredige anst_n.
De predige edder lectie to Sunte Catharinen,
to Sunte Peter unde to Sunte Ulrike schal syn
de evangelista Mattheus. Wen de uthe is, so
schal me Lucam wedder anheven.
To Sunte Marten, to Sunte Magnus unde to
Sunte Andrees schal syn de evangelista Lucas,
wen de uthe is, so schal me Mattheum wedder
anheven.
Also scholen de beyden evangelisten in allen
den gen6meden paren ummeschicht geprediget
edder gelesen werden.
De lectien scholen jo so gelesen werden, dat
se deme gemeynen volke nutte syn_ Wente de
predigere, de dar 6re kunst bewisen willen,
schaffen mit der wise neynen framen.
De superattendens neme to predigen den evan-
gelisen Johannem, de adjator uth deme Paulo
de slichtesten epistolen, de epistole Joannis
edder ock de erste Petri etc. Unde wen de evan-
gelista Joannes uthe is, so schal de adjutor
en annemen unde de superattendente de episto-
len etc. unde so wedderumme.
Se alle werden eyn vordel hebben, de evan-
gelisten deste ehr to endigen, wovol se sus
lange waren willen. Wente wen text vohrvolt,
de up eynen Sundach edder lest imme jare
wert geprediget, so darven se men den text
slicht lesen unde seggen, dat darvan up eyn
anderml geprediget wert..Mit sulker wise dar-
yen se ock neynen evangelisten wider lesen
edder prediken, wen bet up de passie. XVente
war mehr vortan in den evangelisten van deme
lidende unde upstandinge Christi gescreven steyt,
dat wert alle uth den vehr evangelisten ge-
prediget in der stillen weke unde in der Pa-
schenweke, also tovorne gesecht is.
Villen 5vers sonderge saken vohr, de nSt
weren to predigen, so konen de predicanten sulk
wol in 5re Icctien mitbringen, alse mochte
sunderlick erd6m edder schwermerye, edder me
mochte sonderlick darvan predigen unde de
lectien stahn laten etlike dage Sulk schal overs
nicht geschehn ane grote apenbare n6t, darto
ock nicht ane den ridt des superattendenten,
wente den weft de sake allermeyst bedrapen
etc.
Baven alle scholen sick de predigere holden
na der heylsamen vormaninge Sancti Pauli, in
den epistolen an Timotheon [1. Tim. 2, 1 f.]
unde Titon [Tit 3, 1] gescreven Se scholen vor-
marten, to biden vor keyserlike majestat, vor alle
fursten, vor unsen erbarn radt, up dat wy under
en eyn rowelik unde stifle levent mogen vSren
in aller gotsalicheit unde redelicheit. Wente in
krige vorvolt dat evangelion, gude lere, alle
ere unde tucht, gude sede unde eynicheit, darto
alle screvene unde landrechte.
Ane dat scholen doch sus de Christene stedes
bidden Got, 6ren leven Vader, dorch Jesum
Christum in aller lives unde der selen anliggen-
der n6t vor sick unde vor de anderen Dartho
scholen de predikere se jo vlitich leren unde vor-
m anen.
Item ock vormanen de riken unde de hand-
werkeslfide, dat se van 6reme gude, 1. Timo. 6
[17 ff], unde van 6reme arbeide, Ephe. 4 [28],
leren unde sick gewennen, den notroftigen to
denen.
Item vormanen dat yolk to gehorsame der
overicheit, alse Paulus dat bescrivet 1Rom. 13
[1 ff.], unde dat se undereynander frede unde
eynicheit holden unde haderen nicht, laten sick
gerne in twedrachtigen saken dorch andere
frame lfide vordragen, id koste war id koste.
E)-nicheit unde frede is beter wen aller werlde
gut etc.
To sulken saken unde allen andern christenen-
leren hebben de predicanten eyrie kostlike unde
christlike underrichtinge imme boke, dat Phi-
lippus Melanchthon bescriven hefft, nicht mit
syneme namen, sonder mit disseme titele: Under-
richtinge der visitatoren an de parnere etc. 79
79 Sehlin4 I, S 149 ff
382
Braunschweig
hSre. Darto wfl eyu erbar radt ock sulks vor-
beden, dat id nicht geschehe under der predige,
besundergen in sulken steden, dar sulks mochte
by der kerken gehSret werden etc.
Vain wyiende.
Water, viir, lichte, krudere und awet89
unde dergeliken wille wy nicht mehr wyen
laten, vente sulke creaturen sint van Gade
gut geschapen, eyrie jewelike to synem bruke,
Gen 1 [10 12], Ecclesiastici 39 [Prd 9, 7], uncle
sind van Gade gewyet unde hilget den 15vigen,
1. Timo. 4 [4 f.]. Darumme bedarven se unser
hilginge unde wyginge nicht.
Overs de mehr wyen konen wen dat evan-
gelion prediken, wen se sick nicht mehr be-
schermen konen mit 5rer gewinheit, sonder me
vordert van en Gades wSrt, so spreken se:
Secht doch Paulus, de creature wert gehilget
dorch dat wSrt Gades unde dat gebet. Overs
beter text konde nicht wedder se upgebracht
verden.
Paulus secht dar, dat diivelsleren werden vor-
beden den eheliken stand unde spise. War
dat vor liide synt, is nu amine dage: he meynet
allermeyst den eheliken stand der prestere
edder bischoppe unde der diaconen, darvan he
balde in-,me vorigen capitele gesecht hefft
Vorta_n secht he: De spise hefft Got geschapen
to netende mit da_nksegginge den gelovigen unde
den, de erkennen de warheit, dat alle creature
Gades gut is unde nichtes is to vorwerpen, dat
me netet mit danksegginge.
Dar hSrestu wol. dat he secht van der schep-
pinge Gades unde vamme bruke edder netende
tier creaturen, dat me de creaturen darto bruke,
dar se Got to geschapen befft, unde schal Gade
da, rvor da_nken, dat he uns sulke creaturen ge-
geven hefft to sulkeme bruke. Also mSge wy
wol eten des Frydages flesch, wente flesch is
e=ne gude creature Gades, geschapen to ne-
tende, unde wy da_nken em darvor, dat he uns
des Frydages nicht nSt let liden, sonder gifft
uns eyn stucke flesches to eten; gifft he uns
eynen guden verschen heket 90 oder ock men
clrSge brSt, so wille wy em ock danken unde
willen ganz nichts vorwerpen.
Dfivelsleren overs lesteren Got in den crea-
turen, doch in hypocrisi, flat is, mit eynem
schine der hillicheit, unde schelden sulks vor de
grSteste ketterye. Darumme secht Paulus: den
gelSvigen uncle den, de erkennen de warheit,
darmede he klar to vorstande gifft, dat de, de
sick willen smucken, alse de dullen jtmcfrauen,
gelick alse in einem engelschen levende
vorbedencle der spise unde ehelick to werden,
synt liide ane geloven unde de nicht kermen
Gades warheit, de alleyne gekennet weft uth
s=nem worde, wen me deme gelSvet. Darmede
he ock unweddersprekelick bediidet, wat dat vor
liide synt, dar he dat capitel van anfenget unde
secht [1. Tim 4, 1]: Etlike werden aftreden
vamme loven.
Christenelove is eyrie hertlike tovorsicht up
Gades gnade unde bermherticheit dorch dat vor-
denst Christi. Disse overs hebben 5re tovorsicht
unde vorlaten sick up 5re engelische levent,
Col. 2 [18 ff.], dat is, dat se nicht ehelick synt
unde eten neyn fleysch, unde id were lidelick
unde nemande schedelick, wen se id alleyne so
helden trade nicht mit diivelsleren sulck ock up
de andern drengeden; xve sulken diivelsdreck na
erkanten warheit des evangelii afverpt, de rest
de groteste ketter syn unde de kan nicht salich
werden, alse se seggen. Wo konden se doch
Christum grotter lesteren, de spreckt: We an
mick nicht 15vet, de is al vordSmet, Jo. 3 [18].
Lat se wasschen, wat se willen, se bliven mit
der wise doch men unlSvige unde kamen nicht
tor warheit, se maken doch nicht mehr van
5ren mynschentande wen diivelsleren, de text
is klir.
Wen se sick schSne maken mit aller 5rer
dichteder hillicheit, so sleyt se Paulus Tit. 1 [15]
mit dissen wSrclen nedder: Den reynen is alle
clink reyne, den tmrenigen overs unde un-
89 _-- Obst.
' ---- frischen Hecht.
386
Braunschweig
ane dat sulck alles erdichtet is wedder de gnade
unses Heren Christi, de nympt alleyne de sunde
wech. unde wedder dat christlike bet, darmede
wy scholen anr6pendorch Christum unsen leven
Vader in allen unsen n6den lives unde der selen.
Dat helpet in den saken un'Je neyn xvater, viir,
krrit, wente sulke creaturen synt van Gade to
sulken saken nicht geschapen unde gegeven
edder bevalen.
Gelyck alse wen du eyer santeldest 97 mit
allen hilgen w6rden unde lesest alle evangelia
dar6ver, so denen se doch nicht to bussen-
steynen os, wente eyere synd van Gade to sul-
keme gebruke nicht geschapen, sonder kiikone to
bringen edder to eten, unde du sundigest, dat du
also misbruket Gades evangelia unde w6rde,
unde dyn bet is nicht andecs wen Gades spot.
Du danksagest ock Gade nicht, dat he dy de
eyer hefft geschapen to netende, sonder du
woldest gerne xvat anders daruth maken, wen
Gott hefft gemaket
Also ock wen du segenst unde santelst unde
vele kriitzen makest unde hilge w6rde lesest
over vrir, xvater, krudere, awet. lichte 99, so
werden sulke creaturen doch nicht denen to
eyneme anderen bruke wen dar se Got to ge-
schapen hefft unde gegeven. Dat andere is idel
misloven unde unloven unde sundigest sverlik,
dat du Christus evangelia darto brukest, de
gegeven synt nicht, andere creaturen anders to
maken wen se Got geschapen hefft, sonder des
mynschen herte dorch den loven reyn to maken
unde van kyndern des drivels maken kyndere
Gades dorch Jesum Christum, unsen Heren.
Westu nicht, dat de drivel ock eynrnil
Christum up de steyne wisede, dat he scholde
se mit smeme w6rde maken, dat se deneden to
eten [Mt 4, 3], dat is, to eyneme andern brake,
wen Gott de steyne geschapen hedde, he wolde
en gerne mit eynem hilgen schyne up 16gene
made duvelsleren gebracht hebben, dat he
scholde Got gelestert hebben mit sulken alse
hilgen v6rden: Alvelclige Got, du vest wol,
dat mick hungert, so bidde ick dy, du woldest
desse steyne segenen, dat se darto denen moch-
ten. dat ick den hunger mede sturede. Ick danke
dy, dat du my hest steyne geschapen toetenetc.
Christus hedde vol van steynen br6t maken
konen, he wolde uns overs e,m exempel geven,
dat xxB, der creaturen nicht scholen misbruken
unde Got nicht bek6ren 99a wedder s.men willen.
Item dat xxW deme exempele na in allen unsen
n6den nicht trriwen up de creaturen, se synt
denne vorhanden edder nicht, sonder alle.me
up Gott
Wen ick bidde, dat krudere scholen denen
to suntheit lives under selen, is even so vele
alse xven ick bedde, dat steyne scholen to eten
denen Id is nicht uth deme loven gebeden.
ven id ock noch so gude woede weren Wente
neyn xvort Gades hefft id uns bevalen, dat wy
krudere darto m6gen bruken Ja id is stracks
aufbevahrt, auf Saatfelder gesteckt, hinter
die Krippen der Viehstlle gelegt und bei
Gewitter am Herdfeuer verbrannt, vgl. ibid.
Bd. I, S. 407. -- Den geweihten Kriutern
schrieb man nicht nur ribernatrirliche Heil-
krifte gegen alle mSglichen Krankheiten zu.
sondern legte sie auch den Kindern nach der
Taufe ins Bett (besonders Orant und Marien-
stroh}. In den Rauchnichten steckte man
Kriuter unter das Kopfklssen gegen Hexen-
gefahr, vgl. ibid Bd. I, S. 407. -- Vom Bier
wurde angenommen, dab es besondere Anzie-
hungskraft auf Teufel und Hexen ausribe und
allerlei Zauber ausgesetzt wire. Kriuter wur-
den besonders bei Gewitter verwandt im
Glauben. alas Bier dadurch vor dem Sauer-
werden zu schiltzen. Vielfach wurden sie ein-
fach oben auf das Fall gelegt, vgl. H. Bich-
told-Stiubli, Handw6rterbricher z. dtsch. Volks-
kunde, Abteil. 1: Aberglaube, Bd. 1, (1927},
S. 1259 ff.
97 santeln ----- heiligen
9s = Brichsensteinen.
99 Vgl. zu Feuer-, Wasser-, Kriuter- u. Kerzen-
weihe oben S. 136 ff. u. Anm. 77 ff. Zur Weihe yon
Obst, besonders Weintrauben, aber auch Aep-
feln u. a., A. Franz, Die kirchlichen Benedik-
tionen, Bd. I, S. 372 ff. -- Vgl. Rit. Rom. I,
Benedictio novorum fructuum: Tit. VIII, Cap.
XVII, S. 293; Benedictio super fruges et vineas:
Tit. VIII, Cap. X, S. 286; Rit. Rom. II, Bene-
dictio uvarum: Benedictiones non reservatae
38, S. 501 usv.
99a --- versuchen.
390
Braunschxveig
De uns ock, wen se uns den kelck des Heren
vorbaden hebben, hengen an 6re gotlose un-
christlike rnissen, welke nicht anders synt wen
eyn gotlose rnisbruck des sacramentes, wen me
se richten wil unde kan nach deme bevehle unses
Heren Jesu Christi, alse he bevalen hefft, dat
sacrarnente to brfiken synen jungeren, dat is,
synen schbleren, de van em leren willen, allen,
de dat evangelion Christi gerne hbren. Andere,
dat synt syne jungere nicht, se hbren lever
dtivelsleren, de mbgen denne varnme sacramente
maken, wat se willen, wen se dat hilge evan-
gelion nicht liden konnen. Se hebben rnit deme
misbruke des hilgn sacramentes to sick ge-
tagen van framen heren unde fursten lande uncle
gudere unde gelt der burn unde borgeren, unde
tier monneke betdelye is neyn ende geweset.
Dat synt de lfide, de nu datevangelion anstinkt,
uncle synt neyne grote haters unde vorvolgers
des evangelii up erden wen sulke dulle hilligen.
Id synt jo neyne Christene, de vorbeden, war
Christus fry let, vele ringer synt de Christene,
de vorbeden, xvat Christus gebaden uncle be-
valen hefft. W6r is denne 6re vorrbrn?
Dewile wy hyr geredet hebben van den crea-
turen, alse Paulus darvan secht, dat se to neten
synt, alse se Got geschapen hefft, mit dank-
segginge, so schollen unse wbrde nicht ock ge-
redet hebben edder vorstanden werden wedder
de mirakele, de Got dorch hilge predigere gedin
hefft, dat de unlovige de predige scholden an-
nemen. Andere mirakele, tier me vele gelagen
hefft, synt nichts weft; me wet wol, wo Christus
unde de apostele rnirakele gedin hebben, Got
richter neyne g6kelye an, darvan sick de lfide
mochten rbrnen uncle vor grote hilgen geholden
werden.
Nu rneyne xvy, id sy jo klir, dat Paulus redet
[1. Tim 4, 4] vamme rechten brake tier crea-
turen, dar se Got uns to geschapen unde ge-
geven hefft, darvohr wy em danken scholen, id
sy eyne fraue edder spise edder war anders,
des wy mit Gade bruken uncle nicht mis-
b ruken.
Nu volget xvider in den worden Pauli
[1. Tim 4. 5]: Wente de creature wert gehilget
dorch dat wbrt Gades unde dorch dat gebet Dat
synt w6rde, darmede de duvelsleren 6re mennige
wyent gerne wolde smucken, dat se mochten
6re lbgene bescherrnen in hypocrisi, dat is, under
deme schyne des vordes Gades, overs id is jo
to klar wedder se, alse gesecht is. Doch wille
wy ock darvan reden.
Se spreken: Wy lesen Gades w6rt over den
creaturen unde beden, darumme werden se hil-
lich, ai-e Paulus secht: De creature wert ge-
hilliget dorch Gades w6rt unde dorch dat gebet.
Hyr frage vy, w6rto? Wbrto wert se ge-
hilliget edder is hillich7 Edder weme wert se
edder is hillich7 Is de text nicht klir: Alle
creature is gut unde van Gade geschapen to
6reme bruke, nicht to misbruke edder t6verye
edder to anderem dinge, dat Got nicht bevalen
hefft. Dar h6restu, xvorto de creature gut, reyn
unde hillich is, dat me se schal bruken na Gades
willen.
Weme 6vers is se hillich, reyn unde gut?
Den 16vigen unde den, de de wirheit erkennen,
xvente den unl6vigen unde unremen is nichts
reyn, 6re synn unde conscientie is nicht reyn,
se hebben darinne eyn scnendicn brandmal, wo
engelisch dat se ock schynen vor der werlt.
So secht Paulus van der hillicheit, dat de
creature hillich xvert unde hi!lich is nicht in
sick, xvente se kan nicht beter xverden, wen se
van Gade geschapen is, wen du ock de ganze
biblie over se lesest uncle hundertdusent Pater
noster over se bededest; wen de k61 tobrant is,
so blifft he wol tobrant, xven du nettele lange
santelt best, so brent se doch noch, id were
denne, dat du dorch Got eyn mirakel kondest
dohn alse Eliseus dede, 4. Reg'. 4 [2. Kbn 4, 38 ff.].
Gades creaturen werden ane Gades bevehl ne,me
andere nature gewynnen baven de, de en Got
ingeschapen hefft.
Wo wert se denne hillich? Antwort: to bru-
kende mit danksegginge den 16vigen, de erken-
hen de wirheit. Sus is de creature, wat se
is in sick. Se xvert overs geh,_lget tome hilgen
gebruke, etliken ock xvert se unhillich unde un-
reyn, de nicht vorstin unde 16yen konnen, xv6rto
Got de creature geschapen hefft, unde maken
392
Kirchenordnung 1528
ick sunde dorch de gude creature, dorch welke
eyn lbvige Gade danket unde en priset.
Eyn lbvich prester bedarf eyner frauen,
so wet he wol de wirheit, dat eyne fraue
eyrie gude creature Gades is, geschape
deme manne to hulpe, unde bidder Got, dat he
em wolde eyne toschaffen, xvente mit hurye
unde ehebrekerye wil he neyne hebben, unde
wen he se kricht, so danket he Gade darvohr.
Dar is Gades wbrt, dat he roach eyn ehevyff
hebben, alse ock Paulus van den diaconen unde
prestern secht [1. Tim 3, 12; Tit 1, 6]. Dar is
dat gebet unde danksegginge umme den rechten
gebrtick des wives nach Gades willen unde
ordeninge. Darumme is dat ehewyff to deme
gebruke deme prestere, 6reme ehelikeme manne,
hillich, also dat em dat neyne sunde is.
Dat wyff roach sus wol unhillich dorch 6ten
ungeloven syn by sick sulvest, a!se ock Paulus
klir spreckt van sulker hillicheit des gebrukes,
wowol de mynsche nicht in sick hillich sy, des
denstes }vy gebruken, unde secht 1. Cot. 7 [14]:
De unlbvige fraue is gehilget dorch den 16vigen
man. Dat is darumme, dat de man hillich is, is
em ock dat wyff hillich, vowol dat xvyff un-
lbvich unde unhillich in sick is, he stmdiget nicht
mit ehr, sonder se is em jo so hillich tome ehe-
liken stande, alse eyrie gel6vige fraue mochte
syn, darumme schal he se nicht vorlaten, so
verne se gerne wil by em syn.
Overs eyn ungel6vich prester, de ock eyner
frauen bedarf (wente alse Christus secht Matt. 19
[11 f] unde Paulus 1. Cor. 7 [7 ff.]: id is nicht
allen gegeven van Gade, dat se reyne konnen
leven uth deme ehelikeme stande), ven me deme
secht, dat he schal nemen eyrie ehelike fraue
mit Gade unde leven nicht wedder Got, so
segent he sick alse vor de allergrotest ketterye
unde achier lideliker to syn hurye, ehebrekerye,
unreynicheit, van Gade vorbaden, wen eyn ehe-
wyff to nemen nach Gades scheppinge unde
ordeninge. Deme is eyne ehefraue nicht hiIlich,
wen se ock hiIIich dorch den loven in Christum
in sick were, se is em unreyn, wente he sulvest
is van herten unreyn.
We hefft doch den man in sulke blindheit
.weder Got gev6ret? De diivelsleren hebben em
eyn brandmil gemaket m de conscientie, dat
he nicht 16vet, dat Christus, de allc sunde wech-
nympt, den 16vigen ock kan wechnemen unde
togeven dat unchristlike 16ffte, dat wy in un-
wetenheit nicht na Gades w6cde, sonder na den
dfivelsleren, de vorbeden, ehelick to werden,
gedin hebben. Darumme kan em ock dat alder-
hilligeste wyff nich hillich syn, wente he is
nicht gel6vich, kennet nicht de warheit, Gades
wort [is] nicht by era, darumme bidder he ock
Got nicht, dat he eyn wyH krige, kan em ock
nicht dankseggen darvohr, sonder lestert lever
Gades ordeninge upper allerh6geste unde lever
ock heymelick edder apenbare darwedder
Desgeliken eyn 16vich man unde eyn unl6vich
edder tome ringesten eyn swackl6vich kamen
des Frydages by eynen disch unde krigen vor
sick eyn stucke fleschs, deme eynen is dat
fiesch hillich dorch dat wbrt Gades unde gebet,
deme anderen is id nicht hillich, wen ock alle
Benedicite unde de passie des Heren unde alle
evangelia und alle bede darSver gelesen weren,
wente he hefft nicht Gades wort, dardorch he
mochte erkennen de warheit, dat nichts to vor-
werpen is, war me van Gade annympt mit dank.
segginge. Sulke, wen se dat evangelion vor-
lestern unde willen nicht id predigen h6ren,
schole wy vorachten, alse Cttristus leret Mat. 15
[7 ff. 14]. Der swacklbvigen overs schole xvy
schonen unde nicht ergeren, solange se id vor-
stfin konen, alse Christus leret Matth 18 [6. 10]
trade Paulus Rom. 14 [1 ff.].
Also schaltu ock van allen creaturen vorstan,
de uns Got gegeven hefft to brukende, dat se
hillich synt to brukende den lbvigen, de se
annemen alse kyndere uth 6res leven Vaders
hende, unhillich overs den tml6vigen, de vamme
loven synt afgetreden; de seggen, beh6de my
Got, scholde ick des bruken etc. Col. 2 [16 ff_].
Is id nu sunde, sulken unloven to hebben,
dat me sunde maker uth deme gebruke der crea-
turen, so is id ock ane twivel sunde, de crea-
turen darto bruken, darto se Got nicht vor-
9 393
Braunschweig
ordenet hefft, unde noch mehr sunde, dat me
sulken misbruck mit Gades worde wil smucken
unde vor hillich holden, alse wy misbruket
hebben de creaturen mit deme wyende, dat se
w6r anders scholden to denen, wen dar se Got
to geschapen hedde.
Unde wen me ock datsuIvige wyent mochte
recht gebruket hebben, alse wy Benedicite unde
Gratias lesen over unse kost, de vy eten willen
unde wille nicht darmede toveren edder wat
anders uthrichten, so hebben doch de prestere
den leyen nicht dtidesch vohrgelesen, dat se
rnochten vorstan, wat me dar makede, ock
hebben se dat yolk wedder den misbruck unde
ungeloven des wyewaters, des Tekrudes etc.
nicht vormanet, sonder lever darto geholpen.
Darurnme lep dat vo!k ane loven des wordes
Gades darto unde quam ock ane loven wedder.
Nu vorsteystu wol, wo de creature, van Gade
gut geschapen, gehilget werde, nicht in sick,
sonder tome gebruke des ISvigen, alse gesecht is.
WSrdorch7 Dorch dat wSrt Gades unde dorch
dat gebet.
Dat w6rt Gades het hyr nicht, dat du xvult
de hilge w6rde rnisbruken, dar se nicht to ge-
geven synt, wen du evangelia lesest unde de
passie, so helpet id deme krude edder schnnken
nicht, id is eyn grot misbruck Ock eyn gebet
to Gade het nicht, dat ick wil misbruck edder
ock unn6dige dink bidden. Wente dat leret uns
dat Vader unse nicht, dar doch inne begrepen is
van Christo unseme meystere allent, xvat T
bidden scholen Urm6dige unde ock tome dehle,
alse gesecht is, unchristlike dink synt de ge-
bruke des wyekrudes, wyewaters etc. unde ne-
men doch darover in unse mund unnutte gades-
namen wedder dat andere gebot Gades.
Gebet overs het, dat wy Got unsen leven
Vader dorch Christum anropen in unsen n6den
lives unde der selen Gades w6rt het overs,
dat du to deme gebruke der creaturen Gades
bevehl hast, dat du mogest spreken, dat ick
eyne fraue hebbe, dat ick flesch ere, is recht,
wente ick hebbe Gades w6rt unde erkenne de
warheit, der ick geloven geve, dat alle crea-
ture gut sy van Gade geschapen, to netende
edder to brukende mit danksegginge. Unde
Christus secht [Mt 15, 11]: War in de mund
geyt, dat beflecket nicht den mynschen. Unde
Paulus secht [1. K 7, 2. 9. 7; 1. Tim 3, 2. 12;
Tit 1,6; 1. Tim 4, 1 ff.]: To vormiden hurye,
schal eyn jewelick syn wyff hebben. Id is beter
to fryen wen bernen, eyn jewelick hefft syne
gave van Gade. Eyn bisschop edder prester
uncle diaken schal men eyn wyff hebben Duvels-
leren werden id vorbeden Unde Got sprack
[Gen 2, 18]: Id is nicht gut, dat de mynsche
alIene sy, wy willen em eyne hulpe maken
em gelick. Dar hebbe ick Gades wSrt. Deme
schoIen wiken alle rnynschenleren unde duvels-
leren, wen ock eyn engel uth deme hemmele
darxvedder sede {dat wert nlcht geschehn), so
moste jo id wedder Gades wSrt nicht geIden,
also ock Paulus dryste secht Gala. 1 [8].
WSr hebben se eyn wort edder bevehl Gades
to 5reme waterwyende, krutxx.-ende etc., dat se
willen seggen: De creature wert hillich dorch
dat wort Gacles? Edder wor is eyn wort Gades,
dat segge, dat wyewater wechneme edder af-
wasche degelike sunde, erquicke de selen up
deme kerckhave, vordrive de dtivele uth den
htisen. Item dat vyet krtit uncle wyede lichte
denen wedder dat unweder? Is nen w6rt Gades
dir, so kumpt dat alle uth mynschendanken
unde duvelsleren.
Wider hastu darto neyn wort Gades unde
bevehl, wor is denne dat gebet En gebet
schal syn eyn gebet des lovens. Hestu neyn
wort Gades darto, so xvestu nicht, efft id
Gade behaget, darumme werstu twivelich syn,
Die Tischgebete Benedicite und Gratias, die
Luther nachher auch in seinen K1. Katechis-
mus aufgenommen hat {vgl. Bek. Schr. S. 522 f.},
lagen in reforrnatorischer Bearbeitung auch
schon im Bfichlein ffir die Laien von 1525
vor, vgl. F. Cohrs, Die ev. Katechismusver-
suche vor Luthers Enchiridion, 1. Bcl., 1900.
Monumenta Germ. Paed., Bd. XX, S. 216 f.,
dazu S. 176; ferncr vgl dazu WA 30 I. S. 559.
394
Braunschweig
daruth gemaket unde nicht laten bliven, alse
id frame lude ersten gevunden unde gemaket
hebben. Wente de olde name, dat id bet pro
pace, viset na, dat id angevangen is, dSn in
dissen landen vele kriges is geweset, dat me
scholde in allen htisen unde up deme velde
bidden umme eynen tidliken frede.
To sulkeme bede unde vor de overicheit scho-
len de prestere vlitich vgrmanen nicht alleyne
to beden, wen me ltidet, sonder ock sus, alse
de Christene vor sulke unde andere nSde lives
unde der selen vor sick unde vor de anderen, ock
vor 5re vyende schuldich synt to beden.
Van den kosteren unde organisten.
In jeweliker kerke bedarf me nu nicht mehr
wen eynen kosher, de upslute, ltide de klocken,
drege water in de dSpe, sy by deme altare,
schaffe brSt unde wyn etc. De schal den predi-
canten gehSrsam syn unde en nicht under ogen
murren, sonder dohn in der kerken, wat seem
heten, unde halen in nSden de predicanten, wen
se synt uthgegin. Deme schal me totellen unde
geven jeweliken pennink, den he vorlonen mtit
den kleckeneren Darto schal me em bestellen
unde toseggen eyn redelick lohn vor synen
arbeid, dat he wete, worup he denen schal unde
der kerken vorplichtet syn_ To allen predigen
scholen de kostere eyn verndel stunde tovorne
ltiden nach bevehle der predicanten Wen se
weddermurren, unwillich syn unde sick to sulken
densten beschwerlick maken, so late me se
varen unde neme andere etc.
Dewile ock nicht unchristlick is orgelspil, alse
imme psaltere steyt [150, 4] 8, wen me nicht
bolenlede, sunder psalme unde geistlike senge
spelet, schal eyne jewelik kerke 5rem organisten
toseggen etlik lohn, dat he wete, dat he up
sulken denst to wirden vorplichtet sy.
Van der librye.
De librye by Sunte Andrees 9 sehaI me nieht
vorvallen laten, sonder lever mit tier tidt vat
guder bSke mehr upsehaffen, besundergen sulke,
de alle man nieht maeh to betalen, alse alle
bSke Augustini, alle Ambrosii, alle Hieronymi
ete Wente wowol me alle doetores rest riehten
na der hilgen serift, alse se sulvest hebben be-
geret unde gescreven, so vallen doch to tiden
etlike saken vohr, dar me se sonderich to be-
darf etc. Disse librye mit 5reme tobeh6re schal
allen schatkastenheren in allen paren bevalen
sm.
Van den festen.
Dewile xvy weten, dat unse conscientien an
neme dage edder feste gebunden synt, alse
Christus vakene leret wedder den Sabbet unde
Paulus Colo. 2 [16], unde ock sehn, dat vele
in den hilgen dagen supen, slSmen, howen, sln,
spelen, lestern Got, nemen de nacht darto, ock
wol den navolgenden dach to vorderve lives
unde der selen unde to groter ergernisse des
christliken namens, so is id billich, dat wy des
grtiwels ringer maken. Wy willen overs umme
der predige willen, de uns up sunderge feste
werden vohrgedragen, unde umme der christe-
nenleve villen, dat unse gesinde ock mSge rowe
hebben unde gin in de predige, late sick leren
unde bede unde lave Got mit sange, holden
disse nascreven feste.
Das Abendliuten war schon seit dem 14. Jhdt.
in der Kirche briuchlich, vgl. RE 3 6, S. 708.
Gebetet wurde der engelische GruB, das Ave
_Maria, vgl. St. Beissel, Gesch. d. Verehrung
Marias i. 16. u. 17. Jhdt. 1910, S. 16 ff.
Vgl. zur Beibehaltung des Pacem-Liutens
auch: Unterricht der visitatoren .... Sehling I,
S. 170 f.
Vgl. H. Lietzmann, K1. Texte 88, S. 68.
ilteste Bibliothek der Stadt. Sie wurde am
Ende des 13. Jhdts. von einem Pfarrer der
St. Andreaskirche begrtindet und bestand zu-
nichst aus 16 Btichern. Im Laufe der Zeit
wuchs die Sammlung abet so an, dal daftir
1412 am St. Andreaskirchhof ein besonderes,
zweistSckiges Gebiude errichtet vurde, wel-
ches fortan 5fters unter der Bezeichnung ,,Li-
berei zu St. Andreas" in Schriftstticken er-
scheint, vgl. H. Dtirre, Geschichte, S. 476 f.
396
Kirchenordnung 1528
dem predickstole to lesen, nicht stamerende,
nicht hastich, nicht unvorstendich, sonder beo
dfitlick, beschedelick, distincte unde fyn uth
deme munde vorstentlick. Darumb mten ock
de schatkastenheren in allen paren vorschaffen
in de scholen latinische unde dfidesche biblien
Balde darup schal de cantor alleyne singen
dat erste halve versch vamme Benedictus 33
nach deme tono der antiphen, de he gedenket,
nach deme Benedictus to singen. Dat Benedictus
schal geendet werden na gewanheit up beiden
chSren.
Na der antiphen late me de kyndere up de
kne vallen unde segge: Kyrie eleison, Christe
eleison, Kyrie eleison; Pater noster. De predi-
cante spreke: Et ne nos . Ostende nobis,
Domine, misericordiam tuam. Responsio: Et sa-
lutare tuum da nobis. Dominus vobiscum. Ore-
mus cure collecta. Rursum: Dominus vobiscum.
Darup singen twe kyndere Benedicamus 35
Dit alle, weme id gewanen weft, weft kume
eyne halve stunde waren.
De cantor schal den kynderen mennigerleye
gude antiphonen leren, dat nicht vordretlick ste-
des eynerleye werde gesungen. .ISt he doch
sus alle dage eyne stunde mit den jungen
singen, mit etliken war behendes, mit anderen
war ringes unde graves.
Des avendes edder to der vesper schal id na
aller wise mit der antiphen vohr unde mit den
vesperpsalmen 36, doch ane den octonarium, ge-
holden werden alse des morges. De vehr leco
tien overs scholen syn uth deme olden testa-
mente. Darna schal me singen de kostelen hym-
nos feriales 37, alle dage eynen, eder ock to
tiden andere fyne hymnos Ambrosii, Pruden-
tii 38 etc., der hilgen scrift gelickmatich. Unde
na deme hymno dat Magnificat 39, alse vamme
Benedictus gesecht is Darna Kyrieeleyson etc.
Des hilgen avendes overs unde des hilgen
dages tor vesper schal id ock so geholden wet-
den in allen vyff groten paten 0. Wente denne
schal eyn geselle in syne pare gan mit den
jungen, de dar 6re olderen hebben. Eyn predi-
cante roach em de psalme up eynem chore
helpen singen. Overs na den lectien, ehr me
den hymnum singer, schal me singen eyn re-
sponsorium unde cle ungelerden k.xmdere, de
ersten singen leren, scholen dat versch alleyne
singen in deme responsorio mit deme Gloria
Patti. Na deme Benedicamus schal me lesen:
Nunc dimittis 41, lanksam, mit eyneme medio,
doch sine tono 42, up bey,]en choren de versche
ummeschicht mit deme Gloria Patri. Darup
balde gesungen den hymnum tome Heren
Christo: Jesu redemptor seculi, verbum Patris
altissimi etc. 43 mit geli:eme sange unde mit
eyner langen note edder pause, wen eyn dime-
trum uthe is, welck ock fyn were, in anderen
hymnis to holden.
Na deme hymno, wen dat amen gesungen is,
so late me de kyndere by paren tuchtich uth
der kerken gan, unde up deme kerckhave geve
me en vorlSff etc. Wen se overs up sulke hdge
avende unde hilge dage scholen in 5re pare
kamen, so lere me se, dat se sick nicht same-
33 ___ Luk 1, 68--79, vgl. Brev. lom., Ordinarium
divini Officii ad Laudes, P. Vern. S. 12 f.,
P. Aestiv. S. 8 f., P. Autumn. S. 8 f., P. Hiem.
S. 10 f.
3 Zu erginzen: inducas in tentaionem.
5 ,,Benedicamus Domino. Deo gratias." wird je-
weils gegen Schlu der Horen gesungen.
36 Ps 110--150, ausgenommen Ps 119, vgl. L.
Schoeberlein, Schatz d. liturg. Chor- u. Ge-
meindegesangs, Bd. I, S. 519, 553.
37 Die ffir die einzelnen "Vochentage (feriae) nach
dem Brev. Rom. vorgeschriebenen Hymnen.
8 Vgl. die Hymnen des Ambrosius: Wacker-
nagel I, Nr. 3 ff., des Prudentius: Nr. 27 ff.
39 __ Luk 1, 46--55, vgl. Brev. lom., Ordinarium
divini Officii ad Vesperas, P. Vern. S. 31,
P. Aestiv. S. 22, P. Autumn. S. 22, P. Hiem.
S. 26 f.
4o Vgl. oben S. 365 u. 375.
4 Luk 2, 29--32, vgl. Brev. Rom., Ordinarium
divini Officii ad Completorium, P. Vern. S. 36,
P. Aestiv. S. 25 f., P. Autumn. S. 27, P. Hiem.
S. 31.
42 reziierend, doch ohne Gesang.
43 Wackernagel I, Nr. 122, ira 16. Jhdt. beliebter
Hymnus ad completorium, vgl. H. Lietzmann,
K1. Texte 88, S. 75.
50 401
Braunschweig
len up eyrie stede in der kerken unde driven
bSverye, sunder eyn jewelick nerne lever mit
sick synen psalter edder syn nye testarnente
edder wat anders unde lese in eyner bank
edder stede solange, dat na derne ltidende de ge-
selle uth dee scholen kurnpt unde kloppet mit
derne stocke imme chore, denne scholen se
ttichtich int chSr grin etc.
Des Sundages up den rnorgen, wen me den
catechisrnon hefft in den paten geprediget unde
eyn dtidesch let darna gesungen, scholen dar be-
reyt syn alse des avendes tovorne de kyndere,
de in de pare hSren mit 5rerne gesellen unde
lesen latinisch up beyden chSren lanksarn, sine
tono, ummeschicht den catechisrnon rnit disser
wise.
De geselle schal ersten rnit lanksarnerne unde
middelrnatescherne stemmer, spreken:
Hec sunt precepta Dornini Dei nostri.
Na deme sulvesten sternmen scholen de kyndere
alleyne ]anksarn unde beschedeliken up beyden
chSren urnrneschicht eyn jewelick chor syne
rege lesen, alse hyr de regen na synt gescreven.
Ego sum Dorninus Deus tuus. Non habebis
deos alienos corarn rne
Non assumes nornen Domini Dei tui in vanurn.
Sabbaturn sanctificabis rnihi
Honora patrem tuurn et rnatrern tuarn, ut
sis ]ongaevus super terram.
Non occides.
Non rnaechaberis.
Non furturn facies.
Non loqueris contra proxirnum tuurn falsurn
testirnonium.
Non concupisces dornurn proxirni tui
Non concupisces uxorern eius, non servurn,
non ancillarn, non bovem, non asinurn, nec orn-
nia quae illius sunt [Ex 20, 2--17].
Vortan na dersulvigen wise spreke de geselle:
Hi sunt articuli nostre fidei.
De kyndere urnrneschicht alse tovoren:
Credo in Deurn Patrern ornnipotentem, crea-
torern coeli et terre.
Et in Jesum Christum, Filium eius, unicum
Dorninum nostrum.
Qui conceptus est de Spiritu sancto, natus ex
Maria virgine
Passus sub Pontio Pilato, crucifixus, rnortuus
et sepultus, descendit ad inferos.
Tertia die resurrexit a rnortuis, ascendit ad
coelos, sedet ad dexterarn Dei Patris omni-
potentis.
Inde venturus est judicare vivos et rnortuos.
Credo in Spiriturn sancturn.
Sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum
cornmunionern.
Rernissionem peccatorum.
Carnis resurrectionem.
Et vitarn eternarn. Amen.
Vortan de geselle:
He est oratio dominica.
De kyndere:
Pater noster, qui es in coelis.
Sanctificetur nornen tuum.
Adveniat regnum tuum
Fiat voluntas tua, sicut in coelo et in terra.
Panern nostrum quotidianum da nobis hodie.
Et dirnitte nobis debita nostra, sicut etnos
dirnittirnus debitoribus nostris
Et ne nos inducas in tentationem.
Sed libera nos a rnalo. Amen [hit 6, 9--13].
De geselle:
Mandavit Christus, ut baptizernur in
ipsurn, dicens:
De kyndere:
Ire in rnundurn universurn, et praedicate evan-
geliurn omni creaturae.
Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit.
Qui veto non crediderit, condemnabitur [Mk
16, 15--16].
Data est mihi ornnis potestas in coelo et
in terra
Euntes ergo docete ornnes gentes, ut servent
omnia, quecunque ego precepi vobis.
Baptizantes eas in nornine Patris et Filii et
Spiritus sancti.
402
Braunschweig
Unde de bisschop trat up unde lerede dat volk
unde lede em vohr uth der hilgen scrift, nicht
eyn ganz caput, sunder eyn part van deme
capite, welk me darumme hefft genSmet capi-
tulum, dat is eyn kleyn caput edder eyn part
van deme capite. Also synt noch vorhanden de
homilien der doctorum, dat synt predigen, alse
se deme volke de evangelia geprediget hebben.
Augustinus hefft de ganzen psalter syneme volke
geprediget, alse dat grote bock Augustini betii-
get 4;, welk up den psalter gescreven is. Item
he hefft sermones gedtin de verbis Domini, item
de verbis apostoli. Desgeliken Ambrosius, ock
Chrysostomus unde de anderen alle etc. So
lange, dat andere prestere edder bisschoppe
wen de, de Paulus [1. Tim 3, 2 ff.; Tit 1. 7 ff.]
bescrivet, synt geworden. De hebben mit 5ren
monneken unde papen dat capitulum in de bede-
bSke gebracht, dat se also mit eyneme Deo
gratias darvan kSnen kamen, scholden se dat
capitulum up den predickstS1 bringen, so wolde
ld mehr moye kosten.
Darumme is ock alle unse kynder singent,
ock wen me nicht prediget up de stunde, darhen
gestellet, dat se nicht alleyne dardorch geSvet
werden unde gewennet tor hilgen scrift, sonder
ock so etlike andere in der kerken weren, mSgen
tohSren lectien latinisch unde dtidesch nach 5reme
vorstande, alse Paulus leret 1. Corin. 14 [26].
Wen nu de predige under der vesper, alse
gesecht is, uthe is, so schal me wedder eyn
dtidesch let singen na deme bede. Darmede geyt
dat meyste yolk wech. So scholen de kyndere
den hymnum unde Magnificat etc. vortan singen,
darto mach me up den orgelen spelen. Dat
responsorium overs mSgen se define ansttin la-
ten, dat id nicht to lange ware. Sulke vesper
wert alleyne thovallen des hilligen avendes,
wSr de superattendente unde syn adjutor predi-
gen werden.
Wen de kyndere des sanges gewanet werden,
so schal de cantor en dre responsoria leren, dat
de gesellen mit en singen des hilgen avendes
eyn, dat ander des hilgen morgens, dat drudde
des anderen avendes, dat so de kyndere deste
mehr leren singen. De cantor mit den gesellen
scholen sick ock in den antiphenen unde re-
sponsorien unde hymnis schicken nach der tidt
unde nach den festen, doch dat uth der hilgen
scrift sy de sank edder sus nicht unchristlick.
Sulck kan me wol uth den sankbSken uth-
noteren, dat me id des anderen jares wedder
kan singen, so me nicht beters wet edder
hebben kan Darto scholen se ock geschicket
sm mit den lectien uth deme olden testaraente,
dat se de kyndere wisen up de bSke, daruth se
mSgen leren de historien unde gude leren unde
prophetien. Darumme mSgen se wol vele capi-
tele ungelesen laten, den kynderen nicht sun-
dergen denstlick Dat nye testament schal ganz
gelesen werden.
De scholemeystere scholen ock vlitich darup
sehen, dat up etlike tide unde feste de dage-
liken kercklectien nabliven unde sunderge lec-
tien werden gelesen, de sick wol rymen mit den
festen unde sundergen tiden, id sy des aven-
des edder des morgens, uth dem olden edder
nyen testamente, dar is nicht an gelegen, alleyne
dat id ordentlik toga, to beteringe der kynde-
ren. Also mach me van dominica Judica bet
up Paschen des avendes unde morgens lesen
laten uth den vehr evangelisten, wat gescreven
is vamme lidende Christi, unde darmank ock dat
13. capitel Joarmis. De paschenweke 5vet, war
de vehr evangelisten van der upstandinge
Christi gescreven hebben, darto den sermon
Christi, na deme letsten aventmale gedtin, welken
Joannes bescrifft cap. 14, 15, 16, 17, so lange na
Paschen, dat se den uthlesen des avendes unde
morgens. Uppe ascensionis Act. 1. Up Pynxten
dat andere capitel, dat drudde, dat vehrde
edder mehr ex Actis apostolorum. Up Wynach-
ten uth deme Luca unde etlike prophetien tith
dem propheten Esa. 9; 11; 12; 25; 35.- 40 unde
schyr vortan, wat me wil, usque ad finem libri.
Item Ezechielis 34, Michee 4 unde 5 unde an-
47 Enarrationes in psalmos; MSL 36/37.
4O4
Kirchenordnung 1528
dere prophetien mehr. Desgeliken mogen se
ock up andere tide dohn unde vorordenen war
nutbares den jungen to lesen unde achten dar-
up, dat de jungen jr bescheydelick leren lesen
unde merken unde mit rechter wise lesen de
cola, commata unde periodos unde interroga-
tiones, unde wen se pauseren, de monasyllaba
unde indeclinabilia etc. Sulke texte overs, wen
de vele synt up sunderge tiden gelesen, kan me
wol st_n laten, wen se wedder vohrvallen in
den dageliken lectien.
Den psalm Beati qui sunt integri in via etc.
schal me des morgens neven den anderen psal-
men so vordehlen, dat he uthkumpt umme de
drudde weke, dat kan also geschehn: des Sun-
dages, wen me en anvenget, so schal me singen
twe octonarios 8, doch mit eyneme Gloria Patti,
uppe den anderen twen Sundagen unde allen
werkeldagen men eynen octonarium, so kumpt
he uth, dat me en des vehrden Sundages rnit
twen octonarien to singen wedder anvenget.
Van der missen.
Got, eyn Vader aller bermherticheit, d6n he
wuste, dat wy so jamerlick ,orlaren unde umme
dr sunde willen des drivels egene weren unde
in syn strenge richte so gevallen, dat wy nicht
mochten erredet werden dorch unse vysheit,
vorstand, vorm6ge, werke, ja dorch neyne crea-
ture noch imme hemmele noch up der erden,
also ock noch w" uns nicht erredden konen
van eyner sunden, hefft nicht vorschonet syneme
eyngebaren natrirliken S6ne, alse Paulus secht
Roma. 8 [32], sonder hefft en vor uns alle ge-
geven in den d6t, dat wy dorch syn vordenst
unde werk, dat is dorch syrt blut, d6t unde up-
standinge, scholden erl6set werden van unseme
dode uncle vord6menisse, dorch unse erfsunde
unde andere vordenet, unde also dorch dat werk
unde n6chdSnt Christi genSch wurde gedn deme
strengen richte Gades, vor welkeme unse vor-
denst nicht gelden wil, dewile wy de helle vor-
denet hebben. Wente id is jr nicht mogelick,
dat wy uns sulvest scholden erredden uth des
drivels gewalt, de, alse Christus secht [Job 12,
31], eyn forste is disser werlt, unde so entlopen
deme gestrengen richte Gades, dewile wy jr
nicht mehr synt wen flesch unde blur, arme,
vorlarene sundere unde vordSmede lride.
Sulke gnade hefft uns syn Sone, unse Here
Jesus Christus, eynmil imme krfitze vorworven
alse eynen ewigen, unbegripeliken schadt. Dat uns
overs sulk eyn schadt nicht vorborgen bleve, son-
der mochte unse egene werden, hefft he uns gesand
unde predigen laten syn hilge evangelion, welck
uns afwiset van unsem vordenste, Philip. 3 [9J,
unde van mynschensettingen unde leren, Colo. 2
[8], Matth. 15 [9], unde gifft tfichnisse van Chri-
sto, Joan. 15 [26], unde syneme blude, Roma. 3
[25]. Dat wy dorch dat gepredigede evangelion
leren Christum erkennen unde 15yen in en unde
he also dorch den loven unse egene sy. Wen he
denne dorch den loven in uns wanet unde unse
egene is, so is ock dorch en Got de Vader unse
egene unde konen alse gelevede kyndere van em
bidden allent, wat uns tome live unde tor selen
nbt is, alse uns Christus ock leret mit deme
Vader unse. We kan doch sulke gnade uth-
spreken, de wy hebben dorch dat evangelion, so
wy lbven? Van welker gnade Christus also
secht Joan. 3 [16 f.] : So hefft Got de werlt gelevet,
dat he synen eyngebaren SSne darhengaff, dat
alle, de in en gelbvet, nicht vorderve, sonder
hebbe dat ewige levent. Wente Got hefft nicht
synen eyngebaren SSne in de werlt gesand,
dat he de werlt schal vordbmen, sonder dat de
werlt schal salich werden dorch en.
Also werde wy nu, de wy flesch unde blur
synt, dorch den loven Christo ingelivet, de umme
unsen willen is flesch unde blut geworden, unde
werden mit em ganz eyns, alse man unde wyff
synt eyn lyff, Ephe. 5 [29 ff.]. Dat is dat etent
synes flesches unde drinkent sines bludes, darvan
he so vele redet Jr. 6 [51--58]. Wen wy 15yen,
dat Christus umme unsen willen is geworden
eyn warhaftich mynsche unde datsulwge flesch
unde blur, welk he umme unsen willen hefft an-
48 Vgl. oben S. 400, Anm. 29.
405
Bratmschwelg
genamen, hefft vor uns geoffert syneme Vader
imme krtitze in den dSt, so ere wy syn flesch
unde drinken syn blut warhaftigen unsicht-
liken, alleyne dorch den loven uth der predige
des evangelii begrepen, unde werden em war-
haftich ingelivet, also dat he blive in uns unde
wy in em unde hebben dardorch dat evige
levent. Amen. Wat bedarve wy mehr7 Nichts.
Noch hefft sick Christus nicht benSgen laten,
dat he uns so rikelick let toseggen unde gifft
uns ock dorch de predige des evangelii sulke
gnade, alse gesecnt is, sunder hefft uns ock darto
ingesettet, bevalen unde gegeven de twe uth-
vendige saccamente, in welken uns nicht anders
ock vohrgeholden wert wen dat hilge evangelion
van Christo unde weft uns darinne gewislik
Christo ock to egene, so wy 15yen unde holden
uns an dat bevehl Christi, alse he uns de sacra-
mente bevalen hefft. Dat wy jo gesterket unde
getrostet syn, dat Christus wil mit uns hande-
len unde unse egene syn, alse he uns tosecht
unde holt ock, wen wy 15yen deme evangelio.
Wente disse beyden sacramente synt ock
anders nicht wen dat evangelion, overs dat
evangelion is dat xvort Gades unde tosage
alleyne, de sacramente overs synt dat wort
Gades unde eyn uthwendich teken tosamende,
dat ick hSre dat wort unde bevehl Christi unde
sehe uncle bruke dat uthwenclige teken nach
deme loven unde bevehle Christi, my sunder
twivel tor salicheit. Ane dat wort unde bevehl
Christi veren de sacramente nichts. Sus were
de waterdSpe alleyne eyrie waterdSpe unde brot
brot, wyn vyn.
Nu overs Christus gesecht hefft [Joh 3, 5]: So
eyn nicht wert weddergebaren uth deme watere
unde deme Geiste, so kan he nicht ing/n int
rike Gades, bevalen, dat wy scholen 15yen deme
evangelio unde laten uns dSpen im namen des
Vaders unde des SSnes unde des hilgen Geistes
[Mr 28, 19], dat wy jo gewis scholen syn, dat
uns Got vor syne leven kyndere in Christo hefft
angenamen, so late wy uns dSpen in Christum
unde in synen dSt imme namen des Vaders
unde des ones unde cles hilgen Geistes, alse
tovoren van der dSpe gesecht is.
Desgeliken ock secht he van deme sacramente
synes lives unde bludes [Mt 26, 26 ff.; Mk 14,
22 ff.; Luk 22, 19 f.; 1. K 11, 24 f.]: Nemet, etet,
dit is myn lyff, dat vor ju gegeven wert. Nemet,
drinket alle, disse drank is myn blur, dat vor
ju vorgaten wert to vorgevinge der sunden.
Sulk doht to myner gedechtenisse Dar sehe wy
brot unde wyn, overs umme des wordes willen,
dat wy d/r hSren, bekenne wy, dat dar sy dat
liff unde blur Christi, unde eten unde drinken dat
to Christus gedechtnisse, alse he bevalen hefft.
Da is jo dat rechte evangelion, dat wy 16ven
uncle vorlaten uns darup, dat Christus syn liff
vor uns i den dSt gegeven hefft unde syn
blut imme krtitze vorgaten umme neyne andere
orsake, sonder alleyne to vorgevinge unser sun-
den. Sulk evangelion weft uns in disseme sacra-
mente vohrgelecht mit deme wSrde unde bevehle
Christi.
Wen dat sacramente des lives unde bludes
Christi recht gebruket wert, alse id Christus to
bruken bevalen hefft, so is ock dat bilge evan-
gelion Christi recht imme bruke, daruth
erkand werde de bermherticheit unde salicheit,
uns van Gade deme Vader in Christo gegeven,
dat wy also hengen mit cleme herten nicht an
unser rechticheit, sonder alleyne an der rech-
ticheit Gades in Christo.
Dat evangelion prediget uns doch in unsen
sunden, nSden unde angesten neynen grotteren
trSst, wen dat Christ-us (de nuregeretover alle
in der hehrlicheit synes Vaders imme hemmele
unde up erden} syn lyff vor tins in den d6t
gegeven hefft unde syn blur imme krtitze vor-
gaten, darumme dat vor unse sunde unde over-
tredinge scholde gen6ch gedLn syn unde se
nummermehr gerekent edder vor Gade gedacht
scholde werden.
Sulk evangelion hSrestu hyr i tier institutien
edder bevehle, darmede Christus dit sacramente
bevehlet. Wente he secht: Dit is myn lyff, dat
vor ju gegeven wert. Dit is myn blut, dat vor
ju uthgegaten wert tor vorgevinge der sunden
We wolde nu vortwivelen umme syner sunde
willen, wen he hSret sulk eyn evangelion, dat
is gude bSdeschop edder vorkundinge, so verne
406
Braunschweig
der collatien, alse me lest 1. Cor. 11 [20 ff.].
\och mehr: etlike weren ock, de afgSdeoffer
eten unde drunken, wen se Christus liff unde
blut imme sacramente hadden gegeten unde
gedrunken, alse me lest 1. Cor. 10 [14--22]. Item
dewile Christene scholen lever unrecht van
andern liden wen andern dohn, noch weren dar
etlike, de mit handele anderen ltiden, ja ock
5ren egenen brudern unrecht deden, daruth
hader unde rechtgand wurt vor den unchriste-
nen richtern, daruth denne eyn spot wurt des
evangelii, dat de evangelische ltide under eyn-
ander sick ock unrecht dohn unde haderen to-
samende, alse me lest 1. Corin. 6 [1--10]. \Vy
swigen van deme mutwilligen, de syne egene
steffmoder to echte genamen hadde, 1. Cor. 5 [1].
Van sulken allen segge vy unde bekennen
frylick, dat se unwerdich tome sacramente gin,
wen se nicht sick betern xvillen. Datsulvige be-
kenne wy ock van allen, de unwillich darto
gin unde bleven sus xvol darvan, wen se des
pavestes gebot edder sus schade unde schande
nicht fruchteden.
De overs dat evangelion Christi leff hebben,
vorlaten sick darup, dat Christus vor se ge-
storven is, haten nemande, soncler willen rich-
rich unde redelick handeln, dat bSse vormiden
unde deme negesten gut dohn unde sm beste
xveten unde geduldich syn, so vele Got wert
gnade vorlyen, xvo krank se ock noch synt imme
loven unde leve uncle gedult, wo sundich unde
gebrecklick se ock noch synt in velen stucken,
darumme se ock ste=les mSten beden: Vorgiff uns
unse schuld etc., vorumme scholden de nicht
vakene tome sacramente gin? Is doch Christus
umme sulker sunderen villen in de xverlt ge-
kamen unde nicht umme der rechtverdigen wil-
len. Unde Christus lavede de apgstele na der
entfanginge des sacramentes, alse Judas wech
xvas, dat se mit em gebleven xveren in synen
an'echtingen, trade sede en to, dat se exvich
scholden by em bliven, alse gescreven steyt
Luce 22 [28--30], xvelkerer love doch in der-
sulvigen nacht nicht vaste stund, den se alle
den Heren vorleten, welk se nicht gemeynet
hadden
Dat is, dat Paulus secht [1. K 11, 28]: De
mynsche prSve sick sulvest unde ere so van
deme brode unde drinke van deme kelke. So
is de m3nsche wol geprSvet, ven he 15vet, dat
syne sunde em vorgeven verden, darumme dat
Christus s.vn blut vorgaten hefft, unde xvil by
Gades wSrde bliven unde syne feyle gerne bete-
ren. Darto roppet er Got an imme namen
Christi.
Darumme is id nicht gut, dat etlike sick
alto sere vennen vamme sacramente to nemen.
\Vente id schinet, dat me leret den bevehl
Christi, uns salich, to vorachten, gelyck efft
dar nicht ane gelegen were. Gut is id overs
unde salich, dat wy vakene darto gin, wen wy
darto gin, alse Christus bevalen hefft. \Vente
Christus secht: Dit is m.vn lyff, dat vor ju ge-
geven wert. Dit is myn blut, dat vor ju uth-
gegaten wert tor vorgevinge der sunden.
He secht: vor ju, dat is, ju to gude unde
salicheit, unde nicht: wedder ju. Darumme darve
gy nicht darvohr schtiwen alse vohr eyn schede-
lick dink, sunder id is to begerende, dat gy id
nach syneme bevehle annemen.
Unde xvoxvol de wSrde Christi: dat vor ju ge-
geven wert, dat vor ju uthgegaten wert, gedtidet
werden van den Christenen up dat krtitze unde
den dSt des Heren, dat he syn lyff vor uns ge-
geven hefft in den dSt unde syn blut vor uns
uthgegaten imme krtitze to vorgevinge unser
sunden, alse ock denne recht gedtidet is, wente
alle w6rde des sacramentes ltiden up den d6t
Christi, alse Christus ock bevalen hefft, dat me
schal eten unde drinken to syner gedechtnisse,
dat is, dat me schal vorkundigen synen d6t.
Doch kan dat ock mit rechte nemand wehren,
dat me sulke xv6rde ock nicht mochte vorstaz
van der jegenxverdigen gevinge des lives Christi
unde uthgetinge des bludes Christi imme sacra-
mente, alse ock etlike gelerde ltide gedtidet hebben.
Wente so secht Ambrosius, alse id wedder-
halet vert imme Decreto de consecratione di-
408
Kirchenordnung 1528
stinctione secunda imme capitele: Si quoties-
cunque 49. Is id wahr, dat dat blur Christi,
so vakene id wert uthgegaten, werde uthgegaten
tor vorgevinge der sunden, so schal ick id bil-
lick alle tidt nemen, dewile ick alle tidt sun-
dige, schal ick alle tidt nemen arstedye 50. Dat
Ambrosius dar redet vamme sacramente, is
klar uth den wSrden uncle darto uth syneme
boke De sacramentis, dar dat uth genamen is.
Item: ex libro sententiarum Prosperi, alse dar-
sulvest imme Decreto steyt imme capitele: Cure
frangitur 51. Wen de hostie tobraken wert unde
dat blur uth deme kelke in den munde der
15vigen gegaten, vat wert anders denne be-
tekent wen de offeringe des Heren lives imme
krtitze unde de uthgetinge synes bludes uth
tier siden? Item: ex homilia paschali Gregorii,
alse darsulvest imme Decreto steyt imme
pitele: Quid sit 5-". Syn blur xvert nu nicht in
de hende der unlSvigen, sender in de munde
der gelSvigen vorgaten.
Dar hSrestu, dat sulke ltide edder doctores
reden, dat ock dat blur werde uthgegaten uth
deme kelke in de munde der lovigen unde wisen
darmede up de uthgetinge dessulvigen bludes, de
eynmttl to unser erlosinge geschehen ist imme
krutze. Wy schwigen nu, dat sulke sproke nicht
wol ltiden vor dejenen, de den leyen den kelck
des Heren vorbeden.
Sulke meyninge is sere klar van deme brode
uth deme Paulo, dat me van deme kelke nicht
twivelen darf. Wente he bringer dat wSrt
Christi also: Dit is myn liff, dat vor ju gebraken
wert, unde tovorn hefft he gesecht: Jesus ham
dat brSt unde brack id. Unde imme vorigen
capitele: Dat brSt, dat wy breken, is dat nicht
dat uthgedehlede lyff Christi? Dat du jo mogest
sehn, dat de brekinge dar hSre up de jegen-
vertige uthdehlinge des lives Christi imme
sacramente, worumme scholde ock nicht darhen
hSren de uthgetinge, wen uthgegaten weft uth
deme kelke dat blur des Heren in de munde
der 15vigen ?
Christus lyff is vor uns gegeven imme krtitze,
unde syn blut is dar vor uns vorgaten eynmttl,
darmede is uns vorworven vorgevinge unser
sunden, darhen hSret ock de gedechtnisse, de
Christus hyr uns bevehlet. Overs wat hadde wy
van sulker offeringe, darmede he uns imme
krtitze vors6net hefft, gewust, wen he se tuns
nicht apenbaren hadde laten untie uthdelen unde to
egene maken dorch de predige des evangelii?
Neven dem evangelio, also gesecht is, gifft
he uns ock de ekene, de me nSmet sacramenta,
alse de d6pe eynmal, darumme, dat men eyn
Christus is uncle eyn d6t Christi, in welken wy
ged6pet verden, uncle dat sacramente sines
lives unde bludes vakene, darumme dat wy
vakene vorkundigen scholen den d6t des Heren.
In tier d6pe weft de dSt Christi unse egene.
Dat wy overs dat nicht vorgeten unde laten
uns vorv6ren up monnikelSgene unde up unse
egene rechticheit dorch mynschenlere unde ge-
bade, schole wy vakene tome sacramente gttn
tor gedechtnisse Christi, dat wy den d6t des
Heren vorkundigen unde laten by uns jo nicht
anders gelden to vorgevinge der sunden wen des
Heren d6t unde blur alleyne.
Alse nu syn lyff unde blur uns to gude ge-
geven is imme kfitze, also wert id uns ock to
gude gegeven dorch de predige, so wy 16yen,
unde dorch de sacramente, wen wy der bruken,
alse Christus bevalen hefft. XVente Christus
secht: Dit is myn lyff, dat vor ju unde nicht
wedder ju gegeven wert. Dit is myn blut, dat
vor ju unde nicht wedder ju uthgegaten wert.
Wert id vor uns uthgegaten, so twivele wy ock
nicht, dat id uns dene tor vorgevinge der
sunden, so vy anders loven den wSrden Christi,
darmede he uns dit sacramente bevehlet.
4. Pseudo-Ambrosius, De sacramentis IV, 6, 28
{MSL 16, 446), zitiert Decr. Grat. III, dist. !I,
c. 14; Friedoerg I, S. 1319.
50 _-- Arznei
51 Decr. Grat. III, dist. II, c. 37; Friedberg I,
S. 1327.
5 Gregor. Magn., Homt!iarum in evangelia lib. II,
horn. XXII, 7 {MSL 76, 1178), zitiert Decr.
Grat. III, dist. II, c. 73; Friedberg I, S. 1343.
409
Bratmschweig
Is dat blur Christi imme krutze uthgegaten
tot vorgevinge der sunden, so is id werlick
myne vorgevmge der sunden, wen id to my
kumpt trade wert dorch den loven myn egen.
Dorch dat evangelion, my geprediget, weft id
myn egen, so ick 16ve, ock dorch de sacramente,
wen ick se bruke, alse Christus bevalen hefft.
Wente id sy alleyne mit dec predige des evange-
lii edder ock darneven mit den sacramenten
Christi, so vert doch dorch de w6rde Christivan
my gevordert, dat ick schal 16ven vorgevinge
der sunden dorch dat blur Christi, l=[om. 3 [25].
GelSve ick, so hebbe ick, de love, xvelken me
rater uth Christus vorde, kan nicht feylen. Darto
neme ick ock voc my sulvest dat teken der
salicheit, xvelk is nach deme xv6rde Christi dat
lyff unde blut Christi, nach syneme bevehle,
dat ick jo vaste gel6ve, dat Christus wil myn
egene syn unde dat de vorlSsinge dorch syn
lyff unde blur imme krutze vorworven schal
myne syn.
Unnutte ltide geven vohr, wen Christus dorch
den loven unse egene is, war bedorve vy denne
des sacramentes? Gelick efft de rechten Chri-
stene des sacramentes bukeden ane den loven
der vorlSsinge, de wy hebben dorch Christus
blur. Gelick ock efft Christus, unse salichmaker
unde meyster, de uns dat sacramente gegeven
unde bevahlen hefft, nicht vete, xvat tins nutte
sy, so mSt sick Christus van sulken ltiden mey-
steren laten. Wen anders neyne nutticheit da-
rune were, scholde id nicht e.meme christenen-
mynschen eyne frSxvde syn, dat he uth Christus,
synes leven Heren, bevehle ete unde drinke unde
gedenke syner salicheit, dewile dat dar ock
eyn kostel etent unde drinkent is, nSmelick des
lives trade bludes Christi? War overs vor nut-
ticheit hyr sy, is gesecht.
Syn lyff unde blur wert hyr ock van Christo
nicht deme Vadere geoffert alse eynmil imme
krtitze, sonder uns gegeven, vakene to eten unde
to drinken tot gedechtnisse des offers, dat
Christus vullenkamen eynmil vor tins imme
krtitze geoffert hefft.
So hefft dit sacramente Christus uns uncle vor
uns gegeven, dat is, uns tor salicheit, unde
kumpt allen tor salicheit, de id so annemen, alse
Christus bevalen hefft.
Dat overs etlike datsulvige nicht vor sick,
sunder wedder sick, dat is tor vord6menisse an-
nemen, is 6re egene schult, alse tovoren gesecht
is; dat sacramente is gut unde is ock tome
guden bruke uns tot salicheit gegeven, wor-
umme bruke wy id nicht, alse id uns Christus
gegeven unde bevalen hefft. Is doch wyn ock
gut geschapen unde van Gade uns gegeven tor
suntheit unde frSlicheit, alse imme psalme [104,
15] steyt: De wyn maker frolick des mynschen
herte. Noch vindet me ltide, den de wyn unsunt
is, nicht umme des wyns willen, de gut is, sun-
der umme 5rer mage xvillen, de mit deme wyne
sick nicht kan vordragen. Eyn wyff is ock gut,
van Gade deme manne to hulpe geschapen, noch
wert sulke gude creature Gades to eyneme
anderen bruke misgebruket, alse to hurerye
unde ehebrekerye xvedder Got tor vordSmenisse.
War is so gut, dat me nicht kan misbruken?
Bruke des sacramentes, alse id to bruken Chri-
stus bevalen hefft, so is id gewisse nicht wedder
dick, sonder vor flick gegeven, dat is, dy tot
salicheit.
Wy willen nicht hSren de mutxvillige ltide,
de dar seggen, id sy eyn slecht teken, unde
uns werde dar sunderich neyne salicheit ge-
schenket, darmede se alleyne sehn up dat sicht-
like unde vorlaten de xv6rde Christi, dar he
mede dat sacramente uns bevalen hefft XVy
besluten overs kreftich unde vast uth den w6r-
den Sancti Pauli. Is id wahr, alse Paulus secht,
dat de schuldich werden am blude unde live
des Heren unde eten unde drinken sick sulvest
dat gerichte edder vordSmenisse, de dit brot, dar
Christus van secht: dit is myn lyff, unwerdich
eten unde dissen drank, dar Christus van secht:
dit is myn blur, unverdich drinken, so mSt
id ock unwederspreklick xvahr syn, dat alle,
de id eten unde drinken werdich, dat is alse
Christus bevalen hefft, de eten unde drinken
sick sulvest 5re salicheit unde dat ewige levent.
Darumme scholen sick de Christene vor dit
sacramente nicht schSwen, sonder gerne darto
gin. Id is en nicht tor vordSmenisse, sonder tor
410
Kirchenordnung 1528
salicheit gegeven, so se id armemen, alse id
Christus gegeven hefft.
Urnrne des unwerdigen etendes unde drinken-
des uncle pr6vendes willen, dar Paulus van
secht, hefft rne tier lade conscientien rnartert
rnit der orenbicht, dat se scholden hehrtellen
alle unde eyrie jewelike sunde, xvelk nicht rn6ge-
lick is, ock nicht uns bevalen edder rnit Gades
w6rde gebadcn, dat se jo dorch sulk bichtent
unde n6chd6nt vor de sunde, welk se mosten
laven unde toseggen, werdich rnochten xverden,
to nemen dat sacramente nicht tome gerichte
edder vord6rnenisse, unde sulk was dat pr6vent
by den laden. Darmede de lade lereden, sick
up de ungebadene bycht unde up 6re xverk
unde n6chd6nt vorlaten unde wusten nicht, vat
gnade unde bermherticheit Gades sy, in Christo
uns geschenket. Wy xveten anders neyn xverk
unde nSchdSnt vor de sunden ane alleyne de
werke unde nochdSnt Christi imrne krtze. Dar-
up uns ock wiser dit sacrarnente Unde de oren-
bicht is schedeliken in velen stucken rnisge-
bruket up vordehl der gotlosen bake unde to
vorvSringe der guden conscientien. Welcke bicht
me doch sus wol christlick konde den laden
dorch Gades wSrt trostlick leren bruken, alse
in anderen bSke bescreven steyt, ock yn dern
bSke Philippi rnit derne titel: Underichtinge
der visitatoren etc. 53
Darurnrne, wovol wy genSch tovoren gesecht
hebben van derne werdigen unde unwerdigen
etende unde drinkende unde van deme pr-
vende, so wille wy doch to rnehr underrichtinge
datsulvige ock klrrnaken uth den wbrden Chri-
sti unde institutien edder bevehle, darmede he
uns dit sacrarnente gegeven hefft.
Wen dit sacrarnente gebruket weft, alse Chri-
stus bevalen hefft, so wert id recht unde wer-
dich genamen, unde de prSvinge is dar. XVen id
overs nicht gebruket xvert, alse Christus be-
valen hefft, so geyt de sake nicht rechte to,
unde de prSvinge is nicht dir Eyn untrawe
knecht handelt anders wen em syn here be-
valen hefft, dat weft era syn here nicht laten
to gude. Dit is wahr unde schal nemand anders
lbven, wen ock alle mynschen anders seden,
ja ock eyn engel uth derne hernrnele, vent
rnogelick were, alse Paulus secht, Gal. 1 [8]. De
Christene villen syn, scholden sick jo eynmal
schernen, dat se wedder sulke xvSrde rnogen
rnucken edder noch lude vedderropen unde
scriven Eyn furste edder men eyn hasxvert kan
nicht liden, dat syn knecht synerne bevehle
nicht nSchdeyt, vele ringer, dat he darwedder
deyt. Unde Christus schal tovreden s3m unde
holden se darto vor hi]ge lade, dat de got-
losen disserne synerne bevehle varnrne sacra-
rnente nicht nakarnen unde darto noch schend-
iick darwedder handelen unde leren.
Sus lange hehr in unser unvetenheit hefft
Got wol rnit den synen kond gedult hebben
unde syne berrnherticheit hefft xvol mate unde
wise wust alse stedes, wo he scholde de synen
midden in derne erdorne erredden unde salich
maken, syne hand is noch neverlde to kort
geweset, de synen salich to makende. Overs
nu de wcheit des evangelii unde wo Christus
dit sacrarnente bevalen unde uns gegeven hefft,
noch klarer unde apenbarer wen de sunne an
den dach gekarnen is, war villen gotlose, rnut-
villige, frevelige ltide mehr to entschuldinge
hebben? Se rnoten de warheit annernen edder
Gades gerichte, welk over en holt, erwSrten.
So vorsta wy nu den rechten unde gotliken
gebruck disses sacrarnentes uth derne bevehle
uncle institutien Christi unweddersprecklick also:
Int erste: We to derne sacrarnente vil gLn,
de schal syn eyn discipel, dat is eyn junger
Christi. Wente Christus hefft dit sacrarnente ge-
geven suis discipulis, dat is synen jungeren.
Den apostelen, de rnit era tome aventrnale que-
men, gaff he ock dat sacramente nicht alse
apostelen, sonder alse synen jungeren. Wente
dat sacramente eten unde drinken is nicht
eyn aposLelampt edder presterarnpt, alse ock
nicht eyn presterarnpt is, sick laten dSpen,
sonder dat is eyn apostelampt, alse Christus
secht [Mk 16, 15]: Gaht in die ganze werlt
53 Sehling I, S. 162.
5- 411
Braunschweig
unde prediget dat evangelion allen creaturen,
unde alse Paulus secht [2. K 3, 6]: Wy hebben
dat ampt des Geistes unde nicht des bSckstaves.
Wy laten uns dorch apostele edder prestre
unde denere dat evangelion prediken, dSpen
unde dat sacraraente geven, overs 15yen derae
evangelio unde cle sacramente neraen kurapt
uns to so wol alse en, unde is neyn under-
scheyd. Irame predigende unde gevende synt
se unse denere, imrae 15vende unde neraende
synt se uns gelyck, so se anders willen Chri-
stene syn unde christlick handelen unde nicht
derae unlSvigen apostele Judase navolgen. De
apostele hebben neyn ander evangelion, derae
se scholen 15yen, ven wy hebben, se hebben
neyne andere dSpe, darraede se scholen gedSfft
syn, wen wy hebben, se hebben neyn ander
sacramente, dat se to sick neraen, xven wy
hebben. Se hebben neyn ander bevehl vamrae
loven unde sacraraenten antonemen wen wy
hebben. Mit deme predigende synt se apostele
unde bisschoppe edder parnere, mit derae 15vende
unde sacraraente to nemende synt se discipuli,
dat is jungere Christi alse wy synt.
Jungere heten scholere, de under eynen
scholemeystere leren. Jungere Christi synt alle
Christene, de dat evangelion Christi gerne willen
leren unde 5reme meystere Christo gerne hSren
unde volgen, alse ock Christus secht to den
apostelen unde to allen Matt. 23 [8]: Eyn is
jue meyster, alse Christus, overs gy alle synt
brSdere etc. Darumme schole wy ock van era
geleret werden dorch der denere predige unde
nemen dat evangelion unde de sacraraente jo
anders nicht an, wen uns Christus bevalen
hefft, dat wy uns waren vor derae sfirdege,
dat is vor der 15genlere, de de phariseer unde
sadduceer ratraank mengen, to vorvelschen dat
reyne brot, dat is dat lutter evangelion Christi,
alse uns Christus wernet Matth. 16 [6. 11 f.].
Id is schande, dat etlike willen Christene
heten unde vorderen doch, dat me sulk apen-
bare dink schal wedder de losen 15genpredi-
gen bewisen. Irarae Paulo 1. Corin. 10 unde 11
is id jo klr, wo uns allen Christus dat sacra-
mente synes lives unde bludes under deme
brode unde wine bevalen unde gegeven hefft
unde wo de apostele de Christene hebben van
disserae sacraraente geleret unde wo de Chri-
stene dat sacramente nach der apostelen lere
gebruket hebben -- ach, Here Got, vele anders
wen nu de papen leren. Id is ararae dage,
sehe wol Paulus secht dr [1. K 11, 23]: Ick
hebbe id genaraen vararae Heren (alse eyn
junger), dat ik ju ock gegeven edder geleret
hebbe (alse eyn apostel), dat de Here Jesus in
der nacht, dSn he vorraden wrt, nara dat
brSt etc Dar leret Paulus unde gifft en den
bevehl Christi vararae sacraraente nach alleme
lude mit etende unde drinkende, alse Chri-
stus imme letsten aventraale bevalen hadde.
De Christene to Corintho weren jo neyne
apostele, se xveren ock jo nicht alle prestre.
Doch we Christura nicht hSren wil unde sn
junger syn edder der apostelen lere, de id van
Christo genamen hebben, nicht volgen wil, de
raach hermevaren.
We nu eyn junger edder scholer des emigen
meysters Christi is, dat is, de gerne syn evan-
gelion hSren wil unde navolgen, so vele alse
Got gnade gifft, de hSret to disseme sacramente.
Wente Christus hefft dit sacramente synen jun-
geren, den groten unde den kleynen, gegeven.
Synt overs raank uns, de den schm hebben
alse jungere Christi unde hebben em valsch
herte to derae evangelio, de hSren in Ju-
das register, welke Paulus nSraet valsche
brSdere [Gal 2, 4], unde Johannes secht [1. Joh 2,
19]: Se synt van uns gekaraen, overs nicht
van uns gexveset. Sulken konen wy, dewile se
imrae schyne gut snt, nicht xvehren, dat se
mit uns torae sacraraente gn, alse Christus
ock derae Judas nicht wehen wolde, wowol id
syne vordSmensse was. De overs apenbare
schande anrichten unde willen sick nicht bete-
ren, van den is gesecht, dSn gesecht wrt
vamme banne.
Tom anderen: wen du .eyn junger Christi
bust, so darvestu nicht wide denken, wo du
dick mSgest sulven prSven unde werdich eten
unde drinken. HSre, wat dyn raeister Christus
dy hyr leret unde bevehlet, unde prSve dick
412
Kirchenordnung 1528
sulvest, efft du ock deme bevehle vilt na-
kamen, so bustu werdich darto nach Gades
gnade. Wente Christus begeret mit syneme be-
vehle nich raehr, wen dot du id mit deme
sacrarnente so schalt uthrichten unde dick darto
so stellen, alse he bevehlct
Syn bevehl steyt kort up twen stucken, dat
eyrie, dat du 15vest, wat he secht, dat andere,
dat du deyst, wat he gebut. \Ve nu werdich
unde tot salicheit, alse id uns Christus ock
gegeven hefft, tome sacramente wil gan, de
sy eyn junger Christi, wo schwack he ock
noch sy, de apostele were done ock nicht sere
stark, alse gesecht ist, darumme weft he ock
disse beyden stucken hebben, dat he 15vet, wat
Christus secht, unde deyt, wat Christus gebut,
vo konde he anders eyn junger Christi syn?
\Vat secht hyr Christus? He secht vamme
brode: Dit is myn lyff, dat vor ju gegeven
weft. Vamme wyne: Dit is myn blut, dat vor
ju uthgegaten wert tot vorgevinge tier sunden
[lIt 26, 26 ff.; Luk 22, 19 f.]. Sulke xvSrde, de
Christus secht, mostu 15yen, dot se wahr sind,
unde nicht vorachten alse de sacramentes-
schender, de sulken wScden gerne xvolden eyne
nese maken, gelyck efft wy nach sulken wSrden
des bevehles Christi dar nicht eten den xvaren
lichnam unde drunken dot ware blut Christi.
So mostu nicht alleyne 15yen, dot in disseme
convivio Christi sy dat brot syn lyff unde de
drank syn blur, xvelk ock de drivel 15vet, wente
he wet wol, dat Christus nicht legen kan, welk
ock etlie gotlose 10de 15yen to misbrrikende dot
sacramente, sonder ock, dat lyff unde blut
Christi, dat dy hyr imme sacramente to gude
gegeven weft, vor dy imme krritze sy in den
dSt gegeven, alse ock Christus dSt unde blut-
vorgetinge hyr schol vorkundiget werden. Sulk
15yen de d0vele nicht, ja de gotlosen rnisbrukere
des sacramentes ock nicht, wente se vorlaten
sick nicht darup van herten tot salicheit, sonder
up mynschenlere unde werke.
Sick vorlaten up de gerechticheit Gades in
Christo, dot is up den dSt unde blur Christi,
darmede uns Got rechtverdich unde fry van den
sunden maket, is de rechte love, welken Chri-
stus van uns vordert, vente he secht: Vor ju
gegeven uncle uthgegaten tot vorgevinge der
sunden. Sulke toversicht to Gade umme des
dodes willen Christi maket dick alleyne wer-
dich tome sacramente, wente dardorch bustu
fry van sunden, eyn kynd unde erve Gades unde
hast dot exvige levent. Vortwivele nicht umme
dyner groten sunde willen, sulke toversicht
nympt alle sunden wech. \Vat scholde Got mehr
gedn hebben vor flick? He hefft nicht vor-
schonet syneme eyngebaren SSne, sonder hefft
en vor uns allen gegeven, Rom. 8 [32].
XVen du nu 15vest, wat hyr Christus secht,
so werstu ock sonder twivel frylick dohn, wat
he hyr gebut De mt deme sacramente anders
handelen alse Christus gebut, geven gewisse an
den dach, dat se nicht 15yen, sonder 5ten Heren
in syneme bevehle vorachten, se seggen derme,
wat se xvillen. Du ledest van dyneme knechte
nicht, dot he dyne bevehl wolde vorachten, unde
disse vorechtere schriwen sick ganz nicht, dot
se dat bevehl Christi so vorachten
War gebut denne hyr Christus, dot me dohn
schal? He gebut: Nemet unde etet. Nemet unde
drinket unde doht sulks, dot is, etet unde drin-
ket, so vakene gy so eten unde so drinken, to
myner gedechtnissen.
XVen uns Christus hete wat anders to dohn,
scholde wy id nicht dohn? Nu bevehlet he uns
to dohn dot allerlefflikeste, dot me ock gerne
up erden begeret, alse dot getrriwe brSdere to-
samende kamen unde eten unde drinken dat
allerbeste unde reden tosamende van saken,
darvan 5re herte sick frSwe.
Getrriwe brSdere van herten synt de rechten
jungere Christi, de leven sick under eynander,
l_egen nicht, bedregen nicht, handelen nicht
valschlick, de ock xvol weten, dot se schuldich
synt, vor 5re brSdere lyff unde levent to laten,
ehr se scholden erren unde vordSmet xverden,
we wolde nicht gerne by sulken syn7 Lopt
overs eyn heymelick Judas darmede, so rnSge
wy gedult hebben unde bevehlen dat Gade
\Vat eten disse guden brSdere unde drinken,
wen se tosamende kamen tome dische des Heren,
alse he bevalen hefft? Dot beste alse syn lyff
413
Kirchenordnung 1528
Ock weten de Christene wol, dat se nicht
supen unde freten scholen, dat is, der spise
misbruken; imme drinkende overs unde etende
scholen se sick neyne sunde maken, sonder
danken Gade, so se erkennen syne gaven, alse
tovoren is gesecht uth deme Paulo 1. Timo. 4
[4 f.], alse ock Christus uns vormanet Luce 21
[34]: Hbdet ju, dat jue herten nicht be-
sweret werden mit fretende unde supende unde
mit den sorgen disses levendes etc. Metich
leven edder ock to tiden deme olden Adamme,
wen he vordraten is, dat voder weyniger geven,
is genbch gevastet, wen du ock flesch etst unde
neyne spise up neynen dach underscheydest, ane
alleyne dat du nicht vorachtest de schwack-
lbvigen.
Dit lyff overs ,nit unbescheydener abstinentie
vorderven, alse etlike dulle hilligen gedin heb-
ben, is ock sunde. Wente darna kan me anderen
nicht denen. Darumme ock Paulus Timotheon
vormanede [1. Tim 5, 23]: Drink nicht mehr
xvater, sonder drink metigen den wyn umme
dyner mage willen unde steder swackheit.
Wente Paulus befruchtede sick, dat Timotheus
mit syner unbescheydener abstinentie sick
mochte vorderven, dat he darna nicht konde
dat evangelium predigen, so hedde denne Ti-
motheus wehrlick 5vel gedin unde wedder Got
mit syneme waterdrinkende. Syn evangelion
halp velen tot evigen salicheit to ewigeme lave
Gades. Dat waterdrinkent halp nemende.
Darumme darvestu nicht mit gebadener bicht
unde vastene edder anderen dingen, van Christo
nicht gebaden, eyne unnbclige hillicheit tome
sacramente anrichten. Lbve hyr, wat Christus
secht, unde doh hyr, wat Christus beveh-
let, so bustu eyn lbvich mynsche unde eyn
trfiwe knecht Christi. So giffstu em de al-
lerhbgesten ere unde deyst em den allergrb-
testen denst. Lbvestu nicht also unde deyst
nicht also, so helpet id dy nicht, dat du dyne
untrtiwicheit unde gotlose vohrnement wilt mit
anderen dingen, hyr nicht bevalen, smticken
Wy synt Christus jngere unde knechte, he
is unse meyster unde Here. Alse he leret, so
schole wy id annemen, alse he gebut, so schole
wy dohn. We syn egene meyster unde here
wil syn edder andere meystere unde heren wed-
der Christus wbrt unde bevehl volgen, de hefft
mit Christo nichts to schaffen.
Uth deme alle kanstu jo wol vorstahn, wo
dy Christus dit sacramente bevalen hefft wer-
dich to entfangen, dat du dick nicht darvohr
schtivest, alse efft id were vorgifft, sonder
nymst dat an uth der hand Christi alse eyn
eddele geschenke unde brtikest dat na dynes
gnedigsten Heren bevehle.
Ock weft mehr wen klSr unde apenbar uth
deme rechten bruke, darvan xvy gesecht heb-
ben, welk sy de misgebrtick unde unxverdige
entfanginge disses sacramentes.
Int erste de sacramentesschendere, de dar
predigen unde mit 5rer gememen 15yen, dat dat
brbt Christi nicht sy syn lyff unde de drank
des Heren nicht sy syn blut wedder de klaren
wbrde Christi: Dit brbt is mm lyff. Disse
drank is myn blur, de vorlbchenen de xvbrde
Christi unde alse se nicht 15ven, so hebben se
ock nicht, 5re brbt is brSt unde nicht dat lyff
Christi, 5re drank is eya drank uncle nicht dat
blur Christi, wente so leren se, so lbven se. Dar-
umme mbgen se sick so hillich maken mit 5re-
me sacramente, alse se villen, dat sacramente,
dat Christus synen jungeren bevalen hefft, heb-
ben se ncht
Se seggen, Christus hebbe bevalen, wy scholen
eten brbt, dat nicht sy dat lyff Christi, unde
drinken den kelck edder drank, welk nicht sy
dat blur Christi, dat dat brSt unde de wyn nicht
mehr imme aventmale Christi schal syn, wen ick
dar mit den lyffliken ogenen kan sehn, unde
leren uns also de wbrde Christi: Dit is mm lyff,
dit is myn blut etc. vorachten unde en e.me nese
edder yule glose 55 maken. Etlike mbgen mank
en wol eyne gude meyninge nach 5reme gut-
dunken hebben, dat se mit sulker wise gerne
wolden den grtiwel der papisteschen missen af-
bringen Overs id is nicht christlick, dat me
55 _-- faule Glosse.
415
Bratmschweig
15gene mit 15gene wil uthdriven, fie conscien-
tien werden ock nicht darvan gewisse. Se
seggen vol vele vamme geystliken etende unde
drinkende, overs wy hoxven hyr ock nicht dat
lyff Christi in den pot, wy leren ock Christus lyff
unde blut geislick, fiat is, mit deme loven ent-
fangen stedes ane dit sacramente trade so
vakene wy willer, ock in disseme uthwendigen
sacramente nach syneme bevehle.
Darumme segge wy xveddec se, dat Christus
hyr vamme brode uns hefft gesecht unde be-
valen: Nemet hen unde etet, dat is myn lyff etc.
Vain kelke: Drinker alle daruth, dit is myn
blur etc. He hefft nicht gesecht: Etet brSt, drin-
ket wyn, sunder: Nemet, etet myn lyff, nemet,
drinker myn blut, wente dit brot, dat ick ju
hyr geve to eten, is myn lyff, uncle disse wyn,
den ick ju hyr geve to drinken, is myn blur.
Darumme is hyr de bevehl Christi de recte
consecratie, unde he sulvest gifft my hyr sya
lift unde blut imme sacramente, wowol dorch
de hand des deners, de my den bevehl Christi
mit deme wSrde vohrdrech, daruth alse ick
hSre unde 16ve, so hebbe ick. Alse ock Christus,
ja ock de ganze hilge drevaldicheit sulvist dSpet,
alse tovoren gesecht is, darumme, dat id in
syneme namen unde bevehle schtit. Alse ock
de predige des evangelii nach syneme bevehle
schtit unde weft doch dar nicht eyries mynschen
w6rt geh6ret, sonder Gades, alse Christus secht
[Joh 10, 27]: .Mine schape h6ren mynen stem-
men, nicht mynschenstemmen.
De sacramentesschendere seggen also 56: Wen
id wahr xvere nach jueme vorstande, so segget
uns, wo wert denne dat boot Christi syn lyff
unde de drank Christi syn blut? Meyne gy, dat
eyn jewelick pape, wen he ock sy esn hurer, eyn
ehebreker, eyn w6kerer etc., ju maken kan dat
lyff unde dat blut Christi? Wor hefft Christus
bevalen: Maket mvn lyff, maket myn blur? Wor
steyt id gescreven, dat eyn pape darumme kan
dat lyff unde dat blut Christi imme sacramente
maken, fiat em de hende gesmeret synt made
eyn 16genaftich character indelibilis in fie sele
gedrucket, id were denne character antichristi
unde conscientia cauterizata? [Vgl. 1. Tim 4, 2].
So richten se ock 6re sake so heymelick uth,
dat nemand xvet, war se gemaket hebben, unde
wisen ju darna dat brSt alse tovorne, xvat kone
gy dar mehr sehn? Dewile nu ju nemand dat
lyff unde blut Christi kan maken, so hebbe gy
id ock nicht imme sacramente to etende unde
to drinkende.
Wy laten nu anstfi de lesterwSrde, de se
mehr plegen to bringen, uncle antwerden hyr-
up. War kone wy darumme dohn, dat dit sacra-
mente mennichvaldich dorch etlike mit unvor-
stande, dorch andere mit mfitwillen misgebruket
is wedder den bevehl Christi, schal darumme
Christus wSrt unde bevehl, dar sick de jungere
des evangelii an holden, nicht wahr syn7 Wy
fragen ock nicht na den mynschengesetten unde
characteren, dar Gades wSrt unde bevehl nicht
van wet unde darumme ock de christenelove
dar nicht van kan holden, unde bekennen fry-
lick, dat nicht alleyne de papen, de in sunden
synt, sonder ock neyn mynsche, wen he ock so
hillich were alse Joannes Baptista, ja ock ne)m
engel uth deme hemmele uns kan maken hyr
imme sacramente dat lyff unde blur Christi
unde volget denne noch nicht daruth: Nemand
kan maken dat lyff unde blur Christi, darumme
hebbe gy nicht syn lyff unde blur to eten trade
to drinken imme sacramente. Wente wy kSnen
noch wol dar dat lyff unde blur Christi hebben
to eten unde to drinken, wen ock unse prester
edder predicante eyn heymelick Judas were;
e)men apenbaren, de uns dat evangelion vor-
keren wolde edder eyn schandlevent anrichten,
wille wy nicht liden.
Wo geyt id denne to? Christus rest hyr sul-
vest mit syneme wSrde unde bevehle syn lyff
unde blur maken, sus konde he)me creature noch
imme hemmele noch up der erden Christus lyff
-,6 Vgl. Zwingli, Ueber Dokt. M. Luthers Buch,
Bekenntnis genannt; Schuler-Schulthel IIb,
S. 118, 122 (Abschlul des Druckes vermutlich
bald nach dem 6. Aug. 1528, vgl. W. Kbhler,
Zwingli u. Luther, 1. Bd., Quellen u. Forschun-
gen z Reformationsgesch. VI, 1924, S. 647).
416
Kirchenordnung 1528
unde blut maken, dewile he ock dat nemande
bevalen hefft. Christus gifft uns hyr sulvest seyn
lyff unde blut. XVente he secht nicht: Maker
myn lyff unde blur, sonder: Nemet hen unde
etet, dit is myn lyff etc. Drinker, dit is myn
blur etc. XVat rede is, dat darf me nicht
maken Christus bevehl, so wy deme 15ven,
maket, dat dat brSt uns sy dat lyff unde de
drank dat blur Christi, to eten unde to drinken
to syner gedechtnissen.
Alse wy nu de apenbare predige unseme
predicanten imme namen Christi bevehlen vohr-
todragen den, de se hSren willen, wo me dar
deme evangelio 15vet, hefft me ock gewisse,
alse Gades wSrt secht. Also ock bevehle wy
demesulvigen predicanten, dit vSrt Gades, dat is,
den bevehl Christi vamme sacramente neven
deme brode untie wyne den, de dar eten unde
drtaken willen, vohrtodragen. Dat se uth den
xvSrden untie bevehle Christi mogen h6ren unde
weten, war se dar salichliken 15ven unde dohn
scholen War se dar 16yen, dat hebben se ge-
wislick alse dat lyff unde blur Christi, de love
feylet nicht, wente he steyt up deme klaren
unde apenbaren wSrde Christi: Dit is myn lyff,
dit is myn blur
Sulke ordeninge to holden, lerede Paulus den
Corinthern unde allen gemeynen Christi, alse he
scrifft [1. K 11, 23 ff.]: Ick hebbe id vamme
Heren entfangen, dat ick ju gegeven edder
geleret hebbe, dat de Here Jesus Christus
in der nacht, don he vorraden ward, ham dat
brSd etc., unde he beslut daruth, dat wy dar
eten dat lyff unde drinken dat blur Christi,
darumme schole wy nicht unwerdich dat
entfangen, unde secht: Itaque quicunque etc.,
dat is: Darumme dat ick gesecht hebbe, dat
Christ-us gespraken hebbe van disseme brode:
dit brot is myn lyff, unde van disseme kelke:
disse kelck edger drank is myn blur, we un-
werdigen nicht van ey-neme slichten, sonder
van disseme brotie des Heren eth unde unwer-
digen nicht uth eyneme gemeynen kelke, sonder
uth deme kelke des Heren drinker, de wert
schuldich nicht amine brode unde vyne, sonder
amine live unde blude des Heren. De mynsche
overs prSve sick sulvest unde also ethe he nicht
van eyneme gemeynen brode, sonder van deme
brode des Heren, van welkeme de Here secht:
dit is myn lyff, dat vor ju gebraken wert, unde
drinke also nicht uth eyneme gemeynen kelke,
sonder uth deme kelke des Heren, van xvelkeme
de Here secht, disse kelck is eyn nye testament
in myneme blude etc. Wente we unwerdigen eth
unde drinket, de eth unde drinker sick sulvest
dat gerichte edder vordSmenisse, dat is, he
sundiget grofflick unde strafflick darmede, dat
he nicht underscheydet dat lyff des Heren. he
wet wol unde bekennet, dat id sy dat lyff des
Heren, vente he hSret, dat Christus secht: Dit is
myn lyff, noch geyt he darto unde achtet noch
des lives Christi noch syner salicheit mehr, wen
efft he sus rSkelose to eyner andern spise ginge,
alse etlike Corinthere detien, wo tovorn gesecht
is, alse noch etlike dohn, besondergen de 5ren
eroom unde sunde nicht vorlaten willen na er-
kanten warheit unde angebadener gnade. Van
sxvacklSvigen unde brekeliken brStieren edder
junger Christi segge vy nicht, wente de willen
so nicht bliven, sonder 5res feyls gerne 15s syn,
de hSren ock to disseme sacramente, wa sxvack
unde brekelick se ock synt.
Etlike vorstin dat wort Pauli also, dat de
nicht underscheyden dat lyff des Heren, de
nicht 15ven, dat dar umme des xvSrdes Christi
willen dat brSt sy dat lyff Christi. Dat de nicht
underscheyden dat lyff Christi, is wehrlick
vahr, xvo scholden se id van andern spise imme
herren afscheyden, wen se nicht 15ven, dat id
dar sy, unde hebben id ock darumme nicht
Overs vat hebben sulke vorlSkers mit unseme
sacramente to dohn? Lit se slicht brSt eten
unde slichten xvyn drinken, flat sacramente, dat
uns Christus gegeve unde bevalen hefft, hebben
se nicht; unde Paulus na sulker meyninge, dat
is, ven he wolde gesecht hebben, van den vor-
15kers des lives unde bludes Christi imme sacra-
mente, so hedde he mit anderen wSrden redet.
Nu steyt overs dar also: he underscheidet
nicht dat lyff Christi Dat is jo so vele: he 15vet,
dat dar sy dat lyff Christi umme des wbrdes
willen Christi, darumme is em ock dar dat lift
417
Kirchenordnung 1528
Noch wolden de Christene Corinthere sulke
grave ergernisse entschuldigen mit der christ-
liken fryheit, dat se sulks nicht eten unde driino
ken alse eyr gotzenopfer, sonder alse eyne gude
creature Gades, de Got to eten unde to drinken
geschapen hefft, alse Paulus sulvest leret 1. Ti-
mot 4 [4] unde secht ock in disseme 5rde, dat
is 1. Corinth. 10 [27], dat me m6ge eten allent,
war vohrgesettet weft. id sy geoffert edder
nicht geoffert den afgSde, s anders des offers
nicht gedacht wert. Dat is jo alles recht in sick,
overs sulke (ire meyninge vorstunden de heydene
nicht, sonder meyneden, dat de Christene dar-
mede ock 5re afgSde ereden unde priseden unde
dat se sulk helden vor eynen rechten gades-
denst, welk doch was eyn denst der drivelen.
Desgeliken vorstunden sulks ock nicht de swa-
ken Christene, de dardorch sere geergert wur-
den, unde etlike vSren to unde eten ock deme
exempele ha, doch wedder 5re conscientie, unde
wurden so vorvSret tor sunde uncle vordSme-
nisse de swacklSvigen brSder dorch den mis-
bruck der christliken fryheit, vor welke brSdere
doch Christus syn drire blut vorgaten hedde,
unde me wolde doch nicht darmede christlike
fryheit beschermen, sunder den olden schalk
smucken to hoveren den geweldigen heydenen,
dat me nicht darfte bekennen Christum unde
syn evangelion, alse noch vele dinges desge-
likert schtit.
Sulk straffet Paulus scherp in desseme 5rde
unde tovoren imme 8. capitele [1. K 8, 7 ff.] mit
deme stucke hebben de hilgen apostole moye
gehat, alse ock Joannes hindene an syne epi-
stole scrifft [1. Joh 5, 21]: Kyderken, hodet ju
jo vor den afgSderen. Amen.
So secht nu Paulus: Dewile wy eyn koke
unde eyrie selschop synt, wente wy alle eynes
brodes dehlhaftich synt, welk brSt is de gemeyn-
schop des lives Christi, van welkeme brode
Christus secht: Dit is myn lyff, so schole wy
uns jo nicht uth unser selschop dehlen unde
gin van deme brode, dat Christus lyff is, tome
brode, dat den drivelen geoffert is
Unde wowol desulvige vorstand blifft, so
scholde me doch dissen text van rechte so lesen:
Quoniam unus panis (scilicet est, quem frangi-
mus) nos multi sumus unum corpus, quia omnis
ex uno pane (quem frangimus) participamus, dat
is: Wente eyn brSt is id (dat wy breken edder
mank uns 5ea uthdelen) unde wy vele synt eyn
lyff edder eyrte selschop, darumme dat xvy alle
eynes brodes dehlhaftich synt. Eyries brodes,
secht he, welks7 Dat wy breken, dar Christus
van secht: Dit is myn lyff, dat vor ju gebraken
wert Wy synt alle eyn lyff nach unseme ge-
richte, wy holden uns alle under eynander vor
eyrie christlike vorsammelinge, darumme dat
wy alle gelick tome sacramente gn, wowol
nach Gades gerichte etlike in dat lyff edder
vorsammelinge Christi nicht hSren umme jegen-
werdiges ungeloven unde mutwilliger sunde wil-
len, welke unxverdich eten une drinken dat
liff unde blur Christi, welk se 15yen to syn imme
sacramente umme tier w(irde willen Christi.
Sulk eyn love is overs nich genSch tor sa-
licheit, welken ock wol de drivel hebben kan.
De tovorsicbt up Christus blut unde dSt is eyn
gelove, den alleyne de rechten Christene hebben,
ane welken blifft eyn m3nsche unlSvich unde
kan Gade nicht behagen, ven he ock andere
dink 15vet, de de drivel ock wol 15yen kan.
Wy m6ten hyr in disseme levende eyne uth-
wendige ecclesiam edder corpus, dat is in allen
6rden, xv6r Christene tosamende wanen, eyne
vorsammeltnge edder gemeyre edder lyff edder
selschop under eynander mank uns hebben,
scholden ock heymelike Judase mank uns syn
unde kaff 57 mank deme k6rne. Van sulkeme
uthwendigen live edder selschop secht hyr Pau-
lus: Wy alle synt eyn lyff, in welken etlike
wol unwerdich konen eten unde drinken dat liff
unde blur Christi imme sacramente, wente de
wy staden tome sacramente, de synt uthwendich
in nostra communione, in unser gemeynschop
edder selschop, wente nach unseme gerichte
holde wy se vor from, welk vol mit etliken
vor Gade anders roach syn, dat se vor Gade
5c'a ,,uns" fehlt in der Druckvorlage
.-,7 = Spreu
5z" 419
Kirchenordnung 1528
secht, unde dohn, wat he gebut. Darmede is id
alles recht unde wol uthgerichtet, alse tovoren
gesecht is. Wy 15ven, dat dat brSt Christi nach
syneme wSrde sy dat lyff Christi unde de kelk
dat blut, trade dat he uns also hefft bevalen,
wen wy darumme tosamende kamen, to eten syn
lyff unde to drinken syn blut, unde nicht be-
valen, to eten slicht brSt unde to drinken
slichten wyn, 15yen overs ock darby, dat sulk
etent synes lives unde drinkent synes bludes
van uns schehen schal to syner gedechtnisse,
dat is, dat wy darby vorkundigen scholen den
dSt des Heren, alse tovoren gesecht is.
Also hefft uns Christus bevalen, syn lyff unde
blut to entfangen imme sacramente, unde nicht
bevalen, syn lyff unde blut to maken. Syn be-
vehl is de rechte consecratie, dat hSre ick
unde neme id an. Christus secht: Nemet, etet,
so neme ick unde ete. Nemet, drinket, so
neme ick unde drinke. Sulk doet to myner
gedechtnisse, so vorkun'dige ick unde hSre vor-
kundigen in disser vorsammelinge, in disseme
convivio den dSt Christi, dat he syn blut or-
gaten hefft to vorgevinge der stmden, dat ick
unde myne selschop vorstan unde bekennen, dat
wy tot salicheit tins darup scholen vorlaten
trade nicht up mynschlike rechticheit, alse de
werkhilgen dSn wedder den christliken loven.
Disse dink alle, alse eten, drinken unde des
Heren Christi gedenken, kone wy dohn unde uth-
richten. Dat overs dat brSt, dat ick eten schal,
y syn lyff unde de kelk, den ick drinken
schal, sy syn blut, dat wert Christus sulvest wol
uthrichten. He maket sulvest mit syneme be-
vehle, dat dat brSt sy syn lyff unde de kelk
syn blur. He bevehlet, ick schal dar eten syn
lyff unde drinken syn blur unde gedenken syner.
Etert dat br6t unde drinken den vyn unde
syner gedenken kan ick vol alse eyn gehor-
sam junger Christi, dat dat brSt overs, dat
ick eten schal, uns sy dat lyff Christi, unde de
wyn, dert ick drinken schal, uns sy dat blur
Christi, dar wert Christus sulvest wol up sehn,
syn bevehl wert uns nicht bedregen edder vohr-
legen, mit welkeme bevehle he secht: Nemet,
etet, dit is myn lyff, nemet, drinket, dit is myn
blut, dat is: Nemet, etet myn lyff, 15vende, dat
dit sichtlike brSt, dat ick ju reke, sy nach
myneme wSrde myn lyff. Nemet, drinket myn
blut, 15vende, dat disse sichtlike drank, den ick
ju schenke, sy nach myneme vSrde myn blut.
Hyrumme twivele wy nicht, wen wy tosamen-
de kamen to disseme bevehle Christi, to eten
unde to drinken to syner gedechtnissen unde
15ven, dat syne wSrde: dit is myn lyff, dit
is myn blut, wahr synt, dat wy warhaftich dar
in unser gemeyne hebben dat lyff unde blut
Christi to eten unde to drinken in disseme
sacramente. Alse wy hyr 15ven, so hebbe wy,
id is neyn bylove, darumme dat Christus klare
unde apenbare wort sulken loven dar vordert.
Eyn jewelick overs sehe wol to unde prSve
sick sulvest, dat he des lives unde bludes Christi
imme sacramente rechte bruke nach Christus
bevehle. Wente dat wy jo nicht twivelen schol-
den in unser gemeyne mank den jungeren
Christi, so let Christus syn lyff eten unde syn
blut drinken imme sacramente ock de tmwer-
digen jungere tot vordSmenisse, so se sick nicht
darna bekennen unde beteren. Schadet id nicht
deme live Christi, ven id de framen jungere
eten, so schadet id em ock nicht, wen id un-
richtige jungere eten. Dat xvere overs Christo
eyn schade unde schande, wen syn wort unde
bevehl nicht scholde wahr edder recht syn
Alse ock Got bevalen hefft, dat syne eddele
sunne schal upgin over de guden unde over
de b6sen [Mt 5, 45], dat bevehl m6t gin unde
wahr syn unde schadet der sunnen nicht, dat
se up eynen schalk schine edder in eyne dreck-
kule.
Dat lyff Christi is unlidelick uncle weft in
disser sacramentesetinge nicht in den pot ge-
howen edder mit den tenen toreten 60 edder
mit deme buke vorteret, sonder id is myste-
-um fidei, dat is, eyn sacramente edder vor-
6o Vgl. Luther, Vom Abendmahl Christi, Be-
kenntnis. 1528, WA 26, S. 367.
421
Braunschweig
borgen dmk des loven. Mynschendanken gelden
hyr ganz nichts De love vorsteyt sick alleyne
up disse sake nach allerne lude der wbrden Chri-
sti. Dat dar sy dat lyff unde blur Christi, darto
is genbch, dat wy 16yen, dat disse worde wahr
syn: Dit is rnyn lyff, dit is rnyn blur. Dat wy
id overs rechte bruken tor salicheit, darto hbret,
dat wy lbven, dat is, uns vorlaten unde mit
deme herren toversicht hebben up den dbt
Christi etc.
Dat overs gesecht is, dat wy hyr dohn, war
wy konen, dat andere mbt Christus sulvest dohn.
Wy konen eten unde drinken, dat id overs syn
lyff schal syn, dat vy eten, unde syn blut, dat
wy drinken, dat draper de varheit an synes
wordes unde bevehles Dat geschtit ock in allen
mirakelen, de Got den mynschen bevehlet to
dohn, worurnrne volde wy denne txvivelen
alleyne m disserne bevehle, dar he bevehlet,
vy scholen eten syn lyff unde drinken syn blur?
Eten unde drinken konen vy wol, syn bevehl
overs, dat wy eten scholen syn lyff unde drin-
ken sm blur, so xvy id lbven uncle annemen,
wert uns nicht feylen laten. Got bevehlet, xvat
de ltide to den mirakelen dohn konen, dat
rnirakel overs deyt he sulvest, doch dorch den
bevehl.
So lese xvy Exo. 17 [5 f.] unde Nurneri 20 [7 f.],
dat Got bevohl derne Mose, dat he scholde
vaterbeken uth derne steyne slain, dat was vol
so xvunderlick alse dat uns Christus bevehlet
vamme sacramente, dat wy dar scholen eten
syn lyff unde drinken svn blut. He bevohl,
dat Moses scholde nernen de rbde edder stock
in syne hand unde gin mit deme volke henuth
unde reden to deme steme, dat id dat yolk
anhorede, uncle slain rnit dern stocke up den
steyn. Dat alle synt werke, de ock wol eyn
ander gedin hedde ane Gades bevehl, he hedde
overs nichts uthgerichtet. De,vile overs Got
bevalen hedde, dat he so scholde water uth
deme steyne bringen, so rnoste Got syn wort
nicht to lbgene laten xverden. Moses dede,
xvat he konde nach Gades bevehle, unde Gades
bevehl gaff water uth derne steyne, de xverke
schineden nerrisch alse in disserne sacrarnente
unse etent unde drinkent; de bevehl Gades overs
gaff dar water uth deme steyne alse hyr
lat lyff unde blur Christi Got rnbt by synerne
bevehle syn, wor id wert angenarnen, alse hIoses
id annam, alse darsulvest ock Got tosecht:
Sich, ick wil dar by dy stin up derne steyne
Horeb.
So ock Christus, alse gescreven steyt Joan. 9
[6 f.], don he deme blindgebaren de steden der
ogenen, so nerrisch alse id schynet, besrneret
hedde, gaff he ern eynen gotliken bevehl unde
sprack: Ga hen unde wassche dick uth derne
dike Siloha! Worumrne7 Sunder tvivel, dat
du sehende xverst, vo scholde he id anders
vorstin7 Henne gin konde he wol unde sick
wasschen, wen overs Christus bevehl nicht were
dar geweset, so xveren lange neyne ogene dar-
uth geworden Christus vas dar in synerne unde
by syneme bevehle alse ock hyr in syneme
aventrnale syner jungeren.
Ja, sechstu, sulk mochte ick 15yen van den
werdigen, alse Moses xvas unde de blindge-
baren. War segge wy van den unwerdigen?
Antvert: \Verdich edder umverdich, syn vbrt
unde bevehl, so deme gelSvet wert, dat id wahr
sy, rnot nicht toschanden werden. Des nyrn eyn
exempel van den teyn uthsetischen, den sede
Christus [Luk 17, 14]: Git hen unde viset ju
den presteren! Worurnrne7 Sunder twivel, dat
se up deme wege scholden reyne werden unde
wisen den jbdeschen presteren 5re reynicheit.
Anders konden se, ock scholden nicht disse
wbrde vorstin, se nernen se ock so an nach derne
sette, Levitici 14 [1--32] bescreven, dat de pre-
ster schal richten, xven eyn uthsetische rnynsche
is reyn geworden, efft he ock rechte reyn ge-
xvorden sy, dat rne en rnbge wedder in de
gemeyne rnank dat yolk staden, denne schal
he geven syn offer, alse dar Moses gebaden
hefft etc. Nu konden disse teyne wol hengin,
se konden sick ock wol visen den presteren,
dat se overs scholden reyne werden, rnoste
Christus kraft unde bevehl uthrichten. Hedden
se den bevehl Christi vorachtet, so weren se
nlcht reyne worden, doch sstu dar, dat negene
synt unwerdich geweset, de ock Christus schel-
422
Braunschweig
Wy eten Christus xvare lyff unde drinken syn
ware blut imme sacramente, xvente syn wSrt
secht unde bevehlet also, dat de love nicht
txvivelen kan, dat dar sy clat lyff Christi unde
blur umme Christus xvSrdes willen, wo id overs
da sy, weten alle synne nicht, kan ock neyne
mynschlike vornunft vorstan edder begripen.
De oren vaten dat xvSrt, unde dat herte 15vet
id, alse wy 15yen nach Gades apenbaren wSrde,
so hebbe wy.
Wen xvy sulks xvusten, so darfte wy nicht
vele unnutter fragen maken, efft ock eyne mils
ere dat lyff Christi, wen se tome sacramente
kumpt unde der fragen mehr, Christus hefft dit
sacramente synen jungeren gegeven unde nicht
den mfisen; de mils hebben mit syneme wSrde
unde bevehle nicht to dohn. Christus is by
syneme xvorde unde bevehle, he xvet xvol, xveme
unde worto he dit sacramente gegeven hefft.
Dat is nu genSch int erste gesecht xvedder
de vorlScheners des lives unde bludes Christi
in dissem sacramente.
Tome anderen: De nu gelSven, dat Christus
xvare lyff unde blur sy imme sacramente umme
syner wSrde xvillen: dit is myn lyff, dit is m
blur, de sehn recht to alse jungere Christi, dat
se id rechte nach syneme bevehle bruken, dat
uns nicht unse gnedigeste Here Jesus Christus
mSge schelden vor bose jungere und untrfixve
-knechte, xven wy nalaten by disseme sacra-
mente, war he uns bevalen hefft, edder dohn
darmede, war he nicht bevalen hefft, unde
mochte seggen to uns: Ick hebbe nicht eyn
sacramente bevalen, dar me also mede scholde
handelen. Daruth werstu sehn den griiweliken mis-
bruck disses sacramentes, sus lange geholden.
Christus hefft hyr syn lyff unde blur bevalen
syneme jungeren to eten unde to drinken to
syner gedechtnisse. War he bevalen hefft, dat
schole xvy dohn unde nemen van syneme be-
vehle nichts aff, dohn ock nichts darto, dat
syneme bevehle mochte entgegen syn
Lichte, albert 62 unde caselen 63, de wy sus
gerne darby bruken edder andern swacklSvigen
to willen, breken deme bevehle Christi nichts aff,
alse ock nicht darto schadet, dat eyn tome sacra-
mente geyt imme roden rocke, eyn ander imme
schwarten. Sulk helper nicht darto, schadet ock
nicht darto. Dat is overs wedder den bevehl
Christi, wen me sick nicht vorlet up den dSt
unde blur Christi edder wen me nicht eth unde
drinket to syner gedechtnisse, sonder me maker
anders war daruth alse navolget.
Tome drudden: De misbruken des lives unde
bludes Christi imme sacramente unde nemen id
unwerdich, de nicht 15yen, dat is, mit deme
herren sick nicht darup vorlaten, dat Christus
syn lyff vor uns in den dSt gegeven hefft unde
syn blut imme krfitze to vorgevinge unser
sunden vorgaten hefft, dat dohn by uns alle
xverkhilligen, de sick vorlaten up mynschentand
unde ertichtede hillicheit der dinge, de Got nicht
bevalen hefft, unde laten dewile den namen
deme dode unde blude Christi, de kraft overs
rekenen se to 5ren xverken unde vordenste: van
5reme erdichten gadesenste secht Christus
.Matt 15 [9]: Frustra colunt me etc. unde Matthi.
23 [14]: Comeditis domos viduarum praetextu
longe orationis etc., alse dat nu in der werlt
nemand is, de so sere dat evangelion, welk
uns den dSt unde blut Christi vorkundiget, hate
unde vorvolge. Se konden wol liden, dat wy
ock predigeden unde predigen leren vamme
dode unde blude Christi, se wolden overs, dat
me darmede ock bliven scholde laten 5re van
sche lere, darmede se 5re erdichtede handwerk
nSdich maken tor vorgevinge der sunden unde to
vordenen dat erve Gades, welk de kyndere
nicht vordenen, sonder id hSret en, unde sulk
dohn se umme 5rer ere villen unde dat deme
groten gade buke nicht afgebraken xverde edder
jo sus uth mStwillen unde vorstockeder blind-
heir, se stoppen 5ren unde ogene to, alse de
phariseyer unde scriftgelerden deden nach der
e- Albe lange xvei/3e Tunika, liturg. Gexvand
hSherer Kleriker
ca _--priesterliches hIefigexvand, in den Farben
nach den Zeiten des Kirchenjahres wechselnd
424
Kirchenordnung 1528
prophetien Esa. 6 [10]. Sulke willen allermeyst
mit disseme sacramente handelen. War hebben
se doch to schaffen mit disseme sacramente?
Christus imme bevehle disses sacramentes
viset uns davup, dat he syn liff vor uns in den
dt gegeven hefft unde syn blut imme krfitze
vor uns vorgaten to vorgevinge der sunden unde
spreckt klr, dat wy scholen eten unde drinken
to syner gedechtnissen, dat is, wy scholen vor-
kundigen synen dt. Sulken loven unde sulke
vorkundinge, dewile 5re ere unde vule hillicheit
darmede weft neddergelecht, haten se unde vor-
volgen uppet allerhSgeste. Wente se hebben
mehr lyff de ere der mynschen wen de ere
Gades, se konen gotliker warheit unde der
predigen des loven nicht rhfim geven, se ver-
den overs an deme ecksteyne Christo dat hSvet
entwey lopen. War willen se doch mit disseme
sacramente dohn7 De bevehl Christi hret den
jungern Christi to, de sick vorlaten up Christus
dt unde blur unde nicht up monniketand unde
vnynschenlere edder rechticheit, dardorch de
vorkundinge des dodes Christi vert vorhindert
unde to 15yen gewehret.
Dit segge wy wedder de mutwilligen, de fre-
velich wedder dat evangelion Christi ronnen
Beth hehr in unwetenheit hefft Christus vele
mit uns vordulden kont, wSrmede willen sick
nu de mutwilligen beschermen vor Gade.
SvacklSvige overs, de noch hengen mit deme
herren an etliken werken unde willen sick doch
gerne leren laten mit deme evangelio, der
schole wy uns annemen alse unser leven brode-
ren unde ergeren se nicht, de hSren mit uns
to disseme sacramente etc.
Andere willen wol nicht anders hSren ven
dat evangelion, se beteren sick overs nicht
daruth, sonder werden wilde unde rSkelSs 64
5rer salicheit. Daruth denne etlike van vor-
drete des evangelii unde van begerte nyer vfinde
vallen up danken unde opinien unde maken
sekten unde partyen mank den jungeren Christi,
dewile se nicht konen bliven up der reynen lere
des evangelii, welk leret den loven in Christum,
leve unde geduld jegen alle mynschen, to holden
slichten an Gades w6rde wedder alle mynschen-
lere unde gedanken.
Etlike vallen in apenbare sunden unde schan-
den edder sulke ergernisse, dar andere mede
vorv6ret werden tor vord6menisse, alse disse
stucke alle tovorn gesecht synt van den Co-
rintheren, de unwerdich eten unde drfinken dat
aventmil Christi.
Disse lfide weten wol unde 16ven vol, dat
id vahr sy unde neyne valsche lere, dat Chri-
stus lyff vor se in den d6t gegeven is unde syn
blur imme krutze tor vorgevinge der sunden
vor se vorgaten, darumme konen se ock vele
darvan seggen, lesen unde scriven; wen overs
de rechte christlike love dar were, dat is, wen
se mit deme herren sick darup vorleten, so
wurden se xvol darto gedenken unde Got an-
ropen, dat se beter Christene mochten xverden.
Wente rides christiana, dat is, christenelove
her nicht alleyne, dat ick 16ve, dat id wahr sy,
dat h6ret jo ock darto, sonder dat ick my mit
deme herren vorlate up datjene, dat my van Chri-
sto edder dorch Christum imme evangelio wert
togesecht, dat also rifles christiana {velken uns
Christus unde de apostele prisen, dat wy dar-
dorch hebben vorgevinge der sunden unde synt
kyndere unde erven Gades) her egentlick fidu-
cia in Christum vel fiducia in Patris Dei be-
nignitatem per Christum, dat is eyne tovorsicht,
edder dat me sick vorlet up Christum, edder
eyne tovorsichtup de gnade unde bermherticheit
Gades, unses leven Vaders, umme Christus xvil-
len, dewile he uns geschenket is unde so vele
umme uns gedn hefft. We sulk eynen loven be-
ginner to krigen dorch den hilgen Geyst, velk
en alleyne m6t geven, deme luster nicht to
schwermen, weft ock nicht seggen: Ergo pecca-
bimus, ut gwatia abundet, Born. 6 [1].
Tome vehrden: Christus spreckt: Nemet hen
unde etet Nemet hen unde drinker alle dar-
uth. \Vy synt nicht bedvungen, dat sacramende
stedes to nemen, dewile id Christus uns bevalen
hefft, so vakene wy villen, so verne vy id nicht
64 ruchlos, d. h. gleichgfiltig gegen
425
Braunschweig
meyninge stemmet tosamende mit deme bevehle
Christi, de secht, dat me sulk dohn schal to
syner gedechtnisse. XVen me des wSrdes sacrifi-
cium nicht misbruken wil, so schadet id nicht
in sulker meyninge, de recht is. Etlike hebben
ock sacrificium genSmet dat brSt unde wyn,
dat de Christene tosamende drSgen, wen se
wolden holden des Heren aventmil, darvan de
gewanheit noch is, dat me dat brSt, welk me
plecht to bruken tome sacramente, nSmet ob-
laten unde hostien, dat is, offere.
De olden doctores overs unde de Christene
by 5ren tiden nSmeden dit sacramente eyn
sacrificium, dat is eyn offer, welk se vorstun-
den eyne gedechtnisse des offers Christi imme
kratze, nicht wen eyn prester vor dat altar
gink unde ath uncle drank alleyne und let de
anderen tosehn, sonder wen de Chrzstene to-
samende quemen unde eten dar unde drunken,
alse Christus bevalen hedde. So plach me done
dat sacramente to bruken und nicht so groff
misbruken alse nu. Ock vorbSth me done nicht
den leyen den kelk des Heren, ja id wart vor
erdom gerekent unde vor sulke sunde, dat me
den vorbeden scholde dat sacramente, de sick
vamme kelke wolden entholden, alse me noch
lesen roach: De consecratione, distin, secun, capi.
Comperimus 74
So hebben se 5re sacrificium vorstn nach
5rer egenen scriften bekentnisse, welk sick rimet
mit deme bevehle Christi, sus scholde. (ire scrift
nichts gelden, und so etlike 5rer scrifte wurden
bevunden hyr wedder, so scholen se nichts gel-
den, wen ock eyn engel uth deme hemmele
screve unde predigede wedder den bevehl Chri-
sti, alse Paulus darf seggen vamme evangelio
Gala. 1 [8]
Wente wy synt nicht gebawet up disse edder
jene doctores, dar hebben gude Christene ge-
xveset, ehr de doctores gebaren wurden, sunder
xvy synt gebuwet, darup alle bilge doctores unde
alle Christene gebuwet scholen syn, up dat fun-
dament der propheten unde apostelen, Ephe. 2
[20], welk fundament is Christus Jesus, 1. Corin.3
[11], den schole wy hSren, Matth. 17 [5], up den
hebben de propheten unde apostele mit 5rer lere
gebuwet nach Gades bevehle, des synt wy ge-
wis, wedder Christus uthgedruckede wSrt unde
wedder de apenbare lere der propheten unde
apostelen neme wy neyne lere an tier mynschen,
se syn hillich edder unhillich.
Hillige doctores hebben dat ock nicht begeret,
sonder mit 5ten scriften uns gewiset tot hilgen
scrift mit bekentnisse, dat (ire meyninge nicht
scholde gelden, wSr se bevunden wurde, dat de
hilge scrift anders sede, welk Augustinus mehr
wen eynmil in synen scriften bekant hefft ;5,
welk ock de warheit wedder alle mutwillige
fordert, wente wedder Gades wSrt schole wy
nemande 15yen.
Poltergeyste, welke nicht anders wen davele
synt geweset, alse amine dage is, hebben uns
vele selemissen gemaket, de uns mit Gades
worde nicht bevalen synt. Ja, se synt wedder
Gades wSrt darumme, dat me hefft geleret, dat
sacramente werde vor de selen geoffert. Mit
weiken wSrden hefft dat Christus van disseme
sacramente bevalen 7
We by sick sulvest vor de doden bidden wil,
deme wille wy id nicht vorbeden, he gedenke
overs, dat he sulkes nicht vohrneme to bescher-
men darumme, dat id uns van Gade nicht be-
valen is, welk ock de orsake is, dat id van
rechte in der kerken apenbar nicht schehen
schal, dewile dat me dar nichts armemen schal,
wy hebben denne apenbar bevehl van Gade
Dat vele lade, ja ock etlike bilge, alse Gre-
gorius, den poltergeysten 76 15vet hebben unde
balde vor wahr gescreven, wat se van anderen
laden hSreden, dat hefft vele ungeluckes maket
in disseme stucke unde is doch unrecht wedder
Gades gebot. XVente Got hefft vorbaden, dat me
van dode neyne warheit fragen edder ock an-
nemen schal, Deut. 18 [11], Esa. 8 [19], vat nu
; Decr. Grat. III, dist. II, c. 12; Friedberg I,
S. 1318.
;5 z. B. Contr. litt. Pet. III, 6, 7; _MSL 43, 351.
CSEL 52, 168.- De gL'atia Christi c. Pelag.
43, 47; MSL 44, 381.
76 Vgl. z. B. Dial. lII, 30; .ISL 77, 288 f.
428
Kirchenordnung 1528
sibi rnanducat et bibit: We unwerdich eth unde
drinker, de eth unde drinket sick sulvest, unde
nicht den anderen, dat richte. Daruth ock klir
is: We werdich eth uncle drinker, de eth unde
drinket sick sulvest, unde nicht den andern, de
salicheit.
Hefft Christus den leyen nicht gegeven den
kelk imme letsten aventmale, so hefft he en ock
nicht gegeven dat brSt, wente he hefft jo in
syneme bevehle neyn underscheyt gemaket, ock
nicht up eyn andermil dat sacramente gegeven
Hebben se neyn ander bevehl wen Christus be-
valen hefft varnme sacramente imme letsten
aventrnale, so sxvigen se men stille, rne wil nu
nicht rnehr kikelkakel hSren, sonder Gades klare
uthgedruckee wSrt. Christus hefft bevalen, alse
ock de apostele geleret hebben unde de Chri-
stene nach der apostele lere geholden: Nernet,
etet; nemet, drinker alle daruth. Tratz deme
vortwivelden kettere, de hyr wedder gude grunt
der warheit schal bew':sen. Eyn gut convivium
scholde id syn. dar rne ethe unde nicht drunke,
dar de knechte dat drinkent den gesten vol-
den vorbeden unde de wert hedde id doch be-
valen to geven unde to nemen.
Darurnrne sundigen de papen noch gr6ver in
disseme stucke als imme anderen misbruke,
wente hyr vorbeden se unvorschernet ane ent-
schuldinge uth mutwillen, war Christus gebaden
unde bevalen hefft. Christus secht: drinker uth
deme kelke. Se seggen: drinkt nicht, de is eyn
ketter, de daruth drinken wil, wen he ock nicht
drunke. Is dat nicht eyn grtiwelick frevel unde
miitwille wedder den bevehl Christi, wedder de
lere der apostelen, wedder den gebruck der
olden Christenen ane alle Gades w6rt?
Dat se overs vele vehrlicheit hyruth maken,
is eyrie narrye. Christus is wol so kltick gewe-
set alse se, dat se en nicht darven meysteren,
de olden Christene hebben van sulker rare nicht
gewust. Hyr is ganz neyne rare, wen du dat
sacrarnente wult oruken, alse Christus bevalen
hefft. Vare over unde vord6menisse is id, wen
du mutwillich anders lerest unde handelst.
Wen se denne sehn, dat se sick nicht be-
schermen konen wedder de warheit unde synt
doch so gotlose 10de, dat se der warheit nicht
wiken konen, scholden se ock ewich tome dtivele
varen, so bringen se eyne trefflike 6rsake vohr,
w6rurnme de leyen nicht scholen den kelk des
Heren drinken, dat rne schyr meynede, id were
6re ernst unde seggen: Wen de leyen dat blut
Christi uth derne kelke drunken, so mochten se
yn eynen groten erd6m kamen, dat se 15veden,
dat imme brode were dat lyff Christi ane blur
unde kan doch nicht syn, dat e-a levendich
lyff scholde syn ane blut, wen de leyen dat lyff
eten imme brode, so eten se rnit dat blur Christi.
So segge wy: Hans narre, wy weten ock xvol,
dat eynes mynschen levendige lyff, ja ock eyries
esels unde ossen, blur in sick hefft. Bustu overs
eyn junger Christi, so mostu Christus w6rt unde
bevehl nicht rneysteren edder breken mit dyner
vornunft. Alle vornuft unde rnynschlike vorstand
unde danke gelt hyr ganz nichts, alles steyt
hyr up Christus w6rde unde bevehle.
Christus hefft uns eyn sacramente gegeven,
dat is eyn heymelick vorborgen dink, welk
alleyne de love begript uth synerne w6rde, imme
welkeme sacramente uns dat brot is dat lyff
Christi to etende unde de xvyn dat blur to drin-
kende, dar twivele wy nicht anne, wente syn
w6rt kan nicht legen, wo id overs togeyt, dat
dat br6t sy syn lyff unde de wyn syn blut unde
dat ick to sun:lergen syn lyff ere unde to sun-
dergen syn blur imme sacrarnente drinke, dat
kan neyne vornuft begripen, dat id overs wahr
sy unde geyt so to, dat vorsteyt de love wol uth
Christusw6rde, war Christus hyr secht unde
bevehlet, dat kone wy weten uth synem worde,
war he nicht secht, dat kan unde schal unde
darf nemand veten, wy hebben n6ch to dohn
rnit deme, dat uns bevalen is, dat wy nicht dar-
Yen rntt gotlosen danken ummegn wedder Ga-
des bevehl. Vornuft wet nichts van disseme
sacrarnente. Unde vele dinges is by dissen lets-
ten tiden bedacht alleyne to beschermen den
gotlosen rnisbruck des sacramentes unde to
vorbeden, war Christus bevalen hefft, alse ock
is dit stucke van kelke des Heren
Wen vornunft hyr gelden schal wedder Gades
w6rt, so wil ick ock balde mit der vornunft
431
Braunschweig
unde mynschlikerne vorstande hyrin plurnpen,
alse rneyster plump plecht to dohn, xven he sick
nicht up Gades wort kan vorstin unde seggen:
Is dat br6t dat lyff Christi, so wil daruth vol-
gen, wen dat brot in stucken wert tobraken,
dat dat lyff Christi ock wert tobraken, xvert id
in stucken tobraken, so wert id ged6det. Itern
wen id gegeten weft, so wert id vordorven, vor-
dower unde tonichte, alse uns ock de sacrarnen-
tesschendere lesteren, wen vornuft schal gel-
den in disser saken unde nicht slichtes Christus
v6rt unde bevehl, vormede wultu dick vehren
vedder sulke lesterlike ansprake? Noch kurnp-
stu hehr rnit dyner vornuft unde sechst: Eyn
levendich lyff is nicht ane blur, darurnme xven
rne dat liff irnrne brode hefft gegeten, so schal
rne nicht den kelk des Heren drinken. Hans
narre, darumrne dat dy so dr6met, schal ick
darurnrne Christus xvort unde bevehl vallen la-
ten? Doh dat wort Christi vech, so hastu nichts
varnrne sacrarnente. Deyt id overs hyr alles dat
vort unde bevehl Christi, so is id jo christlick,
dat du synerne bevehle navolgest unde nicht
dmen gotlosen danken.
Segge, worurnrne drinken den kelk de papen,
xven se dat br6t entfangen hebben? To eten
uncle to drinken synt alle Christene gelyck, wen
du wult war anders rnit derne sacrarnente uth-
richten wedder Christus bevehl, so sehe, wo du
d vor Gade vorantwerdest.
HSre to, du dulle vornuft, de du so gotlose
wult rneystern uncle voranderen Christus w6rt
unde bevehl, xvy willen alse jungere Christi dy wol
eynen anderen text lesen, so du den nicht wilt
h6ren, so schaltu gotlose bliven unde mit Christo
edder rnit synerne sacrarnente nicht to schaf-
fen hebben. Wy Iragen dar nicht ha, war du
gedenkest irnrne brode to syn, efft rne irnrne
brode nicht alleyne lyfflick ere dat lyff Christi,
sonder ock na dynen danken drinke dat blur
Christi. Christeneltide, de na Gades w6rde fra-
gen, konen sulke danken wol entberen.
\Vy fragen overs darna, wen Christus uns den
kelk anbut unde secht, de sichtlike wyn sy syn
blut, uncle bevehlet uns, dat xvy scholen alle
daruth drinken, rnit dissen worden: Drinket alle
daruth, disse kelk is rnyn blur. Efft id denne
christlick edder billich sy, dat eyn gotlose myn-
sche, he sy gr6t edder kleyn, segge: Neyn, drin-
ker nicht daruth, gy darven nicht, hebbe gy
doch syn blur gedrunken imme brode, unde wil
id also beter xveten, war wy hyr dohn scholen,
wen Christus sulvest, unde Christus m6t so eyn
narre syn, de sulk bevehlet, urnrne des unsinni-
gen koppes duller kluckheit willen. Ja, he darf
noch wol sulk vor ketterye schelden unde rnaket
also Christum to eyneme kettere unde syne
leven apostele unde de olden doctores unde alle
Christene, de geweset synt na Christ-us hern-
rnelvart over dusent jaren etc.
Wo steystu nu, du grave osse, is id nicht
arnrne dage, dat du hyr Gades xv6rt vorachtest
unde firlefanzest mit iosen danken, mit xvelken
du bewehren xxmlt, dat rne hyr nicht schal dohn,
unde dat id ketterye sy, war Christus uns gne-
dichliken bevehlet.
H6re noch mehr, wo Christus mit synerne be-
vehle unde w6rde stormet unde dunret xvedder
dyne larnen flanken. Christus secht: dit brot
is rnyn lyff, unde secht nicht: dit br6t is rnyn
lyff unde rnyn blut. Itern disse kelk is eyn nye
testarnente in rnynerne blude, edder dit is myn
blur, unde secht nicht: Dit is rnyn blur unde
rnyn lyff. Also dat dit wol rnach heten eyn sa-
crament edder rnysterion, dat is eyn vorborgen
dink unde unbegriplick, in den sichtliken dingen
der vornunft vorborgen Itern he secht varnrne
brode, dat syn lyff is: nernet, etet, unde secht
nicht: nernet, etet unde drinker van disserne
brode. He secht varnme dranke, de syn blur is:
Nernet, drinker, unde secht nicht: Nernet, drin-
ker unde etet van disseme dranke. De conco-
rnitantia, dar se van seggen, de lit gelden, so
vele alse se xvert is, du junger Christi, hebe
acht, war Christus hir secht unde bevehlet.
Sulken v6rden Christi hefft Paulus ock nagevol-
get unde gesecht: So vakene gy xverden eten dit
br6t unde drinken uth disseme kelke etc. unde
hefft stedes dat etent by dat brot unde dat
drinkent by den kelk gesettet, dat Christene
beyderleye dohn, eyn jevelick by sick nach
Christus bevehle. Darto secht Paulus irnrne vori-
432
Kirchenordmung 1528
scholen. Darumme synt ock tome letsten vele
ungelerder papen so bylSvesch geworden, dat
se nicht in dat bSck wolden sehn, sonder leten
sick maken sonderge breve, darinne stunden
verba consecrationis, unde buckeden deme brode
unde wyne schyr mit allen worden to 86, dat se
id jo wolden rechte drapen, unde wen se id so
nicht hedden gemaket, so makeden se eyrie
harde bicht darvan.
Augustinus overs in demesulvigen 5rde 87 dti-
det syne wSrde sulvest vele anders also: Hoc
fit faciente verbo non quia dicitur, sed quia
creditur, dat van den elementen sacramente
werden unde wy dar sunderge gnade unde sa-
licheit entfangen, dat geschtit dorch de kraft
des wSrdes nicht darumme, dat id gespraken
weft, sonder darumme, dat id gelbvet weft.
Schal id overs gelbvet werden van uns, so mbte
wy id hbren.
So holde me uns nicht vohr dat elemente ane
dat wbrt, wente sulk eyn elemente edder uth-
wendich dink hebbe wy wol ehr gesehn, me
holde uns dat wbrt unde bevehl Christi darby,
dat wy so dat mogen holden unde annemen
vor dat rechte sacramente, dat uns Christus
bevalen hefft to eten unde to drinken to syner
gedechtnisse. Worumme wiltu my nbdigen, dat
ick Gades wbrde lbven schal, wen ick Gades
wbrt nicht hbre unde du makest dar eyn silen-
tium van?
Besundergen by unsen tiden is id allermeyst
van nSden, flat wy dat bevehl Christi apenbar
laten hSren wedder de sacramentsschendere,
dat se uphbren van 5reme erdome, unde wedder
de papisten, dat se uphbren van 5reme schend-
liken misbruke. Dat bevehl Christi schendet se
van beyden siden unde steyt by uns, so wy
deme nakamen.
Uth der gedechtnisse, de Christus bevalen
hefft, kan me ock wol merken, dat nicht sick
eyn jewelick heymelick by sick eyn sunderich
aventmal anrichten schal. Wat woldestu den
dit Christi vorkundigen, wen nemand dar is, de
tohSre, edder de mit dy rede edder singe van
Christus dode? Darumme schal dit sacramente
apenbar gebruket werden, wor eyne christenege-
meyne is. Weme dar nicht is, edder dar dit sa-
cramente nicht gegeven wert, so late me sick
benSgen alleyne amine geystliken etende unde
drinkende, darvan tovoren gesecht is. De dit
sacramente overs hebben konen, scholen id nicht
vorachten, sonder vakene togan, alse ock ge-
secht is.
Tom achten volt uns eyne frage vohr, efft dat
ock eyn misbruck sy des sacramentes, wen ick
darby bun, dar dat sacramente recht na Chri-
stus bevehle gebruket vert, dat is dar commu-
nicanten synt, de dat sacramente willen eten
unde drinken etc., unde ick wil doch up dit
mil nicht eten unde drinken.
Antwert: Wen ick dat wolde stedes dohn, so
were id unrecht, unde ick hSve vedder an, vain-
me sacramente eyne papistische misse to maken,
dat ick men wolde tosehn unde sus mit deme
bevehle Christi nicht [to] schaffende hebben, sus
wen ick id nicht deme bevehle Christi to rot-
range doh, holde icl id nicht vor eynen mis-
brtick, sonder kan wol selichlick unde nutlik
darby syn mit sulker meyninge.
Ick hebbe orsake darto, vorumme ick up
dit mil nicht darto ga, wil doch up andere tide
gerne vakene darto gin na Christus bevehle, de
id my fry gelaten hefft, to entfangende so va-
kene alse ick vil.
Wandages mosten se dat sacramente nemeno
so vakene alse se tosamende in de kerke que-
men, alse steyt De consecratione dist 2: Perac-
taS8, unde dis. 1: Orrmes fidelesS9, edder me
dede se in den ban; sulk dwank is to vele ge-
weset, mynschenbade hebben done nerren kont
sowol alse nu; me lecht id dar den apostelen
to, dat se sulks gebaden hebben; me deyt en
s6--_ btickten sich zu dem Brot und Wein, vgl.
H. Lietzmm]n, K!.Texte 88, S. 121.
87 In Joannis evangelium, tcact. LXXX, 3; ,ISL
34, 1840.
s8 Decr. Grat. III, dist. II, c. 10; Friedberg I,
S. 1317.
89 Decr. Grat. III, dist. I, c. 62; Friedberg L
S. 1311.
54- 435
Braunschweig
tmrecht De apostele wusten wol, dat sulks Chri-
stus rnit gebaden to bestrickende nicht bevalen
hedde.
Wowol nu dat ick up dit rntil nicht darto ga,
so vorachte ick id doch nicht, unde wen neyne
cornrnunicanten dar weren, so scholde me urnrne
rnynes tosehndes willen nicht rnisse holden,
wente dar wil ick nicht by syn, dar dat sacra-
rnente nicht gebruket wert na Christ-us bevehle.
Dexvile overs ick bun, dar communicanten synt,
de des sacrarnentes recht bruken willen, so vele
alse minschen uth Christus bevehle richten ko-
hen, worumrne scholde ick nicht in der kerken
syn? Bun ick doch nicht eyn JSde edder heyden
edder uth myner gerneyne van rnynen christe-
nenbroderen vorbannen. Ick wil overs nicht
myck todrengen unde vorhinderlick syn den
cornrnunicanten, de sunderlick by deme altare
varnrne volke scholen afgescheydet syn, dartho
de chSre wol denen van oldes, ehr dat vele sin-
get upquam, dartho gernaket, sonder ick wil
stin, dar ick nemande hindere, unde kan ick dat
sacrarnente nicht sehn, so wil ick rny nicht be-
kumrneren darumrne, sonder wil id doch hfren,
wente dar hSre ick rnyne salicheit, dat ganze
evangelion, alse tovoren gesecht is, unde holde
ick up dit rnil rnit den comrnunicanten, dat is,
rnit rnynen leven broderen, de tome sacrarnente
gin, nicht de uthwendige comrnunicatio, dat is
de gerne3mschop edder sarnnptnetmge des sacra-
rnentes, so wil ick doch mit en holden de uth-
wendige cornrnemoratio, dat is, de gedechtnisse
odder vorkundinge des dodes des Heren, unde mit
en bekennen Christus blur, beden, singen, laven,
lesen unde predigen van der bermherticheit Ga-
des, unses leven Vaders, dorch Jesum Christum,
unsen Heren, vor uns in den dSt gegeven.
De cornrnemoratio, dat is, de gedechtnisse ed-
tier vorkundinge unde bekentnisse Christi unde
synes dodes schal stedes by den Christenen syn,
ock wen rne nicht geyt tome sacrarnente, war
wolden se beter predigen edder predigen hSren
edder undereynander bekennen unde sick vor-
rnanen ? Wo 15s 90 overs unde wo trich wy to tiden
darto werden, wuste Christus wol, darumme
richtede he uns so gr6t eyn sacrarnente tho,
darby de gedechtnisse wedder kreftich in unser
selschop anginge, alse by tuns id ock irnrne
swange geyt, wen wy des Sundages tosarnende
karnen.
Darumrne id ock nicht gut is den predican-
ten des evangelii, sick lange van disserne sacra-
rnente to entholden. Wy weten wol, dat wy
nicht stedes angebunden synt an dat sacra-
rnente, overs war uns gut is, wet Christ-us beter
wen wy, wy ervaren id ock, dat wy ringer lust
tome sacrarnente hebben (dat doch Christus uns
bevalen hefft), jo wy lenger darvan bliven.
Also kan unde roach de commernoratio ge-
schehn ane de communicatio, dat is ane rnisse
edder sacrarnente. De cornrnunicatio overs schal
ane de cornrnernoratio nicht geschehn. Wente
so hefft Christus bevalen.
Mit sulker wise rnach ick xvol syn, dar rnyne
brSdere communiceren, wil doch to rechten
tiden ock tome sacramente grin, dat ick anderen
neyn exernpel geve, to sterken 5re unrechte
rneyninge, de stedes na derne sacrarnente ka-
pen 91 willen unde ntirner eten unde drinken,
ane velichte kume eynrntil des jares van ge-
wanheit edder ock van schemede wegen, dat rne
se nicht vor unchristen holde.
Tome negeden: Wo denne mit den kranken?
Schal me de ock alleyne cornrnuniceren? Ant-
wert: NSt hefft eyn sunderich recht, so verne
dat Got sulks nicht vorbaden hefft. Wen etlike
hastich darnedder vallen unde hebben des Sun-
dages rnit uns tome sacramente gegangen, so
laten se sick daran benSgen unde bevehlen Chri-
sto 5ren geyst. Begeren se overs denne ock dat
sacrarnente, also ock andere hastige kranken,
de nicht kortes torne sacramente hebben gewe-
set, so geve rne id en, wente se hSren in unse
gerneyne unde gedenken uns nu gude nacht to
seggen, dat se nicht wedder karnen willen in
unse lyfflike uthwendige gemeyne up erden.
Dat schal so togan: De predicante schal to-
voren vornamen hebben uth der bekentnisse
91 = gaffen.
436
Kirchenordnung 1528
des kra_nken syne rtiwe unde loven. Darna schal
he dohn eyrie korte vormaninge, alse he vorm6-
det to denen deme kranken unde den, de darby
synt, van unser salicheit. Sulke vormaninge
h6ret to der commemoratio edder gedechtnisse
Christi. Darna spreken den loven unde dat Va-
tier unse apenbar unde geven deme kranken dat
sacramente nach deme bevehle Christi, nicht
ane dat w6rt, alse tovoren gen6ch gesecht is.
He heve so an: De Here Jesus Christus in der
nacht, don he vorraden wtirt, ham dat br6t etc.,
unde wen he deme kranken hefft gegeven dat
lyff des Heren, schal he vortan seggen: Desge-
liken ham he ock den kelk etc., unde geven em
drinken dat blur des Heren, darna bevehlen
deme kranken unde den anderen, dank to seg-
gende Gade unde Christo unseme salichmaker
etc.
Sulken tr6st scholen van uns sulke kranken
hebben, wente se h6ren in unse gemeyne unde
werden velichte nicht wedder in de kerke to
uns kamen.
Van den overs, de dat evangelion vorachtet
hebben unde alse swine gelevet unde konen ock
in den letsten nSden nicht to erkentnisse der
warheit kamen, is in eyneme anderen capitele in
disseme bSke gesecht 92
Den kranken overs, de nicht in vare des le-
vendes synt unde konen doch nicht to uns in
de kerke kamen, wolden doch gerne, wen se
konden, were ock gut, dat se sick to tiden imme
huse, wen id nicht anders geschehn konde, up
den Sundach, wen andere 5re brodere commu-
niceren, dat sacramente leten ock na gesech-
ter wise geven. Wente 5re nSt schal se nicht
scheiden uth unser gemeyne, sonder vele lever,
dewile se nicht kSnen kamen to uns, synt wy
schuldich, to kamen to en.
Tome teynden fraget me ock, efft de latini-
schen misse eyn misbruck sy, edder efft me
alleyne schal dtidesche misse by uns holden.
Antwert: Latinische misse is nicht bSse, wen
idele latinische Christene tosamende synt, dar
me communiceren wil, so doch, dat neyn silen-
tium dar sy, dar me Christus bevehl schal han-
delen, alse gesecht is.
Overs wen id sus nicht unrecht were, so
were id doch sere spottisch, dat me uns leyen
hefft mit velen sermonen vorma_net unde mit
veleme erlageneme aflate unde anderer 15gene
tolocket, vele missen to h6ren unde up de Sun-
dage unde andere feste misse to hSren, mit stren-
gen mynschengebaden vorstricket, unde is ner-
gende eyne rnisse geweset, de wy hSren konden,
wente vy vorstunden neyn latyn; unde nu sehe
wy ock, dat de papen 5re rnisse nicht vorsttin
hebben unde vorsttin ock noch nicht, vente de
lere, de se sulvest lesen in den epistolen unde
evangelion, vorsttin se nicht, sonder haten unde
vorvolgen up dat allerhSgeste. Alse scholde wy
misse hSren unde konden nicht hSren, du wol-
dest denne seggen, dat id ock hSren her, wen
eyrie koh trumpen hSret, se danzet overs nicht
darna Darumme is id tidt, dat wy dtideschen
ock e3nrntil leren misse hSren.
By den JSden, de dar Christene wurden imme
jodeschen lande, hefft me dat sacramente mit
jSdeschen wSrden gegeven, by den Greken mit
grekeschen wSrden, alse ock noch, by den Wa-
len edder latinischen mit latinischen wSrden,
alse ock noch etc. Warumme denne ock nicht
by den anderen tungen mit 5rer sprake? Schti-
wet sick doch de bilge Geist vor neyne sprake,
sonder hefft dat evangelion predigen laten mit
allerleye sprake allerleye liiden. Dat eyn slicht
leye latinische misse hSret, gelt evene sovele,
alse wen he latinische predige hSrede, weft
denne des sacramentes misgebruket, so is de
misse deste erger, alse gesecht is.
De collecta edder, alse id Paulus nSmet 1. Co-
rinth. 14 [16], de benedictio edder segeninge unde
danksegginge edder dat apenware bet rest jo
by uns dtidesch syn, dat de ungelerden over de
ganze kerke darto antwerden konen: Amen,
alse darsulvest Paulus secht, wente sulk bet ed-
der danksegginge deyt de prester to Gade apen-
war in aller namen, darumme bewilligen se ock
dat alle mit deme amen.
92 Vgl. das Kapitel ,,Vom banne", S. 384 f.
437
Braunschweig
niceret hebben unde synt up 5ren steden, so sin-
gen se unde alle yolk to Christo imme hemmele
dat dtidesche Agnus Dei 17 dremil also:
[Noten:] lChriste, du lain Gades, de du drechst
de stind der werlt, erberm dick unser. [Ende der
Noten] Tom drudden male: [Noten:] Giff uns
dynen frede. Amen. Lat 1. uns beden. [Ende der
der Noten].
Darto danket de prester vor alle also: 20
Wy danken dy, almechtige Here Got, dat du
uns dorch disse heylsame gave best erquicket,
unde bidden dyne bermherticheit, dat du uns
sulks gedyen latest to sterkeme loven 'jegen dy
unde to berniger leve mank tuns allen
[Noten:] 19 Dorch unsen Heren Jesum Christum.
Amen. [Ende tier Noten].
Derme keret he sick umme unde gifft den
communicanten unde deme volke vorlSff mit
disser segeninge, bescreven Numer 6 [24--26]:
De Here segene dy unde behbde dy. De Here
erluchte syn angesichte 5ver dy unde sy dy
gnedich. De Here heve syn angesichte up dy
[Noten:] 21 und geve dy frede. Amen. [Ende
tier Noten].
Finis missae.
Wen neme communicanten synt, so schal me
dat sacramente nicht handelen, dat wy nicht
vallen in den gruweliken misbruck des sacra-
{nentes Christi wedder synen bevehl. Doch wille
wy singen, beden, dankseggen, lesen unde lesen
horen unde predigen unde predigen horen des
hilgen dages, alse Christene scholen nach aller
wise, alse de misse bescreven is vor der pre-
dige. Na der predige mit gewonliken missekle-
deren schal gesungen werden de prefatie, Sanc-
tus, dtidesche Pater noster, Christe du lain.
eyne dtidesche sundagecollecte unde de letste
segeninge.
De scholemeystere scholen darup sehn, dat de
senge sick fyn rymen rnit den festen, wen se
neyne senge darto hebben, so nemen se de froli-
kesten psalmen edder lede unde sehn jo darup,
dat de gesenge uth der reynen scrift syn unde
reyn unde lustich unde vorstentlick vor de
leyen uth Gades wSrde gemaket. Desgeliken
werden ock wol de predicanten darto trachten
mit den collecten
Van \Vynachten bet na purificationis-"2schal
me singen de sequentie: Grates nunc omnes 23,
unde mit sulker wise dartusschen dat led: Ge-
lavet systu Jesu Christ etc. Ersten schal me
singen Grates, darup twe dtidesche versche.
Noch eyns Grates unde twe andere dtidesche
versche Ock drudde mil Grates unde twe an-
dere dtidesche versche. Tome letsten: Huic opor-
tet -"5 mit deme letsten dtideschen versche.
Van Pischen bet up Pynxten schal me singen
de sequentie Victimae paschali 26, also dat me
na allen verschen singe ock eyn versche van
deme dtidesche lede: Christ lach in dodes ban-
den 2 etc. Dat led 5vers: Christ is upgestan-
den .s schal me singen na wSnliker wise, wen
me de predige anhefft.
Imme Pmxten schal me singen de sequen-
tie: Veni sancte Spiritus-"-, unde na twen lati-
nischen verschen e}m dtidesch versche van deme
lede: Nu bidde wy den hilgen Geist30 etc.
Dtidesche hymnos in der Advente, imme \Vy-
nachten bet up purificationis, up Paschen bet
up Pmxten, imme Pynxten, van den festen
edder sus andere hymnos mach me wol singen
des hilgendages in der vesper, wen de leyen dar
Ev. Kgu. Nr. 136.
Die Melodie vgl. im Handb. d. dtsch, ev.
Kirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 87.
Die Melodie vgl. im Handb. d. dtsch, ev.
Kirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 361.
Vgl. Luther, Deutsche Messe; Sehling I, S. 16.
Die Melodie vgl. im Handb. d. dtsch, ev.
Xirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 355.
2. Februar.
Wackernagel I, 'r. 88.
o.l Wackernagel III, Nr. 9. Ev. Kgb. Nr. 15.
25 Beginn des Schlusses der Sequenz ,,Grates..".
26 \Vackernagel I, Nr. 199, vgl. auch RSm.
S. 506 f.
27 \Vackernagel II!. Nr. 15. Ev. Kgb. Nr. 76.
2s \Vackernagel II, Nr. 935 ff. Ev. Kgb. Nr 75.
29 Wackernagel I, Nr. 169, vgl. RSm. :Mefib.,
S. 583 f.
3o Wackernagel lII, Nr. 28. Ev. Kgb. Nr. 99.
442
Braunschweg
wy uns ock mit unseme vorstande unde vormo-
gen nicht konen 15s maken uth deme strengen
rmhte Gades unde van der gewalt des drivels,
darin wy gevallen synt dorch de overtredinge
de gebade unde des willen Gades. So hefft Got
unse unvormogen bet erkant wen wy unde hefft
vor uns gegeven alse eyn gnedich Vader synen
eyngebaren Sone Jesum Christum, dat wy dorch
syn evangelion erluchtet unde dorch synen dSt
erlSset wurden van unsen sunden unde dorch
em kyndere Gades weren, ewich salich, so vy
dat 15veden. Sulk let he uns stedes predigen, we
dat lovet, de hefft gewisse dat ewige levent, up
sulken loven unde to sulker salicheit xverde vy
ock gedofft, dar schole xvy stedes inne bliven,
so blive wy in Christo unde Christus in uns.
So ere wy stedes ane underlttt geistlick mit deme
loven dat lyff Christi unde drinken syn blur, dat
is, xvy xverden Christo ingelivet, dat wy eyns
mit em werden, darmede dat xvy 15ven, dat he
ssn lyff vor uns in den dSt gegeven hefft unde
syn blur vor uns imme krtitze vorgaten, darup
vorlate wy uns tot salicheit wedder alle falsche
lere, alle sunde, anvechtinge unde nSt. Uth wel-
ker woldttt Christi wy ock leren, welke leve
unde gedult wy 5ven scholen jegen unsen ne-
gesten, ock jegen unsen vyent. Wat xvolde wy
mehr?
Doch dat wy nicht vorgeten edder trttch wur-
den (alse vy leyder verden) to sulkeme loven
der mynschxverdinge unde dodes Christi, hefft
he uns ock eyrie besonderge gedechtnisse edder
vorkundinge synes dodes, so vakene wy willen,
bevalen, dat wy ock imme uthxvendigen sacra-
mente, der vornuft vorborgen, alleyne deme lo-
ven uth deme worde Christi bekant, eten scho-
len unde drinken syn liff uncle blur, dat wy jo
nicht twivelen scholen, syn dSt unde blutvorge-
tinge imme krtitze sy unse gewisse salicheit,
darvan schole wy singen, lesen, predigen, hSren,
alse wy in der misse dohn, unde namals ock
darvan reden unde mank eynander vorkundi-
gen, uns to trSste unde velen tot salicheit nach
deme bevehle Christi: Sulk doht to myner ge o
dechtnisse.
We nu werdich wil eten unde drinken dit
sacramente, de schal tve dink dohn: he schal
15ven, war Christus secht, unde dohn, war he
gebut. He secht: Dit is myn lyff, dat vor u ge-
geven wert. Dit is myn blur, dat vor ju uthgega-
ten wert to vorgevinge der sunden. Sulk schole
gy 15ven. He gebut overs: Nemet hen unde etet
Drinker alle daruth unde gedenket myner. Sulk
schole gy dohn nach syner gnaden wort unde
bevehl Amen.
Dit is dat symbolum
nicenum, dat is, dat de Christene tosamende
gesettet hebben im concilio niceno uth der
hilgen scrift wedder de Arrhianer und an-
dere ketterye. Dit schaI me versche um ver-
sche singen, de prester overs schal anheven
[Noten:] 33 Ick love in eynen Got, almechtigen
Vader, maker hemmels und der erden, aller
sichtliken dink und unsichtliken. Ick love ock
in den emigen Heren Jesum Christum, eynge-
baren Sone Gades und van deme Vader geba-
ten vor aller tidt, Got van Gade, licht van
lichte, ware Got van warem Gade gebaren, nicht
gemaket, eyns wesendes mit deme Vader, dorch
welken rile dink gemaket sint. De umme uns
minschen willen und umme unser salicheit ge-
stigen is uth deme hemmel und is flesch gewor-
den van deme hilgen Geyste uth Marien der
junkfrauen und is mynsche geworden. Ock ge-
krutziget vor uns under Pontio Pilato, gestor-
ven und begraven. Und is upgestanden des dru-
den dages nach den scriften und is upgestegen
to hemmel, sit to der rechter hand Vaders. Und
wert wedderkamen mit herhlicheit, to richten
de levendigen und de doden. Synes rikes wert
neyn ende. Ick love ock in den hilgen Geyst, de
eyn Here is und eyn leventmaker, de van deme
Vader und van deme Sone uthgeyt, de mit deme
Vader und mit deme Sone gelik wert angebedet
und gelick geeret. De gespraken hefft dorch de
33 Vgl. die Melodie im Handb. d. dtsch, ev.
Kirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 62.
444
Braunschweig
v6rden: Kamet hehr, gy gebenedyeden mynes
Vaders, besittet dat rike, dat ju bereydet is van
anvange der werlt, vente ick hebbe gehungert
unde gy heben my gespiset, gedorstet unde gy
hebben my gedrenket. Ick bun naket geweset
unde gy hebben my gekledet, in krankheiden
unde n6den hebben gy my besocht. Wat gy eyne-
me van deme ringesten der mynen gedin heb-
ben, dat hebbe gy my sulvest gedin.
Wy bekleden bilden, de bloke unde steyne
synt, vy geven vele geldes, dat me sondergen
gadesdenst schal uthrichten, dar uns nichts van
bevalen is, unde geven sulks den, de rede alto
vele hebben edder konden wol arbeyden, dat se
nicht wedder Got leddich gingen edder sulk
dynk imme hand hedden, dat gotl6s is edder
sus doch unnutte, alse Christus secht Matth. 15
[9]: Alle 5re gadesdenst is vorlaren unde vorge-
yes, dewile se leren de leren unde gebade der
mynschen unde nicht Gades.
Overs to disseme rechten gadesdenste, den
Christus tome jungesten dage vert bekermen,
sick sulvest gedin, darmede bekledet unde ge-
ehret werden de rechten bilden Gades, dat synt
de armen, darvan gesecht is, dar vil nemand
an, nemand wil darto geven
Tov6rne hefft me den monneken so vele kor-
nes unde beres gegeven unde andere schenke to
den vigilien, selemissen unde anderen missen
unde blerren, ane mate gegeven to allen hoch-
tiden, doden, kynderdopen, apostelfesten, ma-
riendagen unde anderen geoffert, gegeven to bil-
den, tafelen, klocken, orgelen, so velen waslich-
ten in der kerken unde htisen etc. Wy swigen
der ewigen beneficien unde memoiren, broder-
schoppen, aflatesbreven, hilgen reysen etc. To
sulken dingen hedden de riken vele geldes unde
ock eyne arme fraue, de sick der spille here-
de 36, gaff gerne darto, wy svigen denne der
andern.
Nu overs geleret wert uth Gades w6rde, dat
wy mit unseme gelde neynen anderen gades-
denst konen uthrichten, wen dat wy darmede
den notroftigen tohulpe kamen, besweret sick
eyn jederman.
Etlike varen hehr: Ick hebbe myn gelt gege-
ven to der misse, to deme salve 87 etc., schal id
nicht darby bliven, so wil ick myn gelt wedder
nemen. Sulke ltide underrichte me recht, velichte
synt se nicht so bSse alse se beren38, wil den
eyn nicht h6ren, de vare hen, wat he edder syne
kyndere rike darover wert, wen he sulks mut-
willich deyt, dar byte he br6t to. He wil id me
rechten gadesdenste nicht gunnen, so plecht id
gerne tome dtivelsdenste kamen unde andere
gelt unde gut by sick mit upfreten. Wente wen
Got synen vl6ck edder vormaledyginge darin wer-
pet, so gedyet neyn gut, wedderumme Gades
segeninge maket rike, alse Salomon secht.
Doch id is neyn vunder, dat gotlose ltide sul-
ker christliken sake vyent synt unde nicht
alleyne nicht helpen, sonder ock mit rade unde
dade mishelpen to sulkeme rechten gadesdenste.
Dat is overs unbillich van den, de evangelisch
edder recht Christene villen syn, dat de sick
swar maken unde unxvillich umme eynes gro-
schen willen to witliker notroft der armen edder
tier deneren des evangelii, wenne xvolten se doch
eyneme armen mynschen eynen rock edder kle-
dinge geven? Id is vorware eyrie grote undank-
barheit, xvy synt erlSset van so menniger schin-
derye der rnonneken unde der papen unde be-
sweren uns, dat allerringeste Gade to geven,
wy svygen noch, wat dat vor eyrie gnade is,
dat vy dorch geapenbarede warheit erlSset
synt van sulkeme erdome unde vordomenisse,
dar wy unse gelt unde gut mosten tho geven,
unde me vyndet doch etlike, de grote besveringe
klagen, ven se to tiden eynen pennick scholen
geven to erholdinge 6res predigers unde willen
evangelisch syn unde nicht anders h6ren ven
dat evangelion, se weren doch wol verd, dat se
nicht eyne onade evangelische predige hSreden,
sonder 16gene unde schinderpredige alse tovo-
_ von der Spindel ernfihrte, vgl. H. Lietz-
mann, X1 Texte 8S, S. 137.
37 Zur Salve-regina-Andacht vgl. L. Eisenhofer,
Hdb. d. kath. Liturgik, Bd. II, 1933, S. 553 f.
3 sie sich gebirden.
446
Braunschweig
darhen schicken, so id unbekande lfide synt,
unde laten besehn, war dar nbt is etc.
Welke borgere overs me to diaken erwelen
schal, is klar uth der apostelen wbrde unde der
ersten Christenen daht, Acto. 6 [3 ff.] bescreven,
unde uth den vorden Pauli 1. Timo. 3 [8 ff.]. Int
erste, se scholen vul des hilgen Geistes unde
wisheit syn, dat is, sulke lfide, so vele alse uns
mogelick is to erkennen, de wy darvohr holden,
dat se dat hilge evangelion Christi imme herren
lbven unde leff hebben. Sus kunde wy alse myn-
schen in der erwelinge wol feylen, welk uns
Christus bewiset hefft, de bevohl Judase den
bfidel unde vas doch eyn heymelick deff, alse
en Joannes schelt, Joan. 12 [6]. Darumme ock
de apostele seggen: Erwelet ju sbven menne, de
eyn gut rtichte hebben, dat se vul synt des hil-
gen Geistes unde visheit, dat is (alse dar steyt
van Stephano) vul loven unde des hilgen Geistes.
Wente wor nicht eyn erdichtet love is, dar is
gewisse vorgevinge der sunden unde eyne tovor-
sicht, dat wy kmdere Gades synt unde hebben
dat ewige levent dorch Christum, kort umme,
dar is gewisse de bilge Geist, wente de bose geist
let dat herte nicht anhegen deme evangelio.
Dat is ock, dat Paulus secht, dat de diakene
scholen hebben de heymelicheit des loven in
reyner conscientien. De heymelicheit unses lo-
yen is dat hilge evangelion Christi, welk vor-
borgen is geweset by Gade unde nu dorch de
apenbare predige geapenbaret, alse steyt ge-
screven lom. 16 [25 f.], 1. Corm. 2 [7 ff.], unde
bliIIt noch heymelick unde vorborgen, den ld
de bilge drevaldicheit nicht xvil apenbaren, alse
Christus secht Matth. 16 [17]: Flesch unde blur
hefft id dy nicht apenbaret, sonder myn hemme-
lische Vader. Unde Matth. 11 [27]: Nemand ken-
net den Sbne sunder de Vader, unde den Vader
ken_net nemand, sonder de Sbne, unde weme id
de Sbne wil apenbaren, unde Joan. 14: [26]: De
hilge Geist wert ju alles leren, war ick ju ge-
secht hebbe.
Overs reyne conscientie is, dat wy na unseme
vorstande handelen willen vor Gade. Eyrie reyne
conscientie der Christenen schal syn, datse nicht
darna trachten, reden, handelen, welk se weten
to syn wedder den loven unde Gades wbrt, son-
der trachten, reden, handelen nach deme loven
unde Gades wbrde. Gades wbrt unde eyrie gude
conscientie hbren tosamende, sus is eyrie re,me
conscientie, dat is, dat du dick nergen anne
schuldich west unde eyne gude meyninge hest,
nicht alleine genbch vor Gade, de conscientie
unde gude meyninge mbt by sick hebben Gades
wort, dat du also Gades meyninge volgest unde
nicht dyneme koppe unde gutdunken
Wente etlike hebben dat evangelion vorvolget
mit reyner conscientie unde guder meyninge,
welke doch alleyne vor en reyne unde gut was
unde nicht vor Gade, alse Christus secht: [Joh
16, 2]: De stunde wert kamen, dat alle, de ju
d6det, meyne, he doh Gade eynen denst dar-
mede. So bekennet ock Paulus 2. Timo. 1 [3], dat
he Gade stedes gedenet hebbe mit reyner con-
scientie unde hedde doch mit sulkeme reynen we-
tende alse eyn gadesdener gelestert dat evange-
lion unde vorvolget cle Christen, alse he beken-
net 1. Tino. 1 [13] unde ddet darsulvest, dat
he eyrie gude meyninge hefft gehat mit dissen
w6rden: Ick hebbet unxveten gedin imme unlo-
ven. Dat is, dt uns ock Christus wernet Luce
11 [35]: Seh wol to, dat nicht dat licht, dat in
dy is, dusternisse sy, dat is, dat velk du vor
dat allerbeste holdest, nicht sy vor Gade dat
allerergeste, gadeslesteringe wedder Gades wbrt
unde den rechten loven, alse leyder by uns sulks
vele geweset is.
Alse overs eyrie gude conscientie nicht kan syn
ane Gades wort edder den loven, so kan ock de
love unde Gades wbrt nicht b,y uns bliven,
wen wy de gude conscientie vorwerpen unde
nicht mehr achten, alse Paulus scrifft 1. Timo. 1
[19], wente denne fraget me nicht mehr darna,
dat me lere edder leve wedder de warheit etc.
Sulcks overs hebben de apostele begeret unde
Paulus geleret van den diaken. Wente nemand
wert recht handelen mit sulkeme gelde unde
gude der armen, he sy ock, we he sy, wen he
nicht de rechte forchte Gades hefft unde levet
dat bilge evangelion alse syne salicheit. Wente
Judas stelt darvan etc
Tome anderen werden etlike dbgede besunder-
448
Kirchenordnung 1528
gen in Paulo uthgespraken, dat de diakene scho-
len syn redelick, de eyn gut ruchte hebben, dat
se alse ehrlike frame lude in allen dingen nicht
unrecht handelen. Item dat se nicht twetun-
gich syn, wen wo kan me deme sulk gelt unde
denst der armen bevehlen, de gerne legen unde
achterkosen, vor mynen ogenen wit seggen uncle
andersw6r swart. Sulke plegen ock hader unde
afval wedder de bischoppe edder predicanten
{welk alle eyn dink is) anrichten etc. Item: Nicht
wynsuchtich edder eyn drunkenbolt, wente sulk
eyn wert syne collatie s6ken van der armen
gelde, edder is he to fr/m darto, dat he nichts
darvan nympt, so weft he doch syner collatien
warnemen unde der armen nicht achten. Item
nicht schendlikes gewinstes girich, he mochte
aiders handelen by deme gelde alse Judas by
Jesus bfidele. Item se scholen ock sulke ltide
syn, de 6ten egenen kynderen wol vohrstan uncle
6ren egenen htisen, wo scholden se anclers vohr-
st/n fromeden luden unde vorsorgen, de 6re
egene vorstimen unde nicht vorsorgen tome live
unde tot salicheit, alse eyn christenhtiswert
schuldich is. Item se scholen syn eyner frauen
man, dat se sick richtich unde recht holden imme
eheliken stancle, in welkeme man unde wyff is eyn
lyff De sick anders holden, synt billich ehrl6s
unde to sulkeme ampte, den armen to denen,
unduchtich.
Item wen se in 6ten personen unstrafflick
synt, noch schal me se nicht erwelen, wen se
b6se wive hebben. Ore wive scholen syn rede-
lick in alleme handele mit 5reme gesinde unde
kynderen, to regeren mit arbeydesltiden, mit
kSpen in de kokene, mit gehorsamme je-
gen deme manne, mit almissen jegen armen lti-
den etc. Nicht lastererschen, de van anderen
achterkosen unde unnutte wasschen, alse denne
is eyn gemeyne feyl der wive unde sere straff-
lick. Sulk eyn xvyff mochLe den diaken, 6ren
man, affwenden, etliker ltide notroft to hulpe
to kamen, wen se b6se redet unde licht deme
manne in den oren wedder frame notroftige, den
se gram is. Item de wyvere scholen syn nuch-
teren, dat se sick nicht vul drinken. Sulk is ock
by den grekischen wiven gemeyne geweset,
overs nicht by den dtideschen. Item trtiw in
allen dingen Dat kan me by uns ock wol vor-
waren, dat se van de guderen der armen nichts
in de hende krigen.
Uth deme alle mach me sehn, wo gen6we de
apostele darup hebben gesehn, dat me so frame
liide scholde erwelen alleyne, to tidlikeme gucle
uthtodehlen. Id is eyn wahr sproke: Gelt maket
eynen schalk, wen nicht dat herte vor Gade
fr/m is Ock frame herren laten sick 16gene
overreden unde vamme guden vorhinderen dorch
unframe wyve, dat hebbe wy leyder amme Adam
wol bevunden.
Eyn redelick wyff is nicht to betalen unde
aller ehren werd, alse Salomon bescrivet in
synen sproken imme letsten capitele [Pr 31,
10 ff.] De anderen sint bestien unde scorpien,
de 5re dulle egensinnige k6ppe hebben unde
synt neyner redeliken unde gotliken saken edder
den armen notroftigen gunstich Van den is to
vorstande allent, war Salomon van b6sen
yen gesecht hefft [z. B. Pr 5, 3--6; 6, 23 ff.:
7, 4 ff.; 14, I]. Darumme ven rede de man fram
unde Christen is, so schal me en doch nicht
erwelen to eynem predicanten edder diakene,
wen syn wyff eyn ruchte hefft by der naber-
schop, dat se in vohrgen6meden stucken unred-
delick sy.
Sus kone wy wol marine unde frauen vor Gade
in velen stucken arme sundere unde sunderinnen
syn unde strafflick, wente wy sind neyne en-
gele. Unstrafflick overs nach mynschlikeme ge-
richte scholen syn, de to sulken gotliken amp-
ten verden erwelet, dat is, se scholen by den
mynschen nem b6se ruchte hebben.
Sulke diakene, dewile se hebben de heymeli-
cheit des loven in reyner conscientie, konen
ock wol tr6sten mit Gades xv6rde de armen unde
elenden, den se mit gelde to hulpe kamen, alse
Sanctus Stephanus to Hierusalem dede unde
Sanctus Laurentius to Rome ane platte unde ane
diakenrock. By uns overs, wat deme worde Ga-
des by den kranken tokumpt, dohn de predican-
ten mit der heyms6Ringe, also dat unse diakene
alleyne van deme geme,vnen gude gelt vorschaf-
fen den notroftigen.
449
Kirchenordnung 1528
Alle sulverwerk overs edder golt in allen
kerken schal trfiweliken bescreven unde daro
Over eyn togesegelt inventarium gemaket wer-
den, welk inventarium schal gelecht werden by
de teynmanne up de mtintsmede54, de des
rades heymelicheit unde upkumest 54a upnemen
unde vorwaren. Up dat me in n0den wete, wor
me sulken sulverschat vinden schal, ock to vor-
miden vordechticheit unde ansprake, de sus
erwassen mochte in tolamenden tiden wedder
de jegenwerdigen edder nak0melinge.
AnRenamen de ordeninge.
Alle disse vorserevene punkte unde artikele
van den guderen, de in de schatkasten kamen
seholen, wil eyn erbar r/dt vlitieh uthrichten
unde helpen, dat se doreh gude erwelede dia-
kene edder vohrstndere der schatkasten uth-
geriehtet werden, sovele by deme rade is unde
m0geliek. Unde eyn erbar radt unde de ganze
stadt edder gemeyne hebben angenamen eyn-
dreehtiehliek alle ordeninge van den seholen,
predieanten, kasten, kereksengen unde anderen
dingen, alse in disseme b0ke besereven is. De
anneminge trade eyndrechtige voreyninge is ge-
sehehn des Sunnavendes vor nativitatis Marie
imme jare 1528 55 unde uthgeseryet in allen
kerken van den prediekst01en des anderen dages,
darumme oek de borgere over de ganze stadt in
allen kerken tor danksegginge gesungen heb-
ben: Te Deum laudamus 56. Got geve syne gnacle
vortan dorch Jesum Christum, unsen Heren.
Amen.
Wert nu jemandes van borgeren, borgerkyn-
deren effte inw/nren der stadt Brtmswig, he
sy we he sy, hyrbaven vat nyes sonderlikes
unde ditltkes vohrnemen, ock imme schyne des
evangelii edder wedder dat evangelion vorsamo
melinge to maken edder sus, dat to uprore edder
wedderwillen der stadt gereken konde, den wille
wy hyr nicht by uns weten, ock schal darmede
des unde syner byplichteren lyff unde gut in
straffinge des rades gevallen syn.
So overs jemand disser ordeningen halve
ock anderet werliken saken feyl unde mangel
hedde, so he is uth den gilden, schal he id sy-
neme gildemeyster, so he is uth der gemeyne,
schal he id syneme hovetmanne edder borger-
meystere anseggen, de xverden eyneme jeweliken
wol berichten.
Drapet overs de sake de lere an des evangelii
edder sus de predikere in unsen kerken, so schal
de superattendente mit syneme adjutor etc., wo
tovoren gescreven is, darto dohn.
Wy willen 11ach der gnaden Gades, so deme
evangelio unses Heren Jesu Christi anhengen,
alse ock dat evangelion unde apostolische
scrifte leren, dat keyserrechte, landrechte unde
stadtrechte edder verliken overicheit, der uns
Got underworpen hefft, neynerleye wise aff-
broke geschehe, sonder wy willen gerne unde
erkennen, dat wy darto schuldich synt, alse uns
Christus leret, geven deme keysere, wat deme
keysere gehOret, dat is, aller werliken overicheit,
wat Or gehoret, so doch. dat wy ock darneve
mogen Gade geven, war Gade gehOret [.Mr 22,
21] Amen.
Andere stucken, in disser ordeninge nicht be-
grepen, de sick in geserte unde m3mschenbade
nicht vaten laten edder ock nicht gevatet ko-
nen werden, loch denende tome christlikeme
frede unde e3micheit der lere unde leve mank
uns, de nicht bedrapen dat xverlike swert, be-
vehle wy alle deme w0rde Gades dorch unser
predicanten unde der gnaden unses Heren Jesu
Christi- Amen.
Gedruck to Wittenberch dorch
Joseph Kluck.
Auf der Mtinzschmiede, in der Altstadt ge-
legen, wurden in emer groBen, mit ftinf
Schl0ssern verriegelten Kiste die Gelder und
die Rechnungsbticher der Stadt verwahrt, vgl.
H. Dtirre, Geschichte, S. 345.
5ta = Einkommen
55 5. Sept. 1528, vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 65.
56 Wackernagel I, Nr. 26.
455
Braunschweig
2. Ordnunge, wie es hinfuro mit den nominationibus, vocationibus und
annhemunge der herren predicanten in den kitchen zu Braunschweig
gleichformig und einhellig gehalten werden soll, berathschlagt, gewilligt
und beschlossen anno 1571 am 12. tage des monats Junii. 1
In dem namen Gottes Amen. Zu wissen, das
sich die ehrwirdige, wirdige, hoch uncl wolge-
lerte herren Martinus Cherrmitius, der heiligen
schrift doctor, superintendens-", ,XI. Andreas Pou-
chenius, coadjutor 3 und die andere herren pre-
dicanten des ganzen colloquii und ein erbar
radt der stadt Braunschweig aus christltchem
bedenken und notwendigen ursachen einhellig-
lich vorgliechen und vorabschiedet haben, wie
es hinfuro mit den nominationibus, vocationibus
und annhemunge der herren predicanten in den
kitchen in allen funf weichbilden 5 alhier zu
Braunschweig gleichformig und einhellig gehal-
ten werden soil, nemblich:
Zum ersten: Well die prediger yon Got mus-
sen gegeben trod gesandt werden und seine al-
mechtigkait auch den segen darzu geben mus,
wen es zu gedei und erbamxunge der kitchen
gerathen solle, so wollen ein erbar rath und die
kastenherren, wie die kirchenordenunge mel-
det G und auch an ihme selbs christlich, nutz-
lich und notig ist, ehe der handel der election
und vocation furgenomen wird, das gemeine ge-
bet in allen kitchen bestellen, das es eine woche,
vier oder funfe furhero gehe, ehe zu der election
eins predigers gegriffen werde.
Zum andern: Nachdem die electio oder nomi-
natio einer gewissen personen, die zu einem pre-
diger angenommen werden soil, in der kirchen-
ordenunge einem erbaren rathe und den kasten-
herren in jedem weichbilde gegeben wird, die
solchs auf ihr gewissen in namen und yon we-
gen der ganzen gemeine nach der instruction 1.
Thim. 3 [1--7] et Tit. 1 [7--9] zu vorhandelen
und zu vorrichten, so soll das also pleiben und
anderer gestalt damit nicht gebaret werden, zu
vorhuten, das nicht etwa eine unordenunge dar-
aui3 werde, wen aus der xveitluftigen gemeinde
ein jeder seins kopfs sich darin mengen, mitra-
then und den herren furschreiben wolte, das
nicht sein soll. So sollen und wollen sich auch
die herren des colloquii darin nicht mengen,
sonder es bei der kirchenordenunge pleiben
lassen.
Das aber nicht unwille und weiterunge zwu-
schen dem ministerio und den herren der weich-
bilde entstehen rouge, wen etwa unvorwarneter
sache eine persone zum predigambte zu beruf-
fen, nominiert worde, die aus erheblichen ursa-
chert dem colloquio nicht leidlich were, so sollen
ein erbar rath und die kastenherren des weich-
bildes die personen, unter welchen sie eine zum
predigambte vormittels gotlicher hulfe zu whe-
len gedenken, entweder muntlich namhaftig ma-
chen oder schriftlich vorzeichnet tibergeben den
herren superintendenten und coadjutori mit be-
get, so unter den personen eine oder mher we-
ren, die aus ursachen unleidlich, solchs zu vor-
melden und anzuzeigen. Dies soll also in allen
weichbilden gleichformig geschehen und gehalten
Druckvorlage: Original-Hs mit Siegel im Stadt-
archly Braunschweig unter B IX" 11 Nr. 38.
Vgl. die Bestallungsordnung yon 1567 unter
Nr. 3. S. 459 ff.
hIag. Andreas Pouchenius hatte am 16. 3. 1571
in die Vokation zum Koadjutor gewilligt. Er
war aus Gardelegen gebtirtig, Schiller hie-
lanchthons in Wittenberg, spiter Konrektoc
zu Helmstedt und an der Martinsschule in B.,
nach einjihriger Sekretirszeit in Helmstedt
12 Jahre Rektor der Martinsschule in B.
und seit 1564 Pastor an der Martinskirche
ebd 1575 folgte er einem Ruf als Superinten-
dent nach Lilbeck, wo er 1600 starb. Vgl. Ph.
J. Rehtmeyer III, S. 388 ff. -- J. Beste, Album,
S. 26.
Zum seit 1529 bestehenden Kolloquium vgl.
Einleitung S. 343, auch H. Hachfeld, Martin
Chemnitz. 1367. S. 82.
Vgl_ S. 365 u. Anm. 35.
Vgl. S. 374.
456
Braunschweig
vor der gemeinde, do der angenommen predi-
ger das ambt fuhren wird, nach hergebrochtem
gotseligen und christlichen gebrauche und ge-
won_heir geschehen soll, und mugen alsdan auch
em erbar rath und die kastenherren des weich-
bildes zum zeugnis der vocation bei der ordina-
tion des predigers im chore stehen und gegen-
wertig sere.
Und wen gleich die vocierte person vorhin
anderswo ordiniert und im ambte gevesen und
derwegen keiner xveitern ordination yon notten
were, so soll dennoch solchem prediger, ehe dan
das ehr in das ambt tritt, dasselbige sein predig-
ambt in einer offentlichen predigt fur der gan-
zen kitchen yon dem herrn superintendenten
oder in mangel desselben von dem herrn coad-
jutore befholen, der kitchen damit presentir
und die kirche an ihne als an ihren sehelsorger
solermiter geweiset werden, das beide, prediger
und zu_horern, gute nuzliche erirmerunge geben
wird, well es aus Gottes worte mit dem gebette
in gegenwertigkait Gottes, seiner engel und der
ganzen gemeinde geschicht.
Zu urkund und stetter rester haltunge aller
und jeder obgeschriebner punkte und articul ist
diese gegenwertige ordenunge yon uns, Martino
Cherrmitio, der helgen schrift doctore, superin-
tendenten, und Magistro Andrea Pouchenio, co-
adjutore, vor uns und yon wegen des ganzen,
colloquii mit tmsern eigen handen tmterschrie-
ben und mit tmserm, des raths der stadt Braun-
schweig, signete wissentlich gesiegelt und bei
ein jede pfarkirche in den funf weichbilden, sich
jedesmal hirin zu ersehen und darnach zu rich-
ten, hinterleget worden. Geschehen und gegeben
nach Jhesu Christi unsers Herrn und salichma-
chefs geburt im funfzehenhunderteinundsieben-
zigsten jare am zwolften tage des monats Junii.
[hlit aufgedrucktem Ratssignum und eigenhim
diger Unterschrift yon hIartinus Kernnitius,
D., Superintendens, und .I. M. Andreas Pou-
chenius, Coadjutor]
458
Bestallungsordnung filr Chemnitz 1567
3. Acta inter senatum et ministerium in dimissione D. Joach. Morlini.'
Anno Domini 1567 am 9. rage Septembris2
seind die preusseschen legaten alhie zu Braun-
sweg einkommen mit credenzbriefen und in-
struction, belangende die vocationes D. D. Mor-
lini 3 und M. Martini Kemnitii
11. Septembris haben die legaten ihre werbung
bei einem ehrbarn rat der stadt Braunswig ab-
gelegt und yon der zeit her an ist yon preusi-
schen absanten, vom ehrbarn rathe, yon den bei-
den vocirten personen, yon dem ministerio ec-
clesiae zu Braunswig, yon den kastenheren und
diacon nomine totius ecclesiae adiunctis priva-
tis et publicis precibus die sache in utramque
partem mit vielen stadtlichen argumenten fleisig
bewogen und heftig gedisputiret worden. Ein tiel
hat darauf gedrungen, daf beide personen lob
gezelet und der preusischen kirchen gefolget
mochten werden DaB ander tiel hat dawieder
mit vielen argumenten gedisputiret, dab beide
personen bey dieser kirchen in habender voca-
tion bleiben und gelaBen solten werden.
Well aber die part also untereinander nicht
haben slieBen konnen und gleichwoll die notturft
erfordert derselbigen deliberation ihre gebur-
liche maBe und ende, wie es fur Gott und der
kirchen zu verantworten zugegeben, ist am 18
Septembris der weg, welticher in privativa ec-
clesia gebreuchlig gewesen, furgeslagen und dar-
auf folgend gesloBen, dab ein iglig tiel seine ar-
gument schriftlich aufsetzen und also der iudicio
et cognitioni probatarum ecclesiarum heimge-
stellet und untervorfen werden.
Aber ahm 19. Septembris haben die part selbst
untereinander gerathschlagt auf sollichen weg
zu gedenken, dab der kirchen in PreuBen muchte
geholfen und gleich die kirche alhie nicht gar
muchte verlaen werden
Und haben die preusischen den vorschlag ge-
than, do sie ehrhalten konten, da des h. Mor-
lini vocation ihren vortgank gewinen muchte, so
wolten sie dajegen meine, M. K., vocation diB-
mall fallen laden und zusehen, wie sie solliches
gegen furstlicher durchleuchtigkeit und der ehr-
barn landschaft verantworten muchten
Darauf hat ein ehrbar rath der 20. Septem-
bris 5 zusammen fordern laden dab ganze mini-
sterium und die kastenhern, so yon wegen der kir-
chen zu sollicher hendelen gezogen worden, und
ist in der versamlung semptlich und einhellig
geschloBen worden, mit mihr (hi K.) zu hande-
len, do ich reich ahr deB hern doctoris statt
mit dem officio superintendertis wolte beladen
laden, were man bedacht, in betrachtung vieler
beweglicher argumenten, dem hern doctori zu
dem preusischen kirchen zu ziehen zu erlauben
Und dasselbige ist mir alsobald eodem die
proponiret worden Ich aber habe nach der lenge
allerlei furgewendet 6, worumb ich reich vor
hem doctore nicht wolte trennen und mit dem
swerem ampt beladen lassen und angehalten,
Druckvorlage: Hs aus der Akte G II 1 (St.
Martini), Nr. 8 ,,Superintendenten 1565--1671"
im Stadtarchiv Braunschweig. Keine gute Ab-
schrift, auch yon verschiedenen Hinden, die
zweite offenbar jilnger.
Vgl. hierzu Ph. l. Rehtmeyer III, S. 266 ff.;
H. Hachfeld, a. a. O. S. 53.
D. Joachim Mbrlin, geb. 1514 zu Wittenberg,
Schiller Luthers, 1539 dessen Kaplan, 1540
Doktor, Pastor und Superintendent zu Arn-
stadt, 1544 Superintendent in Gbttingen, 1550
in KSnigsberg, Superintendent zu Braun-
schweig seit 1553, yon den Preuen zum Bi-
schof yon Samland berufen Er starb 1571 in
Kbnigsberg. Vgl. Ph. J. lehtmeyer III, S. 207
ff.; J. Beste, Geschichte, S. 58 ff.; Album, S.
10 f.; IE 3 13, S. 237 ff.
Seit 1554 Koadjutor, vgl. Ph. J. lehtmeyer III,
S. 223, 293; J. Beste, Geschichte, S. 61 f.; Al-
bum, S. 11 f.; H. Hachfeld, a. a. O. S. 12 f. --
Von den Preuen vurde Ch. 1567 zum Pfarrer
yon Kniephof berufen, vgl. Ph. J. lehtmeyer
III, S. 266.
Vgl. Ph. J. lehtmeyer III. S. 267 f.
Vgl. Ph. J. lehtmeyer III, S. 303.
57- 459
Bestallungsordnung ftir Chemnitz 1567
wir jo gerne wolten in seinem namen, nach sei-
nem befhell und willen furnemen, daIl ehr mit
seinem Geiste und segen dabei muchte sein und
bleiben.
Wolte derhalben erstlich mit meinen freund-
lichen lieben brudern und hem del ehrwtirdigen
colloquii reden, nicht als ob ich an ihrer person
zweifelte, sonder aull bedenken, wie vorgemeldt.
Articuli propositi reverendo ministerio
ecclesiae Brunsvicensis.
Veil in dieser loblichen kitchen dutch sonder-
liche Gottes gnade eine liebliche, schone, gott-
selige einigkeit bil daher gewesen, dadurch die
lauf des evangelii merklich gefordert, rotten
und sekten abgehalten und die kirche gebauwet
worden, were mein gemuthe und meinung, ja
alle mein wunsch und beger, dal dieselbige enig-
keit durch Gottes gnade muchte ehrhalten und
gemehret werden, und xvere daIl ganz sicher und
gewil, dal des ehrwtirdigen colloquii herz und
gemuth auch genzlich dahin gerichtet were. Weil
aber eine warhaftige, gotselige, bestendige einig-
keit in der kirchen must gefalet sein mit dem
bande des Geistes, also dal es sie [!] ein glaub,
Eph. 4 [3 ff.], und wir alle mit und aul einem
munde reden, RSm. 15 [6]. und aber in diesen
letzten gefehrlichen zeiten allerlei schedliche
corruptelae hereinreissen, daneben auch vieI
unnotiges gezenk erregt wird, xvehre aull gutem
christlichen bedenken mit einhelligem consen9
ein certum corpus doctrinae fur diese kirche zu-
samengebracht und getruckt 9, darine die reine,
gesunde lehr aull Gottes wort affirmative und
negative gefalet wehre, und volt nun die eu-
serste nottorft erfordern, wo in dieser kirchen
eine gotselige, bestendige einigkeit, bei welli-
chem der liebe Gott mit seinem segen wonen
muchte, sein und bleiben solte, dal wihr sempt-
lich und sonderlich bei dem angenommenen
corpus doctrinae bleiben, darnach in unserr
ampt ung richten und daruber halten muten,
also wie wit affirmative aul einem herze, Geiste
und munde predigten und lehreten, dal wir auch
also gleicher gestalt in necessariis certaminibus
einhellig und bestendig wieder die corruptelas
stritLen, dal nicht einer die corruptelas verdam-
mete, die ander dazu swiege oder dieselbige zu
entschuldigen und beschonen sich understunde,
auch nicht anders im colloquio und darnach an-
tiers privatim bei ander leuten davon redete.
Es muste auch daIl gehalten xverden, das nicht
ein jeder fur sich neuwe und fremde formas
loquendi ihme furneme oder einfure, sondern dal
wit ung befleisigen bei einerlei lehr, auch einer-
lei gleichformige art und weise zu reden, zu
gebrauchen, auch da etwa neuwe disputationes
erreget wurden, daIl davon nicht ein jeder nach
seinem eigen kopfe ein sonderlich judicium und
meinung furfatlete, sonder daft im colloquio mit
gesamptem rath uber die controversias delibe-
riret wurde.
Auch muste nicht ein jeder und furnemlich
die jungen fratres ihren eigen gedanken folgen
und trauwen, und do ihnen xval neuwes einfiele,
dalelbige bald auf die kanzel bringen und under
die leute aullsprengen, da aber in dielen stuk-
ken, die lehre belangende, bei einem oder meh-
ten fell oder beisorge worde furfallen, dal ich
ratione officii neben dem colloquio darein zu
reden und wag die nottorft erfurdern vurde, zu
thun roach 10 haben mag.
Diel ist nhun mein gemuth und memung, wal
die lehre belanget, zweifel gar nicht, dal meine
hern und bruder dag duraul mit mihr eins seind.
So mule auch dalL xvie bilhero geschehen,
bleiben und behalten xverden, dal nicht ein jeder
ibm daIl einbildete, ehr were herr in seiner kit-
chen und mochte es derwegen mit predigen, sa-
cramentreichen, ceremonien, disciplin und wall
sonst zum ampt gehSrt, furnehmen und machen
auf sonderliche xveile seines egen gefallens, son-
9 Zum Corpus doctrinae der Stadt Braun-
schweig vgl. Einleitung, S. 338, zu den Lti-
neburger Artikeln auch H. Hachfeld, a. a. O.
S. 20, 51.
o Vermutlich -- Macht.
461
Bestallungsordnung ffir Chemnitz 1567
recht konte gefuhret werden, wen die fratres
Lhrem superintendentem debitam reverentiam
et obedientiam nicht prestiren wolten.
Da hette ich dem ehrwfirdigen ministerio pro-
poniren wollen, nicht, da ich an jemand einigen
zweifel oder argwohn hette, sonder dab wir
unter unfi selbst, auch die ganze kirche, wifien
muchte, worauf wit un im colloquio nider-
setzen und worauf wit miteinander zu reden
hetten, da etwafi dem entjegen vorfallen solte,
darauf verhoffe ich, es verden die bern fratres
sich gunstiglich ehrkleren, und do sie auch mit
mir zuvor etwafi zu reden hetten, wolte ich reich
darauf gutwillig gerne erkleren.
Articuli propositi amplissimo senatui
praemissis praemittendes.
Es hette sich ein ehrbarer rath mid dem mi-
nisterio vereiniget und vergleichet uber einem
certo corpore doctrinae 12, daran ihr ehrb[ar]
w[firden] da ministerium und ihre untertanen
durch eine offentliche prefation geweiset und
were mir kein zweifel, da ihrer erb. w .... ge-
muth und memung were, dabei zu bleiben und
zu verharren. Es fordere aber gleichwoll meine
notturft, da ich reich itzund, ehe wir entlich
mideinander slofien, dab erklerete, dab ich die
superintendenz also und nicht anderst gedacht
anzunehmen, den da ein erbarer rath unfi im
ministerio bein gemelten corpore doctrinae un-
geturbiret wolte bleiben lafien und unfi dabei
vermuge ihres ampts schutzen, dab wir unge-
hindert reine lehre nach nottorft tier kirchen
vortragen und alle irrige wiederwirtige opi-
niones, soviel zu warnung und ehrbauwung
tier kirchen noth wehre, straffen und aufi
Gottes word verdammen muchten, und wa
demselbigen corpori doctrinae entjegen ist,
da ein ehrbarer rath dafielbige bei den perso-
hen, so Lhrer botmessigkeit unterworfen, nicht
dulden, noch gestaten wolte, und da etwa (dab
Gott gnediglich abwenden wolte) ein neuwes in-
terim oder verfolgung deft concilii oder anderer
corruptelisten halbert solte einstehen, dab ein
ehrbarer rath un im ministerio yon dem ange-
nommenen corpore doctrinae nicht abdringer
wolte, auch nicht anmuten oder auferlegen silen-
tium oder temporisiren, wa dab strafampt wie-
tier die corruptelas belanget, wie etwa zur zeit
des interims mochte sein geschehen 13, sondern
dab zur zeit der verfolgung wie zu jeder zeit
die confession xvieder die falschen lehre dem
ministerio frei und ungehindert muchte gestatet
werden, dajegen wolten wir im ministerio un-
ser ampt nach gemelten corpore doctrinae, vie
wir e fur God und idermeniglich zu verantwor-
ten wusten, treulich und fleisig treiben und ver-
richten.
2.] Da ein ehrbarer rath unser ministerium
nach Gottes wort und befelh ungeturbirt und
ohne eingreif un wolte ganz furen laen, nicht
alleine, wa alas lehrampt, sondern auch wa
dab straffampt belanget, es sei wieder falsche
lehre oder wieder gotlof, ergerlichs leben. Und
weil kurzverruckter zeit dehalben miverstand
und irrung furgefallen 1, fordert die notturft,
da wir un gegeneinander, ehe dan entlich die-
ser vocation halben geslossen xvurde, erkleren.
Und hette nhun die meinung in keinem wege
nicht, als solte und mute ein ehrbarer rath un
zusehen und im ministerio machen und handeln
laen, was wir wolten, als hette christliche
oberigkeit nicht macht, un ordentlicherwiee
darumb zu besprechen und zu rede zu setzen,
den da vere eme rechte papistische tyranney,
Vgl. Anm. 9.
Zum Interim in Braunschweig vgl. Ph. J. Reht-
meyer III, S. 186 ff.; J. Beste, Geschichte, S.
54 f.; G. Hassebrauk I, S. 47.
Wohl eme Anspielung auf die erst kfirzlich
entstandene Streitigkeit zwischen der ffihren-
den Geistlichkeit und dem Rat. -- M6rlin und
Pouchenius -,,- Anm. 3 zu Stick 2} batten
in einer Predigt die Lissigkeit des Rates in
emer schweren Strafsache getadelt. Darfiber
war der Rat in solchen Zorn geraten, dab er
sie, ferner Chemnitz und den Senior Lampe
(vgl. Anm. 27), zu sich rufen liefi und heftig
schalt. MSrlins Antwort war gewesen: ,,Also
kann ich auch euer Diener nicht mehr sein".
-- Vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 266: H. Hach-
feld. a.a.O.S. 84 auch J. Beste, Geschichte,
S. 62; RE 3 13, S. 246.
463
Braunschweig
da rait der kirchen noch nicht versonet sind.
Andere werden dadurch in ihren vorsatz ge-
sterket, und die gefallene personen selbest kom-
raen also zu keiner warhaftigen buBe, sonderen
fallen iraraer au6 einer sunde in die a_rtdere.
Nun weisen tins christliche juristen in ihren ur-
theilen selbest den weg, xvie neuwlig rait Lang-
kopff 22 geschehen, xvelcher zu recht absolvieret
ist rait der angehengeten condition, dab er sich
rait der christlichen kitchen versonen solte, und
ist derselbige auch ganz wllig und unbeschwe-
ret gewesen, auch haben wit ihn nicht vor der
ganzen geraein wollen vorstellen, well es vor
nie geschehen, sonderen haben ihn rait seinen
beystande vor unser colloquiura furgestellet und
dazu gefordert, die kastenherren noraine ec-
clesie, und ihrae daselbest furgehalten seine sun-
de, zur besserunge verraahnet, seine bekentnuBe
gefordert, ob ihrae solche seine sunde leid we-
ten, ob er sich auch rait Gotte und der kitchen,
so er geergert, wolte versonen, wie er sich dar-
auf richtich und christlich erkleret, haben wit
ibm von der ganzen kitchen wegen wiederurab
aufgenohraen und darait an seinen beichtvater
geweiset. Er hat auch selber begeret, dab man
in geraein fur ihra bitten volte DaB ist den ge-
fallen personen nutz, ist Godt. aI yon ibm be-
fohlen, angenehra und dienet der ganzen kit-
chen zur erbauxvunge und besserunge. Ist auch
hoch notig, weil alle sunde und schande uber-
hand nehraen Wit vollen uns befleissigen, die
disciplinara recht nach Gottes wort zu der kit-
chen erbauvunge zu fuhren und vollen solches
nicht einraengen in der obrigkeit arapt, sonderen
bitten, das unsere obrigkeit in dem uns nicht
hinderen, sonderen forderlich sein wollen, denn
wo sonst unsere zuhorer vermerken wurden, dab
tmsere obrigkeit mit der kitchen disciplin nicht
zufrieden, was darau6 fur verachttmge unsers
mmisterii erfolgen wurde, durfte nicht viel
disputierens. Di_6 were also nichts neuwes, noch
gefehrliches, und ich zweifele nicht, ein ehr-
barer rath werde sich darauf christlich erkleren,
den da keine kirchendisciplin solte gehalten wet-
den, wuste ich nicht do arapt zu fuhren, den
sonst der rohe haufe die gemeine straffpredigen
nur verachten.
4.] Wa6 dab colloquiura belanget, dab ein
ehrbarer rath daruber halten wolte, das darin-
hen die gotselige einigkeit, daran der ganzen
stadt gelegen, mochte erhalten werden, die per-
sonen deB colloquii rait ihrera arapt ehren, for-
deren und schutzen, keinen prediger vocieren
ohn consens des colloqui, keinen azmehmen,
man habe dan der lehre halben ira colloquio
nach notturft mit ihra beredet. Auch wiederumb
keinen enturlauben oder seines arapts entset-
zen, es geschehe den mit wissen und consens
des superintendenten und des ganzen colloquii.
Und do tm colloquio em oder raehr trennunge
wurden suchen oder anrichten, belangend die
lehre oder die concordiam, das die herren in
weichbilden den offer dieselbigen nicht wolten
darin sterken, schutzen oder forderen, dem collo-
quio zuwieder und zu verdruB, wie im anfang
mit dera H. Kauffman ad beatara virginem 23
geschehen und auch rait . Becket vurhanden
var. Sonderen do die herren in veichbilden
verraeinten, dab ihre prediger im colloquio zur
unbiliigkeit beschweret wurden, da sie derhal-
22 Tile Langkopf, ein Bfirger aus dera Hagen,
beging 1567 einen Totschlag. Er vurde frei-
gesprochen rat der Bedingung, sich wieder
mit tier Kirche zu versShnen. Am 13. Sept.
xvurde er vor das Kolloquiura zu St. Catha-
rinen gefordert, wo er die VersShnung be-
gehrte, die ihra auch gewihrt wurde. Vgl.
Ph. J. Rehtmeyer III, S. 308.
-3 Johazm Kaufraann, daraals Prediger an der
Kirche zu unserer lieben Frauen, war schon
in den 20er Jahren ein eifriger FSrderer tier
Reforraation in Braunschweig gewesen. Er
hatte sich dann abet dera Zvinglianisraus zu-
gewandt und es verstanden, einen groBen Tell
des Volkes ftir sich zu gewinnen. Dutch den
Augsburger Reichstag war seine Position ge-
schwicht vorden, so dab er 1531 zusaramen
rait anderen Predigern ein von Luther ge-
billigtes Bekermtnis vora AbendraahI unter-
schrieb. Vgl. Ph. J. Rehtraeyer III, S. 23 ff.,
75 f., 78, 82, 97 f.; vgl. das Bekenntnis ibid.
Beylagen, S. 16 ff.; vgl. auch J. Beste, Ge-
schichte, S. 13, 29 If.: Album, S. 105.
466
Bestallungsordnung fiir Chemnitz 1567
ben freundlich mit dem colloquio reden wolten,
bericht horen etc., auf da3 ordentlich alles zu
erhaltunge christlicher einigkeit zugehen muchte.
Item wen meine herren mit einem prediger
seines ampts halben etwas zu reden hetten, da3
man ihn nicht allein furnehme und au33scho-
lierte, sonderen da]3 der superintendens und sonst
jemands au33 dem colloquio dazu muchte gezo-
gen werden. Wen auch meine herren etwa an
einem prediger mangel spureten, da]3 man sich
nicht damit umbtruge, sonderen es dem superin-
tbndenten angezeiget und in besserunge gestel-
let mochte werden. Und da3 eben detgleichen
auch mit dem pastoren im Asseburge und an-
deren meiner herren gerichte muchte gehalten
werden. D alles ist bi3her also gehalten wor-
den, wurden derhalben meine herren desto leich-
ter und williger sich darauf erkleren.
5 ] Well christlich schulen zum kirchen geho-
ren, muste die inspectio scholarum bey dem su-
perintendenten und colloquio sein und bleiben,
also da]3 die schuldiener mit vorwissen des su-
perattendenten bestellet und eingenohmen wur-
den. Auf da]3 nicht personen, so mit phanaticis
opinionibus beschmei3et oder sonst ergerlichs
lebens, zu den schuldiensten angenohmen oder
in denselben mochten geduldet werden
Wo in schulen was mangel vorfiele, da]3 der
superattendens mit dem colloquio darauf zu
sehen und darumb zu reden macht hette, was
belanget die lectiones, exercitia, disciplinam,
vitam, mores, do eine person vom schuldienste
zu enturlauben were, da3 solches geschehe mit
vorwi3en des superattendenten. Item so jemand
in den schulen wieder da]3 ministerium sich auf-
lehnen wurde, das solches nicht geduldet wurde,
sonderen das die collegae scholarum dem mi-
nisterio debitam reverentiam et oboedientiam
praestieren.
Desgleichen auch mit anderen kirchendieners,
al]3 opperleuten, organisten gehalten werden, da3
derselbigen annehmunge und enturlaubunge mit
macht und vorwen der pastoren geschehe trod
dieselbige ad debitam reverentiam et oboedien-
tiam pastoribus praestandam angehalten, oder
do sie denen sich wiedersetzen, im ampt nicht
geduldet wurden. Versehe mich, meine herren
wurden, wie bishero geschehen, die schulen hel-
fen anhalten und forderen, die empter nach
noturft bestellen, die visitationes alle halbe jahre
halten, wollen wit auch mit allem flei3 dazu
helfen, cure certissimum signum sit bene consti-
tutae ecclesiae, quando scholae florent.
6.] XVeil in der kirchenordenunge dem super-
intendenten ein coadjutor zugeordnet were -0
trod aber daran viel gelegen, da3 die beiden
personen einig, wolte ich mir das vorbehalten
haben, da]3 ohn mein vorwi3en, rath und con-
sens der dienst nicht bestellet wurde, und do zu
dem ampte eine person solte angenomen wer-
den, das derselben ernstlich eingebtmden wurde,
sich fretmdlich mit mir zu vertragen, wie ich
mit domino Morlino getahn, oder wo nicht, das
do geschehe, was zu erhaltunge notwendiger ei-
nigkeit vonnoten sein wolte Den do mir einer
solte zugeordnet werden, mit dem ich nicht uber-
ein konte, wurde weder meine, noch der kirchen
gelegenheit sein
7 ] Letzlich wolte die notturft erfurderen, das
ein ehrbarer rath uber meinem ampt, was zu
forderunge dienlig und notich sein wurde, treuxv-
lig und fleissich halten wolte, den do das nicht
geschehen solte, were es viel beSer, meine her-
ren lie3en reich itzund gunstiglich zufrie'den,
versehe reich aber zu meinen herren, da etwas
wurde vorfallen, darin ich meine herren ersu-
chen muste, sie wurden mir jederzeit gunstige
audienz geben und ma]3 zu erhaltunge gotseliger
einigkeit, zu guter disciplin und ordenunge, auch
zu abschaffunge und verhutunge aller ergerni-
3en dienlich wurde sein. und was sonst des mi-
nisterii notturft erforderen xvurde, mit fleit und
treuwen beforderen helfen. An diesen allen zwei-
fele ich an meinen herren ganz nichts, hette
aber doch diese artickel proponieren wollen au
bedenklichen ursachen, wie daroben gemeldet,
2 Vgl. S. 374.
8. 467
Braunschweig
und zveifele nicht, meine hern vurden sich auf
diese artikel gunstiglich und christlich erkleren,
und do ihre erb. w . . . mir wiederumb vas pro-
ponieren xvole, were ich dasselbige azuhoren
und reich darauf zu erkleren bereit
Die kastenherren und diacon habe ich ihres
ampts kurzlich erinnert.
Well sie von wegen der ganzen christliche
gemein der kirchen alhie zu Braunschweig ver-
ordenet veren, volten sie fleissig, vas in ihre
ampt gehSret, auBrichten
1 ] Wolten der prediger vitter sein, wie sie
die kirchenordenunge nennet, do sich sonst an-
dere fremb, unfreundlich, undankbar erzeigeten,
wolten sie den prediger mit aller freundligkeit
und gunst zugetahn sein, dieselbige ehren und
fordern, das die prediger in ihren schweren
ampt bey ihren kastenhern jederzeit sich trostes
zu erhalen muchten haben
2.] Wolten auch auf ihrer prediger hauBhal-
tunge fleiige achtunge haben, daft de kee
nodt leiden muchten, wie solches die kirchorde-
nung 25 ihnen auferlegt
3.] Und xven die prediger nach erforderunge
der hendel die kastenhern alB zeugen zu sich
zihen xvurden, wen sie mit ihren zuhoreren
ampts halben zu reden haben, dab sie sich darin
willig und der gebuhr verhalten xvolten.
4.] In der bestellunge der schulen, opperleu-
ten und organisten xvolten sie nichts ohn und
wieder ihre pfarhern willen furnehmen, unter
der gemein autoritatem und oboedientiam mi-
nisterii forderen und erhalten helfen.
5.] Und xveil die sorge der armen den predi-
gern mit befohlen ist, Gal. 2 [10], das die dia-
coni der prediger zeuchnile forderen, xven die
almosen zu geben sind, und der prediger vor-
bidt fur arme nicht stracks abgeschlagen vurde.
6.] Wen die zeit kumpt, das man generalia
colloquia halten soll, daB sich die kastenhern
fleissich dazu finden xvolten und helfen berath-
schlagen, wo etvan mange] in kirchen, schulen
ud bey der gemein furfielen, dal zu besseren
were, und xvas sonst mehr in solche delibera-
tiones gehoret. Item do in solchen sachen etwas
a einem ehrbaren rath zu bringen vere, dab
sie sich dazu brauchen laBe und die sache be-
forderen helfen, da sie nicht stecken blieben,
wie oft geschicht.
7.] Da auch in ervehlunge der kastenhern
und diacon das gemein gebet man laBe vorher
gehn und da die person, die zum kastenampt
erxvehlet und bestellet solle xveren, von ihren
pfarhern gute zeuchniBe haben glaubens und
lebens halben.
Diese artikel hette ich dem ehrwtirdigen collo-
quio, einem erbaren rath und den ersamen ka-
stenhern, ehe dan ich reich zum ampte be-
stellen xvolte lalen, proponieren xvollen auB
bedenken und ursachen, vie im anfang de-
duciert, und wen ich darauf erklerunge bekeme,
damit ich konte vervaret und zufrieden sein,
volte ich reich darnach ferner mit entlicher
fleiigen antvort vernemen laden Weil aber
die proposition der artikel sich etxvas verzogen
und desselbigen tages des herren kemmers Ger-
laci Kalen hochzeit sein solte, ist die berat-
schlagunge derselben artikel und die beatwor-
dunge aufgehoben. Den 24. Septembris sind xvie-
derumb zusambkommen die hem eines erbaren
raths, die prediger und die kastenhern, hat ein
jeder sein bedenken der artikel halben einge-
bracht und haben sich daruber semptlich in der
kurz ohn weitleuflig disputirent vereiniget, dar-
auf bin ich hineingefordert, der her Licentiat
Melchior Cruger syndicus hat die beantwor-
digunge der artikel abgeredet der meinunge:
Es herren die hern eines erbaren raths, des ehr-
wtirdigen m[inisterii] colloquii und die ersamen
kastenhern die artikel, die yon mir gestriges
rages proponiert, beratschlagt und bexvogen und
achteten ohn noth, einen jeden artikel in son-
derheit zu beantvorten, well darin nicht neuxves
furgebracht, sonderen eben daBelbige repetirt,
das vorhin in der kirchordenunge verleibet
oder ja zur erklerunge und haltunge derselbi-
2: Vgl. S. 376.
468
Ordnung der Zeremonien auf den DSrfern o. J.
Darm darumb sein die feiertag eingesetzt und
von Godt zu heiligen geboten, das das yolk
Gottes xvort daran horen und es lernen sal.
Die petfart sal in der wochen einmal ge-
halten xverden alfso:
Erstlick salder pfarher und opfermann mit
dem yolk das Vaterunser singen.
Darauf salder pfarher dem yolk ein ganz
capittel au dem evangelio vorlesen, Mathe-
um anheben und in der ordnung die evange-
listen alle vier nach einander auflesen, und
wen die auf sein, sie wiederumme yon forne
anheben.
Auf das capittel sal er ihnen auch die ftmf
haubtstucke des catechismi vorlesen.
Und darauf ihnen die litaniam vorsingen, und
domit es dem volke nicht zu lang were, etn-
real den halben und alas .nder real den an-
dern halben theil.
Darnach sal der pfarher mit der collecten
concludieren
59* 475
Braunschweig
6. A_rtikel, in der visitation den pfarhern uberantwort. 1
Erstlick wil yon noten sein, ein iden pfarher
volgende visitationartikel zu uberantworten, do-
rnit er sich darnach zu richten hab under auch
darauf achtung geben kann, dornit denselben zu-
folge gelebet werde.
Zurn andern wolt die noit auch erfordern, das
in einer itlichen pfarkirchen, darinnen ein pfar-
her woneth, eine bibel und eyn braunschweigksche
kirchordnung gezeuget werde, die der pfarher
nter seinen henden haben und gebrauchen,
auch dem godtfihaui bewaren und dafur sten sal.
Eyn jeder pfarher sol vleissig darauf achtung
geben, neben den alterleuten, das xveder der kir-
chen, noch der pfar ader opfermann an ihrem
einkomen und alten gerechtigkeit nichts entzo-
gen, auch alle jar emmal yon wegen der kirchen
rechnung in sein, des pfarhers, beivesen gehal-
ten werde.
Dem opfermann solln die markgarben wie vor
alters gegeben werden, domit derselb al der
vleissiger die kinder den catechismum helle le-
ren.
Der stend zehent rnochte auch billich zu den
pfarhern geslagen werden, domit dieselben dar-
durch gepessert wurden und der pfarher all der
mer vleil bei dem yolk mochten furwenden.
Darumb sal ein ider pfarher sein ampt mit
vleil aurichten, nicht allein wie er es for der
obrigkeit, besunder vel mehr vor Godt vorant-
worten woll.
Es sol auch keiner auf_6 rneiste mer dan zwu
kirchen zu vorsorgen haben, damit er den leuten
all der pail fursten moge.
Wo ein pfarher nicht mehr dan eine kirchen
zu vorsorgen hat, schal er alle Suntag oder fier-
tag zwu predig darinnen thun, eine fur und die
ander nachmittag.
Desgeleichen sol er auch in der wochen al
Mitwocherd ader Freitags, wen es dern yolk am
gelegesten sein wil, einen pettag mit dem yolk
halten, wie das alles in sunderheit vorzeichnet
ist.
Und sal ein jeder pfarher vleissig darob sehen,
alas das yolk die deutschen gesenge wol lerne
und vleissich in der kirchen mitsinge
Er solle auch zu einem iden rnal alas yolk
vleissig zum gepett vormanen, vor einen gemeinen
landfried, fur treuwe lerer und die obrigkeit zu
piten, nicht alleine nach der predigt, besunder
auch doheim in den heusern und alwegen, wen
man die gepettglocken -" leutet.
Desgleichen sol er auch das yolk vleissig vor-
manen, almosen zu geben, und die feiertag in
der kirchen dasselbige samlen lassen, es auch
mit bewust der alterleut derm arrnen, so da-
selbst vorhanden, aul3eilen.
Er sol auch die leut mit vleil3 vormanen und
dohin weisen, das sie ihre kinder vleissig zum
catechismo halten, so oft er ader der opferman
denselben leret.
Desgleichen sal er auch die leut vormanen,
das die ihre kinder, so tuglich darzu sein, zum
opferman gen und lesen lassen leren und sun-
derleich im winter, da sie doch sunst nit vil
zu thun haben. Fur solche mue mag man dem
opfermann yon elm knaben ein halb jar ein
himbden rocken 3 geben.
Der pfarher sol niemand zu dem heiligen sa-
crament des altars zulassen, er babe darm zuvor
gepeicht und die absolution entpfangen, aldo sol
der pfarher ein iden in stmderheit vleissig in
seinem catechismo vorhoren und unberrichten.
Die pfarher, so do nahen umb die stadt und
ein meile ader zvu am xveitesten davon vonen,
soln in der wochen einmal herein in die lectio-
nes komen, wen man in theologia list.
Es sal auch ein ider pharher das jar zweimal
herein zum colloquio komrnen, al Midtwochen
Druckvorlage: Akte B III 15, Bd. 2, fol. 286--
289, Stadtarchiv Braunschweig.
Vgl. S. 395 f. u. Anm. 7.
Himten Roggen. Der Himten war ein Korn-
und Frtichtema, in den verschiedenen Gegen-
den yon unterschiedlicher GrSe.
476
Braunschweig
7. Artikel, de visitation beider gerichte Asseborch und Eike belangen. 1
[1546]
Visitationartikel ungeferlich.
Erstlich wil yon noten sein, das der pfarher,
opferman, die vorsteher der kirchen, der schultes
und die bauern au einem idem doff auf einen
aigen tag besunder gefordert und vorbeschiden
verden.
Denen mag zum ersten allen in gemein sempt-
leich angezeiget werden, das man dises aul
bevolen ampt der obrigkait ihnen zum pesten
thue, sie alle gebrechen im christlichen glauben,
was lere und leben anlanget, umb ihrer selen
seligkait hell willen gutlichen zu vorhoren und
freundlichen zu unterrichten
Darnach mag man die gemein allein horen,
den pfarher uncl opferman entxveichen lassen und
sie fragen, ob sie an khrem pfarher und opfer-
man ein genuge haben ader ab sie derselben bei-
den ader ein mangel hetten und xvechsel beget-
ten.
Zum andern sie fragen yon der lere und pre-
digt des pfarhers, xvievil er derselben xvochen-
lich thue, und was er predige.
Zum dritten yon seinem leben, ab er auch ein
zenkischer mensch und pierseufer sei und vil im
kruge lig, ader ab er ehrlich ader nicht sei, vleis-
sig studiere, vie er hauhalt, ab er xveib und
kinder babe und wie sich dieselben halten.
Zum virten, was die kitchen, der pfarher
und opferman fur enkomen hab, ab auch denselo
ben an ihrer gerechtigkait yon imand ein ab-
bruch geschee
Zum funften, wet der kirchen einkomen ader
klemat unterhanden hat, wie denselben vorge-
standen xvere, ab auch jerliche rechnung, xvie
und xvan die gehalten xverde.
Zum sechsten, ab auch etliche knaben zum
opferman ader pfarher pisweilen, ehe sie zu der
arbeit tuchtig sind, in die schul gehen.
Zum sibenden, ab auch in der kitchen alle
feyertag almosen gepeten werd.
Zum achten, ab auch arme leut, die das almo-
sen nemen, vorhanden sein, und xvie dieselben
unterhalten xverden.
Zum neunten, ab auch frembde betler dohin
komen, wie man sich gegen denselben halt.
Zum zehenden, ab auch ergerliche gebreuch
unter ihnen sein, und ab das yolk unter der pre-
dig in krugen ader zum burnewein lige ader der-
gleichen sich sunst ergerleich halt.
Und zum letzten, ab sie sunst etliche gebre-
chen ader mangel unter ihnen hetten und an-
zuzeigen wusten.
Darnach mag man die bauwern alle entwei-
chen lassen und den pfarher allein horen und
fragen.
1. Ab die bauwern gem zu kitchen gen und
Gottes wort horen.
2. Ab sich imand demselben zuwider setze
3. Ab die leut auch gem zum heiligen sacrament
gen.
4. Wie sie sich gegen ihm, dem pfarher, halten.
5. Ab auch der kitchen ader pfar yon imand
abruch geschee.
6. Ab ehr, der pfarher, sich auch behelfen kan,
und vas sein einkomen ist.
7. Ab er sunst etwan mangel im yolk her ader
wust, ader was etwan erger'lichs vorhanden
sein mocht. Item wie sich sein opferman halt
8. Darnach sal tier pfarher examiniret werden
yon seiner lere und predig, yon den heiligen
sacramenten, dem gesetz und evangelio, auch
allen stucken des eatechismi.
9. Desgeleichen sol er auch von seinen cere-
monien, wie er es damit halt, all] mit singen,
leuten, lichten und kleidung in tier kirchen,
Druckvorlage: Akte B III 15, Bd. 2, fol. 294--
296, Stadtarchiv Braunschweig
478
Visitationsartikel ftir Asseburg und Eich 1546
auch wivil er wochentlich predig thu und ab
er auch den catechismum und wie er densel-
ben lere, gefraget werden. Alsdan sal ibm
furgehalten werden, wo ibm vonder gemeine
etwas unpilliches wev schult geben worden.
Darnach mag auch der custos ader opferman
allein geho.ret und erstlich vom pfarher gefraget
werden 2, wie sich der in der kirchen mit predi-
gen, singen und ceremonien, auch der lere des
catechismi halt, auch was er fur ein lere und
wandel fure.
Zum andern, wie sich die pauvern gegen dem
pfarher und ibm halten, was sein enthalt sei, ab
ibm auch an seiner gerechtigkait yon imant ab-
bruch geschee.
Zum dritten, ab er sunst ethwas, das erger-
leich in einer gemein were, anzuzeigen wust.
Zum virten sal er auch von seiner geschick-
ligkait und leben examiniret werden.
AL6dan mugen die bauwern trod ein ider in
sunderheit, wie sie ihren catechismum, das Va-
terunser, den gelauben und die zehen gepot ken-
nen, trod ab sie auch und wie oft des jars zum
heiligen sacrament gehen, trod was sie davon
vorstehen, gefraget verden.
Darnach sal ein ider vleissig vormanet ver-
den, alas er sein leben bessern, gern zu kirchen
gehen und Gottes wort mit vleil horen wolt,
auch seinen catechismum lernen, for die oberig-
kait und einen gemeinen landsfride vleissig
pitten wolt, sunderlich, so oft er die gepetglok-
ken ader das pro pacem 3 schlahen hort.
Zum letzten, so dan etliche gemeine gebre-
chert gefunden sein, mag man den bauwern allen
semptlich in beisein des pfarhers solchs abzu-
schaffen ernstlich bevelen.
Desgeleichen mag dem pfarher in gegenwart
der bauwern sein ampt auch mit ernst bevolen
und ein kurze kirchordnung, darnach er stch zu
richten hab, zugestalt werden.
Wurden aber gebrechen in sunderlichen per-
sonen befunden, so sal man dieselben, ein idern
in sunderheit allein, anzeigen und ihn zu der
pessertmg vormanen, mit angehangener drau-
xmxtg der straff, wor er sich nicht pesseren
wurd
Der endliche abschide sal sein, das man es pei
diser visitation nicht wol pleiben lassen, besun-
dern zum oftern real viderkommen und besehen
wolle, xvie sie sich gepesser wurden haben.
Ab auch gar tmgeschickte pfarher befunden
wurden, mochten dieselben ab und tugliche an
ihre stadt gesetzt werden.
Und ab imandes in sachen der religion, es
were pfarher, opferman oder die bauwern, rades
bedurfen werden, die mochten sich des zur iden
zeit bei den visitatoren erholen, darzu dan sun-
dere personen mochten ernennet werden etc
,o Am Rande: Ader mag en vor dem pfarher
gehoret werden.
3 \gl. S. 395 f. u. Anm. 7.
479
II.
Braunschweig- Ltineburgische
KIRCHENORDNUNGEN
I6r das
Ffirstentum Lfineburg
und f/it die Stadt
Lineburg
FURSTENTUNI LUNEB URG
LITER ITUR auISer den im allgemeinen I'erzeichnis zu diesem Band angegebenen Titelu:
C. C a s.s e I. Geschichte der Stadt Celle. Bd. I. Celle 1930. m F. C o h r s. Eine I n s t r u k -
t ion ]6r eine Kirchem'isitation in den I,neburgischen _J'mtern Celle. Jleinersen und Burgdorf
aus dem Jahre 156. in: ZnKG 34 35. 1929/130. S. 191196. F. C o hrs. Christo[h F i-
s c h e r d. _Jlt.. Einfltige Form. ,'ie man im F,rstentum L,neburg alle Ordinanden zu exami-
nieren [Jflegt. 1575. in: ZnKG 29 30. 1925. S. 53--135. -- F. Cohrs. Urbanus Rhegius"
.. E x a m e n eiscoli in ducatu Luneburge'si" (15367) = Studien :ur ltelormationsgeschichte
u. z. [Jrakt. Theol.. G. Kawerau an s. 70. Geburtstag dargebracht. Leipzig 1917. S. 57 69.
,4. L. a c o b i. Landtagsabschiede und andere die l/erlassung des Ftrstenthums Lnebur be-
treflende Urkunden. T. 1. Hannover 1794. ll'. K n o o D . Herzog Ernst des Bekenners Oral-
hung ,ber das Einkommen der Pastoren trod die Ehesachen yore 15. Yovember 1543. in: ZnKG 9.
1904. S. 203 230. llartin K r i e g . Die Entstehung und Entwicklung der .Ira t s b e z i r k e
im ehemaligen F,rstentum LOneburg. = Studien u. l'orarb, z. hist..ttlas yon Niederachsen 6.
G6ttingen 1922.- ]1. Krieg. Uber die 1nfnge der neueren _1mtsverfassung im F,rsten-
turn L,neburg im 16. Jahrhundert. in: Hannoversches Jlagazin 2. 1927. -- li". K r osch. Die
landstndische l'erfassung des Ftrstentums L,neburg. Diss. Dhil. Kiel 1914. lrchiv I. Gesch.
u.l'erfassung d. I'i/trstenthums Liineburg. brsg. v. E. L.v. Lenthe. Bd. 9. Celle 163. -- b.F.C.
M a n e c k e, To[Jogra[hisch-historische Beschreibung der Stdte. A'mter und adelichen Gerichte
im Frstentum L,neburg. Bd.l. 11. Celle 15. It. 5t einmetz. Die GeneralsuDerintenden-
ten yon L,neburg-Celle. in: ZnKG 20. 1915. S. I ff. (Zit.: G.S. v. L,neb.-Celle). Urbanus
Rh e giu s. li'ie man ]6rsichtiglich und ohne jrgernil$ reden soil yon frnemesten _trtikeln
christlicher Lehre. Hrsg. yon .1. b c k e I e y = Quellenschr. z. Gesch. d. Prof. 6. Lei[:ig 190.
G. Uhlhorn, Die KO0 v,m Hannover und Braunschweig. in: I'ierteljahrschrift
Theologle und Kirche 111. 2, 15'53. G. Uhlhorn. Urbanus lthegius = Leben u. aus-
gewhhe Schriften d.l'iiter u. Begr6nder d. luth. Kirche 7, EIberfeld 161. .t. ll'rede.
Die Ein],hrung der Reformation im L6neburgischen dutch Herzog Ernst den Bekenner. G6t-
tingen 1857. (.1uszug daraus in: .. ll'rede. Ernst der Bekenner. Herzog yon Braunschweig und
L,neburg = Schr. d. ler. f. lleformationsgeschichte 25. Halle
.1RCHII)E: Niedersiichsisches Staatsarchiv Hannover: Stadtarchiv L6neburg: -lrchiv der
Superintendentur in L,neburg; .Irchiv des KIosters St. llichael. L,neburg: Stadtarchi,. Celle:
,4rchiv der Su[Jerintendentur in Celle: ,Ministerialbibliothek Celle.
60- 483
Konkordien[ormel. in dieser Form wird das Corpus doctrinae IUilhelminum mit der KO yon
1643 his heute yon den Geistlichen vor der Ordination unterschriebe' (vgl. H. Mulert, Die
evangelische Lehrver]flichtung in der evangelischen Kirche Deutschland,. Tiibingen 1904. S. 14).
Die Entwicklung der Ordination ist wesentlich beeinflutt dutch Privatarbeiten der [iihren-
den Superintendente'z des Frstentums: einmal Urban Rhegius. Examen episcopi in ducatu
Luneburgensi. etwa 1536 erschienen (rgl. Coh rs. R h e g i u s . sowie H e n n e c k e . Ordina-
tion, S. 19. 3 [.): zum andern Christoph Fischer. Ein[eltige orm. wie und welcher Gestalt
man im liblichen [rstenthumb Liineburg alle ordinanden und auch alle pastores in den ge-
whnlichen rliche' visitationibus in den [iirnemsten heuptstiicken der christlichen lehre
eraminiren pHegt .... 1575 (v.l. Cohrs. Fischer. auch Hennecke. Ordinatio
S. 40).
Die Beobachtung der KO ,,,on 1564 wurde dutch die im gleichen Jahre ver6]]entlichte
Poli:eiordnung deren Fitel: Re]ormatio u nd ordnung unser yon Gottes gnaden Hein-
richen und llilhelmen der jiingern, gebriidern, her:ogen :u Brunschwig und Liinenburg. so
wit in etlichen gemeinen sachen unsern unterthanen :u wolart und gutem haben gemacht.
Inno 1564. gedruckt :u ll'ittemberg noch besonders eingeschr[t, darin auch weitere ler -
ordnungen :ugunsten ungest6rter Gottesdienste hinzuge[6gt. Im _lbschnitt iiber die Un:ucht be-
:ieht man sich au[ eine bereits bestehende ..Ordnung der ehesachen'" und l/t sie hiermit
erneuert sein. Es bleibt o[[en, ob unter dieser die yon 1543 zu verstehen ist oder in:wischen
eine weitere erschienen war.
('her all die bi.her besprochenen llat.nahmen hinaus wissen wir nicht viol yon der tusFbung
des Kirchenregimentes dutch die Herz6ge. Das 1564 eingeset:te Konsistorium (vgl. hier:u
auch S c h ! e g e ! If. S. 396) ist nicht sonderlich in Erscheinung getreten. ]eden[alls haben die
Her:6ge his ins 17. lahrhundert hinein, wie es bei den ein.[achen l'erhdltnissen ihrer Kan:lei
:u erwarten ist (vgl. It;. 0 h n s o r g e: Zum Problem: F6rst und l'erwaltung um die ll'ende
des 16. Yahrhunderts. in: Bll. .[. dtsch. Landesgesch. . 1951. S. 152 [.[.). wesentlich patriar-
chalisch die Kirche geleitet, lieten sich indessen malgeblich beraten dutch ihre Generalsuper-
intendenten (vgl. N l e in m e t :. G.'. v. Liiteb.-Celle. S. I ..L). Zur Zeit der Krankheit
des Her:ogs ll'ilhehn (vgl. !! o o g e w e g. Fiirst und H-[ :u Celle wiihrend der Krankheit ll'il-
helms d. 1. (1.73--192). in: ZNS 1902, S. 34.[.[.) nahm der derzeitige Generalsuperintendent
Christoph Fischer o][enbar auch eigenm6chtig das li'ohl der Landeskirche in die Hand. llan
kann dieses wohl yon der Generah'isitation yon 153 annehmen.
Die Bestallung der Generalsuperintendenten behielten sich die Herz6ge vor. 1us dem
16. Yahrhundert ist nut die Bestallung des Georg Bonsack aus dem Yahre 1571 iiberlie.[ert
(vgl. H. J. By t em eis t er. De vita. scriptis et meritis supremorum praesulum in ducatu
Lunaeburgensi. Helmstedt 172. S. 91 [.. vgl. auch St.t. Hannover. Celle Br..t.Des. 62 If. L 1).
Seine l'erpflichtung lautete gan: schlicht dahin, dab er ..das pastor- und superintendenten-
ambt mit predigen, visitieren und was ibm als einen pastor zu Zell und ,eneral-superinten-
denten geburn will. seinem besten verstande nach treulich verrichten solle . Er kann also
seine lYrantwortung nach Belieben schalten und walten.
Die Bestalhmg der iibrigen Geistlichkeit lag in der Hand der Patronatsherren. Das Pa-
tronatsrecht lieB sich die Landscha[t nicht beschranken..4u[ dem Landtag yore 17. Yuni 1591.
der unter dem t'orsit: der Her:iJge Ernst und Christian im A'amen ihres laters start[and.
wurde u.a. darber verhandelt. Die Land.cha[t .b:w. die Patronatsherre,' batten sich beschwert.
dab der Superintendent wohl der Generalsuperintendent nicht immer den von ihnen vor-
488
l)olksschulwesens in den altwel]ischen Herzogthiimern der Provinz Hannover. in: ZNS 1904,
S. 70 ].). In Celle soil 1545 durch den Kantor 2ohannes KSrner eine Schulre]orm stattge]un-
den haben (vgl. C assel 1. S. 449 ].). Erst im 17. Jahrhnndert sind Ordntmgen ,,t]gestellt
worden.
Uber das Kirchenwesen in dem yore Fiirstenttm Liinebtrg 1.327 abgespalteten Herrscha]ts-
bereich Harbtrg (vgl. oben S. 44) vgl. nttmentlich ii e n n e c h e (Dvr Kirch,nbe:irk Harbtrg im
2ahrhundert der Re]ormation. in: 2nKG 36. 1931. S. 322--325). Henneckes lngaben ist hier
nichts hinzuzu]iigen, ztmal die yon ihm benttzten lkten in[olge der Kriegseinvirktmgen noch
nicht wieder eingesehen werden konnten.
61" 491
Artikelbuch 1527
De erste artikel.
Dat ein ytlick kerckher syne kercken
s/ilvest bewone.
Nademe dorch affwesent der kerckheren de
schape Christi mennichfoldiger wyse nicht allene
vors/imeliken unde untruweliken geweidet, sun-
der ock umme swarer unbilliker pension unde
egens nuttes wjllen under gestalt gSdtlikes we-
sens van der warheit 5vel vorfSrt werden, ys
van nSden, dat ein ytlick kerckher persSnlick
residere.
Dusse artikel, wowol he yn sick klar ys, na-
deme eyn ytlick kerckher yon nodt wegen by
synen bevolen schapen tho wesende vorplichtet
is, bewert erie doch Christus myth d/isser geli-
kenysse {Johan. 10, 12}: Eyn gudt herde settet
syn levent vor syne schape. Ein medelink 5verst,
wen de den wulf komen stith, so flticht he unde
achtet der schape nicht. So nu mit d/isser un-
truwe de medtlynge bevtint synt, ock de dach-
like erfaringe medebringet, dat se nicht der
schape beste, sunder dat ere sSken, dartho ehne
de rechten kerckheren dorch fSderynge erer un-
billyken pension orsake geven, mSgen se yn
nenem wege geleden werden, dewyle dorch de
propheten, de kerckheren unde herden, dede
gewinst unde egen geneth sSken edder s/is un-
truwelick handelen, hochlick unde schrecklick
beschuldiget werden, sprickt de Here (Esaie 55
= 56, 10 f.): De wechters synt blynt, alle synt
se unweten, se synt alle stumme hunde, de nicht
bellen k/innen, se seen ydelheit, slapen unde be-
leven de drSme, de unvorschemedesten hunde
hebben nicht mSgen gesediget werden unde heb-
ben nychtes vorstaen ktinnen, alle hebben se
na eren egen wegen geseen, eyn ytlick na der
gericheit van synem orde, yn welckeren wSrden
klarlyken vormerket weft de torn des Herev
over de, de dem volke dorch unvorstand, vor-
sumenysse, untruwe unde gyricheit 5vel vor-
staen, desgeliken Hieremie (Hiere. 2, 8; 10, 21
unde 33 23, 1 f.) de vors/imenisse unde vor-
achtinge der schape mit we und swarer straffe
yon dem Heren wert aagetogen Ock M,chee
secht de Here (Mich. 3, 11): Er 5versten hebben
umme gave wyllen gerichtet, unde ere prester
hebben umme Ion geleret. Dyt secht de Here
over de propheten, de myn yolk vorfSren, de
mit eren tenen biten unde den frede vorktindi-
gen, unde so nemant wes yn ereh round gyfft,
erheven se einen krig. Unde wert dermaten So-
phonie (Sopho. 3 ---- Zeph 3, 4), Hieremie {Hiere.
6, 13) unde an velen anderen 5rden de gyricheit
der prester swarliken straffet. Ezechielis 5verst
secht de Here {Eze. 33 - 34, 2 ff.): We den her-
den van Israel {dat ys mynes volkes}, de sick
s/ilvest hebben geweydet, plegen de schape nicht
van den herden geweydet werden7 Gy 5verst
hebben de melck gegeten unde juw mit der wulle
gekledet und xvelcker vet was, slachtede gy.
Overst myne schape hebbe gy nicht geweydet,
dat swacke hebbe gy nicht gesterket, dat kranke
nicht gehelet, dat thobroken nicht gebunden, dat
vorworpen nicht wedder gehalt, dat vorloren
nicht wedder gesocht, sunder gy hebben mit
strenge unde gewalt over se geherschoppet, unde
nu synt myne schape vorstrSuwet, .vndeme se
nenen herden hebben, unde alle derte e hebben
se gefreten.
Wat mSchte nu jegen de medtlynge und aff-
wesende rechte kerckheren, de bemelter wyse
yn aller untruwe unde gyricheit mit den par-
ltiden 5vel ummegtin, schrecklikers gehSrt edder
gesecht werden7 Noch ermaent de Here Chri-
stus den hylgen Petrum nicht sunder orsake
dremal {Johannis ultimo = Joh 21, 15 ff.), dat
he de schape weyden schSle, dewyle he den He-
ren belevet. Gelick a!se wo!de Christus seggen:
S/i Petre, du belevest mick, darumme lat myne
schape d/isser leve geneten, dat se mynenthalven
van dy getrtiweliken geweydet werden Des de
hillige Petrus s/ilvest wyder verklarynge gyfft,
dar he secht (1. Petri 5, 2 ff.): Weydet de herde
Christi, de under juw ys, unde vorheget se, nicht
genSdiget, s/inder s/ilfwillig, nicht umme schedt-
likes gewynstes willen, s/inder uth thogenegetem
2 = Getier, vgl. Schiller u. L/ibben I, S. 508.
493
Ltineburg
gembte, nicht alse hersschoppers aver dat erve,
stinder weset ein gudt vorbilde der herde, so
werde gy, wen nu erschynen wert de erzeherde,
de unvorgenkliken kronen entfangen
So nu yon den herden stilcke trtiwe, flidt unde
willicheyt wert gefbrdert, wil syck nicht tee-
men, ys ock Goddes worde unde allen rechten
genzlick entjegen, emem medtlmge de schape, so
Christus mit synem blode verlSset, yn mutwil-
lige varlickheyt unde vorderf aver to geven,
dat syck underdes de rechten kerckheren eres
affwesendes ane sorge unde arbeit der melck unde
wulle, schmdens unde schavens schblen erfrbu-
wen unde doch geschreven ys (2. Tessa. 3, 10):
We nicht wil arbeiden, de schal ock nicht eten.
SchSlen alle rechte kerckheren na vermSge gSdt-
likes wordes, ock genanten geistliken rechtes
ere kercken persSnlick mit flyte unde trtiwe
tho bewonen van der overicheit gednmgen wer-
den. Alse denne ock vele andere schrifte, so mit
bemelten sprSken stemmen, genSgaftig uthwy-
sen
De ander artikel.
kVat dem volke schal gepredicket
werden.
Dat ein ytlick kerckher yn der jegenwarde
stedes unde sfincler behelp residerende, synerr
bevolen parfolke dat evangelium lutter, reyne
unde klar predicke, alse datsfilvige van Chri-
sto synen jfingeren bevolen unde uns yn bey-
derley testamenten genochsam vorfatet unde na-
gelaten ys, fabulen unde ander unniitte wasche-
rye vormeden, Christus allene unde de leve des
negesten m6ge gepredicket werden.
Dusse ander artikel beslut, dat ein ytlick
kerckhere, so he syne egene kercken besytt,
nicht lere, wat eme udt dtinket, stinder wat
eme tho leren yon Godde ys bevolen unde ys yn
der schrift genochsam gegrtindet, dar Christus
synen jtingeren dat wort yn den mund deyt unde
secht (Mar. 16, 15 f.): Gaet yn de ganzen werlt
unde predicket dat evangelium allen creaturen.
We gelSvet unde gedofft wert, de wert salich
werden. We 5verst nicht gelSvet, de wert vor-
dSmet werden. Item (Matthe. 28, 20): Leret se
holden allent, wat ick juw bevolen hebbe (Luc. 23
---- 24, 47).
Dat 5verst de kerckheren unde selsorgere nicht
mSgen leren, wat ene bedtinket, edder wat de
gewaenheit medebrynget, ys klar uth dem worde
Goddes, dar he secht (1. Mose 4 - Dt 4, 2; 1.
Mos. 12 ---- Dt 12, 32): Gy schSlt ock nichtes
dartho doen, wat ick juw gebede, unde schSlt
ock nichtes darvan doen, uppe dat gy beholden
de gebode des Heren juwes Goddes, de ick ju
gebede. Allent wat ick juw gebede, schSle gy
allene holden, dat gy darna doen. Gy schSlt nich-
tes darto noch darvan doen. Item (Prove. 30,
5 f) alle wort Goddes synt dorchluttert und synt
ein schild den, de up erie truwen. Do nichtes
tho synen worden, dat he dy nicht en straffe unde
werdest 15genhaftig gefunden. Dartho dSrch den
propheten Ezechiel (Ezech. 20, 18 f.) vorbtit Godt
dem volke unde secht, dat se yn den seden erer
veder nicht wanderen, ere gerichte nicht holden,
ock mit eren affgSden nicht schSlen vorunrey-
niget werden. Ick byn de Here, juwe Godt, wan-
dert yn mynen geboden, holdet myne gerichte
unde vullenbringet se.
Vorder gyfft Paulus allene der hilligen schrift
de eere (2. Timo. 3, 16), dat alle schrift, van
Godde yngegeven, is ntitte thor lere, thor straffe,
thor beteringe, thor ttichtinge yn der gerechti-
cheit Tho den Galateren (Gala. 1, 8 f.) 5verst
vorwerpet he alle lere, de dem evangelio nicht
gelickformich is, 5fft se uns ock ein engel vain
hemmel vorktindigede. Uth welckeren sprSken
apenbar is, dat allene de schrift schal unde moth
gepredicket werden, de van Godde yngegeven
is, de men canonicas nSmet, welcker yn der
biblien doch yn underscheden werden vorfatet.
Dede ock nicht anders leren, wenn dat dtisse
Jhesus sy Christus, unde wo de negeste tho
beleven. Hir wert syck nu ein getruwer lerer
unde husholder Goddes wol weten tho holden,
dat alle andere rede, so tho vorklaringe bemel-
ter schrifte denen, nicht egene gudtdtinkendes,
sfinder na dem snor dersulven schrift vorsichti-
gen unde truwelicken gerichtet unde vorhandelt
werden.
494
Artikelbuch 1527
De drudde arhkel.
Wo me sick jegen ungeschyckede,
vorstimige edder kranke kerck-
heren holden schal.
Uppe dat 6verst ein ytlick synes amptes trti-
weliken warneme, den vors0migen billicke
straffe, den ungeschickeden ere mae upgelecht,
den kranken unde anderen erer notr6ft unde ge-
breke bedacht werden, is van n6den, dat nein
kerckhere ewich tho blivende gesettet, confirmert
edder bestdiget werde, stinder so verne he syck
redelyken holt, dat ock na erf6rderinge bernelter
ynfelle, de gemenheit sampt todaet der overi-
cheit hiryrme tho handelen, ordenen, setten unde
entsetten macht beholde.
Dussen artikel, so vele de vorstimigen unde
ungeschickeden belanget, bewert Christus (Math.
5, 13), dar he de predickers dem solte vorgeli-
kent. Wor nu dat solt dum edder doff weft, is
ydt nergen met ntitte tho, stinder dat me ydt
wech werpe unde mit v6ten trede. Nu f6rdert
de hilge Paulus yn einern bisschoppe edder
kerckheren nafolgende d6gent uncle schicklick-
heyt (1. Timo. 3, 2 ff.; Titon 1, 7 ff.}: Ein bis-
schop (secht he) schal unstrafflick wesen, men
eines wyves man, n6chteren, ttichtich, sedich 3,
gastfryg, lerhaftig, nicht wynstichtig, nicht bet-
sich 4, nicht schendlikes gewynstes begerich,
stinderen gelynde, nicht haderich, nicht gyrich,
de synem egen huse wol v6rsta, de gehorsame
kinder hebbe, rnit aller redelickheyt. Yn summa
fordert Paulus yn bemeltem kerckheren de rne-
ticheit, gave unde schicklickheyt, dat he dem
lasterer ock nicht ynt 6rdel falle. To derne, dat
he mechtich sy wedder alle falsche lerer tho
streven. Ock syn bevolen parfolk des levendes
ein v6rbylde und exempel an eme hebbe. Alse
he sick stilvest r6met (Philip. 3, 17): Volget my
Csprickt he), leven br6der, unde seer up de, de
also wanderen, alse gy uns hebben tho einem
v6rbylde.
Dewyle denne ein exempel gudes levendes unde
kreftige lere sampt anderen d6geden an einem
kerc-kheren n6dtliken gef6rdert werden und de
vorstimygen darjegen am exempel, de ungeschik-
keden an der lere, de entfoldigen gemenheyt
schedtliken ergeren, folget van nodt wegen, dat
sodanen de parren nicht tho laten, noch tho
oevehlen synt. Dar me nu, wo ber6rt, sulckes
betrachten unde hyryn seen xv6rde, worden de
parkercken nicht urnme gunst, gelt, gave, friint-
schop tho vorstimynge unde schaden der selen
vorlenth werden, w6rde ock den statknechten,
mulwarderen und anderen curtisanen, ock den,
de sick uth anderen orsaken wente hertho yn
de kercken gedrtmgen, sodane rnutwillige tho-
nSdinge vorhyndert, vSrde ock hirmede dem be-
vele Christi (YIath 7, 15; unde 24. 5. 11. 24) nde
Pauli (Acto. 20, 29) gefolget, de uns vor sulcken
wiilven under schapesklederen gans trtiweliken
warnen Nu roach doch einem ytliken rechtsyn-
nigen we doen unde jarneren, dat me wente
an dtisse tydt anseen moth den leydigen gyr
aller falschen herden, welcker under vormein-
tern rechten titel nichtes anders, wen merklick
gelt uncle schendliken gewynst s6ken unde nicht
allene tho dem parampte undiichtig, sunder ock
undiichtigen, ungelerden unde thorn dele lester-
haftigen hurparneren 5 de kercken uthgedaen
hebben, allene dat de rechten vormeinten kerck-
heren gelt kregen unde de htirparner erer unge-
schicklicheit, unardiges levendes edder desgeli-
ken under bevele unde namen erer rechten
kerckheren syck behelpen mochten.
Endlick warner uns de hillige Paulus vor s61-
cken (Roma. 16, 17 f.): Ick ermane juv (sprickt
he}, leven br6der, dat g- upseent hebben uppe
de, de unenycheit unde ergernisse beneven der
lere, de gy gelert hebben, anrichten, unde wyket
van ene, wente stilcke denen dern Heren Christo
nicht, sunder erem buke unde dorch s6te pre-
dickye unde grote wort vorv6ren se de unschtil-
digen herte. Daruth klarlick tho vormerken, dat
de, so syck unschicklick holden edder yn bernel-
ten stricken strafflick befunden werden, des
kerckheren amptes bylliken sch61en entsettet
3 _ sittig, ztichtig.
----- blssig.
r _ geheuerten, gemieteten Pfarrern
495
L/ineburg
werden, unde wowol de schrift dergeliken
sprSke vul ys, gehSrt doch ock hirher, wes ym
ersten artikel uth tier schrift ys angetogen and
wy hebben den lyffliken schaden etliker mate
gerOrt. Wat 0verst goddeslasteringe ande den
armen selen tmheyls daruth entspringet, were
schrecklick tho hOren, alse doch uth dem 23.
capitel Mathei tho vormerken ys.
Dat me 0verst den, de dem kerckherenampte
eine tidtlank trfiweliken vorgestaen unde dorch
gSdtliken wyllen gekrenket xvorden, ere notrSft
unde vorsorginge vorschaffe, erfordert de christ-
like leve, harlem de dermaten gekrenket wor-
den, y-n stede tier armen schSlen geachtet wer-
den, vowol se gedanes arbeydes unde flytes hal-
vender hfilpe, dankes unde eere werdig sy-nt.
lVente so Godt gans ernstliken geboden hefft
(1 Timo. 5, 16; 2. Mo. 22, 21--26: 5. Rio. 15,
1--18; lkIat. 19, 21: Lu. 6. 30. 36. 38; 13 ---- 14,
12 ff.), dat ein ytlick y-n sunderheit de armen
unde kranken vorsSrge, tho hus vOre unde erer
warneme, wo vele mer is eine ganze gemenheit
vorplichtet, de armen unde kranken, de er tho-
vSrne ym gSdtliken worde gedenet, mit notrSf-
tiger entholdige trilweliken to vorsOrgen.
De verde artikel.
Van vorsorgynge der parre unde
kerckendeneren.
Dewyle ock dorch ummestende, so syck dilsser
tydt thodragen, de parrochien tho merem dele
an erem ynkomen also vorryngert synt, dat sick
ock ein kerckhere sampt anderen kerckendene-
ren darvan mit nichte mach entholden, unde
doch dorch geistlike denstbaricheit yn gSdtlikem
vorde bekfimmert, tydtlike neringe tho sSken
wert vorhindert, is van nOden, dat eine ytlike
gemenheit dorch ynseent der overicheit anhol-
den unde eine ordeninge unde vorsOrginge upge-
richter werde, darvan syck ein kerckhere sampt
den deneren eerliken unde redelicken mOge ent-
holden
Dussen artikel bestediget Christus (Matth. 10,
8 ff.; Luce 10, 7), dar he syne jiingeren der dach-
liken nodtrOft unde nermge vorsekert unde na
velen wOrden entlick beslut, dat ein arbeyder
sy-nes lons werdig ys. Welcker wort Christi Pau-
lus wyder uthlecht uncle secht (1. Cor. 9, 4. 7--
11): Hebbe wy nicht macht tho eten uncle to
drinken? Uncle kor darna: We reyset altidt up
sy-nen egen sold ? IVe plantet einen wynberg und
ytt nicht sy-ner frilchte7 Edder we weydet eine
herde schape unde ytt nich van tier melck tier
herde? Rede ick 5verst datsillve up my-nscken-
wyse? Secht nicht sodanes ock dat gesette?
Wente ym gesette :vIosi steyt geschreven [Dt
25, 4]: Du schalt dem ossen nicht de mund voro
stoppen, de dar dOrscket. SSrget Godt vor de
ossen7 Edder secht he nicht alle dynk umme
unsentwyllen7 IVente ydt is jo alle umme un-
sentwyllen geschreven. Wente de dar plOget, de
schal up hOpeninge plSgen. Uncle de dar dors-
cket, 'de schal up hOpeninge dOrscken, dat he
gennes hOpeninge delhaftig werde. So wy juw
dat geistlike hebben geseyet, is ydt ein grot
dink, 5fft wy juwe fleyscklike erven?
Geliker menynge redet he ock tho den RSme-
ren (Roma. 15, 27): So se den heyden ere geyst-
liken dynge medegedelet hebben, ysset byllick,
dat de heyden ene eere fleysckliken dinge ock
mededelen. Unde tho Thimoth. (1. Timo. 5, 18):
Ein ytlick arbeyder ys synes lones werdig. Ynt
leste tho den Galat_ {Gala. 6, 6): De underrichtet
wert mit deme vorde, de dele mede allerley
gudt deme, de en underrichtet. Bemelte sprOke
vormSgen grfindlick unde apenbar, dat eine ge-
menheyt vorplichtet ys, notrSftige nerynge tho
schaffen dengennen, de er ym worde Goddes
unde christliker lere trfiweliken vOrstaen. Alse
den ock van anfange der christliken kercken
by brukynge gewest ys, siinderliken darilmme,
dat se den goddesdenst unde predickeampt ane
gebreck unde bekilmmer,vnge tidtliker nernge,
ock mit wertliken sorgen unvorhy-ndert, so vele
deste beter waren uncle entrychten mOgen. Dat
ock alle orsake tier lasterliken gyricheit mSge
affgesneden werden, dewyle ein ytlick baven so-
dane vorsorgynge nichtes hedde tho forderen.
496
ArtikeIbuch 1527
De v6ffte artikel.
Dat ein kerckher ane den vertyde-
pennyng nichtes hebbe tho for-
derende.
Werm 5verst ein kerckher dermaten mit den
kerckendeneren mit temelyker unde eerlicker ent-
holdynge vorsorget, alsderme schal he van ne-
mande nichtes forderen, noch van dSpende, noch
van berichtende der sacramente, noch van je-
nigem anderen selegerede, ydt sy thodracht
edder offer, ane dat he den vertydepenning 6
uth gemener bewyllinge byllick hebbe tho for-
deren
Dusse artikel entspringet uth dem vSrsten, be-
hSvet wyder nener schrift, wert darumme ange-
togen unde vor nSdtlick geachtet, dat de erger-
nisse, dar me van den sacramenten gelt fordert,
alse kSffte me se, wechgedaen werde, dat ock
den geweret werde, de yn allen wegen, ydt sy
christlick edder unchristlick, erer notroft edder
gyricheit geltstricke leggen. Wente ydt jo klar
am dage ys, dat ein arm parvolk van dem
meyster dele der kerckheren mit forderynge des
selegeredes thodragendes unde offers, alse
scholde darmede den seelen ym vegeftire gehril-
pen werden, 5vel jegen Godt unde alle byllick-
heit lange tydt her avermate beswert ys unde
bedrogen
De sSste artikel.
Van dem elyken stande der genanten
geystliken.
Dewyle ock untellicke 8"rote srinde unde laster
wedder Goddes gebot unde dorch allerleie vor-
borgen unreinicheit edder sris openbare horerye
der genanten geistliken tho groter ergernisse ge-
menes yolks unde htnderinge gSdtlikes wordes
begaen werden, fordert de nodtSrft unde Goddes
eere der ein affstellinge solcker horerye, vord-
aen krischlick tho levende, edder weme solcke
gave van Godde nicht gegeven, syck mit der, so
by eme gewonth, edder mit einer anderen na
christliker ordeninge ym eliken levende tho vor-
enygen, dat dusser gestalt ym ganzen fSrsten-
domme nemand, de syck myt eyner horen be-
henget edder apenbare horerye dryve, gefunden
werde, darmede Goddes wort alse wenteher
mcht vordan gelestert unde de schuldigen per-
sonen tho der vordSmenisse seendes unde wylli-
gen nicht vorforth werden.
Dusse artikel, so men erie recht beweget, for-
dert, dat nicht allene de ergernisse wechthone-
men, sunder ock den schulfligen personen ere
vordSmenysse tho weren thorn allerutersten
unde hSgesten nodt ys, wente so me de erger-
nysse ansrith, befyndt syck, dat de bSsheyt, so
uth der unvorschemden horerye yn der chri-
stenheit erstaen ys, nemand kan vortellen, der-
wegen eck de lerers, dewyle se sulvest strefflick
der anderen laster ane er sulvest ordelent nicht
konen straffen unde hSren mSthen: Wortimme
straffestu dy srilven nicht? Nym den huesbalken
thom ersten uth dynem oghe etc. [Mt 7, 3 ff].
Item arste dy thorn ersten srilvest. Unde mach
der gestalt de lere, wen se ock alrede recht und
gudt were, by dem volke nene frucht brynghen,
dewyle dat laster des lerers so vel bSser ys, so
veel he mer vor andern wert angeseen, unde
moth denne Goddes wort unde warheit umme
des lerers sunde vorlestert werden, welcker ser
schrecklick ys.
Derhalven S. Paulus (1. Th,:mo. 4. 1 ff.; Thi-
mo. 1!) nicht ane orsake solcken predickeren
unde lereren, tho vorhSden ergernysse, den ee-
stand hefft thogelaten unde alse drivels lerer
unde predicker geschulden, de densulvigen we-
ten unde vorbeden worden, he hefft wol gewust,
dat reynicheit to holden nicht einem ytliken
gegeven ys na dem worde Christi Matthei 19
[11 f]. Darumme ock hoch van nSden gewesen,
se nicht also gemene, alse leyder vor ogen, tho
makende, 5verst wo ydt geraden is, mach me an
der genanten geistlicken reinicheit wol seen.
Godt (2. Mo. 20, 14; 5. Mos. 5, 18-" 5..Mo. 23, 2}
5verst hefft den ebrock vorboden. Item dat nen
bore, ock hen borer mank synem volke wesen
6 _-- Vgl. S. 192, Anm. 62.
497
Lfineburg
schSle So suth rae under den geistliken, de
doch meer wyllen, wen de leyen. Goddes volk
wesen, de grStesten ebrekers, de grStesten bo-
rers. Godt 5pene tins tho unser salicheit unse
ogen, dat wy unse unde der anderen bSsheit mS-
gen erkennen. Vente wy seen de schreckliken
blyndheit der werlt, dat se vedder Coddes wyl-
len, wort unde warheit openbare horerye wol
kan lyden. 5verst Goddes ordenynge kan se nicht
lyden, vorbiith unde straffet, wat Godt bevolen,
unde let tho, wat Godt vorboden, wat is dyth
anders, wen dat de bSsheit, alse Christus secht
(Mat. 24, 12), overhand hefft genoraen, darje-
gen raoth de warheit underliggen.
So wy denne wyllen Christen wesen unde tins
na Goddes worden richten, regeren und holden,
wert von noden syn, der sake ein ernstlick yn-
seent tho hebben, dat de prester, so mit horen
beladen, urame der bemelten unde anderen gro-
ten ergernissen willen desulven van syck laten
edder na christlicker ordentnge yn den estand
sick vorenygen, uppe dat se uth dera uneerli-
ken, unchristliken levende unde besraytteden ka-
raer ein eerlick unde christelick levent, ock etne
reyne kamer raaken, na den wSrden der epistel
to den Ebreeren (Ebreo. 13, 4). Hyrher gehSrt
dat 7. capitel der ersten epistelen tho den Corint
unde 1. Tirao. 4, ock tho Titt. 1. cap., welcker
xvy bydden, umrae Goddes wyllen rait flyte raSge
gelesen und truwelicken etracht werden.
De sovende artikel.
De klosterjunkfrouen belangende.
Alse ock 3o so gar ane tmderseheyd nieht alleo
ne junge personen, sunder oek unmfindige klene
kynder, ewige kiischeit tho holdende, yn kl6str
urabyllieken gestot edder thom ryngsten mit
fruntlickem geberde und kyntlieken spelen unde
gaven daryn gelocket werden, ane herwedder-
koment daryrme tho blyven sampt anderen be-
swerirgen, so ene jegen den bevel unde wort
des Heren tho vordarve der selen upgelecht,
uncle doch yn solcker ferlicheit tho unm6geli-
ken dingen nemancl schal gedwungen werden, er-
fordert de notorft unde alle byllickheit Goddes
unde der raynschen eere, sodaner der kynder
unschuld ym fruchten Goddes tho schonen, ne-
mand sgmder we tho synen bestendigen jaren
fullenkomen raynschenolders gewassen, daryn
tho staden, doch derraaten, dat se nenen ewigen
gelSfften, dewyle de der salicheit ganz verlyck,
vorbunden werden, sunder na christlicker fry-
heir unde 15fflickem gebrucke vSriger etliken
langen jaren ym kloster ane besweringe erer
conscientien sick raSgen entholden, edder wor
ydt de nottorft der salicheit unde ere erfor-
derde, des denne de ordenspersone by sick er-
kentlicke wolgegrundede orsake drSge unde
christlicken bescheid tho geven wuste, alsdenne
dorch radt, fulborth ; unde hiilpe erer frunde
unde truwen flyt eines prowestes thor voran-
deringe mSge getrachtet werden_
Dusse artickel ys nicht allene not. siinder de
allern0tigeste, so me wyl der arraen beswer-
den kynder gelegenheit unde not anseen, wente
nichtes ys, dat unsen geloven jegen Godde un-
sera Heren den mynschen so apenbar raaket,
alse der klSster wesent unde regerynge. Hyr
mach rae seen, wo der raynschen herte jegen
Godt gesynnet synt, naderae se de eddelen gave,
van Godde uppe dat hSgeste begert, wedder-
urarae van syck werpen, Godde syne ordeninge
vorhynderen, dewyle se ere kynder nener ande-
ten orsake .vn de klSster geven, wen dat se
erer los werden unde vortwyfelen an Goddes
raacht unde gewalt, he raSge se gelyck anderen
raynschen, ja a_nderen creaturen alle nicht erne-
ten, alse werae Godt uth sunderlicker gnade
vele kynder gs'fft, dar siis andere friichte Godde
unde dera negesten van koraen na der ordeninge
Goddes (1. Mos. 1, 28; 9, 1), welcke jo dessulven
fleysches unde blodes synt, des de olderen, so
varen se vorth unde under gudem schyne mit
einera schalkhaftigen oge geven se ein, twe ed-
der dre yn de klSster, uppe dat se rait den an-
; Einverstndnis. Zustimmung.
498
Artikelbuch 1527
deren so vele grSteren prall unde hovarth vor
der werlt vSren. We hefft ene hyr Goddes wyl-
len unde rath apenbaret? dat de, welckere yn de
klSster gestot werden, nicht even so wol Godde
schollen frtichte dragen, dartho se geschaper,
alse de, de se dar buten beholden We hefft ene
ock apenbart, dat se van Godde mit der gave
der kfischeit vor den anderen begavet synt? Hyr
lath uns de ogen updoen unde beschauwen den
grfiwel, de van den ungelSvigen, unsyrmigen
olderen myt eren egene kynderen gedreven weft,
wen se yn erer unmtindigen jogent myt kynt-
licken gaven yn de klSster gelocket werden un-
der dussem schyne, se schSllen Godde denen.
Meynstu, dat se nicht Godde denen, wen se yn
Goddes ordeninge kinder then, dar vSrder kyn-
deskmd van kumpt, mank welckeren, so ock
nicht sunder eyn salich wSrde, hedden dennoch
Godde met gedent, denn alle mSnnecke unde
nunnen mit erem syngen unde lesen, des se sul-
yen vaken nicht vorstaen unde myt groter un-
lust edder wedderwyllen entrichten
Hyr frage, du syst we du wyllest, dyn egen
herte und conscientien, 5fft ock am jfingsten
dage de olderen, de ere kynder up berSrter me-
nLrge yn de klSster geven, bestaen mSgen? na
dem male {so me dudesch darvan wyl reden) se
aller frfichte, so van eren kynderen na Goddes
ordenLrge herkomen scholden, schuldig synt, ock
nicht weyniger schuldig alse de, de de fruchte
hemelycken ummebryngen. Wente nademe apen-
bar ys, dat se gelick den anderen frfichte tho
dragen bequeme synt, wo vele werden denne yn
den klSsteren wol ummebracht, darvan nicht to
schriven is? Und 5fft wol rede de kfischeit ge-
lavet ys, darmede ys Godcles ordenynge nicht
vorwandelt. Wente nemant roach de yngeplan-
teden angeboren natur vorwandelen, sunder Godt
allene. Darfimme we den olderen, de erer egen
natur, eres egen fleyskes unde blodes vorgeten
unde bedenken nicht, wat se thor werlt gedra-
gen, offeren also noch ere egene kinder dem
affgodde Moloch {Levi 20, 2 ff.; Hiere. 32, 35:
8 _-- zu leisten.
Amos 5, 227), nademe se laven, kuscheit tho
holden, welcker doch yn erer gewalt nicht ys,
alse Christus sulvest betuget (Math. 19, 12), unde
Paulus (1. Timo. 5, 9. 14) wolde benedden 60 ja-
ren nene wedewen annemen, kfischeyt tho hol-
den. sunder de jungen wedewen scholden wed-
der fryen unde kynder then. Wente weme Gott
de gave tier kuscheit nicht gyfft, de wert se
nfimmer averkamen, wen he ock dusent 15ffte
dede unde mit yseren mtiren wente an den hem-
mel ummedaen, vorwart und vorsperth were.
Weme se Godt ock gyfft, de wert ock mydden
yn tier werlt wol kfisch leven, me bedSrfte
dar nene slSte unde mfiren tho, sunderen gelyck
alse de anderen jungfrouen yn erer elderen huse
hebben jungfrouschop geholden, also wSrde me
se myt gotlicker gnade ock holden. Jungfrou-
schopp tho holden bedarf me noch 15ffte, noch
klSster, noch kleder, sunder allene weme se
Godt gyfft, de hefft se. Darfimme doen alle klS-
ster bSslicken, dat se laven laten, welcker se
weten, dat se sulven, so se na eren conscientien
recht wyllen bekennen, noch nicht geholden heb-
ben. Wente ydt ys ein groth underschedt, junk-
frouwe tho wesen unde kfisch wesen Hyr besfi
dat 5. cap. Math. Is umme des wyllen nfitte unde
nodtorftig, dat me de klosterpersonen nicht mer
laven late.
So denne der geistliken grund yn dren dmgen
steit, der se syck uppe dat allerhSgeste berS-
men, alse gehorsam, ktischeit unde armoth, ys
tho weten, dat dat wort gehorsam allene van
der tmderdenicheit Goddes vorstaen weft, deme
de mynsche allene schal gehorsam wesen (Acto
4, 19; 5, 29: 1. Reg. 15 ---- 1. Sam 15, 22). Darumme
ysset ein gudt clink: gehorsam, 5verst nemande
schal he schen wenn Godde unde dem se Godt
tho lesten bevolen, welcker gehorsam der ge-
stalt ock Goddes gehorsam ys. So me syck 5verst
hyr uthtfith unde den nicht gehorsam ys, den
Got gehorsam tho lesten bevolem so ys mynsch-
lick gehorsam ein ungehorsam Goddes unde wed-
der Goddes gebot, alse so syck em dem abbete,
. 499
Artikelbuch 1527
unde drynken edder sus yn mennichfoldiger uth-
gesochter lust der spyse gespSrth wert, welcker
denne warhaftich ein affgodderie ys, darvan de
hyllige Paulus meldet (Philip. 3, 19), dat de buck
er Godt sy. Dewyle uns overst na uthwysinge
des ersten gebodes alle affgodderie vorboden,
weft ock de mysbrukynge der creaturen yn um-
bescheden eten unde drinken genzlicken vorbo-
den, tho deme ys ock klar genoch, dat ein
mynscke, ven he sat, vul unde vett ys, synes
Heren Goddes lichtliken vorgit (Ezech. 16, 15 ff.;
5. Most 32, 15 ff.).
Vorder gyfft ock de dachlicke erfaringe, dat
uth averflodigem umbeschedene eten unde dryn-
ken allerleye laster syck vororsaken. Darumme
de ewyge, gudige Godt ein ewich fastent yn der
schrift dorch unde dorch deyt bevelen. HSdet
juw, sprickt Christus (Luce 21, 34), dat juwe
herte nicht beswert xverden mit freten unde su-
pen. Ock de hillige Paulus einem ytliken darto
fordert (Roma. 13, 12 ff.) dusser meninge, na-
deme wy dorch de barmherticheyt Goddes uth
der dtirsterntsse nt lycht gebracht synt, hebben
wy de werke der dtisternysse van nodt wegen
tho vorlaten, dat wy gelyck als am dage eerbar-
liken wanderen, nicht yn freten unde supen.
Wente de dar drinken uncl vul synt, de synt des
nachtes vul. Wy 6verst, de wy des dages, dat ys,
kynder des lychtes synt, schollen n6chteren we-
sen (1. Thesso. 4, 1--12; vl. 5, 4 ff.). Daruth klar-
lick vormerket wert, dat ein ytlick Christen tho
stedtlyker meticheit unde ewygem dachlikem va-
stende ys vorbunden. Sodane vastent bverst ys
nichtes anders, wen dat me syner sulvest ach-
tynge unde sorge hebbe, dat dem lychamme ba-
yen syn notorftige foder nichtes xverde gege-
ven, unde wo me sick tho fleyscklicken begerten
unde lusten met unde met geneget fyndt, darna
dem lychamme am foder edder ock an der
spyse, darvan me tho solcken bbsen lusten wert
gereyzet, met unde met mit beschedenheyt aff-
breke na dem exempel Pauli (1. Cor. 9, 24 ff.).
Baven dyth fyndt me ein vastent, dat ein
rechtschapen christlick gemSte nicht allene ne-
nen [7] averflodt mydet, sunder ock an der spyse
nenen sunderliken gefallen drecht, mer sick na
Christo lett verlangen unde na der wyse Pauli
(Philip. 1, 23) begert affthoscheiden unde by
Christo tho wesen, nademe syner sulvest be-
kummerynge der sunde halven, ock truve flyt
unde sbrge vor den negesten, tholest de verlycke
stand dusser werlt eme de lust der spyse bre-
ken, allene blote nottroft nemen laten unde der-
maten ein stilfwyllig vastent medebringen, dar-
uth ock wol affthonemen, dat sodane vastent
neen vordenstl[ck werk roach geachtet werden,
nademe ydt uth gebreke unde klage mennich-
foldiger unser unde unser negesten mangel ent-
springet unde nicht alse uth averflode und ane
nodt vor einen gotlicken denst roach vbrgeno-
men werden. So me 5verst uth erwelmge, aver-
flode unde alse vordenstlich solck fastent an-
teen worde, moste me vor hSren des Heren xvort
dorch den propheten, dar he secht Esaie 58,
5 ff.): Is dat de vaste, de ick uterkoren hebbe,
dat ein mynsche den dach aver syn levent py-
nige, syn hbvet swymelich edder dul make, sick
mit einem sacke beklede und ascken up sich
strotiwe, hebbe ich denne dat eme vasten genS-
met unde einen angenemen dach des Heren? Is
dat nicht vele mer de vaste, de ick uterkoren
hebbe? Lbse van ander de vorknuppinge des
godtlosen wesendes, lbse up de beswerliken ban-
de, lath fryg alle, de tobroken synt, unde tho-
ryth alle besweringe. Bryck den hungergen dyn
brot, unde arme vorlatene mynschen vSre yn
dyn bus etc. Uth welckeren w6rden wol tho
merken ys, dat Godt nicht ein fastent, alse wy
wente her gementh, up sunderlike tyde edder yn
vormydinge etliker spyse van uns fordert, sun-
der ein bekummert herte, welcker eme ein an-
geneme offer ys (Psalm. 51, 19), dat der sunde
los tho xvesen unde Goddes gerechticheit be-
gerth, ock yn allen densten des negesten nacht
untie dach mit aller trtive sick bekummert, so-
danes fordert Godt, unde vo mochte dat herte
dermaten geschicket mit jenigem averflode yn
eten unde drinken sick besweren, dewyle ydt
sick uth bemelten orsaken kume der tydt gunt,
de bloten nottroft tho nemen, so verne allene
des lichammes van not wegen moth xvaren, dat
he unvorxvarloset tho denste des negesten yn
501
Lfineburg
rechbem wesende blyve, ja der spyse eine tydt
genzlicken sick weygert, lytt hunger unde dSrst,
alse yn Christo sulvest geseen wert (Joh 4, 7).
wo he umme der mynschen bekummeringe unde
salicheit hungert unde dSrstet, unde gelick alse
gonne ym olden testamente (Judi. 20 = Ri 20, 26;
1. Reg. 31 = 1. Sam 31, 13), wen se sick jegen
Godt vorschuldet hadden, alse denne ere sunde
bekanden, wenden Sa, gar nichtes eten, ja ock mit
aschen unde sacken er leyt bettigeden, alse de
Christen, welcker er levent eine ewyge lyffhke
drSffenysse 9 ys. werden vaken ganze dage nich-
tes eten, wen se de wedderspenninge eres ly-
chammes to siinden, ock de notrSft eres nege-
sten erkennen, alse des ym hilgen Paulo unde
anderen christgelSvigen des nyen testamentes
klare exempel werden befunden (Acto. 13, 2 f.;
unde 14, 23; 1. Cor. 7, 5: 2. Cot. 6, 5).
Unde so wy mynschliker wyse darvan schol-
len reden, de yn wertlicken gescheften, se synt
byllick edder unbillick, ychtes tho erlangen be-
ktimmert synt, laten sick vaken nicht der wyle
des brodes tho eten. nemen ock nicht (alse me
secht} beer darvor, lopen, rennen unde ryden
mit vorachtinge aller lust, so lange se eres vSr-
nemendes emen ende bekomen. Wo scholden
denne de, so rechte Christen syn wyllen, den so
merklick kamp, mSye unde arbeyt vSrgestellet,
so vorgeten unde lustbegerich wesen, dat se sick
mit eten unde drinken van solckem erem ar-
beyde jeniger tydt ummeteen edder vorhynderen
laten? Gonne streven allene na einem tydtliken
vorgenklyken gude, dusse 5verst na eyner un-
vorwelkliken ewygen krone, 5verst alse weynich
Christen synt, ys ock weynich christlykes va-
stendes. Nu beslut Christus, unse Here (Luce 5,
34 f), dat yn jegenwardicheit des brSdegammes
der hochtydt kynder tho nenem vastende mSgen
gebracht werden Wen 5verst de brSdegam wert
wechgenomen, define werden se fasten. Offt he
seggen wolde, so lange ick hyr by ene up erd-
boddem byn, mSgen se noch nicht troren edder
fasten. Wenn 5verst se na mynem affschede
dorch mynen Geist alles dynges berichtet wet-
den, wat se geworden unde wortho se gefordert
synt, tholesten, wenn se de roden yn de hand
unde ere krutze sulvest upnemen schollen, denne
weft ydt drepen, derme weft ene alle dusser
werlt lust vorachtet unde vorsmadet wesen, de
enigen sSrge unde arbeyt werden allene se dry-
yen, erem bevolen ampte unde christlyken we-
sende yn allem wege genoch tho dSnde, uppe dat
se des kampes, darwin se vor dem angesichte
Goddes unde der engele menlick tho stryden ge-
setter sint, einen eerliken, 15fflyken ende ge-
wynnen So nu yn bemeltem christliken levende
nichtes anders ym gwunde ys, denn ydel trtiwe
unde leve tho dem negesten, ydel sorge, mSye
unde arbeyt, ydel trorent une wenent, ydel be-
gerent und vorlangent na Christo, welcker doch
alle dorch Christum unde syne erkentenisse vor-
lichtet, angeneme unde sSte wert (Matth. 11,
29 f.), werden ungetwyvelt solcke christlike be-
kummerynge gar nen fretent unde supent tho-
laten, ja mer datsulvige lesteren unde vorfol-
gen, werden ock uth bewege bemelter vorplich-
tinge unde upliggender sorge, wen, wor unde wo
vaken des van nSden, ock dachliken vasten unde
alles dmges sick entholden, dat se ym denste
Christi unde des negesten trtiwe gefunden wer-
den
Dusser gestalt unde meninge scholde me bil-
lick ym predicken alle Christen rechtes vasten-
des underrichten, welcker wenn ydt geschege,
were ane noth, gebode unde ban darup tho leg-
gen, dat se dorch fastent jegen den thokamende
vyrdach geschycket unde bequeme gemaket wor-
den, were ock nicht sSrge, dat se sick, so verne
se Christen wesen wolden, yn eten unde dryn-
ken unbeschedtlick helden, wSrde nicht ein va-
steldach dre fulle averflodige maltydt geven und
volgende teyn, twelve eIder mer dage tho un-
metyger fullerye vororsaken. So men 5verst
des mit underrichtinge godtlickes wordes yam
volke nicht erlanget, ys vorloren, dat me mit ge-
boden unde dryngende sick understeit, se fraem
8a = weinten.
9 = Betriibnis
502
Lfineburg
gesynde, so se noch so vele hebben, kume ein
stficke heringes mit brode freten, densulvygen
herink noch ferne halen unde dfire m6ten beta-
len, yndes der radtlicken spyse eres huses, so
Godt ene, den hunger darmede tho werende,
gnedigen vorlenth, nicht m6ten gebruken, so se
6verst der brukeden, des bannes tmde g6dtlik-
ken vormeinten tomes sick scholden besorgen,
leggen also den mynschen sware b6rden up eren
nacken, xvelcker se sulven myt erem f}mger nicht
anr6ren (Mat. 23, 4). Ys dyt nicht eine grote vor-
metenheit und goddeslesteringe, de bl6den con-
scientien der armen gemenheyt so klegeliken fan-
gen trade bynden? M6chte ydt doch darv6r ge-
achtet werden, alse hedden sick bemelte geist-
liken neven anderen etlicken tmmylden tyran-
hen hoch unde dfir vorlavet unde vorsworen,
dat gelick alse de tyrannen etlycker 6rde sunder
jenich vorschonent er arm6de an lyve, gude
unde wolfarth unbarmhertygen besweren, alse
dusse geystlicken tyrannen bemeltes armodes
conscientien unde selen myt dusser unchrist-
lycken b6rden marteren unde plagen, dat se tho
erem kummer ock der spyse, de erie Godt gunth,
vorlenet und tho etende bevelt, uth tmmildem,
unchristlickem erem vorbode nicht schollen ed-
der m6gen geneten
Tho deme ys ck unvorborgen de merklicke
farlickheit unde erbarmlicke schade, so men-
nichmtl by swangeren unde anderen kranken
personen dusses vorbodes halven befunden, wel-
cke m hochachtinge dusses ungegrfindeden vor-
bodes, er se der spyse, ene tho lyves entholdinge
denstlick, gen6ten. m farlicheit de frucht, vorderf
ehres lyves sick hebben gelaten. Up gedachten men-
nichfoldigen jamer hefft de hyllige Paulus wol
thovorne geseen, darfimme tins getruwlick unde
flytigen gewarnet vor den predickeren, de et-
licke spyse up bestemmede dage vorbedenw6r-
den unde seggen: So gy an dem dage dusse ed-
tier genne spyse eten, werde gy sundigen. Later
juw (secht he Colos. 2, 16) nemand conscientien
maken aver spyse edder drank, wente so gy
myt Christo van den wertlicken settingen ge-
storven synt, war late gy juw denne fangen mit
settingen? Unde uppe dat me jo nicht twyvelde,
dat sodane vorboth gar nichtes uth Godde were,
n6met he sodane vorbot dfivelslere. De Geist
(sprickt he 1. Timot. 4, 1 ff.) secht dfidtlick, dat
yn den lesten tyden etlicke werden van dem ge-
loven afftreden unde werden anhangen den erry-
gen geysten trade leren tier drivel dorch de, so
yn glysnerye 16genreder sint unde brantmale yn
eren conscientien hebben unde vorbeden, elick
tho werden unde tho vormyden de spyse, de
Godt geschapen hefft, tho nemen mit dankseg-
ginge den gel6vygen unde den, de de warheit
erkant hebben, vente alle creatur Goddes sint
gudt. Wat mochte nu klarer gesecht werden je-
gen de, so v6rge-en, me scholle an dussem edder
gennem dage nen fleysck, eyer, botteren, melck
edder kese eten, unde sunde daruth maken? Pau-
lus hefft se jo recht wol gedropen, dar he so-
dane lere und vorbot n6met der 16gener, der
yrrygen geyste unde dfivelslere.
Daruth endlicken wol th merken, dat einem
ytliken Christen nicht mach vorboden edder tho
sfinden gerekent werden, dat me am Frygdage,
Sormavende edder anderen geboden vasteldagen
nicht fleysck, eyer etc. ete. Doch uthbescheden der
ergernisse, daran sick de swackgel6vigen moch-
ten st6ten (1. Cor. 9, 22), welcker me eine tydt-
lank moth vorschonen. Sfis yn nenes mmschen
gewalt ys, wo hoch he jfimmer sy, jegen Goddes
ewyge, unaverwmtlicke warheit trade hyllige
schrift hyr,mne wes tho beden edder vorbeden,
nademe ydt an der salicheit nichtes fordert noch
hyndert, unde willen hyrmede dussen artikel
vullendet hebben.
De ne ende artikel.
De vyrdage belangende
Dewyle ock de feste geliker arth sint unde tho
vyrende na g6dtliker schrift nemand schal edder
mach gedrungen werden, dat einem ytlicken
fryg sy na der notorft tho arbeyden, jodoch den
S6ndach. darynne me Goddes wort h6re, tho
vyren.
Dusse artikel vorklert sick also: ym olden
testamente yn velen orden hefft Godt geboden,
den s6venden dach to vyren (3. Mosi 20 Ex
20. 9 ff. 35 Ex 35, 2: Ezech. 20, 12), nademe
504
Artikelbuch 1527
he an demsulvygen dage van allen synen wet-
ken hefft gerouwet, desgeliken andere feste yn-
gesettet, dardorch dat yolk Goddes gSdtliker
hfilde unde gnade, so erie mennichfoldigen be-
wyset was, vormanet worde. Darumme ock de
Sabbate eyn teken twyschen Godde unde sy-
nero volke genSmet werden, overst nicht dar-
umme yrtgesettet, dat se butenwendigen ewich
waren scholden (Ebreo. 9, 8 ff.). Wente gelick
alse dat velfoldige offer tier erstlingen, der teyn-
den, des blodes unde brandoffers, des dSpendes
edder wasschendes mit aschen und water etc.
nichtes anders bedfidet, sunder dat dat bemelte
volk ym geloven des thogesechten messie geSveth
unde eines ewigen vordrachtes dorch getuche-
nysse des blotoffers vormanet unde yndechtich
xvesen mochte, welcker denne, wen de erstgebo-
ren, rechte messias, unse Here Christus, de
rechte ewige prester, erschynen unde mit synem
egene blode yngaen, ock vorsSnynge maken
wSrde, van not wegen ein ende nemen mosten,
also ock dat butenwendige vyrent, dar me van
allem graven werke sick hefft entholden und
gerouwet, nichtes anders bedfidet, wen de rouwe,
darmede bemelte messias edder Christus syne
gelSvigen gnedigen wSrde begaven unde ewich
vorsorgen (1. Cor. 10, 3 f.), nicht van buten alse
dat yolk des gesettes, welcker yn solcker rouwe
allene den schemen der thokamende gilder ge-
hat, sunder van bynnen ym geiste und der se-
len, welcker de vullenkomesten warhaftigesten
gilder synt, nicht allene up den sSvenden dach,
sunder jfimmer und jfimmer ane uphSrent, dat
dergestalt, alse Esaias lange thovSren prophe-
tert (Esai. 66, 23), ein Sabbath uth dem anderen
queme, ein dach dem anderen gelick gerekent
unde eine ewige vyer by den Christen geholden
worde. Dusser gestalt weft dat rechte vyrent yn
der epistelen tho den Ebre. (Ebre. 4, 9 f.) vor-
handelt. Darumb (secht dar de text) weft dem
volke Goddes ein vyrent gelaten, wente de yn
syne (dat ys Goddes) rouwe gegin ys, de wert
ock van synen werken gerouwet hebben, gelick
alse Godt van synen werken hefft gerouwet.
Daruth wol affthonemende, dat ein ander Sab-
bath, ein ander rouwe, lest edder vyer van
Godde uthgetekent ys, alse de JSdden gentmal
geholden hebben, ys 5verst derwegen gSnne Sab-
bath edder vyer hyrmede nicht vornichtiget,
sunder vorandert up eine beret vullenkomener
wyse gestellet, darmede gSnt alse tydtlick upge-
hSrt. Dyt 5verst nu vordan ane eynige voran-
deringe vort unde vort weft mSten blyven, alse
bemelte Esaias klerlick beryl-set. Dyt vyrent ys
nu nicht anders wen ein rouwe van den fleysck-
licken lusten, begerten, sfindigen werken unde
wyllen, dat wy van densulvygen uphSren unde
affstaen, vorder den wy. lien unde werke unses
Heren Goddes yn uns allene regeren laten, ly-
den unde dfilden, unde gelyck alse Christus den
sfinden ane sfinde gestorven, ym grave gerou-
wet unde gevyret unde s.xnen hemmelschen Va-
der aver sick hefft walden unde regeren laten.
also wy ock, den sunden yn den doer mit Christo
begraven, hyr nu stylle holden, rouwen unde
vyren, dat dergestalt nicht de sunde yn unsem
sterflicken lychamme, sunder Christus yn uns
regere. Alse sick denne ock Paulus rSmet, dar
he secht (Gala. 2, 20): Ick leve, 5verst nicht ick,
sunder Christus lever yn my, dat levent 5verst,
dat ick nu ym fleyscke leve, leve ick dorch den
geloven des levendigen GoddessSns. Wente so wy
den sunden gestorven, begraven, yn den rechten
vyerdach unde rouwe getreden sint, wo mochten
wy denne yn densulven sunden noch vordan le-
yen, arbeiden edder werken, arbeiden ys nicht
rouwen. Rouxve wy denne den sunden, so vyren
wy. Vyren 6verst nicht einen dussen edder gen-
nen dach, sunder de ganzen tydt unses levendes.
Dyt ys nu de vorl6chynge unser sulvest, uphe-
vinge unses krtitzes, affstervynge des olden,
sundigen mynschen unde ein weddergebort des
nyen, des wy yn der d6pe eine anwysinge unde
teken entfangen (Ephe. 4, 22 ff.; Colos. 3, 3 f.:
Johan. 3, 5 ff.). Yn summa ein ewige rouwe unde
afflatent van sunden unde geystlick ynwendig
vyrent, darvan to den R6meren (loma. 5, 1 ff.
unde 6, 3 ff.) wyth unde breth ys geschreven,
unde sy van dem rechten christlicken v3'rende
genochsam yn der k6rte gesecht.
So nu klar ys uth bemelten w6rden unde or-
saken, dat alle butenxvendige vyer dorch den
63 505
Liineburg
lycham Christi oriuilet unde wechgedaen, wed-
derumme ein geistlick ynwendich vyrent, alse
gesecht, upgerichtet ys, wert ein ytlick lycht-
lick tho ermeten hebben, dat nenem mynschen
jenych gewalt edder bevell gelaten ys, hyrjegen
ychtes wes wedder upthosetten, gebeden edder
vorbeden, ydt were denne, dat wy )'n allen dyn-
gen Christum reformeren edder ydt beter, alse
de apostele unde nafolgende christlicke kercke
gewiist, weten unde aver al den hilligen Geist
wo/den meysteren, unde mit wat schrift edder
grunde gbdtlickes wordes hefft me doch jenich
fest uprichten edder tho vyren, ock by banne,
gebeden mbgen, dat wedderspyl fyndt me wol,
dat ydt genzlyken vorboden, hefft me doch hyr
avermals den armen conscientien ein stryck an
den hals geworpen, erie dar stinde gemaket, dar
nene ys, unde folget dergestal eine beswermge
der anderen, eine geystlicke tyrannye aver de
anderen. So doch de apostele de gelbvygen nicht
besweren wolden mit den bSrden des gesettes,
dat vy des schadens, darvan Paulus yn geschef-
ten der apostel mellet (Acto. 15, 10), nicht um-
billicken leyde drage mbgen. Dar werden (secht
he Acto. 20, 29) na mynem affschede fretische 11
wiilve tho juv komen, de des vehes nicht wer-
den schonen, wolde Godt. dat me hyr na war-
nynge des hylligen Pauli flytigen gewaket, upge-
seen, der samlinge, so Christus mit synem blode
vorlbset, truwelicken warnamen hedde. Wormede
overst schal se geweydet unde wolgewardet wer-
den? Nergen mede sunder mit dem worde Chri-
sti, yn welckem ere weyde, spyse, lust unde le-
vent allene ys, alse Christus betiiget (Johan. 10,
4 f.}, dat syne schape nemande folgen wen eme,
welcker wort allene de staff unde stock ys, dar
me den wiilven mede weret. So nu dat wort der
ein vorstimelick gehandelt edder mit anderer
mynschlicker upsate vorgyftet edder ock by sick
dal unde uth den handen gelecht wert, wat
kan darvor wesen, de schape werden also vorth
erre gaen, van der vorgyftygen weyde mynsch-
lickes thosettendes sterven unde vorderven, van
den slundigen wiilven thoreten unde thospleten
werden.
Nu besee me de meninge der feste. Etlike
werden uth der orsake geholden, dat dorch kbst-
lick, herlick kerckengeprenge Godt geeret unde
des volkes gembte to Godde gereyzet werde. Et-
licke darumme, dat me der macht, den hylligen
(alse se seggen) vorlent, unde erer vbrbede ge-
neten mbge. Etlicke, dat erie lyfflick ungelticke
dorch solcken vormeinten ggddesdenst affge-
wendet werde. Etlicke umme anderer orsake
wyllen. Yn sampt 6verst synt se dermaten ange-
richtet unde geboden, alse scholden se wes tho
der salicheit forderen edder helpen. Wowol nu ein
ytlick yn sunderheit tho vorleggen nicht swat
were, darumme dat se sampt und alle em bbse
unde dtister oge, ock grtindlick unde strackes
Goddes ewygen worde entgegen sint, allene uth
feylsamer vornunft unde bedrechtlickem gudt-
dunkende der mynschen mit unvorwyntlickem
schaden der sele entsprungen, ja, ydel friichte
des ungeloven un derwegen sware stinde sint
(Rom. 14, 1 ff.), mochte doch ere ungrunt und
feyl, dat wy nichtes swarers seggen uth v6ran-
getogenem geistlikem vyre, dartho wy dorch
Christum vorplichtet, lichtlick vormerket und
bygelecht werden, wente so wy vain Sabbath
unde allem butenwendygen lyfflicken vyren up
ein geystlick ynwendich vyrent unwedderspreck-
licken gefbrth unde vorwyset sint, we scholde
uns gegen solcke gnade tho lyfflickem vyrende
wedderumme noch vorm6gen, so uns unse enige
heiland Christ-us mit s.vnem duren blode hyr
gefryet? Welcker mynsche dbrf sick vormeten,
durch gebot untie ban uns wedderumme tho
bynden ?
Ydt geyt 6verst mit uns alse den Galateren
(Gala. 5, 1 ff.}, de recht anhbven, wbrden 6verst
mit den werken des gesettes vorwerret, also dat
se Paulus ock hbchlicken bedrouwet, mdeme se
van der gnacle vellen unde dorch dat gesette
fraem unde salich vormenden tho werden, geist-
lyck anhbven unde fleyschlick fullentbgen. Hefft
11 gefrBige.
5O6
Artikelbuch 1527
uns derhalven bemelte hylge Paulus vet solcken
vormeten errigen geysten ym exempel der Ga-
later, de he darumme heftich straffet, ganz ge-
truwelick gewarnet, dar he secht (Gala. 4, 9 ff.):
Dewyle gy Godt nu erkent hebben, ja velemer
van Godde erkant synt, we wende gy juw denne
weddertimme the den swacken unde dorftigen
settingen, welcken gy van nyes an wyllen de-
hen? Gy holden dage unde maente 12, feste und
jartyde Ick frtichte juwer, dat ick nicht vel-
lichte ummesus an ju hebbe arbeidet Hbrt me
doch, dat Paulus de Galater darfimme, dat se de
feste the der salicheit nbtlick achteden, swer-
licken beschfildiget, unde so se sick an de feste
leggen, besorget he, dat syn arbeyt an erie vor-
loren sy. So he 5verst the dusser tydt den unge-
grfindeden gebruck unde falsche vortruwent up
de feste unde dergelykcn grfiwel seen wbrde,
wbrde he sic nicht allene des vorloren arbey-
des besorgen, dewyle wy de gnade Christi mit
mennichfoldigen solcken mysbrtiken der feste
gans verwerpen, sunder uns ock vet nene Chri-
sten kennen. Dartimme he ock de Colosser un-
derrichtet unde sterket uns them besten gegen
de, so uns the den vyrdagen vorbynden edder
de thor salicheit nbtich maken wolden, dar he
secht (Coloss. 2, 16 f.): Latet juw nemande con-
scientien maken aver ein dels dagen, nbmelick
den vyrdagen edder nyen maenten edder Sab-
bather, welcker ys de schede 13 van deme, dat
thokamende was, 5verst de korper sulvest ys yn
Christo. Dar nu Paulus de Christen ock mit den
geboden Goddes, so dorch Christum upgehaven,
nicht wyl vorbunden hebben, wovele met wyl
he, dat me sick mynschengebode gar nichtes fan-
gen late. Dat me 5verst den Sondach unde an-
dere vbrnemlicke feste van wegen godtlickes
wordes yn eeren und werden holde, erfodert alle
billicheit und unse notorft, den gelyck alse sun-
der lyfflicke spyse dusse korper nicht mach ge-
sunth wesen noch leven, also ock, so du nicht
dynen geyst unde sele mit dem godtlicken worde
nerest unde sterkest, werstu noch vormbgent,
noch dbgend, ja hen levent yn dick hebben.
Dartimme de Sondach unde andere vyre dar-
the bequeme van elders gesettet synt, dat me
darynne Goddes weft ordentlick hbre unde mit
ynnigem geiste Godde ein gemene bett vbrdrage,
wenn 5verst sodanes geschen, einem ytliken na
synem geyste und notorft fryg gelaten werde,
des namiddages the vyrende edder syne nerynge
na bevele unde gebode des Heren yn arbeyde
unde swete the sbken {Gene. 3, 19). Alse denne
ock lange tydt gewbnlick uncle sunderlicken the
den tyden Hieronimi geholden ys, alse he sul-
vest ym Epitaphio Pauli 1_ bettiget, und so me
der Historien, tripartita 1:, genant, wyl gelbven,
hefft me ock up Paschen und Pinxsten, wowol
desulvygen vet hbvetfeste angeseen the genner
tydt, hen gebot mbgen leggen. So nu de hillige
gbdtlicke schrift averal weret, vorbfit und straf-
let de uthsettinge der dage, des butenwendigen
vyrendes, ock de nafolgende christlicke kercke
van solcken geboden festen nichtes weth unde
the den tyden Hieronimi, alse gesecht, de Son-
dach the notorft gSdtlickes vordes unde geme-
nes bedes allene ys gebruket worden, worumme
wyl me uns wyder nbdigen unde dringen to so
velen unntitten, schedt!iken, leddigen unde fulen
dagen, darynne nicht allene de sele yn varlick-
heit gesettet, sunder ock the velemalen lyff, eere
unde gudt schaden krycht. Wente ydt ys jo klar
am dage, dat the nener tydt met weft gestmdi-
get unde Goddes vorgeen, alse yn den festdagen
yn allerley ydelheit, bSverye, fulfreten unde su-
pen, unkfischeit, drunkenheit, spyl, flbken, swe-
ten, haderen, morzl unde doetslach, naredeno
schenden und godtlesteren, welcker alle de rech-
ten werke des fleysches (Gala. 5, 19 ff.), klege-
licke dyrge, gegen Godt schrecklick smt XVor
nu de gbcltlicke schrift unde warheit uns nicht
bewegen, de festdage varen the laten, weren
12 Monate
13 = Schatben
Epitaphium Paulae matris. Ep. CVlll ad Eu-
stochium virginem, 19, bezw. 20; MSL 22, 896
und CSEL 55, 335.
Cassiodor, Histeria tripartita. IX. 38: MSL 69,
1153 ff und CSEL 71. 557 ff
507
Artikelbuch 1527
overal vorboden werde. Wente so Ezechias ock
de eren slangen, de dorch bevel Coddes upge-
richter, umbillicker eere halven nicht hefft ge-
leden, sunder ganz tho pulver slagen, weft de
not unde eere Goddes forderen, dat me unges0-
met sodane bedrechlicke d0velsche woenheit,
alse bemelt, ganz unde gar tho boddem st6te,
dat ock hen vothspor edder jenych anwysinge
darvan averblyve.
De drutteynde artikel.
Van afd. oende der bedelye.
Alse ock bedelent mank den Christen vor
Godde ein gr0wel ys, unde unangeseen, dat sol-
ckes nicht allene de leyen, der ein del wol vor-
rnSgen und thorn aroeyde geschicket, sunder ock
de genanten geystlicken ordenspersonen, der ein
grot del unn0tte des arrnen sirnpelen volkes ent-
[oldicheit ym bedelen merklicken myssbruken
unde jegen Godt se besweren, ys hoch van
den, ock erfordert de billicheit hyrynne, des ar-
modes nottorft tho redden, also dat alle be-
delye affgedaen werde.
Godt hefft den JSden. de van Paulo werden
kinder tier rnaget unde nicht der rechten hus-
moder geniSmet (Gala. 4, 22 ff.), geboden, dat se
nenen arrnen mank sick scholden hebben, wel-
cker gebot ock noch h0tes dages de JSden
strenge holden, also dat den, de by enen vorar-
men, de anderen alle mbten tho h01pe komen
(5. Mo. 15, 4. 7 ff.). Unde wy Christen, de wy van
Paulo yn der benbmten stede (Gala. 4. 26 ff.)
kynder der rechten husmoder genbmet werden
unde besytters nicht des lyffliken, sunder des
geystlicken Hierusalern unde salicheit, synt dorch
falsche lere so wyth gefort, dat wy bedelent
nicht allene lyden unde tholaten, stmder ock vor
ein gudt werk holden unde angenamen hebben,
so doch Paulus mit klaren worden sprycktunde
alle fraeme Christen vormanet (Acto. 20, 33 ff.),
dat he noch sulver, noch golt, noch kleder be-
gerth, sunder rnit synen henden syne notorft
unde der, de rnit erne gewesen, hefft vorworven,
forder datsulve ene ock geleret, me m6te also
mit arbeyden de swacken annemen unde des
Heren wordes andechtich wesen, de gesecht
hefft, dat geven selyger sy alse nemen, unde de
van Tessalonien vormanet {2. Tessa. 3, 6 ff.),
dat se sick affthen van allen brSderen, de
ordentlick wanderden, nicht na der ordeninge,
de se van em entfangen hedden. Wente, sprickt
he, gy weten, wo gy uns schSlt nafolgen, na-
deme wy nicht unordentlick mank juw gewest
hebben, ock dat brodt van nemande ummes0s ge-
nomen, sunder mit arbeyde und mSye dach unde
nacht gewerket, dat wy nemande mank juw be-
swerlick weren, mcht darumme, dat x des
nene macht hadden, sunder dat wy uns sulvest
tho einem vSrbylde geven, uns nathofolgende,
unde do wy by juw weren, gebSde wy juw sol-
ckes, dat de nicht arbeyden wyl, de schal ock
nicht eten. Wente wy hSren, dat etlicke mank
juw unordentlick wanderen und arbeiden nich-
tes, sunder dryven vSrwytzicheit. Solcken den
bede wy unde vormanen se dorch den Heren
Jhesurn Christum. dat se myt styllem wesende
arbeiden unde ere egen brodt eten
Uth welcken wSrden Pauli wol affthonemen
ys, wo unbyllick und lesterlick ys mank den
Christen dat schendlicke bedelent, vSrnemelick
van den personen, geystlick edder wertlick, de
van Godde nicht gekrenket s.vnt, tho d01den
Wente wo beswerlick dusse dem armode synt,
ys einem ytlicken wol bewust. Dewyle nicht de
leyen allene, sunder de genanten geystliken
dorch de hose lopen mit sSten, gesmuckeden
worden unde demSdygen schynhylligen geberde,
de armen 10de umme dat ere bryngen, darmede
se bylliker sick sulvest unde ere armen kynder
erneren scholden, nicht einmal des jares, sunder
alle weken unde schyr alle sttmde, nu kese, nu
botteren, nu eyer, nu korn, nu molt, nu solt. ja
we roach dusse hemeliken schattinge 2 al vor-
tellen, ane war se denne noch vn den doethbed-
den bedelen So Paulus nu noch ym levende were
unde dusse bedelye sege. w6rde he nicht seggen,
z4 Schatzung. vgl. Schiller u. Ltibben. 1V. S. 55.
511
Ltineburg
Der alderb6sesten mysbrtikynge eine ys, dat
me hefft vor de vorstorven seelemyssen holden.
wente Christus hefft dat sacramente synes ly-
ves unde blodes nicht dartimme uns gelaten, dat
wy ein jarmarket eder geltnette darvan maken,
sunder dat wy darby syner voldaeth unde byt-
teren dodes nicht schollen vorgeten, alse by na-
men, vu syn lycham vor uns geopfert am gal-
gen des krtitzes unde syn bloth tho vorgevinge
unser sunde vorgoten were, dat wy nu na dus-
sem levende nenes anderen vegevtires bedarven,
wente he (de mer alse hemmel und erde gelt)
hefft sick sulvest vor de reyninge unser sunde
geven, darumme weft uns, so wy warhaftigen
syner thosage unde worden 16ven, nener anderen
reyninge van n6den wesen. De syck overst an
der reyninge des Soens Goddes nicht leth n6-
gen, de weft noch ym hemmel, noch up erden
ene andere erlangen. Wente Paulus sprickt (1.
Cor. 1, 30), dat Christus uns gemaket sy van
Godde tho ener wysheyt, gerechticheit, hylginge
unde tho eyner vorl6synge, desgelyken (2. Cot.
5, 19. 21) dat Godt sy in Christo gevesen unde
hebbe mit syck de werlt vors6net, und dat he
one ore sunde nicht hebbe thogerekent. Noch
hart darna, dat he Christum tho einer sunde
hebbe gemaket vor uns, de stis van nener sunde
wtiste, uppe dat vy mochten yn eme de gerech-
ticheit werden, de vor Godde gylt. Also sprickt
ock Johannes de d6per (Johan. 1, 29): Sti dat lam
Goddes, velcker vechnympt de sunde der werlt.
Uth welckeren vorden klarlicken volget, dat
Christus allene unse vorl6singe unde unser sunde
reininge sy, welcker reininge nemand erlangen
mach ane dorch den geloven We nicht 16vet
(secht de Here Mar. ulti. ,k 16, 16), de wert
vord6met, unde yn den gescbeften (Acto. 15, 9),
dat de herten allene dorch den loven gereyniget
werden. So denne Christus allene unser sunde
reyninge ys unde datsulve nemand den dorch
den geloven entfangen mach, folget, dat de
mysse, de allene den levendigen vorgevynge der
sunde vorkundiget, dorch Christus ewige testa-
mente unde wort kan den doden nicht bath-
lick 33 wesen, nademe se uth dtisser werlt, dar
allene des gelovens stede unde wonynge ys (1.
Cor. 13; Ebre. 11), affgescheden synt, alse Pau-
lus klarlick bettiget unde Christus unwedder-
sprecklick bewyset, dat de reynynge der sunde
nicht na dussem levende, sunder nu in dussem
levende volendiget wert, dar he sprickt (Johan.
3, 16 ff.): Also hefft Godt de werlt belevet, dat
he synen eyngeboren S6ne gegeven hefft, uppe
dat alle, de an en gel6ven, nicht vorloren wet-
den, sunder dat ewige levent hebben, wente
Godt hefft synen S6ne nicht gesandt in de werlt,
dat he de werlt vorrychte, sunder de verlt dorch
en salich w6rde, we an en 16vet, de weft nicht
vorrichtet, we overst nicht 16vet, de ys rede
vorrichtet, wente he 16vet nicht yn den namen
des eyngeboren S6nes Goddes, welcker worde m6-
gen nicht up de vorstorven getogen werden, sun-
der allene up de levendigen. Sodenne de levendi-
gen recht 16ven ,vn Christum, synt se gereyniget
na den worden Christi, vente se werden nicht
verrichtet werden, indeme se dorch den loven
ore reyninge medebryngen, welcker gerychte
umme der sunde willen schtit, wor hen sunde ys,
dar wert ock de vorrichtinge der sunde nicht
wesen
Wedderumme wen de levendigen nicht 15ven0
synt se alrede hyr na den worden Christi ver-
richtet unde vord6met, unde so se ym ungeloven
sterven, m6gen alle myssen se van der verrich-
tinge nicht entfryen, wente se bringen mit syck
dorch den ungeloven ore sunde. De Christen
overst, de yn dem rechten geloven sterven, bryn-
gen myt syck de reyninge, dat one ock alle
vormaledygynge nycht roach schaden, dat dyt
alle war is, bettiget Christus klarlick unde
sprickt [Joh 5, 24]: Vorvar, vorwar, segge ick
juw, we myn wort h6rt (welcker van den vor-
storven nicht mach vorstaen werden) unde 16vet
deme, de my gesandt hefft, de hefft dat evige
levent unde ktimpt nicht yn dat gerichte, sunder
he ys van dem dode tho dem levende hendorch
33 ntitzlich, [6rderlich, vgl. Schiller u. Ltibber
I, S. 159 f.
516
Artikelbuch 1527
gedrungen. Kumpt de gelSvyge rwcht ynt ge-
rychte, wortho synt define de straffen unde pyne
des vegevtirs erdacht? Synt de gelSvigen nycht
yn pyne, sunder ym ewygen levende, worumme
wyl me se myt myssen uth pynen 15sen unde
ynt levent bryngen? Is ydt doch al verkert dynk
unde volget, dat de mysse, darynne de gedech-
tenysse des dodes Christi vor unsen doth begaen
unde vorhalth wert, nycht den doden, sunder
allene den levendigen tho troste gelaten sy, der-
wegen se ock den doden nichtes ntittet noch fra-
mer. De, de 5verst vorstorven synt, hebben na
erem loven de salicheit edder na dem ungeloven
den vordSmenysse entfangen
Daruth nicht swar ys afftomerken, dat vigi-
lien, seelemyssen, brSderschSppe, kalende und
dergelyken nicht uth Godde, sunder uth egenem,
falschem, mynschlykem gudtdunkende unde dti-
velsdroge erst synt entsprungen, darna dorch de
leydigen gyricheit mer unde mer yngeretten,
tholesten de entfoldigen, blSden, swackgelSvigen
mynscken, by den dat gSdtlike wort na syner
rechten arth unde gebSre nicht gepredicket, urn-
me er gelt unde gudt under sodanem falschem
schyne 5vel unde jamerlicken hebben bescheten
unde bedragen. Idt kan ock wesen {welcker doch
Godde bekant), dat etlyke, de syck up sodane
seelgerede vorlaten, nycht wol synt gefaren.
Darumme vigilien, kalende etc., so me Goddes
worde lbveth, yn nenem wege synt tho lyden.
De sOventeynde artikel.
Van der doden grafft
De doden 5verst eerlyken tho grave tho bryn-
gen unde an de levendigen eine korte vorma-
nynge tho doende mit dankseggynge, ys vor
gudt arrgeseen.
Wowol Christus tho dem jtingeren secht {Mat
8, 22}, dat he scholle de doden ere doden begra-
yen laten unde volgen eme ha, wyl doch dar-
mede nichtes anders, sunder dat me dat wort
Goddes tho predycken styff anholde unde yn sol-
ckem ampte sick noch vader, noch moder, noch
wyff, noch kynd vorhderen laten, ys dartimme
nicht nedderlecht, dat me de doden nicht schSlle
begraven. Dartimme wert vn dussem artikel urn-
me der simpelen wyllen vor gudt angeseen, dat
me de doden nicht na heydenschem prale, sun-
der na christliker wyse eerliken begrave mit ei-
ner korten vormaninge na den worden Christi
edder Pauli (Johan. 11, 25 ff.; 1. Cor. 15, 12 ff.;
1. Tessa. 4, 13 ff.). doch ane alle sunderlike
pompen mit ludende, lychten unde anderen buten-
wendigen geprengen.
De achteynde artikel.
van unser leven frouwen unde sus
anderen tyden gesange.
Unser leven frouwen33a edder sus ander tyde
sampt eren myssen, dewyle de gegen Goddes
wort synt, oek nieht uth bewege ehristliker an-
reyzender notorft unde leve, sunder uth me-
dynge 3.1 edder sfis bedyngedem edder gestyfte-
dem jargelde gesungen werden, sehollen alse
ni]tte unde egens gewynstes si]eltieh bygedaen
werden_
Dat unser leven frouwen tyde wente heer also
hoeh verhaven synt, ys dusse orsake, dat me des
reehten myddelers Christi Jhesu unses Heren vor-
geten hefft unde gemeynth, me moehte sunder
33a Stiftungen zur Unterhaltung yon Marien-
andachten und -messen waren besonders hu-
fig. Die Marienbriiderschaften lieBen sich vor
allem die Ausgestaltung der Feste angelegen
sein. Die wichtigsten Feste Marias im aus-
gehenden Mittelalter waren: Marii LichtmeB
am 2. Febr., Marit Verktindigung am 25. Mtrz,
ihre Heimsuchung Elisabeths am 2. Juli, ihre
Himmelfahrt am 15. Aug., ihre Geburt am
8. Sept., ihre Opferung im Tempel am 21. Nov.,
schliefilich das zunichst sehr umstrittene Fest
der unbefleckten Empfngnis am 8. Dez. Au-
Berdem xvar der Sonnabend jederWoche ihrer
Verehrung bestimmt, was oft damit begriin-
det wurde, dab sie am Tage vor der Auf-
erstehung des Herrn nicht an seiner Gott-
heir gezweifelt babe. An diesem Tage wurden
ihr zu Ehren Votivmessen .gelesen und ihr
kleines Offizium gebetet. Vgl. St. Beissel, Ge-
schichte der Verehrung Marias in Deutsch-
land wihrend des Mittelalters. 1909, S. 304 ff.,
Geschichte der Verehrung .Marias im 16. u.
17. Jhdt. 1910, S. 217 ff.
_-- Mietung.
517
Ltineburg
berSrter juncfrouwen Marien vSrbede nicht salich
werden, so doch Christus mit hellen klaren wor-
den darwedder sprickt, dat nemand mSge tho
dem Vader komen, sunder allene dorch en (Joha.
14, 6). Hyr erken_ne unde richte ein ytlick, yn
war geloven de wesen mSgen, de dorch egene
werke, dorch Marien unde anderen patronen
vSrbede, Godt tho erwerven unde salich tho wer-
den, vormeynen, so dusse enyge sprSke ganz tho
boddem stott solcken eren ungrund, steyt styff
unde yn ewicheit umbewechlick, dat wy nicht
mSgen thorn Vader komen, allene dorch Chri-
stum. Van dussem hebben wy gnade unde unser
sunde reynynge na dem wyllen unde rade des
Vaders entfangen. Yn eme lyggen allene vor-
borgen alle schatte der wyscheit unde erkente-
nisse Goddes unde waent yn eme de ganze fiille
der godtheit lyfflyken (Colos. 2, 3. 9), ys de bor-
ne aller gnaden, de wech, warheit, levent (Jo-
han. 14, 6), .vn summa, wyscheit, gesuntheit, wol-
varth, gedyent, fromicheyt, gerechticheit unde
salicheyt (1. Cot. 1, 30), welcker noch Marien,
noch Petro, noch jeniger creaturen nicht roach
thogelecht werden unde, alse ym 9_ uncle 10.
artikel vormeldet, wyl Godt umme nemandes
denn umme Christus wyllen berSrte stticke ge-
yen edder ock darumme gebeden syn.
Daruth folget, dat me seer unde groff geerret
hefft, nicht allene yn der styftynge unser leven
frouwen tyde, sunder ock yn allen anderen dyn-
gen, dorch we!cker wy vormeint, gnade van
Godde unde vorgevynge unser stinde tho erlan-
gen. Dar me 5verst by der waren hylligen
schrift gebleven were, hedde me wol geleret
unde tho scheden gewtist, wat eere wy Marien
unde anderen creaturen, wat eere wy Godde ge-
ven scholden.
Dat me 5verst hyr, alse gewoentlick, vornufti-
gen anteen wolde de gelykenisse van fSrsten,
alse mSste me dorch de ampten an den fSrsten
komen, ys hyr falsch, roach ock yn gSdtliker
dusser sake gar nene stede hebben. Wente Godt
lett vor allen mynschen syne gnade unde barm-
herticheit uthropen, desulvygen eynem ytlyken
dorch Christum anbeden unde alle dynk uns yn
synem namen allene wyl geven (Johan. 14, 13;
15, 7; 16, 23: Math. 7, 7 f.; unde 21, 22). Dartho
van uns sulven ym Geiste unde warheit wyl an-
gebedet syn (Johan. 4, 24). Vbrder ys he nicht
dorch hiise edder wonynge, na edder verne, alse
fSrsten van uns gescheden, dat he dorch knechte
unser gebreke mSste berichtet unde vormanet
werden, sunder siith uns jegenwardiger unde
egentlyker yn unse herte (Hiere. 17, 10), alse wy
nenem anderen mynschen yn syn angesichte seen
mbgen. Tholesten van deswegen hyr up erdbod-
dem yn allen drbffenyssen, angesten unde ly-
deride versocht ys, dat he mit uns lyden, unse
gebreke erken_nen unde sick unser vor synem
hemmelschen Vader annehmen unde vor uns
bydden mSchte (Ebre. 2, 16 ff.; Jo. 6, 35 ff: 7,
37 f.). Dyt is Godcles glorie und synes Christi
prys unde ere.
Ein spot overst unde smacheit ys ydt nicht
allene Marien, sunder Godde unde allen hylligen,
dat me se na erem dode yn de stede Goddes
unde Christi setter, Goddes eere unde Christus
ampt erie tholecht, dat se newerle geleden noch
begerth, ja de moder des Heren erkent sick sun
vest vor eine maget unde denerynnen des Heren,
de allene uth gnaden unde barmherticheit tho
der eere ys utherwelet, alse ere egene worde be-
ttigen (Luce 1, 38. 48), dat de Here de nichticheit
syner maget angeseen hebbe. Paulus unde Bar-
nabas (Acto. 14, 11 ff.) wolden ock tho Lystris
nicht laten, dat me se eeren scholde, sunder
wyseden de eere to Godde unde bekenden sick
vor mynschen unde der anderen medebrbder
unde spreken: O gy mynschen, worumme do gy
dat? Wy synt nicht anders den gebrecklicke
mynschen, alse gy synt etc. Wat mene wy, dat
se spreken wbrden, wen se segen, dat by ene ge-
socht wSrde, dat allene Goddes ys? unde vorne-
meliken de juncfrouwen Maria. Ane twyvel, se
wSrde spreken: O gy unvorstendigen, alle eere,
de ick hebbe, hebbe ick nicht van my sulven.
Godt hefft myck uth lutter nade unde barm-
herticheit na synem wyllen tho der moder Chri-
sti utherwelet, des ick eme danke unde lave syne
barmherticheit, noch byn ick dartimme nicht
518
Artikelbuch 1527
gelecht werden, dat de swacken nicht geergert
edder also vorth vorworpen, de rSkelosenoverst
,nde rumgelSvigen nicht fryheit vaten, alles,
wat gSdtlick unde eerlick ys, to vorachten, sun-
der alle predickye ,nde lere up den geloven,
fr,chten Goddes, bothferdig levent, krfitze, ge-
dult, gehrsam, leve unde dergeliken notorftige
christlike stficke mSgen gerichtet werden.
Vor allen dyngen wyl einem ytliken kerckhe-
ren gebSren, twyscken gSdtlicken unde mynsch-
liken settirgen klScklick tho underscheden unde
einem ytliken syne werde ,nde mate weten tho
geven. GSdtlike settinge synt der arth unde also
nStlick, dat yn den nichtes tho voranderen noch
tho breken ys, alse yn vorigen etliken artkelen
argetogen unde bewyset ys. Mynschlike settinge
synt twyerleye, eyne, de gSdtlikem worde strak-
kes wedderstreven, alse de ynsettynge der anrS-
per und patronen feste, dardorch Goddes eere
unde Christus ampt voruneret wert. Kfischeit
der geistliken, welcker sunder underscheid up
alle geistlyken, alse hedden se alle de gave, mit
gebode gelecht, ys wedder alle byllicheit unde
klare wort Goddes. Beter ys elick tho werden
wen bernen {1. Cor. 7, 9}. Myssen uth gewoente
,mme gelt vor de doden etc. wedder de wort
des Heren unde Pauli unde dergelyken andere
unordenynge vele, dar hyr bevor genochsam
van geschreven, dusse nademe se Goddes worde
rychtyges entgegen synt, mSgen nicht geleden
werden, wente men hyr Godde mer horcken
moth alse den mynschen {Acto. 4, 19}. De ande-
ten settynge, wowol se yn Goddes worde nicht
gegrundet, wedderstreven dennoch demsulvygen
nicht, als dar ys de ynsettyrge des Sondages,
daryn dat volk, Goddes wort tho hSren, beden
unde de gedechtenysse des dodes Christi tho be-
gaen, syck vorsammelet, unde etlike feste, daryn
de schrift na einer ordeninge schickliken gepre-
dicket, ock psalm unde leyssen eindrechtigen
mSge ges,ngen werden, dusse dinge thor sali-
cheit nicht noth synd, sunder dat me der eni-
cheit unde gemenem frede hyryn dene, ock un-
schicklicheit gemeden werde.
Wor me 5verst hyrynne rSkelos handelen, der
leve unde frede nicht achten worde, worde un-
schicklycheyt folgen, welcke denne schendlick
unde schedtlick ys. Desgelyken myt der spyse
weth me, dat se fryg ys, ock nemandes con-
scientie darmyt schal gebunden werden. Wor
5verst a eynem orde Goddes wort nicht vast
gedreven unde de conscientien myt der warheit
noch nicht gefryet synt, were ungodtlick, dynen
armen broder tho ergeren, nademe Paulus so
ganz getruwlck de ergernisse vorbth 1. Cor.
8, 9 ff.} unde lever wy! sterven denn ergeren.
Hyr wert nu, alse ym artykel vain fasten ge-
secht, de leve eyne wyle tydes dfilden, eten mit
den, de fleysch eten, .vn Goddes namen, unde by
den, de nicht eten, syck entholden und nicht
rychten Jodoch de fryheit by sick unvorletzet
holden, ock desulvygen syck nicht nehmen laten.
Wor 5verst bemelte unde dergelyken myddel-
dynge alse thor salicheit nStlyck angethoge
unde folgendes de conscientien bynden wSrde,
synd se gegen Goddes wort unde van deswegen
nicht tho dfilden.
Wowol nu not ys, myt bemeltem beschede dat
volk getrfiwlick underrichten, ys doch nicht
nfitte, dachlickes unde allene darvan by der ge-
meyne tho handelen, sunder wyl einem truwen
kerckheren gebSren, yn den hSvetstficken christ-
likes wesendes, welck am ende dusses lesten ar-
tykels thorn dele ertellet, aldermeist unde stedt-
lyck anthoholden unde arbeyden, de dem volke
ane underlath ynbylden, doch myt dussem be-
schede, dat se nicht mynschlykes gudtdunkens,
sunder na vormSge, wysynge unde snore gSdtli-
ker schrift vorhandelt werden, darvan sfis van
velen vele unde notorftygen geschreven.
65 521
Ltineburg
seyn untirstehen, schaffet abir nichts, vorblenden
mag sie uns, nicht abir helfen. Sonst wen das
entrynnen m uns gelegen vere, was bedarften
wit Cristo 7
Werden wir drumb vorzweifeln etc., xvarIich,
unserthalben mussen wir vorzweiflen, den wer
mag yon seyner sundh wegen hoffen? Und
menschlige rechticheit tychten mher betriegli-
chert eyn hoffnung, dan das sie sie leisten,
welchs das es war sey, wirt der mhal aus die
erschrecknung gottlichs gerichts und entsezung
des rods ausweisen, dann zu der zeit wirt diesse
betriegliche hoffnung dir eben eyn hoffnung sein
als dem hungerien eyn essen ist malte ld
speisse.
Es sey dann abir, das die mensche auf diesse
veise erkennen, was sie seyn und was sie aus
ihnen selbs vormugen, werde hummer imgrunde
wedder liebe noch das evangelion Christi anne-
men. Hir sollen abir die selsorgers mit denn ge-
wissen seuberlick fharen, die sie befindten albe-
reyt erschrocken und rechtschaffen, von we-
gen ihrer sunth und erkantnus ihres irsals vor-
schembt, dann dennselbigen ist noth, von stunt
eynen rath und arzney des evangelii bey zu br... -.
Vorl ebunl der sund und ewil es leben
dutch Jesum Cristum.
Auf die vorige vordammnus, welche das ubir-
tretten gesez trauweth, da alIer trost unsernt
und unser krefte halbert abgesclagen, da die
hell ihren rachen aufsperret, uns zu vorsclin-
den 2a, trifft eben das evangelion, das ist vor-
kundigung, das die sunt durch Cristum vorge-
ben seyn, und syhe die hoffnung mitten in der
'orzweiflung, syhe das hymmelreich eben, da
du bist zur hell vordampt. Got der Vater er-
kent diesse zwey stucke: Nemlich deyn vordam-
nus und das du dutch deyn vormugen mcht
magst entrynnen, drumb da er sich unser er-
barmt, als er darm von ewigkeit her vorordenet,
hat er seins eynigen Suns nicht vorschoneth,
sondern vor uns allen ihn hingegeben [Joh 3,
16; Rm 8, 32]. Bey denn Cristen ist nymant, wy
heyligs und erligs Iebens er imer ist (dan wir ja
auch in weltliger odir burgerlicher fromigkeit
sollen berumbt sein. welche das scharf recht
auch yon uncristen erfodderth), nemand, sprick
ich, ist, der nicht bekenne diesse worte: Cristus
ist vor meyne 2b sunt 2c, ob du nun in deynem
und der welt ogen, xvie dir dann auch gepurth,
xvoll bist eyn from man, eyn erliche frau, eyn
zuchtig jungfrau, in bedarf gesell, idoch beken-
nestu mit diessen worten dich denn allergros-
sisten sunde von Gots gesicht. Es sey darm, du
yon wegen diesser xvelth lygen deyner fromig-
keit in gleichsnerie vorblendet seyest, da du
schauest, wie gar unschiglig und strefflig ander
lehut gegen dich leben, dan deyn sunth muss
kurz die allergrobst und grossiste se)-n, welche
zu vortelgen der eyngeborn Shun Gots muste
sterben Sonst in ewigkeit xveriestu verloren,
werm du gleich zum ansehen aufs allererligst
lebetest, hettystu auch in ander wege deyn sunt
mugen henwegthun, was theth noth, so schend-
lich umbkomen denn eyngeborn Sun Gotts. Her-
widderumb darmit du nicht vorzweifelst, syhe-
stu, das vor deine sunth der allergrosslste ko-
stung-d ist gegeben, nemlich der eyngeborner
Sun Gotts, auf das du nicht zweyfelsth, sunder
allergewissesten vortrauwens glaubst, vor dey-
ne sunt sey gnug getahn, ja, mher dan genug
than, dan was ist der ganzen welt sunde gegen
denn gegebenen leyb und vorgossen bluth des
Suns Gottis? Durch diessen glauben alleyn wir-
stu bestehen in vorsuchung und todte gegen die
sunt. Alles, das du ausserhalb diesses glaubens
dich untirnimpt, es sey dein selbs gedicht odir
auch von andern, wie heilig sy imer sein, auf-
genomem, ist eytel und vorloren ding.
ld - gemalte (7)
2 Hier bricht der Text ab.
2a - verschlingen.
% Text: neyne.
-c Hier fehlt ein Wort, etwa: hingegeben.
-d---- Bezahlung.
524
Lfineburg
obir genug van Hem befolen, das es keyn star
noch zeith hat, mit abirglaubigen werken sich
bekumern. Ich weis, spricht Cristus, das sein
(des Vaters} geboth ist das ewige leben, Johann.
12 [50]. Was der Vatter nicht befolen hat, mag
woll abirglaub und strick der gewissen seyn, das
ewig leben mags abir nicht seyn. Was nicht aus
dem glauben gehet, das ist sunt [Rm 14, 23], das
geheth abir aus dem glauben nicht, das man sich
an Gots wort und geheis untirnympt. Nun ists
doch das allerjamerligst, in dem stanth leben,
den du mit Gots worth und dem glauben Cristi
vor Got nicht kanst vorteydigen
Darnach gepurt auch eynem Cristen, seinen
nachpauwrn und negesten dienen, untir welchen
die dyner des vorts sollen als die vornemisten
geacht werden, das ihnen ihre nottorft und er-
lige underhaltung gepurlichen vorschafft und sie
geeret werden, als der heilig Paulus lerhneth
[1. K 9, 14].
Vor allen dingen abir sollen sie das folk ler-
hen, vor alle stende, als berurt, stetiglich und
fleissig bitten, weil kunt ist, das Got solchs abir-
all gebeut [1. Tim 2, 1:4]. reychlich die erho-
rung vorheysset und hats vor das allerange-
nemsth Die abirglubige achten viel wasschen
vor eyn beth wie die heyden; der glaub abir er-
greufet sein glaubig gebeth vor Gottis angesicht,
wilch er allein erhort.
Nach denn xverken sollen sie auch predigen
vom kreuz und vom starken gemoth gegen die
widerwertige und alle fiend, darmit sie vies-
sen allen unfall zu vortragen, nicht rache su-
chen, sondern vor die bosen bitten Durch sol-
liche des glaubens ubing wirt erlangt die sicher-
heir unser hoffnung, glaubens und beruffs, 1Ro. 5
[2].
Sacrament.
Demnach dan der barmherziger Got zu ster-
kunge und trost unser gewissen im kreuzt ne-
ben dem wort auch eusserleyche zeichen hat ge-
geben, dardurch wir seiner guthe gunste, auch
unser freyheit und gepur sollen ermanet wer-
den, welch da sein die sacrament, sollen sie dar-
yon also lernen, das sie gegeben und entfangen
sollen werden nach insezung unsers Hem Cri-
sty, welchs insazung wen nicht were, herren wit
kein sacrament. Ihme gepurt vorzuschreiben,
uns abir zu folgen. Sollen drumb vom tauf pre-
digen, als sie eynen untirricht zu lernen haben
auss heyliger geschrift in hern Johannes Bu-
genhagen Pommern brunswischer ordenung 4,
derselben weis auch vom brauch des sacraments
des leibs und blurs Cristi, wie das auch eyn
lehr auss insazung unsers Hern Cristi in bemel-
ter ordenung4a begriffen, darmit das folk lerne
eftmals und wirdiglig gotlichs tyschs messenab,
welcbe aber das sacramenth nach tier ordenung
Cristi noch nicht mogen empfangen, die sich
nicht widersezen aus torrichter vormessenheit
als jenne, die die gewonhit grosser achten :lann
Cristum, sondern aus unwissenheit also schwage
junger Cristi, die sollen sich des sacraments ent-
halten, pis das sie lernen Cristus gebott und or-
denung allen menschligen geboten und gewon-
heiten vorsezen. Es wirt je nicht schwar sein,
solchs lernen und glauben, allein die torychte
vormessenheyt streicht ihrem gotlosen wesen
eyne farb an.
Von der mess abir, vie sie ist em soe greu-
lich misbraucb des sacraments widder dye hellen
insazung unsers Hern, sollen sie alsdan rnher
und vollkomlicher predigen, wenner das folk
durchs worth zuvor woll untirrichtet ist, wie
man wirdiglich zu des Hem tisch gehe und
welch tier rechtschaffen gebrauch des sacra-
ments sey nach der insazung Cristi und apostel-
scher lehr. Alsdann findstu e,vnen seher gemei-
hen man vorstendligen untirricht gegen derm
gothlosen misbrauch des sacraments in berurter
brunswigscher ordenung. Abir in diessem allem
soll auf zeyt und gelegenheit der zuhorer des
evangelii, wie obangezeit, getreuwlichen ge-
4 Vgl. oben S. 351 ff.
4a Vgl. oben S. 405 ff.
526
4b sich zumessen, zuteilen, d. h. essen, vgl,
Grimm, Deutsch. W6rterbuch VI, 1885, S. 2117.
Instruktion fiir die Prediger 1529
merkt werden, dan was haben wir mit denn un-
saligen zu schaffen, die nummer junger, sun-
dern ewige vorechter des evangelii seyn wollen.
Ehestand.
Alsdann auch der heyligste ehestand drubsall
am fleysch hat und van etligen widder Gott um-
bylche wirt wyderfochten, idoch er von Gott er-
schaffen, ingesezt, geheyliget und denen, die nit
sonderliche gab empfangen, beyde, an leyb und
geist, heylig zu seyn, gebotten, sollen sie dar-
von, als heyligen predigern gepurt, mit zucht ane
schantbar wort bescheydenlich predigen, in un-
erklerten aber und zweifenlichen fellen, auch da
man sich der ergernus besorgte, sollen sie nichts
handelen noch schaffen ohn radth des superatten-
denten.
Ceremonien.
Zulezt, weil dye cristliche samplung mit psal-
men, geystlichen gesengen und deren gleichen
ceremonien umbgehet, sollen die prediger darvon
lernen udir auch ingehen ermanen, das offentlich
bey Cristen nicht soll gesungen noch gelesen
werden, das nicht auss der heyligen schrift ist,
wie das die alten aufs fleissigst gehalen wuf-
ten. Darumb die suffragien odir vorbitt, anruf-
fung und was sich auf vordienst der heyligen
zeucht, enzelen 5 abgethan worden. Dan men
soll Got alleine anruffen, und Cristus allein im
hymmel im allerheyligsten in des Vaters ange-
sicht (als die epistel zum Hebreern meldet |Hbr
9, 24])ist eyn diener, das ist, eyn vorbydder
zwuschen Got und menschen, durch welchs vor-
dienst allein wit erhort und zalig 5a werden.
Dusses alles werden sie aus heyliger schrift
gutten, gewissen bescheyd finden in hern Johan
Bugenhagen hamburgischer ordenung 6.
Allermeist aber sollen sie abethun unergrunde
historie und lugerlige menschengedicht, auch die
unfruchtbare aufsazung, darmit men allezeit in
Ootts wort und reiner heyligen geschrift umb-
gehe. Ihre ampt ist, das folk hirinne zu seiner
zeit lauter untirrichten; den zuhorers gepurt zu
folgen und zu thun, als sie gelerneth werden, so
viel Gott gnadt vorleyhet. Es ist eyn schande,
das Cristen nicht wiessen, das in der kirchen
nichts anders soll geprediget noch gesungen
werden dan Gots wort. Wiessen wir nicht etc.,
das alle kirchendienste, so yon menschen, als
weren sie gotlich, erfunden und nicht dorch Got
gebotten, von Cristo mit diessen worten [Mt
15, 9] vordampt werden: Vorgeblich dienen sie
mir, dwell sie lerhen solliche lehr, die nichts dan
menschengebott sein; und in Esaia [Jes 29, 13],
darher Cristus diesse wort genomen, drauwet
Got denen, die ihn also ehren, erschrocken-
liche vorblendung etc. Das ander alle, das aus
heyliger schrift ist und nicht auf eynen abegele-
gen frembden syn werd vorweldigt z, sollen sie
ihnen zulassen und gedachter gestalth mit ihn
handelen, das sie ihre freyheyt lehrnen nicht des
fleischs, sondern die sie in Cristo haben, in wil-
chem Crist und seynem todth sie getauft sein,
darmit sie zulezt wiessen, das ausserhalb Cristo
keyn andre gerechticheyt isth, in dem auch le-
ben und sterben. Amen
5 vermutlich ---- einzeln
5a = selig
6 Sehling V, S. 488 ff., hierzu bes. S. 516 If.
7 _-- vergewaltigt.
527
Pfarrbesoldungs- und Eheordnung 1543
holden, dat se xvagen und hantdenste dartho don,
ock stro tho den dacken 5 geven schullen.
Am Sondage und andern festen schal thovor
und ehr dat de predige in der kercken uthe is,
hen kram eropent 6, noch brandewin oder an-
ders feile gehat, ock in den krogen noch sunst
kein beer geschenkt und lage geholden werden
by vermidunge straffe. So aver ein wanderende
oder krank minsche oder derglicken tho siner
n9ttroft ein drunk beer edder anders forderde,
demsulvigen mag et wol gerekent und hirinne
geborliche beschedenheit geholden werden.
Van vereheligunR.
Alse sick mancherley erringe und misverstand
by den kerckhern, ampt- und gemeinen luden
uth deme, dat se nicht eigentlich wetten, wo na
gefrtmdede ein andern thor ehe nemen mogen
und welcken solchs blotverwantnusse, sibbe und
freuntschaft halver verboden sy, thogedragen,
daruth dan tho tiden ergernuB und beschwer-
liche unrichtigkeit, ock by wilen unnodige sorg-
feltigkeit und verhinderunge entstan, solches
henforder affthosniden, schal nafolgende settinge
geholden werden by vermidunge ernstlicher peen
und straff.
Erstlich setten, ordnen und willen wy, dat
menniglichem, war standes he sy, frey sun schal,
sick in den ehelicken stand tho geven, vorbehelt-
lich der beschedenheit wie folget:
Freunde in rechter, dat is in up und affste-
gende lynien, darinne oldern und kinder sin, sol-
len sick miteinander nicht verehelicken, se sin
so fern einander gesibbet, als se immer sin
konden 6a. Nabenente freunde in den sittlynen
schollen einander thor ehe ock nicht nemen, als
nemlich: 7.
Bruder und suster,
seins vaders broder oder suster,
moder broder oder suster,
grotevaders broder oder suster,
grotemoders broder oder suster,
broder oder suster kinder,
broders oder suster kints kinder.
Und wiewoll tholetig mochte geachtet werden,
dat twyer broder oder suster kinder mochten
einander thor ehe nemen, demnach deiwileeth
im gebrucke nicht herkomen und ergermsse ge-
beren mochte, tho dem de welt Got loff so ful
volkes, dat de lude ores gelicken wol utherhal-
yen so na gefrundeden bekomen mogen, so schal
solckes ock verboden sin und broder und suster
kinder einander thor ehe nicht nemen Za.
Twischen steffkindern und steffadern edder
moder schal nene ehe ingeghan werden noch be-
stendig sin 7b.
Abet wen einer eine frouwen gehat, darmede
he kinder getuget hefft, und de frouw, de he
wedder nimpt, einen man gehat, darmede se ock
kinder bekomen hefft, dersulvigen ehemans und
frouwen kinder mogen einander wol verehelicket
werden, dan se wedder blodes noch freuntschaft
halven einander verwant sin, und hindert dat
nicht, ifft se beide miteinander ock kinder ge-
tuget hedden.
Des verstorven sons frouen eder der verstor-
ven dochter man, derglicken der verstorven
mans oder wives moder tho ehe tho nemen,
schal verboden sin. des verstorven broders frou-
wen oder verstorven suster man thor ehe tho
nemende Zc, derglicken sick mit des verstorven
vaders oder moder broder frouwen oder moder
suster man sick tho verehelicken, schal ver-
boden sin.
Eth schal ock keiner edder keine, de he, ed-
der denjenigen, de he oder se uth der dope geha-
yen hefft, tho ehe nemen, averst ore, ock orer
oldern kinder, derglicken der oder de gefadder
und des kindes eldern mogen einander ungehin-
5 _-- Diichern.
6 _--keine Krambude erOffnet.
6a Vgl. oben S. 219 u. Anm. 14.
7 Vgl..gben S. 220 f.
7a Vgl. oben S. 221 u. Anm. 19.
7b Vgl. oben S. 222 f.
;cVgl. oben S. 224 u. Anm. 25.
529
Pfarrbesoldungs- und Eheordntmg 1543
gebracht edder, so se leddig erkant werden, de
wivel3personen darover sitten bliven, so schollen
solcher lichtfertigkeit und unrichtigkeit tho beu-
gen henforder dejenigen, eth sin manl3 oder wi-
veBpersonen, de oren willen tho den andern, oh-
hen thor ehe tho hebben, durch wort, gave, lo-
velber drunken oder andere untwivelhaftige an-
toginge gegeven tmd geopenbart hebben und
demsulvigen tho wedderkhomen understan wil-
len, ernstlich mit gefenknus oder sunst na gele-
genheit darumb gestraffet und gelickwol gewiset
werden, de ehe, so se gelovet und gewilliget heb-
ben, tho holden. Derhalven sick ein ider und
jede erstlich, ehe und thovor de sake sover '-'ge-
langt, wol bedenken, wat se don schollen und
willen.
Derglicken schollen ock de eldern, frunde und
vormunder fucsichtiglich handelen und nicht wi-
der van der ohren wegen zuseggen, dan se wet-
ten, dat erfolgen werde.
Nadem dan ock nicht ein geringer mibruck
by etlichen luden befunden wert, dat se ohre
kinder in ganzen jungen und unmundigen jarn
etwa mit bedageden verloven und in den ehe-
stand begeven, also dat dejenigen, so all3o uth-
gegeven verden, nicht wetten noch verstan, wat
de ehestand i13, noch einge rechte bestendige be-
willigung und vulwort 3 dartho geven mogen,
und eher eins erwasset, dat de ander ehegade
vast thorn older kumpt, daruth dan allerley er-
gerung und dat eins dat ander nicht liden wil,
van den andern lopt oder sunst unfreuntlich mit-
einander leven, erfolgen, und das die ehestand
van dem almechtigen eingesetzt und mit Gots
frucht und guden bedacht und bewilligungschal
ingeghan werden, so hebben wy verordnet, dat
henforder niemandes schal sine kinder edder
frunde in solchen jungen jarn, als nomlich
ein mansperson under sechzehen und ein wivel3-
bride unter twelf jarn uthgeven by vermidung
ungnediger straff. Eth schal ock nen kerckher
de lude, so under solchem jungen jarn sin, tho-
samende geven, ock bi vermidung straffe.
Van ehebruch unde untucht.
Eth schal sick ein ide und ider der laster und
sunden des ehebrocks und untucht entholden,
we aver des schuldig befunen wert, schal dar-
umb na gebor und gelegenheit siner verwicl-
nung 1 gestrafft werden.
Und darmede de wiveBpersonen sick desto
mehr vor untrichten bewaren und nicht, wo fel-
reals geschehen, sick sulvest tho den knechten
gesellen der meinung, se dardurch thor ehe tho
bekomen, so schal henforder keinen wiveBper-
sonen, de also beschapen wert, yon den deder
mehr dan twe gulden, ohre kindelbedde darmede
tho holden, und ein dock 5 up ore hover gegeven
werden, so se aver dat kinth upthen wolde, so
schal der deder ehr veer gulden des jars darvor
geven und dat kint ock darna forder enthen und
erholden, de deder schal aver dannoch ock dar-
tho na gelegenheit siner verwirkung gestraffet
xverden.
Dexvile aver vele ohre undoget darmede tho
beschonen vermenen, dat se seggen, de gesel
hebbe ohr de ehe gelovet, dat se dardurch bewe-
get, sinen willen tho don, so schal nener sul-
ches gelovet, ock der gesell nicht gedrungen
werden, sick mit dem eide tho entledigen, et
were dan sake, dat se ander warteken 16, ante-
ginge oder vermodinge vor sick hedde, dan in
den fellen schal der gesel gewiset werden, sick
mit dem eide der angetogen thosage tho bene-
men.
Wurde aver befunden, dat eine junge minsche
durch kintheit oder unverstand van einem ver-
stendigen gesellen tho falle gebracht were, so
schollen unsere verordenthen rede in solchen und
12 so weir.
13 Zustimmung.
14 Steht offenbar ffir ,,verwirkung", vgl. den fol-
genden Abschnitt. Knoop, S. 228, setzt: ver-
wirknung.
5 Tuch.
6 Zeichen, Wahrzeichen.
1 Anzeiehen.
. 531
Liineburg
derglichen hirinne unversehen fellen na gelegen-
heit und umbstenden der saken und personen
tho handelen und tho erkermen hebben.
Demna dan etliche lichtferdge wivespersonen
ohre kinder hemlich geberen, welchs ane dot-
liche gefar der kinder nicht geschehen mag, und
dan de kinder heimlich bi bringen, edder so se
betreden werden, forwenden, als scholden se
mit der gebort overilet sein worden, solche hin-
derlistgkeit und unminschliche ovel und mord
sovel moglich vorthokomen, ordnen und setten
wy: Welck wiff heimlich ein dot geletmatig kind
an de welt bringt und thovor nicht bekant ge-
wesen, dat se schwanger sy, desulve schal vor
eine overwisende und bekande morderyn ores
kindes geachtet und an ihrem liff und levende
gestrafft werden, werde aver eme ohre gelegen-
heit antogen und dannoch mit villen allein unde
ane hulpe anderer wiver ein geletmatig kint ge-
beren, so schal desulve nach gelegenheit darumb
gestrafft und ohr nicht leichtlich ane andere ver-
modmge gelovet werden, dat se overilet sy wor-
den.
So ock ein verdracht 18, dat se schwanger were
und se et nicht bekennig sin wolde, so schal sol-
ches unsern amptluden angesegt und durch se
verschaffet werden, dat de gelegenheit der ver-
dechtgen personen durch erfarne, geschickte
frouwen, wo sick gebort, erkundiget werde.
In urkunt solches alles obgeschrieben hebben
vi obgemelter furst unser kanzleisecret tho ende
dusser ordnung heissen drucken und in alle und
idere unsere ampte overantworden laten. Actum
nha der gebort Christi, unsers selichmachers, im
tausentfiffhundert und im dreyundverzigsten jar,
Donnerstag post Martini.
[Unterschrift des Herzogs Ernst nachgeahmt!
Secret fehlt.]
18 _-- Verdacht.
532
Lfineburg
das Magnificat bisweilen lateinisch, bisweilen
deudsch gesungen, und da orgeln sind, ein vers
umb den andern auf der orgel geschlagen wer-
den.
Darauf lese der priester eine collect trod be-
schliesse der chor mit dem Benedicamus Domino.
Nach der vesper sol der priester die leute,
so des folgenden rages communicirn wollen,
beicht h6ren, unterrichten und absolviern.
Wenn viel communicanten sein, mag auch des
Sonnabends des morgens friie nach der predigt
und am Sontag nach der ersten predigt beicht
geh6ret werden.
Es sol abet das yolk fleissig vermanet wet-
den, das sie auf den Sonnabend morgens oder
abends filrnemlich zur beicht komen sollen
sampt ihren gesinde und kindern, auf das die
kirchendiener nicht zu sehr beschwert werden
und kein unordnung daraus entstehen m6ge.
An gemeinen Sontagen und fe ertagen.-
Des morgens frile nach ftmf uhren sol zur
metten geleutet werden und darnach die schtiler
einen psalm, zwen oder drey singen mit der an-
tiphona de dominica vel festo.
Darnach lese ein knab die sontagsepisteln la-
teinisch oder deudsch.
Darnach singe man Te Deum laudamus etc.,
den einen Sontag lateinisch, den andern deudsch,
und das Benedictus darauf, und beschliesse der
priester oder diacon mit einer collecten.
Bald darnach umb sechs uhren werde die frile-
predigt angefangen his umb sieben, und mag vor
der predigt ein deudscher psalm aus Lutheri
psalmbuch gesungen werden.
Es sol abet in stedten und da schulen sein,
alle Sontag zur frilepredigt der catechismus or-
dentlich fur und fur geprediget, und wenn der-
selbe aus ist, widerumb angefangen und allezeit
vor der predigt die wort des catechismi gelesen
werden.
Nach der frilepredigt sol dutch das volk die
heiligen zehen gebot oder das Vater unser etc.
gesungen werden.
Da aber keine schiller sein, da kan die metten
unterwegen gelassen, abet vor der predigt ein
oder zwen deudsche psalm gesungen werden.
Darnach wenn die erste predigt und gesang
geendiget, so sol zur mess oder communio geleu-
tetund sie angefangen werden, welches zu sie-
ben uhren geschehen sol.
Es sollen die pastores und kirchendiener, so
messe halten wollen, wenn communicanten ver-
handen sein, nicht blos mit ihren gewSnlichen
kleidern, sondern in ihrem ornatu ecclesiastico,
als alben, caseln und messgewand, fein ehrlich
und mit grosser andacht und anruffung des Sons
Gottes vor den altar tretten und das officium
missae anfahen, halten und verrichten.
Es sol auch der altar mit reinen tilchern und
andern ornatu gezieret und bekleidet sein. Item
lichte auf dem altar brznnen, wie a!lezeit bis an-
her geschehen.
Und damit fortan in allen kirchen dieses ftir-
stenthumbs die ceremonien in officio missae
allenthalben ehrlich, ordentlich und eintrechti-
gen so viel als imer m6glich gefilrt werden mS-
gen. so sol man erst,'ich einen introitum de
tempore, darauf das Kyrie eleison und Gloria
in excelsis, item et in terra pax, zu zeiten latei-
nisch, zu zeiten deudsch singen.
Darnach wende sich der priester zum volk
und singe:
Der Herr sey mit euch.
Das yolk antworte:
Und mit deinem geist.
Darauf wende sich der priester widerumb je-
gen den altar und singe eine collecten de tern-
pore oder festo oder die sich zu der materien
schicken auf folgende melodey:
[Noten:] .4 Last uns beten: Allmechtiger Herre
Gott, weck uns auf, das wir bereit sein, wenn
.3 Vgl. S. 142 f. u. die Anmerkungen dort.
-0 Zur Melodie s. Hdo. d. dtsch, ev. Kirchenmus.
1. Bd. 1. T. 1941, Nr. 363 a. Dort ist die spi-
tere Quelle, die Braunschweigisch-Wolfen-
bilttlische KO yon 1569, zugrundegelegt.--
Vgl. die Nachweise der im Handbuch enthal-
tenen, dieser KO entsprechenden Melodien:
Hdb. S. 547, Nr. 105. -- Zur Kollekte selbst
vgl. unten Anm. 65a.
542
Kirchenordnung 1564
und in alas herze zu fassen, das sie ihr stindlich
leben bessern, trost und sterkung ihres glaubens
erlangen und hmfurt christlich und seliglich le-
ben mSgen.
Darauf sol man ein Vater unser sprechen
oder singen: Nu bitten wir den heiligen Geist.
Umb die Weihnachten: Ein kindelein so 15be-
lich etc.
Umb die Ostern: Christ ist erstanden etc.
Zum ende der predigt 33 SO1 das yolk abermal
zum gebet und danksagtmg gegen Gott verma-
net werden und samptlich vor erhaltung der
kirchen Gottes und rechter lere, darzu der
treuen warhaftigen lerer und das C-ott treue ar-
beiter in seine ernte senden wolle |Mt 9, 38],
ffir die oberkeit, ffir zeitlichen friede und ge-
wechs der friichte und in summa fir die not der
ganzen christenheit und sonderbarer personen,
die des christlichen gebets begeren, wie des un-
gefehrlich eine notel folget.
Lieben Christen, last uns Gott bitten, das er
uns bey seinem gSttlichen wort wolle gnediglich
erhalten und getreue arbeiter in seine ernte sen-
den, den predigern und kirchendienern seinen
heiligen Geist verleihen, das sie dasselbige rein
und recht fiirtragen und leren, auch mit gottseli-
gem leben ftirgehen und das der allmechtige
wolle sie und uns vor falscher lere gnediglich
behtiten und derselbigen steuren und wehren.
Das er auch unsern brtidern und schwestern,
die mit falscher lere oder sonst mit unrechter
gewalt yon unchristen oder andern tyrannen
angefochten und beschwert werden, gnediglich
helfen wolle, das sie in warem glauben und ge-
dult bestendig bleiben, und so mSglich, die ver-
folgung yon ihnen genomen oder gemiltert werde.
Bittet auch vor weltliche oberkeiten, keys. maj.
und andere potentaten, auch alle andere, die im
ampt der oberkeit sitzen, alas der allmechtige
wolle diejenige, die durch Gottes wort erleuchtet
sein, darbey gnediglich erhalten, denen aber, so
noch nicht erleuchtet, seine gnade geben, das sie
Gottes wort in ihren landen leiden und annemen.
Welche aber das nicht thun wollen und es ver-
folgen, das er denselbigen steuren und ihr for-
nemen zu schanden machen wolle.
Sonderlich danket Gott, das er unsere gnedige
landsffirsten und herrn also begnadet hat, das
sie Gottes wort lieb haben und in ihrem land
predigen lassen und fSrdern, und bitter, das sie
tier allmechtige darbey wolle gnediglich erhalten
und ihnen gottselig langes leben, gesundheit und
gnarl verleihen, das sie ihr regiment also ffi-
ren, das es Gott zu ehren und ihren ffirstlichen
gnaden und derselbigen unterthanen zu gutem
gereiche, und wir ein still friedlich leben in aller
gottseligkeit [1. Tim 2, 2] unter ihnen ftiren
mSgen.
Bittet auch vor unsere gnedige landsffirstin,
das sie der allmechtig auch in seinem gnedigen
schutz haben und sie vor allem unheil behtiten
und an leib und seel segnen wolle.
Bittet auch vor die rethe, ampt und befelha-
ber, auch den radt dieser stadt, das ihnen Gott
wolle gnade geben, das sie wol raten und ihren
befohlenen ampten und befehlichen getreulichen
ffirstehen und ausrichten.
Bittet auch vor alle angefochten und betrfibte
herzen, vor alle kranken, schwangere frauen,
junge kinder und alle, so in nSten sein, das der
allmechtige wolle dieselbigen alle trSsten, behfi-
ten und ihnen in ihren nSben beystehen und zu
hfilf komen.
Bittet vor uns alle in dieser gemein und in
dem ganzen lande, das Gott uns wolle gnedig
sein und behtiten vor krieg, pestilenz und teuer
zeit, vor feuer und wassersnot, vor hagel und
ungewitter und vor llem unglficke und ubel und
wolle die friichte auf dem felde behfiten, segen
und gnade geben, das wit sie mit fried, gesund-
heit und danksagung geniessen mSgen.
Ein jeder trage Gott seine eigen not for und be-
ret in dem namen Christi auf seine zusagung, da
er spricht: Alles, was ihr bittet in meinem namen,
gleubet, so werdet ihr es haben [Joh 16,23], und
sprecht yon grund des herzens: Vater unser etc.
33 Vgl. S. 145 f.
545
Kirchenordnung 1564
Das wir aber alle samptlich nach jetzt gehor-
ter lere und vermanung in rechtem warhaftigen
glauben und bussfertigkeit das heilige sacra-
ment wirdiglich empfahen mSgen, so wollen wir
Gott den Vater im namen Christi anruffen und
yon grund des herzen ein andechtig Vater unser
sprechen.
Ein ander exhortation.
Mein allerliebsten, uns wird stets durch die
predigt des evangelii Christi ftirgehalten, das
wit yon uns selbs unwissen, arme siinders und
verloren sein, und dieweil wir nicht mehr yon
uns selbs sein denn fleisch und blur, derwegen
wir uns auch mit unserem verstande und vermS-
gen nicht kSnnen los machen aus dem strengen
gericht Gottes und yon der gewalt des teufels,
darein wir gefallen sind durch die ubertrettunge
der gebot und des willen Gottes, so hat Gott
unser unvermSgen bas erkant denn wir und hat
vor uns gegeben als ein gnediger Vater seinen
eingebornen Son ,Yhesum Christum, das wir
dutch sein evangelium erleuchtet und durch sei-
hen todt erlSset worden yon unsern stinden und
durch ihn kinder Gottes worden, ewig selig,
so wit das gleubten. Solchs lest er uns stets
predigen, wer das gleubet, der hat gewis
das ewige leben. Auf solchen glauben und
zu solcher seligkeit werden wir auch getauft,
da sollen wit stets in bleiben, so bleiben wir
in Christo und Christus in uns. So essen wir
stets on unterlas geistlich mit dem glauben den
leib Christi und trinken sein blur, das ist, wir
werden Christo eingeleibet, das wir eins mit
ihm werden, damit das wit gleuben, das er sein
leib vor uns in den todt gegeben hat und sein
blur vor uns am kreuze vergossen, darauf ver-
lassen wir uns zur seligkeit wider alle falsche
lere, alle stinde, anfechtung und not. Aus wel-
chef wolthat Christi wir auch lernen, welche
lieb und gedult wit uben sollen gegen unsern
nehesten, auch gegen unsern feinden, was wol-
ten wir mehr? Doch das wir nicht vergessen
oder trag wtirden, als wir leider werden, zu sol-
chem glauben der menschwerdung und todes
Christi, hat er uns auch ein besonder gedecht-
niss oder verktindunge seines todes, so oft wir
wollen, befohlen, das xvir auch im auswendigen
sacrament, der vernunfr verborgen, alleine dem
glauben aus dem wort Christi bekant, essen sol-
fen und trinken sein leib und blur, das wit ja
nicht zweiveln sollen, sein todt und blutvergie-
ssung am kreuze sey unser gewisse seligkeit.
Davon sollen wit singen, lesen, predigen, hbren,
gleich wie wit in der misse thun, und nachmals
auch davon reden und unter einander verktindi-
gen uns zu trost und vielen zur seligkeit nach
dem befehl Christi: Solchs thut zu meinem ge-
dechtnis [1. K 11, 25].
Vrer nu wirdig wil essen und trinken das sa-
crament, der sol zwey ding thun: Er sol gleu-
ben, was Christus sagt, und thun, was er gebeut.
Er sagt [1. K 11, 24]: Das ist mein leib, der fiir
euch gegeben wird. Das ist mein blut, das fiir
euch ausgegossen xvird zur vergebung tier siin-
den, solches sollet ihr gleuben. Er gebeut aber:
Nemet him esset und trinket aIle daraus und
gedenket meiner. Solchs sollet ihr thun nach
seiner gnaden vort und befehl Das uns abet
der allmechtige Gott und barmherziger Vater
seinen heiligen Geist reichlich mitteilen wolle,
auf das wir durch desselbigen gnade uns dieser
zweier stiicke yon grund des herzen befleissigen
mSgen und also das heilige sacrament wirdig-
lich empfahen zu sterkung unsers schwachen
glaubens und besserung unsers siindlichen le-
bens, so wollen wir ihnen darumb anruffen und
in dem namen Christi beten yon gwund des her-
zen ein andechtig Vater unser etc.
Alia forma exhortationis. 3
Nachdem wir durch den fall und ubertrettung
unser aller eltern Adam und Eva sein in stinde
gefallen und des ewigen todes schiildig worden,
5 Vgl. S. 147 u. Anm. 17.
36 Vgl. S. 147 ff. u. Anm. 18.
8. 547
Lfineburg
auch durch solche stinde unser leib und seelen
dermassen geschwecht und verdorben sein, das
wir aus uns selbs nichts guts thun kSnnen, viel we-
niger die gebot und willen Gottes halten und
derhalben nach dem gesetz Gottes verflucht und
ewiglich verdampt solten sein, wie geschrieben
stehet im buch des gesetzes, und aber wir uns
selbs noch kein creatur im himel und auf erden
aus solchem jammer und verdamnis hat helfen
kOnnen, so hat sich Gott der allmechtige uber uns
erbarmet und aus unaussprechlicher liebe seinen
einigen Son Jhesum Christum in diese welt ge-
sand und ihn menschliche natur, fleisch und blut
yon der jungfrau Maria lassen annemen, auf
ihn all rinser und der ganzen welt stinden ge-
legt, der sie auch ftir uns getragen und am gal-
gen des kreuzes gestorben und am dritten rage
wider auferstanden ist und damit die stinde und
ubertrettung unser eltern und unser selbs gebti-
sset und uns Gott dem allmechtigen widerumb
versSnet hat, das wir nu gerecht und kinder
Gottes werden und das ewige leben und seligkeit
haben sollen.
Damit wit nu solchs deste gewisser sein und
dieser grossen unaussprechlichen barmherzigkeit,
lieb und woltht nicht vergessen solten, so hat
Jhesus Christus in dem abendmal, als sein lei-
den angehen solte, seinen lieben jtingern seinen
leib zu essen und sein blur zu trinken gegeben
und zu ihnen und allen Christen gesagt, das es
sein leib sey, der ftir sie gegeben, und sein blur,
das ftir sie vergossen sey zu vergebung der stin-
den, und das sie solchs, so oft sie also essen
und drinken wtirden, solten zu seiner gedechtnis
thun, und wie S. Paulus sagt, seinen todt dar-
bey verktindigen, bis er widerkomen wird am
jtingsten rage, zu richten die lebendigen und die
todten.
Darumb sollen wir thun, was er uns befihlet,
nemlich sein leib essen und sein blur trinken und
darbey seiner grossen wolthat, das er uns durch
sein bitter leiden und sterben von stinde, ewi-
gem rode, teufel und ewigem verdamnis erlSset
und Gott, dem himlischen Vater, wider verstinet
hat, gedenken und ihme danksagen.
Wir sollen auch gleuben, was er gesagt hat,
nemlich: Das ist mein leib, der ftir euch gegeben
wird, das ist mein blur, das ftir euch vergossen
wird zur vevgebung der stinde. Wenn wir solchs
thtm trod gleuben, so empfangen wir nach
seinem wort seinen xvaren leib mit dem brod
und sein wares blur mit dem weine und mit densel-
bigen alle seine verdienst und gerechtigkeit, als
nemlich vergebung der stinde, erlSsung yore to-
de, die kindschaft Gottes und ewige seligkeit.
Es sollen abet allein die leute, die hungerig
und dtirstig nach der gerechtigkeit sein. zu die-
sere hochxvirdigen sacrament gehen, das ist, die
sich vor stinder bekennen und ihnen dieselbige
lassen leid sein und ein ftirsatz haben, sich zu
bessern und so viel mSglich nach dem willen
Gottes zu leben.
Darumb prtiffe sich ein jeder mensch selbs,
und der sich also gesinnet befindet, der gehe
kecklich herzu, denn er empfehet das sacrament
wirdiglich, und ob er gleich im glauben noch
schwach were, so wil doch Gott damit gedul't
haben, denn er das glimmende tocht nicht aus-
leschen, noch das zerbrochen rhor zerknirschen
[Jes 42, 3], sondern den anfang des glaubens zu
gefallen annemen wil. Wir sollen aber bitten.
wie im evangelio stehet: Herr, ich gleub, ich
bitt aber, mehre mir den glauben [Mk 9.24].
Welchem aber seine stinde nicht leid sein, auch
keinen willen hat, sich zu bessern, sondern in
5ffentlichen stinden und lastern fortzufaren, der
bleibe von diesem sacrament, denn er empfehet
es ihme zum gericht, wie S. Paulus saget.
Das nu wir, die versamlet sein, das abendmal
des Herrn zu halten und sein leib und blur zu
geniessen, mSgen solchs wirdiglichen thun und
unsern glauben dadurch sterken und fSrder nach
dem willen Gottes leben, unsern feinden verge-
ben, unsern nehesten lieben und allen menschen
guts thun, wollen wir Gott den Vater durch Jhe-
sum Christum anruffen und beten das heilige
Vater unser.
Nach der vermanung singe der priester das
Vater unser trod die vort von der einsetzung des
abendmals Jhesu Christi auf folgende melodien:
548
Lfineburg
Herr zum Jordan kam etc. und dergleichen, und
sollen die andern kinder und gesinde in der kir-
clen mit singen lernen.
Darnach sol der prediger oder diacon einer,
wie sie sich dessert xverden vergleichen, die kin-
der in solcher catechismi lere nach einander
auf jeden Sontagen etliche fragen und ihm den
auswendig sagen lassen, item die auslegung,
welche die kinder yon wort zu xvort aus den]
kleinen catechismo D Martini Lutheri sollen
lernen und aufsagen.
Desgleichen nen]e er ein ander n]all ein ander
stticke des catechismi vor sich bis zu ende, und
wenn der catechismus einmal geendiget, so solle
er widerumb angefangen und fiir und filr also
getrieben werden.
Da aber die prediger anderer arbeit halben
nicht zeit herren, den catechismum auf den Son-
tag zu predigen, so sol es auf einen xverkeltag
geschehen Abet da es geschicht, sol man nach
der kinderpredigt oder sonst zu zxveien uhren
zur vesper leuten und die schiller einen oder
zwen lateinische psaln] singen: Dixit Dominus
[Vulg. Ps 109] etc. Confitebor [Ps 9] etc., Beatus
vir [Ps 1] etc., Laudate pueri Don]inum [Vulg.
Ps 112] etc., zu zeiten: In exitu Israel [Vulg.
Ps 113] etc., darnach die lection, zehen gebot,
den glauben und Vatec unser etc. deutsch
Darnach singet man den hyn]num de ten]pore
zu zeiten deudsch, zu zeiten lateinisch.
Darnach thut man eine predigt yon der son-
tagsepisteln oder de festo, oder es n]ag ein pre-
diger eine epistolam Pauli oder eine andere ftir-
nemen und die nach einander auf den nachmit-
tag des Sontags predigen.
Nach der predigt singet man das Magnificat,
bisweilen deudsch, bisweilen lateinisch, darauf
wird eine collecta gelesen und n]it dem Benedi-
camus Don]ino beschlossen.
Auf den dSrfern, wie hernacher gen]eldet, sol
man an] Sontag on unterscheid umb ein uhr
vesper halten, einen psaln] oder zven deudsch
singen und darnach den catechismum den kin-
dern leren, und venn das geschehen, so mag der
prediger dem alten yolk ein stticke aus dem ca-
techismo erkleren.
Darnach n]ag n]an das Magnificat deudsch
oder Nunc dimittis deudsch singen und n]it ei-
net collecten beschliessen.
In sonderheit abet sollen die pastores das yolk
vermanen, das sie fleissig vor sich selbs in die
kitchen gehen, auch ihr gesinde und kinder las-
sen- darein komen.
Es sollen auch btirgermeister und rhat in den
stedten und unsere haupt und an]ptleute und
voigte in den ampten die leute, vo es nicht son-
derliche, ehehafte not erfordert, n]it diensten
verschonen und allenthalben ein fleissig aufse-
hen haben, das unter der predigt und gottes-
dienst sowol den nachn]ittag als vormittag
kein gasterey, krtigen oder schwelgerey oder
zecherey, auch spazierengehen auf den kirch-
hoff gestattet, noch unter der predigt branten-
wein oder bier verkauft oder in den dSrfern, da
xvagen sein, ichtesxes gewogen oder sonst kauf-
manschaft getrieben, noch die kren]erbuden er-
5ffnet xverden, und solchs ernstlich verbieten
und yon der kanzel verktindigen assen, und da da-
xvider geschehe, so sollen sie wirt und gast in
straff nemen, auch so nStig, in gefengnis ein-
ziehen, damit andern exen]pel gegeben und solch
ungeschickt unchristlich xvesen abgestalt werde.
Es sollen auch in stedten und dSrfern alle Son-
tag vor der frtie und nachmittagspredigt die
xvSrter des ganzen catechisn]i den leuten deutlich
vorgesagt xverden, auch eine kurze forn] einer
beicht, damit der gen]eine man lerne, seine stinde
Gott dem allmechtigen beichten und sich in der
beicht rechtschaffen zu schicken.
Von den besondern Iesten oder Ieierta en,
so man im iar halten sol.
Uber die gen]einen Sontag sollen gehalten xver-
den die hohen heubtfest des tterrn Christi, als
da sind:
41 Vgl. S. 151 ff. u die Anmerkungen dort.
55O
Lfineburg
Herre Gott, all unser siinde und missethat 13 oder
der tractus: Domine, non secundum peccata
etc. 44, wie es hievor gezeichnet, gesungen und
mit der folgenden collecten beschlossen werden.
Die prediger sollen sich befleissigen, gute niitz-
liche materien dem volk fiirzutragen, als zu zei-
ten einen evangelisten, den catechismum or-
dentlich, etliche epistolas Pauli, etliche furnem-
liche psalmen, und sollen die kapellan mit rhat
ihrer pastorn solche materien fiirnemen.
Wenn aber solche heilige rage gefallen, die
man nicht pflegt zu feiren und doch ihre histo-
rien im evangelio beschrieben sind, als da ist
der tag conversionis Pauli, Marie Magdalene, S.
Johannis entheubtung, m(igen die prediger den-
selben text und historien an einem solchen werk-
rage oder am Mittwachen oder Freitage, der sol-
chem heiligen tag am nehesten ist, in der pre-
digt lesen und handlen.
In der fasten sol man die historien des leidens
Christi an solchen werktagen predigen, und wird
vor gut angesehen, das man bald nach Letare,
jedoch nach gelegenheit der kirchen und als ein
superintendens des orts dasselbige am besten
erkennen wird, oder auf den dSrfern am Son-
tag Estomihi anfahen, das bi]chlin vom leiden
Christi, aus den vier evangelisten zusamenge-
zogen, ordentlich zu lesen, d.mit man zeit habe,
alle stiicke fleissig zu handeln und zu betrachten
Kirchenordnung auf den d6rfern. 45
Alle Sonabend nach mittage umb zwey uhren
und alle heilige abend, wenn des andern tags
die versamlung des yolks geschicht, sol auf den
dSrfern der custos zur vesper leuten und sol der
pfarherr alsbald darnach in die kirchen komen
und mit seinem custode einen psalm deudsch
und fein verstendlich singen, darauf den hym-
hum: O lux beata etc. oder Christe, qui lux es
et dies etc. deudsch oder gute christliche ge-
senge nach gelegenheit der zeit, der feste und
Sontage und denn das ,Magnificat deudsch und
die collecta, item Benedicamus Domino etc.
Nach der vesper sol der pfarherr die leute, so
beichten wollen, hSren und absolvieren, die des
andern tags zur communion gehen wollen, und
sol der pastor diejenigen, so communiciren wol-
len, vermanen, das sie den Sonabent zuvor vor
und nach der vesper zur beicht komen und er
darauf mit fleis warten.
Wo der pfarherr im dorf nicht wohnet, so
sol er die leute, so communiciren wollen, auf
den Sonnabend des morgens auf eine gewisse
stunde bescheiden und ihre beicht hSren und
mit fleis sie unterweisen.
Es sol in allen d6rfern die xvoche einmal am
Mitxvochen oder Freitag eine predigt geschehen
und allezeit auf denselbigen tag die litania ge-
sungen werden, und damit das gemeine und
junge volk die summa tier christlichen lere deste
besser fassen und lernen m6ge, so solle allezeit
auf den d6rfern des Freitags der catechismus
einfeltig geleret und geprediget werden.
Weil auch gebreuchlich, das die betglocken
abends, morgens und zu mittage geleutet xver-
den, so sol das volk vermanet werden, wenn
solchs geschicht, das sie ihr gebet zu Gott dem
Herrn fiir friede und alle zeitliche und exvige
wolfart thun und ihr gesinde auch darzu hal-
ten, sie sein im hause, im felde oder wo einer ist,
und das sie sich des nicht schemen, denn es ist
Gott ein gefellig und ihnen selbs ein niitzlich werk.
Wie mit der mess oder communion auf den
d6rfern sol ehalten werden.
Mess oder communio. 46
Die sol der pfarherr und custos anfahen mit
einem deutschen psalmen, wens ihnen allein
den introitum zu singen zu schwer were.
43 Vgl. oben S. 543.
44 Vgl. oben S. 543f.
552
45 Vgl. S. 154 f.
4,; Vgl. S. 155 f. u. die Anmerkungen dort.
Kirchenordnung 1564
Darnach das deudsche Kyrie.
Darnach: Allein Gott in der hShe sey ehr etc.
Darnach wende der priester sich gegen dem
volke und spreche oder singe:
Der Herr sey mit euch
Antwortet der custos:
Und mit deinem geiste.
Darauf folget die collecta oder gebet, wie die
auf die Sontag und fest verordnet sind, diese
lieset der priester gegen dem altar.
Darnach wendet er sich widerumb gegen dem
yolk und lieset oder singer nach der gelegenheit
die epistel deudsch mit lauter stim, das die
kirche die wort vernemen kSnne, und hebet an:
Diese epistel beschreibet der heilige Paulus oder
N. in N. epistel.
Nach der epistel singer man einen deudschen
psalm, darnach wende sich der pfarherr aber-
real gegen dem volk und lese oder singe das
evangelium desselben Sontags oder festes und
fehet also an:
Das heilige evangelium beschreibet S. N. in N.
capitel.
Darnach wende er sich wider gegen den altar
und singe: Wir gleuben all an einen Gott etc.,
das sol die ganze kirche singen.
Darauf folget die predigt, in welcher anfang
der catechismus yon wort zu wort ganz und
darnach das evangelium abermal sol gelesen
und hernach erkleret wevden. Zu ende der pre-
digt geschicht das gemene gebet, wie obstehet.
Die vermanung in der kitchen, bey der com-
munion zu bleiben, sol etlich real irn jar ge-
schehen.
Nach der predigt fehet der pfarherr auf der
kanzel einen psalm an zu singen.
Auf die hohen fest mag eine deudsche prae-
fatio gesungen werden.
Darnach thut er die vermanung, wie oben ste-
her.
Darnach singer der pfarherr vor dem altar
das Vater unser und die wort yon der einset-
zung des abendmals Jhesu Christi.
Nach den worten des testaments sol man sin-
gen: Jhesus Christus, unser heiland etc., und un-
ter diesem gesang die leute communicirn.
Wenn der communicanten viel sind, singe man
dieweile auch andere gesenge, als: Gott sey ge-
lobet etc., item den psalm: Ich danke dem Herrn
etc. und zuletzt: O lamb Gottes unschfildich etc.
oder: Christe, du lamb Gores.
Darnach, wenn sie alle communicirt sein,
spreche der pfarherr die collect: Wir danken
dir, allmechtiger Herr Gott etc., item die bene-
diction: Der Herr segne dich etc., wie dis alles
oben verzeichnet.
Wenn nicht communicanten da sind, sol es mit
dem gesang und lection vor der predigt aller
ding gehalten werden, vie oben beschrieben.
Auch sol in der predigt erinnerung und verma-
nung geschehen, das man ofter zur communion
komen wolle.
Nach der predigt abet sol allein die litaney
gesungen verden und der segen darauf.
Zuletzt singe man: Erhalt uns, Herr, bey dei-
nero wort etc. und Verleihe uns iriede gne-
diglich.
Well auch bisher gebreuchlich gewesen, das
bey der communion der priester, so mess belt,
mit dem kirchenornat bekleidet und wachs-
liechter auf dem altar angezfindet verden, so
sol es ffirder darbey gelassen und also in d6r-
fern auch gehalten verden.
Es sollen auch sonst die priester mit ehrlichen
nd zimlichen langen kleidern jederzeit ge-
kleidet sein.
Nach mittage am Sontage 4: und feiertagen
auf den d6rfern,
Sollen die leute in allewege darzu gehalten
verden, das sie viderumb in die kitchen komen
und den catechismum h6ren lesen und handlen
Darbey sollen sie singen Dis sind die heiligen
zehen gebot etc., item: Vater unser im himel-
reich etc.
z Vgl. S. 156 u. die Anmerkungen dort.
553
Liineburg
Wo aber dieses umb gewisser ursachen willen
nicht m6glich, sol ihnen alle Sontag nach der
predigt und vor der communion und am Mit-
wochen vor mittage nach der predigt ein sttick
aus dem kleinen catechismo Lutheri yon wort
zu xvort ftirgelesen werden und sollen die pasto-
res in allwege ftirnemlich darauf bedacht sein,
das sie die lere des catechismi mit h6hesten
fleis bey ihren pfarkindern treiben und pflanzen.
Derm wie ntitz und n6tig das sey, ist nicht aus-
zusprechen.
Von den sti|ten.
In unsern stiften Bardewick und Ramelslo 49
sol es aller ding gehalten werden mit gesengen,
predigen und andern, wie in den stedten, als
obgemeldet.
Aber in der wochen sollen zwo predigt, am
Dienstag und Freitag zu Bardewick und am Mit-
wochen und Freitag zu Ramelslo, geschehen und
die litania 5o gesungen werden. Aber alle werk-
tage, ausbescheiden des Mitwochens und Sona-
bendes vor mittage sollen in beiden stiften metten
und vesper gesungen werden und die residi-
rende canonici und vicarii pflichtig sein, stets
dabey zu sein und helfen singen und one erhebo
liche und kundliche ursache, die den dechant
oder pastorn sollen angezeigt werden, nicht
daraus bleiben. Und sollen das capittel unter
sich eine geltstraffe darauf setzen, wenn einer
one redliche und ktindliche ursache aus der
kitchen bleibet, welche den andern solle zugute-
komen, und haben die canonici und vicarii zu
bedenken, das ihnen solcher gottesdienst geo
btiret. Wer aber solchs nicht thun vil, der sol
als ein mtissiggenger in unsern stiften nicht ge-
litten werden.
In den junkfrauenklSstern sol es auf die fest-
tage mit gesengen und predigen, wie obstehet
und sich sonst weiland unsers lieben bruders
herzogen Frantz Otten, seliger und lbblicher
gedechtnis, ordnung, 51so sein liebe in den klS-
stern gemacht, gehalten und unchristliche ge-
senge, lection und collect genzlich unterlassen
und gemitten werden.
Von der taufe -.
Weil die heilige taufe yon unserm Herrn Jhesu
Christo selbs eirgesetzt und das fundament
unsers christlichen glaubens ist und wir dadurch
der heiligen christlichen kirchen, ja Christo
selbs einverleibt werden und billich und recht
ist, das dieselbige ehrlich und mit grosset solen-
nitet und andacht und in beysein vieler Christen
gehalten werde, damit andere leute ihrer taufe
und der hohen gaben Gottes, als der vergebtmg
der sunde, der kindschaft Gottes und der ewigen
seligkeit, die er dadurch den menschen mitteilt,
erirmert, auch zum gebet vor die kindlein, so
getauft, vermanet werden, so wollen wir, das
in unserm ffirstenthumb die heilige taufe nicht
im winkel oder heimlich, sondern in facie ec-
clesiae geschehen solle. Derwegen ordenen und
setzen wir, das in allen pfarren unsers ffirsten-
thumbs die taufsteine, woes nicht allbereit ge-
schehen, oben vor dem chor und ein trit oder
zween in die hShe gesetzet werden sollen, und
sollen die leute vermanet werden, woes die
gelegenheit leiden wil, dassie ihre kindlein des
Sonntags und werktages, wenn predigt gehalten
werden, in die kitchen bringen und teufen lassen.
Es sol aber die taufe an Sontagen des morgens
vor der lection des evangelii und auf den nach-
mittag kurz vor der predigt vor dem Magnificat
Kanonikerstift, zur DiSzese Verden gehSrend,
mit den Patronen Petrus u. Paulus, erste ur-
kundliche Besttigung vor 1148; vgl. H. Hoo-
geweg, Verzeichnis der Stifter u. Klbster Nie-
dersachsens vor der Reformation. 1908, S. 5.
Die Einfiihrung der Reformation gelang end-
gtiltig erst 1543, hiertiuer vgl. A. Wrede, S.
163--179.
Kanonikerstift in der Dibzese Verden mit den
Patronen Sixtus u. Sinnicius, Entstehungszeit
bis ins 9. Jhdt. zurtickftihrend; vgl. H. Hoo-
geweg, a. a. O. S. 110. Die Einftihrtmg der
Reformation gelang hier bereits 1540, bier-
fiber vgl. A. Wede, S. 163--179.
5n Vgl. oben S. 51, Anm. 75 u. 77, dazu auch
S. 543 u. 551f.
:' Klosterordnung yon 1555, vgl. unten Nr. 8, da-
zu die Einleitung, oben S. 490.
:,2 Vgl. oben S. 156--160 u. die Anmerkungen
dort.
554
Kirchenordnung 1564
und auf die werktage alsbald nach der predigt,
ehe das yolk aus der kitchen gehet, gehalten
werden.
Und wiewol die forma der taufe meniglichen
bekant und im catechismo Lutheri gefast ist,
so wollen wir sie doch hieher von worten zu
vorten setzen lassen, darnit sich ein jeder pastor
so viel deste bas darnach zu richten.
Auf nachfolgende veise sol tier teufer die
leute, so kinder zur taufe ragen, anreden und
vermanen:
Der priestcf sol erstlich fragen:
Wie sol das kind heissen?
Antworten die paten: N. oder N.
Darnach spreche er:
Fahr aus, du unreiner geist und gib raum dem
heiligen Geist.
Darnach rnache er ibm ein kreuz an die stirn
und brust und spreche:
Nim das zeichen des heiligen kreuzes, beide,
an der stirn und an der brust
Lasset uns beten.
O allmechtiger ewiger Gott, Vater unsers
Herrn Jhesu Christi, ich ruffe dich an uber die-
sen N., deinen diener, der deiner taufe gabe
bitter und deine ewige gnad dutch die geist-
liche widergeburt begeret, nim ihn auf, Herr,
vie du gesaget hast [Mt 7,7]: Bittet, so xverdet
ihr nemen. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet
an, so wird euch aufgethan. So reiche nu das
gut dem, der da bittet, und 5ffne die thtir dem,
der da anklopfet, das er den ewigen segen dieses
himlischen bades erlange und das verheissen
reich deiner gabe empfahe durch Christum un-
sern Herrn. Amen.
Lasset uns beten
Allmechtiger ewiger Gott, der du hast dutch
die sindflut nach deinem gestrengen gericht
die ungleubige welt verdarnrnet und den gleu-
bigen Noah selbacht nach deiner grossen barm-
herzigkeit erhalten und den verstockten pharao
mit allen seinen im Roten Meet erseufet und
dein yolk Israel trucken durchhin gefiiret, damit
dis badt deiner heiligen taufe zukiinftig be-
zeichnet, und durch die taufe deines lieben
Sons, unsers Herrn Jhesu Christi, den Jordan
und alle wasser zur seligen sindflut und reich-
lichen abwaschung der stinden geheiliget und
eingesetzet, wir bitben durch dieselbe deine
grundlose barmherzigkeit, du wollest diesen N.
gnediglich ansehen und mit rechtem glauben
im geist begaben, das durch diese heilsame
sindflut an ibm erseufe und untergehe alles,
was ibm yon Adam angeboren ist und er selb
darzu gethan hat, und er aus der ungleubigen
zall gesundert in der heiligen area der christen-
heir trocken und sicher behalten, allezeit briin-
stig im geist, frSlich in hoffnung deinem namen
diene, auf das er mit allen gleubigen deiner
verheissung ewiges leben zu erlangen wirdig
werde durch Jhesum Christum. unsern Herrn.
Amen.
Ich beschvere dich. du unreiner geist, bey dem
namen des Vaters und des Sons und des hei-
ligen Geistes, das du ausfarest und weichest yon
diesem diener Jhesu Christi N. a, men_
Lasset uns hSren das heilige
evangelium S. _Marcus [10.13-16].
Und sie brachten die kindlein zu Jhesu. das er
6ie anriirte, die jtinger abet fuhren die an, die
sie trugen. Da es aber Jhesus sahe, ward er un-
willig und sprach zu ihnen: Lasset die kindlein
zu mir komen und wehret ihnen nicht, denn
solcher ist das reich Gottes. Warlich. ich sage
euch: Wer das reich Gottes nicht empfehet als
ein kindle[n, der wird nicht hineinkornen, und
herzet sie und leget die hende auf sie und
segrtet sie.
Hiernach mag eine kurze verma-
nung geschehen, ungefehrlich die
meinung, wie folget:
Lieben freunde in Christo, wir hOren alle rage
aus Gottes wort. erfaren es auch. beide, an un-
serm leben und sterben, das xvir yon Adam her
allesampt in siinden empfangen und geboren
werden, darinnen wit denn unter Gottes zorn
in ewigkeit verdamrnet und verloren sein
miisten, wo uns nicht durch den eingebornen
69" 555
Liineburg
Gottesson, unsern lieben Herrn Jhesum Christum,
daraus geholfen were.
Weil denn dieses gegenwertige kindlein in sei-
ner natur n]it gleichen stinden inmassen wie wir
ach vergiftet und verunreiniget ist, derwegen
es auch des ewigen todes und verdamnis sein
und bleiben n]iiste, und abet Gott der Vater aller
gnad und barmherzigkeit seinen Son Christum
der ganzen welt und also demnach auch den]
kindlein nichts wenigers als den alten verheissen
und gesandt hat, welcher auch der ganzen welt
stinde getragen, und die arraen kindlin nichts
venigers, sondern eben so wol als die alten yon
siinden, todt und verdamnis erlSset und selig
gemacht hat und befohlen, n]an solte sie zu ihm
bringen, das sie gesegnet werden, die er aufs
allergnediglichst annimpt und ihnen das himel-
reich verheisset, derhalben wollet aus christ-
licher liebe dieses gegenwertigen armen kind-
lins gegen Gott dem Herrn euch mit ernst auch
annemen, dasselbige den] Herrn Christo fiir-
tragen, umb vergebung der siinden und das es
ins reich der gnaden und seligkeit auch auf-
genomen werden mbge. verbitten helfen, un-
gezweivelter zuversicht, unser lieber Herr Jhesus
Christus werde solches euer werk der liebe,
gegen den] armen kindelin erzeiget, in allen
gnaden yon euch annemen und euer gebet auch
gewislich erhbren, sintemal er die kindlein zu
ihm zu bringen selbs befohlen und sie in sein
reich aufzunemen verheissen hat.
Oder es mag nachfolgende forn]
der vern]anung gebraucht werden.
ndechtigen lieben Christen, es haben die
eltern dieses kindes dasselbige hieher gesandt,
darumb das sie Christen sind und yon Christo
einen befehlich haben [Mt 28, 19], das n]an sich
teufen lassen sol im nan]en des Vaters, des
Sons und heiligen Geistes, und das sie wissen,
das Gott auch eine gnedige zusage dabey ge-
satzt hat und gesagt [Mk 16, 16]: Wer da gleubet
trod getauft wird, der wird selig werden. So
wissen auch gedachte eltern aus der heiligen
schrift, das auch dis kind in siinden empfaagen
und geboren ist, wie wit armen siinder leider
alzusamen, und derhalben nbtig, das wir durch
dis heilsam sacran]ent der heiligen taufe aufs
neu geborn werden, wie Christus sagt Joh.
am dritten capitel [5]: Wo ein mensch nicht neu-
geboren wird durch das wasser und heiligen
Geist, so kan er ins reich Gottes nicht komen.
Dieweil es denn ein gros herrlich ding ist umb
die taufe, in welcher Gott Vater, Son und hei-
liger Geist ein verbund n]it uns n]achet, also
das Gott Vater unser gnediger lieber Vater sein
wolle, uns fiir seine kinder annen]en und aus
grosser liebe schenken seinen Son Jhesun]
Christun] n]it allen] seinen] verdienste, leiden,
blutvergiessen und sterben und in ihn] und durch
ihn vergebung der siinde, eri6sung yon] rode,
teufel und ewigen]verdan]nis. Item, das er uns
die kindschaft und erbschaft aller hin]lischen
gtiter und seinen heiligen Geist schenke, tier
unser herz n]it einen] wahrhaftigen glauben
begabe, erleuchte und reinige etc., so ist der
eltern an euch ganz christliche bitte, das ihr
vor dis kindlein bitten wollet, das ihn]e der
alln]echtige Gott alle seine siinde vergeben wolte,
sein herz n]it den] heiligen Geist erleuchten und
einen rechten glauben verleihen, auf das es in
die zall der Christen n]iige eingeleibet werden.
Item, das er ihn]e hernach seine gnade reich-
lich n]itteilen wolle, das es in] glauben zunen]e
und wachsse, wider den teufel, die welt und sein
eigen fleisch streite und fechte, in rechten]
glauben verharre und endlichen nach diesen]
leben die ewigen seligkeit uberkon]en n]6ge.
Wollen auch derhalben yon grund des herzen
ein andechtig Vater unser sprechen: Vater unser,
der du bist in] himel etc
Es n]ag auch diese vermanung vor
oder nach den] exorcismo, darnach
es an jedem ort hergebracht,
geschehen.
Andechtigen lieben freunde in Christo, den]
Herrn, denmach dis gegenwertige liebe kindlein
{oder diese) gleich wie andere n]enschen in
stinden empfangen und geboren ist und also
yon wegen der stinde auch stecket unter dem
ewigen todt, vermag sich auch derwegen yon
556
Kirchenordnung 1564
solchem grossen schaden nicht zu helfen noch
zu entledigen, besonder ihme ist hoch von nbten,
das es nach der lere und auf den befehlich Jhesu
Christi zum andern real durch das wasser und
den heiligen Geist geboren werde und also
seinem erlbser und heiland Jhesu Christo ein-
geleibet werde, so wollen wir seinethalben Gott
im himel anruffen und bitten, er wolle ja selbs
allhie der teufer sein und diesem kindlein (oder
diesen) seinen heiligen Geist reichlich mitteilen,
der in seinem herzen anzfinde, bekreftige und
auch erhalte einen vesten glauben und gewisse
zuversicht auf das einige verdienst Jhesu
Christi, durch welchen glauben dis liebe kind-
lein itzund mbge werden, hernachmals sein und
ewiglich bleiben ein kind Gottes und erbe aller
himlischen gtiter und also entlichen erlangen
und uberkomen die ewige seligkeit und das
ewige leben. Wollen derhalben samptlich bitten
das heilige Vater unser etc.
Darnach bringer man das kindlein zu der
taufe und der priester spreche:
Der Herr behfite deinen eingang und ausgang
von nu an bis zu ewigen zeiten [Ps 121,8]. Amen.
Darnach lasse der priester das kind durch
seinen paten dem teufel absagen und spreche:
N., entsagestu dem teufel?
Antwort: Jao
Und allen seinen werken?
AntworL: Ja.
Und alle seinem wesen?
Antwort: Ja.
Darnach frage er:
Gleubestu an Gott den allmechtigen Vater,
schepfer himels und der erden?
Antwort: Ja.
Gleubestu an Jhesum Christum seinen eini-
gen Son, unsern Herrn, geborn von Maria
der junkfrauen, gekreuziget, gestorben und be-
graben. Nidergestiegen zu der hellen Am dritten
rage auferstanden yon den todten. Aufgefaren
gen himel, sitzend zur rechten Gottes, zuktinftig
zu richten die lebendigen und die todten?
Antwort: Ja.
Gleubestu an den heiligen Geist, eine heilige
christliche kirchen, gemeine der heiligen, ver-
gebung der stinden, auferstehung des fleisches
und nach dem tode ein ewiges leben?
Antwort: Ja.
Wiltu getauft sein?
Antwort: Ja.
Dann neme er das kind und teufe es und
spreche:
Und ich teufe dich im namen des Vaters
und des Sons und des heiligen Geistes. Amen
Derm sollen die paten das kindlein halten in
der taufe, und der priester spreche, weil er ihm
das westerhembde anzeucht:
Der allmechtige Gott und Vater unsers Herrn
Jhesu Christi, der dich anderweit geboren hat
durch das wasser und den heiligen Geist und
hat dir alle deine stinde vergeben, der sterke
dich mit seiner gnade zum ewigen leben. Amen.
Friede sey mit dir.
Antwort: Amen.
Von der nottaufe 53.
Demnach an den hebammen gros und viel ge-
legen und oftermals in stedten und dbrfern bey
der nottaufe auch durch der hebammen und
frauen unverstand viel misbrauchs gespfirt wird,
so wollen wir erstlich, das yon allen ampten
jedes orts sampt dem pastor und den kirch-
schworen mit radt verstendiger frauen allent-
halben hebammen verordnet werden sollen, so
gottftirchtig, fleissig, treu, diichtig sein und bey
jederman ein gut gertichL haben. Denn un-
tfichtige, gottlose und verachte personen in
solcher zeit und fall viel unglficks stiften und
frauespersonen grossen schaden thun kbnnen.
Es sollen auch solche verordente hebammen
sich verpflichten, in der not bey den frauen
keine abgbtterey zu gebrauchen, wie oftermals
gespfiret, sondern allenthalben alleine bey Gott
durchs christliche gebet hfilf zu suchen und
verordente christliche mittel zu gebrauchen, des-
5 Vgl. oben S. 160--162.
557
Kirchenordnung 1564
ihrer empfargenen taufe deste mehr zeugnis
haben mbgen und sich derselbigen in allen an-
fechtungen und anliegen deste gewisser zu tr6-
sten haben etc.
Zum letzten auch umb der gemeine Gottes
willen, auf das die durch solche 6ffentliche be-
stetigtmg solcher nottaufe, so yon frauen ge-
schehen, erinnert werde, das man in den heili-
gen sacramenten ftir allen dingen achtung geben
solle auf die einsetzung Jhesu Christi, und da
dieselbige gehalten wird, da sey an den sacra-
menten und ihrer kraft nicht zu zweiveln. Derm
die sacrament ja nlcht gebunden an sonderliche
6rtr, stand, condition, wirdigkeit oder unwir-
digkeit der personen oder ander auswendige
circumstantias, sondern alleine auf die ein-
setzung des Herrn Jhesu Christi und auf Gottes
befehl und zusage.
Umb dieser itzt gemelten ursache willen wol-
len wir, das auch nach empfangener nottaufe
die kindlein, wenn sie im leben bleiben, in die
kitchen und versamlung der gemeine sollen ge-
bracht werden, etc.
Und wenn das geschicht, alsdenn sol der
pfarherr oder kaplan die leuge allenthalben
fleissig fragen:
Erstlich, ob das kind getauft sey.
Wird nu geantwortet:
Ja,
so frage der pfarherr ferner:
Dutch wen ist solchs geschehen, und wet ist
darbey gewesen ?
Spricht denn jemand:
Die und die person N. und N. sind dabey ge-
wesen, und die person hat dem kinde die taufe
gegeben,
so frag er weiter:
Womit habt ihr getauft?
Antwortet man denn:
Mit wasser,
so frage er:
Mit was worten habt ihr getauft?
So man denn sagt:
Im namen des Vaters und des Sons und des
heiligen Geistes,
so frage er endlich:
Wisset ihr, das ihr der wort also gebraucht
habt7
Und wo sie darauf antworten:
Ja, wir wissens,
so sage er:
Nu, meine lieben freund, veil ihr denn im
namen und auf den befehl unsers lieben Herrn Got-
tes solches alles gethan, so sage ich, das ihr recht
und wol gethan habt, sintemal die armen kind-
lein der gnaden bedtirfen und unser Herr Jhesus
Christus ihnen dieselbige nicht abgesagt, son-
dern se aufs allerfreundlichst dazu fordert,
wie solchs der nachfolgende text des heiligen
evangelii tr6stlich zeuget, welchen der evange-
list also beschrieben hat:
Marci am 10. capitl [13-16]:
Und sie brachten die kindlein zu Jhesu, alas
er sie anrtirte, die jtinger abet fuhren die an,
die sie trugen. Da es aber Jhesus sahe, ward
er unwillig und sprach zu ihnen: Lasset die kind-
lein zu mir komen und wehret ihnen nicht, denn
solcher ist das reich Gottes. Warlich. ich sage
euch: Wer das reich Gottes nicht empfehet als
ein kindlein, der wird nicht hineinkommen, und
herzet sie und leget die hende auf sie und
segnet sie.
Und well vir aus itztgehorten wortn unsers
Herrn Christi des gewis und sicher sein, das dies
kindlein zum reich der gnaden auch angenomen,
wollen wir bitten, das es darirmen m6ge zur
ewigen seligkeit bestndig erhalten werden, und
von grund des herzen ein andechtig Vater unser
etc. sprechen.
Lasset uns beten.
Der allmechtge Gott und Vater unsers Herrn
Jhesu Christi, der dich, N., durchs wasser und
heiligen Geist anderweit geboren und dir alle
deine sOnde vergeben hat, tier strke dich mit
seiner gnade zum ewigen leben. Amen.
Friede sey mit dir.
Wurden aber die leute, so das kindlein zur
taufe bringen, auf des pfarherrs frage unge-
wisse antwort geben und sagen, sie vfisten
nicht, was sie gedacht, viel weniger, was sie
gered oder gethan in solcher grossen not {als
559
L/ineburg
denn zu zeiten zu geschehen pflegetL so mache
man nicht viel disputirens, sondern neme das
kind als ungetauft und fOrdere es zur tauf, also
wie man alle ungetaufte zur taufe zu fOrdern
trod zu teufen pflegt.
Und wenn man die gebet sampt den exorcismis
gesprochen und die kinder durch die paten dem
teufel entsagen und des glaubens bekentnis hat
thun lassen, alsdenn teufe der pfarherr die
kinder on alle condition im namen des Vaters
unl des Sons und des heiligen Geistes. Amen.
Wie mit den leuten in der beidt zu
handeln 54.
Well die beicht und privata absolutio ein hoch-
notwendig ding ist in der kitchen und dadurch
einem jeden die wolthaten Christi applicirt wet-
den, so sein auch dieselbigen in ihren rechten
gebrauch in tier kitchen zu behalten, darumb
sol keiner zum sacrament des altars gehen, er
hab sich derm bey dem priester angeben und
sich vor einen sfinder bekand und die privatam
absolutionem erlanget. Es sollen al_r die pa-
stores die einfeltige leut yon rechtschaffener
beicht wol und christlich unterweisen, auf das
sie Gottes zorn wider die sfinde ffirchten und
erkermen lernen und sie darnach, wenn sie
busse thun und ffirsatz haben, ihr leben zu
bessern, mit Gottes wort tr6sten und einen
jeden nach gethaner beicht aus dem befehl und
der zusage Christi in sonderheit absolviren und
nicht zveen, drey oder mehr zugleich, wie man
etlich real erfaren, denn solchs nicht geduldet
werden sol.
Da auch zu zeiten gar einfeltige leut den
pastorn und beichtvetern ffirkomen, so sollen
sie die in ihrem catechismo fragen und den-
selbigen recitirn lassen, und wo sie den nicht
wissen, sie vermanen, bey straff derrselbgen
zu lernen. Und wiewol ein jeder pastor wird
wissen, wie er die beichtkinder absolviren sol,
so folget doch umb der einfeltigen pastorn
willen eine form oder zwo, der sich dieselbigen
zu gehalten.
Forma der absolution 5.
Der allmechtige Gott und Vater unsers Herrn
Jhesu Christi wil dir gnedig und barmherzig
sein und wiI dir all deine sfinde vergeben umb
des willen, das sein lieber Son Jhesus Christus
dafir gelitten hat und gestorben ist, und im
namen desselbigen unsers Herrn Jhesu Christi,
auf seinen befehl und in kraft seiner wort, da
er sagt [Joh 20,23]: Welchen ihr die sfinde er-
lasset, den sind sie erlassen, spreche ich dich
aller deiner sfinden frey, ledig und los, das sie
dir allzumal sollen vergeben sein so reichlich
und vollenkomen, als Jhesus Christus dasselbige
durch sein leiden und sterben verdienet und
durchs evangelium in alle welt zu predigen be-
fohlen hat, und dieser tr6stlichen zusagen, die
ich dir itzt im namen des Herrn Christi gethan,
der wollest dich tr6stlich annemen, dein ge-
wissen darauf zufrieden stellen und festiglich
gleuben, deine sfinde sein dir gewislich vergeben
im namen des Vaters und des Sons und des
hefligen Geistes.
Alia absolutionis formula.
Dieweil, das ihr bekennet, alas ihr mit sfinden
behaftet seid und Gott mit siindigen erzfirnet
habt und des fals begeret trost wider des teufels
anfechtung, und ich zu tr6sten arme sfinders
und siinderinnen verordnet bin, ein diener Gottes,
nachdem auch Christus zu mir gesprochen hat
[Job 20,23]: IVelches sfinde ihr vergebet, dem
sind sie vergeben, item [Mt 18,18]: Was ihr ent-
bindet auf erden, ist entbunden im himeI, auf
solche zusage Gottes und nach seinem befehl
spreche ich euch los von allen euern sfinden
allhie in der stedte Gottes im namen des
Vaters und des Sons und des heiligen Geistes.
Amen.
Gehet hin im friede und sfindiget nicht mehr.
54 Vgl. S. 166 f.
55 Vgl. S. 167.
560
Kirchenordnung 1564
vielen christlichen ursachen n6tig, das die zu-
samenftigung der eheleut offentlich und in der
gemeine geschehe, damit nicht alIein der ehe-
stand so viel deste ehrlicher gehalten, sondern
auch alIe verbotene vermischung deste bas mb-
gen verhiitet werden, so ordnen wit, das die
personen, so zusamen soIIen gegeben werden,
zwen Sontag oder feiertag zuvor oder zum aIIer-
geringsten einen nach gelegenheit der zeit yon
der kanzel aufgeboten werden ungefehr mit den
worten: Hans N. und Greta N. wollen nach gb|t-
licher ordnung zum heiligen stande der ehe grei-
fen. begeren des ein gemein christlich gebet vor
sie, das sie es in Gottes namen anfahen und
vol gerate, und hette jemand was darein zu
sprechen, der thue es beyzeit oder schxveige
hernach. Gott gebe ihnen seinen segen.
Und damit der ehe:stand dest2 ehrlicber ge-
halten werde, so ordnen wiv, das dis zusamen-
ftigung der personen in stedten und dbrfern, so
ehelich werden wollen. 5ffentlich in der kirchen
geschehe vor dee gemeine, welches auf einen
Sontag zur vesper oder nach gelegenheit und
gefallen der personen, so ehellch werden wollen,
auf einen werktag nach gehaltner predigt ge-
schehen mag. Und sol bey der copulation braut
und breutigams ungefehrlich nachfolgender pro-
cess gehalten werden.
Erstlich 59 sol dee pastor eine kuvze retina-
hung thun yore heiligen ehestand nach gelegen-
heit der zeit und p2rsonen. Oder in star solche
x ermanung dese nachfolgende stticke vorlesen
den gegenwertigen jungen eheleuten zu trost,
lere und unterrichtung auf solche und der-
gleichen weise:
Demnach der heilige ehestand, so yon Gott
selbs eingesetzt, ein solcher stand ist, in wel-
chem sich alle diejenigen, so die gabe der
keuscheit nicht haben, gerne und williglich sol-
len finden lassen, und auch billich, das die, so
sich darinne begeben haben oder noch darein zu
begeben bedacht sein, oftermals bedenken, was
und wie die heilige schrift yon solchem stande
redet, so wollen wit auf dismal Gott zu ehren
und gegenwertigen personen zur lere und trost
vier stticke ftirlesen, die in heiliger gSttlicher
schrift yon diesem stande ftirgestalt sein.
Erstlich 6o sollen frome eheleute oder die zur
ehe greifen wollen, wissen, das der ehestand
yon Gott selbs im paradiss verordnet und ein-
gesetzt sey. Denn also lesen wir im ersten buch
\Ioisis, cap. 2 [18.21-24]:
Und Gott dev Herr sprach: Es ist nicht gut.
alas der mensch alleine sey. !ch wil ihme einen
gehtilfen machen, die bey ihm sey. Und Gott der
Herr liesse einen tiefen schlaff fallen auf den men-
schen, und er entschlief, und ham seiner rieben
eine und schlos die stedte zu mit fleisch. Und
Gott der Herr bauer ein we,_'b au der rieben, die
er aus dem menschen nam und bracht sie zu
ihm. da svach der mensch: Das ist doch bein
yon meinen bein un:l fleisch yon meinem fleisch,
man wird sie mennin h_ss:n, davumb, das sie
yore manne genomen ist. Darumb wird ein man
seinen rater und seine mutter verlassen und an
seinem weibe hangen, und werden sein zwey
ein fleisch.
Darnach sollen sie auch wissen, das in hei-
liger gbttlicher schvift auch klevlicb f/irgestelt
ist, wie sich gottftirchtige eheleute gegen einan-
dev im ehestande christlieh verhalten sollen,
denn also spr.cbt Paulus Enhe. 5 [25-29. 22-24]:
Ihr menner, habt lieb euer weiber, gleich wie
Christus geliebet hat die geme!ne und hat sich
selbs vor sie gegeben, auf da er sie heiliget.
und hat sie gereiniget duvh das xvasserbadt
im wort, auf das er sie ihm selbs zurichtet, eine
gemeine, die herrlich sey, die nicht habe eincn
flecken oder runzel oder des etwas, sondern d_as
sie heilig sey und unstrefflich.
59 Diese Vermahnung ist neu gegenber Luthers
Traubiichlein, Bek. Schr. S 528--534. Sie ist
yon der KO fr Br.unschweig-Volfenbfittel
yon 1569 nicht iibernommen worden.
6o Die Schriftverlesungen folgen in Luthers
Traubtichlein dcr Trauung, die vor der Kir-
chenttir stattfindet, nach, vgl. auch die KO
ftir Braunschweig-Wolfenbtittel yon 1569 trotz
Verlegung der Trauung in die Kirche.
565
Lneburg
Von den schulen.
Es ist gewis, das erhaltung der kinderschulen
em hochntzlich und Gott wolgefellig werk ist,
nicht allein der jugend halbert, das sie im
catechismo und sprachen unterweiset werden
m6gen, wie Gott selbs geboten hat im alten
estament [Dt 6,7J: Acues meum verbum filiis
tuis, sondern auch darumb, das gelerte leu
m6gen auferzogen werden, die hernacher zu
kixchen mad weltlichen regiment tchtig und
bequeme sein m6gen, and sein gewislich scholae
seminaria ecclesiae et reipub. Und hat Pericles
nich tmrecht gesag: Scholas tollere, est solem
e mundo tollere. Darumb gebi2re auch der ober-
keit, geb(irlich einsehen zu haben, das in stedten
kinderschulen erhalten und die jugend wol er-
zogen und etliche preparirL werden m6gen, die
hernacher zu kirchen oder andern weltlichen
emptern zu gebrauchen sein, und hat solches
iel nutzbarkeit, die hie nicht alle zu erzelen sein.
Demnach setzen und ordnen wit, alas in den
stedten und flecken und grossen d6rfern unsers
ftirstenthumbs kinderschulen sollen gehalen
xverden, wie auch bisher Gott lob geschehen.
Und sollen in den stedten, wo nicht vier, jedoch
drey, zven oder nach gelegenheit ein schul-
meister oder gesel gehalten und einem jeden
nach seiner gelegenheit besoldtmg verordnet
werden. '
Desgleichen wollen wir auch, das allenthalben
megdletn und jungfrauenschulen verordnet sein
sollen, damit auch die megdlin in der jugent
wol unterrichtet werden m6gen in lesen, schrei-
ben, neyen und dergleichen st6cken.
Und damit die jugent wol und n6tzlich allent-
halbert m6ge unterrichtet werden, so sollen die
supermtendenten und pastores eines jeden orts
gut aufsehen haben, das bey die schulen ver-
ordnet werden solche leute, die der jugent wol
f6rstehen k6nnen und das nach gelegenheit tier
knaben solche lectiones gelesen, so der jugent
n6tzlich sein mfigen, damit sie in gottesforcht,
guter zucht, kunst und sprachen auferzogen
erden.
Und well ein n6tzlich ding ist die visitatio
in den schulen und die jugend dadurch zur
lere und zucht nicht wenig gereizet wird, wenn
entweder ihr fleis oder unfleis gelobet oder ge-
straffet wird, so sollen des orts, da schulen sein,
des jars zweymal visitationes durch den pastorn
und prediger und zwen des rhats auf gewisse
tag vor Michaelis und Ostern gehalten, die kna-
ben examinirt und fleissig zu studieren ange-
halten werden.
Da sie auch in solcher visitatio mangel oder
gebrech bey den schulmeistern oder gesellen
befinden, die sollen sie abschaffen und die schul-
gesellen vermanen, das sie mit dem knaben ver-
ntinftiglich umbgehen.
Wo sie derm an gebeuen der schulen oder
sonst einigen mangel befinden, denn haben sie
in solcher visitation auch zu bessern und nach
gelegenheit enderung darein zu verschaffen
Folgen etliche collecten oder gebet, so in der kitchen unter dem ampt der messe, vor
der epistel und sonst gelesen werden. 6s
Im Advent. a zu empfahen und dir mit reinem herzen zu
Lieber Herr Gott, wecke uns auf, das wir be- dienen durch denselbigen deinen Son Jhesum
reit sein, wenn dein Son kompt, ihn mit freuden Christum. Amen.
Die hier folgenden 32 Kollekten sind auch in
die KO ftir Braunschweig-Wolfenb6ttel yon
1569 (ibernommen worden. Sie sind oben nicht
mit abgedruckt, vgl. S. 176.
';Sa Kollekte aus dem Wittenberger Gesangbuch
yon 1533, danach enthalten in den weiteren
yon Wittenberg ausgehenden u. z. T. in den
auf den Wittenberger beruhenden Gesangb6-
chern. Zum Wittenberger Gesangbuch von
1533 vgl. Ph. Meyer, Monatsschrift f. Gottes-
dienst u. kirchl. Kunst, 15. Jg., 1910. S. 318 f.,
im Uebrigen "VA 35, S. 322 u. 552, zum Ge-
bet auch R6m. Mel3buch, S. 12.
568
Lfineburg
sonst auf erden haben, zu tag und nacht mSgen
sein befriedet umb deines lieben Sons Jhesu
Christi willen. Amen.
Gemeine collecten. TM
Allmechtiger Herr Gott Vater, der du bist ein
beschfitzer aller, die auf dich hoffen, on welches
gnad niemand ychtwes vormag noch etwas vor
dir gilt, las deine barmherzigkeit uns reichlich
widerfaren, auf das wir durch dein heiliges ein-
geben denken, was recht ist, und dutch deine
kraft dasselbige vollenbringen umb ,rhesus Ch--
stus unsers Herrn xvillen. _.men.
Alia.;O
Allmechtiger Herr Gott Vater. verleihe uns
einen betendigen glauben in Christum -rhesum,
eine unerschrecklich_ hoffnung in deine barm-
berzigkeit wider alle bosheit unser sfindlichen
conscientien und eine grfindgfitige liebe zu dr
und allen menschen umb Jhesu Christi deines
Sons unsers Herrn willen. Amen.
Ein ander.
Herr Gott. himlischer \rater, der du aus veter-
licher liebe uns armen sfindern deinen Son ge-
schenket hast. das wir an ihn gleuben und durch
den glauben selig werden sollen, wit bitten dich,
gib deinen heiligen Geist in unseve herzen, da
wir im rechten glauben bis ans ende beharren
und selig werden dutch ,Fnesum Christum, dei-
nen Son, tmsern Herrn. Amen.
Ein ander.
Herr Gott, himlischer Vater, von dem wir one
unterlass allerley guts gar uberfliissig emptahen
und teglich ffir allem ubel ganz gnediglich be-
htet werde., wit bitten dich, gib uns durch
deinen Geist, solches alles mit ganzem herzen
im rechten glauben zu erkennen, auf alas wit
deiner milden giite und barmherzigkeit hie und
dort ewiglieh danken und loben durch ,rhesum
Christum deinen Son, unsern Herrn. Amen.
Ein ander.
Verschone. Herr. verschone unser sfinde, und
wiewol den sfinden ewige straff gebfiret, so
bitten wit doeh yon ganzem herzen, gib, das es
uns zu einer gnedigen straffe kome. das wir zum
ewigen verderb verdienet haben, dutch Jhesum
Christum, deinen Son, unsern Herrn. Amen.
Ein ander _ebet umb frieden TM
Herr Gott, himlischer Vater, der du heiligen
muth, guten that und rechte werk schaffest.
gib deinen dienern friede, welchen die welt nicht
kan geben, auf das unser herze an deinen ge-
botch hange und wit unser zeit dutch deinen
schutz stflle und sicher fiir feinde leben dutch
Jhesum Christum. deinen Son. unsern Herrn.
Amen.
Ein ander gebet vor emeine not.
tIerr, allmechtiger Gott, der du der elenden
seufzen nicht verschmahest und der betr(ibten
70 Luther, Deutsche Messe. 1526, Sehling I, S. 14
Als Kollekte zum Te Deum vermutlich schon
im Klug'schen Gesangbuch yon 1529, danach
im Rauscher'schen yon "1,531, \Vittenberger
yon 1533 usw.; vgl. WA 35, S. 249 u. 557, Ph.
Meyer, a. a. O., zum Gebet vgl. auch R6m.
MeBbuch, S. 632: Oratio am Sonntag in der
Oktav des Herz-Jesu-Festes.
:0a Vgl. Luther, Eine kurze Form, das Paternostec
zu verstehen u. zu beten. 1519, \VA 6, S. 13,
Z. 24--27.
7 Als Kollekte zum Te Deum wohl schon im
Klug'schen Gesngbuch von 1529, danach im
Rauscher'schen yon 1531. Wittenberger yon
1533 usw.; vgl. WA 35. S. 249 u. 557, Ph.
Meyer, a. a. O.
- Vermutlich schon im Klug'schen Gesangbuch
von 1529 enthalten, danach im Rauscher'schen
yon 1531. \Vittenberger yon 1533 usw.; vgl.
WA 35, S. 233 u. 557, Ph. Meyer, a. a. O., zum
Gebet auch R6m. MeBbuch, S. [133]: Messe
um Frieden, Oratio, auch S. 559: Gebete zur
Allerheiligenlitanei.
;a Litaneikollekte 1529. vgl. dazu oben S. 543 u.
Anm. 26, als solche auch im Wittenberger
Gesangbuch yon 1553; im Klug'schen Gesang-
buch yon 1543, Bapst'schen yon 1545. Lot-
ther'schen von 1546 als Kollekte auf das Va-
terunser enthalten; vgl. Ph. -Meyer, a. a. O.,
\VA 35, S. 555.
572
Kirchenordnung 1564
promissum Spiritum sanctum hodierna die in
filios adoptionis effudit. Quapropter profusis
gaudiis totus in orbe terrarum mundus exultat,
sedet supernae virtutea atque angelicae pore-
states hymnum gloriae tuae canimus, sine fine
dicentes. [Ende der Noten]. Sanctus.
Trinitatis.
[Noten:] Vere dignum et iustum est, aequum et
salutare, nos tibi semper et ubique gratias agere,
Domine sancte Pater omnipotens, aeterne Deus,
qui cum unigenito Filio tuo et Spiritu sancto
unus es Deus, unus es Dominus, non in unius
singlaritate personae, sed in unius trinitate
substantiae. Quod enim de tua gloria revelante
te credimus, hoc de Filio tuo, hoc de Spiritu
sancto sine differentia discretionis sentimus, ut
in confessione vere sempiternaeque deitatis et in
personis proprietas et in essentia unitas et in
maiestate adoretur aequalitas, quam laudant
angeli, adorant dominationes, tremunt potesta-
tes, coeli coelorumque virtutes c bet ser-
phin socia exultatione concelebrant. Cum quibus
et nostras voces, ut admitti iubeas te precamur
supplici confessione dicentes. [Ende der Noten]
Sanctus.
Psalm. 25 [21]: Schlecht und recht behtite mich.
Gedruckt zu Wittemberg
durch Georgen Rhauen erben.
1564
575
Visitationsinstruktionen 1565 und 1568
lehr und gottsdienst und ein christlich leben
Gottes zorn wider der menschen sunde ge-
wendet oder gelindert werden moge, derwegen
wit hiebevor in anfang unser regierung eine
christliche kirchenordnung 10 lassen ausgehen.
Wiewol wir nuhn nit zweifeln, es werden sich
die pastores und andere derselbigen gemefi
verhalten und die undersatzte superintendenten
fleissig einsehen thun, das dem also geschehe, dan-
noch well visitationes zu erhaltung christlicher
lehr und ordnung dienstlich, dieselbige auch
in der ersten kirchen gepreuchlich gevesen
und ohne das ordnung nichts sein, wo daruber
nicht gehalten virdet, so haben wit eine ge-
meine visitation verordneto zu sehen und zu
horen, wie die pastores in ihrer lehr geschickt
und vie sie ihren handel und wandel treiben,
auch zu erkunden, ob sie sich mit lehr und ceremo-
nien der kirchenordnung gemess verhalten und
vas sunst mehr dabei yon notten zu verrichten.
Und sollen darauf die visitatores die pastores
in den furnemisten punkten christlicher lehr
fragen und examinirn, die geschickten loben,
die ungeschickten vermanen, das sie fleissig 11
studieren, oder do es nicht geschehe und sie uff
negster visitation ungeschickt befunden wur-
den, sie bedrauen, das sie ihres ampts ent-
setzt werden sollen.
Sie sollen auch die pastores fragen, ob sie sich
mit ceremonien, predigen, kindertauf, sacrament-
reichung, besuchung der kranken und begreb-
nussen, bettmissen, catechismipredigt uff den
Sntag uff den nachmittag und andern der kir-
chenordnung gemess halten und wie sich ihre
zuhorer schicken und halten und ob die auch
fleissig in die kirchen gehen und wie sie sich
in ihrem leben schicken, und ob sie einichen
mangel oder klag uber emen oder mehr ho-
reten, welche Gottes wort verachteten 1-, in keine
predigten gingen oder sunst ein ergerlich, streff-
lich leben fureten, den oder dieselbigen sollen
sie furbescheiden, ihnen die klag anzeigen und
sie zur besserung vermanen mit angehengter
bedrauung.
Sollen auch den pastor des kusters und jura-
ten halben fragen, wie sich die in ihrem ampt
verhalten.
Sie sollen auch den kuster und die juraten und
etliche kaspelleut hinwider fragen, ob sich ihr
pastor auch der kirchenordnung in allen punk-
ten gemefi verhaltet und seins ampts treulich
wartet und ein unstrefflich leben lurer, ob
ehr auch viel mit den pauren zu kruge gehe
oder sunst bier im hause schenke, und so sie
mangel bei einem oder mehr befinden, solchs
rait gepurlicher vermanung abschaffen.
Sie sollen auch einen jeden pastorn uffzeich-
hen lassen, vas zu jeder pfar und kustereien an
acker, wischen, renten und anderm gehorig,
und davon verzeichnufi nemen, und so einer oder
mehr vurde sich beklagen, das ehr zu geringe
besoldung hette, und so sie es befinden, sollen
sie mit den kaspelleuten handlen, das sie ihnen
eine zulage thun wollen, wo la sie die mit gutem
xvillen bei den leuten erhalten konnen, do sie
aber befinden, das die einkommen zimblich
oder die leute es abschlagen, sollen sie es an uns
pringen, fernern bescheide darin haben zu geben.
Sie sollen auch die ampten, pastores und
juraten vermanen, das die kirchoff befriedigt
werden, woes nit albereit geschehen.
Sie sollen auch etliche kaspelleut und kinder
im catechismo fragen und horen, ob sie auch
die vort des catechismi konnen, und so sie
mangel befinden, sollen sie die pastores vor-
nemen, 1 hirm fleis zu thun, domit in kunf-
tiger visitation kein mangel befunden werde.
Sie sollen sich bei einem jeden pastor und ju-
raten erkunden, ob auch geistliche lehen, vica-
rien oder commenden in der pfar gevesen,
ver der collator gewesen, was darzu gehoret
habe und wohin solche guter kohmen und wehr
sie jetz geprauche, und solches alles verzeichen
und uns davon berichten.
1568: abgewendet.
Vgl. oben S. 533 ff.
1568: fleissiger.
1568: verachten.
1568: wie.
1568: vermanen.
577
Lfineburg
Sie sollen in stedten und flecken auch fleissig
nach den schulen fragen und bevelen, das
dieselbige mit notturftigen und geschickten ge-
sellen versehen, sollen 15 sich auch an den often,
do schulen sein, der gelegenheit veiter erkun-
den und bevelen, das sie fleis thun, die jugent
wol zu erziehen und das dutch die pastores und
undersetze superintendenten, auch den rath je-
des orts alle jar zweimahl die schulen visitirt
werden.
Es sollen auch die verordente visitatres be-
velen, das pfar und kustereien in baulichem
wesen erhaltn werden, und wo mangel ist, sol-
len sie verordnen, das dieselbige uff der pfarleut
unkosten widerumb gebessert und reparirt
werden.
Weft wit auch zu trost der pastornwitwen
verordnet, heulin in jeder pfar zu bauen, sollen
sie sich erkundigen, ob alas auch geschehen,
and do es noch nit geschehen, bevelen, das es
dutch die ampten und jurabn furderlich ins
werk gerichtet werde.
Sollen auch sunst allenthalben darauf ach-
tung geben trod bevelen, das unser ordnung
strachs gelebet werde.
Es sollen auch die visitatores nach den hospi-
taln, vo die sein. fragen und einsehen thun,
domit rechtschaffen domit umbgangen, und
rechenschaft yon den vorstehern nemen oder
bevelen, das es durch den radt oder ampten 16
an jedem ort geschehe.
Sollen auch bevelen, das die redte in stetten
trod die ampten alle jar von den juraten rechen-
schaft nemen und sich erkundigen, ob es auch
geschehen. /vIogen auch dm register, so die
verhanden, besehen und so mangel darin be-
ftmden, ihnen derhalben, was nottig, bevelen.
Sie sollen bevelen, darauf achtung zu haben,
alas vor und under der predigt kein brantwem
uff kirchoven geschenket, noch im kruge geste
geduldet werden.
Das die leut auch 1 uff die Sontag mit hem
und andern dienst verschonet werden und sie
selbst nit faren oder etwas anders thun, dar-
dutch sie Gottes wort zu horen verhindert
werden, woes nit nottsachen erfordern.
Und zuletzt sollen sie an jedem ort die pasto-
res ihres ampts, darzu sie Gott beruffen, und
der wichtigkeit desselbigen und was daran ge-
legen und dassie zu hirten der leute, die Chri-
st-us mit seinem blurt erloset, gesetzt, erinnern
und sie vermanen, was ihnen ufferlegt, wol zu
bedenken, ihrem ampt treulich vorzustehen, fleis
zu thun, dassie christliche lehr vorerst selbs
recht vorstehen und darnach andere lehren
konnen, das sie dan auch fleis thun und dem
yolk die lehr des evangelii treulich und fleissig
furtragen, unnottige disputationes und anders,
alas der gemeine man uff den dorfern nit ver-
stehen kan, in ihren predigen meiden und sich
in der lehr in allen articuln prophetischer und
apostolischer lehr und der augspurgischen con-
fession trod catechismo Lutheri gemel] halten,
sacramenta reichen, die catechismilehr und kin-
derpredigt uff die Sontag trod Freitagl;a fleissig
treiben trod das yolk zur busse und besserung
vermanen und oftmals sunde und laster, als
fluchen, schweren, ehebrecherei, hurerei, ullerei
und andere straffen, in verhor der beichtkinder
fleissig sein, einen jeden insonderheit horen
und absolviren, die kranken fleissig besuchen
und sie trosten, das sie auch ein christlich
leben furen und andern wol vorgehen, den
krueg und andere leichtfertigkeit meiden und
in summa, alles anders thun, was ihr ampt
erfordert, domit alles zu Gotts ehr geschehen
und dem Hern Christo viel seelen zugebracht
werden mogen.
Es sollen auch die visitatores den ampten
und subsuperintendenten bevehlen, dassie alle
jar zwei oder uffs weinigst einmahl visita-
tiones halten trod zusehen, das dem allem, wie
1568: versehen sein. [Mit ,,Sollen" beginnt
dann ein neuer Absatz.]
1568: amptman.
T fehlt 1568.
tTaVgl, oben S. 552: Kirchenordnung auf den
d6rfern
578
Visitationsinstruktionen 1565 und 1568
obstehet, also gelebt werde, und do sie mangel
befinden, solchs abschaffen oder es an uns ge-
langen lassen. Sollen auch die pastores verma-
hen, das sie ihnen hirin gehor geben 18
Do auch sunst etwas furfiele, davon in dieser
instruction nichts gemeldet, das zu verrichten
nottig, darinnen sollen die visitatores nach ihrem
besten verstande zu handeln und zu bevelen
haben
Zu urkund haben wir diese instruction mit
eigen handen underschrieben and mit unserm
secrett versigeln lassen. Geben Montags nach
Johannis Baptiste anno etc. ftinfundsechzig 19
[Es folgen die eigenhindigen Unterschriften der HerzOge Heinrichs des Jfingeren and
Wilhelms des Jfingeren yon Braunschveig und Lfineburg nebst aufgedrficktem Siegel ]
Der Zwischensatz, den E. Hennecke, Quellen-
nachlese, S. 44, hier eingeschoben gefunden
hat, ist nur in einer Abschrift der gleichen
Akte vorhanden, nicht im Originalsttick. 1568
folgt hier: ,,Und sollen die visitatores furder-
lich die visitation anfahen"
1568: Geben zu Zell am 12. Septembris anno
1568.
579
Visitationsartikel 1583
zu beschutzen, sondern zuforderst ihrer selen
hell und selikeit in acht zu nemen und also das
beste tell zu erwelen und das reich Gottes fur
allen dingen zu suchen, gemeint und entschlot]en,
so haben S. F. G. nach gehabtem zeitigen reifem
rat diese visitation gnediglich angeordnet, dar-
fur sie dem frommen getreuen Gott billich dank
zu sagen und zu bitten herren, das seine all-
macht S.F.G. in solchem loblichen christlichen
hochnotwendigen und .nutzen propositio und vor-
haben gnediglich sterken, erhalten und ver-
mehren, dieselbige auch bei langwirigem leben
und frolicher leibesgesundheit allergnedigst er-
halten und solche aufgewante, schwere unkost
in gnaden reichlich an sel, leib. ehr und gut er-
staten wolle.
Dieweil abet die visitation darbei anzufangen,
das man sich zuvor der pastorn geschiklikeit
erkundigen muste, ob sic auch die heuptstuke
der christlichen lehre wol gcfat]et, dieselbige
auch formlich, ihren ihnen in ihr gewil]en befo-
lenen scheflein einfeltig, formlich und frucht-
barlich vortragen konten, so xvollen wir im ha-
men der heiligen dreifaltigkeit, welche ohn allen
zweifel solchem christlichen werk mit gnaden
beiwonet, zu solchem examen und verhor schrei-
ten. Mitlerweil solten die juraten und custodes,
biI] sie erfurdert wurden, enttreten.
Und sind darauf mit allem vleis die pastorn
examinirt und verhoret, do sie auch unter-
richts bedorft, gutlich unterweiset, und do ihr
einer oder mhe ubel respondiret, gestrafet und
zu mherem vleis ernstlich ermanet, und do sie
kunftig nicht bas respondiren wurden, heftig
bedrauet worden.
Nach dem volendeten examen, welches sich
denn in die drei, bit]weilen auch, nach dem der
pastorn viel gewest, in die vir stunden erstreckt
hat, ist ein jeder in sonderheit vorgenommen,
auf volgende punkt und artikel befraget und
alles ad notam genommen worden.
Artikel, darauf die pastores samptlich und
sonderlich gefraget xvorden:
1. wie sie heisen.
2. wo und yon were sie ordiniret,
3. yon were sie mit der pfarrhen belehnet,
4. wie lang sie des orts gewest und ihr ampt
verxvaltet,
5. wieviel dorfer in ihr kaspel gehoren,
6. zu welcher form und norm der lehre sie sich
bekennen, dabei sie vermittelst gottlicher
verlehnung bit] in ihre grube zu verharren
gesinnet, daraus sie auch ihre predigten
schopfen wollen,
7. wie sich ihre kaspelkinder mit anhorung
des gottlichen worts, des lieben catechismi,
mit entpfahung der hochwirdigen sacrament,
auch in allem ihren handel und wandel ver-
halten, ob sie auch ergerlich leben, andern
bose exempel geben und damit ihnen und
den ihren Gottes zeitliche und ewige strafe
uff den halt bernen4,
8 was sie fur gebreuche und ceremonien in
der kirchen mit beichthoren, sacramentrei-
chen, kranken besuchen und trosten und
sonsten haben, ob sie sich in allem der
furstlichen luneburgischen kirchenordnung
gemes verhalten,
9. was sie, ihr weib und kind fur ein leben und
wandel furen, ob sie auch gute exempel und
beispiel geben, ihre kinder wol in der furcht
deI] Herren aufzihen,
10. was seine besoldung und einkommen an
geld, feld, wischen, profen 5 und allem sei,
da sol er ja nichts verschweigen, so lieb
ihm unsers gnedigen f. und herrn gnad sei.
11. ob sie auch die gebeude, die kirch, des pa-
stors und custodis haus in beulichem wesen
erhalten, den kirchhof auch wol verwaren.
das kein vihe darauf gelasen, auch keine
leichtfertikeiten darauf verstatet werde, xveil
es ihr und ihrer vorfaren schlafkammer
---brennen.
5 ----Prbenden.
581
Visitationsartikel 1583
Also ist im namen der heiligen dreifaltikeit
die visitation beschloi3en, wie sie auch in dem
namen angefangen worden. Und hat der super-
intendens den lieben Gott vleisig gebeten, auch
alle anwesende pastores, juraten und custodes
zum gebete ermanet, das der treue Gott seinen
reichen milden segen zu solcher geschehenen
visitation gnediglich verleihen wolle, das sie
zur ehre Gottes, zu fortpflanzung der reinen
lehre, zu aussetzung aller corruptelen, auch
zur christlichen disciplin und zu unser aller
selenheil und selikeit gereichen und gedeien,
das wir am jungsten tag wie sonn und mond
oder wie tier glanzs des himmels [Dan 12,3]
ewig scheinen mogen. Amen.
Christophorus Fischer senior,
superintendens 9, manu propria
scripsit et subscripsit.
Christoph Fischer der Aelt., geb. etwa 1519 in
Joachimstal (BShmen), Student in Wittenberg,
Famulus Luthers, Magister, 1544 in Witten-
berg ordiniert, zunchst an die Propstei der
Liebfrauenkirche in Jtiterbog berufen, 1552
Superintendent in Schmalkalden, 1571 in Mei-
ningen, wurde 1574 Adjunkt des Generalsuper-
intendenten Bonsack m Celle, 1577 Pasto in
Halberstadt, Generalsuperintendent m Celle
yon 1583 bis 1598; vgl. R. Steinmetz, S. 47 ff.
585
latschlag zur Notdurft der KlSster 1530
vSren, berorter warheyt thorn allermynsten
hSren und nycht an orsake. Wente mynschlyke
5hre rechticheyt, darynne se van wegen her-
gebrachter unergrunder ghewanheit vorworren
syn, lathen se to Gades licht und gerechticheyt
nycht langhen, dorch welcke myszhellyng de
schycklicheyt dusses fSrstendoms nycht wenich
wert vorschyppet. Dar nu velgedachte forsten-
dom an anderen deilen na der nodtroft thor
redelicheyt und godtselicheyt truwliken thoge-
richter is, wet unschicklick und unbyllick, ja,
myt schaden und vorderve vorfSget, dyt allered-
liste stiicke, de kloster, unvorsorget tho vor-
laten, den J. F. G. myt christlyker regeryng unde
vederlyker truwe nycht wenyger vorhaft syn
wen den armen eynfoldygen. MScht ock hyr vol
am nodtlykesten syn, dar se yn diivelsstrycken
ganz hart bevanghen, dennoch dem gemeynen
manne eyn vorbyld der godselicheyt syn wyllen.
Bleve nu dath exempel ungebetert und ergerlick,
vo worden de nafolger valles unde vorderves
sick erweren ?
Der orsaken an J.F.G. vy demSdygen ange-
socht und denstlick hebben gebeden, genanter
geystlicheyt merklike feyle, varlicheit und scha-
den gnedichlick tho bedenken, darmyth ock
by 5hn de warheyt Gades uth stove unde drecke
in voryghen ohren naturlyken schyn unde schSn-
heyt gewerket und de bedr6veden armen ghe-
weten ghetrSst und entfryet werden.
Dewyle overst J. F. G. dusser unser miindlvken
anszSkyng schryftlyken underricht uth grunde
godtIyker warheyt gnedyghen hebben erfordert,
erschynen wy alse de schuld'gen in aller under-
danicheyt, overreken J.F.G., wes uns hyrynne
de allmechtighe barmhertigen hefft vorlehnet
myt denstlyker bede, wat sulcks ys, forstlykes
hoghen vorstandes gnedvgen tho erwegen, unde
dar ydt der werden und kreften befunden {als
wy des tho Gade unde syner ewich blivenden
warheyt uns ahne twyvel vortrSsten}, dat yd
gemeyner wolfart und heyl, sunderlick Gades
und tier klSster ehren nodtlick, werden J.F.G.
uth angeborner forstlyker dSget und christ-
lykem gemSte verner wetten vorthonemen und
tho dhon, war Gades ehr, de byllicheyt unde
nodttruft allenthalven esschen.
Is doch overst unse bedenken gir nicht christ-
lyker gemeynen ordning, to welker tydt de
mochte vermSgens und uth hylliger schrift up-
gerichtet werden, ichteswes hyrmyt vorfeng-
lick tho handelen, tier wy uns myt bylliker de-
mot alle tydt underwerpen, sunder dewyle vor
twyspalt dusser tyde men tho bemelter ordnyn-
ghe nycht kan komen unde doch de erkanten
untwyfflike myssbruke sichtlike gruwel und
opentlyke gadeslesteryng myt nichte mSgen er-
duldet, noch vordragen werden, fordert de pyn-
lyke nodt, den fall godtlyker ehr und christ-
lyker erbarheyt tho wedderbrynghen, forder tho
warnen, waren und weren, ydt sy myt dussen
unsen edder anderer schryften, dat gemeyne
nudt, so vel mSghelick, nenen wyderen schaden
entfanghe.
Bydden forder van herren, de barmhertighe
Godt wylle J.F.G., der wy uns tho denen
plychtich erkennen, myth vorstande syner war-
heyt und wyllens wyder besel,gen, yn a[lem
guden starken und bescharmen tho love der
ehre syner godlyken gnade. Amen.
J.F.G. demodyghe kapelIans, de verordente
predyghers.
Van Gades worde.
Vor allen dmgen unde thorn hochsten ys nodt,
J. F.G.. myth allen truwen daran sy unde gne-
dyglick vorschaffe, dath Gades wort nicht alleyn
yn klSsteren, sunder in allen J.F.G. gebeden 5
reyn und rechtschapen gepredyget werde, myth
dem sick sulvest, darna ock andere w-se und
regere. Wente nichts mach thor vulkomenheyt,
warem heyl und salicheyt beghert werden, dath
yn Gades worde nycht sy begrepen, dyth ys eyn
bylde aller gesette und byllicheyt, dartho de
levendyghe uthgedruckede wylle Gades, na
welcken und sus nenem anderen dmghe vare
---- heischen, fordern.
5 _-- Gebieten.
587
Ratschlag zur Notdurft der K15ster 1530
th und boven alle dynk gepredyget werden,
alle der underdanen wesen, alse na dem sahnor,
hyrmyt tho richten und regeren. Erkennen doch
de heyden, dat alle gesette uth dem grunde der
natur gescheppet, na 5hr schullen schnorrichtet
und bylliket werden, wes overst dusser nycht
anliket, na ohr nicht schmeket, sunder affscleyt,
schal ock nicht wert syn, eins gesettes namen
tho hebben, werden ungelyke mehr christlyke
regenten vorplychteth synn, vormyddelst Gades
wort und gesetten eyne christlyke ghemeynheyt
tho regeren, darmyth under eynander frede,
leve und froude sick vormehre und men er-
wasse als yn eynem lichnam thorn fullenkomen
mansolder unses Heren Jhesu Christi (Ephe. 4, 13).
Derhalven ock dem kSning des olden testa-
mentes dat bock des ghesettes hart wert be-
folen (5. Mose 17,18 ff.), Gades wyse, wege und
rechte daruth tho leren, wert 5hm nicht vergunt,
noch thor rechteren noch thor lynken, dar afftho-
wyken, moth ock nemande ghestaden, sick dar-
ane tho vorwerken. Boven dyth befelt de schrift
tier regerenden overicheyt eyne christlyke sorch-
voldicheyt (Rom. 12,8). Und fordert Sunct Peter
{1. Pe. 4,11) van eynem ydtlyken in synem ampte
dat vormiighen, so ohm Godt gegeven, dat ock
eyn uthgedruckte schrecklyke plage darup steyt
tier overicheyt, de sulkes vorstimet, 5verstith
edder voruntruwet, darvan hyrna schal vor-
meldet werden.
Vorleggyng der ynrede, bisscoppen, nicht
forsten, behore des wordes tho waren.
Dat men overst hyrjeghen upbryngen mochte,
de overicheit si gedelet yn geystlyke und wert-
like, so behOre den geistliken uth keyserliker
ordenynghe, g/Sdtliker sake tho waren, fSrsten
behSr ydt nicht, antwert: deden bischoppe, wath
se scholden, weren dusse tyde nicht unrowich,
wet velen vel arbeydes benamen, wer wedder-
sprekens ne}m nodt.
Wat se overst dhon scholden, ys yn der schrift
hen und xvedder (1. Thi. 3. 1-7; 1. Pe. 5.2f.;
1. Cho. 4 = 1. K 4, 1 f.), ock thorn del yn den rechten
(8. q. 1. c. Qui cpichopatum; 21. di. 1. c. Cleros } bo-
grepen. Mach ock lichtlick an den ampts und den-
stes namen prester, bisschop, wechter, herde und
dergeliken gemerket werden. Nu overst am kla-
ten daghe ys, dat se nicht alleyne van der banen
g6dtliker warheit xviit affgeschlagen und der
heylsamen regeringh2 der geveten nicht var-
den, sunder ock sick understn, dat evangelion
Jesu Christ, des namen und titel se doch v6ren
willen, und syne dener myt frevel und gexvalt
am groten dell tho vordelgen, ja, ghar na de
ganze werlt bewegen, umme eren ungrund tho
bekreftigen, we stitb nicht, das sze van wegen
solcker untruwe und vorstimenysse sick der be-
gnadinge vorwerket, edder tom geringesten 5hrs
ampts bevel und fryheit hebben v6rlaren. Sin
se befryget van keysern, werden frylick nicht
8 Decr. Grat. II, caus. VIII, quest. I, c. 11;
Friedberg I, S. 593 f. aus Augustin, De cir.
Dei XIX, 19; MSL 41, 647 f. CSEL 40, 2, 406 f.:
,,Qui episcopatum desiderat, bonum opus de-
siderat." Exponere uoluit quid sit episcopatus,
quia nomen est operis, non honoris. Grecum
est enim, atque inde ductum uocabulum, quod
ille, qui preficitur, illis, quibus preficitur,
superintendit, curare eorum scilicet gerens;
z7,5 . quippe intentio est. Ergo epi-
scopos, si uelimus, latine superintendentes
possumus dicere, ut intelligat non se esse
episcopum qui preesse dilexerit, non prodesse.
Itaque a studio cognoscendae ueritatis nemo
prohibetur, quod ad laudabile pertinet otium.
Locus uero superior, sine quo regi populus
non potest, etsi ira teneatur atque admini-
stretur, ut decet, tamen indecenter appett-
tur. Quamobrem otium sanctum querit kari-
tas ueritatis, negotium iustum suscipit
necessitas karitatis, quam sarcinam si nul-
lus inponit, percipiendae atque intuendae
uacandum est ueritati; si autem inponitur,
suscipienda est propter necessitatem kari-
tatis. Sed nec sic omnimodo ueritatis delec-
tatio deserenda est, ne subtrahatur illa sua-
uitas, et obprimatur iusta necessitas. --
Decr. Grat. I, dist. XX1, c. 1; Friedberg I,
S. 67 ff.: Cleros et clericos...
589
Ratschla zur Notdurft der KlSster 1530
allen ys, Christus, erst ghedhan hefft, wente
ydt ghebSret syck nycht, mynschenghewonheyt:
sunder Gades warheyt tho volghen, nha dem
male dorch den propheten Esaiam de Her secht
(Esai. 29,13; Math. 15,9): Ummesuhs denen se my,
dewyle sze lehren sulcke lehre, de nycht mehr
wen mynschenghebodt syn. We market hyr
nycht, dath de ghenanten gheystlyken rechte
sulvest betfighen, dath werlZa ohn noch vede-
ren, noch concilien tho 15yen edder volghen sy,
dar see jeghen de schrift wes bescluten. Is yn
der schrift wes strydich, des neen ghebruck
noch vorklaryg yn der kerken van anbeghyn her
wert erfunden, wyse men tho entscheydynge
des concili. In opentliken overst unwedder-
spreckliken styven worden der schrift, yn lank-
wirighem ghebruke der karcken, den ock de
concili erkennen, we ys, de vormeynt, noch eyn
concilium tho erwachten, 13 edder wo wirden de
varen, de vor der tydt der concili in twyvel und
erringe van dfissem jamerdal mochten affschey-
den7 Wor id ock tydt und stride hedde, mochte
men solck alles uth schriften tier veder kref-
tichlick bewysen, ane dat Gades wort hyrinne
eynem ydtliken moth genoch syn. Darumme
nhadem des Heren ghesette styff syn, erquicken
de szel, maken wiis de entfoldigen, syn lutter
und erluchten de oghen (Psalm. 18 -19,8 f.) und
yn sfilckem ghesette eyn dener Gades vorsich-
tich wert, hyrmyt sick sfilvest und de underda-
hen yn alle Gades und der salicheyt weghe tho
wysen, vor allen dyngen hyr3mne se leret und
dorch de dener des wordes leren leth 5hren
schepper und Hem erkennen, em trfiwen, en
frfichten, eren und beleven, is nemant so un-
vorstendich, de nicht marke, noch so vorkert,
de nicht bekennen mSthe, dat J. F. G. erste und
meyste sorghe syn moth, dat Gades wort, an
welkem, alse thovorn berSrt, unse wolvard, la-
vent, trost und alle heyl ghelighen, yn klSsern
als ock yn andern 5rden des fSrstendoms reyn
und rechtschapen gepredyget werde. Went ydt
ys jo nicht genoch, dat J.F.G. vor sick allene
gelSvich und vorstendych Gades wyllen erken-
hen edder ock in alle der salicheit saken sick
weten tho schycken, sunder dath ock vele du-
sent, de J.F.G. underworpen syn, myt warhaf-
tigher lehr uth hylligher biblischer schrift thor
salicheyt vorsSrghet und yn reynen hylligen
weghen gSdtliker ehr beholden werden under
christlikem exempel und getruwem deneren des
vordes vor errynge und vorfSrynge bewaret, tho
lave dem Hern und tho christlikem ghemeynem
frede. Dat ys J. F. G. ampt und ehre, tho sulckem
befele hefft desulvigen J.F.G. de almechtighe
uthgesundert und vOrordnet, darvan ock J. F. G.
tho syner tydt dem Hern howe 1 rekenschop
mSten gheven.
Van atfstellyng der mysbruke.
Alse nu thovrn genochsam vorklaret, dat der
overmheyt erste bevel und grteste sorghe syn
schall, Gades wort rechtsehapen und trfiwelick
predygen laden, ys dat negeste, vat Gades ehr,
synem hyllighen worde entjeghen und ehrist-
liker erbarheyt ergerliek ys, mghe ane wedder-
sprekent affgedhn werden. Welekere b6rde
avermals J.E.G. und eyner ydtliken christghe-
lBvighen godtfruchtigen overicheyt sehwarlick
an lyt, darumme dat bemelte stfieke nicht vey-
nigher Godes gebaden wedderstreven, wen
dothslan, stolen und dergelyken, m6ghen oek
evenso weinieh alse de in der gemeyde geled-
den effte der straffe overseen werden. Wene
(1. Thi. 1,9 f.) Godt hefft dat gesette gegheven,
nieht de framen tho dwyngen, de sick yn eyn-
driehtigem vyllen myt der overieheyt dorch
Gades wort regeren laten, sunder den unver-
stendigen und wedderspennygen, den unvSrsten-
dyghen, dat se de rode : up dem rugge (Prover.
26,3) vain schlape und vorsfimenysse erwecke,
den wedderspennyghen eyn beth 16 yn de munth,
den frevel und modtwyllen yn allen umbyl-
12 a weder.
13 Vgl. oben S. 39 u. Anm. 16.
14 genaue.
15 __ Rute.
1,; __ Gebi am Zaum, vgl. Schiller u. Ltibben I,
S. 296, dazu Ez 29, 4.
591
Ltineburg
lyken vornhirnen tho breken. Nu betiighet S.
Pauel (1. Thi. 1,8-11) kreftichliken, dath gesette
gudt sy, szo des jernand recht ghebruket und
xveyt solckes, dath dem gerechten neyn ghe-
sette gegheven ys, sunder dem ungerechten und
ungehorsarnen, den godtlosen und sunderen, den
unhyllighen und unreynen, den vaderrnbrderen
und moderrnbrderen, den dothscligheren, den
bblerenl;, den knapenschenderen, den myn-
sckendeven, den Ibgeners, den rneynedygeren,
und so ychteswes anders der heylsarnen lehr
wedder ys, nha dern evangelio der herlicheyt
des salighen Gades, dath my thogetriiwet ys.
Merklyken secht de hyllighe Pauel: Szo wes an-
tiers der heylsamen leher entjeghen ys nha dern
evangelio der herlicheyt etc.
Welck syn den de stucke, so der heylsarnen
lehr wedder syn? Vbrkerynge gbdtlikes sacra-
rnentes des varen lyves und blodes unses Heren
Jhesu Christi, eyn recht grepe 1' der vordb-
rneden gyricheyt und eyn schrecklike gades-
lestrynge, unde vat dussern anhanget, de swar-
rning 1:' und krernerye, vigilien, selemisse, nodt-
helper, patronen, alles under falschern schyne
gbdtliker ehr up den hylligen pennink gericht,
alles tho vortellen urnrnbgelick, gefenkenysse der
klosterpersonen, van wegen unergrunder vor-
derfliker gelbffte. Vorboden eestant, eyn grunt-
soppe alles wbsten unflates und aller unrey-
nicheyt, und kortlick alles, so under schyn guder
werke dat stervent und vordenst Christi vor-
ryngert, schrnehet und vornichtet. Dusse und
dergeliken untellike stucke, de dern ersten ga-
desghebade und christliker erbarheyt stracks
thoweddern syn, schal und rnach neyn christ-
hke overicheyt erdulden. Jegen dusse ys dat
gesete. Dat gesette overst gyfft de rechtfer-
dynge, schwert und straff yn de hand der ove-
richeit, hyryn na Gades bevel ernstlick tho
handelen (Rorn. 13,1 ff.}.
Dar nu genante geystlyke rnydden yn berbr-
ten stucken ganz syn vorsopen, segghe eyner,
wern wyl hyryn tho seen gheboren. Sze, de ge-
nante geystlickheyt wyl nicht seen, kan ock
nicht. Ja, syn der overtredynge alhyr thorn
allerrneysten schuldich, draghen dath ordel yn
schmbarer dith opentlick arn halse, schal
denne dat gesette kraftlos ane uthrichtynge
ganz darnedder liggen? Schal Gades ehr under
de vbte getriden, tucht und erbarheyt ider-
rnanne tho unlust openlick uthstin? Neen, dat
gesette weret dussen dyngen alse de der heyl-
samen lehr vedder sin na dem herliken evan-
gelio des salighen Gades. Dat gesette overst
{alse thovorn gesecht} hefft synen hanthaver
van Gade vorordnet, nbrnliken de overicheyt,
welcker ydt fbrdert, de dynge tho undersetten,
so thorn valle geneget, tho erleddyghen de war-
heyt uth der hant der, de sze gevenklick under
der 15ghen entholden, alle erbarheyt tho be-
kreftyghen. Wor overst ock hbpen der bete-
rynge affgeslagen, myth dern sverde nhatho-
drucken. Welcks wo nycht gescheghe, worden
bernelte Gades ghebade veynich frarnen. Wente
gelick alse jenne werlke gesette eynich ed-
der nicht ntitthen, se werden den ynth werk ge-
stelt, daraver gheholden und ohre avertreders
gestraffet, also und ungelke mehr ervorderen
Gades ghesette yn allen ohren deilen werklike
ovmghe, dartho ohren uthrichter und dener,
den frarnen thorn guden, den ben thor vrakefi0
Hyr rnbten nu de underdanen Gades ehr und
ordenyng anseen und nicht allene nicht wed-
derstreven, sunder ock van herten groth, wer-
dich und dtir achten dat arnpt der 5vericheyt
(lorn. 13,1 ff.}, darrnyt se dern torne entflegen
und eyn rowesarn gewiten beholden. Wor 5verst
eyn gerneynde de bvericheyt (seggen van der
overicheyt, de Gades wort hefft) nicht alse
Gades deneryn ansiith, ohre erliichtynge yrn
= Buhlern.
__ Griff.
Vgl. swarrn, Schiller u Liibben IV, S. 486,
hier wohl soviel wie Jahrrnarkt, vgl. Conf.
Aug. XXIV, 10 f. Bek. Schr. S. 92.
_o,)__ Rache, Strafe, vgl. Schiller u. Liibben V,
S. 775 f.
592
Ratschlag zur Notdurft der KlSster 1530
langhe se naghan egener gerechticheyt, rnoghen
se alse jenne Israhel tho Gades rechticheit
nicht karnen (Rorn. 9,31). Duth ys de sware
sfike24a, der se sulvest nicht sehen noch v61en,
meynen, se syn gesunth, und de ser wol sehen,
alse de schryft secht (Joan. 9, 39 ff.), hebben den-
noch dat vordeck vor den oghen, ja, stecken
rnydden yn der blyndheyt. Schullen dusse nu utb
erbarmliker blyntheyt yn tier erkantnisse der
warheyt gheleydet werden, rnfithen see erst
vormocht und gewysset syn, Gades wort ane
uthflucht und an geverde flytyghen tho h6ren,
ungheachtet off see darurnme thorn ersten t6r-
hen und ovel dhon, des se nach erlang%er ge-
sundheyt und gesychte der overicheyt werden
danken. Schullen se gewunnen werden nha dern
wyllen und vorsate Gades, dat see myth dem
worde gewunnen werden, schollen se vorstocken
(dath Godt gnedyghen vorhSde), kunnen se nicht
sunder na geh6rdern worde.
Vorleggyng der ynrede0 dath de apostel,
dar men see nicht hSren wo]de, den stoff
van den vSten hebben hesla[hen.
Dath men overst hyrjegen vSrwenden mochte,
nemant scholde hyrynne gedwungen werden, dar-
urnme dat de apostel, dar se nicht angenamert
worden, den stoff van den vSten gheschuddet, den
verechtern thor getuchnisse (Math. 10,14 Luce 9,5;
10,11), und darvan geghan, antwort: Nicht hebben
also vort de apostel upghehSrt, dar eyn deel effte
dat ganze yolk unwyllich gewest, sunder thorn
alleriitersten vorsocht, ja, went thorn blode
und dode myt predigen angeholden, ehr se dar-
van gelaten, und bedunken uns, dath se nicht
alleyne walt geledden, sunder ock myt unover-
wyntliker bestendicheyt und drange dusses fal-
les gewalt gedhan, wyle se tier vyende gewalt
rnyt weldigerern dode averwunnen, ja, dorcb
den gheloven ganze ryke er6vert (Hebre. 11,33).
Wo rnennich mill hefft syck aver ohrern predi-
gen, dar se nicht wyken wolden, eyn ganz volk
thorn uprhor bewoghen (Act. 20,1; 21,27 if.)? Ovet
doch de genzeliken gewalt, de den wedderstre-
ver nicht ehr entwyket, ydt koste ohm den syn
liif und lven, lutter gewalt ysset, went yn den
doth vechten. Darber Paulus so vaken stupet,
stenyget etc. und vor dodes oghen gewest is
(1. Cor. 11-----2. K ll,23ff.). Wert ock Timotheo
bevalen (2. Thi. 4,2), dat he schelde, straffe, er-
mane, gelegen, ungeleghen, nerghen nalate. Stre-
yen alle dener des Heren vor dat wort gewel-
dich myt marter unde blode. Wath wolde siisz
daruth geworden syn, wen se vor e)nern ydtli-
ken br6rnmes 25 gefl6gen und de boswyllicheyt
des yolks also vort sick hadden affschrecken
laten.
Wovol jenne und dusse tyde und stede nicht
moghen )n dussem falle vorliket werden, dar-
umme dat jennen yn kraft godtlikes gerichtes
dat gnadenryke licbt enttogen, se neyne 16vige
overicheyt noch christlike ordnynge ghehat beb-
ben. By uns hSlt ydt sick vel anders. Tho dem is
dat wort eyn butenwendich dynk, so vel dat
thoh6ren belanget, yn butenwendygen dyngen
overst ys de overicheyt vorplichtet, gherneyner
wolvart tho denen und tho gebeden, alle de dynge
tho holden, so Gades ehr. gerneynern fride und
selen salicheyt nutte und nodt syn. Idt wer den
sake, dat eyn overicheyt swiren, flSken, tho-
drynken, horen, ehrbreken wol vorbeden, xvedder-
umrne eyn idere christlike erbarheyt und b6r-
gerlike tucbt yn allen saken rnochten gebeden.
Alleyne Gades worth tho h6ren, daruth alle
gudt, enicheyt, leve und heyl entspryngt, dar
scholde men de ltide nicht tho dxvyngen? Dar
scholde de overicheyt tbo ghebeden neyne rnacbt
hebben? Vasten ys untelliker deyle gerynger,
wen Gades xvort h6ren. Nu is den kSning tho
Ninive (Jon. 3, 6-9) billick und beh6rlick gewest.
den synen eyn gbemeyne vastent uptholeggen
und ys van alien anghenornen und gheholden.
Und scbolden de unsen des befehls und gheba-
des, Gades wort tho h6ren, sick entehen und
weygberen, yn welckern alleyn alle gudt ys be-
schlaten? Eynem huszvader ternet und geb6rt,
syne kynder und gesynde yn de predigen ghan
tbo vorm6ghen, ja, steyt ohm unerlick an, rn6th
24a = Seuche.
:' Vermutlich = Bremse.
74- 595
Lfineburg
sick ock gotliker straffe besorghen, so wes hyr-
ynne vorstimet vorde. Wat nu under we.vnich
personen .n eynem ydtliken huse de vader und
her ys, dath ys yn der gemeynde eyn overicheyt,
van Gade vorordnet, ys eyn huszvader, alhyr tho
ghebeden, und dat gesynde tho folgen schfildich.
Worumme scholde eyn christlick frim overi-
cheyt, de up de ganze gemeynde und enem ide-
ren in sunderheit tho sende vorplichtet, eynem
ydliken der undersaten synen unvorstand ster-
ken, trachlikenfi' motvilligen und eygenrich-
tigen handlen laten? Wedderumme myt watte
fSghe und rechte verden de undersaten den
christliken billiken gebode xveigering dhon mS-
gen? Stark ys dat wort (Rom. 13,2, xve der overi-
cheit wedderstrevet, wedderstrevet Gades ord-
ning und wert sick sulvest dath gerichte ent-
faagen.
Dat ock unse veder und vorelderen hebben na
vormelding des Decretes {De consi, dis. 5. ca.
Non mediocrita 2;} gewolt und befohlen, dat alle
gesenge dem predigen des wordes entviken, ja,
by einer vormaledigng vorbaden, umme sin-
gens wyllen de predige nicht natolaten. Und van
pawesten vortyden ein bevel by gehorsam und
banne uthgeghan ys, eyn ydlick des Sondages
dat evangelion hSre predigen {Cap. S. Romana
ecclesia. 13. dis. 28), wowol yd darna 3n misse
vordarfliken geraden. Wath gyfft dath a_nders
tho vorstan, xven dat de traghen und modxvyl-
lighen (dem framen ys des nicht nodt) thorn
h6ren g6dtlikes wordes schulien ghedwungen
werden. Thorn loven, ys war, roach nemant ge-
dvunghen werden, nadem ydt eyn ghave Gades
ys, nycht uth minschen noch uth werken
(Ephe. 2,8f.). Overst dem gebade, Gades wort
tho hSren, ys iderman vorhaft tho volgen, nicht
veyniger als eyner ydliken borgerliken 15ffliken
ordenyng, so vor billick und nodtlick erkant und
upgerichtet ys.
KSrtlick wyllen wy hyrvan scheyden und endy-
ghen, so doch thovoren ghemarket verde,
xvelcks ghar nicht tho vorachten ys. Wen ghelick
uth berSrten merkliken nodtsaken de kloster-
personen und andere genante geystlike nicht
scholden angestrenghet werden, Gades wort van
den vorordenten predigers tho h6ren, worde
doch solcks des negesten nodt esschen, des de
ym gheloven junk unde swack ys, darmyth hee
nicht gheerghert vorde.
Men hSrt ytzund overall segghen: Wen dusse
nye lehr recht xvar und gudt xvere, xxurden de
genante geistlike {wente men sick by den mehrs
vorstandes vormodet) wol henyn ghan, h6rden
tho, nemen de lehr an. Nu se overst dar nicht
yn ghan, nicht hSren noch volghen wyllen, moth
de lehr nicht recht svn, wen see ydt armimen,
wyl ick ydt ock annimen. Is dyth nicht den
svacken ym loven ergeren, so weten x.w nicht,
wath ergheren ys. Paulus wyl, dat yn den dyn-
ghen, de ock xvol themen, de sxvacken (dath ys
de gherne leren wolden) nicht schollen geergert
- -- trige.
z; Decr. Grat. III. De consecratione, dist. V,
c. 24; Friedberg I, S. 1418: Non mediocriter
errat qui magno bono prefert mediocre bo-
num. Nonne rationabilis homo dignitatem
amittit, qui uel ieiunium karitati, aut ui-
gilias prefert sensus integritati, ut prophet
abstinentiam inmoderatam, atque indiscre-
tam psalmorum uel offitiorum decantationem
aut amentiae, aut tristiciae notam incurrat?
Numquid uerborum flecti multitudme ut homo
Deus potest? Non enim uerbis tantnam, sed
corde orandus est Deus. Quapropter melior
est quinque psalmorum cantatio cure cordis
puritate, ac serenitate, et spirituali ylari-
tate, quam psalterii modulatio cure anxie-
tare cordis atque tristicia. Cure igitur pro
centum animabus psalmus uel missa dicitur,
nichil minus, quam si pro uno quolibet ipso-
rum diceretur, accipitur. Audiant itaque, qui
ea, que necessaria sunt, corpori subtrahunt,
illud, quod per Prophetam Dominus loquitur.
,,Ego Dominus odiens rapinam holocaustorum."
De rapina uero holocaustum offert qui uel
ciborum nimia egestate uel sompni penuria
corpus inmoderate affligit.
Decr. Grat. I, dist. XV, c. 3; Friedberg I,
S. 36 ff.: Sancta Romana ecclesia .... vgl.
bes. S. 40 f. -- Vgl. dazu Decr. Grat. III. De
consecratione, dist. I, c. 62: Friedberg I
S. 1311: ex Ca_none Apostolorum [10.]: Omnes
fideles, qui conueniunt in solempnitatibus
sacris ad ecclesiam, et scripturas Apostolo-
rum et euangelium audiant...
596
Ratschlag zur Notdurft der KlSster 1530
werden, drecht ohrer szo grothe sorgfoldicheyt,
dat he vordert truweliken, men schulle sick
umme brSderliker nodt wyllen eyner ydtliken
fryheyt begheven (Rom. 14,1 ff.; 1. Cor. 8,7 ff.},
und datsulve yn geryngen dynghen, alse spysen
und tyden. Dorf ock wol den Hymeneon und
Alexaudron dem sathan geven, darmyt se leren
affthostan van ergern und lesteren (1. Thi. 1,20}.
Wu, wen hee seghe bemelter geystliken un-
voch, 29 uagehorsam und ergernysse, sunderlick
ym hSchsten gude, dem ewyghen gadesworde,
van welckem se de swacken affthen und yn vel
weghe ergeren? Dorvens nicht seggen, ys doch
tho vormoden, worden see nicht eynem, sunder
velen sathan bevelen, szo lange se van ergeren
und lesteren uphSrden. Wol ys bekant des hyl-
gheu Peters ernst und yver jegen Ananian und
Saphiran, de allene vor sick und ahn ergernysse
des negesten dem hyllighen Geyste hadden gelo-
ghen {Acto. 5,1-10}. De unsen overst untr/iwen
nycht alleyn dem hillighen Geyste, sunder 15chert
siner, lestren ohm ryten und raden aff, wen se
man kunnen, bruken alles vordels, vormSghens
und ghewalt, ohren ungrunt und glyssnerye
dem eynfoldigen tho overreden {Luce 10,21} und
ohn yam besten deyl, welck nicht roach van
eynem geuamen werden, alsze van der warheyt
und worde des ewyghen levendes, genzlick tho
vorsluten.
Wyle den ghar umbillick, erbarmlick und vor-
derflick were, den klosterpersonen {vor welcke
syn d/ire blodt Christus unse salichmaker an-
gelecht und vorghaten} Gades licht und weten-
heyt tho vorholden, dartho wes an bemelten per-
sonen vorlaren worde, dar 5hn Gades worth
nycht vorkttndyghet, noch thorn hSren dessul-
vyghen mogelyker wiis angheholden w/irden,
datsulve vorlaren blodt an J.F.G. de alrnech-
tighe swerlyken worde erhalen. Tholest urnme
orer erghernysse wyllen eyn arm, eynvoldich
volk gSdtlykes trostes, levendes und heyles
moste entberen, ys nodt, byllick und gSdtlick,
J. F. G. thorn hSren des wordes sze gnedichliken
van amptes wegen ervordere, se overst by der
plicht, darmyth sze Godt und J.F.G. vorwant,
hyryn syck denstlyck und ghehorsam bevysen,
nycht alleyn thorn tho rnyden, dath neynes dan-
kes were edder umme des ghewethens wyllen,
alsze Paulus secht (Roma. 13,5), sunder ock myth
hristliker demuth den negesten tho beteren
und uth Gades worde spyse und nodtroft der
sele tho entfangen.
Van der tydt und stede der predighe.
Bylliek und g6dtliek ys ydt. dath de gexvon-
liken ordenlike predige an lest und Sondagen
unverhyndert, alse ym vSryghen artikel ghe-
seeht, ohren vortgank hebben. Dewyle overst
yn bemeltem predighen ydtlike grave mysbruke
der kl6ster nieht m6ghen, als ydt kurnpt, un-
ger6ret blyven, oek de gebrek vormyddelst
godtlikern worde gestrafft werden nieht ane
sunderlike nodt und christlike beschedenheyt,
des dennoeh ydtlike kl6sterpersonen groth rays-
fallen draghen und wenden vor, alse gesehege
ydt ohne tho spott und vorschimyng, derhal-
yen nicht alleyne se buten der predyck blyven,
sunder ock anderen nicht staden, henyn tho
ghan, de gSdtliker underrichtynge begerich und
nodtrofticht syn. seen wy vor gudt an. dat alle
wiken 30 twemall geprediget werde, nSrnliken
des Dynxstedages und Dunnerdages up der junk-
frouwen khor, effte nedden yn der kercken myt
beslaten dSren in bywesen des bichtvaders, weft
de prediger na gelegenheyt eyn de hSvetstucke
der hilligen schrift entfoldyghen und klarlick
vorhandelen, edder eyn bock der hilligen schrift
na siner ordnynge flytygen uthleggen yn rnaten
und ghestalt, alse des J. F. G. alrede den predi-
gem schriftliken xvol geschvckten bevel ge-
gheven.
De stunde sulcker sunderliken predyge sy thor
capitteltydt, wente de capittel ortsprunklick dar-
umrne by den olden ynghesettet syn, g6dtliker
weghe de personen tho underrichten, van sunden
se tho wysen und de sundighenden tho straffen.
darumme ock see lection uth der hyllighen
schrift und volghendes hornelien und predigen
29 ___ Unfug.
3o = Wochen.
597
Ratschlag zur Notdurft der Kl6ster 1530
VCelck mynsche gesundes und godtfruchtigs
vorstandes dorveth syck vord6mliken understhan,
dusse so klare wort und wyse tho vorandern?
We ys doch jri so kSne ghewesen, de den kelck,
darby eygentlick und merklick bevolen weft,
syns blothvorgetendes tho ghedenken, den leyen
dSrste entryten? Merk doch by dussem stricke
alleyn ydtliker godtloszen vormetenheyt unde er-
schreckliken barmliken fall und blyntheyt yn
der kercken. Van wem ys den Christus testa-
ment felschliken vorandert, yon den vederen?
Nein, Cyprianus 40 hefft ock den kynderen dath
bloth nicht gheweygert, hefft allen und iderman.
als ock S. Hiero. gedhan (1. q. 1. cap. Sacer-
dotes 1}, dat ganze unverbraken testamente ghe-
gheven. "Velck ghebruck ungever aver dusent-
verhundert jir y der kercken ys gebleven, und
billiken. Went so hebben de apostel van Christo
entfangen (1. Cor. 11,23) und den vedern overant-
werdeth. Den vederen gebSrth, ohren nakome-
la-gen van gheschlechte tho gheschlechten, wath
se entfanghen, ane aff edde thosath unvor-
tricker, unvorsehrt, guder trriwe ganz overleve-
ten (1. Mo. 12=Dr 12,32; Pro. 30,6), nicht kloker
syn wen Christus und de hillige Geyst gewest
ys. Velschent den edder gebedent de canones?
Ja, se vorbannen und vorflSken dejen_nen, de des
ganzen sacraments, alse gesecht, nicht wyllen
bruken, darvan ym Decret apenbar bevolen,
Gelasius pawest gyfft des klare ttichnysse (De
conse, di. 2. c. Comperimus42). Velschent den de
concilien? Neyn, see holden styff over beyder
ghestalt, alleyn eyn cossnitzisch concilium (Ses-
sione 13) 43 dusses falles und yn anderen ydtli-
ken stricken godtlos unsyrmich, logenhaftich und
lesterich, alse yn den acten tho besehen, hefft nu
allererst vor hundert jaren den kelck den leien
vorbaden. Tras li dennoch, dat ydt hedde vor-
mocht, de Behemen van Gades wort und erkan-
ter xvarheit myt 1eve effte leyt affdr.xmgen. VCri ?
dat e3m concilium tho Basell, twyntich jar unge-
vet na bemelten cosnitziscken concili geholden,
vordOmet dat cosnitzische, yndem ydt den Behe-
men beyderley gestalt nagyfft,4.; darmyt jennem
jo recht geschege, 16genstraffet und geschendet
werde. Got weyt, dat ydt war ys, welcks ock
alle fr/me christlOvige, de ychtesxves gelesen,
mOthen bekennen, ja, ock de vyende nicht kun-
hen 10then. Nu sin wy des bym concili to Cos-
nitz nicht gebleven. Christum schal men hOren,
bevelt Godt de Vader (Mat. 17,5), und ghat hen
(sprick Christus Mat. ult. =.XIt 28,20} und leret
se holden al, xvat ick juxv hebbe bevalen. Ick,
sprickt he, nicht veder, concila effte gewonheyt.
Were schal nu mehr loven gegeven werden? By
xvem xvultu blyven? By dem nakeden, heylosen
concili tho Gosnitz, aller varheyt und Gades
fruchben entblOtet? Effte by der schri und
warheit Gades? Rychte du sulves..Iinschen la-
ten syck nicht 15ghen straffen, noch ohre be-
verde testamente breken. Godt overst, de ewyge
wysheit und jummerblyvende warheit, dath wort
und kraft Gades, Christus Jhesus, Godt sulvest,
welck alleyn schall gehSrt und gesScht verden,
dusse schal lyden, dat arme blynde und blynden-
vSrers syn testamente, synen unvorbraken wyl-
len unde ewyghe warheyt voranren, breken, fed
schen und schyr myth vSten treden.
Were noch wes, wen ydt darby were gebleven,
wen nicht se uth bemelter gTriweliken 5rer misse
eyn gudt werk hedden gemaket, hyrmyt hefft
men sick understhan, vorgevinge der sunde, ge-
Vgl. Ep. LXIII, 8; MSL 4, 380. CSEL 3, 2, 707:
per baptisma autem spiritus sanctus acci-
pitur, et sic baptizatis et spiritum sanctum
consecutis ad bibendum calicem Domini per-
venitu., dazu De lapsis, 9 u. 25; MSL 4, 473
u. 485. CSEL 3, 1, 243 u. 255.
Decr. Grat. II, caus. I, quest. I, c. 90; Fried-
berg I, S. 391 aus Hieronymus, In Sophoniam,
cap. 3; MSL 25, 1375: Sacerdotes, qui euchari-
stiae seruiunt, et sanguinem Domini populis
eius diuidunt.
12 Decr. Grat. Ill. De consecratione, dist. If,
c. 2; Friedberg I, S. 1318.
43 Vgl. oben S. 129, Anm. 58a.
44 tras = trotz.
5 Vgl. vor aIIem die Prager Kompaktaten v. 30.
Nov. 1433, Art. 3; Mansi XXXI, 273 f. C. J.
Hefele, Conciliengeschichte VII, 2, 1874, S. 568 If.
601
Ratschlag zur Notdurft der KlSster 1530
nysse sines lidendes, alse he yngesettet und na-
gelaten, geholden worde, myt groter dankseg-
gynge und tfichnysse christliker leve und eny-
cheyt, nbmliken dat men dat sacrament yn bey-
der ghestalt eynem ydliken gheve und entfan-
ghe. We averst beyde ghestalt nicht entfanghen
wolde, dat deme oak de eyrie gestalth genzlick
geweygert werde, so langhe he lere den worden
und warheyt Christi mher loven und volghen
wen mynschenworden unde drbmen. Uppe dath
men averst yn dyssen saken myt billikem ernste
handele, ys nutte und noth, dath de klosterper-
sonen alse iderman, ehr se thorn dische des Hern
kamen, sick wol beweren, ohren gheloven und
vorstant dem bichtigere effte predigere beken-
hen, und effte ohre gewetent fullichte merkli-
ken boswert were, datsulve bekennen und hyr-
umme trost, radt und godtlike underrichtinge
van bemelten deneren des wordes begeren und
bydden. Dat oak ane solker vorgande bokan-
tenysse nemant thorn dische des Hern werde ge-
laten.
Dat oak de dener des sacraments, ehr he den
thorn werke dusses testamentes grypt, eyn heyl-
same trbstlike vormaninge dho, jodoch myt kor-
ten worden, worumme solaR sacrament entfan-
gen, wat frucht und vordels wy darvan hebben,
war der entfangynghe oak folghen und anhan-
gen scholde, dardorch de gemeynheyt tho meh-
rer erkantnysse ohrer su|vest und betrachtynge
godtliker barmherticheyt ermant und gereyzet
werde. Also solkes vor dem affalle by den olden
oak yn gebruke ys ghewesen. Dyt alle denet und
nutteth thor bewerynghe, uppe dat men dat ge-
richte dar necht ehte und drunke (1. Cor. 11,29).
Dyt sy overst de vormanin myt lenheren
effte korteren worden.
Myne alderlevesten yn Godt, dewyle wy nu
dath aventehtent unses leven Heren Jhesu Chri-
sti bedenken und holden wyllen etc.
Wor overst und wan nehr nemanth ys, de
godtlikes disckes wyll gheneten, hefft men wol
affthonemen, dat alsoden deme dener nicht
men wyl, misse holden, roach van ohme oak
nicht gevordert werden, wente woth schal dar
eyn ghedecket disck, dar nemant hunghert noah
ethen wil, und steyt doch Gades worth helle und
stiff: Nemeht hen und ether. Nemeht hen und
drynket hyruth alle etc. Werth oak yn der ghe-
meynheyt nycht umme den wyllen upghesetthet
syn, dath eyn ehte, de anderen thosehen, ghe-
|yak eynem schouspele, szunder dath men yn
dem enthfanghende beyde, lyves und blodes unses
Hern, synen dodth vorkfindyghe und dessulven
lyves und blodes ghemeynschop hebbe, alszo
gheschreven steyt: De kelck der benedygynghe,
den wy benedyen, is de nycht de gemeynschop
des blodes Christi, dath brodt, dath wy breken, ys
dat nycht de ghemeynschop des lyves Christi?
Wenthe wy vele s3mt eyn brodt und eyn liif, de-
wyle vy alle eynes brodes deylhaftych syn
(1. Tim. 10=1. K 10, 16f) Nhu mOghen dusses
brodes, dath ys des lichams Christi, und synes
kelckes, dath ys synes blodes, nycht gheneten
noah deelhaftych syn, de darvan nicht ethen
noah drynken. Is ym ethen und drynken de ghe-
menschop ohrer vele, de Christi ghelede 52 sm
xvyllen, vo mach sodhan bogherlick dfire dynk
alle}me up eynen schonen werden? \Vo mbghen
de anderen thosehen? Idt doch nemant vor den
anderen und drynket nemant vor den andern,
eyn ydtlick hefft dessulven nodt, mynsckliker
xvyse tho reden. Szo mach yck ock dyth sa-
cramente vor eynen anderen nycht entfanghen.
my weft ydt sfilvest kort ghenoch, mynen hun-
ger tho styIIen. De nu nycht mede ehten, gheven
tho vorstahn, dath ohne nha Gades gherechty-
cheyt nicht hunghert odder thorn xveynyghesten
den ghebruck und frucht dusses sacramentes
nicht vorsthan. Melden syck, dath se sath. ghe-
sund, frim und rechtverdych synn, den (also
Christus secht) neins arsten nodt ys. Edder heb-
ben eynen anderen unghrund, den de schrift
nicht kenneth, dartho vorn ghenochsam van ghe-
schreven.
52 = Glieder.
75 * r503
Liineburg
Am jare des Heren hundertundeyn hefft Ana-
cletus pawst :'3 {so men den schichtschrivern
lover) gebaden und upgesettet, dat eyn ydlick
christl6vich alle dage tho des Heren dyscke gha,
desgheliken Calixtus. alse de canones mylden
(2. di. cap. PeractaM), hefft bevolen, dath alsden.
wen de seghenyng gheschen ys, eyn ider van des
Heren dische ghenete und sick borichten lathe.
Welcker des nicht dhon xvolde, deme scholde de
kerckgank und de gemeynschop vorboden syn.
Velichte do der ersten hytte der kercken alrede
wes affgynk, wolden bemelte paveste nicht,
dath de ghemeynschop des lyves und blodes aff-
neme, welcks se myt eynem gebode vorsocht,
dar deme volke geb6rth hedde, siilfxvillich tho
syn, daruth wol tho vormerken, dath ydt un-
schicklick, ock Gades worde ganz entjegen ys,
dat eyn alleyne ethe und drynke. Gemeynschop
gheyt nicht up eynen, sunder up vele. Darher
ock dat w6rdeken communicatio yn der misse
stede hefft beholden, so doch dath xverk ganz
und ghar ys vorkomen.
So ys nu beter de misse ganz underwegen ge-
laten. Wi]r desser gemeynschop nemand be-
gherde, wen desulven holden jeghen den wyllen
und xvort Gades, jegen den gebruck der ersten
kercken, jegen gheweten, geyst und vorstanth
Ghescheghe ydt averst jo, dat nemant, also
selden tho vormoden, vorhanden xvere, de tho
Gades dische ghan wSrde, und men lykewol be-
gherde, myt gesange ummethoghande, myt ge-
sanghe (segghe xvy), de nicht up hilgenvordenst
gebSghet 5la, noch van minschen ane edder jegen
de schrift erdichtet, sunder uth der hilghen
schrift reyn ond rechtschapen gevSrth und ghe-
5vet xvorde, leth men gherne tho, dath se sin-
ghen went thorn stilnisse. Deme dener overst des
altaris gebuth Godt und syn ewighe warheyt,
yn kraft upghemelten underrichting am hil-
lighen sacramente des m&ls vordan nichtes tho
b andelen.
By kranken overst, de des hochwerdigen sa-
craments begeren, holde men sick also: Men
neme brodt und wyn myt ehren und Gades
fruchten und lese by kranken de xvort des Heren
ym aventetende, also dat se de kranke vorneme,
holde even de wyse, so men yn der kercken
plecht, ungetwyvelt weft ym geloven thorn
worde, beyde, des de entfankt, und des de gyfft,
ock der ummestendigen, nicht weyniger dar syn
wen yn der samlinge, dorch den gheloven weft
dyt sacramente genoten, roach an neyne tyde
noch stede gebunden werden. Geloff (secht Au-
gustinus 55) und du hefft gegheten. Darumme
moth ydt ock yn neyne bussen 5e ghevateht, noch
yn manstranzen ummeherghedraghen, sunder yn
der sammeling genoten werden myt vorkun-
dynghe des dodes Christi dorch wort und werk
(1. Tim. 11=1. K 11.26), dar de kranken darumme,
dat se lyvesnodt hyndert, nicht syn affgesche-
den, sunder umme nodt wyllen tho hus besocht
werden, hebben gemeynschop dessulven lives
und blodes Christi, so yn der samlinge wert ge-
nomen. Szo overst noch wes van hostien in bus-
sen edder monstranzen vorhanden were, werden
de dener myt bylleker demodt und ehren wol
weten tho genethen.
Van deme vastende.
Alse ock eyn unschycklyck vasten yn den kl6-
stern uth eynem unghrunde werth vorghenomen,
ghelick mochte men darmyt veel vordenen. Ock
unangesehen der ghelegenheyt ydtlyker perso-
nen, der de eyn ydtlyke spyse nycht konnen vor-
dragen, effte umme de lenge des vastene an ho-
vet und lyve gheswecket, unbescheydlick hyrmyt
und ane frucht beswert werden, ervordert de
nodt, dath de strengycheyt des vastens nha der
:': Vgl. Decr_ Grat. III. De consecratione, dist. l,
c. 59; Friedberg I, S. 1311, dazu die im Folgen-
den Calixt zugeschriebene Stelle ibid. De con-
secratione, dist. II, c. 10; Friedberg I, S. 1317.
.,l Decr. Grat. III. De consecratione, dist. II,
c. 10; Friedberg I, S. 1317, vgl. dazu die An-
merkung zu c. 10 bei Friedberg ibid
51 a b6gen - beugen.
55 Tractatus XXV, 12 in Joannis evang.; MSL
35, 1602. Vgl. ibid. tract. XXVI, 1; MSL 35,
1607, dazu Decr. Grat. III. De consecratione,
dist. II, c. 47; Friedberg I, S. 1331.
5,; ___ Biichse.
604
latschlag zur blotdurft der Kl6ster 1530
personen gheleghenheyt ghemetyghet und ghe-
15set werden, also dath men der vullen und
overflSdighen myddagesmaltydt ychteswes aff-
breke, darvan de lichnam den aventh erquicket
und sine nottroft entfange, nicht thor lust, sunder
thor nodt, darmyt des lichnams so vele ghe-
wardet werde, dath hee den arbeyt tho vordra-
ghen und de ghebore uththorichtende geschycket
sy. Wente de schrift (Col. 2,16 ff.; Mat. 15, 11. 17.
20; Rom. 13Rm 14,1 ff.; 1. Cot. 8,1 ff.} de awyse :'
ghenzlick vorwerpet, dar men an den lichnam
neyne kostyng wenden wyl edder ock siner
nicht vorscSnen, vel weyniger lydt see, dat men
myth vorbode der spyse de gheweten der ent-
voldyghen martere. Wente se nSmet ydt drivels-
lere (1. Tim. 4,1 ff.}. dar de spyse vorbaden wert
Wes overst rechtschapen vasten ys, wert ym
Esaia (Esa. 58,3 ff.} Mar ghelert, welcker lere, wo
ghevolghet wurde, ungetwyvelt gheschen, dat
dusse christlike fryheyt yn des flesches nicht
gewendet werde. Hyr werden nu de dener des
wordes wol und getrriwelick anholden moten,
dath myt Gades worde de beswerynge der gewe-
ten affgelecht und christlike meticheyt gehol-
den werde.
Van kl6sterRhel6||ten.
Wowol undrechlike veele borden und manni-
gerleye mynschenghebade syn, darynne de klo-
sterpersonen szus ovel vordruckt und Gade vor-
geves denen, hefft men se doch vorschenen 58
nicht seher vel jaren myth eynem tuckschen
grepe gevatet, darmyt se meysterlick syn ghe-
bunden, ungetwyvelt uth deme drivel und dorch
syne lerers, de yn glysnerye 16ghen reden und
(alse tho besorgen) untellike zele 59 darmyth yn
de helle hebben henaffgereten. Dut synt de
schonen kl6stergel6ffte: krischeyt, armudt, hor-
sam. Vortyden vas eyn klosterlevent myt ge-
15fften unbeswert, gynk nemant henyn, wort ock
nicht anghenamen, ane de tho mans edder myn-
schenjaren ghekamen, welk6rn dennoch, dar
sze nicht konden noch volden blyven, dath uth-
ghan tholest ungeweret und ungheveygert was,
velckes betrighen m.t klaren uthgedrrickten
worden beyde, S. Augustinus und Benedictus
regel';O. Jodoch worden sze all der gestalt hen-
yngenomen, dat se sick henvorder ehrer hant
arbeyt nerden. Solck tier klSster geleghenheyt,
devyle see syn gewest scholen und ovynge der
godtselicheyt, hefft loff und leffhebber gefunden.
De drivel averst hefft siner ard nach solckes
nicht langhe reyne gelaten, seyet syn unkrut
myt der tydt mydden under, vSret se entelen :1
yn eyn volbohaghen und schynende hillicheit,
vorschaffet, dat ohne gelt, gudt und alle ryke-
dome wert thoghevorpen, daraver sick de klo-
ster allenthalven gemeret. Also nu twyerleye
vordeyl yn den klSsteren vort befunden, n6m-
lick vormehnte hillicheyt und vol vorsorghede
daghe, hefft iderman ane underschedt hentho-
gedrungen, unangesehem offt one alle ghave,
so bemelt klSsterlevent ervorderde, yam Hern
mydgedeleht und gegheven weren.
Thorn lesten hebben gyricheyt und unghelove
de brende dusses frires vullen ghestoret, dat de
oldern ohre kynderken thorn deyl myt spele
unde wyllen, thorn deyle myt umvyllen und
dwanghe henyngheworpen. Ghar und ganz unbe-
waghen und ungeachtet, offte sehe myth gaven
ewyger kusckheyt (de nicht idermans ys) gne-
dychlyken vorsehen weren (Mat. 19.1If.). Dar
nu myth der tydt de ervarynge gheleret, dat de
gave der krisckheyt ohne geweygert und van
desweghen henuth bogerden, de wedder ohren
wyllen nycht beholden edder ane affbrock gun-
stes und gudes, ane vorklenyng der kl6sterhyl-
licheyt nycht mochten vorlaten werden, is dyt
de rechte der olden slangen angevyng ;2 und e5m
meysterstucke ghewest, dat men sehe myth
5; = irrige Weise, vgl. Schiller u. Lribben I,
S. 136 f.
58 vorschenen - ablaufen, vgl. Schiller u. Lrib-
ben V, S. 434f.
5: = Seelen.
6o Vgl. dazu oben S. 328, Anm. 62 f.
; allmihlich
;2 = Anraten.
6O5
Ratschlag zur Notdurft der K15ster 1530
gudt, dath aver vader und moder apentlick weft
geschryet, ane wes umme fruchten, tucht und
scheemde weft vorswegen. Darumme, dewyle
solck geloffte d6rlick 6i und godtlos ys, we
twyvelt, dat ydt nycht scholde gebraken wet-
den. Idt were denne, dat alle, dath men lavede,
m6gelick edder unmogelick, godtlick edder un-
godtlick, umme des gelofftes und eedes wyllen
jo muste geholden werden Szo muste ock Nabal
hebben ghestorven, deme David den dodt ghe-
sworen (1. Reg. 15 = 1. Sam 25,1 ff.). Jonata
mochte nycht geberget werden, de des dodes
was, van wegen des eedes, den syn vader ge-
dhan (1. Reg. 14 1. Sam 14,24--45), und kort-
lick mosten ock alle unbillike geloffte holden
werden, so doch ock in wertliken saken unteme-
like geloffte, offt see ghelikewol konden ghe-
schen, synth kraftlos, und scholden unmbgelike
ghelbffte, daran_ne ock de zele yn rare steyt,
nicht ghebroken werden? XVert daruth tho be-
sluten nicht swat syn, dat de sick jeghen ohre
nature dusses beswert vynden, syn alredt quiidt
und lobs, dorven sick des ghelofftes halvenneyn
geweten maken, sunder xverd ohne themen, war
naturlick, gotlick und ehrlick ys, myt fade und
reden vorthonemen. Alse hyrvan ym artikel-
boke 65, so am 26. jare dusses fbrstendoms par-
nets und predighers avergheven, und yn hem
Johan Bughenhaghen Pommern boke an de nun-
hen 66 wyder ys geschreven Van den anderen
twen gelofften, war y3 nodt grother vorklarynghe ?
In klaren apenberen dynghen? Ys armodt by
den klosterpersonen, moste ghar vorborghen syn.
Wenthe de lichte dach wyseth ghans dat wedder-
speyl. Is twar eyn slycht armodt, dar tho be-
quemer wysser tydt de tafel wol bereydet, voder
und decke eyem ideren tho guder mate werden
gegheven. Wyllen see dem ghelbffte nha arm s)m,
worumme henghen se den de snevel'37 trod mur-
ren, wen sze nicht ohre ghebore yn ehten und
drynken averkamen ? Kynder merkeden wol,
dat dyth eyn erdychtet, erloghen armodt ys.
Wolden se arm syn, bequemen ydt wol buten
dem kloster ane gheloffte.
Wath lavet men ock ghehorsam, den men sus
Gade, den olderen un overicheyt erst und lest
ane uthnement schiildich ys, und werden doch
de kl6sterpersonen dorch ydelen ohren und godt-
losen horsam jennen der olderen und overicheyt
horsam vorderfliken enthogen.
Alsze denne bemelte ghel6ffte christliker fry-
heyt, mynsckliker nodt, der warheyt trod erbar-
heyt entjeghen, ja, glisenerisck uth diivelsleren,
godtloes und vordSm]ick syn mothen uth hogher
unvormydliker nodt, de klSsterpersonen ohrer
genzliken entladen werden. Eyn erbar christ-
lick levent roach ane de geloffte uth Gades
worde yn klostern sus wol gheholden werden.
Van den passunen.
De prassume und kerkner es yn klSstern too-
then ock nach erfordering der billicheyt und
nodt genzlick gheapent und ane ghebruck syn,
darumme, dath men myt ohne jeghen de ghe-
wonheyt der verier und jeghen alle christlike
redelicheyt handelt. Yn der regelen, so men
under dem namen Sancti Augustini69 ummeher-
vort, ys begrepen, dat de nicht wyllen ghehor-
sam syn, schullen darnha, wan se eyns und
nochmaels ermant, affghesundert und uthgestSdt
werden, darmyt de andern thorn bosen ohrent-
halven neyne orsake nhemen. Is eyn bescheden
settynghe, de dem evangelio volghet, n6mliken
de syck nicht wysen noch segghen laten willen,
uth der ghemeyne tho werpen (Mat. 18,17), so
langhe see sick beteren, welckerer wyse ock
alhyr tho bruken ys, dewyle myth dwange, straffe,
pyne und plagen nemant geystlick weft. Gades
Geyst maket geystlick und ghyfft fryheyt (2. Cot.
3, 17), nicht de fleyschlick, sunder geystlick .vs.
6a _ tSricht.
65 Vgl. oben S. 492 ff.
66 War me van dem Closter leuende holden schl,
allermeyst vor de Nunnen vnde Bagynen ghe-
schreuen... Dorch Joannem Bugenha. Pome...
1529; vgl. G. Geisenhof, Bibl. Bugenhag. 1908,
Nr. 253.
6; - Schnbel.
6s _-- Kerker.
69 Vgl. MSL 32, 1377 ff, zum Folgenden: 7; ibid.,
1381 f.
607
Limeburg
tes wort mit fleiss gepredigt und die heiligen
sacrament mit grosser andacht und ehrerbietung
administriert, ausgeteilt und empfangen werden.
Und insonderheit soil auf alle Sontage und
andere fest, auch darzu in der wochen aufs
wenigst einmal gepredigt werden. Und so dann
der mensch das verdienst und ewige selichkeit
allein durch den glauben an Christum erlangt,
wie S. Paulus RSm 4 [5] und 7 [6] und Gal. 2
[20] und Eph. 2 [8 f.] leret, auch Joh. 3 [16],
Act. 10 [43] und 13 [48] geschrieben ist, und dann
tier glaube aus dem gehore des wort Gottes
kummet, RSm. 10 [17]. so sollen die kloster-
personen, jungfrauen, megde und kinder, als in
dem kloster sein, in die predigen gehen und mit
fleis und herzlichem begirden Gottes wort hSren,
nicht zweivelende, der almechtige werde seinen
heiligen Geist darzu geben, das es in ihnen 4
kreftich und frucht schaffen werde, wie ehr
selbst durch den prophethen zugesagt hat, das
sein wort nicht soll ledig und ohne frucht ab-
gehen, sundern das ausrichten, darzu ehr es
gesandt hat [Jes 55,11].
Dann also schreibt auch S. Paulus Gal. 3 [2],
das die Galateren haben den heiligen Geist emp-
fangen durch das gehor des glaubens, das ist
durch die predig. So ist auch in Act. 10 [36 ff.]
ein offentlich exempel, das der heilig C-eist durch
gehSr und predige Gottes worts komme, dann
do Petrus dem Cornelio und seinem haus pre-
digte, das alle propheten bezeugen, das wir ver-
gebung der sunden durch Christum haben, do
fiel der heilige Geist sichtbarlich uf die zuh6rer
solcher predige, domit anzuzeigen, das ehr stedts,
xvan man Gottes wort predigt, etzlichen auch
unsichtbarlichen gegeben werde. Und hat Gott
selbs den Cornelium centurionem [Act 10,5 f.]
und Paulum [Act 9,6] zur predig und dem gehor
Gottes worts gewiesen und ihnen gesagt, der
apostel und prediger werden ihnen anzeigen,
was sie thun und lassen solten, darumb sagt der
Ananias zum Paulo [Act 9,17]: Saul, lieber bru-
der, der Her, der dir uff dem wege erschienen
ist, hat reich zu dir gesant, auf das du dert
heiligen Geist empfangest.
Dernnach sollen sich die klosterpersonen auch
mit fleiss zu der predigt Gottes worts furdern
und es gerne hSren, domit sie den seligmachen-
den glauben, heiligen Geist und ewiges leben
erlangen mogen, und also werden sie auch en-
zeigen, das sie rechte geistliche und aus Gott
sein. Dann Christus selbst sagt [Joh 8,47]: Wer
sein wort h6ret, der sei aus Gott, wet aber sein
wort nicht hSret, der sei nicht aus Gott, sonder
aus dem teufel.
Und sollen alle kinder, die im kloster erzogen
und gehalten werden, in die predigen feiertag
und werktag gehen, derwegen ihnen auch zu
der zeit soll zu essen gegeben werden, das sie
dardurch die predige und gottesdienste nicht
verseumen. Es soll auch keiner jungfrauen, die
nicht in die predig gehen will, gestattet werden,
das sie kinder bei sich habe.
Zum andern sollen an allen Sontagen und
festen, wenn communicanten vorhanden sein,
mess gesungen und das sacrament des leibs und
bluts Christi ausgeteilt werden.
Also auch, well die klosterkirchen auch pfar-
kirchen sein 5, so soll die heilige taufe, wan
kinder zu taufen vorhanden sein, auf die feier-
rage, auch andere tage, warm es begert wirdet,
mitheteilt werden.
Und soll das heilig sacrament des altars nach
der einsetzung Christi und wie es Gott lob in
diesem furstenthumb gebreuchlich ist, nemlich der
leib und blutt Christi den communicanten ge-
geben xverden. Dann er selbst es also eingesetzt
und zu geniessen bevolen hat, do ehr also sagt
[1. K 11,24 f.]: Nemet hin und esset, das ist
mein leib, der fur euch gegeben wird, und fer-
ner, als er ihnen den kelch dargereicht: Drinker
alle daraus, das ist der kelch des neuen testa-
In der niederdeutschen Fassung heil3t es:
uns.
In der niederdeutschen Fassung heil3t es:
,,Also ock. wor de kloster kercken oder
pfarkirchen seyn." Dieser ganze Absatz, die
Taufe betreffend, fehlt bei L y 1 m a n n.
610
Liineburg
kirchen zusaraenkoraraen und in den raetten,
prira, terz, sext, non, vesper und coraplet die
christliche gesenge und lectiones de terapore
und yon den hohen festen, auch de sanctis, doch 8
rait der christlichen correction und veranderung,
wie die sonderlich beschrieben und verordenet
sein, singen und lesen.
UndSa ist solche correction der collecten und
gesenge allein dorinne, do Gott und der ver-
dienst Christi verlassen und die versturben hey-
ligen umb h01fe anger0ffen und ihre vorbitt
und verdienste als raittel zwischen Gott und
den raenschen gestellt werden, geschehen.
Dan Gott wil allein Gott und helfer sein. wie
ehr auch allein der schoepfer, erhalter und selig-
reacher ist. Ich, spricht er [Ex 20,2 f.], bin allein
dein Gott, und neben fair soltu keine gotter
haben. Item Deut. 32 [39]: Siehe, ich bins allein,
und ist kein Gott ahne ich.
Ich bin der Her, und ausser fair ist kein hey-
land, Esaias 4 [Jes 43,11]. Ich bin der Herr und
s0nst keiner raehr, kein Gott ist ohne ich, Esaias
45 [21 I-
Und diese ehre wil er auch alleine haben und
sie keinera andern lassen, Esaias am 42. [8] und
48. [11] Darurab sol raan ihnen allein anruffen
und anbeten, er wil uns auch gerne erhoeren,
wie ehr selbst zugesagt, do ehr ira 50. psalra
[15] sagt: lfiff raich an in der nott, so wil ich
dich erretten, so soltu raich preysen, und Jerera.
29 [12 f.]: Ihr werdet raich anruffen und bitten.
und ich wil euch erhoeren, ihr werdet raich
suchen und finden Zachar. ara 14. [13,9]: Sie
werden raeinen nahraen anruffen, und ich wil
sie erhoeren, itera Psalra 91 [15]: Ehr rfifft raich
an, so vil ich ihnen erhoeren. Itera Exli ara
22. [26]: Er wird zu fair schreyen, so werde ich
ihn erhoeren, dan ich bin grmdig. Ja, er sagt
Esaias 65 [24]: Und es sol geschehen, ehe sie
ruffen, wil ich antwurten, wan sie noch reden,
wil ich hoeren, und spricht David ira 145. psalra
[18 I.]: Der Herr ist nahe allen, die ihn an-
ruffen. Er thut alles, was die gottesfurchtigen
begehren, und hoeret ihr schreyen und hilft
ihnen. Derwegen sagt David [vgl. Ps 141,8]:
Herre, zu dir hebe ich auf raeine augen, Herr,
zu dir habe ich geruffen, und du hast raich
erhoeret.
Und sol solch anruffen und gepett zu Gott
dera Vater dutch Cristura seinen lieben Sohn,
unserra Hem und heyland, geschehen, dan also
sagt ehr [Joh 16,23]: Furwar, furwar, sage ich
euch, alles, was ihr den Vater bitten werdet
in raeinera nahraen, das wird er euch geben.
Und ist dieser Christus allein der raittler zwi-
schen Gott dera Vater und dera raenschen, wie
Johannes sagt in der ersten epistel ara 2. cap.
[1 f.]: So wir sundigen, haben wir einen vor-
sprecher bey dera Vater, Jesum Christura, den
gerechten, .und er ist die bezalung vor unser
sonde, und nicht allein vor die unsere, sunder
tier ganzen welt, itera Paulus in der ersten
epistel ad Timoth. am andern capitel [5 f.]: Es
ist ein Gott und ein versffner Gttes und der
menschen, der raensch ist Jesus Christus, der
sich selbst zur erlosur gegeben hat vor alle.
Aus dera ist zu vernheraen, das alleine Gott
anzuruffen und anzubeten sey und solchs durch
Cristum unsern erloser, welcher allein unser
vorsprecher und raittler ist, und sol allein in
seinera und keins heyligen nharaen die erhorung
geschehen.
Und ist kein schrift, die anzeiget, das die
verstorben heyligen der raenschen gebete an-
hoeren oder wissen, dan Gott ist allein ein
erkenner der herzen, der alraechtig und ein
erhoerer des gepetes ist, und ob sie es wusten,
so wollen sie doch solche ehre, die alleine Gtt
geburet, nicht haben, dan sie wollen, was Gott
wil, der wil aber allein ein Gott und helfer,
auch allein angeruffen sein.
Also wolt Petrus in Actis apost, ara 10. cap.
[25 f.] nicht, das Cornelius vor ihme niederfiele
und wolt ihnen anbeten, und sagt ihrae: Stehe
' Das Folgende bezieht sich auf die Brevier-
ordnung des gleichen Jahres, vgl. oben Ein-
leitung, S. 490 u Text Nr. 10.
.aDieser Abschnitt bis zu ,,Die prira, tertia und
sexta..." fehlt in einigen Exeraplaren.
612
Liineburg
So auch irrung oder unwill zwischen den per-
sonen des klosters furfallen wurde, so soll die
domina fleiss furwenden, dieselbige beyzulegen
und den unwillen abzuschaffen. So sie auch
etliche alte jungfrauen, auch den predicanten
darzu ziehen wolfe, domit sie soviel mehr folge
bey den zankenden personen haben mochte, das
soll zu ihrem bedenken stehen.
Da aber ihr 5 auch hiertiber enstunde, die
sachen zu vergleichen 46, soll solchs an den
ampman4; oder unser genedigen herschaft selbs
gelangen, domit notturftig einsehen und ver-
schafftmg in solchen sachen geschehen moge.
Diese ordnung soll also gehalten werden. Es
wird aber vorbehalten, dieselbigen nach gelegen-
heir zu verandern, zu mehren und zu mindern.
5 Irrung (irr)?
46 Niederdeutsche Fassungen: ,,So averst ock
darover mehr entstunde in der sake tho vor-
geliken."
618
So bei LyBmann und in dem unadressier-
ten Expl. In dem Expl. f/ir ,Vienhausen heiBt
es: ,,an den grossen vogt zu Zell", in dem
f/ir Isenhagen: ,,an den befelichaber zu Eisen-
hagen", in den Exemplaren f/ir Kloster Ltine:
,,schall solches an u. g. herschaft gelangen".
Klosterordnung 1574
ten oder ehr sie ansprechen, so soll solches uff
dem chor geschehen.
Dergleichen sollen die jungfrauen das aus-
faren unterlassen, dan so sie etwas an pro-
viant oder andern zu bestellen haben, das konnen
sic durch ihrn einemer zu Luneburg oder ihre
werber, und was dardurch nicht kan bestelt
werden, dutch die amptschreiber oder amptleut
verrichten, haben sie abet etwas yon ihren
freunden zu bitten oder sunst etvas an sm zu
gelangen, das konnen sie durch schriften aus-
richten.
Well sie sich der welt, wie man sagt, begeben
haben, so sollen sie auch under keinem schein,
als muesten sie ihren freunden in sachen rithen
oder anderer ursach halber aus dem kloster
fahrn, es were dan, das ihr ratter oder mutter,
bruder oder schwester so krank weren, das sich
ihres lengern lebens nicht zu vermuten, der-
wegen sie den oder die gem ansprechen wolten,
so sollen sie darzu acht oder vierzehen tag,
darnach sie nahe oder ferne zu bemelten ihren
freunden haben, erlaubt werden
Welche jungfrau auch im klosterleben zu be-
harren nicht bedacht, die sol] es der dominae
und predicanten anzeigen, die sollen es ihren
negsten freunden vermelden. Und do es ihrer
freunden wille ist oder sie sonst aus gutter
ursachen trod nicht leichtfertigkeit aus dem
kloster begert, so soll ihr daraus zu ziehen, doch
mit unserm vorvissen, erlaubt und so viel vom
kloster gegeben werden, als sie darein gepracht
hat.
Und damit diese unsere christliche ordenungen
dem almechtigen zu lob und ehren und der
menschen heil und seligkeit, auch zeitlicher wol-
fart so viel mehr erhalten werden, sein wit
bedacht, jerlich ein oder mehrmal mit unsern
consistorii rethen oder durch dieselbige allein
zu visitirn und die mangel in einem und anderem
zu horen trod in besserung zu richten.
Zu urkund haben wLr diese ordenung mit
unsern handen underschrieben und mit unsem
secret besiegeln lassen. Gegeben am eIften tag
Maii ao. etc. 74.
Wilhelm diet] jung[ere]
h[erzog] z[u] B[raunschweig] und L[tineburg]
623
Ltineburg
10. Emendatio Breviarii virginum ordinis Sancti Benedicti
in ducatu Luneburgensi.
I15551
Etsi in coetu piorum, qui Dominum praesentem
et argelos inspectores habent, requiritur, ut iuxta
praeceptum Pauli 1. Corinth. 14 [40]: Omnia de-
center et secundum ordinem fiant, non enim,
ut idem ait [1. K 14,33], confusionis auctor est
Deus sed pacis, tamen semper habenda est ratio
christianae libertatis, et prudenter ordo in con-
gregationibus sanctorum in observandis ritibus et
discrimine faciendo lectionum, ciborum, vestium
etc. constituendus est. Nam facile peccatur in
libertatem christianam, si nimis imprudenter et
anxie pro ordine servando laboratur. Stat enim
fixa et immota sententia Pauli ad Galath. cap. 5
[1]: In libertate qua Christus nos liberavit, state,
et ne rursus iugo servitutis implicemini. Et est
libertas in Christo Jesu semper exposita mul-
torum impiorum etiam falsorum fratrum, teste
Paulo, iniquis explorationibus. Quare in refor-
mandis praedictarum virginum orationum libris,
quibus in divinis utuntur, quae breviaria vocant,
non volumus pio alicui iugum servitutis im-
ponere. Sed tantum impiis reiectis, quae pie
possunt legi et cantari in honorem Dei, ostendi-
mus Haec enim quae demonstravimus concordi-
ter et unanimiter absque omni iugo servitutis,
etiam sine omni dissensione in unitate spiritus
et vinculo pacis et legi et cantari possunt et
omitti illa sine omni scrupulo conscientiae pos-
sunt, quae notavimus. Admonemus igitur vir-
gines, quibus lux evangelii per Spiritum sanctum
affulsit et caeteras, de quibus nobis bona spes
est, ut vel tandem evangelio Domini nostri Jesu
Christi se submittant, ut unanimes, concordes,
et pacificae cure stent in facie Dei et habeant
angelos inspectores, orent et sanctificent ce-
lebrentque nomen Dei cantando et legendo pia
et sacris literis consona, impiis istis et super-
stitiosis lectionibus, cantilenis, antiphonis, re-
sponsoriis, penitus abiectis. Hoc si fecerint et
Deo gratissimum obsequium praestabunt et prin-
cipem nostrum illustrissimum singulari benevo-
lentia sibi devincient. Datum Cellae feria quinta
in Paschalibus ano salutis 1555.
1 Druckvorlage: Hs aus dem Supermtendentuc-
archiv Liineburg.
624
STADT LUNEBURG
LITER. ITI_'R auBer den im allgemeinen l'erzeichnis =u diesem Band anegebenen Titeln:
J. G. Bertram. Das Evangelische Liineburg. Braunschweig 1719. -- G. Fock, Der june
Bach in Lgmebur[J,. ilamhur,g 1950.
ihren Landesherren. ilildesheim 1953 = Quellen und Dar.stelhmgen zur (;eschichte iedersach-
sens 53. m G r g e s - \ e b e. Geschichte de.s ;Iohanneums zu Liineburg. Fest.schrift :ur 500-
jiihrigen Jubel[eier. Liineburg 1906. O. :l ii r g e n s . Geschichte der Stadt Liinehur. ilan-
hover 191 = Hanma'ersches Stiidtebuch "2. G. Iiatthaei. Die EinJghrug der
Reformation in Liineburg vor 400 ;l:dre. Liineburg
[ormationsjeier in Liinehurg. 1930. -- G. ll a t t h a e i . Die I" i l: a r i e s t i j t u n g e tt der
Liineburger Stadtkirchen im _llitteldter and im Zeitalter der [h'prmation. Ggttinen
= Studien zur Kirchengeschichte \'iedersachetts 4. -- IC. Iladtk e. Das Lnehurger Be-
kenntnis gegen das lugshur,er interim, in: ZnKG 44. 1939. S. 4063. !i'. Reinecke.
Geschichte der Stadt Liineburg. Bd. 1. II. Lgmeburg 1933. Die Liineburger Chronik desProp-
stes 21akob Schomaker. iirsg, yon Th..lle'er. Liineburg 1904.
Rhegius" Schul- and IxO der Stadt L(meburg yore 9. Juni 1531. in: ZnKG 1. 196. S. 4593.
G. l_'hlhorn, l_rbanus Rhegius. EIberfeldl62.P. 11"ach.muth. Die KO der Stadt
Liineburg yon 1575: inwieJern machen sich die Grundsat=e der ReJormation in ihr. noch [fir
die Gegent'art lehrreich, geltendY, in: l'erhattdl, d. 25. ord. Be.zirk.svnode Liineburg am 25. Okt.
1917, S. 1225. -- I. t'. ll'e'he-Eimke Die bte des Klosters St. Michaelis .=u Lneburg
Celle 162. -- .l. ll'r e de, Die EinJiihrung der tleformation im Liineburgischen. G(,ttin.en
15"2. E. Zechlin, Liineburgs ilospitiiler im llittelalter. Forschungen - Gesch. Niedersach-
sens I. 6. Hannorer 1907.
IflCHII'E: Stadt I. Liineburg. .lrch. d. Superintendentur -_u Liineburg. .itch. d. Klosters
St..llichaelis zu Lneburg (im Stadt 1. Liineburg). Die l:latsurkunden im 5tadt 1. Lneburg
sind chronologisch nach dem genauen Tagesdatum geordnet und tragen keine sonstige Be-
r.eichnung.
625
lich . and .[affe, die in nehreren Hss. a] sie ]olgende ..Leges ad solum scribum"
3iihere Inaben bei den Tecten unter t'r. : und 4.
.tilt der KO yon 1573 75 war die Ordnung des Kirchen'esens in der Stadt Lfneburg ab-
eschlossen. Die mal3gebliche Stell, ng des Rates 'urde schliel31ich ouch durch den Landes-
herrn in ei, wm Re'..et r, tit der Stadt 16.'t9 anerkannt, in velcher, t neben ausdrfcklicher
Bestatigun} der KO yon 157"3 75 dem Rat veitreichende geistliche Gerichtsbarkeit and nicht
unerhebliche lu]sichtsrechte 6ber die Geistlichleit der Stadt :ugestanden 'urden. In den vo,
der stadtischen KO nicht beriihrten Punkten hatte man sich n,wh der landesherrlichen KO yon
1619 :u richten.
Bereits am 7". November 157"7" hatte der Rat mit dem Her-_og ll'ilhelm d. 2. ein lbkom-
men getro]ien, nach welchem die Stadt be:a.lich der geistlichen 2urisdiktion and des 2us
patronatus nicht dem Landes]arsten unterstehen sollte. Son, it war die Stadt ouch yon der
l'isitation and Oberau]sicht durch den Generalsuperintendenten des Landes be]reit.
Die Konkordienfornel ist 157"7" yon Bargermeister lind Rt der Stadt Liineburg unter-
schrieben worden. Zu ihr haben sich die danach neu in das Stadtministerium eintretenden
Pr,diger i ihren ..coolestJones'" beka,t ('gl. auch .Vieders. $taats- ,. [-nit'.-Bibl. G6ttingen.
Cod. IIs. ]rid I70a. am Schhd3 des Iis. inmitten mehrerer La.o leerer Seiten).
Der Entvicklungsgang des Lanebrger Kirchenwesens im 16. 2h. macht es begrei]lich.
dM3 kaum etvas davon 6berlie]ert ist. wie der Rat das Kirchenregimet im ein:elnen wahr-
nahm. Lediglich 'egen des Predigerdienstes sind aus dem .ahre 15S2 llseinanderset:ungen
:vischen Rat nd Geistlichkeit bekannt ge.orden: der Rat wollte in dieser lngelegenheit
ete lordnunen tre].[en, gegen die die Prediger aus Z'eckmatigkeitsgrandon Einsprtch
erhoben, ll'ie man sich schlietlich einigte, konnte nicht ermittelt verder (vgl. Stadt.4. Lfne-
bur.ff E ! \r. 21). Seit Ilitte des 16. .lh.s nahmen in det Eddagsartikelt l'ervarnurgen gegen
ln:uchtvergehen :u. ihre Bestra.ittne 'trden verschar[t, ebenso die Kleider- and sonstigen
Luzusordnutgen. Ehebruchvergehen sollten mit Geiiin.,nis bestrait werden (;'.el. R e i n e c k e I.
S. 337"). In eine Poli:eiverordnung yon 157"9 warden alle diese .lngelegeuheiten au]genommen
Im lrmen- lnd Stipendienvesen ist der Rat eben]alls ei.ene ll'ege geangen. Hier kann
nur soviel as den Quellen mitgeteilt tverden: die Einrichtung eines .lrmenkastens war
abhiingig ;'on Urbanus Rhegius gescha].ien and geordnet vordet: es scheint so. als ob auch
Stephan Ker, zpe keinen Ein]lul3 al] ihre Entwicklung gehabt hat. Das Rechnungsbuch des
lrmeokastens. I..'11-- I.61 /'Stadt 1. Liinel,r. IB Nr. 470). beeinnt mit dem Eintrag dat3 im
"Jahre 1530 Rat and Cemeinde :ur Ehre Gottes lind _ttr l'ersorgung der lrmen einige Kisten
in den Ki'chen errichtet haben. vorin ]iir die lrmen gesammelt werden solle, was man den-
selben alle ll'oche oder sonst im Lau]e der Zeit austeilen volle. Ztr l'ervaltlng dieser.4rmen-
kisten vurden 20 l'erweser, at,ch Diakonen genannt, verordnet (8 Jar St. 2ohannis. e 6
St. Lamberti and St. IVikolai). Zu Beginn des 2ahres 1550 wlrd erwahnt, daf der Rat in dem
gevohnten Gebrauch der .4rmenkiste eine .inderung hatte eintreten lassen, ohne dat3 bier
Naheres dariiber verlautet. Schlietlich nelden :wei Ratsurkunden (2. September 134. and
1.5. 2antar 1547"), dal3 der Rat ]iir eine einheitliche Unterstiit:tng der Irmen aus den
geistlichen Sti]ttn.en Sortie trage. Es liegt im Stadtarchiv Liineburg eine sorg.[iiltige Bch-
[iihrung der .trmenkiste vor: Rechntngsbiicher seit 1531, Register ber 4usteilung der .41-
mosen seit 1531. Quittungen -_u den Rechnungsbiichern seit 153S. Register seit 1556. alle bis
630
Schul- und Kirchenordnung 1531
men nenen bischopp ordineren schall, he sy
denn thovoren examinereth und yn der hyllyghen
schryft gheoveth erfunden. Hyeronimus ym pro-
logs biblie lo sprycketh: Wan ener schonn hyllych
ys und doch ungelerth und groff, so ys he
alleyne sych sulven nuthbar, denn so vele [he]
dorch dat frame leventh der kercken beterth,
so groten schaden deyth he ohr, wanner denn-
jennenn nycht veddersteyt, de eyn christlyke
kercke vorstoren. Christus wyl nycht blynden
voters yn der kercken hebben, sunder gelerde
lude. Alle Christen schollen van Gade gelereth
syrm, wo de prophete sprycket Esaii 54 [13];
overst an dennsulvyghen orde secht he van der
gemeyne kunst, dat men Christum kenne. Sunde
und gnade Gades vorstann, dat ghehort allen
framen Christen tho, overst baven dusse kunst
ys noch eyn sunderlych vorstanth und klocheyth,
daher kumpt donum prophetie, 1. Cot. 9 [ 1. K
14], venn Codt enem mynschen gnade gyfft,
de schryft vorstann und gheschichder xvyse
uthleggher, dat de christenheyth beterynghe
darvon entfanghe. Dusse gadesghave ys nycht
so ghemeyne, weynych hebben se. De bis-
coppe edder parner schollen se hebben, dar-
myt se vorstendlych und myth guder ordenmghe
moghen dat volk leren yn allen schryften, vat
tho weten nodich ys, ho erkentenysse Gades
und synes sulvest. Tho dusser ghave der pro-
phetien denen vaste woll alle herlyke kunste,
daruth eyn mynsche lereth van allen dynghen
rechte ordelen und artlych tho reddende, wo
men dat merketh yn dreplyken lereres der
christlyken kercken, Athanasio, Nasianseno, Chri-
sostomo, Hilario, Ambrosio, Augustino, Hyero-
nimo und anderen. Dusse kunst ys gar herlych
yn dem Paulo ghevesen; vente vy seen, do de
Romeren und Galateren wolden leren Christum
vorstann, wo he kunstlych und ordentlych de
lere voreth myt gruntlycher beschryvynghe,
wath eyn dynch sy an sych myth vorstenlycher
underscheydunghe und myt klarer bewerynghe
aller sluthrede und thosamendenb:ndynghe der
argumenten. He disputert kunstlych und ghewel-
dych dynk uth godtlycher schryft uncl averwyndt
de Joden, alse men yn der Apostelegheschychte 5
I21 ff.: Petrus], 9 [20], 17 [2 ff.], 18 [4 ff.],
19 [Sff.J, 24 [10ff] und an anderen orden seen
roach, welches he ane dreplyke kunst und vor-
stand nycht hadde donn konnen, und yn anderen
epystel tho Thym. 4 [13] xvendeth he synn biblio-
tech, dar see vy, xvo xvoll he nhumher eyn olth
apostel ys, de denn hyllyghen Geyst so rychlych
hadde, denn noch boker hadde und gans eyn
ander meynynch ghexvesen denn doch de unge-
lerde tulpel, de alle kunst vorachten und nenen
under allen recht anghefanghen hebben tho
lerende.
Dat ys myth erste zho vormerkende, wat de
propheth Esaias thorn boke de kunst und klo-
cheyth schryfft, cap. 3; darsulvest thuth de pro-
pheth, vo Godt de stadt Jherusalem umme orer
sunde wyllen straffen xvolde, und vortelt allerley
stand, de enem gedreplyken ghemeynen nuth tho
regeren ys und ener stadt van noden ys, alse
rychteren, hovethlude, radtheren, tapper, ansyc-
lych, durbar menner, wunderbarlych vor alle
anderen lude; thorn latesten nometh he lachast 11
[Jes 3,3], dat vordudeth Simachus: em mann
wollberedeth und kloch sy, und sprycket de pro-
phete: Godt werth dusse van Jherusalem nemen
wech und werth enhen 11a kmderen tho heren
gheven, und xvyll darmede eyn grausam plaghe
edder straffe anghetaghen hebben, darmecle he
de Joden straffen xvyll, dat [se] schollen tho denn
dromeren ghann. Wente xvat kan ener stadt
dreffsalychers thokarnen, xvenn aller geschychde
und klocker lude vorlust und nemandes mer
hefft, de myth vornuft xvoll reden und raden
vornemelych sy, xvat helpen de hoghen muren,
(ler zweiten Hilfte des 5. Jhdts. in Gallien
entstanden sind; vgl. C. J. Hefele, Concilien-
geschichte II 2. 1873, S. 68 ff., auch RE 3 10,
S. 111 f.
Ep. LIII, 3. Ad Paulinum presbyterum de stu-
dio scripturarum; MSL 22,542. CSEL 54,447:
Sancta quippe rusticitas sibi soli prodest ...
etc.
lacflascfl heist eigentlich Schlangenbeschwb-
rung. Jes 3,3: ein Mann, der der Schlangen-
beschwbrung kundig ist
Druckvorlage: .,erhen".
9" 635
Schul- und Kirchenordnung 1531
dorch fyne geschyckede lude ys uth kleynem
gude balde groth gude ghemaketh. Idt sprack
vor jaren eyn wysmann, he wolde syner dochter
tho tier ee vel lever enen mann aRe gelt hebben,
denn gelth an enen mann, darrnede he tho vor-
stannde gyfft, dat vele geldes nychtes were,
wo nycht eyn recht mynsche darby were, de ydt
rechte wuste tho brukende. Darurnrne secht Sa-
lornon Proverb. 17 [16] woll und recht: War ys
dem narren nutthe, dat he rykedom hefft, dewyle
he de wysheyth nycht kopen kann. Dartho were
ydt gudt, dat de scholemester ym estande were,
welckor woll eyn born der erbarheyth roach ge-
nometh werden. Paulus erwelet enen parner, de
ym estande sy, 1. Thym. 3 [2.12], und de synem
huse recht konnen vorstann, de ghehorsarn kyn-
der hebben, und sprycket: Wan ener 1 synen
huswolke nycht kan rechte vorstann, wo wert
he denne der vorsarnlynghe Gades rechte konnen
regeren? Dat roach men ock van enen schole-
rnester uth gelyker orsake seggen. He lereth
uth egen erfarenheyth ym estande by synen
lever kynderen, wo treulych orne de jogheth be-
valen ys, wo he se leren schall und holdeR.
Welck nycht ym estande synn. offt ghelych wol
ghelereth, so synt se doch ock ghebrechlyke
rnynschen, de ock der anfechtynghe der jogeth
er synne wytte uthbreyden up ander dynch, dat
se erem ampte nycht rnyth vullen flyth und
ernstlych upmerken konnen, denn wen se ym
estande synn; wente yn estande hefft rnen ander
ghedanken, dede ernstlycher synn. Dewyle nhu
gude sede nycht dat geryngeste stucke syn eyn
chrystlyke upfodynghe 1;a, so ys ydt jo groth van
noden, dat men nycht weynygher up des schole-
mesters gude sede den up syne kunst eyn ernst-
lych upsenth hebbe, und so vele mer tuch und
erbarheyth tho enen frameR manne alse tho
enem leddyghen gesellen tho vorseen ys, recke
yck vor nutthe und not, dat rne scholemesters
hebbe, dede yn estande synn. und dar lycht rny
gar nychtes an, dat men sprycket, eyn emann
bruketh mer geldes und korn denn eyn leddych
gheselle, den ernstlych xveth eyn idermann, dat
eelos leddych stand sust an ander schall
chrystlich stand [syn], tucht, erhe und loff hebben,
dat se jeghen dat bekostenth nychtes gar achten;
wente ydt wet sust eyn mystruve, denn Godt
nycht ungestraffet lete, wan xvy nycht wolden
loveR, dat uns Godt yn weghe syner ghebade,
so wy fram weren und recht deden, mochten
aver woll erneren, und wolden er yn untuch-
tygne stande blyven, s,) eyn weynych mer kost
hebben alse sust. De barrnhertyghe Godt, de uns
heth syn geboth holdeR und dede ock denn hey-
den erneren ys, ys ock woll so rych, dat he de
synch kan erneren, und offte ydt schonn ym
estande de bekostynghe, terynghe grotther ys,
so kan und wyll Godt de kostynghe lynn an
anderen order vorryngeren, dat gudt rneren und
rychlych wedder segenen, wath dar aver geyth.
\Voll dat nycht enloveth, den kenneth Godt nycht
und ys freylych eyn arrne elende laver Christi,
de ock van thokurnpstygen guderen des ewyghen
levendes sych nycht vorhapeth, dewyle he nycht
kann, dat tydtlych ys, vortruwen, ja, sodane rnyn-
sche lover nener thosaghe Gades und ys eyn
recht heyde under dern chrystlyken levende und
nameR.
Van wynkelenscholen.
Fabius Quintilianus disputert 1. offt ydt beter
st', dat eyn knabe yn tier scholen edder ym huse
underrychteth xverde, und leth ydt sych ghe-
raileR, en junghe yn der apenbaren scholen
under den anderen junghen lereth, dat he vele
van anderen horth, tho studeren gereyset und
tho brukende syne kunst vor de lude deste be-
spreker werth. Van fynen pedagoghen rede yck
nycht yn dussen valle. Eyn overycheyt schall
eyn flytych ynseent hebben, dat nycht eyn un-
gelerth Hans hyr und dar yn wynkelen junghen
nerne tho lerende, der rechten schole tho
nadell 9 und affbroch und thorn rnerchlyken vor-
Druckvorlage: ,,sprycke van erie".
17a __ Erziehung.
8 IrLstit. orat. I, 2.
t' Nachteil.
637
Liineburg
und de schonen clausulen commenderen, und one
vorgheven argumenta edder themata, dede uth
dem autore synth gethagen, de he dachlykes
exponereth edder de up dersulvyghen sententien
rymen, darmede one eyn orsake gheve, even dat-
sulvyghe latynn, dat de autor redeth, ock ge-
bruken moghen. So leren se van enen yderen
dynghe fyn egentlych, syrlych, copiose reden
und schryven. Darth,) helpeth sunderlych woll
und vorbynde yck vast, war Erasmus Rotero-
damus vor de jogeth gheschreven hefft, alse syn
Colloquia 8 und Liber de copia verborum et
return 39, de kleynen Adagia 0, darbeneffen prae-
cepta rhetorices korth und de dialectica, dat de
knaben van eyn yderen dynghe lere eyn gudt
grunthlych vorstand, wath ydt sy und war men
darvan reden unde holden schall, dat se korth
van enem dynghe schcyven edder reden.
Van underholdynghe der armen? 1
Wur barmhertyghe lude am doedtbedde lyggen,
denn armen ychteswes vorschaffende yn ge-
meynen kysten, schall alse eyn gudt werk van
eyn ydermanne unvorhyndert blyven.
Van kerckenguderen.
Der kercken guderen synth mannygerley, alse
lane yn der patten, de dorch affsterventh der pre-
staten vaceren. Der moghen ethlyke synn de jure
patronatus, etlyke fray yn des ersamen fades ad-
der der borgeren dispositiorm la, etlyke velychte
noch ym besyttynghe synn edder noch van denn
presteren, de ym levende synn. Hyrby ys dat ka-
landeshus ,o myt synen upkumpsten und lenen,
dar synth ock fraterniteten edder broderschop
sust yn der stadt, alle in namen enes gades-
dermst upgherycht und erdacht. In alle dussen
stucken kann men nycht up dusse wyse han-
delen. Erstlych allen presteren, dede ym levende
synn, schollen erhe lenhe erhe levedaghe nycht
entaghen warden, allene schall me one vorschaf-
fen, dat se van oren donnde und erdom laten und
sych fredelych under denn inwoneren ghemeyn
und gelych holden. Allene de jure patronatus yn
der borger hand, so se frey leddych werden,
schollen thosamende gheholden werden dorch
radesfrunde und dorch vororndenden borgeren
tho erholdynghe der predygeren, kosteren und
anderen kerchendeneren, alse scholemesteren,
organysten etc., dat de predygeren nycht uth der
armenkysten vorsorghet werden, sunder or er-
holdynghe frey besunder und affghesunderth
hebben van der armen lude kysten. Wo sych
ethlyke wolden wedderstann und de lenhe jure
patronatus sulvest tho erhen henden nemen, de
schollen frunthlych vormaneth werden, dat sul-
che guderen dorch er vorfaren edder older tho
der kercken ghebruch synth vororndenth und
byllych dar noch by blyven schollen, und schol-
len dorch er conscientien halven dat ghegeven
kerckengudt by der karcken laten blyven. Idt
war denn sake, dat dat geslechte yn armodt
queme und sulch gudt eren olderen sulvest no-
troftych weren. Alse denne kann de levhe und
byllycheyth woll dipenseren. Wo aver de patronn
yn nenen weghen solche lenhe yn gemeynen
3 Vgl. oben S. 640, Anm. 34.
39 De duplici copia verborum et return. 1512,
ein stilistisches Lehrbuch; Opp. (Clericus)
Leyden I. 1703, S. 3 ff.
4o Die erste Auflage der SprichwSrtersamrnlung
erschien 1500. Die Samrnlung wurde danach
noch stark erweitert und oft aufgelegt. Opp.
(Clericus) Leyden II. 1703.
1 In der Druckvorlage werden an dieser Stelle
schon die folgenden Kapitel genannt: Van
kerckenordenynghe, van vyrdaghen, vam
eestande, van kerckoven, van predychampte.
Die Ueberschnft: Van underholdynghe de ar-
men, wird zu Beginn des Kapitels noch ein-
real wiederholt.
ta Druckvorlage: ,,dispotionn".
42 Zur Ltineburger Kalandsbruderschaft vgl. O.
Jiirgens, S. 27,74; W. Reinecke II, S. 62 ff.;
ders., Geschichte des Ltineburger Kalands in
Jahresberichte des Museumsver. f. d. Ftirsten-
turn Liineburg 1891--95. 1896, S. 1--54. Die
reiche Bruderschaft besal in der Nihe der
Hauptkirche im Siidosten der Stadt ein ge-
riumiges Gildehaus. -- Zu den tibrigen Bru-
derschaften vgl. O. Jiirgens, S. 27, 68 f., 73 f.;
W. Reinecke II, S. 49 ff.
642
Schul- und Kirchenordnung 1531
kysten kamen laten, rnach eyn overycheyth
arnptes halven hyrynne ock tho reden und schaf-
fende hebben, dewyle schonn solche guder uth
denn henden an kerckenghebruch ghegeven
synth und sych jure patronatus allhene up ker-
ckenbruch schall strecken, overst nych datsul-
vyghe styft van tier kercken gans und gar aff-
thowenden. Doch eyn vy[ser] radt de sulvest
an eren ansprake wyll unvorhyndert laten, in
valle dat se besunder recht und orsake hadden
thorn beneficio und wolden dat beneficiurn yn
des rechten patronatus hand ghestelleth hebben.
Frey leddyghe beneficia schollen dorch vor-
ordenten radespersonen und ethlyke borgeren yn
gerneynen kysten der arbeyden dener vorordenth
werden tho entholdyghe der predygher, schole-
rnester, ghesellen, de men thor nutthe der stadt
yn universiteten studeren leth, und derghelyken
personen; wath overych ys, kann men denn
arrnen gheven, doch alle arbeyder personen er-
holdynghe schall uth dreplyken orsake nycht
under der arrnen kysten vormengeth werden.
Leddyghe lenhe edder beneficia des kalan-
deshus, de yn dispensationn dersulvyghen ka-
landes vorwanten stann 3, schollen tier arrnen
yn orhe kysten ghegeven werden sampt ande-
ten ynkarnen des kalandeshus, doch schollen
desulvyghen gaven, war nycht styftlenhe synn
der vorstorven, frey synn, soverne onhe de vor-
latynghe ordelycher ghewalt und overycheyth
ghescheen kann, dat nemand ghedrunghen verth,
dat synn dartho ghevende, dar he dat syne un-
gerne hennegyfft, wente Sanctus Paulus spryk-
keth 2. Cor. 9 [6 f.]: Woll rychlych gyfft, verth
rychlych wedder ghegeven, aver eyn ythlyker,
alse thovorne yn synem herren erweleth hefft,
nycht uth trurycheyth edder nodt, wente Godt
beleveth eyn frolych ghever. Dyth alle schall
scheen yn dispensationn tier vorordenden varn
rade und van der gherneynte, aver de beneficia,
so ane alle myddelen in e[ynes] wy[sen] rades
dispensationn stann, myth velchen se de ge-
rneyne nudt, denst und wollfarth pleghen tho
forderen, schollen und noch alleweghe yn der
hand tier overycheyt stann und de dispensation
tho christlyker bruke blyven. Item eyn overy-
cheyt schall van der borgerschopp enen diaco-
nurn erwelen, de denn arrnen yn cristlyker truwe
moghen und vyllen vorsettynghe donn.
De broderschop schollen errnaneth werden, das
se er jarlych brassenth 4 vorlaten und ant-
werden 5 dathsulwyghe gelth yn de gherneyne
kysten der armen edder derm arrnen junchfrou-
wen eres handwerkes edder arrnen ghesellen tho
vorordenen, edder wo se nycht vyllen, dat se
dat orhe wedder hennernen. Idt ys doch yn
dussem nyghen funde der brolerschopp nycht
christlych, wen men Gades worth recht ansuth,
darumme schal rne ydt gar affdonn; vente ydt
schall yn der christlyke kercke men enych bro-
derschopp alleyne smn, nornelych de ganse
christenheyth. Wy hebben Godt Vader enen
Heren und eyn erloser Christurn, enen geloven,
eyn dope, eyn hopenynghe, eyn arve, und schall
nene solche averloveschen affsunderyghe ghe-
leden werden. Men schall sych ock urnnme solche
vorendrunghen wyllen, upsetthe stucke, nychtes
fruchten yn der conscientien, wente wy twy-
velen yn nenem weghe der leven Christen, dede
ym Heren entslapen synth. Vele und mennych
synth also bestann, dat se ychtesves styften
volden tho der erhe Gades und beterynghe der
kercken, und ys also er vornernenth ghewesen;
dat se averst yn dern valle des gadesdennste
gheerreth, ys unwetende, also lofflych ghescheen,
und so men ytsunth 46 ere schryft varn erdorn
und misbruch tho der varheyth und christ-
lyken levende und gebruch ghewendeth, geschuth
nach erern styften und wyllen; vente dat ver
unchristlych, dat jernand volde segghen edder
Druckvorlage: ,,schollen stann tier arrnen...".
j/hrliches Prassen. Die Jahresfeste der be-
deutendsten Buderschaft, des Kalandes, waren
urn die Zeit des Johannis- und des Michaelis-
festes. Arn Morgen und Abend land dann ein
gemeinsames Essen im Kalandshaus statt;
vgl. XV. Reinecke II, S. 64 f.. auch ders.,
Gesch. d. Lfineburger Kalands, a. a. O. S. 32 ff.
5 _-- fiberantworten.
46 jetzund.
8o* 643
Lfineburg
holden, dat unse vorfaren ydtsunth nenen ghe-
falle edder gude wyllen scholden darvan heb-
ben, xvenn men orhe sake nacht Gades xvorde
rychteth, dat se doch sulvest ghevyslych ghe-
dann, so se gheleveth hadden dusse tydt.
Darneffen schollen alle Sondaghe de predi-
kers up denn predychstolle tho almyssen nach
dem exempel Pauli Gal. 1 [= 2, 10b 1. Cor. 16 [1 f.].
lom 15 [25--27] ernstlych vormaneth. So de pre-
dyke eyn ende hefft edder dat ampt, schollen
vorordende dener by denn kerckdoren stann, de
mylden handrekynghe tho entfangende. _Me vor-
hyndert de lude am predykenhoren und bedende,
dartho konnen de dener der armen nycht thorn
idermanne kamen und nycht eyn idermanne
tho one.
Et ys ock vor de armen, dat me de stadt yn
tve edder dre ferendel ; dele und eyn ider dele
twe redelyker menner tho vororden, xvelckor
sust de armen yn dennsulfen ferendel kennen,
wath or handel sy, und dat se alle weken am
Freydaghe edder sust an enen geleghen daghen
herummenghann yn denn armen huseren und
darsulvest der armen nodt und vesenth seen
so konnen se der armen nha gelegenheyth des
veyles deste beth und starklyke vorsorghen.
Et schollen der armen dener edder diaconi
flytlych leren, eyn thlych yn synen ferendel,
tier wandel und wesenth, wo se leven myth oren
kynderen; so kan men de almyssen deste beth
anlegghen.
Men vyndeth ock vormeten lude under denn
armen, de laten sych thodreghen, ghann slom-
lych , drunken, vorteren up enen dach, dar se
tire edder vet van schollen leven, und holden
offte lyden yn erhen huseren vordrethlyke lude.
Dat alle moth men weten und ernstlych straffen,
dat men nycht tho der sunde und godtlosen
levende helpen sterken und tho hulpe gheve. Idt
ys christlych, vyende und frunde gudt donn,
dath ys averst nycht christlych, thorn bosen
wetende hulpe und orsake gheven.
Derhalven schal men nycht steden ag, dat de
xvyfen und armen menner apenbar up der stra-
ten bedelen, devyle men er nottroft ynth hus
drecht..Men schall ock nenerley wys lyden, dat
der armen kynderen, grote junghen, grote me-
gede, yn der stadt denn gansen dach vor denn
husen sytthen und modtxvyllen dryven. Dar wer-
den boven und boxvmnen daruth, de nycht leren
alse bedelen, vul und fressych synn. Sodanne
unnutthe yolk verth yn de lenghe ener erbaren
stadt schedtlych und schenthlych daranne synn.
Darum schollen vader und moder ghedrunghen
werden, dat se ohr kynder ock darheyme by
ehrlych arbeyde beholden. So roach one er al-
myssen deste beth erxvassen; denn wo se [nicht]
wyllen horsam, tuchtych und erbethsam synn,
schal men se de hulpe beroven unde straffen.
Sanctus Paulus 1. Thym. 5 [16] wyll, dat men
modtwyllyghen armen und stark bedeleren schal
uthmusteren van der ghemeynen kysten edder
hulp, und well yn nenen weghen lyden, dat de
christlyke ghemeynt myth sterken bedeleren und
fulen, unnutten luden schall averladen werden.
Eth schllen de armen dartho ock gheholden
werden, dath se am r.vngesten des vyrdaghes
dat evangelium horen, so leren erhe krutse des
armodes deste duldygher dreghen und werden
ock danchbar Christen, und wo se dat nycht
dorm, dat men de hulpe berove und straffe.
Van kerckenordenynghe.
Erstlych darmede alles yn tier kereken ordent-
lych thogha, wo Paulus leret 1. Cot. 14 [40],
schollen de psalmen und geystlych ghesanch
nemand yn tier kercken anheven tho synghen,
er dartho vorordenth sy 0, darmede confusionn
a; Viertel.
8 _-- fippig.
9 _-- gestatten.
5o Im Kampf um die Einftihrung der Reforma-
tion hatte die luthersch gesonnene Bev61-
kerung mehrfach ihre Ueberzeugung daducch
zum Ausdruck zu bringen gesucht, daft sie
in der Kirche nach der im katholischen Geist
gehaltenen Predigt deutsche Gesge und Psal-
men anstimmte. Besonders beliebt war dabei
,,Ach Gott, vom Himmel sieh darein!" Vgl.
J. G. Bertram, S. 40 ff.; A. "Vrede, S. 115,117
ff.; O. Jfirgens, S. 87; "V. Reinecke II, S. 161 f.
644
Schul- und Kirchenordnung 1531
und ovelstand vorheven worde. Ock schollen de
scholernester und cantor dem chorghesanch
sarnpt denn organisten also rnetyghen, dat de
predyghe nych dardorch vorhynderth werde und
sych nycht dath arnpt tho langhe vorthenn, dar-
dorch men vordraten und unwyllych worde, und
schollen hyrynne dern kercheren .,1 ghehorsarn
s,vnn, wo he dath nha ghelegenheyth des daghes
ordenth. Ydt rnach ghedulden werden, dat litur-
gia, rnissa edder des Heren aventhethenth yn
ghewonthlyken klederen gheholden werden, doch
yn christlycher freyheyth, dat nycht jernand vor-
rnene, dat moste alse synn und nycht anders.
Dat evangeliurn schal ock by dem altar yn du-
descher sprake ghelych so xvoll alse de epistel
gelesen werden, unangeseen, dat narnals yarn
dern predyghestole heraff thorn anderen mall
vorlesen werth. Sust ys Porneranus ordennghe
der myssen und sacramenthe halven :2 gar woll
tho dulden, darrnede nycht alle daghe eyn 53
voranderynghe ghesche, tho vorbosynghe denn
entfoldyghen.
De presteren, so nhu nach affstellyghe der
offerrnyssen unlustych s,vnn, schollen se ynth
chor ghann und helpen synghen arnpt, vesper
und ander, welkor dern evangelio nycht ent-
jeghen ys; de anderen, de dath evangeliurn ho-
ten, schollen sych fredelych und ane apenbar
ergernysse holden yrn erern levende und erer
lerhe. So schollen se 5 ock nycht yn der stadt
noch vor dern dote dath evangelium lasteren,
darrnyt nycht upror, nydt und hath rnancheth
denn borgeren erwechketh werden. De predygers
schollen dat yolk vormanen, dat se der kynder
dope nycht vorsumen offte vorthyghen wyllen,
alse yn ethlyken orden unchristlich gheschuth,
und schollen onhe des hyllyghens dopens nha
vorrnoghe myth ernste vorklaren.
De predygers schollen alle er predyghen myth
guder ordenynghe up dusse dre stucke, nornlych
u..p de 10 ghebade, 12 stucke des christlyken ghe-
loven .,, dat Vader unse, thenn, darrnede den
entfoldyghen dusse dre stucke grunthlych woll
leren und alle predyghen deste lutther beholden
rnoghen.
Cat echismu s.:':'a
De eyn dener yn der kercken schall stedt-
lykes denn cathechisrnurn predyghen lycht und
vorstentlych, und wan de uth ys, van voren wed-
der anheven.
Item de predygher schal yn ener yderen pre-
dyghen myth grotern ernste dat yolk errnanen,
dat se bydden vor alle overycheyth, vor eyrie
stadt, vor alle kranken, swachlovyghen und vor
unse vyende und vor alle rnynschen, dat Godt
de alrnechtyghe uns alle eynen rechten gheloven
yn Jesurn Christurn gheve, yn synern evangelio,
dat wy rechte Christen rnoghen werden und
also vorvachten .':, dat he urnrne Christus wyllen
synn gnade vorlenhe, und dath Godt tydtlych
frede und frucht des veldes wyll bewaren etc.
He schall ock vaken myth sunderlyken flyte
anthenn, wo erntlych und flytych men beden
schall, xvath eyn recht ghebedt sy und wath ydt
vorrnach, und myth schryften unde exemplen de
lude reysen tho dern bede und se 57 waken straf-
fen umme er undanchnarnes wyllen, dat se so
weynych beden unde or k}nder ock nycht thorn
thernlyken bede holden. De predygers schollen
ock, so vele rnoghelych xvere, arn werkeldaghe
er serrnonn gheordenthlych ghestelleth hebben,
dat he nycht aver eyn stunde predyghe, darmede
nernand vordraten und also van der predig aff-
gheschrecketh werde.
Van vyrdahen.
Und dewyle nycht so groth van noden ys,
alse treulyke und flythlyke owynghe yn dern
worde Gades, alse yn der sele spyse, schall [men]
51 _-- Kirchherren
52 Vgl. oben S. 405 ff.
53 Druckvorlage : .,yrm".
5 Druckvorlage: ,,sych".
55 Vgl. oben S. 293, Anrn. 53a.
55a Druckvorlage: arn Rand
56 = ervarten.
5 Druckvorlage: ,,so".
645
Schul- und Kirchenordnung 1531
Exemplen der schryft: wy lesen ym olden te-
stamenth, dat Abraham und de patriarchen be-
grawynghe ym velde Ephrom was, Gen. 25 [9 f.],
und Luci 7 [12], do Christus der wedewen sone
erweckede vain dode, sprycket Lucas: Do Chri-
stus sych nalede 74 der stadt porten, do drocht
men denn vorstorven sone heruth, dat beschaf-
feth der frouwen Christi leef 75. Derhalven ys-
seth nene unerhe, xvente wo David [Ps 50,12]
secht, dat ertbodem ys des Heren, lycht jeman-
des vor der stadt up enem erlyken kerchove, he
lych yn Gades ertboden, dorch welckore worth
alle creatur ghesegeneth werden. Fordernysse
de ghesuntheyth: wente so de mynsche synes
lyves suntheyth dorch de luft hefft und de luft
alse eyn subtyll element den mynschen dor-
dryngeth und ym lyve grote voranderynghe ma-
keth, ock allexveghe dat ertryke in kerchoven
synes parochien openth und denn yngelaten
dampt, er uthgheyt, de luft voranderth, so ys
ydt lychtlych tho vorstann, dat unvorrottende
korper yn denn laden TM bose damp gheven,
dorch welchen yn der stadt de luft unreyne
und mynschen drade 77 vorgyftych werden, dat
alle jar stervendes noth tho besorghen ys.
Dyt alle werth christlyker begrawynghe tho
nenen nadell reken, van welckoren yn keyser-
lyken rechten, C[odex] De religi[osis] et sumpt-
[ibus] rune[rum] et quaestio [natal L[ex] 3
dig[estorum] De sepul[chro] viol[ato] 8, im ol-
den und nyghen testament alweghe erlych ys
gheredeth worden und noch gheredet verth van
allen Christen, dewyle se yn ghewysse hopynghe
der salyghen upstandynghe entslapen.
Gewygeth water und wyryck roch ;9 roach
wedder den vorstorvyghen noch levendyghen
helpen und synth doch vele lude beth tho her
enes deles eyn orsake ghewesen, dat me der
kerchoven yn denn steden vor denn fynsteren
ghehath hefft. Wyll men overst bevysen, dat an
dennsulven Christen begraven liggen, dat roach
men ock yn beter wyse donn, also men solches
edder gelyken schryft vor an der porten der
kerchoves setteth:
Der Christen epithaphium.
Christus, unse hoveth, upstandyghe und le-
venth, ys ume unse sunde wyllen eynmal ghe-
storven, overst van dem dode vedder upghe-
stann, hefft alle ghewalt ym hemmel und erden,
reghereth yn evycheyth. Nhu synn xvy ledtmathe
synes lyves und synen ghebente. Darumme love
vy dorch en ghevysse upstandyghe unses fle-
sches am jungesten daghe enes evyghen leven-
des, wente dar kumpt de stunde, dat alle, de
grave synth, werden synen stemmen horen, hyr-
van, dede gudt ghedann hebben, tho der up-
standyghe des levendes, de averst bose ghe-
dann hebben, tho der upstandyghe des ghe-
rychtes 1. Cor. 15 [52], Eph. 5 [5 f.]. Joan. 5 [28 f ]
und 11 [25f.].
Denne wor kappellen edder parrhen vor der
stadt by sekenhuseren80 weren edder sust synn
dat men predyghen und dat sacramenth reken
modt, und solche vorwaldynghe nycht enes bor-
gers alleyne, sunder des rades edder der stadt
Luneborch ys, darsulvest [schall] ock yn mathe
vo hyr yn de parrhen dat evangelium ghepre-
dygheth und dat sacrament nach dem worde
Gades ghehandelt und gebruketh xverden, dar-
mede sych nycht ene stadt myth fromden sun-
den belade, alse denn gescheghe, wo se moch-
ten und schollen denn erdom affstellen und leth
dath doch henneghan.
Item dat de spytall, se synth yn xvelches hand
se wolden, myth predyghen des hyllyghen evan-
gelium und gereky-nghe der sacrament nach Ga-
des vorde ghenochsamelych vorsorgeth werden,
und dat nemand ghestadet werde, de lude van
7a ----- sich nahte.
5 Druckvorlage: ,.Christen lyff".
z6 Lade Sarg.
----- schnell.
8 Corp. iur. civ. Cod. Just. III, 44. De religiosis
et sumptibus funerum. Ausg. v. P. Krtiger,
Th. Mommsen u. R. Schoell, Vol. II, Ed. 9,
1915, S. 148. -- Pandect. XLVII, 12, 3. De se-
pulchro violato. Dies. Ausg. Vol. I. Ed. 15,
1928, S. 836 f.
9 _-- Weihrauch.
8o Siechenhiusern.
647
Lfineburg
dem hyllyghen evangelio, dardorch wy salych
und fram werden, und der godtlyken ewyghen
warheyth tho lochen und erdom affthowenden
und tho vorforen; denn dewyle uns Godt so
gaedychlyken tho der lehre '1 des evangelions
gheropen hefft, scholle vy alse de danchbaren
also allen vlyth vorvenden, idermann an uns
thorn worde der salychmakende lehre >1 reysen
und van dem erdom voren und denn erredden
derm rechten wech wysen, denn vorforenden
vernen. Also dede Nabochdonosar, Daniel 3 [29].
de vorbodt gheweldych, dat nemand denn namen
Gades scholde lasteren. Dat hebben de konynch
ym olden testamenth, alse Asa, Jehu und an-
deren, denn erdom ghevereth und ghestraffeth.
Vorumme scholde denn nycht ym nyghen testa-
menth eyn christlyke overycheyth ghewalt heb-
ben, denn erdom, so se sulche wedderwyllen
und unchristlych unfrede maken, affthostellen
und de vorforers straffen? Dat ys ock Sunte Au-
gustinus menynghe c. 3 in Joannem 82 und 6
corrigendorum hereticocum epit. 48 83
Item devyle de lere, so wy voren, dat hyllyghe
evangelion Jesu Christi ys, dardorch vy ghe-
loven, der sunde lost tho werden und dat
ghe leventh tho erlanghen, und dusse ordina-
tionn dem evangelio ghelych und tho vorderyn-
ghe des varen gelevygen loven yn Christum, der
waren leven Gades und des negesten, alse ge-
secht ys, schall [ydt] eyndrechtichlych yn allen
parrenkercken der stadt Luneborch gheholden
wcrden. Sus vo ydt yn ener kercken anders
alse yn der anderen gheholden verth edder ych-
tesves yn ener kercken alle3-n pawestlyke
cerimonien ghebruket vorde, volgeth twydracht
der christlyke enycheyt, yn der stadt wedder-
wylie und unfrede. Dat schall me myth hoghen
vlyth, soverne alse men jumer roach und kan,
vorbeden.
Item darmyt de overycheyth, van Gade ynghe-
setteth, alle er sorghe, moghe, arbeyth, de se vor
eyn ganse stadt drecht, deste rynger werde,
schall de superadtendens eynmall ym jar tho
tier osterlyke tydt yn tier kercken thorn kleynen
hyllyghen Geyste s enem er[baren] w[ysen]
r[ade] eyn besundryghen predyghe don_n, dar-
ynne he uth godtlyker schryft gruntlych antheen
nycht alleyne, wath ener christlycher overycheyth
amptes halven nach dem gheveten ghehorth tho
dormde, sunder onhe ock tho troste vorkundy-
ghen, war eyn nuthlycht, nodych gadesghave
der overycheyth yn der werlt sy, wo 85 der ove-
rycheyth sorghe und arbeyt eyn solke groth
herlych gadesdennst und idel gude xverke synth.
vo treulych Godt de overycheyth beschutteth
und handhaveth und vat sust mer van verth-
lyken swerde yn der hyllyghen schryft steyth.
Van predychampt.
Angheseen, dat eyn predygher ane alle affec-
tionn, frey und unvorhynderth modt dat evan-
gelium predyghen und alle syne ghedanken und
arbeyth drup 86 wenden und derhalven nycht
schall noch kann der nerynghe halven de nodt-
wendyghen warheyth vorswyghen und nemand
leffkosen, schall men eyn yder predicanth
tych und hundert gulden gheren ym jar. dat he
armodes halven nycht moghe van huse tho huse
naschen edder smorotsen und umme der neryn-
ghe vyllen mennych laster unghestraffet und
mennych warheyth unghepredygheth laten. Olde,
nyghe testamenth bescheden denn predygeren
eren ghenochsam solth, und dryngeth de bylly-
cheyth, dat men denn arbeyderen underholden.
dewyle me bether tho denn leddychgengeren
und vulen unnutthe myth groter bekostynghe
und nhadell wyllych ghegeven hefft.
1 Von Rhegius' Hand eingeftigt.
82 Tractatus in Joannem XI, 14; MSL 35, 1483.
s Ep. XCIII ad Vincentium 6, 20; MSL 33, 331.
CSEL 34, 2,464 f.
81 Die Kirche zum kleinen heiligen Geist war
die Rathauskapelle, zum ersten Male
vhnt 1289. Noch vihrend des 16. Jhdts.
fiel sie einem Umbau des Rathauses zum
Opfer; vgl. W. Reinecke I, S. 48; II, S. 15.
85 Druckvorlage: ,,vor".
86 Druckvorlage: ,,donn".
648
Schul- und Kirchenordnung 1531
Doch schall de constitutionn allexveghe ynn
enes erb[aren] r[ades] und der ghemeynte hand
starm, tho voranderen, wo dat byllycheyth vor-
dert, nha ghelegenheyth, gheschyclycheyth und
notroft des predygers, dewyll of re kunst, fleyth,
arbeyth und treu edder notroft by denn predy-
geren ungelych ys.
Wo der predicanten eyner dat gadesworth
myt synen gnaden vorhoede, ym levende edder
yn der ler sych vorgrepe unde unrecht handel-
delde [!] tho der ergernysse der christlyke ghe-
meynte, schal one de superadtendens ernstlych
und treulych nha christlyker ordenynghe vor-
manen, hefft he schaden ghedann, dennsulvy-
ghen tha vorgelden. Wo he sulche vormanynghe
vorachteth, schal de superadtendens und dre
borger myth ome vor de overycheyth ghann
und one daran klagen und straffen. Wo he overt
solches alles vorachteth und sych nycht wyll
underwysen laten, schall he affghesetteth wer-
den van dem predychampt und van der christ-
lycke ghemeynte alse untuchtych vorwesen wer-
den; wente dat predychampt ys, dat reyne evan-
gelion predyghen, darnha leven und darnha alle
dynch donn trod lyden tho der ehr Christi und
tho beterynghe der christenheyt.
Derhalven schall neen predyger tho der parrhe
edder predychampt upghenamen werden, he
hebbe denn loffwerdyghe luden tuchenysse, dat
he yn synem stande christlych geleveth und ge-
lereth hebbe, und dorch denn superadtenden-
ten examinereth und anderen dartho vorordenth
und tho solchen groten ampte ghenochsam er-
funden werde; wente alse eyn fram gelerth
predygher de recht werktuch christlycher fram-
mycheyth, frede, enycheyt und alles guden tho
forderen trod tho erholden, also ys eyn bose,
ungelerde eyn werktuch des regenten der du-
sternysse, tho vordtmkeren und uthloschen
christlyker framheyth, tucht und erbarheyth und
unfrede twyschen frede und alles ungelucken
tho erweckende, und wo vele an dusser sake
gheleghen ys, hefft men dorch erfarynghe it-
sunth vor oghen woll gelereth Darumme secht
Paulus synem Tymotheo 1 Tym. 4 [12 f.]: Sy eyn
vorbylde denn ghelovyghen yn dem worde, ym
wandel, yn der leve, ym geyste, ym gheloven,
yn der kusheyth, holt an myt lesen, myt er-
manen, myt leren, und 1. Thira. 2 [2. Tim 2,1f.]
lereth und vormanet he Thymotheum synes amp-
tes halven also: So [sy] sterkedudoch nhu. mynn
sonn, dorch de gnade yn Jesu Christo, und wat
du van my horeth hefft dorch de ghetughen,
dat bevele ; truwen mynschen, de dar tuch-
tych synth, ock anderen tho leren. 1. Thym. 3 [2]
ghebuth Paulus: Eyn bischop schal synn ghe-
schycketh tho lerende. Lucas Actor. 1 [1] spryk-
keth: Christus heveth an tho donnde und tho
lerende; dat donth gheyt vor dat lerenth hyrnha;
dat schall ock eyn framer predygher donn, edder
aver vath he buxveth myth der lere, dat bryk-
ket he wedder myth dem bosen levende.
Dusse ordinationn hebbe yck, Urbanus Rhe-
gius, der hyllyghenn schryft doctor und parner
tho Zelle, up borgherbeghere der lofflyken stadt
Luneborch tho der erhe Christi, unses enyghen
heylandes, und tho beterynghe der christlyken
vorsammelynghe darsulvest begrepen, myt ert-
bedyghen, wo eyn artykel edder mher. tho vor-
hoden allen mystvorstand, erklarynghe bedorfte
und voranderynghe der handel, personen und
gelegenheyt der tydt ichteswes, war tho edder
darvan tho donnde van noden were, of f re ock
jemandes ethlyke edder alle articulen dusser
schryft understunde tho calumnieren, dat alse
define wyllych und bereyt syn wyll, der saken
tho raden und dorch Gades gnaden und hulpe
dusse ordinationn muntlych edder schryftlych
myt unvorwyslyker rekenschop tho vodege-
dynghen.
9. Junii a Christo nato 1531
Luneburgi in Saxonibus. 88
87 Druckvorlage: ,,bewele yck".
88 Datum und Ort yon Urbanus Rhegius eigen-
hindig geschrieben.
649
Kirchenordnung 1575
las in Bardewiek 15, welche kirchen derselbe
erbar, hochw[eyse] radt bifi daher stets mit
duchtigen und geschickten kirchendienern mit
radt des ministerii bestellet und vorsorget (dan
S. Michels kirchen 16 bestellen die herren des
klosters mit solchen personen, so mit dem mi-
nisterio pium consensum fovieren wollen), nicht
vorgonnet oder gestattet, das sich jemand dar-
ein ohne vorwissen und bewilligung des wort-
haltenden burgermeisters und superintendenten
exercieren oder offentlichen pro concione hSren
lassen mugen, und seind grosse und gewisse ur-
sachen vorhanden, worumb man solchen ge-
brauch mit allem vleisse billich behelt und nicht
leichtlich lest fallen.
II. caput.
De legitimae vocationis processu.
Und als auch vieler bedenklichen ursachen hal-
ben zu diesem hochwirdigen ampte, dadurch Got-
tes ehre sonderlich befurdert, sein reich uff
erden bestetiget, eine heilige christliche kirche
gesamlet und die menschen zum ewigen leben
beruffen und geweiset werden, nicht ohne ge-
wissen unterscheid iderman, sondern alleine
solche personen bestalt und beruffen werden
sollen, welche die reine lehre des heiligen, salig-
machenden worts erstlich vor sich selbst recht
vorstehen und grundlich gelernet haben, damit
sie die zuhSrer nicht auf bSse, sondern alleine
auf gute und gesunde weyde fuhren konnen,
wie daher Godt der almechtige die heiligen pro-
pheten in dem alten testament selbst, ehe ehr
ihnen zu predigen befholen, entweder durch son-
derliche offenbarungen geleret oder sonsten zur
schule gehalten und der Herr Christus seine
liebe apostolen und junger, ehe ehr sie zu lehren
in die ganze welt ausgesandt, in die viertehalb
jahr lang selbst durch viele und mennigerley
predigten aufs allergetreuligste und vleissigste
unterwiesen. Es haben auch die lieben apostolen
einen von den mermeren, so die ganze zeit uber,
welche der Herr Christ-us von der taufe Jo-
hannis ahn bis uff den tag seiner himmelfart
unter ihnen aus und eingegangen, bey ihnen ge-
wesen, seine predigten geh6ret und wunder-
werke nebenst ihnen gesehen, in des vorreters
Judae stette zum zeugen seiner auferstandung
genommen [Act 1,21 f.], ja, sie haben auch von
ihren discipelen alleine diejermen, so die reine
lehre richtig yon ihnen gefasset, alse den Ste-
phanum und Philippum, wie auch der Paulus
den Timotheum, so uon kind auf die heiligen
schrift geleret, ahn ihre stedte zu predigen vor-
ordnet. Weil es auch vonn6ten, das die diener
des worts nach der gesun4en lehre selbst, so-
viel immer muglich tst, unstrefflich leben, da-
mit sie nicht mit der einen hand bauen und mit
der andern widerumb einreissen, sondern viel-
mehr rechte furbilder der herde Christi sein
konnen, wie der heilige apostel Paulus 1. Timot.
3. cap. [1 ff.] derowegen erfurdert, das ein bisschoff
unstrefflich sein etc. und unter andern auch ein
gutt gezeugnus haben solle yon denen, die dar-
aussen seind, auf das ehr dem lesterer nicht in
die schmacheit und stricke falle, auch dieB dar-
zu geh6ret, das ehr von dem lieben Gotte mit
den gaben begnadet sey, das ehr andere leute
widderumb cure fructu unterweysen, vormah-
nen und lehren kan, wie der heilige apostel
Paulus [1. Tim 3,2] in dem vorangezeigten orte
unter andern erfurdert, das ehr auch lehrhaftig
sein solle :
1. So hat man sich bis daher, so oft es die nott
erfurdert, stets mit sonderm vleisse nach gueten,
bekanten, unvordechtigen und unberuchtigeden
personen umbgethon, dieselben auch, ehe man
sie zu solchem hochwirdigen ampte genzlichen
15 Kapelle des stidtischen Leprosenhauses, vgl.
O. Jtirgens, S. 27; E. Zechlin, S. 8, 50; W.
Reinecke I, S. 48.
le, Kirche des Benediktinerklosters im Nordwesten
der Stadt. Das Kloster war 955 yon Hermann
und Amelung Billung auf halber HShe des
Kalkberges gegrfindet worden, die Kirche
diente dem Herzogshaus als Begribnisstitte.
Nachdem Burg und Kloster 1371 zerstOrt
worden waren, wurden Kloster und Kirche
1373 weiter 5stlich innerhalb der neugezoge-
hen Stadtmauer wieder erbaut. V_gl. J. G.
Bertram, S. 14 ff.; O. Jtirgens, S. 26; W.
Reinecke I, S. 16 f., 47 f., 134 ff.
653
Lfineburg
damit der ganzen gemeine angezeigt und vor-
kundiget werde, wie dieselbe persone, welche da
also offenthchen vorgestellet wird, von Gott
almechtigen ordentlicherweyse durch die ge-
burliche obrigkeit zu dem heiligen predigampte
beruffen und der ursachen halben nicht anders
als der Aaron, nachdem ehr auch von Gott zum
hohenpriesterlichen ampte bey den Israeliten
beruffen gewesen, Exodi 29. cap. [4 ff.|, der gan-
zen gemeine vorgestellet worden ist, 3. das sie
ihne, wie die Israeliten dem Aaron haben thuen
mussen, vor ihren seelsorger annemen und sich
befholen sein lassen, vor ihne vleissig bitten und
nach seiner lehre sich getreulich richten sollen,
wie der heilige Geist auch der ursachen halben,
Acto. 9. cap. |10 ff.] den lieben Paulum, nachdem
ehr vom hohen himmel herunter zu dem ampte
beruffen, der gemeine zu Damasco durch den
Ananiam als der heiden apostel und lehrer hat
vorstellen und befhelen lassen. 4. wird damit der
ordinandus auch seines ampts offentlich vor der
ganzen gemeine erinnert und vormeldet, was er
lauth der vorgelesenen texte bey der gemeine zu
thun schuldig ist, 5. das sich der ordinandus
auch dazu vor der ganzen gemeine offentlich
bekenne, pflegt man ihne zu fragende, ob ehr sol-
chem allem, davon die obgemelten texte reden,
getreulichen also nachzukommende willens, dar-
auf ehr dan mit dem offentlichen ja Deo et eccle-
siae fidem et diligentiam suam muB promittie-
ren und zusagen, 6. auf solchs ja geschicht die
impositio manuum ab omnibus verbi ministris,
damit sie von dem lieben getreuen Godt wun-
schen und bitten, das ehr ihne in solchem christ-
lichen und guten vornhemen nicht alleine gne-
diglichen bestetigen, sondern auch seinen hei-
ligen Geist verleihen wolle, das zur ehre Gotts,
der kirchen bestes und vieler leut ewigen heil
und seligkeit viel guts dadurch geschaffet wer-
den rouge, wie der liebe S. Paulus 1. Timoth.
4 [14] bezeuget, das der Timotheus durch auf-
legung seiner hende den heiligen Geist und die
gabe der prophetie empfangen habe. 7. Und da-
mit die zuhSrer wissen mugen, vas die aug
legung der hende vor eine ceremonia sey und
was sie bedeut3, so pflegt man auch davon wolI
kurze erinnerung zu thuen, und das sie auch
ihre votum hinzuthuen, das Vater unser sampt
dem gebete D. Martini Lutheri 32 zu sprechen
und ihme damit zu befhelende, das ehr hin-
gehe und weide die herde Christi, so ehr mit
seinem bluete erworben hat, mit sprechung des
segens Benedicat tibi Dominus, ut facias fruc-
turn multum. Amen, 8. worauf der ordinator an-
fengt zu singende: Nun bitten wir den heiligen
Geist etc. 33, und wird darnegst das ampt der
messe dergestalt gehaltem das einer von den
dieneren des worts in geburlichen amptkleidern
vor das hohe altar tridt, singet das Vater unser
und darauf die verba institutionis coenae domi-
nicae, da den der itzt gerdinirter diener sampt
andern, denens geliebet, zur communion gehet,
das ehr in solchem heiligen werke sich mit dern
Hern voreinige, und was zuvor gebeten worden
ist, wirklichen erlangen muge.
Nach geschehener ordination praesentieret der
superintendens solchen neuen diener dem gan-
zen ministerio und bittt, das es ihm die Leges
ministerii TM zu gelegener zeit vorlesen, ihne
sich zu denselben bekennen und obligieren lasse,
ad colloquia mit gestatten und in allen pro con-
fratre annhemen und halten wolle.
Caput IV.
Von den predigten, so das ganze jhar uber
gewontlich geschehen, und yon den cere-
monien, so dabei gehalten werden.
Obwoll (wie der erwirdiger herr Doct. Mar-
tinus Lutherus an die in Liefflandt schreibet 34)
die eusserlichen weysen frey seind und dera
glauben nach zu rechnen, mit gutem gewkssen
mugen ahn allen often, zu aller stunde, dutch
alle personen geendert werden, so erforderts
doch die liebe des negsten, umb allerley erger-
3- ,,Barmherziger Oott, himmlischer Vater"; WA
38, S. 429 f.; Hbfling, S. 142 ff.
33 Wackernagel III, Nr. 28. Ev. Kgb. Nr. 99.
33 Vgl. Text Nr. 3.
34 WA 18, S. 419.
656
Kirchenordnung 1575
nusse willen zu vormeiden, das nach der lehre
Pauli in der gemeine Gottes alle ding rein er-
barlich und ordentlich zugehe [1. K 14, 40], da-
mit nicht mehr zurissen dan erbauet xverde.
Darumb helt mans hie in diesen kirchen mit
solchen dingen wie folgt:
Des Sonnabendes thuet man umb halbwegen
zweyen zu S. Johanse, zu S. Lambert, zu S.
Nicolaus 35 eine halbe stunde b umb zwei
schlegen aus dem catechismo eine vormhanung
denen, so des folgendes tages zum hochwirdi-
gen sacrament gehen wollen, und wird ihnen
eine gewisse forma confessionis nicht darumb,
das sie alle daran gebunden sein sollen, sondern
das die einfeltigen eine gewisse anleitunge ha-
ben m6gen, vorgelesen vie folgt:
Forma confessionis.
Ich armer sundiger mensche bekenne vor Gott
und euch in Gottes stedte, das ich nicht alleine
in sunden entfangen und geboren bin, sunder
auch die zehen gebott Gottes, meines Herrn, mit
gedanken, worten und werken vielfaltigerweyse
ubertretten habe, dan ich beliebe, glaube und
vortraue Godt nicht von ganzem herzen, ich
lobe, preise und danke ihme nicht so vleissig
vor seine unzellige gnade und wolthaten, als
ich woll thuen solte, sunder lestere, fluche und
schvere oftmals vorgeblich bey seinem heiligen
nhamen, ich h6re nicht so vleissig Gottes wort
und gehe nicht so oft zum hochwirdigen sacra-
mente, alse ich billig thuen solte, sondern vor-
seume es oftmals leichtfertigerweyse, bin auch
meinen eltern, obrigkeit, herren und frauennicht
gehorsam gewesen, babe mit meinem negsten
gez6rnet, bin in worten und werken unzuchtig,
habe meinem negsten schaden lassen gesche-
hen, achterredet, felschlich belogen, sein gutes
gerucht abgeschnitten und das seine oftmals be-
geret etc. Ich weig auch, das Gott solcher sunden
und ubertrettung von herzen gram und feind
ist, dieselben hasset und ernstlich straffen will
in den unbugfertigen. Mir aber ist solches al-
zumhale yon grund meines herzen leid und be-
ruffe mich auf die grundlose barmherzigkeit
Gottes, die da grSsser ist als der ganzen welt
sunde, und uff das reiche vordienst meines
Hern und erlbsers Jesu Christi, welchs eine
gnugsame bezhalunge ist vor aller menschen
sunde uff erden, und uff die grosse guttigkeit
des heiligen Geistes und gleube vestiglich, das
Gott reich aus lauter gnaden annhemen und umb
Christi willen mir meine sunde vorgeben wolle.
Begere derhalben solchen meinen doch schwa-
chen glauben yon solcher gnadenreichen vor-
gebung der sunden mit dem wahren leibe und
theurem blute Christi zu sterken, und bitte, ihr
als ein diener Christi, deme das ampt der
schlussel befholen ist, wollet mir ahn seiner
stette vorgebung der sunden ansagen und vor-
kundigen und mit Gottes worte trSsten, damit
ich das hochvirdige sacrament wirdiglichen
empfangen mbge; dan ich vorhoffe hinfurder
die sunde mit hohem vleisse zu vormeiden und
mein sundliches leben vormittelst gottlicher
gnade und hulfe und mit virkung des heiligen
Geistes zu besseren.
Eine kurze form der bicht.
Ieh armer sunder bekenne vor Gott und euch
in Gottes stedte, das ieh in sunden empfangen
und geboren bin und die gebott Gottes mit ge-
danken, worten und werken vielfaltigerweyse
ubergetreten babe, und weig, das Godt der
sunden yon herzen feind ist und dieselbige ernst-
lich straffen will in allen unbusfertigen. Mir
aber seind alle meine sunde yon grund meines
herzen leid und beruffe reich uff die grundlose
barmherzigkeit Gottes des Vaters, uff das grosse
vordienst seines lieben Sohns Jesu Christi und
uff die giitigkeit des heiligen Geistes undglaube
vestiglich, das Gott mir aus lauter gnaden
meine sunde umb Christi willen vorgeben wSlle
Darumb begehre ich solchen meinen glauben mit
dem wahren leibe und theurem blute Christi zu
sterken und bitte, ihr wollen mir ahn Gottes
35 Vgl. S. 652, Anm. 10--12.
657
Ltineburg
Sanctus, darnegst singt der priester vor dem
altare das Vater unser und die wort von der
einsetzung des abentmals Jesu Christi teutsch.
Nachdem die wort des testaments gesungen
seind, communicieret man das yolk mit beyder
gestalt nach de einsetzung des Herrn Christi und
nicht anders. Unter der communion singt man,
weil sie wehret, der nachgesetzten gesenge eine
oder mehr, darnach viel der communicanten
sein: Jesus Christus, unser heiland 53 etc., Godt
sey gelobet ' etc., Agnus Dei :-,5 oder O lamb
(ottes unschuldig 5; etc.
Da es sich auch begibt, das der diener, so das
ampt der messen helt, nicht brods oder xveins
gnug genommen, sondern inter commtmicandum
aim der beyder eins etwas mangelt, so nimbt
chr desselben elements, welchs gemangelt hat..
soviel als noch nStig ist, und spricht daruber
die wort der einsetzung Christi, so zu demsel-
ben element gehSren, und gibts darnach den
naclstendigen 5; communicanten. Non enim ad-
dendum est non consecratum consecrato, ut fiat
consecratum, ut quidam 58 volunt, sed potius
elementa rite consecrata danda strut 59 populo.
So auch nach geschehener communion etwas yon
brodt oder wein ubrig bleibet, so wirt dasselbe
nicht xviderumb zu dem andern gemeinen brodt
oder xvein gethon oder weggesetzet, son.Jern xvird
yon dem diener, so das ampt vorrichtet, ge-
nossen oder den andern commtmicanten nach
gelegenheit gegeben.
Nach der communion wird die collecta ge-
sungen: Wit danken dir, almechtiger Herr
Godt 60 etc.
Benedictio gegen dem volke.
Der Herr segne dich und behfite dich etc.
An Sondaen und hohen iesten.
Leutet man umb eilf schlegen zu S. Lambert
widerumb zur predigt und wird daselbst ser-
mon yon zwolfen bis umb eins. Darnach hebet
man zum heiligen Geiste und zu S. Johans umb
eins die vesper ahn und wird daselbst zu S. Jo-
hans yon zwei bis umb drey schlegen die son-
tagsepistel gepredigt. Zu S. Michel singt man
vesper yon zwei bis umb drei etc. und wird
gleichsfals daselbst zu dreyvierteil van einer
stunde die epistel gepredigt.
Von den besondern iesten oder fiertagen,
so man das ihar uber helt.
Uber die gemeine Sontage werden mit son-
derer reverenz und andacht gehalten die hohen
heuptfest des Herrn Christi, als da seind der tag
nativitatis Christi sampt den andern und dritten
folgenden. -- Der tag circumcisionis oder be-
schneidung Christi':1 oder neuxvjahrstagk. -- Der
tag epiphaniae, das ist der erscheinung oder
offenbarung Christi, den man nennet der hei-
ligen drey kSnig tagk. -- Der tag der opferung
Christi im tempel, genant purificationis Mariae
oder leichtmestagk 62. __ Der tag annunciationis
oder vorkundigung Mariae 63 Pascae sampt
den beyden folgenden tagen. -- Item ascensionis.
-- Item Pfingsten sampt den beyden folgenden
tagen. -- Der tag nativitatis Johannis, des hei-
ligen teufers. -- Der tag visitationis Mariae oder
Marien berggangstagk 4 -- Der tag Michaelis.
Auf diese feste helt man die ordnung der lec-
tion, gesenge, predigten und communion, die ahn
den gemeinen Sontagen gehalten wird, allein das
die introitus, sequenz und praefationes de tern-
pore, die darauf geh6ren, gesungen werden, item
die alte deutsche gesenge, als auf nativitatis:
53 Wackernagel III, Nr. 10. Ev. Kgb. Nr. 154.
5 Wackernagel III, Nr. 11. Ev. Kgb. Nr. 163.
55 Vgl. Rbm. Melbuch, Canon Missae, S. 481.
Ev. Kgb. Nr. 136.
5,; WackernageI III, Nr. 619 ff. Ev. Kgb. Nr. 55.
5; fibrigen.
.,s j. G. Bertram, Beylagen, S. 464: alii.
59 j. G. Bertram, a.a.O.: simul.
60 Vgl. Luther, Deutsche Messe. 1526; Sehling I,
S. 16.
,;1 1. Januar.
62 2. Februar.
63 25. Mrz.
64 2. Juli.
660
Liineburg
evangelisten. Den Montag zu S. Lambert die-
selbe aus einem evangelisten, den Donnerstag
daselbst das 53. cap. Esaiae, den Dingstag
zu S. Niclas das 17. cap. Johannis von dem
gebete Christi, auch vorwechselt man diese
materien woll und nimbt des einen jars das 53.
cap. Esaiae auf den Dingstag und das 17. cap.
Johannis oder die historien passionis aus einem
evangelisten auf den Donnerstag.
In der stillen woche, die man die marter-
voche nennet, predigt man den Montag zu S.
Niclas von sechs bis um sieben und zu S. Lam-
berte von achten bis umb neun, den Dingstag zu
S. Lamberte von sechsen bis umb sieben und
zu S. Niclas von achten bis umb neun, den Mit-
wochen zu S. Johannis und zu S. Michel von
achten bis umb neun, den Donnerstag von ach-
ten bis umb neun in allen kirchen yon dem
abentmal des Hern, den Freytag yon sechsen
bis umb sieben zu S. Lambert und zu S. Niclas
und von sieben bis umb achten zum grossen hei-
ligen Geiste und yon achten bis umb neun zu
S. Johanse und zu S. Michel. An dem guten Don-
nerstage helt man auch das abentmhal des Hern
in allen kirchen, desgleichen thuet man auch
den Freitag zu S. Johanse und den Sonnabent in
allen kirchen, ausgenommen zu S. Michel und
zum grossen heiligen Geiste.
Den Osterabend predigt man in allen kirchen
yon dem begrebnus Christi, ausgenommen zum
grossen heiligen Geiste.
Den Mittwochen in den Ostern predigt man
zu S. Johanse das evangelion Johan. 21. cap.
[1 ff.]: Da off, enbarete sich Jesus abermals ahn
dem mehre Tyberiadis etc., den Donnerstag
nimpt man das evangelion Joharmis 20 [11]:
Maria aber stund vor dem grabe und einet
draussen, den Freitag das evangelion Matt. 28.
cap. [16 ff.]: Aber die lieben jungern gingen hin
in Galileam auf einen berg, dahin sie Jesus be-
scheiden hatte, usque ad finem capitis.
In der bettelwoche ss lest man den Montag,
Dingstag und Mittwochen die gewontliche ma-
terien anstehen und predigt von dem gebete
und wird allenthalben nach der predigt die li-
tania sampt ener collecten und dem: Erhalt uns
Herr etc. gesungen.
V. caput.
Von der teuIe.
Well die heiligo teufe von unserm Herrn Jesu
Christo selbst eingesetzet und das fundament
unsers christlichen glaubens ist und wir dadurch
der heiligen christlichen kitchen selbst einge-
leibet werden und demnach billich und recht
ist, das dieselbige ehrlich, mit grosset solemni-
tet und andacht in beisein vieler Christen ge-
halten werde, damit andere leute ihrer teufe
und der hohen gaben Gotts, als der vorgebung
der sunde, der kindschaft Godts und der ewi-
gen seligkeit, die ehr dadurch den menschen
mittheilet, erirmert, auch zum gebett vor die
kindelein, so getauft, vormanet werden, so ists
allewege hie also gehalten worden, das man die
hillige taufe nicht im winkel oder heimlich, son-
dern in facie ecclesiae vorrichtet und volgen-
der gestalt damit umbgangen ist: Erstlich thuet
der diener Gotts, so das ampt vorrichten soil,
eine kurze erinnerung von dem erbarmlichen
fall Adae und der erbsunde, darinne wir alle
geboren worden, sampt vormeldung des grossen
und ernstlichen zorns Gottes widder die sunde,
dadurch wir alle unserenthalben musten ewig-
lich vordampt und vorloren sein unfl pleiben,
zum andern yon der grundlosen grossen barm-
herzigkeit Gotts, der da uns seinen eingeboren
Sohn, unsern Herrn und heiland Jesum Chri-
stum, gegeben, welcher unsere vordorbene natur
und vordambte fleisch und blurt ahn sich ge-
nommen, ein opfer vor unser und der ganzen
welt sunde geworden etc. und derowegen nun das
heilige predigtampt in der xvelt vorordnet, das
dadurch alle menschen zu solcher gemeinschaft
der gutter Christi beruffen xverden sollen, auch
die heilige teufe eingesetzt, das vir dadurch der
heiligen christlichen kirchen eingeleibet und
ss Vgl. oben S. 154, Anm. 62.
664
Lfineburg
fechtungen und anliegen desto gewisser zu trS-
sten habe.
3. Zum letzten auch umb der gemeine Gottes
willen, auf das die durch solche offentliche be-
stettigung der nothtaufe, so yon frauen gescheo
hen, erinnert werde, das man in den heiligen
sacramenten fur allen dingen achtung geben
solle auf die einsetzung Jesu Christi, und da die-
selbige gehalten wird, da sey ahn den sacramen-
ten und ihrer kraft nicht zu zxveifeln dan die
sacramenta ja nicht gebunden an sonderliche 5r-
ter, stand, condition, wirdigkeit und unwirdig-
keit der personen oder an andere auswendige
circurnstantias, sondern allein uff die einset-
zung des Hem Jesu Christi und uff Gottes be-
fhelich und zusage.
Umb dieser jetztermelten und derselben glei-
chen ursache willen sollen biIlich auch nach
empfangener nothtaufe die kindlein, wen sie im
leben bleiben, in die kirchen und vorsamblung
der gemeine gebracht werden.
Und wen dasselbige geschicht, aldan soll man
mit ihnen umbgehen wie volget:
Zum ersten soll man diejennen, so das kind
zur taufe bringen, fragen wie folget 1. Ist das
kind getauft? Antwort: Jha. 2. Womit ists ge-
tauft? Antwort: Mit wasser. 3. Wer hats ge-
tauft? Antwort: N. 4. Wie ist es getauft? Ant-
wort: In dem nhamen des Vatters und des Sons
und des heiligen Geistes. 5. Was hat es vor
einen nhamen? Antwort: N. 6. Was vor per-
sonen seind dabey gewesen, die es gesehen und
gehSret haben? Antwort: N.. N., N., N., N. etc.
Dieweile dan nun. lieben Christen, di kind
x on wegen seines lebens gefhare, wie wir jetz-
und glaubwirdig berichtet und gehSret, die
nothtaufe mit dem zeichen und worte, so Chri-
stus darzu vorordnet, unl das wesen, die taufe
belangend, empfangen hat so will sichs nicht
eigen oder geburen, ist auch nicht nStig, das kind
noch einmhal zu teufen. Es wehre auch wider
Godt und die ganze heilige schrift, dieweil S.
Paulus spricht Ephe. 4. cap. [5. 6], das wir nicht
alleine einen Herrn. einen glauben und einen
Godt und Vatter haben, der da ist uber alle,
durch alle und in uns allen, sundern das wir
auch alle eine taufe haben, wormit wit ein-
mhal Christen zur seligkeit getauft werden. Wir
sollen das auch gewi sein und darahn nicht
zweifeln, das dies kind recht und gnugsam ge-
tauft sey, so es auch schon eilich nach der
empfangenen nothteufe gestorben wehre, unan-
gesehen der person, so es getauft hat, auch der
stedte, da es getauft ist; dan die heilige taufe
hat ihre kraft nicht yon wegen der personen
oder stedte, sonder des wortes Gottes, seines
befhelichs und einsetzunge. Dieweile aber diea
kind der ursachen halben hie zu der kirchen
ahn diese stette ist gebracht, das erstlich die
kirche seiner teufe mochte vorgewissert sein etc.,
zum andern auch die teufe dutch die gefatteren
und andere hie gegenwertige personen mochte
bezeuget werden, und zum dritten des kindes
underschiedliche nhame mochte erkant und be-
stetiget werden, so wollen wit erstlich Godt
dem Vatter aller barmherzigkeit und gnaden ge-
treulichen von herzen durch Christum danken, das
ehr dies kind zu seiner teufe hat kommen las-
sen, und sprechen mit demutigem und wahrem
glauben das gebett, so uns Christus selber hat
beten leren und sagen: Vater unser, der du bist
in dem himmel etc. Dieweil wir abet auch des-
sen gewi sein, das Godt die kind dutch die
taufe zu seiner gnaden hat angenommen, so
wollen wir auch veiter bitten, das ehr die an-
gefangene gnade in demselbigen wolle vor-
mheren und zu der rechten frommigkeit und ewi-
gen seligkeit bestendig erhalten wolle, und dem-
nach die nachfolgendes gebett sprechen und
sagen: Almechtiger, ewiger Godt, Vatter unsers
Herrn und heilandes Jesu Christi, der du durch
die sintfluth nach deinem gestrengen gerichte
die ungeleubige welt vordammet und den gleu-
bigen Noah selbachte nach deiner grossenbarm-
herzigkeit erhalten und den vorstocketen pha-
rao mit allen den seinen im Roten Mehre vor-
seufet und dein yolk Israel trucken hindurch ge-
fuhret hat, dmit die bad deiner heiligen teufe
deines lieben Sohns, unsers Hem Jesu Christi,
den Jordan und alle wasser zu einer sehligen
sintflus [!] und reichlichen abwasschung der sun-
den geheiliget und eingesetzet, wir bitten dich
666
Ltineburg
zum dritten, das die bestalten nicht unbeeidet
zugelssen werden,
und zum vierden, so oft eine oder mehr an-
genohmmen oder bestalt wurden tmd sich mit
ihrem eide zu solchem ampte vorpflichtet, das
sie alsdan zum superintendenten gesandt wer-
den mugen, auf das ehr sie ahnstadt des mini-
sterii desselben aufs allervleissigste erinnere
und zu getreuem vleisse laut einer sonderlichen
vornotelung, so zu der behueff bey demselben in
vorwahrung ist. vormhane, und wie sie sich in
allen zufallen christlich vorhalten sollen, be-
lehre und insonderheit vleissig underrichte, wie
sie sich in der zeit der noth mit der teufe vorhal-
ten sollen, damit in dem falie auch nichts geschehe,
alas unchristlich oder jemands ergerlich sey.
Als nemblich zum ersten, das sie ja nicht
leichtlich ohne hochdringende noth zur noth-
teufe eilen oder greifen sollen, sondern sich. so-
viel als moglich und die gelegenheit immer er-
leiden kan, bevleissigen, mit dem furderligsten
das geboren kindelein in die kirche zu bringen,
damit es vor der gemeine offentlich getauft wer-
den mSge.
Zum andern, so das kind gefhare halben nicht
in die kirchen gebracht werden kan, sondern ja
eilends im hause getauft xverden muir, das sie,
sofern es immer geschehen kan, einen kir-
chendiener dazu erforderen, der es im hause teu-
fen moge.
Zum dritten, soferne man in der eile keinen
kirchendiener, der es im hause taufe, haben kan,
sondern zu besorgen, das das kind, ehe man
einen darzu erfordern konte, sterben mochte,
ds alsdan die frauen, so cla vorhanden sein,
ein person, drey, vier, funf, sechs oder mehr,
Godt im himmel anruffen sollen und das kind,
so getauft werden soil, in seine zugesagte gna-
den durch ein herzgrundliches gebet befhelen
und darnach wasser nhemen und das kindlein
damit teufen im nhamen des Vatters, des Sohns
und des heiligen Geistes. Amen. Auch nicht
zxveifeln, das kind sey recht getauft, xveil es
nach Christi befhell getauft worden.
Zum vierden, das man es dabey nicht schlech-
tes pleiben lssen, sondern das kind, welchs
also in dem huse mder noth getauft worden,
sofern es im leben bleibet, gleichwoll darnach,
wie oben von tier nothteufe vormeldet worden,
mit dem furderligsten in die kirche bringen soll.
Zum funften, das sie in tier zeit der noth, da
es mit der geburt schwerlich felt und auch zu
befruchten, das die frucht nicht lebendig zur
welt kommen mochte, dennoch mit der noth-
teufe vorziehen sollen, so lange bis das kind-
lein ganz und gar geboren und in die hende der
menschen gekommen; dan soll die ander geburt
geschehen und ein mensch widerumb neu ge-
boren werden aus dem wasser und heiligen
Geiste, so mug die erste geburt auch vullenkom-
men und der mensch ganz auf die welt geboren
sein Darumb soll auch in der noth kein tell des
leibes, noch das heupt, noch die hende, noch
die fusse etc. getaufet werden, sondern solche
leibesfrucht mit einem christlichen und gleu-
bigen gebet Gott befholen und im nhamen Chri-
sti gebeten werden, Gott wolle gnad vorleihen,
alas solche kegenwertige frucht in ihre hende
gegeben werden und also nach seinem befhell
und auf seine gnadenreiche zusage die heilige
taufe empfangen mSge, wo nicht, das dennoch
der lieOe barmherzige Vater sich der lieben
frucht in gnaden umb seines geliebten Sons Jesu
Christi willen annhemen volle.
Zum sechsten, das sie auch, wen die liebe
frucht todt zur welt kommen wurde, dieselben
nicht teufen sollen, dan die teufe nicht vor die
todten, sondern vor die lebendigen vorordnetetc.
Zum siebenden, das sie in solchem falle die
todte frucht ohn alle disputation auf den kirch-
hoff oder gottesacker begraben sollen und die
eltern trSsten mit der grossen unaussprech-
lichen gnad und barmherzigkeit Gottes und nicht
zweifeln, solche leibesfrucht, die dutch das ge-
bet der eltern und andern Christen, so dabey
gewesen, Godt in seine gnad befholen, sei auch
yon ihme in dem nhamen Christi zu gnaden und
ewigen leben angenohmmen.
Und solche erirmerung soll auch allen heb-
arnmen semptlich und sonderlich dutch den
superintendenten zum weinigsten des jhars ein-
inhale widerholet und vorneuert werden etc.
668
Ltineburg
wegen zum ersten, andern und dritten mhal
aufbieten, damit, so jemand geburliche einsprach
hette, nun sprechen muge und schweigen her-
nachmals, begeren auch, die christliche gemeine
den lieben Gott vleissig vor sie bitten rouge,
ehr ihnen denselben gnediglichen segnen, zur zeit-
lichen wolfart des leibes und ewiger seligkeit
der sehlen geraten lassen while.
Wo aber billiche und erhebliche ursache vor-
handen, da pflegt man sie auch woll mit vor-
gehender bewilligung des superintendenten auf
gnugsahme vorsicherung vor allerley ansprache
auf einen Sontag zweymhale, als nach der ersten
und andern predigt, aufzubieten.
Und damit alle dink desto ehrlicher zugehen
und mit desto grbsserer andacht geschehen
muge, so gestatet man auch niemande, das ehr
sich in dem hause oder nach der ersten predigt
in der kirchen mag zusamengeben lassen, son-
dern geschehen alle vortrauungen braut und
breutgams umb guter christlicher ordnung wil-
len entveder des Sontags vormittags umb zehen
schlegen oder des Montags umb zehen uhr in
der kirchen vor dem hohen altare, es wehre dan,
das ein erbar hochweiser radt dieser stadt mit
rade des erwirdigen ministerii aus sonderlichen
ursachen hirinne dispensieren wollte.
Es wird auch aus sonderlichen bedenklichen
ursachen (welche in dem buche, darinnen die acta
ministerii vorfasset und mit D. gezeichnet ist,
weiter zu befinden) nicht gestattet, das sich je-
mand im dritten gradt gleicher linien alhie be-
freyen mag. Gleichsfals wird auch niemande
leichtlich ohne hochdringende nott und erheb-
liche gnugsame ursachen vorgunnet oder ge-
stattet, das ehr in dem heiligen Advente oder
in der fasten hochzeit mag halten.
Und wirt mit der copulation ohngefehr
ein solcher process gehalten, wen braut und
breutgam vors hohe altar gefuhret und dem
Hern vorgestellet worden, so list der diener gott-
lichs wortes, der da ahn Gottes stadt die copu-
lation vorrichten soll, entweder die wort der
einsetzung des heiligen ehestands aus dem treu-
buchlein Lutheri 95 oder thuet erstlich eine kurze
vormhanunge von demselben, daraus braut und
breutigam sampt andern, so dabey seind, nbtige
lehre und heilsahmen trost konnen fassen. Dar-
negst vormhanet ehr sie sampt dem volke0 so
da vorhanden, zum heiligen christlichen gebete,
damit der almechtige guetige Godt denselben
in ihren herzen lebendig machen und ihnen mit
allen gleubigen seinen gnedigen segen relchlich
befinden lassen wolle, und betet darauf das hei-
lige Vater unser etc.
Nach geschehenem gebete spricht ehr erstlich
den breutgam also ahn: N., weil ihr ohn zwei-
fel darumb hie gegenwertig erscheinet, das ihr
euch nach sonderlicher ausvorsehung Gottes,
euerer eltern und gueter freunde rath, auch
eueren eigenen hiebevor gegebenen volbort 96
N., hie bey euch stehende, itzund ehelich vor-
trauen und geben zu lassen gedenket, seid
auch des christlichen vorhabens und gueten wil-
lens, das ihr mit derselben in dem heiligen ehe-
stande christlich, friedlich un:l erbarlich leben,
beyde, guets und bbses, vie es euch der liebe ge-
treue Godt nach seinem gnedigen willen zu euer
wolfart und seligkeit besten wird auferlegen und
zuschicken, mit christlicher geduld ertragen und
nichts als den zeitiichen todt alleine von ihr
scheiden zu 1]ssen gedenket, so vollet ihr euch
solcher entlichen und beschlossenen meinunge
hie vor Gods almechtigen, seinen lieben heili-
gen engelen und dieser christlichen gemeinemit
einem offentlichen, bestendigen und unwidder-
rufflichem jha erkleren.
Und wen det diener des worts das offentliche
jha nebenst dem treueringe von dem breutigam
empfangen, so spricht ehr die braut auch eben
auf dieselbe weyse oder mit denselben worten
ahn, lest sie sich ihrer meinung gleichsfals auch
mit dem offentlichen, bestendigen ja erkleren
und den treuring vorreichen und vorwechselt
alsdan dieselben dermassen, das ehr der braut
ring dem breutigam und des breutigams rink
95 Bek. Schr. S. 532 f.
96 _ Zustimmung.
672
Lfineburg
sondern davon viel mehr absondern soil, nicht
anders (vie der heilige Chrysostomus sagt 2)als
in einer herde, darirmen viel gesundes viehes
ist und auch viel reudiges, vonnoten ist, das die-
ses yon dem gesunden abgesondert werde, also
auch in der kirchen, darinnen etliche gesunde
seind, etliche reudige.
Ja, wie ein erfarner und getreuer arzt die un-
heilsahmen schaden und vorgifteden glidtmass
von dn gesunden pflegt abzuschneiden, also
mussen auch die unbusfertigen und b6sen yon
den godtsehligen uncl frommen abgeschnitten
und ausgesundert werflen, wie dasselb die schrift
offentlichen bezeuget und yon denen, so in der
lehre nicht richtig seind, in der andern epistel
Johannis gesagt wird [10 f.]: So jemand zu euch
kumpt und bringt diese lehre nicht, den nehmet
nicht zu hause und grusset ihn auch nicht, den
wehr ihn grusset, der hat gemeinschaft mit sei-
nen b6sen werken, und 1. Corinth. 1 [Tit 3, 10]:
Einen ketzer nach einer und der andern vor-
mhanunge vormeide, und Galat. 1. cap. [8]: So
euch jemand ein ander evangelion predigt, dan
das ihr empfangen habt, der sey vorflucht, ja
auch vir oder ein engel vom himmel euch wurde
ein evangelion predigen anders, dan wir euch
gepredigt haben, das sey vorflucht, und in dem
2. cap. [14] der Offenbarung Johannis wird der
engel zu Pergamon gestraffet, das ehr bey sich
leidet, welche die lehre Balam halten.
Und yon denen, so ein ergerliches leben fuh-
ren, sagt Christus selber Matt. 18. cap. [17]:
Halter ihnen als einen heiden und zollner, und
1. Corinth. 5. cap. [11] sagt Paulus: Ich habe euch
geschrieben, das ihr nichts mit ihnen sollet zu
schaffen haben, nemblich, so jemand ist, der sich
lest einen bruder nennen und ist ein buler, ein
geyziger, ein abg6ttischer oder ein schelter oder
em trunkenbolt oder ein reuber, mit demselben
solt ihr auch nicht essen, und 2. Thessalo. 3. cap.
16 f.]: Wir gebieten euch aber, lieben bruder, in
dem nhamen unsers Hern Jesu Christi, das ihr euch
enthaltet von allem bruder, der da unordentlich
wandert und nicht nach der setzung, die ihr yon
uns empfangen habt; wente ihr wisset, wie ihr
uns sollet nachfolgen.
Dan diesem allem nach hat der Adam den
Cain, nachdem ehr den Abel erschlagen, nicht
lang in der gemeine Gottes leiden wollen, son-
dern aus derselben (wie der erwirdiger herr
Doct. Martinus Lutherus uber das erste buch
Mosis cap. 4 3 bezeuget) vorstossen, hat auch
dem Seth ein austrucklich befhelich gegeben,
das ehr und alle seine nachkommen, die Caini-
schen, weil sie yon der gemeine Gottes abgeson-
dert, meiden solten, ut neque politice per coniu-
gia neque ecclesiastice per cultus cum ipsis mis-
cerentur eta.
Und ist solches auch nicht alleine mit den
Cainischen bis auf die sintflus ['.], sondern her-
nachmals allevege yon alien getreuen lehrern
mit allen gottlosen und unbusfertigen also ge-
halten worden, wie demnach der heilige apostel
Paulus nicht alleine 1. Timoth. 1. cap. [20] den
Hymenaeum und Alexandrum als ketzer dem sa-
thana gegeben, das sie gezuchtiget wurden, nicht
mehr zu lestern, und auch die heiligen snodi die
ketzer gebannet und von der gemeine abgesondert,
sondern ehr hat auch den incestuosum bey den
Corinthern gebannet und yon der gemeine ab-
gesundert bis solange, das ehr warhaftige busse
gethon und sich ernstlich bekeret hat [1. K 5].
Als auch der Tertullianus in seinem Apologetico
cap. 39 I de disciplina ecclesiastica Christiano-
rum sui temporis bezeuget, ubi inquit: Corpus
sumus de conscientia religionis et disciplinae
veritate et spei foedere. Coimus in coetum et
aggregationem, ut ad Deum quasi manu facta
precationibus ambiamus orantes. Haec vis Deo
grata est. Oramus etiam pro imperatoribus,
pro ministris eorum ac potestatibus, pro statu
saeculi, pro rerum quiete, pro mora finis. Coi-
mus ad literarum divinarum commemorationem,
si quid praesentium temporum qualitas aut prae-
=' Homilia contra ludos et theatra, 4; MSG 56,
268.
Vgl. Vorlesungen tiber das 1. Buch Mose.
1535--45; Vv-A 42, S. 209 f., 220. 222, 226 ff.
MSL 1,468 ff. CSEL 69,91 f.
678
Kirchenordnung 1575
monere cogit, aut recognoscere. Certe fidem
sanctis vocibus pascimus, spem erigimus, fi-
duciam figimus, disciplinam praeceptorum nihi-
lominus inculcationibus densamus. Ibidem eti-
am exhortationes, castigationes et censura di-
vina. Namet iudicatur magno cure pondere, ut
apud caeteros de Dei conspectu, summumque
futuri iudicii praeiudicium est, si quis ira de-
liquerit, ut a communicatione orationis et con-
ventus et omnis sancti commertii relegetur.
Praesident probati quique seniores honorem is-
turn non pretio, sed testimonio adepti. Neque
enim pretio ulla res Dei constat etc.
Item wie de heilige bisschoff Ambrosius den
r6mischen kayser Theodosium darumb, das ehr
in tier straff der yon Thessalonica zuviel ge-
than, auch nicht in den tempel zu gehen oder
unter die gemeine des Herrn zu kommen vor-
gunnen oder gestatten wollen, bis so lange, das
ehr sich mit Godt dem tterrn widderumb vor-
s6rmt 5, und als der Augustinus in epistola ad
Macedonium schreibet: c, Nam quosdam quorum
crimina manifesta sunt, a vestra {id est magi-
stratus) sententia liberatos, a societate tamen
removemus altaris, ut poenitendo placate pos-
sint, quem peccando contempserant.
Diesem exempel der patriarchen, propheten
und apostolen, ja aller frommen bisschoffe und
ganzer christenheit seind alle gleubigen umb
vieler erheblichen, wichtigen, grossen und un-
Tormeidlichen ursache willen mit allem ernste
und vleisse nachzusetzen schuldig und pflichtig,
wie der Paulus sagt Philip. 3. cap. [17] : Folget reich,
lieben bruder, und sehet uff die, welche also
wanderen, als ihr uns habt zum vorbilde etc.,
als nemblich zum ersten umb des ernstlichen
gebots willen unsers Hem Gottes, deme wit uns
alle miteinander und insonderheit die, so da
rechte und wahre Christen sein wollen, billich
gleichformich machen sollen, wie in dem 2. ps.
[10--12] Davidis geschrieben stehet: So seid nu
klug, ihr k6nige, und last euch zuchtigen, ihr
richter im lande, dienet dem Hern mit fruchten
und freuet euch mit zittern, kusset den Sohn,
alas ehr nicht zurne und ihr den weg vorlieret.
Zum andern umb gelegenheit willen des ampts,
nachdem die diener der kirchen vie Ezech. 3. [17]
und 33. cap. [2] geschrieben stehet, yon Godt
almechtigen zu vechtern gesetzt seind, das sie
die sunde mit allem ernste straffen und dem
b6sen, soviel immer muglich ist, wehren sollen,
damit sie sich frembder sunde nicht theilhaftig
machen und der Herr der zuhSrer blurt nit yon
ihren henden fordern durfe.
Zum dritten, das clef bindeschlussel ebenso
woll als der 16seschlussel gebraucht verde,
wie der Herr Christus den einen sowoll als den
andern zu gebrauchende befholen hat, unus enim
et idem est turn doctrinae, turn disciplinae ec-
clesiasticae author, quorsum igitur unam verbi
pattern altcra repudiata reciperemus, daher der
erwirdiger her D. Martinus Lutherus in sei-
nero buche Von den schlusselen sagt: ; Es soll
ja der eine so woll im brauch gehen, wie der
ander, dan Christus hat sie beyde gegeben, das
sie beyde sollen im brauch gehen und seinen
Christen helfen -- Und seind auch alle beyde
schlussel aus dermassen n6tige stucke in der
christenheit, dafur man Godt nimmer zu vollen
danken kan. derhalben wit die lieben schlussel
aI beyde theur und weft sollen haben yon grund
unseres herzen, alse unsere zven unaussprech-
liche schetze und kleinoth fur unser seelen; dan
tier liebe man, der treuer herzlicher bisschoff
unser seelen, Jesus Christ-us, hat woll gesehen,
das seine liebe Chcisben gebrechlich, dazu yore
teufel, fleisch und welt narmigfeltig und ohn
aufh6ren angefochten, zuweilen fallen und sun-
digen wurden, flargegen hat ehr diese erzeney
gesetzt, den bindeschlussel, das wir nicht zu
sicher in der sunden, vormessen, rohe und vor-
rucht pleiben, den 15seschlussel, das wir auch
Vgl. Ambrosius, De obitu Theodosii, 34; MSL
16, 1396 f.; Paulinus, Vita Ambrosii, 24; MSL
14,35. Der Bericht des Paulinus ist jedoch
nicht zuverIissig; vgl. H. v. Campenhausen,
Ambrosius v. Mailand als Kirchenpolitiker.
Arbeiten zur Kirchengesch. 12. 1929, S. 239 f.
6 Ep. CLIII, 3,6; MSL 33, 655. CSEL 44,401.
; Von den Schliisseln. 1530; Vv'A 30 II, S. 474.
679
Lfineburg
nicht in sunden vorzweifeln mussen und uns
also damit auf der rechten mittelstrasse zwis-
schen vormessenheit und vorzagen in rechter
demuth und zuvorsicht erhalten wollen, auf das
wir ja auf allen seiten reichlich vorsorget weh-
ren, in summa, es mussen die beide schlussel
beyeinander bleiben und nicht voneinander ge-
trermet werden, mu auch der eine so grol sein
als der ander und mul nicht der eine im ge-
brauch und ubunge gehen und gleissen und der
ander mussig ligen, vorrosten und vorderben,
sondern mussen alle beide zugleich im gebrauche
sein, wo es anders recht soil in der kirchen
Gottes zugehen.
Zum vierten umb der grossen nottwendigkeit
willen, die solches zu jeder zeit zum hohsten
erurdert, als wir sehen, das gewisser disciplin
auch keine creatur entraten oder ohne dieselben
sein kan, wie der Augustinus in libro De bono
disciplinae cap. 28 sagt: Nemo disciplinam
irrationabilem putet, sub qua videt universis
quae sub coelo sunt verbo cooperante compo-
sitis omnipotentis Dei stare consilium, in prin-
cipio [e]n[im] operis sui Deus nihil prius quam
disciplinam fecit, ham cure assistente sapientia
coelum suspenderet, terrain pararet, maria con-
cluderet et suis locis suisque temporibus cur-
sum solis lunaeque globum disponeret, omnia
sub disciplina constituit, quid autem non esset
tenebrosum? quid non incompositum? quid non
haberetur absurdum? nisi constitutis legibus
cuncta starent elementa? Nunquid sine disciplina
agitur solis cursus, qui quamvis diurni itineris
necessitatem infatigatus impleverit, ad offitium
tamen suum matutinus occurrit et se in parte
coeli quotidie terrarum spatia lustraturusosten-
dit. Tanta est disciplinae ratio, ut intra tempo-
rum metas lege conscriptas ita indefessi itineris
alternis vicibus syderum cursus agitetur, ut nec
luna defectionis suae damna effugiat, nec so-
lem diurni luminis flamma destituat. Nunquid
sine disciplina est, quod tanti maris fluctus
humili terrarum littore continentur et in suo
sinu frequenter incitata ventis, altior aggere
unda concluditur? Omnia profecto iasipiens na-
tufa confunderet, nisi mundum disciplinae ratio
gubernaret. Haec ideo proposuimus dicere, ut
disceretis obedire evangelicis praeceptis et coe-
lestibus obtemperare mandatis. Dan so die dis-
ciplin solchen unvornunftigen creaturen Gottes,
welche sich dem willen und befhelich Gottes
sunst gerne gleichformich machen, vonnbten, wie-
viel mehr ist sie den menschen vonn5ten, welche
yon dem teufel vorfuhret und :lurch die sunde
vorderbet, sich demselben in allen wider-
spenstig machen, wie da geschrieben stehet
Rom. 7 [23]: Video aliam legem in membris meis
repugnantem legi mentis meae etc. Dan wit
lernens nicht alleine aus Gottes worte, sondern
befindens auch aus der teglichen erfharung, das
des menschen herze dermassen vorkeret und
bose ist, wo es nicht sub certa quadam disci-
plina gehalten wird, das der meiste haufe als-
dan aus dem heiligen evangelio nur einen lau-
tern eigenen willen, aus tier geistlichen eme
fleischliche freyheit reacher, wie jenner bey den
Corinthern [1. K 5] aus fleischlicher freyheit
seine eigene stiefmutter zur ehe genommen und
also die grosse gnade Gottes (wie der liebe apo-
stel Judas in seiner epistel [4] daruber klaget)
in einen grossen muttwillen vorwandelt, und wie
leider jetzunt augenscheinlich zu besehen ist,
aus einer sunde in die ander, aus einem frevel
und muttwillen in den andern fallen, und nhemen
alle schande und gotteslesterung dermassen die
ubernhand, ds zuletzt kein hulf oder rath ist,
wie der Augustinus in dem vorangezeigten orte 9
sagt: Quid adultero castum7 quid furl esset tu-
turn? quid latoni non pervium? quis non expaves-
ceret concava littorum? secreta sylvarum? quid
non praesumptio possideret? nisi furorem ani-
morum sub moetu poenae disciplina compes-
ceret. Ac nisi constitutus esset ordo vivendi, nun-
quam profecto finem poneret natura peccandi.
Pseudo-Augustin (Valerian v. Cemele), Sermo
de bono disciplinae, 2; MSL 40, 1219. MSL 52,
691 f.
:' Sermo de bono :lisciplinae, 3; MSL 40, 1219.
MSL 52, 693.
68O
Kirchenordnung 1575
Nihil est, quod non gula suadeat, si gulae disci-
plina cormentiat, nihil est, quod non perdat luxu-
ria, si arnore vitiorum a te disciplina discedat.
Nihil est, quod non habendi cupiditate animus
occupet, nisi avaritiae vitium disciplina condern-
net. Omnia sub moetu disciplinae vitia iacent
etc. Den sunst soll es noch alles nicht gesun-
diget heissen, sundern nur wol gethon sein
und lassen die leute nicht ab zu sundigend und
fallend, so lange das sie zuletzt in abgrund der
hellen vorsinken, darumb es die hohe noth er-
furdert, das solchem b6sen und vordamlichen
wesen, soviel muglich, vorgekommen und ge-
steuret werde.
Zum funften, das die frommen vor den b6sen
friede haben mugen, dan es seind {wie der Lu-
therus im vorangezeigten buche Von den schlus-
seln sagt lf} unter den Christen etliche rohe,
freche herzen und wilde leute, das die from-
men vor solchen falschen Christen kein ruhe
noch friede haben kunten, wo der bindeschlussel
mit seiner ruten nicht da wehre und eitel gnade
und sicherheit gespuret wurde, hats doch also
noch muhe, wie scherf und grol solche straffe
und urtheil ist. Also ist der eisern und harte
bindeschlussel den frommen Christen ein gros-
set trost, schutz, maur und burg wider die bS-
sen und doch daneben auch den b6sen selbst
eine heilsame arzeney, nutz und frommen, obs
gleich dem fleisch schrecklich und vordrieslich ist
Zum sechsten, umb grosheit willen der straf-
fen Gottes, die uff das sundliche wesen der men-
schen erfolgen; dan je dief unleugbar, je mehr
sunde im zwange gehen, je gr6fere straffen
allewege darauf erfolgen und kommen, wie in
den erschrecklichen exempeln der sintflus [ !], der
yon Sodoma und der Juden besehen ist. So
wit derowegen nicht wollen, dRs die straffen
geheufet und wir nach vorgemelten exempeln
mit allerley ungelucke uberfallen werden, son-
dern denselben etzlichermassen entlaufen mugen,
so wils die hohe noth erfurdern, das der sunde
und bosheit, so jetzunt leider alzu sehr gemein
ist, etwas begegnet und gesteuret werde.
Zum siebenden, das vielerley grosse erger-
nussen, so vorhanden seind (soviel imrner ge-
schehen kan), abgeschaffet und noch etwas guts
erhalten werden muge; dan wo man der sund
und bosheit hinfurder also wird zusehen und
alles, wie bbf es auch ist, gutt sein lassen, so
wird man zuletzt nichts guts auf erden behalten,
sondern wird alle sunde und schande zunhemen
und jederman sich darin wie die sau im koth
welzeren und also dem teufel in rachen laufen
wollen; dan wie ein weinig saurteig, als Pau-
lus 1 Corinth. 5. cap. [6] sagt, den ganzen reich
vorsauret, ein reudig schaff den ganzen stall vor-
derbet und ein vorgiftedes glidt den ganzen leib
entzundet, also vorfuhret ein mensche den
andern, wie der David in dem 18. psalm [26]
spricht: Bey den heiligen wirstu heilig sein etc.,
und bey den vorkerten wirstu vorkert sein, und
der Moses Gene. 6 [1--4] bezeuget, das sich alle
bOses vor der sintflus [!] daher also geheufet
habe, das die kinder Gottes sich mit den kindern
der ungleubigen vormisschet haben.
Darumb, wie man in einer herde die reudigen
schaffe yon den gesunden absondern mul, da-
mit nicht die gestmden yon den reudigen vor-
dorben xverden, also mussen auch in dem schaff-
stall Christi die reudigen yon den gestmden ab-
gesundert verden, damit nicht die von jermen
vordorben werden, und wie man an eines men-
schen leibe die vorgifteden und unheilsamen
glieder yon den gesunden mul abschneiden, da-
mit nicht der ganze leib entzundet werde, also
mul man auch in der gemeine Gottes, welche
dem leibe Christi vo,'gleichet wird, die unbus-
fertigen sunder yon den bulfertigen und from-
men abschneiden, damit nicht die ganze gemeine
geergert und vordorben werJe, wie der Herr yon
solchen Matth. 5. [29 f.] und 18. cap. [8 f.] sagt:
Ergert dich dein rechter auge, so reil es aus und
wirfs yon dir, es ist dir besser, das deiner glidt-
I0 WA 30 II, S. 504.
Lfineburg
massen eins vorderbe und nicht der ganze leib
in die helle geworfen werde. Ergert dich deine
rechter hand, so haue sie abe und wirf sie yon
dir, es ist dir besser, clas deiner glidtmassen
eins vorderbe und der ganze leib nicht in die
helle geworfen werde.
Zum achten soil uns dazu auch bewegen das
exempel der unvornunftigen thiere, wie der Au-
gustinus sagt 1: Erubesco dicere in confusionem
humanae negligentiae, quare apud aliquos pa-
rum proficiat disciplina, cure videamus pasto-
rale magisterium etiam apud bruta animalia non
perire, doceant nos ecce servare ordinem disci-
plinae tam dociles equorum animi, cure in girum
ducti flexuosis gressibus membra componunt et
sub unius habenae retinaculo ira laxari se con-
sentiunt, ut et currendi et standi modus sub
quadam legum dispositione servetur. Ita quos
natura numero dividit, studio disciplinae coniun-
git, videte quam fortia bourn corpora plaustro
subiaceant, quae in tantum imperio animum
parant, ut tumentia naturaliter levi iugo colla
supponant, lta disciplinae constitutionibus ser-
viunt, etiam quae in feritate nascuntur, unde
miror aliquoties hominem, cui inest sapientia et
intellectus prudentiae, passim praecepta discipli-
nae negligere, cure videamus mutum animal
vitia cavere, iussis obtemperare, imperio desex-
vire atque ita ad omnem obedientiam animum
aptare, ut cum opus fuerit, armatis legionibus
occurrat et hostilibus se telis iussum obiiciat.
udite in hoc loco prophetam dicentem [Jes 1,3]:
Cognovit bos possessorem suum et asinus prae-
sepe domini sui, Israel me autem non cognoit.
Vereor dicere ne vestram negligentiam pulset
ista sententia Non autem cognoscit Dominum,
qui conditionis suae non cognoscit officium.
Zum neunden, das wit Godt almechtigen schul-
digen und pflichtigen gehorsam desto besser lei-
sten mugen und ehr desto sehrer yon uns ge-
lobet und gepreiset werde, wie der apostel
S. Paulus sagt Ephe. 1. cap. [5 f.]: Ehr hat uns ge-
ordnet zur kindschaft zu sich selbst durch Je-
sum Christum nach dem wolgefallen seines wil-
lens, zu lobe seiner heiligen gnaden, dutch wen
che ehr uns hat angeneme gemacht in dem
geliebten, und Philip. 1 [9--11]: Darumb bitte ich
auch, das euere liebe je mehr und mehr reiche
werde in allerley erkentnisse und in allerley er-
fharung, das ihr proven muget, was das beste
sey, auf das ihr lauter und unanstSssig seid bis
uff den tag Christi, vorfullet mit fruchten der
gerechtigkeit, die durch Jesum Christum (in
euch) geschehen zur ehre und lobe Gottes.
Zum zehenden, das man desto grSssere
und mehr gnude und segen yon Godt almechti-
tigen erlangen rouge, vie da geschrieben ste-
het [1. Tim 4,8]; Die godtsehligkeit ist zu allen
dingen gutt und hat die zusage des zeitlichen
und des ewigen lebendes.
Zum elften, das wir ahn unser selen hell und
seligkeit kein schiffbruch leiden mugen, wie Galat.
5. cap. [19--21] geschrieben stehet: Offenbar
seind die werke des fleissches, als da seind ehe-
bruch, hurerey, unreinigkeit, geilheit, abgStte-
rey, zeuberey, feindschaft, hader, eiver, zorn,
zank, zweytracht, rotten, ha, mord, saufen,
fressen und dergleichen, yon xvelchen ich euch
zuvor gesagt habe und sage euch noch zuvor,
das die solchs thuen, werden das reiche Gottes
nit ererben.
Dieser und dergleichen grossen xvichtigen und
erheblichen ursachen halben ists vonnSten, das
bey den Christen allewege und zu jeder zeit der
kirchenzwang, dus ist ein gewisser underscheid
zwisschen den rechten und wahren Christen und
zwisschen den ungleubigen und unbusfertigen,
gehalten xverde und der bindeschlussel ebenso
woll alse der 15seschlussel im gebrauche sey.
Es soll aber gemelte kirchenzucht nicht eine
solche tyranney sein als die bepstlichen aus ihrem
banne gemacht hubert, die conscientien der men-
schen damit zu vorwirrende und die kirchen
Gottes zu vorstSrende, sondern soll vielmehr sein
Pseudo-Augustin (Valerian v. Cemele), Sermo
de bono disciplinae. 6; MSL 40, 1221. MSL 52,
694 f.
682
Kirchermrdnung 1575
vorloschet worden ist, sonder soil damit viel-
mehr auf das einige vordienst Christi und selig-
machenden glauben gewiesen werden.
Wo diese dinge dermassen vorrichtet werden,
da seind sie warhaftigen dasjenne, das tier hei-
lige Cyprianus davon rhumet, ubi inquit: 17 Quod
disciplina ecclesiastica aola sit fidei ac spei no-
strae retinaculum, custos, itineris salutaris dux,
magistra, fomes et nutrimentum virtutis, quae
facit in Christo et unitate corporis eius semper
manere, iugiter in Deo ad proximi utilitatem
vivere et ad promissa coelestia et divina prae-
mia pervenire, quam sectari salubre, negligere
laetale est, wie dasselb auch der Augustinus in
libro De bono cliscpmae ezeuge, aa ehr sagt is:
Multi sunt qui sanae doctrinae adversantur,
iustitiam culpant et disciplinam imperium esse
iudicant ac rationabilem castigationem super-
biae assignant. Cum non sit imperium, nisi ubi
aliquid iubetur iniustum, nec sit superbia, nisi
ubi negligitur disciplina, disciplina igitur magi-
stra est religionis, magistra verae pietatis, quae
nec ideo increpat, ut laedat, nec ideo castigat,
ut noceat, denique mores hominum irata corri-
git, inflammata custodit. Nihil profecto est, quod
non disciplina aut emendet aut salvum faciat.
Quam si quis sapiens apprehenderit, nec gratiam
amicitiarum perdit, nec periculum damnationis
incurrit. -- Qui autem spernit disciplinam, odit
animam. Et vere, ut dixi, ita est. Nam hostis est
et ini'micus animae suae, qui spretis disciplinae
monitis diabolicis occupatur officiis.
Und das man wisse, wasserley personen unter
solche kirchenzucht gehSren, ist zu merken, das
die alleine und keine andere damit begriffen
werden: 1. Welche nicht richtig in der lehre
seind, sondern etwa einen irthumb gefasset, der
da mit den artickeln des heiligen christlichen
glaubens nicht ubereinstimmet oder sunst mit je-
nigem stucke des heiligen catechismi streitet,
desselben sich bey anderen leuten vornhemen
lest und uff demselben pertinaciter vorharret.
2. So jemand selten oder nimmer zu dem hoch-
wirdigen und heiligen sacrament des wahren
leibs und theuren bluts Christi gehet oder vor-
echtlich yon der taufe oder yon dem abendmhal
des Hem redet. 3. Oder so jemand ein unchrist-
liches, ergerliches, gottloses und bSses leben
fuhret und darinne in unbusfertigkeit vorharret.
Solche und keine andere, auch alleine umb die-
ser und keiner anderen ursachen willen soll man,
so lange sie in obgemeltem irthumb oder bos-
helt vorharren und sich nicht sagen oder be-
kehren lassen wollen, nicht vor rechte und
whare Christen, sondern viel mehr vor zollner
und ungleubige halten und aus der gemeine Got-
tes schliessen.
Das auch desto richtiger und ordentlicher mit
den dingen umbgangen und vorfharen werde,
soll man damit ohngefehr einen solchen proces
und ordnung haltn:
1. Zum ersten, wen man vormerket, alas solche
personen, wie obstehet, vorhanden seind, so sol-
len sie zu dreyen underschiedenen mhalen durch
ihren beichtvatter, soferne einer vorhanden, zu
deme sie ehrmals zur beicht gewesen seind,
oder sunsten durch den pastor der kirchen, dar-
in sie geh6ren oder der sie ahm negsten woh-
hen oder seind, ihrer sunde erinnert, umb der-
selben willen freundlich und bruderlich mit allem
glimpfe und bescheidenheit gestraffet, zur ernst-
lichen buff und bekehrung aufs allergetreuligst
und vleissigst vormahnet und gelocket werden,
wie der prophet Nathan den kSnig David [2. Sam
1,1 ff.] umb seiner sunde willen angeredt, ihme
dieselbe durch ein sonderliche gleichnus vor die
augen gestellet und erinnert hat und wie der
heilige bisschoff Ambrosius, nachdem ehr yon
dem grossen mord, zu Thessalonica begangen,
geh6ret, ahn den keyser Theodosium geschrte-
17 De habitu virginum, 1; MSL 4,440 f. CSEL 3,
1,187.
Pseudo-Augustin (Valerian v. Cemele}, Sermo
de bono disciplinae, 1; MSL 40, 1219. MSL 52,
691.
685
Kirchenordnung 1575
gendes den funften Decembris einhelliglichen mit
herzen trod munde erkleret und vorpflichtet,
alas sie semptlich und sonderlich, niemand aus-
bescheiden, diesem allem, wie obstehet (ob Gott
will), mit getreuem vleisse also nachkommen,
auch zu mehrer sicherheit und bestetigung die-
ses buches sampt ihren nachkommen, so nach
ihnen kunftig alhie zum kirchendienste ordent-
licherweise bestellet werden mugen, mit ihrer
eigenen subscription hiezu sich obligieren und
vorpflichten sollen und wollen. Es hat sich auch
wolgedachter erbar hochweyser radt zusampt
gedachtem erwirdigen ministerio einhelliglichen
miteinander vorglichen und vortragen, des ohn
vorwissen und fulbord e des ganzen radts und
ministerii in diesem buche und ordnung im ge-
ringsten nichts solle geendert, vorlengert oder
vorkurzet werden, dagegen aber, da es die noth
erforderen wurde oder vor rathsam erachtet
werden mochte, auf den fall haben sie sich alle
artickel und punkte mit gesamptem rathe und
einhelligen consens nach gelegenheit zu er-
kleren, vorlengen oder vorkurzen, vollenkom-
mene macht und gewalt vorbehalten.
Und nachdem der bbse veind allwege gerne
sein unkrauth unter den weizen des Herrn seyet,
vorwitzige leute dutch desselben eingeben auch
der lieben propheten, des Hem Christi und der
heiligen aposteln selbst, wir geschxveigen dan
anderer leute, wort und lehre in einen zweifel
ziehen und disputierlich machen konnen, ja, man
sich auch bey der allerchristlichsten und loblig-
sten ordnungen allwege sorgliche weterung be-
fruchten mul3, so ist demnach hiebey auch ein-
helliglichen von gedachtem erbaren hochweysen
rathe und erwirdigen ministerio vorabschiedet,
gewilliget und beschlossen, so in kunftigen zei-
ten (das Godt almechtiger gnediglichen abwen-
den und vorhueten wolle) uber den dingen, so
in diesem buche vorfasset, insonderheit die kir-
chenzucht belangend, einiger misvorstand oder
irrunge vorfallen wurde, des alsdan wolgedach-
ter erbar hochweyser radt mit zuthun des mi-
nisterii solchs zu erkleren, erSrteren und bey-
zuleggen, oder so es die wichtigkeit der sachen
erfurderen worde, ahn der benachbarten beyden
stedte Ltibeck und Hamburg kirchen laut des
bergerdorfischen abscheids, anno etc. 74 den 25.
Octobris'-':' gemacht, oder sunst hochgelarte und
erfarne leute und reformierte universiteten, nach
xvelcher spruch und urteil die sache entschei-
den, der zweispalt beygelegt und geendiget sein
soll, gelangen zu lassen, sich vorbehalten ha-
ben will. Alles getreulich und ohne gefherde.
Als aber nach der lehre des lieben S. Pauli
noch pflanzen noch begiessen etwas nutzet oder
helfet, soferne der Herr nicht selber des gedeyen
dazu vorleyhet, quia sine ipsius numine nihil est
in homine, nihil est innoxium, so bitten wir yon
ganzem herzen den almechtigen, ewigen, wah-
ren und lebendigen Gott Vatter, Sohn und hei-
ligen Geist, aller gueten ordnungen stifter, lieb-
haber und erhalter, ehr xvolle zu diesem christ-
lichen werke, so zu allem besten herzlich, treu-
lich und wol gemeint, seinen rechten segen spre-
chen, seine milde gnade vorleynen, ja, selbst da-
durch kreftig sein und wirken vielfeltige frucht
zu seinen ehren, der kirchen besten und vieler
leute ewigen heil und seligkeit schaffen, sich
hmfurder auch in dieser guten stadt, ja, im
_4 = Zustimmung.
25 Am 25. Oktober 1574 trafen sich die Ver-
treter der Stidte Hamburg, Ltibeck und Ltine-
burg in Bergedorf bei Hamburg ,,tho dem
ende, dat de Gade dorchuth wollgefellige och
hochniitte unnd olde hergebrachte in gesun-
der Lehre Consension renoveret unnd con-
firmeret werden moechte, ock sick auer dat
Scriptum der Schweuischen Kerken tho be-
rattslagende vnd thovoreinigende". In Bezug
auf den ersten Punkt versprach man, bei den
3 Hauptsymbolen, der Confessio Augustana
mit der Apologie, bei den Schmalkald. Ar-
tikeln, sowie den Katechismen Luthers, bei
der Erklirung gegen das Interim (vgl. oben
S. 654, Anm. 24), bei den Liineburger Artikeln
(v. 1561; vgl. J. G. Bertram, S. 181 ff.} usv. zu
bleiben. Die Schwibische Konkordie wurde
ftir christlich u. recht erkannt (vgl. Bek. Schr.
S. XXXV). Vgl. den Bergedorfer Abschied
u. die Notationes zur Schwib. Konkordie b.
J. G. Bertram, Beylagen. S. 210 ff.
689
Ltineburg
ganzen teutschen lande eine ewige, heilige,
christliche kirche sameln, dieselbe bey der reinen
und heilsamen lehre seines seligmachenden
wortes nebenst dem rechten gebrauche der hei-
ligen sacramenten, christlicher und Godt wol-
gefelliger ceremonien in einigkeit des Geistes
durch den band des friedens erhalten, vor aller-
ley sekten behueten, widder den teufel schutzen,
vor tyranney und vorfolgung bewahren, ihr in
gnaden beiwohnen, sie mit allen christlichen tu-
genden zyren und schmucken, mit besondern ga-
ben voreheren, ahn zeitlichen und ewigen gue-
them segnen and mehren, zu leiblicher wolfart
befurderen und ewiger seligkeit vorhelfen umb
seins lieben Sohns, unsers einigen Hem, vor-
15sets, heilandes und seligmachers Jesu Christi
willen. Amen.
690
Ordntmg des Gotteshauses in dem Gral 1598
selben guethadten geneien wollen, undereinan-
der ein christlichs, zeuchtigs und freidsames
leben in worten und in werken jegen seine mit-
brudern und -sustern, Godt zu ehren und sich
selbest zum hell und wollfart, auch anderen zum
gueten exempel, dadurch reizen und furzuleuch-
ten, furen. So dawider aber jemand in diesem
oder anderen fursetzlich handelen wurde, soll
ihm die prove 6 furerst upgetagen trod dan, so
auf furghende vermanungh sich darinnen nicht
besseren wurde, soil derselbe aus dem gottes-
hause vorwiesen verden. Wie dan auch die-
jermen, so dazu ursache gegeben, imgleichen
nicht ungestraffet bleiben.
Zum neunzehenden, wie dan auch alle die, so
mihandelungh wegen aus diesem gottshause
vorweiset und kein besserungh daranne gespu-
ret, sollen niemaln nach der sachen gelegenheit
wider angenohmen werden
Zum zwanzigesten und letzlich soil die grail-
moder, damit alles in diesem gottshause chrtst-
lich zugehe und vermuege dieser ordnungh ge-
halten und darnach gelebet werden muege, ei
fleiigh aufsend haben und auch, was sonsten
dem gottshause und armen nutz und dienstlich,
mit getreuwen flei lassen angelegen sein, wie
dan darjegen auch die armen sampt trod son-
derlich ihrer verordenen grallmutter in allen
christlichen trod billigen sachen sollen zu ge-
horsamen schuldich und pflichtich sein, bei vor-
meidungh der straffe, darnach sich dan ein jeder
wird wissen zu richten trod fur schaden zu
hueten.
Und soil diese ordntmgh alle jahr viermahl
abgelesen und derselben zu gehorsamen ermanet
erden. Actum und abgelesen zum erstenmahl
den tagh S. Lucae, war der 18. OctobrLs 1598.
Provisoribus: herr Lutteke yon Dassel, burger-
meister, herr Hans Oudorff.
Pfrtinde.
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