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Full text of "Die evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts : Register zu den Bänden VI und VII Niedersachsen"

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i I 

CENTRE 
for 

REFORMATION 
and 

RENAISSANCE 

STUDIES 

VICTORIA 
UNIVERSITY 

TORONTO 



Die evangelischen 
KIRCHENORDNUNGEN 

des XVI. Jahrhunderts 

herausgegeben von 
Dr. jur. Emil Sehling 
weiland Professor in Erlangen 
fortgefiihrt 
vom Institut t6r evanfielisches Kirchenrecht 
der Evanfielischen Kirche in Deutschland 
zu G6tinRen 

Niedersachsen- Die Welfischen Lande 

1. Halbband 

Die Fi_irstenti_imer Wolfenbi]ttel und Li]nebur g 
mit den Stfdten Braunschweig und L6neburg 
ART t g LiS 

1955 
J. C. B. MOHR (PAUL SIEBECK) TEIBINGEN 



REF. & 

Alle Rechte vorbehalten 
Ohne ausdrudliche Genehmigung des Verlages 
ist e auch nicht gestattet, das Buth oder Teile daraus au| 
photomechanisdaem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielliltigen 
Printed in Germany 
Drud: Culemannsdae Dru&erei, Hannover 



I NHALTS UB E RS IC HT 

Lorwort ............ 
Ein[ihrung 
lbkiirzungen ........... 
Nach triige ............. 

I'll 
,11 
1"1 

1. Braunschweig-Liineburgische hirchenordnungen: ]iir das 
Fiirstentum ll'ol]enbiittel und ]iir die Stadt Braunschweig 
Fftrstentum Hol]enbfttel 
Einleitung ............. 3 
Die Kirchenordnungen: 
1. l'isitations-lnstruktionen im tlerzogtum II'ol]enbttei. 1542 12 
2. Christlike kerken-ordenine im lande Brunschwig. II'ul[[eu- 
bltels deles. 1543 ............... 22 
3. Kirchenordnung unser, yon Gotles genaden Julii, her:oen 
zu Braunsehweig und Lneburg etc. 1569 (Register S. 27,') 3 
4. Christlicher und grndlicher bericht, welcher gestalt die herrn 
und junglrauenkli;ster im her:ogthumb Braunschwei. tt'ulllen- 
bfitlischen theils, reformiret ... 1569 ......... 2Sl 

Stadt Braunschweig 
Einleitung ............ 337 
Die Kirchenordnungen : 
1. Der erbarn stadt Brunswig christlike ordeningte ... Dorch 
Joannem Bugenhagen Pomeren bescreven. 152 ..... 34 
2. Ordnunge, u'ie es hin]uro mit den nominationibus, vocationi- 
bus and unnhemunge der herren predicanten in den kirchen 
zu Braunschweig gleich[ormig and einhellig gehalten werden 
soil ... 1571 ................. 456 
3..h'ta inter senutum el ministerium in dimissione D. ,loach. 
Morlini (Bestallungsordnuag ]iir M. Chemnit:). 1567 . 459 
4. lrticuli, qui subscribendi prop:muntur illis, qui ad ministeriunz 
in hac ecclesia recilffuntur. [1571] .......... 471 
5. Ordnung der ceremonien att] den dor]ern der stadt Braun- 
schweigk, o. 2 .............. 473 
6. lrtikel, in der visitation den l]arhern uberantwort 476 
7. lrtikel, de visitation beider gerichte .lsseborch und Eike 
belangen. [1546] ............ 47 

V 



Braunschweig- Lfineb urgische 

KIRCHENORDNUNG EN 

ffir das 

Ftirstentum Wolfenbtittel 

und ffir die 

Stadt Br,aunschweig 

o;o 



m herzoglich braunschweigischen Teilffzrstentum ll'ol]enbittel fihrten im 16. lahrhundert 
das Regiment die Her'_ge: Heinrich d. l. (1514 m 1565'), lulius (1568  15.59), Heinrich lulius 
(1591613). Heinrich d. l., gegen den Luther seine Schri]t: .,It'ider Hans IUorst'" (IUittenberg 
1541) hat ausgehen lassen, ist Zeit seines Lebens ein Feind der neuen Lehre gewesen und hat 
diees auch immer wieder in .,lusschreiben und tlandaten kundgetan. Solange er die Herrscha[t 
ber das Land besaf, konnte die Reformation nicht durchdringen. 
Den Krieg im Lunde ll'ol]enbttel 1542 auzunehmen, bewogen den Schmalkaldischen 
Bund vornehmlich die liil]erufe der yon Heinrich d. l. bedrngten St,dte Braunschweig und 
Gol,,r (vgl. B runs a,,O.). Dazu kam die Feindscha]t des Landgra]en Philitt yon Hessen 
gegen den ll'ol]enbittelcr Herzog in]olge yon Streitigkeiten in der calenbergischen L'ormund- 
scha]ts]rage (vgl. B r e n n e k e l, 1, S. 3S .). Fir die Ereignise des schmalkaldischen Krieges 
im einzelnen, die lertreibung Heinrichs d. l. aus seinem Lande, seine Gefangennahme vgl.: 
K o l d e w e y, R e  o r m a t i o n ; S. I s . l e i b, Phili[[ yon Hessen: Heinrich yon Braunchweig 
und Morit. yon Sachsen 15411547 (lb. d. Gesch. l/er. f. d. Her.ogtum Braunschweig 2, 1903, S. 
1 '0). Zum Regiment des Schmall'aldischen Bundes im Herzogtum li'olfenbttel ist reiches 
lktenmaterial vorhanden, namentlich im SL4. ll'olfenbttel. Es ist bisher noch nicht restlos 
ausgewertet. 
Die Einffhrung re]ormatorischer Neuordnungen dutch die Schmalkaldener beschr,nkte sich 
au] eine in gr6ter Eile abgehaltene l'isitation 5. Oktober bis 12. 'ovember 1542, au] 
den Erla einer ton Bugenhagen. Corvin und G6rlitz verfaten KO yon 1543 und au] eine 
zweite I'i.sitation im lahre 1544 7.ur Durchffhrung dieser KO. (Quellenmaterial namentlich 
7.ur ersten l'isitation bei K a y s e r, K i r c h e n v i s i t a t i o n e n S. 1  240. Darstellung der 
Einzelheiten bei Burkhardt S. 297320, Koldewe?., Reformation S. 265295). 
Die Hutter des Schmalkaldichen Bundes erlieen fiir die Statthalter und Rte in dem 
eroberten Gebiete eine lnstruktion, nach wclcher ie eine l'isitation durchzu]hren und evan- 
gelisches Kirchenwesen ein:'.urichten batten. Die Beauflragten erlieen darau]hin eine lnstruk- 
tion ]r die Stiinde mit der ll'eisung, die l'isitatoren =u [6rdern, sowie :wei lnstruktlonen 
die l'iitatoren., n,mlich eine r die Kitchen und Schulen in Stdten und D6rfern und eine 
]r die Stifler und Kl6ster (samtliche Stcke bei ka)'ser, Kirchenvisitationen S. 
22; auch bei H i l l e, Ein]hrung der Reformation in der Stadt Helmstedt, in: Gedenkbuch der am 
14. Okt. 1S42 begangenen Sculareier der Reformation Helmstedts. Helmstedt 1543, S. 62 .; 
teilweise und mit willkrlich vernderter Schreibweise auch bei L e n t 7.. Uber die handschrifi- 
liche ?Yberlie]erung vgl. K a )" s e r, K i r c h e n v i. i t a t i o n e n S. 592). li'ir bringen diese drei 
lnstruktionen unter Nr. I. 
Die KO yon 1543 wurde vollstiindig abgedruckt bei H o r t I e d e r, Der r6m. kaiserl. ,|laje- 
tet . . . Handlungen und.4usschreiben ... yon den l/rachen des teutschen Krieges Kaiser Carls I'., 
Frankfurt a. .tl. 1617, T. 1, Buch It , cap. 44, in 4us:igen bei Rich t er 11, S. 5664. 
lbdruck bier unter Nr. 2. Zum lnhult vgl. Koldewey, Reformation S. 311]f.; Schle- 
gel ll, S. 192; Schol= S. 4 .; auch Tschackert S. 575.) 
Dem Druck der KO yon 1543 ist die yon Bugenhagen abgefate Klosterordnung angeh,ngt, 
die 1535 erstmalig bei Hans Luft in ll'ittenberg unter dem Titel erschien: Pia et vere catho- 
lica et consentiens veteri ecclesiae ordinatio caeremoniarum in ecclesiis Pomeraniae (abgedr. 
bei S e h l i n g 11), S. 344  353, vgl. zu ihr U c k e I e y, Johann Bugenhagens Gottesdienstord- 
hung ffr die Klsster und Sti]te in Pommern 1535. In: .4RG 5, 1907 1908, S. 113 
ferner Koldewey, ReormationS. 315 .und33.,Kayser, Kirchenvisitationen 

4 



einzurlchtenden ,.Kirchenkasten'" "_u erweitern. Der enlslrechende .lbschnill ;'ar aus der II'iirl- 
temberger KO yon 1559 nicht iibernomrnen (vgl. tilt re r, K 0, S. 9'. .Ibs. 1). Der Kirchen- 
kasten sollte mit Hil[e .[reistehenden geistlicben Gutes und der Klosterliiter e[allt werden, 
um bei unzureichender P[arrbesoldung und in iihnlichen Notfiillen heraugezogen verden :, 
kSnnen. Die yore Herzog vor Ho[- und Landraten erkliirten Generalartikel, die diese Bestim- 
mung enthalten, vermerken zu ihr am Rande: .,ist aplrobirt worden'" (vgl. .Itch. d. LK 1 
IL"ol[enbiittel. Nr. 16ll). llieweit hiernach tatsiichlich gehandelt wttrde, ist noch nach:u- 
lbra[en. 
,4us den Protokoilen der Generalkonsistorien und sonstigen .lkten geht hervor, dab sich 
die Her-..tS, ge. wo sich nut irgend eine rechtliche Handhabe [and. die Patronatsrechte abet geist- 
liche Institute zuschreibct lielen. Beis{ffelstveise aberliet am 12. llai 1569 der .Ibt zu ]larien- 
rode dem Herzog Yulius das jus latronatus aber die P[arren :u Bockenem und ll[eld (vgl. 
Protokoll des Konsistorlums. St. i. lhmnover. Cal. Br. .1. Des. 21 B lla .Yr. 4. auch .Itch. d. 
LK 4 II'ol[enbiittel. Nr. 464. hn ibri.tten vgl. .11 a r t e ns. S. lS4 [fi. IS7[[.: seine Beisliele sind 
allerdings ausschlietMich aus dem calenbergischen Gebiet entaommen. [iir das wol[enbattelsche 
sind die lerhiiltnisse noch nicht genauer untersucht), llehr[ach erschienen lerordnungen, dat 
Beset-_un[1 der Patronats[[arren ohne l'orwissen des Herzogs oder des Konsistorlums untersagt 
waren. Ezamination der Kandidaten ;'or dem Konsistorium statt:u[inden hatten. (so 1572. 
vgl. St..1. llol[enbiittel. Slg. .tbt. 40, Nr. 524. 151. vgl. ebda. Nr. 709). Schar[er gln. Her:og 
Heinrich :hdlus vor. als er 1597 den Patronatsherren und P[arrlehns-lnhabern verbot, die 
P[arre gegen iibermal3ige Zahlunl ab:ugeben, ll'er r.uwider handelte, sollte des Patronatsrech- 
tes zugunsten des Konsistoriums verlustig gehen 0.!. ebda. Nr. 990). 
l?on Sittenzucht und Kirch,'ndiszilin ist ous.iebig in der KO gehandelt vorden. so dat bei 
lnordnung genauester Be[olgun, derselben auch diese Falle mit einbeschlossen waren, beis[gielx- 
weise 1591 (24. Se[t., ;'gl. . h'ch. d. LK I ll'ol[enbiittel. . r. 34) und gleichlaulend 1593 (6. lan.. 
vgl. Landesordnungen und Geset-_e T. 1. Nr. 2. S. 40--412). Das.llandat yore 3. 
2an. 1593 gegen Ehebruch, llurerei und sonstige Un:ucht (vgl. St. 1. ll'ol[enbatlel. Slg. lbt. 
40, Nr. 91. gedruckt Landesordnungen und Gesetze T. 11. Nr. 29) grill nut einen 
Punkt aus den eben ange[hrten Ordnungen heraus und [iihrte ihn noch welter aus. Daraber- 
hinaus beate man sich auch mlt Ordnung der Zeremonien bei Tau[en unehellcher Kinder 
(8. Def.. 1391. vgl. St.. 1. ll'ol[enbattel, SIg. ,,lbt. 40. Nr. 905). 1594 [orderte man Einschrankunt.t 
des iibermal3igen .4u[;vandes bel Kindtau[en und Hochr.eiten O'gl. St. 1. It'ol[enbiittel. SIg..4bt. 
40, :Vr. 933 und 944). 
.luch in ihrem engeren Berelch waren die Herz6ge um da kirchllche Leben bemaht. In 
seiner Kammerordnung yon 1579 ordnete Herzog 2ulius den Dienst in der Ho[kalbelle gemat 
der KO und schrieb genau den Kirchgang nach tlan. und ll'iirden der Ho[beamten vor O'gl. St..1. 
II/ol[enbiittel, Slg. .lbt. 40. Nr. 674 und 675). 1594 regelte Herzog Heinrich lulius den Dienst 
yon acht Singeknaben an der Schlol3kirche :u ll'ol[enbiittel (vgl. Itch. d. LK.4 llol[enbttel. 
5r. 319). 
ll'as das Klosterwesen im ll)ol[enbttelschen unler Herzog 7uliu vgl. B r e n n e k e l 1) 
anbelri[[l, il besonders bemerkens'erl, dat. die lliinnerklsler im Fiirslenlum I('ol[enbftltel 
ira. 16. "Jh. auch nach der lle[ormation noch als geschlossene KSrlerscha[t au]traten. .4ul die 
i"bte konnte der Herzog nut insoveit elmvirken, als er ihnen ,llitverwalter [ar die ll'irtscha[ts- 
[ahrung zur Seite stellte, die er selbst unter seinen erlrobten Dienern aust'ahlte, und obne die 
die etbte nichts Sonderllches unternehmen konnten, lmmerhin gelang dem Herr.og dadurch 
eine nicht unerhebliche Einflut3nahme au das Klosterwesen nach der i;konomischeo 5eite hin. 

2 9 



Noch starker war eine derartige Ein;virkung des Her:oRs bei den Frauenkbstern, da er die 
Ernennun ihrer die ll'irtschaft [6hrenden Pr61bste f6r sich in lns[ruch nabm. So hat nament- 
lich Her:og Ydius die Klostersachen vorwiegend nach der virtschaftlichen Seite bin und lber- 
s6nlich entschieden. Eioe Klosterordnung yore 9. Yanuar 1373 betraf ausschlie[31ich wirtschaft- 
fiche .Ingelegenhelten (t'el. B r e n n e k e II). Seit 1574 war das Konslstorium bier v611i aus- 
geschltet, entgegen den Bestimmun.en in der KO: es verblieb ibm lediglich das 4,fsichlsrecht 
aber die Klosterschulen. Berelts K r  s c h (t'gl. S. 40 f.. 132. 153) wies d.rauf bin. da3 nicht 
alles im Interesse der Untertanen eschah (rgl. hler:u B r e n n e k e I I. [erner auch 0 e h r, 
S. 14 .[L). Eine eingehende Unterswhun. 6ber die 'oUenbattelchen Kl6ster im 16. 2ahrh. 
steht noch aus. Beka,nt sind eine Reihe t'on l'erordnun.een: 1574 sollte eine asgehen mit der 
Forderung. da alle Klosterg,,istlichen. die die neue Lehre nicht annehmen wollten, blnnen 
2ahres]rist ihre C6ter verl'au[en und das Land verlassen sollten ('vg/..lrch. d. LK 4 IUolfen- 
bfttel. Nr. 193'). I.72 'erlangte man yon den Klosterlh[arrern ein lYr:elchnis dar6ber. 
o[t die Klosteraneeh6rien :urn .Ibendmahl kamen (v.l. ebda.), lm gleichen Yahre sollten die 
a]istischen Bfcher aus den Kl6stern entfernt, dai6r lutherische aneeschaHt werden 'vgl. St. 
I. ll'ol[enbattel. L .llt _lbt. 1 Cr. 9. Nr. 190). Diese Forderun.d wurde 1573 bei der Ubersen- 
dun. der neuen Klosterord,un.d viederholt (vl. B r e n n e k e I I). Laut General-Konsistorial- 
Protol'oll yon 15S3 (v.a,l. Ircl. d. LK I ll'olenb6ttel Nr. 220) hatte man festgestellt, daf die 
Klosteriun.e.irawn immer noch nach alter H'else lateinisch san.den, well in der Klosterordnung 
yon 1369 die Zeremonien nur allemein geordnet waren. Die tbte yon Imelunsborn und 
Rin.delheim sollten darau[hin eine neue Ordnun !ar deutsche Gesange au[stellen und den Theo- 
logen :ur Begutachtung vorle.een, lon einer derarti.en Xeordnun it bislan. ]edoch nichts 
bel'annt evorden: t'ielmehr _[orderten 156 die Kirchenrate wiederum GrunCLsatze far elne 
neue KIostergottesdienstordnung (t.el. l r e n n e k e I I). Noch 16')3 beklagte slch Herzog 2ulius 
dar6ber, da vide Landsassen und lntertanen yore =Idel ihre S6hne in la[istischen Schulen 
und KI6stern er:iehen lie[3en, und t'erlongte, da3 solche Falle yon den Se:ialsu[erintendenten 
dem Konsitorium mitgeteilt 'arden ft'.el. .lrcb. d. LK I ll'olienb6ttel. Nr. 556..4bdruck bei 
Koldewey, Schulordnungen S. 52 i.. vtl. awh S. LXII). 
132 land nochmals eine .deistliche l'isitatlon der llannerkl6ter start (eine l'er6ffenli- 
chtm. ihrer mtschlureichen Protol'olle, im lrch. d. LK 1 llol.ienb6ttel. Nr. 613, ist wn- 
schenswert: vgl. :u ihrem Inhalt B r e n n e k e I I). 
Die Reformation yon 156 ist also in den Kl6stern nicht aberall sofort yon durchschla- 
gendern Eri. olg gewesen, lor allem hlelten sich verschledene Klosterersonen. die slch der KO 
nicht [agen wollten, auger Landes at. Der .lbt yon Clus be.iand sich -_. B. dauernd in Hildes- 
helm (vgl. St..4. ll'olienb6ttel. L .llt .lbt. 11. Gr. 7. Kloster Clus, Nr. 4). lm Kloster Marien- 
thol bei Helmsted! sollen sicb his 155 noch katholische Zeremonien unter dem ,4bt Caslar 
Schosgen erhalten haben (rgl. K a v s e r, G e n e r a I t. i s i t a  i o n S. 9 .4nm. 1). Dort wurde 
yon Her'_og Yulius wle in den andern ]lannskl6stern 1569 eine Knabenschule eingerichtet (vgl. 
aber dlese Klosterschulen eingehend K o I d e w e y, S c h u 1 o r d n 
Das Benediktinerkloster St. Ludgeri bei Helmstedt war dem Einflu3 der Herz6ge 
lich entzogen als Besit: der .lbtei ll'erden an der Ruhr. dessen .4bt stets als solcher auch St. 
Ludgeri vorstand. Die Schmalkoldener hatten sich 1542 fber dlese Beslt:verh,Itnisse bin- 
weggeset:t (vgl. Kayser, Kirchenvisitationen,S. 26 
4uch aus den Frauenkl6stern kam ll'iderstand gegen das Reformationswerk des Herzogs 
2ulius, vornehmlich in der.4bsicht, sich der herzoglichen llYirtschaftsfahrung 
far Kemnade und Brunshausc B r c n n e k e I I. far Kloster llarienberg vor Helmstedt St. 

10 



Die Kirchenordnungen 

1. Visitations-Instruktionen im Herzogtum Wolfenbfittel 1542' 

Gewalt und bevelh der chur- und [urstlichen stathalter und rethe an alle stende des 
furstenihumbs Braunschwei, dorinnen Wulffenbuttel gelegen. 

Der durchleuchtigsten durchleuchtigen hochge- 
bornen fursten und hem, hern Johanfriedrichen, 
herzogen zu Sachsen, des heiligen romischen 
reichs erzmarschalk und churfurst, landgraven 
in Doringen, marggraven zu hIeissen und burg- 
graven zu Magdeburg etc., und hern Philipsen, 
landgraven zu Hessen, graven zu Catzenelnbo- 
gen, Dietz, Ziegenheim und Niedda, unserer 
gnedigsten und gnedigen hern und der christ- 
lichen vorein. 
Wir, die verordenten stathalter und rethe zu 
Wulffenbuttel _o, embieten den ernwirdigen, er- 
barn, vesten, ersamen und achtbarn, allen ibten, 
probsten, priorn, ebtissin, priorinnen, hauptleu- 
ten, amptleuten, burgermeistern, rethen, gemein- 
den in stetten, baurmeistern und dorfmanschaf- 
ten uff dem lande, auch allen andern, die mit 
diesem brief ersucht werden, dieses fursten- 
thumbs Braunschweig, darinnen Wulffenbuttel 
gelegen, unser freuntlichen dienst und gunstigen 

grus und fuegen euch zu wissen, das wir von 
wegen und in nhamen und aus sonderm bevelh 
hochermelter unser gnedigsten und gnedigen 
bern und der christlichen vorein abgefertigt 
haben die ehrwirdigen, hochgelerten, ernvesten 
und erbarn doctor hern Johan Bugenhagen, ge- 
nant Pommer 3, Anthonium Corvinum 4, Magi- 
strum Martinum .5, Dietrichen von Taubenheim 6, 
Heinrichen von Steinberg 7, Jeorgen von Dan- 
nenberg 8 und Johann Hamsteten 9, das sie in 
allen abteien, probsteien, klostern, stiften, kir- 
chen, pfarren und klausen dieses furstenthumbs, 
darin Wulffenbuttel gelegen, die sein in stetten 
oder uffem lande gelegen, visitiren, inventiren, 
mit den personen in den klostern, stiften und 
kirchen uff christliche reformation handlen, sie 
von den klostern abfinden und die pfarhern 
examiniren, die pfarren nach notthurft bestellen 
und in dem allem christlichs einsehens und 
ordnung machen sollen, wie sie das weiter in 

Druckvorlage: Hs. LKA Wolfenbtittel, Nr.44"/, 
fol. 1--22; bei Kayser, Kirchenvisitationen, 
mit W bezeichnet. 
Es handelt sich urn: Bernhard von hill a 
(auch Myla), gest. nach 15"/0, Landvogt des 
Kurffirsten yon Sachsen, 1543--154/ Statthal- 
ter des Ffirstentums Wolfenbfittel; Christoph 
v. Steinberg, Angeh6riger der braun- 
schweigischen lRitterschaft, gest 15"/0; Lip- 
pold v. S t 6 c k h e i m, Angeh6riger des alten 
stiftshildesheimischen Adels; Wilhelm yon 
S c h a c h t, aus althessischem Adel, gest. 1553; 
Mag. Franz Burkhard, 1503--1560, seit 
1535 lat und Vizekanzler des Kurfrsten von 
Sachsen; Heinrich L e r s e n e r, 1506 -- 15"/6, 
Sekretir in der f(lrstl. Kanzlei des Land- 
grafen von Hessen, spiter auch hessischer 
Kanzler; als Vertreter der sichsischen Stid- 
te: Franz Kale, Brgermeister der Stadt 
Braunschweig. -- Vgl. Kayser, Kirchenvisita- 
tionen, S. 3, Anm. 1; zu B. v. Mila u. Chr. v. 
Steinberg vgl. auch F. Koldewey, Reformation, 
S. 328, Anm. 6 J. 

Dr. Johann Bugenhagen, geb. zu Wol- 
lin 1485, daher Pomeranus oder Pommer ge- 
nannt, gest. zu Wittenberg 1558, Generalsu- 
perintendent von Kursachsen. 
Mag. Anton Corvinus, geb, zu Varberg 
(Westf.) 1501, gest. zu Hannover 1553, Suler- 
intendent des Ffirstentums Calenberg-G6ttin- 
gen. 
Mag. Martin G 6 r I i t z (auch Gorolitius), gest. 
zu Jena 1549, Superintendent der Stadt Braun- 
schweig, spiter zu Jena. 
Dietrich v. T a u b e n h e i m, aus altem meil- 
ner Adel, Amtmann zu K6nigslutter. -- Vgl. 
Kayser, S. 8, Anm. 7. 
Heinrich v. Steinberg, gest. 1544, Bruder 
des in Anra. 2 genannten Christoph v. Stein- 
berg. -- Vgl. Kayser, S. 8, Anm. 8. 
Georg v. Dannenberg, gest. 1567, Obrist 
in Diensten Herzogs Ernst d. Bekenners und 
seiner S6hne. -- Vgl. Kayser, S. 8, Anm. 9. 
Johann H a m s t e d t, C-eheimsekretir Her- 
zog Heinrichs d. J., seit 1536 belehnt mit Burg 
Winzenburg (zwischen Alfeld und Ganders- 
heim gelegen). -- Vgl. Kayser, S. 8, Anm. 10. 

12 



Visitations-Instruktionen 1542 

hevelh haben und christlich sein wittier. Derwe- 
gen an stat und in nhamen hochgemelter unser 
gnedigsten und gnedigen hem und tier christ- 
lichen vorein an euch alle sampt und sundern 
unser gnedig begern, vor uns freuntlich pittend 
und gunstig begerend, wan die gemelte veror- 
dente visitatores bei euch sampt und sundern 
werden ankomen, die visitation und reformation 
furnemen, das ihr ihnen solchs unweigerlich 
gestattet, daran kein sperrung, eintrag oder 
vorhinderung thut, ihnen darzu forderlich und 
behulflich sein, auch darin christliche und bil- 
liche gehorsam und folge leistet und in dem 
allenthalben also haltet und erzaiget, dardurch 
diese lobliche und christliche visitation und 
reformation ihren strack furgang zu der ehre 
Gottes und vieler seelen heft gewin. Das woLlen 
yon wegen Ihrer Chur und F. G. und tier christ- 
lichen vorein wit uns zu euch allen und jeden 
sampt und sondern vorsehen und vor uns freunt- 
lich vordienen und gunstlichen erkennen. Wollet 
auch ihnen in den ampten, klostern und stiften 
hochgedachten chur und fursten und tier christ- 
lichen vorein zustendig futters und mhals, die- 
weil sie itzo bei euch seint, ausrichtung thuen 
Daran thut ihr Ihrer Chur und F. G. zuvorlessig 
meynung. Zu urkund geben unter unsern ange- 
bornen petschaften vorsiegelt zu Wulffenbuttel 
den 9. tag Octobris anno 1542. 

Instruction, 
so an stat und aus sonderm bevelh der durch- 
lauchtigsten und durchlauchtigen hochgebornen 
fursten und hem, hem Johanfriedrichen, herzo- 
gen zu Sachsen, churfursten etc. und burggraven 
zu Magdeburg und herrn Philipsen, landgraven 
zu Hessen, graven zu Catzenelnbogen etc., unse- 
rer gnedigsten und gnedigen herrn, wit, Ihrer 
Chur und Furstlichen Gnaden und der christ- 
lichen vorein verordente stathalter und rethe, 

den erwirdigen, wirdigen, hochgelarten, era- 
vhesten, gestrengen und erbarn hem Johan Bu- 
genhagen, der heiligen schrift doctor, ern Antho- 
nio Corvino, Magistro Martino Gorolitio, Diet- 
rich yon Taubenheim, Heinrichen yon Steinberg, 
Georgen yon Dannenberg und Johan Hamstet, 
welche zu einer christlichen visitation dieses 
eroberten furstenthumbs 10 der pfarrer, prediger, 
kaplan, schulen, schulmeister und etzlicher an- 
der sachen halbert verordent, zugestelt haben, 
auf welche sie und wie es sonsten die gelegen- 
heit ihrem selbst bedenken nach erfordern wir- 
det, christliche verordnung und schaffung thun 
mogen und sollen. 
Und erstlich 11 sollen gemelte vsitatorn sich 
an bequeme pletz und stet dieses eroberten 
furstenthumbs zusamen verfugen und zu ihrer 
ankunft heupt- und amptleut, die yon der ritter- 
schaft, die rete der stette, auch die alterleute 
und vogte der dorfschaftan neben ihren pfar- 
rern und custom, desgleichen die ebte, probste, 
capitLele etc., und was mher vor personen sie 
nach gelegenheit eines jeden orts zu erfordern 
bedenken werden, zu sich uff eine namhaftige 
stunde bescheiden, mit vormeldung, das sie ihnen 
an stat hochgemelter unser gnedigsten und gne- 
digen und der christlichen vorein ein anzeig 
gethan 12 und darnach ferner vermoge ihrer 
habenden instruction zu handeln. Und wan sie 
also erscheinen, sollen sie ihnen ein christliche 
vorhaltung thun, wie sie dieselbige als die vor- 
stendige wissen zu bedenken oder uff eine solche 
meynung ungeferlich, nemlich: 
Nachdem sunder zweifel der ewig barmherzig 
Got hochgemelten unsern gnedigsten und gnedi- 
gen hem und der christlichen voreynung die 
eroberung dieses lands nicht am wenigsten da- 
rumb vorliehen, das er die unterthanen dessel- 
ben aus der vorfurung des babsthumbs und des 
yon Braunschweig 13 tiranney, deren er sich nu 

'* Herzogtum Braunschweig-Volfenbtittel, 1542 
erobert dutch die schmalkaldischen Bundes- 
ftirsten (Eroberung der Feste Wolfenbtittel 
am 12. August). -- Vgl. W. Havemann, II, 
S. 238 ff.; J. K. F. Schlegel, Kirchen- und Re- 
formationsgeschichte II, S. 186; F. Koldewey, 

Reformation, S. 249, C. A. H. Burkhardt, S. 
298 f.; J. Beste, S. 42 f. 
Von hier ab auch gedruckt bei C. G. H. Lentz, 
S. 224-- 235. 
Kayser, S. 11: zuthun 
Heinrich d. Jtingere, 1514--1568. 

13 



Visitations-Instruktionen 1542 

Abet die jungen 15, so sich der christlichen 
visitation halstarrig oder widersetzig erzaigen 
wurden, die sollen uff den pfarren und bei der 
seelsorgen nicht gelietten, sundern ihnen ange- 
zeigt werden, das sie sich furderlich an andere 
orter begeben solten, bei vormeidung ernster 
straff trod an derselbigen star werden die visi- 
tatorn andere zu vorordenen wissen. 
Es sollen auch gemelte visitatores und sunder- 
lich in der stetten vleissige erkundigung haben, 
ob etwa geistliche oder weltliche personen vor- 
handen weren, so den irthumb des widertaufs 
oder wider das hochwirdige sacrament des leibs 
und bluts Christi unsers heilants verwandt und 
anhenhig weren, dieselben vor sich durch den 
rath der star erfordern lassen, solche personen 
berurte oder ander irthumb halben, uff was 
meynung die vormerkt wurden, ansprechen und 
durch christlichen unterricht davon abwenden. 
Welche aber uff solchem ihrem bericht yon 
ibren irthumen nit wolten abstehen, den sollen 
sie anzeigen, das sie sich aus diesem fursten- 
thumben und landen one verzug sollen thun. Und 
dem rath der star, darinnen solche leute be- 
funden wurden, aus kraft dieses bevelhs gewalts 
ernstlich bevelhen, solche leute zu heften und 
ins gefengnus zu nemen und uns solchs unvor- 
zuglich zu erkennen geben. Darauf wir ihnen 
alsdan bevelh geben wollen, was straff wider 
sie furgenomen sol werden. 
Und an allen ortern sol den pfarnern, predi- 
gem, diaconen, schulmeistern, so sie jedes orts 
verordenen, gesagt und angezeigt werden, das 
sich keiner unterstehe, anderst zu leren, pre- 
digen, oder der sacrament und ceremonien hal- 
ben anders zu handeln, dan nach vormuge Gots 
wort und in der einfalt, wie die lere yon unsern 
gnedigsten und gnedigen bern und der christ- 
lichen vorein dieser zeit, darinnen Got sein 
gnade gethan und gegeben hat, angenomen und 
vor der r(mischen kaiserlichen majestet und 

dem ganzem reich uff dem auspurgischen reichs- 
tag bekant haben. 
Es sollen auch die visitatores den pfarnern 
oder predigern, die sie jedes orts verordenen 
oder bestettigen werden, bei dem, wie itzt be- 
rurt, welter sagen, auch den rethen der stette 
solchs vormelden und die burgerschaft in ihrer 
gegenwart nach der predigt offentlich uff der 
kanzel verkundigen und vorkundigen lassen, das 
hochgemelte unsere gnedigste und gnedige hem 
und die christlichen vorstentnus in diesem fur- 
stenthumen und landen keine widerwertige lere 
noch breuche gedechten zu gedulden oder zuzu- 
lassen. Wo auch daruber jemands gespurt wur- 
de, das er solcher verordnung zu entgegen pre- 
digen, leren oder mit sacramenten anders zu 
halten oder darwider ernstlich schimpflich oder 
lesterlich zu reden, er were geistlich oder welt- 
lich, sich unterstehen wurde, das gegen ihn 
dieselbe ernste straff sol furgewendt werden. 
Wurde auch befunden, das der personen, der 
man jedes orts zur seelsorg oder schulen wol 
notthurftig nit genugsam weren, so sol uff die 
wege gedacht werden, damit an geburlicher an- 
zall nit mangel sey. Und so die visitatores als- 
bald mit der visitation solche anzall notthurfti- 
get personen ditzmal nit mochten ersetzen, so 
sollen sie doch darinnen allen muglichen vleis 
thun, dieselben zu erlangen, auch anher den 
mangel zu erkennen geben. 
Volgends sollen sich die visitatorn erkunden, 
was die pfarrer jedes orts an liegenden und 
farenden guttern bis anher gehabt. Item, was 
an ordentlichen ziensen, detzem und andern 
gulten darzu gehorig sey. Item, was allenthalben 
und jedes orts zu seelgereten, exequien, begeng- 
nussen, messen und bruderschaft, calende 
salve 17 und dergleichen stiftung verordent. 
Item, dieweil sich in etlichen stetten Augustie- 
her, Franciscer, prediger und dergleichen bett- 
lerkloster, auch thummereyen 18 erledigen wor- 

15 Kayser S. 12: diejenigen. 
16 Vgl. dazu Rehtmeyer I, S. 149 ff. 

1 Marienstiftungen, vgl. L. Eisenhofer, Handb. d. 
kath. Liturgik. 1933, II, S. 554. 
18 Domereien. 

15 



Wolfenbi]ttel 

den, was dieselbigen zugehoriger gutter gebeuden 
und zienst gehabt, wieviel geist:icher leben und 
vicareyen an jedem oft gestiftet, werae dieselbi- 
gen zu vorleihen geburen und wet die bis anher 
vorliehen gehapt, auch was davon gefallen wurd, 
so die belehnten personen wurden absterben. 
Und nachdem viel leben und pfrunden etz- 
lichen personen dieses furstenthurabs vorliehen 
sein sollen, welche ganz nichts davon thun, 
noch der kitchen dienen, anders dan das sie dero 
einkomen nemen, dardurch die rechtschaffenen 
prediger und seelsorger ihrer belonung beraubt 
wurden, so sollen die visitatoren gelegenheit 
der personen hirinne geburliche einsehung thun 
und verschaffung thun und auf die einkoraen, so 
alberait vorledigt sein worden, sollen sie sura- 
rairen, was in ein jeder stat jerlich davon gefal- 
len wolle und wie hoch sich die suraraa er- 
streckt weft 1.% Und darauf nach anzal der per- 
sonen, so raan jedes orts zu den kirchen auch 
schularaptern notthurftig sein wird, die besol- 
dung ordenen. Und in allewege sollen die visita- 
torn die besoldung in den stetten also raachen 
und ordenen, das den pfarnern, predigern und 
kirchendienern solche provision angesetzt und 
verordent, davon sich beweibte und unbeweibte, 
wie eins jeden gelegenheit sein wirt, ehrlich und 
woll konne erhalten. 
Und sunderlich solte nit ungut sein, obgleich 
in etlichen stetten die pfarren rait eckern, 
wischen und solchen guttern gewiederabt l:'a wor- 
den, das die nutzung auf der haussorge und sol- 
cher ratthe stunde, das solche ecker, wiesen und 
gutter urab ein jerlich gelt gnant und ziens 
ausgethan und dera pfarner ein genants an 
geld und korn jerlich dargegen verricht solt 
werden. 
l=teicht es abet uff solche anzall der not- 
thurftigen personen zu bequeraer und gebur- 
licher besoldung nit zu und wurde also der 
besoldung halber raangel furfallen, so sollen 
die visitatorn solchs in unterschiedlich vor- 

zeichnus bringen und uns an stat unserer gne- 
digsten und gnedigen hem und der vorstandnus 
berichten, als wollen wit unserra habenden be- 
velh nach allen rauglichen vleis ankeren, darait 
yon den stiften und vorledigten klostern, vica- 
reyen, leben etc. denselbigen bequerae und not- 
thurftige zulage geschee, his solang sich andere 
lehn oder vicareien vorledigen. 
Nachdera auch in stetten und flecken etliche 
sundere burger, dergleichen etliche vora adel 
lehen zu vorleihen oder sunst etliche stiftung 
zu thun haben, der sie sich zu ihrera :nutz 
unterziehen raochten wollen, wo es nit vorko- 
raen wurde, derselbigen lehn und stilt halbert 
sollen die visitatorn verordenen, wan sich solche 
lehn dutch absterben der itzigen inhaber und 
priester vorleddigen oder berurte gestfte dutch 
diese verordnungen fallen, das alsdan solcher 
lehn und gestifte aufkoraen nit zu der stifter 
oder ihrer erben nutzungen, sunder zu welter 
enthaltung der kirchendiener, studenten und ar- 
raen leuten hinfurt gereicht werden. 
Es sollen auch die visitatores den innehabern, 
so bisher solche gaistliche lehen zu vorleihen 
vertrostung thun, das unser gnedigste und gne- 
dige hem hochgmelt bedacht sein, rait gotlicher 
vorleihung ein weiter verordnung zu raachen, 
darait dannoch ihnen oder ihren kindern im fall 
der notthurft vor andern davon hulf gethan 
und gereicht sol werden. 
Wo auch kloster oder andere geistliche yon 
den pfarren in den stetten bisher pension ge- 
hapt hetten, die sollen die visitatores abschaf- 
fen und verfugen, darait dasselbe, was pension 
bisher berurten klostern oder geistlichen ge- 
folget, den pfarrern und kirchendiener hinfurder 
pleibe. Dieweil auch ira bapsthurab ein person 
oft zwey, drey oder raher geistlicher lehn an 
sich gebracht und nut doch an einera ort auch 
ausserhalb lands residiren, solche leben, daruff 
dieselbige personen in den stetten nit residirt, 
sunder dutch officianten bestelt, derselbigen 

19 Kayser S. 14: erstregken wirt 

1.'% = gewidraet, ausgestattet, vgl. Grram, Dtsch. 
W6rterbuch, Bd. 4, Abt. 1,3 S. 5787. 

16 



Wolfenbtittel 

brauchen und dem alsdan zu entscheidung sol- 
cher sachen volgen und nachgeben, bis das 
weiter verordnung gemacht, vie in solchen ehe- 
gescheften und kirchensachen moge kunftiglich 
volfaren und gehandelt werden. 
Item, es sollen die prediger und pfarrer ver- 
mant werden, das yolk christlich und recht zu 
leren und auch zu billichen gehorsam zu vor- 
marten, ihrer gethanen eid und pflicht unsern 
gnedigsten und gnedigen hern und der christ- 
lichen vorstentnus mit vleil3 zu erinnern und 
sich derselbigen feinde und widervertigen, sun- 
der herzog Heinrichs prakticken genzlich zu 
entschlahen und als frommen getreuen unter- 
thanen zu halten, damit sie bei der reynen lere 
des evangelii pleiben mogen, xvie dan die visi- 
tatores solchs wol fuglich werden zu erinnern 
wissen. 
Daruber sol auch den predigern und pfarnern 
angezeigt werden, ihres ampts zu gevarten und 
sich veltlicher handlung und regiments, auch 
eusserlichen hadersachen, so viel billich, zu 
enthalten. Dan ob es wol ungezweifelt yon ihnen 
christlich gemeint, so sich 22 bisweilen der leut 
sachen annemen, dieweil sich aber ungehorsam 
und ander unrichtigkeit davon zutregt, ist bes- 
ser, solcht unterlassen. Dan gelangt an sie, das 
etwo einem armen oder anderm zu seinem 
rechten nit geholfen oder derselbig zur billig- 
keit nit geschunt, auch laster und ubelthat nit 
gestrafft wert, so werden sie, so viel sich ge- 
zimbt, wol geburlich und fugliche verwarnung 
und vermahnung derwegen zu thun wissen. 
Und beschliel31ich und entlich das die visita- 
tores hiruber mangel und anders spuren oder 
an sie gelangt wirt, darinnen sich vor Got und 
der oberigkeit wegen geburen will, einsehung 
zu thun, darinnen sollen sie nach ihrem christ- 
lichen bedenken solchs furzunemen und zu vor- 
ordenen in habender zuvorsicht uff diesem be- 
velh und abfertigung furnemen, handlen und 23 
an sie gelangen oder furfallen vorden, als die, 
denen unsere gnedigste und gnedige hern und 

die christliche vorein in solchen wichtigen utd 
dapfern werk gnediglich vortrauen vleys nichts 
erwinden lassen, zu halten und zu erzeigen 
wissen. 
Was auch der kloster und prelaturen halber 
dieses Iurstenthumbs, und wie die zu bestellert 
und zu vorwalten sein sollen, unsere gnedigste 
und gnedige herrn gemut und wille sey, solchs 
werden die visitatores aus den artickel Ihrer 
Chur und F. G. unser zu gestalten instruction, 
welche copeien ihnen alhie zu Wulffenbuttel 
ubergeben, zu vornemen befinden und sich dar- 
nach zu richten und zu halten wissen. 
Und sollen die visitatorn alle ihre handltmg 
in vorzeichnus bringen und in sonderheit der 
pfarren einkomen und notthurftigen zulagn 
ordentlich zu vorzeichnen ingedenk sein, und 
solchs alles anher fertigen mit notthurftigem 
bericht, damit an stat und yon wegen unserer 
gnedigsten und gnedigen herrn und die christ- 
liche vorein, wir ob ihren verordnungen unl 
handlungen dester bas zu halten, und so je- 
mants darinnen beschverungen furwenden wolt, 
und gegen denselbigen mit geburlicher abwei- 
sung und antwort haben zu vornemen lassen. 
An dem allen thun sie unsern gnedigsten und 
gnedigen herrn und der christlichen vorein zu 
gnedigem gutten gefallen auch derselbigen gne- 
dige und gunstige meynung. Zur urkund mit 
unsern hirunten uffgedruckten secreten besie- 
gelt. Geben Wolffenbuttel, den zehenten tag des 
monats Octobris anno 1542 

Volen die artickel, wie die kloster und pre- 
laturen dieses furstenthumbs bestelt und 
verwalt sollen werden. 

Und nachdem sunder allen zweifel tier exg 
barmherzig Got uns und der christlichen vor- 
eynigung die eroberung dieses landes nit am 
wenigsten darumb vorliehen, das er die unter- 
thanen desselben aus der vorfurung des baps- 
thumbs und des yon Braunschweig tiranney, 

22 Kayser S. 17: so [sie] sich. 

-3 Nach Ansicht yon Kayser, S. 593, wire hier 
zu ergfiaazen: ,,in allen Sachem so." 

18 



Wolfenbtittel 

lassen werden. Dan wir und die vorwanten der 
christlichen voreynigung betrachten, dieweil viel 
alter vorlebten personen in dem kloster ane 
zweifel sein, die ihr leben lang unterhalten 
mussen werden, so kan die bestallung nit bes- 
ser dan durch die monche selbst und doch uff 
rechenschaft beschehen, zudeme das sie ihrer 
klosterguter gelegenheit und bestallungen, wie 
man dan oft gut hauswirt darunter findet, an 
nutzlichsten zu thun wissen. 
Weren abet monche darunter, die aus den 
klostern wolten und geschickt weren, pfarren in 
flecken oder dorfern zu vorwalten, die werden 
die verordente visitatores darzu wol zu furdern 
wissen. Doch sol ein billiche abfertigung aus 
dem kloster, darin ein jeder gewest, gegeben 
werden. Und so oft solchs furfiele, konten es 
stathalter und rethe unsers erachtens dohin 
richten, wo kein barschaft im kloster vorhanden 
oder befunden, das sich die ebte oder probste 
mit denselben vortrugen und ihnen uff ein mhal 
ein abfertigung geben oder jerlich soviel, das 
die summa solcher abfertigung erreichte. 
Nachdem wit glaublichen bericht worden, 
solchs auch im werk etzlichermass befunden, 
das sunderlich die nonnen, so im lande plieben, 
ihrer kitchen und klosterkleinotten, barschaft, 
farung und getreidich vor unserm anzug auch 
aus dem lande geschickt, so sollen stathalter 
und rethe mit denselben oder ihren vorstehern 
in gleichnus reden und mit ihnen verschaffen, 
wie oben ungeferlich der ebte und probste hal- 
ben gemeldet, ane allein sollen sie mit der hul- 
digung verschont werden Abet solche vorsteher 
sollen solche huldigung leisten. 
Wurden auch in den jungfrauenklostern junge 
personen vorhanden sein, die sich heraus und 
zum ehelichen stand wolten begeben, wie dan 
die visitatorn wol vormerken werden, und wol- 
ten dasjenige, was sie in die kloster bracht 
oder ihnen hinein angestorben were, oder sunst 
ein abfertigung haben, so sollen stathalter und 

rethe uff der visitatorn anzeig denselben perso- 
nen darzu soviel muglich furderung thun, das 
sie ein ziemlichs und muglichs nach vermugen 
des klosters zur abfertigung bekomen, oder das 
es damit geordent werde, wie droben der mon- 
che halber, so aus dem klostern begeren werden, 
gemeldet. 
Und was an kleinotten und barschaft zur hand 
wurde bracht oder in kloster und stetten befun- 
den werden, das sollen stathalter und rethe in ein 
wolvorwart gewelb zu Wulffenbuttel beisetzen 
und einem iglichen kloster ein vorzeichnus yore 
inventario zukomen lassen, auch was also bei- 
gesatzt, eigentlich beschreiben und uff die negste 
zusamenkunft unser und den eynungsverwanten 
davon copeien und bericht zuschicken. 
Wurde auch der adel im lande sich berurter 
beisetzung der kleinotter beschweren wollen, 
wie dan bereit etzlicher mal vormerkt worden, 
so sollen ihnen stathaltgr und rethe und bevel- 
haber diesen bericht geben, das die beisetzung 
"zu mherer verwarung beschehe, darumb wurden 
sie unsers erachteas kein beschwerung darin 
tragen, dieweil auch schwerlich alles yon den 
often, dahin die geistlichen berurte kleinotter 
geflohet, wider ins land und zur stedte wurde 
bracht werden. 
Nachdem auch die yon der ritterschaft der 
compthur halbert zu Lugklem und Suppling- 
burg 27 uff negsten landtage zu Braunschweig 
schrieftlichen ein anzeigung und furbitt gethan, 
das wit und die eynung dieselben zur erbhul- 
digung gleich ihnen den yon der ritterschaft 
wolten komen und sie bei der vorwaltung comp- 
tereyen und der zugehorigen gutter bleiben 
lassen, so sollen stathalter und rethe dieselben 
cumpthurn furderlich bescheiden und ihnen diese 
anzeigung thun, nemblich: wo sie furderlich ge- 
melten stathalter und rethen, auch den bevelha- 
bern alle gutter ihrer comptoreyen, auch der- 
selben tenth und einkomen, auch ihrer kirchen- 
kleinotter glaubwirdig wurden verzeichnet geben, 

Die Verwaltung der Komtur Lucklum hatte 
Burchard v. Pappenheim, die der Johanniter- 
kommende zu Sfipplingcnburg Matthias Dt}rg- 

ke inne. -- Vgl. F. Koldewey, Reformation, 
S. 265; zur Literatur fiber Lucklum und Stipp- 
lingenburg vgl. ibid. S. 333, Anm. 24. 

2O 



2. Christlike kerken-ordeninge im lande Brunschwig, Wulffenbfittels deles 
1543 Wittemberg I 

Gottlike und christlike ordeninge in den ker- 
ken unses Heren Jhesu Christi ys twyerleye. De 
erste ys allene van Gade ane rniddel, Gades wort 
trod befehel. De sind wy christenltide schtildich, 
also tho lerende und tho holdende by verlust 
rinser seelen salicheit. Und nernand hefft rnacht, 
xven ok ein engel uth dern hemrnel were, solke 
ordeninge tho voranderende. De andere ys ok 
van Gade, 6verst nicht ane rniddel, sunder d6rch 
de propheten, apostele, bisschoppe edder par- 
heren, de dat yolk rnit Gades worde leren, ge- 
setter und geordineret, der ersten ordeninge tho 
gude. In welcker nach gelegenheit edder nottorft 
umb der ersten ordeninge villen roach wol wat 
gewandelt werden. Van beclerleye secht Paulus 
1 Corinth. 11, dar he vain sacrarnente secht: 
Van der ersten also: lck hebbet varn Heren 
Christo entfangen, dat ick ju gegeven edder 
geleret hebbe. Wente de Here Jesus Christus in 
der nacht, do he vorraden wart etc. [1. Kor 11,23]. 
He wil dar also seggen: Van Christo hebbe ickt 
also entfangen, dat rn6the wy also leren und 
holden bet thorn jringsten dage. Und hen apo- 
stel edder ander rnynsche, hen engel edder 
drivel rnach dat anders vorordenen edder rnaken 
mit dern sacrarnente. Alse he ok klarlick secht 
also: So vaken gy van dissem brode ethen und 
van dissem kelcke des Heren drinken, sch61en 
gy den doer des Heren verkrindigen [1. Kor 11,26] 
(alse Christus secht: dat doht tho rnyner ge- 
dechtnisse [Luk 22,19]} bet so lange, dat he 
krimpt, das ys, bet thorn jfingesten dage. Wo 
6verst solcke unvorwandelike ordeninge Christi 
by uns geholden ys mit den offerrnissen und 
fegefeuresmissen, ys nu {Gade sy loff} d6rch 
dat leve evangelion arn dage. Und yd bedarf 
nicht veler w6rde, wen men den misbruck holt 
gegen dat klare befehel und insettent und orde- 
hinge unses Heren Jesu Christi varn sacra- 

mente, xvelcke de leven apostele Christi so ge- 
leret und mit den rechten Christen geholden 
und der hilligen christenheit tho lerende und 
tho holdende bevolen hebben, alse dat klar steit 
geschreven 1. Corin. 11. [23--26]. 
Overst van der anderen ordenunge secht dar 
Paulus also: Gy Corinthere komen ergerlick 
thosamende, wen gy tho Gades worde und thorn 
aventrnale Christi kornen, dat is nicht recht. 
Darurnrne, rnyne br6dere, wen gy thosamende 
komen tho ethende, so th6ve de eine na dem 
andern etc. [1. Kor 11,33]. Item, dat ander wil 
ick ordenen, wen ick kome [1. Kor 11,34]. XVat 
is dat andere? Dat is, war Godt und Chrmtus 
nicht sunderlick geboden, bevalen, ingesettet 
und vorordenet hefft und denet doch, dat men 
ehrlick tho solcker gadesordeninge thosarnende 
karne und dat alle dinge dar 6rdentlick und 
christlick xverden utgerichtet, alse sehr klar 
is uth dern ganzen capittel 1. Corin. 14, dar 
he ok also beslrith: Later alle dmge (wen gy 
thosarnende karnen) trichtichlick und 6rdentlick 
thogaen [1. Kor 14,40]. Solcke g6dtlicke orde- 
hinge n6met Paulus tho den Tessalonikeren: 
traditiones apostolorum [2 Thess 2,15; 3,6], war 
se gesettet und vorordenet hebben, der ersten 
ordeninge Gades tho gude. Wo wol Paulus dar 
mit dern xvorde traditiones nicht allene de 
andere ordeninge nennet, sunder ok de erste, 
xvelcke se alse apostele rnosten 6vet de ganzen 
werlt leren und bevelen tho holdende, alse dat 
klar is, dar he vain sacrarnente secht: Ego accepi 
a Domino, quod et tradidi vobis [1. Kor 11,23], 
dar h6ret men wol, vat traditiones apostolo- 
rum sind. Doch willen vy noch klarer reden van 
dissen beiden gadesordeningen. 
lECHTE LERE UND GADES WOIT] De erste 
ordeninge und de vornehmeste, alse gesecht is, is 
van Gade ane rniddel, welcke is Gades lere, de 

1 Druckvorlage: Druck von 1543, XVittenberg bei 
Georg lhau. Expl. der Nieders. St. u. U. B. 
G6ttingen {Jus. statut. V 7633). Quart, 90 Bll. 

22 



Kirchenordnung 1543 

sacramente van Christo bevalen und wat stis 
dartho gehSret, alse dat wy willen, dat in unsen 
kerken Gades wort, nSmelick dat gesette und 
evangelion reine und lutter geprediget werde. 
Dat me de sacramente geve und neme, alse yd 
Christus bevalen hefft und alse yd de apostele 
geleret und de hillige apostolische christenheit 
angenamen, gelSvet und geholden hefft, dat 
men de kindere recht lere vain geloven, den se 
spreken, dat se in Christo blyven, de in Christum 
gedofft sind, das men den christliken catechis- 
mum recht lere und drive, daruth unse kindere, 
ok de olden, ok fSrsten und heren, eddelltide, 
bure, bSrgere leren und vorstendich mSgen wer- 
den, war doch ein christen wesent sy, dat se 
nicht blyven gravianen, alse se vorhen weren 
in der papisterye, dar se gude Christen veren, 
allene darvan, dat se des Frydages nicht flesch 
ethen und tSgen des Sondages einen andern rock 
an und segen, dat de pape vor dem altare stund. 
Mehr wusten se nicht. Item dat men ok tier 
kercken- und scholendenere, ok arme ltide vor- 
sorge. 
Dit alle, alse gesecht, is jo nicht mynschen- 
ordeninge. Wente dar kome wy vele tho spade 
tho und wSrde frylick ok nemand darvan we- 
then, alse denne dat evangelion van ewicheit 
vorborgen is geweset und dSrch de apostele und 
predikere bet thorn jtingsten dage geopenbaret 
werd denjermen, de salich werden, Iom. 16 
[25 f.], Eph. 3 [5] etc. Stinder wen wy solcks 
setten und vorordenen, so folgen wy der orde- 
hinge Christi, rinses Heren. Alse he is unse enige 
salichmaker und gewisse heiland, so is he ok 
unse enige lerer und meister, darvan Godt, de 
Vader, rSpt uth dem hemmele: Dit is myn leve 
SSne, dissen schSlen gy hSren [Luk 9,35]. Und 
he secht stilven Joh. 10 [27]: Myne schape hSren 
my-hen stemmen. 
Christus, de SSne Gades, hefft bevalen {Marci 
ultimo), dat evangelion tho prediken allen crea- 
turen [Mk 16,15]. He hefft angerichtet die dSpe 
und syn aventmahl und darneven bevalen, dat 
men de sacramente geven und nehmen schal na 
syner ansettinge und bevehele und nicht anders. 
Wente wedder dat evangelion und insettinge 

Christi schal men nemand hSren, ok nicht einen 
engel yam hemmel, alse Paulus wol darf reden 
Gal. 1 [8]. Christus secht ok Joh. 10 [5]: Myne 
schape h6ren nicht der frembden stemmen, sun- 
der flegen yon en. 
CONCILIUM] Worumme villen denne wy unbe- 
dachten ltide wachten bet so lange, dat concilia 
geholden verden7 Wy mSchten wol vechsterven 
in middeler tydt in unsem ungeloven und godt- 
losen wesende Consilia und mynschenordeninge 
kSnen doch nichts schaffen edder setten gegen 
de ordenige Gades. Willen vy noch tho rade 
gan, efft men ok annehmen schal Gades wort, 
dat evangelion Christi und synen bevehel7 XVenn 
willen vy denne salich werden7 Wol van Gade 
nicht vethen wil in synem vorde, van deme 
werd Godt wedderumme nicht wethen und werd 
en holden vor einen vordSmeden heiden, alse 
Christus secht Matth. 7 [28]: Wyket van my alle, 
gy 5veldeder. Ick hebbe ju newerlde erkennet. 
Wen t}verst de concilia vordSmeden de dtivels- 
leren und settinge des antichristes, van velckem 
Christus trod Paulus gewissaget hebben, welcke 
wissaginge is leder altho war geworden (wente 
Christus und de hillige Geist in den propheten 
und apostolen kan nicht legen) und lereden dar- 
beneven und gebSden tho prediken dat evange- 
lion Christi reyne, ok recht uththodelende de 
sacramente na dem bevehel und insettinge 
Christi, alse de apostele geleret und mit den 
rechten Christen gedahn hebben, so wolden wy 
frylick seggen, dat yd godtlose und nicht 
christenltide weren, de sSlcks nicht wolden an- 
nehmen. Overst na solckem concilio hebben wy 
nu lange, jodoch vorgeves gebeidet, tuns is vele 
thogesecht, 5verst de papisten kSnnen nein 
christlick fry concilium lyden. Se wolden gerne 
vele lever blyven in 5hrem gruwel vor Gade 
und in 5hrem unflathe vor der werlt ane hillige 
schrift und ane Godt. 
DAT RECHTE EVANGEL1ON] De papisten 
seggen nu also: Wy vorbeden dat evangelion 
nicht, 5verst gy schSlen ein ordel vorxvachten 
van den unsen und van uns, efft id ok dat 
rechte evangelion sy, dat gy prediken und leren. 
Darup is unse antvort: Wy fragen nichts darna, 

23 



Wolfenbtittel 

dat se also spelen mit wSrden und uns falslick 
beklagen_ By uns werd nu gepredickt dat rechte 
evangelion, dat den bedrbveden conscientien 
ktindiget ummestis vorgevinge der sunden, allene 
umme Christus willen, des Sons Gades, de vor 
uns vorraden und gedSdet is geworden. Nadem 
de sunde dermathen nu is wechgenamen, werden 
wy rechtverdich und erven sowol dat ewige 
leven alse alle ander gadesgtidere, alse de leven 
kindere, gelevet van Gade, dem Vater, in ewi- 
cheit, in dem geleveden SSne Gades (Eph. 1 
[4 f.]), dSrch welcks Geist (wenn wy dat evan- 
gelion hOren und leren) wy den geloven ent- 
fangen. So nu Godt de Vader uns den SSne ge- 
geven hefft {Fibre. 8 [32]), wo schblde he ok nicht 
in em und mit em uns alle ding gegeven heb- 
ben? Dat is dat rechte ware evangelion trod dar- 
bcneven nein ander nicht. 
BOTE] Overst vor solckem evangelio prediken 
wy und lathen prediken penitentiam, dat is, 
bore 2 edder betteringe, alse Johannes Baptista 
gedahn und Christus bevalen hefft: Doht bote 
edder betert ju etc. [Mk 1,15; Mt 4,17], dat de 
10de eren erdom, ungeloven, godtlose wesent, 
sunde und fell erkennen, erschrecken vor Gades 
gerichte, sehen, dat se dem drivel in de hand 
gekamen, vordSmet synt thorn ewigen dode int 
helssche vtir. XVerm solcke donnerslege dSrch 
dat predikent des gesettes Gades edder der bote 
5vet uns arme sundere ktimpt, wor willen wy 
denne blyven? denne sind wy vor Gade rechte 
arme ltide. So ktimpt define dat leve evangelion 
uns sehr willekame, welck uns thosecht vorge- 
vinge der sunden dSrch Christum und allene 
dbrch Christum, so wy an en gelSven. Dat her 
denne, alse Christus secht Matth. 11 [5]: Pau- 
peres evangelizantur. Den armen werd dat evan- 
gelion geprediket. Solcke lere und ordenunge 
hefft Christus bevahlen Luc. ultimo [Luk 24,47]. 
Nemlick tho prediken de bote edder beteringe 
und dartho vorgevinge der sunden im namen 
Christi. 
KEIKENDENEIE] Gelick nu alse uns dat hil- 
lige evangelium werd van Christo stilvest vor- 

ktindickt, wowol dSrch den round des kerkendeo 
ners edder predikers, also nehmen edder ent- 
fangen wy ock de dpe und sacrament van 
Christo Jesu stilvest, de se uns gifft, wowol 
dSrch de hand des deners Christi na der in- 
settinge und bevehel des Heren Christi. 
DE FtECHTE GADESDENST WEDDEFt MIN- 
SCHENLEIE] Wat schSlde uns nu feylen, dat 
wy nicht dat ware evangelion hebben7 Synt wy 
doch gedbpet und dSrch den geloven in Christum 
mit Gade vorsSnet und Gades kindere geworden. 
Wy bekennen, dat wy gelSven, wy leren unse 
kindere, wy anropen, beden und danken Gade, 
hSren gerne syn wort und blyven in dem be- 
stendichlick. Dit is de rechte ware gadesdenst, 
in den ersten dren gebaden Gades gevatet und 
gebaden, van welckem de ltide nicht wethen wil- 
len und spelen dewile mit andern gadesdensten 
und ordenen, van mynschen erdacht, gefunden 
und gelogen. XVedder welcke Christus hIatth. 15 
[9] uth dem Jesaia [29,13] secht also: Se denen 
my vorgeves (sprickt Godt), dewile se leren 
mynschenlere und mynschengebade. Sint dat 
nicht klare wSrde7 
TIACTAT VON FtECHTEN GIfDEN XVEFtIxN 
DEI KINDEFtN GADES] Wen wy dem evangelio 
gelSven tho vorgevinge der sunden und synd 
kindere Gades geworden, dat xxy kSnnen Godt, 
unsen leven Vader anropen im namen Christi in 
alle unsen nSden lyves und der seelen, so werd 
uns ock darna geleret van guden werken und 
enem christliken levende uth dem gesette Gades, 
dat is uth den tein gebaden Gades. "Vente dat 
synt allene gude verke inwendich vor Gade und 
uthwendich vor den ltiden, de uns werden ge- 
baden in den rein gebaden Gades, dar hebben 
wy mehr tho dSnde gegen Gade und gegen den 
ltiden, den wy uthrichten kSnnen Mynschen- 
gebade, falsche gadesdenste, erdachte werke, 
gedichtede und erlogene hillicheit sind nicht 
gude werke, sunder warhaftige bylove und aff- 
gSderye. Item uns werd ock geleret van der 
gedult, yon dem kri2tze, van dem gehorsam der 
overicheit und dat de Christen allene 

.o _-- Bulge. 

24 



Kirchenordnung 1543 

sette hebben, alse de leve, dardSrch ein ider 
na syner esschinge 2a denet anderen lfiden und is 
des gewisse, wat he also andern deit, dat he 
dat Christo sfilvest gedan hefft, Matth. 25 [40]. 
Wolde Godt, dat wy s61cke gude frfichte als 
gude bSrae edder de leven kinder Gades k6nden 
bequeraelick tho syner tydt hervorbringen, Gade 
tho eheren, de solcks van uns rait synen rein 
gebaden fordert und unsera negsten tho denste, 
de solcks wol bedarf. 
DUERBAR 3] Solcke gude werke, von Gade 
gebaden, gefallen sehr wol unsera leven Heren 
Gade, unsera heraraelschen Vadere, und unsera 
leven Heren Jesu Christo, dera S6ne Gades, und 
so wol, dat he se ok tydtlick und evichlick be- 
lonen wil, alse he gnedichlick vakene thoge- 
secht und vorheten hefft in der hilligen schrift. 
Nicht dat unse werke solcker bel6ninge werd 
sind und wy solckes vordenet hebben, sunder 
urarae syner thosage willen, an welcker Gade 
raehr gelegen is, den an herarael und erde. 
UNVULKAMEN UND UNREIN] Overst solcke 
gude werke, de Godt in der ersten und anderen 
tafelen gebaden hefft (velckere heten: Codt 
leven und unsen negesten leven) sind nicht 
by uns vullenkaraen, ja, dat alderringeste dohn 
wy van reynen herren, velck d6rch den geo 
loven (vorhen ehr wy gude verke dohn konnen} 
gereiniget is, Act. 15 [9]. Und dat gr6tteste 
blifft nach dar hinder, wente yd is unra6gelick 
(alse ok Augustinus plecht tho seggende 4 und 
de erfarenheit brenget yd rait by uns, wen wy 
nicht rait hfichelye vorblendet sind), dat ein 
raynsche in dyssera levende k6nne rait synen 
kreften und werken inwendich und uthwendich 
dit gesette Gades vullenbringen: Du schalt leven 
den Heren, dynen Godt, van ganzera herten, 
van ganzer seelen, van alle dynen kreften, und 
dynen negesten alse dy sfilvest [Luk 10,27], 
dat is uns arraen sundern vyle tho vele, van 
ganzera herten etc. und alse dy sfilvest. Itera, 
wy sind noch ok hyr ira sterfliken und sund- 

liken lyve und de bse lust wedder Codt und 
unsen negesten r6get sick ane underlaht, wedder 
welcke wy rait dera Geiste, den uns Godt gege- 
ven hefft, striden rathen, dat wy nicht doh 
allent, wat wy willen, Gal. 5 [17]. Darurarae 
kant tins ock noch wol feilen, alse yd groten 
hilgen gefeilet hefft, de sere groff vilen. Lat 
uns nicht seker syn, gelick efft id nu nein noth 
rait uns hebbe, Paulus secht thon Galatern: Wo] 
dar steit, de seh tho, dat he nicht valle [1. 
10,12]. Dard6rch werden denne alle unse guden 
werke nicht allene unvulkaraen, sunder ock, so 
vele by uns is, unreine. Ven wy wat gudes dohn 
so kSrapt unse ydel ehre, unse vordeil und nfit- 
ticheit unde ander dfivelsdreck unser bSsen liiste 
dartho, dat wy unser guden werke uns nich! 
rraen knnen, efft vy vol vele gude werke 
dohn. 
AFFGOEDESCHE WERKE] Uncle dat wy uns 
so erkennen, dat is uns guth, wy wSrden uns 
anders up unse guden werke vorlathen unde 
wrden rait ungeloven drch hfichelye uth unsen 
guden werken bSse werke vor Gade unde rechte 
affgSderie raaken, aise de phariseyer, de da vor 
Gade dorfte seggen: Ick danke dy, Godt, dat 
ick nicht bin alse de andern, de ungerechten. 
rvere, ehebreckere etc. [Luk 18,11]. S61cke pha- 
riseyr menen, se holden alle gebade Gades so 
vulkaraen, dat se ock raehr dohn, wenn en ge- 
baden is, alse disse secht: Ick faste tweraal in 
der weken [Luk 18,12], dat hadde Godt nichl 
gebaden, alse ock unse ranneke hebben opera 
supererogationis. Overst Lucas scheld se int 
erste, dat se sick up sick sfilvest verlathen. 
dat is, up ere gude sch.vnende levend unde guden 
werke [Luk 18,9]. Dat het so vele: Se sind un- 
gelSvige gotlose hfichelere, de van der ersten 
tafele des gesettes nicht enen bockstaff holden 
Wente: Vorlathen se sick up sick sfilvest, so 
vorlathen se sick jo nicht up Godt unde Gades 
gnade unde barraherticheit. Wor sind hyr de 
ersten gebade: Du schalt nicht andere gdere 

2a Beruf, vgl. Schiller u. Lfibben, 1. Bd., S. 796 f. 
3 = teuer, kostbar. 
4 Vgl. z. B. De grat. et lib. arb., XVII--XVIII, 

36--37; MSL 44,903 f. De spit. et lit. XXVIII, 
49; MSL 44,231; CSEL 60,204. Contra duas ep. 
Pelag. IlI, 2,2; MSL 44,588; CSEL 60,486 f. 

3 25 



Kirchenordnung 1543 

Christo Jesu, de allene unse salichmaker is, 
alse de tSlner, de dar sprack: Godt sy gnedich 
my armen sundere [Luk 18,13]. 
Seth wol tho, gy leven kindere des hemmel- 
schen Vaders, dat gy nicht dohn mit juwen 
guden werken alse dejennen, de thorn jringsten 
tage werden seggen Matth. 7 [22]: Here, Here, 
hebben wy nicht in dynem namen gewissaget 
edder geprediget? hebben wy nicht in dynem a- 
men drivel utgedreven, hebben wy nicht in dynem 
namen vele wunderdaet gedaen? Wat menen 
se darmede anders denn: Umme unser solcker 
werken willen scholtu uns in den hemmel he- 
men. Bekennen also ere affgSdesche herte, dat 
se sick up solcke herrlike hogen werke vorlathen 
hebben und nicht up Jesum Christum allene und 
bekermen doch de verdOmeden lride, dat se 
solcke werke im namen Christi gedan hebben. 
Darumme scholden se sick der werke so nicht 
angenamen hebben, gelick efft de verke ere 
gerechticheit vor Gade und ere salicheit weren. 
Denne {sprickt Christus) werde ick en seggen 
und bekennen: Ick hebbe ju noch nuwerlde er- 
kennet, wiket alle van my, gy 5veldedere [Mt. 
7,23]. 
Leve Here Godt, sind dat 5veldedere und aff- 
gOdesche lode, de solcke grote werke und wun- 
derdade gedan hebben im namen Christi, alse 
se seggen: Wy wurden warlick solcke 10de up 
erden vor levendige hilligen holden, ld sind jo 
trouwen de hogesten werke. Item sind de werke 
affgOdesch, lck bin nicht alse de andern, de 
unrechten, de rovere, de ehebrekere [Luk 18,11], 
de doch Got in synen teyn gebaden hefft geba- 
den alleine darumme, dat sick de werkhilligen 
darup vorlathen, alse Lucas secht: Se vorleten 
sick up sick sfilvest, gelick efft se gerecht und 
from weren, und vorachteden de anderen [Luk 
18,9J, wor willen denne blyven unse papisten mit 
eren erdichten werken und gadesdensten, de en 
Got noch geboden noch bevolen hefft? Alse sind 

de werke, dar se mede leren genoch dohn vor 
de sunde, ere vegeffiresmissen, hilgen anropen, 
de hilgen viren und vasten, ere afflath, ere hil- 
gen reysen, ere brod.erschoppen, ere strengen. 
noch strengere und allerstrengesten ordene, mon- 
nekerye, carthuserye, nonnerye, monnekeregu- 
len, falsche gadesdenste, erdichtede religion, mis- 
sepapen, falsche gesalvede, falsche propheten 
edder predikere, de minschenlere und mitschen- 
bade leren, Matth 15 [3.9], weicke Paulus 1. 
Thess. 4 [ 1. Tim 4,1] nOmet: drivelsleren. Und 
Christus wissaget Matth. 25 [24,24]: Surgent 
pseudo christi et pseudo prophetae, dat is: Id 
werden upstart falsche gesalvede und falsche 
predikere edder lerere etc Item wor willen se 
blyven mit eren klockendOpende 4b, mit erem sche- 
rende und smerende, mit eren gasterigem chre- 
sere 5, welckerem se unvorschemet mit groter 
lasteringe Gades dem hillgen Geiste toleggen, 
vait erem wyewater, darmede se de drivele 
und alle noth lyves und der seelen vordriven 
etc? Welckes se alle erdichtet hebben, leren und 
holden Gott to versonende, vele vordenste und 
dat ewige levent tho erwervende. Welck doch 
nicht gescheen kan dorch de werke des gesettes, 
dat is, dorch de werke, von Godde in den teyn 
baden gebaden. Dat is gruwelick, darmede heb- 
ben se wolt syn ere eigene salichmakere und heb- 
ben darmede vorlochnet Gades gnade und barm- 
herticheit und dat bloth unses Heren Jesu 
Christi, sint 10de geweset ane geloven, alse 
Paulus von en dorch den hilgen Geist gewyssa- 
get hefft 1. Tim. 4 [1], dat in den lesten tiden 
wrirden etlike van dem geloven afftreden etc. 
BOSE UND GUDE BOEME] Uth dissem allen 
leren wy, dat de gottlosen ungelovigen roh und 
wilde lride, ja ock de hilgen huchelere, de ere 
ungelovige herte nicht erkennen yon blindheit 
wegen, nein gut werk Gade gevellich kOnnen 
dohn. Wente Christus secht: Id is nicht mSge- 
lick, dat ein bose born gute frrichte drege [Luk 

4b Vgl. Anm. 15. 
5 Chrisma, Weihe am Grfindonnerstag: vgl. Pon- 
tificale Rom., Bd. III, S. 55--65. 
6 Vgl. den ,,Ordo ad faciendam aquam benedic- 

tam": Rit. Rom., Pars I, Tit. VII1, Cap. lI, S. 
278--281.- Vgl. zur Wasserweihe und zum 
Weihwasser: A. Franz, Die kirchlichen Bene- 
diktionen im Mittelalter, 1909, Bd. I, S. 43--220. 

3" 27 



Wolfenbrittel 

6,43]. Wy Christen averst, de wy gude bSme 
und kindere Gades dorch den geloven in Chri- 
stum geworden sind, scholen dohn und k(innen 
dohn und dotm ock vele gute werke. XVente 
Christus secht: Ein gut bohm kan nicht bSse 
frrichte dregen [Luk 6,43]. Gude werke sind (alse 
gesecht is), de Gott in synen teyn gebaden van 
uns vordert, welcke alle in dyssen beiden stricken 
besloten sind, dat wy Got leven und unsen 
negesten leven, dat sind werke des gesettes 
edder der gebade Gades, dar socht yd Got 
genowe by uns in der grund des herten, dewile 
he uns het leven. Hyr komen wy noch icht 
thor vust edder thor hand, als unse huchelere 
vele plappern van uthwendigen werken, sonder 
hyr steyt van den guden werken des herten 
gegen Gade und den ltiden, dat is leven. Daruth 
werden denne ock wol rechtschapen komen de 
uthwendigen werke, yon Gade gebaden Is de 
born gud inwendich, so werd he sick wol bewisen 
to syner tydt mit der uthwendigen frucht. 
UP GUDE VEIKE NICHT VEILATHEN] Und 
wy dohn solcke werke nicht darumme, dat wy 
dardorch willen from und salich werden edder 
den hemmel und dat ewige levent vordenen. 
\Vente dat hebben wy vorhen, dat wy kindere 
und erve Gades sind, dorch Christum Jesum 
alleine. \Vente wenn wy nicht ersten kindere 
Gades sind, so kSnen wy vor Gade nene gude 
werke dohn, alse vaken gesecht is, und wenn 
xvy begunden, unse salicheit in unsen werken 
tho sokende, so vilen wy van dem geloven 
Christi und van der thoversicht tho Gade. Sunder 
wy dohn solcke werke alse de leven und gehor- 
same kindere Gades, Gade unsem Vader tho 
ehren, de se van uns fordert und unsem nege- 
sten tho deinste, de id wol bedarvet. Disse unse 
werke behagen Gade dem Vader und unsem 
leven Heren Jhesu Christo so wol, dat he se 
ock synen leven kindern tydtlick und ewichlick 
belonet, nicht umme unses verdeinstes willen, 
sonder umb syner gnedigen thosage willen, de 
nicht legen kan und darumme, dat he uns levet 
in Christ Jesu, de wy dohn de werke. 
Unse huchelere bekrimeren sick groth mit 
falschen leren, wo grot se mSgen ere werke 

maken, welcke de h(igesten, de hilgesten und 
besten werke und wo hoch dat solcke werke 
im hemmele sind, de dar vordenen vergevinge 
der sunde (welck doch nicht vorgevinge kan he- 
ten, wenn ick se vordenen schal), vordenen srin- 
derige kronen in jenem levende. Und gedenken 
doch nicht einmal, wor de werkere, dat is, de 
de werke dotm, mSgen henne kamen. Se sind 
bSse bSme und waschen doch vele van guden 
frtichten, gedenken averst nicht einraal, wo 
sie from und gudt werden mSgen. 
Also leret uns de hilge Geist Psalm 4 [6]: 
Offert gerechtigkeit und hopenet up den Heren, 
dat is, doht Gade tho eheren, war recht und 
gut is und vorlatet ju gelickewol nicht up sril- 
cke juwe guden werke alse de ungelovigen und 
affgSdesche hrichelere, sunder hopenet und vor- 
later ju up den Heren, up Gades gnade und 
barmherticheit Dat wy jo im geloven Christi 
und in erkentnisse Gades gnaden bliven, wenn 
wy wat gudes dohn und nicht vallen mit unsem 
byloven und ungeloven up de gerechticheit unser 
werken, welcke, wo wol se gerechticheit und 
frSmicheit sind vor den lriden, so sind se doch 
nicht gerechticheit und frSmicheit des herten 
edder der conscientien vor Gade, dar alleine 
Christus unse gerechticheit is. 
So secht ock Paulus Gal. 2 [16]: Dorch dat 
gesettes werk weft nein fieisch gerecht. Nein 
fleisch, dat is, nein mynsche, he sy JSde edder 
heyden, from vor der werlt edder unfrom, se 
sind alle stindere (Rm. 3 [23]) und knen sich 
Gades nicht rSmen und secht ton Galatern 
[2,20 f.] vordan: War ick nu mehr leve im fleis- 
sche {nadem ick Christen und ein apostel Christi 
bin geworden) dat leve ick (nicht in mynem 
vermSgen edder werken, wowol ick vele gude 
werke doh, sonder) in dem geloven des SSns 
Gades, de my gelevet hefft und sick srilvest 
vor my darhen gegeven. Ick werpe nicht wech 
de gnade Gades (alse de valschen apostele dohn 
und nu die papisten). Wente so d6rch dat gesette 
de gerechticheit krimpt, so is Christus vorgeves 
gestorven, dat is: Wol dSrch de werke des ge- 
settes edder der gebaden Gades (wor willen 
der papen 16genwerke blyven?) wil vor Gade 

28 



Kirchenordnung 1543 

from und gerecht werden, de verlchenet den 
dod und bluth Christi. Rim. 9 [30--32] spreckt 
Paulus: Dat willen wy seggen: De heiden, de 
nicht hebben na der gerechticheit gestahn, heb- 
ben de gerechticheit erlanget. Ich segge 0verst 
van der gerechticheit, de uth dem geloven 
k0mpt. Israel iverst hefft dem gesette der ge- 
rechticheit nagestahn und hefft dat gesette der 
gerechtigkeit nicht iverkamen, worumme dat7 
Darumme, dat se yd nicht uth dem geloven, 
sonder alse uth den werken des gesettes sSken. 
Wente se hebben sick gestSth an den stehen 
des anlopendes. Alse nu ock unse werkhilli- 
gen etc. 
Also bevehlet ock Christus synen jtingeren 
de alderh6gesten guden werke, dat se scholen 
dat rike Gades verkiindigen edder predigen 
trod s61cke lere mit groten wunderdaden be- 
kreftigen und warnet se doch truwelick, dat se 
sick up solcke werke nicht scholen vorlaten, 
stander blyven by dem geloven Christi, dorch 
welchen se sind angenamen yon Gade und in- 
geschreven thorn ewigen levende. So secht he 
Luc. 10 [19 f.]: Ick hebbe ju macht gegeven tho 
treden up slangen und scorpion und 6vet alle 
gewalt des vyendes und nichts werd ju schaden 
dohn. Doch darumme frouwet ju nicht, dat ju 
de geiste underdaen sind, frouwet ju 5verst, 
dat juwe namen im hemmele geschreven sind. 
So secht he ock klar genoch Luc. 17 [7. 10]: 
Wol is mank ju, de einen knecht hefft etc. 
Also ock gy, wenn gy alles gedan hebben, wat 
ju bevalen is {ja wenn ehrT) so spreket: Wy 
sint unn0tte knechte, wy hebben gedan, wat wy 
tho donde schuldich weren. 
TRACTAT MATTH. 25] Hyrtho gehOret ock, 
dat Christus secht Matth. 25 [32--35], dat he 
thorn jiingesten dage werde vonander scheden 
de schape und de bScke und werd tho den scha- 
pen thor rechter hand seggende: Kamet her, 
gy gesegenede edder gy gebenedigede mynes 
Vaders. Beervet dat rike, dat ju bereidet is 
van ambeginne der werlt. Wente ick bin hun- 
gerich geweset und gy hebben my gespiset. 
Ick bin dorstich geweset etc. Dar hSrstu, dat 
se alse de erven und kindere Gades vele gudes 

hebben gedan erem nottorftigen negsten, welck 
is de leve, de uns Christus geboden und bevalen 
NIE GEBOD] hefft, Joh- 13 [34 f.]: Ein nye ge- 
bot geve ick ju, dat gy ju under einander leven, 
alse ick ju gelevet hebbe, up dat gy ju under 
einander leff hebben. Darby werd idermann 
erkennen, dat gy myne j0ngere sind, so gy leve 
undereinander hebbet. 
Christus bet id ein nye geboth, nicht dat id 
nicht vorhen gebaden is dorch Mosen, de dat 
secht: du schalt dinen negesten leven alse dy 
s01vest [Lev 19,18]. Sunder darumme, dat id 
Moses geboet dem olden mynschen, in s0nden 
verdorven, und ward nicht geholden. Christus 
averst gebtit de leve den nyen ltiden, de vornyet 
sind dorch dem hilgen Geist und kinder Gades 
geworden, de holden id. Wente dewile se sind 
gude b(ime geworden docch den geloven an 
Christum, so werden se ock tho syner tydt gude 
fr0chte bringen, dat is, de leve gegen dem not- 
troftigen negesten bewisen mit der dath, alse 
ock thovorne gesecht is uth Luc. 6 [36]: Syd 
barmhertich, alse juwe hemmelische Vader barm- 
hertich is etc. 
FRYE CHRISTLICKE VERKE, DARUP WY UNS 
NICHT VORLATEN] Und efft se wol vele gudes 
andern ltiden dorch de leve gedan hebben, alse 
Christus thorn jfingsten dage werd seggende, so 
hebben se sick denne noch up solcke werke 
nicht verlaten, hebben ock in solcken werken 
ere gerechticheit nicht gesocht, ock nicht im 
synne gehat, dat se wolden mit solcken wet- 
ken genoch dohn vor ece sunde eder darmede 
dat ewige levend kSpen edder verdenen, alse 
des pawestes lumpen predikere balde up schryen, 
werm se lesen Matth. 25 [34--36] und anderswor, 
dat de werke der gelSvigen kinderen Gades ge- 
lavet und gepryset werden in der hilgen schrift, 
gelick efft yd ere h0chelwerke weren, darmede 
se grote vordenste by Gade soken und maken 
also yon eren werken ydel affgSderye und seg- 
gen: Sehet, leven 10de, steyt dar nicht van guden 
werken, darumme kSnen wy den hemmel und 
dat ewige levent vordenen mit unsen guden 
werken. Neen twar, du gotlose prediker, du 
blinde hticheler, dat stet nicht darby, sunder dat 

29 



Wolfenbtittel 

dissem texte und wiirden Christi, wo wy Chri- 
stene und kinder Gades gelocket und gereizet 
werden, dat wy gerne wat gudes dohn unsem 
negesten dorch de leve, alse uns Christus be- 
valen hefft, dat eta jowelick na synem stande 
und ampte und bevehl schal wol acht hebben 
up de andern, de em bevalen sind und int ge- 
mene den andern dSrch de leve denen. 
Thorn ersten, dat wy darmede unsen gehor- 
sam bewysen alse de leven kindere Gades, de 
gerne dohn, wat en ere leve Vader gebiith. Les 
Eph. 4 bet an dat ende der epistel, wo Paulus 
vormanet, de nu dorch den geloven an Christum 
kindere Gades geworden sind, to vermidende 
bSse werke, de weder Gades gebade sind und 
tho donde gude werke, vain herten anthohe- 
vende (alse dat gesette secht: Du schalt leven 
Got etc.) vele hSger derm de philosophi, de 
werlt wysen, de mSnnike und papen darvan 
reden edder leren kSnen. 
Thorn andern: Dat Christus unse guden wer- 
ke anschrifft und wil erer nicht vergeten, wenn 
wy se ock vergeten hebben und wil erer ock 
gedenken thom jiingsten dage und laven de 
kindere Gades, de solcke werke gedan hebben. 
DE LERER S1ND DUBBELDER EHREN VERD] 
Thorn drtidden, dat Christus secht: "Vat wy sy- 
nero geringsten gedan hebben, dat hebben wy em 
siilvest gedan [Mt 25,46]. Vele mehr, wat wy 
synen deneren dohn, de he nicht vor syne ge- 
ringsten holt, alse den predikern des evangelii 
und den scholendenern, de eres amptes und 
arbedes wegen dubbelder ehren wert sind, 
1. Tim. 5 [17], hebben wy em srilvest gedan und 
dat lohn, dat en truwe prediker kricht na 
Christus thosage vor synen truwen, groten und 
varliken arbet, wil uns Christus ock geven 
nach syner thosage, darumme dat wy den pre- 
digern und lerern nertage geven und helpen 
n, dat se by erem ampte blyven kSnen, alse 
Christus klar uns thosecht Matth. 10 [41]: Wol 
enen propheten upnimpt in enes propheten na- 
me, de werd enes propheten lohn entfangen 
etc., wat dar mehr steyt. 
Id is 5verst ene grote schendlike sunde, dat 
me nu in etliken 5rden de denere Christi let 

nSth lyden und werden so gehoIden, dat se 
darby dem ampte niche, blyven kSnen. Wy heb- 
ben tho valschen gadesdensten vorhen alles 
geven kSnt. Thorn rechten, erkanten gades- 
denste wil nu nemand geven. Men leth sick 
ditaken, yd sy tho vele, war men schal keren 
thorn rechten gadesdenste, tho den kerckdenern 
tat erste, de uns thor lehr und salicheit denen 
und eten trouwen ere brod nicht vorgeves, dar 
negest tho den andern armen. Scholen wy dorch 
de leve geven den armen, de tins nenen denst 
dhon umme Gades willen tho erer nottroft, vele 
mehr schoIen wy jo geven den, den wy schuIdich 
sind vor eren truwen erbeit, van Christo bevalen. 
Christus secht: Eta arbeider is weft synes 
lones [Luk 10,7]. 
Christo is trouwen groth gelegen an synen 
denern, de Gades wort prediken und de hilge 
schrift truwelick und vIitich leren und sorgen 
so mit dem reynen worde Gades vor der lriden 
salicheit. Wente darumme hefft he den dodt 
5verwurmen und is tho hemmele gefahren, dat 
he uns wolde geven srilcke lerer tho unser sali- 
cheit, und wenn wy solcke lerer nicht hebben, 
so stad wy doch und blyven des drivels. Wo 
geit yd tho, dat wy se denne nicht ock wol und 
weft holden kSnen, dewile se Christus so weft 
und hoch achtet? So secht Paulus Eph. 4 [8] ut 
dem psalm [68,19]: Christus is upgefaren in de 
h6gede und hefft de gevenknisse gevangen ge- 
vSret und hefft den mynschen gaven gegeven. 
Dat is (alse he uthlecht) he hefft etlike gesettet 
tho apostelen, etlike tho propheten, etlike tho 
evangelisten, etlike tho herden edder pastoren 
und doctorn edder lerer, dat de hilgen geschickt 
syn etc. [Eph 4,11f.], dat sind jo nicht dohm- 
heren, mSnnike, missepapen, paweste, cardinale, 
rSmissche bisschope und prelaten, de nu dat 
evangelion Christi alse de antichriste vervol- 
gen, sonder wat sind anders apostele, propheten, 
evangelisten, pastorn und doctorn den predikere 
des evangelii und lerer der hilgen schrift? 
S51cke hefft Christus syner leven bruth, der 
hilgen christliken apostolischen kercken, dat is, 
der christenheit gegeven. Nu wy siIcke uth 
Gades gnaden wedderkrigen, so fragen wy nicht 

32 



Wolfenbtittel 

vynde nicht dat gude in my, dat is, in mynem 
fleissche und alse David secht: Here, vor dynem 
angesichte werd nemand rechtverdich, de hyr 
levet [Ps 143,2], alse ock uth solcken schriften 
,und uth eigener erfarenheit sanctus Augustinus  
secht: Veh hominum vitae quantumcunque lau- 
dabili, si remora misericordia iudicetur, dat is 
so vele secht: O web dem levende der nynschen, 
went ock sehr lofflick is, so yd gerichtet scha! 
werden na rechte, ane berrnherticheit. Dat 
then de rechten Christen wol, darumme kOnen se 
sick ock nicht up ere guden werke vorlaten, 
wenn se ock der vele dohn, sonder blyven in der 
gnaden Gades, im geloven Christi, alse gesecht 
is thovorn. 
Overst sehe doch in dissem stticke an de 
gnade, barmherticheit und leve Gades, unses 
Vaders. Wy vor unse personen gefallen und be- 
hagen Gade wol, alse syne leven kindere. XVente 
he hefft uns unse sunde vorgeven und hefft 
uns kindere Gades gemaket dorch den geloven 
an Christum uth lurer gnade und barmherti- 
heir. Dar is de bohm gut. Nu yd 0verst ktimpt 
tho der frucht, dat is, tho unsern guden werken, 
so bevindet yd sick, dat unse guden verke nicht 
genoch dohn dem gesette edder gebaden Gades, 
sind unvulkamen und van unsentwegen unrein, 
dewyle wy noch in dissem levende ane under- 
lath beden tho unsem hemmelschen Vader: Vor- 
gyff uns unse schult etc. und darmede bekennen, 
dat wy noch vor Gade sundere sind. 
Dat is yd, dat ock vy kindere Gades mit 
unsen werken nicht kOnen genoch dohn dem 
gesette edder den gebaden Gades, welck doch 
menen de phariseyer und fragen, wat se mehr 
scholden dohn, dat se salich werden, gelSven, 
dat se mit eren kreften und mit erem donde 
kSnen dem gesette genoch dohn und dardorch 
salich werden. Darvedder Paulus lude neen tho 
secht, schir in alle synen epistelen gelick ock 
alse unse mSnnike hebben opera supererogati- 
onis, dat is, alse se seggen, verke, de se noch 

mehr dohn, wen Got gebaden hefft und meynen 
mit ungelOvigem herren, alse de pharisyer, dat 
se dat gesette, dat is, de gebade Gades, mit 
eren werken lange vullenbracht hebben und 
erviillet. Dat is blindheit 5ver blindheit, dat de 
elenden ltide ock nicht weten vain gesette Gades, 
wenne wolden edder konden se denne weten 
vain evangelio Christi? 
Wy, alse de leven kindere Gades, leven Got 
unsen leven Vader und hebben nicht andere 
gSdere, alse uns im ersten gebade werd geba- 
den, wy leven ock de andern alse unse leven 
brSdere, 6verst dat gesette Gades let uns nicht 
thofreden, sunder fordert ane unterlat noch 
stedes van ganzem herben, van ganzer seelen, 
van ganzem gemSte und allen kreften. Vor wil 
dat hen mit uns armen stindern? und dat wy 
unsen negesten leven schSlen alse uns stilvest, 
dat wil uns tho vele leve werden, dat wy nicht 
kSnen vullenbringen. 
Hyr sehe vy nu ock in unsen werken, van 
Gade bevalen, de gnade Gades. Augustinus uth 
der schrift und uth hilger erfarenheit secht also: 
Wy Christen vullenbringen dat gesette, dat is, 
wy holden vullenkamentlick de gebade Gades 
uth gnade 8. De gebade Gades sind: Du schalt 
Got leven van ganzem herren etc. und dynen 
negesten alse dy stilvest. Dat Augustinus secht: 
Uth gnade, meynet he, alse he ock uthlecht, 
venn he schrifft van der gnaden vedder de Pe- 
lagianere und ock stis, dat ein Christen, vovol he 
is ein kind Gades geworden, allene dorch den 
geloven an Christum und nu war gudes dohn 
kan dorch de htilpe des hilgen Geistes, de em 
gegeven is, doch nenerlye wyse mit synem 
minschliken vermSgen edder kreften, mit synen 
werken, dat is, mit syner, des herren leve kan 
genoch dohn dern gesette edder Gades gebade 
ervtillen. Wente wovol he nu Got levet alse 
synen Vader und den negesten levet alse synen 
broder, so lever he denne noch nicht so vullen- 
kamen, alse dat gesette vordert: van ganzem 

7 Confessiones IX 13,34; MSL 32,778;CSEL 33.223 
s Vgl. C. Faustum Manich. XIX, 18; MSL 42,359; 
CSEL 25,517. De spir. et lit. XIX, 34; MSL 44, 

221; CSEL 60,187 f. De grat. et lib. arb. XIV, 
27; MSL 44,897. Sermo 252,2; MSL 38,1240 u. a. 

34 



Wolfenbtittel 

regiment denen k6nen, Gade und synem leven 
S6ne Jhesu Christo, unsem Heren, tho ehren. Dat 
drtidde del van gemeinem kasten in allen par- 
kerken, van allen kerckgtidern und presterleh- 
hen und inkamende etc. anthorichtende, daruth 

de diaken edder kastenheren ehrlick versolden 
m6gen de predicanten, kercken- und scholen- 
denere. Item: De kercken in buwelickem wesende 
holden und arme lfide versorgen. 

Dat erste del disser ordeninge: van unsen kercken, van der christliken lere 
und ceremonien. 

Van der lere. 
EVANGELION] De predikere scholen predi- 
ken vor alle dink tom erste bore und vorge- 
vinge der sunden im namen Christi, alse Chri- 
stus secht Luce ultimo I Luk 24.47]. Dat is dat 
rechte evangelion Christi, dat xvy allene dorch 
Christum, so wy an en gelSven, vorgevinge der 
sunden krigen, kinder Gades und ewich salich 
xverden, hebben einen gnedigen Vader im hem- 
reel, xveten, worup wy leven und wor xvy tho 
huss hiiren, wenn wy sterven, und hebben den 
hilgen Gemt und s61cken m6t und kintlick herte 
tho Gade, dat xvy in allen n6den lyres und der 
seelen tho em alse de kinder thorn Vader lopen 
kSnen und bidden van em im namen Christi 
allent, wat wy willen. Is dat nicht eine grote 
unuthsprecklike gnade Gades dorch Christum 
allene, de uns in dem evangelio angebaden xvert 
und wy se annehmen mit den geloven an Chri- 
stum. Alse Christus secht Joh. 14 [6]: Ick bin de 
wech, de warheit und dat levent. Nemand kompt 
thom Vader ane alliene dorch my_ Und Petrus, 
Act 4 [12]: Nen ander name is den lfiden gege- 
yen under dem hemmel, dardorch wy k6nen 
salich werden, sunder allene de name ,lhesu 
Christi. Und Paulus, GaL 2 [16]: Scientes que non 
iustificatur homo ex operibus legis, nisi per 
fidem Jesu Christi. Den articulum justificationis, 
dat is, wo wy unser sunde los und rechtferdich 
xverden vor Gade geachtet, nemlich allene dorch 
den geloven an Christum, schal me uns vlitich 
und reine prediken, dat xvy Jesum Christum, 
den SSne Gades, umme unsentwillen minsche 
geworden, recht leren mit syner erl6singe er- 
kennen und van dage tho dage wassen und 
16a Das Santeln  Weihen des Pfaffen. 

thonemen in syner erkentnisse, Phil. 3 [8ff., vgl. 
2. Petr 3,18] etc. Went men des artickels justifi- 
cationis feller, so is yd alIes verlaren. XVenn 
men overst den artikel vlitich mit der lere dri- 
ver, so werd uns gewisse salicheit angebaden 
in Christo Jesu, unsem Heren. Amen. 
GUDE \VERKE] Thorn andern scholen de pre- 
dicanten darna ock leren, dat de kinder Gades 
ock gude werke dohn und heven an, den olden 
Adam in sick tho d6dende mit s,vnen lsten, dat 
wy nicht dohn allent, war uns gelstet, Eph 4, 
5, 6. Gude werke overst sind alIeine, de Got in 
den rein gebaden van uns fordert: van herren 
Gott leven und unsen negesten leven, dar werde 
wy altho vele tho dohnde krigen, aIso dat wy 
ock noch m6ten ane underlath beden: Vorgiff 
uns unse schuld, alse wy vorgeven unsen schfil- 
digern [\It 6,12]. M3nschengebaden und min- 
schenleren scholen uns nicht mehr erdichtde 
gude werke und valsche gadesdenste maken_ 
Wente Christus secht uth dem Jesaia Matth. 15 
[9]: Vergeves denen se my (dat is alle re gades- 
denst is verlaren und nichts), dewile se leren 
mynschenlere und mynschengebade. Nen bisschop 
hefft macht, unse nye gadesdensge tho makende, 
de uns van Gade nicht sind bevalen. 
DOEPE] Thorn drfidden scholen de predikere 
van der d6pe und aventmal Christi leren, wortho 
solcke sacramente uns gegeven sind und dat 
men se nicht anders geve und heine, ock nicht 
anders lere tho gevende und tho nemende, denn 
alse Christus se ingesettet und bevalen hefft 
Papensantelent 16a und smerent bedarven wy thor 
d6pe nicht, xvy willen nicht anders edder beret 
ged6fft syn. derm alse Christus ingesettet und 

40 



Wolfenbrittel 

menen, dat se darmede beden dach und nacht. 
Darvan is m der hilligen schrift [vgl. Jes 1,15, 
Am 5,23; Mt 6,7] und in andern b6kern by 
unsern tyden vele geschreven. 
GEDULT] Hyrtho geh6ret ock, dat de pre- 
dicanten leren, dat wy in unsen schaden und 
anfechtingen gedult hebben und uns srilvest 
nicht wreken, sunder geduldich lyden umme 
Gades, umme Christi, umme des evangelii willen 
in guder hopeninge, dat Got uns erh6re und 
werde uns tho syner tydt erredden. 
ECHTESTAND] Thorn v6fften: De predikere 
scholen ock vlitich dat yolk underrichten vain 
echtenstande, dat Got den stand srilvest ge- 
schapen hefft, do he man und wyff makede. Dat 
Got den echtenstand srilvest ingesettet, gebaden 
und bevalen hefft, do he sprack: Ein mynsche 
vorlate vader und moder und blyve by synem 
wyve und verd man und wyff ein lyff [Gen 
2,24]. Dat is jo ein grote vereninge und grote 
leve up erden, van Gade geschapen und vor- 
ordenet. Item, dat Got ock den echtenstand ge- 
segenet hefft, do he sprack: Wasset und vor- 
meret ju [Gen 1,28]. Darumme hefft Got ein 
wolgefallen an uns in unsem echtenstande alse 
den he srilvest geschapen, mit synem worde ver- 
ordenet und gesegenet hefft Dartho hefft ock 
Got den echtenstand sere hoch geeret in synen 
teyn gebaden, dar he gebrit: Du schalt d.vnen 
vader und dyne moder ehren. Du schalt nicht 
ehebreken. Du schalt nicht begeren dynes nege- 
sten wyff Wedderumme scholen ock de predi- 
canten hart strapen de schendige horerye und 
ehebrekerye und andere unreinicheit, de nicht 
tho nSmende is, dar de lride henin vallen, de 
nicht de sunderge gave van Gade hebben, dat 
se junkfrouwen kSnen blyven, venn se tho den 
jaren kamen, dar se sick scholden geven in den 
echtenstand, ja mit solcken sunden und schan- 
den behelpen se sick, dat se des echtenstandes 
nicht bedSrven, den doch Got geschapen, vor- 
ordenet, gesegenet und hoch geehret hefft. Alse 
des pawestes papen und mSnneke, de den ech- 
tenstand verswaren und vorlavet hebben mit 
erem smeringen und klosterlSfften wedder Got. 
Se scholden des drivels verk und leren vor- 

sweren und vorlaven, den se vele lever anhan- 
gen und mit ganzem herren se annehmen und 
scholden nicht vorsweren den echtenstand, wel- 
ckere is Gades werk, bevehel und lere. Darvor 
krigen se ock eren lohn. RSm. 1 [24]: Tradidit 
eos Deus in reprobum sensum, ut faciant quae 
non sunt secundum naturam etc. Darumme wil- 
len wy ock m unsen landen nicht lyden apen- 
bare horerye, vele weiniger de ehebrekerye, dat 
Got nicht eine harde straffe late komen up 
unse lande. De prestere edder predicanten, de 
sick willen begeven in den echtenstand na Ga- 
des worde und ordeninge, de schal by uns ne- 
mand verhinderen, sunder wy willen en gerne 
to solcker gbtliken ehren vorderlick syn. XVente 
wy weten wol, dat dat eine papen-und mSnnike- 
15gen is, wenn se seggen, dat yd Christus im 
nyen testamente anders gemaket und vorordeo 
net hefft (besundergen mit dem bescharen hu- 
pen), denn yd gewesen is im olden testament, 
dar de prester frouwen nemen. Christus mit 
synen apostelen secht anders Matthei 19 [4] secht 
Christ-us: Id schal blyven mit dem echtenstande, 
alse id van anfange Got geschapen und mit sy- 
nero alveldigen worde geordenet hefft. Und he 
hefft dem echtenstande de grote ehre gedan, dat 
he thor hochtydt water to xvyne makede und be- 
wysede dar allererst syne herrlicheit vor synen 
jfingeren, Job 2 [11]. Paulus vorbtith nenem Chri- 
sten den echtenstand, 1. Cor. 7 [2.9]. XVyssaget 
overst 1. Tim. 4 [1], dat des pawestes drivelsleren 
by den unlSvigen papen werden den echtenstand 
vorbeden 1. Tim. 3 [2]. By Paulo hefft ein bisschop 
eme echtefrouwe und ehrlike kindere; van sich 
srilvest und van den anderen apostelen secht 
he 1. Cor. 9 [5]: Hebbe ick und Barnabas nicht 
so wol recht eine frouwe by uns tho hebbende, 
so wol alse de anderen apostelen und Christi 
brSdere und Kephas, dat is Petrus. De epistele 
thon Hebreern secht cap- 13 [7]: De ehe schal 
ehrlick geholden werden by allen Christen und 
dat ehebette unbeflecket, de horere overst und 
de ehebrekere werd Got srilvest richten. 
OVERICHEIT] Thorn sesten: De predikere 
scholen ock dat yolk recht leren van der overi- 
cheit, dat wy er gehorsam syn scholen und nicht 

42 



Kirchenordnung 1543 

wedderstreven in erer ordentliker gewald van 
Gade bevalen und geven er ehre, fruchte, schott 
und tollen, R6m. 13 [1--2; 6--7]. Wenn se overst 
van uns fordert baven ere ordentlike gewalt, 
wat Gade geh6ret, dat wy dohn scholen wedder 
Got und wedder unser seelen salicheit, alse nu 
etlike weren, dat men nicht schal dat evange- 
lion hSren und bekennen, dat men nicht schal 
dat sacrament na Christi bevehel nemen etc., 
flat schole wy seggen mit den apostelen Act. 4 
[ 5,29]: Men schal Gade mehr gehorsam syn 
wenn den mynschen. Worumme anders hebben 
sick de leven martelere dSden laten? Wedder- 
umme scholen de predicanten vormanen de 
overicheit und richtere, dat se gedenken, dat 
se Gades denere sind. lSm. 13 [4], und richten 
recht dem armen alse dem ryken, alse de hillige 
k6ning Josaphat syne richtere und amptlfide 
vormanet, 2. Para. 19 |2. Chr 19,6 f.]. 
ALLE STENDE] Thorn sSvenden scholen ock 
de predicanten leren und underrichten alle sten- 
de, van Gade vorordenet: heren, underdanen, 
predicanten, husheren und husfrouwen, kindere, 
knechte und megede (mankt welcken stenden 
sind night de missepapen), dat se truwelick dohn, 
wat er ampt is. Dat sind ere guden werke und 
dat se weten scholen, dat se Gade wolgevallen 
in erem ampte, so se anders Christen sinl. So 
leren de leven apostele Petrus und Paulus, alse 
du allermeist sfist in der korten epistele thorn 
Tito [2,2--10; 3,1]. Dat kSnen unse predicanten 
allermeist dohn, wenn se den catechismum vli- 
tich leren, den se nicht allene des Sondages, 
sunder ock in sundergen tyden des jares na 
verordeninge prediken scholen. 

BOEKE] Tho solcken leren und wat se mehr 
scholen leren, scholen se vlitich de biblia, dat 
is de hillige schrift lesen und hebben siist ock 
andere gude bSke 1;, de postillen Lutheri, Gala- 
tas, ock Locos communes, Apologiam, Romanos 
Philippi, den psalmum Afferte Doctoris Pome- 
rani: van den kindern, de wy gerne wolden 
dopen und k6nen nicht. Item dat boeck visitati- 
onis Saxonicae, und andere gude boke, nicht 
unntitte etc. 

Van den predicanten. 
Tho der lere des hilligen evangelii und war 
tho der heilsamen lere Christi gehSret, tho der 
bycht, de wy wol gebruken kSnen, tho den 
sacramenten uththodeilende, tho den armen stin- 
dern tho underwysende bedarve wy gude pre- 
dicanten, gelert, geschicket, gotfriicht':ch, fram, 
sedich 1;a. tiichtig, lehrhaftig etc. 1. Tim. 3 ] 2], Tit. 1 
[8]. Umme sfilcke willen wy Got bidden, dat wy 
se krigen alse Christus leret: Bidder den Vader 
der ernde etc. [Mt 9.38]. -Men schal darna trach- 
ten, dat men sfilcke bekame und so ehrlick be- 
solde in jowelikem 6rde van den kercken und 
geistliken giidern, alse men se nSmet, dat se 
gerne by uns syn und blyven kSnen. XVente wy 
mothen ock betrachten, wat de bedarven tho 
erer ehrliken husholdinge und sust tho veler 
vorvallender noth, de nen handwerk, kopenschap. 
hanternge, edder jennygerlye neringe hebben 
edder hebben mSten umb eres amptes willen, 
dat se allene mit Gades worde und der hilligen 
schrift ummegahn, darmede se uns allene denen 
mSten und hebben doch nicht ein kolblat vorge- 
yes, sunder mSten alles mit dem reden penninge 

Zu den Postillen vgl. die Bibliographien WA 
10 1,2 S. XXX ff., WA 22, S. XXX ff. -- In epi- 
stulam S. Pauli ad Galatas commentarius, ex 
praelectione D. Martini Lutheri collectus. Vite- 
bergae 1535, vgl. WA 40 I, S. 13.  Melanch- 
thon, Loci communes rerum theologicarum 
seu hypotyposes theologicae. Wittenberg 1521; 
weitere Ausgaben vgl. CR XXI. -- Apologia 
confessionis. 1531, Bek. Schr. S. XXIII.  Com- 
mentarius in Epist. Pauli ad Romanos etc. 
1532 und 1540, vgl. CR XXV,493 ff.- Der 
XXIX Psalm ausgelegt dutch Doctor Johan 

Bugenhagen Pomm. Darinnen auch von der 
Kinder Tauffe. Item von den ungeborn Kin- 
dern und yon den Kindern die man nicht 
teuffen kan. Ein Trost D. Martini Luthers fur 
die Weibern. welchen es ungerat gegangen 
ist mit Kinder geberen. Wittemberg 1542; vgl. 
G. Geisenhof, Bibliotheca Bugenhagiana. 1908, 
Nr 307--310. -- Wohl Unterricht tier Visita- 
toren an die Pfarrherrn im Kurftirstentum 
zu Sachsen. 1528 bzw. 1538 u. 1539, vgl. Sehling 
I, 149 ff. 
 sittig, zfichtig. 

5" 43 



Wolfenbtittel 

kSpen. Der dage sind vele, der male sind noch 
viel rnehr. Und yd is nicht allene ethen und 
drinken, dar gehSrt noch vele mehr tho. Wol 
verntinftig is und weth, war husholdinge kostet, 
penning by penninge to reken, de rnake hir re- 
kenschop Stinderge noth kan ock vele vorvallen. 
Se rnoten ock boke kSpen und nicht so lusich syn, 
dat niernand erer geneten kSne. Paulus secht 
1. Tim. 5 [17], dat se dubbelder ehre werd sind. 
Dit is ock ein grote orsake, dat rne nu mot 
,hrlike besoldinge rnaken, dat se nene andere 
thogenge hebben edder accidentalia ane alleine 
etlike und gar weynige tho erer underholdinge, 
van welcken unse papen thovorne genoch heb- 
ben gehat, und besundergen konden se rnit den 
erdichteden und erlagen vegevtire alles tho sick 
bringen, lnse prestere des evangelii nernen 
nichts van nernande in der bicht edder wenn se 
de sacrarnente vorreken, scholen oak van ne- 
rnand war forderen, sonder scholen den riken 
und arrnen dienen vorgeves glick. WI en overst 
jernand, de yd vorrnach, willichlick vat schen- 
ken, warurnrne scholden se dat nicht nehrnen? 
Und twar wol en war grinner (alse g6tlick und 
christlick is} und wil se vorehren rnit etwas, 
flat in ere koken edder sus denet, de werd ere 
hus wol weten tho vinden. 
Predicanten scholen van den visitatoribus in 
einern jewelkern 6rde, so vele verordenet wer- 
den, alse dar van n6den werd syn, alse tho 
tIelrnstede dre, tho Scheningen twe etc., rnank 
welcken de erste schal pastor syn, tho predi- 
kende und de kercke tho regerende rnit Gades 
worde, de andern scholen syn syne adiutores 
edder rnitpastoren und prestere. Overst in den 
klenesten flecken und in alien d6rpern is yd 
genocl, dat men ein pastor sy. Van erern arnpte 
und erbeide werd diese ordinantie narnals vor- 
rnelden. Vor alle disse predicanten tho erer ehr- 
liken husholdinge scholen ehrlike und genoch- 
same solde vorordenet werden, einern jewelicken 
na syner gelegenheit, dat se der hilgen schrift 
und eres arnptes alleine gewaren k6nen 
;b  Zustirnrnung, vgl. Schiller und Ltibben. 
Bd. 5, S. 550. 

De pastor in den flecken und steden schal 
vorschaffet und angenamen werden van dem 
fade und van den kastenheren, de scholen en 
dem superattendenten vorantwerden tho exa- 
rninerende und tho ordinerende, so he nicht 
thovorne geordineret is. Van dar schal he apen- 
bare schriftlike ttichnisse tho syner kercken 
bringen, dat he dtichtich befunden und geordine- 
ret is. Overst de neuen predicanten edder kap- 
pellane scholen angenamen yam parheren und 
den borgerrnesteren und dem superattendenten 
tho ordinerende gepresenteret werden etc. Up 
den d6rpern scholen de lehnheren den kerck- 
heren dern superattendenten presenteren. De 
superattendent schal nernand bestedigen, de 
nicht thorn arnpte dtichtig is. 
De predicanten in den flecken und steden 
scholen gelerde scholrnestere sick bestellen na 
gelegenheit eines jewelcken 6rdes rnit willen 
und vulbort 17b des fades. Den erweleden schole- 
rnester schal de parhere und radt senden tom 
superattendenten, de schal en vorh6ren (so de 
scholerneister nicht rnagister artiurn is) und rnit 
synern breve und sigel en xvedder thorugge 
senden, dat en de radt und pastor annernen, so 
he dartho dtichtich is bevunden. V,_lle stilcke 
noth vor, dat men dern scholrneister rnoste orloff 
geven, so schalt nicht anders gescheen, wenn 
dorch den kerckheren und radt rnit weten und 
willen edder 6rdel des superattendenten. Overst 
de scholerneister, wenn he angenamen is, schal 
rnacht hebben, syne scholegesellen anthonernen- 
de, de dartho dtichtich sind, rnit willen des 
parheren, den rnach he ock xveder uth redeliker 
orsaken vorl6ven und orloff geven mit willen 
des parheren, wtirde derwegen twedracht ttis- 
schen dern parheren und scholernestere, so schal 
se de superattende scheiden. 
Den k6ster in der stadt schal de radt 
nernen rnit dern kerckheren. Up den d6rpern 
schal neen pastor edder parhere einen k6ster 
holden, de nicht kan helpen den catechisrnum 
den kindern und dern jungen volke leren. Dar- 

44 



Kirchenordnung 1543 

doch leider ane uthleginge. Se kSnen mit einem 
Deo gratias darvan kamen. Darvan heten se 
canonici, a canonica scriptura, alse de olden 
doctores de hilge schrift nSmen. Dat sind ock 
horae canonicae, de stunden, in welcken werd 
gelesen und tracteret canonica scriptura. Overst 
in dissen lesten tyden hefft de antichrist mit 
synen gotlosen bisschoppen und dSmpapen siil- 
cke gStlike namen in einen schendigen und 
spSttischen misbruck gebracht und lose papen 
und yule bfike daruht gemaket. 
De predicator mit den beiden theologen scho- 
len de 5versten superintendenten syn, de rich- 
ten scholen de lere, so etlike predicanten ver- 
klaget werden, der valschen leren edder unwe- 
enheit halven Tho den schal men senden alle 
erwelede predicanten, dat se de examineren 
und christlick ordineren Nen predicante edder 
scholemeister schal angenamen verden, de nicht 
schriftlike ttichnisse hefft van en Disse scholen 
macht hebben, tho citeren und tho vorderen de- 
jennen, de umme der lere villen verklaget xver- 
den und de schuldigen und ungehorsamen, so 
se sick nicht beteren willen, yam ampte afftho- 
settende, ftirder schal sick ere jurisdiction nicht 
strecken. 
Over dit alle schal ock under den canoniken 
upgerichtet verden ein gemein consistorium ec- 
clesiasticum vor dit ganze land, darhen scholen 
gewyset werden (und anders nergende hen) alle 
hadersaken van kercken und kerckengidern, van 
kerckendenern und scholendenern und eren sola- 

rien. Darhen schal men ock wysen alle ,ehesaken, 
wenn se hadersaken werden, alse thovorne ge- 
secht is. Darumme scholen se ock macht hebben, 
tho citeren und tho straffen na Christus regel, 
Matth. 18 [17]. V61t 6verst de sake der werlt- 
liken overicheit tho straffende, so scholen se 
yd darhen vysen. Und der overicheit scholen 
se ant6gen, dat se straffen schal offentlike hore- 
rye, ehebrekerye, woker etc. Twe canonici in 
consistorio principales scholen juristen syn, so 
geleret, dat se de ehesaken richten k6nen und 
andere geltsaken van den kerckengiidern etc. 
Doch dat se nicht volgen des pawestes unrechte 
rechte in dissen tven ehesaken, im unvors6n- 
likem ehebroke und im unwedderkamelikem :8 
wechlopen, darvan gude bokesschen';9 geschre- 
yen sind uth Gades vorde na dem natfirliken 
rechte ;0 Sind de beiden so geschicket, dat se 
ock mit gudem rade dissen landen und ltiden 
nfitte kSnen syn, so is yd noch vele bether und 
stilcke schal men in dem consistorio gerne we- 
ten. Twe canonici scholen dar notarii syn, schri- 
yen alle hendele und sententien, examineren, 
testes etc De anderen canonici scholen im con- 
sistorio mitradt und bysittere und richtere syn 
und also leren im consistorio, in den prediken 
und in den theologiae lectionibus, dat se ha- 
reals tho grStern ampten mSgen gebruket werden. 
Silck alles moth jo heten eine christlike scho- 
le, dar de canonici billick den sold edder ere pre- 
benden nemen, wat scholden se anders ntitte 
syn ? 

6.9 So spricht Bugenhagen auch in seiner in 
Anm. 69 angefiihrten Schrift yon ,,vnwider- 
komlichem Weglauffen." 
6.9 M. Luther, Von Ehesachen, 1530. WA 30 IlI, 
S. 205--248. J Bugenhagen, Vom Ehebruch 
vnd weglauffen, 1539. Beide Schriften erschie- 
hen 1540 in einem Band zusammen mit einer 
Schrift Melanchthons unter dem Titel Won 
Ehesachen. D. Mart. Luth. Item Vom Ehe- 
bruch vnd weglauffen. D. Johan Bugenhagen 
Pomer an KSnigliche Maiestat zu Denemarcken 
etc. De Arbore Consa_nguinitatis et Affinitatis 
siue Gradibus. Philip. Melanth. Wittemberg 
MDXL", vgl. G. Geisenhof, Bibl. Bugenhagi- 
ana. 1908, Nr. 302--305.--Johann Brenz, Wie 
yn Ehesachen, vnd jn den fellen, so sich der- 

halben zu tragen, nach GStlichen billichen 
Rechten, Christenlich zu handeln sey. Mit 
einer Vorrhede Mart. Luthers, 1531. Erst- 
druck der Schrift ohne Luthers Vorrede schon 
vor dem 27.7.1529, vgl. WA 30 lII. S. 479. 
Luthers Vorrede WA 30 III, S. 481- 486. 
7o Vgl. Bugenhagen, Vom Ehebruch ...: ,.vnan- 
gesehen die vngerechten Bapstrechte, die da 
wider sind, das man dem vnschuldigen Teile 
nicht helffen sol, welches doch auch ist wider 
das natfirliche Recht, da alle Keiserliche 
Rechte aus komen sind, vnd die Juristen 
bekennen, xvenn leges oder Gesetze oder 
Rechte werden eigentlich befunden, alas sie 
sind wieder das natfirliche Gesetz, so sollen 
nd mtissen sie nicht recht sein..." 

6 49 



Kirchenordnung 1543 

Darna scholen de kindere, alse des morgens, 
lectien uth dem lden testament lesen mit dem 
anvange, wo vor geschreven, also: Lectio libri 
Genesis, capite primo. Darna singen se einen 
reinen hymnum. Item Magnificat : mit einer 
antiphonen und besluten, alse in der metten 
darvan gesecht is. 
In der vesper up de hilgen avende schal alle 
ding gelick wo up de werkeldage vullenbracht 
werden. Alleine na tier lection schal men sin- 
gen dat responsorium yam hilgen dage, alle 
weke ein sunderlick mit dem versche und Gloria 
Patri. Darna den hymnum desstilven dages, so 
verne alse he rein is. Na dem hymno scholen 
twe edder tire kindere balde de latinische lita- 
nia ;5 singen. Darna eine collecten und Benedi- 
camus 76. Overst de dtidesche litania ;; roach 
men in der weken einmal na der predike laten 
singen, dat de ganze kercke antwerde, wenn de 
parhere wil. 
In der metten des Sondages scholen int erste 
de kindere mit halvem stemmen bescheident- 
lick den latinischen catechismum versch umme 
versch up beiden siden des chores lesen alleine, 
ane de praeceptores. Doch schal de schole- 
meister ein ider stticke des catechismi anheven 
also: 
Magister: 
Haec sunt praecepta Domini Dei 
nostri. 
Primus chorus puerorum: 
Ego sum Dominus Deus tuus. 
Non habebis deos alienos coram me 
Alter chorus : 
Non assumes nomen Domini Dei tui in vanum. 
Primus chorus: 
Memento ut diem Sabbati sanctifices. 
Alter chorus : 
Honora patrem et matrem, ut sis longevus 
super terram. 

1: Non occides 
2: Non maechaberis. 
1: Non furtum facies 
2: Non loqueris contra proximum tuum fal- 
sum testimonium. 
1: Non concupisces domum proximi tui 
2: Nec desiderabis uxorem eius, non servum, 
non ancillam, non bovem, non asinum, nec 
omnia quae illius sunt 

Magister: 
IIaec est comminatio et promissio 
legis [Ex 20,5 f]: 
1: Ego sum Dominus Deus tuus, fortis zelotes, 
visitans iniquitatem patrum in filios, in 
tertiam et quartam generationem eorum qui 
oderunt me. 
2: Et faciens misericordiam in milia, iis qui 
diligunt me et cutodiunt pr:mcepta mea 

Magister: 
tti sunt articuli nostrae fidei- 
l: Credo in Deum Pattern omnipotentem, crea- 
torero coeli et terrae 
2: Et in Jesum Christum Filium eius unicum, 
Dominum nostrum. 
1: Qui conceptus est de Spiritu sancto, natus 
ex Maria virgine. 
2: Passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mor- 
tuus et sepultus, descendit ad inferna 
1: Tertia die resurrexit a mortuis, ascendit 
ad coelos, sedet ad dexteram Dei Patris 
omnipotentis. 
2: Inde venturus est iudicare vivos et mortuos. 
1: Credo in Spiritum sanctum. 
2: Sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum 
communionem. 
1: Remissionem peccatorum 
2: Carnis resurrectionem 
1: Et vitam aeternam. Amen. 

7 Vgl. Brev. Rom., Ordinarium dinini Officii ad 
Vesperas. P. Vern. S. 31, P. Aest. S. 22, P. 
Autumn. S. 22, P. Hiem. S. 26 f. -- Vgl. Deut- 
sche Messe, 1526. Sehling 1,13 f. 
75 Latina Litania correcta. WA 30 III, S. 36--40. 
Zu Luthers Litaneien vgl. ibid. S. 1- 28. 

Vgl. Brev. Rom., Ordinarium divini Officii ad 
Vesperas. P. Vern. S. 34, P. Aest. S. 23, P. 
Autumn. S. 24. P. Hiem. S. 29. 
WA 30 III, S 29--34; Ev. Kgb. Nr. 138. 



Wolfenbtittel 

derwegen wy uns ock mit unsern vorstande und 
vorrnSgen nicht kSnen los rnaken uth dern stren- 
gen richte Gades und van der gevalt des dri- 
vels, dartn wy gevallen sind dorch de over- 
tredtnge der gebaden Gades, so hefft Gad unse 
unvormSgen bet erkant wen vy und hefft vor 
uns gegeven als ein gnedich Vader synen ein- 
geborn SSne Jhesurn Christum, dat wy dorch s.vn 
evangelion erlrichtet und dorch synen todt er- 
15set wurden van unsen srinden und dorch en 
kindere Gades weren, ewich salich, so wy dat 
10veden Srilck let he uns stedes prediken, wol 
dat 15vet, de hefft gewisse dat ewige levent. 
Up sulcken loven und tho sulcker salicheit ver- 
den wy ock gedofft. Dar schole wy stedes irme 
blyven, so blyve vy in Christo und Christus in 
uns. So ethe wy stedes ane unterlat geistlick 
rnit dern loven dat lyff Christi und drinken syn 
blurb, dat is. wy werden Christo ingelyvet, dat 
wy eins rnit em werden darrnede, dat xvy 15ven, 
dat he syn lyff vor uns in den dodt gegeven und 
syn blurb vor uns irn krritze vorgaten hefft. Dar- 
up vorlate wy uns thor salicheit vedder alle 
falsche lere, alle srinde, anvechtinge und not 
Uth welcker woldadt Christi wy ock leren, vel- 
cke leve und gedult wy 5ven scholen jegen un- 
sen negesten, ock jegen unsen vyend. Wat wol- 
de vy rnehr? Doch dat wy nicht vorgeten edder 
trag werden (alse vy leider verden) tho sril- 
ckem 15ven der rninschxverdinge unde dodes 
Christi, hefft he uns ock eine besonderge ge- 
dechtnisse edder vorkrindinge synes dodes, so 
vakene wy willen, bevalen, dat wy ock inn uth- 
vendigen sacramente der vornuft verborgen, 
alleine den] loven uth dern worde Christi bekant, 
ethen und drinken scholen syn lyff und blut, 
dat wy jo nicht twivelen scholen, syn dodt und 
blutvorgetinge im krritze sy unse gewisse sali- 
cheit, darvan scholen wy singen, lesen, predigen, 
h6ren, alse wy in der rnisse dohn und narnals 
ock darvan reden unsen kinderen und gesinde 
und mank einander vorkrindigen, uns tho trSste 
und velen thor salicheit na dem bevehele Christi: 
Srilck doht tho myner gedechtnisse 

Wol nu werdich wil ethen und drinken dit 
sacramente, de schal twe clink dohn: he schal 
hyr 15ven, wat Christus secht und dohn, wat he 
bevehlet trod gebrit. He secht: Dit is myn lyff, 
dat vor ju gegeven werd. Dit is myn blut, dat 
vor ju uthgelaten werd tho vorgevinge tier sfin- 
den. Srilck schole gy loven. He gebfit avers: 
Nernet hen und ethet Drinket alle daruth und 
gedenket rnyner. Srilck schole gy dohn na syner 
gnaden worde und bevehele. Amen. 
Tho tiden mag men und schal ock vor de 
exhortatie lesen paraphrasin orationis dorninicae 
doctoris Lutheri 96. Also: 
Leven frrinde Christi, dewile vy hyr vorsarn- 
let sind in dern narnen des Heren, syn hilge 
testament tho entfangen, so vorrnane ick ju upt 
erste, dat gy juwe herte tho Gadet erheven, rnit 
rny tho beden dat Vaderunse, alse uns Christus, 
unse Here, geleret und erhSrung trSstlick tho- 
gesecht hefft. 
Dat Got, unse Vader im hernmel, uns, syne 
elenden kinder up erden barrnhertichlick an- 
sehen ville und gnade vorlehnen, dat syn hilge 
name rnank uns und in aller verlt gehilget wer- 
de dorch reine, rechtschapene lere s)-nes wordes 
und dorch brrinstige leve unsers levendes, wol- 
de gnedichlick affwenden alle falsche lere und 
bSse levent, darin syn hilge name gelestert und 
geschendet werd 
Dat ock syn rick thokame und gernehret wer- 
de, alle siindere, vorblendet und varn drivel in 
synern ricke gefangen, tho erkentnisse des rech- 
ten geloven an Jhesum Christurn, synen Son, 
karnen und den tal tier Christen groth rnacken. 
Dat wy ock rnit svnern Geiste gesterket wer- 
den, synen willen tho donde und tho lydende, 
beide im levende und stervende. Irn guden und 
bSsen alle tidt unsen willen brecken, offeren 
und diSden. 
Wolde uns ock unse dagliche brot geven, vor 
gyricheit und sorge des bukes behriden, sondern 
uns alles guden genoch tho ern vorsehen laten. 
Wolde ock unse schuld vorgeven, alse xvy den 
unsen schuldigern vorgeven, dat unse herte 

96 Deutsche Messe 1526, vgl. Sehling 1,15. 

56 



Wolfenbfittel 

ben up den kneen edder stan, bet tho der lesten 
segeninge, dewile singet men, war 6verich is 
vain lede edder me hevet mehr an, wenn vele 
communicanten sind. 
Doch wenn vele communicanten sind, so kan 
men xvol dat bevehel Christi na einander sin- 
gen und geven des Heren brodt tho einer und 
des Heren kelck thor andern siden des disches, 
alse dat ein predicante thotrede in gemeinen 
klederen und helpe. 
Wenn se overst alle communiceret hebben 
und sind up eren steden, so singen se und alle 
yolk tho Christo im hemmele dat dtidesche Ag- 
nus Dei 1 also: 
[Noten:] Christe, du lain Gades, de du drechst 
de sund der werlt, erbarm dick unser. [Ende der 
Noten] 
Thorn drtidden male: 
[Noten:l Giff uns dynen frede. Amen. I Ende 
der Noten]. 
Volget darna de leste collecta also: 
[Noten:l Lat uns beden 2. [Ende der Notenl. 
Wy danken dy, almechtige Here Got, dat du 
tuns dorch disse heilsame gave hast erquicket 
und bidden dyne barmherticheit, dat du uns 
stilcks gedyen latest tho starkem loven jegen dv 
und tho berniger leve mank uns allen. 
[Noten:] dorch unsen Heren Jesum Christum. 
men. [Ende der Noten]. 
Denne keret he sick umb und gifft den com- 
municanten und dem volke disse segeninge, be- 
schreven Numeri 6 [24 f.]: 
De tlere segene dy und beh6de dy. 
De Here erltichte syn angesichte 6ver dy 
und sy dy gnedich. 
De Here heve syn angesichte up dy 
[Noten:] und ea geve dy frede. Amen. [Ende tier 
Noten]. 
Wenn nene communicanten sind. so schal me 
dat sacramente nicht handelen, dat wy nicht 

vallen in den gruweliken misbruck des sacra- 
mentes Christi wedder synen bevehel Doch wil- 
len wy denne ock singen, beden, dankseggen, 
lesen und lesen h6ren, predigen und predigen 
hSren des hilgendages, alse Christene scholen 
nach aller wyse, alse de misse beschreven is 
vor der predike. Na der predike mach men stist 
war gudes mit dem volke singen vele edder 
wenich, eine collecta lesen und de leste bene- 
dictio ane missegewand geven. 
Finis coenae dominicae 
Disse vorgeschreven ordeninge tier missen 
schal allerwegen so geholden verden Up den 
d6rpern scholen de kerckheren yd ock also hol- 
den und so vele alse en m6gelick is. mit den 
buren singen. Se mit eren k6stern scholen sick 
vliten, dat se den buren eindrechtich singen und 
Got laven leren. Wenn se des hilgen dages na 
der predike in der missen nene communicanten 
hebben, so schal de kerckhere edder k6ster na 
der predike de dtidesche litania singen und ge- 
wennen dat yolk dartho, dat se fyn eindrech- 
rich in der litania antwerden k6nen. Darup vol- 
get eine dtidesche collecta vor allerley not und 
de leste benedictio dorch den kerckheren dem 
volke gegeven. Dartho se alle antwerden: Amen. 
Darmede sy id uthe. 
Doch scholen de kerckheren, wenn se uth dem 
catechismo prediken edder sust to saaer tidt, dat 
yolk vlitich leren vom sacramente wedder den 
gruweliken misbruk tier vegevtiresmissen, dar- 
dorch werden de gelovigen gereizet und thoge- 
locket, dat se gerne und vaken thorn sacramente 
gan. Mit nener andern wise schal men de Ride 
tom sacramente dringen edder n6digen. De at- 
men sundere und sunderinnen, de sick na dem 
evangelio tho Christo bekeren und gel6ven, dat 
Christus syn lyff vor uns in den todt gegeven 
hefft und hefft im krtitze syn bludt uthgegaten 
tho vergevinge unser sunden, werden gerne und 

Ev. Kgb. Nr. 136; Wackernagel III. Nr. 619. 
620. Zum Musikalischen s. Hdb. d. dtsch, ev. 
Kirchenmusik, 1. Bfl. 1. T. Nr. 87 

Deutsche Messe 1526, Sehling I, 16. Zum Musi- 
kalischen: Hdb. d. dtsch, ev Kirchenmusik. 
1. Bd. 1. T. Nr. 361. 
2a S. Hdb. der dtsch, ev. Kirchenmusik, 1. Bd. 
1. T. Nr. 355. 

58 



Kirchenordnung 1543 

vaken des sacraments gebruken und sulcke 
gnade Gades bekennen rnit singen, beden, laven, 
danken, prediken h6ren und ere kindere und ge- 
sinde sfilckes ock leren na dem bevehele Christi: 
Sfilck doht, so vaken gy yd trinken, tho myner 
gedechtnisse. 
Overst in den steden, dar gude kinderscholen 
sind, up den festdagen Christi roach men wol 
einen latinischen introitum, doch uth der hilgen 
schrift, singen und de prester roach denne ock 
dar wol singen de latinische praefatio vain 
Wynachten-3, yarn Paschen-'l und Pinxten-feste '' 
und up andere feste de prefatio de sancta tri- 
nitate, *; wenn man wil, welcke praefatio gema- 
ket is wedder de Arrianer, andere praefation, 
ock de quotidiana, lasse men slichtes ligen alse 
unn6dich etc. Up de latinische praefatio rnach 
de ganze kercke fr61ick dat dfidesch Sanctus ; 
singen. 
(Noten:l Hillich is Got, de Vader, hillich is Got, 
de Sone, hillich is Got, de hilge Geist. He is de 
Here Zebaoth. Alle werld is syner ehren vul. 
Hosianna in tier h6chde. Gelavet sy, de dar 
kurnpt im namen des tteren. Hosianna in der 
hSchde. {Ende der Noten). 
Stilck dtidesch Sanctus rnach men xvol ock up 
ein andermal edder alle tid singen under der 
communion neven andern gesengen 

Na dem Sanctus, wenn man {als gesecht) de 
latinische praefatio gesungen hefft, dat yd 
nicht tho lang werde, roach men vol de exhor- 
tatio nachlaten und bald darup singen: Vader 
unse etc- Unse Here Jesus Christus in der nacht. 
do he verraden vard etc. 

Dfidesch. 
Gelick alse men uns dfidesch predigt, wat 
xvere uns anders rnit der predige gehulpen? 
Also schal men ock dfidesch de d6pe und sacra- 
ment geven. Also hebben de leven apostelen ge- 
dan. Se hebben dat evangelion geprediget, ge- 
d6pet und dat sacramente gegeven mit allerleye 
sprake der lfiden, dar se henquemen. Dat wy 
klar und recht k6nen vorst_an, wat Christus unse 
heiland dar in sacramenten mit uns handelt, 
uns is daran gelegen, darurnme scholen wy yd 
xveten. Unvorstendige lfide rnenen, yd sy eine 
nye vyse, dfidesch tho d6pen und ane stinkende 
olye. Hebben doch thovorne und noch in n6den 
ock wol unse frouwen ged6pt nicht anders, wenn 
dfidesch allene mit watere im narnen des Vaders, 
des Sons und des hilligen Geistes ane alle olye 
und is ane tvivel de rechte dSpe gewest. Wy 
villen ock, venn wy des hilgen dages thosam- 
mende komen thorn aventrnal unses Heren Jesu 
Christi, mit tier ganzen kercken dtidesche psal- 

Vgl. BSm. Mebuch, S. 493: Vere dignurn ... 
Quia per incarnati Verbi mysteriurn nova 
mentis nostrae oculis lux tuae claritatis in- 
fulsit: ut, durn visibiliter Deum cognoscirnus, 
per hunc in invisibilium amorem rapiamur. 
Et ideo cure Angelis ... 
Vgl. l=t6rn. Mebuch, S. 495: Vere dignurn ... 
et salutace: Te quidem, Dornine, omni tempore, 
sed in hac potlssirnurn die gloriosius praedi- 
care, curn Pascha nostrum immolatus est 
Christus. Ipse enim verus est Agnus, qui 
abstulit peccata mundi. Qui mortem nostram 
moriendo destruxit et vitarn resurgendo repa- 
ravit. Et ideo ... 
Vgl. RSrn. Mebuch, S. 497: Vere dignum ... 
per Christurn, Dominurn nostrum. Qm, ascen- 
dens super omnes caelos sedensque ad dexte- 
ram tuam, promissurn Spiritum Sanctum {ho- 
dlerna die} in filios adoptionis effudit Qua- 
propter profusls gaudiis tot-us in orbe terrarum 

mundus exsultat Sed et supernae Virtutes 
atque angelicae Potestates hymnurn gloriae 
tuae concinunt, sine fine ... 
Vgl. lSm. Melbuch, S. 497 f.: Vere dignum ... 
Qui cure unigenito Filio tuo et Spiritu Sancto 
tmus es Deus, unus es Dominus: non in unius 
singularitate personae, seal in unius Trinitate 
substantiae. Quod enirn de tua gloria, reve- 
lante te, credimus, hoc de Filio tuo, loc de 
Spiritu Sancto sine differentia discretionis 
sentirnus. Ut in confessione verae sempiter- 
naeque Deitatis, et in personis proprietas, et 
in essentia unitas, et in rnajestate adoretur 
aequalitas. Quarn laudant Angeli atque Arch- 
angeli, Cherubim quoque ac Seraphim: qui 
non cessant clamare quotidie, una voce 
dicentes ... 
Handb. d. dtsch, ev. Kirchenmusik, 1. Bd 
1. T. Nr. 73. 

. 59 



Kirchenordnung 1543 

De predikinen. 
Am Sondage und festen schal men in allen 
kercken in den steden alle tidt des morgens den 
catechismum nit grotem vlite umb des graven 
mad jungen yolks willen prediken Und werm 
de sermon des catechismi uthe is, darna dat ge- 
w6ntlike evangelion den volke allene vorlesen, 
welck in tier homissen van den kerckheren schal 
uthgelecht werden. 
Des namiddages schal me de epistel edder vam 
feste under der vesper prediken. Tho dlssen namid- 
dagesprediken scholen de scholgesellen or und 
na de vesper delen, alse thovorne vorordenet is. 
Hyrby is ock tho merken, dat nicht jemand 
syne lere und hogen verstant in dfidinge des 
catechismi bewisen schole, dardorch he hoch an- 
gesehen und geholden werde. Men schal alle 
ding thor beteringe mad nfitticheit der gemeinen 
vorsammelinge up dat allerentfoldigeste den 
volke vordragen und den catechismum mit einer- 
leie worden. Dat also alle tidt einerleie ding 
geh6ret mad dat volk dorch de eindrechticheit 
der lere up eine gewisse wyse m6ge gelert wer- 
den. So lange overst, alse ein stficke eines deeles 
des catechismi vorhanden is, darvan de prediger 
leret, schal he dat ganze stiicke van nye an 
vorhalen mad langsam, dat de kmdere und alle 
andere heimlick by sick de worde ock mede re- 
den m6gen. Doch hefft ein jewelike deel syne 
art, wo men anfangen und endigen schal. Sfilck 
is ock also in allen andern artikelen tho hol- 
deride. Wenn de catechismus uthe is. so schal 
men en wederumme up dat nye anfangen und jo 
stetliken in einem jeweliken sermon des cate- 
chismi ein stficke endigen. Ane dat schal de 
catechismipredike veer tyde im jare hebben. 
des namiddages up etlike werkeldage tho pre- 
dikende, de twe ersten veken im Advent, de 
twe ersten weken in quadragesima, twe weken 
in rogationibus und twe weken im berveste, ehr 
men den hoppen affnimpt, alleine des Mandages, 
Dinxstedages, Donnerdages und Frydages 
Wor twe edder dre predicanten in den steden 
sind, de scholen des vyrdages dre sermone dohn. 
Alse des morgens catechismum, under der mis- 
sen dat evangelium, under der vesper de epistel. 

Wo overst im ringen flecke edder up den dSr- 
pern men ein pastor is, dar schal men des vyr- 
dages twemal prediken, thor misse dat evange- 
lium, des namiddages up gelegene stede den 
catechismum. Darsfilvest ock schal me noch 
eins in der weken up einen gelegenen werkeldag 
prediken uth den catechismo edder (wo sunder- 
like geschickede thoh6rer sind) etwat uth der 
hilgen schrift, den thoh6reren denstlick und nfit- 
re. Overst in den steden, dar twe predicanten 
sind, schal men up twe gelegene werkeldage 
prediken uth der hilgen schrift. In de prediken 
m6gen se sick deelen. Overst tho Helmstede und 
Gandersheim, dar dre predicanten sind, kSnen 
se velichte einen dag mehr prediken, doch dat 
se nicht vorsfimen de kl6stere, dar se prediken 
scholen, dar vor de kl6stere en geven sundergen 
sold baven den sold, den se hebben van eren 
kercken. 
Wenn em predicante in der weken dremal 
prediket, dat is genoch Wenn m der weken sun- 
derlike feste kamen na disser ordeninge, so m6- 
gen de predicanten wol (so se willen} etlike 
werkeldages prediken nalaten. 
De dorpparheren scholen ere k6stere dartho 
holden, dat se jo truwelick in alien dorpen den 
kleinen catechismum helpen leren. De k6stere, 
de dat nicht willen edder k6nen, scholen se nicht 
holden. 
Des vyrdages beth up den middach schal men 
nene zechen edder schenkerye holden mit bere, 
wyne edder bernewyne etc., desgeliken ock des 
namiddages, alleine de stunde over, wenn men 
prediket, schal sfilcke schenkerye nicht geholden 
werden. Overst dem reysenden manne ethen 
und drinken tho vork6pen, schal nicht verbaden 
syn, doch also, dat dardorch dat wolk nicht vor- 
hindert werde thor predike tho kamende Item 
bure und borgere, jung and olt (de dar wol 
kSnen), scholen des vyrdages nicht uth der pre- 
dike blyven, ock nicht dewile up dem kerckhave 
edder anderswor spacyren. De darwedder dohn, 
scholen van erer overicheit hart gestrafft wer- 
den, wente sillcks is nicht tho gedulden. 
De superintendenten scholen jo darup sehen 
und truwelick vormanen de pastoren trod pre- 

61 



Kirchenordnung 1543 

up dem sproke start: Se werden alle van Gade 
geleret verden [Joh 6,45]. Darrnede se alle scho- 
len wtiste rnaken. Hirby is tho vorhSdende, dat 
gelikewol ock de historia van Sanct Johannis uth 
den evangelisten nicht vorstirnet werde, welcke 
so lang is, dat men se in einer predike nicht 
vol endigen kan, nSmlick wo he sy entfangen, 
geboren, geprediget hefft und thorn lasten ock 
enthSvedet is. Wes men nu des in einern dage 
nicht uthrichten kan, dat rnach rnen in andern 
dagen darna volendigen. Ock schal men arn 
Johannisdage singen de sequentie van syner 
enthSvinge: Psallite regi etc. 13 
De dach Michaelis is eine gerneine dankseg- 
grnge vor alle frtichte, de wy des jars gesarnlet 
und entfangen hebben. Darurnme schal de ganze 
vorsarnrnelinge na der prediken singen tho der 
danksegginge rnit groter andacht dat dtidesche 
Te Deurn, van doctore Luthero vordtideschet 1. 
Overst sowol des rnorgens alse des namiddages 
schal men prediken van den engelen, up dat 
jederrnann vorsta, war gtides wy van Gade dorch 
eren denst entfangen hebben, dat wy ock Gade 
darvor danken rnSgen. Dit fest schal by uns dat 
viertydenfest syn, in welckern rnen geven schal 
den viertydenpenning. De lesterlike kruetwy- 
ginge und palrntSverie 1 willen wy nicht rnehr 
hebben. 

Van vierdaen 
Wy rnoten etlike feste beholden, nicht urnnrne 
der dage willen, sunder van wegen der prediken 

des gSttliken wordes, dat alle stticke des hilligen 
evangelii mSgen bequernelick uthgelecht werden 
Wy nernen nene vierdage an denn alleine de 
gewontliken Sondage, darrnede wy van dern 
arbeide rowen, dat wort Gades hSren, dat sacra- 
ment entfangen und int gerneine vor alle not- 
truft bidden, ock Gade vor syne woldat danken 
rnSge. Darurnrne schal ein jewelick sick ein- 
drechtichlick in den vierdagen vinden laten und 
sick daglikes arbeides entholden. 
De dre grote feste Christi yren wy ein jewe- 
lick dre dage lang urnme der historien Christi 
willen_ Darbeneven vyren wy ock dat lest cir- 
curncisionis 1,:, Epiph2nie, purificationis 17 und 
annunciationis Mariae '. So nu datstilvige fest 
annunciationis in der weken na dem Palmson- 
dage komen wtirde edder ock vurder int jar, so 
schal men yd arn Sonnavent vor Palrnarurn hol- 
den na older gewonheit. Ock vyren wy de feste 
ascensionis und visitationis 19 rnit gewontlikem 
evangelion. Overst irn feste visitationis schal 
men lesen de epistele: Egredietur virga etc. 
dtidesch, Jesaia 11 [1- I0], welcker epistel ende 
is: Et erit sepulchrum eius gloriosum etc. Thorn 
lasten dat fest Johannis Baptistae, up welck fest 
schal de epistel syn Jesaia 40 [1--8]: Consola- 
mini etc. diidesch, dat ende: Verburn autem 
Dornini stabit in aeternurn. Dat lest Michaelis 
schal syn thor danksegginge, alse thovorne ge- 
secht is. 
Van Sanct Marien Magdalenen schal men dat 
evangelion Luce 7 [36--50] prediken des nege- 

13 Psallite regi nostro, Sequenz an Joh. Enth., 
Vackernagel I, Nr. 161. 
a Ev. Kgb. Nr. 137; Wackernagel III, Nr. 31. 
15 ,,Krfiuterweihe und Palrnenzauberei" sind hier 
offenbar nut in rnittelbarem Zusarnrnenhang 
[nit dem Michaelisfest genannt. Sie spielten 
bei den Flurprozessionen zur Hagelfeier, die 
in der legel vor Beginn der Ernte stattfan- 
den, eine lolle. Dabei wurden die zuvor arn 
Palmsormtag geweihten Palmen (X, Veidenzwei- 
ge) kreuzweise auf die Felder gesteckt, urn 
sie vor Blitz und Unwetter zu schtitzen. Auch 
yon den an Marii Himrnelfahrt geweihten 
Kriutern glaubte man, dal3 sie unwetterab- 
wehrende Krifte htten, und brachte sie da- 
her gleichfalls auf die Felder. -- In verschm- 

17 
18 
19 

denen Ortschaften des harmoverschen und 
braunschweigischen Gebietes wurde das Ha- 
gelfest vermutlich wihrend der ganzen Ernte- 
zeit bis zurn Erntedankfest wiederholt ge- 
feiert, wie sich in diesen Gegenden Hagel- 
feierbetstunden wihrend der ganzen Erntezeit 
auch noch in der prot. Kirche erhalten haben; 
vgl. H. Pfannenschrnid, Gerrnanische Ernte- 
feste irn heidn, u. christl. Cultus m. bes. Be- 
ziehung auf Nieders. 1878, S. 60.77 ff.; A. Franz, 
Die kirchlichen Benediktionen. Bd. I, S. 406,506. 
1. Jan. 
2. Febr. 
25. Mirz. 
2_ Juli. 

63 



Wolfenbiittel 

corda etc 0 Mit dem gesange werd de ordinan- 
dus vor dat altar up de knee gesettet und alle 
prester in der stadt setten sich darmit up de 
knee und de superintendent keret sick vor dem 
altar thorn volke und lest also: 
So schrifft S. Paulus in der ersten epistel 
an Timotheon im drridden capitel [v. 1- 7]: Dat 
is jo gewislick war. So jemand eins bisschopes 
ampt begert, de begert ein kSstlick werk. Ein 
bisschop overst schal unstrefflich syn, einer frou- 
wen man, nrichteren, metich, sedich, gastfry, 
lehrhaftig, nicht ein wynsriper, nicht betisch 40a, 
nicht unehrlike hanteringe dryven, sunder ge- 
linde, nicht haderaftich, nicht gyrich, de synem 
eigen huse wol vorstah, de gehorsame kindere 
hebbe, mit aller erbarheit (so overst jemand sy- 
hem eigen huse nicht wet vorthostande, wo 
werd he de gemeine Gades versorgen?), nicht 
ein nyeling, up dat he sick nicht upblase und 
dem lesterere int 5rdel valle. He mot vverst ock 
eine gude trichnisse hebben van den. de dar 
buten sind, up dat he dem lesterere nicht in de 
smaheit und strick valle 
So vermanet S. Paulus de oldesten der ge- 
meine tho Epheso [Apg 20,28- 31]: So hebbet nu 
acht up ju srilvest und up de ganze herde, under 
xvelcke ju de hilge Geist gesettet hefft tho bis- 
schopen, tho weidende de gemeine Gades, welcke 
he dorch syn eigen blut erworven hefft. Wente 
dat vet ick, dat na mynem affschede werden 
under ju kamen gruwelike wulve, de der herde 
nicht verschonen xverden, ock uth ju stilvest 
werden upstaen mennere, de dar vorkerde lere 
reden, de jiinger an sick tho tehnde. Darumme 
syd wacker und denket daran, dat ick nicht 
affgelaten hebbe dre jar, dach und nacht, einen 
jeweliken mit tranen tho vermanende. 
Inde ordinator loquatur in hanc vel similem 
sententiam, ad ordinandum vel ordenandos: 

Hyr hSren wy, dat uns de bisschope, dat is 
predikere und parheren beropen sind und syn 
scholen, nicht werd bevalen, gense edder koye 
to hSden, sunder de gemeine, de Got durch syn 
eigen blut erworven hefft, dat wy se weiden 
scholen mit dem reinen worde Gades, ock wa- 
ken und thosehen, dat nicht wulve und rotten 
under de armen schape inryten. Darumme nSmet 
he id ein kSstlick werk. Ock vor unse personen 
scholen wy trichtich und ehrlick leven, unse 
husere, wyff, kinder und gesinde christlick hol- 
den und theen. 
Sy gy nu sulcks tho dohn bereit? 
Dicat: Ja. 
Hic presbyteri ordine imponunt manus super 
caput ordinandi et redeunt quisque ad locum, 
ubi sederant prius super genua. Et dicat ordi- 
nator clara voce orationem dominicam! 
Lat uns beden: Vader unse etc. 
Barmhertige Got, hemmelsche Vader, du hast 
dorch den round dynes leven S6ns, unses Heren 
Jesu Christi, tho uns gesecht: De ernte is groth. 
5verst weinich sind der arbeider. Bidder den 
Heren der ernde, dat he arbeidere in syne ernde 
sende [.It 9,37 f ]. Up stilck dyn gStlick bevehel 
bidden wy van herren, du wiliest dissen dynen 
deneren sampt uns allen, de tho dynem worde 
beropen sind, dynen hilligen Geist ricklick geven, 
dat wy mit grotem hupen dyne evangelisten syn, 
truwe und vaste blyven wedder den drivel, werlt 
und flesch, darmit dyn name gehilget, d.vn rike 
gemeret, d)na wille vullenbracht werde XXroldest 
ock dem leidigen gruwele des pawestes und 
hiahomets sampt anderen rotten, de dynen ha- 
men lesteren, dyn rike thostSren, dynem wil- 
len wedderstreven, entlick striren und ein ende 
maken. Stilck unse gebet {dewile du id geheten, 
geleret und vortrSstet hast} woldest du gnedicho 
lick erhSren, alse wy geloven und truwen dorch 

4o Vgl. H6fling, S. 137, Anm. 2; RSm. Melbuch, S. 
582: Oratio am Pfingstsonntag, S. [86]: Messen 
am Samstag zu Ehren der allerseligsten Jung- 
frau, V. Vom Samstag nach der Oktav des 

HerzoJesu-Festes bis zum Samstag vor dem 
ersten Adventsonntag. Zweite Oratio: vom 
hi. Geist. 
40a : bissig 

7O 



Kirchenordnung 1543 

hebben, in welcke ein jewelick knave synern 
vorstande und gelegenheit na vorordenet werde. 
Van der praeceptoribus und sdollesellen, 
wat ere ampt und besoldinle syn sdal. 
Dewile overst tho anrichtinge solcker scholen 
und classium gude praeceptores und paedagogi 
gehSren, so schSlen de visitatores in einern jewe- 
liken 5rde na gelegenheit gude und gelerde 
scholgesellen so vele, alse van nSden, vororde- 
nero welcken de visitatores ock allerwegen stil- 
cke besoldinge scholen bestellen, dat se sick 
nicht tho beklagen hebben. Overst wedderumrne 
schSlen ock de gesellen in stilcker institution 
allen vlyt vorwenden und eres arnptes, wo sick 
yd gebSrt, warnemen, wo se denn nach lude 
disser ordeninge sick ane twivel ock stilvest 
erinneren werden. 
De scholekindere scholen alle verndel jars ere 
preciurn geven, alse van oldes in einern jewe- 
liken 5rde gewonlick is geweset. De ganz arme 
kindere scholen nichts geven. 
Doch scholen de kastenheren erkennen, wel- 
cke kindere so arm sind, und se thorn schole- 
meister bringen, dat he se vorgeves annehrne 
und nichts an en vorstimen late. 
De funeralia scholen de rnagister und gesel- 
len alle gelick delen, dat de overrneister nicht 
rnehr darvan krige wenn de geringeste geselle 
vVenn man de scholere wil hebben, dat se thor 
brutlacht in der kercken singen, so roach men 
en darvor dohn, war in jeweliken 5rde suss 
lange her gewonlick is geweset. 
Prima classis. De erste hupe. 
Tho dissern hupen h6ren alle de, de noch 
bockstaven und lesen leren. Und id is gut, dat 
solcks in den latinischen enchiridiis 49 gesche, 
darinne de teyn gebade, dat Vaderunse, de ge- 
love und war mehr thorn catechisrno gehSret, 

vervatet is, und wenn se de enchiridia verdich 
lesen k6nen, dat rnen se darna in den/ Donato 50 
und Catone 5t 6re rnit anhangender uthlegginge. 
Und m6ten solcke boke, wenn se uthe sind, alIe 
tydt wedderumme angefangen werden. 
Solcke knaven scholen ock dagelick des avert- 
des twe vocabula rnit erem diideschen rnede tho 
bus nehmen und desiilven des rnorgens tho repe- 
teren weten, scholen ock eren eigen 6rt in der 
schole hebben. 
Secunda classis. 
Tho dissern hupen gehOren de, so lesen kSnen 
und de grammatica leren m6ten. Und schal tho 
solcker behoff aIle tidt Grammatica Philippi 53 
blyven und neven der grammatica hefft men vor 
middage tho verdiideschende Aesopum mit 6vin- 
ge der declination, der conjugation und re- 
gulen. Na middage Paedagogiam Mosellani 53 
und etlike colloquia Erasmi 54, de sunderlike ard 
hebben und de besten sind. Id scholen sick ock 
solcke knaven ira latin tho 6yen anfangen und 
des avendes einen latinischen sproke rnit sick 
helm nemen, den se des morgens tho repeteren 
weten. Men schal davup sehen, dat se ock wol 
schriven leren und de orthographiam holden. 
Tertia classis 
Tho dissem hupen geh6ren, de declineren und 
coniugeren kSnen und in der grammatica etwas 
ge6vet sind. Neven der Grarnmatica Philippi 
scholen se thor 6vinge Terentium hebben und 
syntaxin 55 uthwendich tho seggen wetten. Te- 
rentium scholen se uthwendich leren. Darna mot 
men en etlike comedias Plauti und de ardige- 
sten edder selectas epistolas Ciceronis lesen_ 
Se scholen stedes latin reden. Thowilen ex Te- 
rentio uthwendich etwes reciteren und einrnal 
in der weken carmina und epistelen schryven, 
darna de knaven geschickt shad. 

49 Vgl. zu den lat. Uebersetzungen des K1. Kate- 
chismus zusammenfassend: M. Reu, D. Martin 
Luthers Kleiner Katechismus. 1929, S. 50 ff. 
50 Ars minor des Donatus, lat. Elernentargram- 
rnatik des Mittelalters, Ausg. in Keil, Gram. 
Lat. IV,354 ff. 
51 Dicta Catonis, Sammlung lat. Spruchweisheit, 

Ausg. b. Baehrens, poetae lat. rain. 3,205 ff.; 
vgl. Pauly-Wissowa, RE V, 358 ff. 
52 Grarnmatica latina. 1526, CR 20 241 ff. 
53 Peter Schade (Mosellanus), Paedagogia. 1518. 
54 Erasmus Roterodamus, Colloquia familiaria. 
1518. 1522. Opp. (Clericus) Leyden, I. 1703. 
5s Syntaxis Phil. Melanthonis. 1529, CR 20.347 ff. 

e 73 



Kirchenordnung 1543 

Quarta classis. 
Tho dissem hupen geh6ren de, so im latine 
verdich sind. Men schal en neven der gramma- 
tica Virgilium lesen mit antekinge der con- 
struction figurarum und praecipuarum senten- 
tiarum. Und wenn se hirinne wol ge6vet sind, 
schal men en DiaIecticam und Rhetoricam Phi- 
lippi56 vor middage, na middage Virgilium, Me- 
tamorphosin Ovidii, am avende Officia Ciceronis 
lesen. 
Se scholen alle tidt latin reden, thowilen etlike 
carmina uth Vergilio reciteren und alle weken 
carmina und epistoIas maken na erer schick- 
licheit und gelegenheit. 
Hyr is tho merkende, dat de praeceptores 
disse classes nicht alle sch61en balde anrichten 
vor de ungeschickede jungen, alse etIike dohn, de 
mehr ere ehre soken, denn beteringe der kindere, 
und lesen Ciceronem, Virgi!ium etc. den jungen, 
de nicht ere grammatica xveten. Se scholen 
ersten twe edder dre classes maken und 6yen 
de kindere in der grammatica und regulen mit 
chrivende, latin redende ane unterIat ock den- 
ne, wenn se tho grotteren lectien ntitlick gev6r- 
dert werden Welcke praeceptores sick des be- 
weren und nicht dohn willen, schal men by 
dem ampte nicht laten Wente efft se xvol 
geleret sind, so vorderven se doch de jungen 
und is beret andere, de nicht so sehre geleret 
nd doch vlitiger sind. tho hebbende. Tho rech- 
ter tidt schal men de kindere in quarta classe 
x urder helpen Item man roach etliken knaven, 
de dartho geschicket xverden, ock wol 1Rudi- 
menta literarum graecarum und hebraicarum57 
vorleggen. 

Van 6vinge der scholeren. 
Wo de stunden und lectiones tho vorordenen 
und under de gesellen tho delen sind, darmit 
der sake allenthalven eine rechte gestalt gege- 

yen werde, gyfft men den rectoribus helm und 
m6gen des superintendenten fades, wenn men 
de gelegenheit disses ordes und der knaven er- 
faret, ock dartho gebruken. Wat de knaven in 
der kercken vor 6vinge mit singen und lesen 
hebben scholen, is vorhen in der ordeninge der 
ceremonien angetekent. Wenn overst de stunde 
in der kercken ungelegen, mSgen de rectores 
mit fade des superintendenten destilvige na 
gelegenheit anderen. 
Alle xverkeldage scholen und m6ten se eine 
stunde, nomelick tho twelf slegen im middage, 
tho der musica hebben, in welcker de cantor 
edder de scholemeister de knaven nicht alleine 
in cantu piano edder chorali, sunder ock in 
figuraIi underwisen und wol 6yen schal und 
moten em de anderen geselIen hirinne helpen. 
Ock schal de cantor cantum figuralem in de 
kercken bringen und darmit de jogent Got tho 
lavende lustick maken. 
De Middeweken dach schal alle tit dies repe- 
titionis syn_ Und schal in allen classibus, wat 
de anderen dage gelesen, vlitich gerepetirt wet- 
den. Ock schal men den knaven an dissem dage 
so aartno dfichtich sind, argumenta geven, dat 
se carmina und epistolen schryven und en des 
namiddages dimissionem geven. 
De Sonnavend schal dies exercende pietatis 
sm. Und schal dar vor de geringen knaven de 
catechismus, vor de anderen dat evangelion 
Matthei edder evangelia dominicalia edder et- 
like episteIen Pauli edder proverbia Salomonis 
gelesen werden. Und scholen de scholgesellen 
hir mit vlite van den geringesten knaven de 
exposition des catechismi (den se ock uthwen- 
dich leren und reciteren scholen), van den an- 
deren averst etlike integros locos ut eren lecti- 
onibus uthwendich tho reciteren vorderen, dar- 
mit allenthalven de gotselicheit by en gef6rdert 
werde. 

:,6 Dialectica, vgl. CFt 13,507 ff.; dazu Compen- 
diaria dialectices ratio, CR 20,711 ff. und Ero- 
temata dialectices 13.513 ff.; Elementorum 
rhetoricae ll.II, CR 13,413 ff. 

U. a. wohl Reuchlin, Rudimenta hebraica 
1506; Vocabularius breviloquus. 1504; Septem 
psalmi poenitentiales hebraici cure gramma- 
tica tralacione latina. 1512. 

74 



Wolfenbfittel 

Privi|eia der elerden 
Tho vorderinge g6tlikes wordes, fryen k0n- 
sten und allerley erbarheit, darto dennoch de 
predikere, scholgesellen und kerkendenere mit 
h6gestem vlite helpen moten, sch61en en ere 
privilegia und freiheiden van allen b6rgerliken 
beschweringen blyven und men schal se darby 
handhaven. Darwedder schal nemand handelen. 

Sfinderlike 6vnle in der scholen. 
Id sind thowilen lectiones, de dre classes 
wol thogelick h6ren k6nen. In destilvigen wet- 
den sick de rectores, dat de classes darna ge- 
ordent werden, vol recht schicken. Van tier 
sankstunde hebben vy vorhen gesecht. 
De Donatisten schal men alle dage vor mid- 
dage (den Middeveken und Sonnavent uthge- 
scheiden) int gemeine in tier grammatica, eti- 
mologia, syntaxi und prosodia sere vlitich 6yen 
und vort dryven. Knaven, de tho stilckem schri- 
yen dtichtich sind, scholen alle weken carmina 
und episteln schryven, wo darbaven angeteget 
is, und jummer latin reden. Vain morgen- und 
vespergesange is baven gesecht 
Wo men ock in der schole den Middeweken 
tho tier repetition, carmina und epistelen tho 
schryven 6yen und na middage diem lusus heb- 
ben schal, desgeliken, wat up den Sonnavent in 
causa pietatis gedreven werflen schal, is dar- 
baven ock gesecht und is vider wort hyrvan 
tho maken nicht niSdich. 
Darmit overst in disser scholeordeninge jo 
nichts vorgeten, vordert ock de hoge not, dat 
men den scholgesellen bequeme behusinge, da- 
tin se studirn und er gemack hebben k6nen, 
vorschaffe und vorordene. 
Denn dat sick so vele gesellen in einer edder 
twen behusingen entholden scholden, is nicht 
wol m6gelick. Desgeliken eren studiis nicht be- 
quemelick. 
De ehelick werden, de schal men sunderlick 
mit bequemener woninge vorsorgen. Darup scho- 
len vlitich sehen de radt und kastenheren und 
dat also vorschaffen. 

Van der junkfrauenscholen. 
Eine schole schal men uprichten in den steden 
und flecken in einem gelegenen orde vor de 
kleinen junkfrauen und de schollen darinne leren 
schryven und lesen calder thorn weinigesten 
alleine lesen, welck se in einem edder tven 
jaren leren k6nen. Men schal en dar psalme xnd 
geistlike gesenge singen leren und den kleinen 
catechismum doctoris Lutheri, ersten de hilgen 
w6rde des catechismi, darna de korte bedti- 
dinge tier wSrder, als in dem catechismo steyt. 
Wenn se dat wol k6nen, so schal men se darna 
ock laten lesen den ganzen dtideschen psalter 
edder etlike und vele psalme daruth Denne 
math men en ock wol in der scholen bevehelen, 
dat se tho hus lesen etlike historien uth der 
d0deschen biblien, yd sy uth dem olden edder 
nyen testamente, darvan se war k6nen in der 
scholen naseggen uthwendich, ane b6ck, wo gut 
se yd maken k6nen. Wol syne jungfrouven wil 
mehr laten leren, de late en ock mit dem schri- 
vende leren geschreven breve lesen etc. 
Vor middage scholen se allene twe stunden 
in tier scholen syn, na middage ock men tve 
stunden, tho gelegener tyt Wenn se uth der 
scholen gahn, so schollen se ersten einen psalm 
calder geistlick led singen, darmede k6nen se 
dat singen ane anderen erbeit leren mit luste 
und leve. Alle andere tydt des morgens, mid- 
dages und gegen den avent scholen se by eren 
modern syn tho buss, lesen war und leren van 
eren modern ttichtich husholden und war dar 
mehr thogeh6ret. Men schal en ock icht tho vele 
upleggen, mate is tho allen dingen gut. Men 
late de kleinen kinder tho tyden ock spelen, 
dat se darna deste vlitiger thorn studirende wed- 
tier ankamen. 
Salomon am ende in synch spr6ken secht, dat 
id nicht genoch is, wenn eine husmoder schSn is, 
so se nicht ock gotfrtichtich is, de na Gades 
worde Got alle tidt in allen eren scheten vor 
ogen hefft: Fallax gratia et vana est pulchri- 
tudo, muller timens Deum ipsa laudabitur [Pr 
31,30]. Wente gotlose moderen fragen nichts na 

- 75 



Wolfenbtittel 

Gade, dat is, na Gades worde. Darumme holden 
se ock ere knechte und megede nicht tho Ga- 
des worde und theen gotlose kindere up. Overst 
uth siilcker junkfrauenscholen kSnen wy vele 
husmodern krigen, de mit Gades worde tho 
Gades fruchte geholden sind. De gedenken by 
Christo to blyvende, in welcken se gedofft sind, 
de holden namals ere gesinde und kindere ock 
tho Gades worde, dat se by Christo und in 
Christo blyven, in welcken se gedSfft sind. Wol 
dem marine, de siilck eine frouve und hus- 
moder kricht, als dar Salomon secht. Dar roach 
men vortan lesen. Van siilcken husmodern, de 
Got frtichten, werd namals de stadt besettet 
mit eren kinderen, de frame b6rgere und b6rge- 
rinnen werden und kompt van en ein eddel 
geslechte, de kindere Gades verden dorch den 
geloven an Jesum Christum bet thorn jiingesten 
dage. Darumme willen vy trouen siilcke junk- 
frouwenscholen nicht vorstimen, sonder in ehren 
holden. 
Tho disser scholen schal men vorschaffen eine 
ehrlike matrona, de xvol leren kan und mit den 
junkfrouen wol und vorniiftich kan ummegahn, 
de Gades wort leff hefft und gerne in der biblien 
und sus war gudes leset. Der schal men uth der 
gemeinen kasten geven jerlick drittich edder 
twintich giilden in miinte na gelegenheit jeders 
6rdes und alle verndel jares dat veerde part van 
siilcken drittich edder twintich gtilden. Der frou- 
wen schal men in den vormSgen steden noch 
eine siilcke tho hiilpe schaffen, de schal jerlick 
hebben 20 gtilden in miinte, alle verndel jares dat 
veerde part van siilcken 20 giilden. De junkfrou- 
ven scholen gr6ter precium den meisterinnen 
geven venn de jungen in der andern scholen, 
doch etliche mehr, etlike ringer. De ganz armen 
scholen nichts geven. Doch dit alles up erkent- 
nisse der kastenherrn. Dat precium scholen de 
meisterinnen gelike deilen. Frye voningen scho- 
len se beide hebben und fry syn van aller b6r- 
gerliken last und uthgave. Se k6nen wol beide 
wonen in der junkfrouwenscholen, wenn men 
de woninge bequemelick darna anrichtet. 
Ende der scholen. 

Dat driidde deel disser ordinantien is van 
der gemeinen kasten. 
In einer jeweliken kercken schal stahn eine 
kaste, dar frame liide und milde hende dage- 
lick insteken ere almissen vor de armen und 
nottroftigen umme Gades willen, welcke de 
kastendiaken scholen alle weken daruth nemen 
und latent erem schriver anschriven und brin- 
gent semptlick in de sacristie edder in einen 
anderen wolvorwarden 6rt in ere kaste. 
Wente gemeine kaste her nicht de kiste, de 
in der kercken apenbar steyht, dat men darin 
scholde bringen alle gilder der kercken, wol 
wolde dat raden? Sonder gemeine kaste is ge- 
redet so vele, efft men wolde seggen: Gemeine 
schatt der kercken, darhen thosammende vor- 
ordenet is und werd ingebracht alle inkament 
der kercken und alle geistlike giidere (alse men 
se n6met) grot und klein dorch de kastendiaken_ 
Dar mot men hebben kisten, slote, iseren, mu- 
ren und vaste d6ren, dat solck schat vol ver- 
varet sy. Dat her de gemeine kaste. 
In disse gemeine kaste geh6ren alle giider 
dersiilvigen kercken, klein und grot. Nemlick 
thorn ersten vor de rechten armen, alt und 
jung, de nichts vorwerven k6nen, vor kranke 
Itide und arme frouwen in dem kinderbedde 
und wor sust de predicanten werden anseggen, 
de tho den kranken gahn etc. Alle milde almis- 
sen, in de kisten geoffert, alle almissen, de de 
kastendiaken in de biiddele sammelen van fra- 
men ltiden. Wente se scholen des hilligen dages 
mit twen edder dren btidelen ummegahn under 
der predike und schemen sick des nicht umme 
Christus willen, de secht: War gy einem ringe- 
sten van den mynen hebben gedahn, dat heb- 
ben gy my siilvest gedahn [.Mt 25,40]. Item dar- 
hen geh6ren ock alle ander milde gaven christ- 
liker herren und alle testamente, de gemaket 
sind und noch gemaket werden. 
War unse vorelderen gegeven hebben tho un- 
gerechten gadesdensten uth unvorstande (se 
hebbent jo gut gemeint), dat scholen wy nu 
na erkanter warheit keren thorn rechten gades- 
denste, dar Christus van secht: Gy hebbent my 

76 



Wolfenbiittel 

und kastensegel, by den radt gelecht werden. 
Darmne ock geschreven schal werden, wenn de 
rechenschop geschtit, wat sick de gtider vor- 
mehret hebben. Overst de kastendiaken scholen 
eine uthschrift des inventarii by sick beholden. 

Kastendiaken. 
Tho solcken gemeinen kasten edder schatte 
vor de armen und kerckendenere scholen erwelt 
werden sSs kastendiaken edder kastenheren, 
twe uth dem rade und veer b6rgere uth der 
gemeine. 
De solcke lfide scholen syn, alse steyt Act. 6 
[3], 1. Tim. 3 [2 ff.]: ehrlike lfide, nicht 16genere, 
nicht drunkenbolten, nicht bedregere, de ehrlick 
husholden mit eren echtenwyven und kinderen, 
de vul hiIliges Geistes und wysheit sind, dat is, 
de dat gehemnisse des evangelii edder des ge- 
lovens in reiner conscientien hebben, de so vor- 
stendich sind, dat se vol veten, wor se geven 
und borgen scholen, dat nicht dat kastengut 
ane not vorringert werde De ock so fram syn, 
dat se de armen und nottroftigen nicht ver- 
sfimen 
Disse scholen vlitich inmahnen und uthgeven 
und dat alle erem schrivere schriven laten, alle 
solde der kercken- und scholdeneren scholen 
se alle verndeljars uthrichten. Item: de schSlen 
neven dem fade vorschaffen bequemelike wonin- 
ge den predicanten und scholgesellen, und wenn 
de scholgesellen ehelick werden, so schal men 
dem eheliken gesellen eine sunderlike woninge 
bestellen, so lange he in dern ampte blifft. De 
kastenheren scholen ock buwen und in buwe- 
likem vesende holden der kercken- und scholen- 
denere hi]sere. Item: de kerckhSve scholen se 
genochsam befreden, wente der Christen be- 
greffnisse scholen wy ehrlick holden, darumme 
dat wy gelSven de upstandinge der doden 
Alle Sundage des namiddages na der predike 
(welcke predike umme seyers tvelve schal ge- 
scheen) scholen de kastendiaken thosammende 
kamen, dar ere kaste is, umme der armen wil- 
len, de se up dem register angeschreven hebben, 
den se thogesecht hebben, alle weke wat tho 
gevende, dem einen mehr, dem anderen gerin- 

get na gelegenheit. Und sus ock tho ratslagen, 
efft wat van n6den were der kasten halven. 
De kastenheren scholen sick vorschaffen einen 
geschickeden schriver und den mit der borger- 
meistern und kerckheren rade und willen an- 
nemen. 
De schriver schal ein framer bSrger syn, de 
ehrlick husholt, de vorstendich is up rekenschop, 
de dat gemeine kastenbSck wol vorstan und de 
rekenschop wol schriven kan gegen de tidt, 
wenn men rekenschop schal dohn. 
De kastendiaken scholen alle jar in der weken 
vor Palmsondage rekenschop dohn up dem rat- 
huse dem kerckheren und dem rade. Des Son- 
dages thovorn schal yd vain predigstole aff- 
gektindiget werden, dat de rekenschop gescheen 
schal, hefft jemand wat inthoreden wedder de 
kastenheren edder weth sus vat mehr gudes 
der kasten tho gude, de roach sick up de tydt 
up dat rathus maken und rede dar frilick der 
saken tho gude und nicht thorn vorderve. De 
dSre schal em und anderen borgern, de darby 
willen syn, apen start 
Na der rekenschop scholen denn stilvest de 
tve radespersonen, de kastendiaken ein jar 
lang sind geweset, fry und los syn van dissem 
ampte, ock de bSrgere, de by der kasten sind 
geveset. Und men schal en na guder rekenschop 
danken und balde, ehr men geyt vain rathuse, 
schal darsfilvest de parhere und de radt sampt 
allen, de dat jar diaken sind gevest,oerxvelen 
tho der kasten upt nye einen van den beiden 
ratheren, de des vorgangen jares sind kasten- 
heren geweset und noch einen ratheren, de des 
vorgangen jares nicht is kastenhere geweset. 
Dartho ock twe borgere van dens/]lvigen, de 
kastendiaken ein jar lang sind gewest, und 
twe bSrger, de im vorigen jar nicht sind kasten- 
diaken gewest. 
Wente wen men idel nye alle jar erwelen 
scholde, de nicht mit dec saken ummegegahn 
hedden, so mfichte uth unerfarenheit de gemeine 
kaste schaden nemen. Darumme is yd gut, dat 
stilcke dre erfarne bSrgere noch ein jar darby 
blyven, van welcken de anderen ock kSnen leren 
und angevSret werden. So moten de dre blyven 

78 



Kirchenordnung 1543 

twe jar lank. Im drtidden jar kinen se fry wer- 
den. Also scholen alle jar de kastendiaken wed- 
der erwelet werden na der rekenschop. 
Dre slStele scholen tho dem kasten syn, einen 
slStel schal hebben de radespersone, de thor ydt 
kastenhere is, den anderen ein bSrger van den 
veer kastenheren, de uth tier gemeine sind, den 
drtidden de kerckhere. In der ersten visitation 
is de driidde slStel dem fade bevalen, darumme, 
dat noch allewegen nicht kerckheren weren. 
Nu overst vordan schal den drtidden slStel de 
parhere edder pastor hebben. 
Mit den gylden und broderschoppen schal de 
radt sampt den kastendiaken frtintlick handelen, 
dat se de gylde und brderschoppen in de ge- 
meine kasten disser gadessaken tho gude laten 
komen. Id kan doch und schal ock nicht beret 
angelecht werden. 
So scholen desillven ock friintlick handelen 
mit den geslechten, de jus patronatus over etlike 
lene hebben, dat se de lene ock gerne tho dis- 
sere christliken schatte laten kamen. Se vor- 
lesen nicht darmede ere herlicheit, sonder k(inen 
vor sick und ere frtindschop mit groter herr- 
licheit beholden und vaken war sunderlikes 
gudes darvan dohn. XVente bet nu her sind erer 
etlike verstorven, de newerlde de lehne vorleh- 
net hebben, dewile etlike papen lange leveden, 
de de lene hadden. Nu overst, wenn se de lene 
tlmm kasten lathen komen, kSnen se sick vorbe- 
holden und vorschryven laten solcke gerechti- 
cheit, dat se (den dat lehn thor tydt gehSrt) 
mSgen umme dat ander edder drtidde jar, wenn 
de kaste so rick und vormSgen werd, eine vor- 
bede dohn und schSlen alse patronen des lehnes 
nicht geweigert werden vor einen armen stu- 
denten in einer universiteten ein jar lank edder 
vyve tho holdende edder vor eine arme ehr- 
licke denstmaget uththogevende. Und roach ein 
van dem geslechte, de lehnhere is, des jares, 
wenn de kaste rekenschop deyt van dem lehne, 
uppet rathus komen und sehen und hSren sill- 
vest, dat mit dem lehne recht und christlick ge- 
handelt werd. Weren overst etlike so halstar- 
rich, dat se ere lehen tho solcken guden werken 
nicht wolden laten komen, so schal de rad und 

de kastendiaken solck leben vorteken laten in 
ere inventarium und neinerley weise staden, dat 
etlike solcke lehne wolden verrucken to sick und 
bringen se erer frtindschop uth den henden, dat 
men nicht were, wor se blyven, alse id sick nu 
leider wol kan thodregen. Sonder se scholen 
schuldich syn, upt rathus tho kamende, wenn de 
kaste rekenschop deyt und dar ock vor allen 
rekenschop alle jar von erem lehne dohn, dat 
me were und anschrive, wor se id hen gekert 
hebben umb Gades willen. So vorkamen de 
leben nicht, efft men se noch nahmals by eren 
nakSmelingen kSnde by de kasten krigen. 
Den missepresteren by uns, de nicht mehr 
misseren und nicht lesteren dat evangelion Chri- 
sti, de ehrlick husholden und disse christlike 
ordeninge annehmen, willen wy ere inkament 
ere levelang laten, andersworhen schal en 
nichts volgen. Ja, sind se sunderlick arm by uns, 
so schal men en vele lever mit milden almis- 
sen ehrlick in eren husen tho htilpe kamen. 
Desgeliken den mSnniken, de uth den klSste- 
ren willen gahn, schoie de visitatores helpen 
thorn predigampte, so se dartho denen edder 
sus tho ehrliker neringe und se ehrlick affer- 
digen mit gelde van des klosters gtidern. Des- 
geliken den nonnen und klSster und stiftjunk- 
frauen etc. Wente id schal en allen alletydt fry 
syn, ehrlick und christlick utthogaende. 
De overst darinne blyven willen, so se nicht 
lesteren dat evangelion Christi und holden stiile 
mit eren missen und alle erem apenbarem ge- 
senge, wandelen eren mSnnike und nonnen- 
habyt und verlaten ganz eren orden, dat se 
alleine in der regel Christi by Christo blyven, 
in welcken und in synen dodt se gedofft sind 
etc., de schal men nicht vorlaten, sunder ere 
leventlang mit aller nottroft vorsorgen. Se scho- 
len by sick na alle eren willen beden: studern, 
in der hilgen schrift und sust wat gudes lesen, 
prediken hSren (dartho se scholen einen pre- 
diker besolden, alse en schriftlick und mfindlick 
dorch de visitatores vorordenet und bevalen is), 
und wol id mank en beret leret, de roach syne 
broder ock vordan leren, dat se ock gedenken, 
wo se salich werden. Se alle scholen nemande 

79 



Wolfenbfittel 

mehr in eren orden nemen. 13e in den klSstern 
und stiffen blyven, scholen apenbar singen und 
lesen in eren cerimonien ut der hilgen schrift, 
alse doctor Pomeranus latinisch beschreven und 
darby eine christlike underrichtinge gedan hefft, 
welck de fOrsten und stende also verordenen 
und setten ock hinden an disse kerckenordenin- 
ge 58. Unde hebben sfilck alles alrede in einem 
jeweliken klostere und stift dorch de visitatores 
gebaden und vorordenet, dartho ock schrift- 
lich vorantwerdet. De darwedder dohn, den 
schal men de gfidere uth dissen landen nicht 
volgen laten und men schal se dartho ock in 
dissen landen nicht xveen, als en dat ock 
schriftlick vorantwordet is. 
De predicanten in den steden scholen ock 
trOstlick syn den armen bedelmOnniken, de nu 
van olders edder krankheit xvegen nergent hen 
xveten. De men ane dat doch nicht schal vor- 
laten, went xverd angesecht, so se sick na disser 
ordeninge holden. 
De kercken- und scholdenere, de by uns in 
unsem truxven denste vorkranken, vorderven 
edder voroldern, dat se nicht mehr kOnen de- 
hen, schal men uth den kasten edder ock sust 
uth geistliken gfidern vorsorgen ehrlick. Wo 
kbnden wy yd anders vor Gade und den lfiden 
vorantwerden 7 
Den heveammen edder bademOmen is yd bil- 
lick, dat men ock xvat schenket uth der gemei- 
hen kasten, wenn men yd vormach, besunder- 
gen den, de dem fade gesxvaren sind, dat se 
deste vlitiger ock den armen frouven denen. 

War se vor drankgeld dartho van en krigen 
k6nen, dat m6gen se wol nemen. Dar is einer 
stat edder gemeinen groth an gelegen. 

De Hospitalen. 
De hospitale schal men vlitich versorgen dorch 
etlike van den kastendiaken, dartho sunderlick 
erwelet vain kerckheren, vain fade und allen 
kastendiaken. Kan yd dorch de nicht bequeme- 
lick gescheen, so erwele men andere dartho, jo 
viere tho jexvelikem hospitale, xvelcken men 
alle inkament der hospitale und alles schal 
schriftlick bevelen, dat se de armen jo recht 
vorsorgen, dat nicht personen in dat hospital 
werden genamen vor gelt, sunder mit willen 
des kerckheren, des rades und aller kastenheren 
alleine, de im ehrliken levende nStlick vorarmet 
sind, besundergen borger und borgerinnen, ane 
dat men nicht innehme 5vet den tal, dat men de 
angenamenen wol versorgen kan. 
Also schal men ock by macht beholden de 
unreinen husere, dar men henlecht de uthset- 
tigen, franzSsisschen etc. und jo allermeist tho- 
sehen, dat de armen lfide dar nein not lyden 
mit bedden, xvasschen, ethen etc. 
De dartho erxvelet xverden, scholen ock alle 
jar, xvenn de anderen, wo gesecht, rekenschop 
dohn. Denne schal men nye hospitaldiaken edder 
vorstendere erwelen, overst nicht idel nye, alse 
ock van den kastendiaken gesecht is. 
De predicanten in den steden scholen alle 
hospitale einmal in der weken visiteren und en 
prediken, dar mSgen se sick in delen. 

FINIS 

Gedrfickt tho Wittemberch: dorch Georgen Rhaw. 1543. 

58 Vgl. S. 81. 

8O 



.lnge]igt ist: Sequitur PL4 ET L'EBE C.4TllOLIC 1 ET COYSENTIEYS I'ETERI ECCLE- 
SL.IE ORDI.Y.4TIO C..IERIMONIARUM, PRO C.INONICIS et monachis qui reliqui sunt in terra 
Brunst,icensi, donec moriantur. Nam quemadmodum ex bonis illis ecclesiasticis, non superstitiosi 
et blasphemi monachi, neque ociosi canonici, ut nunc nihil aliud dicamus, posthac alantur, ned 
constituantur ministeria [mblica ecclesiarum, quibus indigemus, et curentur pro emeritis mini- 
stris, pro studentibus, et aliis [auperibus, superius in hac nostra ordinatione exemplum (si [ieri 
[ossit) propositum est 59. 

59 Diese Ordnung, die Bugenhagen fgtr Pommern aufstellte, steht bei Sehling II', S. 344 353. Unsere KO erueitert neben 
Titel und Einleitung vor allem den kurzen Schlu (Finiz caenae Domini. Sequitur sexta vel nona.): 
FINIS CA ENA E DO ill 
Ubi vero monachorum aut canonicorum ecclesia est parrocbia, omnia cure populo cantentur in missa diei festi 
et dominicarum ut in ordinatione ecclesiarum scripture est, neque monachi vel canonici suo cantu impediant 
laudationem ecclesiae sanctae. 
SEQUITUR SE'T,4 VEL NONA. 
Finiz ordinatonis ecclesiasticae in terra BrUnSwicensi. [mpressum 'itebergae apud Georgium Rhaw. ,4nno 1543. 
Ebenso den Abschnitt Pro nona (Sehling 1I', S. 350 Sp. 1): 
Quia veto psalmus Beati immacalati, distinctus est viginti duobus octonariis, commodius ]aerit, propter canonicos 
studiosos sacrae scripturae, ut in singalis hisce horis: Prima, tertia, sexta, nona, tantam anus oct6narius nut 
summum duo, cantentur et semper incipiatur ubi relictam est, usqae ad finem psalmi. Imo alio ordine, ham die 
Lunae, Martis, Mercurii, Jovis, l'eneris, debent audire lectionem et tractationem sacrae scrtptarae (qtmndo non 
predicatur unam horam mane et alteram horam ante coenam, ad hoc foveant predicatorem et lectores theoloeiae, 
ut postea verbo Dei eruditi, possint praefici ecclesiis et scholis, alio qui quid facerent suis vanis nomintbus? 
Im ,4bschnitt D e m i s s a wird bei Erlaubnis der Beibehaltung der .4ltargewiinder ein.qeschoben (Sehling IV, S. 351, 
Sp. 1, 2. 3. v. u.J: 
si ira volant tamen cure consilio supremi superintendentis. 
Sonst nut geringfiigige .4bweichangen yon der Pommerschen Ordnung. 

o 81 



Kirchenordnung 1569 

wort. zum theil wieder dasselbige, eingeffihret, 
abzuschaffen und zu bessern vorhabens, welche 
irthumb und missbreuch allen frommen Christen 
missfallen und auf abschaffung und besserung 
derselben viel jahr lang mit besonder grosser 
begird gewartet, auch unsere underthanen in 
solchem allem sich ganz gehorsam mud wilfarig 
erzeigt. 
Welcher gestalt abet sie die pastorn und kir- 
chendiener in unserm ganzem fiirstenthumb 
durch ein 6rdentlich und christlich examen be- 
funden, so zum guten theil nicht rechte pasto- 
res, sondern ungelerte und ungeschickte mer- 
cenarii und gleich als gedingete knecht gewesen, 
zum guten theil auch viel pfarren umbestellet, 
das die kinder ungetauft und die alten leute 
ohne das sacrament des leibs und bluts unsers 
Herrn Christi dahingestorben und also in ihren 
hSchsten anfechtungen ungetrost gelassen, das 
ist unserer lieben und getreuen tmderthanen 
halben nicht unbillich zu klagen. 
Welches alles ffirnemlich daher kommen, das 
nemlich wieder Gottes wort k6nig, ffirsten und 
herrn sampt andern christlichen oberigkeiten 
felschlich verwehnet, als ob es ihres ampts und 
beruffs nicht sein solte, sich der kirchen auch 
neben ihrer kanzley anzunehmen 
Derowegen da gleich ein christlicher ffirst 
allerley grobe und greifliche mengel gespfiret 
un:l gesehen, dannoch sein ampt gegen densel- 
ben nichts uben dfirfen, sondern solches alles 
den bisschoffen heimstellen und bevehlen mfissen, 
welche durch derselben officialen oder andere 
ihre vicarios und statthalter in geistlichen sa- 
chen die kirchen bestellet und ordnung gehalten 
(wie leider dieselbige in angestelter christlichen 
visitation befunden). 
Weil dann unsere getreue und liebe under- 
thanen des glaubens und der religion halben 
nicht weniger als in der weltlichen eusserlichen 
regierung, das ihnen recht und gerechtigkeit 

mitgetheilet, uns als dem landsffirsten beide, 
von der hohen oberigkeit in der welt und auch 
an dem tag des Herrn zu vertretten stehen, ha- 
ben wir nicht underlassen, solche hochwichtige 
sachen, daran nicht allein zeitliche wolfarth. 
sondern auch unser selbst und unserer under- 
thanen ewig heil und seligkeit gelegen, mit ernst 
nachzudenken und durch unsere ansehenliche 
geistliche und politische rethe und in Gottes 
wort verstendige theolgen dieselbige in ernst- 
liche berathschlagungen zu ziehen, zu beden- 
ken und zu erwegen, welcher gestalt der uralte 
catholische, christliche und apostolisch glaube 
yon der eingeschliechenen und dem wort Gottes 
wiederwertigen menschensatzungen, missbreu- 
chen und irthumben gereiniget und nach dem 
willen Gottes, auch rechten alten gebrauch der 
ersten und reinesten kirchen erhalten verden 
mSchte. 
Dann wir ketnswegs gesinnet, etwas in den 
kirchen unsers ftirstenthumbs neues einzuftih- 
ren, das nicht zur zeit der lieben aposteln und 
derselben negstgefolgten nachkommen im brauch 
gewesen sein solte. 
Und demnach etlichen, besonders zu diesem 
christlichen werk erforderten und beruffenen 
theologen 6 auferlegt und bevohlen, auf ein sol- 
che kirchenordnung bedacht zu sein, so zufor- 
derst dem wort Gottes und der christlichen 
augspiirgischencon[ession dt.rchauss in allen ar- 
tickeln gemess: in den ceremonien abet den 
benachbaurten kirchen dieser landen am aller 
einlichsten 7, damit ungleicheit der ceremonien 
bey den unverstendigen und in Gottes wort noch 
nicht wol erbauten Christen ergernuss und al- 
lerley anstoss geberen m6chte, darnach sich alle 
unsere pfarrherrn und kirchendiener in der lehr 
und gebrauch der hochwirdigen sacramenten. 
ehevertrauungen, leichpredigten und bestettigung 
der abgestorbenen zu der erden und dergleichen 
gleichf6rmig durchauss, auch sonst in allweg 

Martin Chemnitz und Jakob Andre. 
Der liturgische Teil dieser Kirchenordnung 
lehnt sich vor allem an die Lfineburger Kir- 
chenordnung yon 1564 an, vgl. A. Petri, S. 47; 

H. Hachfeld, Martin Chemnitz nach seinem 
Leben und Wirken. 1867, S. 71; Beste, S. 69: P. 
Tschackert, S. 603; u. a., bes. A. litter, Die 
sog. Calenberger KO. 

85 



Kirchenordnung 1569 

ein anfang der weissheit ftirgeschrieben, ein 
verdienlich werk gen]acht, dardurch ihr selbst 
eigene, auch deren, so sich in ihre brtiderschaft 
begeben, stinde zu btissen und vor Gott gnad 
erwerben. 
Demnach haben wir nach gehaltener visitation 
der klSster, auch unserer lieben und getreuen 
prelaten und personen darauf erfolgten decla- 
ration 11 (so zur beftirderung unserer ihnen vor- 
gehalten und in Gottes wort gegrtindter refor- 
mation, neben undertheniger danksagung den] 
aln]echtigen und uns, als den] landsfiirsten, ge- 
schehen, n]it allen] gehorsan] sich ganz gut- 
willig erbotten und bewiesen), anfangs eine 
verbesserung des gottesdiensts anstellen und 
allein abschaffen lassen, was den] offenbaren. 
reinen und unverfelschten wort Gottes, n]it ver- 
trauen auf den verdienst des ordens, n]essopfer 
ftir die stind der lebendigen und der todten, den 
n]issbrauch einer gestalt des sacran]ents ftir 
die leyen, anruffung der heiligen, vigilien, seel- 
n]essen fiir die abgestorbenen und was derglei- 
chen unsern algemeinen, catholischen, aposto- 
lischen, christlichen glauben, dutch welchen wit 
zu den] einigen verdienst des gehorsan]bs unsers 
Herrn Jhesu Christi gewiesen werden, genzlich 
entgegen und zuwieder; dargegen abet den rech- 
ten gottesdienst und die alte geseng de ten]pore 
und kirchenubung in] lesen und singen also an- 
stellen lassen, das es neben den] gebet, anruf- 
lung und danksagung flit Gottes gnaden ein 
studium der heiligen schrift sey, dadurch die 
jungen knaben die geschicht und lehr der hei- 
ligen schrift eigentlich und wol in gedechtniss 
bringen, deren sie sich nachn]als in der lehr 
und predigten {darzu sie ftirnen]lich auferzogen) 
der kirchen Gottes zu aufbauung herren ntitzlich 
zu gebrauchen 
Dessgleichen in allen und jeden unsers ftir- 
stenthumbs n]anskl6stern gelerte und versten- 
dige praeceptores verordnen lassen, welche he- 
ben verrichtunge der verordneten gottesdienst 

in der kitchen den jungen knaben teglich (nach 
derselben verstand) lectiones halten, sie under- 
weisen und lehren, dan]it sie ftirderlich zur 
kitchen Gottes ntitzlich zu gebrauchen, in n]as- 
sen solches alles dieser unser ordnung einver- 
leibet. 
Nachden] auch neben den n]ansklSstern in 
unsern] ftirstenthun]b jungfrauenklSster gestif- 
tet, welche anfangs anders nicht, denn christ- 
liche zuchtheuser gewesen, darirmen die jung- 
frauen zur warhaftigen erkentnuss Gottes, auch 
aller christlicher zucht und erbarkeit aufer- 
zo.gen, und da sie ihre jhar erreicht, durch der- 
selben eltern widerun]b daraus genommen und 
versorget worden, haben wit dieselbige gleicher 
gestalt auch nicht einreissen, noch abthun, 
sonder (in n]assen auch in den n]ansklbstern ge- 
schehen) allein den angestelten gottesdienst 
nach anleitung heiliger g6ttlicher schrift und 
unsers allgen]einen christlichen glaubens refor- 
n]irn und also anstellen lassen, darn]it die jung- 
frauen denselben auch verstehen, Gott nicht 
darn]it erztirnet, sie aber dadurch san]pt allen 
denen, so ihnen zuhbren, gebessert werden 
n]Sgen. 
Den]nach wit vor den] alln]echtigen wol mit 
reinen] gewissen sagen kSnnen, auch vor seiner 
ganzen christenheit dessert 5ffentlich wieder 
das lestern der wiederwertigen uns bezeuget 
haben w611en, das wit hiemit der klbster oder 
andere geistliche gtiter in den] wenigsten nicht 
gesucht, auch solches alles nien]and weder zu 
liebe noch zu leide, sonder allein den] alln]ech- 
tigen zu lob und ehr, den klosterpersonen, auch 
unsern getreuen und lieben underthanen zu 
zeitlicher und ewiger wolfart vermSg unsers 
tragenden an]pts und gewissens angestellet, 
welcher mit besonderm ernst der oberkeit auf- 
erleget, Deut. 17 [14--20], die abg6tterey und 
falschen gottesdienst abzuschaffen und die herr- 
schaften, so wieder die warnung sen]er pro- 
pheten abgbtterey geschitzet und geschirmet. 

Die Aebte und Prbpste n]uten die Augsburg. 
Konf. unterschreiben oder wurden entlassen, 
vgl. Beste, S. 68. 



Wolfenbtittel 

wie dasselbige in den biblischen, prophetischen 
und apostolischen schriften altes und neues 
testaments durch Mosen. die propheten, evange- 
listen und aposteln verfasset ist. Darm die 
rechte religion der wahren kirchen Gottes stehet 
nicht auf eingem gutdtinken menschlicher ver- 
nunft und klugheit, 1. Cor. 2 [1 f.], auch nicht 
darauf, was grosse leute ftirgeben und setzen, 
das etwa lange zeit gevehret hat, .Mat. 5 
[21 ff.]; Jsai. 29 [17 ff.]; Ezech. 20 [39 ff.], sondern 
allein darauf, was des Herrn round geredt und 
geoffenbaret hat Jsa. 1 [20]; Job. 1 [33]. Solche 
lehre aber, dardurch Gott sein wesen und sei- 
nen willen von anfang der welt seiner kitchen 
geoffenbaret, hat er darnach selbs, soviel uns 
u unser seligkeit zu wissen von nbten ist, 
schriftlich verfassen lassen umb der nachko- 
men willen, Psalm. 102 [19]. auf das die kirche 
zu allen zeiten haben mSchte einen bestendigen 
grund und ein gewisse regel, darbey und dar- 
nach die rechte wahre religion geprobieret und 
erkennet und von allerley ungewisser falscher, 
irriger lehr underscheiden kSnne und solle wet- 
den, wie Irenaeus davon handelt, ]Jbro 3, cap. 
I i,;, und wie die ganze alte kirche der meinung 
und der ursachen ha]ben die heiligen schrift 
nennet canonicam scripturam 17 
Und sollen die leute allwege auf den grund 
geweiset und geftihret werden, das Gott in der 
heiligen schrift al]es verfasset und begriffen 
habe, was nutz und noth ist zu unser lehr, trost, 
gedult, Rom 15 [4], zur warnung, I. Corint. I0 
[II], zur straff, zur besserung, zur zfichtigung, 
2 Tim 3 [16], ja, das ein mensch Gottes, das ist 
ein diener des worts, volnkommen und zu allen 
guten xverken (nemlich seinem ampt zugehbrig) 

geschickt sey, 2. Tim. 3 [17]. Und in summa: in 
der heiligen schrift haben wir, das wir an 
Christum gleuben und durch den glauben das 
ewig leben haben in seinem nahmen, Johan. 20 
[31]. Daher Augustinus recht saget Contra lite- 
ras Petiliani, libro tertio, capite sexto: Ver n 
glaubenssachen etvas ftirgibt ausser dem und 
uber das, was wir in der prophetischen und 
apostolischen schriften empfangen haben, er 
sey, wer er w611e, wens auch gleich ein engel 
von himel were, so sey er verflucht 1.. Hie mul 
verworfen und verdammet werden die papisti- 
sche religion, welche ohn und wieder die schrift 
allein auf menschendecret und satzung, auf tod- 
ten erscheinung, auf selbserwelte geistlicheit 
und auf langen gebrauch sich grtindet, Jsai. 8 
[19] und 29 [13]; Matth. 5 [21ff.] nd 15 [1--9], 
wie grossen schem tier weil3heit alas mmer mehr 
haben m6ge, Colo 2 [8]. 
Es mtissen hie auch verdammet und verwor- 
fen werden Schwenckfeldt mit den wiederteu- 
fern, velche schxvermen, das Gott anderer art 
und weise, dann allein durch das wort der 
schrift, nemlich durch sonderliche offenbartmg 
sich wblle den menschen zu erkennen geben 19 
Es muB aber auch die heilige schrift nicht ge- 
beuget, verdrehet und verkeret werden auf ftir- 
gefassete opiniones nach eines jeden gefallen; 
denn die schrift stehet nicht auf eines jeden 
eigene auBlegung. 2. Pet. 1 [20f.], sonder sie 
soll angenommen werden in dem einfeltigen 
verstande, wie derselben der helle, klare buch- 
stabe gibt und wie ein spruch der schrift den 
andern iuxta analogiam fidei verkleret, wie sol- 
che regulas de interpretatione scripturae setzen 
Irenaeus lib. 2, cap. 46 und 47 2o, Hieronymus 

1,; Contra haer. lII, 1,1; MSG 7, 844. Harvey II,2. 
1: Z. B. August., De civ. Dei, XI,3; MSL 41,318. 
CSEL 40 1,513. ibid. XV, 23,4; MSL 41,470f. 
CSEL 40 II,111. De doctr, chr. II,8, 12.13; MSL 
34,40 f.--Vgl, dazu Th. Zahn, RE39, S. 769--773. 
la Contr. lit. Pet., Ill, 6,7; MSL 43,351. CSEL 52,]68. 
x'* Vgl. FC,Ep XII,22; SD XII,30. Bek. Schr. S. 825 
u. 1097, ferner RE 3 18, S. 76 ff.- Die Stellen, 
die hier und im ,,Kurzen Bericht" bestimmten 
Abschnitten in der FC entsprechen, sind in den 

Anmerkungen mit dem Hinweis auf diese Ab- 
schnitte und die betr. Seitenzahl in der krit. 
Ausgabe der Bekenntnisschr. der ev. luth. 
Kirche v. 1930 versehen. Dort sind im dazuge- 
hSrigen Apparat auch die Erklirungen und 
die einschligige Literatur zu vergleichen. 
Contra haer. II, 27.28, 1--3 bei MSG 7, 803  
806; bei Harvey: II, XL.XLI; Bd. I, S. 348--353; 
vgl. dort die am Rand vermerkten Nummern. 

9O 



Kirchenordnung 1569 

zum andern den glauben, der im evangelio 
sucht und ergreift vergebung der srinden aul 
gnaden umb Christus willen, zum dritten die 
frtichte der busse, das ist den anfang eines 
neuen lebens oder neuen gehorsams. Und uber 
solcher abtheilung oder erzelung der stricken 
der busse sollen die prediger kein unntig 
zenk anrichten, sondern folgen, wie die apo- 
logia fein bescheidenlich redet 39. Wellrl in der 
lehr yon der busse zu der reu und zu dem 
glauben mit gezelet und gerechnet wird der neu 
gehorsam, das w611en wir niche, grol fechten, 
allein das de rebus ipsis rein underscheidenlich 
geleret werde, nemlich, das zu der g6ttlichen 
traurigkeit, welche zur seligkeit wirket eine reu, 
die niemand gereuet, 2 Cor. 7 [10], geh6ren zwey 
strick, contritio et rides, reu und glauben, der 
neue gehorsam aber geh6ret nicht darzu Und 
dahin, wenn die frage ist, xvie und wadurch man 
erlangen mSge vergebung der stinden und die 
seligkeit, sondern wenn erstlich dutch den glau- 
ben die sonde vergeben ist, alfidann folgen die 
frrichte in guten werken, so Gott gebotten, und 
im leiden des kreuzes, so Gott dem alten Adam 
auflegt, wie auch das ein schedlicher irrthumb 
ist, das man im babsthumb lehret, das die ]eute 
mit ihrer reu und leid gnad verdienen 4o, sondern 
die reu mul vorher gehen; denn die kranken 
und nicht die gesunden dfirfen des arzten. Matth. 
9 [12]. Die gnad abet, vergebung der stinden und 
das ewig leben hat allein Christus verdienet 
und wird allein dutch den glauben ergriffen 
und angenomen, und darnach, darauf und dar- 
aul folgen dann gute frrichte, alas also die drei- 
erley, busse, glauben und neuer gehorsam, in 
warhaftiger erklerung des menschen sein und 
gelehret mrissen verden denn wo keine busse 
ist, do kan auch kein rechtschaffener glaube 
sein, und do keine gute fr0che folgen, ists ein 
gewisse anzeigung, das wedder warhaftige busse 
noch rechtschaffener glaube da sey. Es mtissen 
aber gleichwol auch die dreierley mit gebtirli- 
chem underscheid gelehret werden, welchs vor- 

gehe, welchs nochfolge, welchs eines jeden ampt 
und eigentschaft sey, und furnemlich, welchs 
das mittel sey, dardurch vergebung der stinden. 
so dutch Christum verdienet und erworben ist, 
erlanget, ergriffen und angenomen werde. 
Diese lehre wird grtindlich und nach der lenge 
gehandelt in der apologia im 12 artickel 41. do- 
bin und darauf wit uns auch referiren. Weil 
abet viel daran gelegen und yon unverstendigen 
predigern oft mit grosset unbescheidenheit da- 
yon geredt wird, haben wir diese kurze erinne- 
rung hieher setzen w611en zur einfeltigen an- 
leitung, wie mit gebtirlicher bescheidenheit zur 
erbauung die lehre yon rechtschaffener seliger 
busse dem einfeltigem volke m6ge frirgetragen 
werden_ 
Und weil fast die ganze summa der christ- 
lichen lehre in diesen stricken begriffen wird. 
sollen die prediger sich befleissigen, das sie 
nicht in gemein bin predigen, sondern allwege 
die materiam auf dieser stticke eins richten: 
der sonde, von Gottes zorn und straff der sonde. 
yon reu, leid, angst des gewissens etc., vom vor- 
satz, von der stinde abzulassen und dieselbige 
zu meiden, yon Christi person, yon seinem ampt 
und verdienst, von Gottes gnaden, vergebung 
der sfinden, von gleuben, yon guten frrichten 
des glaubens, als von gutem vorsatz zur besse- 
rung, yon guten werken, yon gedult im leiden 
etc., das also in den predigten bey der ]ehre 
allwege sey applicatio seu accommodatio ad 
usum, wie die lehre besserlich soll gebraucht 
werden 
\Veil auch nothwendig die bepstische lehre yon 
der busse wird m0ssen gestrafft und wiederlegt 
werden, sollen die prediger sich fleissig h0ten, 
das es ja nicht geschehe mit solcher nbeschei- 
denheit, als wet nun gar keiner busse von n6ten. 
Und weil robe, sichere leute es sonst so ein- 
nemen m6chten, sollen die prediger allzeit, wenn 
sie hievon reden w6llen, sich wol verwaren, alas 
es in keinem wege die meinung babe, als dfirfte 
man keiner busse; denn Christ-us spricht: Thut 

39 Art. XII, 1.28ff. 91. 131.174. Bek. Schr. S. 252, 
257 ff., 271, 279, 290. 

40 Vgl. Trident. Sess. XIV, cap. 4. Denzinger 898. 
41 Bek. Schr. S. 252--291. 

95 



Wolfenb0ttel 

busse, das himelreich ist nahe herbeykommen, 
Matth. 4 [17], item: Wo ihr nicht busse thut, 
so werdet ihr alle umbkommen, Luc. 13 [5]. Ein 
unbugfertiges herz samlet ihm Gottes zorn, Rom. 
2 [5], Apocalip. 2 [5; 16] und 3 [3; 19]; sondern 
hierumb sey es zu thun, well fromme herzen 
gerne wolten busse, thun, das sie nicht unter 
Gottes zorn exviglich verderben, sondern ins 
himelreich kommen mSchten, welchs da sey 
eine rechtschaffene busse, die da wirken mSge 
eine reu zur seligkeit, 2. Corinth. 7 [10]. 
Und hie soll nun rein bescheidentlich dem 
volk angezeigt xverden, vie jemmerlich und ge- 
fehrlich der bapst mit seiner lehre die arme 
gewissen gemartert, geplaget, verleitet und ver- 
ftihret hat, nemlich, das er setzet drey stock 
der busse, reuen, beichten und gnugthun .o., und 
darunder des glaubens, der umb Christus willen 
vergebung der stinden entfangen mug, nicht mit 
einem worte gedenkt 3, sondern heist die arme 
gewissen in zweifel bleiben, ob sie Gottes gnade 
haben oder nicht 44. Item. de contritione lehret 
er, das reu und leid solle so grol] und gnugsam 
sein als die sonde ist 5, welches unmSglich ist, 
item, das man durch solch reuen gnade und ver- 
gebung verdiene 6. Von der beicht lehret er, das 
nStig sey, alle sonde dem priester in der beicht 
zu erzelen, und das keine sonde vergeben kSnne 
werden, die dem priester nicht erzelet und 
offenbaret sey 7. Darnach lelret er de satis- 
factione, das xvir mit unsern guten werken alas 
wiederumb bezalen sollen, was wit mit den 
s0nden verxvirket haben und also ftir die sonde 
gnug thun 8, und nimpt doch darzu solche wer- 
ke, die Gott nicht geboten hat, als underscheid 
der speise, walfarten, anruffung der heiligen 
etc Die absolution hat der bapst wol behalten, 
abet dieselbige schendlich und greulich ver- 

felschet; denn er setzet den grund darauf, das 
Gott die sonde vergebe in ansehung und nach 
marl unserer reu und gnugthuung 49, und stehet 
in der agenda offentlich dise gotslesterliche 
forma absolutionis 50: Das verdienst unsers 
Herrn Jhesu Christi und der heiligen jungfrauen 
Mariae und aller heiligen, die demuth deiner 
beicht und alle gute werke, so du gethan hast 
und noch thun wirst, auch alles, was du ge- 
litten hast und noch leiden xvirst, und anderer 
leute gute werke, so in der christlichen kirchen 
geschehen, auch der ablas, so du gelSset hast, 
dil] alles sey dir zur vergebung der sfi_nden, zur 
seligkeit leibs und der seelen und zum exvigen 
leben etc. 
Hie soll den leuten aug Gotts worte rein ge- 
weiset werden, wie und xvarumb solche lehre 
falsch und unrecht sey, vie dieselbige streite 
vieder das ampt. xvieder den verdienst und die 
ehre des Herrn Jhesu Christi und wie dadurch 
die gewissen nicht getrSstet, sondern verwirret 
und von dem wege der seligkeit jemmerlich 
abgeftiret werden, das also die falsche, irrige 
lehre und meinung yon der busse den leuten 
aul gutem grunde mit gebtirlicher bescheiden- 
heit aul den herzen durch Gottes gnade mSge 
genomen werden 
Und hiebey soil allwege wiederholet und in- 
culciert werden, das sie nicht gedenken sollen, 
als dtirften sie hinfuro nun keiner busse, son- 
dern das sie nun durch unsern Herrn Gott in 
seinem worte sich berichten und underxveisen 
lassen, was da sey eine rechtschaffene, selige 
busse, worin sie stehe und was darzu gehSre, 
und well die lehre nun klar ihnen wird furge- 
tragen, das sie auch zu solcher busse sich 
schicken, wie die schrift solches in schSnen 
spr0chen und exempeln f0rhelt. 

Vgl. Trident. Sess. XIV, cap. 4.5.8. can. 4. 
Denzinger 899 -- 901.904 f. 914. 
Vgl. Apol. XIL2 f. Bek. Schr. 252f. 
Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 8. can. 7.12. Den- 
zinger 904.917.922. Petrus Lomb. Sent. III, d. 
26,1. 
Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 4. can. 5. Den- 
zinger 897. 915. 

96 

46 Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 4. can. 5. Den- 
zinger 897 f. 915. 
4 Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 5. can. 7. Den- 
zinger 899  901.917. 
4s Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 8. Denzinger 904 f. 
4. Vgl. Trident. Sess. XIV. cap. 6. can. 13. Den- 
zinger 902. 923. 
7' Vgl R6m. Mel]buch, S. [226]. 



WoHenbfitl 

Galat. 3 [2]. Derhalben mul vorhm die person 
durch Christum gerecht und Gott angenehm 
werden, aldann verneuert tier heilige Geist 
das herze, das es einen guten fursatz bekSmpt 
und in betrachtung der grossen gtite und gnad 
Gottes sich yon herzen ergibt, demselbigen zu 
dienen und gehorsam zu sein, Rom. 6 [17]. Wenn 
nun im herzen also die verneurung des heili- 
gen Geistes angefangen ist, so soll das herz 
nicht au menschensatzungen oder eigener an- 
dacht sonderliche gottesdienste erdenken, Colo. 
2 [8; 23]; Matth. 15 [3--9]; Deuteron. 12 [29-- 
31]; Ezech. 20 [16], sondern alldann k6mpt das 
gesetz und weiset, was das ftir gute werk sein, 
die Gott vor bereitet hat, das die seinen darin- 
hen wandeln sollen, Ephes. 2 [10]; Ezeichiel. 20 
[11 f.]; Deuteron. 12 [1]; Roman. 12 [lff.]; Galat. 
5 [22 f.]. Und well das gesetz all, bald auch wei- 
set. das solche auch der heiligen gute werke 
in diesem leben schwach, unrein und unvoln- 
komen sein, Psalm 32 [6]; Roman. 7 [14 ff.], so 
k6mpt wiederumb das evangelion und lehret, 
wie und warumb solche gute werk Gott gefel- 
lig und angenehm sein, nemlich nicht darumb, 
das sie rein und volnkomen sein. sondern dutch 
den glauben umb des Herrn Christi xvillen, weil 
die person des gleubigen Gott versSnet und an- 
genehm ist. Solcher underscheid des gesetzes 
und evangelii muI fleissig gehalten werden, 
dann was fiir unrath in tier kirchen darau/ 
entstehe, wenn gesetz und evangelium vermen- 
get oder zu weir von einander gerissen oder ja 
hr rechter gebrauch verkeret wird, ist das 
bapsthumb noch heut zu rage ein merklich exem- 
pel, und derhalben muI das gestrafft werden, 
das der bapst auI dem gesetz der werk gemacht 
hat eine lehre, dardurch man vergebung der 
stinde und ewiges leben erlangen m6ge, und 
wiederumb auk dem evangelio gemacht ein 
verklehr. item ein lehre, die da schrecken und 
nicht trSsten solle. 

Es 54 sollen auch die antmomi 55 oder gesetz- 
sttirmer in diesen kitchen nicht gediildet wet- 
den, welche die predigt des gesetzes aul der 
kixchen wegwerfen und wSllen, das man die 
stinde straffen, reu und leid leren solle nicht 
aul dem gesetz, sondern aul dem evangelio, 
under solchem schein, das man die gewissen 
nicht so hart angreifen, noch so heftig schrecken 
solle, wie das gesetz thut. Aber die schwermer 
hat Lutherus 5 aLL6 gewaltigem grunde der 
schrift wiederlegt. Es ist auch das nicht wahr, 
das etliche schvermen, wenn erkentnil der 
siinden, reu und leid uber die siinde aul dem 
gesetz geprediget wird, dal das sey ein judas- 
busse und ewige verzweifelung, sondern das 
ist wahr, wenn man es bey der predigt des 
gesetzes alleine wolt bleiben lassen und nicht 
all, bald auch die vergebung der stinden auf die 
busse durch das evangelion ftirtragen wolte, 
so w0rde und wer es eine Judasche verzweif- 
lung, also abet w0rde auch das gesetz nicht 
recht geprediget, ham finis legis est Christus 
ad iustitiam credenti, Ro. 10 [4], und Gott 
beschleust durchs gesetz alles under die sonde, 
auf das er sich aller erbarme und die ver- 
heissung kome durch den glauben an Christum, 
Rom 11 [32]; Galat. 3 [22], et lex est paedagogus 
ad Christum [Gal 3,24]. Es thun auch die un- 
recht, die da den tertium usum legis verwer- 
fen 57, als solte das gesetz den bekerten und 
verneuerten darzu nicht dienstlich sein, das 
es sie berichte, was sie zum neuen gehorsam 
for gute werke thun sollen, wie dil droben 
erkleret ist. 
Es sollen die prediger auch grtindlichen ver- 
stand und bericht haben de usitata et generali 
definitione evangelii, das sie nicht entweder 
gezenk dariiber erregen oder au miverstand 
derselbigen den n6tigen underscheid des ge- 
setzes und evangelii confundieren. Das stehet 
in apologia 58 etliche mahl. da das evangelion 

5a Vgl. zu folg. Satz : FC,SD V,15. Bek. Schr S. 956 f. 
55 Zur Literatur vgl. Bek Schr. S. 951, 
1. und 3. 
56 Vgl. FC,SD V.17. Bek. Schr. S. 957; zur Litera- 
fur: Bek. Schr. S. 951, Anrn. 3. 

57 Zur Literatur vgl FC,SD VI. Bek. Schr. S. 
962. Anm. 3. 
5. Apol. XII,31. Bek. Schr. S. 257; XXVII.54. Bek. 
Schr. S. 393. 

I00 



Kirchenordnung 1569 

durch seine werke die seligkeit verdienen kSnne; 
denn die habe uns Christ-us alleine verdienet, 
aber wenn wit derselbigen sollen theilhaftig 
werden, so gehre nicht allein tier glaube darzu, 
sondern auch unsere gute werk 84. Diese mei- 
hung als falsch und tmrein muB auB Gottes 
wort verworfen werden. Derhalben auch die 
disputationes s5 (das gute werk zur seligkeit yon 
nbthen sollen sein, also, das es unmiiglich sey, 
ohn gute werk allein dutch den glauben an 
Christum selig zu werden, desgleichen auch, 
das gute werk sollen zur seligkeit schedtlich 
sein) in diese kitchen nicht sollen eingeftihret 
werden, ohn underscheid und nothvendige er- 
klerung davon zu schreyen und streiten, sondern 
dargegen soll mit bescheidenheit auB der schrift 
dieser grund gelegt verdcn. xvie Christus alleine 
verdienet hat Gottes gnade und die seligkeit 
also sey allein der glaube ohne zuthun der verk 
das einige mittel, dadurch xvir solch verdienst 
Christi, so uns im wort und sacramenten ftirge- 
tragen vird, ergreifen, zu uns nehmen und 
des teilhaftig werden. Und hiebey muB auch 
angezeigt werden, das ein rechtschaffener glau- 
be nicht sey ohne gute verke, sondern er ist 
thetig dutch die liebe und bringet viel frtichte 
in guten werken [Jak 2,17]. Aber das ampt und 
die eigentschaft hat der glaube und nicht die 
verke, das er allein das mittel und xverkzeug 
ist, dadurch wir Gottes gnade und seligkeit, 
dutch Christum verdienet, zu uns nehmen und 
an uns bringen ohn zuhun der verke, wie die- 
set lehr gevaltiger grund auB der schrift in 

apologia 86 deducirt wird, daher die pastores 
grund und testimonia nemen sollen. 
Es 87 soil auch die disputation in die kitchen 
dieses ftirstenthumbs nicht eingeftiret werden, 
als solte ein andere weise, andere mittel 
trod wege seth, die seligkeit zu erlangen, als 
die rechtfertigung. Denn die schrift lehret ge- 
waltig und klerlich, wie wir fiir Gott gerecht, 
das wit auch also selig werden, allein auB gna- 
den, allein umb des Herren Christi willen und 
allein dutch den glauben ohne zuthun der werk 
Rom. 4 [4 f.], und setzet die schrift die particulas 
exclusivas (auB gnaden, dutch den glauben, vhne 
werke) nicht allein bey dem artickel der recht- 
fertigung, sondern treibet dieselbige ja so stark 
auch bey dem artickel der seligkeit 88, Rom 4 
I9]; Ephes. 2 [Sf.]; Tit. 3 [5--7]; 2. Tim. 1 [9] 
Und weil nun forma sanorum verborum mt 
Ro. 4 [6]: BeatituJo est eius hominis, cui Deus 
imputat iustitiam sine operibus. -- Et augusta- 
na confessio, articulo sexto s9 citat dictum Am- 
brosii90: Hoc constitutum est a Deo, ut qui 
credit in Christum, salvus sit sine opere, sola 
fide, gratis accipiens remissionem peccatorum 
- Derhalben ist klar, das dem ftirbild der heil- 
samen worte strackes zuvieder und entgegen 
sey, wenn man lehret, das gute verk zur selig- 
keit von nbten, also, das es unmtiglich sey, 
ohne gute verk selig xverden. Wie aber gleich- 
woll hiemit nicht geleret werde ein todter, ge- 
ferbter, werkloser glaube, sondern das die verke 
dem glauben, wo er rechtschaffen ist, gewiBlich 
folgen, soll bald hernach expliciret verden. 

84 Herzog Heinrich hatte sich voriibergehend 
damit begniigt, die Evangelischen zur An- 
nahme des Augsb. Interims zu beween, vgl. 
F. Koldewey, Heinz v. Wolfenbiittel, S. 67. -- 
Vgl. Augsburg. Interim, Abschn. VII. Von der 
Liebe und guten Wercken, bei J. E. Bieck, 
Das dreyfache Interim. 1721, S. 286f.: ,,Aus 
diesem grossen GOttes-Geschencke (welches 
je mehr es in uns wichst und zunimmt, je 
mehr das alte Wesen des Fleisches in uns 
abnimmt) fliessen, wie aus einem Brunnen, 
alle gute Wercke, welche so nthig seynd 
einem jeden Gerechtfertigten zur Seeligkeit, 

daB, wo er sie nicht thut, da er soll, so ver 
lieret er die Gnade GOttes, und wird als ein 
unniitzer Reben ausgeschnitten yon Christo, 
und ins Feur geworffen, wie Christus selbst 
in seinem Evangelio lernet." 
s5 Vgl. FC,Ep IV u. SD IV. Bek. Schr. S. 786f. 
u. 936 ff. 
36 IV. Bek. Schr. S. 158--233. 
37 Zum folg. Abschn. vgl. FC,SD III,52 f. Bek. Schr. 
S. 932. 
s8 Hierzu vgl. auch FC,SD IV,22. Bek. Schr. $945. 
s9 VI,3. Bek. Schr. S. 59. 
9o Ambrosiaster, in ep. 1 ad Cot. 1A: MSL 17,185. 

107 



Wolfenbtittel 

werk so stark, die da bestehen und helfen kSn- 
ten, Roman 3 [20] und 4 [2]. Nun were es woll 
ein meinung, wenn Gott seinen zorn und ge- 
richte wieder die siinde ohne bezalung wolt 
fallen lassen, abet damit wtirde sein gesetz 
aufgehoben und aufgelSset, velchs unmtiglich 
ist, spricht Christus Matth. 5 [18] und Paulus 
Roman. 3 [31]; denn dasselbige will und mu 
erftillet sein, sonst sein wit alle verloren. Die- 
selbige erftillung abet ist uns von wegen unsers 
fleisches unmtiglich, Roman. 8 [3]. Hie kan nun 
kein creatur helfen und weiB menschliche ver- 
nunft keinen rath. Do kSmpt das evangelium nd 
offenbaret uns die gerechtigkeit, die ftir Gott 
gilt, nemlich, veil das gesetz must erftillet 
sein und solchs uns unmiiglich war und wit 
derwegen hetten ewig must verlohren sein, das 
Gott aufi grundloser gtite, liebe und barmherzig- 
keit seinen einigen Sohn gesandt hat in unser 
fleisch und das derselbige mittler, Gott und 
mensch, an unser start getretten ist, ftir uns 
das gesetz auf sich genommen und dasselbige 
mit seinem allerheiligstem und volnkommensten 
gehorsam erftillet, und was wir ftir straffe mit 
unsern stinden wieder das gesetz verwirket hat- 
ten, daftir hat er gnug gethan und bezalet mit 
seinem unschtildigem leiden und sterben Und 
well die person Gott und mensch ist, so ist der 
gehorsam und die gnugthuung so reich und 
uberschxvenklich, das es eine versSnung ist ftir 
die sfinde der ganzen xvelt, 1. Johan. 1 [7], und 
das wit durch seinen gehorsam alle gerecht 
kSnnen werden, Rom. 5 [19], 
Dieselbige gerechtigkeit, so Christus mit sei- 
nero gehorsam, leiden und sterben erxvorben hat. 
lest nun der himlischer Vatter durch den heili- 
gen Geist im wort und sacramenten ftirtragen 
und anbieen nicht den sichern, muthxvilligen 
stindern, das die in stinden frey mSchten vort- 
fahren un ohne busse gleichxvoll selig werden, 
sondern den bufifertigen, die ihre sfinde erken- 
nen. sich ffir Gottes zorn ffirchten, denen angst 
und bange ist. das sie nicht mSchten verloren 

werden. Und ist Gottes wille und befehl, das 
dieselbigen die angebottene gnad in Christo 
durch den glauben annehmen sollen. Und wenn 
das geschicht, so haben sie in Christo alles, 
was das gesetz erfordert, das also der handel 
der rechtfertigung kein leichtfertiger scherz, 
sondern ein hoher, grosser ernst ist und wit also 
nicht ohne gerechtigkeit ftir Gott dutch den 
glauben gerechtfertiget werden, sondern wit 
haben in Christo die allervolnkommenste ge- 
rechtigkeit, so das gesetz erfordern kan, und 
dieselbige wird uns durch den glauben zugerech- 
net, Rom. 4 [5] und 8 [4]. Und also wird das 
gesetz nicht aufgehoben durch den glauben. 
sondern vielmehr aufgerichtet, Roman. 3 [31]. 
XVenn also der processus iustificationis nach 
Pauli exempel den leuten ftirgemalet wird, so 
verden leichtfertige, sichere, epicurische ge- 
danken voll augeschlagen. Und do gleich je- 
mand auf seine werke viel trauen wolte, wenn 
er sich in seinem gewissen damit also, wie ge- 
sagt, ftirstellet ad examen divini iudicii, so wird 
die pharisaische hoffart rein niddergelegt. Auch 
hat das gewissen aug diesem grunde einen be- 
stendien trost und starken felsen xvieder alle 
pforten der hellen. Di sey also ein kurze, ein- 
feltige anleitung, xvie der articulus iustificati- 
onis, yon allen irrthumben geleutert, yon allen 
corruptelen verwahret und mit christlicher be- 
scheidenheit au grunde der schrift zur erbau- 
ung also mSge getrieben werden, alas aller rai- 
verstand und mifibraucb abgelehnet und die 
gewissen einen bestendigen, seligen trost dar- 
au nehmen mSgen. Was sonst mehr zu der 
lehre gehSret, das sollen die pastores nehrnen 
ex confessione et apologia. 

Von gilen werken. 
lm bapsthumb hat man die leute nur immer 
zu gutten xverken genStiget und getrieben , und 
ist auch bey vielen ernst und eifer gewesen 
zu guten xverken0 abet das beste hat gemangelt, 
nemlich, das man nicht recht gelehret hat. 

2 Vgl Trident. Sess. VI,I6. Denzinger 809 f. 

110 



Kirchenordnung 1569 

welches rechtschaffene, gute und Oott wollge- 
fellige werke sind; denn die meisten guten werk, 
davon man im bapsthumb geleret und darauf 
man die leute geweiset hat, sind entweder aul 
menschensatzungen oder aul eigener selbser- 
welte heiligkeit hergeflossen, als underscheid der 
speise, heiligen anruffen, walfarten, rosenkrenz 
beten und in summa alas ganze klosterleben 
Was abet die schrift yon solchen werken halte 
und urtheile, zeugen die sprfiche Deuteron. 12 
[30f.]; Jsai. 1 [10--17] und 29 [13]; Col. 2 [8]. 
Derhalben sollen nun die leute auf den grund 
geffihret werden, alas rechtschaffene, gute, Gott 
xvollgefellige werke alleine die stud, welche 
Gott in seinem wort vorgeschrieben und befoh- 
len hat, Deuteronom. 12 [1]; Ezechiel. 20 
Psalm. 119 [4], und sollen sonderlich die leute des 
berichtet werden, das man Gott dienen kSnne 
nicht allein in kitchen, klausen, klSstern etc., 
sondern wenn ein gleubiger, tier umb Christus 
willen mit Gott versSnet ist, den vorsatz hat, 
das er Gott w611e gehorsam sein und darauf 
in den gemeinen werken der zehen gebotten, 
ja in teglicher arbeit seines beruffs sich ubet, so 
sey es ein rechter, wahrer gottesdienst, welcher 
ibm umb Christus willen angenehm und gefellig 
ist, Ephes. 6 [5--8]; Philipp. 3 [15]; 1. Petri 2 [5]. 
Und weft nun aul und nach Gottes wort ge- 
lehret mul werden, alas uns Gott gerecht und 
selig mache nicht aul unsern werken, sondern 
aufl gaaden umb Christus willen dutch den 
glauben ohne zuthun tier werke, so werden ohne 
zweifel ihrer viel solche lehre darzu milbrau- 
chen wSllen, als solte und dfirfte man nun 
nichts guts thun 3. Derhalben mul dif fleissig 
und woll verwahret werden dutch solche er- 
klerung, alas ein rechtschaffener glaube als ein 
guter baum nicht ohne gute friichte sey, viel 
weniger bSse frfichte bringe, Matth 7 [18]; 
2. Pet. 1 [5--8], und da keine frfichte in guten 
werken folgen, da sey kein rechtschaffener, le- 
bendiger, sondern ein geferbter, todter glaube, 

1. Tim. 1 [19f.]; Jacobi 2 [17]; denn ein wahrer 
glaube ergreift auf einer seite im wort und 
sacramenten Christum und Gottes gnade in 
Christo, auf der ander seite ist er dutch die 
liebe und andere gute werk thetig, Galat. 5 [6]. 
Es reacher aber der glaube gerecht und selig 
nicht darumb und daher, das er durch gute werk 
thetig ist, sondern allein darumb und daher, 
weft er Christum ergreift trod annimpt Die 
proba abet, das es nicht ein geferbter, todter 
glaube sey, stehet in dem, wenn er durch gute 
werk thetig ist, Galat. 5 [6]. Soil derhalben 
erstlich gestrafft verden, das etliche gedenken 
md auch woll sagen dtirfen: XVer gute xverke 
thut, der ist ein papist, die evangelischen dtirfen 
keiner gute werk, item, die da ohne under- 
scheid und notxvendiger erklerung schreyen, das 
gute werk sollen zur seligkeit schedtlich sein. 
Wahr ists, wet gute verk der meinung thut, 
die seligkeit dadurch zu verdienen, der ist ein 
phariseer, und in solchem fall nennet Paulus 
die verk nicht allein dreck und unflath, sondern 
auch schaden, Philip. 3 [6]; denn darzu dfirfen 
wit unserer werk nicht, sondern Christus mit 
seinem gehorsam und leiden hat uns solchs 
verdienet Abet daraul3 folget in keinem wege 
nicht, das wit darumb nichts guts thun dfirfen 
oder sollen; denn Christus hat uns mit seinem 
todt erlSset nicht darzu, das wit ein sonderlich 
privilegium solten haben, in sinden und schan- 
den zu leben, sondern, wie die schrift sager, auf 
das er ihm reinigte ein yolk, das da fleissig 
sey zu guten werken, Tit. 2 [14], und auf alas 
wir ihm dienen sollen in heiligkeit und gerech- 
tigkeit, die ihm gefellig ist, Luc. 1 [75]. Der- 
halbert sollen in diesen kitchen nicht gedfildet 
werden, die da anfechten und verwerfen die 
gemeine reden, so in augustana confessione 4 
et apologia 5 gebreuchlich seind, das gute werk 
yon nSten und dem glauben gewillich und noth- 
vendig folgen sollen, item, alas xvir sollen und 
missen thun solche xverk, die da Gott gebotten 

s Vgl. FC,SD IV,3. Bek. Schr. S. 938 f. 
4 VI,1. Bek. Schr. S. 58f. XX,27f. Bek. Schr. 
S. 77f. 

 IV,189 Bek. Schr. S. 197. 

111 



WolfenbOttel 

hat, welche reden darumb also geffihret werden, 
das die Christen erinnert sollen werden, weil 
doch sonst der alte Adam zu allem guten faul 
und treg und immer lust und liebe hat zu 
einem sicheren, ruchlosen, epicurischen leben, 
das es kein adiaphoron oder arbitrarium sey, 
guts zu thun oder zu lassen unsers gefallens, 
sondern das es Gott also yon uns haben will 
und sein ernster befehl ist, Johan. 15 [12, vgl. 
13,34]: Ein neu gebott gebe ich euch, das ihr 
euch undereinander liebet, und 1. Johan. 4 [21]: 
DiB gebott haben wit von ibm, das wet Gott 
liebet, auch seinen bruder liebe -- Und die 
schrift selber fiihret diese rede: Wir sind schtil- 
dener und schtildig, wir sollen und mtissen, 
es ist nitig etc., Roman. 8 [12] nd 15 [27]; Luc. 
13 [4]; Ephes. 5 [28]; 2. Thessal. 2 [13]; 1. Johan. 
2 [6]; Actor. 5 [29]; Roma. 13 [8]; 1. Corinth. 9 
[16]. So redet auch Lutherus also, De votis 
monasticis: Opera in decalogo mandata non sunt 
quidem ad iusticiam et salutem necessaria, 
tamen necessaria sunt, neque enim omitti pos- 
sunt, etiam praesente fide 6. Hiebey 7 mul gleich- 
woll aber auch die erklerung gesetzt werden, 
das es nicht verstanden solle werden de necessi- 
tate coactionis, als weren das rechte, gute wer- 
ke, wenn einer ohne xvillen genStiget und ge- 
zwungen oder allein zum schein eusserlich etwas 
guts thut und doch das herze welt darvon ist; 
denn solchen dienst will Gott nicht haben, der 
mit unwillen, auI zwange oder zum schein ge- 
schicht, 2_ Corinth. 9 [7]; 1. Petri 5 [2]; Matth. 15 
[7--9], sondern solche werke will Gott yon den 
seinen haben und durch Christum ibm gefallen 
lassen, wenn das ende des gebotts ist liebe yon 
reinem herzen, yon gutem gewissen und unge- 
ferbten glauben, 1. Tim. 1 [5], md wenn der ge- 
horsam gehet yon herzen, Roman. 6 [17]; 1. Petri 
5 [2]; Psalm. 110 [3]; den einen friJlichen geber 
hat Gott lieb, 2. Corinth. 9 [7]. 
Es rnui auch bey der lehre yon guten werken 
fein bescheiden und klar au[ Gottes wort be- 

richt gethan werden, wozu und auI was ursa- 
chen man solle gute werk thun. Nun ist biBhero 
au des bapsts lehre 8 geprediget worden, das 
durch gute werke Gottes gnade und die selig- 
keit verdienet, ergriffen und erlanget werde, 
und das man darumb gute werk thun mtisse, 
well man ohne gute werke nicht ktirme selig 
werden, item, der glaube rnache woll gerecht, 
aber doch also, das zugleich auch die gute wer- 
ke rait zur seligkeit yon ntithen sein. WeLl abet 
dis falsch und unrecht ist, man verstehe es 
de merito, applicatione aut parte iustificati- 
onis et salvificationis, wie droben de iustifica- 
tione, item in confessione et apologia au Got- 
tes worte grtindlich und klerlich erweiset wird, 
so mu diese lehre durch Gottes wort aus 
diesen kirchen aulgesetzet und aulgemustert 
werden und ktinnen auch also diese propositi- 
ones nicht gedtildet werden, das gute werke zur 
seligkeit yon ntiten, also das es unmtiglich sey, 
ohne gute werke selig zu werden. Man mul 
aber alhie zugleich auch die kirche wieder der 
antinomer furores 9 woll verwahren, die da ftir- 
geben, als ob diejennigen, so einrnahl durch 
den glauben umb Christus willen vergebung 
der stinden, gerechtigkeit und seligkeit entfan- 
gen haben, wenn die schon hernach den btisen 
lusten folgen und auf stinde wieder das gewis- 
sen sich begeben, gleichwoll hetten und behiel- 
ten gerechtigkeit und seligkeit; denn Paulus 
saget rnit grossem ernst zu denen, die durch 
den glauben gerechtfertiget waren worden, Rom. 
8 [13]:Wo ihr nach dem fleisch leben werdet, so 
werdet ihr sterben, 1. Cor. 6 [9]; Gal. 5 [21]; 
Ephes. 5 [5]: Last euch nicht betrigen, die solchs 
thun, die haben kein theil am reich Gottes, 
Col. 3 [6]: Umb welcher willen ktimpt der zorn 
Gottes uber die kinder des unglaubens. -- DiI 
aber geschicht nicht darumb, als weren zur 
seligkeit auch die guten werke von nSthen, 
sondern das der glaube, welcher alleine die 
seligkeit ergreift und erhelt, bey solchen siin- 

Gektirztes Zitat. WA 8, S. 606. 
Vgl. zum Folgenden FC,SD IV,17. Bek. Schr. 
943. 

8 Vgl. Trident. Sess. VI. cap. 8. cap. 16. Denzin- 
ger 801.899. -- Dazu Diekamp, a .a.O.S. 540, 553. 
9 Vgl. S. 100. 

112 



Kirchenordnung 1569 

den nicht stehen noch bleiben kan, wie die 
schrifL redet, 1. Tim. 5 [8]; 2. Pet. 1 [5]; Col. 3 
[lff.]. Also redet auch die gemeine confession 
in articulis schmalcaldicis 10: Es ist yon nSten 
zu wissen und zu lehren, wo die heiligen leute 
uber das, so sie die erbsfinde noch haben und 
ffihlen, darwieder auch teglich bfissen und strei- 
ten, etwa in 5fZentliche sfinde fallen, das alB- 
dann der glaube und heiliger Geist weg ist ge- 
west; denn der heilig Geist lest die sfinde nicht 
walten trod uberhand gewinnen, das sie voln- 
bracht werde, sondern steuret und wehret, das 
sie nicht muB thun, was sie will; thut sie abet, 
was sie will, so ist der heilig Geist und glaube 
nicht dabey. Haec ibi. Und die apologia 11 redet 
auch so uber den spruch 2. Pet. 1 [10]: Thut 
gute werke, das ihr in euren beruf verharret, 
auf das die gaben des beruffs nicht wiederumb 
verlohren werden, welche vorhin uns wieder- 
fahren, nicht yon wegen der folgenden werk. 
Abet jetzund werden dieselben bewahret und 
erhalten durch den glauben. Der glaube abet 
bleibt in denen nicht, die den heiligen Geist 
verlieren und die busse yon sich stossen etc. -- 
Hieran ist gar hoch und viel gelegen, alas die 
lehre yon guten werken auf beiden seiten wieder 
die phariseer und Epicureer mit allem fleiB 
woll verwahret werde. 
Diese ursachen abet, warumb und wazu die 
Christen nach der schrift gute werk thun sollen, 
seind in confessione 12 et apologia 23 au Gottes 
worte rein kurz zusammengezogen, nemlich, well 
es Gott also haben will und befohlen hat, item 
das wit dardurch den glauben uben, beweisen 

und lest machen, damlt aul3 den frfichten jeder- 
menniglich bekant werde, alas wit warhaftig 
ein guter baum und zum reich der gnaden be- 
ruffen sein, auch darumb, das wit, dem lieben 
Gott zu ehren, dankbar sein, mit tier "hat 
unsern glauben ffir aller welt bekennen und 
viel leute damit zur bekerung bewegen, Gott 
zum preiB, Matth. 5 [16]. Auch hat Urbanus 
Ftegius die causas fein 5rdentlich und under- 
scheidentlich gefasset in libello De formulis 
caute loquendi , wie sie auch in Locis commu- 
nibus Philippi 15 gefaset sein. 
Lutherus pflegt diese lehre fein kurz zu fas- 
sen in drey punkt: Erstlich soll man gute werke 
thun umb Gottes willen 1, weil es sein befehl 
und wille ist, Johann. 15 [1 ff.]; 1. Thessal. 4 [3], 
well er unser Vatter ist, das wit uns gegen ihm 
als gehorsame kinder erzeigen, 1. Petr. 1 [13 If.I; 
1. Johan. 3 [1], das wit Gottes nachfSlger sein, 
Ephes. 5 [1]; 1. Pet. 2 [21]; 1. Johan. 2 [6], wie 
er uns geliebet und vergeben hat, Colts. 3 [15]: 1. 
Johan. 4 [9 ff.], weil Christus sich f(ir uns gege- 
ben hat, auf das wir nicht tier s(inden dienen 
sollen, sondern im neuen leben wandlen, lom. 
6 [lff.]; Tit. 2 [llf.]; 1. Pet. 1 [3] und 2 [14]: 
Ephes. 2 [15--17]; 2. orin. 5 [9 ff.], nd summa, 
das Gott durch unsere gute werke gepreiset 
werde, Matth. 5 [16]; Phil. 1 [11]; 1. Pet. 4 [11]. 
Zum andern sollen wir gute werke thun umb des 
nehesten willen 17, das demselbigen damit ge- 
dienet und geholfen werde in seinen nSten, 1. 
Johan. 3 [11 ff.], das wir niemand ergernu ge  
ben, 2. Corin. 6 [3]; Phil. 2 [14f.] trod die lehre 
nicht verlestert verde, 1. Tim. 6 [1]; Tit. 2 [5], 

Von der falschen Bue der Papisten. 43 f. Bek. 
Schr. S. 448. 
XX,12 f. Bek. Schr. S. 315 f. 
XX,27 ff. Bek. Schr. S. 77 
IV,189. Bek. Schr. S. 197; XX,13. Bek. Schr. 
S. 316. 
Uckeley, S. 45--49, bes. S. 47f. 
Gemeint sind hier offenbar die Loci. praec. 
theol. 1543 (Loci theol, tertia eorum aetas). 
Art. IX. De bonis operibus, De quarta questi- 
one: Propter quas caussas facienda sunt bona 
opera 7  Cl=t XXI, 775 -- 780. 
Vgl. im einzelnen der Fteihenfolge nach: Von 
den guten Werken, WA 6, S. 207, Z. 2630; 

ibid. S. 221, Z 1--5; Gr. Kat., 4. Geb., 115 u. 
126. Bek. Schr. S. 589 f. u. 592 f. Von der Freio 
heir eines Christenmenschen, WA 7, S. 35, Z. 
28--S. 36, Z. 10; Von den gut. Werk., WA 6, 
S. 242, Z. 29--33; ibid., S. 225, Z. 1019; Von 
der Fre]heit, WA 7, S. 30, Z. 15S.31, Z. 8; Von 
dem Sakr. d. Bue, 1519. WA 2, S. 720, Z. 1 
Von den gut Werk., WA 6, S. 219, Z. 31ff. 
Von der Freiheit, "WA 7, S. 34, Z. 24ff.; ibid. 
S. 35, Z. 28--S. 36, Z. 10; In ep. S. Pauli ad Gal. 
comm. 1535. Zu 4, 6, WA 40 I, S. 573, Z. 26--29. 
Von den gut.Werk., WA 6, S. 221, Z. 21S. 222, 
Z. 9; Von der Freiheit, WA 7, S. 36, Z. 27--30. 

113 



Wolfenbfittel 

nattirliche, angeborne art, geschicklicheit, krefte 
und vermSgen finde, belangend die geistliche, 
gStliche sachen. 
Und hierauf gibt aul tier schrift die confession 
und apologia im 1. artickel -5 klare, richtige, 
gegrtindte antwort, nemlich 26 das die schrift 
zeuge, das in und zu solchen geistlichen sachen 
der natfirliche mensch dutch den fall ganz und 
gar verloren habe alle tugliche geschicklicheit, 
kraft und vermSgen, auch etwas guts zu ge- 
denken als von ihm selbs, 2. Corinth. 3 [1]. 
Ja, wenn gleich das wort geprediget wird, so 
kan es der nattirliche mensch durch seine eigne 
geschicklicheit und krefLe nicht vernemen, fas- 
sen noch annehmen, sondern ist ihm ein torheit, 
1. Corint. 1 [18] und 2 [8], da ist von natur kein 
verlangen, begern, wSllen, ftirnehmen noch aul- 
richten, was Gott gefell':g mSchte sein, wo nicht 
der heilige Geist beydes gebe, das wSllen und 
volnbringen, Philip. 2 [13]; denn das fleisch ist 
dem gesetze Gottes nichts underthon und ver- 
mag es auch nicht, loman. 8 [7]. Daher die 
schrift den nattirlichen menschen nennet fin- 
sternuB, Ephes. 5 [8]; Johan. 1 [5]; Actor. 26 [18], 
und das er in stinden zum guten todt und er- 
storben s_y, Ephe. 2 [1]; Col. 2 [13]. Augustinus-7 
fasset dil rein kurz, das die schrift den nattir- 
lichen freyen willen in geistlichen sachen ab- 
schneide, cogitate, velle, posse et facere, das 
gedenken, wSllen, vermtigen und thun, was 
rechtschaffen und gutt ist. 
Zum andern nimpt die schrift dem nattirlichen 
menschen in geistlichen sachen nicht allein alle 
geschicklicheit und krefte, sondern schreibet 
ihm dagegen zu ganz und gar ein wiederwertige 
unart, die Gott stracks wie eine feindschaft zu- 
xvider sey, 1o. 8 [7], do alles dichten und 
trachten nur bSse sey, Gen. 6 [5] und 8 [21], do 
alas bSse anhenge und wieder Gottes gesetz 

streite, lom. 7 [21- 23], daher es genennet wird 
ein hartes, steinern, verstocktes herz, lom. 2 
[5]; Ezech. 36 [26]; Jerem. 17 [9], ja, auch in 
renatis streitet das fleisch wieder den Geist, 
Rom. 7 [23]; Gal. 5 [17]. 
Zum dritten gibt die schrift die bekerung 
mit alle dem, das darzu gehSret, alleine dem 
heiligen Geist, das derselbige das harte, steinern 
herz beschneide und hinwegnehme und ein zar- 
tes, fleischern herz gebe, das Gott ftirchte, 
Deuteronom. 20 [Dt 30,6]; Ezechiel. 36 [26], gebe 
erleuchte augen und verstanfl, Ephes. 1 [17 f.]; 
Deuteronom. 29 [3], geneigten willen, geschick- 
licheit, krefte und vermSgen, zu thun, was 
Gott gefellt, 2 Corinth. 3 [6]; Philipp. 2 [13], 
rechte busse, Actorum 5 [31]; 11 [18]; 2. Timoth. 
2 [25], wahren glauben, Ephe. 1 [13] und 2 [8], 
wahre liebe Gottes und des nechsten, Ephes. 5 
[2], und summa, alas niemand kSnne den Sohn 
kennen und zu demselbigen kommen, es er- 
leuchte und ziehe ihn denn der Vatter, Matth. 
11 [27]; Johann. 6 [44], das wir also in der 
bekerung nichts haben, das wit nicht von ibm 
in der wiedergeburt und verneuerung entfangen 
hetten, 1. Corinth. 4 [7]; Jacobi 1 [17]. Und bleibet 
doch gleichwoll auch in den heiligen in diesem 
leben noch das fleisch, xviewoll gekreuziget, das 
noch immerdar wieder den Geist streitet, dar- 
wieder der Geist immer kempfen mu, Galat. 
5 [17]. Wenn aber der heilig Geist seine wirkung 
bey uns anhebet, so entfangen wir dardurch 
und haben, wievoll in grosset schwacheit, tug- 
ligkeit, guten willen, vorsatz, fleil, kreft und 
vermSgen zum guten, aber dasselbige nicht von 
uns selbs, sondern ist ein gabe Gottes des 
heiligen Geistes, wie Augustini spruch fein sa- 
get: Nos ergo volumus et operamur, sed Deus 
in nobis operatur et velle et facere. Hoc expedit 
nobis et credere et dicere, ut sit humilis et 

Art. II. Bek. Schr. S. 52 f. u. S. 145--157. 
Vgl. zu der folgenden ErSrterung die sehr 
viel ausftihrlichere, abet in denselben Bahnen 
sich bewegende der FC, SD II,7 ft. Bek. Schr. 
S. 873 ff., vgl. dazu Hachfeld, a. a. O. S. 61. 

Vgl. z. B. De nat. et grat. cap. XL,47; MSL 
44,270. CSEL 60,268; ibid. cap. LXVII,81; MSL 
44,287. CSEL 60.295. -- De dono pers. cap. 
XIII,33; MSL 45,1012f. -- Sermo XXX, cap. 
II,3; MSL 38,188. -- Epist. CCXVII, cap. IV,12; 
MSL 33,983. CSEL 57,412. 

116 



Kirchenordnung 1569 

submissa confessio et detur totum Deo 28. Tunc 
enim tutius vivimus, si totum Deo damus, non 
autem nos illi ex parte et nobis ex parte com- 
mittimus 29. De bono perseverantiae, capite 6 
et 15. 
Dil ist die rechte, reine, wahre, prophetische 
und apostolische lehre yon diesem artickel. Was 
nun wieder solche klare gegriindte meinung der 
schrift streitet, das mul gestrafft und verworfen 
werden, als der alten und neuen Pelagianer und 
aller papisten lehre 3o, das der raensch entweder 
solches alles, was zur bekerung gehSret, aul 
seinen eigenen kreften vermOge oder vermOge 
doch den anfang zu machen, welchen darnach 
der heilig Geist zuhtilfekomme, oder wenn der 
heilige Geist durch seine wirkung die hand zur 
bekerung angelegt hat, das der natiirliche 
mensch yon sich selbs, aul seimn eigenen 
natiirlichen kreften noch etlichermassen habe 
eine geschicklicheit und vermtigen, das wort 
anzunehmen, zu der gnaden sich appliciren, 
dem heiligem Geist raum zu geben etc., wie 
dann der alte Adam allzeit sich selbs preisen 
und seine krefte gerne rhfimen will. Abet Augu- 
stinus sagt rein De natura et gratia, capite 
53 3: Quid tantum de naturae possibilitate prae- 
sumitur, vulnerata, sauciata, vexata, perdita est, 
vera confessione et sanatione, non falsa defen- 
sione opus habet. Und soll dil alles gerichtet 
werden nicht zum unnOtigem gezenk, sondern 
dohin, das die Christen solche gaben des heili- 
gen Geistes erkennen, ihm daftir danken, zu dem 
rechten arzt, der in diesen sachen allein hel- 
fen kan, sich linden und halten, und das sie 
wissen mOgen, bey were sie solche gaben suchen 
sollen. 
Zum vierten mul in dieser lehre auch das 
gemeldet werden, wie und wodurch der heilige 
Geist solches, was zur bekerung gehSret, wirken 
und geben wOlle, nemlich nicht ohne mittel, wie 
die enthusiasten sagen -- sie wSllen wedder 

mit dem wort noch sacramenten sich bektim- 
mern, sondern immer ffir sich hinleben und 
so lang warren, bi Gott ohne mittel ihnen die 
bekerung eingebe und sie mit gewalt ziehe, alas 
sie es ftihlen kSnnen, das es Gottes wirkung sey 
--, sondern Gott hat darzu eingesetzet und ge- 
geben die 5rdentliche mittel, das mtindliche wort 
und die sacramenta. Das vort sollen wir hOren 
und betrachten, die sacramenta brauchen; denn 
also und dadurch will der heilige Geist kreftig 
sein, seine gaben und wirkungen geben. Derhal- 
ben sollen die leute, die solcher gaben des 
heiligen Geistes bediirfen und begeren, zum wort 
und sacramenten, als 5rdentliche mittel und 
werkzeug des heiligen Geistes, geweiset werden 
Zum letzten gehSret zu dieser lehre auch die 
erinnerung, das tier heilige Geist mit seinen 
gaben und mit seiner wirkung alles, was zur 
bekerung gehOret, nicht all, bald und auf ein- 
mahl gar aulrichtet und volnbringet, sondern 
wie es dutch die 5rdentliche mittel vom heiligen 
Geist wird angefangen, also wirds auch yon dem- 
selbigen dutch die 5rdentliche mittel, wiewoll 
in grosset schwacheit, geffirdert, gesterket, ver- 
mehret, erhalten und bil arts ende hinauige- 
fiihret. Sollen derhalben die Christen vermanet 
werden, wenn der heilige Geist solche wirkung 
durchs wort bey uns anhebet, das wir solches 
nicht hindern oder zerstSren -- denn das heist, 
dem hellgem Geiste wiederstreben, Act. 7 [51]--, 
sondern die neue angefangene gaben des Geistes 
in uns mit vlei6 und ernst uben, zum wort uns 
immer halten und daneben vleissig beten. Denn 
also und dadurch will der heilige Geist, was 
er angefangen hat. fordern, sterken, mehren, 
erhalten und bil zum ende hinauftihren, wie 
das gleichnil yon den ftinf centner, Mat. 25 
[14ff.], lehret, und das meinet Christus, wenn 
er spricht: Wer do hat, dem wird gegeben wer- 
den, und wet nicht hat, dem wird dasselbig. 
was er hat. genommen werden. -- Das will auch 

2s De dono pers cap. XIII,33; MSL 45,1013. 
29 De dono pers. cap. VI,12; MSL 45,1000. 
3o Vgl. FC,Ep II,9 ff: SD II.3 ff. Bek. Schr. S. 778 
u. S. 871. 

De nat. et grat. cap. LIII,62; MSL 44,277. CSEL 
6O,279. 

117 



Kirchenordnung 1569 

mit bescheide berichtet werden, das wir darurnh 
und darnit den ehestand und die ordinationern 
rninistrorum ecclesiae nicht verwerfen noch 
schrnehen, auch die jugend nutzlicher bestetti- 
gung irn christenthurnb und die kranken n6tiges 
trostes nicht berauben; denn wie nach Gottes 
bevelch ohne aberglauben und abg6tterey die 
eheleute zusarnrnengegeben, die beruffene pre- 
diger ordiniret, die kranken besucht und getr0- 
stet sollen werden, soll hernach in der kirchen- 
ordnung gesetzt werden. Auch soll verordnet 
werden, wie die getaufte jugend, wenn die 
erstlich zurn abendmal des Herrn gestattet wird. 
soil underrichtet und verrnahnet und rnit dern 
gerneinem gebett in ihrern christenthurnb be- 
stettiget werden 
Wenn man nun fragt, wieviel sacrament irn 
neuen testament sein, so ist das klar, das die 
taufe und das abendrnal des Herrn xvarhaftige 
sacrarnenta sein; denn davon haben wir beide 
stticke, die zurn rechtern sncrarnent gehSren, in 
Gottes wort aulgedrucket, den befehl und die 
verheissung Gottes. In der absolution ist kein 
gewisser eusserlicher titus yon Gott verordnet 
und gebotten, allein weil durch die absolution 
die verheissung der gnaden applicieret wird 
singulis petentibus et credentibus, einern jedern 
insonderheit, der es rn rechtem glauben be- 
geret, ists nicht ubel gethan, wenn man sie rnit 
under die sacrament rechnet 38, wie auch die 
apologia 39 thut. Und sollen hiertiber die pasto- 
res kein gezenk rnachen. 

Das aher auch die sacrarnentschwerrner nicht 
mfgen in diese kirchen einreissen, sollen die 
leute ffir diesern ihrern irrthumb gewarnet wer- 
den, alas sie ffirgeben, die sacrarnenta sein 
allein eusserliche zeichen, die do Gottes gnade 
nut bedeuten oder eusserlich davon allein zeug- 
nil geben und erinnerung thun 40. Es soil aber 
dagegen aul Gottes wort geleret werden, das 
die sacrarnenta sein solche handlungen, die 
Gottes sein selbs eigen werk seind, die er, selbs 
gegenwertig, durch den diener verrichtet, in 
welchen und dutch welche er die verheissene 
gnade und alle erworbene gtiter in Christo ftir- 
tregt, reicht, zueignet, bestettiget und versiegelt 
einern ]eden der sie in rechtem glauben nutzet 
und brauchet, das also Gott selber durch die 
sacrarnent in uns kreftig ist und wirket Der- 
halben auch die sacrarnenta und derselbigen 
kraft nicht stehen auf des dieners wirdigkeit 
oder unwirdigkeit 4, sondern wenn sie nach 
verordnung des Herrn Christi verhandelt wet- 
den, so ist ers selber, der durch den diener 
lauth seiner wort absolviert, teufet und sein 
abendrnal reichet. 

Von der beicht und absolution. 
n der bepstischen orenbeicht _o vird aus Got- 
tes wort zweyerley gestrafft, erstlich, das sie 
fordert volnkornrnene und auldruckliche erze- 
lung und offenbarung gegen dern priester aller 
und jeder siinde, also alas die stinde, so dern prie- 
ster in tier beicht nicht offenbaret xvird, nicht 

38 Vgl. hierzu Hachfeld, a. a. O. S. 61. 
39 XII,42f; XIII,4. Bek. Schr. S. 259 u. S. 292. 
s0 Hier ist wohl bes an Zwingli gedacht, vor 
allem Fidei ratio- 1530. Schuler-Schulthel IV, 
S. 9--11; vgl. auch ibid. S. 11--15.- Ferner 
vgl. Vorn touf. 1525, Schuler-Schulth. IIa, S. 
238, 244, 252, 255f., 258, 301; Cornrnentarius. 
1525, Schuler-Schulthel Ill, S. 241, 257, 263; 
Subsid sir. coron. 1525. Schuler-Schulth. III, 
S. 329--356; Ein klare underrichtung. 1526, 
Schuler-Schulth. IIa, bes. S. 429 f., 433, 437 f., 
458, 461f., 465; Arnica exegesis. 1527, Schuler- 
Schulth. III, S. 459--562; Daft dieses Wort 
Jesu Christi. 1527: Schuler-Schulth. lib. bes. 

S. 39. 61; Uiher doctor Mart. Luthers htich. 
1528, Schuler-Schulth. IIb, bes. S. 195ff., 203, 
206f, 212. -- Zu Oekolarnpad vgl. E. Stae- 
helin, Das theol Lebenswerk Job. Oekolarn- 
pads, Quellen u. Forschungen z. Reforrnations- 
gesch., Bd. XXI,1939, S. 267--329, bes. S. 321 
u. 323. -- Vgl. auch Conf. heir. prior. 1536, Art. 
20. 22. Mfiller {1903) S. 106f.; Conf. rhaet. 
1552. Mfiller, S. 167 ff. 
Vgl. Conf. Aug. VIII,2. Bek. Schr. S. 61: FC,SD 
VII,24. Bek. Schr. S. 980. 
Vgl. Trident. Sess. XIV. can. 7. Denzinger 917. 
Vgl. dazu F. Diekamp, a.a.O.S. 277 ff., Th. 
H Sirnar, a.a.O.S. 356f. 

119 



Wolfenbtittel 

k6nne vergeben werden, zum andern, das solch 
werk der beicht mit verdienstlich und nOtig 
sey zur vergebung der stinden. Aber wenn diB 
auI Gottes wort, wie billich, gestrafft wird, so 
muff dieser bericht dabey gethan werden, das 
es nicht die meinung habe, als wolte man die 
beicht ganz und gar verwerfen und aufi diesen 
kitchen hinwegthun, sondern es soll fein mit 
bescheide angezeigt werden, was man ftir eine 
beicht, auf was meinung und aufi vas ursachen 
nach Gottes wort haben und behalten wOlle. 
Ftir Gott soll ein jeder teglich alle seine stinde 
auIdrucklich bekennen, Psal. 32 [5], auch do er 
jemands beleidiget hat, das soll er demselbigen 
bekennen und abbitten, Matt. 18 [15--18]; Lu. 
17 [3 f.]; Jacobi 5 [16]. 
Die beichte abet vor dem pastor, wenn jemand 
zum abendmal des Herrn gehen will, soll also 
und darumb gehalten werden, erstlich, das ein 
Christ gegen seinem seelsorger sich in und mit 
der beicht erklere, vie er seine stinde erkenne 
und seinem lieben Gott bekenne, was er ftir 
busse habe, wie sein glaube stehe, was er fiir 
einen vorsatz zur besserung habe, das daraufi 
der pastor vernehmen m6ge, o.b er zu 10sen oder 
zu binden sey 
Zum andern, das der pastor, wo er vermerkt, 
das es etwan an einem sttick mangelt, kOnne 
berichten, unterweisen, vermanen und anzei- 
gen, wie nach Gottes wort die busse, der glaube, 
der vOrsatz zur besserung solle gestalt sein; 
denn ihrer viel verstehens nicht gnugsam, und 
die es verstehen, seind gemeiniglich gar kalt 
zur busse, zum glauben und zur besserung. 
Wenn abet in solcher privatunderredung be- 
richt und vermanung geschicht aufi Gottes wort, 
so ist ohne zweifel Gott durch sein wort kreftig, 
wahre busse, glaube und besserung zu wirken 
und zu geben. 
Zum dritten, wenn der pastor weiB, das 
seine schefflein in stinden liggen, kan er sie 
in solcher privatunderredung desto bequemer 
aufi Gottes xvort straffen und zu wahrer busse 
vermanen. 
Zum vierten, wenn ein armes gewissen etwa 
anliegen, beschwerung oder anfechtung hat, kan 

es in solcher unterredung bey seinem seelsorger 
radt und trost suchen. 
Zum ftinften, das nicht jemand auB unwissen- 
heir oder unbedacht das abendmal des Herrn 
zum gericht entfangen mSge, so wird er in der 
beicht berichtet, erinnert und vermahnet, das 
und wie er sich prtifen solle. 
Zum sechsten soll diese beicht darumb ge- 
halten werden, auf das also in wahrer busse 
dutch rechten glauben die privatabsolution bey 
dem Herrn Christo im wort gesucht und yon 
i'nm dutch das mittel des dieners entfangen 
werde. Also ist die beichte, wie wit die halten, 
Gottes vort gemefi, hat grossen nutz und wird 
viel frucht schaffen. Und wenn die leute des 
berichtet und es recht bedenken werden, so darf 
man sie nicht treiben, nOtigen oder zwingen zur 
beicht, sondern der grosse nutz und ihre eigen 
noth wird sie woll darzu fordern. Wet aber 
das alles nicht achtet, an dem kan man dabey 
leicht erkennen, was er ftir ein Christ sey. 
Ftirnemlich abet soll die lehre vonder abso- 
lution woll erkleret werden, weil vorhin der 
bapst dieselbige mit seiner gnugthuung und 
mit der heiligen verdienst beschmeisset und 
jetzund die sacramentschwermer, auch etliche 
andere, dieselbige zum theil verachten, zum 
theil gar verwerfen, auf das die leute au Got- 
tes wort berichtet werden, was Imrrlichen, schS- 
hen trost die arme gewissen linden in der abso- 
lution, und also yon derselbigen viel und hoch 
halten, die oft und gem in rechtem glauben 
brauchen. Es ist abet die absolution nichts 
anders, denn eben die verheissung des evangelii 
von Gottes gnade und yon vergebung der siinde 
dutch den glauben umb Christus willen, die 
sonst in der gemeinen predigt allen furgetragen 
wird, abet mit diesem underscheid: in der ge- 
meinen predigt wird dieselbige verheissung in 
gemein ftirgetragen, angebotten, gereicht und 
zugeeignet allen gleubigen, aber in der absolu- 
tion wird dieselbige verheissung insonderheit 
einem jeden ftir sein person, der in rechtem 
glauben derselbigen braucht, ftirgetragen, ge- 
reicht und zugeeignet. Nun soll auch in tier 
gemeinen predigt die verheissung des evangelii 

120 



Kirchenordnung 1569 

und nach solchem befehl und verheissung mit 
den worten die taufe gehandelt wird, so ist 
da Gott Vater, tier uns selig macht durch das 
badt der wiedergeburt, Tit. 3 [5], Gott der Sohn, 
der seine gemeine reiniget durch das wasser- 
badt im wort, Ephes. 5 [26], der heilige Geist, 
der uns durch solch wasserbadt ira wort neu 
geberet und verneuert, Johann 3 [5]; Tit. 3 [5]. 
Und daher hats die taufe, das sie ist ein selig 
badt, zu vaschen uns yon stinden Der bapst 
aber hat durch sein weihen 4c, die leute yon 
solchem wort Gottes und grunde abgeftihret 
und sie dahin geweiset, wenn das vasser be- 
schworen, die taufkerze 7 dareingesteckt, der 
cresam 48 hineingegossen, viel kreuz dartiber 
gernachet werden, das also daflurch und daher 
die taufe ihre kraft habe zur vergebung der 
snden und seligkeit, so doch davon wedder 
befehl noch verheissung in Gottes xvort ist. Und 
ist ein greulich ding, alas man Gottes wort 
hindansetzen und rnenschenftindlein solche gros- 
se dinge zuschreiben darf. welches f/Jrvahr ein 
rechte abg6tterey ist, wie dann auch das be- 
schweren des wassers, weil es geschicht ohne 
befehl und verheissung Gottes, ein rechte zau- 
berey ist. Auch wird dabey die anruffung der 
heiligen gebraucht und audrucklich gebeten, 
das Johannes Baptista die taufe heiligen while, 
auf das dadurch die stinde rn6gen gereiniget 
werden. 
Solches sollen die prediger aul der bepsti- 
schen agenda nehrnen und dern yolk erkleren, 
was es ftir ein grosser greuel sey, und dargegen 
sie weisen auf die rechte heiligung der taufe, 
wie gerneldt ist. 
Soil derhalben hinffiro solch papistisch tauf- 
weihen in diesen kitchen genzlich underlassen 

werden. Denn wir die taufe nicht besser k6nnen 
noch sollen machen, dean wie Christus getauft 
ist und wie die apos/eln getauft haben. Die 
haben kein sonderlich xvasser, das vorhin be- 
schworen und geweihet vere, darzu genornrnen, 
sonder wenn sie gernein wasser genornrnen Had 
dasselbig in tier handlung der tauf in das vort 
des befehls und der verheissung der taufe ge- 
fasset, so haben sie es daftir gehalten, alas dar- 
dutch die taufe rechtschaffen und reichlich gnug 
geheiliget sey. 
Es soll auch das yolk berichtet werden, alas 
die substanz und alas wesen der heiligen taufe 
darin stehe, das es sey ein wasserbadt im 
wort, Ephes. 5 [26], also das es ein rechtschaf- 
fene, volnkornrnene taufe ist, wenn jernand rnit 
wasser getauft xvird ira narnen des Vaters, des 
Sohns und des heiligen Geistes, wenn gleich 
keiae andere cerernonien darzukornrnen. Und 
derhalben rnul ein grosser underscheid gehalten 
werden zwischen dern, darin die rechte sub- 
stanz der taufe stehet, u,ld zwischen gebetten, 
lectionen und andern cerernonien, so sonst dabey 
gebrauchet werden. Und veil under denselbigen 
ceremonien etliche seind, an welchen 5ffent- 
licher aberglaube henget, als wie rnan inn baps- 
thumb handelt rnit geweiheten salz, rnit dern 
speichel, rnit dern Ave Maria, rnit dern oly, cre- 
sam und brennenden liechte, also das die kraft 
und wirkung, so eigentlich der heiligen taufe 
gehbret, gegeben und zugeschrieben vird dern 
geweihetern salz, dern oly und cresarn, wie sol- 
ches ihre agenda augweiset 49, sollen dieselbi- 
gen cerernonien bey der taufe underlassen und 
weggethan verden, aber andere nutzliche lecti- 
ones, gebet, fragen etc., dardurch die lehre yon 
der taufe, yon der erbstinde, vorn glauben, yon 

46 Vgl. die Weihe des Taufwassers arn Karsarns- 
tag: Rbm. Mefbuch, S. 439--444, in der 
Pfingstvigil: ibid. S. 576; Benedictio fontis 
et aquae baptisrnalis extra pervigiliurn Pa- 
schae et Pentecostes curn aqua consecrata 
non habetur: Rit. Rom. I, Tit. II, Cap. VIII, 
S. 94 -- 97. 
47 Zur Bedeutung der Taufkerze vgl. A. Franz, 
Die kirchl Benecliktionen i. Mittelalter. 1909, 

Bd. I, S. 549 ff. -- Vgl. die Segnung der Oster- 
kerze am Karsamstag: RSm. Melbuch, S. 
4O6 -- 411. 
4s Vgl. die Benedictio chrisrnatis in coena Do- 
mini: Pontif. Rorn. III, S. 55--65. 
49 Vgl. den ,,Ordo baptisrni parvulorum": Pdt. 
Rorn. I, Tit. II, Cap. II, S. 15--23, den ,,Ordo 
baptisrni adultorurn": ibid. I, Tit. II, Cap. IV. 
S. 27 -- 58. 

5" 123 



Wolfenbfittel 

der wiedergeburt und verneuerung kurz und 
nutzlich erkleret wird, sollen gehalten werden, 
wie in dem taufbiichlein Lutheri 5o, welches in 
den benachbaurten reformierten kirchen ge- 
breuchlich, verfasset ist. Und das alles soll in 
bekanter deutscher sprach gehandelt werden, 
das die umbstehenden vernemen m6gen, was 
for ein grosser ernst dar gehandelt werde, und 
sie desto herzlicher mitbeten, auch ihrer tauf 
sich erinnern mSgen. Derhalben sollen auch die 
pastores in der predigt die ganze handlung der 
taufe oft dem yolk erkleren. 
Hieneben muff auch der bericht geschehen, ob 
woll im bapstumb viel superstitiones mit un- 
tergelaufen, well aber dennoch die substantialia 
baptismi geblieben sind, das diejenigen, so im 
bapstumb getauft sind, eine rechte, volnkom- 
mene taufe haben, well dieselbige stehet und 
berhuet nicht auf des priesters unwirdigkeit 
oder milbrauch, sondern auf dem worte des 
Herrn Christi, Eph. 5 [26]. 
Es soll auch die kirche verwarnet und die 
reine lehre yon der kindertaufe mit fleifl ver- 
xvaret xverden ftir der wiederteufer irthumb, und 
toll in diesen kirchen bleiben und gehalten wer- 
den, das man die kinderlein zur taufe schicke 
und sie teufen lasse. Hieneben aber soll auch 
fleissig die lehre getrieben werden, das die 
leute nicht meinen, es geschee also yon wegen 
alter gewonheit, sondern das sie lehrnen be- 
trachten die ursachen, warumb man mit den 
kinderchen zur taufe ellen solle, welch ein 
wichtiger, ernster handel da sey, wenn ein 
kindlein getauft xvird, was die taufe dem kin- 
derchen nutze. Und difl gehet au[3 dem grunde 
der schrift yon der erbstinde, nemlich das die 
kinderlein in stinden entfangen und geboren 
xverden, Psalm. 51 [7], und derhalben von natur 
kinder des zorns sein, Ephes 2 [3], vom reich 
Gottes auflgeschlossen; dann xvas vom fleisch 
geboren ist, das ist fleisch, und do es nicht yon 
neuen wieder geboren wird, kans in das reich 
Gottes nicht kommen, Johan 3 [6; 5], so wirds 

also ohne zwekfel geh6ren unter das reich des 
sathans, Col. 1 [13], zur verdamnu, Rom. 5 
[16 ff.]. Nun k6nnen abet oder sollen ja fromme 
eltern ihren kindern nicht g6nnen, alas sie in 
solchem jammer und ellend bleiben und ewig- 
lich verderben m6chten, sondern sollen ja bil- 
lich darnach trachten, xvie ihnen m6chte ge- 
rahten und geholfen werden. Nun ist Christus 
als ein erlSser und heiland gestorben, wie fiir 
alle menschen, also auch fiir die kinderlein, und 
yon denselben spricht er aufldrucklich: Lasset 
die kinderlein zu mir kommen; denn solcher ist 
das himelreich. Item, es ist nicht der wille 
meines himlischen Vaters, das eines von den 
kleinen soll verloren werden, Matth. 18 [14] und 
19 [14]; Marci 10 [14]. Es wird aber die gnade 
Gottes in Christo zur seligkeit fiirgetragen, ge- 
reichet und zugeeignet nicht ohne mittel, son- 
dern durch 6rdentliche mittel des worts und 
der sacrament (wie droben vielmals gemeldet), 
yon Gott darzu eingesetzt. Derhalben weft Chri- 
stus die kinderlein will selig haben, so mu ein 
sonderlich mittel yon Gott darzu verordnet sein, 
dardurch Gottes gnade, vergebung der siinden 
zur seligkeit in Christo ihnen gegeben, gereichet 
und zugeeignet werde, wie im alten testament, 
also auch im neuen testament. 
Nun kan man durchs blosse wort alleine 
mit den kinderlein nicht handeln; denn man 
kan sie noch nicht lehren. Derhalben muff es 
durch die sacrament geschehen, wie im alten 
testament durch die beschneidung. Vom abend- 
mal aber des Herrn spricht Paulus: Der mensch 
prfife sich selbs, item, er soll underscheiden den 
leib des Herrn, 1_ Cor. 11 [28 f.], xvelches die jun- 
gen kinderlein noch nicht thun k6nnen. Derwe- 
gen bleibt noch die taufe ubrig, das dieselbige 
ein solch mittel sey, wie solches gewaltigen 
grund in der schrift hat; denn Christus spricht: 
Der kinder ist das himelreich, Matt. 19 [14]. 
Es kann abet niemand ins hlmelreich kommen, 
er sey dann wiedergeborn, und dasselbige ge- 
schicht durchs wasser und den Geist, Joh. 3 [5]. 

.,0 Bek. Schr. S. 535 ft. 

124 



Wolfenbttttel 

tenen eltern geboren sind) waren auch kinder 
des zorns von natur, gleich wie die andern, 
nemlich die yon heidnischen eltern geborn sind. 
Die verheissung der gnaden und seligkeit ge- 
hSret ja auch den kindern, Genes 17 [5]; Act. 
2 [39], wie auch aller welt, aber wo die verheis- 
sung nicht appliciret wird, da macht sie ohn 
zweifel nicht selig, und darumb sagt augustana 
confessio, articulo 9 53 recht, das die taufe zur 
seligkeit nStig sey, nemlich als ein solch mit- 
tel, dadurch die verheissung der seligkeit appli- 
ciret xverde Dig aber verstehen xvir von den ge- 
bornen kindern, die uns Gott in unsere hende 
gibt; denn wie die pastores uber die ungeborne 
kinderlein oder so todt geboren werden, die 
eltern tr6sten sollen, werden sie wissen zu neh- 
men aul3 Lutheri und Pomerani davon aul3ge- 
gangenen btichlein 5. Und summa, man mug 
die leute nicht gewehnen, das sie die taufe an- 
sehen schlechts xvie ein eusserlich zeichen, das 
nut allein etwas anzeige, sondern sie sollen 
oft vermanet werden, das sie die taufe an- 
sehen, wie die schrift davon redet, nemlich das 
es sey ein werk der heiligen dreyfaltigkeit. 
welche der rechte teufer ist dutch den round 
und hand des dieners und ein solche handlung. 
do Gott der Vater dutch die taufe selig macht, 
Tit. 3 [5], do Gott der Sohn dutch das wasser- 
badt im wort reiniget, Ephes. 5 [26], dadurch 
der heilige Geist den menschen yon neuen ge- 
beret und erneuert, Johan. 3 [5]; Tit. 3 [5], und 
das darumb und daher, weil wit getauft werden 
auf den todt Christi, Ro. 6 [3]. auf seine auf- 
erstehung, I. Pet. 3 [21]. und summa, xveil in 
der taufe Christus mit alle seinem verdienst an- 
gezogen xvird, Galat. 3 [27]. und also machet 
die heilige dreyfaltigkeit in der taufe umb Chri- 

stus willen mit uns einen bund eines guten ge- 
wissens, 1. Pet. 3 [16] durch vergebung tier siin- 
den, Actor. 2 [38] und 22 [16] zur ewigen selig- 
keit, Mar. 16 [16]. 
Und derhalben soll auch bey der taufe alle 
leichtfertigkeit verhiitet und die ganze handlung, 
beide yon den priester und yon den umbstehen- 
den, mit aller reverenz in gottesfurcht ver- 
richtet xverden. Es sollen auch nicht unversten- 
dige kinder, leichtfertige personen oder gottlose 
leute zu gefattern bey der taufe zu stehen ge- 
stattet werden. Und xvere gutt, das umb nutz- 
licher erinnerung und umb des gemeinen gebets 
xvillen die handlung der taufe, xvo es geschehen 
kbnte und sich leiden volte, verrichtet wiirde, 
wenn die ganze gemeine Gottes beysamen ist. 
Jedoch sollen freunde, nachbaurn, bekante und 
andere xermanet xverden, das sie gerne mit- 
gehen und dabey sein. wenn ein kindlein ge- 
tauft wird 

Von der meg. 
Die papistische meg ist ein greuel aller greuel, 
welche bey reiner lehre des evangelii nicht 
kan noch soll gestattet oder geduldet, sondern 
mug aug Gottes xvort mit allem ernst gestraffet 
xverden Das abet tier falsche xvahn vom ver- 
dienst tier meg den leuten dutch Gottes worte 
aug den herzen genomen und sie selbs den 
greuel aug grunde tier schrift verstehen und 
fliehen mtigen, so mug rein unterscheidentlich 
angezeiget werden, worin derselbige greuel tier 
messe stehe; dann alas man aug den psalmen 
etwas singer, introitus, tractus, sequentias, die 
rein sein, braucht, alas collectae, darin gemeine 
gebett, so reine sind, verfasset, gelesen werden, 
deggleichen das aug der propheten, evangelisten 

Bek. Schr. S. 61f. 
,,Der XXIX. Psalm ausgelegt Durch Doctor 
Johan Bugenhagen Pomern. Darirmen auch 
yon tier Kinder Tauffe. Item yon den vngeborn 
Kindern vnd yon den Kindern die man nicht 
teuffen kan. Ein Trost D. Martini Luthers fur 
die Weibern, welchen es vngerat gegangen 
ist mit Kinder geberen". 1542. -- Vgl. G. 
Geisenhof. Bibl. Bugenhagiana. 1908. Nr. 307 

--309; vgl. die Schrift Luthers: WA 53, S. 
205--208.- Ferner: Won den vngeborn kin- 
dern vnd yon den kindern, die wir nicht 
teuffen k6nnen x-rid wolten doch gern nach 
Christus befehl vnd sonst yon der Tauff Ge- 
schrieben durch Johannem Bugenhagen Po- 
mern." 1551. --- Vgl. G. Geisenhof. a. a.O. Nr. 
389 -- 394. 

126 



WolfenbOttel 

immer und in ewigkeit wehret, Heb. 9 [25f.] 
und 10 [14]. Und desselbigen kraft und ver- 
dienst wird uns ira wort und sacramenten ffir- 
getragen, gereichet und zugeeignet. Und wenn 
wirs durch einen rechten glauben zu uns neh- 
men, so werden wir also teilhaftig alles les, 
was Christus durch sein opfer am kreuz ver- 
dienet und erworben hat. Und difi ist der rech- 
re, einige weg, wie wir bey Gott dem Vater 
durch Christum gnad, vergebung der sfinden, 
seligkeit und alle himlische schetze uberkom- 
men, bedfirfen also darzu kein ander eusser- 
lich opfer im neuxven testament. Sonst aber hat 
die christenheit im neuen testament viel geist- 
licher opfer, so yon Gott befohlen, die ihra 
auch durch Christum angenehm sein, 1. Pet. 2 
[5], als lobopfer und dankopfer, Heb. 13 [15f.]; 
Psalm. 50 [14], bettopfer, Psalm. 143 [6], das 
opfer eines bufifertigen, betrfibten herzens, 
Psalm. 51 [19], das opfcr des glaubens und 
h6ffnung, Psalm. 4 [6], das opfer der wolthe- 
tigkeit, Phil. 4 [18], und summa alas opfer des 
ganzen neuen lebens, Rom 12 [1], alas aber sind 
nicht eusserliche opferxverk, sondern geistliche 
opfer, 1. Pet. 2 [5], die da geschehen im Geist 
und in tier warheit, nicht vergebung der sfinde 
damit zu verdienen, sondern Gott zu lobe und 
ehren. Von solchen geistlichen opfern reden die 
veter, welches hernach der bapst auf seine 
opfermefi gezogen hat. 

Von dem abendma| des Herrn. 
Zum gedechtnufi des einigen vers/Snopfers, so 
einmal am kreuz verrichtet, hat Christus ein- 
gesetzt [hit 26,26--28; Mk 14,22--24; Luk 22,19 
--20; 1. K 11,23--26] sein heiliges abendmal, 
in welchem seiner gedacht und sein todt ver- 
kfindiget soll werden, bifi er wieder wird kom- 
men, zu richten die lebendigen und die rod- 
ten. Und dasselbige hat er eingesetzt in tier 
nacht, do er verrathen ward, gleichwie sein 
testament, darin er seine gfiter und himlische 
schetze, so er durch aufopferung seines leibes 

mad durch vergiessung seines bludts erworben, 
seinen jfingern bescheidet, also alas er die- 
selbige allen gleubigen reichen, zueignen, ver- 
gwissen und versigeln will, darrait clas er uns 
in seinem abendmal zu essen gibt mit dem 
eusserlichem brodt denselbigen seinen leib, clef 
ffir uns gegeben ist, und mit dem eusserli- 
chem wein zu drinken eben dasselbige sein 
blurt, clas ffir uns zur vergebung tier sfinden 
am kreuz vergossen ist. Und well wir also in 
des Herrn abendmal haben die grosse, herliche, 
reiche, himlische schetze uncl gfiter, soll das- 
selbige in der christlichen kirchen mit hSchster 
reverenz gehalten uncl gebraucht werden, also 
und keinesweges anders, denn wie es tier Sone 
Gottes in seinem testament verordnet und be- 
fohlen hat; denn endert man doch eines men- 
schen testament nicht, wans bestetiget ist, Gal. 
3 [15], sondern man belt den for einen sacrile- 
gum, wet etwas darvon oder darzu thut. Viel- 
mehr soll solches in aller furcht Gottes gehalten 
werden mit dem testament des Sohns Gottes, 
darin er uns die gfiter unserer seligkeit be- 
scheiden hat Derhalben soll hinffiro in diesen 
kirchen das abendraal des Herrn gereicht und 
gebraucht werden also, wie es der Herr Chri- 
stus in seinem testament verordnet und be- 
fohlen hat, nemlich unter be:der gestalt, das 
mit dem brodte gereichet und entfangen werde 
cler leib Christi und mit dera wein das blurt 
Christi. Und soll in keinem wege gestattet 
werden, das es ander3, nemlich unter einer 
gestalt allein, gereichet oder gebrauchet werde, 
veil solchs dem aufigedrucktem befehl des testa- 
ments Christi zuwieder und entgegen ist, son- 
dern alas die kirche wlssen mSge, was ihr 
da gereichet und gegeben werde, sollen die wort 
der einsetzung in bekanter sprach mit aufi- 
drucklicher lauter, klarer stimra gesprochen ver- 
den unterscheidlich ubers brott und darnach 
uber den wein. Und sollen die leute aufi Gottes 
wort berichtet werden, welch ein greulicher 
kirchenraub und gottesdieberey es sey, das tier 

128 



Kirchenordnung 1569 

bapst den leyen geraubet und verbotten hat 
den kelch des Herrn58a, welchen der Herr Chri- 
stus in seinem testament zu reichen und 
brauchen nicht allein vergfinstiget, sondern be- 
fohlen hat allen menschen, die seinen namen 
anruffen, 1. Corin. 1 [2] und 11 [25 f.], wie auch 
solchs in der ersten alten christlichen kitchen 
bey und nach tier apostel zeiten durchau[ allent- 
halbert gehalten ist worden, und soll den leuten 
geweiset werden, was der teufel mit der kelch- 
dieberey gesucht babe, nemlich das er den 
leuten rauben mSchte den schSnen trost, wen 
chef mit auldrucklichen worten in dem andern 
theil des abendmals gesetzt wird: Dieser kelch 
ist das neue testament in meinem blute, wel- 
ches ftir euch vergossen wird zur vergebung 
der stinden [Mt 26,28] --, wie sie such eben dar- 
umb bey dem ersten theft in ihren metbtichern 
aulgelassen haben die wort (quod pro vobis 
datur) 59, auf das die leute also desto mehr 
auf ihre opfermel geftiret mSchten werden. 
Es soll abet der brauch beider gestalt gehal- 
ten werden nicht darumb, das es der bapst et- 
wan vergSnnet und nachgibt, sondern darumb, 
weil es der Son Gottes in seinem testament 
also verordnet und befoh!en hat und weil das 
verbott der andern gestalt eine greuliche stinde 
ist wieder das testament Christi. 
Und well der Son Gottes selber in seinem 
testament verordnet und aul3drucket, wie wit 
seines leibs und bluts im abendmal brauchen 
sollen, nemlich den leib nemen und essen, das 
blut nemen und trinken zu seinem gedecht- 
nile, und abet zu einem testament niemand 
etwas zuthun soll, Gal. 3 [15], so ist daraul 
klar, das es nicht allein geh6ret under den 
spruch Matth. 15 [9]: Frustra colunt me manda- 
tis hominum, sondern das es eine schwere 
sfinde sey wieder das testament Christi, wenn 
man das sacrament zum schauspiel herumbtregt 
oder einsperret und daffir einen sonderlichen 
gottesdienst anrichtet. So ists auch nicht ftir 

die todten eingesetzt, die nicht mehr essen und 
trinken; derhalben das abendmal halten, den 
todten damit zuhtilfzukommen, ist auch wieder 
das testament Christi. 
Und well nun alas abendmal des Herrn wieder- 
umb ganz mit seinem rechten, wahren brauch 
aul Gottes wort diesen kirchen restituiret wird, 
sollen die leute vleissig vermanet werden, das 
sie daftir dem lieben Gott yon herzen danken 
und zu wahrer dankbarkeit nun oft, wie Paulus 
lehret, das abendmal brauchen, nicht au[ zwang 
auf bestimpte zeit, sondern das ihre eigene 
noth sie darzu treibe und der grosse nutz, 
selige trost und edle kratt des abendmals sie 
darzu reize. Und das kan aufs einfeltigste aul3 
und mit den worten der einsatzung den leu- 
ten ftirgetragen werden, das sie solche ver- 
manung allzeit vor augen haben kSrmen: 
sollen stets im wahrem glauben gedenken, was 
Christus an uns gewendet hat und seines todts 
nimmer vergessen. Wit befinden abet, das wits 
leider allzuviel vergessen und solch gedecht- 
nil3 in uns schwach, kalt und faul ist. Do rufft 
nun unser lieber heiland Christus in seinem 
abendmal [Mr 26,26--28; 1. K 11,25]: Nemet, 
esset, trinket, das ist mein leib, mein blur, sol- 
ches thut zu meinem gedechtnil. Item wit sind 
durch Christum in den gnadenbund des neuen 
testaments in der heiligen taufe eingesetzt, aber 
denselben bund halten wir leider so steif und 
lest nicht, wie wit solten, tretten oft daraul 
und brechen denselben, das wit nun gewil mS- 
gen sein, das Christus, so wit in wahrer bul3 
dutch den glauben uns zu ibm kehren, uns 
widerumb in denselben bund des neuen testa- 
ments einnehme, und das wit ein gewisses 
pfand und siegel mSgen haben, das wir in dem 
bunde allzeit mtigen gefunden sein, bleiben und 
erhalten werden. So spricht der Son Gottes 
im abendmal: Trinket alle daraul3, dieser kelch 
ist das neue testament etc. Item Christi leib 
ist ffir alle gegeben und sein blur ftir alle 

8a Conc. Constant. Sess. XIII, Denz. 626; Trid. 
Sess. XIII. cap. 3; XXI. cap. 2 f., can. 2f. 
Denz. 876, 931 f., 935 f. 

59 Vgl. FtSm. Melbuch, Ordo Missae, S. 475. 

129 



Wolfenblel 

der mein leib, der f/ir euch gegeben wird, es 
ist das mein blur, alas zur vergebung eurer 
stinden vergossen ist. Und Paulus 1. Corinth. 10 
[16]: Das brodt, alas wir brechen, ist particlpatio 
corporis Christi, eine gemeine aultheilung und 
niessung des leibs Christi --, das ist doch ja 
deutlich und klar gnug, den text mit tier glossa 
gegeben, was das sey, das im abendmal mit 
hande und munde gereicht und entfangen wird, 
ob der leib und blur Christi allein geistlicher 
weise durch den glauben entfangen, item ob 
wit m/issen hinauf ggen himel steigen, wenn 
wir den leib und das blur Christi entfangen 
wSllen, oder ob Christus zu uns kSmpt und 
alhie auf e.rden in seinem abendmal uns seinen 
leib und blur reiche und gebe; denn auf diese 
fragen alle gibt Christus richtige, klare antwort: 
Das euch im abendmal hier auf erden gereichet 
wird, das ihr mit eurem munde entfanget, das 
ist mein leib, der ftir euch gegeben wird, alas 
ist mein blur, das ffir euch vergossen wird zur 
vergebung der stinden, nicht aber essen wit 
den leib Christi also nattirlicher weil wie ein 
sttick rindfleisch 6, alas mit den zehnen zer- 
kauet, eingeschlungen, im magen verdauet wird 
etc., sondern well Christus spricht: Nemet, esset, 
das ist mein leib, so gleuben wir, obs gleich 
nicht nattirlicher weise geschicht, das es den- 
noch gleichvoll warhaftig geschehe auf uber- 
nattirliche, himlische weise, velche dem stifter 
dieses abendmals allein bekant ist. Wit gleu- 
ben, was er sagt, modurn abet, wie es geschehe, 
befehlen wir dem, ders gesagt hat. 
Und hie soll uns nicht irren, das solches 
rinser vernunft wiinderlich, seltzam und unge- 
reimpt drinker sein; denn die ist in Gottes 
sachen eine nerrin, 1. Corinth. 1 [19ff.] und 2 
[1--5], und mul gefangen genommen werden 
under dem gehorsam Christi, 2. Corinth. 10 [5]. 
So ist auch wieder keinen artlckel des glau- 

hens; denn das lie Calvinischen 65 mit hohen, 
prechtigen worten f/irgeben, well es nicht ist 
eine nattirliche eigenschaft elnes wahren, 
menschlichen kSrpers, alas er auf eine zeit zu- 
gleich mehr dann an einem orte wesentlich sein 
kSnne, und aber Christus einen wahren mensch- 
lichen leib mit allen wesentlichen eigentschaften, 
uns allenthalben gleich, nut allein die stinde 
aulgeschlossen, an sich genommen, Hebr. 2 [17] 
und 4 [15], so vermSge er nicht salva humani- 
tatis suae veritate mit seinem Ieibe und blute 
zugleich im himel und an allen den 5rtern auf 
erden, da sein abendmal nach seiner einsatzung 
gehalten wird, wesentlich gegenwertig zu sein, 
obgleich die wort seines testaments also lauten. 
Darauf gibt unser glaube 66 ein richtige, grtind- 
liche, klare antxvort, nemlich das nicht allein 
das wahr ist, welches wir gerne zugeben und 
bekennen, das Christus nach seiner mensch- 
licher natur uns, seinen br/idern, allenthalben 
gleich ist, aulgenommen die s/inde, sondern das 
auch dil feste stehe und wahr sey, weil die 
menschliche natur in Cbristo mit der gSttlichen 
persSnlich vereiniget und erhaben ist uber alles, 
was genennet kan werden, nicht allein in dieser, 
sondern auch in der ktinftigen welt, Ephes. 1 
[20--23], das Christus mit seiner menschlichen 
natur uncl durch dieselbige viel k{Snne, vermSge 
und aulrichte, das sonst den wesentlichen, na- 
ttirlichen eigenschaften eines schlechten mensch- 
lichen kSrpers ganz und gar unm/iglich were; 
denn sein blur reiniget uns yon stinden, 1. Johan. 
1 [7], in seinem blur haben wit die erlSsung und 
vergebung der s/inden, Col. 1 [14], in seinem blur 
sind wit gerecht, lom. 5 [9], sein fleisch ist ge- 
geben f/ir der welt leben, Johan. 6 [51], er gehet 
mit seinem kSrper durch verschlossene thtiren 6z, 
Johann. 20 [26], wandelt auf lem wasser, Matth. 
14 [25], ihm ist nach seiner menschlichen natur 
alles in seine hende gegeben, Johan. 13 [3]; 

': Vgl. Luther, DaB diese Wort Christi ,,Das ist 
mein leib" noch lest stehen. 1527, WA 23, S. 
242, 243, 258, 259. 
5 Vgl. Calvin, Instit. IV,17, 12. 17. 29 f. CI XXX, 
101 1015 f. 1028-- 1032. 

6, Vgl. FC,SD VIII, bes. 12, 23, 25- 30. Bek Schr. 
S. 1021, 1024 ff. 
67 Vjl. FC,SD VII,109. Bek. Schr. S. 1007. 

132 



Kirchenordnung 1569 

Matth. 11 [27], ]a alle gewalt im himel und auf 
erden, Matth. 28 [18] und werden gleichwoll da- 
dutch die naturen nicht vermtschet. Weil nun 
derselbige in seinem testament yon dem brodt 
und wein, so im abendmal gereichet und ent- 
fangen werden, spricht: Das ist mein leib, das ist 
metn blur, solt ihm das unmtiglich sein darumb 
und aufi der ursachen, weil es die nattirliche 
eigenschaften in unsern k6rpern nicht verm6- 
gen? Ja, unser glaube bestettiget difi viel mehr, 
wie ers gesagt hat, ob es gleich den nattirlichen 
eigenschaften des menschlichen kSrpers nicht 
mtiglich ist, so vermags doch tier, dem alle ge- 
walt gegeben ist im himel und auf erden, auch 
nach seiner menschlichen natur. 
Also auch gibt unser glaube gute, bestendige 
antwort darauf, wean die Calvinisten 68 ein gro 
geschrey dari]ber machen: Christus ist mit sei- 
nero leibe gen himel gefahrcn, derhalben kan 
er mit demselbigen nicht hie auf erden bey uns 
in seinem abendmal sein --; denn die himelfart 
Christi ist nicht ein schlechte, reumliche ver- 
endrung des orts, wie Elias gegen himel gefah- 
ren ist oder wie ein armes vSgelein von der 
erden auf einen baum fleugt, wie die sacramen- 
tarii mit ihren kindischen gedanken davon dich- 
ten, sondern also redet die schrift davon, das 
Christus durch seine himelfart alle irdische 
schwacheit abgelegt und sey dadurch gesetzt 
zur rechten der majestet und kraft Gottes. 
Mar. 16 [19]; Actor. 2 [33]; Heb. 1 [3]; Lucae 22 
[69], also das ihm auch nach seiner mensch- 
lichen natur alles unterworfen, er uber alles. 
was gewaltig und kreftig ist, erhShet, 1. Petr. 1 
[21]; Ephes. 1 [20 ff.]. Solte ihm dana stett, raum 
und oft hindern, das er nicht vermSchte 69, was 
er in seinem testament aufigesprochen, ja auch 
nach seiner himelfart wiederholet und bestetti- 
get hat, l Corinth. 11 [26]7 Das kan. darf. mul 

und soil unser glauben nicht sagen, sondern eben 
dieselbe artickel des glaubens, die als streitig 
wieder den einfeltigen verstand des testaments 
Christi von den sacramentariis angezogen wer- 
den, bestettigen und bekreftigen denselben viel 
mehr. 
Derhalben bleiben wit einfeltig bey unserm 
catechismo TO, das des Herrn abendmal sey der 
wahre leib und das wahre blur unsers Herrn 
Jhesu Christi, unterm brodt und wein uns Chri- 
sten zu essen und zu trinken yon Christo selbs 
eingesetzt. Et sicut augustana confessio in de- 
cimo articulo inquit 7: De coena Domini docent, 
quod corpus et sanguis Christi vere adsiat et 
distribuantur vescentibus in coena Domini, et 
improbant secus docentes Und wie die augs- 
ptirgische confession im 10. artickel spricht: 
Vom abendmal des Herrn lehren sir, das der 
leib und das blur Christi warhaftig gegenwertig 
sein und au{geteilet verden denen, die das 
abendmal essen und trinken, und derhalben wird 
auch die gegenlehre verxvorfen. Et apologia ;e. 
Confitemur nos sentire, quod in coena Domini 
vere et substantialiter adsint corpus et sanguis 
Christi et vere e.xhibeantur cure illis rebus quae 
videntur, pane et vino, his qui sacramentum 
accipiunt. Und in der apologia: Wir bekennen, 
das wits daffir halten, das im abendmal des 
Herrn warhaftig und wesentlich gegenwertig 
sey der leib und das blur Christi und warhaftig 
gereicht werde mit dem sichtlichen brodt und 
wein denea, die das sacrament entfangen. Item 
articuli schmalcaldici73: Vom sacrament des 
altars halten wir, das brodt und wein im abend- 
real sey der wahrhaftige leib und blur Christi 
und werden nicht allein gereicht und entfangen 
yon frommen, sondern auch yon b6sen Christen. 
Wit lehren aber nicht allein vom sacramentli- 
chen essen und trinken des leibs und bluts 

68 VgL Calvin. Instit. IV, 17, 26 ff. CR XXX, 1025 
-- 1028. 
69 Vgl. FC,SD VIII,78. Bek. Schr. S. 1043 bei 
Anm. 5; dazu Gensichen, a. a. O. S. 105 f. 
70 K1. Katech., Das Sakrament des Altars, 2. 
Bek. Schr. S. 519 f. 

Bek. Schr. S. 62 f. 
X,1. Bek. Schr. S. 247 f. 
Vom Sakrament des Altars, 1. Bek. Schr. S. 
45O f 

133 



Wolfenbfittel 

nentwillen gestellet werde, Johann. 16 [23]. Bey 
der lehre soll fleissig getrieben werden die ver- 
manung, das Gottes wille und befehl ist, das 
wir beten sollen stets und ohne ablassen, Luc. 
18 [1--8]; 1. Thessal. 5 [17], darzu uns unsere 
noth treiben und die liebliche verheissungen 
Gottes neben den schOnen exempeln Christi 
und aller heiligen in der schrift uns reizen 
sollen. Und soll ein jeder Christ sich und die 
seinen gewehnen, das er morgends, venn er 
aufstehet, abends, wenn er schlaffen gehet, wenn 
er zum tisch oder yore tisch gehet, wenn er et- 
was anhebet etc., sein gebet thue und ffirnem- 
lich, wenn die gemeine Gotts zum wort und 
sacramenten versamlet ist, das ein Christ da 
sein gebet thu, nicht allein insonderhoit, son- 
dern auch im gemeinem gebet ffir gemeine und 
sonderbare noth bitten helle. 

Von weihen des salz, wasser, feur, 
kreuter und anderer creaturen. 
Well solch veihen bil3hero in disen kirchen 
getrieben, mfissen die leute davon berichtet 
werden. Denn ja fromme Christen gerne wolten 
solche creaturen Gottes seliglich brauchen, also 
das Gott seinen segen dazu geben mSchte und 
sie solche gaben Gottes nicht wie unchristen, 
sonflern wie kinder Gottes auf seiner gnedigen, 
milden hand entfangen raOchten; und darumb 
halten etlfche leute viel yon dem papistischen 
xveihen, etliche aber brauchen der creaturen 
ohne alle gcdanken, gebet und danksagung wie 
die seue. Aber Paulus weiset sehr rein in einem 
kurzen spruch, wie die creaturen Gottes zu 
solchem seligen brauch geheiliget werden, 1. 
Tim. 4 [3--5]: Gott hat die creaturen geschaf- 
fen, zu gebrauchen mit danksagung den gleu- 
bigen; denn alle creatur Gottes ist gutt und 
nichts verwerflich, das mit danksagung ent- 
fangen wird; denn es wird geheiliget durch das 
wort Gottes und gebet. -- In diesem spruch ist 
die ganze lchre gar schSn begriffen. Wir wSllen 
kfirzlich die ffirnemsten stck anzeigen, und ist 
das erste, das wit au G3ttes wort erkennen 
und wissen sollen, das Gott, nachdem er die 
creaturen geschaffen, dieselben dem menschen 

zu gebrauchen vergSnnet und gegeben hat, Cene- 
sis 1 [29 f.]; denn sonst hetten wit zu dem ge- 
brauch der creaturen, die nicht unser, sondern 
Gottes sind, kein recht noch macht. Und das 
ist das wort Gottes, davon der spruch Pauli 
redet, dadurch die creaturen zu unserm brauch 
geheiliget werden, und in demselbigen worte soll 
sonderlich das betrachtet werclen, do yon wegen 
der snde der mensch solch privilegium ver- 
wirket hatte, das Gott auf gnaden umb des 
Herrn Christi willen dasselbige uns wiederumb 
restituiret hat, Gene. 9 [3]. Zum andern saget 
dieser spruch Pauli, das die creaturen also 
durchs wort und gebet geheiliget werden, nicht 
der meinung, als weren sie sonst verfluchet, 
bSse oder yore teufel besessen; denn er spricht 
aufdrucklich: Alle creatur Gottes ist gut und 
nichts ververflich --, sondern darzu wird sie 
also, wie gesagt, durchs wort geheiliget, das wit 
derselbigen, die Gottes und nicht unser sind, 
mit gutem gewissen, au/ guten gnedigen willen 
des himlischen Vaters, seliglich brauchen kSn- 
hen; dann wenn man sonst eines frembden 
guts mit des herren ungnad und unwillen ge- 
braucht, so bekSmpts nicht woll. Zum dritten, 
weil den ungleubigen und unreinen alles unrein 
ist, Tit. 1 [15], so setzt Paulus das gebet darzu, 
nemlich wenn wit die creaturen Gottes brauchen 
wSllen, das wit in unserm gebete des jetztgemel- 
ten privilegii uns erinneren sollen und bekennen 
das wit sonst yon uns selbs ke'in recht oder 
macht daran hetten, und in rechtem glauben bit- 
ten, das der himlischer Vater umb Christus wil- 
len uns solchen brauch seiner creaturen segenen 
wSlle, das er uns seliglich mSge sein, alas wit 
solche seine gaben nicht wie unchristen mit 
seiner ungnad und unvillen ibm rauben, sondern 
wie seine kinderchen attl seiner milden hand 
mit seinem gnedigem guten willen und mit 
seinem gSttlichem segen entfangen und brau- 
chert mSgen. Zum vierten, spricht Paulus, soil 
darauf volgen die danksagung ftir solch sein 
privilegium und fiir seinen segen. Letzlich setzet 
Paulus aucl das dabey, das sonderlich woll sol/ 
gemerket werden, das dutch solch heiligen 
durchs wort, gebet und danksagung den creatu- 

136 



Kirchenordnung 1569 

ten nicht gegeben wird ein andere, neue art und 
kraft, denn ihnen in der schbpfung yon Gott 
gegeben ist; denn Paulus spricht, Gott babe <lie 
creaturen geschaffen zura brauch, das ist, er 
habe in der schSpfung einer jeden creatur gege- 
ben ihre arth, kraft und wirkung, wozu sie 
solle dienen und gebrauchet werden. Und die 
heiligung thut nicht anders noch raehr, derm 
das solcher brauch, darzu die creatur yon Gott 
in der schSpfung verordnet, uns raSge seliglich 
sein. Wit reden aber hie nicht davon, wie Gott 
durch sonderliche verordnung, befehl und ver- 
heissung in seinen sacraraenten etlicher crea- 
turen brauchet, oder wie er durch rairakel und 
wunderwerk entwedder selbs oder durch seine 
heiligen, die donura rairaculorura haben, bewei- 
set, das er wie ein Herr seiner creaturen raech- 
rig sey, auch anders, dann ihre nattirliche arth 
und eigentschaft ist, sondern wir reden hie 
yon dem gebrauch der creaturen, der da ist 
ausser den sacraraenten und rairakeln Gottes. 
Auis diesera grunde ist nun leicht und klar, 
was ein Christ yon den papistischen weihen der 
creaturen halten soll; denn erstlich beschwe- 
ren sie die creaturen, als weren sie besessen, 
das darauis der teufel mit seiner raacht weichen 
wSlle, welchs stracks xvieder Paulura ist, der 
da sagt: Alle creatur Gottes ist gutt und nichts 
verwerflich [1. Tim 4,4]. -- Zura andern weihen 
sie die creaturen nicht zu dem brauch, darzu 
sie geschaffen sind, sondern der raeinung, das 
durch solch weihen die creaturen ein andere 
arth und kraft bekoraraen sollen, darzu sie 
nicht geschaffen sind, als das sie dienstlich 
und kreftig sollen sein, alle list und gewalt des 
teufels zu hindern und zu vertreiben, der see- 
len radt und htilf zu schaffen. Und obgleich 
die wort und gebet noch so gutt und heilig 
weren, well sie abet nicht haben Gottes wort, 
befehl und verheissung, wie in den sacraraenten, 

auch nicht das donum edendi rairacula, so ists 
eben, als wenn einer den ganzen psalter rait 
allen evangelien uber einen nesselstrauch lese 
der raeinung, das derselbige nicht brennen solte, 
oder uber ein welches ey, daiS das so hart 
ein btichssenkugel solt werden; denn weil wir 
davon kein befehl oder verheissung Gottes ha- 
ben, so hilft wedder beten noch lesen dazu und 
ist ein greulicher raiiSbrauch des naraens Got- 
tes wieder das ander gebot, und ist kein under- 
scheid zwischen solchen weihen und zwischen 
anderer zauberey, da raan Gottes wort und 
naraen zu braucht. Zum dritten ist das das 
allerbeschwerlichste, das solchen geweiheten 
creaturen, als wasser, salz etc., ohn Gottes wort, 
befehl und verheissung im bapsthumb zuge- 
schrieben und zugetrauet wir, das allein Gott 
umb Christus willen dutch den heiligen Geist 
schaffen und wirken will und darzu er 
brauchen will sein wort und seine sacramenta, 
die er durch sonderliche verordnung als 5rdent- 
liche raittel darzu eingesetzt hat. AIs dera ge- 
weiheten salz wird das zugeschrieben, das es 
sey ein heilsara sacrament und eine volkommene 
arzney, den bSsen feind zu vertreiben Itera so 
spricht ihre agenda7: Nira hin das salz der 
well, heir, auf das dir Christus gnedig sey zum 
ewigen leben 
Das wasser 78 wird dazu geweihet, das es sein 
solle allen, die es nehmen, ein hell leibs und 
der seelen, und was damit besprenget wird, das 
davon abgehalten, abgetrieben und au[gerottet 
werden die teufel rait aller ihrer list und ge- 
wait, alle krankheit und alles, was der gesund- 
heit und rhue ira hause zuwieder ist Itera, 
wohin es gesprenget werde, das dahin die ge- 
genwertigkeit des heiligen Geites, die gnade 
des segens Gottes komraen und alles bSses wei- 
chen mtisse, itera zur vergcbung der teglichen 
stinden 

7 Vgl. Rit. Born. P. I, Tit. II, Cap. II, 7. S. 17.-- 
Dazu A. Franz, Die kirchlichen Benediktlnen 
Bd. I, S. 221- 229. 
78 Vgl. bes. ,,Ordo ad faciendara aquam benedic- 
tam", Rit. Born. P. I, Tit. VIII, Cap. II. S. 

278ff., ebenso ,,Benedictio aquae in Vigllia 
Epiphaniae", Bit. lora. P. II {Appendix), Bene- 
dictiones reservatae 1, bes. S. 542 f., dazu A. 
Franz, a. a.O. Bd. I, S. 43- 220. 

137 



Wolfenbfittel 

Die wachl31iecht 79 werden also gewelhet, das 
sie dardurch bekornrnen und haben sollen sol- 
che kraft und segen, das wo sie angeztindet 
und gesetzet werden, der teufel mit allern seinem 
gespenst weichen rntisse, item, das sie sein 
rnSgen zur gesundheit leibs und der seelen, auf 
das die, so dieselbigen in den henden tragen, 
yon der blindheit des herzen erl6set, das liecht, 
das irn finsternil3 leuchtet, ergreifen m6gen. 
Die asche 8o wird also geweihet, dassie ein 
selige arzney sein soil, wet damit bestrauet 
wird, das dermit dern geist der busse er- 
fiillet werde, item, das der vergebung seiner 
siinde, des leibs gesundheit und der seelen 
schutz bekornrnen rnSge; denn die agenda 
spricht, das die asche auf das heupt gelegt 
werde caussa prornerendae veniae 81, das wir 
gnade und vergebung verdienen mSgen. 
Die palmen und andere zweige 82 werden also 
geweihet, das sie allern volke gedeyen rnSgen 
zur seligkeit, auf das alle, so dieselbigen tra- 
gen, item wo sie hingetragen werden, das der 
orth dadurch gehefliget, der bSse feind ver- 
trieben und Gottes rechte hand uns beschtitzen 
rnSge. 
Das feur 83 wird mit diesen worten geweihet: 
auf dassie, rnit geistlichen begirden entztindet, 
zu der ewigen klarheit kommen rnSgen, und das 

Gott dadurch helle wieder alle feurige pfeile 
des teufels. 
Das osterlamb, schmken und kese 8a werden 
mit diesen worten geweihet: das wet davon 
isset, mit allem himlischen segen und mit Got- 
tes gnaden in gutem gesettiget mSge werden. 
Eyer, brodt, f/aden 85 wird also geweihet, alas 
man vertrauen solle, wer davon isset, das es 
dern gereichen solle zur ewigen seligkeit und 
sie dadurch entfangen rnSgen des leibs gesund- 
heit und der seelen schutz. 
An S. Johans tag 86 wird der wein zum Johan- 
nistrunk 87 also geweihet, wet davon etwas 
nirnpt, das derselbige dutch ftirbitt Marien und 
Johannis das evige leben uberkomme, item 
das es sey ein hell leibs und der seelen und 
eine beschirrnung wieder alle krankheit, gift, 
auch wieder alle list der feinde, wieder alle 
geIahr leibs und der seelen etc. 
Die kreuterS8 werden rnit solchen worten ge- 
weihet: das sie nicht allein allerley krank- 
heit, schaden und fell, beide, menschen und 
vihe, vertreiben sollen, sondern auch, alas alle, 
die davon nehmen, der seelen und des leibs 
gesundheit entangen und in die thtire des 
paradeises eingehen rnSgen etc. 
Weil abet dil3 alles greulich ist wieder das 
erste gebott, das solche hohe himlische, geist- 

79 Vgl. ,,Benedictio candelarurn", Rit. Rom. P. 
I, Tit. VIII, Cap. III, S. 281; ,,Benedictio can- 
delarum in honorern S. Raymundi Nonnati", 
ibid. P. II, Benedictiones propriae 48, S. 659 f.; 
,,Benedictio candelarurn societatis sacratissi- 
mi Rosarii", ibid. P. II, Benedictiones propriae 
38, S. 648f. 
80 Vgl. die Aschenweihe am Aschermittwoch: 
13tim. Mel3buch, S. 129--132, dazu A. Franz, 
a. a. O. Bd. I, S. 461 -- 468. 
81 Vgl. lSrn. Mel3buch, S. 130. 
s2 Vgl. die Palmweihe (Weihe yon Palrnen und 
Oelzweigen, in Deutschl. auch yon Buchszwei- 
gen oder Weidenkitzchen) arn Palrnsonntag: 
ESrn. Mel3buch, S. 129--132, dazu A. Franz, 
,,Deus qui dispersa congregas..." S. 309. Dazu 
A. Franz, a.a.O. Bd. I, S. 470- 507. 
83 Vgl. die Veihe des neuen Feuers arn Kar- 
sarnstag: ESrn. Mel3b. S. 404--406, bes. die 
erste u. dritte Oratio. Dazu A. Franz, a. a. O. 
Bd. I, S. 507--518. 

st Im heutigen Rit Rom. finden sich die folgen- 
den Worte bei der ,,Benedictio casei vel 
butyri", P. II (Append.), Benedictiones non 
reservatae 59, S. 521; dieselben Worte bei 
einer ,,Benedictio super agnum in Pascha" 
vgl. bei A. Franz, a. a. O. Bd. I, S. 585. 
85 Vgl. dazu A. Franz, a. a. O. Bd. I, S. 589--594. 
86 Fest Joh des Apostels u. Evangelisten am 
27. Dez. 
87 Vgl. Rit. Rorn. P. II, Benedictiones non reser- 
vatae 2 u. 3, S. 454 ff., dazu A. Franz, a.a.O. 
Bd. I, S. 297--334. 
88 Vgl. A. Franz, a.a.O. Bd. I, S. 398 ff., ferner 
Eit. Eorn. P. II, Benedictio herbarum in Fe- 
stum Assumptionis B. Mariae Virg., Benedict. 
non reserv. 11, S. 465 ff. (In dieser Benedictio 
des heutigen Rit. finden nicht alle lm Text 
angedeuteten Bitten ihre Entsprechung). 

138 



Kirchenordnung 1569 

gewSnlichen kleidern die communion halten sol- 
ten, so sollen die pastores und kirchendiener, 
so messe halten wSllen, wenn cornmunicanten 
vorhanden sein, nicht blo mit ihren gewSn- 
lichen kleidern, sondern in ihrern ornatu eccle- 
siastico, als albert, casein und rneigewand rein 
ehrlich und rnit grosser andacht und anruffung 
des Sons Gottes vor den altar tretten und das 
officium naissae anfahen, halten und verrichten. 
Es soll auch der altar rnit reinen ttichern 
und andern ornatu gezieret und bekleidet sein, 
item liechte auf dem altar brennen, weil solches 
auch in den genachbarten reformierten kir- 
chen gehalten, und kan gleichwoll das gemeine 
yolk berichtet werden, das solchs nicht noth- 
xvendig, als alas darin sonderlicher gottesdienst 
sttinde oder die heiligung dieses sacraments 
daran gelegen, sonder wie ein frey mittelding 
ohne allen aberglauben gehalten werde. Und 
damit fortan in allen kirchen dieses ftirsten- 
thunabs die ceremonien in officio naissae allent- 
halbert ehrlich, 6rdentlich und eintrechtigen, so- 
viel als immer rnSglich, geftirt werden naSgen, 
so sol man erstlich einen introituna de tempore, 
darauf das Kyrie eleison 4 und Gloria in excel- 
sis 5, item, et in terra pax, zu zeiten lateinisch, 
zu zeiten deutsch singen. 
Darnach wende sich tier priester zum yolk 
und singe: 
Der Herr sey rnit euch. 
Das yolk antworte: 
Und mit deinem geist. 
Darauf wende sich der priester wiederumb 
gegen den altar und singe eine collecten de 
tempore oder festo oder die sich zu der materien 
schicken auf volgende rnelodey: 
[Noten:] Last uns beten 6. Allmechtiger Herre 
Gott, weck uns auf, das wit bereit sein, wenn 
dein Son ktirnpt, ihn mit freuden zu enapfahen 

und dir rnit reinena herzen zu dienen durch den- 
selbigen deinen Son Jesurn Chrmtum, unsern 
Herren. [Ende tier noten]. 
Das yolk antwortet: Amen. 
Denn wende sich der priester gegen das yolk 
und singe oder lese die epistel deudsch. Nach 
der epistel singet man einen sequenz oder alle- 
luia oder tractum, so rein sein, darnit die schti- 
ler auch im lateinischen gesang getibet, oder 
aul D. Luthers gesangbuch 7 ein deutscher 
psalm, auf das die christliche gemein rnitsin- 
gen, auch ihr gottselige ubung haben mSchte. 
Darnach singet oder lieset der priester das 
evangeliurn deudsch gegen dem volke. 
Wenn also das evangelium gelesen oder gesun- 
gen, so sol das Patrern oder Wir gleuben alle 
an einen Gott 8 gesungen werden. 
Und wenn der glaube deudsch gesungen wird, 
so sol darunter nicht georgelt werden 
[Noten:] Credo 9 in unum Deum, Patrem omni- 
potentem, factorem coeli et terrae, visibilium 
omnium et invisibilium. Et in unum Dominum 
Iesum Christum, Filium Dei unigenitum, et ex 
Patre nature ante omnia secula, Deurn de Deo, 
lunaen de lumine, Deum verum de Deo vero, 
genitum, non factum, consubstantialem Patri, 
per quem omnia facta sunt, qui propter nos 
homines et propter nostram salutena descendit 
de coelis et incarnatus est de Spiritu sancto ex 
Maria virgine et homo factus est, crucifixus 
etiam pro nobis sub Pontio Pilato, passus et 
sepultus est, et resurrexit tertia die secundum 
scripturas, et ascendit in coelurn, sedet ad dex- 
teram Patris, et iterum venturus est cure gloria 
iudicare vivos et rnortuos, cuius regni non erit 
finis. Et in Spirlturn sanctum Dominum, et vivi- 
ficantem, qui ex Patre Filioque procedit, qui 
curn Patre et Filio simul adoratur et conglorifi- 
catur, qui locutus est per prophetas Et unam 

4 Vgl. RSm. Meibuch, Ordo Missae, S. 458 f.-- 
Deutsch: Ev. Kgb. Lit. 1--3. 
5 Vgl. RSm. Melb., ibid. S. 459f.- Deutsch: 
Ev. Kgb. Lit. 6 f. 
6 Zum Musikalischen s. Hdb. d. dtsch, ev. Kir- 
chennaus. 1. Bd. 1. T. 1941, Nr. 363a. -- Vgl. die 

Nachweise der irn Handbuch enthaltenen, die- 
ser KO entsprechenden Melodien: Hdb. S. 
548, Nr. 117. 
Vgl. S. 142 Anna. 1. 
XVackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132. 
Bek. Schr. S. 26 f. 

143 



Kirchenordnung 1569 

ungleubigen aus Gottes wort und im namen 
Jhesu Christi, das ihnen Gott ihre sonde vorbe- 
halten hat und gewilich straffen wird. 
Darauf soll das yolk abermal zum gebet und 
danksagung gegen Gott vermanet werden und 
samptlich vor erhaltung der kitchen Gottes 
und rechter lehre, darzu der treuen xvarhaftigen 
lehrer, und alas Gott treue arbeiter in seine 
ernte senden xvSlle [Mt 9,37 f.], for die oberkeit, 
ftir zeitlichen friede und gewechs der frtichte, 
und in summa for die noth der ganzen christen- 
heit und sonderbarer personen, die des christ- 
lichen gebets begern, wie des ungeverlich eine 
hotel folget. 
Lieben Christen, last uns Gott bitten, das er 
uns bey seinem gSttlichem vort wSlle gnediglich 
erhalten und getreue arbeiter in seine ernte 
senden, den predigern und kirchendienern seinen 
heiligen Geist verleihen, alas .ie dasselbig rein 
und recht f0rtragen und lehren, auch mit gott- 
seligem leben ffirgehn, und das der allmechtige 
wSlle sie und uns vor falscber lehre gnediglich 
beh0ten und derselbigen steurcn und wbren, das 
er auch unsern brOdern und schwestern, die mit 
falscher lehre oder sonst mit unrechter gexvalt 
yon unchristen oder andern tyrannen ange- 
fochten und beschweret werden, gnediglich hen 
fen xv(ille, das sie in wahrem glauben und ge- 
dult bestendig bleiben und. so miiglich, die ver- 
folgung yon ihnen genommen oder gemiltert 
werde. 
Bitter auch vor weltliche oberkeiten, key. m,j. 
und andere potentaten, auch alle andere, die 
im ampt der oberkeit sitzen, das der allmechtige 
wSlle diejenige, die durch Gottes wort erleuch- 
tet sein, darbey gnediglich erhalten, denen aber, 
so noch nicht erleuchtet, seine gnade geben, alas 
sie Gottes wort in ihren landen leiden und an- 
nehmen, welche aber das nicht thun wllen und 
es verfolgen, das er denselbigen steuren und ihr 
f0rnemen zuschanden machen wSlle. 
Sonderlich danket Gott, das er unsern gnedi- 
gen landsf0rsten und herrn also begnadet hat, 
das Seine Ffirstliche Gnade Gottes wort lieb 
haben und in ihrem land predigen lassen und 
fordern, und bitter, das Seine F0rstliche Gnade 

der allmechtige dabey wSlle gnediglich erhalten 
und derselben gottselig langes leben, gesund- 
heit und gnade verleihen, das S. F. Gnade ihr 
regiment also f0hren, alas es Gott zu ehren und 
lhren Ftirstlichen Gnaden und derselbigen un- 
derthonen zu gutem gereiche und wit ein still 
friedlich leben in aller gottseligkeit [1. Tim 2,1 f.] 
unter S. F. G. ftihren mSgen. 
Bitter auch vor unsere gnedige landsftirstin 
und junge herrschaft, das sie der allmechtig 
auch in seinem gnedigen schutz haben und sie 
vor allem unheil behtiten und an leib und seel 
segnen wSlle. 
Bitter auch vor die rethe, ampt und bevelch- 
haber (auch den rath dieser start), das ihnen 
Gott wSlle gnade geben, alas sie woll rathen 
und ihren bevohlenen ampten und bevehlichen 
getreulichen ftirstehen und aulrichten. 
Bittet auch vor alle angefochten und be- 
trtibte herzen, vor alle kranken, schwangere 
frauen, junge kinder und alle, so in niSten sein, 
das der allmechtige wSlle dieselbigen alle trS- 
stem behtiten und ihnen in ihren nSten beyste- 
hen und zuhtilf kommen 
Bitter vor uns alle in dieser gemein und in 
dem ganzen lande, das Gott uns wiSlle gnedig 
sein und beh0ten vor krieg, pestilenz und theu- 
rer zeit, vor feur und wassersnoth, vor bagel 
und ungewitter und vor allem ungltick und 
ubel und wSlle die fr0chte auf dem felde be- 
h0ten, segen und gnade geben, das wit sie mit 
fried, gesmdheit und danksagung geniessen 
mSgen. 
Ein jeder trage Gott seine eigen noth ftir und 
beret in dem namen Christi auf seine zusagung, 
da er spricht: Alles, was ihr bitter in meinem 
namen, gleubet, so xverdet ihr es haben 
11,24; Joh 14,14], und sprechet yon grund des 
herzens Vater unser etc. 
Wenn denn etwas f0rfellet, darvon sonderliche 
bitt zu thun ist, als vor sonderliche kranken, 
vor frauen, die in kindesnSthen sein, und was 
sonst vor noth und sachen des landes oder 
sonderer personen f0rfallen, das soil diesem 
gemeinem gebet auch mit kurzen worten ange- 
hangen werden. 

145 



Woltenbilttel 

Und sollen die prediger das volk vleilig ver- 
manen, das sie in ihrem anligen das gemein 
gebet gern suchen und nach erhSrung des- 
selben und ihrer erlSsung aul angeregten anli- 
gen die danksagung dem kirchendiener nicht 
verhalten, darmit Gott auch 5ffentlich yon vie- 
len personen gedankt werde. 
Dieses gebet soll nach geendigter predigt und 
keines zwischen verlesung des evangelii und 
aulYlegung desselbigen geschehen, darmit die 
leute so viel besser den inhalt des verlesenen 
evangelii behalten und durch das gebet nicht in 
vergel desselbigen und andere gedanken geftirt 
werden, es sey denn, das ein frau in kindes oder 
jemands anders in todtesnSthen xvere und des 
gemeinen gebets begerte; den in diesem fall, 
da auch ein geringer verzug kSnte nachteilig 
sein, mag das sonderliche gebet vor dieselbigen 
vor oder nach verlesung des evangelii woll ge- 
schehen_ 
Auch soll der prediger zu zeiten die leute 
vermanen, das sie in der kirchen bey dem ge- 
meinen gebet und bey der communion pIeiben. 
Wenn das gebet nach der predigt geendigt, 
sollen die, so zur communion gehen wSllen, 
alsbald in den chor treten und niderknien. 
So es denn die zeit leidet in festen, sollen in 
den stedten praefation gesungen xxerden de 
festo, wie die zu ende dieser ordnung folgen 
Formula exhortationis zum voIke, das zum 
sacrament ehen will. 1:' 
Meine allerliebsten in Gott, dieweil wir nun 
das abendmal unsers lieben Herrn Jhesu Christi 
wSllen bedenken und halten, darin uns sein 
fleisch zu einer speise und sein blut zu einem 
dranke, nicht des leibes, sondern der seelen ge- 
geben wird, sollen wir billich mit grossem vleil 
ein itzlicher sich selbs prtifen, als Paulus 1. K 11, 
28] sagt, und denn yon diesem bro:lt essen und yon 
diesem kelche drinken; den niemand soll, sondern 
allein ein hungerige eel, die ihre stinde erkend, 
Gottes zorn und den todt ftirchtet und nach der 
gerechtigkeit hungerig und dtirstig ist, dil heilige 

sacrament empfahen. So wir aber uns selbs 
prtifen, finden wir nichts in uns, denn stind und 
todt, kSnnen vns auch selbst in keinem wege 
daraul helfen. Darauf hat unser lieber Herr 
Jhesus Christus sich uber uns erbarmet0 ist 
umb unser xvillen mensch geworden, das er vor 
uns das gesetz erftillete und lidde, was wir mit 
unsern stinden verschuldet hetten, und das wir 
jha festiglich gleubeten und uns frSlich darauf 
verlassen mSchten, nam er nach dem abend- 
essen das brodt, sagte dank, brach es und 
sprach: Nemet hin und esset, das ist mein leib, 
der vor euch gegeben wird --, als volt er sagen: 
Das ich mensch bin worden und alles, was ich 
thue und leide, das ist alles euer eigen, vor 
euch und euch zu gute geschehen, und des zu 
einem wahrzeichen gebe ich euch meinen leib 
zu einer speise, delgleichen auch den kelch 
und sprach: Nemet hin und drinker aul diesem 
alle, dieser kelch ist. das neue testament in 
meinem blut, das vor euch und viel vergossen 
wird zu vergebung der stinden; als oft ihr das 
thut, so thut es zu meiner gedechtnil --, als 
wolt er sprechen: Diewei! ich reich euer ange- 
nomen und euer stinde auf reich geladen babe, 
wil ich reich selbs ftir die stinde opfern, mein 
blur vergiessen, gnad und vergebung der stinde 
erwerben und also ein neue testament auf- 
richten, darin der stinde ewig nicht soll gedacht 
werden. Des zu einem wahrzeichen geb ich 
euch mein bIut zu trinken_ Wer nun also yon 
diesem brodt isset und aul diesem kelch trin- 
ket. das ist, wer diesen worten, die er hSrt. und 
diese zeichen, die er empfehet, festiglich gleu- 
bet, der bleibet in Christo und Christ-us in ihme 
und lebet ewiglich. Darbey sollen wir nun sei- 
nes todes gedenken und ihme yon herzen dank- 
sagen, ein jglich sein kreuz auf sich nemen 
und dem Herrn nachfoIgen [.XIt 16,24] und vor 
allen dingen einer den andern lieben, gleich 
als uns Christus geliebet hat [Eph 5,2]. Denn es 
ist ein brot und wir viel ein leib, die wir 
eines brodes theilhaftig werden [1. K 10,17] und 
alle aul einem kelche trinken. 

15 HSfling, S 59--61; 82--85. 

146 



' Kirchenordnung 1569 

Das 16 wit abet alle samptlich nach jetzt ge- 
hOrter lehre und vermanung in rechtem, war- 
haftigem glauben und bufifertigkeit das heilige 
sacrament wirdiglich empfahen mSgen, so wSl- 
len wir Gott den Vater im namen Christi an- 
ruffen und yon grund des herzen ein andechtig 
Vater unser sprechen. 

Ein ander exhortation. '7 
Mein allerliebsten, uns wird stets durch die 
predigt des evangelii Christi ftirgehalten, das wir 
yon uns selbs unwissen, arme stinders und ver- 
loren sein, und dieweil wir nicht mehr yon 
uns selbs sein denn fleisch und blur, derwegen 
wit uns auch mit unserm verstande und vermb- 
gen nicht kSnnen loft machen aufi dem gestren- 
gen gericht Gottes und yon der gewalt des teu- 
fels, darin wir gefallen sind durch die uber- 
trettunge der gebott und des willen Gottes, so 
hat Gott unser unvermSgen bail erkant denn 
wir und hat vor uns gegeben als ein gnediger 
Vater seinen eingebornen Son iFnesum Christum, 
das wir durch sein evangelium erleuchtet und 
dutch seinen todt erlSset wfirden yon unsern 
stinden und durch ihne kinder Gottes wbrden, 
ewig selig, so wir das gleubten. Solches lest er 
uns stets predigen, wer das gleubet, der hat 
gewi das ewige leben. Auf solchen glauben und 
zu solcher seligkeit werden wir auch getauft, 
da sollen wir stets in bleiben, so bleiben wir 
in Christo und Christus in uns, so essen wir 
stets ohne underla geistlich mit dem glauben 
den leib Christi und trinken seln blur, das ist, 
wir werden Christo eingeleibet, das wir eins 
mit ihme werden, damit das wir gleuben, das 
er sein leib fur uns in den todt gegeben hat 
und sein blur vor uns am kreuze vergossen. 
Darauf verlassen wir uns zur seligkeit wider 
alle falsche lehre, alle stinde, anfechtung und 
noth, aus welcher wolthat Christi wir auch ler- 
hen, welche liebe und gedult wir uben sollen 
gegen unsern nechsten, auch gegen unsern fein- 
den. Was wolten wir mehr? Doch das wir nicht 

vergessen oder trag wtirden, als xvir leider 
werden, zu solchem glauben der menschwerdung 
und des todes Christi, hat er uns auch ein be- 
sonder gedechtnis oder verkLindigung seines 
todes [1. K 11, 26], so oft wir wollen, befohlen. 
alas wit auch im auswendigen sacrament, tier 
vernunft verborgen, alleine dem glauben aus 
dem worte Christi bekant, essen sollen und crin- 
ken sein leib und blur, das wit jha nicht zwei- 
feln sollen, sein todt und blutvergiessung am 
kreuze sey unser gewisse seligkeit. Davon sol- 
len wit singen, lesen, predigen, hSren, gleich 
wie wir in dieser messe thun, und nachmals 
auch davon reden und untereinander verkiin- 
digen, uns zu trost und vielen zur seligkeit, nach 
dem bevelch Christi: Solches thut zu meinem 
gedechtnis [1 K 11, 25]. 
Wet nun wirdig wil essen und trinken dif 
sacrament, der soll zwey ding thun: Er soll 
gleuben, vas Christus sager, und thun, was er 
gebeut Er sager: Das ist mein leib, der ftir 
euch gegeben wird, das ist mein blur, das fiir 
euch aul3gegossen wird zur ergebung der sfin- 
den, solches sollet ihr gleuben Er gebeut abet: 
Nemet him esset und trinket alle daraus und 
gedenket meiner -- Solches sollet ihr thun 
nach seiner gnaden wort und bevelch. Das 
uns abet der allmechtige Gott und barmher- 
ziger Vater seinen heiligen Getst reichlich mit- 
theilen w611e, auf das wit dutch desselbigen 
gnade uns dieser zweyer stiicke yon grund des 
herzen befleissigen m6gen und also das heilige 
sacrament wirdiglich empfahen zu sterkung un- 
sets schwachen glaubens und besserung rinsers 
sfindlichen lebens, so w611en wit ihnen dar- 
umb anruffen und in dem namen Christi beten 
yon grund des herzen ein andechtig Vater un- 
ser etc. 

Alia forma exhortationis?  
Nachdem wit dutch den fall und ubertretung 
unser aller eltern, Adam und Eva, sein in 
sfinde gefallen und des ewigen todes schfildig 

16 H6fling, S. 85, Anm. lc. 
17 Hbfling, S. 77--79. 

18 H6fling, S. 79- 82. 

8" 147 



Kirchenordnung 1569 

fiirnehmen und die nacheinander auf den nach- 
mittag des Sontags predigen. 
Nach der predigt singet man das Magnificat 7, 
bil3weilen deudsch, bilweilen latelnisch, darauf 
wird eine collecta gelesen und mit dem Benedi- 
camus Domino 8 beschlossen. 
Auf den d6rfern, wie hernacher gemeldet, 
sol man am Sontag ohne underscheid umb ein 
uhr vesper halten, einen psalm oder zween 
deudsch singen und darnach den catechismum 
den kindern leren Und wenn das geschehen, 
so mag der prediger dem alten yolk ein stock 
aus dem catechismo erkleren. 
Darnach mag man das Magnificat deudsch 
oder Nunc dimittis 39 deudsch singen und mit 
einer collectn beschliessen 
Insonderheit aber sollen die pastores das yolk 
vermanen, das sie vleissig vor sich selbs in 
die kitchen gehn, auch ihr gesinde und kinder 
lassen darein kommen. 
Es sollen auch b0rgermeister und rath in den 
stetten und unsere haupt und amptleute und 
v6gte in den ampten die leute, wo es nicht son- 
derliche ehafte noth erfordert, mit diensten 
verschonen und allenthalben ein vleissig auf- 
sehen haben, das under der predigt und gottes- 
dienst, sowoll den nachmittag als vormittag, 
kein gasterey, kr0gen oder schwelgerey oder 
zecherey, auch spazirengehen auf dem kirchoff 
gestattet, noch under der predigt brantwein oder 
bier verkauft oder, da wagen sein, ichteswes 
gewogen oder sonst kaufmanschaft getrieben, 
noch die kremerbuden er6ffnet werden, und 
soIchs ernstlich verpieten und yon der kanzel 
verkiindigen lassen Und do darwieder geschehe, 
so sollen sie wirt und gast in straff nehmen, 

auch, so n6tig, in gefengnil einziehen, damlt 
andern exempel gegeben und solch ungeschickt, 
unchristlich wesen abgestalt werde. 
Es sollen auch in steten und d6rfern alle 
'ontag vor der friie und nachmittagspredigt die 
w6rter des ganzen catechismi den leuten deut- 
lich vorgesagt werden, auch eine kurze form 
einer beicht 40, damit der gemeine mann lerne 
seine stinde Gott dem allmechtigen beichten und 
sich in der beicht rechtschaffen zu schicken. 

Yon den besondern fosten oder feyertagen. 
so man im jahr hMten soil. 
Uber die gemeinen Sontag sollen gehalten 
werden die hohen heuptfest des Herrn Christi, 
als da sind: 
Der tag nativitatis Christi oder der geburt 
Christi sampt den andern und dritten folgenden. 
Damit abet dieser artiekel von tier menseh- 
werdung des Sohns Gottes tier jugend woll er- 
kleret und eingebildet werde, m6gen die prediger 
die historien yon S Steffan 41 und Johanne 42, 
je nach gelegenheit der zest, als bey diesem lest 
frembde geschichten einstellen und dem volke 
auf diese drey tag von der geburt nach D. 
Luthers haugpostill 43 geprediget werden 
Der tag circumcisionis oder der beschneidung 
Christi 44 
Der tag epiphaniae, das ist der erscheinung 
oder offenbarung Christi. den man nennet der 
heiligen drey k6nige tag. 
Der tag der opferung Christi im tempel, ge- 
nant purificationis .Mariae oder liechtmegtag 45 
Der tag annunciationis Mariae oder concepti- 
onis Christi , da Christus In der jungfrauen 
leib empfangen ist. 

37 Deutsch: Ev. Kgb. Lit. 26. - Lat.: vgl. Brev. 
tlom., Ortlinarium divint Officii ad Vesperas. 
P. Vern. S. 31; P. Aest. S. 22; P. Autumn. 
S. 22; P. Hiem. S. 26f. 
8 Vgl. Brev. 1Rom., ibid. P. Vern. S. 34; P. Aest. 
S. 23; P. Autumn. S. 24; P. Hiem. S. 29. -- 
Deutsch: Ev. Kgb. Lit. 20--23. 
9 Ev. Kgb. Lit. 27. 
40 K1. Katech. Wie man die Einfltigen soil leh- 
ren beichten. Bek. Schr. S. 517 ff. 

Fest des hi. Erzmfirtyrers Stephanus am 26. 
Dez.: vgl. 1R6m. Megb. S. 53--56. 
Fest des hl Johannes am 27. Dez.: vgl. R/Sin. 
Megb. S. 56--59. 
Luthers Hauspostille, hrsg. v. Veit Dietrich 
1544. EA 2 1  6. 
1. Jan. -- Vgl. zu den Festen C. Bertheau, 
ITE36, S. 52--59. 
2 Febr. 
25. Mrz. 

151 



Kirchenordnung 1569 

meine und junge yolk die summa der christli- 
chert lehre desto besser fassen und lernen mSge, 
so soil allezeit auf den d/Srfern des Freytags der 
catechismus einfeltig geleret und geprediget 
werden. 
Well auch gebreuchlich, das die betglocken 
abends, morgends und zu mittage geleutet wet- 
den, so soll das yolk vermanet werden, wenn 
solchs geschicht, das sie ihr gebet zu Gott dem 
Herrn ftir friede 69 und alle zeitliche und ewige 
wolfart thun und ihr gesinde auch darzu hal- 
ten, sie sein im hause, im felde oder wo einer 
ist, und das sie sich des nicht schemen; denn 
es ist Gott ein gefellig und ihnen selbs ein 
ntitzlich werk- 

Wie es mit der meB oder communion 
den d6rfern soll gehalten werden. 
Mel3 oder communio. 
Die sol clef pfarherr un,1 eustos anfahen mit 
einem deudsehen psalmen, wens ihnen allein 
den introitum zu singen zu schxver were 
Darnaeh das deudsche Kyrie 70. 
Darnaeh Allein Gott in der h/She sev ehr ;1 etc 
Darnaeh wende der priester sich gegen dem 
volke und spreehe oder singe: 
Der Herr sey mit eueh 
Antwortet der custos: 
Und mit deinem geiste. 
Darauf folget die collecta oder gebet, wie 
die auf die Sontag und lest verordnet sein, diese 
lieset der priester gegen dem altar. 
Darnach wendet er sich wiederumb gegen dern 
yolk und lieset oder singer nach der gelegenheit 
die epistel deutsch nit ]auter stimm, das die 
kirche die wort vernemen kSnne und hebet an: 
Diese epistel beschreibet der heilig Paulus oder 
N. in N. epistel. 

Nach der epistel singer man einen deud- 
schen psalm, darnach wende sich der pfarrherr 
abermal gegen dem volke und lese oder singe 
das evangelium desselben Sontags oder fests 
und hebet also an: Das heilige evangelium 
beschreibet S. N. im N. capitel. 
Darnach wende er sich wieder gegen den 
altar und singe: Wir gleuben all an einen 
Gott 72 etc., das soil die ganze kirche singen. 
Darauf folget flie predigt, in welcher anfang 
der catechismus yon wort zu wort ganz und 
darnach das evangelium abermal soil gelesen 
und hernach erklert werden, zu ende der predigt 
geschicht das gemeine gebet, wie obstehet. 
Die vermanung in der kirchen, bey der com- 
munion zu bleiben, soil etliche mahl im jahr 
geschehen 
Nach der predigt fehet der pfarherr auf der 
kanzel einen psalm an zu singen 
Auf die hohen fest mag eine deudsche prae- 
ratio gesungen xerden. 
Darnach thut er die vermanung, wie oben 
stehet. 
Darnach singet der pfarherr vor dem altar 
das Vater unser und die wort von der einsat- 
zung des abentmals Jhesu Christi 
Nach den worten des testaments soil man 
singen Jhesus Chrtstus, unser heiland 73 etc. 
und unter diesem gesang die leute communi- 
ciren 
Wenn der communicanten viel sind, singe 
man dieweile auch andere gesenge, als Gott 
sey ge!obet ;4 etc., item den psalm Ich danke 
dem Herrn 5 etc. und zuletzt O lamb Gottes 
unschtildig ;c, etc. oder Christe. du lamb Gottes ; 
Darnach, wenn sie alle communiciert sein, 
sprecte cter pfarterr die collect Wit danken 
dir, allmechtiger Herr Gott 7s etc., item die 

69 Vgl S. 182, Anm. 31. 
T0 Ev. Kgb. Lit. 1- 3. 
71 Wackernagel III, Nr. 616. Ev. Kgb. Nr. 131. 
7- Wackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132. 
73 Wackernagel III, Nr. 10. Ev. Kgb. Nr. 154. 
7 Wackernagel III, Nr. 11. Ev. Kgb. Nr. 163. 

75 Ps 111, im Bapst'schen Gesangbuch (vgl. S. 
142, Anm. 1) Bd. I, Nr. XIX: ,,Der CXI. Psalm, 
den man singen mag, wenn man das hochwir- 
dige Sacrament reicht." 
76 Wackernagel III, Nr. 620. Ev. Kgb. Nr. 55 
77 Ev. Kgb. Nr. 136. 
;s Vgl. S. 149 u. Anm. 30. 

9" 155 



Wolfenbiittel 

benediction Der Herr segne dich etc., wie diI 
alles oben verzeichnet. 
Wenn nicht communicanten da sind, soll es 
mit dem gesang und lection vor der predigt 
aller ding gehalten werden, wie oben beschrie- 
ben Auch soll in der predigt erinnerung trod 
vermanung geschehen, das man ofter zur com- 
munion kommen wSlle. 
Nach der predigt aber soll allein die lita- 
hey 79 gesungen werden und der segen darauf. 
Zuletzt singe man Erhalt uns, Herr, bey dei- 
nero wort 8o etc und Verleihe uns fried gnedig- 
lich 81. 
Weil auch biBhero gebreuchlich gewesen, das 
bey der communion der priester, so meB helt, 
mit dem kirchenornat bekleidet und wachBliech- 
ter auf dem altar angeztindet, so soll es ftirder 
darbey gelassen und also in di/rfern auch ge- 
halten verden. 
Es sollen auch sonst die priester mit ehr- 
lichen und zimllchen langen kleidern jederzeit 
gekleidet sein. 

Nach mittag am Sontae und feyertaen 
auf den d6rfern 
Sollen die leute in allwege darzu gehalten 
werden, das sie wiederumb in die kitchen komen 
und den catechismum hi/ren lesen und handeln. 
Dabey sollen sie singen DIB sind die heiligen 
zehen gebott 82 etc., item Vater unser im himel- 
reich ,93 etc. 
Wo aber dieses umb gewisser ursachen xxlllen 
nicht mi/glich, soll ihnen alle Sontag nach der 
predigt und vor der communion und am Mit- 
wochen vor mittage nach der predigt ein sttick 
aus dem kleinen catechisrno Lutheri yon wort 
zu vort f/irgelesen werden. Und sollen die 
pastores in allwege ftirnernlich darauf bedacht 
sein, das sie die lehre des catechismi mit hi/ch- 
stem vleiB bey ihren pfarkindern treiben und 
pflanzen; denn wie nutz und nStig das sey, ist 
nicht auBzusprechen. 

Von der taufe 
Weil die heilige taufe yon unserm Herrn Jhesu 
Christo selbs eingesetzt und das fundament 
rinsers christlichen glaubens 1st und wir dar- 
durch der heiligen christlichen kirchen, ja Chri- 
sto selbs einverleibt werden trod billich und 
recht ist, das dieselbige ehrlich und mit grosser 
solennitet und andacht und in beysein vieler 
Christen gehalten werde, damit andere leute 
ihrer taufe und der hohen gaben Gottes, als 
der vergebung der stinde, der kindschaft Got- 
tes und der ewigen seligkett, die er dadurch den 
menschen mitteilet, erinnert, auch zum gebet vor 
die kindlein, so getauft, vermahnet werden, so 
wi/llen wir, das in tmserm ftirstenthumb die 
heilige taufe nicht im winkel oder heimlich, 
sondern in facie ecclesiae, in i/ffentlicher ge- 
meiner versamblung geschehen solle. Derowe- 
gen ordnen und setzen wir, das in allen pfarren 
unsers ftirstenthumbs die taufsteine, wo es zu- 
vor nicht were, an eim gelegenen, ehrlichen orth 
und ein tritt oder zween in die hi/he gesetzt 
xverden sollen. Und sollen die leute vermahnet 
werden, xvo es die gelegenheit leiden will, das 
sie ihre kindlein des Sontags und werktags, 
wenn predigt gehalten werden, in die kirchen 
bringen und teufen lassen. 
Es soll aber die taufe an Sontagen des mor- 
gens nach geendigter communion und auf den 
nachmittag kurz nach der predigt und auf 
die werktage alsbald auch nach der predigt, ehe 
flas yolk auB der kirchen gehet, gehalten 
werden. 
Nachdem auch bey etlichen ein bi/ser brauch, 
das sie allein umb des gefreB oder prachts 
Ien die kindertaufe bib in die acht, vierzehen 
rage, dritt und mehr xvochen verziehen, dar- 
durch die kinder versaumpt und etwa unge- 
tauft dahinsterben, sollen hinfuro die eltern 
ihre kinder unverzogenlich zur heiligen taufe 
beftirdern und derhalben kein mangel an ihnen 
erscheinen lassen. 

9 Ev. Kgb. Nr. 138. 
80 Wackernagel III, Nr. 44 ff. Ev. Kgb. Nr. 142 
$1 Wackernagel III, Nr. 35 ff. Ev. Kgb. Nr. 139 

- Wackernagel III. Nr. 22. Ev. Kgb. Nr. 240. 
$3 \Vackernagel III, Nr. 41. Ev. Kgb. Nr. 241. 

156 



Kirchenordntmg 1569 

sen, auf das sie Gottes zorn wieder die siinde 
ftirchten und erkermen lernen und sie darnach, 
wenn sie busse thun und ftirsatz haben, ihr 
leben zu bessern, rnit Gottes wort trSsten und 
einen jeden nach gethaner beicht aus dern be- 
vehl und der zusage Christi insonderheit absol- 
viren und nicht zween, drey oder mehr zugleich, 
wie man etliche rnal erfahren; denn solchs nicht 
gedtildet werden soll. 
Da auch zu zeiten gar einfeltige leute den 
pastorn und beichtvetern ifirkornmen, so sollen 
sie die in ihrern catechisrno fragen und den- 
selbigen recitiren lasen, und wa sie den nicht 
wissen, sie verrnanen, bey straff denselbigen 
zu lernen. Und xviewol ein jeder pastor wird 
wissen, wie er die beichtkinder absolviren soll, 
so volget doch urnb der einfeltigen pastorn win 
len ein form oder zwo, der sich dieselbigen zu 
behalten. 

Forma der absolution. 
Der allrnechtige Gott und Vater unsers Herrn 
Jhesu Christi wil dir gnedig und barmherzig 
sein und wil dir alle deine sfinde vergeben umb 
des willen, das sein lieber Son Jhesus Christus 
daftir gelitten hat und gestorben ist, und irn 
nahmen desselbigen unsers Herrn Jhesu Chri- 
sti, auf seinen bevehl und in kraft seiner wort, 
da er sagt [Mt 18,181: Welchen ihr die sfinde 
erlasset, den seind sie erlassen, spreche ich 
dich aller deiner stinden lrey, ledig und loss, 
das sie dir allzumal sollen vergeben sein so 
reichlch und volnkomrnen, als Jhesus Christus 
dasselbige durch sein leiden und sterben ver- 
dienet und durchs evangeliurn in alle xvelt zu 
predigen befohlen hat. Und dieser trSstlichen 
zusagen, die ich dir jetzt im namen des Herrn 
Christi gethan, der w61lest dich tr6stlich anneh- 
men, dein gewissen darauf zufrieden stellen und 
vestiglich gleuben, deine sfinde sein dir ge- 
wisslich vergeben irn namen des Vaters und 
des Sons unfl des heiligen Geistes. 

Alia absolutionis formula. 
Dieweil alas ihr bekennet, das ihr mit siinden 
behaftet seid und Gott rnit siindigen erzfirnet 
habt und desfals begeret frost wieder des teufels 
anfechtung und ich, zu trSsten arrne sRnders trod 
stinderinnen, verordnet bin, ein diener Gottes, 
nachdem auch Christus zu mLr gesprochen hat 
[Mt 18,18]: Welches stinde ihr vergebet, dem 
sind sie vergeben, item was ihr entbindet auf 
erden, ist entbunden irn hirnel, auf solche zusage 
Gottes und nach seinem bevehl spreche ich euch 
loss yon allen euren stinden alhie in der stette 
Gottes irn rahmen des Vaters und des Sohns 
und des heiligen Geistes. Amen. 
Gehet bin irn friede und sttndiget nicht rnehr. 

Nachdern auch zur beicht nicht allein gott- 
selige und fromrne, sondern auch unbuferttge 
leute zun zeiten kornrnen, werden sich gegen 
dieselben die prediger rnit ernstlicher verrna- 
hung und erinnerung der gebiir nach xvol wissen 
zu verhalten, und da sie nicht besserung ver- 
heissen, sie xveder absolviren noch zur commu- 
nion lassen sollen: dann Christus nicht allein zu 
16sen, sonder auch zu binden befolen hat. 

Von vertrauen und senen brant und 
breutiam. 
Nachdern tier ehestand auch eine sonderliche 
gottesordnung ist, dadurch das rnenschlich ge- 
schlecht erhalten und dem allrnechtigen eine 
ktrche auf dieser welt gesarnlet wird und aus 
vielen christlichen ursachen n6tig, das die zu- 
samrnenffigung der eheleut 6ffentlich und in 
der gerneine geschehe, darnit nicht alleine der 
ehestand soviel desto ehrlicher gehalten, son- 
dern auch alle verbottene vermischung desto 
bag rn6gen verhfitet verden. so ordnen vir, das 
die personen, so zusarnen sollen gegeben xver- 
den, zwein Sontag oder feyertage zuvor von der 
kanzel aufgebotten werden, ungefehr rnit den 
vorI:en 99. 

9.9 Vgl. zum folgenden Abschn. K1. Katech. Ein 
Traubtichlein ftir die einfiltigen Pfarrherrn. 
6. Bek. Schr. S. 530. 



Wolfenbiitel 

Hans N und Greta N. wbllen nach gbttlicher 
ordnung zum heiligen stand der ehe greifen, be- 
gem des ein geinein christlich gebet vor sie, 
alas sie es in Gottes nainen anfahen und wol 
gerahte Und hette jemand was darein zu spre- 
chert, tier thue es bey zeit oder schweige her- 
nach. Gott gebe ihnen seinen segen. 
Und dainit der ehestan:l desto ehrlicher ge- 
halten werde, so ordnen wir, das die zusaininen- 
ftigung der personen in stedten und dbrfern, 
so ehelich werden wbllen. 5ffentlich in der 
kitchen geschehe 1 vor der geineine, welchs auf 
einen gelegenen werktag nach gehaltener pre- 
digt geschehen Inag. Und soll bey der copulation 
braut und breutigains ungefehrlich nachvolgen- 
der proceB gehalten werden 
Erstlich soll ein pastor den breutigain und 
die braut nainhaftig nachinals aufpieten auf 
volgende und dergleichen weise: 
Es sein alhie gegenwertig N und N., welche 
sich in den ehelichen stand nach gbttlichein 
willen zu begeben bedacht sein, auch derove- 
gen nach gebrauch diser kitchen 6ffentlich von 
der kanzel abgektindiget worden, wil sie auch 
nochmals zuin uberfluss aufgebotten haben, ob 
jeinand were, der einrede hette und gute ur- 
sachen wiiste ftirzubringen, dainit diese ange- 
fangene ehe nicht In6chte vor sich gehen, das 
er bey zeiten spreche oder schxveige hernach- 
Inals. 
Taceat paulisper, postea pergat 
Deinnach sonst lange keiner gefunden, auch 
noch zur zeit nicht vorhanden, der emige ein- 
rede hat, dardurch diese ehe zwischen jetztge- 
nanten personen Inbchte verhindert werden, so 
sol auch hernach keiner zugelassen werden, 
besondern, was alhie volnzogen xwrd, sol sich 
kein mensch understehen zu verendern 
Darnach sol die vertrauung geschehen Init 
volgenden oder dergleichen worten: 
Hans, ihr stehet alhie und begeret gegenwer- 
tige Margareten zu nehinen zu euer ehelichen 

haussfrauen, Init ihr nach Gottes bevelch und 
willen zu leben, euch auch von thr nicht zu 
scheiden, es sey dann, das euch der todt scheide. 
Ist solches noch euers herzen wille und Inei- 
hung, so bekennets alhie vor Gottes angesichte 
und in gegenwertigkeit tier geineine und saget: 
Ja_ 
Dicat: Ja. 
Margareta, ihr stehet alhie und begeret ge- 
genwertigen Hansen zu nehinen zu eurein ehe- 
lichen Inanne, Init thin nach Gottes bevelch und 
willen zu leben, euch auch von thine nicht zu 
scheiden, der todt scheide euch denn. Ist solches 
euers herzen wille und Ineinung, so bekennets 
alhie und sager: Ja 
Dicat: Ja. 
Hie 2 lasse er sie ein dein andern die trauringe 
geben und ftige ihrer beider rechte hende zusa- 
Inen und spreche: 
XVas Gott zusainenftiget, sol der Inensch nicht 
scheiden 
Darnach spreche er vor allen in geinem: 
XVeil Hans N und Margareta sich untereinan- 
der zur ehe begeren und solchs alhie 6ffentlich 
ftir Gott und dieser christlichen geineine beken- 
hen, sich auch darauf unter andern die hende 
und trauringe gegeben haben, so spreche ich 
sie ehelich zusainen iin nainen des Vaters. des 
Sons und des heiligen Geistes. Ainen. 
Nach solchein soil der prediger die neuen ehe- 
leute lassen vor dein altar niederknien und 
nachfolgendes uber sie lesen [Gen 2,18--24]: 
Und Gott der Herr sprach: es ist nicht gut, 
das der Inensch alleme sey, ich wil ihin ein 
gehtilfen Inachen, die uinb ihn sey. Da liess Gott 
der Herr einen tiefen schlaff fallen auf den Inen- 
schen, und er entschlief, und nain seiner rieben 
eine und schlos die stedte zu Init fleisch. Und 
Gott der Herr bauet em weib aus der riebe, die 
er yon dein Inenschen nam und brachte sie zu 
ihm. Da sprach der mensch: Das ist doch bein 
yon Ineinen beinen und fleisch yon Ineinein 

1 Zuin Folgenden vgl. H6fling, S. 173 f. Anin. 1. 
2 Zum Folgenden vgl. wieder Traubtichlein. 8 

168 

--16. Bek. Schr. S. 531--534, dazu Hbfling, 
S 176-- 183. 



Wolfenbiittel 

Von besuchung der kranken. 
Demnach hoch und viel daran gelegen ist, das 
ein kranker mensch in seiner krankheit wol 
unterrichtet und getr6stt werde und solchs 
ftir allen dingen auch ins predigampt geh/Sret 
und den pfarherrn als den seelsorgern zustehet, 
so sollen auch alle pastorn aus obligendem ampt 
sich sonderlichen zum h/Schsten beflessigen zu 
wissen, wie sie sich bey kranken halten sollen, 
nemlich sie erst underrichten, da es die zeit 
erleiden wil, wie ein Christ seine krankheit an- 
sehen soll. warumb i_hm dieselbige von Gott 
zugeschicket werde, was Gott darinne suche 
trod wie man sich in solcher krankheit christ- 
lich halten solle. 
Zum andern die kranken auch nicht allein 
gegen die schmerzen und schwacheit des leibs, 
sondern auch allerley invendige anfechtung des 
herzen tr/Ssten; denn die zwey stfick sein beider- 
ley niStig bey kranken lenten, damit sie sich 
in ihrer krankheit guts zu Gotg versehen ler- 
nen und desto besser zu friede und gedult be- 
geben m6gen. 
Und wiewol vor unniStig geachtet, von diesen 
stricken an diesem oft weitleuftig zu handeln, 
weil sonst von vielen gottffirchtigen, hochgelar- 
ten leuten davon geschrieben ist, als nemlich 

D. Martino Luthero, Urbano Regio, Pfeffingero, 
Huberino, Wellero 4 und andern mehr, so wS1- 
ten wit doch umb der einfeltigen pastorn willen 
ein kleine anleitung vermelden. 
Wenn ein pfarherr von einem kranken ge- 
fordert wird, ihne zu underrichten, zu trsten, 
zu absolviren und das heilige sacrament des 
altars zu reichen, so soll er sich mit sonder- 
lichem vleil erstlich erkfinden bey den, so umb 
den kranken sein, auch yon ihm selbs, ob er 
uber die leibliche schwacheit auch innerliche be- 
schwerung und anfechtung habe, als ob er 
mit befindung seines schwachen glaubens und 
unwirdigkeit angefochten werde oder sonst eine 
besondere anfechtung und anligen habe. 
Ob er mit betrachtung seiner grossen marmig- 
faltigen sfinden beschweret, ob er mit den 
schrecken des zorns Gottes, des ewigen todes 
und ewigen verdamnul beengstiget, ob er uber 
den abschied yon dieser welt und den seinen 
bekfimmert oder andere dergleichen anfechtung 
in seiner conscientien babe. 
Wenn er nun also nach solcher vleissiger 
erforschung erfahren, worinne der kranke zum 
hbchsten angefochten wird, so soll er auch 
seine underrichtung und trost dagegen stellen, 
damit er dem patienten solche anligende be- 

,,Etliche Trostschrifften vnd predigten, fur <tie 
so in rods nmd ander not x-nd anfechtung sind. 
Doct. Mar. Luth." Gedruckt zu Wittenberg 
1545. Vgl. WA 7, S. 779 ff. -- Vermutlich auch: 
TrSstlicher Unterricht, wie man in Leibes- 
schxvachheit der Kleinm/ithigkeit und andern 
Anfechtungen des Teufels begegnen und steu- 
ern mSge. 1534. Eine Nachschrift von Veit 
Dietrich, die Ludwig Rabus im 4. Tell seiner 
Historie der hell. auserwihlten Gotteszeugen 
drucken liel, und die dann in <tie 'Sammlungen 
der Schriften Luthers aufgenommen wurde 
Vgl. EA 64, S. 300 ff. Vgl. auch WA 41, S. XXIV f. 
u. 301 ff. -- Urbanus Rhegius: Seelen Ertzney 
fir die gesunden vnd krancken in todes 
nbten. 1529 (Urbani Regii, Deutsche Bficher 
vnnd Schrifften. 1562. 3. Theyl, III, S. XI ff.) 
Lat. Uebersetz. v. J. Freder 1537. Vgl. dazu 
H- Beck, Die Erbauungsliteratur der ev. Kir- 
che Deutschlands. 1883, S. 72f., auch RE316, 
S. 739. -- Joh. Pfeffinger: vermutlich ,,Trost- 

170 

bfichlein aus Gottes Wort inn mannicherley 
md schweren fellen." 15 (517). Lat. Ausgabe 
I57 Vgl. H. Beck, a.a.O.S. 104f., F. Seifert 
i. Beitr. z. Sichs. KG, 4. H. 1888, S. 159 Anm. 1. 
-- Caspar Huberinus: Vom Zorn vnd Gfitte 
Gottes. 1529; 1534 mit einer Vorrede Luthers 
versehen, vgl. XVA 38, S. 315ff. Ueber die 
Schrift selbst vgl. H. Beck, a.a.O.S. 173f., 
auch RE38, S. 415. Beck, S. 180, erwihnt noch 
eine kleinere Schrift von Huberinus: Anlei- 
tung, wie man die Kranken trSsten soll und 
wie die von der Obrigkeit zum Tode ver- 
urteilten Gefangenen zu trSsten sind. Nfirn- 
berg 1542. -- Hieronymus Weller: Auslegung 
des 27. und 121. Psalms sammt einen schbnen 
Unterricht, vie auch andere Psalmen nfitz- 
lich mSgen gelesen werden, it. Auslegung des 
trstlichen Spruchs Matth. 11. it. Trost in 
langwierigen schwecen Kranckheiten. Nfirn- 
berg 1559 (Vgl. Teutsche Schrifften, 1702, 2. 
Einth. S. 92 b ff.). 



Kirchenordnung 1569 

schwerung aus dem sinne bringen rnSge und 
doch nicht viel spriiche auf einen haufen werfen, 
sondern wenig und aulerlesene, liebliche sprtiche 
ffihren, damit sie der kranke, betriibte rnensch 
desto besser fassen mSge. 
Es sol aber, indem solchs alles geschicht, 
das volk, so im hause versamlet, von dem 
kranken abtretten, damit der pfarherr mit ihrn 
msonderheit und im geheim reden rnSge. 
Nach gethaner und gehSrter beicht soll er 
ihne auf sein bitte und begern im amen 
und aus dem bevelch Jhesu Christi absolviren, 
wie kurz zuvor vermeldet und ihn darnach 
aberrnal ermahnen zum bestendigen, warhaf- 
tigen glauben auf die zusage Gottes und ver- 
dienst Jhesu Christi zur gedult, hoffnung und 
embsigern gebet ira narne Jhesu Clristi, und das 
er jederrnenniglich, tier ihme zu nahe gewesen, 
gerne und williglich vergeben solle, gleich 
er wolte, alas ihme yon Gott wiederfahren solle 
Und weil auch billich, das warm ein kranker 
soil communiciret werden, dab das gesinde, die 
freunde und nachbauren zu dieser action ge- 
fordert werden, so sol solches allenthalben 
also gehalten werden, damit keine winkelmel 
daraul werden mSge, und sol alBdann nach 
gesprochener absolution uber den kranken auch 
eine kurze vermanung geschehen an das volk 
zum ernstlichen gebet fiir den kranken auf 
diese oder dergleichen forma: 
Lieben freunde, demnach xv.r befinden, das 
unser lieber bruder (oder liebe schwester) in 
Christo mit schxverer schvacheit oder grossern 
schmerzen beladen und wir ihme in dem allem 
nicht besser dienen kSnnen, denn mit unserm 
christlichem gebet, so wil ich euch alle sampt- 
lich verrnahnet haben, ihr wSllet euer gebet 
zusammen thun und rnit diesem eurern kranken 
N. N. Gott anruffen und bitten, Gott wSlle ibm 
in seiner schweren krankheit zu hi]If kSmmen, 
irn glauben sterken, in rechter anruffung Got- 
tes und christlicher gedu!t erhalten und in 
dieser seiner krankheit verleihen, was ihme 
nutz und nat ist an leib und seel, hie zeitlich 
und hernachmals ewiglich, sonderlich, das ihm 
Gott gnade verleihen vSlle, das er das heilige 

sacrament wirdiglich empfangen mSg zu ster- 
kung seines schwachen glaubens, zu trost sener 
betrbten conscientien etc., und also mit uns 
beten auf Gottes Oevelcla und seine gnedige 
zusage yon grund des herzen ein andechtigs 
Vater unser etc. 
Man mag in solcher vermanung nehmen das 
exordium a dicto Christi Matth. 18 [19f.]: Ich 
sage euch, so zwen under euch eins werden auf 
erden, warurnb es sey, alas sie bitten wSllen, das 
sol ihnen yon meinem Vater im hirnel wiederfah- 
ren; denn wo zwen oder drey versamlet sein 
in meinem namen, da bin ich mitten unter ihnen, 
und also dirigirt werden ad orationern Deo offe- 
rendam pro aegrotante, oder auch von andern 
schSnen sprOchen der schrift, und doch entlich 
dahin gericht, dal das yolk zum gebet ver- 
mahnet. 
Auf solche verrnanung sol der pfarherr das 
Vater unser sprechen fein laut, damit die kran- 
ke person und alas ganze yolk rnitbeten kSrme, 
spreche auch darauf: Der allrnechtige Gott wSlle 
unser gebet gnediglich erhSren. Amen. 
Es mag auch alhie ein pfarherr zur erinnerung 
des kranken die artickel des glaubens erzelen 
nach gelegenheit der zeit und personen_ 
Darnach, wenn man einen tisch rein ehrlich 
mit reinen tichern und mi brodt und wein 
zu der communion zubereitet, so recitire der 
pfarherr das erste theil der xvOrter Christi 
yon der einsatzung des abendmals. 
Unser Herr Jhesus Christus in der nacht, da 
er verrahten vard, nam er das brodt, danket 
und brachs und gabs seinen jtingern und sprach: 
Nemet hin und esset, das ist mein leib, der fir 
euch gegeben xvird, solchs thut zu meiner ge- 
dechtniss. 
Auf diese wort reiche man dem kranken den 
leib des Herrn Jhesu Christi. 
Darnach recitire er das ander theil der wSrter 
Christi yon der einsatzung des abendmals. 
Desgleichen nam der Herr Jhesus Christus 
auch den kelch nach dem abendmal, dankte und 
gab ihnen den und sprach: Nemet hin und trin- 
ket alle darauss, dieser kelch ist das neue testa- 
ment in meinem blute, das vor euch vergossen 

). 171 



Woenbfittel 

wird zur vergebung der sfinde. Solches thut, 
so oft ihr es trinket, zu memer gedechtniss. 
AuI diese wort reiche man dem kranken das 
blut Jhesu Christi. 
Darnach spreche der pfarherr: 
Last uns beten. 
Christe 5, du lamb Gottes, der du tregst die 
stinde der welt, erbarm dich unser. 
Christe, du lamb Gorges, der du tregst die siin- 
de der welt, erbarm dich maser 
Christe, du lamb Gottes, der du tregst die siin- 
de der welt, gib uns deinen ewigen frieden. 
Amen. 
Wir 6 danken dir, allmechtiger Herr Gott, 
das du uns durch diese heilsame gabe hast er- 
quicket und bitten deine barmherzigkeit, du 
wSllest uns solches gedeyen lassen zu starkem 
glauben gegen dir und zu herzgrtindlicher liebe 
under uns allen umb Jhesu Christi, unsers Herrn 
willen. Amen. 
Addatur benedictio [Num 6,24--26]. 
Der Herr segne dich und behtite dich 
Der Herr erleuchte sein angesicht uber dir 
and sey dir gnedig. 
Der Herr erhebe sein angesicht auf dich mad 
gebe dir seinen ewigen frieden durch ,Thesum 
Christum, unsern Herrn- Amen. 
Nach solchem allem kan der pastor seinen 
abschied yon dem kranken nehmen mit diesen 
oder dergleichen worten: 
Lieber freund, demnach ihr aus Gottes wort 
getr6stet und dutch eine fr61iche absolution log 
gesprochen yon allen euern stinden, auch zu 
mehrer sterkung euers glaubens mit dem leib 
und blut Jhesu Christi erquicket und also al- 
lenthalben gnugsam vergwisset seid, das euch 
alle euer stinde warhaftigen verziehen und ver- 
geben sein und das ihr in gnaden Gottes ste- 
hen und wir alle samptlich mit euch euer sache 
Gott im himel, euerm lieben Vater, auf seine 
gnadenreiche zusagen befehlen, so wird er auch 
sonder zweifel euer krankheit als ein frommer 
Gott und Vater zum allerbesten wenden, als es 

euch nutz und gut ist an leib und seele. Dar- 
umb seid getrost und sprechet immerdar: Herr, 
himlischer Vater, hie bin ich, dein liebes kind 
und dein diener (oder dienerin), machs mit 
mix nach deinem willen, alleine ftihre reich icht 
m versuchung, sondern erl6se reich vgn allem 
ubel. Amen. 
Und weil ihr euch also fr61ich zu Gott ganz 
trod gar begebet, so wtinsche ich euch, Gott 
w611e euch in solchem glauben, gedult, boll- 
hung und anruffung gnediglich erhalten durch 
Christum, tmsern Herrn- Amen. 
Friede sey mit euch. Amen. 
Es sollen auch die pfarrer nicht underlassen, 
die kranken nach derselbigen gelegenheit, da 
sie schwach und kleinmtitig, oft zu besuchen 
und sie mit Gottes wort tr6sten, das sie die 
krankheit mit gedult tragen und den anfech- 
tungen durch die gnad Gottes ein wiederstand 
thun m6gen, wie sich der person gestalt nach 
ein jeder kirchendiener wol wird wissen zu 
verhalten. 

Von besuchurg, erinnerung, vermanung 
und trost der gefangenen, so das leben 
verwirket haben. 
Es ist ein grosser jammer gewesen, das man 
im bapsthumb an etlichen 6rten solche arme 
leute weder mit der absolution noch mit darei- 
chung des abendmals des Herrn getr6stet hat, 
dadurch die arme leute in solche zweifelmutige 
gedanken getrieben sind, weil sie durch ihre 
mighandlungen den leiblichen todt verdienet, 
als ob sie derhalben auch yon Gott verstossen 
und yon aller gemeinschaft der christlichen 
kirchen abgeschnitten weren_ Well abet keine 
stinde so grog und schwer, die den bugfertigen 
nicht m6ge vergeben werden, auch keine be- 
kerung zu langsam und spat, wenn sie nut in 
diesem leben, auch am allerletzten, geschicht, 
wie solchs der Son Gottes selber mit einem 
herlichen sch6nen exempel an dem m6rder, so 
neben ihm am kreuze hieng, bezeuget hat [Luk 

5 Ev. Kgb- Nr. 136. 
 H6fling, S. 68. 

172 



Kirchenordnung 1569 

23,43], derhalben sollen die prediger solche arme 
leute ihnen firnemlich lassen befohlen sein, 
und weil sie der teufel also zu falle ge- 
bracht, sie auch nun nicht mehr lange zeit 
und gelegenheit zur christlichen bekerung 
haben, sollen die prediger allen vlei8 
wenden, das sie zu wahrer buB gebracht, 
dutch den glauben an Christum getrSstet und 
gesterket, sich mit gedult und kindlichem ge- 
horsam in die straff, so sie mit ihrer missethat 
verwirket, andern zum exempel ergeben mSgen. 
Auch gebtiret christlicher oberkeit nicht allein. 
am leibe die ubeltheter zu straffen, sondern 
auch dahin zu trachten, das die arme seele 
gerettet und also beide, leib und seele, dem 
lieben Gott aufgeopfert mSge werden. 
Sollen derwegen solche arme leute etliche 
tage zuvor, ehe sie abgethan sollen werden, 
an einen gelegenen orth, da die prediger rait 
dem worte und sacramenten nach notturft mit 
ihnen handeln kSnnen, gebracht und die seel- 
sorger zu ihnen gefordert werden. Ehe dann 
abet der prediger anhebet, mit ihnen zu han- 
deln, sol er sich befleissigen, das er durch kurze 
fragen erkfinden m6ge, wie den arraen leuten 
zumuth und sinne sey. Derm wenn er sie fragen 
wird, wie sie darzu kommen? Warumb sie da 
gefangen liggen?, so werden etliche ihre mis- 
sethat nicht bekennen w611en, etliche werdens 
entschuldigen oder uber andere leute, dutch 
die sie darzu gebracht, klagen. Etliche werden 
sich mit ungedult vernehmen lassen, als ge- 
schehe ihnen zu viel. Etliche werden frech 
und trotzig sein Etliche aber werden sich also 
erzeigen, das man am worten und geberden ver- 
nehmen kan, das sie sehr bekummert, voll 
leides und jammers sein Nachdem nun der 
prediger solche arme leute befindet, sol er gegen 
ihnen nach gelegenheit und notturft brauchen 
erinnerung, straff, vermanung, warnung, trost 
etc. Es soil aber solches alles aufs einfeltigst 
gerichtet werden auf diese drey hauptstfick: 
Erstlich, das die arme leute zu wahrer er- 
kant-nil3 ihrer stinde und Gottes zorns uber die 
stinde geffihret mtigen werden, nemlich das 
ihre mil3handlung nicht allein wider die welt- 

liche oberigkeit, sondern fOrnemlich wieder Gott 
im himel sey, und das sie nicht allein in der 
oberigkeit haften sein zur leiblichen straff, son- 
dern das sie fiirnemlich in Gottes stricken und 
banden liggen zum ewigen verdamnul, welchs 
ohne zweifel auf den zeitlichen todt volgen 
werde, wo sie sich nicht warhaftig zu Gott 
bekeren. Und sol sonderlich ihnen mit vleil3 
diJ3 firgehalten werden, weil sie Gottes warnung 
und drauung in seinem worte entweder nicht 
hSren oder sich daran nicht haben keren wSl- 
len, das Gott sie nun dutch die obrigkeit, als 
seine dienerin, habe mit seinem gerichte ge- 
fasset und angegriffen, das sie es greifen und 
ffilen sollen, das er ihrer mil3handlungen halben 
ernstlich zfirne und nach dem zeitlichen urtheil 
der obrigkeit auch sein ewiges gericht uber 
sie ergehen wSlle lassen, wo sie nicht rait ihn 
versSnet werden. 
Zum andern sollen die prediger ihre under- 
redungen mit den armen leuten ffirnemlich rich- 
ten zura wahren bestendigen trost Und werden 
die prediger wol merken k6nnen, ob das schrek- 
ken und bekfimmernifi bey den armen leuten 
raehr des schmehlichen todts denn des gewis- 
sens halbert sey, das sie fiirnemlich ihre erin- 
nerung dahin richten, das die arme leute vor 
allen dingen darauf denken sollen, das sie in 
ihrem gewissen mit Gott m6gen versSnet wet- 
den, velchs aus der lehre des evangelii soil 
genoramen werden, das Gott nicht lust babe an 
des sfinders todt. das Christus aller welt sind 
getragen [Fm 5,8] etc Und sollen sonderlich 
die arme leute erinnert werden, das sie eben 
in diesem Jhrem gefengnul3 Gottes gnade gegen 
sie erkennen und spfiren k6nnen. Denn wo sie 
frey weren hingangen, weren sie in solchen 
sinden geblieben und sich mit Gott nicht viel 
bektimmert. Wenn nun Gott mit seinem ge- 
richte sie ubereilet, das sie auf frischer that 
weren erwtirget worden, so hetten sie doch 
ewig must verloren werden. Nun aber habe sie 
Gott zur bul3 geffiret und an solchen orth ge- 
bracht, do sie mit Gottes wort unterrichtet und 
getrSstet kSnnen werden und noch zeit zur be- 
kerung haben m6gen Wenn nun also das ge- 

173 



Wolfenbfittel 

wissen von warem frost berichtet, sol ihnen 
zur bestettigung und vergvissung solchs tro- 
stes die absolution und das abendmal des Herrn 
mitgeteilet werden, und dasselbige einen tag 
oder zwen zuvor, ehe sie abgethan sollen 
werden 
Zum dritten sollen die prediger darauf se- 
hen. das die armen leute vleissig vermanet 
werden, das sie sich mit christlicher gedult, 
demuth und gehorsam in die straff, so sie mit 
ihrer mil3handlung verwirket, ergeben sollen. 
Dasselbige abet soll nicht also geschehen, wie 
man im bapsthumb solche leute gelehret hat. 
das Gott ihren schmelichen todt ftir ihre sfinde 
als eine gnugthuung annemen werde, denn 
dasselbige geh6ret allein dem leiden, todt und 
sterben des Herrn Christi, sondern das sie sol- 
chert todt als eine verdiente straffe ihrer sfinde, 
ihnen yon Gott auferlegt, gehorsamlich tragen 
sollen. Denn wo sie ihre sfinde, damit sie 
solchen todt verschfildet. varhaftig erkennen 
und darnach Gott dutch Christum umb ver- 
gebung bitten, sollen sie berichtet werden, das 
sie nicht allein wie diebe oder mSrder sondern 
auch wie Christen leiden. Und das sie ihre 
herzen desto besser mit gedult fassen mSgen, 
sollen ihnen diese stfick ffirgehalten werden: 
Erstlich, das es Gottes straffe sey, der nach 
seinem w/lien dieselbige ihnen auferlege, und 
wie vorhin sie in der sfinde Gott ungehorsam 
gewesen, das sie nu wiederumb durch gedult 
der straff in seinem gehorsam sich ergeben 
Zum andern, xveil der alte Adam sie verfOh- 
ret, das sie denselbigen nun dem lieben Crott 
wiederumb in gehorsam zur straff ergeben, derm 
also xvird es Gott ein gefelliges opfer, und Gott 
wil nun ihrem b6sen fleisch und blur wehren, 
das es die arme leute nicht mehr so verffihren 
soil. Zum dritten, das durch solch ihr exempel 
viel werden gewarnet werden, das sie Gott 
ffirchten, vor sfinden sich hfiten und davon ab- 
lassen, das also durch solchen ihren todt Gott 
geehret und vielen damit gedienet wird etc. 
Es sollen auch die prediger vleissig handlen, 
das die arme leute yon herzen vergeben allen 

menschen, sonderlich die sie entwedder zu dem 
falle oder in die haften gebracht haben, ftirnem- 
lich aber, das sie keinen ungedtildigen wieder- 
willen wieder die oberkeit oder derselbigen 
diener von vegen der straff fassen, haben oder 
behaltep, mSgen Und alas der rechte glaube und 
wahrer trost durch den anblick der zunahenden 
straff und marter ihnen nicht entfallen mSge, 
sollen die prediger sich nicht schemen, mit 
ihnen zu gehen, wenn sie aufigeffihret werden. 

Von begrebnussen. 
"Weil die sepult-urae oder begrebnil bey den 
alten vettern und dem volk Gottes allezeit 
ehrlich sein gehalten worden, denn sie sein 
erinnerung der kfinftigen aufersehung, auch 
die kirch6fe oder gottesacker, da die Christen 
ruben, billich befriedet sein sollen, und wiewol 
es denen, so zur kitchen gehen, allerley gute 
gedanken und erinnerung gibt, wenn das be- 
grebnu bey der kitchen ist, jedoch ists an 
etlichen 6rten aus vielen ursachen nutz und 
gut. das die kirch6fe ausserhalb den stetten sein, 
sonderlich da die kirch6fe in der stadt keinen 
grossen platz haben, so ordnen wit, das die 
kirch6fe in und vor den stetten, auch auf den 
d6rfern, sollen dermassen befriediget werden, 
also das kein vihe daraufgehen noch schaden 
thun k6nne, und da es die notturft erfordert, 
ausserhalb den stetn an einen gelegen orth 
kirch6fe oder gottesacker zugerichtet werden. 
Und weil in den reformirten kitchen eine 
16bliche gewonheit ist, das die kindelein, so 
ohne die taufe hinsterben, nicht auf einen son- 
derlichen ktrchoff, sondern neben andere Chri- 
sten begraben werden auf den gottesacker, und 
xvir auch dasselbige christlich achten und ohne 
ergernu3 wol geschehen kan, so wSllen 
das solchs auch in alien kitchen unsers ffir- 
stenthumbs also soll gehalten werden, den from- 
men eltern zu trost. 
Und weil gebreuchlich, das die todte k6rper 
ehrlich und mit christlichen gesengen zur erden 
bestettiget xverden, so solle an den 6rtern, da 

174 



Kirchenordnung 1569 

schiller seind, dieselbige vorher und die pasto- 
res, oder da keine schtiler sein, der pastor und 
ktister ffir der leiche gehen und singen ein 
geistlich lied oder zwey: 
Mitten wir im leben seind 7 etc. 
Mit fried und freud 8 etc. 
Responsorium: Si bona suscepimus 9 etc 
Aus tiefer noth 10 etc. 
Erbarm dich mein, o Herre Gott 11 etc. 
Wtr gleuben 1 etc. 
Nu lasset uns den leib begraben 13 etc. 
Nach der leich sollen mann und frauesper- 
sonen ordentlich volgen. 
Und wenn sie auf den kirchoff kommen und 
die Ieiche zur erden bestettiget vorden und 
die mit der leich gangen, ihr almusen in got- 
teskasten gegeben, sol der kirchendiener ftir 
den altar tretten und durch ihne em kurze ver- 
manung geschehen yon serbligkeit und schva- 
cheit des menschlichen geschlechts, yon ursa- 
chen der sfinde und todts, yon erlSsung, so 
durch Christ"m, Gotts Son, unsern heiland, ge- 
schehen, und yon auferstehung der todten 
oder dergleichen. 
Und mSgen die themata der vermanung, wenn 
ein kindlein begraben wird, genommen werden: 
Ex Math. 18 [3]: 
Es sey dann, das ihr werdet als dieser klei- 
hen kindlein ein, so werdet ihr ins himelreich 
nicht kommen. 
Ex 5.Iath. 19 [14]: 
Lasset die kindlein zu mir kommen etc. 
Ex Sapientiae lib. 4 [4,7]: 
Der rechtfertige, ob er gleich allzu zeitlich 
stirbet, so ist er doch in der ruhe 
Ex Esaiae 26 [57,1]: 
Der rechtfertige wird weggeraffet etc. 
Ex Galat. 3 [26]: 
Ihr seid allzumal kinder Gottes dutch Jesum 
Christum etc. 

Ex Ephes. 2 [3]: 
Wit weren allzusamen kinder des zorns Got- 
tes als die andern etc. Abet aul gnaden seid ihr 
seIlg worden durch den glauben, und solchs 
nicht aul euch, Gottes gabe ists, auf das sich 
niemand zu berhiimen habe. 

Venn aber ein alt mensch begraben werden 
sol, so k6nnen die themata der vermanung ge- 
nommen werden: 
Ex Psalm. 39 [5]: 
Herr, lere reich, denn es ein end mit mir 
haben wird. 
Ex Psalm. 90 [12]: 
Lehre uns bedenken, das wit sterben mtissen, 
auf das wir verstendig werden 
Ex Iob 14 [1]: 
Ein mensch, geborn yon einer frauen etc. 
Ex Iob 19 [25]: 
Ich weiI, das mein erl6ser lebt. 
Ex Esaiae, cap. 56 [57.1]: 
Der gerechte k6mpt umb. und niemand ist, 
der es zu herzen heine, und heilige leute etc. 
Ex Daniel. 12 [2]: 
Viel, die under der erden ligen und schlaffen, 
werden aufwachen etc. 
Ex Ecclesiasticis, cap. 7 [1]: 
Der tag des todts ist besser etc 
Ex cap. 9 [12]: 
Der mensch weiJ3 seine zeit nicht etc. 
Ex Syracidis, cap. 5 (Sir 5,8]: 
Verzeuch es nicht, dich zum Herrn zu beo 
keren etc. 
Item cap. 17 [21]: 
So bekere dich zum Herrn, verlaI dein sfind- 
lich leben etc. 
Ex cap. 38 [16]: 
Wenn einer stirbt, so beweine ihn etc. 
Item ex cap. 40 [1]: 
Es ist ein elend und jemerlich ding etc. 

7 Wackernagel III, Nr. 12. Ev. Kgb. Nr. 309. 
8 Wackernagel III, Nr. 25. Ev. Kgb. Nr. 310. 
9 Vgl. Hdbuch d. dtsch, ev. Kirchenmus. 1. 
Bd., 1. T. 1941. Nr. 312 u. 315. -- (Pesponsorium 
aus Hiob 2,10.). 

10 Wackernagel III, Nr. 6. Ev. Kgb. Nr. 195. 
11 Wackernagel III, Nr. 70. 
12 Wackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132. 
13 Wackernagel III, Nr. 396. Ev. Kgb. Nr. 174. 

175 



Kirchenordnung 1569 

lich dardurch selig verden durch Jhesum Chri- 
stum, deinen Son, unsern Herrn. Amen. 
Ein ander. '4 
Wit danken dir, Herr Gott, himlischer Vater, 
dutch Jhesum Christum, deinen lieben Son, das 
du uns diese nacht ffir allem schaden und fahre 
behtitet hast, und bitten dich, du w611est uns 
diesen tag auch behtiten ftir stinden und allern 
ubel, das dir all unser thun und leben gefalle. 
Denn wir befehlen uns, unsere leibe und seelen 
und alles in deine hende Dein heiliger engel 
sey mit tans, das der b6se feind keine macht an 
uns finde umb desselbigen Jhesu Christi, deines 
Sons, unsers Herrn, willen Amen. 
Ein ander. 
Herr Gott, himlischer Vater, der du uns dei- 
hen Son geschenket und durch ihn uns vom 
reich des teufels erl6set hast, wit bitten dich, 
du w611est uns bey deinern wort erhalten, in 
aller noth und angst uns damit trbsten, was wit 
taxvider gethan, gnedig vergeben, durch dei- 
hen heiligen Geist uns heiligen und entlich 
selig rnachen, auf das wit deine gnade und 
barrnherzigkeit in ewigkeit rhtimen und prei- 
sen mbgen durch Jhesum Christum, deinen Son, 
unsern Herrn. Arnen. 
Ein ander.  
Wir danken dir, Herr Gott. himlischer Vater, 
dutch Jhesum Christurn, deinen lieben Son, das 
das uns diesen tag gnediglich behtitet hast, 
Jxnd bitten dich, du wSllest uns vergeben alle 
unsere stinde, wo xvir unrecht gethan haben. 
trod uns diese nacht auch gnediglich behtiten. 
Denn wir befehlen uns, unser leib und seele 
und alles in deine hende Dein heiliger engel 
sey rnit uns, das der bSse feind keine macht 
an uns finde urnb desselbigen deines Sons, 
Jhesu Christi, unsers Herrn willen Amen. 

Ein andr. 
Herr Gott, himlischer Vater, der du aus veter- 
licher liebe gegen uns arme stinder deinen 
Sohn uns geschenket hast. das wir an ihn gleu- 
ben und durch den glauben sollen selig werden, 
wir bitten dich, gib deinen heiligen Geist in 
unsere herzen, das wit in solchern glauben bis 
an unsere ende beharren und ewig selig ver- 
den durch Jhesum Christum, deinen Son, unsern 
Herrn Amen. 

Ein ander. 
Herr Gott, himlischer Vater, der du deinen 
Sohn, unsern Herrn Jhesum Christum in diese 
welt gesandt hast, das er des teufels tyranney 
wehren und uns armen menschen wider sol- 
then argen feind sol schtitzen, wit bitten dich, 
du wSllest uns f/Jr sicherheit behtiten und in 
aIIer anfechtung, durch deinen heHigen Geist 
nach deinem worte zu wandeln, gnediglich er- 
halten, das xvir bis an das ende vor solchem 
feinde befriedet bleiben und entlich selig wet- 
den mbgen dutch denselben deinen Sohn, Jhe- 
sum Christum, unsern IIerrn Amen. 

Ein ander. 
Allmechtiger Herr Gott Vater, xvir bitten dich, 
du wSllest unsere stinde gnediglich verschonen. 
und wiewol wit ohne underlas s/indigen und 
wol eitel straff verdienen, so verleihe doch 
gnediglich, das das exvige xvolverdiente verder- 
ben yon uns abgewandt, zu steur und hi]lf 
unserer besserung geendet :verde umb Jesu 
Chr|sti, deines lieben Sons, unsers Herrn wil- 
len. Amen. 

Ein ander. 
Allmechtiger Herr Gott, wir bitten dich, gib 
deiner gemein deinen Geist und gbttliche weis- 
heir, das dein wort unter uns laufe und wachse 
mit aller freidigkeit, wie sichs gebfirt, gepre- 

1 Vgl. KI. Katech., "Vie ein Hausvater sein Ge- 
sinde soll lehren, morgens und abends sich 
segenen, 2. Bek. Schr. S. 521 -- Ev. Kgb. 
Anh. S. 46. 

5 Vgl. K1. Katech., Wie ein Hausvater sein Ge- 
sinde soil lehren, morgens und abends sich 
segenen, 5. Bek. Schr. S. 522.- Ev. Kgb. 
Anh. S. 52. 

22 177 



Wolfenbiittel 

Von der beteglocken oder pro pace leuten. 
Man heir m bapsthumb rnorgends, rnittags 
und abends einen sonderlichen glockenschlag, 
dardurch das volk vermahnet solle werden, die 
jungfrau Marien anzuruffen. Well aber die hoch- 
gelobte jungfrau Maria solche ehre, die Gott 
allein gebfiret, nicht haben wil und auch wid- 
der Gottes wort ist, soll davon das yolk unter- 
richtet verden. Es kan aber der glockenschlag 
an ihrn selber, wie auch in den benachbarten 
reforrnirten kirchen, behalten werden, under- 
scheid der rnorgends, rnittags und abendstunde 
dem yolk damit anzuzeigen, und das dadurch 
das yolk erinnert und verrnanet werde, das sie 
morgends, rnittags und abends for gemeinen 
frieden und gut regiment bitten sollen, in wel- 
chern gebet man gleich for die obrigkeit und 

widder alle feinde des gemeinen christlichen 
friedens 18 bitter. Daher man es in den be- 
nachbarten reforrnirten kirchen sehr fein nennet 
die beteglocken oder pro pace leuten, und ist 
christlich, gut und nutzlich, dab das gernein volk 
darzu gewenet werde, das sie solchs n6tigen 
gebets nicht vergessen Well es aber ofte ver- 
gessen wird, kan der glockenschlag darzu er- 
irmerung geben, das sie an solch gebet zu thun 
gedenken, wenn sie h6ren pro pace leuten, sie 
sein irn hause, irn garten, auf der gassen oder 
auf dern felde. Und rnag man alsdann die 
kinder irn hause auch singen lassen: Erhalt uns, 
Herr, bey deinern wort 19 etc., item: Verleihe 
uns frieden gnediglich 20. Solch gebet ist in 
diesen letzten gefehrlichen zeiten hoch von 
n6ten. 

Folgen die prefationes, so an hohen festen in den stedten nach der predigt vor der 
communion gesungen werden. 

Quotidiana. ' 
[Noten:] Dorninus vobiscurn. Et eurn spiritu 
tuo. Sursum eorda. Habemus ad Dorninurn. Gra- 
tias agarnus Domino Deo nostro 
Dignurn et iusturn est. 
Vere dignurn et iusturn est, aequum et salu- 
tare, nos tibi semper et ubique gratias agere, 
Domine sancte Pater ornnipotens, aeterne Deus, 
per Christum Dorninurn nostrum, per quern rna- 
iestatern tuam laudant angeli, adorant dornina- 
tiones, tremunt potestates, coeli coelorurnque 
virtutes ac beata seraphin socia exultatione 
concelebrant Curn quibus et nostras voces ut 
adrnitti iubeas te precarnur supplici confessione 
dicentes: [Ende der Noten] 
Sanctus. sanctus, sanctus Dorninus Deus Ze- 
baoth, pleni sunt coeli et terra gloria tua, 
osianna in excelsis. Benedictus qui venit in no- 
mine Dornini, osianna in excelsis 

In die nativitatis Christi. '- 
[Noten:] Vere dignurn etc. Aeterne Deus, quia 
per incarnati verbi mysteriurn nova rnentis no- 
strae oculis lux tuae claritatis effulsit, ut durn 
visibiliter Deurn cognoscimus, per hunc in invisi- 
biliurn amorern rapiarnur Et ideo curn angelis 
et archange]is, curn thronis et dorninationibus, 
curnque ornni militia coelestis exercitus hyrnnurn 
gloriae tuae canimus sine fine dicentes: [Ende 
der Noten ] 
Sanctus etc. 

In die epiphanias. - 
[Noten:] Vere dignurn etc. eterne Deus, qui 
eurn unigenitus tuus in substantia nostrae rnor- 
talitatis apparuit, nova nos irarnortalitatis suae 
luee reparavit. Et ideo eurn angelis et arehan- 
gelis, eurn thronis et dorninationibus, euraque 
ornni militia eoelestis exereitus hyrnnurn gloriae 

.r Vgl. S. 182, Anm. 31. 
19 Wackernagel III, Nr. 44 ff. Ev. Kgb. Nr. 142. 
0 Wackernagel III, Nr 35 ff. Ev. Kgb. Nr. 139. 

180 

2 Vgl. R6m. MeBbuch, S. 469 f. 
22 Vgl. RSm. Me/3buch, S. 493. 
23 Vgl. RSm. MeBbuch, S. 493. 



Kirchenordnung 1569 

rnenschen die verzeihung der stinden vor Gott 
erlange und ihne frornm rnache? 
Welches sey der rechte gebrauch der zehen 
gebott oder des g6ttlichen gesetzs? 

Von dem evangelio. 
Was der gebrauch dieses narnens evangelii 
in der kitchen sey7 
Was tier recht underscheid sey zwischen dem 
gesetz und evangelio s? 
Ob das evangelion yon Christo dern Sohn 
Gottes allererst geprediget worden sey, da Chri- 
st-us ist in dise welt kornen und hat seine 
apostel in die ganzen welt ausgeschicket, oder 
ob es auch yon anfang der velt her geprediget 
worden sey7 

Von der rechtfertigung des menschen. 
Ob der rnenseh gereehtfertig, (das is) yon 
den s/inden und ungereehtigkeit absolviret und 
erledigt werde dutch den verdienst seiner werk 
oder allein dureh den glauben in dhesum Chri- 
stum, das derselbe allein uns die verzeihung 
der sfinden dutch sein leiden und sterben ver- 
dient babe7 
Nachdern der verdienst tmserer werk uns 
nicht erlangt die vergebung der stinden, warumb 
sollen vir dann gute werk thu? 
Ists auch recht geredt, allein der glaub macht 
uns gerecht 7 
Ists auch recht geredt, die gute werk seind 
zur seligkeit nOtig 397 
Nachdern wir haben verzeihung der s/inden 
allein dutch den glauben yon ,vegen Jhesu 
Christi, ist es auch notxvendig, das wir dutch 
den heiligen Geist erneuert xverden und hie 
in diesern leben anfahen, gute werk zu thun, 

bi wir irn ktinftigen leben gunz rein und hei- 
lig werden? 

Von der taufe. 
Ob die taufe, so yon Johanne angefangen 
und yon Christo bevolen, zu unserrn hell not- 
wendig sey? 
Ob die tauf nicht allein sey ein eusserlich 
zeichen 30 des innerlichen taufs, sonder sey auch 
ein rnittelwerkzeug, dardurch wir in Christo 
yon dern heiligen Geist viedergeborn und 
neuert werden 7 
Ob man auch die kinder teufen soll7 

Von dem h. abendmal des Herrn Christi. 
Ob das brodt und der wein in dern abendmal 
des Herrn Christi sey laut seiner wort (Nernet 
bin und esset, alas ist rnein leib; nernet bin 
und trinket, das ist rnein blur etc.) der recht 
und warhaftig leib und blut Christi, werde auch 
dutch wein und brodt warhaftig, wesentlich 
und gegenwertig auBgetheilet 17 
Ob das brodt xverde also in den leib und der 
wein in alas blur Christi verwandelt, alas da 
wider brodt noch wein, sondern allein die ge- 
stalt des brodts und weins bleibe427 
Ob tier unwirdig auch den leib und blut Christi 
ira nachtrnal ernpfahe 3 
Ob man aus dern nachtrnal Christi sol 
rneB rnachen darin man den leib und blut 
Christi opfer far die sfind der lebendigen nd 
todten 4 7 
Ob man das brodt und wein for den leib und 
blur Christi halten sol, so man dabey kein 
verktindigung des todts Christi halter und es 
nicht nach der einsetzung Christi der kirchen 
austeilet, sondern sperret es in ein sacrament- 

38 Vgl. oben S. 98 ff. 
39 Vgl. oben S. 111 ff. 
40 Vgl. oben S. 125 f. 
1 Vgl. Conf. Aug. X. Bek. Schr. S. 62f. -- 
K1. Katech., Das Sakrarnent des Altars, 1--4. 
Bek. Schr. S. 519f., Gr. Katech., Von dem 
Sakrarnent des Altars, 8. Bek. Schr. S. 709. 
42 Vgl. Schrnalk. Art., Vorn Sakrarnent des Al- 
tars, 5. Bek. Schr. S. 452. 

Vgl. Schrnalk. Art., ibid. 1. Bek. Schr. S. 
450f -- Gr. Katech., Von dern Sakrarnent 
des Altars, 5. Bek. Schr. S. 708 f. 
Vgl. Conf. Aug. XXIV.21-- 33. Bek. Schr. S. 
93f. -- Apol. XXIV,62f. Bek. Schr. S. 367; 
auch Apol. XXIV,89 ff. Bek. Schr. S. 373 
Schrnalk. Art. Das ander Tell, Der ander 
Artikel, 1. Bek. Schr. S. 416. 

185 



Wolenbfittel 

alle sein gescheft und hantierung, sonder auch 
sein rede, kleidung und wandel, ja auch alle 
seine wort und werk ein ehr und tugend seien, 
damit nicht, was er mit einer hand erbaue, 
gleich wider mit der andern abreisse under 
nicht die kirch, beid, mit strefflichem laster 
und ergerlichem exempel, verderbe. 
Er soll auch bedenken, das ihme vor allen 
andern menschen der spruch Christi zugehSret, 
Math. 18 [6]: Welcher ergert dieser geringsten 
emen, die an reich gleuben, dem were es besser, 
das em mfilenstein an seinen hals gehenket 
und erseufet wfirde im meet, da es am tiefsten 
ist. 
Und der kirchendiener sol auf das vleissigst 
die epistolas Pauli ad Timotheum und Titum 
lesen, viderlesen und oft repetiren, damit er 
draul3 erlerne, wie er sich, beide, in lehr und 
leben halten, auch wie sein eigen hauIgesind 
sein und er dasselbig regieren sol [1. Tim 3,4]. 
Das er auch unserer hievor in diesem buch 
gedruckten kirchenordnung, die wit haben an- 
richten lassen, vleissig nachkommen und sei- 
hen superintendenten in ihrem ampt und yon 
uns habendem bevelch gehorsam sein, und da 
sich was irrung und milverstand zwischen ihm 
und andern unsern kirchendienern, amptleuten, 
underthanen und zugevandten zutriige, dasselb 
an den superintendenten oder unser consisto- 
rium gelangen lassen und von ihnen bescheids 
erholen. "Vo aber solche irrung dermassen ge- 
schaffen, das die vermeltermassen nicht ent- 
scheiden, sonder zu recht remittiert miisten 
werden, so sol er darumb an 6rtern und enden, 
dahin wit ihne volgender freyheit nach 6r- 
dentlich bescheiden werden, recht geben und 
nemen und sich selbigen ohne weigerlich, ent- 
lichen und ohne einige appellation settigen las- 
sen, auch von severn kirchenampt ohne unser 
vomvissen und willen nicht abtretten 
Und dieweil er die zeit seines kirchenampts 
und dienstes aller unser lands und btirgerli- 
chef freyheiten nicht weniger als unsere under- 

thanen theilhaftig ist, so sol er unsern nutzen 
ftirdern, auch schaden warnen, wie er denn 
solchs alles und jedes zu halten bey hand ge- 
gebener treu versprechen und zusagen sol. 
Nach verrichtung dieses sol er nach der ord- 
nung, dutch D. Luthern 52 gestelt, ordinirt und 
alsdann erst, inmassen hernach begriffen, prae- 
sentirt werden. 

Folget die form der ordination, durch 
D. Martinum Luther gestellet. 
Erstlich singer man Veni sancte Spiritus 5s 
etc trod wird die collect gelesen. Darnach lie- 
set der superintendens diese volgende text: 
So schreibt S. Paulus in der ersten epistel an 
Timotheon am dritten capitel [1--7]: 
Das ist je gewislich war, so jemand ein 
bischoffsampt begeret, der begeret ein kSstlich 
werk. Es sol abet ein bischoff unstrefflich sein 
eines weibes man, ntichtern, messig, sittig, gast- 
frey, lernhaftig, nicht ein weinseufer, nicht beis- 
sig, nicht unehrliche hantierung treiben, sondern 
gelinde, nicht haderhaftig, nicht geizig, der sei- 
hem eigen hause wol ftirstehet, der gehorsame 
kinder habe, mit aller erbarkeit. So abet je- 
mand seinem eigenen hause nicht weiB fiirzu- 
stehen, wie vird er die gemeine Gottes ver- 
sorgen? Nicht ein neuling, auf das er sich 
nicht aufblase und dem lesterer ins urtheil 
falle. Er muB abet auch ein gut zeugniB haben 
von denen, die draussen sind, auf das er nicht 
falle dem lesterer in die schmach und stricke. 
So ermanet Paulus die eltisten tier gemeine 
zu Epheso, Actor. 20 [28--31]: 
So habt nun acht auf euch selbst und auf 
die ganze herde, unter welche euch der heilige 
Geist gesetzt hat zu bischoffen, zu weyden die 
gememe Gottes, welche er dutch sein eigen 
blur erworben hat. Denn das wei ich, das 
nach meinem abschied werden unter euch ko- 
men greuliche wSlfe, die der herde nicht ver- 
schonen werden. Auch aul3 euch selbs werden 
aufstehen menner, die da verkerte lehr reden, 

52 Luther, Das deutsche Ordinationsformular. 
1535. "VA 38, S. 423 ff. {R). H6fling, S. 137 ff. 

53 Wackernagel I, Nr. 160. 

188 



Wolfenbiittel 

der specialsuperintendens aufs ftirderlichst ne- 
ben dem amptman selbigen orts, auch einem 
genachbaurten pfarrer als gezeugen der hand- 
lungen daselbsten erscheinen, denselbigen an- 
genommen diener mitbringen. 
Und so das yolk in der kirchen versamlet, 
anfangs singen: Nun bitten wit den heiligen 
Geist 55 etc. 
Auf dil gesang der superintendens oder sein 
adjunct aufstehen und ein predigt thun vom 
ministerio verbi oder sonst yon einem argu- 
ment, dahin dienlich, yon were es eingesetzt 
sey und xvorzu es nutz etc., trod also alas yolk 
entlich zur predigt vermanen Nach der pre- 
digt gesungen werden der glaub 56 
Unter dem gesang sol der superintendens ftir 
den altar tretten, den neuen pfarherr oder 
diacon zu sich beruffen und vor ihme zu dem 
gebet niderknien lassen, nach vollendetem ge- 
sang ein kurze vermanung zu dem volke thun, 
darin anzeigen, wie das dieser zu ihrem pfar- 
herr oder diacon erwOlt und taugenlich er- 
kent, auch 5rdentlich darzu beruffen der hoff- 
nung sie vtirden mit ihme versehen sein etc., 
und also das yolk welter zu dem gebet er- 
manen, damit der Herr sein gnad und ge- 
deyen darzu geben wSlle, und alsdann volgende 
gebet mit heller, lauter und verstendlicher 
sprach vorbeten etc. un=l sagen: 
Last tuns beten. 
Allmechtiger, exviger Gott. himlischer Vater, 
du hast selbst dem armen menschlichen ge- 
schlecht zur wolfart, trost und htilf das hoch- 
wirdig predigampt des heiligen evangelii yon 
deinem geliebten Son, unsern Herrn Jhesu Chri- 
sto, geordnet und eingesetzt, auch darbey zu- 
gesagt und versprochen, das welcher gleubt 
und getauft wird, selig sein sol. Dieweil uns 
aber unserer verderbten natur und stindlichen 
fleisches halben beschxverlich und geferlich sein 
wil, solchen so theuren und verden schatz wider 
den anlauf des tausentlistigen und grimmigen 
feindes ohn dein sonderliche htilf und gnedi- 

gen beystand unter uns zu bewaren und zu ero 
halten, so bitten wir dich herzlichen, du wSllest 
uns durch dein grundlose gnad und barmher- 
zigkeit in nSten nicht verlassen, sondern mit 
deiner gSttlichen hand uber uns halten und 
sonderlich uber diesem deinem diener N., wel- 
chem jetzund das heilig evangelium zu pre- 
digen bevohlen ist, damit solcher dein so heil- 
samer, nutzlicher und notxvendiger bevelch bib 
gu ende der welt in deiner heiligen christenheit 
wieder alle gespenst des bSsen geistes sein 
ftirgang hab und wit des himlischen trosts nim- 
mermehr beraubt werden, durch Jhesum Chri- 
stum, deinen geliebten Son, unsern Herrn, wel- 
cher mit dir und dem heiligen Geist lebet und 
regieret, gleicher Gott, hochgelobt in ewigkeit. 
Amen. 
HSret das heilig evangelium, welchs uns be- 
schreibt der heilig evangelist Johannes [Joh 20, 
21 -- 23] 
Der Herr sagt zu seinen jtingern: "Wie reich 
mein himlischer Vater gesandt hat, also sende 
ich euch auch_ Und als er solchs gesagt hat, 
bliel er sie an und sprach: Nemet hin den 
heiligen Geist, welchen ihr die stind erlasset, 
denen sollen sie erlassen sein, und welchen 
ihr die stind behaltet, denen sollen sie behal- 
ten sein. 
Der superintendens mag auch nachvolgende 
epistel nach gelegenheit der zeit und kitchen 
umb mehr erirmerung wegen ftirlesen, nemlich 
also: 
So schreibt S. Paulus in der ersten epistel 
an Timotheon am dritten capittel [1 
Das ist je gewisslich war. so jemand ein 
bischoffampt begeret, der begeret ein kSstlich 
werk. Es sol aber ein bischoff unstrefflich 
sein, eines weibs man, ntichtern, messig, sit- 
rig, gastfrey, lehrhaftig, nicht ein xveinseufer, 
nicht beissig, nicht unehrliche hantierung trei- 
ben, sonder gelinde, nicht haderhaftig, nicht 
geizig, der seinem eignen hause wol ftirstehe, 
der gehorsame kinder babe, mit aller erbarkeit, 

5. Wackernagel III. Nr. 28. Ev. Kgb. Nr. 99. 
190 

56 Wackernagel III, Nr. 23. Ev. Kgb. Nr. 132. 



Wolfenbtittel 

behalten rnSgen, so lang sie daselbsten in dien- 
sten verharren. XVo sie aber abkornrnen, sollen 
sie sich rnit ihren giitern unsers fiirstenthumbs 
lands gebrauch nach verhalten 
Darneben aber unsere kirchendiener ihrer per- 
son halber, als lang sie irn kirchendienst seind, 
aller fron, xvacht und dergleichen personlicher 
beschwerden und sachen frey sein und bleiben. 
Sie sollen auch wun G3, wasser und xveid 
und andere gerechtsarne, gleichsarn andern sel- 
bigen flecken underthonen, doch rnit des flecken 
rnai3 und ordnung zu geniessen und zu ge- 
brauchen haben 
Und so sich nach schickung des allrnechtigen 
ffigte, das bey dern kirchenampt soIcher kirchen- 
diener einer mit todt verffihre, weib und kinder 
hinder sich liesse, sollen sich unsere arnptleut 
und gericht neben dern superlntendenten ihrer 
rnit ernst und treuen annehmen, so es die not- 
turft erheischte, vorrniinder und pfleger zugleich 
andern widwen und weisen selbigen orts verord- 
hen, ihren nutzen, wolfart und notturft verhand- 
len, pflegen und vervorrniJnden lassen, ihnen 
auch in allern anliegen berahten und verholfen 
sein 
Und zu fernerer nad wSllen wir den xvidxven 
und kindern ein halb jar nach ihres ehexvirts 
und vatern absterben in der pfarr, predicatur 
oder kaplaney behausung den sitz, darzu das 
einkornrnen der pfarr gleich als lang dern dato 
nach vonder zeit seines absterbens verfolgen 
und xverden auch solche weil dutch die ge- 
nachbaurten die pfarr, predicatur oder diaconat 
versehen. 
Darzu ihre knaben, xva dieselben bey der 
schul auferzogen und ein solchen profecturn 
erlanget, das sie in unser paedagogiurn, kloster- 
schulen oder stipendiurn taugenlich und ge- 
schickt zugleich und neben unsern underthanen 

in unserrn land erbornen kindern gegen gleich- 
rnessiger obligation auf und annehrnen, auch 
erhalten lassen 
XVeil auch zu ffirderung des rninisterii nicht 
unzeitlich bedacht wird, wenn die armen pasto- 
res verstorben, das ihre nachgelassen widwen 
und kinder unter dach sein und eine behausung 
haben rnSgen, so xvSllen wir aus gnedigern veter- 
lichern willen, damit wir den pastoribus zuge- 
than, hiernit befohlen haben, das ein jede stadt 
und kirchspiel in unserrn fiJrstenthurnb ein woh- 
nung, woes arn gelegensten sein wird, rnit rath 
unser arnpten oder des raths in stetten ftirder- 
lich sollen bauen, darinnen sollen der pastorn 
verlassen wdxven die zeit ibreh lebens die freye 
xvohnung haben, auch schatzfrey sitzen und 
nicht desto weniger der gerneinen huet tend 
veyde, mastung und notttirftiger feurung, wie 
andere, zu geniessen haben. 
Und sollen unsere arnpten hiernit bevelch ha- 
ben, wo sons die leute kein holz zu obberiirter 
notturft hetten, aus unsern hSlzern darzu not- 
iJrftig holz zu weisen. 
Da abet zwo widwen vorhanden sein wtirden, 
so sol die junge widwe so lang verziehen, bib 
die alte verstorben, und nach ihrern rode die 
wohnung auch haben. 
Und sollen solche heuser yon den stedten und 
pfarleuten in bau und besserung gehalten, tend 
wenn keine widxve vorhanden, die wohnung ver- 
heuret xverden und der zinB dern bau des hauses 
und tier kitchen zurn besten komrnen. 
Zudem haben wit allen und jeden bearnpten 
rnit ernst bevohlen und auferlegt, unsere kirchen- 
diener in allern ihrern anligen getreulichen zu 
handhaben und zu der billicheit zu verhelfen, 
yon unsertwegen rnit ernst schfitzen und ob 
ihnen halten ftir sich selbst und ihrer personen 
halben, dieselben an ihren bevohlenen officien 

63 Synonym rnit Weide, Fischer, Schwab W6r- 
terb. VI 1. S. 954: dazu unten S. 240. 

194 



Kirchenordnung 1569 

sey, und ander rnehr punkten, so der super- 
intendens vermSg unser hierin gedruckter schul- 
ordnung, auch seiner geschicklicheit nach wol 
wird wissen zu fragen. 
Item, wie sich auch die deudsche schulrneister 
und custos an jedern oft, in der schul, kirchen 
trod sonst nach unser ordnung halten. 

Von der lands und kastenordnung. 
Item, was sich die bearnpten, desgleichen 
gericht und rath, auch stadtschreiber rnit be- 
suchung der predigt, ernpfahung der sacrament 
halten, auch ob sie sonst ihrer person halben 
nicht rnit 5ffentlichen lasteren, rnit was laster 
und wie sie beschreyet sere. 
Ob sie, unsere amptleut ;2, auch jerlich die 
landgericht rnit vleiS, desgleichen ob unser 
kirchen, lands, kasten ;-% und brtichordnung hal- 
ten und sonderlich, ob sie zauberer, segen- 
sprecher und denselbigen den zugang, des- 
gleichen 5ffentliche gottesschwur, unehrliche 
beysitzung, auch unSrdentlich zu und voll- 
trinken auf den rathheusern und sonst, ftir- 
nemlich under den predigten, gestatten oder 
selbs brauchen. 
Item, ob die arnptleut und gericht die eltern, 
so die predigten seibst versaurnen oder ihre 
kinder und haugesinde zurn catechisrno nicht 
schicken, vermSg unser ordnung erinnern und 
die verechter gebtirlichen straffen. 
Item, ob das gottslestern, roll und zutrinken 
bey der gerneine zu oder abnehrne. 
Item, rnit was vleil und unflei/] die gerneine 
die predigt besuchen und sich des Herrn nacht- 
mals gebrauchen. 
Item, mit was vlei/] die eltern ihre kinder 

und hau[3gesind zum catechisrno ziehen und 
schicken. 
Item, ob personen bey seiner kitchen, die 
seine predigt oder des Herrn nachtrnal nicht 
besuchen oder sonst verechtlich davon reden 
und halten oder auch ihre kinder und hau- 
gesind zum catechismo nicht ftirdern oder 
zauberey, warsagens, segensprechens, ehebruchs, 
unzucht, volsaufens oder anderer uppigen und 
ergerlichen laster sich gebrauchen, wet die- 
selbige alle mit namen und ihr verhandltmg ver- 
zeichnen. 
Item, ob auch den arrnen kranken in ihrer 
noth und krankheit rnit arzney und anderrn 
verrnSge der kastenordnung gepfleget werde. 
Item, ob er auch auf der spittal und der- 
selbigen verpfriindten und arrnen kinder ver- 
mSge unser kastenordnung sein superintendenz 
und mit was ordnunge er die habe und visitire. 
Item gleicher form sol der superintendens 
etliche gutherzige, ehrliebende bey gericht, rath 
oder der gerneine ad partern der obgeschriebe- 
hen fiirnernsten punkten, den rnagistrat und 
senat beIangend, befragen. 
Item, ob die kitchen auch in wesentlichen 
gebeuen erhalten werden und was daran fiir 
rnangel befunden. 
Item, ob die kirchendiener die behausungen 
in dern schleissenden, als ofen. fenster und der- 
gleichen, darzu ihre giiter, garten, acker, wisen 
in wesenlichen ehrn. bau und besserung un- 
abgengig erhalten. 
Item auch sein nachfrag haben, ob ein 
kirchendiener sich der arzney, schreiberey, nota- 
riatampts oder anderer practick oder sonst 
weltlicher ernpter oder wucherlichen contracten 
gebrauche 

- Der ,,Arntmann", der in dieser KO hiufig 
genannt und rnit besonderen Aufgaben in 
der Kirche betraut wird, ist nach Martens, 
S. 129 ff., hinsichtlich seiner kirchlichen Funk- 
tionen Nachfolger des wtirttembergischen Ca- 
rnerarius, der ein ausschlieilich kirchlicher 
Bearnter war. Aber schon in Wtirtternberg 
selbst, nimlich aus der Wiirttemberg. KO yon 

1559, die for diesen Teil unserer KO die Vor- 
lage bildete, war der Camerarius verschwun- 
den Ueber die damit gegebene scharfe Tren- 
hung zwischen geistlichen und weltlichen An- 
gelegenheiten sowie die rnangelnde Regelung 
der Verwaltung der Kirchen- und Pfarrgtiter 
vgl. ebenfalls hiartens, S. 131 ff. 
72a Vgl. S_ 261 ff. 

197 



Kirchenordnung 1569 

confession, auch was darauf rnit ihme gehan- 
delt und er ftir antwort gegeben, alles under- 
schiedlich mi*, ihrern rath und gutbedunken 
unserrn consistorio schriftlichen berichten und 
ferners bescheids gewarten. 
Wtirde aber ein kirchendiener in seinern leben 
oder rnoribus strafflich erfunden, so sol ihne 
der specialsuperintendens erstmal fir sich selbs 
seinem beruff nach und urnb christenlicher lieb 
und zucht willen zur besserung understehen zu 
bringen. 
Wo aber hierilber der nicht gebessert, alsdann 
denselbigen zurn andern rnahl mit seinern gene- 
ralsuperintendenten mit ftiglichen, gebilrlichen, 
chritenlichen mitteln ftir die hand nehrnen und 
mtiglichs vleii zur besserung richten. 
Wo nachmals das auch nicht erschiessen wolt, 
alsdann ftir das dritte mahl (oder wo die hand- 
lung so thetlich, ersten oder des andern mahls) 
sollen die beide superintendenten mit gutem, 
lauterm, sattem bericht mit allen umbstenden 
solchs alles zu handen unsers consistorii schrift- 
lich uberschicken, oder so die sach verzug leiden 
mag, in dern conventu der superintendenten for- 
bringen und ferner bevelchs gewarten. 
Do sich aber zank und zweytracht zwischen 
den kirchendienern selbs oder zwischen den 
dienern und den arnptleuten oder andern unsern 
underthonen zutriige, so sol darin, als wit in un- 
ser ordnung hieoben gesetzt, gehandelt werden. 
Da es aber frevel, friedbruch oder rnalefitz 
weren, alsdann sollen die arnptleut sarnpt den 
superintendenten solches unsere kirchenreth 
grfindlicb berichten und ferners bescheids ge- 
warren. 
Wo auch ein specialis in seiner superinten- 
denz einen oder rnehr kirchendiener befinden, der 
sern eigen affect mit holhippen 72c boldern oder 
schrnehen brauchen, darzu auch yon der gernein 
parten machen oder sich an ein trunkene rott 
henken wfirde, dasselbig alBbald einem jeden 
mit ernst undersagen, sich des genzlich zu ent- 

halten in bedenkung, das der kirchen solches 
mehr ergerlich, dann besserlich ist. Wo abet 
iner urnb solche warnung nicht geben, solchs 
wie andere sachen der ordnung nach hande]n 
und berichgen. 
Item, so ein kircbendiener in leibskrankheit 
gefallen oder in ein solch hoch alger gerahten 
were, das er selber sein arnpt bey der kitchen 
nicht verrichten rnScht, sol der superingendens 
diese verordnung thun, das mit den negsten 
rninistris die kirchen, wie deshalb hievor auch 
ein artickel unler der kirchendiener freyheiten 
begriffen, versehen werde Dargegen sol ein 
solcher kranker oder alter dernselben, so ihne 
also in kirchendiensten versicht, ein zirnblich 
honorarium nach gelegenheit der sachen und 
tier superintendenten, auch eines andern negsten 
kirchendieners, so er superintendens zu sich 
ziehen sol, erkantnuf geben. 
Item, so ein kirchendiener mit todt abgieng, 
sol alsbald der generalis oder specialis super- 
intendens das consistorium berichten, auf was 
tag er gestorben und darneben alsbald die fiir- 
sehung thun, das eines jeden abgestorbenen 
kirchendieners xvidve und kinder zu gut die 
kirch ein halb jar lang rnit den nechsten nach- 
barn versehen werde 
Itern. so oft und dick ein neuer diener in 
eines jeden superintendenten gezirk verordnet 
wird, sol er superintendens sich rnit solchern 
allerdings halgen, wie hieroben deshalb unser 
ordnung auBweiset. 
Item, wo ein kirchendiener seiner pfarr ein- 
komrnen nicht 5rdentlich gereicht oder andere 
unrichtigkeit dem kirchendiener begegnet, als- 
dann sol superintendens rnit den arnptleuten 
daraus reden und bey ihnen g0tliche billicheit 
erhalten. Wo aber der amptman des zweifelich 
zu thun sein wolt, so sollen er superintendens 
die mengel underschiedlich zu unsern kirchen- 
rethen berichten und daselbst bescheids ge- 
wertig sein. 

c  schmihen; Fischer, Schwib. Wfrterb III, 
S. 1770. 

199 



Wolfenblittel 

Alles, was kirchendiener, schulmeister, gemein 
oder privatpersonen in kirchensachen zu klagen 
haben, das sollen sie zuvor bey den super- 
intendenten, dem speciali und generali, an- 
bringen. Wann ihnen abet yon denen nicht 
m6cht geholfen werden, so m6gen sie ihr an- 
liegen in ein supplication stellen, welche die 
superintendenten, so viel der kirchendiener lehr 
und leben betrifft, so viel abet die politica 
belangt, als besoldung, bau etc., die beampten 
underschreiben sollen. Damit auch unsere kir- 
chenreth grtindlichen bericht m6gen haben, auch 
die kirchendiener nicht lang umbgetrieben oder 
aufgezogen verden, so sollen sie solche bericht 
mitsampt der supplication ubergeben 
Es sollen auch die superintendenten die 
kirchendiener warnen, das sie ohne solchen 
proceB, ftir sich selbs und ohne underschreiben 
nicht ftirkomen und unsere kirchenrehte un- 
bemtihet iassen wOllen, sonst werden sie wie- 
der hinder sich gewiesen oder. wo sie ihnen 
nicht wehren wolten lassen, ihr gebtirend straff 
empfahen 

Der generalsuperintendenten officium. 
Erstliehs sol jeder generalis auf seine speeial- 
superint, endenten mit vleissigem ernst sehen, 
damit jeder seinem beveleh und ampt der in- 
struction naeh mit vleiB naehkome und hier- 
innen niemands versehonet verde. 
Item, vann und so oft einem generalsuper- 
intendenten yon seinen speeialn iehts, so ihnen 
besehwerlieh zu verriehten, ffirgebraeht oder 
raths begeret wird, so sol er ihnen, den spe- 
eialn, berahten und beholfen sein. aueh mit 
mfigliehstem und bestem vleiB alle streitige 
saehen und unriehtigkeit, aueh tmordnung an 
lehr und leben zu guter besserung, ruhe und 
fried leben, und va yon n6tn, mit der ampt- 
leut hfilf bringen. 
Was abet beschwerliehs und straffbars, solehs 
in eonventu unsers consistorii, so sie besehreiben 
werden, anbringen Wo abet die saehen der- 

massen geschaffen, das sie nicht verzug leiden 
m6chten, alsbald mit gutem, sattem, wahrem 
grund und allen umbstenden, auch, so die sachen 
vichtig, dasselbig zu gedachtem unserm kirchen- 
rath mit ihrem rath und gutbedtinken berichten. 
Es sol auch ein jeder generalsuperintendens 
yon seinen specialn ihr jedes visitation vor dem 
convent schriftlich erfordern und alsdann der- 
selben particularia, neben ihr der general auszug 
in conventum bringen, damit man die particu- 
laria in der consultation zu schleuniger auB- 
richtung, zu mehrerm bericht bey der hand 
haben m6ge etc. 
Und nachdem auch in unser kirchenordnung 
versehen, vann ein kirchendiener das abendmal 
Christi halten wil, die kirch zu vermanen, das 
ein jeder, der des Herren nachtmal Christi 
zu empfahen gedenket, sich zuvor am abend 
anzeige etc. 73, wo nun solche ermanung yon 
unsern kirchendienern nicht allwegen gebraucht, 
noch minder eins thefts die pfarkinder unser 
kirchenordnung gemeB zuvor exploriert und 
ermanet werden, darauB volget, das die unbu- 
fertige, so in ergerniB leben und mit groben 
lastern beschxveret und darinnen beharren, 
gleich den buBfertigen zu des Herrn abendmal 
gelassen, velches beschwerlich, auch hierdurch 
die privatabsolution versaumbt und verachtet 
wird, so doch die zu ihrem gebitrlichen 
gebrauch bleiben sol, demnach verordnen und 
w611en wit ganz ernstlich, das yon unsern 
generalsuperintendenten den specialibus bevoh- 
len werde, den pfarrern und diacon ihrer super- 
intendenz aufzulegen, sich des orts unser 
kirchenordnung allerdings mit dieser ferer3a 
unser erklerung gemeB zu halten und sonder- 
lich, wann ihrer ein oder mehr des Herrn 
nachtmal halten wil, so sol er das am Sontag 
daftir nach geendigter predigt der kitchen also 
verktinden, velcher das begern wolte, der solte 
sich davor in der wochen bey ihme pfarherr 
privatim anzeigen, damit er yon jedem dannoch 
zuvor rationem suae fidei haben und ein jeder 

;a Vgl. S. 142. 

73a  ferner. 

2OO 



Wol fenbfittel 

General 

Helmstedt stadt 

Special 

SchSningen 

K6nigslutter 

P fatten 

] Stadt und gerichte 
helm 
Warberg 
I Jerxem s8 
Hessem 89 

Summa 22 pfarrer. 

Gericht 
Langeleben 
Stipplinburg 9o cumpterey 
Marienthal kloster 90a - 
CalvSrde 
VSrsfelde 91 im Werder zur Wulffesburg 
NeuhauB 
Bardorff 
Summa 17 pfarrer. 

8 
1 
4 
7 
2 

6 
1 
2 
2 
1 
1 
1 
3 

Bokenem stadt 

I Nette 
I Nidern Freden 
I O1Bburg 

Woldenberg 
Bmder/Walmode 
Heine 
Summa 21 pfarrer. 
Liechtenberg 
Stein -krug 

Summa 27 pfarrer. 

19 
1 
1 
21 
6 

Sesen 

j Stadt und gerichte 
Westerhove 93 
I Bylderla - 
Summa 18 pfarrer. 

10 
6 
2 

Ganderfiheim 

Saltzgitter oder 
Liebenhalle 

Alhusen 

I Liebenburg 18 
t Lutter am Barenberg 2 
Summa 20 pfarrer 

I Stauffenburg 5 
I Im Grunde95 1 
I Wildeman 1 
I Zellerfeldt 1 

Summa 8 pfarrer. 

Grena 92 EingehSrende pfarr und filiae 6 

88 Jerxheim -- 89 Hessen. -- 9o Sfipplingenburg. 91 Vorsfelde. -- 92 Greene. -- 93 Westerhof. 
90a Zisterzienserkloster, gegr. vor 1146. 9 Bilderlahe _ 95 Bad Grund, 

204 



Ceeral 

Alvelde stadt 

Kirchenordnung 1569 

Halle 

Holtzminde 

Special 

Pfarren 
I Herschaft Horaburgk und aller 
dSrfer, darinne belegen 
J Start Oldendorff 
Keranade kloster 96 
Ottenstein 
Suraraa 16 platter. 

junkern 

12 
1 
1 
2 

I Start 1 
} Eberstein 5 
[ Ftirstenberg 3 

Summa 9 pfarrer. 

Ditrichholtensen 

Das arapt Wintzenburg mit einligenden jtmkern- 
dSrfern der von WriJ3berg 97, Bauscheplaten und 
Steinberge. 
Sibbessen-Peze 3 
Nidder btirde 5 
Die go t';a ftir Alveldt _ 4 
Summa 12 pfarrer 

Lambspringk I Hasickenheuser btirde oder pflege . 
fleck trod jungfrauen-  Gelenbtirgische btirde . 
kloster 9 b I Bodenburg 
I Saltz Detferdt 98 
Surama 17 pfarrer 

Censur oder discip|in der kirchen. 
Und aLs wit aueh yon Gott unser bevohlen 
ampt, oberkeit und regierung durch die gnad des 
allmechtigen je gerne unsers besten raSglichsten 
vleil3 dahin richten wolten, das allerley stind, 
laster, ubelthaten und ergernuJ3, so viel bey 
dera verderbten raenschlichen geschlecht hie auf 
erden raSglich, verhfitet und vermitten werde 
und denselben ffirzukoraen oder zu wehren, icht 
allein die weltlich, sonder auch die kirchen- 
straff aus g6ttlicher verordnung und stiftung 

gegen den ergerlichen stindern und raiJ3handlern 
zu gebrauchen trod zu verrichten bevohlen ist, 
derrmach und ira fall die straff der ergerlichen 
5ffentlichen laster, yon derxvegen der zorn 
Gottes uber das menschlich geschlecht kSmpt, 
unserer verordneten lands und andern ord- 
nungen nach nicht verfahen und daraul3 rechte 
christliche besserung volgen wolte, so sol ira 
pfarr und predigarapt verra6g der ordnung und 
bevelch unsers einigen heilands Jhesu Christi, 
Matt. 18 [15--18], gehandlet. 

96 967 gegr. Frauenkloster, ira 16. Jh. vom Hause 
Braunschweig u. der Abtei Corvey umstritten; 
vgl. Hoogeweg, Verzeichnis d Stirrer und 
KlSster Niedersachsens, 1908, S. 74 f. 
sT Auch ,,v. Wriesberg", aires niederschs. Adels- 
geschlecht, das schon ira 11. Jhdt. ein Burg- 
lehen auf dem Hause Winzenburg nebst an- 

deren Gtitern empfangen haben soil, vgl. 
Gauhe, Adelslexikon I, 1740, S. 2961. 
97a  Gau (Gerichtssprengel). 
9;b Kanonissenstift, vor 847 gegr.; vgl. Hooge- 
weg, . a. O. S. 76 f. 
98 Salzdetfurth. 

205 



Wolfenbiittel 

das pfarrvolk nicht bey derselben begrebnul 
sein, sonder flame, als ein abgeschnitten glied 
yon der heiligen christlichen kirchen, vergraben 
lassen. 
Es sollen auch die pfarhern mit allem vleifi 
flar pfarvolk zu seiner gelegenen zeit under- 
richten, alas die 5rdentlich excommunication 
ketnswegs zu verachten, sonder svie die com- 
munion und gemeinschaft der heiligen, christ- 
lichen kirchen sey ein gemeinschaft aller gStt- 
lichen, himlischen gtiter, also sey auch die 
5rdentliche und rechtmessige excommunication 
ein beraubung alles zeitlichen und ewigen hells. 
Jedoch, da die milhandlung so lesterlich und 
ergerlich, alas die straff nicht wol one merk- 
lichen nachtei! und ergernil der kirchen ver- 
zogen und obgelauter massen nacheinander 
handelt werden mScht, so sol ohne vorgehende 
ermanung der pfarher des orts, da die ergerliche 
person gesessen, solches seinem verordenten 
special und derselb volgends dem generalsuper- 
intendenten mit guten umbstenden berichten, 
damit es 'ermSge unser superintendenzordnurtg 
fritter ohne verzug an unsern kirchenrath ge- 
langet und bescheid erholt mSge werden 

Vom synodo. 
Wie und wann ein gemeiner conventus des 
consistorii bey unser kanzley der superin- 
tendenz halben gehalten soil werden. 
Auf dos nu unserer specialsuperintendenten 
visitationes 1.hre 6rdentliche und wirkliche ver- 
richtung, auch darauf gebiirende execution so 
viel ernstlicher erlangen m6gen, so ordnen und 
w611en wit des jahrs zweymal zu Wulffenbiittel 
derwegen ein conventus gehalten, zu solchem 
dann die fiinf generales superintendentes mit 
flarer superintendenz, ungefehrlich nach Geor- 
gii e und Crucis 3, beschrieben sollen verden, 
welche neben und mit unserm obersten super- 

intendenten unserer kirchensachen in unser 
kanzley auf die verordente und benante stunden 
morgends und nachmittag erscheinen und da- 
selbst sampt unsern statthalter, den sonders 
hierzu verordenten kirchenrehten, auch andern 
hierzu verordenten theologen, die sachen fOr 
die hand nehmen, verrichn und anfenglichs 
bemelte unsere statthalter und, beides, yon poli- 
tischen personen und theologen verordente 
kirchenrethe bertirte ftinf generalsuperintenden- 
ten und deren jeden insonderheit nacheinander 
aller feel und mangel, so ihnen yon den specialn 
angebracht, ftirnemlich abet jeder irrigen, ver- 
forischen lehren, so den heiligen prophetischen 
und apostolischen schriften, auch daher ge- 
zogener augiptirgischer confession und unser 
kirchenordnung einverleibter declaration zuwie- 
der, volgends auch und daneben der groben 
laster, so sie nicht allein der kitchen, schulen 
und derselbigen diener, sondern auch anderer 
personen halber ftirbringen werden, anhren, 
die alle alsdann samptlich darin ihrem besten 
verstand, christlicher lehr, zucht, erbarkeit und 
billigkeit gemeI votiren und bedenken, -ie sol- 
chen mengeln allen und jeden begegnet und- 
dieselben vermge predigampts, auch unser lands 
und andern ordnungen abgeleinet3a und ge- 
strafft mgen werden. 
Hieneben bevehlen wit ernstlich, vas also im 
consistorio forgebracht, berathschlaget, bedacht 
und bewegen wirdet, das solches alles im rath 
und geheim verschwigen gehalten und yon 
keiner person erffnet, sondern die publication 
allein im namen des consistorii und nicht pri- 
vatim, vie gehSrt, beschehen. 
Soviel abet unserer kirchendiener feel, mangel 
und straffwirdige exceI belanget, da xvllen 
wit, xvas ihrenthalben uber die hievor in unser 
visitationordnung gesetzte ,varnung oder auch 
yon wegen derselben wichtigkeit den conventi- 
bus forgebracht und angezeigt, das dargegen 

23. April. 
Als zweiter Terrain der Zusammenktinfte ist 
hier xvohl die Zeit nach dem Tag der Kreuz- 
erhShung am 14. September gemeint. 

3a --- abgestellt, beseitigt; vgl. H. Fischer, Schwti- 
bisch. WSrterb. I, 1904, S. 42 f. 

208 



Woltenbfittel 

liegenden gtiter angelegt und unsere statthalter, 
kanzler und kirchenrethe bey ihren pflichten, 
damit sie uns zugethan, ernstlichen darob hal- 
ten, sich fleissig erinnern und bedenken sollen, 
wofer diese gtiter und einkommen mit nachteil 
der kirchen, auch mangel der ministrorum, schu- 
len, studien und ander piarum causarura, der 
kitchen anhengig, anderst dann zu underhaltung, 
nutz und noturft derselbigen schulen und kir- 
chert, demnach sie einmahl Gott dem Herrn 
ergeben, angexvend werden wolten, das der 
ernstliche zorn Gottes dardurch erwecket und 
zu besorgen, derselb nicht an solchen kirchen- 
gtitern und gefellen als einem zeitlichen und ge- 
ringsten allein angehen, sondern zu noch mehrer 
straff mit verlierung seines g6ttlichen worts und 
segens sich gewillichen erstrecken wtirde, dann 
wir hiervon zu unserm privat und sondern 
nutz das weinigst nicht anzuwenden, sonder 
zu erhaltung obgehSrter kirchensachen genzlich 
kommen und gebrauchen zu lassen gedenken. 
Vor und obgemelte angenommene und ver- 
ordente personen zu einziehung der prebenden, 
kaplaneyen, vicariaten, pfrfinden und andern 
geist]ichen gefell und einkommen sollen als- 
dann den kirchendienen und schulmeistern ihre 
geordente competenzen one feelen, mangel oder 
klag. wie ihnen die bestimpt, reichen, auch 
andere besoldungen, aulgaben mit den gebeuen 
und sonsten in alweg, als vorlaut, ihrem stat, den 
wir ihnen zustellen lassen, nach verrichten und 
deshalb vor unsern kirchenrethen jerlichen ur- 
kundliche und aufgerichte rechnung darumb thun 
uf das sich auch jemanden, besonder die- 
jennigen, velchen die collaturen etlicher pfarren 
und pfrfinden in unserm ffirstenthumb zuge- 
h6ren, diser unser ordnung und ffirnemens nicht 
zu beklagen oder zu gedenken, das solcher pfar- 
ren, frtimel und kaplaneyen gtiter und gefell, 
unser hievor gesetzter ordnung und meinung 
entgegen, darvon alieniert, so w611en wir dem- 
nach den gerichten unserer stedt und flecken 
copeyen der hiertiber beschehener erneurungen 
zustellen lassen, die sollen dieselben bey handen 
haben und behalten, auch jederzeit selbs darob 
und an sein und hierinnen ihr gut aufmerkens 

haben, wa ichtigs davon abgel66t oder sonst 
bewegender ursachen halben alieniert, das 
solchs unverlengt, der pfarr und pfrfind zu 
gutem, wider angelegt und verwendt werde. 
Mit den heuptbriefen, so darfiber vorhanden, 
sol es gehalten werden, inmassen von alter her- 
kommen gebraucht und gefibt worden. 
Verordnun des kirchenraths oder 
consistorii bey unser kanzley, auch expe- 
dition desselbien. 
Als wit in unsern vorgehenden ordnungen 
oftermalen yon unsern kirchenrethen meldung 
gethan, ihnen auch mit ernst auferlegt haben, 
ob denselben zu halten und wo feel und mangel 
erscheinen wolten, dieselbige vermSge der orfl- 
hung zu wenden, ffirnenlich abet die bestellung 
der ministerien und schulen, auf das darinnen 
6rdentlich, richtig gehandelt und taugenliche, 
gelerte und gottsffirchtige kirchendiener gebfir- 
lichen vociert und mit gottseliger erbauung 
der kitchen zu den kirchendiensten geordnet 
werden, eingebunden und injungiert haben, dem- 
nach und damit hieran auch nicht mangel er- 
scheine, so w611en und verordnen wit, das zu- 
forderst in solchem unserm kirchenrath oder 
consistorio unser stathalter, kanzler und ober- 
ster superintendens zu \Vulffenbfittel, so jeder- 
zeit sein werden, die oberste superintendenz und 
inspection haben und neben tier andern ihrer 
6rdentlichen inspection verholfen sein, die ord- 
nungen, auch expedition helfen handhaben. 
Zu und neben denen sollen bey unserm 
kirchenrath auch etliche theologen {so wit ]eder- 
zeit bestimmen) gebraucht werden, welcher ge- 
scheften sein sollen, inmassen hernacher volget 
und begriffen ist. 
Desgleichen und auf das alle sachen desto 
mit mehrerm ernst und stattlicher verricht, so 
v611en wit. warm politische sachen, tier kirchen 
anhengig, ftirfallen wtirden, sollen dieselbige 
auch vor unsern politischen kanzleyrethen be- 
rathschlagt und verricbtet xverden. 
Zu notwendiger expedition tier kirchen- 
gescheften sol auch ein vleissiger, geschickter 
secretarius gehalten werden. 

210 



Wolfenbiittel 

sen, sondern neben und mit den andern consi- 
storialibus gleiche authoritet, gewalt und be- 
velch haben und die ffirsorg tragen, damit von 
den kirchen nichts abalieniert und jederzeit die 
kirchendiener mit gebfirlicher underhaltung nach 
eines jeden gaben und geschicklicheit versehen 
werden. 
Es sollen auch unsere consistoriales und ver- 
ordente kirchenrethe keine sachen auf die lange 
bank hinlegen lassen, sonder genzlichen darob 
und an sein, damit in allen handlungen unsern 
ordinationibus stracks und one milterung, es 
weren dann ehehafte ursachen entgegen, gelebet 
und nachgesetzt werde. 
Und was also in allxvege verhandelt und be- 
schlossen, darob sein, das im namen des consi- 
storii gefertiget und exequiert werde. 
Es sollen auch unsere kirchenrethe unsereI 
stiften, jungfrauenklSster, pfarren, predicatu- 
ren, kaplaneyen, darneben auch aller und jeder 
in unser oberkeit prebenden, kaplaneyen, frfi- 
mefi, pfrfinden und dergleichen sampt deren zu- 
gehSrigen oberkeiten, herrligkeiten, lehnschaf- 
ten, rechten, gerechtsame, gtiter, zinfi, gtilten a, 
gefell, nutzbarkeiten, einkommen, auch deren 
anhangende jura handhaben, verthedingen und 
mit ganzem ernst daran sein, damit demselben 
nichts entzogen oder anderstwohin, dann ver- 
m6g vorgehender unser verordnung, angewendt 
und hingelassen werde. 
Desgleichen wSllen .nd bevehlen wir auch 
ernstlich, das unser consistorium sein gut auf- 
sehens auf unsere roans und jungfrauenklSster 
und derselben angerichte schulen und haus- 
halten haben, damit 5rdentlich und wol den 
klSstern zu gutem gehauset, nichts unntitzlich 
und uberflfissig verschwent, alieniert oder die 
kloster weder mit ubermessiger gastung, noch 
in andere weg beschwert, ffirnemlich aber, das 
die schulen und klSster schulordnung nach im 
gang erhalten, die praeceptores mit den knaben 
vleifi ffirwenden und in allweg pietas und studia 
geftirdert werden. 

So auch unsern prelaten und klSster an haben- 
der oberkeiten, herrligkeiten, giitern, zinsen, gill- 
ten und gefelle eintrag oder beschwernut be- 
gegnen und zugeftiget werden wolt, von were es 
gleich geschehe, sollen unsere kirchenrethe in 
unserm namen ihnen die hand bieten, wieder 
solches verholfen und beystendig sein, schirmen 
und handhaben und ihnen in allem ihrem an- 
liegen rathlich und hfilflich sein. 
Gleicherxveifi auf under stipendiatenpedago- 
glum, alle particular und deudsche schulen, 
und was dergleichen mehr in unsern ordnungen 
begriffen, acht haben, auf das in solchen rich- 
tiglich gehauset und gehandelt, und was unsern 
ordi_ationibus entgegen sich ereugen wolt, das- 
selb beyzeiten und mit nutzen abschaffen. 
Also auch ob unser kasten und weisenord- 
hung halten. 
Derwegen darob und an sein, auf das jer- 
lichen die bedachte synodi und angestelte visi- 
tationes one hindernufi geh_alten und was 
mangel befunden, dieselben gebessert werden. 
\Va auch unsern pfarrern und kirchendienern 
an ihren pfarrgfitern eintreg oder verhinderung 
geschehen wSlte, so ist auch unser bevelch, so 
oft daran mangel erscheinte, das unsere kirchen- 
rethe dieselben abschaffen und verffigen wSllen, 
dam,.t ihnen kirchendienern dieselbe ohne klag 
gedeyen mSge. 
Do aber durch schickung des allmechtigen 
einer unser kirchendiener krankheit oder ande- 
rer zufallender beschwerungen in armut ge- 
rathen oder widwen und weisen in armut ver- 
lassen oder einem ein aufzug gegeben werden 
mtiste, sol dergleichen personen jederzeit der 
gebfir nach hfilf und steur widerfahren 
Unser consistorium sol auch jederzeit ver- 
ordnung thun, damit die pfarr und pfrfindheuser 
der noturft nach in wesenlichen beuen gehalten, 
und so yon nSten, grund und heuptbeu zu thun, 
dieselben auf vorgehende berathschlagung der 
verstendigen werkleut der gelegenheit nach 
volnffihren lassen. Do aber dieselben gebeu 

?a Abgaben. 

212 



Kirchenordnung 1569 

an schleissenden oder heuptgebeuen andere 
schfildig weren, gleichfals bey denselben ver- 
schaffen. 
Ferners auch der geistlichen verwaltern, des- 
gleichen aller unserer roans und jungfrauen- 
klbster rechnungen gebfirender und rechter zeit 
mit bestem vleiB, nemlich auf Georgii s anzu- 
fahen, hbren und damit keinswegs verziehen, 
und darin gutt aufsehens haben, das dieselben 
urkfindlich und 5rdcntlich gestelt verden. 
Was ftir feel, mangel, unordnung, abgang in 
der einnam oder uberflul in auggaben darin be- 
funden, dieselben aufzeichnen, mit nichten pas- 
sieren lassen, sonder den recessen, damit die- 
selbigen gerechtfertiget und emendiert, an- 
henken, darauf in volgep.dcr rechnung oder zu 
der in recessen bestimpter zeit vermerken, ob 
die also mit besserer verrichtung abgestelt oder 
nicht, und hierinnen nach gclegenheit der 
sachen die gebfir furnemen. 
Und ob zu zeiten anderer unserer ftirfallender 
gescheften halber sich zutrfige, das der vcr- 
ordenten einer nicht bey den ordinari teg- 
lichen gescheften oder rechnungen entgegen sein 
kbnte, so sollen die andern, so entgegen, nicht 
desto weniger rnit dem secretario in den ge- 
meinen expeditionibus ftirschreiten. Fiele ihnen 
abet ichtigs zweifenliches und beschwerliches 
darunder ftir, dasselbig 5rdentlich aufzeichnen, 
alsdann zu ankunft des abwesenden mit ihrne 
auch bedenken, erwegen und handlen, wie sich 
gebtirt. 
Es sol auch unser consistorium die ftrsehung 
anstellen, das durch einen oder etliche der 
zugegebenen politischen rethen bey unsern 
mansklbstern, auch der verwaltern der vaciren- 
den kaplaneyen etc., so zu underhaltung der 
stipendiaten, jerlichen visitationibus und andern 
nothwendigen kirchensachen verordnet, jerliche 
rechnungen gehSret, auch derwegen augzug der- 
selben gemacht, die feel und mangel signiert, 
volgends solches alles yon dem consistorio not- 

wendiglich erwegen und die gebrechen abgestelt 
und gebessert werden. 
Neben dem soil auch unser consistorium, was 
jeder kirchen einkommen und wohin solches 
verwendet, auch armenkastenrechnungen (wel- 
che dann alle jerlichen ihnen uberschicket wer- 
den sollen} mit vleiB ersehen bewegen und 
alle unordnung, abgang und uberflul abschaffen 
und wenden. 
Wo ferne dann einige sache an uns zu brin- 
gen, das sol lnit ihrern bedenken geschehen, 
wbllen wit ihnen jederzeit ftirderlichen bescheid 
wiederfahren lassen und in der execution ver- 
helfen 
So nun under diesem pennige Sa sachen fur- 
fielen, die unsere geistliche verwaltung, roans 
und jungfrauenklSster, auch derselben oberkeit, 
herligkeit, ehehaftlnen 'b, recht, gerechtsame, 
tcr, zinB und gult und was denselben anhangen 
mScht, belangen und derentwegen sonderer be- 
wegender ursachen und von mehrern berichts 
und gegenberichts wegen einer zusammenkunft 
und veragung von nSten, da wbllen wir, das 
dieselbigen ftr unser k2nzle.v vertagt und da- 
selbsten in beysein etlicher yon dem consistorio 
verhSrt und auggeftiret wer=len 
Von dem secretario des kirchenraths. 
Der seeretarius unsers kirehenr{hs soil yon 
den ordinari in gemeiner unser kanzleyordnung 
assignierten stunden zugegen sein, aueh den 
geseheften augwarten 
Und dann im rath alle supplieationes, bericht 
und ffirkomrnende sehriften lesen, die vota 
vleissig vermerken und auf entlichen besehluB 
des eonsistorii die decreta der ordnung naeh 
signieren. 
Was aueh ffir eoneepta zu maehen, selbst 
eoneipiern, dieselben naehgends im rath wider 
ablesen und auf die approbation vleissig daran 
sein, darnit solche ingrossiert, andere decreta 
gefertiget und was sonsten zu schreiben, nicht 

s 23. April. 
a = strittige. 

b = Privilegien. Gerechtigkeitan; vgl. H. Fischev 
Schvib. WSrterb. II, 1908, S. 545 ff. 

213 



Wolfenbiittel 

eingestelt, darzu die supplicanten damit ab- 
gefertigt und die bevelch weggeschickt und 
nichts eingestelt werde. 
Der secretarius sol auch aIle schriften, acta 
und handlungen 5rdentlichen registrieren und 
jedesmals an _hre gebfirende 5rter verwaren 
und legen. 
Auch keine schriften, gescheften, bficher, ord- 

nungen, neuerungen, instructionen oder andere 
ehehafte sachen jemanden frembden, dem solchs 
nicht gebfirt oder zustfinde, ausser seiner hand 
ohne der consistorialium vorwissen und er- 
lauben zu stellen, zu lesen oder abzuschreiben 
vergfinnen, damit die geheimnussen one ge- 
offenbart gehalten, auch der kirchen verrichtung 
dest weniger unrichtigkeit daraul3 ervolge. 

Ordnung in eesachen. 

Als wir auch befunden, das die notturft er- 
fordern xvil, in den ehe, als hochxvichtigen 
sachen, auch Gott dem allmechtigen zu lob 
und preiB, desgleichen zu ffirderung des ge- 
meinen nutzes, christliche, rechtmessige und 
billiche versehung zu thun, damit der heilig, yon 
Gott dem Herrn selbs eingesetzter ehestand, 
soviel mfiglich und an uns ist, christlichen, auch 
wie sich gebfiret, angefangen und erhalten. 
auch darzu allerley ungSttlichem und unerbarm 
wesen gevehret werde, so haben xvir in be- 
trachtung solches alles nachvolgende ordnung 
in ehesachen ffirgenommen. 
Von heimlicher unSrdentlicher eheverpflich- 
tung der kinder, one vorwissen und willen 
der eltern oder vormfindern. 
Es ist menniglich christli_hs und sonst erbars 
verstands kund und offenbar, das die ehr- 
empietung und gehorsam der kinder gegen ihren 
eltern anfenglich menschlicher natur als ein 
natfirlich, ewig und unvandelbar recht einge- 
billet und hernach in das g6ttlich wort, auch 
andere rechtgeschaffene schriften auBtrucklich 
verfasset und verkfindiget. 
Und darzu auch unverborgen, das beide, 
Moses [Vgl. z. B. Gen 24: Gen 29, 16 ff.] und 
keyserliche recht 9, die bemelte ehrempietung 
und gehorsame nicht allein auf die eusserlich, 
heuBliche kinderzucht, sondern auch auf das ehe- 

lich verheyraten verstehen, deuten und auJ3- 
legen 
Es befindet sich auch aus teglicher erfarung, 
das der allmechtig den ungehorsamb der kinder 
gegen ihren eltern, bevorab so die kinder sich 
ohne vorwissen und willen ihrer eltern muthwil- 
liglich verheyraten, mit al!erley beschwerlichen, 
verderblichem unglfick und plagen heimgesucht. 
Itierauf dieweil aus gbttlicher ordnung und 
in kraft keyserlicher geschriebener recht, auch 
natfirlicher erbar und billicheit, darzu schfildiger 
dankbarkeit nach die kinder ihren eltern ge- 
horsam sein und ffirnemlich auch mit ihrem 
rath, vorvissen und xvillen verehelichet werden 
sollen, so ist in betrachtung jetzund angeregter 
und anderer mehr erbarer und christenlicher 
uns darzu bewegenden ursachen unser meinung, 
ordnung und ernstlicher bevelch, das furthin nie- 
mand, so noch under veterlichem gewalt ist, 
sich ohne rath. vorwissen und willen seiner 
eltern ehlich verpflichten sol. 
Im fall abet. das ein kind, so noch im veter- 
lichem gewalt, ohne bewilligung seiner eltern 
sich wfirde ehelich verpflichten, all3dann sollen 
dieselben personen im fall, wo die eltern darin 
nicht gehellen 9a wolten, von unsern pfarherrn 
in der kirchen nicht aul3gerufft noch eingeseg- 
net, sondern ffir unser consistorium, hierin 
6rdentlichen, rechtmessigen bescheid und er- 
kantnul3 zu erholen, gewiesen werden. 

Corp. iur. civ. Instit. I, 10: Ausg. v. Th. Momm- 
sen, P. Krtiger, R. Schoell. 15. Ed. 1928, Vol. 
I. S. 4. -- Pandect. XXIII.I.10; XXIII,2,2; ibid. 

214 

S. 330. -- Cod. Just. V,4,20; dies. Ausgabe, 9. 
Ed. 1915, Vol. II, S. 196. 
9a  einwilligen. 



Wolfenbfittl 

kirchgang gestrafft werden, nemlich die mans- 
person acht tag in turn an bodem mit vasser 
und brodt und die frau vier tag in ein frauen- 
gefengnul gelegt verden und darzu ihnen bei- 
den spiel offer gest auf der hochzeit zu haben 
oder ihr ein krenzlein zum kirchgang zu tragen, 
verbotten sein. 
So aber die ehe nicht bekant oder sonst be- 
vtsen wfirde, sonder allein das beschlaffen, als- 
dann sol die klagende person dem antwurterb 
in kosten und schaden f211ig erkennt und darzu 
der man vierzehen tag im turn am bodem mit 
xvasser und brodt und die frau acht tag in 
ein frauengefengnul gestraftt werden. 
Von der blutfreundschaft und schweRerschaft. 
Nachdem es sich ein zeit lang je lenger je 
mehr zugetragen, das ctliche unverschempte 
personen, ungeachtet, dassie mit blutfreund- 
schaft oder schwegerschaft einander dermassen 
verwant, das sie g6tlicher, auch natfirlicher 
zucht und erbarket oder sonst rechtmessiger 
satzungen halben keine rechte, 6rdentliche und 
g6ttliche ehe miteinandcr besitzen m6gen, sich 
ehelich zusamen zu verpflichten understanden. 
xvelchs dann vor Gott greulich und abscheulich. 
auch daraul viel ergernuf und sonst allerhand 
unrath ervolget, so ist deahalben unser ernst- 
licher will. meinung und bevelch, velchen per- 
sonen das g6ttlich, natfirlich gesetz [Lev 18, 
6--18]. auch keyserliche geschriebene recht yon 
xvegen der blutfreundschaft und schwegerschaft 
die ehe verbieten, das dieselben keinswegs bey 
vermeidung der ernstlichen straff, so derhalben 
die gemeine geschriebene recht dem ubertretter 

auferlegen 10, sich zusammen ehelich zu ver- 
pflichten understehen sollen. 
Und die,veil in der eheverlobung nicht allein, 
vas frey gelassen, sonder auch xvas gebtirlich 
und ein wolstand ist, angesehen werden sol, 
so ist ferner in betrachtung vielerley uns darzu 
bewegenden ursachen unsere meinung und be- 
velch, das hinfurt alle die personen, so im 
andern und dritten grad der blutvervandtnul, 
als geschvesterigte kinder und kindskinder, des- 
gleichen auch der schvegerschaft (inmassen 
solche gradus hernacher 6rdentlich gesetzt) bey 
vermeidung unser schweren ungnad und ernst- 
lichen straff, sich keinswegs miteinander ehe- 
lich verloben oder noch weniger bey einander 
schlaffen sollen. 
Wo aber jemands unserer underthanen sich 
hierinnen ungehorsamlich halten wfirde, als- 
dann sollen dieselben partheyen yon unsern 
pfarrhern nicht verktindiget noch eingesegnet, 
sonder ffir unser consistorium, einen gebfirlichen 
bescheid zu erholen, gexviesen xverden, und so 
yon den partheyen obgeh6rter gestalt 6ffent- 
lich und wissentlich wider die natfirliche er- 
barkeit und rechtmessige satzungen gehandelt 
worden were, w611en wir uns hiemit dieselben 
personen ganz ernstlich nach gestalt der sachen 
zu straffen vorbehalten haben 
Keinem sol auch zugelassen werden, sein an- 
genommen, adoptiert kind, noch auch das in 
seiner verpflegung oder vervogtung ist, ihme 
selbst oder sein, des pflegers oder vormfinders, 
son oder tochter anderst, dann die recht zu- 
lassen, bey unser ungnad und straff zu ver- 
ehelichen  

:'b Beklagter; Fischer, Schwtib. W6rterb. I, 281. 
0 Das r6m. Recht sah im Falle einer blutschtin- 
derischen Ehe als Bestrafung Confiscation des 
Heiratsgutes und des fibrigen Verm6gens. 
Amtsverlust und Verbannung vor, bei Leu- 
ten niederen Standes auch k6rperliche Zfich- 
tigung, vgl. Corp. iur. cir. Nov. XII,1; 5. Ed. 
1928. Vol. II[, S. 95 f. 
 Vgl. Corp. iur. civ. Inst. [,10,1 f.; \rol. [. S. 4: 
,,itaque earn, quae tibi per adoptionem filia 
aut neptis esse coeperit, non poteris uxorem 
ducere, quamvis earn emancipaveris. 2. Inter 

216 

eas quoque personas, quae ex transverso 
gradu cognationis iunguntur, est quaedam 
similis observatio, sed non tanta, sane enim 
inter fratrem sororemque nuptiae prohibita 
sunt ... se.:l si qua per adoptionem soror tibi 
esse coeperit, quamdiu quidem constat adop- 
tio, sane inter te et earn nuptiae consistere 
non possunt: cure veto per emancipationem 
adoptio dissoluta sit. poteris earn uxorem 
ducere: sed et si tu emancipatus fueris, nihil est 
impedimento nuptiis." -- Vgl. auch Pandect. 
XXIII.I.15 ibid. S. 330. -- Pandect. XXIII,2.17; 



Kirchenordnung 1569 

Do sich auch begeben wtirde, das ein jung- 
frau oder frau von einern rnit listen, trug oder 
ander hinderffirungen, persuasionibus et induc- 
tionibus ohne oder rnit gewalt per rapturn 
heirnlicher oder betrieglicher wetl weggef/iret 
und solchs vor unsern eherichter und rethen 
beygebracht wtirde, alsdann sol nicht allein 
zxvtschen solchen personen kein ehe erkant, 
sondern auch der, so gehSrterrnassen rapturn 
begangen, in gerneiner recht und unser ernst- 
liche straff gefallen sein, welche wit auch an 
solchern ubelthetter nach gestalt und gelegen- 
heir der ubertrettung an leib oder leben rnit 
rechtlicher erkantnul$ volnstrecken lassen wSllen 
Do auch den gerneinen pfarrern in diesern 
und andern fellen etwas bedenklichs und zwei- 
felhaftigs ftirfallen wrde, daraul sie sich nicht 
eigentlich verrichten kSnten, sollen sie bey 
ihren superintendenten sich berichts erhSlen 
oder an unser consistoriurn gelangen lassen 
und daselbst bescheids sich verhalten. 

Von ehescheidung des ehebruchs 1halben. 
Nachdern etliche ehe, so yon wegen des be- 
gangnen ehebruchs durch unsere geordente ehe- 
richter und rethe yon einander gescheiden sein. 
sich eigen willens nach der scheidung ander- 
werts zu verheyraten ftirnehmen, so ist unser 
ernstlieher will und meinung, alas hinfurt kein 
gescheiden person sich eigens gefallens wider- 
urnb verheyrate, sonder, so es deshalben be- 
schwerung tragen wtirde, solches unsern ehe- 
richtern ffirbringen und yon ihnen deshalb be- 
scheids erwarten. 
Es sol aueh tier straff halben gegen der ehe- 
brfichigen person verrnSge tier landordnung rnit 
des arnpts verweisung, so lng das unschiildig 

noch irn leben bleibt, gehalten xverden Irn fall 
aber, da das unschtildig den andern heyrath 
aul billichen ehehaften ursachen yon unsern 
eherichtern erlangen und sich viederurnb ver- 
heyrahten wtird, sol das schtildig des lands 
verviesen werden und nichts destoweniger dern 
unschtildigen sein ftirderung yon verwirkung 
xvegen des ehebriJchigen guts gegen dern schtil- 
digen vor dern 5rdentlichen gericht in alhvege 
auBzufiJhren, vorbehalten sein. 
Doch wo die eheleut auB einiger obgernelter 
ursach rnit der urtheil gescheiden xverden, so 
rnSgen sie sich wol rniteinander xvlderurnb 
christlich versSnen und cinander ehelich bey- 
wohnung thun, darin unser arnptleut allen rniJg- 
lichen vleiB fiJrwenden sollen 
Wo auch die unschtildige person in schweben- 
den rechten und ehe die endurteil ergeht, auch 
ehebrchig und solchs bewisen xviJrde, alsdann 
sollen sie, beide eheleut, nicht gescheiden, sonder 
die instantia gefallen, auch sie beide, einander 
widerumb eheliche beywonung zu thun, schtildig 
sein und nicht dest weniger sie beide vcrmSge 
unser landsordnung gestrafft werden 
Von versbnun und zusamenhedigung' 
der eheleut. 
Es tregt sich auch teglich und an vie] 5rtern 
zu. das unter den eheleuten je eins gegen dern 
andern oder sie beide gegen einander grssen 
unwillen, held, haft, grirnmen und un[rund- 
schaft gefast, darnit nicht nachlassen, sondern 
eheliche beywobnung nicht haben noch pflegen 
wSllen. Darin sollen jedes orts arnptleut und 
gericht, auch cherichter und rethe, so dise und 
dergleichen sachen fiJr sie gebracht, allen rntig- 
lichen vleiB ankeren und ernstliche handlung 

ibid. S. 331. -- Pandect. XXIII,2,55; ibid. S. 
333 f. -- PandecL XXIII.2.62,2; ibid. S. 334. -- 
Pandect. XXIII,2,66f.: ibid. S. 334f. -- Cod. 
Just. V,6,5 ff.; Vol. II, S. 200. 
Ehebruch und bSsliche Verlassung {vgl. S. 
218) galten bei den teforrnatoren durchweg 
unbestritten als Ehescheidungsgrtinde Wo 
noch andere Grtinde hinzugeftigt wurden, ent- 
nahrn man sie dern rSrn. lqecht. Ehebruch aber 

sah man auf Grund yon .XIt 5.32 u 19,9. b/Ss- 
liche Veranlassung auf Grund yon 1. K 7.15 
als dutch das Neue Testament gerechtfertigte 
Scheidungsgrtinde an. Luther hatte schon 1520 
gefiufert, daf er 1 K 7,15 auf .die bSsliche Ver- 
lassung ftir anwendbar halte Vgl. De capt. 
\VA 6, S. 559 f. 
-"a Zusammenbrinung; Fischer. Schwtb. WOr- 
terb. VI. 1, S- 1376. 

27 217 



rchenordnung 1569 

Regula. 
Diese hinaufwarts erzelte personen seind als 
vor unsere vetter zu achten Derhalben ist ver- 
botten, sich mit denselbigen in den ehestand 
emzulassen. 

Personen, so yon wegen der blutfreundschaft 
in der seydwartslinien (herunderxverts zu rech- 
hen) zu ehelichen verbotten, denn solche per- 
sonen anstatt unserer t6chter geachtet werden: 
Der bruder sol nicht nernrnen hinabverts: 
II. 
Des bruders, noch der schwester tochter.  
III. 
Des bruders tochter tochter, noch der schwe- 
ster tochter tochter, noch des bruders sohns 
tochter, noch der schxvester sons tochter. 
IIII. 
Des bruders, noch der schwester tochter toch- 
ter tochter, noch des bruders sons sons tochter, 
noch der schvester sons sons tochter. 

Regula. 
Welches tochter ich nicht darf nemrnen, des- 
selbigen tochter tochter ist rnir auch ver- 
botten 8, ja auch desselbigen tochter tochter 
tochter. 

Personen, so yon wegen der blutfreundschaft 
in der seydvertslinien {herunderxverts zu rech- 
hen) zu ehelichen verbotten, denn solche per- 
sonen als vor unsere s6ne geachtet werden: 
Die schwester sol nicht nemrnen hinabverts: 
II. 
Des bruders sons, ngch der schxvester son. 

III. 
Des bruders sons son, noch der schwester 
sons son, noch des bruders tochter son, noch 
der schwester tochter son. 
iIII. 
Des bruders sons sons son, noch der schve- 
ster sons sons son, noch des bruders tochter 
tochter son, noch der schvester tochter tochter 
son. 
Erinnerung. 
Das vierte gebott Gottes spricht [Ex 20, 12]: 
Du solt vatter und mtitter ehren. Es kan abet 
kein grSsser und erschrecklicher unehre ratter 
und mutter und allen denen, so anstatt unserer 
vetter und mtitter geachtet werden, yon den kin- 
dern wiederfahren, denn so von ihnen dutch 
blutschande geschendet und verunreiniget wet- 
den, welche stinde, wie hart sie Gott straffe, 
ist an Ruben [Gen 35, 22], Absalon [2. Sam 16, 
22] und andern rnehr zu sehen. 

Personen, so yon vegen der blutfreundschaft 
in der seydwartslinien sich rniteinander zu ver- 
ehelichen verbotten, als nemlich bruder und 
schwester ihre kinder und kindskind: 
I 
Brtidern und schwestern sich miteinander zu 
verehelichen oder zu bertiren, ist von gSttlichem, 
nattirlichem und allen rechten und gesetzen 
verbotten, sie sind von roller oder halber ge- 
burr, das ist, von einem vatter und einer mutter 
oder allein yon der beiden einen, ja auch die 
nicht, so etvan ausserhalb der ehe yon vatter 
oder mutter erzeuget. 
II. 
Bruder und schxvester kinder 19 

1 Vgl. Corp. iur. civ. Inst. 1,10,3; Vol. I, S. 4: 
,,Fratris vel sororis filiam uxorem ducere non 
lioet, seal nec neptem fratris vel sororis ducere 
quis potest, quamvis quarto gradu sint." Vgl. 
auch Cod. Just. V,4,17; Vol. II, S. 196.; ibid. 
V,8,2; Vol. II, S. 200. -- Luther dagegen, Wel- 
che Personen verboten sind zu ehelichen. 
Vom ehelichen Leben. 1522, sah die Ehe zwi- 
schen Onkel und Nichte nach dem Alten 

Testament nicht als verboten an, vgl. WA 
10 II, S. 230; vgl. Von Ehesachen, WA 30 III, 
S. 244 f. 
s Vgl. Corp. iur. civ. Inst. 1,10,3, Vol. I, S. 4.: 
cuius enirn filiarn uxorern ducere non licet, 
eius neque neptern perrnittitur." 
1:, Vgl. dagegen Corp. iur. civ. Inst. 1,10.4; Vol. I, 
S. 4; .,Duorurn autem fratrum vel sororum 
liberi vel fratris et sororis iungi possunt"; 

221 



r,rchenordnung 1569 

2.Ihres bruders tochter tochter mann. 
3. Ihrer schwester tochter tochter mann, 
4. Ihres mannes bruders sons son. 
5.Ihres mannes schwester sons son. 

Von breutigam und der braut, das ist, die 
sid miteinander 6Ilentlich verlobt, und doch 
das eine verstirbt, ehe die hochzeit oder 
beylager gehalten. 
Der son sol nicht nemmen seiner braut mutter. 
Item er sol nicht nemmen seines vatters braut 
oder vertraute, welche seine stiefmutter solte 
geworden sein. 
Also ist auch yon tier tochter zu sagen, nem- 
lich: 
Die tochter sol nicht nehmen ihrer mutter 
breutigam oder vertrauten, welcher ihr stief- 
ratter solt geworden sein. 
Item sie sol nicht nehmen ihres breutigams 
ratter, alas ist der, mit welches sone sie sich 
zuvor verlobt und doch mit ihme nicht hochzeit 
gehalten. 
Der vatter sol nicht nemmen seines sons ver- 
lobte braut. 

Die mutter sol nicht nehmen ihrer tochter 
verlobten breutigam. 

Erinnerung und underricht. 
Die,veil mann und weib ein leib und 
fleisch durch die ehe worden, sol ein jegliches 
theil sich yon des andern blutfreunden enthal- 
ten Es werden aber nicht allein blutfreunde 
genant, welche yon ganzer geburt, als yon einem 
rater tud yon einer mutter, sondern auch wel- 
che yon halber geburt, als yon dieser einem, 
ja auch, welche etwan ausserhalb tier ehe ge- 
zeuget und des gebltits halbert durch alas nattir- 
liche recht mit einander vervandt sind, unter 
welchen personen keine eheverbindung noch 
vermischung geschehen sol, wie dann im dritten 
buch Mose am achtzehenden capittel verbotten 
wird und wer dieser personen eine, so ihme 
mit blur verwandt und verbotten, berhtiret, 
der hat eine blutschande begangen. 
Wo jemands mehrers oder welters berichts be- 
n6tiget oder bed/irfte, der sol sich de,sen zuvor 
in den consistorien und bey den superintendenten 
und pfarherrn erholen, und ehe solchs gesche- 
hen. zu keiner ehelichen verpflichtung schreiten 

Von den schulen. 

Dieweil zu dem heiligen predigampt, xvelt- 
licher oberkeit, zeitlichen emptern, regimenten 
trod hau/haltung rechtschaffene, weise, gelerte, 
geschickte und gottsffirchtige menner geh6ren 
und dann die schulen die rechten yon Gott 
verordenten und bevohlenen mittel sein, dar- 
innen solche leut auferzogen mhgen verden, 
wie auch in rechten die schulen und studiosi 
mit namhaften privilegiis begabet, versehen und 
uns erinnern, die schulen und studien zu haben 
und zu erhalten, dervegen unsere voreltern 
yon ihren zeitlichen gtitern an die klhster und 
stiften der schul und studien halben ein ham- 
hafts verwendt, demnach und damit in unserm 
ffirstenthumb die kinder yon jugend auf yon 
ihren elementis per gradus dest ehe und ffirder- 
licher zu den nutzlichen sprachen, wie dann alas 

all testament in hebraischer und das neu testa- 
ment in griechischer sprachen geschrieben sein, 
und dann yon denselbigen zu rechter theology 
und andern hohen nott/irftigen k/insten, regi- 
menten, emptern und haulhaltungen gerahten 
und kommen mbgen, so verordnen, schaffen und 
bevehlen wir, das dieselbigen in unserm frsten- 
thumb yon unsern verordenten rethen zu ver- 
richt-ung der kirchendiensten volgender unserer 
ordinationen nach mit allem vleil und ernst an- 
gericht und ohne feelen exequirt. Nemlichen 
zuvorderst getreulichen daran sein, damit in 
allen und jeden stetten, die sein groI oder klein, 
desgleichen etlichen den firnemsten dhrfern 
oder flecken unsers ffirstenthumbs lateinische 
schulen und darzu taugenliche praeceptores ge- 
halten werden. 

225 



Wolfenbflttel 

Und nachdem wir befinden, das unglelcheit 
in der lehc, autoribus und modo docendi der 
jugend an ihren studien in viel weg hinderlich, 
sein wir der jugend zu gutem und gnaden be- 
weget und verursachet worden, ein gleich- 
messige schulordination mit underschiedlichen 
abtheilung in classes, decurias, gewisse autores, 
horas, repetitiones und dergleichen, darnach sich 
die preceptores alle richten und dieselbigen mit 
nichten ihres gefallens endern sollen, auch also 
alle schulen auf einander correspondieren be- 
greifen lassen. Und wiewol dieselbig etnfeltig- 
licb gestelt und ein kindisch ansebens haben 
mScht, so gedenken xvir doch, es verde ein 
jeder, welcher dil verk recht bewegen vird, 
leichtlich die ursachen bey ihme selbs ermessen 
und verstehen, das in kindischen sachen und 
gescheften auch einfeltiglich zu handeIn sey und 
das ohne solchen kindischen anfang das mehrer 
nicht zu erlangen. 
Dieweil aber nicht bey jeden unsern schulen 
diese unsere schulordnung mit allen classibus 
auI mangel der pedagogen und auditoren genz- 
lichen und volnkSmmenlich anzurichten und der- 
wegen an etlichen 5rtern allein die inferiores 
classes gehalten verden mSgen, auch nicht ge- 
ratben, die jungen gleich a primis rudimentis, 
zuvor und ehe sie ihre grammaticalia wol, die 
praecepta dialecticae und rethoricae aber zim- 
lichen ergriffen, zu einer universitet oder hohen 
schul also jung zu schicken, so seind wir dem- 
nach entschlossen, unserer landschaft kindern 
zu gnaden in unserer start N. 28 ein sonder paed- 
agogium mit gescbickten pedagogarchen anzu- 
richten lassen, darin alle classes und derselben 
lectiones durch gelerte praeceptores nach not- 
turft gehalten, auf alas die knaben, so man 
nicht gleich, zuvor und ehe sie in der gram- 
matic, dialectic und rethoric fundiert, auf ein 
universitet verschicken wolte, daselbsten proce- 
dieren und ihre studia continuiren Das auch 
den armen unvermiiglichen knaben, so gute und 
fruchtbare ingenia, geholfen und die befiirdert 

per gradus profectum studiorum, schaffen und 
fortfahren mSgen, gedenken wir etlichen, so 
yon den ringen particularschulen sich in ge- 
dacht unser paedagogium begeben und der ftinf- 
ten oder zum wenigsten der vierten classen 
fehig, ein subsidium oder hull au/ unserm ge- 
meinem kirchenkasten geben und reichen zu 
lassen, so lang bi/ sie veiters promovieren. 
Zudem und auf das. soviel miiglich, unser 
armen landschaft und dero kindern, so sie zur 
schul erzogen, die hand gebotten und gehulfen 
werde, haben wit auch in unsern klSstern, doch 
underscbiedlicbe scbulen verordnet, desgleicben 
auch etliche stipendia aufzurichten bedacht, der 
ursachen, damit den armen unsern landkindern, 
so zum studieren geneiget, gradatim geholfen 
und yon den particularschulen die armsten, 
denen ihre eltern gar nicht zu helfen, wo sie 
anderst der ordination nach qualificiert, in 
solche klosterschulen eingenommen, auch so 
sie bey denselben oder in unserm paedagogio 
zu N. procedierten, in gedacht unser stipendium 
zu ftirdern weren und also nach und nach 
hfilf haben, ihre studia ihnen selbst und darm 
der kitchen Gottes zu nutzen, fOrstand und 
wolfart absolvieren mSgen. 
Als wit auch etliche namhafte und volk- 
reiche flecken in unserm ffirstenthumb und ge- 
meinlich hertschaffende underthonen haben, so 
ihrer arbeit halber nicht alle zeit, wie noth. 
ihre kinder selbs underrichten und weisen ktin- 
nen, damit dann derselben arbeitenden kinder 
in ihrer jugend nicht versaumbt, ftirnemlich 
abet mit dem gebet und catechismo und dar- 
neben schreibens und lesens ihren selbs und 
gemeines nutzes wegen, desgleichen mit psal- 
men singen dester bal unterricht und chri- 
stenlich auferzogen, wSllen wit, wo biI anhero 
in solchen flecken kfistereyen gewesen, das da- 
selbst deudsche schulen mit den kiistereyen 
zusamen angericht und darauf zu versehung 
der deutschen schulen und ktistereyen yon 
unsern verordenten kirchenrethen geschickte 

2. Gandersheim, vgl. S. 88, Anm, 13. 

226 



. xrchenordnung 1569 

und zuvor examinirte personen, so schreibens 
und lesens wol bericht, auch die jugend im 
catechismo und kirchengesang underrichten 
kiinden, verordnet werden. 
Alles inmassen solcher bedachter schulen 
ordinationes 5rdentlich hernach volgen 

Von particularschulen. 
Dieweil nun nicht wenig an dem gelegen, das 
die jugent gleich zu anfang ihres studierens 
recht angeftirt, underricht und die grundvestin, 
darauf dann volgends die mehrern studia er- 
volgen und gebauen, nutzlich gelegt, welches 
dann in den particular unserer stett und 
flecken geordenten schulen geschehen und voln- 
zogen werden mug, und wo die jugend gleich 
in limine verhindert, ungleich oder ubel insti- 
tuiret oder versaumbt, ihnen durchauB ftir und 
[iir beschwerlich, nachteilig und verhinderlich, 
so bevehlen wit hiemit ernstlichen, das in allen 
und jeden unsers ftirstenthumbs particular latei- 
nischen schulen nachgesetzte ordnung, so vir 
dutch etliche, dieser sachen verstendige und 
lang getibte zusammenziehen lassen, mit lehr 
und disciplin der knaben volnzogen, die prae- 
ceptores und ihre cooperarii vermSg derselbiger 
bestelt und angenomen, auch zu verrichtung 
ihrer officien gegen den gesetzten und bestimp- 
ten benefitien, auch sondern privilegiis dutch 
die dariiber deputierte superintendenten und 
unsere kirchenrethe gewiBlichen angehalten 

werden. 

Der erste theft. 
De ordine classium. 
Und anfenglichs yon wegen grosset ungleicheit 
zwischen den mehrern und kleinern stettlein, 
auch namhaftern flecken unsers fiirstenthumbs 
nicht allerley in jeden unsern lateinischen schu- 
len gelert und gelernet werden mag, und doch 
die hohe notturft erfordert, woferne man anderst 
ein sattes haben wil, eine bestendige, gleich- 
messige schulordnung, darnach alle unsere scho- 
lae dirigiert und reguliert xvtirden, zu verferti- 
gem so ist demnach berathlich erwogen, diese 

schulordination in underschiedliche classes und 
derselbigen ftinf, inmassen (dann der knaben 
verstand, captus und erudition auch aufsteigt) 
auBzuteilen. Nicht der ursachen, das darumb 
eine jede schul alle auf ffinf classes haben 
mtisse, sondern das nach gelegenheit der flecken 
und knaben eine, zwo. drey oder mehr f(irge- 
nommen verde, auf form und weiB, wie her- 
nach volget. 

Classis infima. 
In diesem haufen sollen begriffen werden 
alle knaben, so erst anfahen und lernen buch- 
staben, lesen und schreiben, und sollen dar- 
innen bleiben, bib sie des lesens aller ding 
fertig und gewiB sein. Und ist gemein allen 
schulen in grossen und kleinen stetten und 
dSrfern, da gleich nun ein person zum schul- 
meister erhalten mag werden 

Ouarta classis. 
In diesen classen gehOren die, so schon mit 
dem lesen allerdings fertig seind. L'nd sollen, 
wie bey dieser classe hernach verzeichnet, in 
ihren studien mit fiirgebung derselben autorum 
ferners gefiirdert werden. 

Tertia classis. 
Zu dieser sollen geordnet werden, welche 
in der andern classe dieselben studia absolviert 
und nunmehr der lection tier dritten classe, 
hernach zugeordnet, fehig seyen 

Secunda classis. 
So nun ein knab in der dritten elasse wol 
abgericht, sol derselb noeh ferners und in diese 
seeundam zu hSrung derselben leetionen, je 
lenger je mehr im studieren aufzusteigen, ge- 
setzt werden 

Prima classis. 
So dann ein junger seine studia in secunda 
classe absolviert und also etwas wol ersterket, 
solle er in primam classem, welcher etwas 
treffentlichere authores und lectiones assigniert, 
verordnet werden. 

2s" 227 



Wolfenbfittel 

Von den decmiis. 
Und dieweil sich begibt, das in den classibus, 
besonder den dreyen ersten, vielmalen, ffirnem- 
lichen, wa der knaben viel sein, warm sie zu 
ungleichen zeiten darin kommen, ob sie schon 
einerley lectiones haben, jedoch einander mit 
ihrem studiren und profectu etwas ungleich, 
und je einer sich mehr dann tier ander darin 
ftirdert, sol der praeceptor die ffirsehung thun, 
alas in diesen fellen bey solchen classibus decu- 
riae angericht und die knaben zusammengesetzt 
werden, so sich im studieren am meisten mit- 
einander vergleichen, damit er ihre tngenia dest 
leichter erkennen m6ge und die knaben durch 
sein promotion ad aemulationem, eyfer und vlei 
gereizet werden. 
Es sol auch in einer jeden decuria au den 
knaben alle wochen ein neuer decurio und 
rottmeister gewehlet werden, welcher seinen 
rottgesellen ihre gemeine lection lauth ffir- 
sprechen sol und sonst acht auf sie haben, das 
sie sich wol halten, und ihr unzucht dem prae- 
ceptori vor der lection anze,.'ge. 

Welche bficher in der schul gelesen sollen 
werden. 
Auf alas nun die knaben mit andern bfichern 
nicht beladen, noch ihre eltern mit viel bficher 
zu kaufen beschwert werden, darzu die schul- 
meister mit den examinibus und progressioni- 
bus, so jerlich in allen schulen gehalten, ihres 
thuns desto richtiger mSgen antwort geben, 
oder so die knaben yon einer schul in die 
andern geffirdert, mit ungleicheit tier biicher 
nicht irre gemacht, so sollen hinfurt in allen 
schulen nun einerley bficher und kein anders, 
dann die in dieser ordnung hernach verzeichnet, 
gelesen, die auch keinswegs verendert, sonder 
zu bestimpter zeit aufgelesen und nachmals 
vornen wieder angefangen werden. 

Von den stunden in der schul. 
Auf das die schulknaben und ihre eltern. 
item die paedagogi wissen, zu welcher zeit 
sie sich zu der schul schicken sollen, so ordnen 
und w611en wit, das hinfurt, warm kein feyer- 

tag ist, in allen schulen teglich drey stund vor 
mittag, nemlich sommers zeiten von der sechsten 
uhr bif auf die siebende und dann yon der 
achten uhr bil ungefehrlich auf die zehende, 
aber winters zeiten yon der siebenden uhr bif 
ungefehrlich auf die achten und dann yon der 
neunden uhr bif auf die zehenden. 
Und nach mittag auch drey stund, beyde, 
sommers und winters zeiten gleich, nemlich 
von zxv61f uhr bif umb zwey und darm yon 
drey uhr bif umb viere schul gehalten sol 
werden. 
Doch m6gen die eltern und schulmeister mit 
den gar jungen kindern und legisten in infima 
classe uber der morgenstund xvol dispensieren, 
sonderlich winters zeiten dieselben etwas spa- 
ters zu der schul schicken und kommen lassen. 
Es sollen auch die praeceptores und ihre 
collaboratores schfildig sein, selber anfangs auf 
die verordente stund entgegen zu sein und 
mit vleif dahin sehen, das die knaben zu 
jeder verordenten stund in die schul kommen, 
damit ein jede stund nutzlich und wol angelegt 
xverde. 
Und auf das solche ordnung erhalten und 
denen, so gem neben die schul gehn, geweret 
werde, sol der schulmeister (so oft es ihn ffir 
gut und notwendig ansicht) den catalogum selbs 
lesen oder die collaboratores thun lassen und 
nachmals die absentes rechtfertigen, und wo die 
absentia bey ihnen oder mchr unn6tig oder mutlo- 
willig befunden, darub bescheidenlich straffen. 

Was und auf welche weifi zu jeder stunde 
in einer jeden classe Eelesen und gefibet 
werden soll. 
Infima classis. 
In infima classe sollen die lectiones nicht, 
wie in den andern nachvolgenden classibus ge- 
schicht, geendert, sonder die praeceptores mit 
den legisten die 6 stunde des tags und die 
6 tage durch die xvochen das ganz jar mit nach- 
volgender ordnung furtfaren, so lang und viel, 
bif sie, die knaben, in dieser classe des lesens 
und schreibens ganz fertig werden. 

228 



Wolfenbfittel 

die knaben in ihre collectanea sollen aufschrei- 
ben, damit sie dieselbigen in loquendo et scri- 
bendo k6nnen nutz machen- 
Des andern tags sol die lectio Aesopica oder 
Dialogorum Castalionis mit dem exercitio ety- 
mologiae und syntaxis und recitatione phra- 
sium zur ersten stunde zuvor repetiert und darm 
den knaben ein neue lectin wieder ftirgeben 
werden. 
Es sol auch der praeceptor in repetitionibus 
zu zeiten etn verbum aus dem dictionario ftir 
sich nehmen und sein ganz progeniem oder 
prepagationem und wie eines aus dem andern 
fleust, auch phrases anzeigen und die knaben 
auch dahin gewehnen, das sie auf die phrases 
und formulas loquendi gr6sser acht haben. 

Hora octava et nona in tertia classe ante 
meridiem: 
Zu dmsen stunden sollen die Quaestiones 
grammaticae, wie sie aus dem Philippo ge- 
zogen 1 und auf tertiam und quartam classem 
gericht, gelesen werden. 
Des andern tags sol zu den bemelten stunden 
diese lection zuvor xvol repetiert und darnach 
ein andere yon neuem ftirgelesen werden_ 
Nachdem aber grammatica lectio aul ist, sol 
der praeceptor die ubrige zeit und dritte stund 
die selectiores epistolas Ciceronis den knaben 
einen tag umb den andern vorlesen und repe- 
tiren, wie zur frtihen lection mit dem Aesopo 
auch geschehen ist 

Hora duodecima et prima in tertia classe: 
Zu diesen stunden sol nach der musica den 
knaben der Terentius 42 gelesen werden, welchen 
sie auch aulwendig lernen und des andern tags 
m der repetition aufwendig recitiren sollen. 
Und well der Terentius gar proprie und pure 

geschrieben, sollen dieselbigen phrases mit den 
knaben viel und vleissig getibt, auch in gut 
deudsch gebracht, damit das lateinreden und 
schreiben dardurch geftirdert werde. 
Es sollen auch die praeceptores in enarratione 
Terentii diese prudentiam haben, das sie con- 
silium authoris wl anzeigen, -ie er nicht aIle 
ding ex sua persona rede, sonder diversa vitia 
et ingenia in diversis personis abmale, ut in 
Demea, nimiam severitatem in corrigendis delic- 
tis, in Mitione 43 vero, nimiam ad condonandum 
facilitatem. 
Item, da Mitio sagt:4 Non est flagitium 
(crede mihi) adolescentem scortari, neque po- 
tare, neque fores effringere etc., ist der jugent 
anzuzeigen, das hIitio diese wort nicht aus 
ernst rede, wie ers dann gleich in eadem scena 
wiederrufft und den spectatoribus huius dissi- 
mulattonis ursach anzeigt, da er also sagt: 45 
Nec nihil, neque omnia haec sunt, quae dicit, 
tamen nonnihil molesta sunt haec mihi; sed 
ostendere me aegre pati illi nolui, nam ira 
est homo: quum placo adversor sedulo, et de- 
terreo etc 
In Adelph., act. 1, scena. 2 5a. 
Item, es solien auch an diesen und dergleichen 
locis die praeceptores anzeigen, wie die blinden 
ethnici yon Gott und seinem wort nichts ge- 
wift, wie darm die rochlosen Christen auch 
nichts darumb wissen, darneben ein exemplum 
und testimonium sacrae scripturae anzeigen, 
wie Crott der Herr diese laster greulich straffe 
und sich in alhvegen befleissigen, das die un- 
verstandne, zarte jugent nicht geergert werde. 

Hora tertia usque ad quartam in tertia classe: 
Zu dieser stund sol teglich den knaben ein 
regel aus dem syntaxi, so zu diser classe ver- 
ordnet, ftirgelesen und mit exemplis, so bey der 

41 Vgl. S. 229, Anm. 30. 
4- Vermutlich die yon J. Camerarius 1545 f ver- 
anstaltete Ausgabe, die Melanchthon mit zwe 
Vorreden versah, vgl. K. Hartfelder, Ph. _XI. 
als Praeceptor Germaniae. 1889, S. 584, Nr. 96 
u. S. 600, Nr. 373. Neuere krit. Ausg_ v. Ump- 
fenbach. 1870. Vgl. CR I, 772 ff.; V. 567 ff. 

43 Demea und Mitio sind Personen tn der KomS- 
die ,,Adelphoe", b. Umpfenbach S. 427--510. 
4 Adelphe 1.2,21-- 23 ; Umpfenbach S. 438. 
45 Adelphoe 1,2,61- 64; Umpfenbach S. 441. 
a Am Rand. 

232 



Kirchenordnung 1569 

regel standen, auch andern mehr, so yon dem 
praeceptore fingiert, wol erklert und ad regulam 
appliciert werden, doch sol zuvor, ehe die regel 
gelesen wird, allwegen superioris diei lectio 
yon den knaben exigiert und alsdann erst ein 
neue lection ftirgegeben werden. 

De exercitio styli. 
Hierauf sol nun aucl das exercitium styli an- 
gefangen und alle Mitwoch ein kurz leicht argu- 
ment aua den negstgeh6rten lectionibus und, 
soviel mfiglich, eben dieselben wort, doch ver- 
deutscht und als hernach volget, geendert, ge- 
nommen, den knaben deutsch ftirgeben und 
dictiert und ihnen angezeigt werden, an wel- 
chem ort sie solch argument linden, damit sie 
ein anleitung haben, die phrases authorum au 
geh6rten lectionibus dest leichter zu imitieren 
Doch sol der praeceptor die genera, numeros, 
personas, casus, modos et tempora endern. 
Volgends am negsten Freytag darnach sollen 
die praeceptores yon allen knaben exigieren 
und ihr jedem die vitia und mengel in generi- 
bus, numeris, casibus, temporibus, modis und 
andern accidentibus, auch in syntaxi, freandlich 
trod deutlich anzeigen, das es die andern auch 
h6ren. Darumb geh6rt hieher gedult, dieweile 
die knaben oftmals feelen, sonst, wo man un- 
gedtiltig mit ihnen ,.'st, besonder in exercitio 
styli, werden sie kleinmfitig, verzagt und ver- 
drossen 
Ftirnemlich auch darauf acht haben, das 
keiner des andern scripture allein abschreibe 
und, als hette ers selbs gemacht, dargebe. 
Die knaben sollen auch zu solchem eigene 
besondere bticher haben, darin sie die scripta 
yon quatember zu quatember einschreiben und 
emendieren lassen, damit man in der super- 
intendenz der knaben und preceptorn vlei und 
unfleia sehen m6ge. 

Secunda classis. 
Die erste siund vor mitta. 
zu dieser stund sol integrum opus Epistolarum 
familiarium Ciceronis gelesen und mit der ex- 
plication, exercitio grammatices und repetiti- 
onibus gehalten, wie in den vorigen lectionibus 
verzeichnet ist, besonder in dieser classe yon 
dem praeceptore inter legendum figurae con- 
structionis und species metaplasmi demonstriert 
werden. 

Die andern zwey stund vor mittag. 
Zu der ersten stund sollen die Quaestiones 
grammatices, zu dieser classe verordnet, alle tag 
gelesen und repetiert werden, doch etwas grind- 
licher, dann in tertia classe geschehen ist. 
De ubrigen zeit sol der praeceptor die lection 
Epistolarum familiarium, so zur ersten stund 
gehalten, repetiren und ad usum grammatices 
transferieren, wie oft gemelt ist. 

Auf zw61f uhr big zwey in secunda classe. 
Zu dieser stund nach der music sollen die 
praeceptores die erst comoediam Terentii 
driam 6, und so solche absolviert, libellum Cice- 
ronis De amicitia lesen. Nach demselben die 
andern comoediam Terentii Eunuchum 7 und 
auf volendung derselben libellum Ciceronis De 
senectute, und also durchauss alternatim fiir- 
nemen und halten. 
De ubrige zeit sol der praeceptor den ganzen 
syntaxim 5rdentlich nacheinander repetieren, wie 
er in tertia classe zu dieser stund gelesen ist 
vorden. 
Nachdem er aber den syntaxim einmal vol- 
endet, sol er lhn lassen anstehen und anstatt 
desselbigen die principia prosodiae as, wie sie 
per Quaestiones gestelt, fiir sich nehmen und 
nach volendung derselbigen den svntaxim wieder- 
umb davornen anfahen. 

 b. Umpfenbach S. 1- 86. 
7 b. Umpfenbach S. 87--182. 

As Vgl. Mel., Gramm. Lat. CR XX.245: ,,Pro- 
sodia, quae docet accentus ..." 

29 233 



,.trchenordnung 1569 

demnach solches epitome ausser den Rhetoricis 
Philippi gebraucht und ftir die hand genomen 
und ein praeceptum oder zwey deutlich und 
wol expliciert und den negsten tag hernach zu 
dieser stund, ehe man wieder list, repetiert und 
memoriter recitiert werden Und dieweil die 
praecepta fiir sich selbs blol seind und keinen 
nutz schaffen, wo sic nicht exemplis illustriert 
werden, und aber die knaben den usum auch 
sehen mSgen, sol auf ein jeden statum oder 
genus causae ein oratio Ciceronis oder Livii, 
wie in gemelten Quaestionibus Georgii Maioris 
sic getruckt, gelesen werden, dann der praecep- 
tor vleissig das argumentum, die partes orati- 
onis, den stature, die argumenta confirmationis, 
darnach in singulis partibus orationis, wie sic 
orniert und tractiert werden, anzeigen. Und 
sol der praeceptor erstlich auf die inventionem, 
nachmals dispositionem und letzlich elocuti- 
onem acht haben und also die praecepta auf 
gehSrte weia demonstrieren. 

Die erste und andere stund nach mitta 
von zwBlf biss auf ein und zwey uhr in 
prima classe. 
Nachdem das exercitium musicae verricht, 
sol der praeceptor dieses classis den grSssern 
Syntaxim Philippi Melanthonis 56 5rdentlich ftir- 
nehmen und ein regel oder zwo mit den exem- 
plis wol explicieren und den knaben anzeigen, 
das man solche schSne formulas loquendi in 
reden und schreiben imitieren solle, auch all- 
wegen, wie vor oft gemelt, den negsten tag die 
vorgehenden lection repetieren, ehe man wieder 
lielt. 
Aber von ein bil zwey uhr sollen die libri 
Aeneidos Virgilii und Officia Ciceronis, ein buch 

umb das ander, gelesen, auch alternis diebus 
repetiert und ein grammaticum exercitium dar- 
aua gehalten werden. 

Die letzte stund von drey bil vier uhrn in 
prima classe. 
In dieser stund sol allwegen alternis diebus 
Integra grammatica graeca 5' und ein lection ex 
Fabulis graecis Aesopi, ex Isocrate Ad Demoni- 
cure 58 oder Paedia Xenophontis oder Hesiodo 
nach gelegenheit der auditorum gelesen und 
repetiert werden und hierin der praeceptor auf 
das vleissigst die themata 59 den knaben an- 
zeigen und sic selbs formieren lassen, auch sic 
darzu halten, das sic es vleissig colligieren und 
aufschreiben 

Exercitium styli. 
Es sollen auch in dieser classe die deutsche 
argumenta lenger und scherfer gestelt werden. 
doch das sic in periodos eingeschlossen seln. 
damit die jungen der composition gewohnen. 
Und dieweil man in dieser classe principia 
dialecticae und rhetoricae lieset, sollen die argu- 
menta nicht alle auf eine weise gerichtet, sonder 
etwan ein epistola, zun zeiten ein exordium. 
narratio, locus communis, confirmatio, peroratio, 
descriptio alicuius rei, tractatio fabulae oder 
dergleichen progymnasmata fiirgegeben und die 
adolescentes also abgericht werden, das ihnen 
nachmals, ganze declamationes zu schreiben, 
nicht zu schwer sey. 
Da muB man nicht sehen, wie lang, sonder 
wie gut die scripta sein und das sic auf die 
phrases und imitationem Ciceronis gerichtet 
werden, sonst coacerniren die knaben allein 
viel sententias aul andern scriptoribus ohne 

56 CR XX,337ff. -- Die Syntax, die seit 1532 
racist mit der Grammatik zusammen erschien, 
wurde zuerst auch fiir sich gedruckt. Erst- 
ausgabe: 1526. Vgl. dazu CR XX, 227 ff.; Hart- 
felder, a. a. O. S. 275. 
57 Die zweite Ausgabe der griech. Grammatik 
Melanchthons von 1520 hatte den Titel ,,Inte- 
grae Graecae Grammatices Institutiones". Sic 
wurde danach noch 5fter aufgelegt. Die spi- 
teren Ausgaben der Grammatik sind nur 

,,Grammatica Graeca ..." benannt. Jedoch 
wird Melanchthons Grammatik auch allge- 
mein als ,,Grammatica graeca integra" be- 
zeichnet, vgl. CR XX,15 ff., wo die letzte Aus- 
gabe yon 1542 abgedruckt ist. 
5 Rede mit Anweisun.gen ffir das tigliche Le- 
ben, Isokrates zu Unrecht zugeschrieben, vgl. 
Pauly-Wissowa, Realenc. IX 2. 2195 ff 
59 Wortformen. 

2- 235 



.... chenordnung 1569 

ist. Abet in unsern stetten, bey der particular- 
schul und sonst wo die schulen gro6 und den 
5rdentlichen lectionibus nicht verhinderlich, 
mSchten alle tag vor der ersten lection nach 
mittagzeit ein vierteil stund die knaben in 
der music underricht, doch das die praecepta 
ganz kurz und ftirnehrnlich nach notwendigen 
gegebenen praeceptis usus getrieben werde. 
Am Sonnabend zur vesper, so man das erst 
mahl leutet, sollen alle knaben ztichtig zu der 
schul kommen, ein jeder sein psalmenbtichlein c, 
mit sich bringen, auf das, so man zusammen 
leutet, sie in der proceB zu chor miteinander 
gehen m6gen. 
Desgleichen sol am Sonn und feyertag zur 
morgen, mittag oder vesperpredigt auch gehan- 
delt werden und die praeceptores sich mit dem 
gesang unser kirchenordnung nach halten. 
Am Freytag oder andern tagen, da jedes orts 
die lytaney 65 gehalten wird, sol die ganze schul 
zu der predigt und lytaney vleissig kommen. 
Es sol auch der praeceptor gut acht haben, 
das die kinder in der kitchen ziichtig sein 
und der predigt vleissig zuhSren, damit, so 
man sie nach der predigt examiniren wird. was 
sie daraufi behalten haben, wissen zu erzelen. 

Von der disciplin und zucht. 
Der gottseligkeit volget auch die eusserliche 
disciplin und zucht der knaben, welche yon dem 
heiligen Geist auch vleissig zu pflanzen ge- 
botten ist. Derha]ben wbllen wit, das dieselbige 
ernstlich getrieben, damit die jugent nicht wie 
das vihe ohne aIle zucht erzogen werde, laut 
des spruchs: Die wort, die ich dir heut gebiete, 
soltu deinen kindern scherpfen [Dr 6, 6 f.] etc. 
Dann wo gottesfurcht bey einem kind ist, 
alsbald findt sich auch bey ihme die zucht. 
Darumb so] nicht allein die schulmeister, sonder 
auch die e]tern oder diejenigen, denen ihre 
eltern entfa]len, verordente vormi]nder vleissigs 

und ernstlichs aufsehens haben, das die kinder, 
dieweil sie noch zart und zu biegen seind, zu 
aller erbarkeit und guten sitten gezogen wet- 
den und zur schul, kitchen, auf der gassen, 
in ihren heusern und an allen 6rtern guten 
wandel ftihren. 
Wo abet eltern oder vormiinder weren, die 
aus unverstand, fahrlessigkeit oder hal6starrig- 
keit ihrer kinder, die sie zur schu! verordnet und 
sonderlich die mit der zeit in das paedagogium, 
klosterschulen oder stipendium zu bringen ge- 
denken, nicht achten, dieselben mit der zucht 
versaumen und nicht, wie sie vor Gott schfildig, 
ob ihnen halten wOrden, die sollen yon den 
schulmeistern ermanet und ihres ampts vleissig 
erinnert, und da es nicht hilft, in der visitation 
dem superintendenten und magistrat angezeigt 
werden, damit dieselben dargegen ihr ampt 
auch gebrauchen und verrichten mbgen. 
Und damit die eltern der schulen nutz und 
notturft mit den kindern bericht und zu desto 
mehrer liebe, v]ei6 und eifer gereizet werden, 
sollen die pfarrer und kirchendiener dem yolk 
auf das wenigst im jar zweymal, das erst im 
frilling, das ander gegen dem winter, in 6ffent- 
licher predig ein ernstliche vermanung thun, 
das sie die kinder vleissig zur schul schicken 
in bedenken, das der mehrer tell ihrer arbeit 
und hantierung halbert dieselben nicht selbs 
lehren und underichten m6gen, trod doch zu 
ihrer zeitlichen und ewigen wolfart in den 
schulen, als dem rechten mittel gelehrt zu 
werden, ihnen hoch yon nbten mid nutzlich. Und 
sie, die eltern, ihre kinder selbs auch under der 
ruten halten und ihnen nicht zu lei6 und milt 
seien oder under den schulen zu andern arbeiten 
gebrauchen und an ihren studiis verhindern. 
Und wo sie ab den schulmeistern klagen, nicht 
leichtlich glauben geben und beyfa! thun, dann 
die schulmeister hierin ihres ampts nicht ver- 
gessen, sonder wissen und daftir halten sollen, 
das ihnen die kinder nicht als dem hirten das 

4 Vgl. S. 248 bei Anm. 69; verbreitet war das 
Psalterium Davidis... repurgatum yon G. 
Maior, 1547; vgl. RE 3 12, S. 86, 55 ff. 

c,:, Ev. Kgb. Nr. 138. Vgl. oben S. 51. Anm. 75 
und 77. 

237 



Wolfenbtittel 

unvernunftige vihe, sonder als himlische kleinot 
vertrauet und bevohlen sein, welche auch unser 
Herr und Gott so lieb hat, das er mit allem 
ernst gebotten und bevohlen [Mt 18, 6; Luk 17, 2], 
das niemands eins aug denselben ergern, dann 
wer das thue, das dem besser wer, es w/irde 
ihme ein mtilstein an den halfi gehenkt und 
ins meer, da es am tiefesten ist. versenket. 
Damit aber die kinder zu volfart der kirchen 
und der gemeine Christi auferzogen werden, sol 
der schulmeister ungefehrlich auf nachvolgende 
statuta zu halten, gut acht haben 

Statuta. 
I.] Erstlich, das alle knaben gottsftirchtig, fromm 
und ztichtig sein. vleissig in die schul gehen 
und lernen. 
II.] Das sie ihren eltern, vormtindern, pfarrherrn 
und schulmeistern gehorsam sein und alle die- 
jennige, denen ehr gebfirt, in ehren halten. 
III.] Sie sollen in der schul under den lectioni- 
bus, auch in der kirchen still sein und nicht 
schxvatzen, in und ausserhalb der schulen nicht 
deudsch, sonder lateinisch miteinander reden, 
darob dann die schulmeister mit vleifi halten 
sollen und ftirnemlich auch gute vleissige ftir- 
sehung thun, das einer mit dem andern fried- 
sam und friedfertig sey und zu keinem zank, 
hader und schlahen einige ursach geben, sonder 
im fall sich solches zutrtige, ihrem praeceptori 
anzeigen. 
IIII.] Es sollen auch die kinder nicht ohne rock 
weder zur schul oder in die kirchen gehen 
V.] Sie sollen auch daheim oder anderstxvo 
nichts aufi der schul schxvatzen, noch ihre prae- 
ceptores oder condiscipulos und mitgesellen gegen 
ihren eltern verunglimpfen. 
VI.] Es sollen auch die knaben sich mit btichern 
und anderm, wann sie zur schul gehen, nach 
notturft versehen und gefast machen, dassie 
zwischen den stunden der lectionen nicht aufi 
der schul laufen dtirfen oder sich sonst ab- 

sentieren, welchs dann die schulmeister ihnen 
ohne besondere bewegliche ursachen und ihrer 
notturft nach mit nichten und keinswegs ge- 
statten sollen. 
VII.] Es sol zu jeder stund nach volendung der 
lection in jeglicher classe insonderheit ein re- 
gister oder catalogus, darin ein jglicher paed- 
agogus seine knaben verzeichnet, vleissig ge- 
lesen und die absentes mit punkten vermerket 
und nachmals, so dieselben nicht rechtmessige 
ursach und kundschaft ihrer versaumnul dar- 
thun ktinden, zimlicher massen und der ge- 
btir nach gestrafft werden. 
Zum beschlufi sol der schulmeister erst er- 
zelte leges und statuta in tier schulen auf 
einer tafel geschrieben aufhenken, damit sie 
nicht allein die knaben selbs lesen kSnnen, 
sonder auch der schulmeister dieselbige alle 
quatember den knaben einmal ffirlesen und 
erkleren mSge. 

Der dritte theil. 
Von der election, examine und officio eines 
ieden schulmeisters und collaboratoris. 
So nun die hohe notturft erfordert, solche 
unsere kinderschulen mit gelerten gottsfiirch- 
tigen und zu solchem ampt und arbeit gut- 
eyferigen und unverdrossenen schulmeistern und 
collaboratoribus zu besetzen. 
Demnach so oft und dick 6'%ein schulmeister 
oder collaborator yon unsern amptleuten und 
gerichts jedes orts ihrem herkommen nach 
unsern kirchenrethen nominiert und presen- 
tiert oder auf ansuchen derselbiger unserer 
amptleuten und gerichten einer yon unsern 
kirchenrethen beruffen oder einer semen 
dienst selbs anbeut, soil ein jeder vorhin, ehe 
dann er in das examen admittiert und zugelassen, 
seines herkommens, lehr. wesens und lebens 
glaubwirdige, rechtmessige testimonia und kund- 
schaften, entweder yon seiner oberkeit, darunder 
er geborn und gewohnet, oder yon seinen 

65a ---- oft. hiufig; vgl. H. Fischer, Schwib. W6r- 
terb. II. 1908, S. 189. 

238 



Kirchenordnung 1569 

praeceptoribus oder oberkeit, darunder er sich 
zuvor mit dienst, lehr und leben gehalten, 
unsern kirchenrethen ffirbringen. 
Wo dann solchs also richtig geschehen, als- 
dann er in unser schul zu Wulffenbfittel vor 
unsern verordenten theologen und dann der- 
selbigen schul pedagogarcha ein lection oder 
zxvo, die ihme angezeigt xverden, thun. Wann 
dann er und sonderlich in der grammatic taug- 
lich erfunden, so sol er darauf von unsern 
kirchenrethen seiner pietet halben auf unsern 
catechismum, in unsern kirchenordnungen be- 
griffen, 5rdentlich und mit sonderm vleiB exa- 
miniert werden. So er nu also in der pietet 
der augBptirgischen confession nach rein, gott- 
selig und zu solcher administration tauglich 
erkennt, so so! er in unserm namen mit be- 
velch von unsern kirchenrethen an den pfarr- 
herrn, amptman, btirgermeister, gericht und ge- 
ordenten superintendenten, dahin er nominiert 
und approbiert, geschickt und allda ihme yore 
pfarrherr in gegenwertigkeit der andern, erst 
angeregten personen unser schulordnung vor- 
gelesen, uberantwortet und dann darauf vol- 
gende artickel ftirgehalten werden 
Nemlich, das er sich aus solcher ordnung 
teglich erinnern, die zu herzen fassen und be- 
denken wSlle, das sein dienst ein hoch, theur 
und yon Gott geordnet ampt und mittel sey, 
die kinder mit der lehr und gottsfurcht zu er- 
haltung des predigampts und guten regiments 
anzunehmen 
Darnach wSlle und sol er vermittelst gbtt- 
licher gnaden die schul, so ihme bevohlen, mit 
treuem vleiB regieren und der jugent mit einem 
ztichtigen, erbarn, ntichtern leben vorstehen und 
sie in jeder classe durch decurias von den 
ersten elementis an mit ihren assignierten insti- 
tutionibus, praeceptis und authoribus zu allen 
stunden dieser unser schulordnung nach treu- 
lich underrichten und lehren, das man jederzeit 
bey der jugent seinen vlei[ scheinbarlich befinde, 

und mit gemelten assignierten authoribus in 
keiner classe enderung thun, sondern dieselbige 
keinswegs underlassen und ffirnemlich die gram- 
matic als das n6tigste stfick f/Jr und ftir treiben 
und uben, damit die knaben gute und gewisse 
grammatici werden. 
Das er auch mit den schfilern, so etwas in 
der grammatic bericht, lateinisch rede und sie 
dasselb also zu reden gewehne. 
Die jungen, so unfleiB und b6Bheit halbert 
strefflich befunden, wie oben gemelt, mit kei- 
nero giftigen zorn oder unbescheidenheit oder 
poldern, sonder gebfirlich und bescheidenlich 
mit glimpflichen vorten, und do die nicht ver- 
fenglich oder erschieBlich, mit der ruten straf- 
fen, dieselbige gebfirlicher weiB gebrauchen und 
dabey alle ungebfirliche streich, als zu dem 
haupt, auf die nasen oder backen schlahen, 
in die ohren pfetzen ';.b oder dieselbigen umb- 
drehen, bey dem haar ziehen oder raufen, tholle65c 
geben oder anders dergleichen genzlich ver- 
meiden, ffirnemlich aber sich in allweg be- 
fleissigen, das sie diejenigen, so gute ingenia 
haben, nicht poldern, sonder sanft und mild 
mit ihnen handeln, auch die, so etxvas unlernig 
und nicht mit so scharfen ingeniis begabt, ob- 
gelauter massen mit worten und bescheidener 
gebtirlicher straff ermanen. Do abet ein knab so 
gar unlernig und also eines harten kopfs, das 
kein vleil noch arbeit bey ibme wolte erschies- 
sen. desselben eltern anzelgen, das er bey der 
schul verderbe, damit sie, die eltern, ihne zu hand- 
werkern oder anderm beyzeit richten und helfen 
m6gen, jedoch hierin nicht ellen, dann es begibt 
sich, das in dem fall die letzten die ersten 
werden, darumb allwegen das alter und mores 
der knaben vleissig seind zu bedenken 
Und damit tier kirchen und schul halben 
gleichheit gehalten verde, den catechismum, so 
in unser kirchenordnung begriffen, gebrauchen, 
auch kein ander gesang oder psalmen, dann 
deren die kirch desselbigen orts gewont ist 

Sb  zwicken, kneifen; Fischer, Schw/b. W6r- I;c  Schlge, Fischer, a. a. O. II. S. 252. 
terb. I, S. 1040 f. 

239 



trchenordnung 1569 

eingesessenen btirgern nach derselbiger statt 
oder fleckens ordnung und mal zu nutzen und 
zu geniessen haben. 
Und damit ein jeder schulmeister und colla- 
borator vor und neben unsern underthanen 
sich dest weniger zu beschweren, sonder mehr 
ihres ampts etwas zu getrSsten und zu erfreuen 
haben, so ordnen und wSllen wir, voferne sich 
zvischen unsern underthanen und dann einem 
schulmeister oder collaboratore zank und irr- 
thumb, ihre personen belangend, zutriigen, das 
sie darumb vor den pfarrherrn, amptleuten und 
schulsuperintendenten gegen einander verhSrt 
und yon denselbcn der gebiir und billicheit nach 
verglichen Wo abet die sach so wichtig und 
grolL das sie es nicht vergleichen und ent- 
scheiden kSnden, sie filr unsere kirchenrethe 
umb bescheid remittiert und gewiesen werden 
sollen. 
Was dann actiones reales betrifft, da sollen 
die schulmeisber an den 5rtern. da sich die 
handlung verlaufen und zugetragen, wie andere 
unsere underthanen, recht zu geben und zu 
nehmen, schiildig sein. 
So sol es der malefitz und hohen frevel halbert 
gehalten werden, wie daroben ein sonder 
artickel der kirchendiener und ihrenthalben be- 
griffen 65e. 
Es sol auch jegliche schul ein gelegene be- 
hausung, darinnen die schulmeister und kinder 
ihre nottiirftige und zimliche wonung haben 
mSgen, verordnet werden 

Der vierte theil. 
Von den superintendenten und inspectorn 
der particularschulen. 
Und damit diese schulordnung desto statt- 
licher angericht, ins werk gebracht und darm 
erhalten werden mSge, wSllen wir. das an jedem 
ort in stetten und andern flecken, da schulen 
sein, neben dem pfarrherr und amptman noch 
zwen oder drey fromme, gottsfilrchtige, ver- 
stendige, erbare, und wo roans gehaben mag, 

menner, die da gestudiert haben, aul dem ge- 
richt oder rath, zu superintendenten und inspec- 
torn der schul geordnet werden, die nach- 
volgender gestalt mit allem vleil ihre inspection 
auf die schul haben und dieselben visitieren 
sollen. 
Nemlich und erstlich sol der pfarrherr aufs 
wenigst im jar ein oder zweymahl, als im 
frilling und gegen dem winter, wie oben ge- 
meldt e6, in 5ffentlicher predigt ein ernstliche 
vermanung thun, das man die kinder vleissig 
zur schul schicken wSlle, mit anzeigung des 
grossen nutzes, so daraul volge, und vie not- 
wendig die schulen sein, da man nicht allein 
gute kiinste, sonder auch und filrnemlich gottes- 
furcht, tugent und zucht lerne, entgegen was 
filr grosset, treffentlicher, ewiger und zeitlicher 
schaden entstehe, so man die kinder hierinnen 
versaume und nicht mit ernst und vleift zur 
schul halte, nemlich, das sie ohne gottesfurcht 
und erkantnul, auch ohne alle zucht (sonder- 
lich wo die eltern, wie der mehrer theil ge- 
schicht, ihrer arbeit und hanthierungen halb 
nicht ob ihnen halten und sie ziehen und under- 
weisen kSnnen), wie alas unvernunftige vihe, 
aufwachsen und nicht lernen, was ihnen zu 
hrem hell und seligkeit nutzlich und notvendig 
ist, darneben auch hernach in zeitlichen und 
weltlichen sachen weder ihnen selbst noch 
andern rathen und nutz sein mSgen, und das 
derwegen die eltern ihre kinder an ihrem glilck, 
ewiger und zeitlicher wolfart nicht verhindern 
sonder mit allem ernst und vleift (wie sie vor 
Gott schilldig und darumb rechenschaft geben 
milssen) befilrdern und dieselben, sonderlich 
welche mit guten ingeniis begabt, nlcht yon 
der schul als dem 5rdentlichen mittel der lehr 
und zucht abziehen wSllen. 
Hieneben auch bericht thun, wie ein muh- 
selig ampt es sey und was fiir grosse sorg und 
arbeit ein schulmeister mit den kindern haben 
milsse, das sie derhalben dieselben in ehren 
halten, ihnen ihr schulgelt und besoldung und 

e Vgl. S. 198 f. 

66 Vgl. S. 237. 

30 241 



Wolfenbfittel 

saur verdiente gelt nicht mit unwillen, sonder 
getreulich und richtig reichen und geben etc., 
wie sich dann ein jeder pfarrherr hierinnen 
selbst seinem predigampt nach xvol wird zu 
halten wissen. 
Am andern sol er, pfarrherr, allein oder, 
da es yon nSten, neben und mit ihme der ampt- 
man und verordente inspectores zum venigsten 
alle monat einmahl in die schul gehen und 
sehen, ob und wie diese unser schulordnung 
angericht sey und vie der nachgelebt werde, 
ffirnemlich aber darauf acht haben, das neben 
der lehr die furcht Gottes und erkantnul3 unsers 
Herrn Christi, auch die eusserliche zucht und 
erbarkeit bey der jugent vleissig getrieben 
werde, das die knaben in und ausserhalb der 
schul latine reden, auch alle vochen epistolas 
schreiben oder ffirgeschriebene argumenta ver- 
tieren, darzu aller -knaben geschriebene epistolas 
besehen und ob die auch yon ihren praeceptori- 
bus mit vleil3 der ordnung nach. wie oben im 
ersten theil dieser unser schulordnung bey dem 
exercitio styli begriffen;%, corigiert verden, 
und wo sich feel und mangel befindt, abschaffen 
und bessern 
Und damit die knaben 5rdentlicherweil3 und zu 
rechter zeit yon einer classe zu der andern 
und hShern verordnet und geffirdert verden, 
sollen pfarrher, amptman und die darzu depu- 
tierten inspectores samptlich mitetnander, und 
nicht der pfarrherr allein, alle vierteil jar die 
schul visitieren und ein examen halten und 
daran sein. das durch die schulmeister die ge- 
schickten, fleissigen knaben in hShere classes 
zu seiner zeit, vann unser obgemelten ordnung 
nach die grammatic, dialectic und rhetoric jars 
wieder angefangen werden, gesetzt, dieselben 
ihres vleil3 halb loben und die andern auch 
darzu vermanen und reizen, besonder acht dar- 
innen haben, damit die tauglichen nicht in 
den venigern classibus durch den praeceptorem 
etwann ex privato affectu zu lang und gefehr- 
- % 
liclen behalten oder auch die ungeschickten 
aul] gunst in die h6here befiirdert werden Und 

da sie feel und mengel, das diese unsere ord- 
nung nicht angericht und deren gemel die 
jugend gelert und underwiesen wfirden, be- 
linden, welche der schulmeister uber hievbrig 
des pfarrherrs undersagen nicht abgestellt und 
gebessert, dieselben 6rdentlich verzeichnen und 
dem specialsuperintendenten desselbigen orts, so 
er seiner superintendenz halben one das dahin 
k6mpt, zustellen. Der all3dann neben obgemel- 
ten verordenten die schul auch vleissig visi- 
tieren, die knaben examinieren, und was er ffir 
unordnung und mangel nicht abstellen kan, sei- 
nen generalsuperintendenten neben anderm be- 
richten sol, damit er das zu gebfirender zeit in 
synodo unsern kirchenrethen anzubringen und 
dieselben der gebfir nach bescheid zu geben 
und einsehens zu thun wissen. 
Do auch unser underthanen einer oder mehr 
seine kinder in den schulen ein zeitlang er- 
halten und doch dieselben wieder yon dem 
studieren heraul3nehmen wolten, die superinten- 
denten aber befinden, das der knab ein gut 
ingenium hette, sollen sie die vermfiglichen 
eltern mit vleil3 ermanen, die kinder bey der 
schul verharren zu lassen, aber derjenigen, so 
armuth halbert solchs nicht k6nten, die verord- 
hung thun, damit ihnen vermSge unser kasten- 
ordnung hfilf und handreichung geschehe. 
Und nachdem oftmals zwischen den pfarherrn 
und schulpersonen privatsachen oder der schul 
halbert zweytracht und uneinigkeit entstehet, 
w611en wir dem amptman und verordenten in- 
spectorn hiemit auferlegt und bevohlen haben, 
im fall solches geschehe, das sie beide theil ihres 
ampts erinnern und ermanen, einander weder 
publice noch privatim zu verunglimpfen, sonder 
sich ihres entscheids gfitlich settigen zu lassen 
und ihrer officien vleissig zu warten, wie dann 
die inspect.ores allen ernst und vleil3 ffirwenden 
sollen, damit sie beide theil gfitlichen ver- 
gleichen und allen unwillen aufheben_ 
Soferne auch einer unsever underthanen 
seiner kinder oder anderer sachen halber (wie 
sich dann oft begibt, das die kinder, so yon 

;% Vg]. S. 233 und 235 f. 

b \-gl. S. 247 und Anm. 68 b. 

242 



lrchenordnung 1569 

nicht junge knder darinnen, so noch teglicher 
pflege rnit seubern zu underhalten, sonder dahin 
gericht, darnit kirchendiener zu lehr und pre- 
digampt, und soviel es irnmer mit dern segen des 
allmechtigen zu erhalten, ftrderlichst daselbsten 
erzogen, derhalben auch neben andern lectioni- 
bus das studium theologiae nach gelegenheit der 
studiosen ftrnernlich getrieben, auch die eltern 
fiir solche ihre junge kinder bey ihnen in den 
stetten und flecken schulen haben, sollen die 
knaben und studiosi ihres alters yon zwSlf bib 
in vierzeben jar ungefehrlich, auch eines guten 
zum studieren tauglichen und febigen ingenii 
sein. 
Darzu dieweil den kirchendienern vor andern 
zustehet, ehrlichen wandel zu ftihren, aber aul 
und in der jugend leichtlich abzunehmen, was 
im alter zu verhoffen, neben dem ingenio auch 
eines stillen, ztchtigen und eingezogenen wesens 
und haltens. 
Desgleichen yon christlichen, erbarn und we- 
sentlichen eltern geborn und christlich und wol 
erzogen. 
Und der praeceptorum grammaticae nach not- 
turft und dermassen geschickt sein, das sie in 
solchen keines besondern praeceptoris oder 
underrichtung bedtirfen, wissen sich selbs darin 
nottwendiglich zu helfen und secundam classem 
unser particularschulordination nach erlangt und 
ungefehrlich in primam classern oder unser 
paedagogium zu Gandersheim zu promovieren 
weren, damit sie gleich all, bald in unsern 
klosterschulen ad altiora beftirdert und also 
den cursum ihren studiorum desto ehe absol- 
vieren und gebraucht werden mSgen. 
Dieweil aber erwogen, wie etliche unsere 
underthanen nicht eines solchen vermSgens, das 
sie ihre kinder so lang bey den schulen, bib 
sie die grarnmaticalia perfecte ergreifen, ob wir 
ihnen gleich bey unserm paedagogio hi]If tbun 
liessen, underhalten mSgen, dadurch leichtlich 
fruchtbare und fehige ingenia mit nachteil der 
kirchen verhindert, auch die eltern gleich an- 
fangs, damit sie ihre kinder desto weniger zur 
schul erziehen, abgeschrecket, so wSllen wit die 
fernere verordnung thun, damit in etlichen un- 

sern besondern darzu bestimpten kl6stern auch 
die grammatica dociert, getrieben und gelehret, 
dahin dann diejennigen, so in den praeceptis 
grammaticae noch nicht gnugsamblich getbt, 
aber doch unserer particularschulen classem 
tertiam erreicht und nunmehr der andern und 
derselbiger lectionen fehig sein mSchten, gethan 
und eingenommen, volgends wo sie ein profec- 
turn schaffen, alsdann zu den mehrern klSstern, 
darin die hShere artes neben der theology ge- 
lesen, beftirdert und also per gradus angebracht 
werden sollen. 
Wir wSllen auch die gnedige verordnung thun, 
das ein besonder klo3ter zur underhaltung der 
jungen deputiert, so ihre linguas und artes 
dicendi studieren, desgleichen auch in theologia 
ein solchen profectum geschafft, das sie zum 
kirchendienst zu gebrauchen und doch mit con- 
dicionibus nicht versehen werden kSnden, das 
sie daselbsten im studio theologico noch mehr 
gesterket ud exerciert und aldann mit mehr 
frucht und nutzen der kitchen zurn ministerio 
gebraucht werden mSgen. 
Damit und abet hierundcr richtige ordnung 
erhalten und mit aufnemung der studiosen 
in unsere klSsterschulen dester weniger gefeh- 
let, geirret oder unfualificierte zugelassen, so 
sol ein jeder dermassen anhaltender junger zu- 
forderst und eheer zu dem hierzu bedachten 
examen admittiert, von seinem pfarrherr und 
schulmeister seiner erudition, ingenii und wol- 
haltens, und dann unsern arnptleuten, auch 
gericht desselbigen orts, seines alters und seiner 
eltern thun. lassens und zeitlichen vermSgens 
und vas er sonst fiir brtider und schwester 
und freundschaft habe und vie christlich er er- 
zogen oder nicht, mitbringen und ftirlegen, 
welche testimonia unsere pfarherr, schulmeister, 
amptleut und gericht (soferne sie getrauen und 
vermeinen, des jungen ingenii halber ein solch 
beneficium an ihme wol angelegt, auch seine 
eltern, vormtinder oder pfleger christlich ge- 
sinnet, willen, lust und neigung haben, ihren 
son in das ministerium komrnen zu lassen) ihnen 
auf ihr anlangen rnitteilen. Doch sollen sie kei- 
hen jungen, so mit einer heimlichen und ab- 

245 



Wolfenbfittel 

scheulichen krankheit beladen xvere, zu unserm 
kirchenrath weisen oder kommen lassen. Und 
so es dieser punkten halb unserer ordination 
nach, als obstehet, kein mangel, alsdann erst 
seiner erudition vor unsern deputatis ange- 
sprochen und erkiindiget xverden 
Also das alle und jede, so in unserer klbster 
schulen anzunemen, nachdem sis ihre testimonia 
gnugsamlich aul3gebracht, dutch unsern super- 
intendenten zu Wulffenbfittel und einen seiner 
collegen in beysein zweyer oder aufs wenigst 
eines aus unsern kirchenrethen examiniert und 
erfarn xverden, ob er der lectionum, xvelche 
wie hernacher, in den klbstern zu lesen und zu 
docieren, sonderlichen bestimpt, fehig und mit 
guten nutzen und profectu, ohne hinderung sein 
selbs und der andern auditorum, dahin zu 
beffirdern sey oder nicht, volgends xvie sis 
ihne gewil31ichen und allerdings befinden, sampt 
ihrem juditio seines ingenii, unsere kirchenrethe 
in schriften aufgezeichnet berichten 
So nun einer dermassen gelert und proficiert 
hette, das er zu einiger klosterinstitution taug- 
lich, sol derselbe nachgehends in sin kloster, 
seinem captu und erudition gemel3, yon unsern 
kirchenrethen, wo ein locus ledig befunden (der- 
xvegen sis sin 6rdentliche verzeichnul3 und cata- 
logum beyhanden haben sollen, daraul3 sie jeder- 
zeit eigentlich sehen m6gen, was ffir knaben 
in jedem kloster sein und xvieviel an der zal 
mangeln) unserm prelaten des orts zugeschicket 
und presentiert werden, velcher auch denselben, 
wie andere, aufzunemen und zu erhalten schfildig 
sein. 
Keiner unserer prelaten sol keinen jungen 
ohne zuvor examiniert, als vorstehet, zu der 
klosterschul zulassen. So aber an der anzal 
der studiosen mangeln und der prelat einen 
qualificierten knaben wil3te, der mag ihne wol 
zu unsern kirchenrethen gen Wulffenbfittel 
sampt seinen testimoniis, als vorgemelt, weisen, 
denselben examinieren zu lassen, und xvo er 
geschickt befunden, alsdann sol derselbe erst 
durch unsern prelaten angenommen werden. 
Und dieweil, als im anfang gesetzt, alle und 
jede jungen, die also in unsern kl6stern under- 

halten, ihre studien genzlich und allein dahin 
zu richten schiildig, damit sis zu der kirchen 
lehr und predigdiensten mit der zeit zu ge- 
brauchen, so wil sich auch gebiiren, das sis 
darzu ihre eltern, vormfinder oder negst ver- 
wandte freund sich hierzu obligieren in form, 
wie volget. 
Forma obligationis. 
Ich N. von N. bekenne und thu kund hiemit 
und in kraft dieses briefs, als der durchleuch- 
tig, hochgeborn ffirst und herr, herr Julius, 
herzog zu Braunschweig und Lfineburg etc.. 
mein gnediger ffirst und herr, auf mein under- 
thenig bitten und anhalten mich zu fruchtbarer 
volnftirung meiner angefangenen studien (die 
ich dann mit verleihung gSttlicher gnaden allein 
auf die theology, damit ich mit der zeit in der 
kirch Gottes zu einem diener nach seinem gStt- 
lichen beruff gebraucht werden mSge, zu rich- 
ten, entliches willens und ffirnemens) in ihrer 
l v. G. angericht klosterpaedagogium oder schul 
zu N. gnediglich aufgenomen und erhalten 
lassen, das hierauf ihrer F. G. ich schfildiger, 
billicher dankbarkeit zugesagt und versprochen 
hab, thu auch solches jetzo hiemit diesem brief 
bester form, ihren F_ G., auch dem ehrwirdigen 
herrn, herrn N., prelaten gemelts klosters, und 
dahin verordneten praeceptoribus underthenig- 
lich gewertig und gehorsam zu sein, den statutis 
und ordnungen des klosters zu geleben und mich 
denselben in allweg gemel3 zu halten und zu 
erweisen, auch keinswegs one ihr F. G. und 
des herrn prelaten vorwissen und erlauben aul3 
dem kloster anderstwohin oder zu andern schu- 
len zu begeben, sonder darin bib zu fernerm 
bescheid zu verharren und mit allem ernst 
und vleil3 zu studieren, sonderlich aber auf kein 
profession dann die theology zu begeben und 
in allweg mit Gottes gnad dahin zu arbeiten 
und mich zu richten, damit ich ihren F. G. oder 
derselben landschaft bey der kirchen als sin 
kirchendiener zu gebrauchen sein mSge. Und 
da ihr F. G. mich uber kurz oder lang zu 
kirchendiensten gebrauchen xviirden, mich ge- 
horsam und gewertig zu erzeigen und ihrer 

246 



Kirchenordnung 1569 

auf ein ganz capittel, lateinisch und deudsch, 
aua dem alten testament yon anfang der bibel 
nach seiner ordnung verlesen und dasselbig 
mit dem Benedictus 7o oder symbolo Athanasii 71 
ein tag umb den andern, auch gew/nlichen 
christlichen antiphonen de tempore und einer 
collect beschliessen. 
Es sol abet zu underrichtung der precum, 
drzu im lesen des capittels aua der bibel diese 
ordnung gehalten werden, das allwegen ein 
studiosus solchs ein ganze wochen verrichte, 
volgends per ordinem yon einem auf den andern 
komme. So dan einen der ordo treffen wird, sol 
derselb alas capittel laut, langsam, verstentlich 
lesen, damit er hiedurch vor der gemeine rdent- 
lich zu redcn gevohne und die andern auB dem 
zuhBren ein nutz empfangen mSgen, auch der- 
wegen zu gewohnung der heiligen schrift alle 
studiosi und zuhSrer ihre eigene bibel vor ihnen 
und vleissigs aufsehens darinnen haben sollen. 
Und dann nach mittag die werktag sollen 
utah vier uhr in dem chor einer oder zwen die 
negsten auf die davor vor mittag absolvierte 
psalmen volgende psalmen mit einer antiphona 
de tempore gesungen und darauf ein capittel 
aus dem neuen testament, abermals deudsch und 
lateinisch, vornen anzufangen, gelesen, darnach 
mit dem cantico -'Magnificat 72 oder Nunc dimit- 
tis 7a, alternis, umb ein ander und gewbnlichen 
antiphonen und mit einer christlichen und reinen 
collect yon der zeit beschliessen. 
Es sol fiir das 6rdentlich capittel am abend 
natalis Christi entweder 9 cap. Esaie [1--6] 
oder 2. caput Lucae 1--20], Paschae aber das 
16. caput Marci [9--11] und dann ascensionis 
Christi 1. caput Actorum [1--12] und Pentecostes 
2. caput Actorum [1--12] umb 4 uhr, dieweil sie 
die historias des kiinftigen fests begreifen, ge- 
lesen werden 

Nach dem nachtessen abet zum abendgebet 
wieder ein psalm und der negst, an dem sie 
es vor essens gelassen, gelesen, die sonder 
gestelte oben inserierte precation und dominica 
oratio gebetet werden, alles inmassen zuvor yon 
dem friigebet gesetzt. 
Ferner w/llen und bevelhen wit, das es an 
allen Sonnabenden und in unser kirchenordnung 
bestimpten feirtagsabenden in dem chor und 
kircheniibungen allerdings gehalten werde, wie 
yon den werktagen negst hievor underschiedlich 
vermeldet, doch m6gen sie zu dem Magnificat 
einen reinen und g(ittlichem wort gemesen hym- 
hum oder responsorium singen. 
Zu den Sonn und feyrtagen sollen die kloster- 
jungen morgends dest zeitlicher und so man das 
erst zeichen leutet, in die kirch yon den praecep- 
toribus gefiirt, ein introit sampt dem Kyrielei- 
son 71 und zu den hohen festen dafiir ein christ- 
licher, reiner sequenz oder gradual gesungen, 
das dominicale evangelium latine dutch der 
jungen einen verstentlich und laut gelesen, dar- 
auf das Pattern 75 gesungen und doch dB alles 
im chor verricht, hernacher nach dem zusamen- 
leuten vorund nach tier predig heraussen an 
dem gewiSnlichen oft in der kitchen vor tier 
gemeine ein deudscher psalm nach gelegenheit 
gesungen werden. 
Nach mittag aber an den Sonn und alien an- 
dern feyrtagen sol man (ii-dentlich einen Iocum 
aul dem catechismo explicieren und darauf 
under den knaben examinieren, auch, so roans 
haben mag, solche explication und examination 
dutch der studiosen einen, welcher eines zim- 
lichen alters und darzu tauglich, verrichten, dar- 
zu roy und nach haltung des catechismi aII- 
vegen ein psalmen deudsch singen. 
Unsere prelaten sollen mit allem ernst und 
vleia darob und an sein, das gemeinlich alles 

70 Vgl. Brev. 1Rom,, Ordinarium divirti Officii ad 
Laudes. P. Vern. S. 12 f.; P. Aestiv. S. 8 f; 
P. Autumn. S. 8 f.; P. Hiem. S. 10 f. 
l Bek. Schr. S. 28--30. 
7.o Vgl. Brev. Rom., Ordinarium divini Officii 
ad Vesperas. P. Vern. S. 31; P. Aestiv. S. 22; 
P. Autumn. S. 22; P. Hiem. S. 26 f. 

73 Vgl. Brev. Rom., Ordinarium divini Officii ad 
Completorium. P. Vern. S. 36; P. Aestiv. S. 25; 
P Autumn. S. 27; P. Hiem. S. 31. 
7t Vgl. IR6m. MeBbuch, Ordo 5qissae, S. 458 f. 
75 Das Nicfinische Glaubensbekenntnis, vgl. 1R6m. 
Meabuch, Ordo Missae, S. 42 ff. [Bek. Schv. 
S. 26 f.). 

249 



Wolfenbfiel 

klostergesing sich zu der explication und exa- 
mination des catechismi befleisse und gefehr- 
lichen ohne ehehafte ursachen darvon nicht ab- 
sentiere, auch in diesem fall die ungehorsame 
nach gelegenheit und gestalt der sachen bey 
straff darzu anhalten und zxvingen. 
Die vesper sol gehalten werden an den Sonn 
und feyrtagen, inmassen yon den feyrabenden 
verordnet. 
Damit werden sie sampt dem lesen uber 
tisch one die andern lectiones theologicas in 
der schul auf die sechs ubungen in der kirchen 
und sacris, damit sie deren wol gexvohnen, haben. 
Und damit die morgen und abendpreces, auch 
lectiones, in der kirchen dest 6rdentlicher ver- 
richt, so sol zu einem jeden, nemlich einer zu 
den precibus und ein sonderer zu den lecti- 
onibus der kirchen hebdomodarius von den 
klosterpraeceptoribus deputiert und under den 
jungen per ordinem abgewechsselt xverden. 
Es sol auch jerlichen die communio coenae 
dominicae, so oft communicanten vorhanden 
sind, in der kitchen gehalten werden_ 
Auch allwegen am negsten Sontag darvor in 
der predigt das klostergesind und discipuli not- 
wendiglich informiert und darzu mit allem vleil 
vermant. 
Dieselb und was mit dem privato examine, 
absolution und was mehr darunder von n6terL 
allerdings unserer kirchenordnung gemelk 
Desgleichen zu osterlicher zeit und andern 
namhaften festen mit der predigt und aul- 
legung tier darzu dienstlichen historien und 
genzlichen in der kirchen jetzgemelter unser 
kirchenordination ebenmessig gehalten werden. 
Schulordnun mit den lectionibus. 
Nachdem nun die jetztgemelte kirchenordnung 
und ubung in den kl6stern dahin bedacht, das 
die studiosi des lateinischen texts der heiligen, 
g6ttlichen schrift von jugend auf gewohnen 

und also zu dem kfinftigen kirchenampt zube- 
reitet werden sollen, und aber viel singen und 
lesen one verstand wenig frucht bringt, auch 
nutzlicher ist, ffinf wort, wie Paulus sagt, in 
der kitchen mit verstendlicher erklerung, dann 
zehentausent ohne verstand reden, so haben wit 
verordnet, das neben der kirchenubung auch 
ein schulubung mit den lectionibus bonarum 
atrium et theologiae, wie sie hernach ver- 
zeichnet, gehalten werden soll. 
Nemlich am werktag nach dem frfigebet, som- 
mers und winters zeit, sol allweg ein lectio 
theologica gehalten und in den ffirnemsten 
klosterschulen ein buch aus dem alten testa- 
ment oder ein epistola Pauli oder anderer apo- 
steln, abet in den grammatistenschulen einer 
aul den vier evangelisten oder Acta apostolo- 
rum dieser gestalt erklert, das die studiosi 
darin nach dem verm6gen ihres verstands, 
beide, in grammatica und theologia, berichtet 
werden. 
Es sol abet tier praeceptor theologiae alle 
tag ein lectionem theologicam halten und alles 
dahin richten, das die jugent zu ihrem eigen 
hell und dann zum kfinftigen gebrauch des 
kirchendiensts angeffirt und auferzogen xverden. 
Umb sieben uhr im s6mmer und acht uhr 
im xvinter sol in den ffirnemsten schulen die 
Grammatica Philippi Melanthonis ultima aedi- 
rio ;6 und die Erotemata dialecticae Philippi, 
wie sie in kurze quaestiones verfasset 77, alter- 
nis, einen tag umb den andern, aber in den 
grammatistenschulen ;s Quaestiones gramma- 
ticae ex Grammatica Philippi ;9 und Epistolae 
familiares Ciceronis auch alternis gelesen 
xverden. 

Nach mitta. 
Umb zw61f uhr sol man in den ffirnemsten 
schulen Aeneida Virgilii und Officia Ciceronis 
alternis, doch solcher gestalt interpretieren, das 

76 Vgl. S. 234, Anm. 53. 
77 Vgl. S. 234, Anm. 52. 
78 die niederen Klosterschulen. in denen die 
Schiller noch hauptsichlich mit der lat Gram- 

matik beschiftigt warcn. Vgl. Koldewey, 
Schulordnungen, S. 611. 
'- Vgl. S. 229. Anm. 30. 

250 



., .enordnung 1569 

das yon einem gesehen gethan und getrieben 
geschehen sein, das verschweigen wtirde, sol 
gleich dem theter gestrafft werden. 
Und sonst auch sich an allen 5rtern im 
kloster still, bescheidenlich, erbar und christ- 
lich halten. Wo einer unbescheidenlich erfunden, 
darumb vom prelaten ins gefengnul3, der ver- 
brechung nach, gebtilt und gestrafft werden, 
doch sol ihnen miteinander ztichtig, christlich 
und erbarlich zu seiner gebtirlichen zeit, doch 
latine zu reden, nicht abgestricket sein 

Schuldisciplin. 
Wie sich abet die klosterknaben in der schul 
halten und welchermassen die uberfahrer in 
allweg zu straffen, davon haben wir bey der 
schulordination notwendige verordnung thun 
lassen. 

Von der tischzucht. 
Und als yon Gott dem allmechtigen die narung 
bescheret und er darumb angeruffen, gepreiset 
sein und gedanket haben wil, so sol allwegen 
vor und nach dem essen morgens und abends 
das Benedicite und Gratias s5 gesprochen werden_ 
Auch die richtigkeit darin gehalten, das ein 
studiosus umb den andern vom ersten bi auf 
den letzten zu solchem eine wochen lang depu- 
tiert werde, der das gebet mit erhobener stimm 
und verstendlicher pronunciation verrichte. 
Derhalben ein jeder, nachdem man zu tisch 
geleutet, bey dem gebet gewillichen sein. Und 
diejenigen, so es ohne nothwendige ehehafte 
ursachen underlassen, gleichermassen gestrafft. 
Auch allen denen, welche vom tisch ohne 
ursachen und erlauben und ehe das Gratias 
gebetet, aufstehn und weggehen wtirden, ihre 
nachvolgende malzeit abgestricket. 

Es sol uber tisch under dem essen morgens 
und abends allemal ein ganz capittel aul dem 
Eusebio in Ecclesiastica historia s6, una cure 
historia Socratis 87, Sozomeni as et Theodoreti 89 
oder dergleichen sacra historica, wie sie zu 
jeder zeit mit rath der prelaten und super- 
mtendenten bestimpt, dutch die klosterstudiosos, 
einen nach dem andern, wie die ordnung einen 
jeden treffen wird, verstentlich und mit er- 
hobener stimm, das man es wol erhbren und 
verstehn mSge, gelesen werden, und ein jeder, 
an den das lesen kSmpt, dasselbe eine ganze 
wochen versehen. 
Welchen dann das lesen, gehbrtermassen, er- 
reichen wtirde, der sol es selbs gehorsamlich 
verrichten Da er das abet ohne sonderliche 
zugegehene ursachen underlassen, pro arbitrio 
praeceptoris. 0 
So dann einer under dem gebet und lesen 
uber dem tisch schwatzen oder sich sonst mit 
ungeberden erzeigen in essen, trinken und 
andern civilitatibus, so uber den tisch zu halten, 
unztichtig erweisen wfirde, derselbig sol, so 
oft es geschicht, mit abbruch etlicher malzeit 
oder, noch herter, mit dem gefengnul, auch 
wasser und brot gebtilt werden. 
Item, sie sollen keine gest zu sich ftirdern 
noch laden, auch aller gastereyen, zerens und 
zechens in und ausserhalb des klosters genz- 
lich enthalten bey vermeidung des prelaten 
straff, darumb dem versch/ilden nach zu emp- 
fangen. 
Doch so ih,'en einem oder mehr des jars einmal 
oder zwey sein ratter, bruder oder pfleger ihne 
zu besuchen kommen wtirde, solchem sol als- 
dann im kloster auf vorgehendes prelaten er- 
laubnuI eine malzeit oder zwo nach gestalt 
der sachen nicht abgeschlagen sein, aber hier- 

85 K1. Katechismus. Bek. Schr. S. 522 f. Ev. Kgb. 
Anh. S. 50. 
86 MSG 20,45--906; Ausg. v. Schwartz, 3. Aufl. 
1922 
87 h1SG 67,33-- 842. 
88 MSG 67,844 -- 1630. 
89 MSG 82,B81 -- 1280 

90 In der Wtrttemberg. KO yon 1559 folgt bier: 
,,des weins drey tag priviert werden_" Diese 
Strafe paste nicht auf die braunschweig. 
Verhiltnisse und wurde gestrichen. Verse- 
hentlich ist es offenbar unterblieben, etwas 
anderes daltir einzusetzen. Vgl. Koldewey, 
Schulordnungen, S. 611. 

253 



Wolfenbfittel 

bey den darinnen bestelten personen kein an- 
hang machen und haben, alles und jedes bey 
vermeidung ernstlicher straffen nach gestalt der 
sachen. 
Darzu in allen und jeden des klosters ge- 
machen nichts verderben, verbrechen, zerschla- 
gen und verwiisten, sonder soviel sie nicht 
verbessern, jedoch ganz und unzerbrochen blei- 
ben lassen bey peen der uberfarung gemeB. 
Darzu aufi dem kloster oder sonst nicht va- 
gieren ohne erlauben der preceptorn bey straff 
der preceptorn gut ansehen. 
Viel weniger heim oder zu ihren freunden 
reisen, es werde ihnen dann yon dem pre- 
laten vergfinnet. 
Und hierin lenger nicht aussen bleiben, dann 
ihnen underschiedlicher terrain bestimpt und zu- 
gelassen, bey ernstlicher unnachlessiger peen 
und straff. 
Gegen den jungen m6gen die praeceptores 
nach gelegenheit der sachen zuweilen und 
nach ihrem gut ermessen fiir die obgedachte 
straffen auch die ruth gebrauchen und zu er- 
haltung dieser unser statuten, lehr und andern 
ordnungen sie verm6gen 
Es sol ein jeder novitius schiildig und ver- 
pflicht sein, was einer yon dem andern wieder 
eins oder mehr dieser statuten und ordnung 
gesehen, geh6rt, erfunden und vernommen, das 
jederzeit dem prelaten oder praeceptoribus fiir- 
zubringen und keiner des andern verschonen 
bey gleicher buff, so dem rlelinquenten auferlegt. 
XVann auch den praeceptoribus ein solch 
delictum und excefi angezeigt oder ihrer einer 
jederzeit solches fiir sich selbs gewahr worden 
(darauf dann jeder seiner schiildigen pflicht 
halben sehen und merken sol}. alsbald einen 
jeden ubertretter zur straff anhalten, aber die 
verwirkung, so mit dem gefengnufi gebiiBt und 
gestrafft sollen werden, dieselbigen mit des pre- 
laten vorwissen exequieren 
Und ob einer oder rnehr den andern umb 
angebung oder straff einiges ubertrettens mit 
worten oder werken beleidigen wiirde, die sollen 
und werden dermassen und nach gestalt einer 

jeden handlung gestrafft und gebfifit, das ein 
jeder ein exempel darab nehmen mag. 
Item, es sol auch keiner heimlicherweiB ohne 
vorwissen und erlaubnuB unser und des pre- 
laten yore kloster abkommen. 
Und so einer oder mehr hierfiber heimlicher- 
weifi ohne vorwissen und erlaubnufi unser und 
des prelaten aus dem kloster abtretten, so sol 
solcher alsbald yon dem prelaten uns zuge- 
schrieben, gedenken wir unsern amptleuten, un- 
der des gericht solche gesessen, bevelch zu thun, 
nach solchen abgetrettenen zu trachten und 
in haftung zu bringen und dasselbige alsbald 
uns zu berichten, damit wir als der landsfiirst 
einen solchen mit dem prelaten wissen mSgen, 
nach seiner verschiildigung und andern zum 
exempel zu straffen und zu bfissen 
Damit sich nun keiner der unwissenheit zu 
entschiildigen habe, so sol nun hinfurt zu allen 
quartaln diese ordnung und statuten 6ffentlich 
in der conventstuben vor allen klosterstudi- 
osen durch einen praeceptorem in gegenwertig- 
keit des prelaten verstendlich vorgelesen und 
declariert werden 
Doch sol den prelaten und praeceptoribus 
allwegen nach gelegenheit der umbstende fer- 
nere straff fiirzunehmen und im fall yon n6ten, 
auch an uns zu bringen und bescheid zu er- 
langen, vorbehalten sen. 

Von den prelaten. 
Und demnach die notturft ffirnemlich er- 
heischt, zu erhaltung der klosterschulen, in der 
kitchen und scholastica functione, auch verwal- 
tung der weltlichen klSstergescheften, gottes- 
fiirchtige, gelerte und verstendige prelaten und 
heupter den klSstern fiirzusetzen, so wollen 
wit jederzeit, so ein prelat abkommen und ster- 
ben wiirde, fiirdersame und entliche vorsehung 
thun lassen, das an desselben start ein auf- 
rechter, christlicher, gelerter, erfarner und tau- 
genlicher prelat verordnet werde, welcher selber 
mit predigt und lehr der kirchen, schul und 
studiosen desselben klosters ffirnemlich mit nutz 
und wolfart, dann auch anderm klostergesinde 

256 



Wolfenbfittel 

Zum vierden sollen auch die personen, so kiinf- 
tiglich aufgenommen, weder die kappen und 
ordenskleider zu tragen noch mit den geltibden, 
ewige jungfrauschaft zu halten, verbunden wer- 
den, sondern nach geschehener verheissung des 
gebtirlichen gehorsams, so lang sie im kloster 
bleiben, in gebiirenden, erbarn, schwarzen klei- 
dern und weissen schleyern zu wandeln auf- 
erlegt werden. 
Soviel dann den gottesdienst belangt, sol der- 
selbige vermSge heiliger gSttlicher schrift yon 
den klosterjungfrauen mit rechter christlicher 
andacht teglich auf nachvolgende ordnung ver- 
richtet werden. 
Zu winters zeiten umb sech[ und im sommer 
zu fiinf uhr sollen die jungfrauen morgends 
auf dem chor an ihrem gewSnlichen ort zu- 
samenkommen und eine aus den jungfrauen 
anfangs das nachvolgend gebet mit lauter stimm 
den andern mitzubeten vorsprechen 
Precatio. 
Allmechtiger, ewiger Gott und Vater unsers 
Herrn Jhesu Christi, der du uns menschen im 
anfang zu deinem ebenbild geschaffen, und da 
wir durch den fall unserer ersten eltern, auch 
unsere eigene angeborne siinde dem todt under- 
worfen waren, durch deinen lieben Sohn Jhesum 
Christum yon siinde, todt und verdamnuI3 ohne 
allen unsern verdienst auI3 gnaden und deiner 
lautern barmherzigkeit erlSset und zu dem 
ewigen himlischen reich wieder geboren und 
umb seinentwillen zu kindern und erben deines 
reichs wiederumb angenomen hast, wir danken 
dir yon herzen, das du neben allen andern 
gnaden und gutthaten uns auch zu solcher er- 
kantnufi hast gnediglich kommen lassen und 
bib auf diese gegenwertige stund veterlich er- 
halten, und bitten dich, du wSllest deine heilige 
christlichen kitchen, welche in der ganzen welt 
zerstreuet und dieser zeit mit mancherley kreuz 
und wiederwertigkeit beladen, angefochten und 
vervolget wird, durch deinen heiligen Geist 

regieren und dieselbige sampt allen ihren recht- 
schaffenen dienern gnediglich erhalten, des- 
gleichen unsern allergnedigsten herrn, den r6mi- 
schen keyser, sampt allen chur und ftirsten, 
sonderlich aber unsern gnedigen herrn und 
landsftirsten herzog Julius, S. F. G. christlichen 
gemahl und junger herschaft sampt aller der- 
selben rethe ond amptleut mit der kraft deiner 
allmechtigen rechten beschirmen, das wit under 
derselben schutz dir im frieden dienen und ein 
gottselig, erbar leben ffihren m6gen, legiere 
alle ihre rethe und anschleg, damit sie zu aller 
zeit ftirnemlich die ehr deines g6ttlichen namens 
beffirdern, gericht und gerecht_gkeit auf erden 
uben. fried und einigkeit under sich selbst halten, 
und steure allen denen, so derselbigen gott- 
seligen ftirnehmen zuwieder, krieg und blutver- 
giessen anzurichten sich understtinden_ Du w61- 
lest auch uns deinen heiligen Geist mittheilen, 
auf das wir unser ganzes leben nach deinem 
willen und wolgefallen zu lob und preifi deines 
gSttlichen namens und unser seelen hell an- 
schicken, auf das wit zu allen stunden als deine 
liebe kinder im rechten glauben und wahrhaf- 
tigem gehorsam deiner heiligen gebott erfunden 
werden und entlich das versprochen erbtheil im 
himel mit allen deinen ausserwelten besitzen 
mSgen durch unsern Herrn Jhesum Christum. 
Amen. 
Nach diesem gebet sollen nach gew6nlichen 
anfang des gesangs die jungfrauen, jede in 
ihrem stul, einen psalmen, zween oder drey 
deudsch oder, do die jungfrauen die lateinische 
sprach versttinden, zun zeiten lateinisch umb ein 
andern singen oder beten. 
Darauf yon der jungfrauen, so das gebet ge- 
sprochen, ein capittel aus dem alten testament 
deudsch gelesen. 
Nach dem capittel sollen sie deudsch oder la- 
teinisch das Benedictus gegen einander uber, 
die form und weir. wie die psalmen, deudsch 
oder lateinisch, so sie dieselbige sprach ver- 
stehen, singen oder lesen, darauf eine reine 

260 



axrchenordnung 1569 

Zum andern, yon ungewissen zufelligen ein- 
kommen sol man erstlich auf alle lest und 
Sontag in der kitchen vor oder nach der predigt, 
wie es an jedem ort am gelegensten sein kan, 
mit dem secklin das almusen samlen. 
Es sol auch vor jeglicher kirchthtir ein er- 
barer man mit einer tafel oder schtissel, das 
almusen zu empfahen, stehen und warten, auf 
das yon denjenigen, welche ihr almusen dahin 
gelegener dann in das secklin zu geben, das- 
selbe entfangen und menniglich zu h01f der 
armen deste mehr angereizet werde. 
Item es sollen etliche verordnet werden, die 
auf Sontag und Mitwochen durch alle gassen 
gehen, das almusen zu empfangen und zu sam- 
len, deren jeglicher tragen sol in der hand 
eine beschlossene btichsse, das gelt darin zu 
empfangen, und auf den rticken einen korb 
oder botten, das brodt oder anders darin zu 
samlen und mit der andern hand eine glocken 
oder schellen, damit menniglich vermanet sey, 
das almusen zu reichen. Und was die also 
samlen, an gelt, brodt oder anderm, das alles 
sollen sic yon stund an den geordenten pflegern 
zu underhaltung des obgemelten almusens uber- 
antworten. 
Und damit nicht allein die btirger und ein- 
wbhner, sonder auch die frembden geste ihre 
h{ilf und handreichung zu underhaltung solches 
almusens thun mbgen, so sol in oder vor der 
kitchen ein stock aufgerichtet und gesetzt wet- 
den mit angehenkter tafel, dero gemehl 955 zur 
handreichung einen jeglichen vermanen mSge, 
auch in alle wirtsheuser eine beschlossene 
biichssen bey der wand des obern tischs an- 
gehenkt, clarzu ein bedeutung zu reichung des 
heiligen almusens gemahlet und den wirten 
sonderlich befohlen werden, ihre geste zur steur 
and handreichung getreulich zu vermanen. Die- 
selbige btichssen und schltissel sollen die ge- 
ordente in den ftirnemsten stetten alle Sonn- 
abend und in den andern stetten und flecken 

alle monat nach jeder start und flecken gelegen- 
heir gegen abend aufthun und das gelt den 
pflegern uberantworten und die wiederumb zu- 
schliessen. 
Es sollen auch zur zeit tier ernte die pfarrer 
ihre zuhbrer vleissig vermahnen, das sic yon 
dem empfangenen segen Gottes den armen eine 
reichliche handreichung thun w5llen 
Item auf den hochzeiten, in der kitchen, wenn 
man die ehe eingesegnet hat, sol yon dem 
kastenpfleger oder custos ein becken in der 
kitchen aufgesetzt und die hochzeitleut, den 
armen etwas zu steur, durch den kirchendiener, 
so die hochzeit eingesegnet, vermant und das- 
selbig yon einem kastenpfleger empfangen, 
underschiedlich gemerket und verrechnet werden 
Desgleichen wenn man mit der leichpredigt 
oder in andere weg bey der kirchen versamb- 
lung belt. sol allwegen die versamblung, den 
armen in das becken zu geben, vermanet werden 
Iterr. es sollen auch tmsere gerichtspersonen 
und stattschreiber, vor welchen testamenta auf- 
gericht, desgleichen die pfarherrn und diacon 
die testierende kranken tlnd sterbenden, so 
solches wol vermSgen und nicht sonderliche 
leibs oder angeborne arme erben haben, zu 
einem testament und milter handreichung in 
der armen kasten mit h0chstem vleiB vermanen. 
Item der John yon dem geleut der ,gl,cken, 
so den abgestorbenen nach geschicht. 
Item das yon den geltstraffen oder brSken 95c 
in der armen kasten auch etwas gegeben werde. 
Item wo etwann in stetten oder flecken am 
almusen zu underhaltung der nott/rftigen zer- 
rinnen wtirde, sollen die pfleger der armen die 
reichen, so eines guten vermSgen sein, insonder- 
heir ansprechen und ersuchen. 
Item das man zu wolfeilen zeiten, wa mtissig 
gelt vorhanden were, frucht und anders zu 
einem vorrath der armen aufkeuIen. 
Wo auch kasten unl spittal nicht zusamen- 
gezogen mbchten werden, sondern also ge- 

95b ----- Gemtilde, Fischer, a. a. O. II1, S. 313 f. 

95c -----Geldstrafe I/r Gesetzesbruch, vgl. Schiller 
u Ltibben I, S. 429 . 

263 



WoLfenbtittel 

trermt und gescheiden rniisten bleiben und aber 
die spittel und siechenheuser uber die tegliche 
underhaltung ihrer arrnen etwas in kasten er- 
schiessen rnSchten, sollen sie dern arrnenkasten 
zu hiilf korrnrnen. In surnrna, es sol je ein 
arrnepflegschaft der andern die hand reichen. 
Wenn aber ein dorf oder fleck so unverrniig- 
lich were, oder der arrnen personen soviel 
hette, das sie in ihrern flecken nicht under- 
halten xverden rnSchten und aber andere flecken 
desselbigen arnpts des verrnSgens, auch der 
arrnen so wenig oder gar keine vorhanden, 
so sollen alsdann denselben unverrniiglichen 
flecken die andern verrniiglichen rnit ihrern 
almusen zu steur un'.l htilf kornrnen, das dann 
auch yon tier star desselben ampts verstanden 
werden sol, damit in allwege, soviel irnmer rntig- 
lich, gleicheit und fiirderung der arrnen gehalten 
werden rnSge 

Das ander capittel. 
Wem man und mit was ordnung aus dem 
kasten geben, helfen und rathen, auch wie 
sich dieselbigen halten sollen etc. 
Erstlich denen, so mit tiefer armut, alter oder 
schwerer krankheit beladen. 
Etlichen mug rnan geben und helfen, die gar 
mit tiefer arrnut, alter oder sonst mit schwerer 
leibskrankheit derrnassen beladen, das sie nicht 
rnehr arbeiten und dienen rnSgen und sich ihre 
tag frSrnlich, rnit treuer arbeit oder diensten 
gehalten. Wa dann solche arrne in einer start, 
da ein spittal ist, gefunden, die sollen in be- 
denkung, das dieselbige spittel allein solchen 
armen zu trost fundiert, in dasselbig spittal 
aufgenornrnen und darinnen der gelegenheit nach 
erhalten werden. Wo aber in stetten oder 
dSrfern, da solche arrne und keine spittel weren, 
die sollen yon der gerneine undergeschleift und 
alsdann ihnen yon der gerneine, auch arrnen- 
kasten desselbigen orts, soviel die gelegenheit 
desselbigen kastens erleiden rnag hfilf gethan 
werden. Wo aber des kastens ungelegenheit 

halbert sich die htilf daraug, des arrnen notturft 
nach, nicht so welt strecken rnSchte, alsdann 
die gerneine rnit ihrer handsteur zu geben und 
helfen und die prediger alas volk verrnanen, 
solchen fromrnen arrnen ihre tegliche steur und 
alrnusen auch rnitzutheilen, damit dannoch die 
arrnenkasten nicht gar uberlegt, sondern irn 
wesen dester bag auf ein leidigen unfall den 
arrnen zu einern vorrath und trost bleiben 
rnSgen und nichts desto weniger solche frornme 
arrnen in ihrer noth versehen werden, welche 
der bettler zeichen frey sein sollen. 

Haugarmen. 
Den andern, so hauBarm sein. die weib und 
kinder haben, sich fr6rnrniglich rnit treuer arbeit 
oder diensten dern gerneinern nutz oder sonsten. 
wahin man sie gebraucht, halten und sich doch 
hiernit, und sonderlich zu theuren zeiten, nicht 
betragen und auBbringen rnSgen, auch etvan 
gerne arbeiten und dienen wolten und nicht 
zu arbeiten oder zu dienen haben, denen sol 
rnan urnb Gottes willen nach gelegenheit ihrer 
arrnut und der personen vom arrnenkasten oder 
dern teglichen alrnusen, so man versarnlet, steur 
und handreichung thun, ohne hoffnung der er- 
stattung und wiedergebens. Dieselbigen. nem- 
lich die alten, es sein rnann oder weib, sollen 
vornen an ihren kleidern 5ffentlich und unver- 
deckt der start, in der sie begriffen, zeichen 
stettigs an ihnen tragen, darnit jederrnan sehen 
mSge. were solches gegeben. Doch sollen die 
alten das alrnusen und hfilf selbst ernpfangen 
und ihre kinder nicht darnach schicken, sonder 
zu der arbeit ziehen und halten, darnit sie in 
der jugend zu dern betteln dester weniger ge- 
wehnet verden 
Doch sollen solche arrnen zuvor und ehe dann 
sie zu solchen alrnusen gelassen, yon den ampt- 
leuten und gerichten ernstlich gewarnet und 
verrnahnet werden, sich alles spielens, zechens, 
wirtsheuser, heirnblich und 5ffentlich, unniitz- 
lichen verschwendens, faulenzens und rntissig- 
gehens zu enthalten, sondern heuglich, arbeit- 

264 



Kirchenordnung 1569 

sam, sperig:*%, frtmmiglich, wesentlich und zu 
Gottes wort und ehren zu halten, auch ihre 
kinder dahin zu weisen and ziehen. Dann wfirde 
hiertiber derselben einer abet dem spiel oder 
sonsten in den wirtsheusern, heimblich oder 
flentlich, oder sie, ihre weiber oder kinder 
faulenzen, ohne arbeit und dienst, and doch 
wol arbeit and dienst teglich and billiche be- 
lohmmg haben and bekommen mSchten, er- 
funden, daraui dann die amptleut, gericht, rath, 
allgeschwornen und sonderlich die stattknecht, 
bettelvtgte, burmeister eJn besonder aufmerken 
haben sollen. Der oder dieselbigen alle, yon 
denen solches ftirkSmpt, sollen das erst real, 
nemlich der man im thurn am boden drey tag 
und nacht gestrafft and gebtilt and das weib, 
so also ergvJffen, des almusen acht tag beraubt, 
das ander real der man acht tag im thurn 
und die frau in einer frauen gefengnu drey tag 
gestrafft and gebfiit und zum dritten real mit 
weib und kindern des lands verwiesen werden, 
ihnen selber zu wolverschtildter straff und da- 
mit ander solch exempel fiir augen zu nehmen 
und sich daftir zu verhtiten wissen, alIes nach 
gestalt und gelegenheit der personen und 
sachen. Welche straffen auch durch unsere 
amptleut und gericht nicht eingestelt oder ver- 
zogen, sondern gegen den uberfarern beyzeiten 
ftirgenommen werden sollen. Dann woferne 
durch sie gefehrlichen''e zugesehen, bill die 
armen dartiber in das alter oder sonsten leibs 
tmvermtiglicheit gerieten, gedenken wir alldann 
gegen denselben fahrlessigen amptIeuten und 
gerichten gebtirlichs einsehens also geschehen 
zu lassen, damit die armenkasten ihrer fahr- 
lessigkeit nicht entgelten sollen. Wo abet solche 
haufiarmen and kinder sein. die gerne arbeiten 
und dienen wolten und zu arbeiten und diensten 
ftir sich selber nicht kommen mSchten, so 
sollen die amptleut und gericht sie zu arbeit 
und diensten, es sey am gemeinem nutz oder 
sonder personen oder zu einem eigen eintragen- 

den baugtitlein beftir:iern oder die hand bieten, 
damit in alle wege bey ihnen das mfissiggehen 
verhtitet und nicht faulenzer, auch die arme- 
kasten desto weniger mit ihnen beschweret 
werden. 
Den dritten, so nicht als gar mit tiefer armut 
beschweret sein. sondern ein wenig guts haben, 
oder einem armen handwerksman, der sein 
handwerk ohne htiIf und vorsetzung nicht an- 
fahen noch treiben kan, muf man umb Gottes 
willen auf wiedergeben, so sie es anderst 
der zeit zuwegen bringen mbchten, nach ver- 
mbg des kastens und gelegenheit der personen 
zimlich leihen und vorsetzen. Und die sollen 
mit dem bettlerzeichen aufi beweglichen ur- 
sachen nicht beschweret werden_ 
Den vierten, zur zeit der theurung, der ohne 
grossen nachteil seine gtiter nicht verkeufen 
kan, sol man nach verm6gen des kastens und 
gelegenheit der person auf wiedergeben leihen 
und vorsetzen 
Zum itinIten sol man auch in einer jeglichen 
start oder flecken, da man lateinische schulen 
heir, etliche arme knaben nach vermfigen der 
start oder flecken mit dem almusen zur schul 
halten oder ihnen zum wenigsten wochenlich 
ein steur geben. 

Armen vaterlosen weysen. 
Zum sechsen, arme vaterlose weysen sol man 
zu handwerken, schulen, zun ehren und hau- 
haltung mit angehefter vermanung der xvieder- 
geltung, xvo ihnen ihre hand so lang wird, 
mit hOchstem vleiB verhelfen. 
Zum siebenden, zur zeit serbender noth, auch 
sonsten, so ofk arme dienstknecht und megde, 
auch andere frembde haskig niederfellig und 
krank wrden oder mit dem erbgrind und 
andern schweren krankheiten beladen weren. 
und abet yon ihrem eigen nicht zu leben, 
uch yon ihren herrn und frauen underhaltung 
nicht erlangen mOchten, die sollen yon dem 

95d = sparsam, Fischer. a. a- O. V, S. 1484 f. 

95e Xg! S. 247 u. Anm. 68b 

. 265 



Wolfenbfittel 

gemeinen almusen oder spitteln undergeschleift. 
geheilet und zimlich underhalten werden, so- 
lang biR sie ihre gesundheit zimlich erlangen, 
und doch die herrn und frauen darneben dutch 
die kastenpfleger vermanet xverden, ihnen, in 
ansehung sie in derselben diensten krank und 
niederfellig xvorden, zum wenigsten eine hand- 
reichung und hfilf zu thun. 
Zum beschluR dieses capittels w6!len wit auch 
ernstlich hiemit alle unsere underthanen, arm 
und reich, vermanet und ersucht haben, das 
sie sich selbst, auch ihre kinder und gesinde, 
zu den predigten und sonderlich zu dem cate- 
chismo, so man nennet der kinder predig und 
frag, das wort Gottes zu h6ren und zu lernen, 
mit allem vleiR schicken und ffirnemlich, das 
diejenigen, so die hand auR dem armenkasten 
gebotten wird. ihre kinder, die manspersonel, 
die knaben "rod die frauen die t6chter, mit sich 
zu solcher kinderlehr selber ffihren und be- 
suchen w611en und der keine ohne ehehafte 
ursachen versaumen bey verxvirkung der ge- 
meinen kastenhfilf oder anderer straff, dem 
verschfilden nach auch xvo die herrn und frauen 
ihre knechte und megde umb eigennutzigkeit 
willen nicht zur predigt und catechismo an- 
hielten, sollen dieselben, wo die knecht und 
megde bey ihnen in krankheit fielen, noch 
ferner mit hfilf und handreichung solchen kran- 
ken erlalten, nach gestalt der sachen gestrafft 
werden. 
Wie es mit den frembden bettlern und land- 
streicher, auch den leichtfertien armen e- 
halten sol werden. 
Damit den einxvonenden dfirftigen arrnen 
leuten dest statlicher und reichlicher geholfen 
und andere beschxverlicheit und unrath, so yon 
den frembden betlern und landstreicher biRher 
an vielen 6rtern und enden scheinbarlich und 
beschwerlich begegnet ist. verhfitet m6ge wet- 
den, so w611en und gebieten wit ernstlich, das 
alle landstreicher in unserm ffirstenthumb xveder 
auf jarmarkten, noch zu andern zeiten nicht 
gelassen, darinnen gar nicht gedfildet, sonder 
sollen hinaufigewiesen werden und ffirnemlich 

die amptleut, bfirgermeister, gerichten und 
kastenpfleger an den grenzen und ortemptern 
die vleissige und ernstliche versehung thun, 
das die daselbst abgewiesen und nicht in unser 
ffirstenthumb eingelassen werden. Dann diese 
im schein angemaBter armuth allerley brand, 
mord, raub, diebstal und verretherey anrichten 
und uben, zudem mit ihrer faulkeit, gleich wie 
die hummel dem arbeitsamen bienlein, den 
armen dfirftigen das brodt vor dem munde 
abzuschneiden understanden. "Vfirden abet die 
an einem oder mehr 6rtern in unserrn ffirsten- 
thumb, es were auf jarmarkten oder andere zeit, 
yon jemand zugelassen und gedtildet oder auf 
den grenzen yon den arnptleuten und bfirger- 
meistern nicht abgewisen, geferlichen und wis- 
sentlichen durchgelassen, gedenken wit, diesel- 
bigen darumb mit ernst zu straffen, darnach sich 
ein jeder wisse zu schic[en. 
Nachdem man abet einen frembden, den die 
groB unvermeidliche noth etwan tringt, dutch 
ein land seiner notturft nach zu ziehen, leicht- 
lich erkennen und underscheiden mag vor einem 
landstreicher, der allein auf dem bettel und 
faulenzen umbzeucht, sollen die landstreicher 
an den grenzen unsers ffirstenthumbs und ort- 
emptern abgewisen und umb obangezeigter ur- 
sachen willen zurfick wiederurnb zu ziehen mit 
glfibden verpflicht, den andern abet eine mal- 
zeit, oder wo sie verspedet wfirden, uber nacht 
yon gemeinem almusen nach verm6ge des 
kastens und gelegenheit der personen eine zim- 
liche steur gegeben und damit fortgewiesen 
und ihnen keinswegs vor oder in den heusern 
zu bettlen gestattet werden. 
Und als sich oftmals zutregt, das die armen 
durchreisenden ihrer leib halb also schwach, 
krank und unvermfiglicl, das sie zu fug und ffir 
sich selbs ohne fuhr oder hfilf nicht fortkommen 
m6gen und dann yon alters solche kranken ffir- 
ziehenden in fron an de negsten 6rter und flecken 
dutch die einw6hner geffihrt und geffirdert wor- 
den, so w611en wit demnach, das in solchen 
gesetzten fellen, und wo ihnen also kranken 
zukommen und zugebracht, unsere amptleut 
jeder 6rtern und flecken allezeit die verordnung 

266 



Wolfenbiittel 

das ihre schendlichen verthun zar leichtfertig- 
keit, mit dem almusen in keinen veg geholfen 
und fiirschub gethan, sonder der miBbrauch des 
almusens, ob sie es schon durch list und un- 
wissenheit der pfleger zmvegen gebracht herren, 
bey ihnen nach erkantnuB der amptleut und 
gerichten und gelegenheit der sachen and per- 
sonen scharpf und ernstlich gestrafft, auch die- 
jenigen, so der ordnung zuwieder sich des bett- 
lens nicht entbalten oder in einigerley weg un- 
geschickt erzeigen wolten, die sollen gleicher 
gestalt nach maB der ubertrettang in ernst- 
liche straff genommen verden 
Unsere ernstliche meinung ist auch. vo je- 
manden diejenigen, velcben auB den armen- 
kasten geholfen, zu zechen und spielen ein- 
ziehen, denselben bier und anders zur zeche 
reichen oder mit ihnen spielte, das solchem 
nicht allein nichts fiir die zech und spiel, va die 
aafgeschlagen, gevolget, sonder wo sie gleich 
ichtigs derwegen empfangen oder eingenommen 
hetten, yon unsern amptleaten die wirte und mit- 
spieler dasselb dem armen vider herauBzageben 
angehalten, darzu nach gelegenheit and ge- 
stalt der sachen umb ein geltbuB in armen- 
kasten zu erlegen, gestrafft werden. 

Wie die nottiSr[tigen, [romme armen zum 
almusen erkennt und angenommen werden, 
auch der undankbsrn halben einsehens 
geschehen soil. 
Damit nun hinfurt in diesen fellen allein 
den fromen armen und dester underschied- 
lieher und 6rclentlicher weir geholfen wercie, 
sich die faulenzer, verschvender und rauch- 
losen dester veniger under die frommen, denen 
zu abbruch, einmischen, auch die gutherzigen 
spiiren m6gen, were und wie das almusen auB- 
gespendet, und dester mehr angereizet, ihr steur 
und handreichung in die armenkasten oder 
den armen in andere xvege zu geben und 
sonst alle auBrichtung dieser unser ordnung 
nach dester wirklicher und richtiger voln- 
strecket mSge werden, vSllen und bevehlen 
wir, das niemand also zu empfahung des al- 
musens zugelassen oder umb Gottes villen ge- 

geben oder geholfen werde, es sey denn einem 
yon dem amptman und gericht, da einer geo 
sessen, solches seiner notturft und wolhaltens 
dieser unser ordnung nach (und nicht auB 
gunst) vergSnt und zugelassen. 
Am andern, das ein jeder statt und flecken, 
nemlich in den steten der amptman und 
liche verordente yon dem gericht und in den 
d6rfern der schultheiB und ein gericht, des 
jars zu vier sondern gerichtstagen, der armen 
halbert zusammenkommen und yon den kasten, 
spittal und andern pflegern, auch bettelvSgten, 
alle feel und mengel ihrer verwaltungen, auch 
der armen thun und lassen, und wem las 
almusen zu geben oder nicht, und ob die armen 
neben ihren weib und kindern die predig des 
heiligen g6ttlichen worts, insonderheit die kin- 
der zu der frag, arbeit, zucht, handwerken, 
diensten oder schulen gezogen, und wie sonst 
in allweg dieser urmer ordnung nach gehauset 
werde, mit sonderm ernst und vleiB alles be- 
fragen und einnehmen sollen, xvas dann un- 
richtigs, beschverlichs und gefehrlichs sie be- 
funden, dargegen dasjenig ffirnehmen, das sich 
gebiirt, und getrauen gegen Gott und uns zu 
veran tvorten. 
Item, ob auch gelt, frucht, bier oder anders 
m tier kasten und spittal in vorrath, wie die ver- 
wart, und ob yon dem barem gelt lem kasten 
etwas eintragendes anzulegen, oder zu kaufen, 
oder frucht oder anders zu verkaufen sey der 
nicht, alles berathlich und nutzlich erwegen und 
darnach den pflegern darauf bescheid geben. 
Item, das bei jedem gericht in den stetten 
und dSrfern sonderlich register gehalten und 
darin, was sie in solchen gehaltenen gerichts- 
tagen erkennen und bescheiden, underschied- 
lich und insonderheit die armen mit ihren 
namen und zunamen sampt ihren weib und 
kindern, so von ihnen erkent, inmassen oben 
gemelt, des almusens oder hiilf nottiirftig und 
fehig zu sein, auch wie und xvas man einem 
jeden geben und helfen sol, geschrieben und 
alBdann den pflegern oder auBspendern ab- 
schrift gegeben werden, damit ein jeder under- 
schiedlich wissen mSge, was er geben und ver- 

268 



Wolfenbiittel 

stellung verffigt, damit ftir diese gebrechliche 
bey den siechenheusern auch eigene abgestin- 
derte gemach angericht, darin diejenigen, so 
htilf bedtirfen, undergebracht, ihre pfleg und 
curare haben mSgen. 
Zu welchen wit auch. und also den sunder- 
siechen und blatterigen, zuvorderst abet unser 
gemeiner landschaft zu gnaden und gutem, 
etliche leib und wundarzte in gewissen ge- 
zirken unsers ftirstenthumbs verordnen wSllen, 
also das dieselben sich neben anderer ihrer 
practick der armen kranken, gebrechlichen leuten 
in den siech und blatterheusern annehmen und 
vermittelst gStlicher gnaden dieselben in ihrer 
cur und arztneiung haben sollen. Derhalben 
sol hinfurt keiner unserer underthanen, so 
sundersiech, in die ein6de verstossen, sonder in 
desselbigen ampts, start oder flecken zuge- 
ordente behausung geschickt, da er auch ein- 
genommen werden sol. Und so derselb arm des 
vermSgens nicht were, sich yon seinem eigen 
gut darin zu erhalten, w611en wit, das ihme 
leibsnarung yon dem almusen, inmassen under 
den armen blatterigen hernacher gesetzt, ge- 
sch6pft und dem siechenhaul gebtirliche er- 
getzung wiederfahre. 
Gleicher gestalt, wa arme unvermtigliche, 
blatterige, franzSsische oder sonst gebrechliche 
leute, so nicht gtiter hetten, weren, welchen 
daheim nicht ftiglicher zu helfen, die mSgen 
auch in die darzu verordente blatterheuser ge- 
schickt, daselbst im fall der noth und gelegen- 
heir der krankheit nach die oben bestimpte 
unsere darzu verordente wundarzte gebraucht 
und yon dem almusen, doch auf wiedergelten. 
so sie zu verm6gen kemen, geheilet, auch die 
zeit ihrer krankheit darvon zimlich underhalten. 
Wenn sie aber gtiter herren, ihnen auf 
dieselbige gtiter auf wiederbezalung ftirgesetzt 
und geliehen werden, wie sich der fleck (in- 
massen er auch thun sol} mit den verordenten 
der start, da das blatterhaul vere, jederzeit 
vergleichen wird, alles nach gelegenheit der 
kasten, spitalen und personen, also das solche 
armen in ihres leibs notttirften der g6ttlichen 
mittel auch geniessen m6gen und dieselben 

ihnen ihrer armuth halben nicht entzogen, son- 
dern die brtiderliche liebe und treu in allweg 
gegen ihnen auch bewiesen und erzeigt werde. 
Derwegen die sundersiechen, blatterigen und 
gebrechlichen nicht mehr im land umbreiten 
noch ziehen oder sich bettlens befleissigen, son- 
der in allweg in ihren verordenten heusern 
bleiben sollen. 
Do aber einer oder mehr blatteriger, franzS- 
sischer, presthafter, ftiglicher und mit ringerm 
kosten in dem flecken daheim oder in der nahe 
curiert und geheilet werden mSchte, dem oder 
denselben sol, im fall sie des bedtirftig, solcher 
gestalt handreichung und htilf mitgetheilet wet- 
den. wie negst gesetzt. 
Wo auch in unsern stetten und emptern leut 
befunden, die mit aussatz, blatteriger, franzS- 
sischer oder dergleichen krankheiten beladen, 
die eines verm6gens, dieselben sollen nicht desto 
weniger auf ihr beger eingenommen, die pfleg 
und cura mitgetheilet, doch dassie dargegen 
schtildig sein, ihr essen, trinken, pfleg, warte 
und curare nach billichen dingen selbst zu be- 
zalen, damit der armen gtiter nicht beschweret 
und zu ihrem schaden und nachteil in abfall 
kommen. 
Als sich nun oftmals oefindt, das den heusern 
der armen sundersiechen und blatterigen viel 
nachtheils durch teglich uberreiten erwechst, 
auch mehrmals betrug bey solchen landfehrern 
befunden, ist hierauf unser bevelch, das hinfurt 
kein frembder sundersiech oder blatteriger in 
unsern stedten und emptern der geordenten 
heuser mehr warm einmal, es were dann, das 
sie ihren notwendigen gescheften noch am 
wiederreisen solche ant'effen, gehalten, auch 
so einer oder mehr wieder wtirde kommen, 
der sol nachmals nicht weiter eingelassen 
werden. 

Das dritte capittel. 
Von aufnehmun_ der kasten und 
spittalpfleger. 
Anfenglichs sollen durch den amptman und 
gericht jedes orts in beysein des pfarrers oder 
superintendenten ftirsichtige, gottsftirchtige, er- 

270 



Krchenordnung 1569 

bare und redliche menner, die dem wort Gottes 
anhengig, die ein gut gezeugni6 bey jederman 
baben, nach dem bevelch der apostel [Act 6, 2 f] 
zu der armen und spittalpfleger erkoren, item, 
die der verwaltung und hau6haltens, auch 
schreibens und lesens bericht und den armen 
aus christlicher treu und liebe geneigt sein, 
und sollen solche erkorne pfleger anderer pIleg- 
schaften enthaben sein. 

Von glfibd der pfleger. 
Warm und so oft also von amptleuten und 
gerichten die erwehlung der pfleger geh6rter- 
reassert geschehen, sollen dieselbigen personen 
ffir sie geschickt und ihre verwaltung und 
instruction Itirgehalten, auch erinnert und vet- 
manet werden, alas sie sich dieses ampts und 
verwaltung, mit gutem geneigten willen, bestes 
und getreues vleisses zu underfahen; dann neben 
andern christlichen werken solches Gott ein 
besonder gefellig xverk, ampt und dienst .ey, 
mit solchen und dergleichen vermanung und 
erinnerung, und alsdarm darauf solches ihres 
ampts halber, wie volget, geloben und schweren 
lassen. 

Eyd der pfleger. 
Ihr werden geloben und darzu schweren einen 
eyd zu Gott dem Herrn, unserm Vater, alles 
des armenkastens und spittals einkommen, es 
sey gelt, schfilden, frficht und alle andere haab 
und gfiter, dem kasten oder spittal zugeh6rig, 
getreulich zu bewaren und in keinem wege 
anders zu verendern noch zu gebrauchen oder 
dieselbige in euren selbst eigen nutz zu ver- 
wenden, bey verpfendung eurer selbst eigen 
gtiter, liegender und farender. 
Zum andern euers jetzt auferlegten ampts 
oder pflegs administration dieser ordnung nach 
geme6 volnziehen und verrichten, auch euers 
einnehmens und au6gebens jerliche gute, er- 
bare, underschiedliche und aufrichtige 6rdent- 

liche rechnung mit euern register trod rech- 
nungsbficher, auch bezalung thun. 
Zum dritten alle frficht, vihe, futter oder 
anders in getreuer verwahrung und ntitzlicher 
versehung haben, und was davon zu verkaufen, 
mit rath und gutbedfinken des amptmans und 
gerichts zu rechter und bester zeit mit gutem 
urkund dieselbige umb bar bezalung mit under- 
schiedlicher aufzeichnufi hingeb.en. 
Item dergleichen die au6gab der hau6haltung 
halben in dem spittal mit der wochen und 
quartalrechnung urkfindlich verrichten. 
Zum vierden allen federbett und leine- 
gewand, auch andern vorrath, schiff":' und ge- 
schirre underschiedlich inventiert, wolverwarth, 
in besserung und one abgang haben und hal- 
ten, was daran jederzeit zerschlissen, dasselbig 
darlegen, und was mit neuen wider ergenzt 
und ersetzt, dasselbig in dem inventieren ur- 
kfindlich setzen und vergreifen lassen. 
Zum ffinften alle beynutzung verrechnen, des- 
gleichen ftir euch selber, noch sonst in ge- 
meinschaft, weder an zehenden, eigen nutz- 
baren gfitern, noch andern gefellen, euer amp- 
tung oder pflege zugehSrig, in keinem wege 
bestehen noch theil oder gemein haben. 
Auch eure frfichte in den kasten nicht 
schtitten, da euer ampt oder pflege Irtichten 
liegen. 
Zum sechsten, das ihr auch keine frucht 
auf, noch ab dem kasten thun noch thun lassen 
ohne urkund und beysein der verordenten, ge- 
schwornen kornmesser, auch ernstlich und mit 
sonderm vlei6 verhfiten, das euer hau6gesind 
noch andere, so nicht notttirftig darzu sein, 
uber die frficht nicht gelassen werden. 
Zum sieb.enden auf alle erbare zucht des 
spittals oder armenkastens personen, sonder- 
lich auf die arme kinder, das die ehrlich ge- 
zogen, wie das auch alles anders diese ord- 
hung au6weiset, mit vlei6 sehen, und soviel 
die euch beriirt, verrichten, und sonst alles 

95g = Metallgefi6 im Herd zum XVasserwirmen: ,.schlff und geschirre"  der gesamte Haus- 
rat; Fischer, a. a. O. V, S. 827. 

271 



Wolfenbtittel 

dasjenige thun und leisten, das euer verwaltung 
nutz und wolfart ist, nach eurem besten ver- 
mtigen und fleifi, ,vie einem frommen, ehr- 
liebenden biderman gezimpt und gebtirt, ge- 
treulich und ungeferlich 

Von verwaItung der armenkasten und 
spittalen 
Nachdem sich bey verwaltung und admini- 
stration der kasten und spittal zutragen mSchte, 
das nicht allein von solchen pflegern, der- 
gleichen den amptleuten und gerichten, kein 
aufsehen oder gebirlicher, schtildiger vleil3 ftir- 
gexvendt, damit der armenkasten und spittal 
mit ntitzlicher und 5rdentlicher haulhaltung in 
besserung gebracht und die armen darau13 beo 
dacht, erhalten und versehen xvtirden, sonder 
yon etlichen ober und underamptleuten, ge- 
meinen, sondern personen und pflegern mit 
teglichem scblamm unnbtiger und ubermessiger 
zerung, gebrauchung ihrer ftiren und menin 95h 
mlt erforderung gemester schwein, speck, auch 
dergleichen essender ding und sonst allerley 
ungebtirliche, geschxvinde eigennutzigkeit vor- 
theiliger, geferlicher und aufsetzigerweise ge- 
braucht xverden, also das auch etliche solcher 
armenkasten und spittal gelt, frtichte, liegende, 
eintragende gtiter und anders zu ihrem selbs 
vortheil und eigen nutz gebraucht und an- 
gelegt und dann mit verkaufen frtichten, auch 
verenderung derselben, allerhand geschwindig- 
keit und vortheil getibt und angericht xverden 
mbchte, welches alles der amptleuten und ge- 
richt eigennutzigkeit und farlessigkeit schuld 
ist, das sie mit ihrem ampt mit aufsehen ihren 
schtildigen vleil3 nicht ftirgewendt und der 
armen wenig, sonder allein ihres geltists, selbs 
gescheften und eigen nutz gesorgt und ge- 
machet, dem zu begegnen, wollen vir hinfurt, 
das nachvolgende ordnung gebraucht und ge- 
halten werde. 
Dieweil man in kleinen dbrfern ftir gelt und 
brief gemeinlich nicht gnugsame verwarung und 

behaltnufi hat, so sol man an einem jeglichen 
solchen orth einen kasten in der kirchen, oder wo 
roans am besten verxvahren mag, haben, tier mit 
beschlag und schlSssen vleissig verwaret sey, 
damit dem almusen kein schade zugefiget mSge 
werden. 
Und derselbig kaste sol zum wenigsten mit 
dreyen underschiedlichen schlSssen verwaret 
sein, die schlfissel aber nach jedes orts gelegen- 
heit under die amptleut, burgermeister und 
pfleger aui3getheilet werden, damit keiner allein 
den kasten 5ffnen m6ge. 
Es sollen auch in demselbigen kasten gelt 
und klein6ter, auch alle heuptbrief und regi- 
ster, dem almusen zugeh6rig, von denen die 
pfleger jederzeit glaubwirdige abschriften und 
copeyen underhanqen haben sollen, beschlossen 
und verxvaret xverden 
Item die pfIeger und verordenten sollen alle 
wochen, xvas allenthalben her ftir gelt, tuch 
oder anders dergleichen gefelt und in das zu- 
fellige einkommen geh6rt, vleissig und brdent- 
lich aufzeichnen. 
Es sol auch der fleck oder stadt kein gelt 
au dem kasten zu dem gemeinem nutz nehmen. 
auch nicht an der stadt oder d6rfer gebeu, zur 
steur, schatzung, h6rzug 95i, brunst oder ander 
zerung, kosten oder hirtenlohn und dergleichen 
gewendt noch entlehnet werden, wie bher 
etwann geschehen ist, sonder sol der kast vor 
dem allem gefreyet und versichert sein. 
Was sonderliche personen au3 dem kasten 
der kirchengiter, briderschaften und der- 
gleichen hievor entlehnet haben, sollen das- 
selbige dem kasten und spittal xviderumb be- 
zalen. XVenn aber ein ganze gemeine aus dem 
kasten oder spittal zu hilf der hievor lang 
gewerter teurung und anderer not entlehnet 
haben, sollen das dem kasten oder spittal 
auf ziel nach gelegenheit des kastens, personen 
und zeit wieder erstatten. Hetten abet ober, 
underamptleut, pfleger oder andere aus dem 
kasten, spittal oder andern deren pflegschaften 

95h ----Gespann yon Ochsen oder Pferden. Fischer. 
a. a. O. IX', S. 1601 f. 

95i----- Heerzug. vgl. Fischer, a. a. O. III, S. 1536. 

272 



XVolfenbtittel 

\Vo aber einer oder eine solches so gar ver- 
echtlicher und muthwilligerweil3 erlassen, der 
oder dieselben sollen nach gestalt trod gelegen- 
heir der sachen trod uberfartmg mit dem thurn 
oder in ander weg ernstlich gestrafft werden. 
Darzu keine roans oder weibsperson das hei- 
lige evangelium und Gottes wort, wie es nach 
gSttlicher schrift gepredigt wird, schmehen, 
lestern oder mit jemand sich deshalb in einige 
zenkische disputation begeben, bey einer schwe- 
ren straff oder verwirkung seiner pfr/ind, dem 
uberfahrer, je nach gelegenheit der sachen und 
ubertrettung, aufzulegen. 
Item, das auch zu allen malzeiten, morgens 
und abends, vor und nach dem tisch durch 
einen jungen knaben oder tSchterlein, so die 
im spittal weren, wo nicht, durch die alten, 
ins umb das ander, in allen gemachen 5ffent- 
lich mit lauten worten, nemlich vor dem 
tisch das Benedicite und nach dem tisch das 
Gratias 99 deudsch allxvegen mit einem Vater 
unser, wie ungeferlich im catechismo gelehret, 
gebetet und keinsxvegs undedassen werde. 
Zudem auch die junge, arme kinder im spittal 
durch den hauimeister oder hauimutter oder 
ein arme, darzu verordente pfrilndnerin, und 
im seelhauf durch den bettelvogt oder seine 
hauifrauen zu morgen und nachts zu dem 
gebet gewehnen und underrichten. 
Darzu alle Sonn und feyrtage zu den predigten 
und der kinderfrag yon und darzu Ifihren, und 
nach der predigt und frag allwegen jedes in- 
sonderheit befragen, was es darvon behalten, 
und sonst zu allen guten, christlichen und er- 
barn tugenden und sitten, auch zu der arbeit, 
gescheften, diensten, schulen und handwerken, 
nach jedes kindes gelegenheit, mit gebtirlichem 
underweisen und strafIen, aufziehen und an 
ilmen kein vlei sparen noch erwinden9'-a 
lassen. 

Ob dem allem daxm die spittal, kasten und 
hauJ3meister, darzu die arnptleut und gericht 
jederzeit ihr ernstlich, teglichs aufsehen haben 
und brauchen sollen, das wir ihnen mit sonderm 
ernst bevolen und auferlegt haben wbllen. 
Item es sollen auch alle und jede marts und 
frauenperson aller und jeder unbescheide- 
net, unztichtiger und schandbaren, auch zenki- 
schen wort uber tisch hieneben genzlich ent- 
halten, sonder jederzeit aller zucht, erbarkeit, 
bescheidenheit und friedlebens gegen einander 
gefarn und befleissigen bey abbruch umb jedes 
schandbar, unzfichtig oder zenkisch wort eines 
tags des fleisches oder einer andern hbhern 
straff, nach gelegenheit der sachen und uber- 
farung aufzulegen. 
Wir wbllen auch, dassie sich ces gottes- 
lesterns, schwerens und fluchens genzlich ent- 
halten und vermeiden. 
Welcher oder welche spittaler oder pfrilnder 
einer oder eine hiertiber, allein aul3 ringem 
gemtith und bSser gewonheit, ohne gefehrsgb 
schweret oder fluchet, dem sol uber ein malzeit 
sein gebilrende fleisch oder dergleichen abge- 
brochen werden. 
So aber einer auJ3 zorn, verdachtem muth, 
ftirsetzlich und gefehrlich und insonderheit uber 
geschehener vermanung (xvie darm hiervor ein 
jeder den andern xvarnen und vermanen sol) 
fluchen und schweren wtirde, der sol als ein 
gottslesterer gestrafft xverden. 
Welcher oder welche im spittal im ehebrnch 
begriffen oder eine jungfrau, besonder einen 
armen verpfrtindten weisen, geschwecht und 
solches kundbarlich erwiesen wird, derselbig 
sol sein pfriJnd gegen dem spittal verwirkt und 
nichts desto weniger umb seine miihandlung 
nach gestalt eines jeden thettlicher handlung 
mit keyserlichem, strengen rechten gestrafft 
werden. 

99 K1. Katechismus. Bek. Schr. S. 522 f. Ev. Kgb. 99a ---- fehlen. 
Anh. S. 50. 99b Vgl. S. 252. 

276 



Wolfenbfittel 

Ordmatio des paedagogii zu GaaderBheun. 356 
Ordnung der kirchenubung trod schulen bey den prelaturnmanskl6stern 359 
Von den klosterstudiosis 361 
Von kirchenubungen. 371 
Schulordnungen mit den lectionibus.. 377 
Statuta der klosterschulen. 381 
Von gotteslesterung. 382 
Von der gebfirlichen reverenz.. 383 
Von nfichtern und zfichtigem leben.. 384 
Schuldisciplin. 385 
Von der tischzucht. . Ibid. 
Wie sich die klosterstudiosen gegen einander halten sollen 388 
Ratio vestitus.. 389 
Wie sie sich in ihren gemachen und sonst halten sollen. 590 
Wie sie sich gegen den kl6sternofficialen, diener und personen erzeigen sollen. 392 
Von den prelaten. 395 
Von den klosterpreceptorn. 397 
Von der prelaten verwaltern. 398 
Von der superintendenz uber die kl6sterschulen. 400 
Wie es hinfuro in den jungfrauenkl6stern dieses ffirstenthumbs gehalten werden sol. 402 
Kastenordnung. 411 
Durch welchen weg ein gemeiner kaste aufgericht mag werden trod was darein gefallen 
soll. 412 
Were man und mit was ordnung aus dem kasten geben, helfen und rahten, auch wie sich 
dieselben halten sollen. 416 
Wie es mit den frembden bettlern und laadstreichern, auch den leichtfertigen armen ge- 
halten sol werden. 422 
Wie die nottfirftige, fromme armen zum almusen erkennt und angenommen werden, auch 
der undaakbarn halben einsehens geschehen sol. 427 
Wie es mit den siechen und blatterheusern und deren armen m stedten und emptern gehal- 
ten sol verden. 430 
Von glfibd der pfleger, auch ihrem eyd.. 435 
Von verwaltung der armenkasten und spittalen 437 
Kirchen und derselben thfirnarmenkasten und spittal gebeu 441 
Zehrung trod bottenlohn. Ibid. 
Von der zucht in den spittaln. 447 

(243) 
(244) 
(244) 
(248) 
(250) 
(251) 
(251) 
(252) 
(252) 
(253) 
(253) 
(254) 
(25,) 
(255) 
(256) 
(257) 
(25) 
(258) 
(258) 
(262) 

(262) 

(264) 

(266) 

(268) 

(269) 
(271) 
(22) 
(273) 
(273) 
1275) 

Gott allein die ehre. 

Das hier folgende Verzeichnis der .,Errata" ist im Abdruck unseres Textes berficksichtigt worden. 

Wulffenbfittel 
Bey Conrado Horn 

280 



Wolfenbfittel 

allmechtigen sey eine gerechte, gottftirchtige 
und christliche oberkeit 5, die nicht allein ftir 
Lhr person vor Gott gerecht und from ist, 
sondern auch den unterthanen zu gut nach 
solchen leuten und dienern trachtet, die ihnen 
recht und billigkeit schaffen und sie bey dem 
warhaftigen gottesdienst, aller erbarkeit und 
billigkeit schtitzen und schirmen. Welche gabe 
Gottes 6 man aber gemeinlich nicht erkennet, 
bis der gottlos regiert. Alsdenn fehet man 
an zu seufzen, da die unterthanen im zeit- 
lichen zum hSchsten beschweret und darzu auch 
des rechten einigen trosts mangeln mtissen, 
den sie in dem reinen, unverfelschten wort 
Gottes und schirm der gottseligen oberkeit 
haben solten. 
Eine solche gestalt hatte es mit dem yolk 
Gottes, den kindern Israel, da sie helden zu 
richtern hetten. Denn so lange solche helden. 
als Josua, Gideon, Simson, Jephta und der- 
gleichen richter lebeten, half ihnen der Herr 
aus ihrer feinde hand [Jud. 2 = Ri2, 18], das sie 
sicher voneten: also auch bey der regierung 
der gottseligen kbnigen Davia. Salon]on, ssa, 
Josaphat, Hiskia, Josia, welche d_ reck, ten var- 
haftigen gottesdienst in Israel nach dem gesetz 
hlose und xvort des Herrn xviderumb aufrichte- 
ten, xvar das volk in grossen freuden, hatte 
den segen 7, schutz und schirm des Herrn wider 
alle seine feinde. Denn solches hat der Herr 
seinem yolk versprochen, wie Mose bezeuget: 
[Deut. 2I, i. 7 f. 12--14: Levi. 26,3]: XVenn du 
der stim des Herrn deines Gottes gehorchen 
wirst0 das du haltest und thust al]e seine 
gebot, so xvird der Herr deine feinde, die 
sich wider dich auflehnen, ftir dir schlahen. 
Der Herr wird gebieten dem segen, das er mit 
dir sey in deinem keller und in ahem, das 
du ftirnimpst, der Herr wird dir seinen guten 
schatz aufthun, den himel, das er deinem lande 

regen gebe zu seiner zeit und das er segne 
alle werk deiner hende, darumb das du ge- 
horsam bist den geboten des Herrn deines 
Gottes und das du nicht weichest yon irgend 
einem wort, weder zur rechten noch zur linken, 
damit du andern g6ttern nachwandelst zu 
dienen. 
Da sie aber dem Herrn ftir solche gnad nicht 
dankbar varen und yon dem gesetz des Herrn 
abwichen, abg6ttische k6nig und gottlosen uber 
sie herscheten, als zur zeit Ahab, Jeroboam, 
Manasse und anderer ungottseligen kSnigen in 
Juda und Israel geschehen, ist der fluch Gottes 
heufig uber sie komen, hunger und pestilenz 
haben sie getroffen, der krieg und das schwert 
hat sie gefressen und sind also land und leut 
jemerlich verwtistet und verderbet worden, wie 
denn der Herr ihnen solches vielfaltig lurch hIo- 
sen und andere seine propheten gedrauet [Deut. 28, 
15 If; Levi. 26, 14--41; Amos 3] und endlich uber 
sie komen lassen, wenn sie ihn mit unrechtem 
und falschem gottesdienst erztirnet, sich aus 
den straffpredigten nichts gebessert und zu dem 
Herrn ihrem Gott nicht bekeret haben. 
Well wir denn nicht leugnen kSnnen, sondern 
bekennen mtissen, das nunmehr ein lange zeit 
und viel jar her viel und mancherley grosse 
und schwere mil3breuch 8 in die kirchen Gottes 
eingerissen und also beides, zur rechten und 
linken, von dem ausgedruckten, klaren und 
hellen wort Gottes abgewichen worden, dar- 
fiber die fromen und gutherzige Christen hohes 
und nidriges standes geseufzet und nach einer 
christlichen gottseligen reformation ein herzlich 
verlangen gehapt, gleichwol aber immer mit 
dem titel 9 und namen der kirchen aufgehalten, 
als ob solches alles durch die heilige christ- 
liche kirchen verordnet, bey deren allein es auch 
stehe, widerumb zu endern, bier zwischen aber 
meniglich schuldig sey bey dem gehorsam, so 

5 a. Ft.: Gottselige, christliche oberkeit ein be- 
sondere gnad Gottes. 
6 a. Ft.: Die gaben Gottes erkennet man nicht, 
bis man sie verleuret. 
7 a. Ft.: Segen Gottes bey dem christlichen, gott- 
seligen regiment. 

8 a. Ft.: Vil misbreuch in die kirch Gottes ein- 
gerissen. 
9 a. Ft.: Der tittel der kirchen hat viel leut 
uffgehalten. 

282 



rlosterordnung 1569 

ein jeder Christ der kirchen schuldig [Matt. 18, 
17], und bey seiner seelen seligkeit, alles zu 
halten, unangesehen, das Gottes wort solchen 
genzlich entgegen und zuwider, wie denn in 
etlichen artickeln als: yon vergebung der s0_n- 
den durch alas blut und einigert verdtenst Jhesu 
Christi 10, vom gebrauch des hochwirdigen sacra- 
ments des leibes und bluts unsers Herrn Jhesu 
Christi 1, yon der priesterehe 12, yon unter- 
scheid der speise 13, yon der warhaftigen 
ruffung Gottes 1 und dergleichen artickeln mehr, 
so offenbar, das es kein verntinftiger Christ 
widersprechen kart und demnach einen Christen 
nicht unbillig wundern solt, wie es doch immer- 
mehr mtiglich gewesen, das die lout sich wider 
das klare und offenbare wort Gottes in solche 
tiefe finsternis solten haben ftiren lassen, der- 
halben eine besondere gnade 15 yon dem all- 
mechtigen Gott und Vater unsers Herrn Jhesu 
Christi diesem 15blichen ftirstenthumb Braun- 
schweig widerfaren, das der durchlauchtig hoch- 
geborn ftirst und herr, herr Julius, herzog zu 
Bratmschweig und Li]neburg etc., neben andern 
hohen und ftirstlichen tugenden mit der rechten 
und warhaftigen erkendnis des Sons Gottes und 
seines seligmachenden, reinen, unverfelschten 
worts begabet und mit seinem heiligen Geist 
erleuchtet vorden, welche denn S[eine] F[tirst- 
liche] G[naden] nicht vergeblich empfangen, son- 
dern alsbald zu derselben angehenden ftirst- 
lichen regierung vor allem andern obligenden 
vielfaltigen gescheften die sorg der kitchen ano 
gelegen sein lassen, damit, was dem ausge- 
drticken vort und bevehl Gottes zuwidern, ab- 
geschaffet und der rechte xvarhaftige gottes- 

dienst gepflanzet und widerumb aufgerichtet 
werden mbge 
Der ursach S. F. G. anfangs eine christliche 
und in Gottes wort gegrtindete kirchenordnung 
verfassen lassen 16, welcher gestalt hinfuro die 
kitchen mit gottsftirchtigen und in Gottes wort 
verstendigen, lehrhaften, sanftmtitigen, beschei- 
denen und ihres lebens halben unergerlichen 
pfarhern und dienern des worts Gottes zu be- 
stellen, wie sie in den ftirnemsten artickeln 
der christlichen lehr verh/ret und der alton 
christlichen, apostolischen und catholischen kit- 
chen 15blichen gebrauch nach darzu ordiniret, 
geweihet und confirmiret, mit was bescheiden- 
heit sie besonders yon den zweispaltigen ar- 
tickeln der religion das einfeltige unverstendige 
yolk. christlich unterwmsen und mit allot ge- 
btirender reverenz, zucht und gottesforcht die 
heiligen sacrament gebrauchen und der christ- 
lichen gemein austheilen sollen, desgleichen 
auch, mit was ordnung die einigkeit in der 
lehre, gleichfSrmigkeit in ceremonien, christliche 
zucht unter den kirchendienern, auch gottselig- 
keit und erbarkeit bey der christlichen gemein 
und zuhtrern des worts Gottes mSchte er- 
halten werden, darzu das bisschoffliche ampt 
verordnet, das besondere personen uber etliche 
ihnen besonders zugeordneten pfarren zu super- 
intendenten, das ist, uffseher und rechte war- 
haftige christliche bisschoff verordnet, die ihr 
teglich unnachleslich uffsehen uff lehr und leben 
derselben pfarherrn haben und also in ihrem 
beruff (so viel immer mtiglich) unstrefflich 
halten sollen, uber welche andere als general- 
superattendenten verordnet, so ihnen in allen 

Vgl. Conf. Aug. u. Apol. IV. Bek. Schr., S. 55 f. 
u. S. 158 ff.; Schmalkald. Art., Das ander Toil, 
Hiuptartikel. Bek. Schr. S. 415 f. 
Vgl. Conf. Aug. u. Apol. X. Bek Schr. S. 62 f. 
u. 247 f.; Conf. Aug. und Apol. XXII. Bek. 
Schr. S. 85 f. u. 328 ff.; Conf. Aug. und Apol. 
XXIV. Bek. Schr. S. 91 ff. u. 349 ff.; Schmal- 
kald. Art., Das ander Toil, Der ander Artikel. 
Bek. Schr. S. 416 ff.: ibid. Vom Sakrament 
des Altars. Bek. Schr. S. 450 f.; K1. Kat. Bek. 
Schr. S. 519 ff.; Gr. Kat. Bek. Schr. S. 707 ff. 

o. Vgl. Conf. Aug. u. Apol. XXIII. Bek. Schr., 
S. 86 ff. u. 332 ff.; Schmalkald. Art. Von der 
Priesterehe. Bek. Schr. S. 459. 
13 Vgl. Conf. Aug. XXVI. Bek. Schr., S. 100 ff. 
1 Vgl. Conf. Aug. u. Apol. XXI. Bek. Schr., 
S. 81 ff. u. 316 ff.; Schmalk. Art. Von Heiligen- 
Anrufen. Bek. Schr. S. 424 f. 
- a.R.: Gnade Gottes dem herzogthumb Braun- 
schweig widerfaren. 
lc a.R.: Reformation der kitchen im herzog- 
thumb Braunschweig. 

3* 283 



Woltenbiittel 

Gott zu verwaren hette, das nemlich seinem 
gSttlichen wort und willen entgegen und zu- 
wider nicht, s weder abgethan noch aufgericht, 
sondern nur der warhaftige gottesdienst wider- 
umb in die alte christliche ordnung gebracht, 
die Gott gefellig und der christenheit niitzlich ist. 
Es hat reich auch nicht wenig darzu beweget, 
das ich wol ermessen kSnnen, welcher gestalt 
beides, von freunden und feinden, euch zuge- 
setzt und euch orgeworfen werden mSgen, 
als solten ihr dem allmechtigen euer geltibde 
nicht gehalten, von ibm abtrtinnig worden und 
also yon der rechten, varhaftigen christlichen 
kitchen abgefallen sein, ausserhalb welcher 
weder leben noch seligkeit zu hotten oder zu 
gleuben ist 
Domit ihr denn gegen meniglich euch herren 
mit bestendigem und doch einfeltigem grunde 
des lautern, hellen und klaren vorts Gottes, 
auch unsers varhaftigen uhralten christlichen 
glaubens gegen ihnen und allermeniglich zu 
verantworten, das ihr keinswegs an euerm breu- 
tigam, unserm Herrn Jesu Christo, abtriinnig 
vorden, sondern noch diesen tag seine braut 
sein und durch die gnad seines heiligen Geistes 
bis in den rod zu bleiben und einmal die ihme 
in der heiligen taufe gelobte treu und gehor- 
sam zu leisten, gesinnet, das ihr nemlich keusch 
und ztichtig zu leben, und vas seinem heiligen 
willen zuvider (als viel in dieser unser ver- 
derbten natur zu thun mtiglich}, zu meiden, ver- 
sprochen habet, mit euerm ganzen leben zu 
erveisen, der ursach denn die kron 26 auf euerm 
heupte nicht getallen, sondern durch rechte 
erkendnis euers und unser aller (die vir xvar- 
haftige Christen sind) geistlichen breutigams, 
Jhesu Christi, bevestiget, das euch dieselbige bey 
ihme hinderlegt und am jtingsten tag vor allen 
engeln mit unaussprechlichen ehren und herrlig- 
keit aufgesetzt und nimmermehr yon euch ge- 
nomen verden soll, habe ich euch diesen kurzen, 
einfeltigen bericht in schriften verfassen wSllen, 
das ihr denselben allen denen, so euch dieser 

in den klSstern beschehenen verenderung halben 
anreden mSchten, hetten fiirzulegen, daratts sie 
genugsam zu verstehen haben, das solches alles 
von euch aus keiner leichtfertigkeit noch fleisch- 
lichen irdischen gedanken, sondern aus rechtem, 
warhaftigen glauben und ettsserster not euer 
seelen seligkeit beschehen, damit ihr vor Gott 
ein gut gewissen behalten, demselben mit water 
anruffungen und gefelligem gehorsam seiner 
gebot dienen und also allein durch den einigen 
verdienst Jhesu Christi {darauf unser einig ver- 
trauen stehen sol} selig werden mSgen. 
Ich wil auch nicht zweifeln, es sol durch die 
gnade Gottes, auch unserm gegentheil an et- 
lichen often nicht mkssfallen, wenn sie vernemen, 
mit was christlicher ordnung die prelaten und 
jungfrauenklSster in diesem ftirstenthumb an- 
gestellet und also im werk befinden, das nichts 
chrkstlichs abgeschaffet noch eingestellet, des- 
gleichen auch nichts ungottseliges noch un- 
christlichs ftirgenomen, und derhalben ihnen 
selbst allerley nachdenken schepfen werden, uff 
derogleichen wege auch zu trachten, damit gute 
ordnung nicht zerstSret und doch auch der 
reine unverfelschte gottesdienst in ihren klS- 
stern nach anleitung heiliger gSttlichen schrift 
und unsers catholischen, christlichen, selig- 
machenden glaubens angestellet und erhalten 
werden mSge. 
Denn leider unverborgen, sondern aller welt 
oftenbar ist, vas his daher fiir ein unordentlich, 
ungekstlich leben in vielen klSstern geftiret, 
welcher gestalt die gevissen vider Gottes wort 
gefangen und im zwange gehalten, mit was lust 
und andacht der gottesdienst {so zum /rossen 
theft allein uff menschengebot gesetzt, darmit 
doch Gott nicht gedienet wird, zum theft dem 
offenbaren wort Gottes zuwider) verrichtet wor- 
den, dariiber viel fromer herzen geklaget und 
besserung solches alles gehoffet und gebeten. 
Weft denn cler allmechtige Gott und Vater 
unsers Herrn Jhesu Christi das seufzen semer 
auservelten erhSret und diese gnade verliehen 

26 a.l.: Die klosterjungfrauen haben ihre kron 
nicht hingelegt, sondern sie ist ihnen im 
himel hinterlegt. 

286 



Wolfenbfittel 

Von christlicher reformation der kl6ster im 
fiirstenthumb Braunschweig, Wulffenbiitli- 
schen theils, anno 1568 im October angestelt. 

Es ist kein zweifel, nachdem durch besondere 
gnad des allmechtigen Gottes und Vaters unsers 
Herrn Jhesu Christi auch in diesem 15blichen 
ftirsenthumb Braunschweig eine christliche re- 
formation der ktrchen und klSster ftirgenomen. 
das viel und mancherley von derselben bin und 
wider, sonderlich aber bey unserm gegentheil 
ausgeben werde 32, als solte hierdurch der recht, 
warhaftig gottesdienst sampt dem alten aposto- 
lischen, catholischen, christlichen glauben ab- 
gethan, ein neuer glaub eingebracht und dar- 
durch endlich anders nichts denn allein die 
geistliche gtiter gesucht, die klSster zerstSret 
und derselben ein und uffkomen in eigen und 
weltlich nutz und gebrauch verordnet werden, 
welchs do es sich im werk also befinden solt, 
nicht allein vor der welt und allen Christen 
ergerlich, sondern auch vor Gott keinswegs ver- 
antwortlich sein wtirde. 
Denn wie nur ein einiger glaub33 ist, dar- 
innen man kan selig werden, welchs ist der air 
catholisch, apostolisch, christlich glaube, darin 
yon anfang der welt her alle heiligen patri- 
archen, propheten, kSnig, apostel und marterer 
seind selig worden [Heb. 11], also mus unwider- 
sprechlich volgen, wer yon diesem alten aposto- 
lischen, catholischen, christlichen glauben ab- 
weichet und sich zum neuen glauben bekermet, 
das derselbig gewislich nicht selig werden 
kSnne. 
Der ursach s,ch meniglich vor einen neuen 
glauben anderst nicht, als vor dem leidigen sathan 
selbst, auf das allervleissigst htiten sol, so lieb 
ihm seiner seelen ewig heil und seligkeit ist. 
Also auch, wer die gtiter 3, so einmal zu der 
ehr Gottes ergeben sind, der kirchen Gottes 

entzeucht und in sein eigen nutz verwendet, der 
wird gewislich ein nagenden wurm und b6s 
gewissen, darzu keinen segen Gottes haben und 
mus am jtingsten tag deshalben einen schweren 
stand thun. 
Derhalben die unvermeidenliche nodturft erfor- 
dert, das meniglich dieser ftirgenomenen christ- 
lichen reformation ein warhaftigen, griindlichen 
und bestendigen bericht babe, welcher gestalt 
dieselbige ftirgenomen, vas darirmen gesucht, 
was auch darmit abgethan oder erhalten, damit 
alle einwohner dieses 15blichen ftirstenthumbs, 
besonders aber, so in herrn und jungfrauen- 
klSstern 35 bis daher gelebet und solche christ- 
liche ordnung gutwillig, gehorsam und zum gu- 
en theil mit grosset danksagung angenomen, 
sich beides, vor dem angesicht Gottes wider 
die anfechtung des leidigen sathans trSsten, und 
auch in dieser welt gegen meniglich wissen 
nach aller nodturft mit bestendigem grund ihres 
glaubens und Gottes worts beides, gegen den 
freunden und feinden, zu verantworten und aus- 
ftirlich zu berichen herren, das sie hiermit yon 
dem rechten, alen, catholischen, christlichen 
glauben nicht abgetretten, kein neuen glauben 
angenomen, sondern in dem alten, warhaftigen, 
catholischen, christlichen glauben standhaft und 
bestendig geblieben und bis in ihr gruben durch 
Gottes gnad zu verharren gesirmet sein. 
Da wir dann mit allem vleis besehen und 
lesen, was beides, die propheten und apostel 
im alten und neuen testament, beschrieben und 
der christlichen kirchen hinderlassen haben 36, 
darnach sie ihren glauben, leben und sterben 
richten sollen, so linden wir, das solchs auf 
dreyen ftirnemen haubtpunkten besthet, welche 
der einfeltig gemein leye gleich so wol als 
die geleren und tier heiligen schrift vor- 
stendigen wissen und sein ganzes leben darnach 
richten kan. 

32 a.R.: Mancherley reden und ureil yon der 
klSster reformation 
33 a.R.: Man sol kein neuen glauben annemen. 
3t a.R.: Geistliche iter sollen der kirchen nicht 
entzogen werden 

35 a.R.: Klosterjungfrauen sollen gefasst sein. 
ihres glaubens rechenschaft zu geben. 
3e a.R.: Summa und inhalt des alten, catholi- 
schen, christlichen glaubens und christlicher 
lehr. 

288 



Klosterordnung 1569 

denn nut ein emiger seligmachender glaub und 
weg zu dem ewigen leben geleret wird, ist die 
frag, was doch derselbig glaub sey, dartiber m 
der welt so viel kifens, streit, hader, zvispalt 
und unemigkeit ist7 Denn ein einfeltig herz 
doch gern wissen wo]t, was derselbig sey, dar- 
mites zugleich auch c}en patriarchen, prophe- 
ten, aposteln, kSnigen und lieben martirern selig 
und den lieben auss.erwelten kindern Gottes 
mSchte ewiglich zugesellet werden. 
Hie hat der allmechtig Gott seiner armen 
christenheit ein besondere gnad bexviesen, weil 
der armen einfeltigen und unverstendigen leut 
in der christenheit zu aller zeit mehr sind weder 
der ge]erten und hochverstendigen, die weder 
schreiben noch lesen und also selbst in der hei- 
ligen schrift nicht lesen kSnnen, vas in einem 
jeden propheten, evangelisten oder apostelbrief 
geschrieben, so hat Gott tier Herr dem ge- 
rneinen leyen aus dem grossen buch der bibel 
altes und neues testaments ein kurzen auszug 
gernacht 3 und darinnen alles verfasset, was in 
dem grossen buch geschrieben ist, welcher aus- 
zug recht und wol tier leyen bibel a4 mag ge- 
nennet werden darumb, alas die leyen und un- 
verstendigen, so die tag ihres lebens niemals 
in ein schul gangen, zugleich den gelerten darin 
lesen und sich berichten kSnnen, was der weg 
zu dem ewigen leben sey. Und hat nicht mehr 
denn sechs capitel 5 
In dem ersten sind begriffen die zehen 
gebot 46, welche Gott durch Mosen yon himel 
herab auf dem berg Sinai gegeben hat, und 
lauten also: 
1. Ich bin der Herr dein Gott, du sollst nicht 
andere gOtter neben mir haben 
2. Du solt den namen des Herrn deines Gottes 
nicht vergeblich ftiren, denn der Herr wird den 

nicht unschtildig halten, der semen namen ver- 
geblich ftiret. 
3. Gedenke des Sabaths, das du ihn heiligest. 
4. Du solt dein vater und dein mutter ehren, 
uff alas du lang lebest im lande, das dir der 
Herr, dein Gott, geben wird. 
5. Du solt nicht tOdten. 
6. Du solt nicht ehebrechen. 
7. Du solt nicht stelen. 
8. Du solt nicht falche zeugnis reden wider 
deinen nehesten 
9_ Du solt dich nicht lassen geltisten deines 
nehesten hauss. 
10. Du solt dich nicht lassen geliisten deines 
nehesten weibs, noch seines knechts, noch seiner 
megde, noch seines ochssen, noch seines esels, 
noch alles, was dein nechster hat. 
Dis sind die gebot Gottes, die nicht yon elm 
menschen erdacht 47, sondern durch Gott selbst 
vor vierhalb tausent jaren 'on dem berg Sinai 
mehr denn sechsmal hunderttausent mennern mit 
der stimm Gottes gepredigt worden, in welchen 
vollkomenlich begriffen ist alles, was man thun 
oder lassen sol, das Gott gefellig und angenem 
ist, und so vollkommen, das man kein gut werk 
erdenken kan, so Gott gefellig, das nicht m 
dieser zehen geboten einem begriffen ist, welche 
uns Ieren48, wie wit uns beides, gegen Gott 
und unserm nechsten, mit gedanken, worten und 
werken verhalten sollen, 1.] das wir nemlch 
Gott den Herrn allen creaturn f[irziehen, den- 
selben uber alles, was genennet werden mag, 
ftlrchten, lieben und unser ganzes vertrauen uff 
ihn setzen, was er uns bevehlet, das wit dem- 
selben nachsetzen und uns keine creatur yon 
semem wort abftiren lassen, wenn es auch em 
engel im hirnel vere, 2.] desgleichen das xvir 
seinen namen heilig und ehrlich halten und den- 

a3 a.R.: Catechismus der leyen bibel. 
44 Vgl. FC, Ep, Von dem summarischen Begriff, 
5. Bek. Schr. S. 769, wo unter ,,Laien-Bibel" 
der K1. (Bek. Schr. S. 501 ff.) und der Gr. Kat. 
(Bek. Schr. S. 545 ff.) verstanden werden. 
45 a.R.: Sechs hauptsttick der christlichen lehr. 

4 a. R.: I. Das erste sttick der christlichen lehr 
sind die zehen gebot, Exo. 20 [2--17]. 
7 a.R.: Die zehen gebot nicht ein menschen- 
satzung. 
s a.R.: Summa und kurze erklerung der zehen 
gebot Gottes. 

. 291 



Klosterordnung 1569 

ist, wir setzen all unser vertrauen allein auf 
iln, der uns nicht allein erschaffen, sondern 
auch erlbset hat und wirket in uns den glau- 
ben [2. Thess. 3, 2 f.; Phil. 1, 6; Matth. 10, 28 ff.], 
das wit uns nicht allein, soviel das irdisch leben 
belangt, in seinen veterlichen schutz und schirm 
bevehlen und wissen, das uns ohne seinen willen 
kein bar yon dem heupt fellet, sondern auch, 
der uns das leben gegeben, der werde es auch 
bis auf das bestimpte stilndlein erhalten, und 
also gewis sein, das er uns allein, allein, allein 
umb seines Sons willen widerumb zu gnaden 
aufgenomen habe, alle unsere s/inde verziehen 
und vergeben, umb welcher willen der Herr 
Christus gelitten unter Pontio Pilato, gekreuziget, 
gestorben, begraben und gen himel gefaren, 
und da sie vollkomen bezalet gewesen, umb 
unser gerechtigkeit willen widerumb yon todten 
auferstanden [1Rom. 4, 24 f], die er uns erlanget 
hat, das wir umb seines verdienstes willen allein 
vergebung aller unser sfinden, eine frbliche auf- 
erstehung und das ewige leben gewis haben. 
Dis ist unser einfeltiger catholischer, aposto- 
lischer, christlicher glaube n, durch welchen alle 
ausserwelten yon anfang der welt her sind selig 
worden. Diesen glauben haben Adam und Eva 
ira paradis gelernet und gehoffet auf des weibes 
samen [Gen. 3. 15], welcher ist Jhesus Christus, 
der sie und uns alle aus dem gewalt der schlan- 
gen, das ist des teufels, erlSset hat. Diesen 
glauben haben gehabt ihre gleubige nachkomen 
[Heb. 11] Noe, Loth. Abraham, Isaac, Jacob, 
Joseph, Mose, David, Samuel etc. und andere, 
welche alle zumal allein dutch das leiden Christi 
sind selig worden, das ihnen durch die tegliche 
opfer fiirgebildet worden ist [Heb. 8, 3--5: Act. 4, 
12; 10, 43]. Und ist kein ander glaube unter 
dem himel, darinnen man kbnne selig werden 
[Eph. 4, 5], denn allein dieser unser catholischer, 
christlicher glaub, der in so kurze artickel ver- 
fasset, das se auch ein kind umb sechs, sieben 

jar lernen kan. Davon sich auch kein mensch 
treiben, noch anders bereden lassen sol, so 
lieb ihm seiner seelen heil und das ewige leben 
ist. 
Das dritte capitel der leyenbibel begreift (]as 
gebet 61, welchs unser Herr Jhesus Christus 
seine jiinger selbst geleret. 
Und ist nemlich das Vater unser, welches also 
lautet [hlatth. 6, 9--31: Luc. 11, 2--4]: Unser 
VaLet. der du bist in den himeln, dein name 
werde geheiliget, dein reich kome, dein wille 
geschehe, auf erden wie im himel, unser teglich 
brot gib uns heut, und vergib uns unsere schult, 
als wir vergeben unsern schiildigern, und f/ire 
uns nicht in versuchung, sondern erlbse uns 
vom ubel, denn dein ist das reich und die 
kraft und die herrligkeit in ewigkeit. Amen. 
Dis ist ein kurz gebet, welchs man die kinder 
leret, sobald sie anfahen zu reden, darinnen aber 
alles das begriffen ist, was wir yon Gott zu 
leibes und der seelen zeitlicher und ewiger wol- 
fart zu bitten haben. 
Denn nachdem uns in den zehen geboten fiir- 
geschrieben ist, was Gott yon uns haben wil, 
wir auch zu thun schuldig sind, so haben wir 
doch nicht so viel kraft 6-, das wit us uns 
selbst, alas ist, aus eignen kreften, etwas guts 
gedenken, ich schweig, thun kbnnen, xvie solches 
Sanct Pauhs mit klaren worten bezeuget, da er 
also spricht [2. Cor_ 3, 5]: Wir sind nicht t/ich- 
rig, etwas zu gedenken yon uns selber, als yon 
uns selber, sondern das wir ttichtig sind, das 
ist yon Gott. 
Derhalben soll in unsern herzen der name 
Gottes mit glauben, ]iebe und vertrauen ge- 
heiliget 6, desgleichen auch mit dem round ge- 
preiset und im gehorsam der zehen gebot sein 
gbttlicher wille gegen ihme, auch gegen dem 
nechsten vollenbracht werden, so mus zuvor 
Gott in unsern herzen regieren und sein reich 
in uns angefangen haben und erhalten, der alle 

60 a.R.: Der catholisch, christlich glaube 
nicht neu, sondern alt. 
e, a.R.: IlI. Das dritte theil der christlichen lehr 
ist das Vater unser. 

6- a.R. Die not treibet die Christen zum gebet. 
63 a. .: Kurze erklerung des Vater unsers. 

295 



Klosrordnung 1569 

merit nichts frirhalten, das nicht in dieser sechs 
stricken einem begriffen sey, die ihm auch so 
viel verstands, anleitung und unterweisung 
geben, das er nach diesem bericht alle geister 
prfifen, ihre predigten urteilen, vor falscher lehr 
sich htlten und also beides, vor Gott und den 
menschen, bestehen und ihm welters nicht zu- 
gemutet werden kan. 
Denn so ein einfeltiger leye aus den zehen 
geboten seine stindige gedanken, wort und werk 
erkermet und bereuet und durch den glauben all 
sein vertrauen allein auf den verdienst Jhesu 
Christi setzet, der ihn mit seinem eigen blur 
yon der srinde, rod, teufel, helle und ewiger 
verdamnis erl6set hat und fehet an nach der 
-- --gnade--des heiligen Geistes. ihm verliehen, dem 
Herren Chriso frir diese gutthat die rage seines 
lebens dankbar zu sein, nicht allein mit worten, 
sondern auch mi gedanken und den werken, 
riiffet seinen namen in allen n6ten an, lobet 
und preiset denselben und bevleissiget sich 
seines g6ttlichen willens, so viel ein mensch 
in diesem leben und grosset schwacheit unserer 
natur thun kan: er ist auf den verdienst Jhesu 
im namen Gottes des Vaters, Sons und heiligen 
Geistes getauft, darin ihrn die verheissung der 
vergebung aller seiner siinden versigelt ist, er 
gebraucht sich des hochwirdigen sacraments, 
seines leibes und blurs, zur gedechtnus seines 
allerheiligsten und bittern leidens und sterbens 
mit herrlicher und herzlicher danksagung, gleu- 
bet der heiligen absolution, da ihrn die ver- 
gebung aller seiner snden irn narnen Jhesu 
Christi verkrindiget wird, wartet seinem beruff 
aus, darin ihn Gott gesetzt hat, mit treu und 
vleis und wartet alle stund irn glauben und un- 
gezweifelter hoffnung seiner erl6sung aus die- 
sem elenden jamerthal- rnsste man aber einen 
solchen menschen nicht frir einen rechten, war- 
haftigen und Gott wolgefelligen Christen halten7 
Oder was mrisste er mehr thun oder mehr 
gleuben? Nichts mehr kan man ihn leren, nichts 

mehr kan noch sol man ihm auflegen. Auf 
diesen zweck sind alle predigten und die ganze 
heilige g6ttliche schrift gerichtet. Denn alle 
predigten der propheten und apostel von Christo 
Jhesu geh6ren zumal alle in die artickel unsers 
christlichen glaubens. Also aller propheten und 
apostel lere und vermanungen zu den guten 
werken geh6ren in die zehen gebot Gottes. Alle 
gebet des alten und neuen testaments geh6ren 
in das Vater unser. Das also alles, was wir 
yon Gott gleuben, wie wit beten und leben 
sollen, in diesen dreyen stricken, nemlich im 
Vater unser, glauben und zehen geboten begrif- 
fen ist, und damit wit in denselbigen standhaft 
und bestendiglich verharren, mit den andern 
drey stricken, nemlich mit der heiligen taufe, 
mit dem heiligen abendmal und heiliger abso- 
lution unser glaub und steifer frirsatz bekref- 
tiger und gesterket werden. 
Dis ist die summa und inhalt der ganzen 
christlichen religion und des alten warhaftigen 
catholischen, apostolischen, christlichen glaubens, 
durch welchen die menschen in allen stenden 
mrissen selig werden, ausserhalb dem auch sie 
keine seligkeit weder zu gleuben und zu hoffen 
haben. 
Denn obwol Gott in dieser welt drey unter- 
schiedliche sende 7s verordnet, nemlich den 
stand der oberkeit, des predigampts und den 
ehestand, so hat er doch nicht drey weg zu 
dem himel geordnet 79, das durch ein besondern 
weg die oberkeit, durch ein besondern die pre- 
diger und durch ein besondern die im ehelichen 
stand solten selig werden, sondern hat ihnen 
allen zumal nut einen weg frirgeschrieben, der 
in den sechs capiteln der leyenbibel beschrie- 
ben ist, nemlich, das sie aus den zehen geboten 
ihre siinde lernen erkennen und bereuen, aus 
den artickeln des glaubens lernen Gott er- 
kennen, der umb des leidens Jhesu Christi willen 
aus gnaden ihnen ihre siinde vergibt, lernen 
nach anleitung des Vater unsers Gott in allen 

7s Vgl. Schmalk. Art., Vorrede, 14. Bek. Schr. 
S. 413, dazu Anm. 13; Kl. Kat., Haustafel. Bek. 
Schr. S. 523 ff. 

79 a.R.: Alle stende auf erden haben nicht mehr 
denn einen weg zum exvigen leben. 

299 



tLosterordnung 1569 

Dabey sich auch die klosterjungfrauen 9 zu 
erinnern haben, nicht allein, wie ubel sie in 
diesem stock verffiret, sondern auch, wie 
schmelich sie yon ihren leiblichen und christ- 
lichen m0ttern in ihren herzen halten, yon 
denen sie in diese welt geboren sind. Denn sind 
sie darumb eine braut Jhesu Christi, das sie 
im jungfraustand und diesem orden leben, 
ves braut ist denn ihrer jeden mutter? Sind 
ihre rnfitter nicht auch des IIerrn Christi braut, 
so m0ssen sie seines feindes braut sein Sind 
sie aber auch Christus braut, so haben die 
klosterjungfrauen ihres standes und ordens 
halben keinen vorteil vor den gottsf0rchtigen 
eheweibern. 
Ja, wenn wir sie sampt ihren werken mit 
einander vergleichen, so wird sichs befinden, 
das die fromen eheweiber 10 die rechte braut 
Christi sind. Dargegen abet die klosterjung- 
frauen in solchem stand {wie derselbige dieser 
zeit beschaffen) sind nicht die braut Christi 
blieben, noch ihre kron, so sie in der heiligen 
taufe empfangen, behalten mSgen, es sey denn, 
das sie sich aus Gottes wort anders und bessers 
weisen lassen. 
Denn den ehelichen stand 11 hat Gott selbst 
gestiftet und eingesetzet [Gen. 3; vgl. Gen 1.27 f. 
und 2, 21 ff.; Matth. 19, 4 ff.; 1. Cor. 7, 10], darzu 
im paradis, ehe Adam und Eva ges0ndiget ha- 
ben, darumb es auch ein geistlicher und Gott 
gefelliger stand ist, den der heilige Geist selbst 
hat geordnet, der ursachen auch die werk, so 
eine christliche hausmutter mit der haushaltung 
und uIfziehung der kinder verrichten und also 
of ihren sanften schlaff brechen, auch mehr 
denn ein, zvey, drey mal mit den saugenden, 
kranken kindern zur metten gehen mus, sind 
anderst nichts, denn ein Gott gefelliger gottes- 
dienst, den S. Paulus so hoch preiset 12, das er 

saget [1. Tim. 2, 15]: Das weib wird selig durch 
kinder zeugen, so sie b!eibet im glauben und in 
der liebe und in der heiligung sampt der zucht. 
Wo wird aber dem klosterleben solch zeugnis 
gegeben? Ja, das widerspiel, vie hernach an- 
gezeiget werden sol, davon der Herr Christus 
sager [Matth. 15, 9]: Sie ehren reich umbsonst 
mit menschengeboten. Denn die werk 13 (der 
gestalt und wie sie heutiges tages in den kl0- 
stern geschehen und for den htichsten gottes- 
dienst gehalten) sind mehrer tells anders nichts 
denn menschensatzungen, dem heiligen catholi- 
schen, christlichen glauben entgegen, die neben 
demselben nicht bestehen mOgen und umb des 
ehestandes willen (den die bepstischen unter die 
sacrament gezelet) in die klOster anfangs ver- 
ordnet. So gar tst nicht die meinung gewesen, 
das dieser stand dem ehelichen stande for- 
gezogen oder hSher denn der ehestand solte ge- 
halten worclen sein. 
Das aber S Paulus 1 geschrieben hat, wenn 
eine jungfrau nicht freie, thue sie besser, denn 
so sie freie, erklert er sich selbst, darnit ihm 
seine wort nicht jemand verkere. Denn vor die- 
sen worten schreibet S. Paulus also: Von den 
jungfrauen habe ich kein gebot des Herrn, ich 
sage abet meine meinung, als der ich barm- 
herzigkeit erlanget habe yon dem Herrn, treu 
zu sein. So meine ich nun, solches sey gut 
umb der gegenwertigen not willen [1. K 7, 25 f.]. 
Damit er gnugsam zu verstehen gibt, das seine 
meinung gar nicht sey, als solte er auch vor 
Gott den jungfreulichen stand dem ehelichen 
stande fiirziehen, sondern allein in dieser welt, 
wie S. Paulus noch mehr erkleret, da er spricht: 
So eine jungfrau freyet, s0ndiget sie nicht, doch 
werden solche leibliche tr0bsal haben [1. K 7, 
28]. Aber alas sie vor Gott besser thue ausser- 
halb dieser not, so domals zu Corintho gros 

9 a. Ft.: Kloster.iungfrauen halten nicht wol yon 
ihren leiblichen miittern. 
10 a. Ft.: Der eheliche stand Gott gefelliger denn 
der klost.erstand, wie er etliche jar her ge- 
halten. 
11 a. Ft.: Der ehestand ist ein geistlicher, reiner. 
keuscher stand. 

12 a.R.: Preis und lob der eheweiber beruffs 
und guter werk. 
13 a.R.: Werk des klosterlebens sind menschen- 
satzungen. 
li a.R.: Rechter verstand der wort S. Pauli: Es 
sey besser nicht freien. 

305 



Wolfenbfittel 

Dis ist nicht eine schlechte geringe siinde, 
sondern eine erschreckliche abg6tterey, damit 
Gott zum allerhSchsten erziirnet wird. 
Denn Gott hat in seinem wort ausdrcklich ge- 
boten, das wir in alien unsern n6ten niemand 
denn allein ihn, anruffen sollen, wie geschrieben 
stehet im psalmen [Psalm. 50, 15]: Ftuff reich an, 
spricht der Herr, im tag deiner not, so wil ich 
dich erh6ren, das du reich preisen solt. Und 
Christus spricht [Matth 4, 10]: Du solt Gott, 
deinen Herrn, anruffen und ihm alleine dienen. 
Und abermals spricht er [.Iatth. 11, 28]: Kompt 
zu mir alle, die ihr beschweret und beladen seid, 
ich vil euch erquicken- Dis ist der ernstliche 
bevehl Gottes, das wir ihn allein anbeten und 
in allen unsern nOten unsere zuflucht zu ihm 
haben sollen. 
Do wir aber die abgestorbene heiligen anbeten 
und anruffen 6O, so berauben wit Gott seiner 
ehre und legen sie einer creatur zu, welches eine 
abgOttereysiinde ist, die aus den abgestorbenen 
menschen abgStter reacher und unmiiglich ist, 
die abgestorbenen heiligen anzuruffen, man lege 
ihnen denn gOttliche ehre zu 61, die doch alletn 
Gott geh6ret. 
Denn do auf eine stunde die mutter Gottes 
oder sonst ein heilige zu Jerusalem, zu Ftom, 
zu Venedi, zu Paris. zu S Jacob ';, zu Antorff6-oa 
und an allen andern 5rten angeruffen wird, so 
mus folgen, das entweder die mutter Gottes und 
die heiligen allenthalben gegenvertig sind, aller 
derselben menschen gedanken wissen und hSren, 
oder aber die anruffung ist umbsonst, wenn 
rinser gebet die heiligen nicht h6ren solten. 

L. Eisenhofer, a- a. O. Bd. II, S. 531, 547, 549. 
Vgl. ferner die Anrufung der Heiligen nach 
Verlesung des hIartyrologiums in der Prim: 
P. Vern. S. 21, P. Aestiv. S. 16, P. Autumn. 
S. 16, P. Hiem. S. 18; dazu Eisenhofer, a. a. O. 
Bd. II, S. 532 f und 534. -- Seit dem frtihen 
Mittelalter hatte sich in den K15stern auch 
die Sitte herausgebildet, fiir die Toten neben 
den gewShnlichcn Horen ein besonderes Offi- 
cium zu lesen, das aus Vesper, Matutir. und 
Laudes bestand. Vgl. Eisenhofer, a. a. O. 
Bd. II, S. 555 f. -- Vgl. das Officium defunc- 
torum mit den verschiedenen Horen im Rit. 
Rom. P. I, Tit. VI, Cap. !V, S. 202 ff. 

DIS ist aber ein stiick der majestet Gottes 63, 
die niemand denn Gott zugehSret, nemlich, das 
er an allen 5rten ist, alles sihet, hSret und weis, 
dem nichtes verborgen ist, der das herz er- 
forschet und die nieren priifet und die inner- 
lichen seufzen anschauet und muter allen men- 
schen allein des menschen Son 6t, unserm Herrn 
Jhesu Christo, mitgeteilet, well Gott mud mensch 
in Christo eine person [Joh. 17. 10 f. 21 f.] und 
er nach seiner menscheit zur rechten der all- 
mechtigen kraft Gottes gesetzt [Act. 1, 9 ff.]. 
Darumb kan er allein sagen [Matt. 18, 20]: Wo 
zween in meinem namen versamlet sind, bin 
ich mitten unter ihnen. Item [,Matt. 28, 20]: Ich bin 
bey euch bis an das ende der welt, velches 
S. Petrus, S. Paulus, noch einiger heilige nicht 
sagen mOgen. Darumb xver einem heiligen diese 
ehre zulegt, der reacher aus ihm einen Gott, 
er sage, was er wolle, und begehet mit seiner 
anruffung eine abgOtterey. 
Das aber die abgestorbene heiligen 5 nicht 
xvissen, was wit auf erden thun, und demnach 
auch umbsonst (wenn es gleich nicht siinde xvere) 
angeruffen werden, bezeuget der prophet Esaias 
mit deutlichen und offenbaren worten [Esa. 64  
Jes 63, 16]: Bistu doch unser Vater, denn Abra- 
ham weis yon uns nichts, und Israel kennet uns 
nicht. Du aber, Herr, bist unser Vater und unser 
erlOser, yon alters her ist das dein name. Und 
vil der prophet im namen des betriibten volks 
so viel sagen: zu vem solten xvir in unser not 
laufen? Wenn Abraham und Jacob noch lebe- 
ten, so xvolten xvir die anstellen, das sie ffir 
tins beten, die bey ihren lebzeiten viel durch 

6 a. Ft.: Was die anruffung der heiligen fiir 
eine siinde sey. 
1 a. Ft.: Den heiligen wird gSttliche ehr zu- 
gelegt. 
62 Santiago de Compostela in Spanien rnit dem 
angeblichen Grab d. Apostels Jakobus Zebed., 
bertihmter Wallfahrstort. 
62 a  Antwerpen. 
63 a. Ft.: An allen 5rten sein, gehSret der gStt- 
lichen majestet zu. 
6t a. Ft.: Alleia der mensch Christus sihet, hSret 
alles und sonst kein abgestorbener mensch. 
65 a. Ft.: Die heiligen hSren unser gebet nicht. 

312 



lxiosterordnung 1569 

ihr gebet bey dir erlanget haben. Nun abet 
sind sie ferne yon uns, das wit ihnen nicht 
ruffen, sie auch uns nicht hSren kSnnen, dar- 
umb wollen wir zu dir laufen, der du unser 
Vater und unser erlSser bist und uns befohlen 
hast, in unser not dich anzuruffen, denn Vater 
ist dein alter name, der du nicht allein deines 
Sons, sondern auch unser Vater bist und uns 
als deine arme kinder nicht verstossen xvirst. 
Da uns denn der prophet mit einfeltigen, 
klaren worten in das Vater unser weiset, da 
Christus geleret hat: Wenn ihr beten xvollet, so 
sprechet: Vater unser, der du bist im himel etc., 
Luc. 11 [2--4]; Matth. 6 [9--13]. 
Weil denn die abgestorbenen heiligen uns 
nicht hSren, was sollen wit sie denn anruffen? 
So wollen auch die engel 66 nicht angeruffen 
werden, wenn sie gleich teglich umb uns her 
sind, wie in der Offenbarung Johannis zu sehen, 
da der engel nicht wolt leiden, das ihn Johan- 
nes anbetet. Ich fiel, spricht Johannes [Apo. 19, 
10], ftir ihn zu seinen ffissen, ihn anzubeten, 
und er sprach zu mir: Sihe zu, thue es nicht, 
ich bin dein mitknecht und deiner brfider und 
deter, die das zeugnis Jhesu haben. Bete Gott 
an: So wit nun einen engel nicht dorfen an- 
beten, der bey uns ist, xvie solten wir denn 
einen menschen anbeten, der nicht bey uns 
ist und nichts yon uns weis7 
Das man aber sager ';, man ruffe die heiligen 
nicht der meinunge an, das sie uns helfen oder 
unsere mitler vor Gott sein solten, sondern 
allein als ftirbitter, das ist auch nichts. Denn 8 
die gebet und collecten sind auf den verdienst 
der lieben heiligen gestelt, dardurch uns Gott 
an leib und seele helfen sol, wie solches alle 
klosterjungfrauen wissen. 

Nun ist abet Christus unser mitler allein in 
seinem verdienst, damit er fi]r uns bezalet und 
Gott uns xviderumb versSnet hat. Darumb so 
oft wir etwa bitten im namen der heiligen 69, 
das uns Gott umb ihres verdienstes willen 
wolle behtiten, xvie denn solches dem canon der 
meB;O einverleibet und keine mess gelesen, 
darin nicht tier verdienst der lieben heiligen 
vermeldet wird, so ist auch offenbar, das man 
aus ihnen mitler gemacht hat. 
So zeuget Johannes nut yon einem advocaten 
und f/irsprech 71, den alle gleubigen bey Gott 
haben. Ob jemand stindigeto spricht Johannes 
[1. Job. 2, 1 I.], so haben xvir einen fi]rsprecher 
bey dem Vater, Jhesum Christum, der gerecht 
ist, und derselbige ist die versSnung ftir unser 
siinde, nicht allein abet fiir die unsere, sondern 
auch ftir der ganzen welt stinde An diesem 
ftirsprechen sollen wir uns bentigen lassen, 
der wird uns nichtes verschlaffen, sondern alle 
nodturft bey dem Vater reden. 
Das aber in diesem leben einer den andern 
vermanet ;2, fi]r sich zu bitten, dessert haben 
vir bevehl und exempel. Aber yon den ab- 
gestorbenen stehet geschrieben [Esa. 64 ---- Jes 
63, 16]: Abraham xveis nichts yon uns, und 
Israel kennet uns nicht. Dabey wir es auch 
bleiben und die abgestorbenen sollen ruben 
lassen. 
Desgleichen 3as gesaget vird, man bete die 
mutter Gottes ;3 nicht an, sondern grtisse sie 
allein, ist auch das widerspiel in den vielfeltigen 
gebetli_ zu sehen, die zu der mutter Gottes ge- 
richter sind. Denn yon ihr wird gebeten, das 
man allein yon Gott bitten sol, als da gesungen 
und gebeten wird ;: Tu nos ab hoste protege 
et in hora morris suscipe; das ist auf deutsch 

6 a.R.: Die engel wollen nicht angeruffen 
werden. 
6; a.R.: Eir, rede. 
68 a.R.: Widerlegung. 
6. a.R.: Ob die heiligen auch als mitler vor 
Gott angeruffen worden. 
;o Vgl. RSm. Me/buch, Gedichtnis der Heili- 
gen, S. 473: ... quorum meritis precibusque 
concedas, ut in omnibus protectionis tuae 
muniamur auxilio. 

;1 a.R.: Christus unser einiger advocat bey Gott. 
;2 a. R.: Unterscheid der lebendigen und der 
todten, belangend die anmanung zum gebet. 
73 a.l.: Die mutter Gottes nicht allein gegrtis- 
set, sondern auch angebetet vorden. 
74 Vgl. RSm. Me/buch, S. [239]: .Maria, Mater 
gratiae, Mater misericordiae, tu nos... 

313 



XVolfenbfittel 

so viel gesagt: Du (_Maria) wollest uns vor dern 
bSsen feind schirrnen und uns in der stunde 
des todes beystehen und aufnernen. Heisst das 
nicht angebetet? Heisst das nicht, von Maria 
bitten, das man allein von Gott bitten sol7 
S. Stephanus sager: Dornine Iesu, suscipe spiri- 
turn rneurn, Herr Jhesu, nirn rneinen geist auf 
[Act 7, 58]. Hie aber heisst es, ,Maria, du 
mutter Gottes, nirn rneinen geist auf. Ich wil 
hie nichts vorn Salve regina 75 sagen 76, darin 
Marie, der Mutter Gottes, zugelegt wird, das 
allein dern Herrn Christo zugehSret, das sie 
nernlich sey unser leben und unser hoffnung, so 
doch Christus allein unser hoffnung und trost ist, 
wie er dean spricht [Job. 14, 6]: Ich bin die war- 
heir und das leben. Desgleichen ist er auch 
unser hoffnung. Und verflucht ist der rnensch, 
sagt Jerernias [Jere. 17, 5], der seine hoffnung 
auf einen menschen, das ist, nicht allein auf den 
einigen, allrnechtigen Gottesson setzet. 
Desgleichen xvird ihr zugernessen, das sie 
unsere seufzen hSre, und man bitter, sie wolle 
ihre barmherzige augen zu uns wenden, welches 
alles allein Gott zugehSret und keinern ab- 
gestorbenen rnenschen, xxie droben gnugsarn an- 
gezeiget und aus Gottes wort erxviesen vorden 
ist. Darurnb lesst es sich weder leugnen noch 
verstreichen, sondern der sicherste weg ist, 
aufrichtig bekennen und urnb verzei_hung bitten, 
das vir unxvissend solchs gethan und nicht 
verstanden haben. 
Do man aber gleich Mariarn 77 allein gegrtisset 
und nicht angebetet hette (das doch nicht ist, 
xvie itzt argezeiget), so were doch auch solch 
grtissen unrecht. Derm es ist allein dern engel 
Gabriel befohlen worden [Luc. 1, 28] und sonst 

keinem engel. Wir lesen auch nicht, das ein 
engel nach dem andern sie gegriisset babe. 
So ist auch das werk schon vollnbracht, darumb 
sie der engel Gabriel gegriisset hat, das sie 
nernlich hat sollen ernpfangen vorn heiligen Geist 
und den Son des hSchsten geberen. Well sie 
Jim denn nicht noch einrnal ernpfangen und 
geberen darf, so bedarf es auch unsers griissens 
nicht. Wir rnSgen aber die ganze geschicht 
dieses englischen grusses 78 lesen und uns dar- 
aus der gnaden Gottes erinnern. Das griissen 
aber, so uns nicht befohlen ist, sollen wir an- 
stehen lassen. 
XVeil denn schier der rnehrer tell des gottes- 
dienstes in den kl6stern rnit anruffung der hei- 
ligen verrichtet vorden, welchs unrecht und 
wider das offenbare wort Gottes und eine ab- 
gStterey ist, darzu auch, was an ihm selbst 
recht and heilig, als der psalter, Vater unser, 
engelische grus, nicht nach der ordnung Gottes 
gebrauchet, sondern in einen misbrauch verkeret 
vorden, kan ein jeder Christ leichtlich abnernen, 
las darnit der allrnechtige zum h6chsten erziirnet 
vorden sey. 
Desgleichen ist auch der rechte christliche, 
apostolische und catholische brauch des hoch- 
virdigen sacrarnents 79 des leibes und blurs 
unsers Herrn Jhesu Christi zerrissen und jem- 
rnerlich verkeret worden. 
Denn emrnal xvider die stiftung und einsetzung 
des testaments und letzten willens unsers Herrn 
Christi den jungfrauen in den klbstern dis sacra- 
merit so nicht unter beider gestalt, sondern nur 
in einer gestalt ist gegeben81. Und sind die 
einfeltigen jungfrauen beredet worden, das sie 
unter einer gestalt ebenso viel haben als in 

75 Vgl. RSm. Mebuch, Ordo Missae, Gebete 
nach der stillen hl. Messe, S. 488 f.: Salve 
Regina, mater rnisericordiae ...; irn Brev. 
Rorn., P. Aestiv, S. 27 und P. Autumn, S. 29, 
bildet das ,,Salve Regina" die Schluantiphon 
tier einzelnen Horen. -- V.I. dazu L. Eisen- 
hofer, a. a. O., Bd. II, S. 553 f. 
76 a.R.: Das Salve regina ist gar abgSttisch. 

77 a.R.: Mariarn, die mutter Gottes, sol man 
nicht griissen. 
7s a.R.: Wie man den englischen grus christlich 
gebraucben sol. 
79 a.R.: Verkerung des hochwirdigen sacraments 
in den klSstern. 
so a.R.: Unrechter brauch des sacrarnents unter 
einer gestalt. 
s Vgl. oben S. 129, Anm. 58a. 

314 



,uterordnung 1569 

beider gestalt, derwegen nicht nStig, das sie 
aus dem kelch das blut Christi trinken, welches 
abet nicht ist. 
Dezm was im heiligen sacrament des leibes 
und blutes Christi weiters denn brot und wein 
gegenwertig ausgeteilet wird, das geschihet allei 
umb des worts Christi 82 willen, damit der 
Herr dieses sacrament gestiftet und eingesetzet 
hat. Derhalben well Christus nicht gesaget hat: 
Nemet und esset metn blut, so kan auch 
Christ nicht gleuben, das er unter etner gestalt 
so viel empfahe, als wenn er aus dem kelch 
nach dem bevehl Christi hette getrunken. 
Und gehSret hieher gar nichts, das man 
saget 83, es sey kein leib ohn blut, derhalben 
Christus unter jeder gestalt ganz und unter eider 
gestalt so viel sey als unter beiden gestalten. 
Denn dis geheirrmis gehet nicht zu auf eine 
natttrliche, sondern geistliche und htmlische 
weise; darumb lesset es sich nicht also aus art 
und eigenschaften der nattirlichen dingen wider 
den ausgedruckten bevehl Christi schliessen, der 
solches auch wol gewust, abet sein blur zu trin- 
ken aus dem kelch unterschiedlich befohlen hat. 
Das aber welter gesaget wird, die heilige 
christliche und catholische kirche 84 babe die 
stiftung unsers Herrn Christi aus allerhand be- 
wegenden ursachen geendert, daskan auch mit 
der warheit nicht dargethan werden. 
Denn weil Christus mit so grossem ernst seinen 
]tlngern eLnbindet [Matth. 28, 19 f.], seie klrche 
zu leren, das sie alles halten sollen, was Chri- 
stus den aposteln befohlen 85, zeuget S. Paulus, 
das die kirche Christi solchem bevehl treulich 
nachkomen und sich in alleweg gehorsam ver- 
halten babe, inmassen denn besonder bey die- 
sere sacrament geschehen, welches zu endern 

tn keines menschen noch engels gewalt stehet. 
Und da ekn engel yore himel oder ein apostel 
selbst keme und wolte es anderst machen, denn 
es Christus geordnet hat, der sol nach der lere 
S. Pauli verflucht sein [Gal. 1, 8]. 
Derhalben obwol Christus befohlen hat, seine 
kirche s6 zu htren und derselben zu gehorsamen, 
und wer ihr nicht gehorsam ist, der sol wie 
ein zSlner und ein heide gehalten werden 
[Matth. 18, 17], jedoch hat er seiner kirchen 
ketnen vollmechtigen, sondern einen gewissen be- 
vehlich gegeben, die sich nach dem ausgedrtick- 
ten wort Christi als eine gehorsame braut ver- 
halten und nichts darwider handlen sol. Wie 
denn der apostel die kirche allen weibern als 
ein exempel des gehorsams in allen dingen 
ftirstellet [Eph. 5, 24], das sie ftir augen haben 
und demselben im gehorsam gegen ihren 
mennern nachvolgen sollen, welches sich ubel 
schicken und einen schlechten gehorsam bey den 
weibern gegen ihren mennern bringen wtirde, 
wenn die kirche macht und gewalt hette, ihrem 
Herrn Christo sein testament und letzten willen 
zu brechen. 
Darumb ist es keinesweges also, das man sagen 
wolte, die ganze catholische christliche kirche 
hette verordnet, das die leyen nut unter einer 
gestalt das sacrament gebrauchen sollen sT, well 
allermenniglich wissend und offenbar, das die 
griechische kitchen bis auf den heutigen tag den 
brauch beider gestalt des sacraments gebraucht 
und in die verenderung des testaments und letz- 
ten willens Christi niemals gewilliget, sondern 
bey der ordnung Christi standhaft und bestendig 
geblieben sind. 
So hat auch der heilige apostel Paulus ss die 
wort Christi yore brauch beider gestalt des 

a.l.: In den h. sacramenten auf das wort 
und bevehl Christi zu sehen. 
a.R.: Widerlegung des vermeinten grunds yon 
gebrauch einer gestalt des sacraments. 
a.R.: Die christliche kirche hat den brauch 
des h. sacraments unter beider gestalt nicht 
geendert. 
a.R.: Christi ordnung darf die christliche 
kirche nicht endern. 

86 a. R.: Wie welt sich der gehorsam der christ- 
lichen kirchen und derselben gebot und oral- 
hung erstrecken. 
87 a.R.: Der brauch einer .gestalt des sacra- 
merits ist nicht catholisch. 
88 a.R.: Zeugnis S. Pauli yore brauch beider ge- 
stalt des sacraments vor die leyen. 

39" 315 



Wolfenbtittel 

sacraments so deutlich erkleret, wenn Christus 
sager: Trinket alle daraus, das es nicht a!lein 
yon den aposteln zu verstehen, sondern damit 
alle leyen auch gemeinet und eingeschlossen 
worden, das einem Christen nicht unbillich ver- 
wundern sol, xvie ein mensch so verwegen sein 
und dem klaren bevehl Christi so offenbarlich 
und wissentlich zuwider handlen sol. 1. So oft 
ihr yon diesem brot esset (spricht S. Paulus 
[1. Cor. 11, 26--29]} und yon diesem kelch trinket, 
solt ihr den rod des Herrn verktindigen, bis das 
er kompt. 2. Welcher nun unwirdig isset von 
diesem brot oder von dem kelch des Herrn trin- 
ket, der ist schtildig an dem leib und blur des 
Herrn. 3. Der mensch aber prtife sich selbst und 
esse also yon diesem brot urJd trinke yon diesem 
kelch. 4. Denn welcher unwirdig isset und trin- 
ket, 5. der isset und trinket ibm selber das gericht. 
Hie widerholet S. Paulus den bevehl unsers 
Herrn Jhesu Christi vom kelch zum ftinften real 
und redet von einem prtifen, alas geschehen solle, 
nicht allein, wenn man yon diesem heiligen brot 
sset, sondern auch von dem kelch Christi trin- 
ket, welches nicht allein yon den priestern, 
sondern auch yon den leyen und also yon der 
ganzen kirchen S. Paulus geredt und verstanden 
hat. Er sager, der mensch prtife sich selbst, 
und sager nicht, allein der priester prtife sich. 
Derhalben auch, wer den kelch unterlesset, der 
prfifet sich nicht recht, empfehet auch das 
sacrament nicht recht, sondern handelt wider 
das testament und letzten willen unsers Herrn 
Jhesu Christi, und da ers besser xveis und 
unterrichtet ist, wird ers am jtingsten rage 
nimermehr verantworten kSnnen. 
Der ander misbrauch und verkerung dieses 
hochwirdigen sacraments s: ist, das man daraus 
ein opfer r die stinde der lebendigen und der 
todten gemacht, dardurch die armen seelen aus 

dem fegfeur 90 erlSset verden sollen, welcher 
irrthumb beides, wider die einsetzung des Herrn 
Christi und wider unsern catholischen, christ- 
lichen glauben ist. 
Denn Chrstus sager mit deutlichen worten 9, 
was man mit diesem sacrament thun solle und 
spricht: Nemet hin und esset, nernet bin und 
trinket, das thut zu meinem gedechtnis. Er sager 
nicht: Nemet hin und opferts ftir die siinde, 
schuld und peen der lebendigen auf erden und 
der todten im fegfeur. Item S. Paulus erkleret 
die wort Christi, da er sager [1. Cor. 11, 24. 26]: 
Das thut zu meinem gedechtnis, das es so viel 
gesagt sey, so oft ihr yon diesem brot esset 
und yon dem kelch des Herrn trinket, solt ihr 
den tod des Herrn verktindigen, bis das er kompt. 
Er sager nicht, so oft ihr opfert, sondern so oft 
ihr esset und trinket etc. 
So kan auch unser christlicher glaube 92 kein 
solch opfer leiden, denn der catholische, christ- 
liche glaube weis nur yon einem einigen versSn- 
opfer ftir die stinde der lebendigen und der 
todten, und das ist das opfer Christi, am kreuz 
einmal ftir die stinde der ganzen welt gesehehen, 
wie die propheten und apostel bezeugen [1. Cor. 5, 
7: Rom. 3,24; Isa. 53,4f.; Dan. 9,24]. Einen solchen 
hohenpriester solten wir haben, spricht die 
epistel an die Hebreer [Heb. 7, 26 f.], der da xere 
heilig, unschtildig, unbefleckt, von den stindern 
abgesondert und hSher denn tier himel, dem 
nicht teglich not were, vie jenen hohenpriestern, 
zuerst ftir seine eigene stinde opfer zu thun, 
darnach ftir des yolks stinde. Denn alas hat er 
gethan einmal, da er sich selbst opferte, ist 
[Heb. 9, 12] durch sein eigen blur eingangen ein- 
real in das allerheiligest und hat e]ne ewige 
erlSsung erfunden, und [Heb. 10, 14] mit einem 
opfer hat er in exvigkeit vollendet, die ge- 
heiliget werden. 

89 a.R.: Messopfer ist eine verkerung des hoch- 
wirdigen sacraments. 
9o Zum Fegfeuer vgl. Gregor I., Dial. IX', 39; MSL 
77, 396; Conc. Lugd. I 1245. 23. Denzinger 456; 
Conc. Florent. (1438--1445), Decretum pro Grae- 
cis. Denzinger 693; Conc. Trid. Sess. VI. Can. 
30. Denzinger 840; Sess. XXV, Decretum de 

purgatorio. Denzinger 983. Professio fidei Tri- 
dentina. Denzinger 998. 
91 a. P.: Widerlegung aus den worten der ein- 
setzung des sacraments. 
92 a.R.: Widerlegung des messopfers aus dem 
christlichen glauben. 

316 



msterordnung 1569 

Was mbcht klarer xvider das vermeint mess- 
opfer gesaget werden, da man sich unterst.ehet, 
Christum teglich in der mess zu opfern ftir die 
sonde der lebendigen und der todten 93, als ob 
Christus nicht vollkommen alle stinde geb0sset 
und bezalet hette am kreuz, so doch S. Paulus 
hie klerlich bezeuget, Christus habe mit einem 
opfer vollkomen gemacht alle, die da sollen ge- 
heiliget werden, und dis sey tier unterscheid 94 
zwischen dem opfer Christi und des hohenprie- 
sters im alten testament, das jener habe oft 
mtissen opfern, Christus aber habe nicht mehr 
denn einmal sollen geopfert werden, damit er 
ein ewige vollkomene erlbsung erfunden hat, 
welcher unterscheid nicht bestehen m6cht, wenn 
Christus mehr denn einmal blutiger oder un- 
blutigerweise muste f/Jr die siind, schuld und 
peen der lebendigen und todten geopfert werden. 
Unser catholischer christlicher glaube 95 lautet: 
Ich gleube in Jhesum Christum, der gelitten hat 
unter Pontio Pilato, gekreuziget, gestorben und 
begraben ist. Ich gleube vergebung der siinden 
etc. Das ist, ich gleube, das Christus umb 
meinent und aller armen sfinder wiilen sey am 
kreuz aufgeopfert worden und habe uns vero 
dienet und erlangt vergebung unser stinden, das 
uns tier Vater umb seinentwillen solche ver- 
zeihet und vergibet, dessert verdienst ich teil- 
haftig werde, wenn ich warhaftig gleube an ihn 
und desselben gedechtnis halte, nicht mit einem 
neuen versSnopfer, sonclern so oft ich sein hei- 
lig sacrament seines leibes und bluts empfahe, 
esse und trinke nach seinem bevehl [1. Cor. 11, 
23 ff.], w,_'e die fromen Christen zu Corintho 
gethan haben. 
Der ursachen auch kein fegfeur 96 sein kan, 
darin man erst die sonde mfiste btissen, denn 
entweder hat Christus nicht alle sfinde mit 
seinem unschiildigen leiden gebiisset, so were 

unser christlicher glaube falsch, oder abet hat 
er sie alle gebiisset, so kan keine siinde im feg- 
feur gebtisset werden. 
Aber das sey fevne, das unser christlicher 
glaube solte falsch sein, denn Johannes saget 
[1. Joh. 1, 7]: Das blut Jhesu Christi rei- 
niget uns yon allen stinden. Rein/get es 
yon allen stinden, so rein/get uns das fegfeur 
yon keiner sonde. Item [1. Joh. 2, 2], er ist die 
versbnung for unser siinde, nicht allein fiir 
unsere, sondern auch ftir der ganzen welt siinde. 
Ist denn Christus ftir der ganzen welt stinde eine 
versSnung, so kan das fegfeur keine sonde ver- 
sbnen. Das kan ein jeder einfeltiger mensch 
ve rs tehen 
Darumb ist es eine grosse verkleinerung, 
schmach und lesterung des kreuzopfers und 
bittern leidens und sterbens Jhesu Christi, da 
die menschen felschlich uberredet werden, das 
in der mess .'; der leib und blut Christi teglich 
aufgeopfert werde, umb welches opfers willen 
Gott den menschen, so dabey stehen und zu- 
sehen, ihre stinde vergebe, den abgestorbenen 
aber, so im leben die seelmessen bestelt, umb 
dieses messopfers willen die straffe und qual 
des egfeurs milterte, so doch solches alles mit 
einem einigen opfer Chritus am kreuz vollen- 
bracht und alle stinde volkomenlich geb0sset 
und tins eine ewige, imerwerende erl6sung er- 
langet hat. 
Da man aber sagen volte, es wiirde ntcht der 
meinung mess gehalten, sondern die mess sey 
anders nichts denn eine herrliche widergedecht- 
his des kreuzopfers Christi 9s, dabey sein bitter 
leiden und sterben betrachtet und alas opfer 
der danksagung aufgeopfert werde, darauf sollen 
diese leut wissen, das die bisschoff auf dem 
concilio zu Trent -- diese Xleinung als eine 
ketzerey verdampt und mit runden worten ge- 

93 Vgl. R6m. MeBbuch, Ordo Missae, Darbrin- 
gung des Brotes, S. 465: ... hostiam, quam ego 
indignus famulus tuus offero ... et pro om- 
nibus fidelibus christianis vivis atque defunc- 
tis: ut mihi, et illis proficiat ad salutem in 
vitam aeternam. 
9 a.R.: Unterscheid des opfers Christi und 
Aarons. 

95 a.R.: Das rnessopfer ist wider den christ- 
lichen glauben. 
96 a. Iq..: Es ist kein fegfeur. 
9; a.R.: Greuel der papistischen messe. 
9s a.l.: Einrede: Die mess sey ein opfer tier 
danksagung und gedechtnis des leidens Christi 
99 a. l.: Antwort aus dern trientischen concilio. 

317 



Klosterordnung 1569 

yon ihren siinden absolviret worden. Denn also 
lauten die wort tier absolution Z: Passio Domini 
nostri Iesu Christi, meritum et integritas beatae 
Mariae semper virginis, intercessio omnium sanc- 
torum, obedientia, labor et rigor )rdinis, )mnia 
bona, quae feceritis, et adversa, quae propter De- 
um sustinueritis, sint vobis in remissionem om- 
nium peccatorum vestrorum. Amen. Das lautet 
auf deudsch also: Das leiden unsers Herrn Jhesu 
Christi, der verdienst und die unschuld der 
seligen allveg ungfrauen Marie, die fiirbit aller 
heiligen, der gehorsam, die arbeit und streng 
leben des )rdens, alle gute werk, die ihr gethan, 
trod alles leiden und widerwertigkeit, so ihr 
umb Gottes willen gelitten hapt, das verhelfe 
euch zur vergebung aller eurer siinden 8. 
Wenn ein Christ diese absolution nut hSrete 
sprechen, solte er dariiber erschrecken, ich ge- 
schweig, das einer dieselbige empfangen und deren 
sich vor Gott trSsten solle, welche absolution we- 
der catholisch, apostolisch noch christlich ist. 
Denn die apostel haben alle arme busfertige 
siinder allein auf den verdienst des leidens 
Jhesu Christi absolviert, wie droben auch gnug- 
sam ist angezeiget und mit zeugnissen der hei- 
ligen schrift und exempeln derselben erwiesen 
worden. Es ist Maria, die hochgelobte jungfrau, 
nicht fiir uns gekreuziget, die andern apostel 
haben nicht fiir uns gelitten, darumb kSnnen 
wir auf derselben verdienst von unsern siinden 
nicht absolviert werdeng; denn was man dem 
verdienst der heiligen zumisset, das nimpt man 
dem verdienst Christi. 
Es haben sich auch die lieben heiligen keines 
verdienss 10 jemals gerhiimet, so alle zumal 
schii!dener Gottes gewesen und bitten miissen 
[Matth. 6, 12; Psal. 32, 5]: Vergib uns unser 

schuld, und gleuben vergebung der sfinden. Dar- 
umb sie sich gar nicht, weder zum halben noch 
ganzen tell auf ihren verdienst verlassen, noch 
viel weniger andere leut darauf gewiesen haben, 
sondern allein auf den einigen vollkomenen ver- 
dienst Jhesu Christi absolx4ert. Wie S. Petrus 
am Pfingstag bey drytausent menschen absol- 
viert, spricht er [Act. 2, 38]: Thut busse und 
las sich ein jeder teufen auf den namen ,Yhesu 
(nicht meinen oder anderer heiligen) zur ver- 
gebung der siinden, so xverdet ihr empfahen 
die gabe des heiligen Geistes. 
Noch viel xveniger kan sich ein mensch auf 
den verdienst, gehorsam und streng leben des 
ordens 11 lassen absolviren, damit Gott in viel 
wege, wie droben angezeiget, erzfirnet und nicht 
versSnet xvird. Und da es gleich alles recht 
xvere, was darirmen gethan wird, sol ein mensch 
dennoch darauf nicht absolviret xverden Denn 
ein mensch schiildig ist, seinem Gott zu dienen, 
xvenn er gleich nicht gesiindiget hette, darumb 
er auch seine vorgehende siinde 12 mit den nach- 
folgenden guten werken nicht bezalen kan, wel- 
che er schiildig ist zu thun. Und da er es auch 
alles vollkomen hielte, was thin geboten ist, 
dennoch keines verdienstes sich zu rhiimen hette, 
sondern nach der lere Christi [Luc. 17, 10] zu sa- 
gen schuldig ist, er sey ein unniitzer knecht und 
habe erst gethan, was er schiildig gexvesen sey. 
Demnach ein mensch sehe, wohin er wolle, 
in himel oder auf erden, zu engeln oder heiligen 
menschen und auf alle gute werk, die ein mensch 
gethan hat oder noch thun mag, so kan and 
sol er sich nirgend auf, denn allein auf den 
einigen verdienst des passions 13, das ist, des 
gehorsams, bitter leidens und sterbens unsers 
Herrn Jhesu Christi absolviren lassen 

a.l.: Form tier papistischen absolution. 
Vgl. -- au2er der Bezugnahme auf den "Or- 
den--: RSm. Mebuch, S. [226], eine der 
zitierten ihnliche mSnchische Absolutions- 
formel b. Luther, In ep. S. Pauli ad Galatas 
Commentarius, zu 2, 18. WA 40 I, S. 264 f. 
a.R.: Auf der heiligen und eigenen verdienst 
ist niemand zu absolvieren. 

a.l.: Die heiligen haben kein verdienst. 
a.R.: Niemand sol sich auf sein eigen oder 
des ordens verdienst absolvieren lassen. 
a.R.: Stinde kan man mit folgenden werken 
nicht bezalen. 
a.R.: Das leiden Christi reiniget allein yon 
allen siinden. 

3!9 



Wolfenbtittel 

Daraus alle klosterjungfrauen abzunemen, was 
ftir greuliche und erschreckliche finsternissen, 
aberglauben, abg6ttereyen und mishreuch 14 in 
das klosterleben (xvie auch sonst in die ganze 
chrtstenheit) eingerissen und leider dermassen, 
wie das unkraut, uberhand genomen, das man 
solches alles ftir den wolgefelligen und ange- 
nemen gottesdienst gehalten und unter dem- 
selben den rechten, warhaftigen gottesdienst 
schier nicht mehr erkennet hat. 
1] Die zehen gebot und die rechte, edle, gute 
werk sind mit menschengeboten verdunkelt ge- 
wesen, die man viel hSher denn Gottes gebot 
gehalten und verhoffet, dem Herrn mehr damit 
zu dienen denn mit den werken, die in den 
zehen geboten befohlen gewesen sind. 
2.] Der christliche glaube ist verdunkelt wor- 
den durch der heiligen und menschen verdienst, 
das man sich nicht auf den einigen verdienst 
Jesu Christi, sondern auch auf der heiligen 
und unsern eigen verdienst verlassen, wie hie- 
bevorn gnugsam ist angezeiget worden. 
3.] Durch die xvalfarten und anruffung der 
heiligen ist fias Vater unser verdunkelt, das 
man schier das veterliche herz Gottes, unsers 
himlischen Vaters, nicht mehr erkennet hat. 
Denn die prediger und lerer den himlischen 
Vater 15 nicht anderst als einen grausamen 
tyrannen den betrtibten stindern ftirgemalet, ftir 
welchen die armen si]nder nicht tretten dSrfen, 
ja Christum. den Herrn selber, der unser einiger 

So doch dargegen unser Herr Gott, seine un- 
aussprechliche liebe anzuzeigen, darumb ein 
Vater 16 von uns hat genennet werden wollen 
[Esa. 64-----Jes 63, 16], auf alas wir wissen sollen. 
wir sein nimer so vlllig zu beten, er sey noch 
viel williger zu hSren und zu geben [Matth. 6, 
6. 8. ff.; Luc. 11, 2--4. 9--13; Rom. 11  10,13]. 
Und Christus schtittet sein ganzes herz aus 
gegen den stindern, auf das sie unerschrocken 
zu ibm gehen sollen, da er spricht [.Matth. 11, 28]: 
Kompt zu mir, zu mir, spricht er, alle, die ihr 
beschweret und beladen seid, ich vil euch er- 
quicken Er saget nicht: Habe ein jeder einen 
eigenen patron, der eine gehe zu meiner mutter, 
der andere zu S. Peter, der dritte zu S. Paulo, 
sondern er saget: Kompt alle zu mir, die ihr 
beschweret seid: niemand kan euch dieser last 
und biirde abhelfen denn ich, der ich ftir euch 
gestorben und euch er!Sset babe, das S. Peter, 
S. Paul [1. Cor. 1, 13] oder meine mutter nicht 
gethan hat. 
4.] Das hochwirdige sacrament des leibes und 
bluts unsers Herrn Jhesu Christi ist nicht allein 
verdunkelt, sondern auch jemmerlich zerrissen, 
da den leyen nur die eine gestalt gegeben 
und aus dem sacrament ein neu opfer ftir die 
siinde der lebendigen und der todten gemacht 
und also gar nahend die austeilung des leibes 
und blut.s Christi und der rechte gebrauch dieses 
sacraments verloren worden. 
5.] Die schltissel des himelreichs sind schier 

mitler, advocat und ftirsprech bey dem Vater ist, gar verrostet unfi mit menschenverdienst uber- 

haben sie dermassen den angefochtenen gewissen 
ftirgestelt, als wenn niemand ftir ihn komen 
dtirfte, er hette denn zuvor seine mutter an- 
geruffen oder sonst einen heiligen und patronen 
vorgeschickt, der ihm den weg zu Christo be- 
reitet hette, wie solches alles den jungfrauen 
in den klSstern unverborgen ist. 

wachssen gewesen, da die leute nicht allein 
auf den verdienst Christi. sondern auch auf der 
heiligen und anderer menschen verdienst sind 
absolviert worden. 
Desgleichen das ganze klosterleben 1; an ibm 
selbst, so anderst nichts denn schulen und zucht- 
heuser gewesen, ist dermassen yon ihrem alter 

a.R.: Welcher gestalt die rechte christliche 
religion unter dem bapsthumb verdunke!t 
xvorden. 
a.l.: Wie man den himlischen Vater und 
Christum den armen stindern im bapsthumb 
ftirgemalet habe. 

16 a.R.: Warumb Gott hat wollen ein Vater 
genennet xverden. 
1; a.R.: Das erste klosterwesen gar verendert. 

320 



Wolfenbiittel 

ffirnemen, dadurch unser nechster an seinen 
ehren und gutem namen verletzt werde, sondern 
von herzen seine ehr bevaren und seine schand 
mit worten und werken zudecken. 
In summa, unser ganze natur, leib und seel, 
herz und verstand, will und vermSgen, alle 
tmsere sinn und krefte sollen anderst nicht ge- 
schaffen sein, denn nach dem allerheiligsten xvil- 
len Gottes, das vir vider seinen allerheiligsten 
willen nicht gedenken, nichts vSllen, nichts 
halten, nichts sehen, nichts hSren, nichts kosten, 
nichts riechen, nichts greifen, nichts handlen 
noch wirken, sondern das in solchem allem der 
gute wille Gottes geschehe, wie denn die lieben 
engel im himel thun. 
Ist nun miiglich, das in tier welt einem men- 
schen eine vollkommene regel kSnne fiirge- 
schrieben oder einer klosterjungfrauen yon der 
domina ein christlich xverk befohlen werden, 
das nicht in dieser regel begriffen sey? Nein ffir- 
xvar, xvenn man alle regel S Augustini (die er 
doch nicht geschrieben c_"}, S. Benedicti c3, S. Do- 
minici c, S. Francisci 5 und anderer zusamen 
in einen klumpen schmelzen solte, mag kein 
solche volkommene regel daraus gemacht xverden. 
.MScht abet jemand sprechen: Wer kan aber 
diese regel 66 halten? Sie ist zu schwer und 
uns armen siindern unmi]glich zu halten. Eben 
das wolt ich haben c;: diese regel ist allen key- 
sern, kSnigen, ffirsten, graven, herrn, edelleuten, 

biirgern, bauren, veib und man, knecht und 
megden, jungen und alten, klein und grossen 
fiirgeschrieben und von Gott selbst auferlegt 
worden. 
"Veil wir darm diese regel nicht halten kSnnen 
und doch in der tauf alle die tag uusers lebens 
verpflicht sind, darnach zu leben, was gehet 
uns denn der noth an, das vir uns uber solche 
noch andere regel 68 und werk lassen aufbinden, 
die Gott nicht geboten, sondern ausdriicklich ge- 
sagt hat, das ihme damit nicht gedienet werde? 
Denn xvie solt es Gott immermehr gefallen 
kSnnen, das du seine gebot unterlessest und 
xvollest ihme mit menschengebot dienen? Wie 
Christus Matth. am 15. capitel sagt: Warumb 
ubertrettet ihr Gottes gebot umb euer aufsetz 
villen [Matth. 15, 3; Esa. 29, 13]? Eim herrn 
oder frauen auf dieser erden wiirde nicht ge- 
fallen, venn sie eim hausknecht etwas be- 
vehlen, der hausknecht aber thet unter denen 
weilen etwas anders, das ihme ein anderer 
knecht befohlen hette. Der herr wiirde sagen: 
Auf mein bevehl bistu bescheiden, das soltestu 
gethan haben und nicht, was dich dein mit- 
knecht geheissen. Also auch wir sind auf Gottes 
gebot bescheiden und ist uns unmiiglich, das- 
selbige zu thun. \Varumb solten xvir uns denn 
neue menschengebot und regel aufladen lassen? 
MScht einer weiter sagen69: Weil wir denn 
der menschen regel nicht halten sollen trod 

Die ,.regula Augustini" schlechtweg ist die 
sog. 3. Regel Augustins. Alle drei haben Augu- 
stin nicht zum Verfasser, sind aber hervorge- 
wachsen aus dem Schreiben Augustins an die 
Nonnen yon Hippo, in dem Augustin Grund- 
regeln ffir alas gemeinsame Leben der Nonnen 
aufstellt (Ep. 2ll; .ISL 33, 958 ff CSEL 57, 
356 ff.). Vgl. den Text der 3. Regel ISL 32, 
1377 ff., dazu RE 3 2, S. 254 f. 
Aelterer Druck der regula S. Benedicti: hISL 
66, 215 ff. Ueber die zahlreichen spiteren 
Drucke und wissenschaftliche Untersuchungen 
zu der Regel vgl..M. Heimbucher, Die Orden 
und Kongregatienen d. kath. Kirche 3 Bd. I, 
1933, S. 161, Anm. 2. -- Zu der Regel selbst 
vgl. ibid. S. 160--167. 
Dominikus machte ffir seinen Orden die sog. 
3. Regel Augustins (vgl. Anm. 62) zur Richt- 

schnur. Die Verfassung des Ordens wurde 
in ihrer Grundlage auf dem Generalkapitel 
zu Bologna 1220 festgelegt und yon Jordan 
dem Sachsen, des Dominikus Nachfolgero wei- 
ter ausgestaltet. Vgl. dariiber Heimbucher, 
a. a. O. S. 479 ff., Literatur und Quellen- 
angaben S. 469 ff. 
65 Von den 3 Regeln des Franziskus fiir den 
1. Orden sind die 2. und 3. erhalten. Ueber 
die Drucke dieser Regeln vgl. Heimbucher, 
a. a. O. S. 681, Anm. 4; S. 682, ,m. 1, dazu 
ibid. S. 681 ffi 
6 a.R.: Einrede: Die regel der zehen gebot Got- 
tes ist uns unmfiglich zu halten. 
67 a. Pt.: Antwort. 
6s a.R.: Ein Christ sol ihm uber die zehen gebot 
kein andere regel aufdringen lassen. 
69 a. Pt.: Einrede. 

328 



Klosterordnung 1569 

schweret, das er seine seele verbindet, der sol 
sein wort nicht schwechen, sondern alles thun, 
wie es zu seinera raunde ist ausgegangen. Werm 
ein weibsloilde dera Herrn ein geltibde thut und 
sich verbindet, weil sie in ihres raters hause 
und ein raagthura ist, und ihr gelfibde und ver- 
biindnis, das sie thut uber ihre seele, korapt 
ftir ihren rater und er schweiget darzu, so 
gilt all ihr geltibde und all ihr verbtindnis, des 
sie sich uber ihr seele verlounden hat. Wo 
aber ihr vater wehret des rages, venn ers 
hSret, so gilt kein geltibde noch verbtindnis, 
des sie sich uber ihre seele verbunden hat, und 
der Herr wird ihr gnedig sein, well ihr rater 
thr gewehret hat. 
Hat sie abet einen raan und hat ein geltibde 
auf ihr oder entferet ihr aus ihren lippen 
ein verbtindnis uber ihre seele und der man 
hSrets und schweiget desselben rages stille, so 
gilt ihr geltibde und verbtindnis, dessen sie sich 
uber ihre seele verbunden hat. Da abet ihr 
man wehret des rages, wenn ers hSret, so ist 
thr geltibde los, das sie auf ihr hat, und das ver- 
btindnis, alas hr aus ihren lippen entfaren ist 
uber the seele, und der Herr wird thr gnedig 
sein. 
Hie zeuget der Herr durch Mosen, wenn ein 
vater seiner tochter oder ein eheman seines 
weibes geltibde widerspreche 82, so sey sie es 
nicht schuldig noch verbunden zu halten, darf 
uhr auch kein gewissen darurab machen noch 
sorgen, das sie Gott deshalben straffen werde, 
sondern Gott wil ihr gnedig sein. 
So denn ein leiblicher vater so viel gewalts 
uber seine tochter und ein eheraan gegen sei- 
nera weibe hat und kan sie der geltibde ledig 
zelen, die sie ohn ihr wissen und willen gethan 
haben, warurab solte denn der hiralische Vater 
gegen seinen kindern und Christus gegen seiner 
braut nicht so vieI raacht und gewalt haben, 
wenn jeraand unter den Christen ira unverstand 

ein geltibde gethan, das Gott nicht gefellig und 
in seinera wort 5ffentlich widersprochen, das 
er ihn deshalben nicht solte absolvieren und 
ledig zelen kSnnen7 Ja, der Herr widerspricht 
und absolviert nicht allein yon solchen ge- 
ltibden, la man erkermet und bekennet, das man 
unbedacht und unrecht gehandelt, sondern be- 
zeuget auch 6ffentlich, das, da man solche 
geltibde halte 83, nicht ihme, dera Herrn, sondern 
dem leidigen sathan diene, wie an den kindern 
Israel zu sehen, die Gott zu ehren gelobten und 
verhiessen, ihre sbne durch alas feur zu opfern, 
wie yon Manasse geschrieben stehet, das er 
liesse seinen son durch das feur gehen [2. leg. 21, 
6], velchen brauch der gottselige kbnig Josia 
abgethan, das tophat verunreiniget, das niemand 
semen son oder seine tochter dera .XIolech 
durchs feur liesse gehen [2. leg. 23, 10]. Was 
sager abet der psalra yon diesen gelfibden und 
gottesdienst7 Sie opferten ihre s6ne und ihre 
tSchter den teufeln [Psal. 106, 37]. 
Darurab ist ein guter unterscheid zu halten 
unter den geltibden. Denn vembge Gottes wort 
ist man nicht schuldig, alle geltibde on unter- 
scheid zu halten. Dabey diese unfehlbare regel 8 
und richtschnur zu halten ist: Wenn ein mensch 
etwas gelobet und auch mit einem eyde be- 
stettiget, das Gott in seinera vort widersprochen 
und 6ffentlich zeuget, das es ibm nicht gefalle, 
ihra auch damit nicht gedienet, sondern viel 
mehr zura zorn gereizet werde, so ist der mensch 
in seinera gewissen nicht verbunden, solch ge- 
ltibd zu halten. Wil alas dutch ein einfeltig 
exempel erkleren: Wenn einer gelobet hette, er 
wolbe seinen son oder seine tochter Gott auf- 
opfern, were ers auch schuldig zu thun 7 Wie wit 
lesen yon Jephtah [Jud. 11, 30 ff.], das er Gott 
verheissen, wenn thra Gott die kinder Araraon 
in seine hende gebe, was zu seiner hausthtir 
eraus ihra entgegen gehe, wenn er mit frieden 
widerkome yon den kindern Araraon, alas sol 

82 a. R.: Ei vater und eheraan kSnnen ihrer 
tSchter und weiber gelilbde widerruffen. 
83 a.R.: Mi haltung der geltibde wider Gottes 
wort wird Gott nicht gedienet. 

8 a.R.: Unfehlbare, gewisse regel yon den ge- 
lfibden. 

. 331 



Wolfenbiittel 

des Herrn sein und wbls zum brandopfer opfern. 
Da er nun gen Mitzpa zu seinem haus kompt, 
sihe, da gehet sein tochter heraus. Hie ist die 
frage, ob Jephtah schuldig gexvesen sey, seine 
tochter zu opfern7 Antwort: Nein. Denn Gott 
hat verboten, ihm ein opfer von unschtildigen 
menschen blur zu thun und bezeuget, das solche 
opfer nicht ibm, sondern dem teufel geschehen 
[Pal. 106, 37]. Drumb wenn Jephtah seine toch- 
ter geopfert hat (daran doch noch viel zwei- 
feln), so hat er unrecht gethan. 
Also lesen vir [1. Sam. 14. 24--45], das der 
knig Saul ein unbedacht gelfibde gethan, und 
als sein son Jonathan unwissend zu aufenthal- 
tung seines lebens dawider gehandelt und Saul 
ihn tSdten wOllen, hat ihn das yolk Israel mit 
gewalt aus der hand seines vaters erlSset und 
recht daran gethan. Solcher gestalt ist auch 
Herodes nicht schuldig gewesen, umb seines eids 
willen, so er tterodias tochter gethan, Johanni 
dem teufer das heupt zu nemen. 
Derhalben ist es ftirnemlich daran gelegen, 
so viel die geltibde 85 tier klosterjungfrauen be- 
langet, das man eigentlich und mit gebtirenden 
untercheid wisse, vas sie gelobt und verheissen 
haben. 
Derm so viel den gehorsam gegen Gottes gebot, 
auch keuscheit und willige armut belanget, 
haben sie diese sttick alle in der tauf ver- 
sprochen und sind sie alle die tage ihres lebens 
zu halten verbunden, nemlich, das sie alien 
denen, so ihnen zur oberkeit ffirgesetzt werden, 
in allem dem, das nicht wider C-ott ist, ge- 
horsam sein, keusch trod ziJchtig leben und zu 
aller zeit vor lieb und gut nemen und sich 
geniJgen lassen, was ihnen zur notturft und 
aufenthaltung ihres leibes gegeben wird. Diese 
stfick sind sie zu halten schuldig und kan sie 
kein bapst, kein bisschoff, kein priester noch 
kaplan davon absolvieren. 

Do man aber solche gel/ibde welter strecken 
und wider das ausgedriickte wort Gottes an- 
ziehen wolt, hie ist eine gewisse unfehlbare 
regel, nemlich das Gottes xvort allen geliibden 
vorgehe und vider dasselbige den menschen 
nicht binden. 
AIs venn eine jungfrau von ihren eltern in 
der kindheit in das kloster gestossen oder auch 
mit freiem guten willen ungezwungen und un- 
genbtiget dare:n gegangen, und da es seine 14., 
15. oder mehr jar erreichet, gelobet und ver- 
heissen hat, ewige jungfrauschaft bis in den rod 
zu halten trod nicht zu freien, befindet abet 
nachmals, das sie die gabe von Gott nicht 
hat, nicht allein am leibe, sondern auch im geist 
rein zu bleiben, sondern sihet, das sie zum ehe- 
stand erschaffen und verordnet, hie ist die 
frag, ob eine solche jungfrau wider Gott und 
ihr gewissen handle, xverm sie freiete ? Die ant- 
wort ist in C-ottes vort klar. Sie hat ein gelfibde 
gethan trod Gott zuvor darumb nicht gefraget, 
welcher durch den heiligen apostel Paulum aus- 
drticklich seinen willen erkleret 86, nemlich, das 
ibm niemand diesen strick an den hals werfen 
soll [I. K 7, 35], sondern aIIein das leret, es 
mbge Lhrn wol ein mensch steif ftirnemen, also 
zu bleiben, darneben abet diese freyheit ibm 
behalten, das er nicht mit dem sttick verbunden 
sey und ausdrticklich gesetzt [1. Cot. 7, 2. 9]: 
Hurerey zu vermeiden, so babe ein jede ihren 
eignen man Und abermals: Es ist besser freien 
denn brunst leiden. Und vermanet die Corinther 
von den vidwen, so die gabe nicht hetten, 
ausserhalb dem ehestand keusch zu leben, das 
sie sie freien lassen. 
Aus diesem grund hat der landsftirst herzog 
Julius etc. alien klosterjungfrauen ihre frey- 
heir 87 anzeigen und vermelden lassen, das wie 
S. F. G. keine klosterjungfrauen aus den klbstern 
zu verjagen gemeinet, sondern welche bleiben 

85 a.R.: Welcher gestalt die klosterjungfrauen 
ihr geltibd zu halten verbtmden. 
86 a.R.: Gott rhet niemand, ewige jungfrau- 
schaft zu loben, denn sie ist eine gabe Gottes, 
die nicht in des menschen freien willen stehet. 

87 a.R.: Den klosterjungfrauen frey gestelt, zu 
freien oder zu bleiben. 

332 



Wolfenbfittel 

schuldig seid zu halten, sondern da ihr meine 
hulde und gnad behalten wollet, davon abstehen 
und reich ferner damit nicht erzfirnen sollet, wie 
ihr bis anher unwissend gethan und wider 
meinen ausgedruckten bevehl gehandelt habet. 
Also auch, so viel die kron, kappen, schep- 
ler 9, subtil, desgleichen, das ihr auf bestimpte 
tage nicht fleisch esset, belangt, solt ihr wis- 
sen, das ihr mir damit nichts gedienet habet, 
vie ihr solchs in meinem klaren wort finder, da 
ich gesprochen und 5ffentlich bezeuget [Matth. 
15, 9]: Man diene mir umbsonst mit menschen- 
geboten. Nun habe ich aber nicht geboten, das 
man mir mit solcher kron, subtil, kappen, schep- 
ler, unterscheid der speise dienen solle, sondern 
es haben solchs alles de menschen aus mensch- 
licher andacht, ohn mein wort und bevehl ver- 
ordnet Darumb, ver gelobet und verheissen hat, 
mir zu dienen in dieser kron, kappen, schepler, 
subtil und dergleichen, den wil ich hiemit 
vom himel herab absolviert haben, das er solches 
zu halten nicht schuldig, sondern fallen lasse 
und mir nach meinem wort diene. 
Item da eine jungfrau oder eine ganze sam- 
lung versprochen, auch deshalben brief und 
sigel yon sich gegeben hette, das sie jerliches 
etliche psalter ffir einen todten oder lebend':gen 
menschen beten wolten, wil ich sie hiemit auch 
von diesem gelfibde absolvieren, das sie solches 
nicht zu thun schuldig. Denn der psalter ist 
nicht darumb aufgeschrieben, auch yon Gott 
nicht darzu verordnet, das man denselben ffir 
die abgestorbenen sprechen und sie damit aus 
dem fegfeur erlSsen solte. Darumb, welcher 
mensch der meinung den psalter durchbetet oder 
singer, der weis nicht, was der psalter ist oder 
worzu er verordnet, sondern begehet damit eine 
abg6tterey und lesterung unsers Herrn Jhesu 
Christi und legt dem werk des psalterlesens, 
so doch mehrerthekls ohn allen verstand ge- 
schihet, zu, das allein dem leiden Jhesu Christi 
zugehSret, nemlich das dis singen oder lesen 
des psalters sol dem abgestorbenen die marter 

im fegfeur miltern und ein teil seiner sfinden 
bfissen und bezalen, so doch unser Herr Christus 
unser einiges fegfeur ist, der alle unser siinde 
geb/isset und bezalet hat. 
Derhalben weil Gott, der Vater, sampt seinem 
Son Jesu Christo und dem heiligen Geist vom 
himel herab zeuget, das der gottesdienst, so die 
jungfrauen in den klSstern zu halten gelobet 
haben, wider Gottes wort und zum guten teil 
nichts denn lauter menschensatzungen sind, da- 
durch der rechte, warhaftige gottesdienst und 
das alte, catholische, christliche und gottselige 
klosterleben verdunkelt, so sollen die jungfrauen 
vissen, do sie dasselbige abschaffen und hin- 
legen, das sie nicht yon einem menschen, son- 
dern durch unsern Herrn Jhesum Christum 
selbst absolviert und yon ihrem geliibde ledig 
gesprochen werden, der solches alles, was hie- 
vor vermelde, in seinem wort auf das ernst- 
lichste straffet und also auch widersprochen 
hat, velches widersprechen viel hSher zu halten 
denn eines leiblichen raters oder ehemannes 
widersprechen, dadurch eine jungfrau oder ein 
eheweib in den gelfibden, d,e sie sonst mit 
gutem gewissen halten kSnten, doch absolviert 
werden, allein darumb, das es der vater oder 
eheman widersprochen hat. 
Dis ist der einfeltige, christliche und in Gottes 
wort gegriindte bericht, welcher gestalt die 
klSster, besonders aber die jungfrauenklSster, 
im hochlbblichen herzogthumb Brunschweig, 
Wulffenbfitlischen theils, nach dem reinen, un- 
verfelschten wort Gottes und nach anleitung 
unsers allgemeinen, alten, catholischen, aposto- 
lischen, christlichen glaubens reformieret worden 
Daraus meniglich zu vernemen, das in dem- 
selben kein neuer glaube aufgerichtet, keine 
christliche und Gott volgefellige ordnung ab- 
geschaffet, noch viel weniger einige verwiistung 
derselben gesucht, desgleichen auch gegen nie- 
mand mit gewalt oder einiger ungestiime ge- 
fahren, sondern alle und jede schvestern mit 
beste.ndigem grunde heiliger gbttlicher schrift 

9- S. 309, Anm. 36. 

334 



Klosterordnung 1569 

mud christlicher sanftrnut geleret und unter- 
wiesen, was die rechte erkendnis, anruffung und 
dienst Gottes sey, worauf derselbige bestehe, 
wie er yon den menschensatzungen zu unter- 
scheiden, was auch das testament und letzter 
will Christi gewesen und welcher gestalt der- 
selbige verrnSge seines ausgedruckten worts sol 
gehalten werden, auf was weise und weg sie 
ohn verletzung ihres gewissens den einmal an- 
genomen orden sarnpt der kappen widcrurnb 
hingelegt und beyeinander in christlicher frey- 
belt, gottseliger zucht und erbarkeit leben und 
Gott dienen mbgen. 
Und verhoffe demnach zu dern allrnechtigen 
Gott und Vater unsers lieben Herrn Jesu Christi, 
das nicht allein alle die, so den Geist Christi 
haben, ihnen solche christliche ordnung und 
reforrnation gefallen lassen, sondern alas auch 
viel aus unserm gegentheil, so bis daher mit 
reforrnation }hrer klbster stille gestanden, aller- 
ley nachdenken daraus schepfen sollen, gleicher 
gestalt auch dieselbige nicht lenger einzustellen, 
wenn sie sehen werden, das solche in diesem 
ftirstenthumb nicht verwiistet, sondern in den 
alten christlichen brauch widerurnb gebracht 
und durch die gnade Gottes also angestellet, alas 
der allrnechtige darinnen verrnge seines worts 
gelobet, die jungfrauen zu aller gottesfurcht und 
chrislicher zucht gehalten, derselben .gewissen 
und seelen seligkeit gerhaten, deren aufkunften 
das wenigst nicht entzogen, sondern alles zu 
der ehre des allrnechtigen, zu seines narnens lob 
und preis und der kirchen wolfart gerichtet 
sehen. 

Nachdem aber wol zu vermuten, das der feind 
menschliches geschlechts nicht unterlassen werde, 
diesem gottseligen und christlichen ftirnernen 
sich zu widersetzen und dasselbige zu verstSren, 
so sollen wit auch hinwiderurnb mit dem gebet 
zu dern allmechtigen on unterlas anhalten und 
bitten, das er dieses werk, so zu den ehren 
seines namens angestellet, gnedig und veterlich 
erhalten wolle, welches gebet er on zweifel 
erhSren und sich nicht better gegen uns denn 
ein leiblicher rater gegen seinen kindern er- 
zeigen wird, wie denn Christus selbst spricht 
[Luc. 11, 11--13]: Wo bittet unter euch ein son 
den vater urnbs brot, der ihrn einen stein biete? 
Und so er urnb einen fisch bittet, der ibm eine 
schlange ftir den fisch biete? Oder so er urnb 
ein ey bittet, der ibm ein skorpion daftir biete? 
So denn ihr, spricht er, die ihr arg seid, kSnnet 
euern kindern gute gaben geben, viel rnehr 
wird tier Vater irn hirnel den heiligen Geist 
geben denen, die ihn bitten. 
Dieser zusagung unsers Herrn Christi sollen 
wit xvol trauen und aus glauben beten und 
nicht zweifeln, der dis werk dutch die gnade 
seines heiligen Geistes angefangen und so ferne 
gebracht, tier werde es auch vollnfiren und 
seine ausserwelte kinder wider die pforten der 
hellen zur hirnlischen btirgerschaft erhalten und 
ewiglich selig rnachen. Demselben sey ftir diese 
und alle andere seine unzalbare und unaus- 
sprechliche gnade und gutthaten lob, ehre und 
preis in ew}gkeit. Amen. 
Folget ein register [wird bier nicht rnit ab- 
gedruckt]. 

Gedruckt zu Magdeburgk 
dutch Andreas Gehen und Wilhelrn Ross. 1569. 

335 



eit dem _llittelalter be[and sich die Stadt Braunschweig gemeinscha]tlichem 
in 
Besitz 
der verschiedenen Linien des ll'el[enhanses. Das wirkte slch dahin ans. dat3 die Stadt ein weit- 
gehend selbstandiges llegiment ]ihrte. _Inch an/kirchlichem Gebiet hatte sich die Stadt bereits 
vor der lle/ormation elne gewisse Selbstandigkeit and mannig/ache Freiheiten :u erwirken 
gewuBt. 
'ber die Injiinge der llejormation vgl. B e s t e (S. 9 II.), T n i c a (S. 2:e II.), e h t - 
m eyer 111 (S. 1I!. ). z,, der besonderen und lar nraunschweig wohl eigentimlichen Stel- 
lun.a der ,,]lietpriester'" v.al. `j. !t e epe (Die Organisation der .lltarp/randen an den P/arr- 
kitchen der Stadt Braunschwelg im _llittelalter. In: `jb. d. Gesch. l'er.], d. ller=ogtum Brschwg. 
12. 191.'I. S. 16S') und die kritischen .lusstellun.een hierzu bei D. P 1 elm e s (ll'eltliches 
Sti]tun.asrecht. Gesch. der llechts]ormen. 193. in: Forschungen zum deutschen llecht 111. 3, 
S. 130 [., 154--157. sowie weitere dort an.,egebene Lit.). 15 gibt der Bat seinen ll'ider- 
stand au] und beru]t =unachst Heinrich li'inkel, dann "Johannes Bugenha#en nach Braunschweig 
zur \euordnun.a der kirchlichen l'erhaltnisse. Xoch im .aleichen `jahre ver]aBte Buaenhagen die 
KO der Stadt Braunscht'eig. Zur l'orgeschichte vgl. H a n s e 1 m a n n. Einleltung. Zum Inhalt 
v.al. !1. II e r i n .e . Doktor Pomeranus. `johann Bugenhagen. l b   : G. K a w e r a u..lrt. Bugen- 
hagen, tiES 3. S. 531. dort altere Lit.: ]erner Scholz: H. Beck. Bu.aenhagens Person in 
seiner KO ]at die Stadt Braunschweig. Braunschweig 19': E. H'ol]. `j. Bugenhagen. Ge- 
meinde und lint: in ll'ol]. Peregrinatio. Studien zur reormator, fheolo.eie. 1934. S. 57--27.S. 
lusgaben durch llanselmann in niederdeutschem Purismus: !1. Lietzmann in: Kleine 
Tezte jar l'orlesungen und -bungen 55. 191: neuhochdeutsche -bertragung bei Ch. Belier- 
mann. Das Leben des `j. Bugenhagen. IS.9. S. lOT .i]. l_nsere _4usgabe unter Nr. 1. 
Die niederdeutsche lus,abe ]and bereits 1531 eine hochdeutsche Ubertra.ung in nahezu 
tviJrtllcher lnlehnuna (vgl. !1 a n s e 1 m a n n. S. lzvii und Iziz). 1563 veranstaltete der Bat der 
Stadt einen .\'eudruck der Fassune yon 1531 mit einigen l'erbesserungen (v.l. H  n s e I m a n n, 
S. l:i.r), und llinzu]agun.e ]olgender Sticke: Schmalkaldische Irtikel yon 1537. _4ugsburgische 
Kon]ession und deren _lpoloaie in `justus `jonas' l'erdeutschung. Erklarung der Theologen au] 
dem Lineburger K,mt'ent 1561. Diese lus.eabe wurde als das Corpus doctrinae der Stadt 
Braunschwei be=eichnet (vFl. T s c h a c k e r t, S. 615/ und t'on dem Bat und allen _llitgliedern 
des geistlichen llinisteriums der Stadt unterschrieben (rgl. Stadt_4. Braunschweig G 1 2 3r. 75, 
1. Struck und R e h t m e v e r 1II. S. 53 ].). In dieser Form behieh die KO yon 1525 in der Stadt 
Braunschweig bis r, um l'erlust ihrer Selbstandigkeit 167"1 Geltung. 
_llit der zum Schlut3 des Druckes behaupteten ..einmithigen'" _4nnahme der KO durch 
den Bat und die ganze Gemeinde am 5. September 152 war keineswegs die Ruhein der Stadt 
wiederher.aestellt. Zwar 'eranlaBte der Rat im `jahre 1531 die Geistlichkeit. =ur ll'ahrung der 
Lehreinheit ein Bekenntnis au]=ustellen, das . ortan eder Stadtprediger zu unterschreiben hatte, 
wenn er nicht entlassen werden wollte (vgl. H i I 1 e - K e I l n e r, S. 136: .lbdruck bei R e h t - 
m e'er 111. Beilage S. 15]L). .luch versuchte der Bat indirekt durch das Echteding yore 
22. lugust 1532 noch eine weitere juristische Be]estigung der Re]ormation herbeizu]ihren (vgl. 
die 1532 neuge[at3ten Punkte 1. 2 und  des Echtedin,gs, l_'rk. Buch 1. S. 326 und 331). Die 
Beset=ung der meisten stddtischen P.arren lag namlich in den Handen der Sti]ter und Kl5ster; 
die damit yore Her=og belehnt waren. Die Bestatigun aber war dem Her=og vorbehalten. 
der dieses Recht auch [fir die Stellen beanspruchte, die seit undenklichen Zeiten yore Rat 
oder yon Privatpersonen beset=t wurden (St. llartini. St. Catharinen. St. Michaelis). Far St. U1- 
rici und St..llagni behauptete der Her=og unmittelbares Beset=ungsrecht. (Zu St. Magni und 
dem dort wechselnden Patronatsrecht vgl. B r u t = e r . q. 60). Die Sti[ter St. Blasii und 

338 



Die Kirchenordnungen 

1. Der erbarn stadt Brunswig christlike ordeninge to denste dem hilgen 
evangelio, christliker leve, tucht, frede unde eynicheit. Ock darunder vele 
christlike lere vor de borRere. 

Dorch Joannem Bugenhagen Pomeren bescreven. 1528.1 

3oannes BugenhaRen Pomer dem lesere. 

In disser ordeninge synt upgerichtet gude 
scholen, de leyder allerwegen vorvallen edder 
nicht imme rechte gebruke sint, de me doch 
m6t hebben vor de j6get. Ock bestellet in allen 
kerken gude predigere des evangelii, de me m6t 
hebben, wo k6ne vy anders Christen syn? Is 
id 6vers n6tlik, sulke denste in den scho{en 
unde kerken to hebben, so is id ock nStlick, 
reddelik unde gotlik, alse Christus secht [1_ Tim 5, 
18], dat eyn arbeydesman synes lohnes werdich 
sy. Darumme unde ock vor de armen unde 
notroftigen synt upgerichtet de gemeynen ka- 
sten. Wente den arbeyderen nicht geven 5ren 
lohn, were unchristlik unde is jo ein ringe, 
lat wy den tidlike neringe vorsorgen, de uns dat 
geystlike seyen 2. Unde war wy den ringesten 
Christi ankeren 3, des wert Christus tome junge- 
sten dage gedenken, alse em sulvest angekeret 
[Mt 2S, 40]. 
Etlike scryen over nye ordeninge. War is 
hyr in disen stucken nyes7 Wo kan ein vor- 
stendich mynsche mit guder conscientie seg- 
gem dat sulke clink nicht n6dich syn7 Dit synt 
de meysten unde grotesten stucken in disser 
ordeninge. Schinderye 6vers {der leyder under 
deme namen gadesdenstes alto veIe is) n6met  
Paulus nicht eyrie ordeninge, sonder eyne un- 
ordeninge wedder gotlike unde christlike orde- 
hinge, unde deyt destilvige unordeninge unde 

unordens knechte, de sick doch 6res ordens vor- 
r6men, in den ban, 2. Thessa. 3 [6. 14]. 
Cerimonien 6vers, de hyr vorordent synt, wo de 
scholere alle dage des avendes unde des morgens 
uth der hilgen scrift psalme unde lectien singen 
unde lesen scholen unde den leyen sampt den 
anderen dt[desch, wen se tot predige unde misse 
des hilgen dages tosamende kamen, werden 
geholden umme eyndracht willen mit fryer con- 
scientie unde denen der gemeyne to der bete- 
ringe, de,vile se anders nicht synt wen gude 
lere unde 6vinge der joget unde underrichtinge 
unde bet unde danksegginge tier Christenen, 
noch deme live, noch der conscientien edder 
selen beswerlick. 
Sulke cerimonien weren den Christenen nutte 
Van anderen, de men 5 geltsaken synt, edder 
to velken de conscientien mit mynschenleren 
unde gebaden vorstricket synt, secht Christus 
Math. 15 [9]: Frustru colunt me etc., dat is: 
Alle 6re gadesdenst is vorgeves, dewile se 
leren de leren unde gebade der mynschen etc. 
Ick schwige noch, dat vele nichts weten, war 
se in 6ren psalmen lesen, ja se begeren id nicht 
to weten: war scholden doch drunkene chor- 
scholere unde ungelerde tidepapen unde vigilien- 
mummelers van der hilgen scrift weten? Wfl 
me nicht christlike unde dem volke nutte ceri- 
monien hebben, so kan me ock unchristlike vol 

Druckvorlage: Druck yon 1528, Wittenberg bei 
Joseph Kluck. Okt., 142 Bll.-Expl. der Nieders. 
St. und U. B. G6ttingen (Jus. statut. V 7778). 
_-- sfien. 

3 _-- zu%venden 
4 = nennt. 
5 = nur 

348 



..... lenordnung 1528 

Christi tor vorgevinge der sunden, so werde gy 
entfangen de gave des hilgen Geistes. Wente 
jue trade juer kynderen is de tosage unde 
aller, de noch verne synt, de Got unse Here 
hyrto ropende wert. Dar h6restu jo, de J6den 
mit oren kynderen unde de verne weren, dat 
synt de heydene, Ephe. 2 [13. 17], Esa. 57 [19], 
sonder twivel ock mit eren kynderen, wente in 
disseme parte hebbent de J6den nicht beter wen 
de heydene, Gala. 3 [28]. 
Unde sunder twivel hebben de gedoften J6den 
unde darna de gedoften heyden ock ore kyndere 
tot d6pe gebracht, wen sulcks de apostele nicht 
hedden wolt tolaten, so were id gescreven, wente 
id hedde ock n6tlick geweset to weten. De 
apostele overs mosten sulcks tolaten alse got- 
lick unde christlick, dewile se hedden geh6ret: 
Later de kynderken to my kamen unde wehret 
en nicht etc., alse ock Petrus secht [Act 2, 
39]: Jue unde juer kyndern is de tosage. 
Tome Abraham is gesecht Gen. 22 [18], alse 
ock Paulus wedderhalet Gal. 3 [16]: Dorch dyn 
sfid scholen gesegenet werden alle heydene 
eSder alle v61ke up erden. Ick meyne jo, dat 
de kynderken ock in den segen horen des sfides 
Abrahe, dat is, unses Heren Jesu Christi. In de 
toseginge Gades trade in de prophetien hefft 
Petrus gesehn mit den vorgesechten w6rden. 
Up dissen sterken grund uth Gades wSrde, 
alse wy nu hehr getellet hebben, offeren wy 
unde bringen unse kynderken Christo, begeren, 
dat he se wille annemen unde holden ock vor 
Christene, unde dewile wy gewisse synt uth 
syneme w6rde, dat he de kynderken gerne 
nympt unde spreckt, dat striker sy dat rike 
Gades, so geven wy en ock dat gevtsse van 
Christo ingesettede unde bevalen teken der sa- 
licheit, dat is de waterdSpe, darinne sunder 
twivel Christus sulvest se alse ock andere 16vige 
dSpet mit syneme hilgen Geiste, dorch welken 
se nye unde weddergebaren werden, dat se syn 
kyndere Gades unde hebben dat ewige levent, 
alse Joannes Bapttste secht Matth. 3 [11]: Ick 
d6pe mit watere, Christus mit dem hilgen Geiste 
und viire. 

Water k6ne wy geven in der d6pe, dewile 
overs de dSpe nicht unse, sunder Christi is, so 
gifft dar Christus sulvest den hilgen Geist unde 
dorch den vorgevinge der sunden unde de 
wedderb6rt. 
Also werden unse kynderken alse ock andere 
15vige ged6pet in Christum unde synen d6t, 
Ro. 6 [3 f.], tehn Christum an, Gal. 3 [27], 
hebben vorgevinge der sunden dardorch, Actor. 
22 [161. 
Welk ock Petrus in syner ersten epistole amme 
drudden capitele secht also [1 Petr 3, 21]: 
De waterdbpe maker uns salich nicht dar- 
umme, dat uthwendich mit dem watere uns war 
weft afgewasschet, sonder dat wy dar eyne 
stipulatie, dat is eyn vorbund, maken eyner 
guden conscientien mit Gade dorch de upstan- 
dinge Jesu Christi etc. 
Unde Paulus Tit. 3 [4 ff.]: Den erschehn de 
fruntlicheit unde lfidegunsticheit Gades unses 
heylandes, nicht umme der werke willen der 
gerechticheit, de wy gedin hedden, sunder na 
syner berrnherticheit makede he uns salich dorch 
dat bad der weddergeb6rt unde vornyginge des 
hilgen Geistes, den he rikelick uthgegaten hefft 
in uns dorch Jesum Christum unsen heyland, up 
dat wy, dorch dessulvigen gnade gerechtver- 
diget, erven syn des ewigen levendes nach der 
h6peninge, dat is jo gevislick wahr. 
Desgeliken ock Ephe. 5 [25 ff.]: Christus hefft 
gelevet syne christenheit und hefft sick sulvest 
vor se gegeven, up dat he se hilgede, unde 
hefft se gereyniget dorch dat waterbad imme 
w6rde, up dat he sick bereydede eyrie hehr- 
like christenheit, de neyne befleckinge edder 
krunkelen edder dergeliken hebbe, sonder dat 
se hillich sy unde unstraflick 
Uth welken w6rden hSrestu, dat in der water- 
d6pe, de he bevalen hefft, Christus sulvest mit 
syneme hilgen Geiste d6pe unde afwassche van 
den sunden unde make uns to ewigen kyndern 
Gades. Darumme geve wy ock de d6pe na 
Christus bevehle nicht in unserae namen (unde 
schadet nicht tot d6pe Christi, wen ock de 
waterdSper eyn heymelick Judas were), sonder 

. 355 



Braunschweig 

imme namen des Vaders unde des Sones unde 
des hilgen Geistes. De bilge drevaldicheit dSpet 
dar sulvest, alse Christus insettet, vente xvat 
dorch recht bevehl in eyries anderen namen 
geschfit, dat is so vele, efft he dat sulvest 
dede, unde vorware, ven de hilge drevaldicheit 
dorch Christum, unsen Heren uncle middeler 
unde heyland nicht sulvest dar dSpede, so konde 
sulke weddergebSrt unde salicheit, alse gesecht 
is, dar nicht gegeven werden. 
To sulker gnaden unde salicheit offere wy 
Christo unse kynderken, dewile he se van uns 
fordert unde staffet uns, so wy se em nicht 
bringen; se konen anders nicht salich werden, 
alse Christus secht Jo. 3 [5]: So we nicht wert 
weddergebaren uth dem water unde deme hilgen 
Geiste, de kan nicht ingn int rike Gades. 
De hilge Geist kumpt den anderen dorch de 
predige des evangelii unde gifft en den loven 
in Christum, Gala. 3 [2], an den kynderken 
overs, de vy Christo nach synem wSrde to- 
bringen, darvestu nicht twivelen, efft dar de 
bilge Geist sy, dewile du hSrest, dat Christus 
secht, latet se to my kamen, sulker is dat rike 
Gades, by den is jo nicht de bose geist, sonder 
de hilge Geist dorch Jesum Christum, unsen 
Heren. 
Wo xvolde doch nu so gotlose eyn mynsche 
syn, de syneme kynde sulke gnade, van Christo 
togesecht unde erxvorven, wolde vorstimen ? Noch 
vindet me htiten alse ock wandages gotlose ltide, 
de sulke kynderdSpe mit etliken scriften nach 

deme schyne trefflick anvechten. Darumme is 
ock disse bekentnisse van der kynderdOpe hyr 
int erste vorangesettet to eren der warheit 
Gades unde velen to troste. 
Wy mochten lever sterven wen de kynder- 
dope uns laten nemen. Orsake is genoch uth 
Gades wOrde gegeven unde etl[ke christlike lerer, 
ock by unsen tiden, to Nurenberge unde to 
Wittemberge, hebben mehr darvan bescreven 12 
Dat me dudesch dope. 
Sulke hehrlicheit der dSpe schal me uns vor- 
dragen mit der predige, dat wy mogen weten, 
wat rechte christlike dSpe sy, de uns gegeven 
is unde de wy unsen kynderken geven. Andere 
urmutte hehrlicheit, angerichtet mit lichten, 
vanen, dSpewygende 13, kreseme 14, onen Chri- 
stene wol entberen. Wente tome uthwendige 
sacramente der dSpen hSret water unde Christus 
bevehl, dat is, dat me so dSpe, alse Christus 
bevalen hefft. De is alleine meyster unde be- 
deger 15 in diser sake, den schole wy hSren, 
alse de hemmelische Vader scryet uth deme 
hemmele over era: Dit is myn leve Sone, in 
welkeme ick hebbe eyn wo)geval, den schole 
gy hSren [.It i?, 5]. Unde dorch Mosen to- 
voren, Deuteronomii 18 [18 f.]: Vv'e den propheten 
Christum nicht hSret, van deme wil ick id sSken, 
dat is, ick sulvest wil mick wedder den vor- 
achter wreken 15a. 
Dat andere dink nicht van nSden synt tor 
dSpe, hebben ock alle doctores in den hogen 

Luther, Von der Wiedertaufe an zvei Pfarr- 
herrn. Wittenberg 1528 (von Luther bereits 
am 27. 1. 1528 abgeschlossen, vgl. G. Buch- 
wald, Luther-Kalendarium, Schriften d. Ver. 
f. Ref. Gesch. Jg. 47, H. 2, Nr. 147, S. 56), XVA 
26, S. 144--174; Melanchthon, Iudicium de Ana- 
baptistis. 1527, CR I, 931--933; De Anabapti- 
stis. April 1528, mit einer Zuschrift an den 
Abt Friedrich v. St. Aegidien in Ntirnberg, 
CR I, 955--973; Grundtliche vnterrichtung eins 
erbarn Rats der Stadt Nfirnberg, XVelcher ge- 
stalt, ire Pfarrherr vnd Prediger in der Stet- 
ten v auff dem Land, das Volk, wider et- 
liche verftirerische lere der XVidertauffer..er- 
marten vnnd vnterrichten sollen, vermutlich 

von W. Link (vgl. F. Roth, Die Einf/ihrung 
der Reformation in Ntirnberg 1517--1528. 1885, 
S. 260 L); Th. Venatorius, Pro baptismo et 
fide parvulorum. 1527 (vgl. dazu Th. Kolde, 
RE 3 20, S. 490). 
Taufweihen. Vermutlich sind die Taufxvasser- 
weihe am Karsamstag oder in der Pfingstvigil 
bei der Taufe (vgl. Rit. Rom. I, Tit. II, Cap. II, 
(vgl. oben S. 123, Anm. 46) und die Salz- 
xveihe bei der Taufe (vgl. Rit. Rom. I, Tit. II, 
6, S. 17) gemeint. 
__ Chrisma. Seine Verwendung bei der Taufe 
vgl. Rit. Rom. I, Tit. II, Cap. II, 23, S. 23. 
= Gebieter -- 15a = richen. 

356 



Braunschweig 

sulke bedtidinge, dat is vorklaringe, dat de ltide 
leren, dat de bilge Geist mit dem Christenen 
handelt imme herren vor Gade, schal dorch de 
prestere nicht mit smerende, sunder mit pre- 
digende werden uthgerichtet, alse Christus be- 
valen hefft: dat is dat rechte apostolische 
presterlike edder bisschoplike ampt na dem 
lude des ganzen nyen testamentes. 
Id is uns gude genoch, wen wy d6pet verden 
alse Christus sulvest unde alse de hilgen apo- 
stole unde alse de apostole de anderen Christe- 
hen d6peden unde to d6pende lereden, nemlick 
dorch dat water unde den hilgen Geist; vater 
geve vy uth bevehle Christi, den hilgen Geist 
gifft Christus sulvest, ja de ganze hilge dreval- 
dicheit, alse gesecht is. 
Darumme, dat de ltide mogen weten, alse 
gesecht is, war me mit bedende unde evangelien 
lesende unde fragen by der d6pe unde in der 
dSpe handelt undeen nicht vordecket sy, is int 
erste in disser ordeninge vor .ut. angesehn, dat me 
de kynderken nu vortan dtidesch d6pen schal. 
XVente ock Christus bevalen hefft [Mt 28, 19]: 
Giit hen unde leret alle heydene unde d6pet se 
imme namen des Vaders unde des Sones unde 
des hilgen Geistes. Darumme, wowol de apostole 
Joden gebaren weren, so hebben se doch den 
heydenen nicht mit jodescher sprake geprediget, 
dat hedde even so vele geweset, alse wen eyn 
den dtideschen leyen wolde latinisch edder pa- 
lensch 17 predigen, sonder se hebben leret de 
Greken mit grekischer sprake, de Chaldeyer mit 
orer sprake, de Walen mit walscher edder latini- 
scher sprake, ane dat de gelerden in Wallende 
ock wol grekes kunden. Darto hedden de apo- 
stole ock dorch den hilgen Geist tungen ge- 
kregen, dat se konden mit mennigerleye spraken 
spreken, to uththobredende dat evangelion 
Christi over de ganze xvelt. 
.XIit der sprake, dar se mede predigeden, dar- 
mede dofften se ock, by den J6den j6disch, by 
den anderen anders. Wo konden anders de ltide 
ore d6pe hebben vorsttin? Unde licht doch an 

deme vorstande de grote macht. Wo kame wy 
Dtideschen denne darto, dat me uns Gades wSrt 
wil in tier dSpe mit unbekander sprake vor- 
decken 7 
Ock dewile de dSpe nichts were ane dat wort 
unde bevehl Christi. Dat wort Christi overs 
schal jo van uns vordern den loven. Wo schole 
wy 16ven, wen wy id nicht vorsttin, sondern 
grin darmede umme alse eyne nunne mit dem 
psaltere 18 ? 
Is id nicht wedder alle vornunft, dat me de 
ungelerden leyen latinisch frage unde se moten 
antwerden unde weten nicht, worto? De hyr 
wedderfechten, dohn nicht anders, wen dat se 
meysterlick bewisen oren mutwillen unde blint- 
heit xvedder alle vernunft unde redelicheit. 
D6pen doch ock de leyen unde fraue in n6den 
nicht latinisch, sonder dtidesch unde nemand is, 
de darf seggen, dat sulck unrecht sy, so nicht 
anders daranne feylet. Ock alle lerer moten 
spreken, dat dat kynd recht unde ewichlick in 
Christum ged6pet sy, unde were vedder Got, so 
jemand dat kynd noch eyns volde d6pen. Alse 
ock alle man by den Christen 16vet, dat sulck 
k3md salich unde Christene sy. Worumme schol- 
den denne de prestere nicht dtidesch dSpen, de 
vol beter rnit der saken konen ummegiin, de 
ltide, de darby synd, vormanen to beden, en dat 
evangelion lesen unde gute lere geven? Dat du 
ock also mogest sehn, dat dtidesch d6pen in 
disen landen nicht nyes is 
Ja, id were gut, dat alle m.mschen tolepen, 
besondergen de vorstendigen kyndere, wen ein 
kyndeken ged6pet wert, tosehn made tohSren, 
war dar gehandelt wert, dat se also vormanet 
vurden, ock orer egenen d6pe, de se entfangen 
hebben, unde war se dar vor eynen vorbund mit 
Christo gemaket. So wurde me mehr sonder 
twivel van tier d6pe Christi holden, besondergen 
wen de prediger ock darto dohn mit der pre- 
dige. Dat were denne de rechte d6pewyginge 
unde der d6pe rechte herlicheit unde wurde 
Christus bevehl rechte vorstanden. 

; = polnisch 
358 

1< Sprichwcrt, vgl. oben S. 310 bei Anm. 53. 



Braunschweig 

ken to rny karnen, unde wy offeren ern nicht 
eyne ko edder kalf, to nernen in syn rike {dat 
uns hyr nicht eyn gotlose rnynsche rnochte be- 
spotten), sonder eyne sele, vor welke Christus 
den dot hefft geleden irnme krutze unde syn 
blur dar vorgaten. 
Dat arrne kyndeken is in sunden entfangen 
unde hefft darurnrne syne gewisse vord0rnenisse 
by sick. Darumrne offere wy also datsulvige mit 
flitigeme gebede Christo, dat he id wassche 
rnit synerne blude unde dope rnit synerne hilgen 
Geiste; he wil id gerne dohn, he wet vol, dat 
wy id in sulken n0den nicht anders kOnen 
maken, unde vorsteyt unse christlike begehr, 
weft ock syne w0rde nicht konen vorl0chenen, 
darmede he uns so rychlick togesecht hefft 
gnedige erhOringe unser bede. 
Wen sulck den ltiden wurde geleret, so wusten 
se sick in sulkerne valle christlick to holden 
unde konden sick deste bet rnit sulkerne un- 
gelucken tofreden stellen. Wente id is eyne 
vtirlike meyninge, dat rne holt, dat rne sulken 
kyndern nicht kan christlick helpen. Wo vele 
beter were id, fiat me, wo gesecht is, rnit 
gudeme loven Christo also de kyndere bev01e, 
dewile vy so guden grund darto hebben. 
Sulke kyndere, de wy so Gade unde synerne 
Christo, unserne heylande, offerden, weren dar- 
urnrne nicht vorlaren, dat rne se nicht kan 
tot dope krigen. Wente de dope is uns nicht 
gebaden to geven den, de noch nicht gebaren 
synt, alse gesecht is; dat is uns overs gebaden, 
dat wy vor sulke alse vor andere notroftige 
bidden scholen unde twivelen nicht, wy syn 
erh0ret. Mit sulker wise doh vy by sulken 
kynderen, war wy konen nach Christus bevehle. 
Dat machstu ock sehn in den j0denk.vnderen. 
De rnegedeken wurden nicht vordOrnet, darurnrne 
dat se nicht besneden wurden; ock nicht de 
knechtken, de vorsturven binnen achte tagen 
na der b0rt, wente de besnidinge was en nicht 
gebaden. Also werden ock nicht vord0rnet unse 
ungebaren kyndere, darurnrne, dat se nicht 

konen tor dope kamen; wente de dope is en 
nicht gebaden, sonder den gebaren, so verne 
doch wy so Christo, alse wy konen, wo gesecht 
is, tobringen. Wente ane den Christurn is neyne 
salicheit. Wy wolden gerne, dat se tot dope 
quemen, overs Gade gev01t id anders. 
Wen wy Christene weren unde gingen umrne 
rnit Gades w0rde unde dern loven, so were 
sulken saken wol to raden, so verne, alse uns 
Gades wort underrichtet unde trOstet, wat wy 
nicht uth Gades w0rde konen hebben, dat rn0te 
wy em bevehlen. 
Van den scholen. 
Id is hillich unde christlick recht, alse gesecht 
is, dat wy unse kynderken Christo tor dope brin- 
gen. Overs, ach leyder, wen se upwassen unde 
de tidt kurnpt, dat rne se leren schal, so is 
nemand darheyrne. Nernand vorberrnet sick over 
de armen kyndere, dat rne se so lerede, dat 
se rnochten by Christo bliven, derne se in der 
dope geoffert synt. Nernand vorsiirnet gerne 
den kynderken de dope, alse ock recht is, overs 
wedderurnrne nernand gedenket, dat uns nicht 
alleyne bevalen is, de kyndere to d0pen, sonder 
ock, wen de tidt kumpt, to leren, alse gescreven 
is tovorn van der dope 25a. 
De gedoften kynderken leven in der gnaden 
Gades, alse Adam unde Eva vor tier sunden 
imrne paradise, weten nichts gudes noch b0ses, 
wowol se van unser sundliken nature halven 
to tome unde torne b0sen geneget synt. Se 
hebben de tosage Christi: Sulker is dat rike 
Gades. 
Wen overs de tidt kurnpt, dat se vornunftich 
beginnen to werden, so kumpt ock de slange, 
alse to Adarn unde Even, trade beginnet, de 
kyndere to leren alle undOget trade darto de 
vornuft darhen leyden, dat se lestere de artikele 
des christliken lovens unde vorachte den vor- 
bund, rnit Christo gemaket in der dope. Denne 
is id tidt, denne wert van uns gevordert, dat 
rne se leren schal; overs leyder, me h01t se 

25a Bugenhagens Sorge fiir das Schulwesen ist 
die Sorge des ,,bischOflichen Lehrers" urn 

eine christliche Jugenderz,_ehung, vgl. E. Wolf, 
S. 265 f. 

362 



Braunschweig 

kSpen-9, noch nemen se neyn gelt, sonder 
sweren, armSth to holden unde erneren sick 
doch unchristlick: etlike mit bedelye, alle mit 
bedregerye. 
Alle disse genSmenden ungelucken kamen 
hehr, dat wy vorgeten, ja ock nicht weten den 
vorbund, den wy gemaket hebben mit Christo 
in tier dSpe, dar wy gewasschet synt mit 
Christus blude, gehilget dorch den hilgen Geist, 
in welker gnade wy dar annemen to levende 
unde to stervende, bet dat imme jungesten dage 
unse dSpe vulkarnen werde; denne werde wy 
aller sunde unde alles 5vels ersten rechte 15s 
syn; underdes hefft de hilge Geist stedes mit 
den Christenen to schaffen, dat he se lere unde 
frim make, alse vy ock imme Vader unse bidden 
unde begeren, so wy id anders rechte veten to 
beden. Worumme were wy sulke unse gnade 
nicht unde vorgeten se, dat wy darna andere 
wege erdenken tor salicheit? Me denket nicht, 
dat me uns in Gades frtichte unde in tier er- 
kentnisse Christi uptehe nach Gades wSrde. 
Dorumme is hyr to Brunswig dorch den erbarn 
radt unde de ganze gemeyne vor alle andere 
dinge vor nSdich angesehen, gude scholen upto- 
richten unde dar to besolden ehrlike, redelike, 
gelerde magister unde gesellen 30, Gade deme 
almechtigen ton eren, tier jSget tome besten 
unde to willen der ganzen stadt. Darinne de 
arme unwetene jSget moge tuchtich geholden 
werden, leren de teyn gebot Gades, den loven, 
dat Vader unse, de sacramente Christi mit der 
uthlegginge 31, so vele alse kynderen denet. Item 
leren singen latinische psalme, lesen uth tier 
scrift latinische lectien alle dage. Darto schole- 
kunst, darfith me lere sulks vorstin. Unde 
nicht alleyne dat, sonder ock daruth mit tier 

tidt mogen werden gude scholemeystere, gude 
predigere, gude rechtvorstandige, gude arsten, 
gude gadesfruchtende, tuchtige, ehrlike, redelike, 
gehorsame, fruntlike, gelerde, fredesame, nicht 
wylde, sonder frSlike borgere, de ock so vortan 
5re kynder tome besten mogen holden unde so 
vortan kyndeskynd. 
Sulck wil Got van uns hebben, he wert ock by 
tms syn mit syner gnade, dat sulk wol gedye 
unde vSrtga. De JSden lereden ore kyndere in 
den htiseren unde hedden scholen in allen 
steden, de synagogen werden genSmet, dat se 
jo den Mosen wol lereden unde konden oren 
loven vorantwerden, alse de JSden noch na 
5rer wise 5re kynder leren. By uns Christenen 
is id jo schande, dat wy Christum nicht leren 
recht erkennen, in welken j doch gedSpet st; 
darto is id ock schade, dat wy de joget nicht 
laden leren sulke kunste, dardorch se darna sick 
sulvest unde der werlt denen kunden tor 
salicheit der selen unde to gudem regimente 
in disseme levende landen unde steden denende. 
Gerede sulck unse vlyt mit etliken nicht wol, 
so wurde he doch geraden in velen anderen. 
Eyn bSm, de vele guder appele drecht, schal 
nicht darumme afgehowen werden, dat twe 
edder dre appele wormadich sind. Dat gude 
mSt me nicht nalaten alarum, dat id an etliken 
vorlaren is. 

Latinische junenscholen. 
Twe gude latinische jungenscholen synt an- 
gesehn vor genSch, unde wowol id ringe is in 
sulker stadt, so wil me doch de beyden scholen 
deste ehrliker holden unde vlitiger mit gelerden 
magistern unde gesellen, dat de jSget sere wol 
dardorch vorsorget sy. 

29 Vgl. zu den opera supererogationis: Th. 
Simar, Lehrbuch tier Moraltheologie 3. 1893, 
S. 45 ff.; O. Schilling, Lehrbuch der Moral- 
theologie, 1. Bd., 1928, S. 189--198, ferner RE 3 
14, S. 417 f. 
3o Vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 56; F. Koldewey, 
Schulordnungen, S. XLVI. 

Ffinf Hauptstticke in dieser Reihenfolge mit 
kurzer Deutung sind auch schon im Btichlein 
ftir die Laien yon 1525 enthalten, vgl. F. Cohrs, 
Die ev. Katechismusversuche vor Luthers En- 
chiridion, 1. Bd., 1900. Monumenta Germaniae 
Paedag., Bd. XX, S. 200 ff., dazu ibid S. 178. -- 
Cohrs hilt es ftir mSglich, da Bugenhagen 
der Verfasser des B[ichleins ist, vgl. ibid. 
S. 176 ff. 

364 



Braunschxveig 

Van dem arbeyde in den scholen. 
Mit deme arbeyde unde 5vinge in den scholen 
schal id mit der tidt tome meysten geholden 
werden, alse Philippus Melanchthon hefft be- 
screven imme boke, dat dissen titel hefft: Under- 
richtinge tier visitatoren an de parnere etc. 
De kyndere schSlen gedelet werden in dre 
classes edder in dre parte46. De ersten synt de 
ringesten, de anderen de middelsten, de drudden 
de besten, alse in deme genSmedeme boke be- 
screven steyt. De ersten twe parte scholen 
geleret verden in beyden scholen. 
Dat drudde part, wen etlike darto gedyen 
roach leren alleyne to Sunte Marten; sulke 
jungen unde nicht andere mach de magister to 
Sunte Marten, wen de 51dern dat begeren, an- 
nemen, doch nicht ane dat ordel des super- 
attendenten, velk den jungen examineren schal, 
efft he ock in dat drudde part denet, dat deme 
rector to Sunte Catharinen nicht vat to vohr- 
range 46a gescheh edder nicht hader unde twi- 
tracht verde unter den beyden scholenmeysteren. 
Konde ock unde wolde de rector to Sunte 
Catharinen sulke gelerde jungen vortan leren, 
de in syne schole sus lange gehSret hebben, 
so sta id by der 51deren villen, de jungen dir- 
tolaten edder vechtonemen, doch also dat de 
rector darmede nicht vorsfime synen arbeyd, em 
vor de anderen twe parte der kyndern upgelecht. 
Sulck eyn drudde part der jungen wert me 
velicht int erste nicht hebben edder ganz wey- 
nich, doch mSt sulkes angehaven wesen. Velichte 
werden andere gesellen unde borgerkyndere, 
de tovorn studeret hebben, ock willen to sulken 
edder etliken lectien gin, de gelesen verden vor 
de jungen des drudden partes, alse imme ge- 
n6meden boke bescreven steyt, den schal me 
sulcks ock gerne gunnen. Synt se vormSgen, 
so mogen se darvor deme magistro wat in de 
kSkene schenken nach ereme willen. 

Alle vlit unde arbeyd in den scholen schal 
darto denen, dat de jungen jo wol werden ge- 
5vet, latinisch to leren, dat se leren wol lesen, 
recht scriven, vorst/in de autores, de en uth- 
gelecht werden, recht latyn spreken unde stedes 
versche unde epistolen maken. Id schadet ock 
nicht, dat me se up etlike tidt examinere unde 
hSre, wo se dfidesch reden, dat se nicht dat eyne 
int andere verpen unde unvorstendich redenetc.; 
dat kan me wol dohn, wen se mSten latinische 
sententien exponeren, darto helpet den jungen 
uth tier maten sere, so se ordentlike geschickede 
latinische epistolen maken, hie late se jo nicht 
leren reden edder scriven kSkenlatyn, so fro alse 
me id by en beteren kan. 
Disse 5vinge schal stedes waren, so lange dat 
se ock denen tot dialectica unde rhetorica, alse 
in deme genSmeden boke bescreven is 4; 
To rechter tidt roach me den, de darto denen, 
ock wol grekisch lesen leren unde dat Pater 
noster edder eyn capitel uth deme nyen testa- 
mente edder wat anders, dat kort unde licht 
is, grekisch vohrleggen unde mit der tidt nach 
tier grammatike etlike dictiones leren decli- 
neren etc.; doch dessulvigen nicht to vele, dat 
nicht de magistri 5re kunst bewisen ane frucht 
der jungen. Wente grekisch leren, ehr se wol 
geSvet synt imme latinischen, is by uns ganz 
vorlarene kost unde moye 48 
Desgeliken roach me en och hebreische bock- 
stave kennen und lesen leren, to hulpe, efft 
etlike van en darna in eyner hogen schole, dar 
de tungen geleret werden, darto geneget unde 
geschicket wurden, mehr van der sprake to leren. 
Me schal de kyndere unde de jungen nicht 
besweren mit deme, dat se nicht dragen kSnen, 
overs vlitich an_holden, latinisch to leren, alse 
in deme genSmeden boke bescreven is. 
In deme sulvigen boke steyt ock49, wo me se 
to etlike tiden mit Gades wSrde unde hilger 

46 Vgl. Unterricht der visitatoren an die pfarr- 
herrn im kurftirstenthum zu Sachsen 1528; 
Sehling I, S. 172 ff. 
46a  zum Nachteil. 
47 Unterricht d. visitatoren.. ; Sehling I, S. 172 ff. 
48 Vgl. Unterricht der visitatoren.. ; Sehling I, 

368 

S. 172. Dort vird es ganz vervorfen, daf die 
Jungen auger Latein noch Griechisch und 
Hebriisch lernen. 
49 Unterricht der visitatoren...; Sehling I, S. 173: 
Ein Tag ,,als sonnabend oder mitwoch" wird 
ffir die christliche Unterweisung angesetzt. 



Kirchenordnung 1528 

schole grin. De andere tidt scholen se 5ver- 
lesen, item den 61deren denen unde leren hus- 
holden unde tosehn etc. 
Van sulken juncfrauen, de Gades w6rt gevatet 
hebben, werden darna nutlike, geschickede, frS- 
like, fruntlike, gehorsame, gadesfrfichtende, nicht 
byl6vische und egenkbppesche hfismoderen, de 
6re yolk in tfichten konen regeren unde de 
kyndere in gehorsame, eren unde gadesfrfichten 
uptehn. Unde de kyndere vortan werden 5re 
kyndere ock so uptehn unde so vortan kyndes- 
kynd. Schal overs war darmank nicht xvol 
geraden, dat rest me Gade regeren laten. Wy 
scholen dat unse dohn, alse uns Got bevalen 
hefft. O, wo bbse were id, xven me sulke gude 
5rsake vor de unwetende jSget nicht vorderde. 
So 6vers eyn borger ganz arm were unde 
wolde syne dochter ock gerne leren laten, de 
spreke de vorstenderen der gemeynen kasten 
der armen to in syner pare, dat se xvolden sulck 
uthrichten umme Gades willen etc. 

Van den predicanten. 
An guder lere edder predigen nach Gades 
vorordeninge is id ganz gelegen, dat dat hilge 
evangelion Christi by uns gedye. Eyn gut bSm 
bringer gude frfichte, eyn bbs bSm bSse fr/ichte 
[Mt 7, 17]. Eyn gut prediger sorget vor de 
salicheit der mynschen unde prediget dat reyne 
wSrt Gades, alse den predigeren Christus bevalen 
hefft: Prediget dat evangelion (nicht mynschen- 
lere) allen creaturen [Mk 16, 15]. Daruth kumpt 
sonder twivel salicheit denjenen, de deme 
evangelion, dat geprediget xvert van Christo, 
gelSven, alse he secht [Mk 16, 16]: We gelbvet 
unde wert gedofft, de wert salich etc. Unde 
Paulus Rom. 1 [16]: Dat evangelion is eyne kraft 
Gades tor salicheit alleme, de daran gelSvet. 
Unde 1. Corin. 1 [23 f.]: Wy predigen den ge- 
kr/itzigeden Christum, welke predige is den 
JSden eyrie ergernisse, den heydenen eyrie nar- 
heyt, overs Gades kraft den JSden und heyde- 
hen, de beropen synt etc. Also gyfft uns de 
hlge Geyst den loven in Christum dorch de 
predige edder dat wort des evangelii. He konde 

wol anders den loven geven, overs id gevolt 
em unde vorordenet, dat wy en so scholen 
krigen. Van sulker frucht de predige spreckt 
ock Esaias imme 55. capitele [11], dat dat evan- 
gelion nicht vorgeves wert geprediget werden. 
Les dat ganze capitel. 
Eyn bbse prediger overs, welk is eyn bbse 
bbm, prediget neven deme evangelio unde deme 
namen Christi, dat he mit Gades worde nicht 
beschermen kan, leret mynschenlcren, welke 
Paulus 1. Timo. 4 [1] nbmet diivelsleren. Wente 
war nicht uth deme worde Gades is, dat is uth 
mynschliken herren bedacht, war daruth bedacht 
is alse gotlick unde hulplick tot vorgevinge tier 
sunden unde salicheit, dat is idel lbgene; 15gene 
overs is vamme dtivele, ven se ock schynet mit 
5ren uthgedichteden werken alse engelisch levent 
trade hillicheit, alse Paulus secht Col_ 2 [18]. 
Sulck eyn prediger gifft denne vohr grote 
logene, doch, alse Paulus secht: In hypocrisi, dat 
is mit kostlikeme schyne der engelischen hil- 
licheit und des engelischen levendes unde got- 
liker warheit, welk alle Christus nbmet schapes- 
kledere [.Mt 7, 15]. Gades wort is nicht dar, 
sonder mynschentand unde diivelslSgene. So 
heven sulke an unde vorbeden ehelick to wer- 
den; dar synt sere kSstele fruchte uthgekamen, 
dar Gade unde den lfiden vor grfixvet; me hefft 
id eyn engelisch levent genbmet etc. Se vor- 
beden ock spise, de Got geschapen hefft to 
netende mit danksegginge den lbvigen, de de 
wirheit erkennen, trade hebben mit sulker unde 
untelliker mehr mynschliker unde erdichteder 
rechticheit gemaket, dat Jesus Christus, de rechte 
unde eynige rechtverdicheit, uns van deme Va- 
dere geschenket, vor.unkelt is, also dat du 
vindest xvol emen stratenrbver, eynen ehebreker 
eynen wSkerer (ick svige der blinden hfichelere), 
de wol darf vor eynen ke*ter unde vordbmeden 
mynschen schelden eynen framen man, de des 
Frydages flesch eth, welk doch fry is unde 
is yon Gade nicht vorbaden. 
Se richten an mit 5rer predige vele hillicheit 
unde sonderlike gadesdenste, alse se meynen, 
overs Christus secht darvan Matthei 15 [9] uth 
deme propheten Esaia [29, 13 f]: Frustra colunt 

46* 371 



Braunschweig 

me etc. Ore gadesdenst is ganz vorgeves, dewile 
se predigen de leren unde de gebade der 
mynschen. 
Summa summarum, alle Ore predige, lere unde 
scrivent vOren se jr tome lesten darhen, dat 
se mogen bliven hilge patres unde werdige 
prelaten unde besondergen jr, dat deme groten 
gade buke nicht syn gadesdenst werde afge- 
braken unde vorvalle, Gades bade unde dat 
evangelion Christ mocnte lever vallen unde alle 
arme lode vorhungeren. Darvan Paulus secht 
Phil. 3 [17 ff.]: Volget my, leven brudere, unde 
secht up de, de so wanderen, a!se gy uns hebben 
tome vohrbilde. Wente vele wanderen, van 
welcken ick ju vakene 56 gesecht hebbe, nu overs 
segge ick ju ock venende, de viende des krritzes 
Christi; Ore ende is vordOmenisse, ore got is 
de brick; Ore ere xvert to schanden xverden, de 
up erdesche dink gesinnet synt, dat is, van 
Gades rechticheit weten se nicht, ja se vechten 
darwedder umme des bukes willen. Ore ere 
unde brick liden dat evangelion Christi nicht. 
Noch synt se upgeblasen imme synne 5res herten 
ande geven grote hillicheit vohr in den dingen, 
dar se sick sulvest nicht up vorstin, Colo. 2 [23]. 
Wente se bebben neyn gadesxvSrt to 5reme 
tandwerke unde 15genpredJge. 
By sulker predige, alse by 5ren frrichten, 
scholen de jungere Christi de falschen propheten 
erkennen, daruth klir wert, dat se synt gri- 
pende wulve; wente se gripen allent, wat se 
na sick halen k6nen, alle 6re predikent unde 
gadesdenst priset den groten got brick. 
Sulke frucht, dat is sulke predige, predigen 
de rechte predigere nicht, sonder dat evange- 
lion Christi, me geve en denne vele edder xvey- 
nich_ Redelike neringe is me en schuldich. 
overs se prediken darurnme neyne 16genpredige, 
wen me en nicht geven wil. Se hengen sick 
nicht an drivelsleren umme des bukes xvillen. 
Wil me se nicht ansehn, so xvert se Got wol 
andersvohr erneren, also ock Christus den apo- 
stelen bevalen hefft. 

Darumme to vormiden de olden unQe nyen 
vorv6rer, de nicht recht Gades w6rt den ltiden 
vordregen, sonder hengen an mynschenleren 
edder steken {under deme namen des evangelii} 
vul opinien unde mynschendanken, dar se lever 
scholden steken -ul gelovens unde sick laten 
benogen an der slichten varheit Christi. De 
to vormiden unde rechte evangelische predikere 
overtokamen, bedarve vy, dat wy van herren 
erstlick danken deme Vadere aller bermher- 
ticheit vor dat evangelion unses Heren Jesu 
Christi, sines leven Sones, uns so gnedichlick 
unde rycklick to dissen letsten tiden vedder 
apenbaret, daruth xvy erkennen ernstlick unse 
sunde, erd6m uncle hrichelye erkennen unde 
dorch den loven in Christum entfangen ock 
vorgevinge der sunden, synt ksndere Gades unde 
salich, erkennen, xvat rechte gude xverke synt, 
unde dat krritze edder gedult Gade wolgevallich. 
alse uns Paulus mit syneme exempel leret Gade 
rianken. Collos. 1 [12 ff.]. 
Darna schole xvy ock, alse uns Christus leret 
Matthei 9 [38], bidden den Heren der ernte, dat 
he arbe'deslride in syne ernte sende, dat is, 
dat he gude predigere uns wolde toschaffen, id 
is doch syne ernte unde nicht unse, overs he 
wil gebeden syn, des hefft he uns. Christus, sul- 
vest eyn trefflick exempel gegeven. Wente alse 
gescreven steyt Luce 6 [12 ff.], d6n he wolde 
ervelen de 12 apostel, bedede he tovorn de 
ganze nacht to syneme Vade up dem berge. 
So schole xvy ock bidden umme gude predikere, 
welke synt eyne eddele gave Gades. 
Unde wen id uns feylede, dat wy under den 
predigern, de vor gut verden angesehn, eynen 
heymeliken Judas kregen (wente eynen apen- 
baren schole wy, so vele by uns is, nicht liden), 
so wurde doch id Got also vorschaffen, dat sulk 
eyn vorreder unde valsch bruder deme evangelio 
nicht moge schaden dohn, xvente wy hebben em 
nach syneme w6rde mit unseme bede de sake 
bevalen, sunder tvivel, he vert id xvol uns tor 
salicheit rithrichten. 

56  oft. 

372 



l-clenordnung 1528 

Quackelpredigere hebbe wy gen6ch gehat, nu 
me overs wil gude predigere hebben, kan me 
kume eynen rechtschafenen treffen, alse Chri- 
stus sede [hit 9, 37]: De ernte is vele, der 
arbeydere is weynich. 
Wen wy overs also mit heymelikeme unde 
apenbareme van deme predickstole gebede Gade 
de sake, gude predigere to vorschaffen, bevalen 
hebben, so wille wy ock dat unse darto dohn 
unde laten id nergen ane feylen, dat wy sulke 
denere des wordes mogen oberkamen. 

Vam superattendenten unde synem hulpere. 
Vor alle dynk taste wy unde willen ock hebben 
eynen superattendenten, das is e3rnen upseher, 
deme mit syneme adjutor de ganze sake aller 
predigeren unde der scholen, so vele de lere 
made eynicheit bedrept, werde dorch den erbarn 
radt un2e de de --'e'a gemeyne darto vorordent, alse 
synt de schatkastenheren, bevalen, uptosehn, wat 
me leret unde wo etc. Sulck is van hogen nSden, 
wente wy willen dorch Gades gunst eyndrech- 
tige predigen nach deme wSrde Gades hebben 
5vet de ganze stadt, alse id ock van Gades 
gnaden is angevangen unde geyt imme swange. 
Wy willen nicht liden mit unseme wetende 
sekten edder partyen des w6rdes halven. Ock 
nicht liden mit valsche predigen wedder dat 
evangelion, dat is wedder de gnade Gades, uns 
dorch Jesum Christu.rn, unsen Heren, geschen- 
ket. Ock nicht wedder den bevehl unde in- 
settinge der dSpe unde des sacramentes des lives 
trade bludes unses Heren Jesu Christi, van 
Christo mit klaren worden ingesettet unde 
bevalen. 

Unlidelick schal uns ock syn sulke predige, de 
darhen denet, dat me der overicheit nicht scholde 
gehorsam s3rn. gelyck efft under den Christenen 
nicht scholden weltlike heren s3rn57. Wente 
sulke heren, alse by uns unse erbar radt is, 
konen wot dorch den loven vor Gade unse christ- 
like br6dere syn, dar is neyn ansehent der per- 
sonen. Overs nach 6reme ampte scholen se 
sick holden vor heren unde slan mit deme 
swerde, en van Gade bevalen, de unchristliken 
boven unde schelke up de k6ppe, dat is, se 
straffen na rechte. \Ven Got sulke overicheit in 
der werlt nicht vorordenet hedde, so were wy, 
unse wive, kyndere, gtidere etc. nergend seker. 
Darumme synt wy en schuldich schot, fruchte 
unde ehre. nicht alleyne darumme, dat se tins 
mochten straffen, sonder ock umme Gades wil- 
len, alse id Paulus fyn bescrivet Rom. 13 [1 ff], 
unde Petrus vormanet 1_ Pet 2 [13 ff.]. Alleyne 
wedder Gades w6rt schole wy nicht dohn umme 
der overicheit willen, wente dar is Got de h6ge- 
ste overicheit, alse Christus leret [Mt 22. 21]. 
dat me deme keysere geve, war deme keysere 
geh6ret, unde Gade, war Gade geh6ret, de schal 
alle3uae over unsen loven herschen, darby schole 
wy laten allent, wat wy sint unde hebben. In 
alien anderen dingen, wen uns to vele weft 
upgelecht, schole wy gehorsam syn etc. Drvan 
roach me ock mehr lesen in der Underrichtinge 
der visitatoren zu Sachsen etc. 5s unde in deme 
boke Von der xverliken 6vericheit 59 
De predikere scholen frylick sunde straffen, 
doch unvormerket de personen, xvente beteren 
scholen se unde nicht schenden. Wolde doch 
Christus den Judas nicht schenden made straf- 

'6a ,,de" fehlt in der Druckvorlage. 
5 Thomas Mfintzer erstrebte Beseitigung der 
Ffirstengewalt zu gunsten der Demokratie 
(vgl. K. Holl, Ges. Aufs. z. Kirchengesch. l 2.3, 
1923, S. 454 ff.), bzw. der Christusherrschaft 
(vgl. C. Hinrichs, Luther und hItintzer. 1952, 
164 f.). Zur resignierten Haltung der schwei- 
zerischen und sfidSeutschen Tiufer vgl. Holl. 
S. 458. Schwirmerische Ideen lebten nach 
1525 bes. unter den Anhingern Hans Huts, 
vgl. z. B. die Nikolsburger Artikel v. 1527: 
,,Bei den cristen menschen sol kein gewalt 

noch oberkeit sein." -- Aussagen yon \Vie- 
dertiufern 1527: ,,Wet ainicher obrigkeit ver- 
wandt ist, mag nit selig werden, soll man 
versteen, das kain obrigkeit sein soil." in 
Quellen u. Forschungen z. lqeformationsge- 
schichte 16 Quellen z. Gesch. d. \Viedertiufer, 
Bd. I1. 1934, S. 65 f. 
5, Unterricht d. visitatoren...; Sehling I, S. 155 ff., 
164. 
:"- Luther, \'on weltlicher Obrigkeit, wie weit 
man ihr Gehorsam schuldig sei. 1523. \VA 11, 
S. 245--280. 

373 



Braunschweig 

In der Advente twe xvekene des Mandages, 
Dynxtedages, Donredages unde Frydages. In 
den ersten vullen twen veken in der vastene 
ock so. In tier krtitzeweke 0 mit der navolgen- 
den veke ock so, ane des Heren hemmelvart- 
dach. Tve wekene na cler ernte, ehr me den 
hoppen afnympt, ock so 
Darumme moten de beyden predicanten den 
catechismum kort unde vorstendich vaten vor de 
simpelen, dat me den kan uthpredigen in den 
achte prediken. Dewile scholen de andere pre- 
digere stille holden unde rowen mit 6ren lectien 
edder werkeldageschen predigent; alleyne des 
Midewekens scholen se predigen in allen paren 
in den weken des catechismi. 
Wen overs sulke tidt kumpt, dat me des Man- 
dages den catechismum schal anvangen, so scho- 
len de anderen predigere in allen kerken des 
Sundages tovoren dat vorkundigen deme volke 
vamme predikstole unde vormanen, dat se schul- 
dich smt. to sulker predige 6re kmdere unde 
gesinde to senden etc. To sulke predige schal 
me em verndel stunde tovorne lfiden in den 
klosteren. 
Stunden overs schal me to den beyden pre- 
digen erwelen, alse me vormodet, deme volke 
unde gesinde nutte unde bequemelick to syn, 
de eyrie des morgens, de andere des avendes 
etc. 

Van der passien unde Pasdnentidt. 
Van Oculi bet up Judica de 14 dage lank 
scholen wedder ang,in de gemeynen lectien edder 
gemeynen predigen, van welken na wert ge- 
secht verden, unde scholen wedder uph6ren van 
Judica bet des Sondages na Paschen. 
Den Sundach Judica hefft me gen6met den 
Sundach des lidendes Christi. In der weke darna 
scholen de predigere in allen kerken up 6re 
gewonlike dage unde stunden predigen dat 
11. capitel Joannis van deme erweckeden La- 
zaro unde wo de Here vohrwiket in Ephrem. 

Des Sunnavendes vor Palmesundage under tier 
vesper werden predigen de superattendens unde 
de adjutor in 6ren wonliken steden unde stun- 
den, wo de Here villich wedderkumpt tome 
lidende unde vo he eth to Bethania unde vele 
volkes lopt to em uth Hierusalem, Joh. 12. XVente 
de historie is in Palmeavende, dat is des Sunn- 
avendes vor Palmedage, geschehn alse Joannes 
bettiget 
In Palmesundage tot messen schal me pre- 
digen vamme intage des Heren in Hierusalem. 
Des namiddages de epistole, des avendes wo 
etlike heydene den Heren volden sehn, Jo. 12 
[20 ff.], unde xvat he dede up den dach imme 
tempele, hIatth 21 [12 ff.]. 
De negesten dre dage up w6nlike stunden, ock 
des Middewekens under der vesper m6gen de 
predicanten prediken tith der passie van der 
historie, de done geschehn is vor deme guden 
Dunredage 71, war en wert gut dunken vor dat 
yolk. 
Up den guden Dunredach in allen paren des 
morgens vamme osterlamme unde deme sacra- 
mente des lives unde bludes Christi, van Christo 
up den dach ingesettet. Des namiddages, wo 
de Here Jesus den jungeren de v6te wasschet, 
Joarmis 13. Des avendes scholen de superatten- 
dens unde adjutor kort mit eyner summa repe- 
teren vamme sacramente unde v6tewasschende, 
darna ock kort, wo Christus hefft geredet van 
syneme vorredere unde wo vormeten de hiligen 
apostele synt gexveset, de noch nicht xmsten, 
war anvechtinge des dodes vor swarheit by sick 
hefft. Darup flitich prediken vamme bede unde 
grtiwelikeme angeste unde lidende des Heren 
imme girten [Mt 26, 36 ff.; Mk 14, 32 ff]. 
Up den stillen Frydach des morgens umme eyers 
sSvene, wen de scholere 6re psalme gesungen 
unde lectien gelesen hebben unde darto e)m 
dtidesch psalm gesungen is van der gemeyne 
edder sus alleyne dtidesch gesungen, w6r neyne 
schSlere smt, so schal em predicante up deme 

:0 Himmelfahrtsvoche. vgl. oben S. 154, Anm. 62. 7  Grtindonnerstag. 
378 



ttrcnenordnung 1528 

predickstole iith eynem boke lesen diidesch van 
5rde 7- to ende de passie des Heren, tosamende 
gebrocht iith den vehr evangelisten. He schal 
overs anvangen van derne, dat gescreven is, wo 
de Here is uthgegfin 5ver de beke Kidron up 
den Olienberch etc. unde lesen slicht den text 
fyn klar, beschedelick uncle vorstendlick, bet up 
de historie tier upstandinge des Heren He rnach 
wol anheven mit disserne titele: Dit is de passie 
edder dat liden unses Heren Jesu Christi, alse 
de vehr evangelisten dat hebben bescreven. DSn 
unse Here Jesus Christus rnit synen jungeren 
na deme aventetende den lavesank gespraken 
hedde, gink he uth, alse he plach to dohn, 5vet 
de beke Kidron an den Olieberch, unde syne 
jungere volgeden ern ha. Done sprack he to en: 
In disser nacht werde gy ju alle ergeren an my 
etc. 
Sulck is deme volke nutte rnehr, wen done 
me de passie lude sank, unde de prestere gin- 
gen darvan, de leyen overs vorstunden id nicht. 
Unde schal geschehn in allen parch. Sulck lesent 
overs wert wol eyrie gude stunde waren. 
Darna schal de predicante varnnrne lidende 
Christi leren unde vorrnanen eyne halve stunde 
lank, dat is gen6w. ,Vente dat unlustige lange 
passienpredigent, alse me plach to dohn, is nicht 
nutte. 
Up den narniddach in etliken kerken unde up 
den avent to Sunte Otilien unde irnnrne grauen 
klostere kan me wol rnehr seggen van den 
stucken der passien, ock des anderen dages up 
den rnorgen unde under tier vesper, ock is 
sus in den vorigen dagen geprediget van etliken 
stucken uth tier passien. Mit sulker wise wert 
nutlick de ganze passie iith den vehr evange- 
listen vohrgedragen. 
So etlike na tier passien in stillen Frydage 
willen cornrnuniceren, so geve rne dat sacra- 
mente, alse rne plecht des Sundages na der 
predige, wowol dat up den dach de rnissensank 
unde geprenge vor der predige nicht geholden is. 
De gepredigede passie is eyn gut geprenge tome 

cornrnuniceren. Wente Christus secht [Luk 22, 
19; 1. K 11, 24 f]: Sulck doht to rnyner gedecht- 
nisse, dat is, alse Paulus secht [1. K 11, 26], vor- 
kundiget rnynen dSt etc. 
In dern Paschen schal de ganze historie van 
tier upstandinge Christi deme volke vohrgedragen 
werden, de rnSgen de predicanten up den mor- 
gen, rniddach unde avent in den dren vyrdagen 
dehlen, deme volke to troste unde guder lere0 
wo se willen, ock etlike dexte darvan sick be- 
waren to predigen up de werkeldage in won- 
liken stunden bet up den Sundach. 

Van anderen tiden. 
Up disse wise is id ock gut, den leyen de 
historie slicht vortolesen, ehr rne dat evange- 
lion uthlegge, in andern festen, alse in derne 
Winachten de historie Luce 2, in des Heren 
hemrnelvart Act. 1, up Pynxten Actor_ 2 etc., 
ock dat me vakene in den predigen historien 
uth derne olden unde nyen testarnente invSre, 
wente sulk leret sere wol dat gerneyne yolk 
etc. 
Van der predige im vastelavende. 7 
Up guden Dunredach unde in derne Paschen 
hefft me stedes sunderge tidt unde 5rsake ge- 
hat, to predgen vamrne sacrarnente unde bicht; 
sulk is gut, so verne dat yolk werde vorrnanet 
vIittch rnit Gades wSrde, dat nernand tome 
sacrarnente ga urnrne tier tizlt willen edder 
urnrne des pavestes gebazles willen. Wente sulk 
is wedder Christus bevehl, welk bevehlet, va- 
kene, nicht alleyne up Paschen, so me wil, to 
eten syn lyff unde to drinken syn blut irnme 
sacrarnente to syner gedechtnisse. Sulk schal 
ock vakene gepredtget werden trade kurnpt to 
predigen irnnrne catechisrno. Is cloch gut, alse 
gesecht is, dat des jares alle man up eyrie 
sunderge tidt wete up sulk eyne predige to 
wfirden, besundergen up de tidt, alse Christus 
dat sacrarnente hefft ingesettet. 

7.o --- Anfang. 

z3 = Fastnacht 

. 379 



Braunschweig 

De adjur prediget des avendes umme seyers 
3 imme Paulerkloster des Mandages, Midde- 
wekens unde Frydages, so em dat to vele wer, 
so late he de frydagespredige anst_n. 
De predige edder lectie to Sunte Catharinen, 
to Sunte Peter unde to Sunte Ulrike schal syn 
de evangelista Mattheus. Wen de uthe is, so 
schal me Lucam wedder anheven. 
To Sunte Marten, to Sunte Magnus unde to 
Sunte Andrees schal syn de evangelista Lucas, 
wen de uthe is, so schal me Mattheum wedder 
anheven. 
Also scholen de beyden evangelisten in allen 
den gen6meden paren ummeschicht geprediget 
edder gelesen werden. 
De lectien scholen jo so gelesen werden, dat 
se deme gemeynen volke nutte syn_ Wente de 
predigere, de dar 6re kunst bewisen willen, 
schaffen mit der wise neynen framen. 
De superattendens neme to predigen den evan- 
gelisen Johannem, de adjator uth deme Paulo 
de slichtesten epistolen, de epistole Joannis 
edder ock de erste Petri etc. Unde wen de evan- 
gelista Joannes uthe is, so schal de adjutor 
en annemen unde de superattendente de episto- 
len etc. unde so wedderumme. 
Se alle werden eyn vordel hebben, de evan- 
gelisten deste ehr to endigen, wovol se sus 
lange waren willen. Wente wen text vohrvolt, 
de up eynen Sundach edder lest imme jare 
wert geprediget, so darven se men den text 
slicht lesen unde seggen, dat darvan up eyn 
anderml geprediget wert..Mit sulker wise dar- 
yen se ock neynen evangelisten wider lesen 
edder prediken, wen bet up de passie. XVente 
war mehr vortan in den evangelisten van deme 
lidende unde upstandinge Christi gescreven steyt, 
dat wert alle uth den vehr evangelisten ge- 
prediget in der stillen weke unde in der Pa- 
schenweke, also tovorne gesecht is. 
Villen 5vers sonderge saken vohr, de nSt 
weren to predigen, so konen de predicanten sulk 
wol in 5re Icctien mitbringen, alse mochte 

sunderlick erd6m edder schwermerye, edder me 
mochte sonderlick darvan predigen unde de 
lectien stahn laten etlike dage Sulk schal overs 
nicht geschehn ane grote apenbare n6t, darto 
ock nicht ane den ridt des superattendenten, 
wente den weft de sake allermeyst bedrapen 
etc. 
Baven alle scholen sick de predigere holden 
na der heylsamen vormaninge Sancti Pauli, in 
den epistolen an Timotheon [1. Tim. 2, 1 f.] 
unde Titon [Tit 3, 1] gescreven Se scholen vor- 
marten, to biden vor keyserlike majestat, vor alle 
fursten, vor unsen erbarn radt, up dat wy under 
en eyn rowelik unde stifle levent mogen vSren 
in aller gotsalicheit unde redelicheit. Wente in 
krige vorvolt dat evangelion, gude lere, alle 
ere unde tucht, gude sede unde eynicheit, darto 
alle screvene unde landrechte. 
Ane dat scholen doch sus de Christene stedes 
bidden Got, 6ren leven Vader, dorch Jesum 
Christum in aller lives unde der selen anliggen- 
der n6t vor sick unde vor de anderen Dartho 
scholen de predikere se jo vlitich leren unde vor- 
m anen. 
Item ock vormanen de riken unde de hand- 
werkeslfide, dat se van 6reme gude, 1. Timo. 6 
[17 ff], unde van 6reme arbeide, Ephe. 4 [28], 
leren unde sick gewennen, den notroftigen to 
denen. 
Item vormanen dat yolk to gehorsame der 
overicheit, alse Paulus dat bescrivet 1Rom. 13 
[1 ff.], unde dat se undereynander frede unde 
eynicheit holden unde haderen nicht, laten sick 
gerne in twedrachtigen saken dorch andere 
frame lfide vordragen, id koste war id koste. 
E)-nicheit unde frede is beter wen aller werlde 
gut etc. 
To sulken saken unde allen andern christenen- 
leren hebben de predicanten eyrie kostlike unde 
christlike underrichtinge imme boke, dat Phi- 
lippus Melanchthon bescriven hefft, nicht mit 
syneme namen, sonder mit disseme titele: Under- 
richtinge der visitatoren an de parnere etc. 79 

79 Sehlin4 I, S 149 ff 

382 



Braunschweig 

hSre. Darto wfl eyu erbar radt ock sulks vor- 
beden, dat id nicht geschehe under der predige, 
besundergen in sulken steden, dar sulks mochte 
by der kerken gehSret werden etc. 

Vain wyiende. 
Water, viir, lichte, krudere und awet89 
unde dergeliken wille wy nicht mehr wyen 
laten, vente sulke creaturen sint van Gade 
gut geschapen, eyrie jewelike to synem bruke, 
Gen 1 [10 12], Ecclesiastici 39 [Prd 9, 7], uncle 
sind van Gade gewyet unde hilget den 15vigen, 
1. Timo. 4 [4 f.]. Darumme bedarven se unser 
hilginge unde wyginge nicht. 
Overs de mehr wyen konen wen dat evan- 
gelion prediken, wen se sick nicht mehr be- 
schermen konen mit 5rer gewinheit, sonder me 
vordert van en Gades wSrt, so spreken se: 
Secht doch Paulus, de creature wert gehilget 
dorch dat wSrt Gades unde dat gebet. Overs 
beter text konde nicht wedder se upgebracht 
verden. 
Paulus secht dar, dat diivelsleren werden vor- 
beden den eheliken stand unde spise. War 
dat vor liide synt, is nu amine dage: he meynet 
allermeyst den eheliken stand der prestere 
edder bischoppe unde der diaconen, darvan he 
balde in-,me vorigen capitele gesecht hefft 
Vorta_n secht he: De spise hefft Got geschapen 
to netende mit da_nksegginge den gelovigen unde 
den, de erkennen de warheit, dat alle creature 
Gades gut is unde nichtes is to vorwerpen, dat 
me netet mit danksegginge. 
Dar hSrestu wol. dat he secht van der schep- 
pinge Gades unde vamme bruke edder netende 
tier creaturen, dat me de creaturen darto bruke, 
dar se Got to geschapen befft, unde schal Gade 
da, rvor da_nken, dat he uns sulke creaturen ge- 
geven hefft to sulkeme bruke. Also mSge wy 
wol eten des Frydages flesch, wente flesch is 
e=ne gude creature Gades, geschapen to ne- 
tende, unde wy da_nken em darvor, dat he uns 
des Frydages nicht nSt let liden, sonder gifft 

uns eyn stucke flesches to eten; gifft he uns 
eynen guden verschen heket 90 oder ock men 
clrSge brSt, so wille wy em ock danken unde 
willen ganz nichts vorwerpen. 
Dfivelsleren overs lesteren Got in den crea- 
turen, doch in hypocrisi, flat is, mit eynem 
schine der hillicheit, unde schelden sulks vor de 
grSteste ketterye. Darumme secht Paulus: den 
gelSvigen uncle den, de erkennen de warheit, 
darmede he klar to vorstande gifft, dat de, de 
sick willen smucken, alse de dullen jtmcfrauen, 
gelick alse in einem engelschen levende 
vorbedencle der spise unde ehelick to werden, 
synt liide ane geloven unde de nicht kermen 
Gades warheit, de alleyne gekennet weft uth 
s=nem worde, wen me deme gelSvet. Darmede 
he ock unweddersprekelick bediidet, wat dat vor 
liide synt, dar he dat capitel van anfenget unde 
secht [1. Tim 4, 1]: Etlike werden aftreden 
vamme loven. 
Christenelove is eyrie hertlike tovorsicht up 
Gades gnade unde bermherticheit dorch dat vor- 
denst Christi. Disse overs hebben 5re tovorsicht 
unde vorlaten sick up 5re engelische levent, 
Col. 2 [18 ff.], dat is, dat se nicht ehelick synt 
unde eten neyn fleysch, unde id were lidelick 
unde nemande schedelick, wen se id alleyne so 
helden trade nicht mit diivelsleren sulck ock up 
de andern drengeden; xve sulken diivelsdreck na 
erkanten warheit des evangelii afverpt, de rest 
de groteste ketter syn unde de kan nicht salich 
werden, alse se seggen. Wo konden se doch 
Christum grotter lesteren, de spreckt: We an 
mick nicht 15vet, de is al vordSmet, Jo. 3 [18]. 
Lat se wasschen, wat se willen, se bliven mit 
der wise doch men unlSvige unde kamen nicht 
tor warheit, se maken doch nicht mehr van 
5ren mynschentande wen diivelsleren, de text 
is klir. 
Wen se sick schSne maken mit aller 5rer 
dichteder hillicheit, so sleyt se Paulus Tit. 1 [15] 
mit dissen wSrclen nedder: Den reynen is alle 
clink reyne, den tmrenigen overs unde un- 

89 _-- Obst. 

' ---- frischen Hecht. 

386 



Braunschweig 

ane dat sulck alles erdichtet is wedder de gnade 
unses Heren Christi, de nympt alleyne de sunde 
wech. unde wedder dat christlike bet, darmede 
wy scholen anr6pendorch Christum unsen leven 
Vader in allen unsen n6den lives unde der selen. 
Dat helpet in den saken un'Je neyn xvater, viir, 
krrit, wente sulke creaturen synt van Gade to 
sulken saken nicht geschapen unde gegeven 
edder bevalen. 
Gelyck alse wen du eyer santeldest 97 mit 
allen hilgen w6rden unde lesest alle evangelia 
dar6ver, so denen se doch nicht to bussen- 
steynen os, wente eyere synd van Gade to sul- 
keme gebruke nicht geschapen, sonder kiikone to 
bringen edder to eten, unde du sundigest, dat du 
also misbruket Gades evangelia unde w6rde, 
unde dyn bet is nicht andecs wen Gades spot. 
Du danksagest ock Gade nicht, dat he dy de 
eyer hefft geschapen to netende, sonder du 
woldest gerne xvat anders daruth maken, wen 
Gott hefft gemaket 
Also ock wen du segenst unde santelst unde 
vele kriitzen makest unde hilge w6rde lesest 
over vrir, xvater, krudere, awet. lichte 99, so 
werden sulke creaturen doch nicht denen to 
eyneme anderen bruke wen dar se Got to ge- 
schapen hefft unde gegeven. Dat andere is idel 
misloven unde unloven unde sundigest sverlik, 
dat du Christus evangelia darto brukest, de 
gegeven synt nicht, andere creaturen anders to 
maken wen se Got geschapen hefft, sonder des 

mynschen herte dorch den loven reyn to maken 
unde van kyndern des drivels maken kyndere 
Gades dorch Jesum Christum, unsen Heren. 
Westu nicht, dat de drivel ock eynrnil 
Christum up de steyne wisede, dat he scholde 
se mit smeme w6rde maken, dat se deneden to 
eten [Mt 4, 3], dat is, to eyneme andern brake, 
wen Gott de steyne geschapen hedde, he wolde 
en gerne mit eynem hilgen schyne up 16gene 
made duvelsleren gebracht hebben, dat he 
scholde Got gelestert hebben mit sulken alse 
hilgen v6rden: Alvelclige Got, du vest wol, 
dat mick hungert, so bidde ick dy, du woldest 
desse steyne segenen, dat se darto denen moch- 
ten. dat ick den hunger mede sturede. Ick danke 
dy, dat du my hest steyne geschapen toetenetc. 
Christus hedde vol van steynen br6t maken 
konen, he wolde uns overs e,m exempel geven, 
dat xxB, der creaturen nicht scholen misbruken 
unde Got nicht bek6ren 99a wedder s.men willen. 
Item dat xxW deme exempele na in allen unsen 
n6den nicht trriwen up de creaturen, se synt 
denne vorhanden edder nicht, sonder alle.me 
up Gott 
Wen ick bidde, dat krudere scholen denen 
to suntheit lives under selen, is even so vele 
alse xven ick bedde, dat steyne scholen to eten 
denen Id is nicht uth deme loven gebeden. 
ven id ock noch so gude woede weren Wente 
neyn xvort Gades hefft id uns bevalen, dat wy 
krudere darto m6gen bruken Ja id is stracks 

aufbevahrt, auf Saatfelder gesteckt, hinter 
die Krippen der Viehstlle gelegt und bei 
Gewitter am Herdfeuer verbrannt, vgl. ibid. 
Bd. I, S. 407. -- Den geweihten Kriutern 
schrieb man nicht nur ribernatrirliche Heil- 
krifte gegen alle mSglichen Krankheiten zu. 
sondern legte sie auch den Kindern nach der 
Taufe ins Bett (besonders Orant und Marien- 
stroh}. In den Rauchnichten steckte man 
Kriuter unter das Kopfklssen gegen Hexen- 
gefahr, vgl. ibid Bd. I, S. 407. -- Vom Bier 
wurde angenommen, dab es besondere Anzie- 
hungskraft auf Teufel und Hexen ausribe und 
allerlei Zauber ausgesetzt wire. Kriuter wur- 
den besonders bei Gewitter verwandt im 
Glauben. alas Bier dadurch vor dem Sauer- 
werden zu schiltzen. Vielfach wurden sie ein- 

fach oben auf das Fall gelegt, vgl. H. Bich- 
told-Stiubli, Handw6rterbricher z. dtsch. Volks- 
kunde, Abteil. 1: Aberglaube, Bd. 1, (1927}, 
S. 1259 ff. 
97 santeln ----- heiligen 
9s = Brichsensteinen. 
99 Vgl. zu Feuer-, Wasser-, Kriuter- u. Kerzen- 
weihe oben S. 136 ff. u. Anm. 77 ff. Zur Weihe yon 
Obst, besonders Weintrauben, aber auch Aep- 
feln u. a., A. Franz, Die kirchlichen Benedik- 
tionen, Bd. I, S. 372 ff. -- Vgl. Rit. Rom. I, 
Benedictio novorum fructuum: Tit. VIII, Cap. 
XVII, S. 293; Benedictio super fruges et vineas: 
Tit. VIII, Cap. X, S. 286; Rit. Rom. II, Bene- 
dictio uvarum: Benedictiones non reservatae 
38, S. 501 usv. 
99a --- versuchen. 

390 



Braunschxveig 

De uns ock, wen se uns den kelck des Heren 
vorbaden hebben, hengen an 6re gotlose un- 
christlike rnissen, welke nicht anders synt wen 
eyn gotlose rnisbruck des sacramentes, wen me 
se richten wil unde kan nach deme bevehle unses 
Heren Jesu Christi, alse he bevalen hefft, dat 
sacrarnente to brfiken synen jungeren, dat is, 
synen schbleren, de van em leren willen, allen, 
de dat evangelion Christi gerne hbren. Andere, 
dat synt syne jungere nicht, se hbren lever 
dtivelsleren, de mbgen denne varnme sacramente 
maken, wat se willen, wen se dat hilge evan- 
gelion nicht liden konnen. Se hebben rnit deme 
misbruke des hilgn sacramentes to sick ge- 
tagen van framen heren unde fursten lande uncle 
gudere unde gelt der burn unde borgeren, unde 
tier monneke betdelye is neyn ende geweset. 
Dat synt de lfide, de nu datevangelion anstinkt, 
uncle synt neyne grote haters unde vorvolgers 
des evangelii up erden wen sulke dulle hilligen. 
Id synt jo neyne Christene, de vorbeden, war 
Christus fry let, vele ringer synt de Christene, 
de vorbeden, xvat Christus gebaden uncle be- 
valen hefft. W6r is denne 6re vorrbrn? 
Dewile wy hyr geredet hebben van den crea- 
turen, alse Paulus darvan secht, dat se to neten 
synt, alse se Got geschapen hefft, mit dank- 
segginge, so schollen unse wbrde nicht ock ge- 
redet hebben edder vorstanden werden wedder 
de mirakele, de Got dorch hilge predigere gedin 
hefft, dat de unlovige de predige scholden an- 
nemen. Andere mirakele, tier me vele gelagen 
hefft, synt nichts weft; me wet wol, wo Christus 
unde de apostele rnirakele gedin hebben, Got 
richter neyne g6kelye an, darvan sick de lfide 
mochten rbrnen uncle vor grote hilgen geholden 
werden. 
Nu rneyne xvy, id sy jo klir, dat Paulus redet 
[1. Tim 4, 4] vamme rechten brake tier crea- 
turen, dar se Got uns to geschapen unde ge- 
geven hefft, darvohr wy em danken scholen, id 
sy eyne fraue edder spise edder war anders, 
des wy mit Gade bruken uncle nicht mis- 
b ruken. 
Nu volget xvider in den worden Pauli 
[1. Tim 4. 5]: Wente de creature wert gehilget 

dorch dat wbrt Gades unde dorch dat gebet Dat 
synt w6rde, darmede de duvelsleren 6re mennige 
wyent gerne wolde smucken, dat se mochten 
6re lbgene bescherrnen in hypocrisi, dat is, under 
deme schyne des vordes Gades, overs id is jo 
to klar wedder se, alse gesecht is. Doch wille 
wy ock darvan reden. 
Se spreken: Wy lesen Gades w6rt over den 
creaturen unde beden, darumme werden se hil- 
lich, ai-e Paulus secht: De creature wert ge- 
hilliget dorch Gades w6rt unde dorch dat gebet. 
Hyr frage vy, w6rto? Wbrto wert se ge- 
hilliget edder is hillich7 Edder weme wert se 
edder is hillich7 Is de text nicht klir: Alle 
creature is gut unde van Gade geschapen to 
6reme bruke, nicht to misbruke edder t6verye 
edder to anderem dinge, dat Got nicht bevalen 
hefft. Dar h6restu, xvorto de creature gut, reyn 
unde hillich is, dat me se schal bruken na Gades 
willen. 
Weme 6vers is se hillich, reyn unde gut? 
Den 16vigen unde den, de de wirheit erkennen, 
xvente den unl6vigen unde unremen is nichts 
reyn, 6re synn unde conscientie is nicht reyn, 
se hebben darinne eyn scnendicn brandmal, wo 
engelisch dat se ock schynen vor der werlt. 
So secht Paulus van der hillicheit, dat de 
creature hillich xvert unde hi!lich is nicht in 
sick, xvente se kan nicht beter xverden, wen se 
van Gade geschapen is, wen du ock de ganze 
biblie over se lesest uncle hundertdusent Pater 
noster over se bededest; wen de k61 tobrant is, 
so blifft he wol tobrant, xven du nettele lange 
santelt best, so brent se doch noch, id were 
denne, dat du dorch Got eyn mirakel kondest 
dohn alse Eliseus dede, 4. Reg'. 4 [2. Kbn 4, 38 ff.]. 
Gades creaturen werden ane Gades bevehl ne,me 
andere nature gewynnen baven de, de en Got 
ingeschapen hefft. 
Wo wert se denne hillich? Antwort: to bru- 
kende mit danksegginge den 16vigen, de erken- 
hen de wirheit. Sus is de creature, wat se 
is in sick. Se xvert overs geh,_lget tome hilgen 
gebruke, etliken ock xvert se unhillich unde un- 
reyn, de nicht vorstin unde 16yen konnen, xv6rto 
Got de creature geschapen hefft, unde maken 

392 



Kirchenordnung 1528 

ick sunde dorch de gude creature, dorch welke 
eyn lbvige Gade danket unde en priset. 
Eyn lbvich prester bedarf eyner frauen, 
so wet he wol de wirheit, dat eyne fraue 
eyrie gude creature Gades is, geschape 
deme manne to hulpe, unde bidder Got, dat he 
em wolde eyne toschaffen, xvente mit hurye 
unde ehebrekerye wil he neyne hebben, unde 
wen he se kricht, so danket he Gade darvohr. 
Dar is Gades wbrt, dat he roach eyn ehevyff 
hebben, alse ock Paulus van den diaconen unde 
prestern secht [1. Tim 3, 12; Tit 1, 6]. Dar is 
dat gebet unde danksegginge umme den rechten 
gebrtick des wives nach Gades willen unde 
ordeninge. Darumme is dat ehewyff to deme 
gebruke deme prestere, 6reme ehelikeme manne, 
hillich, also dat em dat neyne sunde is. 
Dat wyff roach sus wol unhillich dorch 6ten 
ungeloven syn by sick sulvest, a!se ock Paulus 
klir spreckt van sulker hillicheit des gebrukes, 
wowol de mynsche nicht in sick hillich sy, des 
denstes }vy gebruken, unde secht 1. Cot. 7 [14]: 
De unlbvige fraue is gehilget dorch den 16vigen 
man. Dat is darumme, dat de man hillich is, is 
em ock dat wyff hillich, vowol dat xvyff un- 
lbvich unde unhillich in sick is, he stmdiget nicht 
mit ehr, sonder se is em jo so hillich tome ehe- 
liken stande, alse eyrie gel6vige fraue mochte 
syn, darumme schal he se nicht vorlaten, so 
verne se gerne wil by em syn. 
Overs eyn ungel6vich prester, de ock eyner 
frauen bedarf (wente alse Christus secht Matt. 19 
[11 f] unde Paulus 1. Cor. 7 [7 ff.]: id is nicht 
allen gegeven van Gade, dat se reyne konnen 
leven uth deme ehelikeme stande), ven me deme 
secht, dat he schal nemen eyrie ehelike fraue 
mit Gade unde leven nicht wedder Got, so 
segent he sick alse vor de allergrotest ketterye 
unde achier lideliker to syn hurye, ehebrekerye, 
unreynicheit, van Gade vorbaden, wen eyn ehe- 
wyff to nemen nach Gades scheppinge unde 
ordeninge. Deme is eyne ehefraue nicht hiIlich, 
wen se ock hiIIich dorch den loven in Christum 
in sick were, se is em unreyn, wente he sulvest 
is van herten unreyn. 

We hefft doch den man in sulke blindheit 
.weder Got gev6ret? De diivelsleren hebben em 
eyn brandmil gemaket m de conscientie, dat 
he nicht 16vet, dat Christus, de allc sunde wech- 
nympt, den 16vigen ock kan wechnemen unde 
togeven dat unchristlike 16ffte, dat wy in un- 
wetenheit nicht na Gades w6cde, sonder na den 
dfivelsleren, de vorbeden, ehelick to werden, 
gedin hebben. Darumme kan em ock dat alder- 
hilligeste wyff nich hillich syn, wente he is 
nicht gel6vich, kennet nicht de warheit, Gades 
wort [is] nicht by era, darumme bidder he ock 
Got nicht, dat he eyn wyH krige, kan em ock 
nicht dankseggen darvohr, sonder lestert lever 
Gades ordeninge upper allerh6geste unde lever 
ock heymelick edder apenbare darwedder 
Desgeliken eyn 16vich man unde eyn unl6vich 
edder tome ringesten eyn swackl6vich kamen 
des Frydages by eynen disch unde krigen vor 
sick eyn stucke fleschs, deme eynen is dat 
fiesch hillich dorch dat wbrt Gades unde gebet, 
deme anderen is id nicht hillich, wen ock alle 
Benedicite unde de passie des Heren unde alle 
evangelia und alle bede darSver gelesen weren, 
wente he hefft nicht Gades wort, dardorch he 
mochte erkennen de warheit, dat nichts to vor- 
werpen is, war me van Gade annympt mit dank. 
segginge. Sulke, wen se dat evangelion vor- 
lestern unde willen nicht id predigen h6ren, 
schole wy vorachten, alse Cttristus leret Mat. 15 
[7 ff. 14]. Der swacklbvigen overs schole xvy 
schonen unde nicht ergeren, solange se id vor- 
stfin konen, alse Christus leret Matth 18 [6. 10] 
trade Paulus Rom. 14 [1 ff.]. 
Also schaltu ock van allen creaturen vorstan, 
de uns Got gegeven hefft to brukende, dat se 
hillich synt to brukende den lbvigen, de se 
annemen alse kyndere uth 6res leven Vaders 
hende, unhillich overs den tml6vigen, de vamme 
loven synt afgetreden; de seggen, beh6de my 
Got, scholde ick des bruken etc. Col. 2 [16 ff_]. 
Is id nu sunde, sulken unloven to hebben, 
dat me sunde maker uth deme gebruke der crea- 
turen, so is id ock ane twivel sunde, de crea- 
turen darto bruken, darto se Got nicht vor- 

9 393 



Braunschweig 

ordenet hefft, unde noch mehr sunde, dat me 
sulken misbruck mit Gades worde wil smucken 
unde vor hillich holden, alse wy misbruket 
hebben de creaturen mit deme wyende, dat se 
w6r anders scholden to denen, wen dar se Got 
to geschapen hedde. 
Unde wen me ock datsuIvige wyent mochte 
recht gebruket hebben, alse wy Benedicite unde 
Gratias  lesen over unse kost, de vy eten willen 
unde wille nicht darmede toveren edder wat 
anders uthrichten, so hebben doch de prestere 
den leyen nicht dtidesch vohrgelesen, dat se 
rnochten vorstan, wat me dar makede, ock 
hebben se dat yolk wedder den misbruck unde 
ungeloven des wyewaters, des Tekrudes etc. 
nicht vormanet, sonder lever darto geholpen. 
Darurnme lep dat vo!k ane loven des wordes 
Gades darto unde quam ock ane loven wedder. 
Nu vorsteystu wol, wo de creature, van Gade 
gut geschapen, gehilget werde, nicht in sick, 
sonder tome gebruke des ISvigen, alse gesecht is. 
WSrdorch7 Dorch dat wSrt Gades unde dorch 
dat gebet. 
Dat w6rt Gades het hyr nicht, dat du xvult 
de hilge w6rde rnisbruken, dar se nicht to ge- 
geven synt, wen du evangelia lesest unde de 
passie, so helpet id deme krude edder schnnken 
nicht, id is eyn grot misbruck Ock eyn gebet 
to Gade het nicht, dat ick wil misbruck edder 
ock unn6dige dink bidden. Wente dat leret uns 
dat Vader unse nicht, dar doch inne begrepen is 
van Christo unseme meystere allent, xvat T 
bidden scholen Urm6dige unde ock tome dehle, 
alse gesecht is, unchristlike dink synt de ge- 
bruke des wyekrudes, wyewaters etc. unde ne- 
men doch darover in unse mund unnutte gades- 
namen wedder dat andere gebot Gades. 
Gebet overs het, dat wy Got unsen leven 
Vader dorch Christum anropen in unsen n6den 
lives unde der selen Gades w6rt het overs, 

dat du to deme gebruke der creaturen Gades 
bevehl hast, dat du mogest spreken, dat ick 
eyne fraue hebbe, dat ick flesch ere, is recht, 
wente ick hebbe Gades w6rt unde erkenne de 
warheit, der ick geloven geve, dat alle crea- 
ture gut sy van Gade geschapen, to netende 
edder to brukende mit danksegginge. Unde 
Christus secht [Mt 15, 11]: War in de mund 
geyt, dat beflecket nicht den mynschen. Unde 
Paulus secht [1. K 7, 2. 9. 7; 1. Tim 3, 2. 12; 
Tit 1,6; 1. Tim 4, 1 ff.]: To vormiden hurye, 
schal eyn jewelick syn wyff hebben. Id is beter 
to fryen wen bernen, eyn jewelick hefft syne 
gave van Gade. Eyn bisschop edder prester 
uncle diaken schal men eyn wyff hebben Duvels- 
leren werden id vorbeden Unde Got sprack 
[Gen 2, 18]: Id is nicht gut, dat de mynsche 
alIene sy, wy willen em eyne hulpe maken 
em gelick. Dar hebbe ick Gades wSrt. Deme 
schoIen wiken alle rnynschenleren unde duvels- 
leren, wen ock eyn engel uth deme hemmele 
darxvedder sede {dat wert nlcht geschehn), so 
moste jo id wedder Gades wSrt nicht geIden, 
also ock Paulus dryste secht Gala. 1 [8]. 
WSr hebben se eyn wort edder bevehl Gades 
to 5reme waterwyende, krutxx.-ende etc., dat se 
willen seggen: De creature wert hillich dorch 
dat wort Gacles? Edder wor is eyn wort Gades, 
dat segge, dat wyewater wechneme edder af- 
wasche degelike sunde, erquicke de selen up 
deme kerckhave, vordrive de dtivele uth den 
htisen. Item dat vyet krtit uncle wyede lichte 
denen wedder dat unweder? Is nen w6rt Gades 
dir, so kumpt dat alle uth mynschendanken 
unde duvelsleren. 
Wider hastu darto neyn wort Gades unde 
bevehl, wor is denne dat gebet En gebet 
schal syn eyn gebet des lovens. Hestu neyn 
wort Gades darto, so xvestu nicht, efft id 
Gade behaget, darumme werstu twivelich syn, 

Die Tischgebete Benedicite und Gratias, die 
Luther nachher auch in seinen K1. Katechis- 
mus aufgenommen hat {vgl. Bek. Schr. S. 522 f.}, 
lagen in reforrnatorischer Bearbeitung auch 
schon im Bfichlein ffir die Laien von 1525 

vor, vgl. F. Cohrs, Die ev. Katechismusver- 
suche vor Luthers Enchiridion, 1. Bcl., 1900. 
Monumenta Germ. Paed., Bd. XX, S. 216 f., 
dazu S. 176; ferncr vgl dazu WA 30 I. S. 559. 

394 



Braunschweig 

daruth gemaket unde nicht laten bliven, alse 
id frame lude ersten gevunden unde gemaket 
hebben. Wente de olde name, dat id bet pro 
pace, viset na, dat id angevangen is, dSn in 
dissen landen vele kriges is geweset, dat me 
scholde in allen htisen unde up deme velde 
bidden umme eynen tidliken frede. 
To sulkeme bede unde vor de overicheit scho- 
len de prestere vlitich vgrmanen nicht alleyne 
to beden, wen me ltidet, sonder ock sus, alse 
de Christene vor sulke unde andere nSde lives 
unde der selen vor sick unde vor de anderen, ock 
vor 5re vyende schuldich synt to beden. 

Van den kosteren unde organisten. 
In jeweliker kerke bedarf me nu nicht mehr 
wen eynen kosher, de upslute, ltide de klocken, 
drege water in de dSpe, sy by deme altare, 
schaffe brSt unde wyn etc. De schal den predi- 
canten gehSrsam syn unde en nicht under ogen 
murren, sonder dohn in der kerken, wat seem 
heten, unde halen in nSden de predicanten, wen 
se synt uthgegin. Deme schal me totellen unde 
geven jeweliken pennink, den he vorlonen mtit 
den kleckeneren Darto schal me em bestellen 
unde toseggen eyn redelick lohn vor synen 
arbeid, dat he wete, worup he denen schal unde 
der kerken vorplichtet syn_ To allen predigen 
scholen de kostere eyn verndel stunde tovorne 
ltiden nach bevehle der predicanten Wen se 
weddermurren, unwillich syn unde sick to sulken 
densten beschwerlick maken, so late me se 
varen unde neme andere etc. 
Dewile ock nicht unchristlick is orgelspil, alse 
imme psaltere steyt [150, 4] 8, wen me nicht 
bolenlede, sunder psalme unde geistlike senge 

spelet, schal eyne jewelik kerke 5rem organisten 
toseggen etlik lohn, dat he wete, dat he up 
sulken denst to wirden vorplichtet sy. 

Van der librye. 
De librye by Sunte Andrees 9 sehaI me nieht 
vorvallen laten, sonder lever mit tier tidt vat 
guder bSke mehr upsehaffen, besundergen sulke, 
de alle man nieht maeh to betalen, alse alle 
bSke Augustini, alle Ambrosii, alle Hieronymi 
ete Wente wowol me alle doetores rest riehten 
na der hilgen serift, alse se sulvest hebben be- 
geret unde gescreven, so vallen doch to tiden 
etlike saken vohr, dar me se sonderich to be- 
darf etc. Disse librye mit 5reme tobeh6re schal 
allen schatkastenheren in allen paren bevalen 
sm. 
Van den festen. 
Dewile xvy weten, dat unse conscientien an 
neme dage edder feste gebunden synt, alse 
Christus vakene leret wedder den Sabbet unde 
Paulus Colo. 2 [16], unde ock sehn, dat vele 
in den hilgen dagen supen, slSmen, howen, sln, 
spelen, lestern Got, nemen de nacht darto, ock 
wol den navolgenden dach to vorderve lives 
unde der selen unde to groter ergernisse des 
christliken namens, so is id billich, dat wy des 
grtiwels ringer maken. Wy willen overs umme 
der predige willen, de uns up sunderge feste 
werden vohrgedragen, unde umme der christe- 
nenleve villen, dat unse gesinde ock mSge rowe 
hebben unde gin in de predige, late sick leren 
unde bede unde lave Got mit sange, holden 
disse nascreven feste. 

Das Abendliuten war schon seit dem 14. Jhdt. 
in der Kirche briuchlich, vgl. RE 3 6, S. 708. 
Gebetet wurde der engelische GruB, das Ave 
_Maria, vgl. St. Beissel, Gesch. d. Verehrung 
Marias i. 16. u. 17. Jhdt. 1910, S. 16 ff. 
Vgl. zur Beibehaltung des Pacem-Liutens 
auch: Unterricht der visitatoren .... Sehling I, 
S. 170 f. 
Vgl. H. Lietzmann, K1. Texte 88, S. 68. 

 ilteste Bibliothek der Stadt. Sie wurde am 
Ende des 13. Jhdts. von einem Pfarrer der 
St. Andreaskirche begrtindet und bestand zu- 
nichst aus 16 Btichern. Im Laufe der Zeit 
wuchs die Sammlung abet so an, dal daftir 
1412 am St. Andreaskirchhof ein besonderes, 
zweistSckiges Gebiude errichtet vurde, wel- 
ches fortan 5fters unter der Bezeichnung ,,Li- 
berei zu St. Andreas" in Schriftstticken er- 
scheint, vgl. H. Dtirre, Geschichte, S. 476 f. 

396 



Kirchenordnung 1528 

dem predickstole to lesen, nicht stamerende, 
nicht hastich, nicht unvorstendich, sonder beo 
dfitlick, beschedelick, distincte unde fyn uth 
deme munde vorstentlick. Darumb mten ock 
de schatkastenheren in allen paren vorschaffen 
in de scholen latinische unde dfidesche biblien 
Balde darup schal de cantor alleyne singen 
dat erste halve versch vamme Benedictus 33 
nach deme tono der antiphen, de he gedenket, 
nach deme Benedictus to singen. Dat Benedictus 
schal geendet werden na gewanheit up beiden 
chSren. 
Na der antiphen late me de kyndere up de 
kne vallen unde segge: Kyrie eleison, Christe 
eleison, Kyrie eleison; Pater noster. De predi- 
cante spreke: Et ne nos . Ostende nobis, 
Domine, misericordiam tuam. Responsio: Et sa- 
lutare tuum da nobis. Dominus vobiscum. Ore- 
mus cure collecta. Rursum: Dominus vobiscum. 
Darup singen twe kyndere Benedicamus 35 
Dit alle, weme id gewanen weft, weft kume 
eyne halve stunde waren. 
De cantor schal den kynderen mennigerleye 
gude antiphonen leren, dat nicht vordretlick ste- 
des eynerleye werde gesungen. .ISt he doch 
sus alle dage eyne stunde mit den jungen 
singen, mit etliken war behendes, mit anderen 
war ringes unde graves. 
Des avendes edder to der vesper schal id na 
aller wise mit der antiphen vohr unde mit den 
vesperpsalmen 36, doch ane den octonarium, ge- 
holden werden alse des morges. De vehr leco 
tien overs scholen syn uth deme olden testa- 

mente. Darna schal me singen de kostelen hym- 
nos feriales 37, alle dage eynen, eder ock to 
tiden andere fyne hymnos Ambrosii, Pruden- 
tii 38 etc., der hilgen scrift gelickmatich. Unde 
na deme hymno dat Magnificat 39, alse vamme 
Benedictus gesecht is Darna Kyrieeleyson etc. 
Des hilgen avendes overs unde des hilgen 
dages tor vesper schal id ock so geholden wet- 
den in allen vyff groten paten 0. Wente denne 
schal eyn geselle in syne pare gan mit den 
jungen, de dar 6re olderen hebben. Eyn predi- 
cante roach em de psalme up eynem chore 
helpen singen. Overs na den lectien, ehr me 
den hymnum singer, schal me singen eyn re- 
sponsorium unde cle ungelerden k.xmdere, de 
ersten singen leren, scholen dat versch alleyne 
singen in deme responsorio mit deme Gloria 
Patti. Na deme Benedicamus schal me lesen: 
Nunc dimittis 41, lanksam, mit eyneme medio, 
doch sine tono 42, up bey,]en choren de versche 
ummeschicht mit deme Gloria Patri. Darup 
balde gesungen den hymnum tome Heren 
Christo: Jesu redemptor seculi, verbum Patris 
altissimi etc. 43 mit geli:eme sange unde mit 
eyner langen note edder pause, wen eyn dime- 
trum uthe is, welck ock fyn were, in anderen 
hymnis to holden. 
Na deme hymno, wen dat amen gesungen is, 
so late me de kyndere by paren tuchtich uth 
der kerken gan, unde up deme kerckhave geve 
me en vorlSff etc. Wen se overs up sulke hdge 
avende unde hilge dage scholen in 5re pare 
kamen, so lere me se, dat se sick nicht same- 

33 ___ Luk 1, 68--79, vgl. Brev. lom., Ordinarium 
divini Officii ad Laudes, P. Vern. S. 12 f., 
P. Aestiv. S. 8 f., P. Autumn. S. 8 f., P. Hiem. 
S. 10 f. 
3 Zu erginzen: inducas in tentaionem. 
5 ,,Benedicamus Domino. Deo gratias." wird je- 
weils gegen Schlu der Horen gesungen. 
36 Ps 110--150, ausgenommen Ps 119, vgl. L. 
Schoeberlein, Schatz d. liturg. Chor- u. Ge- 
meindegesangs, Bd. I, S. 519, 553. 
37 Die ffir die einzelnen "Vochentage (feriae) nach 
dem Brev. Rom. vorgeschriebenen Hymnen. 
8 Vgl. die Hymnen des Ambrosius: Wacker- 
nagel I, Nr. 3 ff., des Prudentius: Nr. 27 ff. 

39 __ Luk 1, 46--55, vgl. Brev. lom., Ordinarium 
divini Officii ad Vesperas, P. Vern. S. 31, 
P. Aestiv. S. 22, P. Autumn. S. 22, P. Hiem. 
S. 26 f. 
4o Vgl. oben S. 365 u. 375. 
4  Luk 2, 29--32, vgl. Brev. Rom., Ordinarium 
divini Officii ad Completorium, P. Vern. S. 36, 
P. Aestiv. S. 25 f., P. Autumn. S. 27, P. Hiem. 
S. 31. 
42 reziierend, doch ohne Gesang. 
43 Wackernagel I, Nr. 122, ira 16. Jhdt. beliebter 
Hymnus ad completorium, vgl. H. Lietzmann, 
K1. Texte 88, S. 75. 

50 401 



Braunschweig 

len up eyrie stede in der kerken unde driven 
bSverye, sunder eyn jewelick nerne lever mit 
sick synen psalter edder syn nye testarnente 
edder wat anders unde lese in eyner bank 
edder stede solange, dat na derne ltidende de ge- 
selle uth dee scholen kurnpt unde kloppet mit 
derne stocke imme chore, denne scholen se 
ttichtich int chSr grin etc. 
Des Sundages up den rnorgen, wen me den 
catechisrnon hefft in den paten geprediget unde 
eyn dtidesch let darna gesungen, scholen dar be- 
reyt syn alse des avendes tovorne de kyndere, 
de in de pare hSren mit 5rerne gesellen unde 
lesen latinisch up beyden chSren lanksarn, sine 
tono, ummeschicht den catechisrnon rnit disser 
wise. 
De geselle schal ersten rnit lanksarnerne unde 
middelrnatescherne stemmer, spreken: 
Hec sunt precepta Dornini Dei nostri. 
Na deme sulvesten sternmen scholen de kyndere 
alleyne ]anksarn unde beschedeliken up beyden 
chSren urnrneschicht eyn jewelick chor syne 
rege lesen, alse hyr de regen na synt gescreven. 
Ego sum Dorninus Deus tuus. Non habebis 
deos alienos corarn rne 
Non assumes nornen Domini Dei tui in vanurn. 
Sabbaturn sanctificabis rnihi 
Honora patrem tuurn et rnatrern tuarn, ut 
sis ]ongaevus super terram. 
Non occides. 
Non rnaechaberis. 
Non furturn facies. 
Non loqueris contra proxirnum tuurn falsurn 
testirnonium. 
Non concupisces dornurn proxirni tui 
Non concupisces uxorern eius, non servurn, 
non ancillarn, non bovem, non asinurn, nec orn- 
nia quae illius sunt [Ex 20, 2--17]. 
Vortan na dersulvigen wise spreke de geselle: 
Hi sunt articuli nostre fidei. 
De kyndere urnrneschicht alse tovoren: 
Credo in Deurn Patrern ornnipotentem, crea- 
torern coeli et terre. 

Et in Jesum Christum, Filium eius, unicum 
Dorninum nostrum. 
Qui conceptus est de Spiritu sancto, natus ex 
Maria virgine 
Passus sub Pontio Pilato, crucifixus, rnortuus 
et sepultus, descendit ad inferos. 
Tertia die resurrexit a rnortuis, ascendit ad 
coelos, sedet ad dexterarn Dei Patris omni- 
potentis. 
Inde venturus est judicare vivos et rnortuos. 
Credo in Spiriturn sancturn. 
Sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum 
cornmunionern. 
Rernissionem peccatorum. 
Carnis resurrectionem. 
Et vitarn eternarn. Amen. 
Vortan de geselle: 
He est oratio dominica. 
De kyndere: 
Pater noster, qui es in coelis. 
Sanctificetur nornen tuum. 
Adveniat regnum tuum 
Fiat voluntas tua, sicut in coelo et in terra. 
Panern nostrum quotidianum da nobis hodie. 
Et dirnitte nobis debita nostra, sicut etnos 
dirnittirnus debitoribus nostris 
Et ne nos inducas in tentationem. 
Sed libera nos a rnalo. Amen [hit 6, 9--13]. 
De geselle: 
Mandavit Christus, ut baptizernur in 
ipsurn, dicens: 
De kyndere: 
Ire in rnundurn universurn, et praedicate evan- 
geliurn omni creaturae. 
Qui crediderit et baptizatus fuerit, salvus erit. 
Qui veto non crediderit, condemnabitur [Mk 
16, 15--16]. 
Data est mihi ornnis potestas in coelo et 
in terra 
Euntes ergo docete ornnes gentes, ut servent 
omnia, quecunque ego precepi vobis. 
Baptizantes eas in nornine Patris et Filii et 
Spiritus sancti. 

402 



Braunschweig 

Unde de bisschop trat up unde lerede dat volk 
unde lede em vohr uth der hilgen scrift, nicht 
eyn ganz caput, sunder eyn part van deme 
capite, welk me darumme hefft genSmet capi- 
tulum, dat is eyn kleyn caput edder eyn part 
van deme capite. Also synt noch vorhanden de 
homilien der doctorum, dat synt predigen, alse 
se deme volke de evangelia geprediget hebben. 
Augustinus hefft de ganzen psalter syneme volke 
geprediget, alse dat grote bock Augustini betii- 
get 4;, welk up den psalter gescreven is. Item 
he hefft sermones gedtin de verbis Domini, item 
de verbis apostoli. Desgeliken Ambrosius, ock 
Chrysostomus unde de anderen alle etc. So 
lange, dat andere prestere edder bisschoppe 
wen de, de Paulus [1. Tim 3, 2 ff.; Tit 1. 7 ff.] 
bescrivet, synt geworden. De hebben mit 5ren 
monneken unde papen dat capitulum in de bede- 
bSke gebracht, dat se also mit eyneme Deo 
gratias darvan kSnen kamen, scholden se dat 
capitulum up den predickstS1 bringen, so wolde 
ld mehr moye kosten. 
Darumme is ock alle unse kynder singent, 
ock wen me nicht prediget up de stunde, darhen 
gestellet, dat se nicht alleyne dardorch geSvet 
werden unde gewennet tor hilgen scrift, sonder 
ock so etlike andere in der kerken weren, mSgen 
tohSren lectien latinisch unde dtidesch nach 5reme 
vorstande, alse Paulus leret 1. Corin. 14 [26]. 
Wen nu de predige under der vesper, alse 
gesecht is, uthe is, so schal me wedder eyn 
dtidesch let singen na deme bede. Darmede geyt 
dat meyste yolk wech. So scholen de kyndere 
den hymnum unde Magnificat etc. vortan singen, 
darto mach me up den orgelen spelen. Dat 
responsorium overs mSgen se define ansttin la- 
ten, dat id nicht to lange ware. Sulke vesper 
wert alleyne thovallen des hilligen avendes, 
wSr de superattendente unde syn adjutor predi- 
gen werden. 
Wen de kyndere des sanges gewanet werden, 
so schal de cantor en dre responsoria leren, dat 
de gesellen mit en singen des hilgen avendes 

eyn, dat ander des hilgen morgens, dat drudde 
des anderen avendes, dat so de kyndere deste 
mehr leren singen. De cantor mit den gesellen 
scholen sick ock in den antiphenen unde re- 
sponsorien unde hymnis schicken nach der tidt 
unde nach den festen, doch dat uth der hilgen 
scrift sy de sank edder sus nicht unchristlick. 
Sulck kan me wol uth den sankbSken uth- 
noteren, dat me id des anderen jares wedder 
kan singen, so me nicht beters wet edder 
hebben kan Darto scholen se ock geschicket 
sm mit den lectien uth deme olden testaraente, 
dat se de kyndere wisen up de bSke, daruth se 
mSgen leren de historien unde gude leren unde 
prophetien. Darumme mSgen se wol vele capi- 
tele ungelesen laten, den kynderen nicht sun- 
dergen denstlick Dat nye testament schal ganz 
gelesen werden. 
De scholemeystere scholen ock vlitich darup 
sehen, dat up etlike tide unde feste de dage- 
liken kercklectien nabliven unde sunderge lec- 
tien werden gelesen, de sick wol rymen mit den 
festen unde sundergen tiden, id sy des aven- 
des edder des morgens, uth dem olden edder 
nyen testamente, dar is nicht an gelegen, alleyne 
dat id ordentlik toga, to beteringe der kynde- 
ren. Also mach me van dominica Judica bet 
up Paschen des avendes unde morgens lesen 
laten uth den vehr evangelisten, wat gescreven 
is vamme lidende Christi, unde darmank ock dat 
13. capitel Joarmis. De paschenweke 5vet, war 
de vehr evangelisten van der upstandinge 
Christi gescreven hebben, darto den sermon 
Christi, na deme letsten aventmale gedtin, welken 
Joannes bescrifft cap. 14, 15, 16, 17, so lange na 
Paschen, dat se den uthlesen des avendes unde 
morgens. Uppe ascensionis Act. 1. Up Pynxten 
dat andere capitel, dat drudde, dat vehrde 
edder mehr ex Actis apostolorum. Up Wynach- 
ten uth deme Luca unde etlike prophetien tith 
dem propheten Esa. 9; 11; 12; 25; 35.- 40 unde 
schyr vortan, wat me wil, usque ad finem libri. 
Item Ezechielis 34, Michee 4 unde 5 unde an- 

47 Enarrationes in psalmos; MSL 36/37. 

4O4 



Kirchenordnung 1528 

dere prophetien mehr. Desgeliken mogen se 
ock up andere tide dohn unde vorordenen war 
nutbares den jungen to lesen unde achten dar- 
up, dat de jungen jr bescheydelick leren lesen 
unde merken unde mit rechter wise lesen de 
cola, commata unde periodos unde interroga- 
tiones, unde wen se pauseren, de monasyllaba 
unde indeclinabilia etc. Sulke texte overs, wen 
de vele synt up sunderge tiden gelesen, kan me 
wol st_n laten, wen se wedder vohrvallen in 
den dageliken lectien. 
Den psalm Beati qui sunt integri in via etc. 
schal me des morgens neven den anderen psal- 
men so vordehlen, dat he uthkumpt umme de 
drudde weke, dat kan also geschehn: des Sun- 
dages, wen me en anvenget, so schal me singen 
twe octonarios 8, doch mit eyneme Gloria Patti, 
uppe den anderen twen Sundagen unde allen 
werkeldagen men eynen octonarium, so kumpt 
he uth, dat me en des vehrden Sundages rnit 
twen octonarien to singen wedder anvenget. 

Van der missen. 
Got, eyn Vader aller bermherticheit, d6n he 
wuste, dat wy so jamerlick ,orlaren unde umme 
dr sunde willen des drivels egene weren unde 
in syn strenge richte so gevallen, dat wy nicht 
mochten erredet werden dorch unse vysheit, 
vorstand, vorm6ge, werke, ja dorch neyne crea- 
ture noch imme hemmele noch up der erden, 
also ock noch w" uns nicht erredden konen 
van eyner sunden, hefft nicht vorschonet syneme 
eyngebaren natrirliken S6ne, alse Paulus secht 
Roma. 8 [32], sonder hefft en vor uns alle ge- 
geven in den d6t, dat wy dorch syn vordenst 
unde werk, dat is dorch syrt blut, d6t unde up- 
standinge, scholden erl6set werden van unseme 
dode uncle vord6menisse, dorch unse erfsunde 
unde andere vordenet, unde also dorch dat werk 
unde n6chdSnt Christi genSch wurde gedn deme 
strengen richte Gades, vor welkeme unse vor- 
denst nicht gelden wil, dewile wy de helle vor- 
denet hebben. Wente id is jr nicht mogelick, 

dat wy uns sulvest scholden erredden uth des 
drivels gewalt, de, alse Christus secht [Job 12, 
31], eyn forste is disser werlt, unde so entlopen 
deme gestrengen richte Gades, dewile wy jr 
nicht mehr synt wen flesch unde blur, arme, 
vorlarene sundere unde vordSmede lride. 
Sulke gnade hefft uns syn Sone, unse Here 
Jesus Christus, eynmil imme krfitze vorworven 
alse eynen ewigen, unbegripeliken schadt. Dat uns 
overs sulk eyn schadt nicht vorborgen bleve, son- 
der mochte unse egene werden, hefft he uns gesand 
unde predigen laten syn hilge evangelion, welck 
uns afwiset van unsem vordenste, Philip. 3 [9J, 
unde van mynschensettingen unde leren, Colo. 2 
[8], Matth. 15 [9], unde gifft tfichnisse van Chri- 
sto, Joan. 15 [26], unde syneme blude, Roma. 3 
[25]. Dat wy dorch dat gepredigede evangelion 
leren Christum erkennen unde 15yen in en unde 
he also dorch den loven unse egene sy. Wen he 
denne dorch den loven in uns wanet unde unse 
egene is, so is ock dorch en Got de Vader unse 
egene unde konen alse gelevede kyndere van em 
bidden allent, wat uns tome live unde tor selen 
nbt is, alse uns Christus ock leret mit deme 
Vader unse. We kan doch sulke gnade uth- 
spreken, de wy hebben dorch dat evangelion, so 
wy lbven? Van welker gnade Christus also 
secht Joan. 3 [16 f.] : So hefft Got de werlt gelevet, 
dat he synen eyngebaren SSne darhengaff, dat 
alle, de in en gelbvet, nicht vorderve, sonder 
hebbe dat ewige levent. Wente Got hefft nicht 
synen eyngebaren SSne in de werlt gesand, 
dat he de werlt schal vordbmen, sonder dat de 
werlt schal salich werden dorch en. 
Also werde wy nu, de wy flesch unde blur 
synt, dorch den loven Christo ingelivet, de umme 
unsen willen is flesch unde blut geworden, unde 
werden mit em ganz eyns, alse man unde wyff 
synt eyn lyff, Ephe. 5 [29 ff.]. Dat is dat etent 
synes flesches unde drinkent sines bludes, darvan 
he so vele redet Jr. 6 [51--58]. Wen wy 15yen, 
dat Christus umme unsen willen is geworden 
eyn warhaftich mynsche unde datsulwge flesch 
unde blur, welk he umme unsen willen hefft an- 

48 Vgl. oben S. 400, Anm. 29. 

405 



Bratmschwelg 

genamen, hefft vor uns geoffert syneme Vader 
imme krtitze in den dSt, so ere wy syn flesch 
unde drinken syn blut warhaftigen unsicht- 
liken, alleyne dorch den loven uth der predige 
des evangelii begrepen, unde werden em war- 
haftich ingelivet, also dat he blive in uns unde 
wy in em unde hebben dardorch dat evige 
levent. Amen. Wat bedarve wy mehr7 Nichts. 
Noch hefft sick Christus nicht benSgen laten, 
dat he uns so rikelick let toseggen unde gifft 
uns ock dorch de predige des evangelii sulke 
gnade, alse gesecnt is, sunder hefft uns ock darto 
ingesettet, bevalen unde gegeven de twe uth- 
vendige saccamente, in welken uns nicht anders 
ock vohrgeholden wert wen dat hilge evangelion 
van Christo unde weft uns darinne gewislik 
Christo ock to egene, so wy 15yen unde holden 
uns an dat bevehl Christi, alse he uns de sacra- 
mente bevalen hefft. Dat wy jo gesterket unde 
getrostet syn, dat Christus wil mit uns hande- 
len unde unse egene syn, alse he uns tosecht 
unde holt ock, wen wy 15yen deme evangelio. 
Wente disse beyden sacramente synt ock 
anders nicht wen dat evangelion, overs dat 
evangelion is dat xvort Gades unde tosage 
alleyne, de sacramente overs synt dat wort 
Gades unde eyn uthwendich teken tosamende, 
dat ick hSre dat wort unde bevehl Christi unde 
sehe uncle bruke dat uthwenclige teken nach 
deme loven unde bevehle Christi, my sunder 
twivel tor salicheit. Ane dat wort unde bevehl 
Christi veren de sacramente nichts. Sus were 
de waterdSpe alleyne eyrie waterdSpe unde brot 
brot, wyn vyn. 
Nu overs Christus gesecht hefft [Joh 3, 5]: So 
eyn nicht wert weddergebaren uth deme watere 
unde deme Geiste, so kan he nicht ing/n int 
rike Gades, bevalen, dat wy scholen 15yen deme 
evangelio unde laten uns dSpen im namen des 
Vaders unde des SSnes unde des hilgen Geistes 
[Mr 28, 19], dat wy jo gewis scholen syn, dat 
uns Got vor syne leven kyndere in Christo hefft 
angenamen, so late wy uns dSpen in Christum 
unde in synen dSt imme namen des Vaders 
unde des ones unde cles hilgen Geistes, alse 
tovoren van der dSpe gesecht is. 

Desgeliken ock secht he van deme sacramente 
synes lives unde bludes [Mt 26, 26 ff.; Mk 14, 
22 ff.; Luk 22, 19 f.; 1. K 11, 24 f.]: Nemet, etet, 
dit is myn lyff, dat vor ju gegeven wert. Nemet, 
drinket alle, disse drank is myn blur, dat vor 
ju vorgaten wert to vorgevinge der sunden. 
Sulk doht to myner gedechtenisse Dar sehe wy 
brot unde wyn, overs umme des wordes willen, 
dat wy d/r hSren, bekenne wy, dat dar sy dat 
liff unde blur Christi, unde eten unde drinken dat 
to Christus gedechtnisse, alse he bevalen hefft. 
Da is jo dat rechte evangelion, dat wy 16ven 
uncle vorlaten uns darup, dat Christus syn liff 
vor uns i den dSt gegeven hefft unde syn 
blut imme krtitze vorgaten umme neyne andere 
orsake, sonder alleyne to vorgevinge unser sun- 
den. Sulk evangelion weft uns in disseme sacra- 
mente vohrgelecht mit deme wSrde unde bevehle 
Christi. 
Wen dat sacramente des lives unde bludes 
Christi recht gebruket wert, alse id Christus to 
bruken bevalen hefft, so is ock dat bilge evan- 
gelion Christi recht imme bruke, daruth 
erkand werde de bermherticheit unde salicheit, 
uns van Gade deme Vader in Christo gegeven, 
dat wy also hengen mit cleme herten nicht an 
unser rechticheit, sonder alleyne an der rech- 
ticheit Gades in Christo. 
Dat evangelion prediget uns doch in unsen 
sunden, nSden unde angesten neynen grotteren 
trSst, wen dat Christ-us (de nuregeretover alle 
in der hehrlicheit synes Vaders imme hemmele 
unde up erden} syn lyff vor tins in den d6t 
gegeven hefft unde syn blur imme krtitze vor- 
gaten, darumme dat vor unse sunde unde over- 
tredinge scholde gen6ch gedLn syn unde se 
nummermehr gerekent edder vor Gade gedacht 
scholde werden. 
Sulk evangelion hSrestu hyr i tier institutien 
edder bevehle, darmede Christus dit sacramente 
bevehlet. Wente he secht: Dit is myn lyff, dat 
vor ju gegeven wert. Dit is myn blut, dat vor 
ju uthgegaten wert tor vorgevinge der sunden 
We wolde nu vortwivelen umme syner sunde 
willen, wen he hSret sulk eyn evangelion, dat 
is gude bSdeschop edder vorkundinge, so verne 

406 



Braunschweig 

der collatien, alse me lest 1. Cor. 11 [20 ff.]. 
\och mehr: etlike weren ock, de afgSdeoffer 
eten unde drunken, wen se Christus liff unde 
blut imme sacramente hadden gegeten unde 
gedrunken, alse me lest 1. Cor. 10 [14--22]. Item 
dewile Christene scholen lever unrecht van 
andern liden wen andern dohn, noch weren dar 
etlike, de mit handele anderen ltiden, ja ock 
5ren egenen brudern unrecht deden, daruth 
hader unde rechtgand wurt vor den unchriste- 
nen richtern, daruth denne eyn spot wurt des 
evangelii, dat de evangelische ltide under eyn- 
ander sick ock unrecht dohn unde haderen to- 
samende, alse me lest 1. Corin. 6 [1--10]. \Vy 
swigen van deme mutwilligen, de syne egene 
steffmoder to echte genamen hadde, 1. Cor. 5 [1]. 
Van sulken allen segge vy unde bekennen 
frylick, dat se unwerdich tome sacramente gin, 
wen se nicht sick betern xvillen. Datsulvige be- 
kenne wy ock van allen, de unwillich darto 
gin unde bleven sus xvol darvan, wen se des 
pavestes gebot edder sus schade unde schande 
nicht fruchteden. 
De overs dat evangelion Christi leff hebben, 
vorlaten sick darup, dat Christus vor se ge- 
storven is, haten nemande, soncler willen rich- 
rich unde redelick handeln, dat bSse vormiden 
unde deme negesten gut dohn unde sm beste 
xveten unde geduldich syn, so vele Got wert 
gnade vorlyen, xvo krank se ock noch synt imme 
loven unde leve uncle gedult, wo sundich unde 
gebrecklick se ock noch synt in velen stucken, 
darumme se ock ste=les mSten beden: Vorgiff uns 
unse schuld etc., vorumme scholden de nicht 
vakene tome sacramente gin? Is doch Christus 
umme sulker sunderen villen in de xverlt ge- 
kamen unde nicht umme der rechtverdigen wil- 
len. Unde Christus lavede de apgstele na der 
entfanginge des sacramentes, alse Judas wech 
xvas, dat se mit em gebleven xveren in synen 
an'echtingen, trade sede en to, dat se exvich 
scholden by em bliven, alse gescreven steyt 
Luce 22 [28--30], xvelkerer love doch in der- 
sulvigen nacht nicht vaste stund, den se alle 

den Heren vorleten, welk se nicht gemeynet 
hadden 
Dat is, dat Paulus secht [1. K 11, 28]: De 
mynsche prSve sick sulvest unde ere so van 
deme brode unde drinke van deme kelke. So 
is de m3nsche wol geprSvet, ven he 15vet, dat 
syne sunde em vorgeven verden, darumme dat 
Christus s.vn blut vorgaten hefft, unde xvil by 
Gades wSrde bliven unde syne feyle gerne bete- 
ren. Darto roppet er Got an imme namen 
Christi. 
Darumme is id nicht gut, dat etlike sick 
alto sere vennen vamme sacramente to nemen. 
\Vente id schinet, dat me leret den bevehl 
Christi, uns salich, to vorachten, gelyck efft 
dar nicht ane gelegen were. Gut is id overs 
unde salich, dat wy vakene darto gin, wen wy 
darto gin, alse Christus bevalen hefft. \Vente 
Christus secht: Dit is m.vn lyff, dat vor ju ge- 
geven wert. Dit is myn blut, dat vor ju uth- 
gegaten wert tor vorgevinge der sunden. 
He secht: vor ju, dat is, ju to gude unde 
salicheit, unde nicht: wedder ju. Darumme darve 
gy nicht darvohr schtiwen alse vohr eyn schede- 
lick dink, sunder id is to begerende, dat gy id 
nach syneme bevehle annemen. 
Unde xvoxvol de wSrde Christi: dat vor ju ge- 
geven wert, dat vor ju uthgegaten wert, gedtidet 
werden van den Christenen up dat krtitze unde 
den dSt des Heren, dat he syn lyff vor uns ge- 
geven hefft in den dSt unde syn blut vor uns 
uthgegaten imme krtitze to vorgevinge unser 
sunden, alse ock denne recht gedtidet is, wente 
alle w6rde des sacramentes ltiden up den d6t 
Christi, alse Christus ock bevalen hefft, dat me 
schal eten unde drinken to syner gedechtnisse, 
dat is, dat me schal vorkundigen synen d6t. 
Doch kan dat ock mit rechte nemand wehren, 
dat me sulke xv6rde ock nicht mochte vorstaz 
van der jegenxverdigen gevinge des lives Christi 
unde uthgetinge des bludes Christi imme sacra- 
mente, alse ock etlike gelerde ltide gedtidet hebben. 
Wente so secht Ambrosius, alse id wedder- 
halet vert imme Decreto de consecratione di- 

408 



Kirchenordnung 1528 

stinctione secunda imme capitele: Si quoties- 
cunque 49. Is id wahr, dat dat blur Christi, 
so vakene id wert uthgegaten, werde uthgegaten 
tor vorgevinge der sunden, so schal ick id bil- 
lick alle tidt nemen, dewile ick alle tidt sun- 
dige, schal ick alle tidt nemen arstedye 50. Dat 
Ambrosius dar redet vamme sacramente, is 
klar uth den wSrden uncle darto uth syneme 
boke De sacramentis, dar dat uth genamen is. 
Item: ex libro sententiarum Prosperi, alse dar- 
sulvest imme Decreto steyt imme capitele: Cure 
frangitur 51. Wen de hostie tobraken wert unde 
dat blur uth deme kelke in den munde der 
15vigen gegaten, vat wert anders denne be- 
tekent wen de offeringe des Heren lives imme 
krtitze unde de uthgetinge synes bludes uth 
tier siden? Item: ex homilia paschali Gregorii, 
alse darsulvest imme Decreto steyt imme 
pitele: Quid sit 5-". Syn blur xvert nu nicht in 
de hende der unlSvigen, sender in de munde 
der gelSvigen vorgaten. 
Dar hSrestu, dat sulke ltide edder doctores 
reden, dat ock dat blur werde uthgegaten uth 
deme kelke in de munde der lovigen unde wisen 
darmede up de uthgetinge dessulvigen bludes, de 
eynmttl to unser erlosinge geschehen ist imme 
krutze. Wy schwigen nu, dat sulke sproke nicht 
wol ltiden vor dejenen, de den leyen den kelck 
des Heren vorbeden. 
Sulke meyninge is sere klar van deme brode 
uth deme Paulo, dat me van deme kelke nicht 
twivelen darf. Wente he bringer dat wSrt 
Christi also: Dit is myn liff, dat vor ju gebraken 
wert, unde tovorn hefft he gesecht: Jesus ham 
dat brSt unde brack id. Unde imme vorigen 
capitele: Dat brSt, dat wy breken, is dat nicht 
dat uthgedehlede lyff Christi? Dat du jo mogest 
sehn, dat de brekinge dar hSre up de jegen- 
vertige uthdehlinge des lives Christi imme 
sacramente, worumme scholde ock nicht darhen 

hSren de uthgetinge, wen uthgegaten weft uth 
deme kelke dat blur des Heren in de munde 
der 15vigen ? 
Christus lyff is vor uns gegeven imme krtitze, 
unde syn blut is dar vor uns vorgaten eynmttl, 
darmede is uns vorworven vorgevinge unser 
sunden, darhen hSret ock de gedechtnisse, de 
Christus hyr uns bevehlet. Overs wat hadde wy 
van sulker offeringe, darmede he uns imme 
krtitze vors6net hefft, gewust, wen he se tuns 
nicht apenbaren hadde laten untie uthdelen unde to 
egene maken dorch de predige des evangelii? 
Neven dem evangelio, also gesecht is, gifft 
he uns ock de ekene, de me nSmet sacramenta, 
alse de d6pe eynmal, darumme, dat men eyn 
Christus is uncle eyn d6t Christi, in welken wy 
ged6pet verden, uncle dat sacramente sines 
lives unde bludes vakene, darumme dat wy 
vakene vorkundigen scholen den d6t des Heren. 
In tier d6pe weft de dSt Christi unse egene. 
Dat wy overs dat nicht vorgeten unde laten 
uns vorv6ren up monnikelSgene unde up unse 
egene rechticheit dorch mynschenlere unde ge- 
bade, schole wy vakene tome sacramente gttn 
tor gedechtnisse Christi, dat wy den d6t des 
Heren vorkundigen unde laten by uns jo nicht 
anders gelden to vorgevinge der sunden wen des 
Heren d6t unde blur alleyne. 
Alse nu syn lyff unde blur uns to gude ge- 
geven is imme kfitze, also wert id uns ock to 
gude gegeven dorch de predige, so wy 16yen, 
unde dorch de sacramente, wen wy der bruken, 
alse Christus bevalen hefft. XVente Christus 
secht: Dit is myn lyff, dat vor ju unde nicht 
wedder ju gegeven wert. Dit is myn blut, dat 
vor ju unde nicht wedder ju uthgegaten wert. 
Wert id vor uns uthgegaten, so twivele wy ock 
nicht, dat id uns dene tor vorgevinge der 
sunden, so vy anders loven den wSrden Christi, 
darmede he uns dit sacramente bevehlet. 

4. Pseudo-Ambrosius, De sacramentis IV, 6, 28 
{MSL 16, 446), zitiert Decr. Grat. III, dist. !I, 
c. 14; Friedoerg I, S. 1319. 
50 _-- Arznei 

51 Decr. Grat. III, dist. II, c. 37; Friedberg I, 
S. 1327. 
5 Gregor. Magn., Homt!iarum in evangelia lib. II, 
horn. XXII, 7 {MSL 76, 1178), zitiert Decr. 
Grat. III, dist. II, c. 73; Friedberg I, S. 1343. 

409 



Bratmschweig 

Is dat blur Christi imme krutze uthgegaten 
tot vorgevinge der sunden, so is id werlick 
myne vorgevmge der sunden, wen id to my 
kumpt trade wert dorch den loven myn egen. 
Dorch dat evangelion, my geprediget, weft id 
myn egen, so ick 16ve, ock dorch de sacramente, 
wen ick se bruke, alse Christus bevalen hefft. 
Wente id sy alleyne mit dec predige des evange- 
lii edder ock darneven mit den sacramenten 
Christi, so vert doch dorch de w6rde Christivan 
my gevordert, dat ick schal 16ven vorgevinge 
der sunden dorch dat blur Christi, l=[om. 3 [25]. 
GelSve ick, so hebbe ick, de love, xvelken me 
rater uth Christus vorde, kan nicht feylen. Darto 
neme ick ock voc my sulvest dat teken der 
salicheit, xvelk is nach deme xv6rde Christi dat 
lyff unde blut Christi, nach syneme bevehle, 
dat ick jo vaste gel6ve, dat Christus wil myn 
egene syn unde dat de vorlSsinge dorch syn 
lyff unde blur imme krutze vorworven schal 
myne syn. 
Unnutte ltide geven vohr, wen Christus dorch 
den loven unse egene is, war bedorve vy denne 
des sacramentes? Gelick efft de rechten Chri- 
stene des sacramentes bukeden ane den loven 
der vorlSsinge, de wy hebben dorch Christus 
blur. Gelick ock efft Christus, unse salichmaker 
unde meyster, de uns dat sacramente gegeven 
unde bevahlen hefft, nicht vete, xvat tins nutte 
sy, so mSt sick Christus van sulken ltiden mey- 
steren laten. Wen anders neyne nutticheit da- 
rune were, scholde id nicht e.meme christenen- 
mynschen eyne frSxvde syn, dat he uth Christus, 
synes leven Heren, bevehle ete unde drinke unde 
gedenke syner salicheit, dewile dat dar ock 
eyn kostel etent unde drinkent is, nSmelick des 
lives trade bludes Christi? War overs vor nut- 
ticheit hyr sy, is gesecht. 
Syn lyff unde blur wert hyr ock van Christo 
nicht deme Vadere geoffert alse eynmil imme 
krtitze, sonder uns gegeven, vakene to eten unde 
to drinken tot gedechtnisse des offers, dat 
Christus vullenkamen eynmil vor tins imme 
krtitze geoffert hefft. 
So hefft dit sacramente Christus uns uncle vor 
uns gegeven, dat is, uns tor salicheit, unde 

kumpt allen tor salicheit, de id so annemen, alse 
Christus bevalen hefft. 
Dat overs etlike datsulvige nicht vor sick, 
sunder wedder sick, dat is tor vord6menisse an- 
nemen, is 6re egene schult, alse tovoren gesecht 
is; dat sacramente is gut unde is ock tome 
guden bruke uns tot salicheit gegeven, wor- 
umme bruke wy id nicht, alse id uns Christus 
gegeven unde bevalen hefft. Is doch wyn ock 
gut geschapen unde van Gade uns gegeven tor 
suntheit unde frSlicheit, alse imme psalme [104, 
15] steyt: De wyn maker frolick des mynschen 
herte. Noch vindet me ltide, den de wyn unsunt 
is, nicht umme des wyns willen, de gut is, sun- 
der umme 5rer mage xvillen, de mit deme wyne 
sick nicht kan vordragen. Eyn wyff is ock gut, 
van Gade deme manne to hulpe geschapen, noch 
wert sulke gude creature Gades to eyneme 
anderen bruke misgebruket, alse to hurerye 
unde ehebrekerye xvedder Got tor vordSmenisse. 
War is so gut, dat me nicht kan misbruken? 
Bruke des sacramentes, alse id to bruken Chri- 
stus bevalen hefft, so is id gewisse nicht wedder 
dick, sonder vor flick gegeven, dat is, dy tot 
salicheit. 
Wy willen nicht hSren de mutxvillige ltide, 
de dar seggen, id sy eyn slecht teken, unde 
uns werde dar sunderich neyne salicheit ge- 
schenket, darmede se alleyne sehn up dat sicht- 
like unde vorlaten de xv6rde Christi, dar he 
mede dat sacramente uns bevalen hefft XVy 
besluten overs kreftich unde vast uth den w6r- 
den Sancti Pauli. Is id wahr, alse Paulus secht, 
dat de schuldich werden am blude unde live 
des Heren unde eten unde drinken sick sulvest 
dat gerichte edder vordSmenisse, de dit brot, dar 
Christus van secht: dit is myn lyff, unwerdich 
eten unde dissen drank, dar Christus van secht: 
dit is myn blur, unverdich drinken, so mSt 
id ock unwederspreklick xvahr syn, dat alle, 
de id eten unde drinken werdich, dat is alse 
Christus bevalen hefft, de eten unde drinken 
sick sulvest 5re salicheit unde dat ewige levent. 
Darumme scholen sick de Christene vor dit 
sacramente nicht schSwen, sonder gerne darto 
gin. Id is en nicht tor vordSmenisse, sonder tor 

410 



Kirchenordnung 1528 

salicheit gegeven, so se id armemen, alse id 
Christus gegeven hefft. 
Urnrne des unwerdigen etendes unde drinken- 
des uncle pr6vendes willen, dar Paulus van 
secht, hefft rne tier lade conscientien rnartert 
rnit der orenbicht, dat se scholden hehrtellen 
alle unde eyrie jewelike sunde, xvelk nicht rn6ge- 
lick is, ock nicht uns bevalen edder rnit Gades 
w6rde gebadcn, dat se jo dorch sulk bichtent 
unde n6chd6nt vor de sunde, welk se mosten 
laven unde toseggen, werdich rnochten xverden, 
to nemen dat sacramente nicht tome gerichte 
edder vord6rnenisse, unde sulk was dat pr6vent 
by den laden. Darmede de lade lereden, sick 
up de ungebadene bycht unde up 6re xverk 
unde n6chd6nt vorlaten unde wusten nicht, vat 
gnade unde bermherticheit Gades sy, in Christo 
uns geschenket. Wy xveten anders neyn xverk 
unde nSchdSnt vor de sunden ane alleyne de 
werke unde nochdSnt Christi imrne krtze. Dar- 
up uns ock wiser dit sacrarnente Unde de oren- 
bicht is schedeliken in velen stucken rnisge- 
bruket up vordehl der gotlosen bake unde to 
vorvSringe der guden conscientien. Welcke bicht 
me doch sus wol christlick konde den laden 
dorch Gades wSrt trostlick leren bruken, alse 
in anderen bSke bescreven steyt, ock yn dern 
bSke Philippi rnit derne titel: Underichtinge 
der visitatoren etc. 53 
Darurnrne, wovol wy genSch tovoren gesecht 
hebben van derne werdigen unde unwerdigen 
etende unde drinkende unde van deme pr- 
vende, so wille wy doch to rnehr underrichtinge 
datsulvige ock klrrnaken uth den wbrden Chri- 
sti unde institutien edder bevehle, darmede he 
uns dit sacrarnente gegeven hefft. 
Wen dit sacrarnente gebruket weft, alse Chri- 
stus bevalen hefft, so wert id recht unde wer- 
dich genamen, unde de prSvinge is dar. XVen id 
overs nicht gebruket xvert, alse Christus be- 
valen hefft, so geyt de sake nicht rechte to, 
unde de prSvinge is nicht dir Eyn untrawe 
knecht handelt anders wen em syn here be- 
valen hefft, dat weft era syn here nicht laten 

to gude. Dit is wahr unde schal nemand anders 
lbven, wen ock alle mynschen anders seden, 
ja ock eyn engel uth derne hernrnele, vent 
rnogelick were, alse Paulus secht, Gal. 1 [8]. De 
Christene villen syn, scholden sick jo eynmal 
schernen, dat se wedder sulke xvSrde rnogen 
rnucken edder noch lude vedderropen unde 
scriven Eyn furste edder men eyn hasxvert kan 
nicht liden, dat syn knecht synerne bevehle 
nicht nSchdeyt, vele ringer, dat he darwedder 
deyt. Unde Christus schal tovreden s3m unde 
holden se darto vor hi]ge lade, dat de got- 
losen disserne synerne bevehle varnrne sacra- 
rnente nicht nakarnen unde darto noch schend- 
iick darwedder handelen unde leren. 
Sus lange hehr in unser unvetenheit hefft 
Got wol rnit den synen kond gedult hebben 
unde syne berrnherticheit hefft xvol mate unde 
wise wust alse stedes, wo he scholde de synen 
midden in derne erdorne erredden unde salich 
maken, syne hand is noch neverlde to kort 
geweset, de synen salich to makende. Overs 
nu de wcheit des evangelii unde wo Christus 
dit sacrarnente bevalen unde uns gegeven hefft, 
noch klarer unde apenbarer wen de sunne an 
den dach gekarnen is, war villen gotlose, rnut- 
villige, frevelige ltide mehr to entschuldinge 
hebben? Se rnoten de warheit annernen edder 
Gades gerichte, welk over en holt, erwSrten. 
So vorsta wy nu den rechten unde gotliken 
gebruck disses sacrarnentes uth derne bevehle 
uncle institutien Christi unweddersprecklick also: 
Int erste: We to derne sacrarnente vil gLn, 
de schal syn eyn discipel, dat is eyn junger 
Christi. Wente Christus hefft dit sacrarnente ge- 
geven suis discipulis, dat is synen jungeren. 
Den apostelen, de rnit era tome aventrnale que- 
men, gaff he ock dat sacramente nicht alse 
apostelen, sonder alse synen jungeren. Wente 
dat sacramente eten unde drinken is nicht 
eyn aposLelampt edder presterarnpt, alse ock 
nicht eyn presterarnpt is, sick laten dSpen, 
sonder dat is eyn apostelampt, alse Christus 
secht [Mk 16, 15]: Gaht in die ganze werlt 

53 Sehling I, S. 162. 

5- 411 



Braunschweig 

unde prediget dat evangelion allen creaturen, 
unde alse Paulus secht [2. K 3, 6]: Wy hebben 
dat ampt des Geistes unde nicht des bSckstaves. 
Wy laten uns dorch apostele edder prestre 
unde denere dat evangelion prediken, dSpen 
unde dat sacraraente geven, overs 15yen derae 
evangelio unde cle sacramente neraen kurapt 
uns to so wol alse en, unde is neyn under- 
scheyd. Irame predigende unde gevende synt 
se unse denere, imrae 15vende unde neraende 
synt se uns gelyck, so se anders willen Chri- 
stene syn unde christlick handelen unde nicht 
derae unlSvigen apostele Judase navolgen. De 
apostele hebben neyn ander evangelion, derae 
se scholen 15yen, ven wy hebben, se hebben 
neyne andere dSpe, darraede se scholen gedSfft 
syn, wen wy hebben, se hebben neyn ander 
sacramente, dat se to sick neraen, xven wy 
hebben. Se hebben neyn ander bevehl vamrae 
loven unde sacraraenten antonemen wen wy 
hebben. Mit deme predigende synt se apostele 
unde bisschoppe edder parnere, mit derae 15vende 
unde sacraraente to nemende synt se discipuli, 
dat is jungere Christi alse wy synt. 
Jungere heten scholere, de under eynen 
scholemeystere leren. Jungere Christi synt alle 
Christene, de dat evangelion Christi gerne willen 
leren unde 5reme meystere Christo gerne hSren 
unde volgen, alse ock Christus secht to den 
apostelen unde to allen Matt. 23 [8]: Eyn is 
jue meyster, alse Christus, overs gy alle synt 
brSdere etc. Darumme schole wy ock van era 
geleret werden dorch der denere predige unde 
nemen dat evangelion unde de sacraraente jo 
anders nicht an, wen uns Christus bevalen 
hefft, dat wy uns waren vor derae sfirdege, 
dat is vor der 15genlere, de de phariseer unde 
sadduceer ratraank mengen, to vorvelschen dat 
reyne brot, dat is dat lutter evangelion Christi, 
alse uns Christus wernet Matth. 16 [6. 11 f.]. 
Id is schande, dat etlike willen Christene 
heten unde vorderen doch, dat me sulk apen- 
bare dink schal wedder de losen 15genpredi- 
gen bewisen. Irarae Paulo 1. Corin. 10 unde 11 
is id jo klr, wo uns allen Christus dat sacra- 
mente synes lives unde bludes under deme 

brode unde wine bevalen unde gegeven hefft 
unde wo de apostele de Christene hebben van 
disserae sacraraente geleret unde wo de Chri- 
stene dat sacramente nach der apostelen lere 
gebruket hebben -- ach, Here Got, vele anders 
wen nu de papen leren. Id is ararae dage, 
sehe wol  Paulus secht dr [1. K 11, 23]: Ick 
hebbe id genaraen vararae Heren (alse eyn 
junger), dat ik ju ock gegeven edder geleret 
hebbe (alse eyn apostel), dat de Here Jesus in 
der nacht, dSn he vorraden wrt, nara dat 
brSt etc Dar leret Paulus unde gifft en den 
bevehl Christi vararae sacraraente nach alleme 
lude mit etende unde drinkende, alse Chri- 
stus imme letsten aventraale bevalen hadde. 
De Christene to Corintho weren jo neyne 
apostele, se xveren ock jo nicht alle prestre. 
Doch we Christura nicht hSren wil unde sn 
junger syn edder der apostelen lere, de id van 
Christo genamen hebben, nicht volgen wil, de 
raach hermevaren. 
We nu eyn junger edder scholer des emigen 
meysters Christi is, dat is, de gerne syn evan- 
gelion hSren wil unde navolgen, so vele alse 
Got gnade gifft, de hSret to disseme sacramente. 
Wente Christus hefft dit sacramente synen jun- 
geren, den groten unde den kleynen, gegeven. 
Synt overs raank uns, de den schm hebben 
alse jungere Christi unde hebben em valsch 
herte to derae evangelio, de hSren in Ju- 
das register, welke Paulus nSraet valsche 
brSdere [Gal 2, 4], unde Johannes secht [1. Joh 2, 
19]: Se synt van uns gekaraen, overs nicht 
van uns gexveset. Sulken konen wy, dewile se 
imrae schyne gut snt, nicht xvehren, dat se 
mit uns torae sacraraente gn, alse Christus 
ock derae Judas nicht wehen wolde, wowol id 
syne vordSmensse was. De overs apenbare 
schande anrichten unde willen sick nicht bete- 
ren, van den is gesecht, dSn gesecht wrt 
vamme banne. 
Tom anderen: wen du .eyn junger Christi 
bust, so darvestu nicht wide denken, wo du 
dick mSgest sulven prSven unde werdich eten 
unde drinken. HSre, wat dyn raeister Christus 
dy hyr leret unde bevehlet, unde prSve dick 

412 



Kirchenordnung 1528 

sulvest, efft du ock deme bevehle vilt na- 
kamen, so bustu werdich darto nach Gades 
gnade. Wente Christus begeret mit syneme be- 
vehle nich raehr, wen dot du id mit deme 
sacrarnente so schalt uthrichten unde dick darto 
so stellen, alse he bevehlct 
Syn bevehl steyt kort up twen stucken, dat 
eyrie, dat du 15vest, wat he secht, dat andere, 
dat du deyst, wat he gebut. \Ve nu werdich 
unde tot salicheit, alse id uns Christus ock 
gegeven hefft, tome sacramente wil gan, de 
sy eyn junger Christi, wo schwack he ock 
noch sy, de apostele were done ock nicht sere 
stark, alse gesecht ist, darumme weft he ock 
disse beyden stucken hebben, dat he 15vet, wat 
Christus secht, unde deyt, wat Christus gebut, 
vo konde he anders eyn junger Christi syn? 
\Vat secht hyr Christus? He secht vamme 
brode: Dit is myn lyff, dat vor ju gegeven 
weft. Vamme wyne: Dit is myn blut, dat vor 
ju uthgegaten wert tot vorgevinge tier sunden 
[lIt 26, 26 ff.; Luk 22, 19 f.]. Sulke xvSrde, de 
Christus secht, mostu 15yen, dot se wahr sind, 
unde nicht vorachten alse de sacramentes- 
schender, de sulken wScden gerne xvolden eyne 
nese maken, gelyck efft wy nach sulken wSrden 
des bevehles Christi dar nicht eten den xvaren 
lichnam unde drunken dot ware blut Christi. 
So mostu nicht alleyne 15yen, dot in disseme 
convivio Christi sy dat brot syn lyff unde de 
drank syn blur, xvelk ock de drivel 15vet, wente 
he wet wol, dat Christus nicht legen kan, welk 
ock etlie gotlose 10de 15yen to misbrrikende dot 
sacramente, sonder ock, dat lyff unde blut 
Christi, dat dy hyr imme sacramente to gude 
gegeven weft, vor dy imme krritze sy in den 
dSt gegeven, alse ock Christus dSt unde blut- 
vorgetinge hyr schol vorkundiget werden. Sulk 
15yen de d0vele nicht, ja de gotlosen rnisbrukere 
des sacramentes ock nicht, wente se vorlaten 
sick nicht darup van herten tot salicheit, sonder 
up mynschenlere unde werke. 
Sick vorlaten up de gerechticheit Gades in 
Christo, dot is up den dSt unde blur Christi, 
darmede uns Got rechtverdich unde fry van den 
sunden maket, is de rechte love, welken Chri- 

stus van uns vordert, vente he secht: Vor ju 
gegeven uncle uthgegaten tot vorgevinge der 
sunden. Sulke toversicht to Gade umme des 
dodes willen Christi maket dick alleyne wer- 
dich tome sacramente, wente dardorch bustu 
fry van sunden, eyn kynd unde erve Gades unde 
hast dot exvige levent. Vortwivele nicht umme 
dyner groten sunde willen, sulke toversicht 
nympt alle sunden wech. \Vat scholde Got mehr 
gedn hebben vor flick? He hefft nicht vor- 
schonet syneme eyngebaren SSne, sonder hefft 
en vor uns allen gegeven, Rom. 8 [32]. 
XVen du nu 15vest, wat hyr Christus secht, 
so werstu ock sonder twivel frylick dohn, wat 
he hyr gebut De mt deme sacramente anders 
handelen alse Christus gebut, geven gewisse an 
den dach, dat se nicht 15yen, sonder 5ten Heren 
in syneme bevehle vorachten, se seggen derme, 
wat se xvillen. Du ledest van dyneme knechte 
nicht, dot he dyne bevehl wolde vorachten, unde 
disse vorechtere schriwen sick ganz nicht, dot 
se dat bevehl Christi so vorachten 
War gebut denne hyr Christus, dot me dohn 
schal? He gebut: Nemet unde etet. Nemet unde 
drinket unde doht sulks, dot is, etet unde drin- 
ket, so vakene gy so eten unde so drinken, to 
myner gedechtnissen. 
XVen uns Christus hete wat anders to dohn, 
scholde wy id nicht dohn? Nu bevehlet he uns 
to dohn dot allerlefflikeste, dot me ock gerne 
up erden begeret, alse dot getrriwe brSdere to- 
samende kamen unde eten unde drinken dat 
allerbeste unde reden tosamende van saken, 
darvan 5re herte sick frSwe. 
Getrriwe brSdere van herten synt de rechten 
jungere Christi, de leven sick under eynander, 
l_egen nicht, bedregen nicht, handelen nicht 
valschlick, de ock xvol weten, dot se schuldich 
synt, vor 5re brSdere lyff unde levent to laten, 
ehr se scholden erren unde vordSmet xverden, 
we wolde nicht gerne by sulken syn7 Lopt 
overs eyn heymelick Judas darmede, so rnSge 
wy gedult hebben unde bevehlen dat Gade 
\Vat eten disse guden brSdere unde drinken, 
wen se tosamende kamen tome dische des Heren, 
alse he bevalen hefft? Dot beste alse syn lyff 

413 



Kirchenordnung 1528 

Ock weten de Christene wol, dat se nicht 
supen unde freten scholen, dat is, der spise 
misbruken; imme drinkende overs unde etende 
scholen se sick neyne sunde maken, sonder 
danken Gade, so se erkennen syne gaven, alse 
tovoren is gesecht uth deme Paulo 1. Timo. 4 
[4 f.], alse ock Christus uns vormanet Luce 21 
[34]: Hbdet ju, dat jue herten nicht be- 
sweret werden mit fretende unde supende unde 
mit den sorgen disses levendes etc. Metich 
leven edder ock to tiden deme olden Adamme, 
wen he vordraten is, dat voder weyniger geven, 
is genbch gevastet, wen du ock flesch etst unde 
neyne spise up neynen dach underscheydest, ane 
alleyne dat du nicht vorachtest de schwack- 
lbvigen. 
Dit lyff overs ,nit unbescheydener abstinentie 
vorderven, alse etlike dulle hilligen gedin heb- 
ben, is ock sunde. Wente darna kan me anderen 
nicht denen. Darumme ock Paulus Timotheon 
vormanede [1. Tim 5, 23]: Drink nicht mehr 
xvater, sonder drink metigen den wyn umme 
dyner mage willen unde steder swackheit. 
Wente Paulus befruchtede sick, dat Timotheus 
mit syner unbescheydener abstinentie sick 
mochte vorderven, dat he darna nicht konde 
dat evangelium predigen, so hedde denne Ti- 
motheus wehrlick 5vel gedin unde wedder Got 
mit syneme waterdrinkende. Syn evangelion 
halp velen tot evigen salicheit to ewigeme lave 
Gades. Dat waterdrinkent halp nemende. 
Darumme darvestu nicht mit gebadener bicht 
unde vastene edder anderen dingen, van Christo 
nicht gebaden, eyne unnbclige hillicheit tome 
sacramente anrichten. Lbve hyr, wat Christus 
secht, unde doh hyr, wat Christus beveh- 
let, so bustu eyn lbvich mynsche unde eyn 
trfiwe knecht Christi. So giffstu em de al- 
lerhbgesten ere unde deyst em den allergrb- 
testen denst. Lbvestu nicht also unde deyst 
nicht also, so helpet id dy nicht, dat du dyne 
untrtiwicheit unde gotlose vohrnement wilt mit 
anderen dingen, hyr nicht bevalen, smticken 
Wy synt Christus jngere unde knechte, he 

is unse meyster unde Here. Alse he leret, so 
schole wy id annemen, alse he gebut, so schole 
wy dohn. We syn egene meyster unde here 
wil syn edder andere meystere unde heren wed- 
der Christus wbrt unde bevehl volgen, de hefft 
mit Christo nichts to schaffen. 
Uth deme alle kanstu jo wol vorstahn, wo 
dy Christus dit sacramente bevalen hefft wer- 
dich to entfangen, dat du dick nicht darvohr 
schtivest, alse efft id were vorgifft, sonder 
nymst dat an uth der hand Christi alse eyn 
eddele geschenke unde brtikest dat na dynes 
gnedigsten Heren bevehle. 
Ock weft mehr wen klSr unde apenbar uth 
deme rechten bruke, darvan xvy gesecht heb- 
ben, welk sy de misgebrtick unde unxverdige 
entfanginge disses sacramentes. 
Int erste de sacramentesschendere, de dar 
predigen unde mit 5rer gememen 15yen, dat dat 
brbt Christi nicht sy syn lyff unde de drank 
des Heren nicht sy syn blut wedder de klaren 
wbrde Christi: Dit brbt is mm lyff. Disse 
drank is myn blur, de vorlbchenen de xvbrde 
Christi unde alse se nicht 15ven, so hebben se 
ock nicht, 5re brbt is brSt unde nicht dat lyff 
Christi, 5re drank is eya drank uncle nicht dat 
blur Christi, wente so leren se, so lbven se. Dar- 
umme mbgen se sick so hillich maken mit 5re- 
me sacramente, alse se villen, dat sacramente, 
dat Christus synen jungeren bevalen hefft, heb- 
ben se ncht 
Se seggen, Christus hebbe bevalen, wy scholen 
eten brbt, dat nicht sy dat lyff Christi, unde 
drinken den kelck edder drank, welk nicht sy 
dat blur Christi, dat dat brSt unde de wyn nicht 
mehr imme aventmale Christi schal syn, wen ick 
dar mit den lyffliken ogenen kan sehn, unde 
leren uns also de wbrde Christi: Dit is mm lyff, 
dit is myn blut etc. vorachten unde en e.me nese 
edder yule glose 55 maken. Etlike mbgen mank 
en wol eyne gude meyninge nach 5reme gut- 
dunken hebben, dat se mit sulker wise gerne 
wolden den grtiwel der papisteschen missen af- 
bringen Overs id is nicht christlick, dat me 

55 _-- faule Glosse. 

415 



Bratmschweig 

15gene mit 15gene wil uthdriven, fie conscien- 
tien werden ock nicht darvan gewisse. Se 
seggen vol vele vamme geystliken etende unde 
drinkende, overs wy hoxven hyr ock nicht dat 
lyff Christi in den pot, wy leren ock Christus lyff 
unde blut geislick, fiat is, mit deme loven ent- 
fangen stedes ane dit sacramente trade so 
vakene wy willer, ock in disseme uthwendigen 
sacramente nach syneme bevehle. 
Darumme segge wy xveddec se, dat Christus 
hyr vamme brode uns hefft gesecht unde be- 
valen: Nemet hen unde etet, dat is myn lyff etc. 
Vain kelke: Drinker alle daruth, dit is myn 
blur etc. He hefft nicht gesecht: Etet brSt, drin- 
ket wyn, sunder: Nemet, etet myn lyff, nemet, 
drinker myn blut, wente dit brot, dat ick ju 
hyr geve to eten, is myn lyff, uncle disse wyn, 
den ick ju hyr geve to drinken, is myn blur. 
Darumme is hyr de bevehl Christi de recte 
consecratie, unde he sulvest gifft my hyr sya 
lift unde blut imme sacramente, wowol dorch 
de hand des deners, de my den bevehl Christi 
mit deme wSrde vohrdrech, daruth alse ick 
hSre unde 16ve, so hebbe ick. Alse ock Christus, 
ja ock de ganze hilge drevaldicheit sulvist dSpet, 
alse tovoren gesecht is, darumme, dat id in 
syneme namen unde bevehle schtit. Alse ock 
de predige des evangelii nach syneme bevehle 
schtit unde weft doch dar nicht eyries mynschen 
w6rt geh6ret, sonder Gades, alse Christus secht 
[Joh 10, 27]: .Mine schape h6ren mynen stem- 
men, nicht mynschenstemmen. 
De sacramentesschendere seggen also 56: Wen 
id wahr xvere nach jueme vorstande, so segget 
uns, wo wert denne dat boot Christi syn lyff 
unde de drank Christi syn blut? Meyne gy, dat 
eyn jewelick pape, wen he ock sy esn hurer, eyn 
ehebreker, eyn w6kerer etc., ju maken kan dat 
lyff unde dat blut Christi? Wor hefft Christus 
bevalen: Maket mvn lyff, maket myn blur? Wor 
steyt id gescreven, dat eyn pape darumme kan 
dat lyff unde dat blut Christi imme sacramente 

maken, fiat em de hende gesmeret synt made 
eyn 16genaftich character indelibilis in fie sele 
gedrucket, id were denne character antichristi 
unde conscientia cauterizata? [Vgl. 1. Tim 4, 2]. 
So richten se ock 6re sake so heymelick uth, 
dat nemand xvet, war se gemaket hebben, unde 
wisen ju darna dat brSt alse tovorne, xvat kone 
gy dar mehr sehn? Dewile nu ju nemand dat 
lyff unde blut Christi kan maken, so hebbe gy 
id ock nicht imme sacramente to etende unde 
to drinkende. 
Wy laten nu anstfi de lesterwSrde, de se 
mehr plegen to bringen, uncle antwerden hyr- 
up. War kone wy darumme dohn, dat dit sacra- 
mente mennichvaldich dorch etlike mit unvor- 
stande, dorch andere mit mfitwillen misgebruket 
is wedder den bevehl Christi, schal darumme 
Christus wSrt unde bevehl, dar sick de jungere 
des evangelii an holden, nicht wahr syn7 Wy 
fragen ock nicht na den mynschengesetten unde 
characteren, dar Gades wSrt unde bevehl nicht 
van wet unde darumme ock de christenelove 
dar nicht van kan holden, unde bekennen fry- 
lick, dat nicht alleyne de papen, de in sunden 
synt, sonder ock neyn mynsche, wen he ock so 
hillich were alse Joannes Baptista, ja ock ne)m 
engel uth deme hemmele uns kan maken hyr 
imme sacramente dat lyff unde blur Christi 
unde volget denne noch nicht daruth: Nemand 
kan maken dat lyff unde blur Christi, darumme 
hebbe gy nicht syn lyff unde blur to eten trade 
to drinken imme sacramente. Wente wy kSnen 
noch wol dar dat lyff unde blur Christi hebben 
to eten unde to drinken, wen ock unse prester 
edder predicante eyn heymelick Judas were; 
e)men apenbaren, de uns dat evangelion vor- 
keren wolde edder eyn schandlevent anrichten, 
wille wy nicht liden. 
Wo geyt id denne to? Christus rest hyr sul- 
vest mit syneme wSrde unde bevehle syn lyff 
unde blur maken, sus konde he)me creature noch 
imme hemmele noch up der erden Christus lyff 

-,6 Vgl. Zwingli, Ueber Dokt. M. Luthers Buch, 
Bekenntnis genannt; Schuler-Schulthel IIb, 
S. 118, 122 (Abschlul des Druckes vermutlich 

bald nach dem 6. Aug. 1528, vgl. W. Kbhler, 
Zwingli u. Luther, 1. Bd., Quellen u. Forschun- 
gen z Reformationsgesch. VI, 1924, S. 647). 

416 



Kirchenordnung 1528 

unde blut maken, dewile he ock dat nemande 
bevalen hefft. Christus gifft uns hyr sulvest seyn 
lyff unde blut. XVente he secht nicht: Maker 
myn lyff unde blur, sonder: Nemet hen unde 
etet, dit is myn lyff etc. Drinker, dit is myn 
blur etc. XVat rede is, dat darf me nicht 
maken Christus bevehl, so wy deme 15ven, 
maket, dat dat brSt uns sy dat lyff unde de 
drank dat blur Christi, to eten unde to drinken 
to syner gedechtnissen. 
Alse wy nu de apenbare predige unseme 
predicanten imme namen Christi bevehlen vohr- 
todragen den, de se hSren willen, wo me dar 
deme evangelio 15vet, hefft me ock gewisse, 
alse Gades wSrt secht. Also ock bevehle wy 
demesulvigen predicanten, dit vSrt Gades, dat is, 
den bevehl Christi vamme sacramente neven 
deme brode untie wyne den, de dar eten unde 
drtaken willen, vohrtodragen. Dat se uth den 
xvSrden untie bevehle Christi mogen h6ren unde 
weten, war se dar salichliken 15ven unde dohn 
scholen War se dar 16yen, dat hebben se ge- 
wislick alse dat lyff unde blur Christi, de love 
feylet nicht, wente he steyt up deme klaren 
unde apenbaren wSrde Christi: Dit is myn lyff, 
dit is myn blur 
Sulke ordeninge to holden, lerede Paulus den 
Corinthern unde allen gemeynen Christi, alse he 
scrifft [1. K 11, 23 ff.]: Ick hebbe id vamme 
Heren entfangen, dat ick ju gegeven edder 
geleret hebbe, dat de Here Jesus Christus 
in der nacht, don he vorraden ward, ham dat 
brSd etc., unde he beslut daruth, dat wy dar 
eten dat lyff unde drinken dat blur Christi, 
darumme schole wy nicht unwerdich dat 
entfangen, unde secht: Itaque quicunque etc., 
dat is: Darumme dat ick gesecht hebbe, dat 
Christ-us gespraken hebbe van disseme brode: 
dit brot is myn lyff, unde van disseme kelke: 
disse kelck edger drank is myn blur, we un- 
werdigen nicht van ey-neme slichten, sonder 
van disseme brotie des Heren eth unde unwer- 
digen nicht uth eyneme gemeynen kelke, sonder 
uth deme kelke des Heren drinker, de wert 
schuldich nicht amine brode unde vyne, sonder 
amine live unde blude des Heren. De mynsche 

overs prSve sick sulvest unde also ethe he nicht 
van eyneme gemeynen brode, sonder van deme 
brode des Heren, van welkeme de Here secht: 
dit is myn lyff, dat vor ju gebraken wert, unde 
drinke also nicht uth eyneme gemeynen kelke, 
sonder uth deme kelke des Heren, van xvelkeme 
de Here secht, disse kelck is eyn nye testament 
in myneme blude etc. Wente we unwerdigen eth 
unde drinket, de eth unde drinker sick sulvest 
dat gerichte edder vordSmenisse, dat is, he 
sundiget grofflick unde strafflick darmede, dat 
he nicht underscheydet dat lyff des Heren. he 
wet wol unde bekennet, dat id sy dat lyff des 
Heren, vente he hSret, dat Christus secht: Dit is 
myn lyff, noch geyt he darto unde achtet noch 
des lives Christi noch syner salicheit mehr, wen 
efft he sus rSkelose to eyner andern spise ginge, 
alse etlike Corinthere detien, wo tovorn gesecht 
is, alse noch etlike dohn, besondergen de 5ren 
eroom unde sunde nicht vorlaten willen na er- 
kanten warheit unde angebadener gnade. Van 
sxvacklSvigen unde brekeliken brStieren edder 
junger Christi segge vy nicht, wente de willen 
so nicht bliven, sonder 5res feyls gerne 15s syn, 
de hSren ock to disseme sacramente, wa sxvack 
unde brekelick se ock synt. 
Etlike vorstin dat wort Pauli also, dat de 
nicht underscheyden dat lyff des Heren, de 
nicht 15ven, dat dar umme des xvSrdes Christi 
willen dat brSt sy dat lyff Christi. Dat de nicht 
underscheyden dat lyff Christi, is wehrlick 
vahr, xvo scholden se id van andern spise imme 
herren afscheyden, wen se nicht 15ven, dat id 
dar sy, unde hebben id ock darumme nicht 
Overs vat hebben sulke vorlSkers mit unseme 
sacramente to dohn? Lit se slicht brSt eten 
unde slichten xvyn drinken, flat sacramente, dat 
uns Christus gegeve unde bevalen hefft, hebben 
se nicht; unde Paulus na sulker meyninge, dat 
is, ven he wolde gesecht hebben, van den vor- 
15kers des lives unde bludes Christi imme sacra- 
mente, so hedde he mit anderen wSrden redet. 
Nu steyt overs dar also: he underscheidet 
nicht dat lyff Christi Dat is jo so vele: he 15vet, 
dat dar sy dat lyff Christi umme des wbrdes 
willen Christi, darumme is em ock dar dat lift 

417 



Kirchenordnung 1528 

Noch wolden de Christene Corinthere sulke 
grave ergernisse entschuldigen mit der christ- 
liken fryheit, dat se sulks nicht eten unde driino 
ken alse eyr gotzenopfer, sonder alse eyne gude 
creature Gades, de Got to eten unde to drinken 
geschapen hefft, alse Paulus sulvest leret 1. Ti- 
mot 4 [4] unde secht ock in disseme 5rde, dat 
is 1. Corinth. 10 [27], dat me m6ge eten allent, 
war vohrgesettet weft. id sy geoffert edder 
nicht geoffert den afgSde, s anders des offers 
nicht gedacht wert. Dat is jo alles recht in sick, 
overs sulke (ire meyninge vorstunden de heydene 
nicht, sonder meyneden, dat de Christene dar- 
mede ock 5re afgSde ereden unde priseden unde 
dat se sulk helden vor eynen rechten gades- 
denst, welk doch was eyn denst der drivelen. 
Desgeliken vorstunden sulks ock nicht de swa- 
ken Christene, de dardorch sere geergert wur- 
den, unde etlike vSren to unde eten ock deme 
exempele ha, doch wedder 5re conscientie, unde 
wurden so vorvSret tor sunde uncle vordSme- 
nisse de swacklSvigen brSder dorch den mis- 
bruck der christliken fryheit, vor welke brSdere 
doch Christus syn drire blut vorgaten hedde, 
unde me wolde doch nicht darmede christlike 
fryheit beschermen, sunder den olden schalk 
smucken to hoveren den geweldigen heydenen, 
dat me nicht darfte bekennen Christum unde 
syn evangelion, alse noch vele dinges desge- 
likert schtit. 
Sulk straffet Paulus scherp in desseme 5rde 
unde tovoren imme 8. capitele [1. K 8, 7 ff.] mit 
deme stucke hebben de hilgen apostole moye 
gehat, alse ock Joannes hindene an syne epi- 
stole scrifft [1. Joh 5, 21]: Kyderken, hodet ju 
jo vor den afgSderen. Amen. 
So secht nu Paulus: Dewile wy eyn koke 
unde eyrie selschop synt, wente wy alle eynes 
brodes dehlhaftich synt, welk brSt is de gemeyn- 
schop des lives Christi, van welkeme brode 
Christus secht: Dit is myn lyff, so schole wy 
uns jo nicht uth unser selschop dehlen unde 
gin van deme brode, dat Christus lyff is, tome 
brode, dat den drivelen geoffert is 

Unde wowol desulvige vorstand blifft, so 
scholde me doch dissen text van rechte so lesen: 
Quoniam unus panis (scilicet est, quem frangi- 
mus) nos multi sumus unum corpus, quia omnis 
ex uno pane (quem frangimus) participamus, dat 
is: Wente eyn brSt is id (dat wy breken edder 
mank uns 5ea uthdelen) unde wy vele synt eyn 
lyff edder eyrte selschop, darumme dat xvy alle 
eynes brodes dehlhaftich synt. Eyries brodes, 
secht he, welks7 Dat wy breken, dar Christus 
van secht: Dit is myn lyff, dat vor ju gebraken 
wert Wy synt alle eyn lyff nach unseme ge- 
richte, wy holden uns alle under eynander vor 
eyrie christlike vorsammelinge, darumme dat 
wy alle gelick tome sacramente gn, wowol 
nach Gades gerichte etlike in dat lyff edder 
vorsammelinge Christi nicht hSren umme jegen- 
werdiges ungeloven unde mutwilliger sunde wil- 
len, welke unxverdich eten une drinken dat 
liff unde blur Christi, welk se 15yen to syn imme 
sacramente umme tier w(irde willen Christi. 
Sulk eyn love is overs nich genSch tor sa- 
licheit, welken ock wol de drivel hebben kan. 
De tovorsicbt up Christus blut unde dSt is eyn 
gelove, den alleyne de rechten Christene hebben, 
ane welken blifft eyn m3nsche unlSvich unde 
kan Gade nicht behagen, ven he ock andere 
dink 15vet, de de drivel ock wol 15yen kan. 
Wy m6ten hyr in disseme levende eyne uth- 
wendige ecclesiam edder corpus, dat is in allen 
6rden, xv6r Christene tosamende wanen, eyne 
vorsammeltnge edder gemeyre edder lyff edder 
selschop under eynander mank uns hebben, 
scholden ock heymelike Judase mank uns syn 
unde kaff 57 mank deme k6rne. Van sulkeme 
uthwendigen live edder selschop secht hyr Pau- 
lus: Wy alle synt eyn lyff, in welken etlike 
wol unwerdich konen eten unde drinken dat liff 
unde blur Christi imme sacramente, wente de 
wy staden tome sacramente, de synt uthwendich 
in nostra communione, in unser gemeynschop 
edder selschop, wente nach unseme gerichte 
holde wy se vor from, welk vol mit etliken 
vor Gade anders roach syn, dat se vor Gade 

5c'a ,,uns" fehlt in der Druckvorlage 

.-,7 = Spreu 

5z" 419 



Kirchenordnung 1528 

secht, unde dohn, wat he gebut. Darmede is id 
alles recht unde wol uthgerichtet, alse tovoren 
gesecht is. Wy 15ven, dat dat brSt Christi nach 
syneme wSrde sy dat lyff Christi unde de kelk 
dat blut, trade dat he uns also hefft bevalen, 
wen wy darumme tosamende kamen, to eten syn 
lyff unde to drinken syn blut, unde nicht be- 
valen, to eten slicht brSt unde to drinken 
slichten wyn, 15yen overs ock darby, dat sulk 
etent synes lives unde drinkent synes bludes 
van uns schehen schal to syner gedechtnisse, 
dat is, dat wy darby vorkundigen scholen den 
dSt des Heren, alse tovoren gesecht is. 
Also hefft uns Christus bevalen, syn lyff unde 
blut to entfangen imme sacramente, unde nicht 
bevalen, syn lyff unde blut to maken. Syn be- 
vehl is de rechte consecratie, dat hSre ick 
unde neme id an. Christus secht: Nemet, etet, 
so neme ick unde ete. Nemet, drinket, so 
neme ick unde drinke. Sulk doet to myner 
gedechtnisse, so vorkun'dige ick unde hSre vor- 
kundigen in disser vorsammelinge, in disseme 
convivio den dSt Christi, dat he syn blut or- 
gaten hefft to vorgevinge der stmden, dat ick 
unde myne selschop vorstan unde bekennen, dat 
wy tot salicheit tins darup scholen vorlaten 
trade nicht up mynschlike rechticheit, alse de 
werkhilgen dSn wedder den christliken loven. 
Disse dink alle, alse eten, drinken unde des 
Heren Christi gedenken, kone wy dohn unde uth- 
richten. Dat overs dat brSt, dat ick eten schal, 
y syn lyff unde de kelk, den ick drinken 
schal, sy syn blut, dat wert Christus sulvest wol 
uthrichten. He maket sulvest mit syneme be- 
vehle, dat dat brSt sy syn lyff unde de kelk 
syn blur. He bevehlet, ick schal dar eten syn 
lyff unde drinken syn blur unde gedenken syner. 
Etert dat br6t unde drinken den vyn unde 
syner gedenken kan ick vol alse eyn gehor- 
sam junger Christi, dat dat brSt overs, dat 
ick eten schal, uns sy dat lyff Christi, unde de 
wyn, dert ick drinken schal, uns sy dat blur 
Christi, dar wert Christus sulvest wol up sehn, 

syn bevehl wert uns nicht bedregen edder vohr- 
legen, mit welkeme bevehle he secht: Nemet, 
etet, dit is myn lyff, nemet, drinket, dit is myn 
blut, dat is: Nemet, etet myn lyff, 15vende, dat 
dit sichtlike brSt, dat ick ju reke, sy nach 
myneme wSrde myn lyff. Nemet, drinket myn 
blut, 15vende, dat disse sichtlike drank, den ick 
ju schenke, sy nach myneme vSrde myn blut. 
Hyrumme twivele wy nicht, wen wy tosamen- 
de kamen to disseme bevehle Christi, to eten 
unde to drinken to syner gedechtnissen unde 
15ven, dat syne wSrde: dit is myn lyff, dit 
is myn blut, wahr synt, dat wy warhaftich dar 
in unser gemeyne hebben dat lyff unde blut 
Christi to eten unde to drinken in disseme 
sacramente. Alse wy hyr 15ven, so hebbe wy, 
id is neyn bylove, darumme dat Christus klare 
unde apenbare wort sulken loven dar vordert. 
Eyn jewelick overs sehe wol to unde prSve 
sick sulvest, dat he des lives unde bludes Christi 
imme sacramente rechte bruke nach Christus 
bevehle. Wente dat wy jo nicht twivelen schol- 
den in unser gemeyne mank den jungeren 
Christi, so let Christus syn lyff eten unde syn 
blut drinken imme sacramente ock de tmwer- 
digen jungere tot vordSmenisse, so se sick nicht 
darna bekennen unde beteren. Schadet id nicht 
deme live Christi, ven id de framen jungere 
eten, so schadet id em ock nicht, wen id un- 
richtige jungere eten. Dat xvere overs Christo 
eyn schade unde schande, wen syn wort unde 
bevehl nicht scholde wahr edder recht syn 
Alse ock Got bevalen hefft, dat syne eddele 
sunne schal upgin over de guden unde over 
de b6sen [Mt 5, 45], dat bevehl m6t gin unde 
wahr syn unde schadet der sunnen nicht, dat 
se up eynen schalk schine edder in eyne dreck- 
kule. 
Dat lyff Christi is unlidelick uncle weft in 
disser sacramentesetinge nicht in den pot ge- 
howen edder mit den tenen toreten 60 edder 
mit deme buke vorteret, sonder id is myste- 
-um fidei, dat is, eyn sacramente edder vor- 

6o Vgl. Luther, Vom Abendmahl Christi, Be- 
kenntnis. 1528, WA 26, S. 367. 

421 



Braunschweig 

borgen dmk des loven. Mynschendanken gelden 
hyr ganz nichts De love vorsteyt sick alleyne 
up disse sake nach allerne lude der wbrden Chri- 
sti. Dat dar sy dat lyff unde blur Christi, darto 
is genbch, dat wy 16yen, dat disse worde wahr 
syn: Dit is rnyn lyff, dit is rnyn blur. Dat wy 
id overs rechte bruken tor salicheit, darto hbret, 
dat wy lbven, dat is, uns vorlaten unde mit 
deme herren toversicht hebben up den dbt 
Christi etc. 
Dat overs gesecht is, dat wy hyr dohn, war 
wy konen, dat andere mbt Christus sulvest dohn. 
Wy konen eten unde drinken, dat id overs syn 
lyff schal syn, dat vy eten, unde syn blut, dat 
wy drinken, dat draper de varheit an synes 
wordes unde bevehles Dat geschtit ock in allen 
mirakelen, de Got den mynschen bevehlet to 
dohn, worurnrne volde wy denne txvivelen 
alleyne m disserne bevehle, dar he bevehlet, 
vy scholen eten syn lyff unde drinken syn blur? 
Eten unde drinken konen vy wol, syn bevehl 
overs, dat wy eten scholen syn lyff unde drin- 
ken sm blur, so xvy id lbven uncle annemen, 
wert uns nicht feylen laten. Got bevehlet, xvat 
de ltide to den mirakelen dohn konen, dat 
rnirakel overs deyt he sulvest, doch dorch den 
bevehl. 
So lese xvy Exo. 17 [5 f.] unde Nurneri 20 [7 f.], 
dat Got bevohl derne Mose, dat he scholde 
vaterbeken uth derne steyne slain, dat was vol 
so xvunderlick alse dat uns Christus bevehlet 
vamme sacramente, dat wy dar scholen eten 
syn lyff unde drinken svn blut. He bevohl, 
dat Moses scholde nernen de rbde edder stock 
in syne hand unde gin mit deme volke henuth 
unde reden to deme steme, dat id dat yolk 
anhorede, uncle slain rnit dern stocke up den 
steyn. Dat alle synt werke, de ock wol eyn 
ander gedin hedde ane Gades bevehl, he hedde 
overs nichts uthgerichtet. De,vile overs Got 
bevalen hedde, dat he so scholde water uth 
deme steyne bringen, so rnoste Got syn wort 
nicht to lbgene laten xverden. Moses dede, 
xvat he konde nach Gades bevehle, unde Gades 
bevehl gaff water uth derne steyne, de xverke 
schineden nerrisch alse in disserne sacrarnente 

unse etent unde drinkent; de bevehl Gades overs 
gaff dar water uth deme steyne alse hyr 
lat lyff unde blur Christi Got rnbt by synerne 
bevehle syn, wor id wert angenarnen, alse hIoses 
id annam, alse darsulvest ock Got tosecht: 
Sich, ick wil dar by dy stin up derne steyne 
Horeb. 
So ock Christus, alse gescreven steyt Joan. 9 
[6 f.], don he deme blindgebaren de steden der 
ogenen, so nerrisch alse id schynet, besrneret 
hedde, gaff he ern eynen gotliken bevehl unde 
sprack: Ga hen unde wassche dick uth derne 
dike Siloha! Worumrne7 Sunder tvivel, dat 
du sehende xverst, vo scholde he id anders 
vorstin7 Henne gin konde he wol unde sick 
wasschen, wen overs Christus bevehl nicht were 
dar geweset, so xveren lange neyne ogene dar- 
uth geworden Christus vas dar in synerne unde 
by syneme bevehle alse ock hyr in syneme 
aventrnale syner jungeren. 
Ja, sechstu, sulk mochte ick 15yen van den 
werdigen, alse Moses xvas unde de blindge- 
baren. War segge wy van den unwerdigen? 
Antvert: \Verdich edder umverdich, syn vbrt 
unde bevehl, so deme gelSvet wert, dat id wahr 
sy, rnot nicht toschanden werden. Des nyrn eyn 
exempel van den teyn uthsetischen, den sede 
Christus [Luk 17, 14]: Git hen unde viset ju 
den presteren! Worurnrne7 Sunder twivel, dat 
se up deme wege scholden reyne werden unde 
wisen den jbdeschen presteren 5re reynicheit. 
Anders konden se, ock scholden nicht disse 
wbrde vorstin, se nernen se ock so an nach derne 
sette, Levitici 14 [1--32] bescreven, dat de pre- 
ster schal richten, xven eyn uthsetische rnynsche 
is reyn geworden, efft he ock rechte reyn ge- 
xvorden sy, dat rne en rnbge wedder in de 
gemeyne rnank dat yolk staden, denne schal 
he geven syn offer, alse dar Moses gebaden 
hefft etc. Nu konden disse teyne wol hengin, 
se konden sick ock wol visen den presteren, 
dat se overs scholden reyne werden, rnoste 
Christus kraft unde bevehl uthrichten. Hedden 
se den bevehl Christi vorachtet, so weren se 
nlcht reyne worden, doch sstu dar, dat negene 
synt unwerdich geweset, de ock Christus schel- 

422 



Braunschweig 

Wy eten Christus xvare lyff unde drinken syn 
ware blut imme sacramente, xvente syn wSrt 
secht unde bevehlet also, dat de love nicht 
txvivelen kan, dat dar sy clat lyff Christi unde 
blur umme Christus xvSrdes willen, wo id overs 
da sy, weten alle synne nicht, kan ock neyne 
mynschlike vornunft vorstan edder begripen. 
De oren vaten dat xvSrt, unde dat herte 15vet 
id, alse wy 15yen nach Gades apenbaren wSrde, 
so hebbe wy. 
Wen xvy sulks xvusten, so darfte wy nicht 
vele unnutter fragen maken, efft ock eyne mils 
ere dat lyff Christi, wen se tome sacramente 
kumpt unde der fragen mehr, Christus hefft dit 
sacramente synen jungeren gegeven unde nicht 
den mfisen; de mils hebben mit syneme wSrde 
unde bevehle nicht to dohn. Christus is by 
syneme xvorde unde bevehle, he xvet xvol, xveme 
unde worto he dit sacramente gegeven hefft. 
Dat is nu genSch int erste gesecht xvedder 
de vorlScheners des lives unde bludes Christi 
in dissem sacramente. 
Tome anderen: De nu gelSven, dat Christus 
xvare lyff unde blur sy imme sacramente umme 
syner wSrde xvillen: dit is myn lyff, dit is m 
blur, de sehn recht to alse jungere Christi, dat 
se id rechte nach syneme bevehle bruken, dat 
uns nicht unse gnedigeste Here Jesus Christus 
mSge schelden vor bose jungere und untrfixve 
-knechte, xven wy nalaten by disseme sacra- 
mente, war he uns bevalen hefft, edder dohn 
darmede, war he nicht bevalen hefft, unde 
mochte seggen to uns: Ick hebbe nicht eyn 
sacramente bevalen, dar me also mede scholde 
handelen. Daruth werstu sehn den griiweliken mis- 
bruck disses sacramentes, sus lange geholden. 
Christus hefft hyr syn lyff unde blur bevalen 
syneme jungeren to eten unde to drinken to 
syner gedechtnisse. War he bevalen hefft, dat 
schole xvy dohn unde nemen van syneme be- 
vehle nichts aff, dohn ock nichts darto, dat 
syneme bevehle mochte entgegen syn 

Lichte, albert 62 unde caselen 63, de wy sus 
gerne darby bruken edder andern swacklSvigen 
to willen, breken deme bevehle Christi nichts aff, 
alse ock nicht darto schadet, dat eyn tome sacra- 
mente geyt imme roden rocke, eyn ander imme 
schwarten. Sulk helper nicht darto, schadet ock 
nicht darto. Dat is overs wedder den bevehl 
Christi, wen me sick nicht vorlet up den dSt 
unde blur Christi edder wen me nicht eth unde 
drinket to syner gedechtnisse, sonder me maker 
anders war daruth alse navolget. 
Tome drudden: De misbruken des lives unde 
bludes Christi imme sacramente unde nemen id 
unwerdich, de nicht 15yen, dat is, mit deme 
herren sick nicht darup vorlaten, dat Christus 
syn lyff vor uns in den dSt gegeven hefft unde 
syn blut imme krfitze to vorgevinge unser 
sunden vorgaten hefft, dat dohn by uns alle 
xverkhilligen, de sick vorlaten up mynschentand 
unde ertichtede hillicheit der dinge, de Got nicht 
bevalen hefft, unde laten dewile den namen 
deme dode unde blude Christi, de kraft overs 
rekenen se to 5ren xverken unde vordenste: van 
5reme erdichten gadesenste secht Christus 
.Matt 15 [9]: Frustra colunt me etc. unde Matthi. 
23 [14]: Comeditis domos viduarum praetextu 
longe orationis etc., alse dat nu in der werlt 
nemand is, de so sere dat evangelion, welk 
uns den dSt unde blut Christi vorkundiget, hate 
unde vorvolge. Se konden wol liden, dat wy 
ock predigeden unde predigen leren vamme 
dode unde blude Christi, se wolden overs, dat 
me darmede ock bliven scholde laten 5re van 
sche lere, darmede se 5re erdichtede handwerk 
nSdich maken tor vorgevinge der sunden unde to 
vordenen dat erve Gades, welk de kyndere 
nicht vordenen, sonder id hSret en, unde sulk 
dohn se umme 5rer ere villen unde dat deme 
groten gade buke nicht afgebraken xverde edder 
jo sus uth mStwillen unde vorstockeder blind- 
heir, se stoppen 5ren unde ogene to, alse de 
phariseyer unde scriftgelerden deden nach der 

e- Albe  lange xvei/3e Tunika, liturg. Gexvand 
hSherer Kleriker 

ca _--priesterliches hIefigexvand, in den Farben 
nach den Zeiten des Kirchenjahres wechselnd 

424 



Kirchenordnung 1528 

prophetien Esa. 6 [10]. Sulke willen allermeyst 
mit disseme sacramente handelen. War hebben 
se doch to schaffen mit disseme sacramente? 
Christus imme bevehle disses sacramentes 
viset uns davup, dat he syn liff vor uns in den 
dt gegeven hefft unde syn blut imme krfitze 
vor uns vorgaten to vorgevinge der sunden unde 
spreckt klr, dat wy scholen eten unde drinken 
to syner gedechtnissen, dat is, wy scholen vor- 
kundigen synen dt. Sulken loven unde sulke 
vorkundinge, dewile 5re ere unde vule hillicheit 
darmede weft neddergelecht, haten se unde vor- 
volgen uppet allerhSgeste. Wente se hebben 
mehr lyff de ere der mynschen wen de ere 
Gades, se konen gotliker warheit unde der 
predigen des loven nicht rhfim geven, se ver- 
den overs an deme ecksteyne Christo dat hSvet 
entwey lopen. War willen se doch mit disseme 
sacramente dohn7 De bevehl Christi hret den 
jungern Christi to, de sick vorlaten up Christus 
dt unde blur unde nicht up monniketand unde 
vnynschenlere edder rechticheit, dardorch de 
vorkundinge des dodes Christi vert vorhindert 
unde to 15yen gewehret. 
Dit segge wy wedder de mutwilligen, de fre- 
velich wedder dat evangelion Christi ronnen 
Beth hehr in unwetenheit hefft Christus vele 
mit uns vordulden kont, wSrmede willen sick 
nu de mutwilligen beschermen vor Gade. 
SvacklSvige overs, de noch hengen mit deme 
herren an etliken werken unde willen sick doch 
gerne leren laten mit deme evangelio, der 
schole wy uns annemen alse unser leven brode- 
ren unde ergeren se nicht, de hSren mit uns 
to disseme sacramente etc. 
Andere willen wol nicht anders hSren ven 
dat evangelion, se beteren sick overs nicht 
daruth, sonder werden wilde unde rSkelSs 64 
5rer salicheit. Daruth denne etlike van vor- 
drete des evangelii unde van begerte nyer vfinde 
vallen up danken unde opinien unde maken 
sekten unde partyen mank den jungeren Christi, 
dewile se nicht konen bliven up der reynen lere 
des evangelii, welk leret den loven in Christum, 

leve unde geduld jegen alle mynschen, to holden 
slichten an Gades w6rde wedder alle mynschen- 
lere unde gedanken. 
Etlike vallen in apenbare sunden unde schan- 
den edder sulke ergernisse, dar andere mede 
vorv6ret werden tor vord6menisse, alse disse 
stucke alle tovorn gesecht synt van den Co- 
rintheren, de unwerdich eten unde drfinken dat 
aventmil Christi. 
Disse lfide weten wol unde 16ven vol, dat 
id vahr sy unde neyne valsche lere, dat Chri- 
stus lyff vor se in den d6t gegeven is unde syn 
blur imme krutze tor vorgevinge der sunden 
vor se vorgaten, darumme konen se ock vele 
darvan seggen, lesen unde scriven; wen overs 
de rechte christlike love dar were, dat is, wen 
se mit deme herren sick darup vorleten, so 
wurden se xvol darto gedenken unde Got an- 
ropen, dat se beter Christene mochten xverden. 
Wente rides christiana, dat is, christenelove 
her nicht alleyne, dat ick 16ve, dat id wahr sy, 
dat h6ret jo ock darto, sonder dat ick my mit 
deme herren vorlate up datjene, dat my van Chri- 
sto edder dorch Christum imme evangelio wert 
togesecht, dat also rifles christiana {velken uns 
Christus unde de apostele prisen, dat wy dar- 
dorch hebben vorgevinge der sunden unde synt 
kyndere unde erven Gades) her egentlick fidu- 
cia in Christum vel fiducia in Patris Dei be- 
nignitatem per Christum, dat is eyne tovorsicht, 
edder dat me sick vorlet up Christum, edder 
eyne tovorsichtup de gnade unde bermherticheit 
Gades, unses leven Vaders, umme Christus xvil- 
len, dewile he uns geschenket is unde so vele 
umme uns gedn hefft. We sulk eynen loven be- 
ginner to krigen dorch den hilgen Geyst, velk 
en alleyne m6t geven, deme luster nicht to 
schwermen, weft ock nicht seggen: Ergo pecca- 
bimus, ut gwatia abundet, Born. 6 [1]. 
Tome vehrden: Christus spreckt: Nemet hen 
unde etet Nemet hen unde drinker alle dar- 
uth. \Vy synt nicht bedvungen, dat sacramende 
stedes to nemen, dewile id Christus uns bevalen 
hefft, so vakene wy villen, so verne vy id nicht 

64  ruchlos, d. h. gleichgfiltig gegen 

425 



Braunschweig 

meyninge stemmet tosamende mit deme bevehle 
Christi, de secht, dat me sulk dohn schal to 
syner gedechtnisse. XVen me des wSrdes sacrifi- 
cium nicht misbruken wil, so schadet id nicht 
in sulker meyninge, de recht is. Etlike hebben 
ock sacrificium genSmet dat brSt unde wyn, 
dat de Christene tosamende drSgen, wen se 
wolden holden des Heren aventmil, darvan de 
gewanheit noch is, dat me dat brSt, welk me 
plecht to bruken tome sacramente, nSmet ob- 
laten unde hostien, dat is, offere. 
De olden doctores overs unde de Christene 
by 5ren tiden nSmeden dit sacramente eyn 
sacrificium, dat is eyn offer, welk se vorstun- 
den eyne gedechtnisse des offers Christi imme 
kratze, nicht wen eyn prester vor dat altar 
gink unde ath uncle drank alleyne und let de 
anderen tosehn, sonder wen de Chrzstene to- 
samende quemen unde eten dar unde drunken, 
alse Christus bevalen hedde. So plach me done 
dat sacramente to bruken und nicht so groff 
misbruken alse nu. Ock vorbSth me done nicht 
den leyen den kelk des Heren, ja id wart vor 
erdom gerekent unde vor sulke sunde, dat me 
den vorbeden scholde dat sacramente, de sick 
vamme kelke wolden entholden, alse me noch 
lesen roach: De consecratione, distin, secun, capi. 
Comperimus 74 
So hebben se 5re sacrificium vorstn nach 
5rer egenen scriften bekentnisse, welk sick rimet 
mit deme bevehle Christi, sus scholde. (ire scrift 
nichts gelden, und so etlike 5rer scrifte wurden 
bevunden hyr wedder, so scholen se nichts gel- 
den, wen ock eyn engel uth deme hemmele 
screve unde predigede wedder den bevehl Chri- 
sti, alse Paulus darf seggen vamme evangelio 
Gala. 1 [8] 
Wente wy synt nicht gebawet up disse edder 
jene doctores, dar hebben gude Christene ge- 
xveset, ehr de doctores gebaren wurden, sunder 
xvy synt gebuwet, darup alle bilge doctores unde 
alle Christene gebuwet scholen syn, up dat fun- 

dament der propheten unde apostelen, Ephe. 2 
[20], welk fundament is Christus Jesus, 1. Corin.3 
[11], den schole wy hSren, Matth. 17 [5], up den 
hebben de propheten unde apostele mit 5rer lere 
gebuwet nach Gades bevehle, des synt wy ge- 
wis, wedder Christus uthgedruckede wSrt unde 
wedder de apenbare lere der propheten unde 
apostelen neme wy neyne lere an tier mynschen, 
se syn hillich edder unhillich. 
Hillige doctores hebben dat ock nicht begeret, 
sonder mit 5ten scriften uns gewiset tot hilgen 
scrift mit bekentnisse, dat (ire meyninge nicht 
scholde gelden, wSr se bevunden wurde, dat de 
hilge scrift anders sede, welk Augustinus mehr 
wen eynmil in synen scriften bekant hefft ;5, 
welk ock de warheit wedder alle mutwillige 
fordert, wente wedder Gades wSrt schole wy 
nemande 15yen. 
Poltergeyste, welke nicht anders wen davele 
synt geweset, alse amine dage is, hebben uns 
vele selemissen gemaket, de uns mit Gades 
worde nicht bevalen synt. Ja, se synt wedder 
Gades wSrt darumme, dat me hefft geleret, dat 
sacramente werde vor de selen geoffert. Mit 
weiken wSrden hefft dat Christus van disseme 
sacramente bevalen 7 
We by sick sulvest vor de doden bidden wil, 
deme wille wy id nicht vorbeden, he gedenke 
overs, dat he sulkes nicht vohrneme to bescher- 
men darumme, dat id uns van Gade nicht be- 
valen is, welk ock de orsake is, dat id van 
rechte in der kerken apenbar nicht schehen 
schal, dewile dat me dar nichts armemen schal, 
wy hebben denne apenbar bevehl van Gade 
Dat vele lade, ja ock etlike bilge, alse Gre- 
gorius, den poltergeysten 76 15vet hebben unde 
balde vor wahr gescreven, wat se van anderen 
laden hSreden, dat hefft vele ungeluckes maket 
in disseme stucke unde is doch unrecht wedder 
Gades gebot. XVente Got hefft vorbaden, dat me 
van dode neyne warheit fragen edder ock an- 
nemen schal, Deut. 18 [11], Esa. 8 [19], vat nu 

; Decr. Grat. III, dist. II, c. 12; Friedberg I, 
S. 1318. 
;5 z. B. Contr. litt. Pet. III, 6, 7; _MSL 43, 351. 

CSEL 52, 168.- De gL'atia Christi c. Pelag. 
43, 47; MSL 44, 381. 
76 Vgl. z. B. Dial. lII, 30; .ISL 77, 288 f. 

428 



Kirchenordnung 1528 

sibi rnanducat et bibit: We unwerdich eth unde 
drinker, de eth unde drinket sick sulvest, unde 
nicht den anderen, dat richte. Daruth ock klir 
is: We werdich eth uncle drinker, de eth unde 
drinket sick sulvest, unde nicht den andern, de 
salicheit. 
Hefft Christus den leyen nicht gegeven den 
kelk imme letsten aventmale, so hefft he en ock 
nicht gegeven dat brSt, wente he hefft jo in 
syneme bevehle neyn underscheyt gemaket, ock 
nicht up eyn andermil dat sacramente gegeven 
Hebben se neyn ander bevehl wen Christus be- 
valen hefft varnme sacramente imme letsten 
aventrnale, so sxvigen se men stille, rne wil nu 
nicht rnehr kikelkakel hSren, sonder Gades klare 
uthgedruckee wSrt. Christus hefft bevalen, alse 
ock de apostele geleret hebben unde de Chri- 
stene nach der apostele lere geholden: Nernet, 
etet; nemet, drinker alle daruth. Tratz deme 
vortwivelden kettere, de hyr wedder gude grunt 
der warheit schal bew':sen. Eyn gut convivium 
scholde id syn. dar rne ethe unde nicht drunke, 
dar de knechte dat drinkent den gesten vol- 
den vorbeden unde de wert hedde id doch be- 
valen to geven unde to nemen. 
Darurnrne sundigen de papen noch gr6ver in 
disseme stucke als imme anderen misbruke, 
wente hyr vorbeden se unvorschernet ane ent- 
schuldinge uth mutwillen, war Christus gebaden 
unde bevalen hefft. Christus secht: drinker uth 
deme kelke. Se seggen: drinkt nicht, de is eyn 
ketter, de daruth drinken wil, wen he ock nicht 
drunke. Is dat nicht eyn grtiwelick frevel unde 
miitwille wedder den bevehl Christi, wedder de 
lere der apostelen, wedder den gebruck der 
olden Christenen ane alle Gades w6rt? 
Dat se overs vele vehrlicheit hyruth maken, 
is eyrie narrye. Christus is wol so kltick gewe- 
set alse se, dat se en nicht darven meysteren, 
de olden Christene hebben van sulker rare nicht 
gewust. Hyr is ganz neyne rare, wen du dat 
sacrarnente wult oruken, alse Christus bevalen 
hefft. Vare over unde vord6menisse is id, wen 
du mutwillich anders lerest unde handelst. 
Wen se denne sehn, dat se sick nicht be- 
schermen konen wedder de warheit unde synt 

doch so gotlose 10de, dat se der warheit nicht 
wiken konen, scholden se ock ewich tome dtivele 
varen, so bringen se eyne trefflike 6rsake vohr, 
w6rurnme de leyen nicht scholen den kelk des 
Heren drinken, dat rne schyr meynede, id were 
6re ernst unde seggen: Wen de leyen dat blut 
Christi uth derne kelke drunken, so mochten se 
yn eynen groten erd6m kamen, dat se 15veden, 
dat imme brode were dat lyff Christi ane blur 
unde kan doch nicht syn, dat e-a levendich 
lyff scholde syn ane blut, wen de leyen dat lyff 
eten imme brode, so eten se rnit dat blur Christi. 
So segge wy: Hans narre, wy weten ock xvol, 
dat eynes mynschen levendige lyff, ja ock eyries 
esels unde ossen, blur in sick hefft. Bustu overs 
eyn junger Christi, so mostu Christus w6rt unde 
bevehl nicht rneysteren edder breken mit dyner 
vornunft. Alle vornuft unde rnynschlike vorstand 
unde danke gelt hyr ganz nichts, alles steyt 
hyr up Christus w6rde unde bevehle. 
Christus hefft uns eyn sacramente gegeven, 
dat is eyn heymelick vorborgen dink, welk 
alleyne de love begript uth synerne w6rde, imme 
welkeme sacramente uns dat brot is dat lyff 
Christi to etende unde de xvyn dat blur to drin- 
kende, dar twivele wy nicht anne, wente syn 
w6rt kan nicht legen, wo id overs togeyt, dat 
dat br6t sy syn lyff unde de wyn syn blut unde 
dat ick to sun:lergen syn lyff ere unde to sun- 
dergen syn blur imme sacrarnente drinke, dat 
kan neyne vornuft begripen, dat id overs wahr 
sy unde geyt so to, dat vorsteyt de love wol uth 
Christusw6rde, war Christus hyr secht unde 
bevehlet, dat kone wy weten uth synem worde, 
war he nicht secht, dat kan unde schal unde 
darf nemand veten, wy hebben n6ch to dohn 
rnit deme, dat uns bevalen is, dat wy nicht dar- 
Yen rntt gotlosen danken ummegn wedder Ga- 
des bevehl. Vornuft wet nichts van disseme 
sacrarnente. Unde vele dinges is by dissen lets- 
ten tiden bedacht alleyne to beschermen den 
gotlosen rnisbruck des sacramentes unde to 
vorbeden, war Christus bevalen hefft, alse ock 
is dit stucke van kelke des Heren 
Wen vornunft hyr gelden schal wedder Gades 
w6rt, so wil ick ock balde mit der vornunft 

431 



Braunschweig 

unde mynschlikerne vorstande hyrin plurnpen, 
alse rneyster plump plecht to dohn, xven he sick 
nicht up Gades wort kan vorstin unde seggen: 
Is dat br6t dat lyff Christi, so wil daruth vol- 
gen, wen dat brot in stucken wert tobraken, 
dat dat lyff Christi ock wert tobraken, xvert id 
in stucken tobraken, so wert id ged6det. Itern 
wen id gegeten weft, so wert id vordorven, vor- 
dower unde tonichte, alse uns ock de sacrarnen- 
tesschendere lesteren, wen vornuft schal gel- 
den in disser saken unde nicht slichtes Christus 
v6rt unde bevehl, vormede wultu dick vehren 
vedder sulke lesterlike ansprake? Noch kurnp- 
stu hehr rnit dyner vornuft unde sechst: Eyn 
levendich lyff is nicht ane blur, darurnme xven 
rne dat liff irnrne brode hefft gegeten, so schal 
rne nicht den kelk des Heren drinken. Hans 
narre, darumrne dat dy so dr6met, schal ick 
darurnrne Christus xvort unde bevehl vallen la- 
ten? Doh dat wort Christi vech, so hastu nichts 
varnrne sacrarnente. Deyt id overs hyr alles dat 
vort unde bevehl Christi, so is id jo christlick, 
dat du synerne bevehle navolgest unde nicht 
dmen gotlosen danken. 
Segge, worurnrne drinken den kelk de papen, 
xven se dat br6t entfangen hebben? To eten 
uncle to drinken synt alle Christene gelyck, wen 
du wult war anders rnit derne sacrarnente uth- 
richten wedder Christus bevehl, so sehe, wo du 
d vor Gade vorantwerdest. 
HSre to, du dulle vornuft, de du so gotlose 
wult rneystern uncle voranderen Christus w6rt 
unde bevehl, xvy willen alse jungere Christi dy wol 
eynen anderen text lesen, so du den nicht wilt 
h6ren, so schaltu gotlose bliven unde mit Christo 
edder rnit synerne sacrarnente nicht to schaf- 
fen hebben. Wy Iragen dar nicht ha, war du 
gedenkest irnrne brode to syn, efft rne irnrne 
brode nicht alleyne lyfflick ere dat lyff Christi, 
sonder ock na dynen danken drinke dat blur 
Christi. Christeneltide, de na Gades w6rde fra- 
gen, konen sulke danken wol entberen. 
\Vy fragen overs darna, wen Christus uns den 
kelk anbut unde secht, de sichtlike wyn sy syn 
blut, uncle bevehlet uns, dat xvy scholen alle 
daruth drinken, rnit dissen worden: Drinket alle 

daruth, disse kelk is rnyn blur. Efft id denne 
christlick edder billich sy, dat eyn gotlose myn- 
sche, he sy gr6t edder kleyn, segge: Neyn, drin- 
ker nicht daruth, gy darven nicht, hebbe gy 
doch syn blur gedrunken imme brode, unde wil 
id also beter xveten, war wy hyr dohn scholen, 
wen Christus sulvest, unde Christus m6t so eyn 
narre syn, de sulk bevehlet, urnrne des unsinni- 
gen koppes duller kluckheit willen. Ja, he darf 
noch wol sulk vor ketterye schelden unde rnaket 
also Christum to eyneme kettere unde syne 
leven apostele unde de olden doctores unde alle 
Christene, de geweset synt na Christ-us hern- 
rnelvart over dusent jaren etc. 
Wo steystu nu, du grave osse, is id nicht 
arnrne dage, dat du hyr Gades xv6rt vorachtest 
unde firlefanzest mit iosen danken, mit xvelken 
du bewehren xxmlt, dat rne hyr nicht schal dohn, 
unde dat id ketterye sy, war Christus uns gne- 
dichliken bevehlet. 
H6re noch mehr, wo Christus mit synerne be- 
vehle unde w6rde stormet unde dunret xvedder 
dyne larnen flanken. Christus secht: dit brot 
is rnyn lyff, unde secht nicht: dit br6t is rnyn 
lyff unde rnyn blut. Itern disse kelk is eyn nye 
testarnente in rnynerne blude, edder dit is myn 
blur, unde secht nicht: Dit is rnyn blur unde 
rnyn lyff. Also dat dit wol rnach heten eyn sa- 
crament edder rnysterion, dat is eyn vorborgen 
dink unde unbegriplick, in den sichtliken dingen 
der vornunft vorborgen Itern he secht varnrne 
brode, dat syn lyff is: nernet, etet, unde secht 
nicht: nernet, etet unde drinker van disserne 
brode. He secht varnme dranke, de syn blur is: 
Nernet, drinker, unde secht nicht: Nernet, drin- 
ker unde etet van disseme dranke. De conco- 
rnitantia, dar se van seggen, de lit gelden, so 
vele alse se xvert is, du junger Christi, hebe 
acht, war Christus hir secht unde bevehlet. 
Sulken v6rden Christi hefft Paulus ock nagevol- 
get unde gesecht: So vakene gy xverden eten dit 
br6t unde drinken uth disseme kelke etc. unde 
hefft stedes dat etent by dat brot unde dat 
drinkent by den kelk gesettet, dat Christene 
beyderleye dohn, eyn jevelick by sick nach 
Christus bevehle. Darto secht Paulus irnrne vori- 

432 



Kirchenordmung 1528 

scholen. Darumme synt ock tome letsten vele 
ungelerder papen so bylSvesch geworden, dat 
se nicht in dat bSck wolden sehn, sonder leten 
sick maken sonderge breve, darinne stunden 
verba consecrationis, unde buckeden deme brode 
unde wyne schyr mit allen worden to 86, dat se 
id jo wolden rechte drapen, unde wen se id so 
nicht hedden gemaket, so makeden se eyrie 
harde bicht darvan. 
Augustinus overs in demesulvigen 5rde 87 dti- 
det syne wSrde sulvest vele anders also: Hoc 
fit faciente verbo non quia dicitur, sed quia 
creditur, dat van den elementen sacramente 
werden unde wy dar sunderge gnade unde sa- 
licheit entfangen, dat geschtit dorch de kraft 
des wSrdes nicht darumme, dat id gespraken 
weft, sonder darumme, dat id gelbvet weft. 
Schal id overs gelbvet werden van uns, so mbte 
wy id hbren. 
So holde me uns nicht vohr dat elemente ane 
dat wbrt, wente sulk eyn elemente edder uth- 
wendich dink hebbe wy wol ehr gesehn, me 
holde uns dat wbrt unde bevehl Christi darby, 
dat wy so dat mogen holden unde annemen 
vor dat rechte sacramente, dat uns Christus 
bevalen hefft to eten unde to drinken to syner 
gedechtnisse. Worumme wiltu my nbdigen, dat 
ick Gades wbrde lbven schal, wen ick Gades 
wbrt nicht hbre unde du makest dar eyn silen- 
tium van? 
Besundergen by unsen tiden is id allermeyst 
van nSden, flat wy dat bevehl Christi apenbar 
laten hSren wedder de sacramentsschendere, 
dat se uphbren van 5reme erdome, unde wedder 
de papisten, dat se uphbren van 5reme schend- 
liken misbruke. Dat bevehl Christi schendet se 
van beyden siden unde steyt by uns, so wy 
deme nakamen. 
Uth der gedechtnisse, de Christus bevalen 
hefft, kan me ock wol merken, dat nicht sick 
eyn jewelick heymelick by sick eyn sunderich 

aventmal anrichten schal. Wat woldestu den 
dit Christi vorkundigen, wen nemand dar is, de 
tohSre, edder de mit dy rede edder singe van 
Christus dode? Darumme schal dit sacramente 
apenbar gebruket werden, wor eyne christenege- 
meyne is. Weme dar nicht is, edder dar dit sa- 
cramente nicht gegeven wert, so late me sick 
benSgen alleyne amine geystliken etende unde 
drinkende, darvan tovoren gesecht is. De dit 
sacramente overs hebben konen, scholen id nicht 
vorachten, sonder vakene togan, alse ock ge- 
secht is. 
Tom achten volt uns eyne frage vohr, efft dat 
ock eyn misbruck sy des sacramentes, wen ick 
darby bun, dar dat sacramente recht na Chri- 
stus bevehle gebruket vert, dat is dar commu- 
nicanten synt, de dat sacramente willen eten 
unde drinken etc., unde ick wil doch up dit 
mil nicht eten unde drinken. 
Antwert: Wen ick dat wolde stedes dohn, so 
were id unrecht, unde ick hSve vedder an, vain- 
me sacramente eyne papistische misse to maken, 
dat ick men wolde tosehn unde sus mit deme 
bevehle Christi nicht [to] schaffende hebben, sus 
wen ick id nicht deme bevehle Christi to rot- 
range doh, holde icl id nicht vor eynen mis- 
brtick, sonder kan wol selichlick unde nutlik 
darby syn mit sulker meyninge. 
Ick hebbe orsake darto, vorumme ick up 
dit mil nicht darto ga, wil doch up andere tide 
gerne vakene darto gin na Christus bevehle, de 
id my fry gelaten hefft, to entfangende so va- 
kene alse ick vil. 
Wandages mosten se dat sacramente nemeno 
so vakene alse se tosamende in de kerke que- 
men, alse steyt De consecratione dist 2: Perac- 
taS8, unde dis. 1: Orrmes fidelesS9, edder me 
dede se in den ban; sulk dwank is to vele ge- 
weset, mynschenbade hebben done nerren kont 
sowol alse nu; me lecht id dar den apostelen 
to, dat se sulks gebaden hebben; me deyt en 

s6--_ btickten sich zu dem Brot und Wein, vgl. 
H. Lietzmm]n, K!.Texte 88, S. 121. 
87 In Joannis evangelium, tcact. LXXX, 3; ,ISL 
34, 1840. 

s8 Decr. Grat. III, dist. II, c. 10; Friedberg I, 
S. 1317. 
89 Decr. Grat. III, dist. I, c. 62; Friedberg L 
S. 1311. 

54- 435 



Braunschweig 

tmrecht De apostele wusten wol, dat sulks Chri- 
stus rnit gebaden to bestrickende nicht bevalen 
hedde. 
Wowol nu dat ick up dit rntil nicht darto ga, 
so vorachte ick id doch nicht, unde wen neyne 
cornrnunicanten dar weren, so scholde me urnrne 
rnynes tosehndes willen nicht rnisse holden, 
wente dar wil ick nicht by syn, dar dat sacra- 
rnente nicht gebruket wert na Christ-us bevehle. 
Dexvile overs ick bun, dar communicanten synt, 
de des sacrarnentes recht bruken willen, so vele 
alse minschen uth Christus bevehle richten ko- 
hen, worumrne scholde ick nicht in der kerken 
syn? Bun ick doch nicht eyn JSde edder heyden 
edder uth myner gerneyne van rnynen christe- 
nenbroderen vorbannen. Ick wil overs nicht 
myck todrengen unde vorhinderlick syn den 
cornrnunicanten, de sunderlick by deme altare 
varnrne volke scholen afgescheydet syn, dartho 
de chSre wol denen van oldes, ehr dat vele sin- 
get upquam, dartho gernaket, sonder ick wil 
stin, dar ick nemande hindere, unde kan ick dat 
sacrarnente nicht sehn, so wil ick rny nicht be- 
kumrneren darumrne, sonder wil id doch hfren, 
wente dar hSre ick rnyne salicheit, dat ganze 
evangelion, alse tovoren gesecht is, unde holde 
ick up dit rnil rnit den comrnunicanten, dat is, 
rnit rnynen leven broderen, de tome sacrarnente 
gin, nicht de uthwendige comrnunicatio, dat is 
de gerne3mschop edder sarnnptnetmge des sacra- 
rnentes, so wil ick doch mit en holden de uth- 
wendige cornrnemoratio, dat is, de gedechtnisse 
odder vorkundinge des dodes des Heren, unde mit 
en bekennen Christus blur, beden, singen, laven, 
lesen unde predigen van der bermherticheit Ga- 
des, unses leven Vaders, dorch Jesum Christum, 
unsen Heren, vor uns in den dSt gegeven. 
De cornrnemoratio, dat is, de gedechtnisse ed- 
tier vorkundinge unde bekentnisse Christi unde 
synes dodes schal stedes by den Christenen syn, 
ock wen rne nicht geyt tome sacrarnente, war 
wolden se beter predigen edder predigen hSren 
edder undereynander bekennen unde sick vor- 
rnanen ? Wo 15s 90 overs unde wo trich wy to tiden 

darto werden, wuste Christus wol, darumme 
richtede he uns so gr6t eyn sacrarnente tho, 
darby de gedechtnisse wedder kreftich in unser 
selschop anginge, alse by tuns id ock irnrne 
swange geyt, wen wy des Sundages tosarnende 
karnen. 
Darumrne id ock nicht gut is den predican- 
ten des evangelii, sick lange van disserne sacra- 
rnente to entholden. Wy weten wol, dat wy 
nicht stedes angebunden synt an dat sacra- 
rnente, overs war uns gut is, wet Christ-us beter 
wen wy, wy ervaren id ock, dat wy ringer lust 
tome sacrarnente hebben (dat doch Christus uns 
bevalen hefft), jo wy lenger darvan bliven. 
Also kan unde roach de commernoratio ge- 
schehn ane de communicatio, dat is ane rnisse 
edder sacrarnente. De cornrnunicatio overs schal 
ane de cornrnernoratio nicht geschehn. Wente 
so hefft Christus bevalen. 
Mit sulker wise rnach ick xvol syn, dar rnyne 
brSdere communiceren, wil doch to rechten 
tiden ock tome sacramente grin, dat ick anderen 
neyn exernpel geve, to sterken 5re unrechte 
rneyninge, de stedes na derne sacrarnente ka- 
pen 91 willen unde ntirner eten unde drinken, 
ane velichte kume eynrntil des jares van ge- 
wanheit edder ock van schemede wegen, dat rne 
se nicht vor unchristen holde. 
Tome negeden: Wo denne mit den kranken? 
Schal me de ock alleyne cornrnuniceren? Ant- 
wert: NSt hefft eyn sunderich recht, so verne 
dat Got sulks nicht vorbaden hefft. Wen etlike 
hastich darnedder vallen unde hebben des Sun- 
dages rnit uns tome sacramente gegangen, so 
laten se sick daran benSgen unde bevehlen Chri- 
sto 5ren geyst. Begeren se overs denne ock dat 
sacrarnente, also ock andere hastige kranken, 
de nicht kortes torne sacramente hebben gewe- 
set, so geve rne id en, wente se hSren in unse 
gerneyne unde gedenken uns nu gude nacht to 
seggen, dat se nicht wedder karnen willen in 
unse lyfflike uthwendige gemeyne up erden. 
Dat schal so togan: De predicante schal to- 
voren vornamen hebben uth der bekentnisse 

91 = gaffen. 

436 



Kirchenordnung 1528 

des kra_nken syne rtiwe unde loven. Darna schal 
he dohn eyrie korte vormaninge, alse he vorm6- 
det to denen deme kranken unde den, de darby 
synt, van unser salicheit. Sulke vormaninge 
h6ret to der commemoratio edder gedechtnisse 
Christi. Darna spreken den loven unde dat Va- 
tier unse apenbar unde geven deme kranken dat 
sacramente nach deme bevehle Christi, nicht 
ane dat w6rt, alse tovoren gen6ch gesecht is. 
He heve so an: De Here Jesus Christus in der 
nacht, don he vorraden wtirt, ham dat br6t etc., 
unde wen he deme kranken hefft gegeven dat 
lyff des Heren, schal he vortan seggen: Desge- 
liken ham he ock den kelk etc., unde geven em 
drinken dat blur des Heren, darna bevehlen 
deme kranken unde den anderen, dank to seg- 
gende Gade unde Christo unseme salichmaker 
etc. 
Sulken tr6st scholen van uns sulke kranken 
hebben, wente se h6ren in unse gemeyne unde 
werden velichte nicht wedder in de kerke to 
uns kamen. 
Van den overs, de dat evangelion vorachtet 
hebben unde alse swine gelevet unde konen ock 
in den letsten nSden nicht to erkentnisse der 
warheit kamen, is in eyneme anderen capitele in 
disseme bSke gesecht 92 
Den kranken overs, de nicht in vare des le- 
vendes synt unde konen doch nicht to uns in 
de kerke kamen, wolden doch gerne, wen se 
konden, were ock gut, dat se sick to tiden imme 
huse, wen id nicht anders geschehn konde, up 
den Sundach, wen andere 5re brodere commu- 
niceren, dat sacramente leten ock na gesech- 
ter wise geven. Wente 5re nSt schal se nicht 
scheiden uth unser gemeyne, sonder vele lever, 
dewile se nicht kSnen kamen to uns, synt wy 
schuldich, to kamen to en. 
Tome teynden fraget me ock, efft de latini- 
schen misse eyn misbruck sy, edder efft me 
alleyne schal dtidesche misse by uns holden. 
Antwert: Latinische misse is nicht bSse, wen 
idele latinische Christene tosamende synt, dar 
me communiceren wil, so doch, dat neyn silen- 

tium dar sy, dar me Christus bevehl schal han- 
delen, alse gesecht is. 
Overs wen id sus nicht unrecht were, so 
were id doch sere spottisch, dat me uns leyen 
hefft mit velen sermonen vorma_net unde mit 
veleme erlageneme aflate unde anderer 15gene 
tolocket, vele missen to h6ren unde up de Sun- 
dage unde andere feste misse to hSren, mit stren- 
gen mynschengebaden vorstricket, unde is ner- 
gende eyne rnisse geweset, de wy hSren konden, 
wente vy vorstunden neyn latyn; unde nu sehe 
wy ock, dat de papen 5re rnisse nicht vorsttin 
hebben unde vorsttin ock noch nicht, vente de 
lere, de se sulvest lesen in den epistolen unde 
evangelion, vorsttin se nicht, sonder haten unde 
vorvolgen up dat allerhSgeste. Alse scholde wy 
misse hSren unde konden nicht hSren, du wol- 
dest denne seggen, dat id ock hSren her, wen 
eyrie koh trumpen hSret, se danzet overs nicht 
darna Darumme is id tidt, dat wy dtideschen 
ock e3nrntil leren misse hSren. 
By den JSden, de dar Christene wurden imme 
jodeschen lande, hefft me dat sacramente mit 
jSdeschen wSrden gegeven, by den Greken mit 
grekeschen wSrden, alse ock noch, by den Wa- 
len edder latinischen mit latinischen wSrden, 
alse ock noch etc. Warumme denne ock nicht 
by den anderen tungen mit 5rer sprake? Schti- 
wet sick doch de bilge Geist vor neyne sprake, 
sonder hefft dat evangelion predigen laten mit 
allerleye sprake allerleye liiden. Dat eyn slicht 
leye latinische misse hSret, gelt evene sovele, 
alse wen he latinische predige hSrede, weft 
denne des sacramentes misgebruket, so is de 
misse deste erger, alse gesecht is. 
De collecta edder, alse id Paulus nSmet 1. Co- 
rinth. 14 [16], de benedictio edder segeninge unde 
danksegginge edder dat apenware bet rest jo 
by uns dtidesch syn, dat de ungelerden over de 
ganze kerke darto antwerden konen: Amen, 
alse darsulvest Paulus secht, wente sulk bet ed- 
der danksegginge deyt de prester to Gade apen- 
war in aller namen, darumme bewilligen se ock 
dat alle mit deme amen. 

92 Vgl. das Kapitel ,,Vom banne", S. 384 f. 

437 



Braunschweig 

niceret hebben unde synt up 5ren steden, so sin- 
gen se unde alle yolk to Christo imme hemmele 
dat dtidesche Agnus Dei 17 dremil also: 
[Noten:] lChriste, du lain Gades, de du drechst 
de stind der werlt, erberm dick unser. [Ende der 
Noten] Tom drudden male: [Noten:] Giff uns 
dynen frede. Amen. Lat 1. uns beden. [Ende der 
der Noten]. 
Darto danket de prester vor alle also: 20 
Wy danken dy, almechtige Here Got, dat du 
uns dorch disse heylsame gave best erquicket, 
unde bidden dyne bermherticheit, dat du uns 
sulks gedyen latest to sterkeme loven 'jegen dy 
unde to berniger leve mank tuns allen 
[Noten:] 19 Dorch unsen Heren Jesum Christum. 
Amen. [Ende tier Noten]. 
Derme keret he sick umme unde gifft den 
communicanten unde deme volke vorlSff mit 
disser segeninge, bescreven Numer 6 [24--26]: 
De Here segene dy unde behbde dy. De Here 
erluchte syn angesichte 5ver dy unde sy dy 
gnedich. De Here heve syn angesichte up dy 
[Noten:] 21 und geve dy frede. Amen. [Ende 
tier Noten]. 
Finis missae. 
Wen neme communicanten synt, so schal me 
dat sacramente nicht handelen, dat wy nicht 
vallen in den gruweliken misbruck des sacra- 
{nentes Christi wedder synen bevehl. Doch wille 
wy singen, beden, dankseggen, lesen unde lesen 
horen unde predigen unde predigen horen des 
hilgen dages, alse Christene scholen nach aller 
wise, alse de misse bescreven is vor der pre- 
dige. Na der predige mit gewonliken missekle- 
deren schal gesungen werden de prefatie, Sanc- 
tus, dtidesche Pater noster, Christe du lain. 

eyne dtidesche sundagecollecte unde de letste 
segeninge. 
De scholemeystere scholen darup sehn, dat de 
senge sick fyn rymen rnit den festen, wen se 
neyne senge darto hebben, so nemen se de froli- 
kesten psalmen edder lede unde sehn jo darup, 
dat de gesenge uth der reynen scrift syn unde 
reyn unde lustich unde vorstentlick vor de 
leyen uth Gades wSrde gemaket. Desgeliken 
werden ock wol de predicanten darto trachten 
mit den collecten 
Van \Vynachten bet na purificationis-"2schal 
me singen de sequentie: Grates nunc omnes 23, 
unde mit sulker wise dartusschen dat led: Ge- 
lavet systu Jesu Christ  etc. Ersten schal me 
singen Grates, darup twe dtidesche versche. 
Noch eyns Grates unde twe andere dtidesche 
versche Ock drudde mil Grates unde twe an- 
dere dtidesche versche. Tome letsten: Huic opor- 
tet -"5 mit deme letsten dtideschen versche. 
Van Pischen bet up Pynxten schal me singen 
de sequentie Victimae paschali 26, also dat me 
na allen verschen singe ock eyn versche van 
deme dtidesche lede: Christ lach in dodes ban- 
den 2 etc. Dat led 5vers: Christ is upgestan- 
den .s schal me singen na wSnliker wise, wen 
me de predige anhefft. 
Imme Pmxten schal me singen de sequen- 
tie: Veni sancte Spiritus-"-, unde na twen lati- 
nischen verschen e}m dtidesch versche van deme 
lede: Nu bidde wy den hilgen Geist30 etc. 
Dtidesche hymnos in der Advente, imme \Vy- 
nachten bet up purificationis, up Paschen bet 
up Pmxten, imme Pynxten, van den festen 
edder sus andere hymnos mach me wol singen 
des hilgendages in der vesper, wen de leyen dar 

Ev. Kgu. Nr. 136. 
Die Melodie vgl. im Handb. d. dtsch, ev. 
Kirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 87. 
Die Melodie vgl. im Handb. d. dtsch, ev. 
Kirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 361. 
Vgl. Luther, Deutsche Messe; Sehling I, S. 16. 
Die Melodie vgl. im Handb. d. dtsch, ev. 
Xirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 355. 
2. Februar. 
Wackernagel I, 'r. 88. 

o.l Wackernagel III, Nr. 9. Ev. Kgb. Nr. 15. 
25 Beginn des Schlusses der Sequenz ,,Grates..". 
26 \Vackernagel I, Nr. 199, vgl. auch RSm. 
S. 506 f. 
27 \Vackernagel II!. Nr. 15. Ev. Kgb. Nr. 76. 
2s \Vackernagel II, Nr. 935 ff. Ev. Kgb. Nr 75. 
29 Wackernagel I, Nr. 169, vgl. RSm. :Mefib., 
S. 583 f. 
3o Wackernagel lII, Nr. 28. Ev. Kgb. Nr. 99. 

442 



Braunschweg 

wy uns ock mit unseme vorstande unde vormo- 
gen nicht konen 15s maken uth deme strengen 
rmhte Gades unde van der gewalt des drivels, 
darin wy gevallen synt dorch de overtredinge 
de gebade unde des willen Gades. So hefft Got 
unse unvormogen bet erkant wen wy unde hefft 
vor uns gegeven alse eyn gnedich Vader synen 
eyngebaren Sone Jesum Christum, dat wy dorch 
syn evangelion erluchtet unde dorch synen dSt 
erlSset wurden van unsen sunden unde dorch 
em kyndere Gades weren, ewich salich, so vy 
dat 15veden. Sulk let he uns stedes predigen, we 
dat lovet, de hefft gewisse dat ewige levent, up 
sulken loven unde to sulker salicheit xverde vy 
ock gedofft, dar schole xvy stedes inne bliven, 
so blive wy in Christo unde Christus in uns. 
So ere wy stedes ane underlttt geistlick mit deme 
loven dat lyff Christi unde drinken syn blur, dat 
is, xvy xverden Christo ingelivet, dat wy eyns 
mit em werden, darmede dat xvy 15ven, dat he 
ssn lyff vor uns in den dSt gegeven hefft unde 
syn blur vor uns imme krtitze vorgaten, darup 
vorlate wy uns tot salicheit wedder alle falsche 
lere, alle sunde, anvechtinge unde nSt. Uth wel- 
ker woldttt Christi wy ock leren, welke leve 
unde gedult wy 5ven scholen jegen unsen ne- 
gesten, ock jegen unsen vyent. Wat xvolde wy 
mehr? 
Doch dat wy nicht vorgeten edder trttch wur- 
den (alse vy leyder verden) to sulkeme loven 
der mynschxverdinge unde dodes Christi, hefft 
he uns ock eyrie besonderge gedechtnisse edder 
vorkundinge synes dodes, so vakene wy willen, 
bevalen, dat wy ock imme uthxvendigen sacra- 
mente, der vornuft vorborgen, alleyne deme lo- 
ven uth deme worde Christi bekant, eten scho- 
len unde drinken syn liff uncle blur, dat wy jo 
nicht twivelen scholen, syn dSt unde blutvorge- 
tinge imme krtitze sy unse gewisse salicheit, 
darvan schole wy singen, lesen, predigen, hSren, 
alse wy in der misse dohn, unde namals ock 
darvan reden unde mank eynander vorkundi- 
gen, uns to trSste unde velen tot salicheit nach 

deme bevehle Christi: Sulk doht to myner ge o 
dechtnisse. 
We nu werdich wil eten unde drinken dit 
sacramente, de schal tve dink dohn: he schal 
15ven, war Christus secht, unde dohn, war he 
gebut. He secht: Dit is myn lyff, dat vor u ge- 
geven wert. Dit is myn blur, dat vor ju uthgega- 
ten wert to vorgevinge der sunden. Sulk schole 
gy 15ven. He gebut overs: Nemet hen unde etet 
Drinker alle daruth unde gedenket myner. Sulk 
schole gy dohn nach syner gnaden wort unde 
bevehl Amen. 

Dit is dat symbolum 
nicenum, dat is, dat de Christene tosamende 
gesettet hebben im concilio niceno uth der 
hilgen scrift wedder de Arrhianer und an- 
dere ketterye. Dit schaI me versche um ver- 
sche singen, de prester overs schal anheven 
[Noten:] 33 Ick love in eynen Got, almechtigen 
Vader, maker hemmels und der erden, aller 
sichtliken dink und unsichtliken. Ick love ock 
in den emigen Heren Jesum Christum, eynge- 
baren Sone Gades und van deme Vader geba- 
ten vor aller tidt, Got van Gade, licht van 
lichte, ware Got van warem Gade gebaren, nicht 
gemaket, eyns wesendes mit deme Vader, dorch 
welken rile dink gemaket sint. De umme uns 
minschen willen und umme unser salicheit ge- 
stigen is uth deme hemmel und is flesch gewor- 
den van deme hilgen Geyste uth Marien der 
junkfrauen und is mynsche geworden. Ock ge- 
krutziget vor uns under Pontio Pilato, gestor- 
ven und begraven. Und is upgestanden des dru- 
den dages nach den scriften und is upgestegen 
to hemmel, sit to der rechter hand Vaders. Und 
wert wedderkamen mit herhlicheit, to richten 
de levendigen und de doden. Synes rikes wert 
neyn ende. Ick love ock in den hilgen Geyst, de 
eyn Here is und eyn leventmaker, de van deme 
Vader und van deme Sone uthgeyt, de mit deme 
Vader und mit deme Sone gelik wert angebedet 
und gelick geeret. De gespraken hefft dorch de 

33 Vgl. die Melodie im Handb. d. dtsch, ev. 
Kirchenmus., 1. Bd., 1. T., Nr. 62. 

444 



Braunschweig 

v6rden: Kamet hehr, gy gebenedyeden mynes 
Vaders, besittet dat rike, dat ju bereydet is van 
anvange der werlt, vente ick hebbe gehungert 
unde gy heben my gespiset, gedorstet unde gy 
hebben my gedrenket. Ick bun naket geweset 
unde gy hebben my gekledet, in krankheiden 
unde n6den hebben gy my besocht. Wat gy eyne- 
me van deme ringesten der mynen gedin heb- 
ben, dat hebbe gy my sulvest gedin. 
Wy bekleden bilden, de bloke unde steyne 
synt, vy geven vele geldes, dat me sondergen 
gadesdenst schal uthrichten, dar uns nichts van 
bevalen is, unde geven sulks den, de rede alto 
vele hebben edder konden wol arbeyden, dat se 
nicht wedder Got leddich gingen edder sulk 
dynk imme hand hedden, dat gotl6s is edder 
sus doch unnutte, alse Christus secht Matth. 15 
[9]: Alle 5re gadesdenst is vorlaren unde vorge- 
yes, dewile se leren de leren unde gebade der 
mynschen unde nicht Gades. 
Overs to disseme rechten gadesdenste, den 
Christus tome jungesten dage vert bekermen, 
sick sulvest gedin, darmede bekledet unde ge- 
ehret werden de rechten bilden Gades, dat synt 
de armen, darvan gesecht is, dar vil nemand 
an, nemand wil darto geven 
Tov6rne hefft me den monneken so vele kor- 
nes unde beres gegeven unde andere schenke to 
den vigilien, selemissen unde anderen missen 
unde blerren, ane mate gegeven to allen hoch- 
tiden, doden, kynderdopen, apostelfesten, ma- 
riendagen unde anderen geoffert, gegeven to bil- 
den, tafelen, klocken, orgelen, so velen waslich- 
ten in der kerken unde htisen etc. Wy swigen 
der ewigen beneficien unde memoiren, broder- 
schoppen, aflatesbreven, hilgen reysen etc. To 
sulken dingen hedden de riken vele geldes unde 
ock eyne arme fraue, de sick der spille here- 
de 36, gaff gerne darto, wy svigen denne der 
andern. 
Nu overs geleret wert uth Gades w6rde, dat 
wy mit unseme gelde neynen anderen gades- 

denst konen uthrichten, wen dat wy darmede 
den notroftigen tohulpe kamen, besweret sick 
eyn jederman. 
Etlike varen hehr: Ick hebbe myn gelt gege- 
ven to der misse, to deme salve 87 etc., schal id 
nicht darby bliven, so wil ick myn gelt wedder 
nemen. Sulke ltide underrichte me recht, velichte 
synt se nicht so bSse alse se beren38, wil den 
eyn nicht h6ren, de vare hen, wat he edder syne 
kyndere rike darover wert, wen he sulks mut- 
willich deyt, dar byte he br6t to. He wil id me 
rechten gadesdenste nicht gunnen, so plecht id 
gerne tome dtivelsdenste kamen unde andere 
gelt unde gut by sick mit upfreten. Wente wen 
Got synen vl6ck edder vormaledyginge darin wer- 
pet, so gedyet neyn gut, wedderumme Gades 
segeninge maket rike, alse Salomon secht. 
Doch id is neyn vunder, dat gotlose ltide sul- 
ker christliken sake vyent synt unde nicht 
alleyne nicht helpen, sonder ock mit rade unde 
dade mishelpen to sulkeme rechten gadesdenste. 
Dat is overs unbillich van den, de evangelisch 
edder recht Christene villen syn, dat de sick 
swar maken unde unxvillich umme eynes gro- 
schen willen to witliker notroft der armen edder 
tier deneren des evangelii, wenne xvolten se doch 
eyneme armen mynschen eynen rock edder kle- 
dinge geven? Id is vorware eyrie grote undank- 
barheit, xvy synt erlSset van so menniger schin- 
derye der rnonneken unde der papen unde be- 
sweren uns, dat allerringeste Gade to geven, 
wy svygen noch, wat dat vor eyrie gnade is, 
dat vy dorch geapenbarede warheit erlSset 
synt van sulkeme erdome unde vordomenisse, 
dar wy unse gelt unde gut mosten tho geven, 
unde me vyndet doch etlike, de grote besveringe 
klagen, ven se to tiden eynen pennick scholen 
geven to erholdinge 6res predigers unde willen 
evangelisch syn unde nicht anders h6ren ven 
dat evangelion, se weren doch wol verd, dat se 
nicht eyne onade evangelische predige hSreden, 
sonder 16gene unde schinderpredige alse tovo- 

_ von der Spindel ernfihrte, vgl. H. Lietz- 
mann, X1 Texte 8S, S. 137. 

37 Zur Salve-regina-Andacht vgl. L. Eisenhofer, 
Hdb. d. kath. Liturgik, Bd. II, 1933, S. 553 f. 
3  sie sich gebirden. 

446 



Braunschweig 

darhen schicken, so id unbekande lfide synt, 
unde laten besehn, war dar nbt is etc. 
Welke borgere overs me to diaken erwelen 
schal, is klar uth der apostelen wbrde unde der 
ersten Christenen daht, Acto. 6 [3 ff.] bescreven, 
unde uth den vorden Pauli 1. Timo. 3 [8 ff.]. Int 
erste, se scholen vul des hilgen Geistes unde 
wisheit syn, dat is, sulke lfide, so vele alse uns 
mogelick is to erkennen, de wy darvohr holden, 
dat se dat hilge evangelion Christi imme herren 
lbven unde leff hebben. Sus kunde wy alse myn- 
schen in der erwelinge wol feylen, welk uns 
Christus bewiset hefft, de bevohl Judase den 
bfidel unde vas doch eyn heymelick deff, alse 
en Joannes schelt, Joan. 12 [6]. Darumme ock 
de apostele seggen: Erwelet ju sbven menne, de 
eyn gut rtichte hebben, dat se vul synt des hil- 
gen Geistes unde visheit, dat is (alse dar steyt 
van Stephano) vul loven unde des hilgen Geistes. 
Wente wor nicht eyn erdichtet love is, dar is 
gewisse vorgevinge der sunden unde eyne tovor- 
sicht, dat wy kmdere Gades synt unde hebben 
dat ewige levent dorch Christum, kort umme, 
dar is gewisse de bilge Geist, wente de bose geist 
let dat herte nicht anhegen deme evangelio. 
Dat is ock, dat Paulus secht, dat de diakene 
scholen hebben de heymelicheit des loven in 
reyner conscientien. De heymelicheit unses lo- 
yen is dat hilge evangelion Christi, welk vor- 
borgen is geweset by Gade unde nu dorch de 
apenbare predige geapenbaret, alse steyt ge- 
screven lom. 16 [25 f.], 1. Corm. 2 [7 ff.], unde 
bliIIt noch heymelick unde vorborgen, den ld 
de bilge drevaldicheit nicht xvil apenbaren, alse 
Christus secht Matth. 16 [17]: Flesch unde blur 
hefft id dy nicht apenbaret, sonder myn hemme- 
lische Vader. Unde Matth. 11 [27]: Nemand ken- 
net den Sbne sunder de Vader, unde den Vader 
ken_net nemand, sonder de Sbne, unde weme id 
de Sbne wil apenbaren, unde Joan. 14: [26]: De 
hilge Geist wert ju alles leren, war ick ju ge- 
secht hebbe. 
Overs reyne conscientie is, dat wy na unseme 
vorstande handelen willen vor Gade. Eyrie reyne 
conscientie der Christenen schal syn, datse nicht 
darna trachten, reden, handelen, welk se weten 

to syn wedder den loven unde Gades wbrt, son- 
der trachten, reden, handelen nach deme loven 
unde Gades wbrde. Gades wbrt unde eyrie gude 
conscientie hbren tosamende, sus is eyrie re,me 
conscientie, dat is, dat du dick nergen anne 
schuldich west unde eyne gude meyninge hest, 
nicht alleine genbch vor Gade, de conscientie 
unde gude meyninge mbt by sick hebben Gades 
wort, dat du also Gades meyninge volgest unde 
nicht dyneme koppe unde gutdunken 
Wente etlike hebben dat evangelion vorvolget 
mit reyner conscientie unde guder meyninge, 
welke doch alleyne vor en reyne unde gut was 
unde nicht vor Gade, alse Christus secht: [Joh 
16, 2]: De stunde wert kamen, dat alle, de ju 
d6det, meyne, he doh Gade eynen denst dar- 
mede. So bekennet ock Paulus 2. Timo. 1 [3], dat 
he Gade stedes gedenet hebbe mit reyner con- 
scientie unde hedde doch mit sulkeme reynen we- 
tende alse eyn gadesdener gelestert dat evange- 
lion unde vorvolget cle Christen, alse he beken- 
net 1. Tino. 1 [13] unde ddet darsulvest, dat 
he eyrie gude meyninge hefft gehat mit dissen 
w6rden: Ick hebbet unxveten gedin imme unlo- 
ven. Dat is, dt uns ock Christus wernet Luce 
11 [35]: Seh wol to, dat nicht dat licht, dat in 
dy is, dusternisse sy, dat is, dat velk du vor 
dat allerbeste holdest, nicht sy vor Gade dat 
allerergeste, gadeslesteringe wedder Gades wbrt 
unde den rechten loven, alse leyder by uns sulks 
vele geweset is. 
Alse overs eyrie gude conscientie nicht kan syn 
ane Gades wort edder den loven, so kan ock de 
love unde Gades wbrt nicht b,y uns bliven, 
wen wy de gude conscientie vorwerpen unde 
nicht mehr achten, alse Paulus scrifft 1. Timo. 1 
[19], wente denne fraget me nicht mehr darna, 
dat me lere edder leve wedder de warheit etc. 
Sulcks overs hebben de apostele begeret unde 
Paulus geleret van den diaken. Wente nemand 
wert recht handelen mit sulkeme gelde unde 
gude der armen, he sy ock, we he sy, wen he 
nicht de rechte forchte Gades hefft unde levet 
dat bilge evangelion alse syne salicheit. Wente 
Judas stelt darvan etc 
Tome anderen werden etlike dbgede besunder- 

448 



Kirchenordnung 1528 

gen in Paulo uthgespraken, dat de diakene scho- 
len syn redelick, de eyn gut ruchte hebben, dat 
se alse ehrlike frame lude in allen dingen nicht 
unrecht handelen. Item dat se nicht twetun- 
gich syn, wen wo kan me deme sulk gelt unde 
denst der armen bevehlen, de gerne legen unde 
achterkosen, vor mynen ogenen wit seggen uncle 
andersw6r swart. Sulke plegen ock hader unde 
afval wedder de bischoppe edder predicanten 
{welk alle eyn dink is) anrichten etc. Item: Nicht 
wynsuchtich edder eyn drunkenbolt, wente sulk 
eyn wert syne collatie s6ken van der armen 
gelde, edder is he to fr/m darto, dat he nichts 
darvan nympt, so weft he doch syner collatien 
warnemen unde der armen nicht achten. Item 
nicht schendlikes gewinstes girich, he mochte 
aiders handelen by deme gelde alse Judas by 
Jesus bfidele. Item se scholen ock sulke ltide 
syn, de 6ten egenen kynderen wol vohrstan uncle 
6ren egenen htisen, wo scholden se anclers vohr- 
st/n fromeden luden unde vorsorgen, de 6re 
egene vorstimen unde nicht vorsorgen tome live 
unde tot salicheit, alse eyn christenhtiswert 
schuldich is. Item se scholen syn eyner frauen 
man, dat se sick richtich unde recht holden imme 
eheliken stancle, in welkeme man unde wyff is eyn 
lyff De sick anders holden, synt billich ehrl6s 
unde to sulkeme ampte, den armen to denen, 
unduchtich. 
Item wen se in 6ten personen unstrafflick 
synt, noch schal me se nicht erwelen, wen se 
b6se wive hebben. Ore wive scholen syn rede- 
lick in alleme handele mit 5reme gesinde unde 
kynderen, to regeren mit arbeydesltiden, mit 
kSpen in de kokene, mit gehorsamme je- 
gen deme manne, mit almissen jegen armen lti- 
den etc. Nicht lastererschen, de van anderen 
achterkosen unde unnutte wasschen, alse denne 
is eyn gemeyne feyl der wive unde sere straff- 
lick. Sulk eyn xvyff mochLe den diaken, 6ren 
man, affwenden, etliker ltide notroft to hulpe 
to kamen, wen se b6se redet unde licht deme 
manne in den oren wedder frame notroftige, den 
se gram is. Item de wyvere scholen syn nuch- 
teren, dat se sick nicht vul drinken. Sulk is ock 
by den grekischen wiven gemeyne geweset, 

overs nicht by den dtideschen. Item trtiw in 
allen dingen Dat kan me by uns ock wol vor- 
waren, dat se van de guderen der armen nichts 
in de hende krigen. 
Uth deme alle mach me sehn, wo gen6we de 
apostele darup hebben gesehn, dat me so frame 
liide scholde erwelen alleyne, to tidlikeme gucle 
uthtodehlen. Id is eyn wahr sproke: Gelt maket 
eynen schalk, wen nicht dat herte vor Gade 
fr/m is Ock frame herren laten sick 16gene 
overreden unde vamme guden vorhinderen dorch 
unframe wyve, dat hebbe wy leyder amme Adam 
wol bevunden. 
Eyn redelick wyff is nicht to betalen unde 
aller ehren werd, alse Salomon bescrivet in 
synen sproken imme letsten capitele [Pr 31, 
10 ff.] De anderen sint bestien unde scorpien, 
de 5re dulle egensinnige k6ppe hebben unde 
synt neyner redeliken unde gotliken saken edder 
den armen notroftigen gunstich Van den is to 
vorstande allent, war Salomon van b6sen 
yen gesecht hefft [z. B. Pr 5, 3--6; 6, 23 ff.: 
7, 4 ff.; 14, I]. Darumme ven rede de man fram 
unde Christen is, so schal me en doch nicht 
erwelen to eynem predicanten edder diakene, 
wen syn wyff eyn ruchte hefft by der naber- 
schop, dat se in vohrgen6meden stucken unred- 
delick sy. 
Sus kone wy wol marine unde frauen vor Gade 
in velen stucken arme sundere unde sunderinnen 
syn unde strafflick, wente wy sind neyne en- 
gele. Unstrafflick overs nach mynschlikeme ge- 
richte scholen syn, de to sulken gotliken amp- 
ten verden erwelet, dat is, se scholen by den 
mynschen nem b6se ruchte hebben. 
Sulke diakene, dewile se hebben de heymeli- 
cheit des loven in reyner conscientie, konen 
ock wol tr6sten mit Gades xv6rde de armen unde 
elenden, den se mit gelde to hulpe kamen, alse 
Sanctus Stephanus to Hierusalem dede unde 
Sanctus Laurentius to Rome ane platte unde ane 
diakenrock. By uns overs, wat deme worde Ga- 
des by den kranken tokumpt, dohn de predican- 
ten mit der heyms6Ringe, also dat unse diakene 
alleyne van deme geme,vnen gude gelt vorschaf- 
fen den notroftigen. 

449 



Kirchenordnung 1528 

Alle sulverwerk overs edder golt in allen 
kerken schal trfiweliken bescreven unde daro 
Over eyn togesegelt inventarium gemaket wer- 
den, welk inventarium schal gelecht werden by 
de teynmanne up de mtintsmede54, de des 
rades heymelicheit unde upkumest 54a upnemen 
unde vorwaren. Up dat me in n0den wete, wor 
me sulken sulverschat vinden schal, ock to vor- 
miden vordechticheit unde ansprake, de sus 
erwassen mochte in tolamenden tiden wedder 
de jegenwerdigen edder nak0melinge. 

AnRenamen de ordeninge. 
Alle disse vorserevene punkte unde artikele 
van den guderen, de in de schatkasten kamen 
seholen, wil eyn erbar r/dt vlitieh uthrichten 
unde helpen, dat se doreh gude erwelede dia- 
kene edder vohrstndere der schatkasten uth- 
geriehtet werden, sovele by deme rade is unde 
m0geliek. Unde eyn erbar radt unde de ganze 
stadt edder gemeyne hebben angenamen eyn- 
dreehtiehliek alle ordeninge van den seholen, 
predieanten, kasten, kereksengen unde anderen 
dingen, alse in disseme b0ke besereven is. De 
anneminge trade eyndrechtige voreyninge is ge- 
sehehn des Sunnavendes vor nativitatis Marie 
imme jare 1528 55 unde uthgeseryet in allen 
kerken van den prediekst01en des anderen dages, 
darumme oek de borgere over de ganze stadt in 
allen kerken tor danksegginge gesungen heb- 
ben: Te Deum laudamus 56. Got geve syne gnacle 
vortan dorch Jesum Christum, unsen Heren. 
Amen. 
Wert nu jemandes van borgeren, borgerkyn- 
deren effte inw/nren der stadt Brtmswig, he 
sy we he sy, hyrbaven vat nyes sonderlikes 
unde ditltkes vohrnemen, ock imme schyne des 
evangelii edder wedder dat evangelion vorsamo 

melinge to maken edder sus, dat to uprore edder 
wedderwillen der stadt gereken konde, den wille 
wy hyr nicht by uns weten, ock schal darmede 
des unde syner byplichteren lyff unde gut in 
straffinge des rades gevallen syn. 
So overs jemand disser ordeningen halve 
ock anderet werliken saken feyl unde mangel 
hedde, so he is uth den gilden, schal he id sy- 
neme gildemeyster, so he is uth der gemeyne, 
schal he id syneme hovetmanne edder borger- 
meystere anseggen, de xverden eyneme jeweliken 
wol berichten. 
Drapet overs de sake de lere an des evangelii 
edder sus de predikere in unsen kerken, so schal 
de superattendente mit syneme adjutor etc., wo 
tovoren gescreven is, darto dohn. 
Wy willen 11ach der gnaden Gades, so deme 
evangelio unses Heren Jesu Christi anhengen, 
alse ock dat evangelion unde apostolische 
scrifte leren, dat keyserrechte, landrechte unde 
stadtrechte edder verliken overicheit, der uns 
Got underworpen hefft, neynerleye wise aff- 
broke geschehe, sonder wy willen gerne unde 
erkennen, dat wy darto schuldich synt, alse uns 
Christus leret, geven deme keysere, wat deme 
keysere gehOret, dat is, aller werliken overicheit, 
wat Or gehoret, so doch. dat wy ock darneve 
mogen Gade geven, war Gade gehOret [.Mr 22, 
21] Amen. 
Andere stucken, in disser ordeninge nicht be- 
grepen, de sick in geserte unde m3mschenbade 
nicht vaten laten edder ock nicht gevatet ko- 
nen werden, loch denende tome christlikeme 
frede unde e3micheit der lere unde leve mank 
uns, de nicht bedrapen dat xverlike swert, be- 
vehle wy alle deme w0rde Gades dorch unser 
predicanten unde der gnaden unses Heren Jesu 
Christi- Amen. 

Gedruck to Wittenberch dorch 
Joseph Kluck. 

Auf der Mtinzschmiede, in der Altstadt ge- 
legen, wurden in emer groBen, mit ftinf 
Schl0ssern verriegelten Kiste die Gelder und 
die Rechnungsbticher der Stadt verwahrt, vgl. 
H. Dtirre, Geschichte, S. 345. 

5ta = Einkommen 
55 5. Sept. 1528, vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 65. 
56 Wackernagel I, Nr. 26. 

455 



Braunschweig 

2. Ordnunge, wie es hinfuro mit den nominationibus, vocationibus und 
annhemunge der herren predicanten in den kitchen zu Braunschweig 
gleichformig und einhellig gehalten werden soll, berathschlagt, gewilligt 
und beschlossen anno 1571 am 12. tage des monats Junii. 1 

In dem namen Gottes Amen. Zu wissen, das 
sich die ehrwirdige, wirdige, hoch uncl wolge- 
lerte herren Martinus Cherrmitius, der heiligen 
schrift doctor, superintendens-", ,XI. Andreas Pou- 
chenius, coadjutor 3 und die andere herren pre- 
dicanten des ganzen colloquii  und ein erbar 
radt der stadt Braunschweig aus christltchem 
bedenken und notwendigen ursachen einhellig- 
lich vorgliechen und vorabschiedet haben, wie 
es hinfuro mit den nominationibus, vocationibus 
und annhemunge der herren predicanten in den 
kitchen in allen funf weichbilden 5 alhier zu 
Braunschweig gleichformig und einhellig gehal- 
ten werden soil, nemblich: 
Zum ersten: Well die prediger yon Got mus- 
sen gegeben trod gesandt werden und seine al- 
mechtigkait auch den segen darzu geben mus, 
wen es zu gedei und erbamxunge der kitchen 
gerathen solle, so wollen ein erbar rath und die 
kastenherren, wie die kirchenordenunge mel- 
det G und auch an ihme selbs christlich, nutz- 
lich und notig ist, ehe der handel der election 
und vocation furgenomen wird, das gemeine ge- 
bet in allen kitchen bestellen, das es eine woche, 
vier oder funfe furhero gehe, ehe zu der election 
eins predigers gegriffen werde. 
Zum andern: Nachdem die electio oder nomi- 
natio einer gewissen personen, die zu einem pre- 
diger angenommen werden soil, in der kirchen- 
ordenunge einem erbaren rathe und den kasten- 

herren in jedem weichbilde gegeben wird, die 
solchs auf ihr gewissen in namen und yon we- 
gen der ganzen gemeine nach der instruction 1. 
Thim. 3 [1--7] et Tit. 1 [7--9] zu vorhandelen 
und zu vorrichten, so soll das also pleiben und 
anderer gestalt damit nicht gebaret werden, zu 
vorhuten, das nicht etwa eine unordenunge dar- 
aui3 werde, wen aus der xveitluftigen gemeinde 
ein jeder seins kopfs sich darin mengen, mitra- 
then und den herren furschreiben wolte, das 
nicht sein soll. So sollen und wollen sich auch 
die herren des colloquii darin nicht mengen, 
sonder es bei der kirchenordenunge pleiben 
lassen. 
Das aber nicht unwille und weiterunge zwu- 
schen dem ministerio und den herren der weich- 
bilde entstehen rouge, wen etwa unvorwarneter 
sache eine persone zum predigambte zu beruf- 
fen, nominiert worde, die aus erheblichen ursa- 
chert dem colloquio nicht leidlich were, so sollen 
ein erbar rath und die kastenherren des weich- 
bildes die personen, unter welchen sie eine zum 
predigambte vormittels gotlicher hulfe zu whe- 
len gedenken, entweder muntlich namhaftig ma- 
chen oder schriftlich vorzeichnet tibergeben den 
herren superintendenten und coadjutori mit be- 
get, so unter den personen eine oder mher we- 
ren, die aus ursachen unleidlich, solchs zu vor- 
melden und anzuzeigen. Dies soll also in allen 
weichbilden gleichformig geschehen und gehalten 

Druckvorlage: Original-Hs mit Siegel im Stadt- 
archly Braunschweig unter B IX" 11 Nr. 38. 
Vgl. die Bestallungsordnung yon 1567 unter 
Nr. 3. S. 459 ff. 
hIag. Andreas Pouchenius hatte am 16. 3. 1571 
in die Vokation zum Koadjutor gewilligt. Er 
war aus Gardelegen gebtirtig, Schiller hie- 
lanchthons in Wittenberg, spiter Konrektoc 
zu Helmstedt und an der Martinsschule in B., 
nach einjihriger Sekretirszeit in Helmstedt 
12 Jahre Rektor der Martinsschule in B. 

und seit 1564 Pastor an der Martinskirche 
ebd 1575 folgte er einem Ruf als Superinten- 
dent nach Lilbeck, wo er 1600 starb. Vgl. Ph. 
J. Rehtmeyer III, S. 388 ff. -- J. Beste, Album, 
S. 26. 
Zum seit 1529 bestehenden Kolloquium vgl. 
Einleitung S. 343, auch H. Hachfeld, Martin 
Chemnitz. 1367. S. 82. 
Vgl_ S. 365 u. Anm. 35. 
Vgl. S. 374. 

456 



Braunschweig 

vor der gemeinde, do der angenommen predi- 
ger das ambt fuhren wird, nach hergebrochtem 
gotseligen und christlichen gebrauche und ge- 
won_heir geschehen soll, und mugen alsdan auch 
em erbar rath und die kastenherren des weich- 
bildes zum zeugnis der vocation bei der ordina- 
tion des predigers im chore stehen und gegen- 
wertig sere. 
Und wen gleich die vocierte person vorhin 
anderswo ordiniert und im ambte gevesen und 
derwegen keiner xveitern ordination yon notten 
were, so soll dennoch solchem prediger, ehe dan 
das ehr in das ambt tritt, dasselbige sein predig- 
ambt in einer offentlichen predigt fur der gan- 
zen kitchen yon dem herrn superintendenten 
oder in mangel desselben von dem herrn coad- 
jutore befholen, der kitchen damit presentir 
und die kirche an ihne als an ihren sehelsorger 
solermiter geweiset werden, das beide, prediger 
und zu_horern, gute nuzliche erirmerunge geben 
wird, well es aus Gottes worte mit dem gebette 

in gegenwertigkait Gottes, seiner engel und der 
ganzen gemeinde geschicht. 
Zu urkund und stetter rester haltunge aller 
und jeder obgeschriebner punkte und articul ist 
diese gegenwertige ordenunge yon uns, Martino 
Cherrmitio, der helgen schrift doctore, superin- 
tendenten, und Magistro Andrea Pouchenio, co- 
adjutore, vor uns und yon wegen des ganzen, 
colloquii mit tmsern eigen handen tmterschrie- 
ben und mit tmserm, des raths der stadt Braun- 
schweig, signete wissentlich gesiegelt und bei 
ein jede pfarkirche in den funf weichbilden, sich 
jedesmal hirin zu ersehen und darnach zu rich- 
ten, hinterleget worden. Geschehen und gegeben 
nach Jhesu Christi unsers Herrn und salichma- 
chefs geburt im funfzehenhunderteinundsieben- 
zigsten jare am zwolften tage des monats Junii. 
[hlit aufgedrucktem Ratssignum und eigenhim 
diger Unterschrift yon hIartinus Kernnitius, 
D., Superintendens, und .I. M. Andreas Pou- 
chenius, Coadjutor] 

458 



Bestallungsordnung filr Chemnitz 1567 
3. Acta inter senatum et ministerium in dimissione D. Joach. Morlini.' 

Anno Domini 1567 am 9. rage Septembris2 
seind die preusseschen legaten alhie zu Braun- 
sweg einkommen mit credenzbriefen und in- 
struction, belangende die vocationes D. D. Mor- 
lini 3 und M. Martini Kemnitii  
11. Septembris haben die legaten ihre werbung 
bei einem ehrbarn rat der stadt Braunswig ab- 
gelegt und yon der zeit her an ist yon preusi- 
schen absanten, vom ehrbarn rathe, yon den bei- 
den vocirten personen, yon dem ministerio ec- 
clesiae zu Braunswig, yon den kastenheren und 
diacon nomine totius ecclesiae adiunctis priva- 
tis et publicis precibus die sache in utramque 
partem mit vielen stadtlichen argumenten fleisig 
bewogen und heftig gedisputiret worden. Ein tiel 
hat darauf gedrungen, daf beide personen lob 
gezelet und der preusischen kirchen gefolget 
mochten werden DaB ander tiel hat dawieder 
mit vielen argumenten gedisputiret, dab beide 
personen bey dieser kirchen in habender voca- 
tion bleiben und gelaBen solten werden. 
Well aber die part also untereinander nicht 
haben slieBen konnen und gleichwoll die notturft 
erfordert derselbigen deliberation ihre gebur- 
liche maBe und ende, wie es fur Gott und der 
kirchen zu verantworten zugegeben, ist am 18 
Septembris der weg, welticher in privativa ec- 
clesia gebreuchlig gewesen, furgeslagen und dar- 
auf folgend gesloBen, dab ein iglig tiel seine ar- 
gument schriftlich aufsetzen und also der iudicio 

et cognitioni probatarum ecclesiarum heimge- 
stellet und untervorfen werden. 
Aber ahm 19. Septembris haben die part selbst 
untereinander gerathschlagt auf sollichen weg 
zu gedenken, dab der kirchen in PreuBen muchte 
geholfen und gleich die kirche alhie nicht gar 
muchte verlaen werden 
Und haben die preusischen den vorschlag ge- 
than, do sie ehrhalten konten, da des h. Mor- 
lini vocation ihren vortgank gewinen muchte, so 
wolten sie dajegen meine, M. K., vocation diB- 
mall fallen laden und zusehen, wie sie solliches 
gegen furstlicher durchleuchtigkeit und der ehr- 
barn landschaft verantworten muchten 
Darauf hat ein ehrbar rath der 20. Septem- 
bris 5 zusammen fordern laden dab ganze mini- 
sterium und die kastenhern, so yon wegen der kir- 
chen zu sollicher hendelen gezogen worden, und 
ist in der versamlung semptlich und einhellig 
geschloBen worden, mit mihr (hi K.) zu hande- 
len, do ich reich ahr deB hern doctoris statt 
mit dem officio superintendertis wolte beladen 
laden, were man bedacht, in betrachtung vieler 
beweglicher argumenten, dem hern doctori zu 
dem preusischen kirchen zu ziehen zu erlauben 
Und dasselbige ist mir alsobald eodem die 
proponiret worden Ich aber habe nach der lenge 
allerlei furgewendet 6, worumb ich reich vor 
hem doctore nicht wolte trennen und mit dem 
swerem ampt beladen lassen und angehalten, 

Druckvorlage: Hs aus der Akte G II 1 (St. 
Martini), Nr. 8 ,,Superintendenten 1565--1671" 
im Stadtarchiv Braunschweig. Keine gute Ab- 
schrift, auch yon verschiedenen Hinden, die 
zweite offenbar jilnger. 
Vgl. hierzu Ph. l. Rehtmeyer III, S. 266 ff.; 
H. Hachfeld, a. a. O. S. 53. 
D. Joachim Mbrlin, geb. 1514 zu Wittenberg, 
Schiller Luthers, 1539 dessen Kaplan, 1540 
Doktor, Pastor und Superintendent zu Arn- 
stadt, 1544 Superintendent in Gbttingen, 1550 
in KSnigsberg, Superintendent zu Braun- 
schweig seit 1553, yon den Preuen zum Bi- 

schof yon Samland berufen Er starb 1571 in 
Kbnigsberg. Vgl. Ph. J. lehtmeyer III, S. 207 
ff.; J. Beste, Geschichte, S. 58 ff.; Album, S. 
10 f.; IE 3 13, S. 237 ff. 
Seit 1554 Koadjutor, vgl. Ph. J. lehtmeyer III, 
S. 223, 293; J. Beste, Geschichte, S. 61 f.; Al- 
bum, S. 11 f.; H. Hachfeld, a. a. O. S. 12 f. -- 
Von den Preuen vurde Ch. 1567 zum Pfarrer 
yon Kniephof berufen, vgl. Ph. J. lehtmeyer 
III, S. 266. 
Vgl. Ph. J. lehtmeyer III. S. 267 f. 
Vgl. Ph. J. lehtmeyer III, S. 303. 

57- 459 



Bestallungsordnung ftir Chemnitz 1567 

wir jo gerne wolten in seinem namen, nach sei- 
nem befhell und willen furnemen, daIl ehr mit 
seinem Geiste und segen dabei muchte sein und 
bleiben. 
Wolte derhalben erstlich mit meinen freund- 
lichen lieben brudern und hem del ehrwtirdigen 
colloquii reden, nicht als ob ich an ihrer person 
zweifelte, sonder aull bedenken, wie vorgemeldt. 

Articuli propositi reverendo ministerio 
ecclesiae Brunsvicensis. 
Veil in dieser loblichen kitchen dutch sonder- 
liche Gottes gnade eine liebliche, schone, gott- 
selige einigkeit bil daher gewesen, dadurch die 
lauf des evangelii merklich gefordert, rotten 
und sekten abgehalten und die kirche gebauwet 
worden, were mein gemuthe und meinung, ja 
alle mein wunsch und beger, dal dieselbige enig- 
keit durch Gottes gnade muchte ehrhalten und 
gemehret werden, und xvere daIl ganz sicher und 
gewil, dal des ehrwtirdigen colloquii herz und 
gemuth auch genzlich dahin gerichtet were. Weil 
aber eine warhaftige, gotselige, bestendige einig- 
keit in der kirchen must gefalet sein mit dem 
bande des Geistes, also dal es sie [!] ein glaub, 
Eph. 4 [3 ff.], und wir alle mit und aul einem 
munde reden, RSm. 15 [6]. und aber in diesen 
letzten gefehrlichen zeiten allerlei schedliche 
corruptelae hereinreissen, daneben auch vieI 
unnotiges gezenk erregt wird, xvehre aull gutem 
christlichen bedenken mit einhelligem consen9 
ein certum corpus doctrinae fur diese kirche zu- 
samengebracht und getruckt 9, darine die reine, 
gesunde lehr aull Gottes wort affirmative und 
negative gefalet wehre, und volt nun die eu- 
serste nottorft erfordern, wo in dieser kirchen 
eine gotselige, bestendige einigkeit, bei welli- 
chem der liebe Gott mit seinem segen wonen 
muchte, sein und bleiben solte, dal wihr sempt- 
lich und sonderlich bei dem angenommenen 
corpus doctrinae bleiben, darnach in unserr 

ampt ung richten und daruber halten muten, 
also wie wit affirmative aul einem herze, Geiste 
und munde predigten und lehreten, dal wir auch 
also gleicher gestalt in necessariis certaminibus 
einhellig und bestendig wieder die corruptelas 
stritLen, dal nicht einer die corruptelas verdam- 
mete, die ander dazu swiege oder dieselbige zu 
entschuldigen und beschonen sich understunde, 
auch nicht anders im colloquio und darnach an- 
tiers privatim bei ander leuten davon redete. 
Es muste auch daIl gehalten xverden, das nicht 
ein jeder fur sich neuwe und fremde formas 
loquendi ihme furneme oder einfure, sondern dal 
wit ung befleisigen bei einerlei lehr, auch einer- 
lei gleichformige art und weise zu reden, zu 
gebrauchen, auch da etwa neuwe disputationes 
erreget wurden, daIl davon nicht ein jeder nach 
seinem eigen kopfe ein sonderlich judicium und 
meinung furfatlete, sonder daft im colloquio mit 
gesamptem rath uber die controversias delibe- 
riret wurde. 
Auch muste nicht ein jeder und furnemlich 
die jungen fratres ihren eigen gedanken folgen 
und trauwen, und do ihnen xval neuwes einfiele, 
dalelbige bald auf die kanzel bringen und under 
die leute aullsprengen, da aber in dielen stuk- 
ken, die lehre belangende, bei einem oder meh- 
ten fell oder beisorge worde furfallen, dal ich 
ratione officii neben dem colloquio darein zu 
reden und wag die nottorft erfurdern vurde, zu 
thun roach 10 haben mag. 
Diel ist nhun mein gemuth und memung, wal 
die lehre belanget, zweifel gar nicht, dal meine 
hern und bruder dag duraul mit mihr eins seind. 
So mule auch dalL xvie bilhero geschehen, 
bleiben und behalten xverden, dal nicht ein jeder 
ibm daIl einbildete, ehr were herr in seiner kit- 
chen und mochte es derwegen mit predigen, sa- 
cramentreichen, ceremonien, disciplin und wall 
sonst zum ampt gehSrt, furnehmen und machen 
auf sonderliche xveile seines egen gefallens, son- 

9 Zum Corpus doctrinae der Stadt Braun- 
schweig vgl. Einleitung, S. 338, zu den Lti- 
neburger Artikeln auch H. Hachfeld, a. a. O. 
S. 20, 51. 

o Vermutlich -- Macht. 

461 



Bestallungsordnung ffir Chemnitz 1567 

recht konte gefuhret werden, wen die fratres 
Lhrem superintendentem debitam reverentiam 
et obedientiam nicht prestiren wolten. 
Da hette ich dem ehrwfirdigen ministerio pro- 
poniren wollen, nicht, da ich an jemand einigen 
zweifel oder argwohn hette, sonder dab wir 
unter unfi selbst, auch die ganze kirche, wifien 
muchte, worauf wit un im colloquio nider- 
setzen und worauf wit miteinander zu reden 
hetten, da etwafi dem entjegen vorfallen solte, 
darauf verhoffe ich, es verden die bern fratres 
sich gunstiglich ehrkleren, und do sie auch mit 
mir zuvor etwafi zu reden hetten, wolte ich reich 
darauf gutwillig gerne erkleren. 
Articuli propositi amplissimo senatui 
praemissis praemittendes. 
Es hette sich ein ehrbarer rath mid dem mi- 
nisterio vereiniget und vergleichet uber einem 
certo corpore doctrinae 12, daran ihr ehrb[ar] 
w[firden] da ministerium und ihre untertanen 
durch eine offentliche prefation geweiset und 
were mir kein zweifel, da ihrer erb. w .... ge- 
muth und memung were, dabei zu bleiben und 
zu verharren. Es fordere aber gleichwoll meine 
notturft, da ich reich itzund, ehe wir entlich 
mideinander slofien, dab erklerete, dab ich die 
superintendenz also und nicht anderst gedacht 
anzunehmen, den da ein erbarer rath unfi im 
ministerio bein gemelten corpore doctrinae un- 
geturbiret wolte bleiben lafien und unfi dabei 
vermuge ihres ampts schutzen, dab wir unge- 
hindert reine lehre nach nottorft tier kirchen 
vortragen und alle irrige wiederwirtige opi- 
niones, soviel zu warnung und ehrbauwung 
tier kirchen noth wehre, straffen und aufi 
Gottes word verdammen muchten, und wa 
demselbigen corpori doctrinae entjegen ist, 

da ein ehrbarer rath dafielbige bei den perso- 
hen, so Lhrer botmessigkeit unterworfen, nicht 
dulden, noch gestaten wolte, und da etwa (dab 
Gott gnediglich abwenden wolte) ein neuwes in- 
terim oder verfolgung deft concilii oder anderer 
corruptelisten halbert solte einstehen, dab ein 
ehrbarer rath un im ministerio yon dem ange- 
nommenen corpore doctrinae nicht abdringer 
wolte, auch nicht anmuten oder auferlegen silen- 
tium oder temporisiren, wa dab strafampt wie- 
tier die corruptelas belanget, wie etwa zur zeit 
des interims mochte sein geschehen 13, sondern 
dab zur zeit der verfolgung wie zu jeder zeit 
die confession xvieder die falschen lehre dem 
ministerio frei und ungehindert muchte gestatet 
werden, dajegen wolten wir im ministerio un- 
ser ampt nach gemelten corpore doctrinae, vie 
wir e fur God und idermeniglich zu verantwor- 
ten wusten, treulich und fleisig treiben und ver- 
richten. 
2.] Da ein ehrbarer rath unser ministerium 
nach Gottes wort und befelh ungeturbirt und 
ohne eingreif un wolte ganz furen laen, nicht 
alleine, wa alas lehrampt, sondern auch wa 
dab straffampt belanget, es sei wieder falsche 
lehre oder wieder gotlof, ergerlichs leben. Und 
weil kurzverruckter zeit dehalben miverstand 
und irrung furgefallen 1, fordert die notturft, 
da wir un gegeneinander, ehe dan entlich die- 
ser vocation halben geslossen xvurde, erkleren. 
Und hette nhun die meinung in keinem wege 
nicht, als solte und mute ein ehrbarer rath un 
zusehen und im ministerio machen und handeln 
laen, was wir wolten, als hette christliche 
oberigkeit nicht macht, un ordentlicherwiee 
darumb zu besprechen und zu rede zu setzen, 
den da vere eme rechte papistische tyranney, 

Vgl. Anm. 9. 
Zum Interim in Braunschweig vgl. Ph. J. Reht- 
meyer III, S. 186 ff.; J. Beste, Geschichte, S. 
54 f.; G. Hassebrauk I, S. 47. 
Wohl eme Anspielung auf die erst kfirzlich 
entstandene Streitigkeit zwischen der ffihren- 
den Geistlichkeit und dem Rat. -- M6rlin und 
Pouchenius -,,- Anm. 3 zu Stick 2} batten 
in einer Predigt die Lissigkeit des Rates in 

emer schweren Strafsache getadelt. Darfiber 
war der Rat in solchen Zorn geraten, dab er 
sie, ferner Chemnitz und den Senior Lampe 
(vgl. Anm. 27), zu sich rufen liefi und heftig 
schalt. MSrlins Antwort war gewesen: ,,Also 
kann ich auch euer Diener nicht mehr sein". 
-- Vgl. Ph. J. Rehtmeyer III, S. 266: H. Hach- 
feld. a.a.O.S. 84 auch J. Beste, Geschichte, 
S. 62; RE 3 13, S. 246. 

463 



Braunschweig 

da rait der kirchen noch nicht versonet sind. 
Andere werden dadurch in ihren vorsatz ge- 
sterket, und die gefallene personen selbest kom- 
raen also zu keiner warhaftigen buBe, sonderen 
fallen iraraer au6 einer sunde in die a_rtdere. 
Nun weisen tins christliche juristen in ihren ur- 
theilen selbest den weg, xvie neuwlig rait Lang- 
kopff 22 geschehen, xvelcher zu recht absolvieret 
ist rait der angehengeten condition, dab er sich 
rait der christlichen kitchen versonen solte, und 
ist derselbige auch ganz wllig und unbeschwe- 
ret gewesen, auch haben wit ihn nicht vor der 
ganzen geraein wollen vorstellen, well es vor 
nie geschehen, sonderen haben ihn rait seinen 
beystande vor unser colloquiura furgestellet und 
dazu gefordert, die kastenherren noraine ec- 
clesie, und ihrae daselbest furgehalten seine sun- 
de, zur besserunge verraahnet, seine bekentnuBe 
gefordert, ob ihrae solche seine sunde leid we- 
ten, ob er sich auch rait Gotte und der kitchen, 
so er geergert, wolte versonen, wie er sich dar- 
auf richtich und christlich erkleret, haben wit 
ibm von der ganzen kitchen wegen wiederurab 
aufgenohraen und darait an seinen beichtvater 
geweiset. Er hat auch selber begeret, dab man 
in geraein fur ihra bitten volte DaB ist den ge- 
fallen personen nutz, ist Godt. aI yon ibm be- 
fohlen, angenehra und dienet der ganzen kit- 
chen zur erbauxvunge und besserunge. Ist auch 
hoch notig, weil alle sunde und schande uber- 
hand nehraen Wit vollen uns befleissigen, die 
disciplinara recht nach Gottes wort zu der kit- 
chen erbauvunge zu fuhren und vollen solches 
nicht einraengen in der obrigkeit arapt, sonderen 
bitten, das unsere obrigkeit in dem uns nicht 

hinderen, sonderen forderlich sein wollen, denn 
wo sonst unsere zuhorer vermerken wurden, dab 
tmsere obrigkeit mit der kitchen disciplin nicht 
zufrieden, was darau6 fur verachttmge unsers 
mmisterii erfolgen wurde, durfte nicht viel 
disputierens. Di_6 were also nichts neuwes, noch 
gefehrliches, und ich zweifele nicht, ein ehr- 
barer rath werde sich darauf christlich erkleren, 
den da keine kirchendisciplin solte gehalten wet- 
den, wuste ich nicht do arapt zu fuhren, den 
sonst der rohe haufe die gemeine straffpredigen 
nur verachten. 
4.] Wa6 dab colloquiura belanget, dab ein 
ehrbarer rath daruber halten wolte, das darin- 
hen die gotselige einigkeit, daran der ganzen 
stadt gelegen, mochte erhalten werden, die per- 
sonen deB colloquii rait ihrera arapt ehren, for- 
deren und schutzen, keinen prediger vocieren 
ohn consens des colloqui, keinen azmehmen, 
man habe dan der lehre halben ira colloquio 
nach notturft mit ihra beredet. Auch wiederumb 
keinen enturlauben oder seines arapts entset- 
zen, es geschehe den mit wissen und consens 
des superintendenten und des ganzen colloquii. 
Und do tm colloquio em oder raehr trennunge 
wurden suchen oder anrichten, belangend die 
lehre oder die concordiam, das die herren in 
weichbilden den offer dieselbigen nicht wolten 
darin sterken, schutzen oder forderen, dem collo- 
quio zuwieder und zu verdruB, wie im anfang 
mit dera H. Kauffman ad beatara virginem 23 
geschehen und auch rait . Becket vurhanden 
var. Sonderen do die herren in veichbilden 
verraeinten, dab ihre prediger im colloquio zur 
unbiliigkeit beschweret wurden, da sie derhal- 

22 Tile Langkopf, ein Bfirger aus dera Hagen, 
beging 1567 einen Totschlag. Er vurde frei- 
gesprochen rat der Bedingung, sich wieder 
mit tier Kirche zu versShnen. Am 13. Sept. 
xvurde er vor das Kolloquiura zu St. Catha- 
rinen gefordert, wo er die VersShnung be- 
gehrte, die ihra auch gewihrt wurde. Vgl. 
Ph. J. Rehtmeyer III, S. 308. 
-3 Johazm Kaufraann, daraals Prediger an der 
Kirche zu unserer lieben Frauen, war schon 
in den 20er Jahren ein eifriger FSrderer tier 
Reforraation in Braunschweig gewesen. Er 

hatte sich dann abet dera Zvinglianisraus zu- 
gewandt und es verstanden, einen groBen Tell 
des Volkes ftir sich zu gewinnen. Dutch den 
Augsburger Reichstag war seine Position ge- 
schwicht vorden, so dab er 1531 zusaramen 
rait anderen Predigern ein von Luther ge- 
billigtes Bekermtnis vora AbendraahI unter- 
schrieb. Vgl. Ph. J. Rehtraeyer III, S. 23 ff., 
75 f., 78, 82, 97 f.; vgl. das Bekenntnis ibid. 
Beylagen, S. 16 ff.; vgl. auch J. Beste, Ge- 
schichte, S. 13, 29 If.: Album, S. 105. 

466 



Bestallungsordnung fiir Chemnitz 1567 

ben freundlich mit dem colloquio reden wolten, 
bericht horen etc., auf da3 ordentlich alles zu 
erhaltunge christlicher einigkeit zugehen muchte. 
Item wen meine herren mit einem prediger 
seines ampts halben etwas zu reden hetten, da3 
man ihn nicht allein furnehme und au33scho- 
lierte, sonderen da]3 der superintendens und sonst 
jemands au33 dem colloquio dazu muchte gezo- 
gen werden. Wen auch meine herren etwa an 
einem prediger mangel spureten, da]3 man sich 
nicht damit umbtruge, sonderen es dem superin- 
tbndenten angezeiget und in besserunge gestel- 
let mochte werden. Und da3 eben detgleichen 
auch mit dem pastoren im Asseburge und an- 
deren meiner herren gerichte muchte gehalten 
werden. D alles ist bi3her also gehalten wor- 
den, wurden derhalben meine herren desto leich- 
ter und williger sich darauf erkleren. 
5 ] Well christlich schulen zum kirchen geho- 
ren, muste die inspectio scholarum bey dem su- 
perintendenten und colloquio sein und bleiben, 
also da]3 die schuldiener mit vorwissen des su- 
perattendenten bestellet und eingenohmen wur- 
den. Auf da]3 nicht personen, so mit phanaticis 
opinionibus beschmei3et oder sonst ergerlichs 
lebens, zu den schuldiensten angenohmen oder 
in denselben mochten geduldet werden 
Wo in schulen was mangel vorfiele, da]3 der 
superattendens mit dem colloquio darauf zu 
sehen und darumb zu reden macht hette, was 
belanget die lectiones, exercitia, disciplinam, 
vitam, mores, do eine person vom schuldienste 
zu enturlauben were, da3 solches geschehe mit 
vorwi3en des superattendenten. Item so jemand 
in den schulen wieder da]3 ministerium sich auf- 
lehnen wurde, das solches nicht geduldet wurde, 
sonderen das die collegae scholarum dem mi- 
nisterio debitam reverentiam et oboedientiam 
praestieren. 
Desgleichen auch mit anderen kirchendieners, 
al]3 opperleuten, organisten gehalten werden, da3 
derselbigen annehmunge und enturlaubunge mit 
macht und vorwen der pastoren geschehe trod 

dieselbige ad debitam reverentiam et oboedien- 
tiam pastoribus praestandam angehalten, oder 
do sie denen sich wiedersetzen, im ampt nicht 
geduldet wurden. Versehe mich, meine herren 
wurden, wie bishero geschehen, die schulen hel- 
fen anhalten und forderen, die empter nach 
noturft bestellen, die visitationes alle halbe jahre 
halten, wollen wit auch mit allem flei3 dazu 
helfen, cure certissimum signum sit bene consti- 
tutae ecclesiae, quando scholae florent. 
6.] XVeil in der kirchenordenunge dem super- 
intendenten ein coadjutor zugeordnet were -0 
trod aber daran viel gelegen, da3 die beiden 
personen einig, wolte ich mir das vorbehalten 
haben, da]3 ohn mein vorwi3en, rath und con- 
sens der dienst nicht bestellet wurde, und do zu 
dem ampte eine person solte angenomen wer- 
den, das derselben ernstlich eingebtmden wurde, 
sich fretmdlich mit mir zu vertragen, wie ich 
mit domino Morlino getahn, oder wo nicht, das 
do geschehe, was zu erhaltunge notwendiger ei- 
nigkeit vonnoten sein wolte Den do mir einer 
solte zugeordnet werden, mit dem ich nicht uber- 
ein konte, wurde weder meine, noch der kirchen 
gelegenheit sein 
7 ] Letzlich wolte die notturft erfurderen, das 
ein ehrbarer rath uber meinem ampt, was zu 
forderunge dienlig und notich sein wurde, treuxv- 
lig und fleissich halten wolte, den do das nicht 
geschehen solte, were es viel beSer, meine her- 
ren lie3en reich itzund gunstiglich zufrie'den, 
versehe reich aber zu meinen herren, da etwas 
wurde vorfallen, darin ich meine herren ersu- 
chen muste, sie wurden mir jederzeit gunstige 
audienz geben und ma]3 zu erhaltunge gotseliger 
einigkeit, zu guter disciplin und ordenunge, auch 
zu abschaffunge und verhutunge aller ergerni- 
3en dienlich wurde sein. und was sonst des mi- 
nisterii notturft erforderen xvurde, mit fleit und 
treuwen beforderen helfen. An diesen allen zwei- 
fele ich an meinen herren ganz nichts, hette 
aber doch diese artickel proponieren wollen au 
bedenklichen ursachen, wie daroben gemeldet, 

2 Vgl. S. 374. 

8. 467 



Braunschweig 

und zveifele nicht, meine hern vurden sich auf 
diese artikel gunstiglich und christlich erkleren, 
und do ihre erb. w . . . mir wiederumb vas pro- 
ponieren xvole, were ich dasselbige azuhoren 
und reich darauf zu erkleren bereit 
Die kastenherren und diacon habe ich ihres 
ampts kurzlich erinnert. 
Well sie von wegen der ganzen christliche 
gemein der kirchen alhie zu Braunschweig ver- 
ordenet veren, volten sie fleissig, vas in ihre 
ampt gehSret, auBrichten 
1 ] Wolten der prediger vitter sein, wie sie 
die kirchenordenunge nennet, do sich sonst an- 
dere fremb, unfreundlich, undankbar erzeigeten, 
wolten sie den prediger mit aller freundligkeit 
und gunst zugetahn sein, dieselbige ehren und 
fordern, das die prediger in ihren schweren 
ampt bey ihren kastenhern jederzeit sich trostes 
zu erhalen muchten haben 
2.] Wolten auch auf ihrer prediger hauBhal- 
tunge fleiige achtunge haben, daft de kee 
nodt leiden muchten, wie solches die kirchorde- 
nung 25 ihnen auferlegt 
3.] Und xven die prediger nach erforderunge 
der hendel die kastenhern alB zeugen zu sich 
zihen xvurden, wen sie mit ihren zuhoreren 
ampts halben zu reden haben, dab sie sich darin 
willig und der gebuhr verhalten xvolten. 
4.] In der bestellunge der schulen, opperleu- 
ten und organisten xvolten sie nichts ohn und 
wieder ihre pfarhern willen furnehmen, unter 
der gemein autoritatem und oboedientiam mi- 
nisterii forderen und erhalten helfen. 
5.] Und xveil die sorge der armen den predi- 
gern mit befohlen ist, Gal. 2 [10], das die dia- 
coni der prediger zeuchnile forderen, xven die 
almosen zu geben sind, und der prediger vor- 
bidt fur arme nicht stracks abgeschlagen vurde. 
6.] Wen die zeit kumpt, das man generalia 
colloquia halten soll, daB sich die kastenhern 
fleissich dazu finden xvolten und helfen berath- 
schlagen, wo etvan mange] in kirchen, schulen 
ud bey der gemein furfielen, dal zu besseren 

were, und xvas sonst mehr in solche delibera- 
tiones gehoret. Item do in solchen sachen etwas 
a einem ehrbaren rath zu bringen vere, dab 
sie sich dazu brauchen laBe und die sache be- 
forderen helfen, da sie nicht stecken blieben, 
wie oft geschicht. 
7.] Da auch in ervehlunge der kastenhern 
und diacon das gemein gebet man laBe vorher 
gehn und da die person, die zum kastenampt 
erxvehlet und bestellet solle xveren, von ihren 
pfarhern gute zeuchniBe haben glaubens und 
lebens halben. 
Diese artikel hette ich dem ehrwtirdigen collo- 
quio, einem erbaren rath und den ersamen ka- 
stenhern, ehe dan ich reich zum ampte be- 
stellen xvolte lalen, proponieren xvollen auB 
bedenken und ursachen, vie im anfang de- 
duciert, und wen ich darauf erklerunge bekeme, 
damit ich konte vervaret und zufrieden sein, 
volte ich reich darnach ferner mit entlicher 
fleiigen antvort vernemen laden Weil aber 
die proposition der artikel sich etxvas verzogen 
und desselbigen tages des herren kemmers Ger- 
laci Kalen hochzeit sein solte, ist die berat- 
schlagunge derselben artikel und die beatwor- 
dunge aufgehoben. Den 24. Septembris sind xvie- 
derumb zusambkommen die hem eines erbaren 
raths, die prediger und die kastenhern, hat ein 
jeder sein bedenken der artikel halben einge- 
bracht und haben sich daruber semptlich in der 
kurz ohn weitleuflig disputirent vereiniget, dar- 
auf bin ich hineingefordert, der her Licentiat 
Melchior Cruger syndicus hat die beantwor- 
digunge der artikel abgeredet der meinunge: 
Es herren die hern eines erbaren raths, des ehr- 
wtirdigen m[inisterii] colloquii und die ersamen 
kastenhern die artikel, die yon mir gestriges 
rages proponiert, beratschlagt und bexvogen und 
achteten ohn noth, einen jeden artikel in son- 
derheit zu beantvorten, well darin nicht neuxves 
furgebracht, sonderen eben daBelbige repetirt, 
das vorhin in der kirchordenunge verleibet 
oder ja zur erklerunge und haltunge derselbi- 

2: Vgl. S. 376. 

468 



Ordnung der Zeremonien auf den DSrfern o. J. 

Darm darumb sein die feiertag eingesetzt und 
von Godt zu heiligen geboten, das das yolk 
Gottes xvort daran horen und es lernen sal. 
Die petfart sal in der wochen einmal ge- 
halten xverden alfso: 
Erstlick salder pfarher und opfermann mit 
dem yolk das Vaterunser singen. 
Darauf salder pfarher dem yolk ein ganz 
capittel au dem evangelio vorlesen, Mathe- 
um anheben und in der ordnung die evange- 
listen alle vier nach einander auflesen, und 

wen die auf sein, sie wiederumme yon forne 
anheben. 
Auf das capittel sal er ihnen auch die ftmf 
haubtstucke des catechismi vorlesen. 
Und darauf ihnen die litaniam vorsingen, und 
domit es dem volke nicht zu lang were, etn- 
real den halben und alas .nder real den an- 
dern halben theil. 
Darnach sal der pfarher mit der collecten 
concludieren 

59* 475 



Braunschweig 

6. A_rtikel, in der visitation den pfarhern uberantwort. 1 

Erstlick wil yon noten sein, ein iden pfarher 
volgende visitationartikel zu uberantworten, do- 
rnit er sich darnach zu richten hab under auch 
darauf achtung geben kann, dornit denselben zu- 
folge gelebet werde. 
Zurn andern wolt die noit auch erfordern, das 
in einer itlichen pfarkirchen, darinnen ein pfar- 
her woneth, eine bibel und eyn braunschweigksche 
kirchordnung gezeuget werde, die der pfarher 
nter seinen henden haben und gebrauchen, 
auch dem godtfihaui bewaren und dafur sten sal. 
Eyn jeder pfarher sol vleissig darauf achtung 
geben, neben den alterleuten, das xveder der kir- 
chen, noch der pfar ader opfermann an ihrem 
einkomen und alten gerechtigkeit nichts entzo- 
gen, auch alle jar emmal yon wegen der kirchen 
rechnung in sein, des pfarhers, beivesen gehal- 
ten werde. 
Dem opfermann solln die markgarben wie vor 
alters gegeben werden, domit derselb al der 
vleissiger die kinder den catechismum helle le- 
ren. 
Der stend zehent rnochte auch billich zu den 
pfarhern geslagen werden, domit dieselben dar- 
durch gepessert wurden und der pfarher all der 
mer vleil bei dem yolk mochten furwenden. 
Darumb sal ein ider pfarher sein ampt mit 
vleil aurichten, nicht allein wie er es for der 
obrigkeit, besunder vel mehr vor Godt vorant- 
worten woll. 
Es sol auch keiner auf_6 rneiste mer dan zwu 
kirchen zu vorsorgen haben, damit er den leuten 
all der pail fursten moge. 
Wo ein pfarher nicht mehr dan eine kirchen 
zu vorsorgen hat, schal er alle Suntag oder fier- 
tag zwu predig darinnen thun, eine fur und die 
ander nachmittag. 
Desgeleichen sol er auch in der wochen al 
Mitwocherd ader Freitags, wen es dern yolk am 

gelegesten sein wil, einen pettag mit dem yolk 
halten, wie das alles in sunderheit vorzeichnet 
ist. 
Und sal ein jeder pfarher vleissig darob sehen, 
alas das yolk die deutschen gesenge wol lerne 
und vleissich in der kirchen mitsinge 
Er solle auch zu einem iden rnal alas yolk 
vleissig zum gepett vormanen, vor einen gemeinen 
landfried, fur treuwe lerer und die obrigkeit zu 
piten, nicht alleine nach der predigt, besunder 
auch doheim in den heusern und alwegen, wen 
man die gepettglocken -" leutet. 
Desgleichen sol er auch das yolk vleissig vor- 
manen, almosen zu geben, und die feiertag in 
der kirchen dasselbige samlen lassen, es auch 
mit bewust der alterleut derm arrnen, so da- 
selbst vorhanden, aul3eilen. 
Er sol auch die leut mit vleil3 vormanen und 
dohin weisen, das sie ihre kinder vleissig zum 
catechismo halten, so oft er ader der opferman 
denselben leret. 
Desgleichen sal er auch die leut vormanen, 
das die ihre kinder, so tuglich darzu sein, zum 
opferman gen und lesen lassen leren und sun- 
derleich im winter, da sie doch sunst nit vil 
zu thun haben. Fur solche mue mag man dem 
opfermann yon elm knaben ein halb jar ein 
himbden rocken 3 geben. 
Der pfarher sol niemand zu dem heiligen sa- 
crament des altars zulassen, er babe darm zuvor 
gepeicht und die absolution entpfangen, aldo sol 
der pfarher ein iden in stmderheit vleissig in 
seinem catechismo vorhoren und unberrichten. 
Die pfarher, so do nahen umb die stadt und 
ein meile ader zvu am xveitesten davon vonen, 
soln in der wochen einmal herein in die lectio- 
nes komen, wen man in theologia list. 
Es sal auch ein ider pharher das jar zweimal 
herein zum colloquio komrnen, al Midtwochen 

Druckvorlage: Akte B III 15, Bd. 2, fol. 286-- 
289, Stadtarchiv Braunschweig. 
Vgl. S. 395 f. u. Anm. 7. 

 Himten Roggen. Der Himten war ein Korn- 
und Frtichtema, in den verschiedenen Gegen- 
den yon unterschiedlicher GrSe. 

476 



Braunschweig 

7. Artikel, de visitation beider gerichte Asseborch und Eike belangen. 1 
[1546] 

Visitationartikel ungeferlich. 

Erstlich wil yon noten sein, das der pfarher, 
opferman, die vorsteher der kirchen, der schultes 
und die bauern au einem idem doff auf einen 
aigen tag besunder gefordert und vorbeschiden 
verden. 
Denen mag zum ersten allen in gemein sempt- 
leich angezeiget werden, das man dises aul 
bevolen ampt der obrigkait ihnen zum pesten 
thue, sie alle gebrechen im christlichen glauben, 
was lere und leben anlanget, umb ihrer selen 
seligkait hell willen gutlichen zu vorhoren und 
freundlichen zu unterrichten 
Darnach mag man die gemein allein horen, 
den pfarher uncl opferman entxveichen lassen und 
sie fragen, ob sie an khrem pfarher und opfer- 
man ein genuge haben ader ab sie derselben bei- 
den ader ein mangel hetten und xvechsel beget- 
ten. 
Zum andern sie fragen yon der lere und pre- 
digt des pfarhers, xvievil er derselben xvochen- 
lich thue, und was er predige. 
Zum dritten yon seinem leben, ab er auch ein 
zenkischer mensch und pierseufer sei und vil im 
kruge lig, ader ab er ehrlich ader nicht sei, vleis- 
sig studiere, vie er hauhalt, ab er xveib und 
kinder babe und wie sich dieselben halten. 
Zum virten, was die kitchen, der pfarher 
und opferman fur enkomen hab, ab auch denselo 
ben an ihrer gerechtigkait yon imand ein ab- 
bruch geschee 
Zum funften, wet der kirchen einkomen ader 
klemat unterhanden hat, wie denselben vorge- 
standen xvere, ab auch jerliche rechnung, xvie 
und xvan die gehalten xverde. 
Zum sechsten, ab auch etliche knaben zum 
opferman ader pfarher pisweilen, ehe sie zu der 
arbeit tuchtig sind, in die schul gehen. 

Zum sibenden, ab auch in der kitchen alle 
feyertag almosen gepeten werd. 
Zum achten, ab auch arme leut, die das almo- 
sen nemen, vorhanden sein, und xvie dieselben 
unterhalten xverden. 
Zum neunten, ab auch frembde betler dohin 
komen, wie man sich gegen denselben halt. 
Zum zehenden, ab auch ergerliche gebreuch 
unter ihnen sein, und ab das yolk unter der pre- 
dig in krugen ader zum burnewein lige ader der- 
gleichen sich sunst ergerleich halt. 
Und zum letzten, ab sie sunst etliche gebre- 
chen ader mangel unter ihnen hetten und an- 
zuzeigen wusten. 
Darnach mag man die bauwern alle entwei- 
chen lassen und den pfarher allein horen und 
fragen. 
1. Ab die bauwern gem zu kitchen gen und 
Gottes wort horen. 
2. Ab sich imand demselben zuwider setze 
3. Ab die leut auch gem zum heiligen sacrament 
gen. 
4. Wie sie sich gegen ihm, dem pfarher, halten. 
5. Ab auch der kitchen ader pfar yon imand 
abruch geschee. 
6. Ab ehr, der pfarher, sich auch behelfen kan, 
und vas sein einkomen ist. 
7. Ab er sunst etwan mangel im yolk her ader 
wust, ader was etwan erger'lichs vorhanden 
sein mocht. Item wie sich sein opferman halt 
8. Darnach sal tier pfarher examiniret werden 
yon seiner lere und predig, yon den heiligen 
sacramenten, dem gesetz und evangelio, auch 
allen stucken des eatechismi. 
9. Desgeleichen sol er auch von seinen cere- 
monien, wie er es damit halt, all] mit singen, 
leuten, lichten und kleidung in tier kirchen, 

Druckvorlage: Akte B III 15, Bd. 2, fol. 294-- 
296, Stadtarchiv Braunschweig 

478 



Visitationsartikel ftir Asseburg und Eich 1546 

auch wivil er wochentlich predig thu und ab 
er auch den catechismum und wie er densel- 
ben lere, gefraget werden. Alsdan sal ibm 
furgehalten werden, wo ibm vonder gemeine 
etwas unpilliches wev schult geben worden. 
Darnach mag auch der custos ader opferman 
allein geho.ret und erstlich vom pfarher gefraget 
werden 2, wie sich der in der kirchen mit predi- 
gen, singen und ceremonien, auch der lere des 
catechismi halt, auch was er fur ein lere und 
wandel fure. 
Zum andern, wie sich die pauvern gegen dem 
pfarher und ibm halten, was sein enthalt sei, ab 
ibm auch an seiner gerechtigkait yon imant ab- 
bruch geschee. 
Zum dritten, ab er sunst ethwas, das erger- 
leich in einer gemein were, anzuzeigen wust. 
Zum virten sal er auch von seiner geschick- 
ligkait und leben examiniret werden. 
AL6dan mugen die bauwern trod ein ider in 
sunderheit, wie sie ihren catechismum, das Va- 
terunser, den gelauben und die zehen gepot ken- 
nen, trod ab sie auch und wie oft des jars zum 
heiligen sacrament gehen, trod was sie davon 
vorstehen, gefraget verden. 
Darnach sal ein ider vleissig vormanet ver- 
den, alas er sein leben bessern, gern zu kirchen 
gehen und Gottes wort mit vleil horen wolt, 
auch seinen catechismum lernen, for die oberig- 

kait und einen gemeinen landsfride vleissig 
pitten wolt, sunderlich, so oft er die gepetglok- 
ken ader das pro pacem 3 schlahen hort. 
Zum letzten, so dan etliche gemeine gebre- 
chert gefunden sein, mag man den bauwern allen 
semptlich in beisein des pfarhers solchs abzu- 
schaffen ernstlich bevelen. 
Desgeleichen mag dem pfarher in gegenwart 
der bauwern sein ampt auch mit ernst bevolen 
und ein kurze kirchordnung, darnach er stch zu 
richten hab, zugestalt werden. 
Wurden aber gebrechen in sunderlichen per- 
sonen befunden, so sal man dieselben, ein idern 
in sunderheit allein, anzeigen und ihn zu der 
pessertmg vormanen, mit angehangener drau- 
xmxtg der straff, wor er sich nicht pesseren 
wurd 
Der endliche abschide sal sein, das man es pei 
diser visitation nicht wol pleiben lassen, besun- 
dern zum oftern real viderkommen und besehen 
wolle, xvie sie sich gepesser wurden haben. 
Ab auch gar tmgeschickte pfarher befunden 
wurden, mochten dieselben ab und tugliche an 
ihre stadt gesetzt werden. 
Und ab imandes in sachen der religion, es 
were pfarher, opferman oder die bauwern, rades 
bedurfen werden, die mochten sich des zur iden 
zeit bei den visitatoren erholen, darzu dan sun- 
dere personen mochten ernennet werden etc 

,o Am Rande: Ader mag en vor dem pfarher 
gehoret werden. 

3 \gl. S. 395 f. u. Anm. 7. 

479 



II. 

Braunschweig- Ltineburgische 

KIRCHENORDNUNGEN 

I6r das 

Ffirstentum Lfineburg 

und f/it die Stadt 

Lineburg 



FURSTENTUNI LUNEB URG 

LITER ITUR auISer den im allgemeinen I'erzeichnis zu diesem Band angegebenen Titelu: 
C. C a s.s e I. Geschichte der Stadt Celle. Bd. I. Celle 1930. m F. C o h r s. Eine I n s t r u k - 
t ion ]6r eine Kirchem'isitation in den I,neburgischen _J'mtern Celle. Jleinersen und Burgdorf 
aus dem Jahre 156. in: ZnKG 34 35. 1929/130. S. 191196.  F. C o hrs. Christo[h F i- 
s c h e r d. _Jlt.. Einfltige Form. ,'ie man im F,rstentum L,neburg alle Ordinanden zu exami- 
nieren [Jflegt. 1575. in: ZnKG 29 30. 1925. S. 53--135. -- F. Cohrs. Urbanus Rhegius" 
.. E x a m e n eiscoli in ducatu Luneburge'si" (15367) = Studien :ur ltelormationsgeschichte 
u. z. [Jrakt. Theol.. G. Kawerau an s. 70. Geburtstag dargebracht. Leipzig 1917. S. 57 69. 
,4. L.  a c o b i. Landtagsabschiede und andere die l/erlassung des Ftrstenthums Lnebur be- 
treflende Urkunden. T. 1. Hannover 1794.  ll'. K n o o D . Herzog Ernst des Bekenners Oral- 
hung ,ber das Einkommen der Pastoren trod die Ehesachen yore 15. Yovember 1543. in: ZnKG 9. 
1904. S. 203 230.  llartin K r i e g . Die Entstehung und Entwicklung der .Ira t s b e z i r k e 
im ehemaligen F,rstentum LOneburg. = Studien u. l'orarb, z. hist..ttlas yon Niederachsen 6. 
G6ttingen 1922.- ]1. Krieg. Uber die 1nfnge der neueren _1mtsverfassung im F,rsten- 
turn L,neburg im 16. Jahrhundert. in: Hannoversches Jlagazin 2. 1927. -- li". K r osch. Die 
landstndische l'erfassung des Ftrstentums L,neburg. Diss. Dhil. Kiel 1914.  lrchiv I. Gesch. 
u.l'erfassung d. I'i/trstenthums Liineburg. brsg. v. E. L.v. Lenthe. Bd. 9. Celle 163. -- b.F.C. 
M a n e c k e, To[Jogra[hisch-historische Beschreibung der Stdte. A'mter und adelichen Gerichte 
im Frstentum L,neburg. Bd.l. 11. Celle 15.  It. 5t einmetz. Die GeneralsuDerintenden- 
ten yon L,neburg-Celle. in: ZnKG 20. 1915. S. I ff. (Zit.: G.S. v. L,neb.-Celle).  Urbanus 
Rh e giu s. li'ie man ]6rsichtiglich und ohne jrgernil$ reden soil yon frnemesten _trtikeln 
christlicher Lehre. Hrsg. yon .1. b c k e I e y = Quellenschr. z. Gesch. d. Prof. 6. Lei[:ig 190. 
 G. Uhlhorn, Die KO0 v,m Hannover und Braunschweig. in: I'ierteljahrschrift 
Theologle und Kirche 111. 2, 15'53.  G. Uhlhorn. Urbanus lthegius = Leben u. aus- 
gewhhe Schriften d.l'iiter u. Begr6nder d. luth. Kirche 7, EIberfeld 161.  .t. ll'rede. 
Die Ein],hrung der Reformation im L6neburgischen dutch Herzog Ernst den Bekenner. G6t- 
tingen 1857. (.1uszug daraus in: .. ll'rede. Ernst der Bekenner. Herzog yon Braunschweig und 
L,neburg = Schr. d. ler. f. lleformationsgeschichte 25. Halle 
.1RCHII)E: Niedersiichsisches Staatsarchiv Hannover: Stadtarchiv L6neburg: -lrchiv der 
Superintendentur in L,neburg; .Irchiv des KIosters St. llichael. L,neburg: Stadtarchi,. Celle: 
,4rchiv der Su[Jerintendentur in Celle: ,Ministerialbibliothek Celle. 

60- 483 



Konkordien[ormel. in dieser Form wird das Corpus doctrinae IUilhelminum mit der KO yon 
1643 his heute yon den Geistlichen vor der Ordination unterschriebe' (vgl. H. Mulert, Die 
evangelische Lehrver]flichtung in der evangelischen Kirche Deutschland,. Tiibingen 1904. S. 14). 
Die Entwicklung der Ordination ist wesentlich beeinflutt dutch Privatarbeiten der [iihren- 
den Superintendente'z des Frstentums: einmal Urban Rhegius. Examen episcopi in ducatu 
Luneburgensi. etwa 1536 erschienen (rgl. Coh rs. R h e g i u s . sowie H e n n e c k e . Ordina- 
tion, S. 19. 3 [.): zum andern Christoph Fischer. Ein[eltige orm. wie und welcher Gestalt 
man im liblichen [rstenthumb Liineburg alle ordinanden und auch alle pastores in den ge- 
whnlichen rliche' visitationibus in den [iirnemsten heuptstiicken der christlichen lehre 
eraminiren pHegt .... 1575 (v.l. Cohrs. Fischer. auch Hennecke. Ordinatio 
S. 40). 
Die Beobachtung der KO ,,,on 1564 wurde dutch die im gleichen Jahre ver6]]entlichte 
Poli:eiordnung  deren Fitel: Re]ormatio u nd ordnung unser yon Gottes gnaden Hein- 
richen und llilhelmen der jiingern, gebriidern, her:ogen :u Brunschwig und Liinenburg. so 
wit in etlichen gemeinen sachen unsern unterthanen :u wolart und gutem haben gemacht. 
Inno 1564. gedruckt :u ll'ittemberg  noch besonders eingeschr[t, darin auch weitere ler - 
ordnungen :ugunsten ungest6rter Gottesdienste hinzuge[6gt. Im _lbschnitt iiber die Un:ucht be- 
:ieht man sich au[ eine bereits bestehende ..Ordnung der ehesachen'" und l/t sie hiermit 
erneuert sein. Es bleibt o[[en, ob unter dieser die yon 1543 zu verstehen ist oder in:wischen 
eine weitere erschienen war. 
('her all die bi.her besprochenen llat.nahmen hinaus wissen wir nicht viol yon der tusFbung 
des Kirchenregimentes dutch die Herz6ge. Das 1564 eingeset:te Konsistorium (vgl. hier:u 
auch S c h ! e g e ! If. S. 396) ist nicht sonderlich in Erscheinung getreten. ]eden[alls haben die 
Her:6ge his ins 17. lahrhundert hinein, wie es bei den ein.[achen l'erhdltnissen ihrer Kan:lei 
:u erwarten ist (vgl. It;. 0 h n s o r g e: Zum Problem: F6rst und l'erwaltung um die ll'ende 
des 16. Yahrhunderts. in: Bll. .[. dtsch. Landesgesch. . 1951. S. 152 [.[.). wesentlich patriar- 
chalisch die Kirche geleitet, lieten sich indessen malgeblich beraten dutch ihre Generalsuper- 
intendenten (vgl. N l e in m e t :. G.'. v. Liiteb.-Celle. S. I ..L). Zur Zeit der Krankheit 
des Her:ogs ll'ilhehn (vgl. !! o o g e w e g. Fiirst und H-[ :u Celle wiihrend der Krankheit ll'il- 
helms d. 1. (1.73--192). in: ZNS 1902, S. 34.[.[.) nahm der derzeitige Generalsuperintendent 
Christoph Fischer o][enbar auch eigenm6chtig das li'ohl der Landeskirche in die Hand. llan 
kann dieses wohl yon der Generah'isitation yon 153 annehmen. 
Die Bestallung der Generalsuperintendenten behielten sich die Herz6ge vor. 1us dem 
16. Yahrhundert ist nut die Bestallung des Georg Bonsack aus dem Yahre 1571 iiberlie.[ert 
(vgl. H. J. By t em eis t er. De vita. scriptis et meritis supremorum praesulum in ducatu 
Lunaeburgensi. Helmstedt 172. S. 91 [.. vgl. auch St.t. Hannover. Celle Br..t.Des. 62 If. L 1). 
Seine l'erpflichtung lautete gan: schlicht dahin, dab er ..das pastor- und superintendenten- 
ambt mit predigen, visitieren und was ibm als einen pastor zu Zell und ,eneral-superinten- 
denten geburn will. seinem besten verstande nach treulich verrichten solle . Er kann also 
seine lYrantwortung nach Belieben schalten und walten. 
Die Bestalhmg der iibrigen Geistlichkeit lag in der Hand der Patronatsherren. Das Pa- 
tronatsrecht lieB sich die Landscha[t nicht beschranken..4u[ dem Landtag yore 17. Yuni 1591. 
der unter dem t'orsit: der Her:iJge Ernst und Christian im A'amen ihres laters start[and. 
wurde u.a. darber verhandelt. Die Land.cha[t .b:w. die Patronatsherre,' batten sich beschwert. 
dab der Superintendent  wohl der Generalsuperintendent  nicht immer den von ihnen vor- 

488 



l)olksschulwesens in den altwel]ischen Herzogthiimern der Provinz Hannover. in: ZNS 1904, 
S. 70 ].). In Celle soil 1545 durch den Kantor 2ohannes KSrner eine Schulre]orm stattge]un- 
den haben (vgl. C assel 1. S. 449 ].). Erst im 17. Jahrhnndert sind Ordntmgen ,,t]gestellt 
worden. 
Uber das Kirchenwesen in dem yore Fiirstenttm Liinebtrg 1.327 abgespalteten Herrscha]ts- 
bereich Harbtrg (vgl. oben S. 44) vgl. nttmentlich ii e n n e c h e (Dvr Kirch,nbe:irk Harbtrg im 
2ahrhundert der Re]ormation. in: 2nKG 36. 1931. S. 322--325). Henneckes lngaben ist hier 
nichts hinzuzu]iigen, ztmal die yon ihm benttzten lkten in[olge der Kriegseinvirktmgen noch 
nicht wieder eingesehen werden konnten. 

61" 491 



Artikelbuch 1527 

De erste artikel. 
Dat ein ytlick kerckher syne kercken 
s/ilvest bewone. 
Nademe dorch affwesent der kerckheren de 
schape Christi mennichfoldiger wyse nicht allene 
vors/imeliken unde untruweliken geweidet, sun- 
der ock umme swarer unbilliker pension unde 
egens nuttes wjllen under gestalt gSdtlikes we- 
sens van der warheit 5vel vorfSrt werden, ys 
van nSden, dat ein ytlick kerckher persSnlick 
residere. 
Dusse artikel, wowol he yn sick klar ys, na- 
deme eyn ytlick kerckher yon nodt wegen by 
synen bevolen schapen tho wesende vorplichtet 
is, bewert erie doch Christus myth d/isser geli- 
kenysse {Johan. 10, 12}: Eyn gudt herde settet 
syn levent vor syne schape. Ein medelink 5verst, 
wen de den wulf komen stith, so flticht he unde 
achtet der schape nicht. So nu mit d/isser un- 
truwe de medtlynge bevtint synt, ock de dach- 
like erfaringe medebringet, dat se nicht der 
schape beste, sunder dat ere sSken, dartho ehne 
de rechten kerckheren dorch fSderynge erer un- 
billyken pension orsake geven, mSgen se yn 
nenem wege geleden werden, dewyle dorch de 
propheten, de kerckheren unde herden, dede 
gewinst unde egen geneth sSken edder s/is un- 
truwelick handelen, hochlick unde schrecklick 
beschuldiget werden, sprickt de Here (Esaie 55 
= 56, 10 f.): De wechters synt blynt, alle synt 
se unweten, se synt alle stumme hunde, de nicht 
bellen k/innen, se seen ydelheit, slapen unde be- 
leven de drSme, de unvorschemedesten hunde 
hebben nicht mSgen gesediget werden unde heb- 
ben nychtes vorstaen ktinnen, alle hebben se 
na eren egen wegen geseen, eyn ytlick na der 
gericheit van synem orde, yn welckeren wSrden 
klarlyken vormerket weft de torn des Herev 
over de, de dem volke dorch unvorstand, vor- 
sumenysse, untruwe unde gyricheit 5vel vor- 
staen, desgeliken Hieremie (Hiere. 2, 8; 10, 21 
unde 33  23, 1 f.) de vors/imenisse unde vor- 
achtinge der schape mit we und swarer straffe 

yon dem Heren wert aagetogen Ock M,chee 
secht de Here (Mich. 3, 11): Er 5versten hebben 
umme gave wyllen gerichtet, unde ere prester 
hebben umme Ion geleret. Dyt secht de Here 
over de propheten, de myn yolk vorfSren, de 
mit eren tenen biten unde den frede vorktindi- 
gen, unde so nemant wes yn ereh round gyfft, 
erheven se einen krig. Unde wert dermaten So- 
phonie (Sopho. 3 ---- Zeph 3, 4), Hieremie {Hiere. 
6, 13) unde an velen anderen 5rden de gyricheit 
der prester swarliken straffet. Ezechielis 5verst 
secht de Here {Eze. 33 - 34, 2 ff.): We den her- 
den van Israel {dat ys mynes volkes}, de sick 
s/ilvest hebben geweydet, plegen de schape nicht 
van den herden geweydet werden7 Gy 5verst 
hebben de melck gegeten unde juw mit der wulle 
gekledet und xvelcker vet was, slachtede gy. 
Overst myne schape hebbe gy nicht geweydet, 
dat swacke hebbe gy nicht gesterket, dat kranke 
nicht gehelet, dat thobroken nicht gebunden, dat 
vorworpen nicht wedder gehalt, dat vorloren 
nicht wedder gesocht, sunder gy hebben mit 
strenge unde gewalt over se geherschoppet, unde 
nu synt myne schape vorstrSuwet, .vndeme se 
nenen herden hebben, unde alle derte e hebben 
se gefreten. 
Wat mSchte nu jegen de medtlynge und aff- 
wesende rechte kerckheren, de bemelter wyse 
yn aller untruwe unde gyricheit mit den par- 
ltiden 5vel ummegtin, schrecklikers gehSrt edder 
gesecht werden7 Noch ermaent de Here Chri- 
stus den hylgen Petrum nicht sunder orsake 
dremal {Johannis ultimo = Joh 21, 15 ff.), dat 
he de schape weyden schSle, dewyle he den He- 
ren belevet. Gelick a!se wo!de Christus seggen: 
S/i Petre, du belevest mick, darumme lat myne 
schape d/isser leve geneten, dat se mynenthalven 
van dy getrtiweliken geweydet werden Des de 
hillige Petrus s/ilvest wyder verklarynge gyfft, 
dar he secht (1. Petri 5, 2 ff.): Weydet de herde 
Christi, de under juw ys, unde vorheget se, nicht 
genSdiget, s/inder s/ilfwillig, nicht umme schedt- 
likes gewynstes willen, s/inder uth thogenegetem 

2 = Getier, vgl. Schiller u. L/ibben I, S. 508. 

493 



Ltineburg 

gembte, nicht alse hersschoppers aver dat erve, 
stinder weset ein gudt vorbilde der herde, so 
werde gy, wen nu erschynen wert de erzeherde, 
de unvorgenkliken kronen entfangen 
So nu yon den herden stilcke trtiwe, flidt unde 
willicheyt wert gefbrdert, wil syck nicht tee- 
men, ys ock Goddes worde unde allen rechten 
genzlick entjegen, emem medtlmge de schape, so 
Christus mit synem blode verlSset, yn mutwil- 
lige varlickheyt unde vorderf aver to geven, 
dat syck underdes de rechten kerckheren eres 
affwesendes ane sorge unde arbeit der melck unde 
wulle, schmdens unde schavens schblen erfrbu- 
wen unde doch geschreven ys (2. Tessa. 3, 10): 
We nicht wil arbeiden, de schal ock nicht eten. 
SchSlen alle rechte kerckheren na vermSge gSdt- 
likes wordes, ock genanten geistliken rechtes 
ere kercken persSnlick mit flyte unde trtiwe 
tho bewonen van der overicheit gednmgen wer- 
den. Alse denne ock vele andere schrifte, so mit 
bemelten sprSken stemmen, genSgaftig uthwy- 
sen 

De ander artikel. 
kVat dem volke schal gepredicket 
werden. 
Dat ein ytlick kerckher yn der jegenwarde 
stedes unde sfincler behelp residerende, synerr 
bevolen parfolke dat evangelium lutter, reyne 
unde klar predicke, alse datsfilvige van Chri- 
sto synen jfingeren bevolen unde uns yn bey- 
derley testamenten genochsam vorfatet unde na- 
gelaten ys, fabulen unde ander unniitte wasche- 
rye vormeden, Christus allene unde de leve des 
negesten m6ge gepredicket werden. 
Dusse ander artikel beslut, dat ein ytlick 
kerckhere, so he syne egene kercken besytt, 
nicht lere, wat eme udt dtinket, stinder wat 
eme tho leren yon Godde ys bevolen unde ys yn 
der schrift genochsam gegrtindet, dar Christus 
synen jtingeren dat wort yn den mund deyt unde 
secht (Mar. 16, 15 f.): Gaet yn de ganzen werlt 
unde predicket dat evangelium allen creaturen. 
We gelSvet unde gedofft wert, de wert salich 
werden. We 5verst nicht gelSvet, de wert vor- 

dSmet werden. Item (Matthe. 28, 20): Leret se 
holden allent, wat ick juw bevolen hebbe (Luc. 23 
---- 24, 47). 
Dat 5verst de kerckheren unde selsorgere nicht 
mSgen leren, wat ene bedtinket, edder wat de 
gewaenheit medebrynget, ys klar uth dem worde 
Goddes, dar he secht (1. Mose 4 - Dt 4, 2; 1. 
Mos. 12 ---- Dt 12, 32): Gy schSlt ock nichtes 
dartho doen, wat ick juw gebede, unde schSlt 
ock nichtes darvan doen, uppe dat gy beholden 
de gebode des Heren juwes Goddes, de ick ju 
gebede. Allent wat ick juw gebede, schSle gy 
allene holden, dat gy darna doen. Gy schSlt nich- 
tes darto noch darvan doen. Item (Prove. 30, 
5 f) alle wort Goddes synt dorchluttert und synt 
ein schild den, de up erie truwen. Do nichtes 
tho synen worden, dat he dy nicht en straffe unde 
werdest 15genhaftig gefunden. Dartho dSrch den 
propheten Ezechiel (Ezech. 20, 18 f.) vorbtit Godt 
dem volke unde secht, dat se yn den seden erer 
veder nicht wanderen, ere gerichte nicht holden, 
ock mit eren affgSden nicht schSlen vorunrey- 
niget werden. Ick byn de Here, juwe Godt, wan- 
dert yn mynen geboden, holdet myne gerichte 
unde vullenbringet se. 
Vorder gyfft Paulus allene der hilligen schrift 
de eere (2. Timo. 3, 16), dat alle schrift, van 
Godde yngegeven, is ntitte thor lere, thor straffe, 
thor beteringe, thor ttichtinge yn der gerechti- 
cheit Tho den Galateren (Gala. 1, 8 f.) 5verst 
vorwerpet he alle lere, de dem evangelio nicht 
gelickformich is, 5fft se uns ock ein engel vain 
hemmel vorktindigede. Uth welckeren sprSken 
apenbar is, dat allene de schrift schal unde moth 
gepredicket werden, de van Godde yngegeven 
is, de men canonicas nSmet, welcker yn der 
biblien doch yn underscheden werden vorfatet. 
Dede ock nicht anders leren, wenn dat dtisse 
Jhesus sy Christus, unde wo de negeste tho 
beleven. Hir wert syck nu ein getruwer lerer 
unde husholder Goddes wol weten tho holden, 
dat alle andere rede, so tho vorklaringe bemel- 
ter schrifte denen, nicht egene gudtdtinkendes, 
sfinder na dem snor dersulven schrift vorsichti- 
gen unde truwelicken gerichtet unde vorhandelt 
werden. 

494 



Artikelbuch 1527 

De drudde arhkel. 
Wo me sick jegen ungeschyckede, 
vorstimige edder kranke kerck- 
heren holden schal. 
Uppe dat 6verst ein ytlick synes amptes trti- 
weliken warneme, den vors0migen billicke 
straffe, den ungeschickeden ere mae upgelecht, 
den kranken unde anderen erer notr6ft unde ge- 
breke bedacht werden, is van n6den, dat nein 
kerckhere ewich tho blivende gesettet, confirmert 
edder bestdiget werde, stinder so verne he syck 
redelyken holt, dat ock na erf6rderinge bernelter 
ynfelle, de gemenheit sampt todaet der overi- 
cheit hiryrme tho handelen, ordenen, setten unde 
entsetten macht beholde. 
Dussen artikel, so vele de vorstimigen unde 
ungeschickeden belanget, bewert Christus (Math. 
5, 13), dar he de predickers dem solte vorgeli- 
kent. Wor nu dat solt dum edder doff weft, is 
ydt nergen met ntitte tho, stinder dat me ydt 
wech werpe unde mit v6ten trede. Nu f6rdert 
de hilge Paulus yn einern bisschoppe edder 
kerckheren nafolgende d6gent uncle schicklick- 
heyt (1. Timo. 3, 2 ff.; Titon 1, 7 ff.}: Ein bis- 
schop (secht he) schal unstrafflick wesen, men 
eines wyves man, n6chteren, ttichtich, sedich 3, 
gastfryg, lerhaftig, nicht wynstichtig, nicht bet- 
sich 4, nicht schendlikes gewynstes begerich, 
stinderen gelynde, nicht haderich, nicht gyrich, 
de synem egen huse wol v6rsta, de gehorsame 
kinder hebbe, rnit aller redelickheyt. Yn summa 
fordert Paulus yn bemeltem kerckheren de rne- 
ticheit, gave unde schicklickheyt, dat he dem 
lasterer ock nicht ynt 6rdel falle. To derne, dat 
he mechtich sy wedder alle falsche lerer tho 
streven. Ock syn bevolen parfolk des levendes 
ein v6rbylde und exempel an eme hebbe. Alse 
he sick stilvest r6met (Philip. 3, 17): Volget my 
Csprickt he), leven br6der, unde seer up de, de 
also wanderen, alse gy uns hebben tho einem 
v6rbylde. 
Dewyle denne ein exempel gudes levendes unde 
kreftige lere sampt anderen d6geden an einem 

kerc-kheren n6dtliken gef6rdert werden und de 
vorstimygen darjegen am exempel, de ungeschik- 
keden an der lere, de entfoldigen gemenheyt 
schedtliken ergeren, folget van nodt wegen, dat 
sodanen de parren nicht tho laten, noch tho 
oevehlen synt. Dar me nu, wo ber6rt, sulckes 
betrachten unde hyryn seen xv6rde, worden de 
parkercken nicht urnme gunst, gelt, gave, friint- 
schop tho vorstimynge unde schaden der selen 
vorlenth werden, w6rde ock den statknechten, 
mulwarderen und anderen curtisanen, ock den, 
de sick uth anderen orsaken wente hertho yn 
de kercken gedrtmgen, sodane rnutwillige tho- 
nSdinge vorhyndert, vSrde ock hirmede dem be- 
vele Christi (YIath 7, 15; unde 24. 5. 11. 24) nde 
Pauli (Acto. 20, 29) gefolget, de uns vor sulcken 
wiilven under schapesklederen gans trtiweliken 
warnen Nu roach doch einem ytliken rechtsyn- 
nigen we doen unde jarneren, dat me wente 
an dtisse tydt anseen moth den leydigen gyr 
aller falschen herden, welcker under vormein- 
tern rechten titel nichtes anders, wen merklick 
gelt uncle schendliken gewynst s6ken unde nicht 
allene tho dem parampte undiichtig, sunder ock 
undiichtigen, ungelerden unde thorn dele lester- 
haftigen hurparneren 5 de kercken uthgedaen 
hebben, allene dat de rechten vormeinten kerck- 
heren gelt kregen unde de htirparner erer unge- 
schicklicheit, unardiges levendes edder desgeli- 
ken under bevele unde namen erer rechten 
kerckheren syck behelpen mochten. 
Endlick warner uns de hillige Paulus vor s61- 
cken (Roma. 16, 17 f.): Ick ermane juv (sprickt 
he}, leven br6der, dat g- upseent hebben uppe 
de, de unenycheit unde ergernisse beneven der 
lere, de gy gelert hebben, anrichten, unde wyket 
van ene, wente stilcke denen dern Heren Christo 
nicht, sunder erem buke unde dorch s6te pre- 
dickye unde grote wort vorv6ren se de unschtil- 
digen herte. Daruth klarlick tho vormerken, dat 
de, so syck unschicklick holden edder yn bernel- 
ten stricken strafflick befunden werden, des 
kerckheren amptes bylliken sch61en entsettet 

3 _ sittig, ztichtig. 
 ----- blssig. 

r _ geheuerten, gemieteten Pfarrern 

495 



L/ineburg 

werden, unde wowol de schrift dergeliken 
sprSke vul ys, gehSrt doch ock hirher, wes ym 
ersten artikel uth tier schrift ys angetogen and 
wy hebben den lyffliken schaden etliker mate 
gerOrt. Wat 0verst goddeslasteringe ande den 
armen selen tmheyls daruth entspringet, were 
schrecklick tho hOren, alse doch uth dem 23. 
capitel Mathei tho vormerken ys. 
Dat me 0verst den, de dem kerckherenampte 
eine tidtlank trfiweliken vorgestaen unde dorch 
gSdtliken wyllen gekrenket xvorden, ere notrSft 
unde vorsorginge vorschaffe, erfordert de christ- 
like leve, harlem de dermaten gekrenket wor- 
den, y-n stede tier armen schSlen geachtet wer- 
den, vowol se gedanes arbeydes unde flytes hal- 
vender hfilpe, dankes unde eere werdig sy-nt. 
lVente so Godt gans ernstliken geboden hefft 
(1 Timo. 5, 16; 2. Mo. 22, 21--26: 5. Rio. 15, 
1--18; lkIat. 19, 21: Lu. 6. 30. 36. 38; 13 ---- 14, 
12 ff.), dat ein ytlick y-n sunderheit de armen 
unde kranken vorsSrge, tho hus vOre unde erer 
warneme, wo vele mer is eine ganze gemenheit 
vorplichtet, de armen unde kranken, de er tho- 
vSrne ym gSdtliken worde gedenet, mit notrSf- 
tiger entholdige trilweliken to vorsOrgen. 
De verde artikel. 
Van vorsorgynge der parre unde 
kerckendeneren. 
Dewyle ock dorch ummestende, so syck dilsser 
tydt thodragen, de parrochien tho merem dele 
an erem ynkomen also vorryngert synt, dat sick 
ock ein kerckhere sampt anderen kerckendene- 
ren darvan mit nichte mach entholden, unde 
doch dorch geistlike denstbaricheit yn gSdtlikem 
vorde bekfimmert, tydtlike neringe tho sSken 
wert vorhindert, is van nOden, dat eine ytlike 
gemenheit dorch ynseent der overicheit anhol- 
den unde eine ordeninge unde vorsOrginge upge- 
richter werde, darvan syck ein kerckhere sampt 
den deneren eerliken unde redelicken mOge ent- 
holden 
Dussen artikel bestediget Christus (Matth. 10, 
8 ff.; Luce 10, 7), dar he syne jiingeren der dach- 

liken nodtrOft unde nermge vorsekert unde na 
velen wOrden entlick beslut, dat ein arbeyder 
sy-nes lons werdig ys. Welcker wort Christi Pau- 
lus wyder uthlecht uncle secht (1. Cor. 9, 4. 7-- 
11): Hebbe wy nicht macht tho eten uncle to 
drinken? Uncle kor darna: We reyset altidt up 
sy-nen egen sold ? IVe plantet einen wynberg und 
ytt nicht sy-ner frilchte7 Edder we weydet eine 
herde schape unde ytt nich van tier melck tier 
herde? Rede ick 5verst datsillve up my-nscken- 
wyse? Secht nicht sodanes ock dat gesette? 
Wente ym gesette :vIosi steyt geschreven [Dt 
25, 4]: Du schalt dem ossen nicht de mund voro 
stoppen, de dar dOrscket. SSrget Godt vor de 
ossen7 Edder secht he nicht alle dynk umme 
unsentwyllen7 IVente ydt is jo alle umme un- 
sentwyllen geschreven. Wente de dar plOget, de 
schal up hOpeninge plSgen. Uncle de dar dors- 
cket, 'de schal up hOpeninge dOrscken, dat he 
gennes hOpeninge delhaftig werde. So wy juw 
dat geistlike hebben geseyet, is ydt ein grot 
dink, 5fft wy juwe fleyscklike erven? 
Geliker menynge redet he ock tho den RSme- 
ren (Roma. 15, 27): So se den heyden ere geyst- 
liken dynge medegedelet hebben, ysset byllick, 
dat de heyden ene eere fleysckliken dinge ock 
mededelen. Unde tho Thimoth. (1. Timo. 5, 18): 
Ein ytlick arbeyder ys synes lones werdig. Ynt 
leste tho den Galat_ {Gala. 6, 6): De underrichtet 
wert mit deme vorde, de dele mede allerley 
gudt deme, de en underrichtet. Bemelte sprOke 
vormSgen grfindlick unde apenbar, dat eine ge- 
menheyt vorplichtet ys, notrSftige nerynge tho 
schaffen dengennen, de er ym worde Goddes 
unde christliker lere trfiweliken vOrstaen. Alse 
den ock van anfange der christliken kercken 
by brukynge gewest ys, siinderliken darilmme, 
dat se den goddesdenst unde predickeampt ane 
gebreck unde bekilmmer,vnge tidtliker nernge, 
ock mit wertliken sorgen unvorhy-ndert, so vele 
deste beter waren uncle entrychten mOgen. Dat 
ock alle orsake tier lasterliken gyricheit mSge 
affgesneden werden, dewyle ein ytlick baven so- 
dane vorsorgynge nichtes hedde tho forderen. 

496 



ArtikeIbuch 1527 

De v6ffte artikel. 
Dat ein kerckher ane den vertyde- 
pennyng nichtes hebbe tho for- 
derende. 
Werm 5verst ein kerckher dermaten mit den 
kerckendeneren mit temelyker unde eerlicker ent- 
holdynge vorsorget, alsderme schal he van ne- 
mande nichtes forderen, noch van dSpende, noch 
van berichtende der sacramente, noch van je- 
nigem anderen selegerede, ydt sy thodracht 
edder offer, ane dat he den vertydepenning 6 
uth gemener bewyllinge byllick hebbe tho for- 
deren 
Dusse artikel entspringet uth dem vSrsten, be- 
hSvet wyder nener schrift, wert darumme ange- 
togen unde vor nSdtlick geachtet, dat de erger- 
nisse, dar me van den sacramenten gelt fordert, 
alse kSffte me se, wechgedaen werde, dat ock 
den geweret werde, de yn allen wegen, ydt sy 
christlick edder unchristlick, erer notroft edder 
gyricheit geltstricke leggen. Wente ydt jo klar 
am dage ys, dat ein arm parvolk van dem 
meyster dele der kerckheren mit forderynge des 
selegeredes thodragendes unde offers, alse 
scholde darmede den seelen ym vegeftire gehril- 
pen werden, 5vel jegen Godt unde alle byllick- 
heit lange tydt her avermate beswert ys unde 
bedrogen 

De sSste artikel. 
Van dem elyken stande der genanten 
geystliken. 
Dewyle ock untellicke 8"rote srinde unde laster 
wedder Goddes gebot unde dorch allerleie vor- 
borgen unreinicheit edder sris openbare horerye 
der genanten geistliken tho groter ergernisse ge- 
menes yolks unde htnderinge gSdtlikes wordes 
begaen werden, fordert de nodtSrft unde Goddes 
eere der ein affstellinge solcker horerye, vord- 
aen krischlick tho levende, edder weme solcke 
gave van Godde nicht gegeven, syck mit der, so 
by eme gewonth, edder mit einer anderen na 
christliker ordeninge ym eliken levende tho vor- 

enygen, dat dusser gestalt ym ganzen fSrsten- 
domme nemand, de syck myt eyner horen be- 
henget edder apenbare horerye dryve, gefunden 
werde, darmede Goddes wort alse wenteher 
mcht vordan gelestert unde de schuldigen per- 
sonen tho der vordSmenisse seendes unde wylli- 
gen nicht vorforth werden. 
Dusse artikel, so men erie recht beweget, for- 
dert, dat nicht allene de ergernisse wechthone- 
men, sunder ock den schulfligen personen ere 
vordSmenysse tho weren thorn allerutersten 
unde hSgesten nodt ys, wente so me de erger- 
nysse ansrith, befyndt syck, dat de bSsheyt, so 
uth der unvorschemden horerye yn der chri- 
stenheit erstaen ys, nemand kan vortellen, der- 
wegen eck de lerers, dewyle se sulvest strefflick 
der anderen laster ane er sulvest ordelent nicht 
konen straffen unde hSren mSthen: Wortimme 
straffestu dy srilven nicht? Nym den huesbalken 
thom ersten uth dynem oghe etc. [Mt 7, 3 ff]. 
Item arste dy thorn ersten srilvest. Unde mach 
der gestalt de lere, wen se ock alrede recht und 
gudt were, by dem volke nene frucht brynghen, 
dewyle dat laster des lerers so vel bSser ys, so 
veel he mer vor andern wert angeseen, unde 
moth denne Goddes wort unde warheit umme 
des lerers sunde vorlestert werden, welcker ser 
schrecklick ys. 
Derhalven S. Paulus (1. Th,:mo. 4. 1 ff.; Thi- 
mo. 1!) nicht ane orsake solcken predickeren 
unde lereren, tho vorhSden ergernysse, den ee- 
stand hefft thogelaten unde alse drivels lerer 
unde predicker geschulden, de densulvigen we- 
ten unde vorbeden worden, he hefft wol gewust, 
dat reynicheit to holden nicht einem ytliken 
gegeven ys na dem worde Christi Matthei 19 
[11 f]. Darumme ock hoch van nSden gewesen, 
se nicht also gemene, alse leyder vor ogen, tho 
makende, 5verst wo ydt geraden is, mach me an 
der genanten geistlicken reinicheit wol seen. 
Godt (2. Mo. 20, 14; 5. Mos. 5, 18-" 5..Mo. 23, 2} 
5verst hefft den ebrock vorboden. Item dat nen 
bore, ock hen borer mank synem volke wesen 

6 _-- Vgl. S. 192, Anm. 62. 

497 



Lfineburg 

schSle So suth rae under den geistliken, de 
doch meer wyllen, wen de leyen. Goddes volk 
wesen, de grStesten ebrekers, de grStesten bo- 
rers. Godt 5pene tins tho unser salicheit unse 
ogen, dat wy unse unde der anderen bSsheit mS- 
gen erkennen. Vente wy seen de schreckliken 
blyndheit der werlt, dat se vedder Coddes wyl- 
len, wort unde warheit openbare horerye wol 
kan lyden. 5verst Goddes ordenynge kan se nicht 
lyden, vorbiith unde straffet, wat Godt bevolen, 
unde let tho, wat Godt vorboden, wat is dyth 
anders, wen dat de bSsheit, alse Christus secht 
(Mat. 24, 12), overhand hefft genoraen, darje- 
gen raoth de warheit underliggen. 
So wy denne wyllen Christen wesen unde tins 
na Goddes worden richten, regeren und holden, 
wert von noden syn, der sake ein ernstlick yn- 
seent tho hebben, dat de prester, so mit horen 
beladen, urame der bemelten unde anderen gro- 
ten ergernissen willen desulven van syck laten 
edder na christlicker ordentnge yn den estand 
sick vorenygen, uppe dat se uth dera uneerli- 
ken, unchristliken levende unde besraytteden ka- 
raer ein eerlick unde christelick levent, ock etne 
reyne kamer raaken, na den wSrden der epistel 
to den Ebreeren (Ebreo. 13, 4). Hyrher gehSrt 
dat 7. capitel der ersten epistelen tho den Corint 
unde 1. Tirao. 4, ock tho Titt. 1. cap., welcker 
xvy bydden, umrae Goddes wyllen rait flyte raSge 
gelesen und truwelicken etracht werden. 

De sovende artikel. 
De klosterjunkfrouen belangende. 
Alse ock 3o so gar ane tmderseheyd nieht alleo 
ne junge personen, sunder oek unmfindige klene 
kynder, ewige kiischeit tho holdende, yn kl6str 
urabyllieken gestot edder thom ryngsten mit 
fruntlickem geberde und kyntlieken spelen unde 
gaven daryn gelocket werden, ane herwedder- 
koment daryrme tho blyven sampt anderen be- 
swerirgen, so ene jegen den bevel unde wort 
des Heren tho vordarve der selen upgelecht, 

uncle doch yn solcker ferlicheit tho unm6geli- 
ken dingen nemancl schal gedwungen werden, er- 
fordert de notorft unde alle byllickheit Goddes 
unde der raynschen eere, sodaner der kynder 
unschuld ym fruchten Goddes tho schonen, ne- 
mand sgmder we tho synen bestendigen jaren 
fullenkomen raynschenolders gewassen, daryn 
tho staden, doch derraaten, dat se nenen ewigen 
gelSfften, dewyle de der salicheit ganz verlyck, 
vorbunden werden, sunder na christlicker fry- 
heir unde 15fflickem gebrucke vSriger etliken 
langen jaren ym kloster ane besweringe erer 
conscientien sick raSgen entholden, edder wor 
ydt de nottorft der salicheit unde ere erfor- 
derde, des denne de ordenspersone by sick er- 
kentlicke wolgegrundede orsake drSge unde 
christlicken bescheid tho geven wuste, alsdenne 
dorch radt, fulborth ; unde hiilpe erer frunde 
unde truwen flyt eines prowestes thor voran- 
deringe mSge getrachtet werden_ 
Dusse artickel ys nicht allene not. siinder de 
allern0tigeste, so me wyl der arraen beswer- 
den kynder gelegenheit unde not anseen, wente 
nichtes ys, dat unsen geloven jegen Godde un- 
sera Heren den mynschen so apenbar raaket, 
alse der klSster wesent unde regerynge. Hyr 
mach rae seen, wo der raynschen herte jegen 
Godt gesynnet synt, naderae se de eddelen gave, 
van Godde uppe dat hSgeste begert, wedder- 
urarae van syck werpen, Godde syne ordeninge 
vorhynderen, dewyle se ere kynder nener ande- 
ten orsake .vn de klSster geven, wen dat se 
erer los werden unde vortwyfelen an Goddes 
raacht unde gewalt, he raSge se gelyck anderen 
raynschen, ja a_nderen creaturen alle nicht erne- 
ten, alse werae Godt uth sunderlicker gnade 
vele kynder gs'fft, dar siis andere friichte Godde 
unde dera negesten van koraen na der ordeninge 
Goddes (1. Mos. 1, 28; 9, 1), welcke jo dessulven 
fleysches unde blodes synt, des de olderen, so 
varen se vorth unde under gudem schyne mit 
einera schalkhaftigen oge geven se ein, twe ed- 
der dre yn de klSster, uppe dat se rait den an- 

;  Einverstndnis. Zustimmung. 

498 



Artikelbuch 1527 

deren so vele grSteren prall unde hovarth vor 
der werlt vSren. We hefft ene hyr Goddes wyl- 
len unde rath apenbaret? dat de, welckere yn de 
klSster gestot werden, nicht even so wol Godde 
schollen frtichte dragen, dartho se geschaper, 
alse de, de se dar buten beholden We hefft ene 
ock apenbart, dat se van Godde mit der gave 
der kfischeit vor den anderen begavet synt? Hyr 
lath uns de ogen updoen unde beschauwen den 
grfiwel, de van den ungelSvigen, unsyrmigen 
olderen myt eren egene kynderen gedreven weft, 
wen se yn erer unmtindigen jogent myt kynt- 
licken gaven yn de klSster gelocket werden un- 
der dussem schyne, se schSllen Godde denen. 
Meynstu, dat se nicht Godde denen, wen se yn 
Goddes ordeninge kinder then, dar vSrder kyn- 
deskmd van kumpt, mank welckeren, so ock 
nicht sunder eyn salich wSrde, hedden dennoch 
Godde met gedent, denn alle mSnnecke unde 
nunnen mit erem syngen unde lesen, des se sul- 
yen vaken nicht vorstaen unde myt groter un- 
lust edder wedderwyllen entrichten 
Hyr frage, du syst we du wyllest, dyn egen 
herte und conscientien, 5fft ock am jfingsten 
dage de olderen, de ere kynder up berSrter me- 
nLrge yn de klSster geven, bestaen mSgen? na 
dem male {so me dudesch darvan wyl reden) se 
aller frfichte, so van eren kynderen na Goddes 
ordenLrge herkomen scholden, schuldig synt, ock 
nicht weyniger schuldig alse de, de de fruchte 
hemelycken ummebryngen. Wente nademe apen- 
bar ys, dat se gelick den anderen frfichte tho 
dragen bequeme synt, wo vele werden denne yn 
den klSsteren wol ummebracht, darvan nicht to 
schriven is? Und 5fft wol rede de kfischeit ge- 
lavet ys, darmede ys Godcles ordenynge nicht 
vorwandelt. Wente nemant roach de yngeplan- 
teden angeboren natur vorwandelen, sunder Godt 
allene. Darfimme we den olderen, de erer egen 
natur, eres egen fleyskes unde blodes vorgeten 
unde bedenken nicht, wat se thor werlt gedra- 
gen, offeren also noch ere egene kinder dem 
affgodde Moloch {Levi 20, 2 ff.; Hiere. 32, 35: 

8 _-- zu leisten. 

Amos 5, 227), nademe se laven, kuscheit tho 
holden, welcker doch yn erer gewalt nicht ys, 
alse Christus sulvest betuget (Math. 19, 12), unde 
Paulus (1. Timo. 5, 9. 14) wolde benedden 60 ja- 
ren nene wedewen annemen, kfischeyt tho hol- 
den. sunder de jungen wedewen scholden wed- 
der fryen unde kynder then. Wente weme Gott 
de gave tier kuscheit nicht gyfft, de wert se 
nfimmer averkamen, wen he ock dusent 15ffte 
dede unde mit yseren mtiren wente an den hem- 
mel ummedaen, vorwart und vorsperth were. 
Weme se Godt ock gyfft, de wert ock mydden 
yn tier werlt wol kfisch leven, me bedSrfte 
dar nene slSte unde mfiren tho, sunderen gelyck 
alse de anderen jungfrouen yn erer elderen huse 
hebben jungfrouschop geholden, also wSrde me 
se myt gotlicker gnade ock holden. Jungfrou- 
schopp tho holden bedarf me noch 15ffte, noch 
klSster, noch kleder, sunder allene weme se 
Godt gyfft, de hefft se. Darfimme doen alle klS- 
ster bSslicken, dat se laven laten, welcker se 
weten, dat se sulven, so se na eren conscientien 
recht wyllen bekennen, noch nicht geholden heb- 
ben. Wente ydt ys ein groth underschedt, junk- 
frouwe tho wesen unde kfisch wesen Hyr besfi 
dat 5. cap. Math. Is umme des wyllen nfitte unde 
nodtorftig, dat me de klosterpersonen nicht mer 
laven late. 
So denne der geistliken grund yn dren dmgen 
steit, der se syck uppe dat allerhSgeste berS- 
men, alse gehorsam, ktischeit unde armoth, ys 
tho weten, dat dat wort gehorsam allene van 
der tmderdenicheit Goddes vorstaen weft, deme 
de mynsche allene schal gehorsam wesen (Acto 
4, 19; 5, 29: 1. Reg. 15 ---- 1. Sam 15, 22). Darumme 
ysset ein gudt clink: gehorsam, 5verst nemande 
schal he schen wenn Godde unde dem se Godt 
tho lesten  bevolen, welcker gehorsam der ge- 
stalt ock Goddes gehorsam ys. So me syck 5verst 
hyr uthtfith unde den nicht gehorsam ys, den 
Got gehorsam tho lesten bevolem so ys mynsch- 
lick gehorsam ein ungehorsam Goddes unde wed- 
der Goddes gebot, alse so syck em dem abbete, 

. 499 



Artikelbuch 1527 

unde drynken edder sus yn mennichfoldiger uth- 
gesochter lust der spyse gespSrth wert, welcker 
denne warhaftich ein affgodderie ys, darvan de 
hyllige Paulus meldet (Philip. 3, 19), dat de buck 
er Godt sy. Dewyle uns overst na uthwysinge 
des ersten gebodes alle affgodderie vorboden, 
weft ock de mysbrukynge der creaturen yn um- 
bescheden eten unde drinken genzlicken vorbo- 
den, tho deme ys ock klar genoch, dat ein 
mynscke, ven he sat, vul unde vett ys, synes 
Heren Goddes lichtliken vorgit (Ezech. 16, 15 ff.; 
5. Most 32, 15 ff.). 
Vorder gyfft ock de dachlicke erfaringe, dat 
uth averflodigem umbeschedene eten unde dryn- 
ken allerleye laster syck vororsaken. Darumme 
de ewyge, gudige Godt ein ewich fastent yn der 
schrift dorch unde dorch deyt bevelen. HSdet 
juw, sprickt Christus (Luce 21, 34), dat juwe 
herte nicht beswert xverden mit freten unde su- 
pen. Ock de hillige Paulus einem ytliken darto 
fordert (Roma. 13, 12 ff.) dusser meninge, na- 
deme wy dorch de barmherticheyt Goddes uth 
der dtirsterntsse nt lycht gebracht synt, hebben 
wy de werke der dtisternysse van nodt wegen 
tho vorlaten, dat wy gelyck als am dage eerbar- 
liken wanderen, nicht yn freten unde supen. 
Wente de dar drinken uncl vul synt, de synt des 
nachtes vul. Wy 6verst, de wy des dages, dat ys, 
kynder des lychtes synt, schollen n6chteren we- 
sen (1. Thesso. 4, 1--12; vl. 5, 4 ff.). Daruth klar- 
lick vormerket wert, dat ein ytlick Christen tho 
stedtlyker meticheit unde ewygem dachlikem va- 
stende ys vorbunden. Sodane vastent bverst ys 
nichtes anders, wen dat me syner sulvest ach- 
tynge unde sorge hebbe, dat dem lychamme ba- 
yen syn notorftige foder nichtes xverde gege- 
ven, unde wo me sick tho fleyscklicken begerten 
unde lusten met unde met geneget fyndt, darna 
dem lychamme am foder edder ock an der 
spyse, darvan me tho solcken bbsen lusten wert 
gereyzet, met unde met mit beschedenheyt aff- 
breke na dem exempel Pauli (1. Cor. 9, 24 ff.). 
Baven dyth fyndt me ein vastent, dat ein 
rechtschapen christlick gemSte nicht allene ne- 
nen [7] averflodt mydet, sunder ock an der spyse 
nenen sunderliken gefallen drecht, mer sick na 

Christo lett verlangen unde na der wyse Pauli 
(Philip. 1, 23) begert affthoscheiden unde by 
Christo tho wesen, nademe syner sulvest be- 
kummerynge der sunde halven, ock truve flyt 
unde sbrge vor den negesten, tholest de verlycke 
stand dusser werlt eme de lust der spyse bre- 
ken, allene blote nottroft nemen laten unde der- 
maten ein stilfwyllig vastent medebringen, dar- 
uth ock wol affthonemen, dat sodane vastent 
neen vordenstl[ck werk roach geachtet werden, 
nademe ydt uth gebreke unde klage mennich- 
foldiger unser unde unser negesten mangel ent- 
springet unde nicht alse uth averflode und ane 
nodt vor einen gotlicken denst roach vbrgeno- 
men werden. So me 5verst uth erwelmge, aver- 
flode unde alse vordenstlich solck fastent an- 
teen worde, moste me vor hSren des Heren xvort 
dorch den propheten, dar he secht Esaie 58, 
5 ff.): Is dat de vaste, de ick uterkoren hebbe, 
dat ein mynsche den dach aver syn levent py- 
nige, syn hbvet swymelich edder dul make, sick 
mit einem sacke beklede und ascken up sich 
strotiwe, hebbe ich denne dat eme vasten genS- 
met unde einen angenemen dach des Heren? Is 
dat nicht vele mer de vaste, de ick uterkoren 
hebbe? Lbse van ander de vorknuppinge des 
godtlosen wesendes, lbse up de beswerliken ban- 
de, lath fryg alle, de tobroken synt, unde tho- 
ryth alle besweringe. Bryck den hungergen dyn 
brot, unde arme vorlatene mynschen vSre yn 
dyn bus etc. Uth welckeren w6rden wol tho 
merken ys, dat Godt nicht ein fastent, alse wy 
wente her gementh, up sunderlike tyde edder yn 
vormydinge etliker spyse van uns fordert, sun- 
der ein bekummert herte, welcker eme ein an- 
geneme offer ys (Psalm. 51, 19), dat der sunde 
los tho xvesen unde Goddes gerechticheit be- 
gerth, ock yn allen densten des negesten nacht 
untie dach mit aller trtive sick bekummert, so- 
danes fordert Godt, unde vo mochte dat herte 
dermaten geschicket mit jenigem averflode yn 
eten unde drinken sick besweren, dewyle ydt 
sick uth bemelten orsaken kume der tydt gunt, 
de bloten nottroft tho nemen, so verne allene 
des lichammes van not wegen moth xvaren, dat 
he unvorxvarloset tho denste des negesten yn 

501 



Lfineburg 

rechbem wesende blyve, ja der spyse eine tydt 
genzlicken sick weygert, lytt hunger unde dSrst, 
alse yn Christo sulvest geseen wert (Joh 4, 7). 
wo he umme der mynschen bekummeringe unde 
salicheit hungert unde dSrstet, unde gelick alse 
gonne ym olden testamente (Judi. 20 = Ri 20, 26; 
1. Reg. 31 = 1. Sam 31, 13), wen se sick jegen 
Godt vorschuldet hadden, alse denne ere sunde 
bekanden, wenden Sa, gar nichtes eten, ja ock mit 
aschen unde sacken er leyt bettigeden, alse de 
Christen, welcker er levent eine ewyge lyffhke 
drSffenysse 9 ys. werden vaken ganze dage nich- 
tes eten, wen se de wedderspenninge eres ly- 
chammes to siinden, ock de notrSft eres nege- 
sten erkennen, alse des ym hilgen Paulo unde 
anderen christgelSvigen des nyen testamentes 
klare exempel werden befunden (Acto. 13, 2 f.; 
unde 14, 23; 1. Cor. 7, 5: 2. Cot. 6, 5). 
Unde so wy mynschliker wyse darvan schol- 
len reden, de yn wertlicken gescheften, se synt 
byllick edder unbillick, ychtes tho erlangen be- 
ktimmert synt, laten sick vaken nicht der wyle 
des brodes tho eten. nemen ock nicht (alse me 
secht} beer darvor, lopen, rennen unde ryden 
mit vorachtinge aller lust, so lange se eres vSr- 
nemendes emen ende bekomen. Wo scholden 
denne de, so rechte Christen syn wyllen, den so 
merklick kamp, mSye unde arbeyt vSrgestellet, 
so vorgeten unde lustbegerich wesen, dat se sick 
mit eten unde drinken van solckem erem ar- 
beyde jeniger tydt ummeteen edder vorhynderen 
laten? Gonne streven allene na einem tydtliken 
vorgenklyken gude, dusse 5verst na eyner un- 
vorwelkliken ewygen krone, 5verst alse weynich 
Christen synt, ys ock weynich christlykes va- 
stendes. Nu beslut Christus, unse Here (Luce 5, 
34 f), dat yn jegenwardicheit des brSdegammes 
der hochtydt kynder tho nenem vastende mSgen 
gebracht werden Wen 5verst de brSdegam wert 
wechgenomen, define werden se fasten. Offt he 
seggen wolde, so lange ick hyr by ene up erd- 
boddem byn, mSgen se noch nicht troren edder 
fasten. Wenn 5verst se na mynem affschede 

dorch mynen Geist alles dynges berichtet wet- 
den, wat se geworden unde wortho se gefordert 
synt, tholesten, wenn se de roden yn de hand 
unde ere krutze sulvest upnemen schollen, denne 
weft ydt drepen, derme weft ene alle dusser 
werlt lust vorachtet unde vorsmadet wesen, de 
enigen sSrge unde arbeyt werden allene se dry- 
yen, erem bevolen ampte unde christlyken we- 
sende yn allem wege genoch tho dSnde, uppe dat 
se des kampes, darwin se vor dem angesichte 
Goddes unde der engele menlick tho stryden ge- 
setter sint, einen eerliken, 15fflyken ende ge- 
wynnen So nu yn bemeltem christliken levende 
nichtes anders ym gwunde ys, denn ydel trtiwe 
unde leve tho dem negesten, ydel sorge, mSye 
unde arbeyt, ydel trorent une wenent, ydel be- 
gerent und vorlangent na Christo, welcker doch 
alle dorch Christum unde syne erkentenisse vor- 
lichtet, angeneme unde sSte wert (Matth. 11, 
29 f.), werden ungetwyvelt solcke christlike be- 
kummerynge gar nen fretent unde supent tho- 
laten, ja mer datsulvige lesteren unde vorfol- 
gen, werden ock uth bewege bemelter vorplich- 
tinge unde upliggender sorge, wen, wor unde wo 
vaken des van nSden, ock dachliken vasten unde 
alles dmges sick entholden, dat se ym denste 
Christi unde des negesten trtiwe gefunden wer- 
den 
Dusser gestalt unde meninge scholde me bil- 
lick ym predicken alle Christen rechtes vasten- 
des underrichten, welcker wenn ydt geschege, 
were ane noth, gebode unde ban darup tho leg- 
gen, dat se dorch fastent jegen den thokamende 
vyrdach geschycket unde bequeme gemaket wor- 
den, were ock nicht sSrge, dat se sick, so verne 
se Christen wesen wolden, yn eten unde dryn- 
ken unbeschedtlick helden, wSrde nicht ein va- 
steldach dre fulle averflodige maltydt geven und 
volgende teyn, twelve eIder mer dage tho un- 
metyger fullerye vororsaken. So men 5verst 
des mit underrichtinge godtlickes wordes yam 
volke nicht erlanget, ys vorloren, dat me mit ge- 
boden unde dryngende sick understeit, se fraem 

8a = weinten. 

9 = Betriibnis 

502 



Lfineburg 

gesynde, so se noch so vele hebben, kume ein 
stficke heringes mit brode freten, densulvygen 
herink noch ferne halen unde dfire m6ten beta- 
len, yndes der radtlicken spyse eres huses, so 
Godt ene, den hunger darmede tho werende, 
gnedigen vorlenth, nicht m6ten gebruken, so se 
6verst der brukeden, des bannes tmde g6dtlik- 
ken vormeinten tomes sick scholden besorgen, 
leggen also den mynschen sware b6rden up eren 
nacken, xvelcker se sulven myt erem f}mger nicht 
anr6ren (Mat. 23, 4). Ys dyt nicht eine grote vor- 
metenheit und goddeslesteringe, de bl6den con- 
scientien der armen gemenheyt so klegeliken fan- 
gen trade bynden? M6chte ydt doch darv6r ge- 
achtet werden, alse hedden sick bemelte geist- 
liken neven anderen etlicken tmmylden tyran- 
hen hoch unde dfir vorlavet unde vorsworen, 
dat gelick alse de tyrannen etlycker 6rde sunder 
jenich vorschonent er arm6de an lyve, gude 
unde wolfarth unbarmhertygen besweren, alse 
dusse geystlicken tyrannen bemeltes armodes 
conscientien unde selen myt dusser unchrist- 
lycken b6rden marteren unde plagen, dat se tho 
erem kummer ock der spyse, de erie Godt gunth, 
vorlenet und tho etende bevelt, uth tmmildem, 
unchristlickem erem vorbode nicht schollen ed- 
der m6gen geneten 
Tho deme ys ck unvorborgen de merklicke 
farlickheit unde erbarmlicke schade, so men- 
nichmtl by swangeren unde anderen kranken 
personen dusses vorbodes halven befunden, wel- 
cke m hochachtinge dusses ungegrfindeden vor- 
bodes, er se der spyse, ene tho lyves entholdinge 
denstlick, gen6ten. m farlicheit de frucht, vorderf 
ehres lyves sick hebben gelaten. Up gedachten men- 
nichfoldigen jamer hefft de hyllige Paulus wol 
thovorne geseen, darfimme tins getruwlick unde 
flytigen gewarnet vor den predickeren, de et- 
licke spyse up bestemmede dage vorbedenw6r- 
den unde seggen: So gy an dem dage dusse ed- 
tier genne spyse eten, werde gy sundigen. Later 
juw (secht he Colos. 2, 16) nemand conscientien 
maken aver spyse edder drank, wente so gy 
myt Christo van den wertlicken settingen ge- 
storven synt, war late gy juw denne fangen mit 
settingen? Unde uppe dat me jo nicht twyvelde, 

dat sodane vorboth gar nichtes uth Godde were, 
n6met he sodane vorbot dfivelslere. De Geist 
(sprickt he 1. Timot. 4, 1 ff.) secht dfidtlick, dat 
yn den lesten tyden etlicke werden van dem ge- 
loven afftreden unde werden anhangen den erry- 
gen geysten trade leren tier drivel dorch de, so 
yn glysnerye 16genreder sint unde brantmale yn 
eren conscientien hebben unde vorbeden, elick 
tho werden unde tho vormyden de spyse, de 
Godt geschapen hefft, tho nemen mit dankseg- 
ginge den gel6vygen unde den, de de warheit 
erkant hebben, vente alle creatur Goddes sint 
gudt. Wat mochte nu klarer gesecht werden je- 
gen de, so v6rge-en, me scholle an dussem edder 
gennem dage nen fleysck, eyer, botteren, melck 
edder kese eten, unde sunde daruth maken? Pau- 
lus hefft se jo recht wol gedropen, dar he so- 
dane lere und vorbot n6met der 16gener, der 
yrrygen geyste unde dfivelslere. 
Daruth endlicken wol th merken, dat einem 
ytliken Christen nicht mach vorboden edder tho 
sfinden gerekent werden, dat me am Frygdage, 
Sormavende edder anderen geboden vasteldagen 
nicht fleysck, eyer etc. ete. Doch uthbescheden der 
ergernisse, daran sick de swackgel6vigen moch- 
ten st6ten (1. Cor. 9, 22), welcker me eine tydt- 
lank moth vorschonen. Sfis yn nenes mmschen 
gewalt ys, wo hoch he jfimmer sy, jegen Goddes 
ewyge, unaverwmtlicke warheit trade hyllige 
schrift hyr,mne wes tho beden edder vorbeden, 
nademe ydt an der salicheit nichtes fordert noch 
hyndert, unde willen hyrmede dussen artikel 
vullendet hebben. 

De ne  ende artikel. 
De vyrdage belangende 
Dewyle ock de feste geliker arth sint unde tho 
vyrende na g6dtliker schrift nemand schal edder 
mach gedrungen werden, dat einem ytlicken 
fryg sy na der notorft tho arbeyden, jodoch den 
S6ndach. darynne me Goddes wort h6re, tho 
vyren. 
Dusse artikel vorklert sick also: ym olden 
testamente yn velen orden hefft Godt geboden, 
den s6venden dach to vyren (3. Mosi 20  Ex 
20. 9 ff. 35  Ex 35, 2: Ezech. 20, 12), nademe 

504 



Artikelbuch 1527 

he an demsulvygen dage van allen synen wet- 
ken hefft gerouwet, desgeliken andere feste yn- 
gesettet, dardorch dat yolk Goddes gSdtliker 
hfilde unde gnade, so erie mennichfoldigen be- 
wyset was, vormanet worde. Darumme ock de 
Sabbate eyn teken twyschen Godde unde sy- 
nero volke genSmet werden, overst nicht dar- 
umme yrtgesettet, dat se butenwendigen ewich 
waren scholden (Ebreo. 9, 8 ff.). Wente gelick 
alse dat velfoldige offer tier erstlingen, der teyn- 
den, des blodes unde brandoffers, des dSpendes 
edder wasschendes mit aschen und water etc. 
nichtes anders bedfidet, sunder dat dat bemelte 
volk ym geloven des thogesechten messie geSveth 
unde eines ewigen vordrachtes dorch getuche- 
nysse des blotoffers vormanet unde yndechtich 
xvesen mochte, welcker denne, wen de erstgebo- 
ren, rechte messias, unse Here Christus, de 
rechte ewige prester, erschynen unde mit synem 
egene blode yngaen, ock vorsSnynge maken 
wSrde, van not wegen ein ende nemen mosten, 
also ock dat butenwendige vyrent, dar me van 
allem graven werke sick hefft entholden und 
gerouwet, nichtes anders bedfidet, wen de rouwe, 
darmede bemelte messias edder Christus syne 
gelSvigen gnedigen wSrde begaven unde ewich 
vorsorgen (1. Cor. 10, 3 f.), nicht van buten alse 
dat yolk des gesettes, welcker yn solcker rouwe 
allene den schemen der thokamende gilder ge- 
hat, sunder van bynnen ym geiste und der se- 
len, welcker de vullenkomesten warhaftigesten 
gilder synt, nicht allene up den sSvenden dach, 
sunder jfimmer und jfimmer ane uphSrent, dat 
dergestalt, alse Esaias lange thovSren prophe- 
tert (Esai. 66, 23), ein Sabbath uth dem anderen 
queme, ein dach dem anderen gelick gerekent 
unde eine ewige vyer by den Christen geholden 
worde. Dusser gestalt weft dat rechte vyrent yn 
der epistelen tho den Ebre. (Ebre. 4, 9 f.) vor- 
handelt. Darumb (secht dar de text) weft dem 
volke Goddes ein vyrent gelaten, wente de yn 
syne (dat ys Goddes) rouwe gegin ys, de wert 
ock van synen werken gerouwet hebben, gelick 
alse Godt van synen werken hefft gerouwet. 
Daruth wol affthonemende, dat ein ander Sab- 
bath, ein ander rouwe, lest edder vyer van 

Godde uthgetekent ys, alse de JSdden gentmal 
geholden hebben, ys 5verst derwegen gSnne Sab- 
bath edder vyer hyrmede nicht vornichtiget, 
sunder vorandert up eine beret vullenkomener 
wyse gestellet, darmede gSnt alse tydtlick upge- 
hSrt. Dyt 5verst nu vordan ane eynige voran- 
deringe vort unde vort weft mSten blyven, alse 
bemelte Esaias klerlick beryl-set. Dyt vyrent ys 
nu nicht anders wen ein rouwe van den fleysck- 
licken lusten, begerten, sfindigen werken unde 
wyllen, dat wy van densulvygen uphSren unde 
affstaen, vorder den wy. lien unde werke unses 
Heren Goddes yn uns allene regeren laten, ly- 
den unde dfilden, unde gelyck alse Christus den 
sfinden ane sfinde gestorven, ym grave gerou- 
wet unde gevyret unde s.xnen hemmelschen Va- 
der aver sick hefft walden unde regeren laten. 
also wy ock, den sunden yn den doer mit Christo 
begraven, hyr nu stylle holden, rouwen unde 
vyren, dat dergestalt nicht de sunde yn unsem 
sterflicken lychamme, sunder Christus yn uns 
regere. Alse sick denne ock Paulus rSmet, dar 
he secht (Gala. 2, 20): Ick leve, 5verst nicht ick, 
sunder Christus lever yn my, dat levent 5verst, 
dat ick nu ym fleyscke leve, leve ick dorch den 
geloven des levendigen GoddessSns. Wente so wy 
den sunden gestorven, begraven, yn den rechten 
vyerdach unde rouwe getreden sint, wo mochten 
wy denne yn densulven sunden noch vordan le- 
yen, arbeiden edder werken, arbeiden ys nicht 
rouwen. Rouxve wy denne den sunden, so vyren 
wy. Vyren 6verst nicht einen dussen edder gen- 
nen dach, sunder de ganzen tydt unses levendes. 
Dyt ys nu de vorl6chynge unser sulvest, uphe- 
vinge unses krtitzes, affstervynge des olden, 
sundigen mynschen unde ein weddergebort des 
nyen, des wy yn der d6pe eine anwysinge unde 
teken entfangen (Ephe. 4, 22 ff.; Colos. 3, 3 f.: 
Johan. 3, 5 ff.). Yn summa ein ewige rouwe unde 
afflatent van sunden unde geystlick ynwendig 
vyrent, darvan to den R6meren (loma. 5, 1 ff. 
unde 6, 3 ff.) wyth unde breth ys geschreven, 
unde sy van dem rechten christlicken v3'rende 
genochsam yn der k6rte gesecht. 
So nu klar ys uth bemelten w6rden unde or- 
saken, dat alle butenxvendige vyer dorch den 

63 505 



Liineburg 

lycham Christi oriuilet unde wechgedaen, wed- 
derumme ein geistlick ynwendich vyrent, alse 
gesecht, upgerichtet ys, wert ein ytlick lycht- 
lick tho ermeten hebben, dat nenem mynschen 
jenych gewalt edder bevell gelaten ys, hyrjegen 
ychtes wes wedder upthosetten, gebeden edder 
vorbeden, ydt were denne, dat wy )'n allen dyn- 
gen Christum reformeren edder ydt beter, alse 
de apostele unde nafolgende christlicke kercke 
gewiist, weten unde aver al den hilligen Geist 
wo/den meysteren, unde mit wat schrift edder 
grunde gbdtlickes wordes hefft me doch jenich 
fest uprichten edder tho vyren, ock by banne, 
gebeden mbgen, dat wedderspyl fyndt me wol, 
dat ydt genzlyken vorboden, hefft me doch hyr 
avermals den armen conscientien ein stryck an 
den hals geworpen, erie dar stinde gemaket, dar 
nene ys, unde folget dergestal eine beswermge 
der anderen, eine geystlicke tyrannye aver de 
anderen. So doch de apostele de gelbvygen nicht 
besweren wolden mit den bSrden des gesettes, 
dat vy des schadens, darvan Paulus yn geschef- 
ten der apostel mellet (Acto. 15, 10), nicht um- 
billicken leyde drage mbgen. Dar werden (secht 
he Acto. 20, 29) na mynem affschede fretische 11 
wiilve tho juv komen, de des vehes nicht wer- 
den schonen, wolde Godt. dat me hyr na war- 
nynge des hylligen Pauli flytigen gewaket, upge- 
seen, der samlinge, so Christus mit synem blode 
vorlbset, truwelicken warnamen hedde. Wormede 
overst schal se geweydet unde wolgewardet wer- 
den? Nergen mede sunder mit dem worde Chri- 
sti, yn welckem ere weyde, spyse, lust unde le- 
vent allene ys, alse Christus betiiget (Johan. 10, 
4 f.}, dat syne schape nemande folgen wen eme, 
welcker wort allene de staff unde stock ys, dar 
me den wiilven mede weret. So nu dat wort der 
ein vorstimelick gehandelt edder mit anderer 
mynschlicker upsate vorgyftet edder ock by sick 
dal unde uth den handen gelecht wert, wat 
kan darvor wesen, de schape werden also vorth 
erre gaen, van der vorgyftygen weyde mynsch- 
lickes thosettendes sterven unde vorderven, van 

den slundigen wiilven thoreten unde thospleten 
werden. 
Nu besee me de meninge der feste. Etlike 
werden uth der orsake geholden, dat dorch kbst- 
lick, herlick kerckengeprenge Godt geeret unde 
des volkes gembte to Godde gereyzet werde. Et- 
licke darumme, dat me der macht, den hylligen 
(alse se seggen) vorlent, unde erer vbrbede ge- 
neten mbge. Etlicke, dat erie lyfflick ungelticke 
dorch solcken vormeinten ggddesdenst affge- 
wendet werde. Etlicke umme anderer orsake 
wyllen. Yn sampt 6verst synt se dermaten ange- 
richtet unde geboden, alse scholden se wes tho 
der salicheit forderen edder helpen. Wowol nu ein 
ytlick yn sunderheit tho vorleggen nicht swat 
were, darumme dat se sampt und alle em bbse 
unde dtister oge, ock grtindlick unde strackes 
Goddes ewygen worde entgegen sint, allene uth 
feylsamer vornunft unde bedrechtlickem gudt- 
dunkende der mynschen mit unvorwyntlickem 
schaden der sele entsprungen, ja, ydel friichte 
des ungeloven un derwegen sware stinde sint 
(Rom. 14, 1 ff.), mochte doch ere ungrunt und 
feyl, dat wy nichtes swarers seggen uth v6ran- 
getogenem geistlikem vyre, dartho wy dorch 
Christum vorplichtet, lichtlick vormerket und 
bygelecht werden, wente so wy vain Sabbath 
unde allem butenwendygen lyfflicken vyren up 
ein geystlick ynwendich vyrent unwedderspreck- 
licken gefbrth unde vorwyset sint, we scholde 
uns gegen solcke gnade tho lyfflickem vyrende 
wedderumme noch vorm6gen, so uns unse enige 
heiland Christ-us mit s.vnem duren blode hyr 
gefryet? Welcker mynsche dbrf sick vormeten, 
durch gebot untie ban uns wedderumme tho 
bynden ? 
Ydt geyt 6verst mit uns alse den Galateren 
(Gala. 5, 1 ff.}, de recht anhbven, wbrden 6verst 
mit den werken des gesettes vorwerret, also dat 
se Paulus ock hbchlicken bedrouwet, mdeme se 
van der gnacle vellen unde dorch dat gesette 
fraem unde salich vormenden tho werden, geist- 
lyck anhbven unde fleyschlick fullentbgen. Hefft 

11  gefrBige. 

5O6 



Artikelbuch 1527 

uns derhalven bemelte hylge Paulus vet solcken 
vormeten errigen geysten ym exempel der Ga- 
later, de he darumme heftich straffet, ganz ge- 
truwelick gewarnet, dar he secht (Gala. 4, 9 ff.): 
Dewyle gy Godt nu erkent hebben, ja velemer 
van Godde erkant synt, we wende gy juw denne 
weddertimme the den swacken unde dorftigen 
settingen, welcken gy van nyes an wyllen de- 
hen? Gy holden dage unde maente 12, feste und 
jartyde Ick frtichte juwer, dat ick nicht vel- 
lichte ummesus an ju hebbe arbeidet Hbrt me 
doch, dat Paulus de Galater darfimme, dat se de 
feste the der salicheit nbtlick achteden, swer- 
licken beschfildiget, unde so se sick an de feste 
leggen, besorget he, dat syn arbeyt an erie vor- 
loren sy. So he 5verst the dusser tydt den unge- 
grfindeden gebruck unde falsche vortruwent up 
de feste unde dergelykcn grfiwel seen wbrde, 
wbrde he sic nicht allene des vorloren arbey- 
des besorgen, dewyle wy de gnade Christi mit 
mennichfoldigen solcken mysbrtiken der feste 
gans verwerpen, sunder uns ock vet nene Chri- 
sten kennen. Dartimme he ock de Colosser un- 
derrichtet unde sterket uns them besten gegen 
de, so uns the den vyrdagen vorbynden edder 
de thor salicheit nbtich maken wolden, dar he 
secht (Coloss. 2, 16 f.): Latet juw nemande con- 
scientien maken aver ein dels dagen, nbmelick 
den vyrdagen edder nyen maenten edder Sab- 
bather, welcker ys de schede 13 van deme, dat 
thokamende was, 5verst de korper sulvest ys yn 
Christo. Dar nu Paulus de Christen ock mit den 
geboden Goddes, so dorch Christum upgehaven, 
nicht wyl vorbunden hebben, wovele met wyl 
he, dat me sick mynschengebode gar nichtes fan- 
gen late. Dat me 5verst den Sondach unde an- 
dere vbrnemlicke feste van wegen godtlickes 
wordes yn eeren und werden holde, erfodert alle 
billicheit und unse notorft, den gelyck alse sun- 
der lyfflicke spyse dusse korper nicht mach ge- 
sunth wesen noch leven, also ock, so du nicht 

dynen geyst unde sele mit dem godtlicken worde 
nerest unde sterkest, werstu noch vormbgent, 
noch dbgend, ja hen levent yn dick hebben. 
Dartimme de Sondach unde andere vyre dar- 
the bequeme van elders gesettet synt, dat me 
darynne Goddes weft ordentlick hbre unde mit 
ynnigem geiste Godde ein gemene bett vbrdrage, 
wenn 5verst sodanes geschen, einem ytliken na 
synem geyste und notorft fryg gelaten werde, 
des namiddages the vyrende edder syne nerynge 
na bevele unde gebode des Heren yn arbeyde 
unde swete the sbken {Gene. 3, 19). Alse denne 
ock lange tydt gewbnlick uncle sunderlicken the 
den tyden Hieronimi geholden ys, alse he sul- 
vest ym Epitaphio Pauli 1_ bettiget, und so me 
der Historien, tripartita 1:, genant, wyl gelbven, 
hefft me ock up Paschen und Pinxsten, wowol 
desulvygen vet hbvetfeste angeseen the genner 
tydt, hen gebot mbgen leggen. So nu de hillige 
gbdtlicke schrift averal weret, vorbfit und straf- 
let de uthsettinge der dage, des butenwendigen 
vyrendes, ock de nafolgende christlicke kercke 
van solcken geboden festen nichtes weth unde 
the den tyden Hieronimi, alse gesecht, de Son- 
dach the notorft gSdtlickes vordes unde geme- 
nes bedes allene ys gebruket worden, worumme 
wyl me uns wyder nbdigen unde dringen to so 
velen unntitten, schedt!iken, leddigen unde fulen 
dagen, darynne nicht allene de sele yn varlick- 
heit gesettet, sunder ock the velemalen lyff, eere 
unde gudt schaden krycht. Wente ydt ys jo klar 
am dage, dat the nener tydt met weft gestmdi- 
get unde Goddes vorgeen, alse yn den festdagen 
yn allerley ydelheit, bSverye, fulfreten unde su- 
pen, unkfischeit, drunkenheit, spyl, flbken, swe- 
ten, haderen, morzl unde doetslach, naredeno 
schenden und godtlesteren, welcker alle de rech- 
ten werke des fleysches (Gala. 5, 19 ff.), klege- 
licke dyrge, gegen Godt schrecklick smt XVor 
nu de gbcltlicke schrift unde warheit uns nicht 
bewegen, de festdage varen the laten, weren 

12  Monate 
13 = Schatben 

Epitaphium Paulae matris. Ep. CVlll ad Eu- 
stochium virginem, 19, bezw. 20; MSL 22, 896 
und CSEL 55, 335. 
Cassiodor, Histeria tripartita. IX. 38: MSL 69, 
1153 ff und CSEL 71. 557 ff 

507 



Artikelbuch 1527 

overal vorboden werde. Wente so Ezechias ock 
de eren slangen, de dorch bevel Coddes upge- 
richter, umbillicker eere halven nicht hefft ge- 
leden, sunder ganz tho pulver slagen, weft de 
not unde eere Goddes forderen, dat me unges0- 
met sodane bedrechlicke d0velsche woenheit, 
alse bemelt, ganz unde gar tho boddem st6te, 
dat ock hen vothspor edder jenych anwysinge 
darvan averblyve. 

De drutteynde artikel. 
Van afd. oende der bedelye. 
Alse ock bedelent mank den Christen vor 
Godde ein gr0wel ys, unde unangeseen, dat sol- 
ckes nicht allene de leyen, der ein del wol vor- 
rnSgen und thorn aroeyde geschicket, sunder ock 
de genanten geystlicken ordenspersonen, der ein 
grot del unn0tte des arrnen sirnpelen volkes ent- 
[oldicheit ym bedelen merklicken myssbruken 
unde jegen Godt se besweren, ys hoch van 
den, ock erfordert de billicheit hyrynne, des ar- 
modes nottorft tho redden, also dat alle be- 
delye affgedaen werde. 
Godt hefft den JSden. de van Paulo werden 
kinder tier rnaget unde nicht der rechten hus- 
moder geniSmet (Gala. 4, 22 ff.), geboden, dat se 
nenen arrnen mank sick scholden hebben, wel- 
cker gebot ock noch h0tes dages de JSden 
strenge holden, also dat den, de by enen vorar- 
men, de anderen alle mbten tho h01pe komen 
(5. Mo. 15, 4. 7 ff.). Unde wy Christen, de wy van 
Paulo yn der benbmten stede (Gala. 4. 26 ff.) 
kynder der rechten husmoder genbmet werden 
unde besytters nicht des lyffliken, sunder des 
geystlicken Hierusalern unde salicheit, synt dorch 
falsche lere so wyth gefort, dat wy bedelent 
nicht allene lyden unde tholaten, stmder ock vor 
ein gudt werk holden unde angenamen hebben, 
so doch Paulus mit klaren worden sprycktunde 
alle fraeme Christen vormanet (Acto. 20, 33 ff.), 
dat he noch sulver, noch golt, noch kleder be- 
gerth, sunder rnit synen henden syne notorft 
unde der, de rnit erne gewesen, hefft vorworven, 

forder datsulve ene ock geleret, me m6te also 
mit arbeyden de swacken annemen unde des 
Heren wordes andechtich wesen, de gesecht 
hefft, dat geven selyger sy alse nemen, unde de 
van Tessalonien vormanet {2. Tessa. 3, 6 ff.), 
dat se sick affthen van allen brSderen, de 
ordentlick wanderden, nicht na der ordeninge, 
de se van em entfangen hedden. Wente, sprickt 
he, gy weten, wo gy uns schSlt nafolgen, na- 
deme wy nicht unordentlick mank juw gewest 
hebben, ock dat brodt van nemande ummes0s ge- 
nomen, sunder mit arbeyde und mSye dach unde 
nacht gewerket, dat wy nemande mank juw be- 
swerlick weren, mcht darumme, dat x des 
nene macht hadden, sunder dat wy uns sulvest 
tho einem vSrbylde geven, uns nathofolgende, 
unde do wy by juw weren, gebSde wy juw sol- 
ckes, dat de nicht arbeyden wyl, de schal ock 
nicht eten. Wente wy hSren, dat etlicke mank 
juw unordentlick wanderen und arbeiden nich- 
tes, sunder dryven vSrwytzicheit. Solcken den 
bede wy unde vormanen se dorch den Heren 
Jhesurn Christum. dat se myt styllem wesende 
arbeiden unde ere egen brodt eten 
Uth welcken wSrden Pauli wol affthonemen 
ys, wo unbyllick und lesterlick ys mank den 
Christen dat schendlicke bedelent, vSrnemelick 
van den personen, geystlick edder wertlick, de 
van Godde nicht gekrenket s.vnt, tho d01den 
Wente wo beswerlick dusse dem armode synt, 
ys einem ytlicken wol bewust. Dewyle nicht de 
leyen allene, sunder de genanten geystliken 
dorch de hose lopen mit sSten, gesmuckeden 
worden unde demSdygen schynhylligen geberde, 
de armen 10de umme dat ere bryngen, darmede 
se bylliker sick sulvest unde ere armen kynder 
erneren scholden, nicht einmal des jares, sunder 
alle weken unde schyr alle sttmde, nu kese, nu 
botteren, nu eyer, nu korn, nu molt, nu solt. ja 
we roach dusse hemeliken schattinge 2 al vor- 
tellen, ane war se denne noch vn den doethbed- 
den bedelen So Paulus nu noch ym levende were 
unde dusse bedelye sege. w6rde he nicht seggen, 

z4  Schatzung. vgl. Schiller u. Ltibben. 1V. S. 55. 

511 



Ltineburg 

Der alderb6sesten mysbrtikynge eine ys, dat 
me hefft vor de vorstorven seelemyssen holden. 
wente Christus hefft dat sacramente synes ly- 
ves unde blodes nicht dartimme uns gelaten, dat 
wy ein jarmarket eder geltnette darvan maken, 
sunder dat wy darby syner voldaeth unde byt- 
teren dodes nicht schollen vorgeten, alse by na- 
men, vu syn lycham vor uns geopfert am gal- 
gen des krtitzes unde syn bloth tho vorgevinge 
unser sunde vorgoten were, dat wy nu na dus- 
sem levende nenes anderen vegevtires bedarven, 
wente he (de mer alse hemmel und erde gelt) 
hefft sick sulvest vor de reyninge unser sunde 
geven, darumme weft uns, so wy warhaftigen 
syner thosage unde worden 16ven, nener anderen 
reyninge van n6den wesen. De syck overst an 
der reyninge des Soens Goddes nicht leth n6- 
gen, de weft noch ym hemmel, noch up erden 
ene andere erlangen. Wente Paulus sprickt (1. 
Cor. 1, 30), dat Christus uns gemaket sy van 
Godde tho ener wysheyt, gerechticheit, hylginge 
unde tho eyner vorl6synge, desgelyken (2. Cot. 
5, 19. 21) dat Godt sy in Christo gevesen unde 
hebbe mit syck de werlt vors6net, und dat he 
one ore sunde nicht hebbe thogerekent. Noch 
hart darna, dat he Christum tho einer sunde 
hebbe gemaket vor uns, de stis van nener sunde 
wtiste, uppe dat vy mochten yn eme de gerech- 
ticheit werden, de vor Godde gylt. Also sprickt 
ock Johannes de d6per (Johan. 1, 29): Sti dat lam 
Goddes, velcker vechnympt de sunde der werlt. 
Uth welckeren vorden klarlicken volget, dat 
Christus allene unse vorl6singe unde unser sunde 
reininge sy, welcker reininge nemand erlangen 
mach ane dorch den geloven We nicht 16vet 
(secht de Here Mar. ulti.  ,k 16, 16), de wert 
vord6met, unde yn den gescbeften (Acto. 15, 9), 
dat de herten allene dorch den loven gereyniget 
werden. So denne Christus allene unser sunde 
reyninge ys unde datsulve nemand den dorch 
den geloven entfangen mach, folget, dat de 
mysse, de allene den levendigen vorgevynge der 
sunde vorkundiget, dorch Christus ewige testa- 

mente unde wort kan den doden nicht bath- 
lick 33 wesen, nademe se uth dtisser werlt, dar 
allene des gelovens stede unde wonynge ys (1. 
Cor. 13; Ebre. 11), affgescheden synt, alse Pau- 
lus klarlick bettiget unde Christus unwedder- 
sprecklick bewyset, dat de reynynge der sunde 
nicht na dussem levende, sunder nu in dussem 
levende volendiget wert, dar he sprickt (Johan. 
3, 16 ff.): Also hefft Godt de werlt belevet, dat 
he synen eyngeboren S6ne gegeven hefft, uppe 
dat alle, de an en gel6ven, nicht vorloren wet- 
den, sunder dat ewige levent hebben, wente 
Godt hefft synen S6ne nicht gesandt in de werlt, 
dat he de werlt vorrychte, sunder de verlt dorch 
en salich w6rde, we an en 16vet, de weft nicht 
vorrichtet, we overst nicht 16vet, de ys rede 
vorrichtet, wente he 16vet nicht yn den namen 
des eyngeboren S6nes Goddes, welcker worde m6- 
gen nicht up de vorstorven getogen werden, sun- 
der allene up de levendigen. Sodenne de levendi- 
gen recht 16ven ,vn Christum, synt se gereyniget 
na den worden Christi, vente se werden nicht 
verrichtet werden, indeme se dorch den loven 
ore reyninge medebryngen, welcker gerychte 
umme der sunde willen schtit, wor hen sunde ys, 
dar wert ock de vorrichtinge der sunde nicht 
wesen 
Wedderumme wen de levendigen nicht 15ven0 
synt se alrede hyr na den worden Christi ver- 
richtet unde vord6met, unde so se ym ungeloven 
sterven, m6gen alle myssen se van der verrich- 
tinge nicht entfryen, wente se bringen mit syck 
dorch den ungeloven ore sunde. De Christen 
overst, de yn dem rechten geloven sterven, bryn- 
gen myt syck de reyninge, dat one ock alle 
vormaledygynge nycht roach schaden, dat dyt 
alle war is, bettiget Christus klarlick unde 
sprickt [Joh 5, 24]: Vorvar, vorwar, segge ick 
juw, we myn wort h6rt (welcker van den vor- 
storven nicht mach vorstaen werden) unde 16vet 
deme, de my gesandt hefft, de hefft dat evige 
levent unde ktimpt nicht yn dat gerichte, sunder 
he ys van dem dode tho dem levende hendorch 

33  ntitzlich, [6rderlich, vgl. Schiller u. Ltibber 
I, S. 159 f. 

516 



Artikelbuch 1527 

gedrungen. Kumpt de gelSvyge rwcht ynt ge- 
rychte, wortho synt define de straffen unde pyne 
des vegevtirs erdacht? Synt de gelSvigen nycht 
yn pyne, sunder ym ewygen levende, worumme 
wyl me se myt myssen uth pynen 15sen unde 
ynt levent bryngen? Is ydt doch al verkert dynk 
unde volget, dat de mysse, darynne de gedech- 
tenysse des dodes Christi vor unsen doth begaen 
unde vorhalth wert, nycht den doden, sunder 
allene den levendigen tho troste gelaten sy, der- 
wegen se ock den doden nichtes ntittet noch fra- 
mer. De, de 5verst vorstorven synt, hebben na 
erem loven de salicheit edder na dem ungeloven 
den vordSmenysse entfangen 
Daruth nicht swar ys afftomerken, dat vigi- 
lien, seelemyssen, brSderschSppe, kalende und 
dergelyken nicht uth Godde, sunder uth egenem, 
falschem, mynschlykem gudtdunkende unde dti- 
velsdroge erst synt entsprungen, darna dorch de 
leydigen gyricheit mer unde mer yngeretten, 
tholesten de entfoldigen, blSden, swackgelSvigen 
mynscken, by den dat gSdtlike wort na syner 
rechten arth unde gebSre nicht gepredicket, urn- 
me er gelt unde gudt under sodanem falschem 
schyne 5vel unde jamerlicken hebben bescheten 
unde bedragen. Idt kan ock wesen {welcker doch 
Godde bekant), dat etlyke, de syck up sodane 
seelgerede vorlaten, nycht wol synt gefaren. 
Darumme vigilien, kalende etc., so me Goddes 
worde lbveth, yn nenem wege synt tho lyden. 

De sOventeynde artikel. 
Van der doden grafft 
De doden 5verst eerlyken tho grave tho bryn- 
gen unde an de levendigen eine korte vorma- 

nynge tho doende mit dankseggynge, ys vor 
gudt arrgeseen. 
Wowol Christus tho dem jtingeren secht {Mat 
8, 22}, dat he scholle de doden ere doden begra- 
yen laten unde volgen eme ha, wyl doch dar- 
mede nichtes anders, sunder dat me dat wort 
Goddes tho predycken styff anholde unde yn sol- 
ckem ampte sick noch vader, noch moder, noch 
wyff, noch kynd vorhderen laten, ys dartimme 
nicht nedderlecht, dat me de doden nicht schSlle 
begraven. Dartimme wert vn dussem artikel urn- 
me der simpelen wyllen vor gudt angeseen, dat 
me de doden nicht na heydenschem prale, sun- 
der na christliker wyse eerliken begrave mit ei- 
ner korten vormaninge na den worden Christi 
edder Pauli (Johan. 11, 25 ff.; 1. Cor. 15, 12 ff.; 
1. Tessa. 4, 13 ff.). doch ane alle sunderlike 
pompen mit ludende, lychten unde anderen buten- 
wendigen geprengen. 

De achteynde artikel. 
van unser leven frouwen unde sus 
anderen tyden gesange. 
Unser leven frouwen33a edder sus ander tyde 
sampt eren myssen, dewyle de gegen Goddes 
wort synt, oek nieht uth bewege ehristliker an- 
reyzender notorft unde leve, sunder uth me- 
dynge 3.1 edder sfis bedyngedem edder gestyfte- 
dem jargelde gesungen werden, sehollen alse 
ni]tte unde egens gewynstes si]eltieh bygedaen 
werden_ 
Dat unser leven frouwen tyde wente heer also 
hoeh verhaven synt, ys dusse orsake, dat me des 
reehten myddelers Christi Jhesu unses Heren vor- 
geten hefft unde gemeynth, me moehte sunder 

33a Stiftungen zur Unterhaltung yon Marien- 
andachten und -messen waren besonders hu- 
fig. Die Marienbriiderschaften lieBen sich vor 
allem die Ausgestaltung der Feste angelegen 
sein. Die wichtigsten Feste Marias im aus- 
gehenden Mittelalter waren: Marii LichtmeB 
am 2. Febr., Marit Verktindigung am 25. Mtrz, 
ihre Heimsuchung Elisabeths am 2. Juli, ihre 
Himmelfahrt am 15. Aug., ihre Geburt am 
8. Sept., ihre Opferung im Tempel am 21. Nov., 
schliefilich das zunichst sehr umstrittene Fest 
der unbefleckten Empfngnis am 8. Dez. Au- 

Berdem xvar der Sonnabend jederWoche ihrer 
Verehrung bestimmt, was oft damit begriin- 
det wurde, dab sie am Tage vor der Auf- 
erstehung des Herrn nicht an seiner Gott- 
heir gezweifelt babe. An diesem Tage wurden 
ihr zu Ehren Votivmessen .gelesen und ihr 
kleines Offizium gebetet. Vgl. St. Beissel, Ge- 
schichte der Verehrung Marias in Deutsch- 
land wihrend des Mittelalters. 1909, S. 304 ff., 
Geschichte der Verehrung .Marias im 16. u. 
17. Jhdt. 1910, S. 217 ff. 
_-- Mietung. 

517 



Ltineburg 

berSrter juncfrouwen Marien vSrbede nicht salich 
werden, so doch Christus mit hellen klaren wor- 
den darwedder sprickt, dat nemand mSge tho 
dem Vader komen, sunder allene dorch en (Joha. 
14, 6). Hyr erken_ne unde richte ein ytlick, yn 
war geloven de wesen mSgen, de dorch egene 
werke, dorch Marien unde anderen patronen 
vSrbede, Godt tho erwerven unde salich tho wer- 
den, vormeynen, so dusse enyge sprSke ganz tho 
boddem stott solcken eren ungrund, steyt styff 
unde yn ewicheit umbewechlick, dat wy nicht 
mSgen thorn Vader komen, allene dorch Chri- 
stum. Van dussem hebben wy gnade unde unser 
sunde reynynge na dem wyllen unde rade des 
Vaders entfangen. Yn eme lyggen allene vor- 
borgen alle schatte der wyscheit unde erkente- 
nisse Goddes unde waent yn eme de ganze fiille 
der godtheit lyfflyken (Colos. 2, 3. 9), ys de bor- 
ne aller gnaden, de wech, warheit, levent (Jo- 
han. 14, 6), .vn summa, wyscheit, gesuntheit, wol- 
varth, gedyent, fromicheyt, gerechticheit unde 
salicheyt (1. Cot. 1, 30), welcker noch Marien, 
noch Petro, noch jeniger creaturen nicht roach 
thogelecht werden unde, alse ym 9_ uncle 10. 
artikel vormeldet, wyl Godt umme nemandes 
denn umme Christus wyllen berSrte stticke ge- 
yen edder ock darumme gebeden syn. 
Daruth folget, dat me seer unde groff geerret 
hefft, nicht allene yn der styftynge unser leven 
frouwen tyde, sunder ock yn allen anderen dyn- 
gen, dorch we!cker wy vormeint, gnade van 
Godde unde vorgevynge unser stinde tho erlan- 
gen. Dar me 5verst by der waren hylligen 
schrift gebleven were, hedde me wol geleret 
unde tho scheden gewtist, wat eere wy Marien 
unde anderen creaturen, wat eere wy Godde ge- 
ven scholden. 
Dat me 5verst hyr, alse gewoentlick, vornufti- 
gen anteen wolde de gelykenisse van fSrsten, 
alse mSste me dorch de ampten an den fSrsten 
komen, ys hyr falsch, roach ock yn gSdtliker 
dusser sake gar nene stede hebben. Wente Godt 
lett vor allen mynschen syne gnade unde barm- 
herticheit uthropen, desulvygen eynem ytlyken 
dorch Christum anbeden unde alle dynk uns yn 

synem namen allene wyl geven (Johan. 14, 13; 
15, 7; 16, 23: Math. 7, 7 f.; unde 21, 22). Dartho 
van uns sulven ym Geiste unde warheit wyl an- 
gebedet syn (Johan. 4, 24). Vbrder ys he nicht 
dorch hiise edder wonynge, na edder verne, alse 
fSrsten van uns gescheden, dat he dorch knechte 
unser gebreke mSste berichtet unde vormanet 
werden, sunder siith uns jegenwardiger unde 
egentlyker yn unse herte (Hiere. 17, 10), alse wy 
nenem anderen mynschen yn syn angesichte seen 
mbgen. Tholesten van deswegen hyr up erdbod- 
dem yn allen drbffenyssen, angesten unde ly- 
deride versocht ys, dat he mit uns lyden, unse 
gebreke erken_nen unde sick unser vor synem 
hemmelschen Vader annehmen unde vor uns 
bydden mSchte (Ebre. 2, 16 ff.; Jo. 6, 35 ff: 7, 
37 f.). Dyt is Godcles glorie und synes Christi 
prys unde ere. 
Ein spot overst unde smacheit ys ydt nicht 
allene Marien, sunder Godde unde allen hylligen, 
dat me se na erem dode yn de stede Goddes 
unde Christi setter, Goddes eere unde Christus 
ampt erie tholecht, dat se newerle geleden noch 
begerth, ja de moder des Heren erkent sick sun 
vest vor eine maget unde denerynnen des Heren, 
de allene uth gnaden unde barmherticheit tho 
der eere ys utherwelet, alse ere egene worde be- 
ttigen (Luce 1, 38. 48), dat de Here de nichticheit 
syner maget angeseen hebbe. Paulus unde Bar- 
nabas (Acto. 14, 11 ff.) wolden ock tho Lystris 
nicht laten, dat me se eeren scholde, sunder 
wyseden de eere to Godde unde bekenden sick 
vor mynschen unde der anderen medebrbder 
unde spreken: O gy mynschen, worumme do gy 
dat? Wy synt nicht anders den gebrecklicke 
mynschen, alse gy synt etc. Wat mene wy, dat 
se spreken wbrden, wen se segen, dat by ene ge- 
socht wSrde, dat allene Goddes ys? unde vorne- 
meliken de juncfrouwen Maria. Ane twyvel, se 
wSrde spreken: O gy unvorstendigen, alle eere, 
de ick hebbe, hebbe ick nicht van my sulven. 
Godt hefft myck uth lutter nade unde barm- 
herticheit na synem wyllen tho der moder Chri- 
sti utherwelet, des ick eme danke unde lave syne 
barmherticheit, noch byn ick dartimme nicht 

518 



Artikelbuch 1527 

gelecht werden, dat de swacken nicht geergert 
edder also vorth vorworpen, de rSkelosenoverst 
,nde rumgelSvigen nicht fryheit vaten, alles, 
wat gSdtlick unde eerlick ys, to vorachten, sun- 
der alle predickye ,nde lere up den geloven, 
fr,chten Goddes, bothferdig levent, krfitze, ge- 
dult, gehrsam, leve unde dergeliken notorftige 
christlike stficke mSgen gerichtet werden. 
Vor allen dyngen wyl einem ytliken kerckhe- 
ren gebSren, twyscken gSdtlicken unde mynsch- 
liken settirgen klScklick tho underscheden unde 
einem ytliken syne werde ,nde mate weten tho 
geven. GSdtlike settinge synt der arth unde also 
nStlick, dat yn den nichtes tho voranderen noch 
tho breken ys, alse yn vorigen etliken artkelen 
argetogen unde bewyset ys. Mynschlike settinge 
synt twyerleye, eyne, de gSdtlikem worde strak- 
kes wedderstreven, alse de ynsettynge der anrS- 
per und patronen feste, dardorch Goddes eere 
unde Christus ampt voruneret wert. Kfischeit 
der geistliken, welcker sunder underscheid up 
alle geistlyken, alse hedden se alle de gave, mit 
gebode gelecht, ys wedder alle byllicheit unde 
klare wort Goddes. Beter ys elick tho werden 
wen bernen {1. Cor. 7, 9}. Myssen uth gewoente 
,mme gelt vor de doden etc. wedder de wort 
des Heren unde Pauli unde dergelyken andere 
unordenynge vele, dar hyr bevor genochsam 
van geschreven, dusse nademe se Goddes worde 
rychtyges entgegen synt, mSgen nicht geleden 
werden, wente men hyr Godde mer horcken 
moth alse den mynschen {Acto. 4, 19}. De ande- 
ten settynge, wowol se yn Goddes worde nicht 
gegrundet, wedderstreven dennoch demsulvygen 
nicht, als dar ys de ynsettyrge des Sondages, 
daryn dat volk, Goddes wort tho hSren, beden 
unde de gedechtenysse des dodes Christi tho be- 
gaen, syck vorsammelet, unde etlike feste, daryn 
de schrift na einer ordeninge schickliken gepre- 
dicket, ock psalm unde leyssen eindrechtigen 

mSge ges,ngen werden, dusse dinge thor sali- 
cheit nicht noth synd, sunder dat me der eni- 
cheit unde gemenem frede hyryn dene, ock un- 
schicklicheit gemeden werde. 
Wor me 5verst hyrynne rSkelos handelen, der 
leve unde frede nicht achten worde, worde un- 
schicklycheyt folgen, welcke denne schendlick 
unde schedtlick ys. Desgelyken myt der spyse 
weth me, dat se fryg ys, ock nemandes con- 
scientie darmyt schal gebunden werden. Wor 
5verst a eynem orde Goddes wort nicht vast 
gedreven unde de conscientien myt der warheit 
noch nicht gefryet synt, were ungodtlick, dynen 
armen broder tho ergeren, nademe Paulus so 
ganz getruwlck de ergernisse vorbth 1. Cor. 
8, 9 ff.} unde lever wy! sterven denn ergeren. 
Hyr wert nu, alse ym artykel vain fasten ge- 
secht, de leve eyne wyle tydes dfilden, eten mit 
den, de fleysch eten, .vn Goddes namen, unde by 
den, de nicht eten, syck entholden und nicht 
rychten Jodoch de fryheit by sick unvorletzet 
holden, ock desulvygen syck nicht nehmen laten. 
Wor 5verst bemelte unde dergelyken myddel- 
dynge alse thor salicheit nStlyck angethoge 
unde folgendes de conscientien bynden wSrde, 
synd se gegen Goddes wort unde van deswegen 
nicht tho dfilden. 
Wowol nu not ys, myt bemeltem beschede dat 
volk getrfiwlick underrichten, ys doch nicht 
nfitte, dachlickes unde allene darvan by der ge- 
meyne tho handelen, sunder wyl einem truwen 
kerckheren gebSren, yn den hSvetstficken christ- 
likes wesendes, welck am ende dusses lesten ar- 
tykels thorn dele ertellet, aldermeist unde stedt- 
lyck anthoholden unde arbeyden, de dem volke 
ane underlath ynbylden, doch myt dussem be- 
schede, dat se nicht mynschlykes gudtdunkens, 
sunder na vormSge, wysynge unde snore gSdtli- 
ker schrift vorhandelt werden, darvan sfis van 
velen vele unde notorftygen geschreven. 

65 521 



Ltineburg 

seyn untirstehen, schaffet abir nichts, vorblenden 
mag sie uns, nicht abir helfen. Sonst wen das 
entrynnen m uns gelegen vere, was bedarften 
wit Cristo 7 
Werden wir drumb vorzweifeln etc., xvarIich, 
unserthalben mussen wir vorzweiflen, den wer 
mag yon seyner sundh wegen hoffen? Und 
menschlige rechticheit tychten mher betriegli- 
chert eyn hoffnung, dan das sie sie leisten, 
welchs das es war sey, wirt der mhal aus die 
erschrecknung gottlichs gerichts und entsezung 
des rods ausweisen, dann zu der zeit wirt diesse 
betriegliche hoffnung dir eben eyn hoffnung sein 
als dem hungerien eyn essen ist malte ld 
speisse. 
Es sey dann abir, das die mensche auf diesse 
veise erkennen, was sie seyn und was sie aus 
ihnen selbs vormugen, werde hummer imgrunde 
wedder liebe noch das evangelion Christi anne- 
men. Hir sollen abir die selsorgers mit denn ge- 
wissen seuberlick fharen, die sie befindten albe- 
reyt erschrocken und rechtschaffen, von we- 
gen ihrer sunth und erkantnus ihres irsals vor- 
schembt, dann dennselbigen ist noth, von stunt 
eynen rath und arzney des evangelii bey zu br... -. 
Vorl  ebunl der sund und ewil  es leben 
dutch Jesum Cristum. 
Auf die vorige vordammnus, welche das ubir- 
tretten gesez trauweth, da alIer trost unsernt 
und unser krefte halbert abgesclagen, da die 
hell ihren rachen aufsperret, uns zu vorsclin- 
den 2a, trifft eben das evangelion, das ist vor- 
kundigung, das die sunt durch Cristum vorge- 
ben seyn, und syhe die hoffnung mitten in der 
'orzweiflung, syhe das hymmelreich eben, da 
du bist zur hell vordampt. Got der Vater er- 
kent diesse zwey stucke: Nemlich deyn vordam- 
nus und das du dutch deyn vormugen mcht 
magst entrynnen, drumb da er sich unser er- 

barmt, als er darm von ewigkeit her vorordenet, 
hat er seins eynigen Suns nicht vorschoneth, 
sondern vor uns allen ihn hingegeben [Joh 3, 
16; Rm 8, 32]. Bey denn Cristen ist nymant, wy 
heyligs und erligs Iebens er imer ist (dan wir ja 
auch in weltliger odir burgerlicher fromigkeit 
sollen berumbt sein. welche das scharf recht 
auch yon uncristen erfodderth), nemand, sprick 
ich, ist, der nicht bekenne diesse worte: Cristus 
ist vor meyne 2b sunt 2c, ob du nun in deynem 
und der welt ogen, xvie dir dann auch gepurth, 
xvoll bist eyn from man, eyn erliche frau, eyn 
zuchtig jungfrau, in bedarf gesell, idoch beken- 
nestu mit diessen worten dich denn allergros- 
sisten sunde von Gots gesicht. Es sey darm, du 
yon wegen diesser xvelth lygen deyner fromig- 
keit in gleichsnerie vorblendet seyest, da du 
schauest, wie gar unschiglig und strefflig ander 
lehut gegen dich leben, dan deyn sunth muss 
kurz die allergrobst und grossiste se)-n, welche 
zu vortelgen der eyngeborn Shun Gots muste 
sterben Sonst in ewigkeit xveriestu verloren, 
werm du gleich zum ansehen aufs allererligst 
lebetest, hettystu auch in ander wege deyn sunt 
mugen henwegthun, was theth noth, so schend- 
lich umbkomen denn eyngeborn Sun Gotts. Her- 
widderumb darmit du nicht vorzweifelst, syhe- 
stu, das vor deine sunth der allergrosslste ko- 
stung-d ist gegeben, nemlich der eyngeborner 
Sun Gotts, auf das du nicht zweyfelsth, sunder 
allergewissesten vortrauwens glaubst, vor dey- 
ne sunt sey gnug getahn, ja, mher dan genug 
than, dan was ist der ganzen welt sunde gegen 
denn gegebenen leyb und vorgossen bluth des 
Suns Gottis? Durch diessen glauben alleyn wir- 
stu bestehen in vorsuchung und todte gegen die 
sunt. Alles, das du ausserhalb diesses glaubens 
dich untirnimpt, es sey dein selbs gedicht odir 
auch von andern, wie heilig sy imer sein, auf- 
genomem, ist eytel und vorloren ding. 

ld - gemalte (7) 
2 Hier bricht der Text ab. 
2a - verschlingen. 

% Text: neyne. 
-c Hier fehlt ein Wort, etwa: hingegeben. 
-d---- Bezahlung. 

524 



Lfineburg 

obir genug van Hem befolen, das es keyn star 
noch zeith hat, mit abirglaubigen werken sich 
bekumern. Ich weis, spricht Cristus, das sein 
(des Vaters} geboth ist das ewige leben, Johann. 
12 [50]. Was der Vatter nicht befolen hat, mag 
woll abirglaub und strick der gewissen seyn, das 
ewig leben mags abir nicht seyn. Was nicht aus 
dem glauben gehet, das ist sunt [Rm 14, 23], das 
geheth abir aus dem glauben nicht, das man sich 
an Gots wort und geheis untirnympt. Nun ists 
doch das allerjamerligst, in dem stanth leben, 
den du mit Gots worth und dem glauben Cristi 
vor Got nicht kanst vorteydigen 
Darnach gepurt auch eynem Cristen, seinen 
nachpauwrn und negesten dienen, untir welchen 
die dyner des vorts sollen als die vornemisten 
geacht werden, das ihnen ihre nottorft und er- 
lige underhaltung gepurlichen vorschafft und sie 
geeret werden, als der heilig Paulus lerhneth 
[1. K 9, 14]. 
Vor allen dingen abir sollen sie das folk ler- 
hen, vor alle stende, als berurt, stetiglich und 
fleissig bitten, weil kunt ist, das Got solchs abir- 
all gebeut [1. Tim 2, 1:4]. reychlich die erho- 
rung vorheysset und hats vor das allerange- 
nemsth Die abirglubige achten viel wasschen 
vor eyn beth wie die heyden; der glaub abir er- 
greufet sein glaubig gebeth vor Gottis angesicht, 
wilch er allein erhort. 
Nach denn xverken sollen sie auch predigen 
vom kreuz und vom starken gemoth gegen die 
widerwertige und alle fiend, darmit sie vies- 
sen allen unfall zu vortragen, nicht rache su- 
chen, sondern vor die bosen bitten Durch sol- 
liche des glaubens ubing wirt erlangt die sicher- 
heir unser hoffnung, glaubens und beruffs, 1Ro. 5 
[2]. 
Sacrament. 
Demnach dan der barmherziger Got zu ster- 
kunge und trost unser gewissen im kreuzt ne- 
ben dem wort auch eusserleyche zeichen hat ge- 

geben, dardurch wir seiner guthe gunste, auch 
unser freyheit und gepur sollen ermanet wer- 
den, welch da sein die sacrament, sollen sie dar- 
yon also lernen, das sie gegeben und entfangen 
sollen werden nach insezung unsers Hem Cri- 
sty, welchs insazung wen nicht were, herren wit 
kein sacrament. Ihme gepurt vorzuschreiben, 
uns abir zu folgen. Sollen drumb vom tauf pre- 
digen, als sie eynen untirricht zu lernen haben 
auss heyliger geschrift in hern Johannes Bu- 
genhagen Pommern brunswischer ordenung 4, 
derselben weis auch vom brauch des sacraments 
des leibs und blurs Cristi, wie das auch eyn 
lehr auss insazung unsers Hern Cristi in bemel- 
ter ordenung4a begriffen, darmit das folk lerne 
eftmals und wirdiglig gotlichs tyschs messenab, 
welcbe aber das sacramenth nach tier ordenung 
Cristi noch nicht mogen empfangen, die sich 
nicht widersezen aus torrichter vormessenheit 
als jenne, die die gewonhit grosser achten :lann 
Cristum, sondern aus unwissenheit also schwage 
junger Cristi, die sollen sich des sacraments ent- 
halten, pis das sie lernen Cristus gebott und or- 
denung allen menschligen geboten und gewon- 
heiten vorsezen. Es wirt je nicht schwar sein, 
solchs lernen und glauben, allein die torychte 
vormessenheyt streicht ihrem gotlosen wesen 
eyne farb an. 
Von der mess abir, vie sie ist em soe greu- 
lich misbraucb des sacraments widder dye hellen 
insazung unsers Hern, sollen sie alsdan rnher 
und vollkomlicher predigen, wenner das folk 
durchs worth zuvor woll untirrichtet ist, wie 
man wirdiglich zu des Hem tisch gehe und 
welch tier rechtschaffen gebrauch des sacra- 
ments sey nach der insazung Cristi und apostel- 
scher lehr. Alsdann findstu e,vnen seher gemei- 
hen man vorstendligen untirricht gegen derm 
gothlosen misbrauch des sacraments in berurter 
brunswigscher ordenung. Abir in diessem allem 
soll auf zeyt und gelegenheit der zuhorer des 
evangelii, wie obangezeit, getreuwlichen ge- 

4 Vgl. oben S. 351 ff. 
4a Vgl. oben S. 405 ff. 

526 

4b  sich zumessen, zuteilen, d. h. essen, vgl, 
Grimm, Deutsch. W6rterbuch VI, 1885, S. 2117. 



Instruktion fiir die Prediger 1529 

merkt werden, dan was haben wir mit denn un- 
saligen zu schaffen, die nummer junger, sun- 
dern ewige vorechter des evangelii seyn wollen. 

Ehestand. 
Alsdann auch der heyligste ehestand drubsall 
am fleysch hat und van etligen widder Gott um- 
bylche wirt wyderfochten, idoch er von Gott er- 
schaffen, ingesezt, geheyliget und denen, die nit 
sonderliche gab empfangen, beyde, an leyb und 
geist, heylig zu seyn, gebotten, sollen sie dar- 
von, als heyligen predigern gepurt, mit zucht ane 
schantbar wort bescheydenlich predigen, in un- 
erklerten aber und zweifenlichen fellen, auch da 
man sich der ergernus besorgte, sollen sie nichts 
handelen noch schaffen ohn radth des superatten- 
denten. 

Ceremonien. 
Zulezt, weil dye cristliche samplung mit psal- 
men, geystlichen gesengen und deren gleichen 
ceremonien umbgehet, sollen die prediger darvon 
lernen udir auch ingehen ermanen, das offentlich 
bey Cristen nicht soll gesungen noch gelesen 
werden, das nicht auss der heyligen schrift ist, 
wie das die alten aufs fleissigst gehalen wuf- 
ten. Darumb die suffragien odir vorbitt, anruf- 
fung und was sich auf vordienst der heyligen 
zeucht, enzelen 5 abgethan worden. Dan men 
soll Got alleine anruffen, und Cristus allein im 
hymmel im allerheyligsten in des Vaters ange- 
sicht (als die epistel zum Hebreern meldet |Hbr 
9, 24])ist eyn diener, das ist, eyn vorbydder 

zwuschen Got und menschen, durch welchs vor- 
dienst allein wit erhort und zalig 5a werden. 
Dusses alles werden sie aus heyliger schrift 
gutten, gewissen bescheyd finden in hern Johan 
Bugenhagen hamburgischer ordenung 6. 
Allermeist aber sollen sie abethun unergrunde 
historie und lugerlige menschengedicht, auch die 
unfruchtbare aufsazung, darmit men allezeit in 
Ootts wort und reiner heyligen geschrift umb- 
gehe. Ihre ampt ist, das folk hirinne zu seiner 
zeit lauter untirrichten; den zuhorers gepurt zu 
folgen und zu thun, als sie gelerneth werden, so 
viel Gott gnadt vorleyhet. Es ist eyn schande, 
das Cristen nicht wiessen, das in der kirchen 
nichts anders soll geprediget noch gesungen 
werden dan Gots wort. Wiessen wir nicht etc., 
das alle kirchendienste, so yon menschen, als 
weren sie gotlich, erfunden und nicht dorch Got 
gebotten, von Cristo mit diessen worten [Mt 
15, 9] vordampt werden: Vorgeblich dienen sie 
mir, dwell sie lerhen solliche lehr, die nichts dan 
menschengebott sein; und in Esaia [Jes 29, 13], 
darher Cristus diesse wort genomen, drauwet 
Got denen, die ihn also ehren, erschrocken- 
liche vorblendung etc. Das ander alle, das aus 
heyliger schrift ist und nicht auf eynen abegele- 
gen frembden syn werd vorweldigt z, sollen sie 
ihnen zulassen und gedachter gestalth mit ihn 
handelen, das sie ihre freyheyt lehrnen nicht des 
fleischs, sondern die sie in Cristo haben, in wil- 
chem Crist und seynem todth sie getauft sein, 
darmit sie zulezt wiessen, das ausserhalb Cristo 
keyn andre gerechticheyt isth, in dem auch le- 
ben und sterben. Amen 

5 vermutlich ---- einzeln 
5a = selig 

6 Sehling V, S. 488 ff., hierzu bes. S. 516 If. 
7 _-- vergewaltigt. 

527 



Pfarrbesoldungs- und Eheordnung 1543 

holden, dat se xvagen und hantdenste dartho don, 
ock stro tho den dacken 5 geven schullen. 
Am Sondage und andern festen schal thovor 
und ehr dat de predige in der kercken uthe is, 
hen kram eropent 6, noch brandewin oder an- 
ders feile gehat, ock in den krogen noch sunst 
kein beer geschenkt und lage geholden werden 
by vermidunge straffe. So aver ein wanderende 
oder krank minsche oder derglicken tho siner 
n9ttroft ein drunk beer edder anders forderde, 
demsulvigen mag et wol gerekent und hirinne 
geborliche beschedenheit geholden werden. 

Van vereheligunR. 
Alse sick mancherley erringe und misverstand 
by den kerckhern, ampt- und gemeinen luden 
uth deme, dat se nicht eigentlich wetten, wo na 
gefrtmdede ein andern thor ehe nemen mogen 
und welcken solchs blotverwantnusse, sibbe und 
freuntschaft halver verboden sy, thogedragen, 
daruth dan tho tiden ergernuB und beschwer- 
liche unrichtigkeit, ock by wilen unnodige sorg- 
feltigkeit und verhinderunge entstan, solches 
henforder affthosniden, schal nafolgende settinge 
geholden werden by vermidunge ernstlicher peen 
und straff. 
Erstlich setten, ordnen und willen wy, dat 
menniglichem, war standes he sy, frey sun schal, 
sick in den ehelicken stand tho geven, vorbehelt- 
lich der beschedenheit wie folget: 
Freunde in rechter, dat is in up und affste- 
gende lynien, darinne oldern und kinder sin, sol- 
len sick miteinander nicht verehelicken, se sin 
so fern einander gesibbet, als se immer sin 
konden 6a. Nabenente freunde in den sittlynen 
schollen einander thor ehe ock nicht nemen, als 
nemlich: 7. 
Bruder und suster, 
seins vaders broder oder suster, 

moder broder oder suster, 
grotevaders broder oder suster, 
grotemoders broder oder suster, 
broder oder suster kinder, 
broders oder suster kints kinder. 
Und wiewoll tholetig mochte geachtet werden, 
dat twyer broder oder suster kinder mochten 
einander thor ehe nemen, demnach deiwileeth 
im gebrucke nicht herkomen und ergermsse ge- 
beren mochte, tho dem de welt Got loff so ful 
volkes, dat de lude ores gelicken wol utherhal- 
yen so na gefrundeden bekomen mogen, so schal 
solckes ock verboden sin und broder und suster 
kinder einander thor ehe nicht nemen Za. 
Twischen steffkindern und steffadern edder 
moder schal nene ehe ingeghan werden noch be- 
stendig sin 7b. 
Abet wen einer eine frouwen gehat, darmede 
he kinder getuget hefft, und de frouw, de he 
wedder nimpt, einen man gehat, darmede se ock 
kinder bekomen hefft, dersulvigen ehemans und 
frouwen kinder mogen einander wol verehelicket 
werden, dan se wedder blodes noch freuntschaft 
halven einander verwant sin, und hindert dat 
nicht, ifft se beide miteinander ock kinder ge- 
tuget hedden. 
Des verstorven sons frouen eder der verstor- 
ven dochter man, derglicken der verstorven 
mans oder wives moder tho ehe tho nemen, 
schal verboden sin. des verstorven broders frou- 
wen oder verstorven suster man thor ehe tho 
nemende Zc, derglicken sick mit des verstorven 
vaders oder moder broder frouwen oder moder 
suster man sick tho verehelicken, schal ver- 
boden sin. 
Eth schal ock keiner edder keine, de he, ed- 
der denjenigen, de he oder se uth der dope geha- 
yen hefft, tho ehe nemen, averst ore, ock orer 
oldern kinder, derglicken der oder de gefadder 
und des kindes eldern mogen einander ungehin- 

5 _-- Diichern. 
6 _--keine Krambude erOffnet. 
6a Vgl. oben S. 219 u. Anm. 14. 
7 Vgl..gben S. 220 f. 

7a Vgl. oben S. 221 u. Anm. 19. 
7b Vgl. oben S. 222 f. 
;cVgl. oben S. 224 u. Anm. 25. 

529 



Pfarrbesoldungs- und Eheordntmg 1543 

gebracht edder, so se leddig erkant werden, de 
wivel3personen darover sitten bliven, so schollen 
solcher lichtfertigkeit und unrichtigkeit tho beu- 
gen henforder dejenigen, eth sin manl3 oder wi- 
veBpersonen, de oren willen tho den andern, oh- 
hen thor ehe tho hebben, durch wort, gave, lo- 
velber drunken oder andere untwivelhaftige an- 
toginge gegeven tmd geopenbart hebben und 
demsulvigen tho wedderkhomen understan wil- 
len, ernstlich mit gefenknus oder sunst na gele- 
genheit darumb gestraffet und gelickwol gewiset 
werden, de ehe, so se gelovet und gewilliget heb- 
ben, tho holden. Derhalven sick ein ider und 
jede erstlich, ehe und thovor de sake sover '-'ge- 
langt, wol bedenken, wat se don schollen und 
willen. 
Derglicken schollen ock de eldern, frunde und 
vormunder fucsichtiglich handelen und nicht wi- 
der van der ohren wegen zuseggen, dan se wet- 
ten, dat erfolgen werde. 
Nadem dan ock nicht ein geringer mibruck 
by etlichen luden befunden wert, dat se ohre 
kinder in ganzen jungen und unmundigen jarn 
etwa mit bedageden verloven und in den ehe- 
stand begeven, also dat dejenigen, so all3o uth- 
gegeven verden, nicht wetten noch verstan, wat 
de ehestand i13, noch einge rechte bestendige be- 
willigung und vulwort 3 dartho geven mogen, 
und eher eins erwasset, dat de ander ehegade 
vast thorn older kumpt, daruth dan allerley er- 
gerung und dat eins dat ander nicht liden wil, 
van den andern lopt oder sunst unfreuntlich mit- 
einander leven, erfolgen, und das die ehestand 
van dem almechtigen eingesetzt und mit Gots 
frucht und guden bedacht und bewilligungschal 
ingeghan werden, so hebben wy verordnet, dat 
henforder niemandes schal sine kinder edder 
frunde in solchen jungen jarn, als nomlich 
ein mansperson under sechzehen und ein wivel3- 
bride unter twelf jarn uthgeven by vermidung 

ungnediger straff. Eth schal ock nen kerckher 
de lude, so under solchem jungen jarn sin, tho- 
samende geven, ock bi vermidung straffe. 

Van ehebruch unde untucht. 
Eth schal sick ein ide und ider der laster und 
sunden des ehebrocks und untucht entholden, 
we aver des schuldig befunen wert, schal dar- 
umb na gebor und gelegenheit siner verwicl- 
nung 1 gestrafft werden. 
Und darmede de wiveBpersonen sick desto 
mehr vor untrichten bewaren und nicht, wo fel- 
reals geschehen, sick sulvest tho den knechten 
gesellen der meinung, se dardurch thor ehe tho 
bekomen, so schal henforder keinen wiveBper- 
sonen, de also beschapen wert, yon den deder 
mehr dan twe gulden, ohre kindelbedde darmede 
tho holden, und ein dock 5 up ore hover gegeven 
werden, so se aver dat kinth upthen wolde, so 
schal der deder ehr veer gulden des jars darvor 
geven und dat kint ock darna forder enthen und 
erholden, de deder schal aver dannoch ock dar- 
tho na gelegenheit siner verwirkung gestraffet 
xverden. 
Dexvile aver vele ohre undoget darmede tho 
beschonen vermenen, dat se seggen, de gesel 
hebbe ohr de ehe gelovet, dat se dardurch bewe- 
get, sinen willen tho don, so schal nener sul- 
ches gelovet, ock der gesell nicht gedrungen 
werden, sick mit dem eide tho entledigen, et 
were dan sake, dat se ander warteken 16, ante- 
ginge  oder vermodinge vor sick hedde, dan in 
den fellen schal der gesel gewiset werden, sick 
mit dem eide der angetogen thosage tho bene- 
men. 
Wurde aver befunden, dat eine junge minsche 
durch kintheit oder unverstand van einem ver- 
stendigen gesellen tho falle gebracht were, so 
schollen unsere verordenthen rede in solchen und 

12  so weir. 
13  Zustimmung. 
14 Steht offenbar ffir ,,verwirkung", vgl. den fol- 
genden Abschnitt. Knoop, S. 228, setzt: ver- 
wirknung. 

5  Tuch. 
6  Zeichen, Wahrzeichen. 
1  Anzeiehen. 

. 531 



Liineburg 

derglichen hirinne unversehen fellen na gelegen- 
heit und umbstenden der saken und personen 
tho handelen und tho erkermen hebben. 
Demna dan etliche lichtferdge wivespersonen 
ohre kinder hemlich geberen, welchs ane dot- 
liche gefar der kinder nicht geschehen mag, und 
dan de kinder heimlich bi bringen, edder so se 
betreden werden, forwenden, als scholden se 
mit der gebort overilet sein worden, solche hin- 
derlistgkeit und unminschliche ovel und mord 
sovel moglich vorthokomen, ordnen und setten 
wy: Welck wiff heimlich ein dot geletmatig kind 
an de welt bringt und thovor nicht bekant ge- 
wesen, dat se schwanger sy, desulve schal vor 
eine overwisende und bekande morderyn ores 
kindes geachtet und an ihrem liff und levende 
gestrafft werden, werde aver eme ohre gelegen- 
heit antogen und dannoch mit villen allein unde 

ane hulpe anderer wiver ein geletmatig kint ge- 
beren, so schal desulve nach gelegenheit darumb 
gestrafft und ohr nicht leichtlich ane andere ver- 
modmge gelovet werden, dat se overilet sy wor- 
den. 
So ock ein verdracht 18, dat se schwanger were 
und se et nicht bekennig sin wolde, so schal sol- 
ches unsern amptluden angesegt und durch se 
verschaffet werden, dat de gelegenheit der ver- 
dechtgen personen durch erfarne, geschickte 
frouwen, wo sick gebort, erkundiget werde. 
In urkunt solches alles obgeschrieben hebben 
vi obgemelter furst unser kanzleisecret tho ende 
dusser ordnung heissen drucken und in alle und 
idere unsere ampte overantworden laten. Actum 
nha der gebort Christi, unsers selichmachers, im 
tausentfiffhundert und im dreyundverzigsten jar, 
Donnerstag post Martini. 

[Unterschrift des Herzogs Ernst nachgeahmt! 
Secret fehlt.] 

18 _-- Verdacht. 

532 



Lfineburg 

das Magnificat bisweilen lateinisch, bisweilen 
deudsch gesungen, und da orgeln sind, ein vers 
umb den andern auf der orgel geschlagen wer- 
den. 
Darauf lese der priester eine collect trod be- 
schliesse der chor mit dem Benedicamus Domino. 
Nach der vesper sol der priester die leute, 
so des folgenden rages communicirn wollen, 
beicht h6ren, unterrichten und absolviern. 
Wenn viel communicanten sein, mag auch des 
Sonnabends des morgens friie nach der predigt 
und am Sontag nach der ersten predigt beicht 
geh6ret werden. 
Es sol abet das yolk fleissig vermanet wet- 
den, das sie auf den Sonnabend morgens oder 
abends filrnemlich zur beicht komen sollen 
sampt ihren gesinde und kindern, auf das die 
kirchendiener nicht zu sehr beschwert werden 
und kein unordnung daraus entstehen m6ge. 

An gemeinen Sontagen und fe  ertagen.- 
Des morgens frile nach ftmf uhren sol zur 
metten geleutet werden und darnach die schtiler 
einen psalm, zwen oder drey singen mit der an- 
tiphona de dominica vel festo. 
Darnach lese ein knab die sontagsepisteln la- 
teinisch oder deudsch. 
Darnach singe man Te Deum laudamus etc., 
den einen Sontag lateinisch, den andern deudsch, 
und das Benedictus darauf, und beschliesse der 
priester oder diacon mit einer collecten. 
Bald darnach umb sechs uhren werde die frile- 
predigt angefangen his umb sieben, und mag vor 
der predigt ein deudscher psalm aus Lutheri 
psalmbuch gesungen werden. 
Es sol abet in stedten und da schulen sein, 
alle Sontag zur frilepredigt der catechismus or- 
dentlich fur und fur geprediget, und wenn der- 
selbe aus ist, widerumb angefangen und allezeit 
vor der predigt die wort des catechismi gelesen 
werden. 

Nach der frilepredigt sol dutch das volk die 
heiligen zehen gebot oder das Vater unser etc. 
gesungen werden. 
Da aber keine schiller sein, da kan die metten 
unterwegen gelassen, abet vor der predigt ein 
oder zwen deudsche psalm gesungen werden. 
Darnach wenn die erste predigt und gesang 
geendiget, so sol zur mess oder communio geleu- 
tetund sie angefangen werden, welches zu sie- 
ben uhren geschehen sol. 
Es sollen die pastores und kirchendiener, so 
messe halten wollen, wenn communicanten ver- 
handen sein, nicht blos mit ihren gewSnlichen 
kleidern, sondern in ihrem ornatu ecclesiastico, 
als alben, caseln und messgewand, fein ehrlich 
und mit grosser andacht und anruffung des Sons 
Gottes vor den altar tretten und das officium 
missae anfahen, halten und verrichten. 
Es sol auch der altar mit reinen tilchern und 
andern ornatu gezieret und bekleidet sein. Item 
lichte auf dem altar brznnen, wie a!lezeit bis an- 
her geschehen. 
Und damit fortan in allen kirchen dieses ftir- 
stenthumbs die ceremonien in officio missae 
allenthalben ehrlich, ordentlich und eintrechti- 
gen so viel als imer m6glich gefilrt werden mS- 
gen. so sol man erst,'ich einen introitum de 
tempore, darauf das Kyrie eleison und Gloria 
in excelsis, item et in terra pax, zu zeiten latei- 
nisch, zu zeiten deudsch singen. 
Darnach wende sich der priester zum volk 
und singe: 
Der Herr sey mit euch. 
Das yolk antworte: 
Und mit deinem geist. 
Darauf wende sich der priester widerumb je- 
gen den altar und singe eine collecten de tern- 
pore oder festo oder die sich zu der materien 
schicken auf folgende melodey: 
[Noten:] .4 Last uns beten: Allmechtiger Herre 
Gott, weck uns auf, das wir bereit sein, wenn 

.3 Vgl. S. 142 f. u. die Anmerkungen dort. 
-0 Zur Melodie s. Hdo. d. dtsch, ev. Kirchenmus. 
1. Bd. 1. T. 1941, Nr. 363 a. Dort ist die spi- 
tere Quelle, die Braunschweigisch-Wolfen- 
bilttlische KO yon 1569, zugrundegelegt.-- 

Vgl. die Nachweise der im Handbuch enthal- 
tenen, dieser KO entsprechenden Melodien: 
Hdb. S. 547, Nr. 105. -- Zur Kollekte selbst 
vgl. unten Anm. 65a. 

542 



Kirchenordnung 1564 

und in alas herze zu fassen, das sie ihr stindlich 
leben bessern, trost und sterkung ihres glaubens 
erlangen und hmfurt christlich und seliglich le- 
ben mSgen. 
Darauf sol man ein Vater unser sprechen 
oder singen: Nu bitten wir den heiligen Geist. 
Umb die Weihnachten: Ein kindelein so 15be- 
lich etc. 
Umb die Ostern: Christ ist erstanden etc. 
Zum ende der predigt 33 SO1 das yolk abermal 
zum gebet und danksagtmg gegen Gott verma- 
net werden und samptlich vor erhaltung der 
kirchen Gottes und rechter lere, darzu der 
treuen warhaftigen lerer und das C-ott treue ar- 
beiter in seine ernte senden wolle |Mt 9, 38], 
ffir die oberkeit, ffir zeitlichen friede und ge- 
wechs der friichte und in summa fir die not der 
ganzen christenheit und sonderbarer personen, 
die des christlichen gebets begeren, wie des un- 
gefehrlich eine notel folget. 
Lieben Christen, last uns Gott bitten, das er 
uns bey seinem gSttlichen wort wolle gnediglich 
erhalten und getreue arbeiter in seine ernte sen- 
den, den predigern und kirchendienern seinen 
heiligen Geist verleihen, das sie dasselbige rein 
und recht fiirtragen und leren, auch mit gottseli- 
gem leben ftirgehen und das der allmechtige 
wolle sie und uns vor falscher lere gnediglich 
behtiten und derselbigen steuren und wehren. 
Das er auch unsern brtidern und schwestern, 
die mit falscher lere oder sonst mit unrechter 
gewalt yon unchristen oder andern tyrannen 
angefochten und beschwert werden, gnediglich 
helfen wolle, das sie in warem glauben und ge- 
dult bestendig bleiben, und so mSglich, die ver- 
folgung yon ihnen genomen oder gemiltert werde. 
Bittet auch vor weltliche oberkeiten, keys. maj. 
und andere potentaten, auch alle andere, die im 
ampt der oberkeit sitzen, alas der allmechtige 
wolle diejenige, die durch Gottes wort erleuchtet 
sein, darbey gnediglich erhalten, denen aber, so 
noch nicht erleuchtet, seine gnade geben, das sie 
Gottes wort in ihren landen leiden und annemen. 

Welche aber das nicht thun wollen und es ver- 
folgen, das er denselbigen steuren und ihr for- 
nemen zu schanden machen wolle. 
Sonderlich danket Gott, das er unsere gnedige 
landsffirsten und herrn also begnadet hat, das 
sie Gottes wort lieb haben und in ihrem land 
predigen lassen und fSrdern, und bitter, das sie 
tier allmechtige darbey wolle gnediglich erhalten 
und ihnen gottselig langes leben, gesundheit und 
gnarl verleihen, das sie ihr regiment also ffi- 
ren, das es Gott zu ehren und ihren ffirstlichen 
gnaden und derselbigen unterthanen zu gutem 
gereiche, und wir ein still friedlich leben in aller 
gottseligkeit [1. Tim 2, 2] unter ihnen ftiren 
mSgen. 
Bittet auch vor unsere gnedige landsffirstin, 
das sie der allmechtig auch in seinem gnedigen 
schutz haben und sie vor allem unheil behtiten 
und an leib und seel segnen wolle. 
Bittet auch vor die rethe, ampt und befelha- 
ber, auch den radt dieser stadt, das ihnen Gott 
wolle gnade geben, das sie wol raten und ihren 
befohlenen ampten und befehlichen getreulichen 
ffirstehen und ausrichten. 
Bittet auch vor alle angefochten und betrfibte 
herzen, vor alle kranken, schwangere frauen, 
junge kinder und alle, so in nSten sein, das der 
allmechtige wolle dieselbigen alle trSsten, behfi- 
ten und ihnen in ihren nSben beystehen und zu 
hfilf komen. 
Bittet vor uns alle in dieser gemein und in 
dem ganzen lande, das Gott uns wolle gnedig 
sein und behtiten vor krieg, pestilenz und teuer 
zeit, vor feuer und wassersnot, vor hagel und 
ungewitter und vor llem unglficke und ubel und 
wolle die friichte auf dem felde behfiten, segen 
und gnade geben, das wit sie mit fried, gesund- 
heit und danksagung geniessen mSgen. 
Ein jeder trage Gott seine eigen not for und be- 
ret in dem namen Christi auf seine zusagung, da 
er spricht: Alles, was ihr bittet in meinem namen, 
gleubet, so werdet ihr es haben [Joh 16,23], und 
sprecht yon grund des herzens: Vater unser etc. 

33 Vgl. S. 145 f. 

545 



Kirchenordnung 1564 

Das wir aber alle samptlich nach jetzt gehor- 
ter lere und vermanung in rechtem warhaftigen 
glauben und bussfertigkeit das heilige sacra- 
ment wirdiglich empfahen mSgen, so wollen wir 
Gott den Vater im namen Christi anruffen und 
yon grund des herzen ein andechtig Vater unser 
sprechen. 

Ein ander exhortation.  
Mein allerliebsten, uns wird stets durch die 
predigt des evangelii Christi ftirgehalten, das 
wit yon uns selbs unwissen, arme siinders und 
verloren sein, und dieweil wir nicht mehr yon 
uns selbs sein denn fleisch und blur, derwegen 
wir uns auch mit unserem verstande und vermS- 
gen nicht kSnnen los machen aus dem strengen 
gericht Gottes und yon der gewalt des teufels, 
darein wir gefallen sind durch die ubertrettunge 
der gebot und des willen Gottes, so hat Gott 
unser unvermSgen bas erkant denn wir und hat 
vor uns gegeben als ein gnediger Vater seinen 
eingebornen Son ,Yhesum Christum, das wir 
dutch sein evangelium erleuchtet und durch sei- 
hen todt erlSset worden yon unsern stinden und 
durch ihn kinder Gottes worden, ewig selig, 
so wit das gleubten. Solchs lest er uns stets 
predigen, wer das gleubet, der hat gewis 
das ewige leben. Auf solchen glauben und 
zu solcher seligkeit werden wir auch getauft, 
da sollen wit stets in bleiben, so bleiben wir 
in Christo und Christus in uns. So essen wir 
stets on unterlas geistlich mit dem glauben den 
leib Christi und trinken sein blur, das ist, wir 
werden Christo eingeleibet, das wir eins mit 
ihm werden, damit das wit gleuben, das er sein 
leib vor uns in den todt gegeben hat und sein 
blur vor uns am kreuze vergossen, darauf ver- 
lassen wir uns zur seligkeit wider alle falsche 
lere, alle stinde, anfechtung und not. Aus wel- 
chef wolthat Christi wir auch lernen, welche 
lieb und gedult wit uben sollen gegen unsern 
nehesten, auch gegen unsern feinden, was wol- 

ten wir mehr? Doch das wir nicht vergessen 
oder trag wtirden, als wir leider werden, zu sol- 
chem glauben der menschwerdung und todes 
Christi, hat er uns auch ein besonder gedecht- 
niss oder verktindunge seines todes, so oft wir 
wollen, befohlen, das xvir auch im auswendigen 
sacrament, der vernunfr verborgen, alleine dem 
glauben aus dem wort Christi bekant, essen sol- 
fen und trinken sein leib und blur, das wit ja 
nicht zweiveln sollen, sein todt und blutvergie- 
ssung am kreuze sey unser gewisse seligkeit. 
Davon sollen wit singen, lesen, predigen, hbren, 
gleich wie wit in der misse thun, und nachmals 
auch davon reden und unter einander verktindi- 
gen uns zu trost und vielen zur seligkeit nach 
dem befehl Christi: Solchs thut zu meinem ge- 
dechtnis [1. K 11, 25]. 
Vrer nu wirdig wil essen und trinken das sa- 
crament, der sol zwey ding thun: Er sol gleu- 
ben, was Christus sagt, und thun, was er gebeut. 
Er sagt [1. K 11, 24]: Das ist mein leib, der fiir 
euch gegeben wird. Das ist mein blut, das fiir 
euch ausgegossen xvird zur vergebung tier siin- 
den, solches sollet ihr gleuben. Er gebeut aber: 
Nemet him esset und trinket aIle daraus und 
gedenket meiner. Solchs sollet ihr thun nach 
seiner gnaden vort und befehl Das uns abet 
der allmechtige Gott und barmherziger Vater 
seinen heiligen Geist reichlich mitteilen wolle, 
auf das wir durch desselbigen gnade uns dieser 
zweier stiicke yon grund des herzen befleissigen 
mSgen und also das heilige sacrament wirdig- 
lich empfahen zu sterkung unsers schwachen 
glaubens und besserung unsers siindlichen le- 
bens, so wollen wir ihnen darumb anruffen und 
in dem namen Christi beten yon gwund des her- 
zen ein andechtig Vater unser etc. 

Alia forma exhortationis. 3 
Nachdem wir durch den fall und ubertrettung 
unser aller eltern Adam und Eva sein in stinde 
gefallen und des ewigen todes schiildig worden, 

5 Vgl. S. 147 u. Anm. 17. 

36 Vgl. S. 147 ff. u. Anm. 18. 

8. 547 



Lfineburg 

auch durch solche stinde unser leib und seelen 
dermassen geschwecht und verdorben sein, das 
wir aus uns selbs nichts guts thun kSnnen, viel we- 
niger die gebot und willen Gottes halten und 
derhalben nach dem gesetz Gottes verflucht und 
ewiglich verdampt solten sein, wie geschrieben 
stehet im buch des gesetzes, und aber wir uns 
selbs noch kein creatur im himel und auf erden 
aus solchem jammer und verdamnis hat helfen 
kOnnen, so hat sich Gott der allmechtige uber uns 
erbarmet und aus unaussprechlicher liebe seinen 
einigen Son Jhesum Christum in diese welt ge- 
sand und ihn menschliche natur, fleisch und blut 
yon der jungfrau Maria lassen annemen, auf 
ihn all rinser und der ganzen welt stinden ge- 
legt, der sie auch ftir uns getragen und am gal- 
gen des kreuzes gestorben und am dritten rage 
wider auferstanden ist und damit die stinde und 
ubertrettung unser eltern und unser selbs gebti- 
sset und uns Gott dem allmechtigen widerumb 
versSnet hat, das wir nu gerecht und kinder 
Gottes werden und das ewige leben und seligkeit 
haben sollen. 
Damit wit nu solchs deste gewisser sein und 
dieser grossen unaussprechlichen barmherzigkeit, 
lieb und woltht nicht vergessen solten, so hat 
Jhesus Christus in dem abendmal, als sein lei- 
den angehen solte, seinen lieben jtingern seinen 
leib zu essen und sein blur zu trinken gegeben 
und zu ihnen und allen Christen gesagt, das es 
sein leib sey, der ftir sie gegeben, und sein blur, 
das ftir sie vergossen sey zu vergebung der stin- 
den, und das sie solchs, so oft sie also essen 
und drinken wtirden, solten zu seiner gedechtnis 
thun, und wie S. Paulus sagt, seinen todt dar- 
bey verktindigen, bis er widerkomen wird am 
jtingsten rage, zu richten die lebendigen und die 
todten. 
Darumb sollen wir thun, was er uns befihlet, 
nemlich sein leib essen und sein blur trinken und 
darbey seiner grossen wolthat, das er uns durch 
sein bitter leiden und sterben von stinde, ewi- 
gem rode, teufel und ewigem verdamnis erlSset 
und Gott, dem himlischen Vater, wider verstinet 
hat, gedenken und ihme danksagen. 

Wir sollen auch gleuben, was er gesagt hat, 
nemlich: Das ist mein leib, der ftir euch gegeben 
wird, das ist mein blur, das ftir euch vergossen 
wird zur vevgebung der stinde. Wenn wir solchs 
thtm trod gleuben, so empfangen wir nach 
seinem wort seinen xvaren leib mit dem brod 
und sein wares blur mit dem weine und mit densel- 
bigen alle seine verdienst und gerechtigkeit, als 
nemlich vergebung der stinde, erlSsung yore to- 
de, die kindschaft Gottes und ewige seligkeit. 
Es sollen abet allein die leute, die hungerig 
und dtirstig nach der gerechtigkeit sein. zu die- 
sere hochxvirdigen sacrament gehen, das ist, die 
sich vor stinder bekennen und ihnen dieselbige 
lassen leid sein und ein ftirsatz haben, sich zu 
bessern und so viel mSglich nach dem willen 
Gottes zu leben. 
Darumb prtiffe sich ein jeder mensch selbs, 
und der sich also gesinnet befindet, der gehe 
kecklich herzu, denn er empfehet das sacrament 
wirdiglich, und ob er gleich im glauben noch 
schwach were, so wil doch Gott damit gedul't 
haben, denn er das glimmende tocht nicht aus- 
leschen, noch das zerbrochen rhor zerknirschen 
[Jes 42, 3], sondern den anfang des glaubens zu 
gefallen annemen wil. Wir sollen aber bitten. 
wie im evangelio stehet: Herr, ich gleub, ich 
bitt aber, mehre mir den glauben [Mk 9.24]. 
Welchem aber seine stinde nicht leid sein, auch 
keinen willen hat, sich zu bessern, sondern in 
5ffentlichen stinden und lastern fortzufaren, der 
bleibe von diesem sacrament, denn er empfehet 
es ihme zum gericht, wie S. Paulus saget. 
Das nu wir, die versamlet sein, das abendmal 
des Herrn zu halten und sein leib und blur zu 
geniessen, mSgen solchs wirdiglichen thun und 
unsern glauben dadurch sterken und fSrder nach 
dem willen Gottes leben, unsern feinden verge- 
ben, unsern nehesten lieben und allen menschen 
guts thun, wollen wir Gott den Vater durch Jhe- 
sum Christum anruffen und beten das heilige 
Vater unser. 
Nach der vermanung singe der priester das 
Vater unser trod die vort von der einsetzung des 
abendmals Jhesu Christi auf folgende melodien: 

548 



Lfineburg 

Herr zum Jordan kam etc. und dergleichen, und 
sollen die andern kinder und gesinde in der kir- 
clen mit singen lernen. 
Darnach sol der prediger oder diacon einer, 
wie sie sich dessert xverden vergleichen, die kin- 
der in solcher catechismi lere nach einander 
auf jeden Sontagen etliche fragen und ihm den 
auswendig sagen lassen, item die auslegung, 
welche die kinder yon wort zu xvort aus den] 
kleinen catechismo D Martini Lutheri sollen 
lernen und aufsagen. 
Desgleichen nen]e er ein ander n]all ein ander 
stticke des catechismi vor sich bis zu ende, und 
wenn der catechismus einmal geendiget, so solle 
er widerumb angefangen und fiir und filr also 
getrieben werden. 
Da aber die prediger anderer arbeit halben 
nicht zeit herren, den catechismum auf den Son- 
tag zu predigen, so sol es auf einen xverkeltag 
geschehen Abet da es geschicht, sol man nach 
der kinderpredigt oder sonst zu zxveien uhren 
zur vesper leuten und die schiller einen oder 
zwen lateinische psaln] singen: Dixit Dominus 
[Vulg. Ps 109] etc. Confitebor [Ps 9] etc., Beatus 
vir [Ps 1] etc., Laudate pueri Don]inum [Vulg. 
Ps 112] etc., zu zeiten: In exitu Israel [Vulg. 
Ps 113] etc., darnach die lection, zehen gebot, 
den glauben und Vatec unser etc. deutsch 
Darnach singet man den hyn]num de ten]pore 
zu zeiten deudsch, zu zeiten lateinisch. 
Darnach thut man eine predigt yon der son- 
tagsepisteln oder de festo, oder es n]ag ein pre- 
diger eine epistolam Pauli oder eine andere ftir- 
nemen und die nach einander auf den nachmit- 
tag des Sontags predigen. 
Nach der predigt singet man das Magnificat, 
bisweilen deudsch, bisweilen lateinisch, darauf 
wird eine collecta gelesen und n]it dem Benedi- 
camus Don]ino beschlossen. 
Auf den dSrfern, wie hernacher gen]eldet, sol 
man an] Sontag on unterscheid umb ein uhr 
vesper halten, einen psaln] oder zven deudsch 
singen und darnach den catechismum den kin- 

dern leren, und venn das geschehen, so mag der 
prediger dem alten yolk ein stticke aus dem ca- 
techismo erkleren. 
Darnach n]ag n]an das Magnificat deudsch 
oder Nunc dimittis deudsch singen und n]it ei- 
net collecten beschliessen. 
In sonderheit abet sollen die pastores das yolk 
vermanen, das sie fleissig vor sich selbs in die 
kitchen gehen, auch ihr gesinde und kinder las- 
sen- darein komen. 
Es sollen auch btirgermeister und rhat in den 
stedten und unsere haupt und an]ptleute und 
voigte in den ampten die leute, vo es nicht son- 
derliche, ehehafte not erfordert, n]it diensten 
verschonen und allenthalben ein fleissig aufse- 
hen haben, das unter der predigt und gottes- 
dienst sowol den nachn]ittag als vormittag 
kein gasterey, krtigen oder schwelgerey oder 
zecherey, auch spazierengehen auf den kirch- 
hoff gestattet, noch unter der predigt branten- 
wein oder bier verkauft oder in den dSrfern, da 
xvagen sein, ichtesxes gewogen oder sonst kauf- 
manschaft getrieben, noch die kren]erbuden er- 
5ffnet xverden, und solchs ernstlich verbieten 
und yon der kanzel verktindigen assen, und da da- 
xvider geschehe, so sollen sie wirt und gast in 
straff nemen, auch so nStig, in gefengnis ein- 
ziehen, damit andern exen]pel gegeben und solch 
ungeschickt unchristlich xvesen abgestalt werde. 
Es sollen auch in stedten und dSrfern alle Son- 
tag vor der frtie und nachmittagspredigt die 
xvSrter des ganzen catechisn]i den leuten deutlich 
vorgesagt xverden, auch eine kurze forn] einer 
beicht, damit der gen]eine man lerne, seine stinde 
Gott dem allmechtigen beichten und sich in der 
beicht rechtschaffen zu schicken. 

Von den besondern Iesten oder Ieierta  en, 
so man im iar halten sol. 
Uber die gen]einen Sontag sollen gehalten xver- 
den die hohen heubtfest des tterrn Christi, als 
da sind: 

41 Vgl. S. 151 ff. u die Anmerkungen dort. 

55O 



Lfineburg 

Herre Gott, all unser siinde und missethat 13 oder 
der tractus: Domine, non secundum peccata 
etc. 44, wie es hievor gezeichnet, gesungen und 
mit der folgenden collecten beschlossen werden. 
Die prediger sollen sich befleissigen, gute niitz- 
liche materien dem volk fiirzutragen, als zu zei- 
ten einen evangelisten, den catechismum or- 
dentlich, etliche epistolas Pauli, etliche furnem- 
liche psalmen, und sollen die kapellan mit rhat 
ihrer pastorn solche materien fiirnemen. 
Wenn aber solche heilige rage gefallen, die 
man nicht pflegt zu feiren und doch ihre histo- 
rien im evangelio beschrieben sind, als da ist 
der tag conversionis Pauli, Marie Magdalene, S. 
Johannis entheubtung, m(igen die prediger den- 

selben text und historien an einem solchen werk- 
rage oder am Mittwachen oder Freitage, der sol- 
chem heiligen tag am nehesten ist, in der pre- 
digt lesen und handlen. 
In der fasten sol man die historien des leidens 
Christi an solchen werktagen predigen, und wird 
vor gut angesehen, das man bald nach Letare, 
jedoch nach gelegenheit der kirchen und als ein 
superintendens des orts dasselbige am besten 
erkennen wird, oder auf den dSrfern am Son- 
tag Estomihi anfahen, das bi]chlin vom leiden 
Christi, aus den vier evangelisten zusamenge- 
zogen, ordentlich zu lesen, d.mit man zeit habe, 
alle stiicke fleissig zu handeln und zu betrachten 

Kirchenordnung auf den d6rfern. 45 

Alle Sonabend nach mittage umb zwey uhren 
und alle heilige abend, wenn des andern tags 
die versamlung des yolks geschicht, sol auf den 
dSrfern der custos zur vesper leuten und sol der 
pfarherr alsbald darnach in die kirchen komen 
und mit seinem custode einen psalm deudsch 
und fein verstendlich singen, darauf den hym- 
hum: O lux beata etc. oder Christe, qui lux es 
et dies etc. deudsch oder gute christliche ge- 
senge nach gelegenheit der zeit, der feste und 
Sontage und denn das ,Magnificat deudsch und 
die collecta, item Benedicamus Domino etc. 
Nach der vesper sol der pfarherr die leute, so 
beichten wollen, hSren und absolvieren, die des 
andern tags zur communion gehen wollen, und 
sol der pastor diejenigen, so communiciren wol- 
len, vermanen, das sie den Sonabent zuvor vor 
und nach der vesper zur beicht komen und er 
darauf mit fleis warten. 
Wo der pfarherr im dorf nicht wohnet, so 
sol er die leute, so communiciren wollen, auf 
den Sonnabend des morgens auf eine gewisse 
stunde bescheiden und ihre beicht hSren und 
mit fleis sie unterweisen. 

Es sol in allen d6rfern die xvoche einmal am 
Mitxvochen oder Freitag eine predigt geschehen 
und allezeit auf denselbigen tag die litania ge- 
sungen werden, und damit das gemeine und 
junge volk die summa tier christlichen lere deste 
besser fassen und lernen m6ge, so solle allezeit 
auf den d6rfern des Freitags der catechismus 
einfeltig geleret und geprediget werden. 
Weil auch gebreuchlich, das die betglocken 
abends, morgens und zu mittage geleutet xver- 
den, so sol das volk vermanet werden, wenn 
solchs geschicht, das sie ihr gebet zu Gott dem 
Herrn fiir friede und alle zeitliche und exvige 
wolfart thun und ihr gesinde auch darzu hal- 
ten, sie sein im hause, im felde oder wo einer ist, 
und das sie sich des nicht schemen, denn es ist 
Gott ein gefellig und ihnen selbs ein niitzlich werk. 

Wie mit der mess oder communion auf den 
d6rfern sol ehalten werden. 
Mess oder communio. 46 
Die sol der pfarherr und custos anfahen mit 
einem deutschen psalmen, wens ihnen allein 
den introitum zu singen zu schwer were. 

43 Vgl. oben S. 543. 
44 Vgl. oben S. 543f. 

552 

45 Vgl. S. 154 f. 
4,; Vgl. S. 155 f. u. die Anmerkungen dort. 



Kirchenordnung 1564 

Darnach das deudsche Kyrie. 
Darnach: Allein Gott in der hShe sey ehr etc. 
Darnach wende der priester sich gegen dem 
volke und spreche oder singe: 
Der Herr sey mit euch 
Antwortet der custos: 
Und mit deinem geiste. 
Darauf folget die collecta oder gebet, wie die 
auf die Sontag und fest verordnet sind, diese 
lieset der priester gegen dem altar. 
Darnach wendet er sich widerumb gegen dem 
yolk und lieset oder singer nach der gelegenheit 
die epistel deudsch mit lauter stim, das die 
kirche die wort vernemen kSnne, und hebet an: 
Diese epistel beschreibet der heilige Paulus oder 
N. in N. epistel. 
Nach der epistel singer man einen deudschen 
psalm, darnach wende sich der pfarherr aber- 
real gegen dem volk und lese oder singe das 
evangelium desselben Sontags oder festes und 
fehet also an: 
Das heilige evangelium beschreibet S. N. in N. 
capitel. 
Darnach wende er sich wider gegen den altar 
und singe: Wir gleuben all an einen Gott etc., 
das sol die ganze kirche singen. 
Darauf folget die predigt, in welcher anfang 
der catechismus yon wort zu wort ganz und 
darnach das evangelium abermal sol gelesen 
und hernach erkleret wevden. Zu ende der pre- 
digt geschicht das gemene gebet, wie obstehet. 
Die vermanung in der kitchen, bey der com- 
munion zu bleiben, sol etlich real irn jar ge- 
schehen. 
Nach der predigt fehet der pfarherr auf der 
kanzel einen psalm an zu singen. 
Auf die hohen fest mag eine deudsche prae- 
fatio gesungen werden. 
Darnach thut er die vermanung, wie oben ste- 
her. 
Darnach singer der pfarherr vor dem altar 
das Vater unser und die wort yon der einset- 
zung des abendmals Jhesu Christi. 

Nach den worten des testaments sol man sin- 
gen: Jhesus Christus, unser heiland etc., und un- 
ter diesem gesang die leute communicirn. 
Wenn der communicanten viel sind, singe man 
dieweile auch andere gesenge, als: Gott sey ge- 
lobet etc., item den psalm: Ich danke dem Herrn 
etc. und zuletzt: O lamb Gottes unschfildich etc. 
oder: Christe, du lamb Gores. 
Darnach, wenn sie alle communicirt sein, 
spreche der pfarherr die collect: Wir danken 
dir, allmechtiger Herr Gott etc., item die bene- 
diction: Der Herr segne dich etc., wie dis alles 
oben verzeichnet. 
Wenn nicht communicanten da sind, sol es mit 
dem gesang und lection vor der predigt aller 
ding gehalten werden, vie oben beschrieben. 
Auch sol in der predigt erinnerung und verma- 
nung geschehen, das man ofter zur communion 
komen wolle. 
Nach der predigt abet sol allein die litaney 
gesungen verden und der segen darauf. 
Zuletzt singe man: Erhalt uns, Herr, bey dei- 
nero wort etc. und Verleihe uns iriede gne- 
diglich. 
Well auch bisher gebreuchlich gewesen, das 
bey der communion der priester, so mess belt, 
mit dem kirchenornat bekleidet und wachs- 
liechter auf dem altar angezfindet verden, so 
sol es ffirder darbey gelassen und also in d6r- 
fern auch gehalten verden. 
Es sollen auch sonst die priester mit ehrlichen 
nd zimlichen langen kleidern jederzeit ge- 
kleidet sein. 

Nach mittage am Sontage 4: und feiertagen 
auf den d6rfern, 
Sollen die leute in allewege darzu gehalten 
verden, das sie viderumb in die kitchen komen 
und den catechismum h6ren lesen und handlen 
Darbey sollen sie singen Dis sind die heiligen 
zehen gebot etc., item: Vater unser im himel- 
reich etc. 

z Vgl. S. 156 u. die Anmerkungen dort. 

553 



Liineburg 

Wo aber dieses umb gewisser ursachen willen 
nicht m6glich, sol ihnen alle Sontag nach der 
predigt und vor der communion und am Mit- 
wochen vor mittage nach der predigt ein sttick 
aus dem kleinen catechismo Lutheri yon wort 
zu xvort ftirgelesen werden und sollen die pasto- 
res in allwege ftirnemlich darauf bedacht sein, 
das sie die lere des catechismi mit h6hesten 
fleis bey ihren pfarkindern treiben und pflanzen. 
Derm wie ntitz und n6tig das sey, ist nicht aus- 
zusprechen. 
Von den sti|ten. 
In unsern stiften Bardewick  und Ramelslo 49 
sol es aller ding gehalten werden mit gesengen, 
predigen und andern, wie in den stedten, als 
obgemeldet. 
Aber in der wochen sollen zwo predigt, am 
Dienstag und Freitag zu Bardewick und am Mit- 
wochen und Freitag zu Ramelslo, geschehen und 
die litania 5o gesungen werden. Aber alle werk- 
tage, ausbescheiden des Mitwochens und Sona- 
bendes vor mittage sollen in beiden stiften metten 
und vesper gesungen werden und die residi- 
rende canonici und vicarii pflichtig sein, stets 
dabey zu sein und helfen singen und one erhebo 
liche und kundliche ursache, die den dechant 
oder pastorn sollen angezeigt werden, nicht 
daraus bleiben. Und sollen das capittel unter 
sich eine geltstraffe darauf setzen, wenn einer 
one redliche und ktindliche ursache aus der 
kitchen bleibet, welche den andern solle zugute- 
komen, und haben die canonici und vicarii zu 
bedenken, das ihnen solcher gottesdienst geo 
btiret. Wer aber solchs nicht thun vil, der sol 
als ein mtissiggenger in unsern stiften nicht ge- 
litten werden. 

In den junkfrauenklSstern sol es auf die fest- 
tage mit gesengen und predigen, wie obstehet 
und sich sonst weiland unsers lieben bruders 
herzogen Frantz Otten, seliger und lbblicher 
gedechtnis, ordnung, 51so sein liebe in den klS- 
stern gemacht, gehalten und unchristliche ge- 
senge, lection und collect genzlich unterlassen 
und gemitten werden. 
Von der taufe -. 
Weil die heilige taufe yon unserm Herrn Jhesu 
Christo selbs eirgesetzt und das fundament 
unsers christlichen glaubens ist und wir dadurch 
der heiligen christlichen kirchen, ja Christo 
selbs einverleibt werden und billich und recht 
ist, das dieselbige ehrlich und mit grosset solen- 
nitet und andacht und in beysein vieler Christen 
gehalten werde, damit andere leute ihrer taufe 
und der hohen gaben Gottes, als der vergebtmg 
der sunde, der kindschaft Gottes und der ewigen 
seligkeit, die er dadurch den menschen mitteilt, 
erirmert, auch zum gebet vor die kindlein, so 
getauft, vermanet werden, so wollen wir, das 
in unserm ffirstenthumb die heilige taufe nicht 
im winkel oder heimlich, sondern in facie ec- 
clesiae geschehen solle. Derwegen ordenen und 
setzen wir, das in allen pfarren unsers ffirsten- 
thumbs die taufsteine, woes nicht allbereit ge- 
schehen, oben vor dem chor und ein trit oder 
zween in die hShe gesetzet werden sollen, und 
sollen die leute vermanet werden, woes die 
gelegenheit leiden wil, dassie ihre kindlein des 
Sonntags und werktages, wenn predigt gehalten 
werden, in die kitchen bringen und teufen lassen. 
Es sol aber die taufe an Sontagen des morgens 
vor der lection des evangelii und auf den nach- 
mittag kurz vor der predigt vor dem Magnificat 

Kanonikerstift, zur DiSzese Verden gehSrend, 
mit den Patronen Petrus u. Paulus, erste ur- 
kundliche Besttigung vor 1148; vgl. H. Hoo- 
geweg, Verzeichnis der Stifter u. Klbster Nie- 
dersachsens vor der Reformation. 1908, S. 5. 
Die Einfiihrung der Reformation gelang end- 
gtiltig erst 1543, hiertiuer vgl. A. Wrede, S. 
163--179. 
Kanonikerstift in der Dibzese Verden mit den 
Patronen Sixtus u. Sinnicius, Entstehungszeit 

bis ins 9. Jhdt. zurtickftihrend; vgl. H. Hoo- 
geweg, a. a. O. S. 110. Die Einftihrtmg der 
Reformation gelang hier bereits 1540, bier- 
fiber vgl. A. Wede, S. 163--179. 
5n Vgl. oben S. 51, Anm. 75 u. 77, dazu auch 
S. 543 u. 551f. 
:' Klosterordnung yon 1555, vgl. unten Nr. 8, da- 
zu die Einleitung, oben S. 490. 
:,2 Vgl. oben S. 156--160 u. die Anmerkungen 
dort. 

554 



Kirchenordnung 1564 

und auf die werktage alsbald nach der predigt, 
ehe das yolk aus der kitchen gehet, gehalten 
werden. 
Und wiewol die forma der taufe meniglichen 
bekant und im catechismo Lutheri gefast ist, 
so wollen wir sie doch hieher von worten zu 
vorten setzen lassen, darnit sich ein jeder pastor 
so viel deste bas darnach zu richten. 
Auf nachfolgende veise sol tier teufer die 
leute, so kinder zur taufe ragen, anreden und 
vermanen: 
Der priestcf sol erstlich fragen: 
Wie sol das kind heissen? 
Antworten die paten: N. oder N. 
Darnach spreche er: 
Fahr aus, du unreiner geist und gib raum dem 
heiligen Geist. 
Darnach rnache er ibm ein kreuz an die stirn 
und brust und spreche: 
Nim das zeichen des heiligen kreuzes, beide, 
an der stirn und an der brust 

Lasset uns beten. 
O allmechtiger ewiger Gott, Vater unsers 
Herrn Jhesu Christi, ich ruffe dich an uber die- 
sen N., deinen diener, der deiner taufe gabe 
bitter und deine ewige gnad dutch die geist- 
liche widergeburt begeret, nim ihn auf, Herr, 
vie du gesaget hast [Mt 7,7]: Bittet, so xverdet 
ihr nemen. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet 
an, so wird euch aufgethan. So reiche nu das 
gut dem, der da bittet, und 5ffne die thtir dem, 
der da anklopfet, das er den ewigen segen dieses 
himlischen bades erlange und das verheissen 
reich deiner gabe empfahe durch Christum un- 
sern Herrn. Amen. 

Lasset uns beten 
Allmechtiger ewiger Gott, der du hast dutch 
die sindflut nach deinem gestrengen gericht 
die ungleubige welt verdarnrnet und den gleu- 
bigen Noah selbacht nach deiner grossen barm- 
herzigkeit erhalten und den verstockten pharao 
mit allen seinen im Roten Meet erseufet und 
dein yolk Israel trucken durchhin gefiiret, damit 
dis badt deiner heiligen taufe zukiinftig be- 

zeichnet, und durch die taufe deines lieben 
Sons, unsers Herrn Jhesu Christi, den Jordan 
und alle wasser zur seligen sindflut und reich- 
lichen abwaschung der stinden geheiliget und 
eingesetzet, wir bitben durch dieselbe deine 
grundlose barmherzigkeit, du wollest diesen N. 
gnediglich ansehen und mit rechtem glauben 
im geist begaben, das durch diese heilsame 
sindflut an ibm erseufe und untergehe alles, 
was ibm yon Adam angeboren ist und er selb 
darzu gethan hat, und er aus der ungleubigen 
zall gesundert in der heiligen area der christen- 
heir trocken und sicher behalten, allezeit briin- 
stig im geist, frSlich in hoffnung deinem namen 
diene, auf das er mit allen gleubigen deiner 
verheissung ewiges leben zu erlangen wirdig 
werde durch Jhesum Christum. unsern Herrn. 
Amen. 
Ich beschvere dich. du unreiner geist, bey dem 
namen des Vaters und des Sons und des hei- 
ligen Geistes, das du ausfarest und weichest yon 
diesem diener Jhesu Christi N. a, men_ 

Lasset uns hSren das heilige 
evangelium S. _Marcus [10.13-16]. 
Und sie brachten die kindlein zu Jhesu. das er 
6ie anriirte, die jtinger abet fuhren die an, die 
sie trugen. Da es aber Jhesus sahe, ward er un- 
willig und sprach zu ihnen: Lasset die kindlein 
zu mir komen und wehret ihnen nicht, denn 
solcher ist das reich Gottes. Warlich. ich sage 
euch: Wer das reich Gottes nicht empfehet als 
ein kindle[n, der wird nicht hineinkornen, und 
herzet sie und leget die hende auf sie und 
segrtet sie. 

Hiernach mag eine kurze verma- 
nung geschehen, ungefehrlich die 
meinung, wie folget: 
Lieben freunde in Christo, wir hOren alle rage 
aus Gottes wort. erfaren es auch. beide, an un- 
serm leben und sterben, das xvir yon Adam her 
allesampt in siinden empfangen und geboren 
werden, darinnen wit denn unter Gottes zorn 
in ewigkeit verdamrnet und verloren sein 
miisten, wo uns nicht durch den eingebornen 

69" 555 



Liineburg 

Gottesson, unsern lieben Herrn Jhesum Christum, 
daraus geholfen were. 
Weil denn dieses gegenwertige kindlein in sei- 
ner natur n]it gleichen stinden inmassen wie wir 
ach vergiftet und verunreiniget ist, derwegen 
es auch des ewigen todes und verdamnis sein 
und bleiben n]iiste, und abet Gott der Vater aller 
gnad und barmherzigkeit seinen Son Christum 
der ganzen welt und also demnach auch den] 
kindlein nichts wenigers als den alten verheissen 
und gesandt hat, welcher auch der ganzen welt 
stinde getragen, und die arraen kindlin nichts 
venigers, sondern eben so wol als die alten yon 
siinden, todt und verdamnis erlSset und selig 
gemacht hat und befohlen, n]an solte sie zu ihm 
bringen, das sie gesegnet werden, die er aufs 
allergnediglichst annimpt und ihnen das himel- 
reich verheisset, derhalben wollet aus christ- 
licher liebe dieses gegenwertigen armen kind- 
lins gegen Gott dem Herrn euch mit ernst auch 
annemen, dasselbige den] Herrn Christo fiir- 
tragen, umb vergebung der siinden und das es 
ins reich der gnaden und seligkeit auch auf- 
genomen werden mbge. verbitten helfen, un- 
gezweivelter zuversicht, unser lieber Herr Jhesus 
Christus werde solches euer werk der liebe, 
gegen den] armen kindelin erzeiget, in allen 
gnaden yon euch annemen und euer gebet auch 
gewislich erhbren, sintemal er die kindlein zu 
ihm zu bringen selbs befohlen und sie in sein 
reich aufzunemen verheissen hat. 

Oder es mag nachfolgende forn] 
der vern]anung gebraucht werden. 
ndechtigen lieben Christen, es haben die 
eltern dieses kindes dasselbige hieher gesandt, 
darumb das sie Christen sind und yon Christo 
einen befehlich haben [Mt 28, 19], das n]an sich 
teufen lassen sol im nan]en des Vaters, des 
Sons und heiligen Geistes, und das sie wissen, 
das Gott auch eine gnedige zusage dabey ge- 
satzt hat und gesagt [Mk 16, 16]: Wer da gleubet 
trod getauft wird, der wird selig werden. So 
wissen auch gedachte eltern aus der heiligen 
schrift, das auch dis kind in siinden empfaagen 
und geboren ist, wie wit armen siinder leider 

alzusamen, und derhalben nbtig, das wir durch 
dis heilsam sacran]ent der heiligen taufe aufs 
neu geborn werden, wie Christus sagt Joh. 
am dritten capitel [5]: Wo ein mensch nicht neu- 
geboren wird durch das wasser und heiligen 
Geist, so kan er ins reich Gottes nicht komen. 
Dieweil es denn ein gros herrlich ding ist umb 
die taufe, in welcher Gott Vater, Son und hei- 
liger Geist ein verbund n]it uns n]achet, also 
das Gott Vater unser gnediger lieber Vater sein 
wolle, uns fiir seine kinder annen]en und aus 
grosser liebe schenken seinen Son Jhesun] 
Christun] n]it allen] seinen] verdienste, leiden, 
blutvergiessen und sterben und in ihn] und durch 
ihn vergebung der siinde, eri6sung yon] rode, 
teufel und ewigen]verdan]nis. Item, das er uns 
die kindschaft und erbschaft aller hin]lischen 
gtiter und seinen heiligen Geist schenke, tier 
unser herz n]it einen] wahrhaftigen glauben 
begabe, erleuchte und reinige etc., so ist der 
eltern an euch ganz christliche bitte, das ihr 
vor dis kindlein bitten wollet, das ihn]e der 
alln]echtige Gott alle seine siinde vergeben wolte, 
sein herz n]it den] heiligen Geist erleuchten und 
einen rechten glauben verleihen, auf das es in 
die zall der Christen n]iige eingeleibet werden. 
Item, das er ihn]e hernach seine gnade reich- 
lich n]itteilen wolle, das es in] glauben zunen]e 
und wachsse, wider den teufel, die welt und sein 
eigen fleisch streite und fechte, in rechten] 
glauben verharre und endlichen nach diesen] 
leben die ewigen seligkeit uberkon]en n]6ge. 
Wollen auch derhalben yon grund des herzen 
ein andechtig Vater unser sprechen: Vater unser, 
der du bist in] himel etc 

Es n]ag auch diese vermanung vor 
oder nach den] exorcismo, darnach 
es an jedem ort hergebracht, 
geschehen. 
Andechtigen lieben freunde in Christo, den] 
Herrn, denmach dis gegenwertige liebe kindlein 
{oder diese) gleich wie andere n]enschen in 
stinden empfangen und geboren ist und also 
yon wegen der stinde auch stecket unter dem 
ewigen todt, vermag sich auch derwegen yon 

556 



Kirchenordnung 1564 

solchem grossen schaden nicht zu helfen noch 
zu entledigen, besonder ihme ist hoch von nbten, 
das es nach der lere und auf den befehlich Jhesu 
Christi zum andern real durch das wasser und 
den heiligen Geist geboren werde und also 
seinem erlbser und heiland Jhesu Christo ein- 
geleibet werde, so wollen wir seinethalben Gott 
im himel anruffen und bitten, er wolle ja selbs 
allhie der teufer sein und diesem kindlein (oder 
diesen) seinen heiligen Geist reichlich mitteilen, 
der in seinem herzen anzfinde, bekreftige und 
auch erhalte einen vesten glauben und gewisse 
zuversicht auf das einige verdienst Jhesu 
Christi, durch welchen glauben dis liebe kind- 
lein itzund mbge werden, hernachmals sein und 
ewiglich bleiben ein kind Gottes und erbe aller 
himlischen gtiter und also entlichen erlangen 
und uberkomen die ewige seligkeit und das 
ewige leben. Wollen derhalben samptlich bitten 
das heilige Vater unser etc. 
Darnach bringer man das kindlein zu der 
taufe und der priester spreche: 
Der Herr behfite deinen eingang und ausgang 
von nu an bis zu ewigen zeiten [Ps 121,8]. Amen. 
Darnach lasse der priester das kind durch 
seinen paten dem teufel absagen und spreche: 
N., entsagestu dem teufel? 
Antwort: Jao 
Und allen seinen werken? 
AntworL: Ja. 
Und alle seinem wesen? 
Antwort: Ja. 
Darnach frage er: 
Gleubestu an Gott den allmechtigen Vater, 
schepfer himels und der erden? 
Antwort: Ja. 
Gleubestu an Jhesum Christum seinen eini- 
gen Son, unsern Herrn, geborn von Maria 
der junkfrauen, gekreuziget, gestorben und be- 
graben. Nidergestiegen zu der hellen Am dritten 
rage auferstanden yon den todten. Aufgefaren 
gen himel, sitzend zur rechten Gottes, zuktinftig 
zu richten die lebendigen und die todten? 

Antwort: Ja. 
Gleubestu an den heiligen Geist, eine heilige 
christliche kirchen, gemeine der heiligen, ver- 
gebung der stinden, auferstehung des fleisches 
und nach dem tode ein ewiges leben? 
Antwort: Ja. 
Wiltu getauft sein? 
Antwort: Ja. 
Dann neme er das kind und teufe es und 
spreche: 
Und ich teufe dich im namen des Vaters 
und des Sons und des heiligen Geistes. Amen 
Derm sollen die paten das kindlein halten in 
der taufe, und der priester spreche, weil er ihm 
das westerhembde anzeucht: 
Der allmechtige Gott und Vater unsers Herrn 
Jhesu Christi, der dich anderweit geboren hat 
durch das wasser und den heiligen Geist und 
hat dir alle deine stinde vergeben, der sterke 
dich mit seiner gnade zum ewigen leben. Amen. 
Friede sey mit dir. 
Antwort: Amen. 

Von der nottaufe 53. 
Demnach an den hebammen gros und viel ge- 
legen und oftermals in stedten und dbrfern bey 
der nottaufe auch durch der hebammen und 
frauen unverstand viel misbrauchs gespfirt wird, 
so wollen wir erstlich, das yon allen ampten 
jedes orts sampt dem pastor und den kirch- 
schworen mit radt verstendiger frauen allent- 
halben hebammen verordnet werden sollen, so 
gottftirchtig, fleissig, treu, diichtig sein und bey 
jederman ein gut gertichL haben. Denn un- 
tfichtige, gottlose und verachte personen in 
solcher zeit und fall viel unglficks stiften und 
frauespersonen grossen schaden thun kbnnen. 
Es sollen auch solche verordente hebammen 
sich verpflichten, in der not bey den frauen 
keine abgbtterey zu gebrauchen, wie oftermals 
gespfiret, sondern allenthalben alleine bey Gott 
durchs christliche gebet hfilf zu suchen und 
verordente christliche mittel zu gebrauchen, des- 

5 Vgl. oben S. 160--162. 

557 



Kirchenordnung 1564 

ihrer empfargenen taufe deste mehr zeugnis 
haben mbgen und sich derselbigen in allen an- 
fechtungen und anliegen deste gewisser zu tr6- 
sten haben etc. 
Zum letzten auch umb der gemeine Gottes 
willen, auf das die durch solche 6ffentliche be- 
stetigtmg solcher nottaufe, so yon frauen ge- 
schehen, erinnert werde, das man in den heili- 
gen sacramenten ftir allen dingen achtung geben 
solle auf die einsetzung Jhesu Christi, und da 
dieselbige gehalten wird, da sey an den sacra- 
menten und ihrer kraft nicht zu zweiveln. Derm 
die sacrament ja nlcht gebunden an sonderliche 
6rtr, stand, condition, wirdigkeit oder unwir- 
digkeit der personen oder ander auswendige 
circumstantias, sondern alleine auf die ein- 
setzung des Herrn Jhesu Christi und auf Gottes 
befehl und zusage. 
Umb dieser itzt gemelten ursache willen wol- 
len wir, das auch nach empfangener nottaufe 
die kindlein, wenn sie im leben bleiben, in die 
kitchen und versamlung der gemeine sollen ge- 
bracht werden, etc. 
Und wenn das geschicht, alsdenn sol der 
pfarherr oder kaplan die leuge allenthalben 
fleissig fragen: 
Erstlich, ob das kind getauft sey. 
Wird nu geantwortet: 
Ja, 
so frage der pfarherr ferner: 
Dutch wen ist solchs geschehen, und wet ist 
darbey gewesen ? 
Spricht denn jemand: 
Die und die person N. und N. sind dabey ge- 
wesen, und die person hat dem kinde die taufe 
gegeben, 
so frag er weiter: 
Womit habt ihr getauft? 
Antwortet man denn: 
Mit wasser, 
so frage er: 
Mit was worten habt ihr getauft? 
So man denn sagt: 
Im namen des Vaters und des Sons und des 
heiligen Geistes, 
so frage er endlich: 

Wisset ihr, das ihr der wort also gebraucht 
habt7 
Und wo sie darauf antworten: 
Ja, wir wissens, 
so sage er: 
Nu, meine lieben freund, veil ihr denn im 
namen und auf den befehl unsers lieben Herrn Got- 
tes solches alles gethan, so sage ich, das ihr recht 
und wol gethan habt, sintemal die armen kind- 
lein der gnaden bedtirfen und unser Herr Jhesus 
Christus ihnen dieselbige nicht abgesagt, son- 
dern se aufs allerfreundlichst dazu fordert, 
wie solchs der nachfolgende text des heiligen 
evangelii tr6stlich zeuget, welchen der evange- 
list also beschrieben hat: 
Marci am 10. capitl [13-16]: 
Und sie brachten die kindlein zu Jhesu, alas 
er sie anrtirte, die jtinger abet fuhren die an, 
die sie trugen. Da es aber Jhesus sahe, ward 
er unwillig und sprach zu ihnen: Lasset die kind- 
lein zu mir komen und wehret ihnen nicht, denn 
solcher ist das reich Gottes. Warlich. ich sage 
euch: Wer das reich Gottes nicht empfehet als 
ein kindlein, der wird nicht hineinkommen, und 
herzet sie und leget die hende auf sie und 
segnet sie. 
Und well vir aus itztgehorten wortn unsers 
Herrn Christi des gewis und sicher sein, das dies 
kindlein zum reich der gnaden auch angenomen, 
wollen wir bitten, das es darirmen m6ge zur 
ewigen seligkeit bestndig erhalten werden, und 
von grund des herzen ein andechtig Vater unser 
etc. sprechen. 

Lasset uns beten. 
Der allmechtge Gott und Vater unsers Herrn 
Jhesu Christi, der dich, N., durchs wasser und 
heiligen Geist anderweit geboren und dir alle 
deine sOnde vergeben hat, tier strke dich mit 
seiner gnade zum ewigen leben. Amen. 
Friede sey mit dir. 
Wurden aber die leute, so das kindlein zur 
taufe bringen, auf des pfarherrs frage unge- 
wisse antwort geben und sagen, sie vfisten 
nicht, was sie gedacht, viel weniger, was sie 
gered oder gethan in solcher grossen not {als 

559 



L/ineburg 

denn zu zeiten zu geschehen pflegetL so mache 
man nicht viel disputirens, sondern neme das 
kind als ungetauft und fOrdere es zur tauf, also 
wie man alle ungetaufte zur taufe zu fOrdern 
trod zu teufen pflegt. 
Und wenn man die gebet sampt den exorcismis 
gesprochen und die kinder durch die paten dem 
teufel entsagen und des glaubens bekentnis hat 
thun lassen, alsdenn teufe der pfarherr die 
kinder on alle condition im namen des Vaters 
unl des Sons und des heiligen Geistes. Amen. 

Wie mit den leuten in der beidt zu 
handeln 54. 
Well die beicht und privata absolutio ein hoch- 
notwendig ding ist in der kitchen und dadurch 
einem jeden die wolthaten Christi applicirt wet- 
den, so sein auch dieselbigen in ihren rechten 
gebrauch in tier kitchen zu behalten, darumb 
sol keiner zum sacrament des altars gehen, er 
hab sich derm bey dem priester angeben und 
sich vor einen sfinder bekand und die privatam 
absolutionem erlanget. Es sollen al_r die pa- 
stores die einfeltige leut yon rechtschaffener 
beicht wol und christlich unterweisen, auf das 
sie Gottes zorn wider die sfinde ffirchten und 
erkermen lernen und sie darnach, wenn sie 
busse thun und ffirsatz haben, ihr leben zu 
bessern, mit Gottes wort tr6sten und einen 
jeden nach gethaner beicht aus dem befehl und 
der zusage Christi in sonderheit absolviren und 
nicht zveen, drey oder mehr zugleich, wie man 
etlich real erfaren, denn solchs nicht geduldet 
werden sol. 
Da auch zu zeiten gar einfeltige leut den 
pastorn und beichtvetern ffirkomen, so sollen 
sie die in ihrem catechismo fragen und den- 
selbigen recitirn lassen, und wo sie den nicht 
wissen, sie vermanen, bey straff derrselbgen 
zu lernen. Und wiewol ein jeder pastor wird 
wissen, wie er die beichtkinder absolviren sol, 
so folget doch umb der einfeltigen pastorn 

willen eine form oder zwo, der sich dieselbigen 
zu gehalten. 
Forma der absolution 5. 
Der allmechtige Gott und Vater unsers Herrn 
Jhesu Christi wil dir gnedig und barmherzig 
sein und wiI dir all deine sfinde vergeben umb 
des willen, das sein lieber Son Jhesus Christus 
dafir gelitten hat und gestorben ist, und im 
namen desselbigen unsers Herrn Jhesu Christi, 
auf seinen befehl und in kraft seiner wort, da 
er sagt [Joh 20,23]: Welchen ihr die sfinde er- 
lasset, den sind sie erlassen, spreche ich dich 
aller deiner sfinden frey, ledig und los, das sie 
dir allzumal sollen vergeben sein so reichlich 
und vollenkomen, als Jhesus Christus dasselbige 
durch sein leiden und sterben verdienet und 
durchs evangelium in alle welt zu predigen be- 
fohlen hat, und dieser tr6stlichen zusagen, die 
ich dir itzt im namen des Herrn Christi gethan, 
der wollest dich tr6stlich annemen, dein ge- 
wissen darauf zufrieden stellen und festiglich 
gleuben, deine sfinde sein dir gewislich vergeben 
im namen des Vaters und des Sons und des 
hefligen Geistes. 

Alia absolutionis formula. 
Dieweil, das ihr bekennet, alas ihr mit sfinden 
behaftet seid und Gott mit siindigen erzfirnet 
habt und des fals begeret trost wider des teufels 
anfechtung, und ich zu tr6sten arme sfinders 
und siinderinnen verordnet bin, ein diener Gottes, 
nachdem auch Christus zu mir gesprochen hat 
[Job 20,23]: IVelches sfinde ihr vergebet, dem 
sind sie vergeben, item [Mt 18,18]: Was ihr ent- 
bindet auf erden, ist entbunden im himeI, auf 
solche zusage Gottes und nach seinem befehl 
spreche ich euch los von allen euern sfinden 
allhie in der stedte Gottes im namen des 
Vaters und des Sons und des heiligen Geistes. 
Amen. 
Gehet hin im friede und sfindiget nicht mehr. 

54 Vgl. S. 166 f. 

55 Vgl. S. 167. 

560 



Kirchenordnung 1564 

vielen christlichen ursachen n6tig, das die zu- 
samenftigung der eheleut offentlich und in der 
gemeine geschehe, damit nicht alIein der ehe- 
stand so viel deste ehrlicher gehalten, sondern 
auch alIe verbotene vermischung deste bas mb- 
gen verhiitet werden, so ordnen wit, das die 
personen, so zusamen soIIen gegeben werden, 
zwen Sontag oder feiertag zuvor oder zum aIIer- 
geringsten einen nach gelegenheit der zeit yon 
der kanzel aufgeboten werden ungefehr mit den 
worten: Hans N. und Greta N. wollen nach gb|t- 
licher ordnung zum heiligen stande der ehe grei- 
fen. begeren des ein gemein christlich gebet vor 
sie, das sie es in Gottes namen anfahen und 
vol gerate, und hette jemand was darein zu 
sprechen, der thue es beyzeit oder schxveige 
hernach. Gott gebe ihnen seinen segen. 
Und damit der ehe:stand dest2 ehrlicber ge- 
halten werde, so ordnen wiv, das dis zusamen- 
ftigung der personen in stedten und dbrfern, so 
ehelich werden wollen. 5ffentlich in der kirchen 
geschehe vor dee gemeine, welches auf einen 
Sontag zur vesper oder nach gelegenheit und 
gefallen der personen, so ehellch werden wollen, 
auf einen werktag nach gehaltner predigt ge- 
schehen mag. Und sol bey der copulation braut 
und breutigams ungefehrlich nachfolgender pro- 
cess gehalten werden. 
Erstlich 59 sol dee pastor eine kuvze retina- 
hung thun yore heiligen ehestand nach gelegen- 
heit der zeit und p2rsonen. Oder in star solche 
x ermanung dese nachfolgende stticke vorlesen 
den gegenwertigen jungen eheleuten zu trost, 
lere und unterrichtung auf solche und der- 
gleichen weise: 
Demnach der heilige ehestand, so yon Gott 
selbs eingesetzt, ein solcher stand ist, in wel- 
chem sich alle diejenigen, so die gabe der 
keuscheit nicht haben, gerne und williglich sol- 
len finden lassen, und auch billich, das die, so 

sich darinne begeben haben oder noch darein zu 
begeben bedacht sein, oftermals bedenken, was 
und wie die heilige schrift yon solchem stande 
redet, so wollen wit auf dismal Gott zu ehren 
und gegenwertigen personen zur lere und trost 
vier stticke ftirlesen, die in heiliger gSttlicher 
schrift yon diesem stande ftirgestalt sein. 
Erstlich 6o sollen frome eheleute oder die zur 
ehe greifen wollen, wissen, das der ehestand 
yon Gott selbs im paradiss verordnet und ein- 
gesetzt sey. Denn also lesen wir im ersten buch 
\Ioisis, cap. 2 [18.21-24]: 
Und Gott dev Herr sprach: Es ist nicht gut. 
alas der mensch alleine sey. !ch wil ihme einen 
gehtilfen machen, die bey ihm sey. Und Gott der 
Herr liesse einen tiefen schlaff fallen auf den men- 
schen, und er entschlief, und ham seiner rieben 
eine und schlos die stedte zu mit fleisch. Und 
Gott der Herr bauer ein we,_'b au der rieben, die 
er aus dem menschen nam und bracht sie zu 
ihm. da svach der mensch: Das ist doch bein 
yon meinen bein un:l fleisch yon meinem fleisch, 
man wird sie mennin h_ss:n, davumb, das sie 
yore manne genomen ist. Darumb wird ein man 
seinen rater und seine mutter verlassen und an 
seinem weibe hangen, und werden sein zwey 
ein fleisch. 
Darnach sollen sie auch wissen, das in hei- 
liger gbttlicher schvift auch klevlicb f/irgestelt 
ist, wie sich gottftirchtige eheleute gegen einan- 
dev im ehestande christlieh verhalten sollen, 
denn also spr.cbt Paulus Enhe. 5 [25-29. 22-24]: 
Ihr menner, habt lieb euer weiber, gleich wie 
Christus geliebet hat die geme!ne und hat sich 
selbs vor sie gegeben, auf da er sie heiliget. 
und hat sie gereiniget duvh das xvasserbadt 
im wort, auf das er sie ihm selbs zurichtet, eine 
gemeine, die herrlich sey, die nicht habe eincn 
flecken oder runzel oder des etwas, sondern d_as 
sie heilig sey und unstrefflich. 

59 Diese Vermahnung ist neu gegenber Luthers 
Traubiichlein, Bek. Schr. S 528--534. Sie ist 
yon der KO fr Br.unschweig-Volfenbfittel 
yon 1569 nicht iibernommen worden. 

6o Die Schriftverlesungen folgen in Luthers 
Traubtichlein dcr Trauung, die vor der Kir- 
chenttir stattfindet, nach, vgl. auch die KO 
ftir Braunschweig-Wolfenbtittel yon 1569 trotz 
Verlegung der Trauung in die Kirche. 

565 



Lneburg 

Von den schulen. 
Es ist gewis, das erhaltung der kinderschulen 
em hochntzlich und Gott wolgefellig werk ist, 
nicht allein der jugend halbert, das sie im 
catechismo und sprachen unterweiset werden 
m6gen, wie Gott selbs geboten hat im alten 
estament [Dt 6,7J: Acues meum verbum filiis 
tuis, sondern auch darumb, das gelerte leu 
m6gen auferzogen werden, die hernacher zu 
kixchen mad weltlichen regiment tchtig und 
bequeme sein m6gen, and sein gewislich scholae 
seminaria ecclesiae et reipub. Und hat Pericles 
nich tmrecht gesag: Scholas tollere, est solem 
e mundo tollere. Darumb gebi2re auch der ober- 
keit, geb(irlich einsehen zu haben, das in stedten 
kinderschulen erhalten und die jugend wol er- 
zogen und etliche preparirL werden m6gen, die 
hernacher zu kirchen oder andern weltlichen 
emptern zu gebrauchen sein, und hat solches 
 iel nutzbarkeit, die hie nicht alle zu erzelen sein. 
Demnach setzen und ordnen wit, alas in den 
stedten und flecken und grossen d6rfern unsers 
ftirstenthumbs kinderschulen sollen gehalen 
xverden, wie auch bisher Gott lob geschehen. 
Und sollen in den stedten, wo nicht vier, jedoch 
drey, zven oder nach gelegenheit ein schul- 
meister oder gesel gehalten und einem jeden 
nach seiner gelegenheit besoldtmg verordnet 
werden. ' 
Desgleichen wollen wir auch, das allenthalben 
megdletn und jungfrauenschulen verordnet sein 
sollen, damit auch die megdlin in der jugent 

wol unterrichtet werden m6gen in lesen, schrei- 
ben, neyen und dergleichen st6cken. 
Und damit die jugent wol und n6tzlich allent- 
halbert m6ge unterrichtet werden, so sollen die 
supermtendenten und pastores eines jeden orts 
gut aufsehen haben, das bey die schulen ver- 
ordnet werden solche leute, die der jugent wol 
f6rstehen k6nnen und das nach gelegenheit tier 
knaben solche lectiones gelesen, so der jugent 
n6tzlich sein mfigen, damit sie in gottesforcht, 
guter zucht, kunst und sprachen auferzogen 
 erden. 
Und well ein n6tzlich ding ist die visitatio 
in den schulen und die jugend dadurch zur 
lere und zucht nicht wenig gereizet wird, wenn 
entweder ihr fleis oder unfleis gelobet oder ge- 
straffet wird, so sollen des orts, da schulen sein, 
des jars zweymal visitationes durch den pastorn 
und prediger und zwen des rhats auf gewisse 
tag vor Michaelis und Ostern gehalten, die kna- 
ben examinirt und fleissig zu studieren ange- 
halten werden. 
Da sie auch in solcher visitatio mangel oder 
gebrech bey den schulmeistern oder gesellen 
befinden, die sollen sie abschaffen und die schul- 
gesellen vermanen, das sie mit dem knaben ver- 
ntinftiglich umbgehen. 
Wo sie derm an gebeuen der schulen oder 
sonst einigen mangel befinden, denn haben sie 
in solcher visitation auch zu bessern und nach 
gelegenheit enderung darein zu verschaffen 

Folgen etliche collecten oder gebet, so in der kitchen unter dem ampt der messe, vor 
der epistel und sonst gelesen werden. 6s 
Im Advent. a zu empfahen und dir mit reinem herzen zu 
Lieber Herr Gott, wecke uns auf, das wir be- dienen durch denselbigen deinen Son Jhesum 
reit sein, wenn dein Son kompt, ihn mit freuden Christum. Amen. 

Die hier folgenden 32 Kollekten sind auch in 
die KO ftir Braunschweig-Wolfenb6ttel yon 
1569 (ibernommen worden. Sie sind oben nicht 
mit abgedruckt, vgl. S. 176. 
';Sa Kollekte aus dem Wittenberger Gesangbuch 
yon 1533, danach enthalten in den weiteren 

yon Wittenberg ausgehenden u. z. T. in den 
auf den Wittenberger beruhenden Gesangb6- 
chern. Zum Wittenberger Gesangbuch von 
1533 vgl. Ph. Meyer, Monatsschrift f. Gottes- 
dienst u. kirchl. Kunst, 15. Jg., 1910. S. 318 f., 
im Uebrigen "VA 35, S. 322 u. 552, zum Ge- 
bet auch R6m. Mel3buch, S. 12. 

568 



Lfineburg 

sonst auf erden haben, zu tag und nacht mSgen 
sein befriedet umb deines lieben Sons Jhesu 
Christi willen. Amen. 

Gemeine collecten. TM 
Allmechtiger Herr Gott Vater, der du bist ein 
beschfitzer aller, die auf dich hoffen, on welches 
gnad niemand ychtwes vormag noch etwas vor 
dir gilt, las deine barmherzigkeit uns reichlich 
widerfaren, auf das wir durch dein heiliges ein- 
geben denken, was recht ist, und dutch deine 
kraft dasselbige vollenbringen umb ,rhesus Ch-- 
stus unsers Herrn xvillen. _.men. 

Alia.;O 
Allmechtiger Herr Gott Vater. verleihe uns 
einen betendigen glauben in Christum -rhesum, 
eine unerschrecklich_ hoffnung in deine barm- 
berzigkeit wider alle bosheit unser sfindlichen 
conscientien und eine grfindgfitige liebe zu dr 
und allen menschen umb Jhesu Christi deines 
Sons unsers Herrn willen. Amen. 

Ein ander. 
Herr Gott. himlischer \rater, der du aus veter- 
licher liebe uns armen sfindern deinen Son ge- 
schenket hast. das wir an ihn gleuben und durch 
den glauben selig werden sollen, wit bitten dich, 
gib deinen heiligen Geist in unseve herzen, da 
wir im rechten glauben bis ans ende beharren 
und selig werden dutch ,Fnesum Christum, dei- 
nen Son, tmsern Herrn. Amen. 

Ein ander.  
Herr Gott, himlischer Vater, von dem wir one 
unterlass allerley guts gar uberfliissig emptahen 
und teglich ffir allem ubel ganz gnediglich be- 
htet werde., wit bitten dich, gib uns durch 
deinen Geist, solches alles mit ganzem herzen 
im rechten glauben zu erkennen, auf alas wit 
deiner milden giite und barmherzigkeit hie und 
dort ewiglieh danken und loben durch ,rhesum 
Christum deinen Son, unsern Herrn. Amen. 

Ein ander. 
Verschone. Herr. verschone unser sfinde, und 
wiewol den sfinden ewige straff gebfiret, so 
bitten wit doeh yon ganzem herzen, gib, das es 
uns zu einer gnedigen straffe kome. das wir zum 
ewigen verderb verdienet haben, dutch Jhesum 
Christum, deinen Son, unsern Herrn. Amen. 

Ein ander _ebet umb frieden TM 
Herr Gott, himlischer Vater, der du heiligen 
muth, guten that und rechte werk schaffest. 
gib deinen dienern friede, welchen die welt nicht 
kan geben, auf das unser herze an deinen ge- 
botch hange und wit unser zeit dutch deinen 
schutz stflle und sicher fiir feinde leben dutch 
Jhesum Christum. deinen Son. unsern Herrn. 
Amen. 

Ein ander gebet vor emeine not.  
tIerr, allmechtiger Gott, der du der elenden 
seufzen nicht verschmahest und der betr(ibten 

70 Luther, Deutsche Messe. 1526, Sehling I, S. 14 
Als Kollekte zum Te Deum vermutlich schon 
im Klug'schen Gesangbuch yon 1529, danach 
im Rauscher'schen yon "1,531, \Vittenberger 
yon 1533 usw.; vgl. WA 35, S. 249 u. 557, Ph. 
Meyer, a. a. O., zum Gebet vgl. auch R6m. 
MeBbuch, S. 632: Oratio am Sonntag in der 
Oktav des Herz-Jesu-Festes. 
:0a Vgl. Luther, Eine kurze Form, das Paternostec 
zu verstehen u. zu beten. 1519, \VA 6, S. 13, 
Z. 24--27. 
7 Als Kollekte zum Te Deum wohl schon im 
Klug'schen Gesngbuch von 1529, danach im 
Rauscher'schen yon 1531. Wittenberger yon 
1533 usw.; vgl. WA 35. S. 249 u. 557, Ph. 
Meyer, a. a. O. 

- Vermutlich schon im Klug'schen Gesangbuch 
von 1529 enthalten, danach im Rauscher'schen 
yon 1531. \Vittenberger yon 1533 usw.; vgl. 
WA 35, S. 233 u. 557, Ph. Meyer, a. a. O., zum 
Gebet auch R6m. MeBbuch, S. [133]: Messe 
um Frieden, Oratio, auch S. 559: Gebete zur 
Allerheiligenlitanei. 
;a Litaneikollekte 1529. vgl. dazu oben S. 543 u. 
Anm. 26, als solche auch im Wittenberger 
Gesangbuch yon 1553; im Klug'schen Gesang- 
buch yon 1543, Bapst'schen yon 1545. Lot- 
ther'schen von 1546 als Kollekte auf das Va- 
terunser enthalten; vgl. Ph. -Meyer, a. a. O., 
\VA 35, S. 555. 

572 



Kirchenordnung 1564 

promissum Spiritum sanctum hodierna die in 
filios adoptionis effudit. Quapropter profusis 
gaudiis totus in orbe terrarum mundus exultat, 
sedet supernae virtutea atque angelicae pore- 
states hymnum gloriae tuae canimus, sine fine 
dicentes. [Ende der Noten]. Sanctus. 
Trinitatis. 
[Noten:] Vere dignum et iustum est, aequum et 
salutare, nos tibi semper et ubique gratias agere, 
Domine sancte Pater omnipotens, aeterne Deus, 
qui cum unigenito Filio tuo et Spiritu sancto 
unus es Deus, unus es Dominus, non in unius 

singlaritate personae, sed in unius trinitate 
substantiae. Quod enim de tua gloria revelante 
te credimus, hoc de Filio tuo, hoc de Spiritu 
sancto sine differentia discretionis sentimus, ut 
in confessione vere sempiternaeque deitatis et in 
personis proprietas et in essentia unitas et in 
maiestate adoretur aequalitas, quam laudant 
angeli, adorant dominationes, tremunt potesta- 
tes, coeli coelorumque virtutes c bet ser- 
phin socia exultatione concelebrant. Cum quibus 
et nostras voces, ut admitti iubeas te precamur 
supplici confessione dicentes. [Ende der Noten] 
Sanctus. 

Psalm. 25 [21]: Schlecht und recht behtite mich. 

Gedruckt zu Wittemberg 
durch Georgen Rhauen erben. 
1564 

575 



Visitationsinstruktionen 1565 und 1568 

lehr und gottsdienst und ein christlich leben 
Gottes zorn wider der menschen sunde ge- 
wendet oder gelindert werden moge, derwegen 
wit hiebevor in anfang unser regierung eine 
christliche kirchenordnung 10 lassen ausgehen. 
Wiewol wir nuhn nit zweifeln, es werden sich 
die pastores und andere derselbigen gemefi 
verhalten und die undersatzte superintendenten 
fleissig einsehen thun, das dem also geschehe, dan- 
noch well visitationes zu erhaltung christlicher 
lehr und ordnung dienstlich, dieselbige auch 
in der ersten kirchen gepreuchlich gevesen 
und ohne das ordnung nichts sein, wo daruber 
nicht gehalten virdet, so haben wit eine ge- 
meine visitation verordneto zu sehen und zu 
horen, wie die pastores in ihrer lehr geschickt 
und vie sie ihren handel und wandel treiben, 
auch zu erkunden, ob sie sich mit lehr und ceremo- 
nien der kirchenordnung gemess verhalten und 
vas sunst mehr dabei yon notten zu verrichten. 
Und sollen darauf die visitatores die pastores 
in den furnemisten punkten christlicher lehr 
fragen und examinirn, die geschickten loben, 
die ungeschickten vermanen, das sie fleissig 11 
studieren, oder do es nicht geschehe und sie uff 
negster visitation ungeschickt befunden wur- 
den, sie bedrauen, das sie ihres ampts ent- 
setzt werden sollen. 
Sie sollen auch die pastores fragen, ob sie sich 
mit ceremonien, predigen, kindertauf, sacrament- 
reichung, besuchung der kranken und begreb- 
nussen, bettmissen, catechismipredigt uff den 
Sntag uff den nachmittag und andern der kir- 
chenordnung gemess halten und wie sich ihre 
zuhorer schicken und halten und ob die auch 
fleissig in die kirchen gehen und wie sie sich 
in ihrem leben schicken, und ob sie einichen 
mangel oder klag uber emen oder mehr ho- 
reten, welche Gottes wort verachteten 1-, in keine 
predigten gingen oder sunst ein ergerlich, streff- 
lich leben fureten, den oder dieselbigen sollen 
sie furbescheiden, ihnen die klag anzeigen und 

sie zur besserung vermanen mit angehengter 
bedrauung. 
Sollen auch den pastor des kusters und jura- 
ten halben fragen, wie sich die in ihrem ampt 
verhalten. 
Sie sollen auch den kuster und die juraten und 
etliche kaspelleut hinwider fragen, ob sich ihr 
pastor auch der kirchenordnung in allen punk- 
ten gemefi verhaltet und seins ampts treulich 
wartet und ein unstrefflich leben lurer, ob 
ehr auch viel mit den pauren zu kruge gehe 
oder sunst bier im hause schenke, und so sie 
mangel bei einem oder mehr befinden, solchs 
rait gepurlicher vermanung abschaffen. 
Sie sollen auch einen jeden pastorn uffzeich- 
hen lassen, vas zu jeder pfar und kustereien an 
acker, wischen, renten und anderm gehorig, 
und davon verzeichnufi nemen, und so einer oder 
mehr vurde sich beklagen, das ehr zu geringe 
besoldung hette, und so sie es befinden, sollen 
sie mit den kaspelleuten handlen, das sie ihnen 
eine zulage thun wollen, wo la sie die mit gutem 
xvillen bei den leuten erhalten konnen, do sie 
aber befinden, das die einkommen zimblich 
oder die leute es abschlagen, sollen sie es an uns 
pringen, fernern bescheide darin haben zu geben. 
Sie sollen auch die ampten, pastores und 
juraten vermanen, das die kirchoff befriedigt 
werden, woes nit albereit geschehen. 
Sie sollen auch etliche kaspelleut und kinder 
im catechismo fragen und horen, ob sie auch 
die vort des catechismi konnen, und so sie 
mangel befinden, sollen sie die pastores vor- 
nemen, 1 hirm fleis zu thun, domit in kunf- 
tiger visitation kein mangel befunden werde. 
Sie sollen sich bei einem jeden pastor und ju- 
raten erkunden, ob auch geistliche lehen, vica- 
rien oder commenden in der pfar gevesen, 
ver der collator gewesen, was darzu gehoret 
habe und wohin solche guter kohmen und wehr 
sie jetz geprauche, und solches alles verzeichen 
und uns davon berichten. 

1568: abgewendet. 
Vgl. oben S. 533 ff. 
1568: fleissiger. 

1568: verachten. 
1568: wie. 
1568: vermanen. 

577 



Lfineburg 

Sie sollen in stedten und flecken auch fleissig 
nach den schulen fragen und bevelen, das 
dieselbige mit notturftigen und geschickten ge- 
sellen versehen, sollen 15 sich auch an den often, 
do schulen sein, der gelegenheit veiter erkun- 
den und bevelen, das sie fleis thun, die jugent 
wol zu erziehen und das dutch die pastores und 
undersetze superintendenten, auch den rath je- 
des orts alle jar zweimahl die schulen visitirt 
werden. 
Es sollen auch die verordente visitatres be- 
velen, das pfar und kustereien in baulichem 
wesen erhaltn werden, und wo mangel ist, sol- 
len sie verordnen, das dieselbige uff der pfarleut 
unkosten widerumb gebessert und reparirt 
werden. 
Weft wit auch zu trost der pastornwitwen 
verordnet, heulin in jeder pfar zu bauen, sollen 
sie sich erkundigen, ob alas auch geschehen, 
and do es noch nit geschehen, bevelen, das es 
dutch die ampten und jurabn furderlich ins 
werk gerichtet werde. 
Sollen auch sunst allenthalben darauf ach- 
tung geben trod bevelen, das unser ordnung 
strachs gelebet werde. 
Es sollen auch die visitatores nach den hospi- 
taln, vo die sein. fragen und einsehen thun, 
domit rechtschaffen domit umbgangen, und 
rechenschaft yon den vorstehern nemen oder 
bevelen, das es durch den radt oder ampten 16 
an jedem ort geschehe. 
Sollen auch bevelen, das die redte in stetten 
trod die ampten alle jar von den juraten rechen- 
schaft nemen und sich erkundigen, ob es auch 
geschehen. /vIogen auch dm register, so die 
verhanden, besehen und so mangel darin be- 
ftmden, ihnen derhalben, was nottig, bevelen. 
Sie sollen bevelen, darauf achtung zu haben, 
alas vor und under der predigt kein brantwem 
uff kirchoven geschenket, noch im kruge geste 
geduldet werden. 

Das die leut auch 1 uff die Sontag mit hem 
und andern dienst verschonet werden und sie 
selbst nit faren oder etwas anders thun, dar- 
dutch sie Gottes wort zu horen verhindert 
werden, woes nit nottsachen erfordern. 
Und zuletzt sollen sie an jedem ort die pasto- 
res ihres ampts, darzu sie Gott beruffen, und 
der wichtigkeit desselbigen und was daran ge- 
legen und dassie zu hirten der leute, die Chri- 
st-us mit seinem blurt erloset, gesetzt, erinnern 
und sie vermanen, was ihnen ufferlegt, wol zu 
bedenken, ihrem ampt treulich vorzustehen, fleis 
zu thun, dassie christliche lehr vorerst selbs 
recht vorstehen und darnach andere lehren 
konnen, das sie dan auch fleis thun und dem 
yolk die lehr des evangelii treulich und fleissig 
furtragen, unnottige disputationes und anders, 
alas der gemeine man uff den dorfern nit ver- 
stehen kan, in ihren predigen meiden und sich 
in der lehr in allen articuln prophetischer und 
apostolischer lehr und der augspurgischen con- 
fession trod catechismo Lutheri gemel] halten, 
sacramenta reichen, die catechismilehr und kin- 
derpredigt uff die Sontag trod Freitagl;a fleissig 
treiben trod das yolk zur busse und besserung 
vermanen und oftmals sunde und laster, als 
fluchen, schweren, ehebrecherei, hurerei, ullerei 
und andere straffen, in verhor der beichtkinder 
fleissig sein, einen jeden insonderheit horen 
und absolviren, die kranken fleissig besuchen 
und sie trosten, das sie auch ein christlich 
leben furen und andern wol vorgehen, den 
krueg und andere leichtfertigkeit meiden und 
in summa, alles anders thun, was ihr ampt 
erfordert, domit alles zu Gotts ehr geschehen 
und dem Hern Christo viel seelen zugebracht 
werden mogen. 
Es sollen auch die visitatores den ampten 
und subsuperintendenten bevehlen, dassie alle 
jar zwei oder uffs weinigst einmahl visita- 
tiones halten trod zusehen, das dem allem, wie 

1568: versehen sein. [Mit ,,Sollen" beginnt 
dann ein neuer Absatz.] 
1568: amptman. 

T fehlt 1568. 
tTaVgl, oben S. 552: Kirchenordnung auf den 
d6rfern 

578 



Visitationsinstruktionen 1565 und 1568 

obstehet, also gelebt werde, und do sie mangel 
befinden, solchs abschaffen oder es an uns ge- 
langen lassen. Sollen auch die pastores verma- 
hen, das sie ihnen hirin gehor geben 18 
Do auch sunst etwas furfiele, davon in dieser 
instruction nichts gemeldet, das zu verrichten 
nottig, darinnen sollen die visitatores nach ihrem 

besten verstande zu handeln und zu bevelen 
haben 
Zu urkund haben wir diese instruction mit 
eigen handen underschrieben and mit unserm 
secrett versigeln lassen. Geben Montags nach 
Johannis Baptiste anno etc. ftinfundsechzig 19 

[Es folgen die eigenhindigen Unterschriften der HerzOge Heinrichs des Jfingeren and 
Wilhelms des Jfingeren yon Braunschveig und Lfineburg nebst aufgedrficktem Siegel ] 

Der Zwischensatz, den E. Hennecke, Quellen- 
nachlese, S. 44, hier eingeschoben gefunden 
hat, ist nur in einer Abschrift der gleichen 
Akte vorhanden, nicht im Originalsttick. 1568 

folgt hier: ,,Und sollen die visitatores furder- 
lich die visitation anfahen" 
1568: Geben zu Zell am 12. Septembris anno 
1568. 

579 



Visitationsartikel 1583 

zu beschutzen, sondern zuforderst ihrer selen 
hell und selikeit in acht zu nemen und also das 
beste tell zu erwelen und das reich Gottes fur 
allen dingen zu suchen, gemeint und entschlot]en, 
so haben S. F. G. nach gehabtem zeitigen reifem 
rat diese visitation gnediglich angeordnet, dar- 
fur sie dem frommen getreuen Gott billich dank 
zu sagen und zu bitten herren, das seine all- 
macht S.F.G. in solchem loblichen christlichen 
hochnotwendigen und .nutzen propositio und vor- 
haben gnediglich sterken, erhalten und ver- 
mehren, dieselbige auch bei langwirigem leben 
und frolicher leibesgesundheit allergnedigst er- 
halten und solche aufgewante, schwere unkost 
in gnaden reichlich an sel, leib. ehr und gut er- 
staten wolle. 
Dieweil abet die visitation darbei anzufangen, 
das man sich zuvor der pastorn geschiklikeit 
erkundigen muste, ob sic auch die heuptstuke 
der christlichen lehre wol gcfat]et, dieselbige 
auch formlich, ihren ihnen in ihr gewil]en befo- 
lenen scheflein einfeltig, formlich und frucht- 
barlich vortragen konten, so xvollen wir im ha- 
men der heiligen dreifaltigkeit, welche ohn allen 
zweifel solchem christlichen werk mit gnaden 
beiwonet, zu solchem examen und verhor schrei- 
ten. Mitlerweil solten die juraten und custodes, 
biI] sie erfurdert wurden, enttreten. 
Und sind darauf mit allem vleis die pastorn 
examinirt und verhoret, do sie auch unter- 
richts bedorft, gutlich unterweiset, und do ihr 
einer oder mhe ubel respondiret, gestrafet und 
zu mherem vleis ernstlich ermanet, und do sie 
kunftig nicht bas respondiren wurden, heftig 
bedrauet worden. 
Nach dem volendeten examen, welches sich 
denn in die drei, bit]weilen auch, nach dem der 
pastorn viel gewest, in die vir stunden erstreckt 
hat, ist ein jeder in sonderheit vorgenommen, 
auf volgende punkt und artikel befraget und 
alles ad notam genommen worden. 

Artikel, darauf die pastores samptlich und 
sonderlich gefraget xvorden: 
1. wie sie heisen. 
2. wo und yon were sie ordiniret, 
3. yon were sie mit der pfarrhen belehnet, 
4. wie lang sie des orts gewest und ihr ampt 
verxvaltet, 
5. wieviel dorfer in ihr kaspel gehoren, 
6. zu welcher form und norm der lehre sie sich 
bekennen, dabei sie vermittelst gottlicher 
verlehnung bit] in ihre grube zu verharren 
gesinnet, daraus sie auch ihre predigten 
schopfen wollen, 
7. wie sich ihre kaspelkinder mit anhorung 
des gottlichen worts, des lieben catechismi, 
mit entpfahung der hochwirdigen sacrament, 
auch in allem ihren handel und wandel ver- 
halten, ob sie auch ergerlich leben, andern 
bose exempel geben und damit ihnen und 
den ihren Gottes zeitliche und ewige strafe 
uff den halt bernen4, 
8 was sie fur gebreuche und ceremonien in 
der kirchen mit beichthoren, sacramentrei- 
chen, kranken besuchen und trosten und 
sonsten haben, ob sie sich in allem der 
furstlichen luneburgischen kirchenordnung 
gemes verhalten, 
9. was sie, ihr weib und kind fur ein leben und 
wandel furen, ob sie auch gute exempel und 
beispiel geben, ihre kinder wol in der furcht 
deI] Herren aufzihen, 
10. was seine besoldung und einkommen an 
geld, feld, wischen, profen 5 und allem sei, 
da sol er ja nichts verschweigen, so lieb 
ihm unsers gnedigen f. und herrn gnad sei. 
11. ob sie auch die gebeude, die kirch, des pa- 
stors und custodis haus in beulichem wesen 
erhalten, den kirchhof auch wol verwaren. 
das kein vihe darauf gelasen, auch keine 
leichtfertikeiten darauf verstatet werde, xveil 
es ihr und ihrer vorfaren schlafkammer 

 ---brennen. 

5 ----Prbenden. 

581 



Visitationsartikel 1583 

Also ist im namen der heiligen dreifaltikeit 
die visitation beschloi3en, wie sie auch in dem 
namen angefangen worden. Und hat der super- 
intendens den lieben Gott vleisig gebeten, auch 
alle anwesende pastores, juraten und custodes 
zum gebete ermanet, das der treue Gott seinen 
reichen milden segen zu solcher geschehenen 
visitation gnediglich verleihen wolle, das sie 

zur ehre Gottes, zu fortpflanzung der reinen 
lehre, zu aussetzung aller corruptelen, auch 
zur christlichen disciplin und zu unser aller 
selenheil und selikeit gereichen und gedeien, 
das wir am jungsten tag wie sonn und mond 
oder wie tier glanzs des himmels [Dan 12,3] 
ewig scheinen mogen. Amen. 

Christophorus Fischer senior, 
superintendens 9, manu propria 
scripsit et subscripsit. 

Christoph Fischer der Aelt., geb. etwa 1519 in 
Joachimstal (BShmen), Student in Wittenberg, 
Famulus Luthers, Magister, 1544 in Witten- 
berg ordiniert, zunchst an die Propstei der 
Liebfrauenkirche in Jtiterbog berufen, 1552 

Superintendent in Schmalkalden, 1571 in Mei- 
ningen, wurde 1574 Adjunkt des Generalsuper- 
intendenten Bonsack m Celle, 1577 Pasto in 
Halberstadt, Generalsuperintendent m Celle 
yon 1583 bis 1598; vgl. R. Steinmetz, S. 47 ff. 

585 



latschlag zur Notdurft der KlSster 1530 

vSren, berorter warheyt thorn allermynsten 
hSren und nycht an orsake. Wente mynschlyke 
5hre rechticheyt, darynne se van wegen her- 
gebrachter unergrunder ghewanheit vorworren 
syn, lathen se to Gades licht und gerechticheyt 
nycht langhen, dorch welcke myszhellyng de 
schycklicheyt dusses fSrstendoms nycht wenich 
wert vorschyppet. Dar nu velgedachte forsten- 
dom an anderen deilen na der nodtroft thor 
redelicheyt und godtselicheyt truwliken thoge- 
richter is, wet unschicklick und unbyllick, ja, 
myt schaden und vorderve vorfSget, dyt allered- 
liste stiicke, de kloster, unvorsorget tho vor- 
laten, den J. F. G. myt christlyker regeryng unde 
vederlyker truwe nycht wenyger vorhaft syn 
wen den armen eynfoldygen. MScht ock hyr vol 
am nodtlykesten syn, dar se yn diivelsstrycken 
ganz hart bevanghen, dennoch dem gemeynen 
manne eyn vorbyld der godselicheyt syn wyllen. 
Bleve nu dath exempel ungebetert und ergerlick, 
vo worden de nafolger valles unde vorderves 
sick erweren ? 
Der orsaken an J.F.G. vy demSdygen ange- 
socht und denstlick hebben gebeden, genanter 
geystlicheyt merklike feyle, varlicheit und scha- 
den gnedichlick tho bedenken, darmyth ock 
by 5hn de warheyt Gades uth stove unde drecke 
in voryghen ohren naturlyken schyn unde schSn- 
heyt gewerket und de bedr6veden armen ghe- 
weten ghetrSst und entfryet werden. 
Dewyle overst J. F. G. dusser unser miindlvken 
anszSkyng schryftlyken underricht uth grunde 
godtIyker warheyt gnedyghen hebben erfordert, 
erschynen wy alse de schuld'gen in aller under- 
danicheyt, overreken J.F.G., wes uns hyrynne 
de allmechtighe barmhertigen hefft vorlehnet 
myt denstlyker bede, wat sulcks ys, forstlykes 
hoghen vorstandes gnedvgen tho erwegen, unde 
dar ydt der werden und kreften befunden {als 
wy des tho Gade unde syner ewich blivenden 
warheyt uns ahne twyvel vortrSsten}, dat yd 
gemeyner wolfart und heyl, sunderlick Gades 
und tier klSster ehren nodtlick, werden J.F.G. 

uth angeborner forstlyker dSget und christ- 
lykem gemSte verner wetten vorthonemen und 
tho dhon, war Gades ehr, de byllicheyt unde 
nodttruft allenthalven esschen.  
Is doch overst unse bedenken gir nicht christ- 
lyker gemeynen ordning, to welker tydt de 
mochte vermSgens und uth hylliger schrift up- 
gerichtet werden, ichteswes hyrmyt vorfeng- 
lick tho handelen, tier wy uns myt bylliker de- 
mot alle tydt underwerpen, sunder dewyle vor 
twyspalt dusser tyde men tho bemelter ordnyn- 
ghe nycht kan komen unde doch de erkanten 
untwyfflike myssbruke sichtlike gruwel und 
opentlyke gadeslesteryng myt nichte mSgen er- 
duldet, noch vordragen werden, fordert de pyn- 
lyke nodt, den fall godtlyker ehr und christ- 
lyker erbarheyt tho wedderbrynghen, forder tho 
warnen, waren und weren, ydt sy myt dussen 
unsen edder anderer schryften, dat gemeyne 
nudt, so vel mSghelick, nenen wyderen schaden 
entfanghe. 
Bydden forder van herren, de barmhertighe 
Godt wylle J.F.G., der wy uns tho denen 
plychtich erkennen, myth vorstande syner war- 
heyt und wyllens wyder besel,gen, yn a[lem 
guden starken und bescharmen tho love der 
ehre syner godlyken gnade. Amen. 
J.F.G. demodyghe kapelIans, de verordente 
predyghers. 

Van Gades worde. 
Vor allen dmgen unde thorn hochsten ys nodt, 
J. F.G.. myth allen truwen daran sy unde gne- 
dyglick vorschaffe, dath Gades wort nicht alleyn 
yn klSsteren, sunder in allen J.F.G. gebeden 5 
reyn und rechtschapen gepredyget werde, myth 
dem sick sulvest, darna ock andere w-se und 
regere. Wente nichts mach thor vulkomenheyt, 
warem heyl und salicheyt beghert werden, dath 
yn Gades worde nycht sy begrepen, dyth ys eyn 
bylde aller gesette und byllicheyt, dartho de 
levendyghe uthgedruckede wylle Gades, na 
welcken und sus nenem anderen dmghe vare 

 ---- heischen, fordern. 

5 _-- Gebieten. 

587 



Ratschlag zur Notdurft der K15ster 1530 

th und boven alle dynk gepredyget werden, 
alle der underdanen wesen, alse na dem sahnor, 
hyrmyt tho richten und regeren. Erkennen doch 
de heyden, dat alle gesette uth dem grunde der 
natur gescheppet, na 5hr schullen schnorrichtet 
und bylliket werden, wes overst dusser nycht 
anliket, na ohr nicht schmeket, sunder affscleyt, 
schal ock nicht wert syn, eins gesettes namen 
tho hebben, werden ungelyke mehr christlyke 
regenten vorplychteth synn, vormyddelst Gades 
wort und gesetten eyne christlyke ghemeynheyt 
tho regeren, darmyth under eynander frede, 
leve und froude sick vormehre und men er- 
wasse als yn eynem lichnam thorn fullenkomen 
mansolder unses Heren Jhesu Christi (Ephe. 4, 13). 
Derhalven ock dem kSning des olden testa- 
mentes dat bock des ghesettes hart wert be- 
folen (5. Mose 17,18 ff.), Gades wyse, wege und 
rechte daruth tho leren, wert 5hm nicht vergunt, 
noch thor rechteren noch thor lynken, dar afftho- 
wyken, moth ock nemande ghestaden, sick dar- 
ane tho vorwerken. Boven dyth befelt de schrift 
tier regerenden overicheyt eyne christlyke sorch- 
voldicheyt (Rom. 12,8). Und fordert Sunct Peter 
{1. Pe. 4,11) van eynem ydtlyken in synem ampte 
dat vormiighen, so ohm Godt gegeven, dat ock 
eyn uthgedruckte schrecklyke plage darup steyt 
tier overicheyt, de sulkes vorstimet, 5verstith 
edder voruntruwet, darvan hyrna schal vor- 
meldet werden. 

Vorleggyng der ynrede, bisscoppen, nicht 
forsten, behore des wordes tho waren. 
Dat men overst hyrjeghen upbryngen mochte, 
de overicheit si gedelet yn geystlyke und wert- 
like, so behOre den geistliken uth keyserliker 
ordenynghe, g/Sdtliker sake tho waren, fSrsten 
behSr ydt nicht, antwert: deden bischoppe, wath 
se scholden, weren dusse tyde nicht unrowich, 
wet velen vel arbeydes benamen, wer wedder- 
sprekens ne}m nodt. 
Wat se overst dhon scholden, ys yn der schrift 
hen und xvedder (1. Thi. 3. 1-7; 1. Pe. 5.2f.; 
1. Cho. 4 = 1. K 4, 1 f.), ock thorn del yn den rechten 
(8. q. 1. c. Qui cpichopatum; 21. di. 1. c. Cleros } bo- 
grepen. Mach ock lichtlick an den ampts und den- 
stes namen prester, bisschop, wechter, herde und 
dergeliken gemerket werden. Nu overst am kla- 
ten daghe ys, dat se nicht alleyne van der banen 
g6dtliker warheit xviit affgeschlagen und der 
heylsamen regeringh2 der geveten nicht var- 
den, sunder ock sick understn, dat evangelion 
Jesu Christ, des namen und titel se doch v6ren 
willen, und syne dener myt frevel und gexvalt 
am groten dell tho vordelgen, ja, ghar na de 
ganze werlt bewegen, umme eren ungrund tho 
bekreftigen, we stitb nicht, das sze van wegen 
solcker untruwe und vorstimenysse sick der be- 
gnadinge vorwerket, edder tom geringesten 5hrs 
ampts bevel und fryheit hebben v6rlaren. Sin 
se befryget van keysern, werden frylick nicht 

8 Decr. Grat. II, caus. VIII, quest. I, c. 11; 
Friedberg I, S. 593 f. aus Augustin, De cir. 
Dei XIX, 19; MSL 41, 647 f. CSEL 40, 2, 406 f.: 
,,Qui episcopatum desiderat, bonum opus de- 
siderat." Exponere uoluit quid sit episcopatus, 
quia nomen est operis, non honoris. Grecum 
est enim, atque inde ductum uocabulum, quod 
ille, qui preficitur, illis, quibus preficitur, 
superintendit, curare eorum scilicet gerens; 
z7,5 . quippe intentio est. Ergo epi- 
scopos, si uelimus, latine superintendentes 
possumus dicere, ut intelligat non se esse 
episcopum qui preesse dilexerit, non prodesse. 
Itaque a studio cognoscendae ueritatis nemo 
prohibetur, quod ad laudabile pertinet otium. 

Locus uero superior, sine quo regi populus 
non potest, etsi ira teneatur atque admini- 
stretur, ut decet, tamen indecenter appett- 
tur. Quamobrem otium sanctum querit kari- 
tas ueritatis, negotium iustum suscipit 
necessitas karitatis, quam sarcinam si nul- 
lus inponit, percipiendae atque intuendae 
uacandum est ueritati; si autem inponitur, 
suscipienda est propter necessitatem kari- 
tatis. Sed nec sic omnimodo ueritatis delec- 
tatio deserenda est, ne subtrahatur illa sua- 
uitas, et obprimatur iusta necessitas. -- 
Decr. Grat. I, dist. XX1, c. 1; Friedberg I, 
S. 67 ff.: Cleros et clericos... 

589 



Ratschla zur Notdurft der KlSster 1530 

allen ys, Christus, erst ghedhan hefft, wente 
ydt ghebSret syck nycht, mynschenghewonheyt: 
sunder Gades warheyt tho volghen, nha dem 
male dorch den propheten Esaiam de Her secht 
(Esai. 29,13; Math. 15,9): Ummesuhs denen se my, 
dewyle sze lehren sulcke lehre, de nycht mehr 
wen mynschenghebodt syn. We market hyr 
nycht, dath de ghenanten gheystlyken rechte 
sulvest betfighen, dath werlZa ohn noch vede- 
ren, noch concilien tho 15yen edder volghen sy, 
dar see jeghen de schrift wes bescluten. Is yn 
der schrift wes strydich, des neen ghebruck 
noch vorklaryg yn der kerken van anbeghyn her 
wert erfunden, wyse men tho entscheydynge 
des concili. In opentliken overst unwedder- 
spreckliken styven worden der schrift, yn lank- 
wirighem ghebruke der karcken, den ock de 
concili erkennen, we ys, de vormeynt, noch eyn 
concilium tho erwachten, 13 edder wo wirden de 
varen, de vor der tydt der concili in twyvel und 
erringe van dfissem jamerdal mochten affschey- 
den7 Wor id ock tydt und stride hedde, mochte 
men solck alles uth schriften tier veder kref- 
tichlick bewysen, ane dat Gades wort hyrinne 
eynem ydtliken moth genoch syn. Darumme 
nhadem des Heren ghesette styff syn, erquicken 
de szel, maken wiis de entfoldigen, syn lutter 
und erluchten de oghen (Psalm. 18 -19,8 f.) und 
yn sfilckem ghesette eyn dener Gades vorsich- 
tich wert, hyrmyt sick sfilvest und de underda- 
hen yn alle Gades und der salicheyt weghe tho 
wysen, vor allen dyngen hyr3mne se leret und 
dorch de dener des wordes leren leth 5hren 
schepper und Hem erkennen, em trfiwen, en 
frfichten, eren und beleven, is nemant so un- 
vorstendich, de nicht marke, noch so vorkert, 
de nicht bekennen mSthe, dat J. F. G. erste und 
meyste sorghe syn moth, dat Gades wort, an 
welkem, alse thovorn berSrt, unse wolvard, la- 
vent, trost und alle heyl ghelighen, yn klSsern 
als ock yn andern 5rden des fSrstendoms reyn 
und rechtschapen gepredyget werde. Went ydt 

ys jo nicht genoch, dat J.F.G. vor sick allene 
gelSvich und vorstendych Gades wyllen erken- 
hen edder ock in alle der salicheit saken sick 
weten tho schycken, sunder dath ock vele du- 
sent, de J.F.G. underworpen syn, myt warhaf- 
tigher lehr uth hylligher biblischer schrift thor 
salicheyt vorsSrghet und yn reynen hylligen 
weghen gSdtliker ehr beholden werden under 
christlikem exempel und getruwem deneren des 
vordes vor errynge und vorfSrynge bewaret, tho 
lave dem Hern und tho christlikem ghemeynem 
frede. Dat ys J. F. G. ampt und ehre, tho sulckem 
befele hefft desulvigen J.F.G. de almechtighe 
uthgesundert und vOrordnet, darvan ock J. F. G. 
tho syner tydt dem Hern howe 1 rekenschop 
mSten gheven. 

Van atfstellyng der mysbruke. 
Alse nu thovrn genochsam vorklaret, dat der 
overmheyt erste bevel und grteste sorghe syn 
schall, Gades wort rechtsehapen und trfiwelick 
predygen laden, ys dat negeste, vat Gades ehr, 
synem hyllighen worde entjeghen und ehrist- 
liker erbarheyt ergerliek ys, mghe ane wedder- 
sprekent affgedhn werden. Welekere b6rde 
avermals J.E.G. und eyner ydtliken christghe- 
lBvighen godtfruchtigen overicheyt sehwarlick 
an lyt, darumme dat bemelte stfieke nicht vey- 
nigher Godes gebaden wedderstreven, wen 
dothslan, stolen und dergelyken, m6ghen oek 
evenso weinieh alse de in der gemeyde geled- 
den effte der straffe overseen werden. Wene 
(1. Thi. 1,9 f.) Godt hefft dat gesette gegheven, 
nieht de framen tho dwyngen, de sick yn eyn- 
driehtigem vyllen myt der overieheyt dorch 
Gades wort regeren laten, sunder den unver- 
stendigen und wedderspennygen, den unvSrsten- 
dyghen, dat se de rode : up dem rugge (Prover. 
26,3) vain schlape und vorsfimenysse erwecke, 
den wedderspennyghen eyn beth 16 yn de munth, 
den frevel und modtwyllen yn allen umbyl- 

12 a  weder. 
13 Vgl. oben S. 39 u. Anm. 16. 
14  genaue. 

15 __ Rute. 
1,; __ Gebi am Zaum, vgl. Schiller u. Ltibben I, 
S. 296, dazu Ez 29, 4. 

591 



Ltineburg 

lyken vornhirnen tho breken. Nu betiighet S. 
Pauel (1. Thi. 1,8-11) kreftichliken, dath gesette 
gudt sy, szo des jernand recht ghebruket und 
xveyt solckes, dath dem gerechten neyn ghe- 
sette gegheven ys, sunder dem ungerechten und 
ungehorsarnen, den godtlosen und sunderen, den 
unhyllighen und unreynen, den vaderrnbrderen 
und moderrnbrderen, den dothscligheren, den 
bblerenl;, den knapenschenderen, den myn- 
sckendeven, den Ibgeners, den rneynedygeren, 
und so ychteswes anders der heylsarnen lehr 
wedder ys, nha dern evangelio der herlicheyt 
des salighen Gades, dath my thogetriiwet ys. 
Merklyken secht de hyllighe Pauel: Szo wes an- 
tiers der heylsamen leher entjeghen ys nha dern 
evangelio der herlicheyt etc. 
Welck syn den de stucke, so der heylsarnen 
lehr wedder syn? Vbrkerynge gbdtlikes sacra- 
rnentes des varen lyves und blodes unses Heren 
Jhesu Christi, eyn recht grepe 1' der vordb- 
rneden gyricheyt und eyn schrecklike gades- 
lestrynge, unde vat dussern anhanget, de swar- 
rning 1:' und krernerye, vigilien, selemisse, nodt- 
helper, patronen, alles under falschern schyne 
gbdtliker ehr up den hylligen pennink gericht, 
alles tho vortellen urnrnbgelick, gefenkenysse der 
klosterpersonen, van wegen unergrunder vor- 
derfliker gelbffte. Vorboden eestant, eyn grunt- 
soppe alles wbsten unflates und aller unrey- 
nicheyt, und kortlick alles, so under schyn guder 
werke dat stervent und vordenst Christi vor- 
ryngert, schrnehet und vornichtet. Dusse und 
dergeliken untellike stucke, de dern ersten ga- 
desghebade und christliker erbarheyt stracks 
thoweddern syn, schal und rnach neyn christ- 
hke overicheyt erdulden. Jegen dusse ys dat 
gesete. Dat gesette overst gyfft de rechtfer- 
dynge, schwert und straff yn de hand der ove- 
richeit, hyryn na Gades bevel ernstlick tho 
handelen (Rorn. 13,1 ff.}. 

Dar nu genante geystlyke rnydden yn berbr- 
ten stucken ganz syn vorsopen, segghe eyner, 
wern wyl hyryn tho seen gheboren. Sze, de ge- 
nante geystlickheyt wyl nicht seen, kan ock 
nicht. Ja, syn der overtredynge alhyr thorn 
allerrneysten schuldich, draghen dath ordel yn 
schmbarer dith opentlick arn halse, schal 
denne dat gesette kraftlos ane uthrichtynge 
ganz darnedder liggen? Schal Gades ehr under 
de vbte getriden, tucht und erbarheyt ider- 
rnanne tho unlust openlick uthstin? Neen, dat 
gesette weret dussen dyngen alse de der heyl- 
samen lehr vedder sin na dem herliken evan- 
gelio des salighen Gades. Dat gesette overst 
{alse thovorn gesecht} hefft synen hanthaver 
van Gade vorordnet, nbrnliken de overicheyt, 
welcker ydt fbrdert, de dynge tho undersetten, 
so thorn valle geneget, tho erleddyghen de war- 
heyt uth der hant der, de sze gevenklick under 
der 15ghen entholden, alle erbarheyt tho be- 
kreftyghen. Wor overst ock hbpen der bete- 
rynge affgeslagen, myth dern sverde nhatho- 
drucken. Welcks wo nycht gescheghe, worden 
bernelte Gades ghebade veynich frarnen. Wente 
gelick alse jenne werlke gesette eynich ed- 
der nicht ntitthen, se werden den ynth werk ge- 
stelt, daraver gheholden und ohre avertreders 
gestraffet, also und ungelke mehr ervorderen 
Gades ghesette yn allen ohren deilen werklike 
ovmghe, dartho ohren uthrichter und dener, 
den frarnen thorn guden, den ben thor vrakefi0 
Hyr rnbten nu de underdanen Gades ehr und 
ordenyng anseen und nicht allene nicht wed- 
derstreven, sunder ock van herten groth, wer- 
dich und dtir achten dat arnpt der 5vericheyt 
(lorn. 13,1 ff.}, darrnyt se dern torne entflegen 
und eyn rowesarn gewiten beholden. Wor 5verst 
eyn gerneynde de bvericheyt (seggen van der 
overicheyt, de Gades wort hefft) nicht alse 
Gades deneryn ansiith, ohre erliichtynge yrn 

= Buhlern. 
__ Griff. 
Vgl. swarrn, Schiller u Liibben IV, S. 486, 
hier wohl soviel wie Jahrrnarkt, vgl. Conf. 
Aug. XXIV, 10 f. Bek. Schr. S. 92. 

_o,)__ Rache, Strafe, vgl. Schiller u. Liibben V, 
S. 775 f. 

592 



Ratschlag zur Notdurft der KlSster 1530 

langhe se naghan egener gerechticheyt, rnoghen 
se alse jenne Israhel tho Gades rechticheit 
nicht karnen (Rorn. 9,31). Duth ys de sware 
sfike24a, der se sulvest nicht sehen noch v61en, 
meynen, se syn gesunth, und de ser wol sehen, 
alse de schryft secht (Joan. 9, 39 ff.), hebben den- 
noch dat vordeck vor den oghen, ja, stecken 
rnydden yn der blyndheyt. Schullen dusse nu utb 
erbarmliker blyntheyt yn tier erkantnisse der 
warheyt gheleydet werden, rnfithen see erst 
vormocht und gewysset syn, Gades wort ane 
uthflucht und an geverde flytyghen tho h6ren, 
ungheachtet off see darurnme thorn ersten t6r- 
hen und ovel dhon, des se nach erlang%er ge- 
sundheyt und gesychte der overicheyt werden 
danken. Schullen se gewunnen werden nha dern 
wyllen und vorsate Gades, dat see myth dem 
worde gewunnen werden, schollen se vorstocken 
(dath Godt gnedyghen vorhSde), kunnen se nicht 
sunder na geh6rdern worde. 

Vorleggyng der ynrede0 dath de apostel, 
dar men see nicht hSren wo]de, den stoff 
van den vSten hebben hesla[hen. 
Dath men overst hyrjegen vSrwenden mochte, 
nemant scholde hyrynne gedwungen werden, dar- 
urnme dat de apostel, dar se nicht angenamert 
worden, den stoff van den vSten gheschuddet, den 
verechtern thor getuchnisse (Math. 10,14  Luce 9,5; 
10,11), und darvan geghan, antwort: Nicht hebben 
also vort de apostel upghehSrt, dar eyn deel effte 
dat ganze yolk unwyllich gewest, sunder thorn 
alleriitersten vorsocht, ja, went thorn blode 
und dode myt predigen angeholden, ehr se dar- 
van gelaten, und bedunken uns, dath se nicht 
alleyne walt geledden, sunder ock myt unover- 
wyntliker bestendicheyt und drange dusses fal- 
les gewalt gedhan, wyle se tier vyende gewalt 
rnyt weldigerern dode averwunnen, ja, dorcb 
den gheloven ganze ryke er6vert (Hebre. 11,33). 
Wo rnennich mill hefft syck aver ohrern predi- 
gen, dar se nicht wyken wolden, eyn ganz volk 
thorn uprhor bewoghen (Act. 20,1; 21,27 if.)? Ovet 
doch de genzeliken gewalt, de den wedderstre- 

ver nicht ehr entwyket, ydt koste ohm den syn 
liif und lven, lutter gewalt ysset, went yn den 
doth vechten. Darber Paulus so vaken stupet, 
stenyget etc. und vor dodes oghen gewest is 
(1. Cor. 11-----2. K ll,23ff.). Wert ock Timotheo 
bevalen (2. Thi. 4,2), dat he schelde, straffe, er- 
mane, gelegen, ungeleghen, nerghen nalate. Stre- 
yen alle dener des Heren vor dat wort gewel- 
dich myt marter unde blode. Wath wolde siisz 
daruth geworden syn, wen se vor e)nern ydtli- 
ken br6rnmes 25 gefl6gen und de boswyllicheyt 
des yolks also vort sick hadden affschrecken 
laten. 
Wovol jenne und dusse tyde und stede nicht 
moghen )n dussem falle vorliket werden, dar- 
umme dat jennen yn kraft godtlikes gerichtes 
dat gnadenryke licbt enttogen, se neyne 16vige 
overicheyt noch christlike ordnynge ghehat beb- 
ben. By uns hSlt ydt sick vel anders. Tho dem is 
dat wort eyn butenwendich dynk, so vel dat 
thoh6ren belanget, yn butenwendygen dyngen 
overst ys de overicheyt vorplichtet, gherneyner 
wolvart tho denen und tho gebeden, alle de dynge 
tho holden, so Gades ehr. gerneynern fride und 
selen salicheyt nutte und nodt syn. Idt wer den 
sake, dat eyn overicheyt swiren, flSken, tho- 
drynken, horen, ehrbreken wol vorbeden, xvedder- 
umrne eyn idere christlike erbarheyt und b6r- 
gerlike tucbt yn allen saken rnochten gebeden. 
Alleyne Gades worth tho h6ren, daruth alle 
gudt, enicheyt, leve und heyl entspryngt, dar 
scholde men de ltide nicht tho dxvyngen? Dar 
scholde de overicheyt tbo ghebeden neyne rnacbt 
hebben? Vasten ys untelliker deyle gerynger, 
wen Gades xvort h6ren. Nu is den kSning tho 
Ninive (Jon. 3, 6-9) billick und beh6rlick gewest. 
den synen eyn gbemeyne vastent uptholeggen 
und ys van alien anghenornen und gheholden. 
Und scbolden de unsen des befehls und gheba- 
des, Gades wort tho h6ren, sick entehen und 
weygberen, yn welckern alleyn alle gudt ys be- 
schlaten? Eynem huszvader ternet und geb6rt, 
syne kynder und gesynde yn de predigen ghan 
tbo vorm6ghen, ja, steyt ohm unerlick an, rn6th 

24a = Seuche. 

:' Vermutlich = Bremse. 

74- 595 



Lfineburg 

sick ock gotliker straffe besorghen, so wes hyr- 
ynne vorstimet vorde. Wat nu under we.vnich 
personen .n eynem ydtliken huse de vader und 
her ys, dath ys yn der gemeynde eyn overicheyt, 
van Gade vorordnet, ys eyn huszvader, alhyr tho 
ghebeden, und dat gesynde tho folgen schfildich. 
Worumme scholde eyn christlick frim overi- 
cheyt, de up de ganze gemeynde und enem ide- 
ren in sunderheit tho sende vorplichtet, eynem 
ydliken der undersaten synen unvorstand ster- 
ken, trachlikenfi' motvilligen und eygenrich- 
tigen handlen laten? Wedderumme myt watte 
fSghe und rechte verden de undersaten den 
christliken billiken gebode xveigering dhon mS- 
gen? Stark ys dat wort (Rom. 13,2, xve der overi- 
cheit wedderstrevet, wedderstrevet Gades ord- 
ning und wert sick sulvest dath gerichte ent- 
faagen. 
Dat ock unse veder und vorelderen hebben na 
vormelding des Decretes {De consi, dis. 5. ca. 
Non mediocrita 2;} gewolt und befohlen, dat alle 
gesenge dem predigen des wordes entviken, ja, 
by einer vormaledigng vorbaden, umme sin- 
gens wyllen de predige nicht natolaten. Und van 
pawesten vortyden ein bevel by gehorsam und 
banne uthgeghan ys, eyn ydlick des Sondages 
dat evangelion hSre predigen {Cap. S. Romana 
ecclesia. 13. dis. 28), wowol yd darna 3n misse 
vordarfliken geraden. Wath gyfft dath a_nders 
tho vorstan, xven dat de traghen und modxvyl- 
lighen (dem framen ys des nicht nodt) thorn 

h6ren g6dtlikes wordes schulien ghedwungen 
werden. Thorn loven, ys war, roach nemant ge- 
dvunghen werden, nadem ydt eyn ghave Gades 
ys, nycht uth minschen noch uth werken 
(Ephe. 2,8f.). Overst dem gebade, Gades wort 
tho hSren, ys iderman vorhaft tho volgen, nicht 
veyniger als eyner ydliken borgerliken 15ffliken 
ordenyng, so vor billick und nodtlick erkant und 
upgerichtet ys. 
KSrtlick wyllen wy hyrvan scheyden und endy- 
ghen, so doch thovoren ghemarket verde, 
xvelcks ghar nicht tho vorachten ys. Wen ghelick 
uth berSrten merkliken nodtsaken de kloster- 
personen und andere genante geystlike nicht 
scholden angestrenghet werden, Gades wort van 
den vorordenten predigers tho h6ren, worde 
doch solcks des negesten nodt esschen, des de 
ym gheloven junk unde swack ys, darmyth hee 
nicht gheerghert vorde. 
Men hSrt ytzund overall segghen: Wen dusse 
nye lehr recht xvar und gudt xvere, xxurden de 
genante geistlike {wente men sick by den mehrs 
vorstandes vormodet) wol henyn ghan, h6rden 
tho, nemen de lehr an. Nu se overst dar nicht 
yn ghan, nicht hSren noch volghen wyllen, moth 
de lehr nicht recht svn, wen see ydt armimen, 
wyl ick ydt ock annimen. Is dyth nicht den 
svacken ym loven ergeren, so weten x.w nicht, 
wath ergheren ys. Paulus wyl, dat yn den dyn- 
ghen, de ock xvol themen, de sxvacken (dath ys 
de gherne leren wolden) nicht schollen geergert 

- -- trige. 
z; Decr. Grat. III. De consecratione, dist. V, 
c. 24; Friedberg I, S. 1418: Non mediocriter 
errat qui magno bono prefert mediocre bo- 
num. Nonne rationabilis homo dignitatem 
amittit, qui uel ieiunium karitati, aut ui- 
gilias prefert sensus integritati, ut prophet 
abstinentiam inmoderatam, atque indiscre- 
tam psalmorum uel offitiorum decantationem 
aut amentiae, aut tristiciae notam incurrat? 
Numquid uerborum flecti multitudme ut homo 
Deus potest? Non enim uerbis tantnam, sed 
corde orandus est Deus. Quapropter melior 
est quinque psalmorum cantatio cure cordis 
puritate, ac serenitate, et spirituali ylari- 
tate, quam psalterii modulatio cure anxie- 
tare cordis atque tristicia. Cure igitur pro 

centum animabus psalmus uel missa dicitur, 
nichil minus, quam si pro uno quolibet ipso- 
rum diceretur, accipitur. Audiant itaque, qui 
ea, que necessaria sunt, corpori subtrahunt, 
illud, quod per Prophetam Dominus loquitur. 
,,Ego Dominus odiens rapinam holocaustorum." 
De rapina uero holocaustum offert qui uel 
ciborum nimia egestate uel sompni penuria 
corpus inmoderate affligit. 
Decr. Grat. I, dist. XV, c. 3; Friedberg I, 
S. 36 ff.: Sancta Romana ecclesia .... vgl. 
bes. S. 40 f. -- Vgl. dazu Decr. Grat. III. De 
consecratione, dist. I, c. 62: Friedberg I 
S. 1311: ex Ca_none Apostolorum [10.]: Omnes 
fideles, qui conueniunt in solempnitatibus 
sacris ad ecclesiam, et scripturas Apostolo- 
rum et euangelium audiant... 

596 



Ratschlag zur Notdurft der KlSster 1530 

werden, drecht ohrer szo grothe sorgfoldicheyt, 
dat he vordert truweliken, men schulle sick 
umme brSderliker nodt wyllen eyner ydtliken 
fryheyt begheven (Rom. 14,1 ff.; 1. Cor. 8,7 ff.}, 
und datsulve yn geryngen dynghen, alse spysen 
und tyden. Dorf ock wol den Hymeneon und 
Alexaudron dem sathan geven, darmyt se leren 
affthostan van ergern und lesteren (1. Thi. 1,20}. 
Wu, wen hee seghe bemelter geystliken un- 
voch, 29 uagehorsam und ergernysse, sunderlick 
ym hSchsten gude, dem ewyghen gadesworde, 
van welckem se de swacken affthen und yn vel 
weghe ergeren? Dorvens nicht seggen, ys doch 
tho vormoden, worden see nicht eynem, sunder 
velen sathan bevelen, szo lange se van ergeren 
und lesteren uphSrden. Wol ys bekant des hyl- 
gheu Peters ernst und yver jegen Ananian und 
Saphiran, de allene vor sick und ahn ergernysse 
des negesten dem hyllighen Geyste hadden gelo- 
ghen {Acto. 5,1-10}. De unsen overst untr/iwen 
nycht alleyn dem hillighen Geyste, sunder 15chert 
siner, lestren ohm ryten und raden aff, wen se 
man kunnen, bruken alles vordels, vormSghens 
und ghewalt, ohren ungrunt und glyssnerye 
dem eynfoldigen tho overreden {Luce 10,21} und 
ohn yam besten deyl, welck nicht roach van 
eynem geuamen werden, alsze van der warheyt 
und worde des ewyghen levendes, genzlick tho 
vorsluten. 
Wyle den ghar umbillick, erbarmlick und vor- 
derflick were, den klosterpersonen {vor welcke 
syn d/ire blodt Christus unse salichmaker an- 
gelecht und vorghaten} Gades licht und weten- 
heyt tho vorholden, dartho wes an bemelten per- 
sonen vorlaren worde, dar 5hn Gades worth 
nycht vorkttndyghet, noch thorn hSren dessul- 
vyghen mogelyker wiis angheholden w/irden, 
datsulve vorlaren blodt an J.F.G. de alrnech- 
tighe swerlyken worde erhalen. Tholest urnme 
orer erghernysse wyllen eyn arm, eynvoldich 
volk gSdtlykes trostes, levendes und heyles 
moste entberen, ys nodt, byllick und gSdtlick, 
J. F. G. thorn hSren des wordes sze gnedichliken 
van amptes wegen ervordere, se overst by der 

plicht, darmyth sze Godt und J.F.G. vorwant, 
hyryn syck denstlyck und ghehorsam bevysen, 
nycht alleyn thorn tho rnyden, dath neynes dan- 
kes were edder umme des ghewethens wyllen, 
alsze Paulus secht (Roma. 13,5), sunder ock myth 
hristliker demuth den negesten tho beteren 
und uth Gades worde spyse und nodtroft der 
sele tho entfangen. 

Van der tydt und stede der predighe. 
Bylliek und g6dtliek ys ydt. dath de gexvon- 
liken ordenlike predige an lest und Sondagen 
unverhyndert, alse ym vSryghen artikel ghe- 
seeht, ohren vortgank hebben. Dewyle overst 
yn bemeltem predighen ydtlike grave mysbruke 
der kl6ster nieht m6ghen, als ydt kurnpt, un- 
ger6ret blyven, oek de gebrek vormyddelst 
godtlikern worde gestrafft werden nieht ane 
sunderlike nodt und christlike beschedenheyt, 
des dennoeh ydtlike kl6sterpersonen groth rays- 
fallen draghen und wenden vor, alse gesehege 
ydt ohne tho spott und vorschimyng, derhal- 
yen nicht alleyne se buten der predyck blyven, 
sunder ock anderen nicht staden, henyn tho 
ghan, de gSdtliker underrichtynge begerich und 
nodtrofticht syn. seen wy vor gudt an. dat alle 
wiken 30 twemall geprediget werde, nSrnliken 
des Dynxstedages und Dunnerdages up der junk- 
frouwen khor, effte nedden yn der kercken myt 
beslaten dSren in bywesen des bichtvaders, weft 
de prediger na gelegenheyt eyn de hSvetstucke 
der hilligen schrift entfoldyghen und klarlick 
vorhandelen, edder eyn bock der hilligen schrift 
na siner ordnynge flytygen uthleggen yn rnaten 
und ghestalt, alse des J. F. G. alrede den predi- 
gem schriftliken xvol geschvckten bevel ge- 
gheven. 
De stunde sulcker sunderliken predyge sy thor 
capitteltydt, wente de capittel ortsprunklick dar- 
umrne by den olden ynghesettet syn, g6dtliker 
weghe de personen tho underrichten, van sunden 
se tho wysen und de sundighenden tho straffen. 
darumme ock see lection uth der hyllighen 
schrift und volghendes hornelien und predigen 

29 ___ Unfug. 

3o = Wochen. 

597 



Ratschlag zur Notdurft der Kl6ster 1530 

VCelck mynsche gesundes und godtfruchtigs 
vorstandes dorveth syck vord6mliken understhan, 
dusse so klare wort und wyse tho vorandern? 
We ys doch jri so kSne ghewesen, de den kelck, 
darby eygentlick und merklick bevolen weft, 
syns blothvorgetendes tho ghedenken, den leyen 
dSrste entryten? Merk doch by dussem stricke 
alleyn ydtliker godtloszen vormetenheyt unde er- 
schreckliken barmliken fall und blyntheyt yn 
der kercken. Van wem ys den Christus testa- 
ment felschliken vorandert, yon den vederen? 
Nein, Cyprianus 40 hefft ock den kynderen dath 
bloth nicht gheweygert, hefft allen und iderman. 
als ock S. Hiero. gedhan (1. q. 1. cap. Sacer- 
dotes 1}, dat ganze unverbraken testamente ghe- 
gheven. "Velck ghebruck ungever aver dusent- 
verhundert jir y der kercken ys gebleven, und 
billiken. Went so hebben de apostel van Christo 
entfangen (1. Cor. 11,23) und den vedern overant- 
werdeth. Den vederen gebSrth, ohren nakome- 
la-gen van gheschlechte tho gheschlechten, wath 
se entfanghen, ane aff edde thosath unvor- 
tricker, unvorsehrt, guder trriwe ganz overleve- 
ten (1. Mo. 12=Dr 12,32; Pro. 30,6), nicht kloker 
syn wen Christus und de hillige Geyst gewest 
ys. Velschent den edder gebedent de canones? 
Ja, se vorbannen und vorflSken dejen_nen, de des 
ganzen sacraments, alse gesecht, nicht wyllen 
bruken, darvan ym Decret apenbar bevolen, 
Gelasius pawest gyfft des klare ttichnysse (De 
conse, di. 2. c. Comperimus42). Velschent den de 
concilien? Neyn, see holden styff over beyder 
ghestalt, alleyn eyn cossnitzisch concilium (Ses- 
sione 13) 43 dusses falles und yn anderen ydtli- 
ken stricken godtlos unsyrmich, logenhaftich und 
lesterich, alse yn den acten tho besehen, hefft nu 

allererst vor hundert jaren den kelck den leien 
vorbaden. Tras li dennoch, dat ydt hedde vor- 
mocht, de Behemen van Gades wort und erkan- 
ter xvarheit myt 1eve effte leyt affdr.xmgen. VCri ? 
dat e3m concilium tho Basell, twyntich jar unge- 
vet na bemelten cosnitziscken concili geholden, 
vordOmet dat cosnitzische, yndem ydt den Behe- 
men beyderley gestalt nagyfft,4.; darmyt jennem 
jo recht geschege, 16genstraffet und geschendet 
werde. Got weyt, dat ydt war ys, welcks ock 
alle fr/me christlOvige, de ychtesxves gelesen, 
mOthen bekennen, ja, ock de vyende nicht kun- 
hen 10then. Nu sin wy des bym concili to Cos- 
nitz nicht gebleven. Christum schal men hOren, 
bevelt Godt de Vader (Mat. 17,5), und ghat hen 
(sprick Christus Mat. ult. =.XIt 28,20} und leret 
se holden al, xvat ick juxv hebbe bevalen. Ick, 
sprickt he, nicht veder, concila effte gewonheyt. 
Were schal nu mehr loven gegeven werden? By 
xvem xvultu blyven? By dem nakeden, heylosen 
concili tho Gosnitz, aller varheyt und Gades 
fruchben entblOtet? Effte by der schri und 
warheit Gades? Rychte du sulves..Iinschen la- 
ten syck nicht 15ghen straffen, noch ohre be- 
verde testamente breken. Godt overst, de ewyge 
wysheit und jummerblyvende warheit, dath wort 
und kraft Gades, Christus Jhesus, Godt sulvest, 
welck alleyn schall gehSrt und gesScht verden, 
dusse schal lyden, dat arme blynde und blynden- 
vSrers syn testamente, synen unvorbraken wyl- 
len unde ewyghe warheyt voranren, breken, fed 
schen und schyr myth vSten treden. 
Were noch wes, wen ydt darby were gebleven, 
wen nicht se uth bemelter gTriweliken 5rer misse 
eyn gudt werk hedden gemaket, hyrmyt hefft 
men sick understhan, vorgevinge der sunde, ge- 

Vgl. Ep. LXIII, 8; MSL 4, 380. CSEL 3, 2, 707: 
per baptisma autem spiritus sanctus acci- 
pitur, et sic baptizatis et spiritum sanctum 
consecutis ad bibendum calicem Domini per- 
venitu., dazu De lapsis, 9 u. 25; MSL 4, 473 
u. 485. CSEL 3, 1, 243 u. 255. 
Decr. Grat. II, caus. I, quest. I, c. 90; Fried- 
berg I, S. 391 aus Hieronymus, In Sophoniam, 
cap. 3; MSL 25, 1375: Sacerdotes, qui euchari- 

stiae seruiunt, et sanguinem Domini populis 
eius diuidunt. 
12 Decr. Grat. Ill. De consecratione, dist. If, 
c. 2; Friedberg I, S. 1318. 
43 Vgl. oben S. 129, Anm. 58a. 
44 tras = trotz. 
5 Vgl. vor aIIem die Prager Kompaktaten v. 30. 
Nov. 1433, Art. 3; Mansi XXXI, 273 f. C. J. 
Hefele, Conciliengeschichte VII, 2, 1874, S. 568 If. 

601 



Ratschlag zur Notdurft der KlSster 1530 

nysse sines lidendes, alse he yngesettet und na- 
gelaten, geholden worde, myt groter dankseg- 
gynge und tfichnysse christliker leve und eny- 
cheyt, nbmliken dat men dat sacrament yn bey- 
der ghestalt eynem ydliken gheve und entfan- 
ghe. We averst beyde ghestalt nicht entfanghen 
wolde, dat deme oak de eyrie gestalth genzlick 
geweygert werde, so langhe he lere den worden 
und warheyt Christi mher loven und volghen 
wen mynschenworden unde drbmen. Uppe dath 
men averst yn dyssen saken myt billikem ernste 
handele, ys nutte und noth, dath de klosterper- 
sonen alse iderman, ehr se thorn dische des Hern 
kamen, sick wol beweren, ohren gheloven und 
vorstant dem bichtigere effte predigere beken- 
hen, und effte ohre gewetent fullichte merkli- 
ken boswert were, datsulve bekennen und hyr- 
umme trost, radt und godtlike underrichtinge 
van bemelten deneren des wordes begeren und 
bydden. Dat oak ane solker vorgande bokan- 
tenysse nemant thorn dische des Hern werde ge- 
laten. 
Dat oak de dener des sacraments, ehr he den 
thorn werke dusses testamentes grypt, eyn heyl- 
same trbstlike vormaninge dho, jodoch myt kor- 
ten worden, worumme solaR sacrament entfan- 
gen, wat frucht und vordels wy darvan hebben, 
war der entfangynghe oak folghen und anhan- 
gen scholde, dardorch de gemeynheyt tho meh- 
rer erkantnysse ohrer su|vest und betrachtynge 
godtliker barmherticheyt ermant und gereyzet 
werde. Also solkes vor dem affalle by den olden 
oak yn gebruke ys ghewesen. Dyt alle denet und 
nutteth thor bewerynghe, uppe dat men dat ge- 
richte dar necht ehte und drunke (1. Cor. 11,29). 
Dyt sy overst de vormanin myt lenheren 
effte korteren worden. 
Myne alderlevesten yn Godt, dewyle wy nu 
dath aventehtent unses leven Heren Jhesu Chri- 
sti bedenken und holden wyllen etc. 
Wor overst und wan nehr nemanth ys, de 
godtlikes disckes wyll gheneten, hefft men wol 

affthonemen, dat alsoden deme dener nicht 
men wyl, misse holden, roach van ohme oak 
nicht gevordert werden, wente woth schal dar 
eyn ghedecket disck, dar nemant hunghert noah 
ethen wil, und steyt doch Gades worth helle und 
stiff: Nemeht hen und ether. Nemeht hen und 
drynket hyruth alle etc. Werth oak yn der ghe- 
meynheyt nycht umme den wyllen upghesetthet 
syn, dath eyn ehte, de anderen thosehen, ghe- 
|yak eynem schouspele, szunder dath men yn 
dem enthfanghende beyde, lyves und blodes unses 
Hern, synen dodth vorkfindyghe und dessulven 
lyves und blodes ghemeynschop hebbe, alszo 
gheschreven steyt: De kelck der benedygynghe, 
den wy benedyen, is de nycht de gemeynschop 
des blodes Christi, dath brodt, dath wy breken, ys 
dat nycht de ghemeynschop des lyves Christi? 
Wenthe wy vele s3mt eyn brodt und eyn liif, de- 
wyle vy alle eynes brodes deylhaftych syn 
(1. Tim. 10=1. K 10, 16f) Nhu mOghen dusses 
brodes, dath ys des lichams Christi, und synes 
kelckes, dath ys synes blodes, nycht gheneten 
noah deelhaftych syn, de darvan nicht ethen 
noah drynken. Is ym ethen und drynken de ghe- 
menschop ohrer vele, de Christi ghelede 52 sm 
xvyllen, vo mach sodhan bogherlick dfire dynk 
alle}me up eynen schonen werden? \Vo mbghen 
de anderen thosehen? Idt doch nemant vor den 
anderen und drynket nemant vor den andern, 
eyn ydtlick hefft dessulven nodt, mynsckliker 
xvyse tho reden. Szo mach yck ock dyth sa- 
cramente vor eynen anderen nycht entfanghen. 
my weft ydt sfilvest kort ghenoch, mynen hun- 
ger tho styIIen. De nu nycht mede ehten, gheven 
tho vorstahn, dath ohne nha Gades gherechty- 
cheyt nicht hunghert odder thorn xveynyghesten 
den ghebruck und frucht dusses sacramentes 
nicht vorsthan. Melden syck, dath se sath. ghe- 
sund, frim und rechtverdych synn, den (also 
Christus secht) neins arsten nodt ys. Edder heb- 
ben eynen anderen unghrund, den de schrift 
nicht kenneth, dartho vorn ghenochsam van ghe- 
schreven. 

52 = Glieder. 

75 * r503 



Liineburg 

Am jare des Heren hundertundeyn hefft Ana- 
cletus pawst :'3 {so men den schichtschrivern 
lover) gebaden und upgesettet, dat eyn ydlick 
christl6vich alle dage tho des Heren dyscke gha, 
desgheliken Calixtus. alse de canones mylden 
(2. di. cap. PeractaM), hefft bevolen, dath alsden. 
wen de seghenyng gheschen ys, eyn ider van des 
Heren dische ghenete und sick borichten lathe. 
Welcker des nicht dhon xvolde, deme scholde de 
kerckgank und de gemeynschop vorboden syn. 
Velichte do der ersten hytte der kercken alrede 
wes affgynk, wolden bemelte paveste nicht, 
dath de ghemeynschop des lyves und blodes aff- 
neme, welcks se myt eynem gebode vorsocht, 
dar deme volke geb6rth hedde, siilfxvillich tho 
syn, daruth wol tho vormerken, dath ydt un- 
schicklick, ock Gades worde ganz entjegen ys, 
dat eyn alleyne ethe und drynke. Gemeynschop 
gheyt nicht up eynen, sunder up vele. Darher 
ock dat w6rdeken communicatio yn der misse 
stede hefft beholden, so doch dath xverk ganz 
und ghar ys vorkomen. 
So ys nu beter de misse ganz underwegen ge- 
laten. Wi]r desser gemeynschop nemand be- 
gherde, wen desulven holden jeghen den wyllen 
und xvort Gades, jegen den gebruck der ersten 
kercken, jegen gheweten, geyst und vorstanth 
Ghescheghe ydt averst jo, dat nemant, also 
selden tho vormoden, vorhanden xvere, de tho 
Gades dische ghan wSrde, und men lykewol be- 
gherde, myt gesange ummethoghande, myt ge- 
sanghe (segghe xvy), de nicht up hilgenvordenst 
gebSghet 5la, noch van minschen ane edder jegen 
de schrift erdichtet, sunder uth der hilghen 
schrift reyn ond rechtschapen gevSrth und ghe- 
5vet xvorde, leth men gherne tho, dath se sin- 
ghen went thorn stilnisse. Deme dener overst des 
altaris gebuth Godt und syn ewighe warheyt, 
yn kraft upghemelten underrichting am hil- 

lighen sacramente des m&ls vordan nichtes tho 
b andelen. 
By kranken overst, de des hochwerdigen sa- 
craments begeren, holde men sick also: Men 
neme brodt und wyn myt ehren und Gades 
fruchten und lese by kranken de xvort des Heren 
ym aventetende, also dat se de kranke vorneme, 
holde even de wyse, so men yn der kercken 
plecht, ungetwyvelt weft ym geloven thorn 
worde, beyde, des de entfankt, und des de gyfft, 
ock der ummestendigen, nicht weyniger dar syn 
wen yn der samlinge, dorch den gheloven weft 
dyt sacramente genoten, roach an neyne tyde 
noch stede gebunden werden. Geloff (secht Au- 
gustinus 55) und du hefft gegheten. Darumme 
moth ydt ock yn neyne bussen 5e ghevateht, noch 
yn manstranzen ummeherghedraghen, sunder yn 
der sammeling genoten werden myt vorkun- 
dynghe des dodes Christi dorch wort und werk 
(1. Tim. 11=1. K 11.26), dar de kranken darumme, 
dat se lyvesnodt hyndert, nicht syn affgesche- 
den, sunder umme nodt wyllen tho hus besocht 
werden, hebben gemeynschop dessulven lives 
und blodes Christi, so yn der samlinge wert ge- 
nomen. Szo overst noch wes van hostien in bus- 
sen edder monstranzen vorhanden were, werden 
de dener myt bylleker demodt und ehren wol 
weten tho genethen. 
Van deme vastende. 
Alse ock eyn unschycklyck vasten yn den kl6- 
stern uth eynem unghrunde werth vorghenomen, 
ghelick mochte men darmyt veel vordenen. Ock 
unangesehen der ghelegenheyt ydtlyker perso- 
nen, der de eyn ydtlyke spyse nycht konnen vor- 
dragen, effte umme de lenge des vastene an ho- 
vet und lyve gheswecket, unbescheydlick hyrmyt 
und ane frucht beswert werden, ervordert de 
nodt, dath de strengycheyt des vastens nha der 

:': Vgl. Decr_ Grat. III. De consecratione, dist. l, 
c. 59; Friedberg I, S. 1311, dazu die im Folgen- 
den Calixt zugeschriebene Stelle ibid. De con- 
secratione, dist. II, c. 10; Friedberg I, S. 1317. 
.,l Decr. Grat. III. De consecratione, dist. II, 
c. 10; Friedberg I, S. 1317, vgl. dazu die An- 
merkung zu c. 10 bei Friedberg ibid 

51 a b6gen - beugen. 
55 Tractatus XXV, 12 in Joannis evang.; MSL 
35, 1602. Vgl. ibid. tract. XXVI, 1; MSL 35, 
1607, dazu Decr. Grat. III. De consecratione, 
dist. II, c. 47; Friedberg I, S. 1331. 
5,; ___ Biichse. 

604 



latschlag zur blotdurft der Kl6ster 1530 

personen gheleghenheyt ghemetyghet und ghe- 
15set werden, also dath men der vullen und 
overflSdighen myddagesmaltydt ychteswes aff- 
breke, darvan de lichnam den aventh erquicket 
und sine nottroft entfange, nicht thor lust, sunder 
thor nodt, darmyt des lichnams so vele ghe- 
wardet werde, dath hee den arbeyt tho vordra- 
ghen und de ghebore uththorichtende geschycket 
sy. Wente de schrift (Col. 2,16 ff.; Mat. 15, 11. 17. 
20; Rom. 13Rm 14,1 ff.; 1. Cot. 8,1 ff.} de awyse :' 
ghenzlick vorwerpet, dar men an den lichnam 
neyne kostyng wenden wyl edder ock siner 
nicht vorscSnen, vel weyniger lydt see, dat men 
myth vorbode der spyse de gheweten der ent- 
voldyghen martere. Wente se nSmet ydt drivels- 
lere (1. Tim. 4,1 ff.}. dar de spyse vorbaden wert 
Wes overst rechtschapen vasten ys, wert ym 
Esaia (Esa. 58,3 ff.} Mar ghelert, welcker lere, wo 
ghevolghet wurde, ungetwyvelt gheschen, dat 
dusse christlike fryheyt yn des flesches nicht 
gewendet werde. Hyr werden nu de dener des 
wordes wol und getrriwelick anholden moten, 
dath myt Gades worde de beswerynge der gewe- 
ten affgelecht und christlike meticheyt gehol- 
den werde. 

Van kl6sterRhel6||ten. 
Wowol undrechlike veele borden und manni- 
gerleye mynschenghebade syn, darynne de klo- 
sterpersonen szus ovel vordruckt und Gade vor- 
geves denen, hefft men se doch vorschenen 58 
nicht seher vel jaren myth eynem tuckschen 
grepe gevatet, darmyt se meysterlick syn ghe- 
bunden, ungetwyvelt uth deme drivel und dorch 
syne lerers, de yn glysnerye 16ghen reden und 
(alse tho besorgen) untellike zele 59 darmyth yn 
de helle hebben henaffgereten. Dut synt de 
schonen kl6stergel6ffte: krischeyt, armudt, hor- 
sam. Vortyden vas eyn klosterlevent myt ge- 
15fften unbeswert, gynk nemant henyn, wort ock 

nicht anghenamen, ane de tho mans edder myn- 
schenjaren ghekamen, welk6rn dennoch, dar 
sze nicht konden noch volden blyven, dath uth- 
ghan tholest ungeweret und ungheveygert was, 
velckes betrighen m.t klaren uthgedrrickten 
worden beyde, S. Augustinus und Benedictus 
regel';O. Jodoch worden sze all der gestalt hen- 
yngenomen, dat se sick henvorder ehrer hant 
arbeyt nerden. Solck tier klSster geleghenheyt, 
devyle see syn gewest scholen und ovynge der 
godtselicheyt, hefft loff und leffhebber gefunden. 
De drivel averst hefft siner ard nach solckes 
nicht langhe reyne gelaten, seyet syn unkrut 
myt der tydt mydden under, vSret se entelen :1 
yn eyn volbohaghen und schynende hillicheit, 
vorschaffet, dat ohne gelt, gudt und alle ryke- 
dome wert thoghevorpen, daraver sick de klo- 
ster allenthalven gemeret. Also nu twyerleye 
vordeyl yn den klSsteren vort befunden, n6m- 
lick vormehnte hillicheyt und vol vorsorghede 
daghe, hefft iderman ane underschedt hentho- 
gedrungen, unangesehem offt one alle ghave, 
so bemelt klSsterlevent ervorderde, yam Hern 
mydgedeleht und gegheven weren. 
Thorn lesten hebben gyricheyt und unghelove 
de brende dusses frires vullen ghestoret, dat de 
oldern ohre kynderken thorn deyl myt spele 
unde wyllen, thorn deyle myt umvyllen und 
dwanghe henyngheworpen. Ghar und ganz unbe- 
waghen und ungeachtet, offte sehe myth gaven 
ewyger kusckheyt (de nicht idermans ys) gne- 
dychlyken vorsehen weren (Mat. 19.1If.). Dar 
nu myth der tydt de ervarynge gheleret, dat de 
gave der krisckheyt ohne geweygert und van 
desweghen henuth bogerden, de wedder ohren 
wyllen nycht beholden edder ane affbrock gun- 
stes und gudes, ane vorklenyng der kl6sterhyl- 
licheyt nycht mochten vorlaten werden, is dyt 
de rechte der olden slangen angevyng ;2 und e5m 
meysterstucke ghewest, dat men sehe myth 

5; = irrige Weise, vgl. Schiller u. Lribben I, 
S. 136 f. 
58 vorschenen - ablaufen, vgl. Schiller u. Lrib- 
ben V, S. 434f. 

5: = Seelen. 
6o Vgl. dazu oben S. 328, Anm. 62 f. 
;  allmihlich 
;2 = Anraten. 

6O5 



Ratschlag zur Notdurft der K15ster 1530 

gudt, dath aver vader und moder apentlick weft 
geschryet, ane wes umme fruchten, tucht und 
scheemde weft vorswegen. Darumme, dewyle 
solck geloffte d6rlick 6i und godtlos ys, we 
twyvelt, dat ydt nycht scholde gebraken wet- 
den. Idt were denne, dat alle, dath men lavede, 
m6gelick edder unmogelick, godtlick edder un- 
godtlick, umme des gelofftes und eedes wyllen 
jo muste geholden werden Szo muste ock Nabal 
hebben ghestorven, deme David den dodt ghe- 
sworen (1. Reg. 15 = 1. Sam 25,1 ff.). Jonata 
mochte nycht geberget werden, de des dodes 
was, van wegen des eedes, den syn vader ge- 
dhan (1. Reg. 14  1. Sam 14,24--45), und kort- 
lick mosten ock alle unbillike geloffte holden 
werden, so doch ock in wertliken saken unteme- 
like geloffte, offt see ghelikewol konden ghe- 
schen, synth kraftlos, und scholden unmbgelike 
ghelbffte, daran_ne ock de zele yn rare steyt, 
nicht ghebroken werden? XVert daruth tho be- 
sluten nicht swat syn, dat de sick jeghen ohre 
nature dusses beswert vynden, syn alredt quiidt 
und lobs, dorven sick des ghelofftes halvenneyn 
geweten maken, sunder xverd ohne themen, war 
naturlick, gotlick und ehrlick ys, myt fade und 
reden vorthonemen. Alse hyrvan ym artikel- 
boke 65, so am 26. jare dusses fbrstendoms par- 
nets und predighers avergheven, und yn hem 
Johan Bughenhaghen Pommern boke an de nun- 
hen 66 wyder ys geschreven Van den anderen 
twen gelofften, war y3 nodt grother vorklarynghe ? 
In klaren apenberen dynghen? Ys armodt by 
den klosterpersonen, moste ghar vorborghen syn. 
Wenthe de lichte dach wyseth ghans dat wedder- 
speyl. Is twar eyn slycht armodt, dar tho be- 
quemer wysser tydt de tafel wol bereydet, voder 
und decke eyem ideren tho guder mate werden 
gegheven. Wyllen see dem ghelbffte nha arm s)m, 
worumme henghen se den de snevel'37 trod mur- 
ren, wen sze nicht ohre ghebore yn ehten und 

drynken averkamen ? Kynder merkeden wol, 
dat dyth eyn erdychtet, erloghen armodt ys. 
Wolden se arm syn, bequemen ydt wol buten 
dem kloster ane gheloffte. 
Wath lavet men ock ghehorsam, den men sus 
Gade, den olderen un overicheyt erst und lest 
ane uthnement schiildich ys, und werden doch 
de kl6sterpersonen dorch ydelen ohren und godt- 
losen horsam jennen der olderen und overicheyt 
horsam vorderfliken enthogen. 
Alsze denne bemelte ghel6ffte christliker fry- 
heyt, mynsckliker nodt, der warheyt trod erbar- 
heyt entjeghen, ja, glisenerisck uth diivelsleren, 
godtloes und vordSm]ick syn mothen uth hogher 
unvormydliker nodt, de klSsterpersonen ohrer 
genzliken entladen werden. Eyn erbar christ- 
lick levent roach ane de geloffte uth Gades 
worde yn klostern sus wol gheholden werden. 

Van den passunen. 
De prassume und kerkner es yn klSstern too- 
then ock nach erfordering der billicheyt und 
nodt genzlick gheapent und ane ghebruck syn, 
darumme, dath men myt ohne jeghen de ghe- 
wonheyt der verier und jeghen alle christlike 
redelicheyt handelt. Yn der regelen, so men 
under dem namen Sancti Augustini69 ummeher- 
vort, ys begrepen, dat de nicht wyllen ghehor- 
sam syn, schullen darnha, wan se eyns und 
nochmaels ermant, affghesundert und uthgestSdt 
werden, darmyt de andern thorn bosen ohrent- 
halven neyne orsake nhemen. Is eyn bescheden 
settynghe, de dem evangelio volghet, n6mliken 
de syck nicht wysen noch segghen laten willen, 
uth der ghemeyne tho werpen (Mat. 18,17), so 
langhe see sick beteren, welckerer wyse ock 
alhyr tho bruken ys, dewyle myth dwange, straffe, 
pyne und plagen nemant geystlick weft. Gades 
Geyst maket geystlick und ghyfft fryheyt (2. Cot. 
3, 17), nicht de fleyschlick, sunder geystlick .vs. 

6a _ tSricht. 
65 Vgl. oben S. 492 ff. 
66 War me van dem Closter leuende holden schl, 
allermeyst vor de Nunnen vnde Bagynen ghe- 
schreuen... Dorch Joannem Bugenha. Pome... 

1529; vgl. G. Geisenhof, Bibl. Bugenhag. 1908, 
Nr. 253. 
6; - Schnbel. 
6s _-- Kerker. 
69 Vgl. MSL 32, 1377 ff, zum Folgenden: 7; ibid., 
1381 f. 

607 



Limeburg 

tes wort mit fleiss gepredigt und die heiligen 
sacrament mit grosser andacht und ehrerbietung 
administriert, ausgeteilt und empfangen werden. 
Und insonderheit soil auf alle Sontage und 
andere fest, auch darzu in der wochen aufs 
wenigst einmal gepredigt werden. Und so dann 
der mensch das verdienst und ewige selichkeit 
allein durch den glauben an Christum erlangt, 
wie S. Paulus RSm 4 [5] und 7 [6] und Gal. 2 
[20] und Eph. 2 [8 f.] leret, auch Joh. 3 [16], 
Act. 10 [43] und 13 [48] geschrieben ist, und dann 
tier glaube aus dem gehore des wort Gottes 
kummet, RSm. 10 [17]. so sollen die kloster- 
personen, jungfrauen, megde und kinder, als in 
dem kloster sein, in die predigen gehen und mit 
fleis und herzlichem begirden Gottes wort hSren, 
nicht zweivelende, der almechtige werde seinen 
heiligen Geist darzu geben, das es in ihnen 4 
kreftich und frucht schaffen werde, wie ehr 
selbst durch den prophethen zugesagt hat, das 
sein wort nicht soll ledig und ohne frucht ab- 
gehen, sundern das ausrichten, darzu ehr es 
gesandt hat [Jes 55,11]. 
Dann also schreibt auch S. Paulus Gal. 3 [2], 
das die Galateren haben den heiligen Geist emp- 
fangen durch das gehor des glaubens, das ist 
durch die predig. So ist auch in Act. 10 [36 ff.] 
ein offentlich exempel, das der heilig C-eist durch 
gehSr und predige Gottes worts komme, dann 
do Petrus dem Cornelio und seinem haus pre- 
digte, das alle propheten bezeugen, das wir ver- 
gebung der sunden durch Christum haben, do 
fiel der heilige Geist sichtbarlich uf die zuh6rer 
solcher predige, domit anzuzeigen, das ehr stedts, 
xvan man Gottes wort predigt, etzlichen auch 
unsichtbarlichen gegeben werde. Und hat Gott 
selbs den Cornelium centurionem [Act 10,5 f.] 
und Paulum [Act 9,6] zur predig und dem gehor 
Gottes worts gewiesen und ihnen gesagt, der 
apostel und prediger werden ihnen anzeigen, 
was sie thun und lassen solten, darumb sagt der 

Ananias zum Paulo [Act 9,17]: Saul, lieber bru- 
der, der Her, der dir uff dem wege erschienen 
ist, hat reich zu dir gesant, auf das du dert 
heiligen Geist empfangest. 
Dernnach sollen sich die klosterpersonen auch 
mit fleiss zu der predigt Gottes worts furdern 
und es gerne hSren, domit sie den seligmachen- 
den glauben, heiligen Geist und ewiges leben 
erlangen mogen, und also werden sie auch en- 
zeigen, das sie rechte geistliche und aus Gott 
sein. Dann Christus selbst sagt [Joh 8,47]: Wer 
sein wort h6ret, der sei aus Gott, wet aber sein 
wort nicht hSret, der sei nicht aus Gott, sonder 
aus dem teufel. 
Und sollen alle kinder, die im kloster erzogen 
und gehalten werden, in die predigen feiertag 
und werktag gehen, derwegen ihnen auch zu 
der zeit soll zu essen gegeben werden, das sie 
dardurch die predige und gottesdienste nicht 
verseumen. Es soll auch keiner jungfrauen, die 
nicht in die predig gehen will, gestattet werden, 
das sie kinder bei sich habe. 
Zum andern sollen an allen Sontagen und 
festen, wenn communicanten vorhanden sein, 
mess gesungen und das sacrament des leibs und 
bluts Christi ausgeteilt werden. 
Also auch, well die klosterkirchen auch pfar- 
kirchen sein 5, so soll die heilige taufe, wan 
kinder zu taufen vorhanden sein, auf die feier- 
rage, auch andere tage, warm es begert wirdet, 
mitheteilt werden. 
Und soll das heilig sacrament des altars nach 
der einsetzung Christi und wie es Gott lob in 
diesem furstenthumb gebreuchlich ist, nemlich der 
leib und blutt Christi den communicanten ge- 
geben xverden. Dann er selbst es also eingesetzt 
und zu geniessen bevolen hat, do ehr also sagt 
[1. K 11,24 f.]: Nemet hin und esset, das ist 
mein leib, der fur euch gegeben wird, und fer- 
ner, als er ihnen den kelch dargereicht: Drinker 
alle daraus, das ist der kelch des neuen testa- 

 In der niederdeutschen Fassung heil3t es: 
uns. 

In der niederdeutschen Fassung heil3t es: 
,,Also ock. wor de kloster kercken oder 
pfarkirchen seyn." Dieser ganze Absatz, die 
Taufe betreffend, fehlt bei L y 1 m a n n. 

610 



Liineburg 

kirchen zusaraenkoraraen und in den raetten, 
prira, terz, sext, non, vesper und coraplet die 
christliche gesenge und lectiones de terapore 
und yon den hohen festen, auch de sanctis, doch 8 
rait der christlichen correction und veranderung, 
wie die sonderlich beschrieben und verordenet 
sein, singen und lesen. 
UndSa ist solche correction der collecten und 
gesenge allein dorinne, do Gott und der ver- 
dienst Christi verlassen und die versturben hey- 
ligen umb h01fe anger0ffen und ihre vorbitt 
und verdienste als raittel zwischen Gott und 
den raenschen gestellt werden, geschehen. 
Dan Gott wil allein Gott und helfer sein. wie 
ehr auch allein der schoepfer, erhalter und selig- 
reacher ist. Ich, spricht er [Ex 20,2 f.], bin allein 
dein Gott, und neben fair soltu keine gotter 
haben. Item Deut. 32 [39]: Siehe, ich bins allein, 
und ist kein Gott ahne ich. 
Ich bin der Her, und ausser fair ist kein hey- 
land, Esaias 4 [Jes 43,11]. Ich bin der Herr und 
s0nst keiner raehr, kein Gott ist ohne ich, Esaias 
45 [21 I- 
Und diese ehre wil er auch alleine haben und 
sie keinera andern lassen, Esaias am 42. [8] und 
48. [11] Darurab sol raan ihnen allein anruffen 
und anbeten, er wil uns auch gerne erhoeren, 
wie ehr selbst zugesagt, do ehr ira 50. psalra 
[15] sagt: lfiff raich an in der nott, so wil ich 
dich erretten, so soltu raich preysen, und Jerera. 
29 [12 f.]: Ihr werdet raich anruffen und bitten. 
und ich wil euch erhoeren, ihr werdet raich 
suchen und finden Zachar. ara 14. [13,9]: Sie 
werden raeinen nahraen anruffen, und ich wil 
sie erhoeren, itera Psalra 91 [15]: Ehr rfifft raich 
an, so vil ich ihnen erhoeren. Itera Exli ara 
22. [26]: Er wird zu fair schreyen, so werde ich 
ihn erhoeren, dan ich bin grmdig. Ja, er sagt 
Esaias 65 [24]: Und es sol geschehen, ehe sie 
ruffen, wil ich antwurten, wan sie noch reden, 
wil ich hoeren, und spricht David ira 145. psalra 
[18 I.]: Der Herr ist nahe allen, die ihn an- 

ruffen. Er thut alles, was die gottesfurchtigen 
begehren, und hoeret ihr schreyen und hilft 
ihnen. Derwegen sagt David [vgl. Ps 141,8]: 
Herre, zu dir hebe ich auf raeine augen, Herr, 
zu dir habe ich geruffen, und du hast raich 
erhoeret. 
Und sol solch anruffen und gepett zu Gott 
dera Vater dutch Cristura seinen lieben Sohn, 
unserra Hem und heyland, geschehen, dan also 
sagt ehr [Joh 16,23]: Furwar, furwar, sage ich 
euch, alles, was ihr den Vater bitten werdet 
in raeinera nahraen, das wird er euch geben. 
Und ist dieser Christus allein der raittler zwi- 
schen Gott dera Vater und dera raenschen, wie 
Johannes sagt in der ersten epistel ara 2. cap. 
[1 f.]: So wir sundigen, haben wir einen vor- 
sprecher bey dera Vater, Jesum Christura, den 
gerechten, .und er ist die bezalung vor unser 
sonde, und nicht allein vor die unsere, sunder 
tier ganzen welt, itera Paulus in der ersten 
epistel ad Timoth. am andern capitel [5 f.]: Es 
ist ein Gott und ein versffner Gttes und der 
menschen, der raensch ist Jesus Christus, der 
sich selbst zur erlosur gegeben hat vor alle. 
Aus dera ist zu vernheraen, das alleine Gott 
anzuruffen und anzubeten sey und solchs durch 
Cristum unsern erloser, welcher allein unser 
vorsprecher und raittler ist, und sol allein in 
seinera und keins heyligen nharaen die erhorung 
geschehen. 
Und ist kein schrift, die anzeiget, das die 
verstorben heyligen der raenschen gebete an- 
hoeren oder wissen, dan Gott ist allein ein 
erkenner der herzen, der alraechtig und ein 
erhoerer des gepetes ist, und ob sie es wusten, 
so wollen sie doch solche ehre, die alleine Gtt 
geburet, nicht haben, dan sie wollen, was Gott 
wil, der wil aber allein ein Gott und helfer, 
auch allein angeruffen sein. 
Also wolt Petrus in Actis apost, ara 10. cap. 
[25 f.] nicht, das Cornelius vor ihme niederfiele 
und wolt ihnen anbeten, und sagt ihrae: Stehe 

' Das Folgende bezieht sich auf die Brevier- 
ordnung des gleichen Jahres, vgl. oben Ein- 
leitung, S. 490 u Text Nr. 10. 

.aDieser Abschnitt bis zu ,,Die prira, tertia und 
sexta..." fehlt in einigen Exeraplaren. 

612 



Liineburg 

So auch irrung oder unwill zwischen den per- 
sonen des klosters furfallen wurde, so soll die 
domina fleiss furwenden, dieselbige beyzulegen 
und den unwillen abzuschaffen. So sie auch 
etliche alte jungfrauen, auch den predicanten 
darzu ziehen wolfe, domit sie soviel mehr folge 
bey den zankenden personen haben mochte, das 
soll zu ihrem bedenken stehen. 

Da aber ihr 5 auch hiertiber enstunde, die 
sachen zu vergleichen 46, soll solchs an den 
ampman4; oder unser genedigen herschaft selbs 
gelangen, domit notturftig einsehen und ver- 
schafftmg in solchen sachen geschehen moge. 
Diese ordnung soll also gehalten werden. Es 
wird aber vorbehalten, dieselbigen nach gelegen- 
heir zu verandern, zu mehren und zu mindern. 

5  Irrung (irr)? 
46 Niederdeutsche Fassungen: ,,So averst ock 
darover mehr entstunde in der sake tho vor- 
geliken." 

618 

So bei LyBmann und in dem unadressier- 
ten Expl. In dem Expl. f/ir ,Vienhausen heiBt 
es: ,,an den grossen vogt zu Zell", in dem 
f/ir Isenhagen: ,,an den befelichaber zu Eisen- 
hagen", in den Exemplaren f/ir Kloster Ltine: 
,,schall solches an u. g. herschaft gelangen". 



Klosterordnung 1574 

ten oder ehr sie ansprechen, so soll solches uff 
dem chor geschehen. 
Dergleichen sollen die jungfrauen das aus- 
faren unterlassen, dan so sie etwas an pro- 
viant oder andern zu bestellen haben, das konnen 
sic durch ihrn einemer zu Luneburg oder ihre 
werber, und was dardurch nicht kan bestelt 
werden, dutch die amptschreiber oder amptleut 
verrichten, haben sie abet etwas yon ihren 
freunden zu bitten oder sunst etvas an sm zu 
gelangen, das konnen sie durch schriften aus- 
richten. 
Well sie sich der welt, wie man sagt, begeben 
haben, so sollen sie auch under keinem schein, 
als muesten sie ihren freunden in sachen rithen 
oder anderer ursach halber aus dem kloster 
fahrn, es were dan, das ihr ratter oder mutter, 
bruder oder schwester so krank weren, das sich 
ihres lengern lebens nicht zu vermuten, der- 
wegen sie den oder die gem ansprechen wolten, 
so sollen sie darzu acht oder vierzehen tag, 
darnach sie nahe oder ferne zu bemelten ihren 
freunden haben, erlaubt werden 

Welche jungfrau auch im klosterleben zu be- 
harren nicht bedacht, die sol] es der dominae 
und predicanten anzeigen, die sollen es ihren 
negsten freunden vermelden. Und do es ihrer 
freunden wille ist oder sie sonst aus gutter 
ursachen trod nicht leichtfertigkeit aus dem 
kloster begert, so soll ihr daraus zu ziehen, doch 
mit unserm vorvissen, erlaubt und so viel vom 
kloster gegeben werden, als sie darein gepracht 
hat. 
Und damit diese unsere christliche ordenungen 
dem almechtigen zu lob und ehren und der 
menschen heil und seligkeit, auch zeitlicher wol- 
fart so viel mehr erhalten werden, sein wit 
bedacht, jerlich ein oder mehrmal mit unsern 
consistorii rethen oder durch dieselbige allein 
zu visitirn und die mangel in einem und anderem 
zu horen trod in besserung zu richten. 
Zu urkund haben wLr diese ordenung mit 
unsern handen underschrieben und mit unsem 
secret besiegeln lassen. Gegeben am eIften tag 
Maii ao. etc. 74. 

Wilhelm diet] jung[ere] 
h[erzog] z[u] B[raunschweig] und L[tineburg] 

623 



Ltineburg 

10. Emendatio Breviarii virginum ordinis Sancti Benedicti 
in ducatu Luneburgensi. 
I15551 

Etsi in coetu piorum, qui Dominum praesentem 
et argelos inspectores habent, requiritur, ut iuxta 
praeceptum Pauli 1. Corinth. 14 [40]: Omnia de- 
center et secundum ordinem fiant, non enim, 
ut idem ait [1. K 14,33], confusionis auctor est 
Deus sed pacis, tamen semper habenda est ratio 
christianae libertatis, et prudenter ordo in con- 
gregationibus sanctorum in observandis ritibus et 
discrimine faciendo lectionum, ciborum, vestium 
etc. constituendus est. Nam facile peccatur in 
libertatem christianam, si nimis imprudenter et 
anxie pro ordine servando laboratur. Stat enim 
fixa et immota sententia Pauli ad Galath. cap. 5 
[1]: In libertate qua Christus nos liberavit, state, 
et ne rursus iugo servitutis implicemini. Et est 
libertas in Christo Jesu semper exposita mul- 
torum impiorum etiam falsorum fratrum, teste 
Paulo, iniquis explorationibus. Quare in refor- 
mandis praedictarum virginum orationum libris, 
quibus in divinis utuntur, quae breviaria vocant, 
non volumus pio alicui iugum servitutis im- 
ponere. Sed tantum impiis reiectis, quae pie 

possunt legi et cantari in honorem Dei, ostendi- 
mus Haec enim quae demonstravimus concordi- 
ter et unanimiter absque omni iugo servitutis, 
etiam sine omni dissensione in unitate spiritus 
et vinculo pacis et legi et cantari possunt et 
omitti illa sine omni scrupulo conscientiae pos- 
sunt, quae notavimus. Admonemus igitur vir- 
gines, quibus lux evangelii per Spiritum sanctum 
affulsit et caeteras, de quibus nobis bona spes 
est, ut vel tandem evangelio Domini nostri Jesu 
Christi se submittant, ut unanimes, concordes, 
et pacificae cure stent in facie Dei et habeant 
angelos inspectores, orent et sanctificent ce- 
lebrentque nomen Dei cantando et legendo pia 
et sacris literis consona, impiis istis et super- 
stitiosis lectionibus, cantilenis, antiphonis, re- 
sponsoriis, penitus abiectis. Hoc si fecerint et 
Deo gratissimum obsequium praestabunt et prin- 
cipem nostrum illustrissimum singulari benevo- 
lentia sibi devincient. Datum Cellae feria quinta 
in Paschalibus ano salutis 1555. 

1 Druckvorlage: Hs aus dem Supermtendentuc- 
archiv Liineburg. 

624 



STADT LUNEBURG 

LITER. ITI_'R auBer den im allgemeinen l'erzeichnis =u diesem Band anegebenen Titeln: 
J. G. Bertram. Das Evangelische Liineburg. Braunschweig 1719. -- G. Fock, Der june 
Bach in Lgmebur[J,. ilamhur,g 1950. 
ihren Landesherren. ilildesheim 1953 = Quellen und Dar.stelhmgen zur (;eschichte iedersach- 
sens 53. m G  r g e s - \ e b e. Geschichte de.s ;Iohanneums zu Liineburg. Fest.schrift :ur 500- 
jiihrigen Jubel[eier. Liineburg 1906.  O. :l ii r g e n s . Geschichte der Stadt Liinehur. ilan- 
hover 191 = Hanma'ersches Stiidtebuch "2.  G. Iiatthaei. Die EinJghrug der 
Reformation in Liineburg vor 400 ;l:dre. Liineburg 
[ormationsjeier in Liinehurg. 1930. -- G. ll a t t h a e i . Die I" i l: a r i e s t i j t u n g e tt der 
Liineburger Stadtkirchen im _llitteldter and im Zeitalter der [h'prmation. Ggttinen 
= Studien zur Kirchengeschichte \'iedersachetts 4. -- IC. Iladtk e. Das Lnehurger Be- 
kenntnis gegen das lugshur,er interim, in: ZnKG 44. 1939. S. 4063.  !i'. Reinecke. 
Geschichte der Stadt Liineburg. Bd. 1. II. Lgmeburg 1933.  Die Liineburger Chronik desProp- 
stes 21akob Schomaker. iirsg, yon Th..lle'er. Liineburg 1904. 
Rhegius" Schul- and IxO der Stadt L(meburg yore 9. Juni 1531. in: ZnKG 1. 196. S. 4593. 
 G. l_'hlhorn, l_rbanus Rhegius. EIberfeldl62.P. 11"ach.muth. Die KO der Stadt 
Liineburg yon 1575: inwieJern machen sich die Grundsat=e der ReJormation in ihr. noch [fir 
die Gegent'art lehrreich, geltendY, in: l'erhattdl, d. 25. ord. Be.zirk.svnode Liineburg am 25. Okt. 
1917, S. 1225. -- I. t'. ll'e'he-Eimke Die bte des Klosters St. Michaelis .=u Lneburg 
Celle 162. -- .l. ll'r e de, Die EinJiihrung der tleformation im Liineburgischen. G(,ttin.en 
15"2.  E. Zechlin, Liineburgs ilospitiiler im llittelalter. Forschungen - Gesch. Niedersach- 
sens I. 6. Hannorer 1907. 
IflCHII'E: Stadt I. Liineburg. .lrch. d. Superintendentur -_u Liineburg. .itch. d. Klosters 
St..llichaelis zu Lneburg (im Stadt 1. Liineburg).  Die l:latsurkunden im 5tadt 1. Lneburg 
sind chronologisch nach dem genauen Tagesdatum geordnet und tragen keine sonstige Be- 
r.eichnung. 

625 



lich . and .[affe, die in nehreren Hss. a] sie ]olgende ..Leges ad solum scribum" 
3iihere Inaben bei den Tecten unter t'r. : und 4. 
.tilt der KO yon 1573 75 war die Ordnung des Kirchen'esens in der Stadt Lfneburg ab- 
eschlossen. Die mal3gebliche Stell, ng des Rates 'urde schliel31ich ouch durch den Landes- 
herrn in ei, wm Re'..et r, tit der Stadt 16.'t9 anerkannt, in velcher, t neben ausdrfcklicher 
Bestatigun} der KO yon 157"3 75 dem Rat veitreichende geistliche Gerichtsbarkeit and nicht 
unerhebliche lu]sichtsrechte 6ber die Geistlichleit der Stadt :ugestanden 'urden. In den vo, 
der stadtischen KO nicht beriihrten Punkten hatte man sich n,wh der landesherrlichen KO yon 
1619 :u richten. 
Bereits am 7". November 157"7" hatte der Rat mit dem Her-_og ll'ilhelm d. 2. ein lbkom- 
men getro]ien, nach welchem die Stadt be:a.lich der geistlichen 2urisdiktion and des 2us 
patronatus nicht dem Landes]arsten unterstehen sollte. Son, it war die Stadt ouch yon der 
l'isitation and Oberau]sicht durch den Generalsuperintendenten des Landes be]reit. 
Die Konkordienfornel ist 157"7" yon Bargermeister lind Rt der Stadt Liineburg unter- 
schrieben worden. Zu ihr haben sich die danach neu in das Stadtministerium eintretenden 
Pr,diger i ihren ..coolestJones'" beka,t ('gl. auch .Vieders. $taats- ,. [-nit'.-Bibl. G6ttingen. 
Cod. IIs. ]rid I70a. am Schhd3 des Iis. inmitten mehrerer La.o leerer Seiten). 
Der Entvicklungsgang des Lanebrger Kirchenwesens im 16. 2h. macht es begrei]lich. 
dM3 kaum etvas davon 6berlie]ert ist. wie der Rat das Kirchenregimet im ein:elnen wahr- 
nahm. Lediglich 'egen des Predigerdienstes sind aus dem .ahre 15S2 llseinanderset:ungen 
:vischen Rat nd Geistlichkeit bekannt ge.orden: der Rat wollte in dieser lngelegenheit 
ete lordnunen tre].[en, gegen die die Prediger aus Z'eckmatigkeitsgrandon Einsprtch 
erhoben, ll'ie man sich schlietlich einigte, konnte nicht ermittelt verder (vgl. Stadt.4. Lfne- 
bur.ff E ! \r. 21). Seit Ilitte des 16. .lh.s nahmen in det Eddagsartikelt l'ervarnurgen gegen 
ln:uchtvergehen :u. ihre Bestra.ittne 'trden verschar[t, ebenso die Kleider- and sonstigen 
Luzusordnutgen. Ehebruchvergehen sollten mit Geiiin.,nis bestrait werden (;'.el. R e i n e c k e I. 
S. 337"). In eine Poli:eiverordnung yon 157"9 warden alle diese .lngelegeuheiten au]genommen 
Im lrmen- lnd Stipendienvesen ist der Rat eben]alls ei.ene ll'ege geangen. Hier kann 
nur soviel as den Quellen mitgeteilt tverden: die Einrichtung eines .lrmenkastens war 
abhiingig ;'on Urbanus Rhegius gescha].ien and geordnet vordet: es scheint so. als ob auch 
Stephan Ker, zpe keinen Ein]lul3 al] ihre Entwicklung gehabt hat. Das Rechnungsbuch des 
lrmeokastens. I..'11-- I.61 /'Stadt 1. Liinel,r. IB Nr. 470). beeinnt mit dem Eintrag dat3 im 
"Jahre 1530 Rat and Cemeinde :ur Ehre Gottes lind _ttr l'ersorgung der lrmen einige Kisten 
in den Ki'chen errichtet haben. vorin ]iir die lrmen gesammelt werden solle, was man den- 
selben alle ll'oche oder sonst im Lau]e der Zeit austeilen volle. Ztr l'ervaltlng dieser.4rmen- 
kisten vurden 20 l'erweser, at,ch Diakonen genannt, verordnet (8 Jar St. 2ohannis. e 6 
St. Lamberti and St. IVikolai). Zu Beginn des 2ahres 1550 wlrd erwahnt, daf der Rat in dem 
gevohnten Gebrauch der .4rmenkiste eine .inderung hatte eintreten lassen, ohne dat3 bier 
Naheres dariiber verlautet. Schlietlich nelden :wei Ratsurkunden (2. September 134. and 
1.5. 2antar 1547"), dal3 der Rat ]iir eine einheitliche Unterstiit:tng der Irmen aus den 
geistlichen Sti]ttn.en Sortie trage. Es liegt im Stadtarchiv Liineburg eine sorg.[iiltige Bch- 
[iihrung der .trmenkiste vor: Rechntngsbiicher seit 1531, Register ber 4usteilung der .41- 
mosen seit 1531. Quittungen -_u den Rechnungsbiichern seit 153S. Register seit 1556. alle bis 

630 



Schul- und Kirchenordnung 1531 

men nenen bischopp ordineren schall, he sy 
denn thovoren examinereth und yn der hyllyghen 
schryft gheoveth erfunden. Hyeronimus ym pro- 
logs biblie lo sprycketh: Wan ener schonn hyllych 
ys und doch ungelerth und groff, so ys he 
alleyne sych sulven nuthbar, denn so vele [he] 
dorch dat frame leventh der kercken beterth, 
so groten schaden deyth he ohr, wanner denn- 
jennenn nycht veddersteyt, de eyn christlyke 
kercke vorstoren. Christus wyl nycht blynden 
voters yn der kercken hebben, sunder gelerde 
lude. Alle Christen schollen van Gade gelereth 
syrm, wo de prophete sprycket Esaii 54 [13]; 
overst an dennsulvyghen orde secht he van der 
gemeyne kunst, dat men Christum kenne. Sunde 
und gnade Gades vorstann, dat ghehort allen 
framen Christen tho, overst baven dusse kunst 
ys noch eyn sunderlych vorstanth und klocheyth, 
daher kumpt donum prophetie, 1. Cot. 9 [ 1. K 
14], venn Codt enem mynschen gnade gyfft, 
de schryft vorstann und gheschichder xvyse 
uthleggher, dat de christenheyth beterynghe 
darvon entfanghe. Dusse gadesghave ys nycht 
so ghemeyne, weynych hebben se. De bis- 
coppe edder parner schollen se hebben, dar- 
myt se vorstendlych und myth guder ordenmghe 
moghen dat volk leren yn allen schryften, vat 
tho weten nodich ys, ho erkentenysse Gades 
und synes sulvest. Tho dusser ghave der pro- 
phetien denen vaste woll alle herlyke kunste, 
daruth eyn mynsche lereth van allen dynghen 
rechte ordelen und artlych tho reddende, wo 
men dat merketh yn dreplyken lereres der 
christlyken kercken, Athanasio, Nasianseno, Chri- 
sostomo, Hilario, Ambrosio, Augustino, Hyero- 
nimo und anderen. Dusse kunst ys gar herlych 
yn dem Paulo ghevesen; vente vy seen, do de 
Romeren und Galateren wolden leren Christum 
vorstann, wo he kunstlych und ordentlych de 
lere voreth myt gruntlycher beschryvynghe, 

wath eyn dynch sy an sych myth vorstenlycher 
underscheydunghe und myt klarer bewerynghe 
aller sluthrede und thosamendenb:ndynghe der 
argumenten. He disputert kunstlych und ghewel- 
dych dynk uth godtlycher schryft uncl averwyndt 
de Joden, alse men yn der Apostelegheschychte 5 
I21 ff.: Petrus], 9 [20], 17 [2 ff.], 18 [4 ff.], 
19 [Sff.J, 24 [10ff] und an anderen orden seen 
roach, welches he ane dreplyke kunst und vor- 
stand nycht hadde donn konnen, und yn anderen 
epystel tho Thym. 4 [13] xvendeth he synn biblio- 
tech, dar see vy, xvo xvoll he nhumher eyn olth 
apostel ys, de denn hyllyghen Geyst so rychlych 
hadde, denn noch boker hadde und gans eyn 
ander meynynch ghexvesen denn doch de unge- 
lerde tulpel, de alle kunst vorachten und nenen 
under allen recht anghefanghen hebben tho 
lerende. 
Dat ys myth erste zho vormerkende, wat de 
propheth Esaias thorn boke de kunst und klo- 
cheyth schryfft, cap. 3; darsulvest thuth de pro- 
pheth, vo Godt de stadt Jherusalem umme orer 
sunde wyllen straffen xvolde, und vortelt allerley 
stand, de enem gedreplyken ghemeynen nuth tho 
regeren ys und ener stadt van noden ys, alse 
rychteren, hovethlude, radtheren, tapper, ansyc- 
lych, durbar menner, wunderbarlych vor alle 
anderen lude; thorn latesten nometh he lachast 11 
[Jes 3,3], dat vordudeth Simachus: em mann 
wollberedeth und kloch sy, und sprycket de pro- 
phete: Godt werth dusse van Jherusalem nemen 
wech und werth enhen 11a kmderen tho heren 
gheven, und xvyll darmede eyn grausam plaghe 
edder straffe anghetaghen hebben, darmecle he 
de Joden straffen xvyll, dat [se] schollen tho denn 
dromeren ghann. Wente xvat kan ener stadt 
dreffsalychers thokarnen, xvenn aller geschychde 
und klocker lude vorlust und nemandes mer 
hefft, de myth vornuft xvoll reden und raden 
vornemelych sy, xvat helpen de hoghen muren, 

(ler zweiten Hilfte des 5. Jhdts. in Gallien 
entstanden sind; vgl. C. J. Hefele, Concilien- 
geschichte II 2. 1873, S. 68 ff., auch RE 3 10, 
S. 111 f. 
Ep. LIII, 3. Ad Paulinum presbyterum de stu- 
dio scripturarum; MSL 22,542. CSEL 54,447: 

Sancta quippe rusticitas sibi soli prodest ... 
etc. 
lacflascfl heist eigentlich Schlangenbeschwb- 
rung. Jes 3,3: ein Mann, der der Schlangen- 
beschwbrung kundig ist 
Druckvorlage: .,erhen". 

9" 635 



Schul- und Kirchenordnung 1531 

dorch fyne geschyckede lude ys uth kleynem 
gude balde groth gude ghemaketh. Idt sprack 
vor jaren eyn wysmann, he wolde syner dochter 
tho tier ee vel lever enen mann aRe gelt hebben, 
denn gelth an enen mann, darrnede he tho vor- 
stannde gyfft, dat vele geldes nychtes were, 
wo nycht eyn recht mynsche darby were, de ydt 
rechte wuste tho brukende. Darurnrne secht Sa- 
lornon Proverb. 17 [16] woll und recht: War ys 
dem narren nutthe, dat he rykedom hefft, dewyle 
he de wysheyth nycht kopen kann. Dartho were 
ydt gudt, dat de scholemester ym estande were, 
welckor woll eyn born der erbarheyth roach ge- 
nometh werden. Paulus erwelet enen parner, de 
ym estande sy, 1. Thym. 3 [2.12], und de synem 
huse recht konnen vorstann, de ghehorsarn kyn- 
der hebben, und sprycket: Wan ener 1 synen 
huswolke nycht kan rechte vorstann, wo wert 
he denne der vorsarnlynghe Gades rechte konnen 
regeren? Dat roach men ock van enen schole- 
rnester uth gelyker orsake seggen. He lereth 
uth egen erfarenheyth ym estande by synen 
lever kynderen, wo treulych orne de jogheth be- 
valen ys, wo he se leren schall und holdeR. 
Welck nycht ym estande synn. offt ghelych wol 
ghelereth, so synt se doch ock ghebrechlyke 
rnynschen, de ock der anfechtynghe der jogeth 
er synne wytte uthbreyden up ander dynch, dat 
se erem ampte nycht rnyth vullen flyth und 
ernstlych upmerken konnen, denn wen se ym 
estande synn; wente yn estande hefft rnen ander 
ghedanken, dede ernstlycher synn. Dewyle nhu 
gude sede nycht dat geryngeste stucke syn eyn 
chrystlyke upfodynghe 1;a, so ys ydt jo groth van 
noden, dat men nycht weynygher up des schole- 
mesters gude sede den up syne kunst eyn ernst- 
lych upsenth hebbe, und so vele mer tuch und 
erbarheyth tho enen frameR manne alse tho 
enem leddyghen gesellen tho vorseen ys, recke 
yck vor nutthe und not, dat rne scholemesters 
hebbe, dede yn estande synn. und dar lycht rny 
gar nychtes an, dat men sprycket, eyn emann 

bruketh mer geldes und korn denn eyn leddych 
gheselle, den ernstlych xveth eyn idermann, dat 
eelos leddych stand sust an ander schall 
chrystlich stand [syn], tucht, erhe und loff hebben, 
dat se jeghen dat bekostenth nychtes gar achten; 
wente ydt wet sust eyn mystruve, denn Godt 
nycht ungestraffet lete, wan xvy nycht wolden 
loveR, dat uns Godt yn weghe syner ghebade, 
so wy fram weren und recht deden, mochten 
aver woll erneren, und wolden er yn untuch- 
tygne stande blyven, s,) eyn weynych mer kost 
hebben alse sust. De barrnhertyghe Godt, de uns 
heth syn geboth holdeR und dede ock denn hey- 
den erneren ys, ys ock woll so rych, dat he de 
synch kan erneren, und offte ydt schonn ym 
estande de bekostynghe, terynghe grotther ys, 
so kan und wyll Godt de kostynghe lynn an 
anderen order vorryngeren, dat gudt rneren und 
rychlych wedder segenen, wath dar aver geyth. 
\Voll dat nycht enloveth, den kenneth Godt nycht 
und ys freylych eyn arrne elende laver Christi, 
de ock van thokurnpstygen guderen des ewyghen 
levendes sych nycht vorhapeth, dewyle he nycht 
kann, dat tydtlych ys, vortruwen, ja, sodane rnyn- 
sche lover nener thosaghe Gades und ys eyn 
recht heyde under dern chrystlyken levende und 
nameR. 

Van wynkelenscholen. 
Fabius Quintilianus disputert 1. offt ydt beter 
st', dat eyn knabe yn tier scholen edder ym huse 
underrychteth xverde, und leth ydt sych ghe- 
raileR, en junghe yn der apenbaren scholen 
under den anderen junghen lereth, dat he vele 
van anderen horth, tho studeren gereyset und 
tho brukende syne kunst vor de lude deste be- 
spreker werth. Van fynen pedagoghen rede yck 
nycht yn dussen valle. Eyn overycheyt schall 
eyn flytych ynseent hebben, dat nycht eyn un- 
gelerth Hans hyr und dar yn wynkelen junghen 
nerne tho lerende, der rechten schole tho 
nadell 9 und affbroch und thorn rnerchlyken vor- 

 Druckvorlage: ,,sprycke van erie". 
17a __ Erziehung. 

8 IrLstit. orat. I, 2. 
t'  Nachteil. 

637 



Liineburg 

und de schonen clausulen commenderen, und one 
vorgheven argumenta edder themata, dede uth 
dem autore synth gethagen, de he dachlykes 
exponereth edder de up dersulvyghen sententien 
rymen, darmede one eyn orsake gheve, even dat- 
sulvyghe latynn, dat de autor redeth, ock ge- 
bruken moghen. So leren se van enen yderen 
dynghe fyn egentlych, syrlych, copiose reden 
und schryven. Darth,) helpeth sunderlych woll 
und vorbynde yck vast, war Erasmus Rotero- 
damus vor de jogeth gheschreven hefft, alse syn 
Colloquia 8 und Liber de copia verborum et 
return 39, de kleynen Adagia 0, darbeneffen prae- 
cepta rhetorices korth und de dialectica, dat de 
knaben van eyn yderen dynghe lere eyn gudt 
grunthlych vorstand, wath ydt sy und war men 
darvan reden unde holden schall, dat se korth 
van enem dynghe schcyven edder reden. 

Van underholdynghe der armen? 1 
Wur barmhertyghe lude am doedtbedde lyggen, 
denn armen ychteswes vorschaffende yn ge- 
meynen kysten, schall alse eyn gudt werk van 
eyn ydermanne unvorhyndert blyven. 

Van kerckenguderen. 
Der kercken guderen synth mannygerley, alse 
lane yn der patten, de dorch affsterventh der pre- 
staten vaceren. Der moghen ethlyke synn de jure 
patronatus, etlyke fray yn des ersamen fades ad- 
der der borgeren dispositiorm la, etlyke velychte 
noch ym besyttynghe synn edder noch van denn 

presteren, de ym levende synn. Hyrby ys dat ka- 
landeshus ,o myt synen upkumpsten und lenen, 
dar synth ock fraterniteten edder broderschop 
sust yn der stadt, alle in namen enes gades- 
dermst upgherycht und erdacht. In alle dussen 
stucken kann men nycht up dusse wyse han- 
delen. Erstlych allen presteren, dede ym levende 
synn, schollen erhe lenhe erhe levedaghe nycht 
entaghen warden, allene schall me one vorschaf- 
fen, dat se van oren donnde und erdom laten und 
sych fredelych under denn inwoneren ghemeyn 
und gelych holden. Allene de jure patronatus yn 
der borger hand, so se frey leddych werden, 
schollen thosamende gheholden werden dorch 
radesfrunde und dorch vororndenden borgeren 
tho erholdynghe der predygeren, kosteren und 
anderen kerchendeneren, alse scholemesteren, 
organysten etc., dat de predygeren nycht uth der 
armenkysten vorsorghet werden, sunder or er- 
holdynghe frey besunder und affghesunderth 
hebben van der armen lude kysten. Wo sych 
ethlyke wolden wedderstann und de lenhe jure 
patronatus sulvest tho erhen henden nemen, de 
schollen frunthlych vormaneth werden, dat sul- 
che guderen dorch er vorfaren edder older tho 
der kercken ghebruch synth vororndenth und 
byllych dar noch by blyven schollen, und schol- 
len dorch er conscientien halven dat ghegeven 
kerckengudt by der karcken laten blyven. Idt 
war denn sake, dat dat geslechte yn armodt 
queme und sulch gudt eren olderen sulvest no- 
troftych weren. Alse denne kann de levhe und 
byllycheyth woll dipenseren. Wo aver de patronn 
yn nenen weghen solche lenhe yn gemeynen 

3 Vgl. oben S. 640, Anm. 34. 
39 De duplici copia verborum et return. 1512, 
ein stilistisches Lehrbuch; Opp. (Clericus) 
Leyden I. 1703, S. 3 ff. 
4o Die erste Auflage der SprichwSrtersamrnlung 
erschien 1500. Die Samrnlung wurde danach 
noch stark erweitert und oft aufgelegt. Opp. 
(Clericus) Leyden II. 1703. 
1 In der Druckvorlage werden an dieser Stelle 
schon die folgenden Kapitel genannt: Van 
kerckenordenynghe, van vyrdaghen, vam 
eestande, van kerckoven, van predychampte. 
Die Ueberschnft: Van underholdynghe de ar- 

men, wird zu Beginn des Kapitels noch ein- 
real wiederholt. 
ta Druckvorlage: ,,dispotionn". 
42 Zur Ltineburger Kalandsbruderschaft vgl. O. 
Jiirgens, S. 27,74; W. Reinecke II, S. 62 ff.; 
ders., Geschichte des Ltineburger Kalands in 
Jahresberichte des Museumsver. f. d. Ftirsten- 
turn Liineburg 1891--95. 1896, S. 1--54. Die 
reiche Bruderschaft besal in der Nihe der 
Hauptkirche im Siidosten der Stadt ein ge- 
riumiges Gildehaus. -- Zu den tibrigen Bru- 
derschaften vgl. O. Jiirgens, S. 27, 68 f., 73 f.; 
W. Reinecke II, S. 49 ff. 

642 



Schul- und Kirchenordnung 1531 

kysten kamen laten, rnach eyn overycheyth 
arnptes halven hyrynne ock tho reden und schaf- 
fende hebben, dewyle schonn solche guder uth 
denn henden an kerckenghebruch ghegeven 
synth und sych jure patronatus allhene up ker- 
ckenbruch schall strecken, overst nych datsul- 
vyghe styft van tier kercken gans und gar aff- 
thowenden. Doch eyn vy[ser] radt de sulvest 
an eren ansprake wyll unvorhyndert laten, in 
valle dat se besunder recht und orsake hadden 
thorn beneficio und wolden dat beneficiurn yn 
des rechten patronatus hand ghestelleth hebben. 
Frey leddyghe beneficia schollen dorch vor- 
ordenten radespersonen und ethlyke borgeren yn 
gerneynen kysten der arbeyden dener vorordenth 
werden tho entholdyghe der predygher, schole- 
rnester, ghesellen, de men thor nutthe der stadt 
yn universiteten studeren leth, und derghelyken 
personen; wath overych ys, kann men denn 
arrnen gheven, doch alle arbeyder personen er- 
holdynghe schall uth dreplyken orsake nycht 
under der arrnen kysten vormengeth werden. 
Leddyghe lenhe edder beneficia des kalan- 
deshus, de yn dispensationn dersulvyghen ka- 
landes vorwanten stann 3, schollen tier arrnen 
yn orhe kysten ghegeven werden sampt ande- 
ten ynkarnen des kalandeshus, doch schollen 
desulvyghen gaven, war nycht styftlenhe synn 
der vorstorven, frey synn, soverne onhe de vor- 
latynghe ordelycher ghewalt und overycheyth 
ghescheen kann, dat nemand ghedrunghen verth, 
dat synn dartho ghevende, dar he dat syne un- 
gerne hennegyfft, wente Sanctus Paulus spryk- 
keth 2. Cor. 9 [6 f.]: Woll rychlych gyfft, verth 
rychlych wedder ghegeven, aver eyn ythlyker, 
alse thovorne yn synem herren erweleth hefft, 
nycht uth trurycheyth edder nodt, wente Godt 
beleveth eyn frolych ghever. Dyth alle schall 
scheen yn dispensationn tier vorordenden varn 
rade und van der gherneynte, aver de beneficia, 

so ane alle myddelen in e[ynes] wy[sen] rades 
dispensationn stann, myth velchen se de ge- 
rneyne nudt, denst und wollfarth pleghen tho 
forderen, schollen und noch alleweghe yn der 
hand tier overycheyt stann und de dispensation 
tho christlyker bruke blyven. Item eyn overy- 
cheyt schall van der borgerschopp enen diaco- 
nurn erwelen, de denn arrnen yn cristlyker truwe 
moghen und vyllen vorsettynghe donn. 
De broderschop schollen errnaneth werden, das 
se er jarlych brassenth 4 vorlaten und ant- 
werden 5 dathsulwyghe gelth yn de gherneyne 
kysten der armen edder derm arrnen junchfrou- 
wen eres handwerkes edder arrnen ghesellen tho 
vorordenen, edder wo se nycht vyllen, dat se 
dat orhe wedder hennernen. Idt ys doch yn 
dussem nyghen funde der brolerschopp nycht 
christlych, wen men Gades worth recht ansuth, 
darumme schal rne ydt gar affdonn; vente ydt 
schall yn der christlyke kercke men enych bro- 
derschopp alleyne smn, nornelych de ganse 
christenheyth. Wy hebben Godt Vader enen 
Heren und eyn erloser Christurn, enen geloven, 
eyn dope, eyn hopenynghe, eyn arve, und schall 
nene solche averloveschen affsunderyghe ghe- 
leden werden. Men schall sych ock urnnme solche 
vorendrunghen wyllen, upsetthe stucke, nychtes 
fruchten yn der conscientien, wente wy twy- 
velen yn nenem weghe der leven Christen, dede 
ym Heren entslapen synth. Vele und mennych 
synth also bestann, dat se ychtesves styften 
volden tho der erhe Gades und beterynghe der 
kercken, und ys also er vornernenth ghewesen; 
dat se averst yn dern valle des gadesdennste 
gheerreth, ys unwetende, also lofflych ghescheen, 
und so men ytsunth 46 ere schryft varn erdorn 
und misbruch tho der varheyth und christ- 
lyken levende und gebruch ghewendeth, geschuth 
nach erern styften und wyllen; vente dat ver 
unchristlych, dat jernand volde segghen edder 

Druckvorlage: ,,schollen stann tier arrnen...". 
 j/hrliches Prassen. Die Jahresfeste der be- 
deutendsten Buderschaft, des Kalandes, waren 
urn die Zeit des Johannis- und des Michaelis- 
festes. Arn Morgen und Abend land dann ein 

gemeinsames Essen im Kalandshaus statt; 
vgl. XV. Reinecke II, S. 64 f.. auch ders., 
Gesch. d. Lfineburger Kalands, a. a. O. S. 32 ff. 
5 _-- fiberantworten. 
46  jetzund. 

8o* 643 



Lfineburg 

holden, dat unse vorfaren ydtsunth nenen ghe- 
falle edder gude wyllen scholden darvan heb- 
ben, xvenn men orhe sake nacht Gades xvorde 
rychteth, dat se doch sulvest ghevyslych ghe- 
dann, so se gheleveth hadden dusse tydt. 
Darneffen schollen alle Sondaghe de predi- 
kers up denn predychstolle tho almyssen nach 
dem exempel Pauli Gal. 1 [= 2, 10b 1. Cor. 16 [1 f.]. 
lom 15 [25--27] ernstlych vormaneth. So de pre- 
dyke eyn ende hefft edder dat ampt, schollen 
vorordende dener by denn kerckdoren stann, de 
mylden handrekynghe tho entfangende. _Me vor- 
hyndert de lude am predykenhoren und bedende, 
dartho konnen de dener der armen nycht thorn 
idermanne kamen und nycht eyn idermanne 
tho one. 
Et ys ock vor de armen, dat me de stadt yn 
tve edder dre ferendel ; dele und eyn ider dele 
twe redelyker menner tho vororden, xvelckor 
sust de armen yn dennsulfen ferendel kennen, 
wath or handel sy, und dat se alle weken am 
Freydaghe edder sust an enen geleghen daghen 
herummenghann yn denn armen huseren und 
darsulvest der armen nodt und vesenth seen 
so konnen se der armen nha gelegenheyth des 
veyles deste beth und starklyke vorsorghen. 
Et schollen der armen dener edder diaconi 
flytlych leren, eyn thlych yn synen ferendel, 
tier wandel und wesenth, wo se leven myth oren 
kynderen; so kan men de almyssen deste beth 
anlegghen. 
Men vyndeth ock vormeten lude under denn 
armen, de laten sych thodreghen, ghann slom- 
lych , drunken, vorteren up enen dach, dar se 
tire edder vet van schollen leven, und holden 
offte lyden yn erhen huseren vordrethlyke lude. 
Dat alle moth men weten und ernstlych straffen, 
dat men nycht tho der sunde und godtlosen 
levende helpen sterken und tho hulpe gheve. Idt 

ys christlych, vyende und frunde gudt donn, 
dath ys averst nycht christlych, thorn bosen 
wetende hulpe und orsake gheven. 
Derhalven schal men nycht steden ag, dat de 
xvyfen und armen menner apenbar up der stra- 
ten bedelen, devyle men er nottroft ynth hus 
drecht..Men schall ock nenerley wys lyden, dat 
der armen kynderen, grote junghen, grote me- 
gede, yn der stadt denn gansen dach vor denn 
husen sytthen und modtxvyllen dryven. Dar wer- 
den boven und boxvmnen daruth, de nycht leren 
alse bedelen, vul und fressych synn. Sodanne 
unnutthe yolk verth yn de lenghe ener erbaren 
stadt schedtlych und schenthlych daranne synn. 
Darum schollen vader und moder ghedrunghen 
werden, dat se ohr kynder ock darheyme by 
ehrlych arbeyde beholden. So roach one er al- 
myssen deste beth erxvassen; denn wo se [nicht] 
wyllen horsam, tuchtych und erbethsam synn, 
schal men se de hulpe beroven unde straffen. 
Sanctus Paulus 1. Thym. 5 [16] wyll, dat men 
modtwyllyghen armen und stark bedeleren schal 
uthmusteren van der ghemeynen kysten edder 
hulp, und well yn nenen weghen lyden, dat de 
christlyke ghemeynt myth sterken bedeleren und 
fulen, unnutten luden schall averladen werden. 
Eth schllen de armen dartho ock gheholden 
werden, dath se am r.vngesten des vyrdaghes 
dat evangelium horen, so leren erhe krutse des 
armodes deste duldygher dreghen und werden 
ock danchbar Christen, und wo se dat nycht 
dorm, dat men de hulpe berove und straffe. 

Van kerckenordenynghe. 
Erstlych darmede alles yn tier kereken ordent- 
lych thogha, wo Paulus leret 1. Cot. 14 [40], 
schollen de psalmen und geystlych ghesanch 
nemand yn tier kercken anheven tho synghen, 
er dartho vorordenth sy 0, darmede confusionn 

a;  Viertel. 
8 _-- fippig. 
9 _-- gestatten. 
5o Im Kampf um die Einftihrung der Reforma- 
tion hatte die luthersch gesonnene Bev61- 
kerung mehrfach ihre Ueberzeugung daducch 
zum Ausdruck zu bringen gesucht, daft sie 

in der Kirche nach der im katholischen Geist 
gehaltenen Predigt deutsche Gesge und Psal- 
men anstimmte. Besonders beliebt war dabei 
,,Ach Gott, vom Himmel sieh darein!" Vgl. 
J. G. Bertram, S. 40 ff.; A. "Vrede, S. 115,117 
ff.; O. Jfirgens, S. 87; "V. Reinecke II, S. 161 f. 

644 



Schul- und Kirchenordnung 1531 

und ovelstand vorheven worde. Ock schollen de 
scholernester und cantor dem chorghesanch 
sarnpt denn organisten also rnetyghen, dat de 
predyghe nych dardorch vorhynderth werde und 
sych nycht dath arnpt tho langhe vorthenn, dar- 
dorch men vordraten und unwyllych worde, und 
schollen hyrynne dern kercheren .,1 ghehorsarn 
s,vnn, wo he dath nha ghelegenheyth des daghes 
ordenth. Ydt rnach ghedulden werden, dat litur- 
gia, rnissa edder des Heren aventhethenth yn 
ghewonthlyken klederen gheholden werden, doch 
yn christlycher freyheyth, dat nycht jernand vor- 
rnene, dat moste alse synn und nycht anders. 
Dat evangeliurn schal ock by dem altar yn du- 
descher sprake ghelych so xvoll alse de epistel 
gelesen werden, unangeseen, dat narnals yarn 
dern predyghestole heraff thorn anderen mall 
vorlesen werth. Sust ys Porneranus ordennghe 
der myssen und sacramenthe halven :2 gar woll 
tho dulden, darrnede nycht alle daghe eyn 53 
voranderynghe ghesche, tho vorbosynghe denn 
entfoldyghen. 
De presteren, so nhu nach affstellyghe der 
offerrnyssen unlustych s,vnn, schollen se ynth 
chor ghann und helpen synghen arnpt, vesper 
und ander, welkor dern evangelio nycht ent- 
jeghen ys; de anderen, de dath evangeliurn ho- 
ten, schollen sych fredelych und ane apenbar 
ergernysse holden yrn erern levende und erer 
lerhe. So schollen se 5 ock nycht yn der stadt 
noch vor dern dote dath evangelium lasteren, 
darrnyt nycht upror, nydt und hath rnancheth 
denn borgeren erwechketh werden. De predygers 
schollen dat yolk vormanen, dat se der kynder 
dope nycht vorsumen offte vorthyghen wyllen, 
alse yn ethlyken orden unchristlich gheschuth, 
und schollen onhe des hyllyghens dopens nha 
vorrnoghe myth ernste vorklaren. 
De predygers schollen alle er predyghen myth 
guder ordenynghe up dusse dre stucke, nornlych 

u..p de 10 ghebade, 12 stucke des christlyken ghe- 
loven .,, dat Vader unse, thenn, darrnede den 
entfoldyghen dusse dre stucke grunthlych woll 
leren und alle predyghen deste lutther beholden 
rnoghen. 

Cat echismu s.:':'a 
De eyn dener yn der kercken schall stedt- 
lykes denn cathechisrnurn predyghen lycht und 
vorstentlych, und wan de uth ys, van voren wed- 
der anheven. 
Item de predygher schal yn ener yderen pre- 
dyghen myth grotern ernste dat yolk errnanen, 
dat se bydden vor alle overycheyth, vor eyrie 
stadt, vor alle kranken, swachlovyghen und vor 
unse vyende und vor alle rnynschen, dat Godt 
de alrnechtyghe uns alle eynen rechten gheloven 
yn Jesurn Christurn gheve, yn synern evangelio, 
dat wy rechte Christen rnoghen werden und 
also vorvachten .':, dat he urnrne Christus wyllen 
synn gnade vorlenhe, und dath Godt tydtlych 
frede und frucht des veldes wyll bewaren etc. 
He schall ock vaken myth sunderlyken flyte 
anthenn, wo erntlych und flytych men beden 
schall, xvath eyn recht ghebedt sy und wath ydt 
vorrnach, und myth schryften unde exemplen de 
lude reysen tho dern bede und se 57 waken straf- 
fen umme er undanchnarnes wyllen, dat se so 
weynych beden unde or k}nder ock nycht thorn 
thernlyken bede holden. De predygers schollen 
ock, so vele rnoghelych xvere, arn werkeldaghe 
er serrnonn gheordenthlych ghestelleth hebben, 
dat he nycht aver eyn stunde predyghe, darmede 
nernand vordraten und also van der predig aff- 
gheschrecketh werde. 

Van vyrdahen. 
Und dewyle nycht so groth van noden ys, 
alse treulyke und flythlyke owynghe yn dern 
worde Gades, alse yn der sele spyse, schall [men] 

51 _-- Kirchherren 
52 Vgl. oben S. 405 ff. 
53 Druckvorlage : .,yrm". 
5 Druckvorlage: ,,sych". 

55 Vgl. oben S. 293, Anrn. 53a. 
55a Druckvorlage: arn Rand 
56 = ervarten. 
5 Druckvorlage: ,,so". 

645 



Schul- und Kirchenordnung 1531 

Exemplen der schryft: wy lesen ym olden te- 
stamenth, dat Abraham und de patriarchen be- 
grawynghe ym velde Ephrom was, Gen. 25 [9 f.], 
und Luci 7 [12], do Christus der wedewen sone 
erweckede vain dode, sprycket Lucas: Do Chri- 
stus sych nalede 74 der stadt porten, do drocht 
men denn vorstorven sone heruth, dat beschaf- 
feth der frouwen Christi leef 75. Derhalven ys- 
seth nene unerhe, xvente wo David [Ps 50,12] 
secht, dat ertbodem ys des Heren, lycht jeman- 
des vor der stadt up enem erlyken kerchove, he 
lych yn Gades ertboden, dorch welckore worth 
alle creatur ghesegeneth werden. Fordernysse 
de ghesuntheyth: wente so de mynsche synes 
lyves suntheyth dorch de luft hefft und de luft 
alse eyn subtyll element den mynschen dor- 
dryngeth und ym lyve grote voranderynghe ma- 
keth, ock allexveghe dat ertryke in kerchoven 
synes parochien openth und denn yngelaten 
dampt, er uthgheyt, de luft voranderth, so ys 
ydt lychtlych tho vorstann, dat unvorrottende 
korper yn denn laden TM bose damp gheven, 
dorch welchen yn der stadt de luft unreyne 
und mynschen drade 77 vorgyftych werden, dat 
alle jar stervendes noth tho besorghen ys. 
Dyt alle werth christlyker begrawynghe tho 
nenen nadell reken, van welckoren yn keyser- 
lyken rechten, C[odex] De religi[osis] et sumpt- 
[ibus] rune[rum] et quaestio [natal L[ex] 3 
dig[estorum] De sepul[chro] viol[ato] 8, im ol- 
den und nyghen testament alweghe erlych ys 
gheredeth worden und noch gheredet verth van 
allen Christen, dewyle se yn ghewysse hopynghe 
der salyghen upstandynghe entslapen. 
Gewygeth water und wyryck roch ;9 roach 
wedder den vorstorvyghen noch levendyghen 
helpen und synth doch vele lude beth tho her 
enes deles eyn orsake ghewesen, dat me der 
kerchoven yn denn steden vor denn fynsteren 

ghehath hefft. Wyll men overst bevysen, dat an 
dennsulven Christen begraven liggen, dat roach 
men ock yn beter wyse donn, also men solches 
edder gelyken schryft vor an der porten der 
kerchoves setteth: 
Der Christen epithaphium. 
Christus, unse hoveth, upstandyghe und le- 
venth, ys ume unse sunde wyllen eynmal ghe- 
storven, overst van dem dode vedder upghe- 
stann, hefft alle ghewalt ym hemmel und erden, 
reghereth yn evycheyth. Nhu synn xvy ledtmathe 
synes lyves und synen ghebente. Darumme love 
vy dorch en ghevysse upstandyghe unses fle- 
sches am jungesten daghe enes evyghen leven- 
des, wente dar kumpt de stunde, dat alle, de 
grave synth, werden synen stemmen horen, hyr- 
van, dede gudt ghedann hebben, tho der up- 
standyghe des levendes, de averst bose ghe- 
dann hebben, tho der upstandyghe des ghe- 
rychtes 1. Cor. 15 [52], Eph. 5 [5 f.]. Joan. 5 [28 f ] 
und 11 [25f.]. 
Denne wor kappellen edder parrhen vor der 
stadt by sekenhuseren80 weren edder sust synn 
dat men predyghen und dat sacramenth reken 
modt, und solche vorwaldynghe nycht enes bor- 
gers alleyne, sunder des rades edder der stadt 
Luneborch ys, darsulvest [schall] ock yn mathe 
vo hyr yn de parrhen dat evangelium ghepre- 
dygheth und dat sacrament nach dem worde 
Gades ghehandelt und gebruketh xverden, dar- 
mede sych nycht ene stadt myth fromden sun- 
den belade, alse denn gescheghe, wo se moch- 
ten und schollen denn erdom affstellen und leth 
dath doch henneghan. 
Item dat de spytall, se synth yn xvelches hand 
se wolden, myth predyghen des hyllyghen evan- 
gelium und gereky-nghe der sacrament nach Ga- 
des vorde ghenochsamelych vorsorgeth werden, 
und dat nemand ghestadet werde, de lude van 

7a ----- sich nahte. 
5 Druckvorlage: ,.Christen lyff". 
z6 Lade  Sarg. 
 ----- schnell. 
8 Corp. iur. civ. Cod. Just. III, 44. De religiosis 
et sumptibus funerum. Ausg. v. P. Krtiger, 

Th. Mommsen u. R. Schoell, Vol. II, Ed. 9, 
1915, S. 148. -- Pandect. XLVII, 12, 3. De se- 
pulchro violato. Dies. Ausg. Vol. I. Ed. 15, 
1928, S. 836 f. 
9 _-- Weihrauch. 
8o  Siechenhiusern. 

647 



Lfineburg 

dem hyllyghen evangelio, dardorch wy salych 
und fram werden, und der godtlyken ewyghen 
warheyth tho lochen und erdom affthowenden 
und tho vorforen; denn dewyle uns Godt so 
gaedychlyken tho der lehre '1 des evangelions 
gheropen hefft, scholle vy alse de danchbaren 
also allen vlyth vorvenden, idermann an uns 
thorn worde der salychmakende lehre >1 reysen 
und van dem erdom voren und denn erredden 
derm rechten wech wysen, denn vorforenden 
vernen. Also dede Nabochdonosar, Daniel 3 [29]. 
de vorbodt gheweldych, dat nemand denn namen 
Gades scholde lasteren. Dat hebben de konynch 
ym olden testamenth, alse Asa, Jehu und an- 
deren, denn erdom ghevereth und ghestraffeth. 
Vorumme scholde denn nycht ym nyghen testa- 
menth eyn christlyke overycheyth ghewalt heb- 
ben, denn erdom, so se sulche wedderwyllen 
und unchristlych unfrede maken, affthostellen 
und de vorforers straffen? Dat ys ock Sunte Au- 
gustinus menynghe c. 3 in Joannem 82 und 6 
corrigendorum hereticocum epit. 48 83 
Item devyle de lere, so wy voren, dat hyllyghe 
evangelion Jesu Christi ys, dardorch vy ghe- 
loven, der sunde lost tho werden und dat 
ghe leventh tho erlanghen, und dusse ordina- 
tionn dem evangelio ghelych und tho vorderyn- 
ghe des varen gelevygen loven yn Christum, der 
waren leven Gades und des negesten, alse ge- 
secht ys, schall [ydt] eyndrechtichlych yn allen 
parrenkercken der stadt Luneborch gheholden 
wcrden. Sus vo ydt yn ener kercken anders 
alse yn der anderen gheholden verth edder ych- 
tesves yn ener kercken alle3-n pawestlyke 
cerimonien ghebruket vorde, volgeth twydracht 
der christlyke enycheyt, yn der stadt wedder- 
wylie und unfrede. Dat schall me myth hoghen 
vlyth, soverne alse men jumer roach und kan, 
vorbeden. 

Item darmyt de overycheyth, van Gade ynghe- 
setteth, alle er sorghe, moghe, arbeyth, de se vor 
eyn ganse stadt drecht, deste rynger werde, 
schall de superadtendens eynmall ym jar tho 
tier osterlyke tydt yn tier kercken thorn kleynen 
hyllyghen Geyste s enem er[baren] w[ysen] 
r[ade] eyn besundryghen predyghe don_n, dar- 
ynne he uth godtlyker schryft gruntlych antheen 
nycht alleyne, wath ener christlycher overycheyth 
amptes halven nach dem gheveten ghehorth tho 
dormde, sunder onhe ock tho troste vorkundy- 
ghen, war eyn nuthlycht, nodych gadesghave 
der overycheyth yn der werlt sy, wo 85 der ove- 
rycheyth sorghe und arbeyt eyn solke groth 
herlych gadesdennst und idel gude xverke synth. 
vo treulych Godt de overycheyth beschutteth 
und handhaveth und vat sust mer van verth- 
lyken swerde yn der hyllyghen schryft steyth. 

Van predychampt. 
Angheseen, dat eyn predygher ane alle affec- 
tionn, frey und unvorhynderth modt dat evan- 
gelium predyghen und alle syne ghedanken und 
arbeyth drup 86 wenden und derhalven nycht 
schall noch kann der nerynghe halven de nodt- 
wendyghen warheyth vorswyghen und nemand 
leffkosen, schall men eyn yder predicanth 
tych und hundert gulden gheren ym jar. dat he 
armodes halven nycht moghe van huse tho huse 
naschen edder smorotsen und umme der neryn- 
ghe vyllen mennych laster unghestraffet und 
mennych warheyth unghepredygheth laten. Olde, 
nyghe testamenth bescheden denn predygeren 
eren ghenochsam solth, und dryngeth de bylly- 
cheyth, dat men denn arbeyderen underholden. 
dewyle me bether tho denn leddychgengeren 
und vulen unnutthe myth groter bekostynghe 
und nhadell wyllych ghegeven hefft. 

1 Von Rhegius' Hand eingeftigt. 
82 Tractatus in Joannem XI, 14; MSL 35, 1483. 
s Ep. XCIII ad Vincentium 6, 20; MSL 33, 331. 
CSEL 34, 2,464 f. 
81 Die Kirche zum kleinen heiligen Geist war 
die Rathauskapelle, zum ersten Male 

vhnt 1289. Noch vihrend des 16. Jhdts. 
fiel sie einem Umbau des Rathauses zum 
Opfer; vgl. W. Reinecke I, S. 48; II, S. 15. 
85 Druckvorlage: ,,vor". 
86 Druckvorlage: ,,donn". 

648 



Schul- und Kirchenordnung 1531 

Doch schall de constitutionn allexveghe ynn 
enes erb[aren] r[ades] und der ghemeynte hand 
starm, tho voranderen, wo dat byllycheyth vor- 
dert, nha ghelegenheyth, gheschyclycheyth und 
notroft des predygers, dewyll of re kunst, fleyth, 
arbeyth und treu edder notroft by denn predy- 
geren ungelych ys. 
Wo der predicanten eyner dat gadesworth 
myt synen gnaden vorhoede, ym levende edder 
yn der ler sych vorgrepe unde unrecht handel- 
delde [!] tho der ergernysse der christlyke ghe- 
meynte, schal one de superadtendens ernstlych 
und treulych nha christlyker ordenynghe vor- 
manen, hefft he schaden ghedann, dennsulvy- 
ghen tha vorgelden. Wo he sulche vormanynghe 
vorachteth, schal de superadtendens und dre 
borger myth ome vor de overycheyth ghann 
und one daran klagen und straffen. Wo he overt 
solches alles vorachteth und sych nycht wyll 
underwysen laten, schall he affghesetteth wer- 
den van dem predychampt und van der christ- 
lycke ghemeynte alse untuchtych vorwesen wer- 
den; wente dat predychampt ys, dat reyne evan- 
gelion predyghen, darnha leven und darnha alle 
dynch donn trod lyden tho der ehr Christi und 
tho beterynghe der christenheyt. 
Derhalven schall neen predyger tho der parrhe 
edder predychampt upghenamen werden, he 
hebbe denn loffwerdyghe luden tuchenysse, dat 
he yn synem stande christlych geleveth und ge- 
lereth hebbe, und dorch denn superadtenden- 
ten examinereth und anderen dartho vorordenth 
und tho solchen groten ampte ghenochsam er- 
funden werde; wente alse eyn fram gelerth 
predygher de recht werktuch christlycher fram- 
mycheyth, frede, enycheyt und alles guden tho 
forderen trod tho erholden, also ys eyn bose, 
ungelerde eyn werktuch des regenten der du- 
sternysse, tho vordtmkeren und uthloschen 
christlyker framheyth, tucht und erbarheyth und 

unfrede twyschen frede und alles ungelucken 
tho erweckende, und wo vele an dusser sake 
gheleghen ys, hefft men dorch erfarynghe it- 
sunth vor oghen woll gelereth Darumme secht 
Paulus synem Tymotheo 1 Tym. 4 [12 f.]: Sy eyn 
vorbylde denn ghelovyghen yn dem worde, ym 
wandel, yn der leve, ym geyste, ym gheloven, 
yn der kusheyth, holt an myt lesen, myt er- 
manen, myt leren, und 1. Thira. 2 [2. Tim 2,1f.] 
lereth und vormanet he Thymotheum synes amp- 
tes halven also: So [sy] sterkedudoch nhu. mynn 
sonn, dorch de gnade yn Jesu Christo, und wat 
du van my horeth hefft dorch de ghetughen, 
dat bevele ; truwen mynschen, de dar tuch- 
tych synth, ock anderen tho leren. 1. Thym. 3 [2] 
ghebuth Paulus: Eyn bischop schal synn ghe- 
schycketh tho lerende. Lucas Actor. 1 [1] spryk- 
keth: Christus heveth an tho donnde und tho 
lerende; dat donth gheyt vor dat lerenth hyrnha; 
dat schall ock eyn framer predygher donn, edder 
aver vath he buxveth myth der lere, dat bryk- 
ket he wedder myth dem bosen levende. 
Dusse ordinationn hebbe yck, Urbanus Rhe- 
gius, der hyllyghenn schryft doctor und parner 
tho Zelle, up borgherbeghere der lofflyken stadt 
Luneborch tho der erhe Christi, unses enyghen 
heylandes, und tho beterynghe der christlyken 
vorsammelynghe darsulvest begrepen, myt ert- 
bedyghen, wo eyn artykel edder mher. tho vor- 
hoden allen mystvorstand, erklarynghe bedorfte 
und voranderynghe der handel, personen und 
gelegenheyt der tydt ichteswes, war tho edder 
darvan tho donnde van noden were, of f re ock 
jemandes ethlyke edder alle articulen dusser 
schryft understunde tho calumnieren, dat alse 
define wyllych und bereyt syn wyll, der saken 
tho raden und dorch Gades gnaden und hulpe 
dusse ordinationn muntlych edder schryftlych 
myt unvorwyslyker rekenschop tho vodege- 
dynghen. 

9. Junii a Christo nato 1531 
Luneburgi in Saxonibus. 88 

87 Druckvorlage: ,,bewele yck". 

88 Datum und Ort yon Urbanus Rhegius eigen- 
hindig geschrieben. 

649 



Kirchenordnung 1575 

las in Bardewiek 15, welche kirchen derselbe 
erbar, hochw[eyse] radt bifi daher stets mit 
duchtigen und geschickten kirchendienern mit 
radt des ministerii bestellet und vorsorget (dan 
S. Michels kirchen 16 bestellen die herren des 
klosters mit solchen personen, so mit dem mi- 
nisterio pium consensum fovieren wollen), nicht 
vorgonnet oder gestattet, das sich jemand dar- 
ein ohne vorwissen und bewilligung des wort- 
haltenden burgermeisters und superintendenten 
exercieren oder offentlichen pro concione hSren 
lassen mugen, und seind grosse und gewisse ur- 
sachen vorhanden, worumb man solchen ge- 
brauch mit allem vleisse billich behelt und nicht 
leichtlich lest fallen. 

II. caput. 
De legitimae vocationis processu. 
Und als auch vieler bedenklichen ursachen hal- 
ben zu diesem hochwirdigen ampte, dadurch Got- 
tes ehre sonderlich befurdert, sein reich uff 
erden bestetiget, eine heilige christliche kirche 
gesamlet und die menschen zum ewigen leben 
beruffen und geweiset werden, nicht ohne ge- 
wissen unterscheid iderman, sondern alleine 
solche personen bestalt und beruffen werden 
sollen, welche die reine lehre des heiligen, salig- 
machenden worts erstlich vor sich selbst recht 
vorstehen und grundlich gelernet haben, damit 
sie die zuhSrer nicht auf bSse, sondern alleine 
auf gute und gesunde weyde fuhren konnen, 
wie daher Godt der almechtige die heiligen pro- 
pheten in dem alten testament selbst, ehe ehr 
ihnen zu predigen befholen, entweder durch son- 
derliche offenbarungen geleret oder sonsten zur 
schule gehalten und der Herr Christus seine 
liebe apostolen und junger, ehe ehr sie zu lehren 
in die ganze welt ausgesandt, in die viertehalb 
jahr lang selbst durch viele und mennigerley 

predigten aufs allergetreuligste und vleissigste 
unterwiesen. Es haben auch die lieben apostolen 
einen von den mermeren, so die ganze zeit uber, 
welche der Herr Christ-us von der taufe Jo- 
hannis ahn bis uff den tag seiner himmelfart 
unter ihnen aus und eingegangen, bey ihnen ge- 
wesen, seine predigten geh6ret und wunder- 
werke nebenst ihnen gesehen, in des vorreters 
Judae stette zum zeugen seiner auferstandung 
genommen [Act 1,21 f.], ja, sie haben auch von 
ihren discipelen alleine diejermen, so die reine 
lehre richtig yon ihnen gefasset, alse den Ste- 
phanum und Philippum, wie auch der Paulus 
den Timotheum, so uon kind auf die heiligen 
schrift geleret, ahn ihre stedte zu predigen vor- 
ordnet. Weil es auch vonn6ten, das die diener 
des worts nach der gesun4en lehre selbst, so- 
viel immer muglich tst, unstrefflich leben, da- 
mit sie nicht mit der einen hand bauen und mit 
der andern widerumb einreissen, sondern viel- 
mehr rechte furbilder der herde Christi sein 
konnen, wie der heilige apostel Paulus 1. Timot. 
3. cap. [1 ff.] derowegen erfurdert, das ein bisschoff 
unstrefflich sein etc. und unter andern auch ein 
gutt gezeugnus haben solle yon denen, die dar- 
aussen seind, auf das ehr dem lesterer nicht in 
die schmacheit und stricke falle, auch dieB dar- 
zu geh6ret, das ehr von dem lieben Gotte mit 
den gaben begnadet sey, das ehr andere leute 
widderumb cure fructu unterweysen, vormah- 
nen und lehren kan, wie der heilige apostel 
Paulus [1. Tim 3,2] in dem vorangezeigten orte 
unter andern erfurdert, das ehr auch lehrhaftig 
sein solle : 
1. So hat man sich bis daher, so oft es die nott 
erfurdert, stets mit sonderm vleisse nach gueten, 
bekanten, unvordechtigen und unberuchtigeden 
personen umbgethon, dieselben auch, ehe man 
sie zu solchem hochwirdigen ampte genzlichen 

15 Kapelle des stidtischen Leprosenhauses, vgl. 
O. Jtirgens, S. 27; E. Zechlin, S. 8, 50; W. 
Reinecke I, S. 48. 
le, Kirche des Benediktinerklosters im Nordwesten 
der Stadt. Das Kloster war 955 yon Hermann 
und Amelung Billung auf halber HShe des 
Kalkberges gegrfindet worden, die Kirche 

diente dem Herzogshaus als Begribnisstitte. 
Nachdem Burg und Kloster 1371 zerstOrt 
worden waren, wurden Kloster und Kirche 
1373 weiter 5stlich innerhalb der neugezoge- 
hen Stadtmauer wieder erbaut. V_gl. J. G. 
Bertram, S. 14 ff.; O. Jtirgens, S. 26; W. 
Reinecke I, S. 16 f., 47 f., 134 ff. 

653 



Lfineburg 

damit der ganzen gemeine angezeigt und vor- 
kundiget werde, wie dieselbe persone, welche da 
also offenthchen vorgestellet wird, von Gott 
almechtigen ordentlicherweyse durch die ge- 
burliche obrigkeit zu dem heiligen predigampte 
beruffen und der ursachen halben nicht anders 
als der Aaron, nachdem ehr auch von Gott zum 
hohenpriesterlichen ampte bey den Israeliten 
beruffen gewesen, Exodi 29. cap. [4 ff.|, der gan- 
zen gemeine vorgestellet worden ist, 3. das sie 
ihne, wie die Israeliten dem Aaron haben thuen 
mussen, vor ihren seelsorger annemen und sich 
befholen sein lassen, vor ihne vleissig bitten und 
nach seiner lehre sich getreulich richten sollen, 
wie der heilige Geist auch der ursachen halben, 
Acto. 9. cap. |10 ff.] den lieben Paulum, nachdem 
ehr vom hohen himmel herunter zu dem ampte 
beruffen, der gemeine zu Damasco durch den 
Ananiam als der heiden apostel und lehrer hat 
vorstellen und befhelen lassen. 4. wird damit der 
ordinandus auch seines ampts offentlich vor der 
ganzen gemeine erinnert und vormeldet, was er 
lauth der vorgelesenen texte bey der gemeine zu 
thun schuldig ist, 5. das sich der ordinandus 
auch dazu vor der ganzen gemeine offentlich 
bekenne, pflegt man ihne zu fragende, ob ehr sol- 
chem allem, davon die obgemelten texte reden, 
getreulichen also nachzukommende willens, dar- 
auf ehr dan mit dem offentlichen ja Deo et eccle- 
siae fidem et diligentiam suam muB promittie- 
ren und zusagen, 6. auf solchs ja geschicht die 
impositio manuum ab omnibus verbi ministris, 
damit sie von dem lieben getreuen Godt wun- 
schen und bitten, das ehr ihne in solchem christ- 
lichen und guten vornhemen nicht alleine gne- 
diglichen bestetigen, sondern auch seinen hei- 
ligen Geist verleihen wolle, das zur ehre Gotts, 
der kirchen bestes und vieler leut ewigen heil 
und seligkeit viel guts dadurch geschaffet wer- 
den rouge, wie der liebe S. Paulus 1. Timoth. 
4 [14] bezeuget, das der Timotheus durch auf- 
legung seiner hende den heiligen Geist und die 

gabe der prophetie empfangen habe. 7. Und da- 
mit die zuhSrer wissen mugen, vas die aug 
legung der hende vor eine ceremonia sey und 
was sie bedeut3, so pflegt man auch davon wolI 
kurze erinnerung zu thuen, und das sie auch 
ihre votum hinzuthuen, das Vater unser sampt 
dem gebete D. Martini Lutheri 32 zu sprechen 
und ihme damit zu befhelende, das ehr hin- 
gehe und weide die herde Christi, so ehr mit 
seinem bluete erworben hat, mit sprechung des 
segens Benedicat tibi Dominus, ut facias fruc- 
turn multum. Amen, 8. worauf der ordinator an- 
fengt zu singende: Nun bitten wir den heiligen 
Geist etc. 33, und wird darnegst das ampt der 
messe dergestalt gehaltem das einer von den 
dieneren des worts in geburlichen amptkleidern 
vor das hohe altar tridt, singet das Vater unser 
und darauf die verba institutionis coenae domi- 
nicae, da den der itzt gerdinirter diener sampt 
andern, denens geliebet, zur communion gehet, 
das ehr in solchem heiligen werke sich mit dern 
Hern voreinige, und was zuvor gebeten worden 
ist, wirklichen erlangen muge. 
Nach geschehener ordination praesentieret der 
superintendens solchen neuen diener dem gan- 
zen ministerio und bittt, das es ihm die Leges 
ministerii TM zu gelegener zeit vorlesen, ihne 
sich zu denselben bekennen und obligieren lasse, 
ad colloquia mit gestatten und in allen pro con- 
fratre annhemen und halten wolle. 

Caput IV. 
Von den predigten, so das ganze jhar uber 
gewontlich geschehen, und yon den cere- 
monien, so dabei gehalten werden. 
Obwoll (wie der erwirdiger herr Doct. Mar- 
tinus Lutherus an die in Liefflandt schreibet 34) 
die eusserlichen weysen frey seind und dera 
glauben nach zu rechnen, mit gutem gewkssen 
mugen ahn allen often, zu aller stunde, dutch 
alle personen geendert werden, so erforderts 
doch die liebe des negsten, umb allerley erger- 

3- ,,Barmherziger Oott, himmlischer Vater"; WA 
38, S. 429 f.; Hbfling, S. 142 ff. 
33 Wackernagel III, Nr. 28. Ev. Kgb. Nr. 99. 

33 Vgl. Text Nr. 3. 
34 WA 18, S. 419. 

656 



Kirchenordnung 1575 

nusse willen zu vormeiden, das nach der lehre 
Pauli in der gemeine Gottes alle ding rein er- 
barlich und ordentlich zugehe [1. K 14, 40], da- 
mit nicht mehr zurissen dan erbauet xverde. 
Darumb helt mans hie in diesen kirchen mit 
solchen dingen wie folgt: 
Des Sonnabendes thuet man umb halbwegen 
zweyen zu S. Johanse, zu S. Lambert, zu S. 
Nicolaus 35 eine halbe stunde b umb zwei 
schlegen aus dem catechismo eine vormhanung 
denen, so des folgendes tages zum hochwirdi- 
gen sacrament gehen wollen, und wird ihnen 
eine gewisse forma confessionis nicht darumb, 
das sie alle daran gebunden sein sollen, sondern 
das die einfeltigen eine gewisse anleitunge ha- 
ben m6gen, vorgelesen vie folgt: 
Forma confessionis. 
Ich armer sundiger mensche bekenne vor Gott 
und euch in Gottes stedte, das ich nicht alleine 
in sunden entfangen und geboren bin, sunder 
auch die zehen gebott Gottes, meines Herrn, mit 
gedanken, worten und werken vielfaltigerweyse 
ubertretten habe, dan ich beliebe, glaube und 
vortraue Godt nicht von ganzem herzen, ich 
lobe, preise und danke ihme nicht so vleissig 
vor seine unzellige gnade und wolthaten, als 
ich woll thuen solte, sunder lestere, fluche und 
schvere oftmals vorgeblich bey seinem heiligen 
nhamen, ich h6re nicht so vleissig Gottes wort 
und gehe nicht so oft zum hochwirdigen sacra- 
mente, alse ich billig thuen solte, sondern vor- 
seume es oftmals leichtfertigerweyse, bin auch 
meinen eltern, obrigkeit, herren und frauennicht 
gehorsam gewesen, babe mit meinem negsten 
gez6rnet, bin in worten und werken unzuchtig, 
habe meinem negsten schaden lassen gesche- 
hen, achterredet, felschlich belogen, sein gutes 
gerucht abgeschnitten und das seine oftmals be- 
geret etc. Ich weig auch, das Gott solcher sunden 
und ubertrettung von herzen gram und feind 
ist, dieselben hasset und ernstlich straffen will 
in den unbugfertigen. Mir aber ist solches al- 

zumhale yon grund meines herzen leid und be- 
ruffe mich auf die grundlose barmherzigkeit 
Gottes, die da grSsser ist als der ganzen welt 
sunde, und uff das reiche vordienst meines 
Hern und erlbsers Jesu Christi, welchs eine 
gnugsame bezhalunge ist vor aller menschen 
sunde uff erden, und uff die grosse guttigkeit 
des heiligen Geistes und gleube vestiglich, das 
Gott reich aus lauter gnaden annhemen und umb 
Christi willen mir meine sunde vorgeben wolle. 
Begere derhalben solchen meinen doch schwa- 
chen glauben yon solcher gnadenreichen vor- 
gebung der sunden mit dem wahren leibe und 
theurem blute Christi zu sterken, und bitte, ihr 
als ein diener Christi, deme das ampt der 
schlussel befholen ist, wollet mir ahn seiner 
stette vorgebung der sunden ansagen und vor- 
kundigen und mit Gottes worte trSsten, damit 
ich das hochvirdige sacrament wirdiglichen 
empfangen mbge; dan ich vorhoffe hinfurder 
die sunde mit hohem vleisse zu vormeiden und 
mein sundliches leben vormittelst gottlicher 
gnade und hulfe und mit virkung des heiligen 
Geistes zu besseren. 

Eine kurze form der bicht. 
Ieh armer sunder bekenne vor Gott und euch 
in Gottes stedte, das ieh in sunden empfangen 
und geboren bin und die gebott Gottes mit ge- 
danken, worten und werken vielfaltigerweyse 
ubergetreten babe, und weig, das Godt der 
sunden yon herzen feind ist und dieselbige ernst- 
lich straffen will in allen unbusfertigen. Mir 
aber seind alle meine sunde yon grund meines 
herzen leid und beruffe reich uff die grundlose 
barmherzigkeit Gottes des Vaters, uff das grosse 
vordienst seines lieben Sohns Jesu Christi und 
uff die giitigkeit des heiligen Geistes undglaube 
vestiglich, das Gott mir aus lauter gnaden 
meine sunde umb Christi willen vorgeben wSlle 
Darumb begehre ich solchen meinen glauben mit 
dem wahren leibe und theurem blute Christi zu 
sterken und bitte, ihr wollen mir ahn Gottes 

35 Vgl. S. 652, Anm. 10--12. 

657 



Ltineburg 

Sanctus, darnegst singt der priester vor dem 
altare das Vater unser und die wort von der 
einsetzung des abentmals Jesu Christi teutsch. 
Nachdem die wort des testaments gesungen 
seind, communicieret man das yolk mit beyder 
gestalt nach de einsetzung des Herrn Christi und 
nicht anders. Unter der communion singt man, 
weil sie wehret, der nachgesetzten gesenge eine 
oder mehr, darnach viel der communicanten 
sein: Jesus Christus, unser heiland 53 etc., Godt 
sey gelobet ' etc., Agnus Dei :-,5 oder O lamb 
(ottes unschuldig 5; etc. 
Da es sich auch begibt, das der diener, so das 
ampt der messen helt, nicht brods oder xveins 
gnug genommen, sondern inter commtmicandum 
aim der beyder eins etwas mangelt, so nimbt 
chr desselben elements, welchs gemangelt hat.. 
soviel als noch nStig ist, und spricht daruber 
die wort der einsetzung Christi, so zu demsel- 
ben element gehSren, und gibts darnach den 
naclstendigen 5; communicanten. Non enim ad- 
dendum est non consecratum consecrato, ut fiat 
consecratum, ut quidam 58 volunt, sed potius 
elementa rite consecrata danda strut 59 populo. 
So auch nach geschehener communion etwas yon 
brodt oder wein ubrig bleibet, so wirt dasselbe 
nicht xviderumb zu dem andern gemeinen brodt 
oder xvein gethon oder weggesetzet, son.Jern xvird 
yon dem diener, so das ampt vorrichtet, ge- 
nossen oder den andern commtmicanten nach 
gelegenheit gegeben. 
Nach der communion wird die collecta ge- 
sungen: Wit danken dir, almechtiger Herr 
Godt 60 etc. 

Benedictio gegen dem volke. 
Der Herr segne dich und behfite dich etc. 

An Sondaen und hohen iesten. 
Leutet man umb eilf schlegen zu S. Lambert 
widerumb zur predigt und wird daselbst ser- 
mon yon zwolfen bis umb eins. Darnach hebet 
man zum heiligen Geiste und zu S. Johans umb 
eins die vesper ahn und wird daselbst zu S. Jo- 
hans yon zwei bis umb drey schlegen die son- 
tagsepistel gepredigt. Zu S. Michel singt man 
vesper yon zwei bis umb drei etc. und wird 
gleichsfals daselbst zu dreyvierteil van einer 
stunde die epistel gepredigt. 
Von den besondern iesten oder fiertagen, 
so man das ihar uber helt. 
Uber die gemeine Sontage werden mit son- 
derer reverenz und andacht gehalten die hohen 
heuptfest des Herrn Christi, als da seind der tag 
nativitatis Christi sampt den andern und dritten 
folgenden. -- Der tag circumcisionis oder be- 
schneidung Christi':1 oder neuxvjahrstagk. -- Der 
tag epiphaniae, das ist der erscheinung oder 
offenbarung Christi, den man nennet der hei- 
ligen drey kSnig tagk. -- Der tag der opferung 
Christi im tempel, genant purificationis Mariae 
oder leichtmestagk 62. __ Der tag annunciationis 
oder vorkundigung Mariae 63  Pascae sampt 
den beyden folgenden tagen. -- Item ascensionis. 
-- Item Pfingsten sampt den beyden folgenden 
tagen. -- Der tag nativitatis Johannis, des hei- 
ligen teufers. -- Der tag visitationis Mariae oder 
Marien berggangstagk 4 -- Der tag Michaelis. 
Auf diese feste helt man die ordnung der lec- 
tion, gesenge, predigten und communion, die ahn 
den gemeinen Sontagen gehalten wird, allein das 
die introitus, sequenz und praefationes de tern- 
pore, die darauf geh6ren, gesungen werden, item 
die alte deutsche gesenge, als auf nativitatis: 

53 Wackernagel III, Nr. 10. Ev. Kgb. Nr. 154. 
5 Wackernagel III, Nr. 11. Ev. Kgb. Nr. 163. 
55 Vgl. Rbm. Melbuch, Canon Missae, S. 481. 
Ev. Kgb. Nr. 136. 
5,; WackernageI III, Nr. 619 ff. Ev. Kgb. Nr. 55. 
5;  fibrigen. 
.,s j. G. Bertram, Beylagen, S. 464: alii. 

59 j. G. Bertram, a.a.O.: simul. 
60 Vgl. Luther, Deutsche Messe. 1526; Sehling I, 
S. 16. 
,;1 1. Januar. 
62 2. Februar. 
63 25. Mrz. 
64 2. Juli. 

660 



Liineburg 

evangelisten. Den Montag zu S. Lambert die- 
selbe aus einem evangelisten, den Donnerstag 
daselbst das 53. cap. Esaiae, den Dingstag 
zu S. Niclas das 17. cap. Johannis von dem 
gebete Christi, auch vorwechselt man diese 
materien woll und nimbt des einen jars das 53. 
cap. Esaiae auf den Dingstag und das 17. cap. 
Johannis oder die historien passionis aus einem 
evangelisten auf den Donnerstag. 
In der stillen woche, die man die marter- 
voche nennet, predigt man den Montag zu S. 
Niclas von sechs bis um sieben und zu S. Lam- 
berte von achten bis umb neun, den Dingstag zu 
S. Lamberte von sechsen bis umb sieben und 
zu S. Niclas von achten bis umb neun, den Mit- 
wochen zu S. Johannis und zu S. Michel von 
achten bis umb neun, den Donnerstag von ach- 
ten bis umb neun in allen kirchen yon dem 
abentmal des Hern, den Freytag yon sechsen 
bis umb sieben zu S. Lambert und zu S. Niclas 
und von sieben bis umb achten zum grossen hei- 
ligen Geiste und yon achten bis umb neun zu 
S. Johanse und zu S. Michel. An dem guten Don- 
nerstage helt man auch das abentmhal des Hern 
in allen kirchen, desgleichen thuet man auch 
den Freitag zu S. Johanse und den Sonnabent in 
allen kirchen, ausgenommen zu S. Michel und 
zum grossen heiligen Geiste. 
Den Osterabend predigt man in allen kirchen 
yon dem begrebnus Christi, ausgenommen zum 
grossen heiligen Geiste. 
Den Mittwochen in den Ostern predigt man 
zu S. Johanse das evangelion Johan. 21. cap. 
[1 ff.]: Da off, enbarete sich Jesus abermals ahn 
dem mehre Tyberiadis etc., den Donnerstag 
nimpt man das evangelion Joharmis 20 [11]: 
Maria aber stund vor dem grabe und einet 
draussen, den Freitag das evangelion Matt. 28. 
cap. [16 ff.]: Aber die lieben jungern gingen hin 
in Galileam auf einen berg, dahin sie Jesus be- 
scheiden hatte, usque ad finem capitis. 
In der bettelwoche ss lest man den Montag, 
Dingstag und Mittwochen die gewontliche ma- 

terien anstehen und predigt von dem gebete 
und wird allenthalben nach der predigt die li- 
tania sampt ener collecten und dem: Erhalt uns 
Herr etc. gesungen. 
V. caput. 
Von der teuIe. 
Well die heiligo teufe von unserm Herrn Jesu 
Christo selbst eingesetzet und das fundament 
unsers christlichen glaubens ist und wir dadurch 
der heiligen christlichen kitchen selbst einge- 
leibet werden und demnach billich und recht 
ist, das dieselbige ehrlich, mit grosset solemni- 
tet und andacht in beisein vieler Christen ge- 
halten werde, damit andere leute ihrer teufe 
und der hohen gaben Gotts, als der vorgebung 
der sunde, der kindschaft Godts und der ewi- 
gen seligkeit, die ehr dadurch den menschen 
mittheilet, erirmert, auch zum gebett vor die 
kindelein, so getauft, vormanet werden, so ists 
allewege hie also gehalten worden, das man die 
hillige taufe nicht im winkel oder heimlich, son- 
dern in facie ecclesiae vorrichtet und volgen- 
der gestalt damit umbgangen ist: Erstlich thuet 
der diener Gotts, so das ampt vorrichten soil, 
eine kurze erinnerung von dem erbarmlichen 
fall Adae und der erbsunde, darinne wir alle 
geboren worden, sampt vormeldung des grossen 
und ernstlichen zorns Gottes widder die sunde, 
dadurch wir alle unserenthalben musten ewig- 
lich vordampt und vorloren sein unfl pleiben, 
zum andern yon der grundlosen grossen barm- 
herzigkeit Gotts, der da uns seinen eingeboren 
Sohn, unsern Herrn und heiland Jesum Chri- 
stum, gegeben, welcher unsere vordorbene natur 
und vordambte fleisch und blurt ahn sich ge- 
nommen, ein opfer vor unser und der ganzen 
welt sunde geworden etc. und derowegen nun das 
heilige predigtampt in der xvelt vorordnet, das 
dadurch alle menschen zu solcher gemeinschaft 
der gutter Christi beruffen xverden sollen, auch 
die heilige teufe eingesetzt, das vir dadurch der 
heiligen christlichen kirchen eingeleibet und 

ss Vgl. oben S. 154, Anm. 62. 

664 



Lfineburg 

fechtungen und anliegen desto gewisser zu trS- 
sten habe. 
3. Zum letzten auch umb der gemeine Gottes 
willen, auf das die durch solche offentliche be- 
stettigung der nothtaufe, so yon frauen gescheo 
hen, erinnert werde, das man in den heiligen 
sacramenten fur allen dingen achtung geben 
solle auf die einsetzung Jesu Christi, und da die- 
selbige gehalten wird, da sey ahn den sacramen- 
ten und ihrer kraft nicht zu zxveifeln dan die 
sacramenta ja nicht gebunden an sonderliche 5r- 
ter, stand, condition, wirdigkeit und unwirdig- 
keit der personen oder an andere auswendige 
circurnstantias, sondern allein uff die einset- 
zung des Hem Jesu Christi und uff Gottes be- 
fhelich und zusage. 
Umb dieser jetztermelten und derselben glei- 
chen ursache willen sollen biIlich auch nach 
empfangener nothtaufe die kindlein, wen sie im 
leben bleiben, in die kirchen und vorsamblung 
der gemeine gebracht werden. 
Und wen dasselbige geschicht, aldan soll man 
mit ihnen umbgehen wie volget: 
Zum ersten soll man diejennen, so das kind 
zur taufe bringen, fragen wie folget 1. Ist das 
kind getauft? Antwort: Jha. 2. Womit ists ge- 
tauft? Antwort: Mit wasser. 3. Wer hats ge- 
tauft? Antwort: N. 4. Wie ist es getauft? Ant- 
wort: In dem nhamen des Vatters und des Sons 
und des heiligen Geistes. 5. Was hat es vor 
einen nhamen? Antwort: N. 6. Was vor per- 
sonen seind dabey gewesen, die es gesehen und 
gehSret haben? Antwort: N.. N., N., N., N. etc. 
Dieweile dan nun. lieben Christen, di kind 
x on wegen seines lebens gefhare, wie wir jetz- 
und glaubwirdig berichtet und gehSret, die 
nothtaufe mit dem zeichen und worte, so Chri- 
stus darzu vorordnet, unl das wesen, die taufe 
belangend, empfangen hat so will sichs nicht 
eigen oder geburen, ist auch nicht nStig, das kind 
noch einmhal zu teufen. Es wehre auch wider 
Godt und die ganze heilige schrift, dieweil S. 
Paulus spricht Ephe. 4. cap. [5. 6], das wir nicht 
alleine einen Herrn. einen glauben und einen 
Godt und Vatter haben, der da ist uber alle, 
durch alle und in uns allen, sundern das wir 

auch alle eine taufe haben, wormit wit ein- 
mhal Christen zur seligkeit getauft werden. Wir 
sollen das auch gewi sein und darahn nicht 
zweifeln, das dies kind recht und gnugsam ge- 
tauft sey, so es auch schon eilich nach der 
empfangenen nothteufe gestorben wehre, unan- 
gesehen der person, so es getauft hat, auch der 
stedte, da es getauft ist; dan die heilige taufe 
hat ihre kraft nicht yon wegen der personen 
oder stedte, sonder des wortes Gottes, seines 
befhelichs und einsetzunge. Dieweile aber diea 
kind der ursachen halben hie zu der kirchen 
ahn diese stette ist gebracht, das erstlich die 
kirche seiner teufe mochte vorgewissert sein etc., 
zum andern auch die teufe dutch die gefatteren 
und andere hie gegenwertige personen mochte 
bezeuget werden, und zum dritten des kindes 
underschiedliche nhame mochte erkant und be- 
stetiget werden, so wollen wit erstlich Godt 
dem Vatter aller barmherzigkeit und gnaden ge- 
treulichen von herzen durch Christum danken, das 
ehr dies kind zu seiner teufe hat kommen las- 
sen, und sprechen mit demutigem und wahrem 
glauben das gebett, so uns Christus selber hat 
beten leren und sagen: Vater unser, der du bist 
in dem himmel etc. Dieweil wir abet auch des- 
sen gewi sein, das Godt die kind dutch die 
taufe zu seiner gnaden hat angenommen, so 
wollen wir auch veiter bitten, das ehr die an- 
gefangene gnade in demselbigen wolle vor- 
mheren und zu der rechten frommigkeit und ewi- 
gen seligkeit bestendig erhalten wolle, und dem- 
nach die nachfolgendes gebett sprechen und 
sagen: Almechtiger, ewiger Godt, Vatter unsers 
Herrn und heilandes Jesu Christi, der du durch 
die sintfluth nach deinem gestrengen gerichte 
die ungeleubige welt vordammet und den gleu- 
bigen Noah selbachte nach deiner grossenbarm- 
herzigkeit erhalten und den vorstocketen pha- 
rao mit allen den seinen im Roten Mehre vor- 
seufet und dein yolk Israel trucken hindurch ge- 
fuhret hat, dmit die bad deiner heiligen teufe 
deines lieben Sohns, unsers Hem Jesu Christi, 
den Jordan und alle wasser zu einer sehligen 
sintflus [!] und reichlichen abwasschung der sun- 
den geheiliget und eingesetzet, wir bitten dich 

666 



Ltineburg 

zum dritten, das die bestalten nicht unbeeidet 
zugelssen werden, 
und zum vierden, so oft eine oder mehr an- 
genohmmen oder bestalt wurden tmd sich mit 
ihrem eide zu solchem ampte vorpflichtet, das 
sie alsdan zum superintendenten gesandt wer- 
den mugen, auf das ehr sie ahnstadt des mini- 
sterii desselben aufs allervleissigste erinnere 
und zu getreuem vleisse laut einer sonderlichen 
vornotelung, so zu der behueff bey demselben in 
vorwahrung ist. vormhane, und wie sie sich in 
allen zufallen christlich vorhalten sollen, be- 
lehre und insonderheit vleissig underrichte, wie 
sie sich in der zeit der noth mit der teufe vorhal- 
ten sollen, damit in dem falie auch nichts geschehe, 
alas unchristlich oder jemands ergerlich sey. 
Als nemblich zum ersten, das sie ja nicht 
leichtlich ohne hochdringende noth zur noth- 
teufe eilen oder greifen sollen, sondern sich. so- 
viel als moglich und die gelegenheit immer er- 
leiden kan, bevleissigen, mit dem furderligsten 
das geboren kindelein in die kirche zu bringen, 
damit es vor der gemeine offentlich getauft wer- 
den mSge. 
Zum andern, so das kind gefhare halben nicht 
in die kirchen gebracht werden kan, sondern ja 
eilends im hause getauft xverden muir, das sie, 
sofern es immer geschehen kan, einen kir- 
chendiener dazu erforderen, der es im hause teu- 
fen moge. 
Zum dritten, soferne man in der eile keinen 
kirchendiener, der es im hause taufe, haben kan, 
sondern zu besorgen, das das kind, ehe man 
einen darzu erfordern konte, sterben mochte, 
ds alsdan die frauen, so cla vorhanden sein, 
ein person, drey, vier, funf, sechs oder mehr, 
Godt im himmel anruffen sollen und das kind, 
so getauft werden soil, in seine zugesagte gna- 
den durch ein herzgrundliches gebet befhelen 
und darnach wasser nhemen und das kindlein 
damit teufen im nhamen des Vatters, des Sohns 
und des heiligen Geistes. Amen. Auch nicht 
zxveifeln, das kind sey recht getauft, xveil es 
nach Christi befhell getauft worden. 
Zum vierden, das man es dabey nicht schlech- 
tes pleiben lssen, sondern das kind, welchs 

also in dem huse mder noth getauft worden, 
sofern es im leben bleibet, gleichwoll darnach, 
wie oben von tier nothteufe vormeldet worden, 
mit dem furderligsten in die kirche bringen soll. 
Zum funften, das sie in tier zeit der noth, da 
es mit der geburt schwerlich felt und auch zu 
befruchten, das die frucht nicht lebendig zur 
welt kommen mochte, dennoch mit der noth- 
teufe vorziehen sollen, so lange bis das kind- 
lein ganz und gar geboren und in die hende der 
menschen gekommen; dan soll die ander geburt 
geschehen und ein mensch widerumb neu ge- 
boren werden aus dem wasser und heiligen 
Geiste, so mug die erste geburt auch vullenkom- 
men und der mensch ganz auf die welt geboren 
sein Darumb soll auch in der noth kein tell des 
leibes, noch das heupt, noch die hende, noch 
die fusse etc. getaufet werden, sondern solche 
leibesfrucht mit einem christlichen und gleu- 
bigen gebet Gott befholen und im nhamen Chri- 
sti gebeten werden, Gott wolle gnad vorleihen, 
alas solche kegenwertige frucht in ihre hende 
gegeben werden und also nach seinem befhell 
und auf seine gnadenreiche zusage die heilige 
taufe empfangen mSge, wo nicht, das dennoch 
der lieOe barmherzige Vater sich der lieben 
frucht in gnaden umb seines geliebten Sons Jesu 
Christi willen annhemen volle. 
Zum sechsten, das sie auch, wen die liebe 
frucht todt zur welt kommen wurde, dieselben 
nicht teufen sollen, dan die teufe nicht vor die 
todten, sondern vor die lebendigen vorordnetetc. 
Zum siebenden, das sie in solchem falle die 
todte frucht ohn alle disputation auf den kirch- 
hoff oder gottesacker begraben sollen und die 
eltern trSsten mit der grossen unaussprech- 
lichen gnad und barmherzigkeit Gottes und nicht 
zweifeln, solche leibesfrucht, die dutch das ge- 
bet der eltern und andern Christen, so dabey 
gewesen, Godt in seine gnad befholen, sei auch 
yon ihme in dem nhamen Christi zu gnaden und 
ewigen leben angenohmmen. 
Und solche erirmerung soll auch allen heb- 
arnmen semptlich und sonderlich dutch den 
superintendenten zum weinigsten des jhars ein- 
inhale widerholet und vorneuert werden etc. 

668 



Ltineburg 

wegen zum ersten, andern und dritten mhal 
aufbieten, damit, so jemand geburliche einsprach 
hette, nun sprechen muge und schweigen her- 
nachmals, begeren auch, die christliche gemeine 
den lieben Gott vleissig vor sie bitten rouge, 
ehr ihnen denselben gnediglichen segnen, zur zeit- 
lichen wolfart des leibes und ewiger seligkeit 
der sehlen geraten lassen while. 
Wo aber billiche und erhebliche ursache vor- 
handen, da pflegt man sie auch woll mit vor- 
gehender bewilligung des superintendenten auf 
gnugsahme vorsicherung vor allerley ansprache 
auf einen Sontag zweymhale, als nach der ersten 
und andern predigt, aufzubieten. 
Und damit alle dink desto ehrlicher zugehen 
und mit desto grbsserer andacht geschehen 
muge, so gestatet man auch niemande, das ehr 
sich in dem hause oder nach der ersten predigt 
in der kirchen mag zusamengeben lassen, son- 
dern geschehen alle vortrauungen braut und 
breutgams umb guter christlicher ordnung wil- 
len entveder des Sontags vormittags umb zehen 
schlegen oder des Montags umb zehen uhr in 
der kirchen vor dem hohen altare, es wehre dan, 
das ein erbar hochweiser radt dieser stadt mit 
rade des erwirdigen ministerii aus sonderlichen 
ursachen hirinne dispensieren wollte. 
Es wird auch aus sonderlichen bedenklichen 
ursachen (welche in dem buche, darinnen die acta 
ministerii vorfasset und mit D. gezeichnet ist, 
weiter zu befinden) nicht gestattet, das sich je- 
mand im dritten gradt gleicher linien alhie be- 
freyen mag. Gleichsfals wird auch niemande 
leichtlich ohne hochdringende nott und erheb- 
liche gnugsame ursachen vorgunnet oder ge- 
stattet, das ehr in dem heiligen Advente oder 
in der fasten hochzeit mag halten. 
Und wirt mit der copulation ohngefehr 
ein solcher process gehalten, wen braut und 
breutgam vors hohe altar gefuhret und dem 
Hern vorgestellet worden, so list der diener gott- 
lichs wortes, der da ahn Gottes stadt die copu- 
lation vorrichten soll, entweder die wort der 

einsetzung des heiligen ehestands aus dem treu- 
buchlein Lutheri 95 oder thuet erstlich eine kurze 
vormhanunge von demselben, daraus braut und 
breutigam sampt andern, so dabey seind, nbtige 
lehre und heilsahmen trost konnen fassen. Dar- 
negst vormhanet ehr sie sampt dem volke0 so 
da vorhanden, zum heiligen christlichen gebete, 
damit der almechtige guetige Godt denselben 
in ihren herzen lebendig machen und ihnen mit 
allen gleubigen seinen gnedigen segen relchlich 
befinden lassen wolle, und betet darauf das hei- 
lige Vater unser etc. 
Nach geschehenem gebete spricht ehr erstlich 
den breutgam also ahn: N., weil ihr ohn zwei- 
fel darumb hie gegenwertig erscheinet, das ihr 
euch nach sonderlicher ausvorsehung Gottes, 
euerer eltern und gueter freunde rath, auch 
eueren eigenen hiebevor gegebenen volbort 96 
N., hie bey euch stehende, itzund ehelich vor- 
trauen und geben zu lassen gedenket, seid 
auch des christlichen vorhabens und gueten wil- 
lens, das ihr mit derselben in dem heiligen ehe- 
stande christlich, friedlich un:l erbarlich leben, 
beyde, guets und bbses, vie es euch der liebe ge- 
treue Godt nach seinem gnedigen willen zu euer 
wolfart und seligkeit besten wird auferlegen und 
zuschicken, mit christlicher geduld ertragen und 
nichts als den zeitiichen todt alleine von ihr 
scheiden zu 1]ssen gedenket, so vollet ihr euch 
solcher entlichen und beschlossenen meinunge 
hie vor Gods almechtigen, seinen lieben heili- 
gen engelen und dieser christlichen gemeinemit 
einem offentlichen, bestendigen und unwidder- 
rufflichem jha erkleren. 
Und wen det diener des worts das offentliche 
jha nebenst dem treueringe von dem breutigam 
empfangen, so spricht ehr die braut auch eben 
auf dieselbe weyse oder mit denselben worten 
ahn, lest sie sich ihrer meinung gleichsfals auch 
mit dem offentlichen, bestendigen ja erkleren 
und den treuring vorreichen und vorwechselt 
alsdan dieselben dermassen, das ehr der braut 
ring dem breutigam und des breutigams rink 

95 Bek. Schr. S. 532 f. 

96 _ Zustimmung. 

672 



Lfineburg 

sondern davon viel mehr absondern soil, nicht 
anders (vie der heilige Chrysostomus sagt 2)als 
in einer herde, darirmen viel gesundes viehes 
ist und auch viel reudiges, vonnoten ist, das die- 
ses yon dem gesunden abgesondert werde, also 
auch in der kirchen, darinnen etliche gesunde 
seind, etliche reudige. 
Ja, wie ein erfarner und getreuer arzt die un- 
heilsahmen schaden und vorgifteden glidtmass 
von dn gesunden pflegt abzuschneiden, also 
mussen auch die unbusfertigen und b6sen yon 
den godtsehligen uncl frommen abgeschnitten 
und ausgesundert werflen, wie dasselb die schrift 
offentlichen bezeuget und yon denen, so in der 
lehre nicht richtig seind, in der andern epistel 
Johannis gesagt wird [10 f.]: So jemand zu euch 
kumpt und bringt diese lehre nicht, den nehmet 
nicht zu hause und grusset ihn auch nicht, den 
wehr ihn grusset, der hat gemeinschaft mit sei- 
nen b6sen werken, und 1. Corinth. 1 [Tit 3, 10]: 
Einen ketzer nach einer und der andern vor- 
mhanunge vormeide, und Galat. 1. cap. [8]: So 
euch jemand ein ander evangelion predigt, dan 
das ihr empfangen habt, der sey vorflucht, ja 
auch vir oder ein engel vom himmel euch wurde 
ein evangelion predigen anders, dan wir euch 
gepredigt haben, das sey vorflucht, und in dem 
2. cap. [14] der Offenbarung Johannis wird der 
engel zu Pergamon gestraffet, das ehr bey sich 
leidet, welche die lehre Balam halten. 
Und yon denen, so ein ergerliches leben fuh- 
ren, sagt Christus selber Matt. 18. cap. [17]: 
Halter ihnen als einen heiden und zollner, und 
1. Corinth. 5. cap. [11] sagt Paulus: Ich habe euch 
geschrieben, das ihr nichts mit ihnen sollet zu 
schaffen haben, nemblich, so jemand ist, der sich 
lest einen bruder nennen und ist ein buler, ein 
geyziger, ein abg6ttischer oder ein schelter oder 
em trunkenbolt oder ein reuber, mit demselben 
solt ihr auch nicht essen, und 2. Thessalo. 3. cap. 
16 f.]: Wir gebieten euch aber, lieben bruder, in 
dem nhamen unsers Hern Jesu Christi, das ihr euch 

enthaltet von allem bruder, der da unordentlich 
wandert und nicht nach der setzung, die ihr yon 
uns empfangen habt; wente ihr wisset, wie ihr 
uns sollet nachfolgen. 
Dan diesem allem nach hat der Adam den 
Cain, nachdem ehr den Abel erschlagen, nicht 
lang in der gemeine Gottes leiden wollen, son- 
dern aus derselben (wie der erwirdiger herr 
Doct. Martinus Lutherus uber das erste buch 
Mosis cap. 4 3 bezeuget) vorstossen, hat auch 
dem Seth ein austrucklich befhelich gegeben, 
das ehr und alle seine nachkommen, die Caini- 
schen, weil sie yon der gemeine Gottes abgeson- 
dert, meiden solten, ut neque politice per coniu- 
gia neque ecclesiastice per cultus cum ipsis mis- 
cerentur eta. 
Und ist solches auch nicht alleine mit den 
Cainischen bis auf die sintflus ['.], sondern her- 
nachmals allevege yon alien getreuen lehrern 
mit allen gottlosen und unbusfertigen also ge- 
halten worden, wie demnach der heilige apostel 
Paulus nicht alleine 1. Timoth. 1. cap. [20] den 
Hymenaeum und Alexandrum als ketzer dem sa- 
thana gegeben, das sie gezuchtiget wurden, nicht 
mehr zu lestern, und auch die heiligen snodi die 
ketzer gebannet und von der gemeine abgesondert, 
sondern ehr hat auch den incestuosum bey den 
Corinthern gebannet und yon der gemeine ab- 
gesundert bis solange, das ehr warhaftige busse 
gethon und sich ernstlich bekeret hat [1. K 5]. 
Als auch der Tertullianus in seinem Apologetico 
cap. 39 I de disciplina ecclesiastica Christiano- 
rum sui temporis bezeuget, ubi inquit: Corpus 
sumus de conscientia religionis et disciplinae 
veritate et spei foedere. Coimus in coetum et 
aggregationem, ut ad Deum quasi manu facta 
precationibus ambiamus orantes. Haec vis Deo 
grata est. Oramus etiam pro imperatoribus, 
pro ministris eorum ac potestatibus, pro statu 
saeculi, pro rerum quiete, pro mora finis. Coi- 
mus ad literarum divinarum commemorationem, 
si quid praesentium temporum qualitas aut prae- 

=' Homilia contra ludos et theatra, 4; MSG 56, 
268. 

Vgl. Vorlesungen tiber das 1. Buch Mose. 
1535--45; Vv-A 42, S. 209 f., 220. 222, 226 ff. 
MSL 1,468 ff. CSEL 69,91 f. 

678 



Kirchenordnung 1575 

monere cogit, aut recognoscere. Certe fidem 
sanctis vocibus pascimus, spem erigimus, fi- 
duciam figimus, disciplinam praeceptorum nihi- 
lominus inculcationibus densamus. Ibidem eti- 
am exhortationes, castigationes et censura di- 
vina. Namet iudicatur magno cure pondere, ut 
apud caeteros de Dei conspectu, summumque 
futuri iudicii praeiudicium est, si quis ira de- 
liquerit, ut a communicatione orationis et con- 
ventus et omnis sancti commertii relegetur. 
Praesident probati quique seniores honorem is- 
turn non pretio, sed testimonio adepti. Neque 
enim pretio ulla res Dei constat etc. 
Item wie de heilige bisschoff Ambrosius den 
r6mischen kayser Theodosium darumb, das ehr 
in tier straff der yon Thessalonica zuviel ge- 
than, auch nicht in den tempel zu gehen oder 
unter die gemeine des Herrn zu kommen vor- 
gunnen oder gestatten wollen, bis so lange, das 
ehr sich mit Godt dem tterrn widderumb vor- 
s6rmt 5, und als der Augustinus in epistola ad 
Macedonium schreibet: c, Nam quosdam quorum 
crimina manifesta sunt, a vestra {id est magi- 
stratus) sententia liberatos, a societate tamen 
removemus altaris, ut poenitendo placate pos- 
sint, quem peccando contempserant. 
Diesem exempel der patriarchen, propheten 
und apostolen, ja aller frommen bisschoffe und 
ganzer christenheit seind alle gleubigen umb 
vieler erheblichen, wichtigen, grossen und un- 
Tormeidlichen ursache willen mit allem ernste 
und vleisse nachzusetzen schuldig und pflichtig, 
wie der Paulus sagt Philip. 3. cap. [17] : Folget reich, 
lieben bruder, und sehet uff die, welche also 
wanderen, als ihr uns habt zum vorbilde etc., 
als nemblich zum ersten umb des ernstlichen 
gebots willen unsers Hem Gottes, deme wit uns 
alle miteinander und insonderheit die, so da 
rechte und wahre Christen sein wollen, billich 
gleichformich machen sollen, wie in dem 2. ps. 
[10--12] Davidis geschrieben stehet: So seid nu 

klug, ihr k6nige, und last euch zuchtigen, ihr 
richter im lande, dienet dem Hern mit fruchten 
und freuet euch mit zittern, kusset den Sohn, 
alas ehr nicht zurne und ihr den weg vorlieret. 
Zum andern umb gelegenheit willen des ampts, 
nachdem die diener der kirchen vie Ezech. 3. [17] 
und 33. cap. [2] geschrieben stehet, yon Godt 
almechtigen zu vechtern gesetzt seind, das sie 
die sunde mit allem ernste straffen und dem 
b6sen, soviel immer muglich ist, wehren sollen, 
damit sie sich frembder sunde nicht theilhaftig 
machen und der Herr der zuhSrer blurt nit yon 
ihren henden fordern durfe. 
Zum dritten, das clef bindeschlussel ebenso 
woll als der 16seschlussel gebraucht verde, 
wie der Herr Christus den einen sowoll als den 
andern zu gebrauchende befholen hat, unus enim 
et idem est turn doctrinae, turn disciplinae ec- 
clesiasticae author, quorsum igitur unam verbi 
pattern altcra repudiata reciperemus, daher der 
erwirdiger her D. Martinus Lutherus in sei- 
nero buche Von den schlusselen sagt: ; Es soll 
ja der eine so woll im brauch gehen, wie der 
ander, dan Christus hat sie beyde gegeben, das 
sie beyde sollen im brauch gehen und seinen 
Christen helfen -- Und seind auch alle beyde 
schlussel aus dermassen n6tige stucke in der 
christenheit, dafur man Godt nimmer zu vollen 
danken kan. derhalben wit die lieben schlussel 
aI beyde theur und weft sollen haben yon grund 
unseres herzen, alse unsere zven unaussprech- 
liche schetze und kleinoth fur unser seelen; dan 
tier liebe man, der treuer herzlicher bisschoff 
unser seelen, Jesus Christ-us, hat woll gesehen, 
das seine liebe Chcisben gebrechlich, dazu yore 
teufel, fleisch und welt narmigfeltig und ohn 
aufh6ren angefochten, zuweilen fallen und sun- 
digen wurden, flargegen hat ehr diese erzeney 
gesetzt, den bindeschlussel, das wir nicht zu 
sicher in der sunden, vormessen, rohe und vor- 
rucht pleiben, den 15seschlussel, das wir auch 

Vgl. Ambrosius, De obitu Theodosii, 34; MSL 
16, 1396 f.; Paulinus, Vita Ambrosii, 24; MSL 
14,35. Der Bericht des Paulinus ist jedoch 
nicht zuverIissig; vgl. H. v. Campenhausen, 

Ambrosius v. Mailand als Kirchenpolitiker. 
Arbeiten zur Kirchengesch. 12. 1929, S. 239 f. 
6 Ep. CLIII, 3,6; MSL 33, 655. CSEL 44,401. 
; Von den Schliisseln. 1530; Vv'A 30 II, S. 474. 

679 



Lfineburg 

nicht in sunden vorzweifeln mussen und uns 
also damit auf der rechten mittelstrasse zwis- 
schen vormessenheit und vorzagen in rechter 
demuth und zuvorsicht erhalten wollen, auf das 
wir ja auf allen seiten reichlich vorsorget weh- 
ren, in summa, es mussen die beide schlussel 
beyeinander bleiben und nicht voneinander ge- 
trermet werden, mu auch der eine so grol sein 
als der ander und mul nicht der eine im ge- 
brauch und ubunge gehen und gleissen und der 
ander mussig ligen, vorrosten und vorderben, 
sondern mussen alle beide zugleich im gebrauche 
sein, wo es anders recht soil in der kirchen 
Gottes zugehen. 
Zum vierten umb der grossen nottwendigkeit 
willen, die solches zu jeder zeit zum hohsten 
erurdert, als wir sehen, das gewisser disciplin 
auch keine creatur entraten oder ohne dieselben 
sein kan, wie der Augustinus in libro De bono 
disciplinae cap. 28 sagt: Nemo disciplinam 
irrationabilem putet, sub qua videt universis 
quae sub coelo sunt verbo cooperante compo- 
sitis omnipotentis Dei stare consilium, in prin- 
cipio [e]n[im] operis sui Deus nihil prius quam 
disciplinam fecit, ham cure assistente sapientia 
coelum suspenderet, terrain pararet, maria con- 
cluderet et suis locis suisque temporibus cur- 
sum solis lunaeque globum disponeret, omnia 
sub disciplina constituit, quid autem non esset 
tenebrosum? quid non incompositum? quid non 
haberetur absurdum? nisi constitutis legibus 
cuncta starent elementa? Nunquid sine disciplina 
agitur solis cursus, qui quamvis diurni itineris 
necessitatem infatigatus impleverit, ad offitium 
tamen suum matutinus occurrit et se in parte 
coeli quotidie terrarum spatia lustraturusosten- 
dit. Tanta est disciplinae ratio, ut intra tempo- 
rum metas lege conscriptas ita indefessi itineris 
alternis vicibus syderum cursus agitetur, ut nec 
luna defectionis suae damna effugiat, nec so- 
lem diurni luminis flamma destituat. Nunquid 
sine disciplina est, quod tanti maris fluctus 

humili terrarum littore continentur et in suo 
sinu frequenter incitata ventis, altior aggere 
unda concluditur? Omnia profecto iasipiens na- 
tufa confunderet, nisi mundum disciplinae ratio 
gubernaret. Haec ideo proposuimus dicere, ut 
disceretis obedire evangelicis praeceptis et coe- 
lestibus obtemperare mandatis. Dan so die dis- 
ciplin solchen unvornunftigen creaturen Gottes, 
welche sich dem willen und befhelich Gottes 
sunst gerne gleichformich machen, vonnbten, wie- 
viel mehr ist sie den menschen vonn5ten, welche 
yon dem teufel vorfuhret und :lurch die sunde 
vorderbet, sich demselben in allen wider- 
spenstig machen, wie da geschrieben stehet 
Rom. 7 [23]: Video aliam legem in membris meis 
repugnantem legi mentis meae etc. Dan wit 
lernens nicht alleine aus Gottes worte, sondern 
befindens auch aus der teglichen erfharung, das 
des menschen herze dermassen vorkeret und 
bose ist, wo es nicht sub certa quadam disci- 
plina gehalten wird, das der meiste haufe als- 
dan aus dem heiligen evangelio nur einen lau- 
tern eigenen willen, aus tier geistlichen eme 
fleischliche freyheit reacher, wie jenner bey den 
Corinthern [1. K 5] aus fleischlicher freyheit 
seine eigene stiefmutter zur ehe genommen und 
also die grosse gnade Gottes (wie der liebe apo- 
stel Judas in seiner epistel [4] daruber klaget) 
in einen grossen muttwillen vorwandelt, und wie 
leider jetzunt augenscheinlich zu besehen ist, 
aus einer sunde in die ander, aus einem frevel 
und muttwillen in den andern fallen, und nhemen 
alle schande und gotteslesterung dermassen die 
ubernhand, ds zuletzt kein hulf oder rath ist, 
wie der Augustinus in dem vorangezeigten orte 9 
sagt: Quid adultero castum7 quid furl esset tu- 
turn? quid latoni non pervium? quis non expaves- 
ceret concava littorum? secreta sylvarum? quid 
non praesumptio possideret? nisi furorem ani- 
morum sub moetu poenae disciplina compes- 
ceret. Ac nisi constitutus esset ordo vivendi, nun- 
quam profecto finem poneret natura peccandi. 

Pseudo-Augustin (Valerian v. Cemele), Sermo 
de bono disciplinae, 2; MSL 40, 1219. MSL 52, 
691 f. 

:' Sermo de bono :lisciplinae, 3; MSL 40, 1219. 
MSL 52, 693. 

68O 



Kirchenordnung 1575 

Nihil est, quod non gula suadeat, si gulae disci- 
plina cormentiat, nihil est, quod non perdat luxu- 
ria, si arnore vitiorum a te disciplina discedat. 
Nihil est, quod non habendi cupiditate animus 
occupet, nisi avaritiae vitium disciplina condern- 
net. Omnia sub moetu disciplinae vitia iacent 
etc. Den sunst soll es noch alles nicht gesun- 
diget heissen, sundern nur wol gethon sein 
und lassen die leute nicht ab zu sundigend und 
fallend, so lange das sie zuletzt in abgrund der 
hellen vorsinken, darumb es die hohe noth er- 
furdert, das solchem b6sen und vordamlichen 
wesen, soviel muglich, vorgekommen und ge- 
steuret werde. 
Zum funften, das die frommen vor den b6sen 
friede haben mugen, dan es seind {wie der Lu- 
therus im vorangezeigten buche Von den schlus- 
seln sagt lf} unter den Christen etliche rohe, 
freche herzen und wilde leute, das die from- 
men vor solchen falschen Christen kein ruhe 
noch friede haben kunten, wo der bindeschlussel 
mit seiner ruten nicht da wehre und eitel gnade 
und sicherheit gespuret wurde, hats doch also 
noch muhe, wie scherf und grol solche straffe 
und urtheil ist. Also ist der eisern und harte 
bindeschlussel den frommen Christen ein gros- 
set trost, schutz, maur und burg wider die bS- 
sen und doch daneben auch den b6sen selbst 
eine heilsame arzeney, nutz und frommen, obs 
gleich dem fleisch schrecklich und vordrieslich ist 
Zum sechsten, umb grosheit willen der straf- 
fen Gottes, die uff das sundliche wesen der men- 
schen erfolgen; dan je dief unleugbar, je mehr 
sunde im zwange gehen, je gr6fere straffen 
allewege darauf erfolgen und kommen, wie in 
den erschrecklichen exempeln der sintflus [ !], der 
yon Sodoma und der Juden besehen ist. So 
wit derowegen nicht wollen, dRs die straffen 
geheufet und wir nach vorgemelten exempeln 
mit allerley ungelucke uberfallen werden, son- 
dern denselben etzlichermassen entlaufen mugen, 
so wils die hohe noth erfurdern, das der sunde 

und bosheit, so jetzunt leider alzu sehr gemein 
ist, etwas begegnet und gesteuret werde. 
Zum siebenden, das vielerley grosse erger- 
nussen, so vorhanden seind (soviel imrner ge- 
schehen kan), abgeschaffet und noch etwas guts 
erhalten werden muge; dan wo man der sund 
und bosheit hinfurder also wird zusehen und 
alles, wie bbf es auch ist, gutt sein lassen, so 
wird man zuletzt nichts guts auf erden behalten, 
sondern wird alle sunde und schande zunhemen 
und jederman sich darin wie die sau im koth 
welzeren und also dem teufel in rachen laufen 
wollen; dan wie ein weinig saurteig, als Pau- 
lus 1 Corinth. 5. cap. [6] sagt, den ganzen reich 
vorsauret, ein reudig schaff den ganzen stall vor- 
derbet und ein vorgiftedes glidt den ganzen leib 
entzundet, also vorfuhret ein mensche den 
andern, wie der David in dem 18. psalm [26] 
spricht: Bey den heiligen wirstu heilig sein etc., 
und bey den vorkerten wirstu vorkert sein, und 
der Moses Gene. 6 [1--4] bezeuget, das sich alle 
bOses vor der sintflus [!] daher also geheufet 
habe, das die kinder Gottes sich mit den kindern 
der ungleubigen vormisschet haben. 
Darumb, wie man in einer herde die reudigen 
schaffe yon den gesunden absondern mul, da- 
mit nicht die gestmden yon den reudigen vor- 
dorben xverden, also mussen auch in dem schaff- 
stall Christi die reudigen yon den gestmden ab- 
gesundert verden, damit nicht die von jermen 
vordorben werden, und wie man an eines men- 
schen leibe die vorgifteden und unheilsamen 
glieder yon den gesunden mul abschneiden, da- 
mit nicht der ganze leib entzundet werde, also 
mul man auch in der gemeine Gottes, welche 
dem leibe Christi vo,'gleichet wird, die unbus- 
fertigen sunder yon den bulfertigen und from- 
men abschneiden, damit nicht die ganze gemeine 
geergert und vordorben werJe, wie der Herr yon 
solchen Matth. 5. [29 f.] und 18. cap. [8 f.] sagt: 
Ergert dich dein rechter auge, so reil es aus und 
wirfs yon dir, es ist dir besser, das deiner glidt- 

I0 WA 30 II, S. 504. 



Lfineburg 

massen eins vorderbe und nicht der ganze leib 
in die helle geworfen werde. Ergert dich deine 
rechter hand, so haue sie abe und wirf sie yon 
dir, es ist dir besser, clas deiner glidtmassen 
eins vorderbe und der ganze leib nicht in die 
helle geworfen werde. 
Zum achten soil uns dazu auch bewegen das 
exempel der unvornunftigen thiere, wie der Au- 
gustinus sagt 1: Erubesco dicere in confusionem 
humanae negligentiae, quare apud aliquos pa- 
rum proficiat disciplina, cure videamus pasto- 
rale magisterium etiam apud bruta animalia non 
perire, doceant nos ecce servare ordinem disci- 
plinae tam dociles equorum animi, cure in girum 
ducti flexuosis gressibus membra componunt et 
sub unius habenae retinaculo ira laxari se con- 
sentiunt, ut et currendi et standi modus sub 
quadam legum dispositione servetur. Ita quos 
natura numero dividit, studio disciplinae coniun- 
git, videte quam fortia bourn corpora plaustro 
subiaceant, quae in tantum imperio animum 
parant, ut tumentia naturaliter levi iugo colla 
supponant, lta disciplinae constitutionibus ser- 
viunt, etiam quae in feritate nascuntur, unde 
miror aliquoties hominem, cui inest sapientia et 
intellectus prudentiae, passim praecepta discipli- 
nae negligere, cure videamus mutum animal 
vitia cavere, iussis obtemperare, imperio desex- 
vire atque ita ad omnem obedientiam animum 
aptare, ut cum opus fuerit, armatis legionibus 
occurrat et hostilibus se telis iussum obiiciat. 
udite in hoc loco prophetam dicentem [Jes 1,3]: 
Cognovit bos possessorem suum et asinus prae- 
sepe domini sui, Israel me autem non cognoit. 
Vereor dicere ne vestram negligentiam pulset 
ista sententia Non autem cognoscit Dominum, 
qui conditionis suae non cognoscit officium. 
Zum neunden, das wit Godt almechtigen schul- 
digen und pflichtigen gehorsam desto besser lei- 
sten mugen und ehr desto sehrer yon uns ge- 
lobet und gepreiset werde, wie der apostel 
S. Paulus sagt Ephe. 1. cap. [5 f.]: Ehr hat uns ge- 

ordnet zur kindschaft zu sich selbst durch Je- 
sum Christum nach dem wolgefallen seines wil- 
lens, zu lobe seiner heiligen gnaden, dutch wen 
che ehr uns hat angeneme gemacht in dem 
geliebten, und Philip. 1 [9--11]: Darumb bitte ich 
auch, das euere liebe je mehr und mehr reiche 
werde in allerley erkentnisse und in allerley er- 
fharung, das ihr proven muget, was das beste 
sey, auf das ihr lauter und unanstSssig seid bis 
uff den tag Christi, vorfullet mit fruchten der 
gerechtigkeit, die durch Jesum Christum (in 
euch) geschehen zur ehre und lobe Gottes. 
Zum zehenden, das man desto grSssere 
und mehr gnude und segen yon Godt almechti- 
tigen erlangen rouge, vie da geschrieben ste- 
het [1. Tim 4,8]; Die godtsehligkeit ist zu allen 
dingen gutt und hat die zusage des zeitlichen 
und des ewigen lebendes. 
Zum elften, das wir ahn unser selen hell und 
seligkeit kein schiffbruch leiden mugen, wie Galat. 
5. cap. [19--21] geschrieben stehet: Offenbar 
seind die werke des fleissches, als da seind ehe- 
bruch, hurerey, unreinigkeit, geilheit, abgStte- 
rey, zeuberey, feindschaft, hader, eiver, zorn, 
zank, zweytracht, rotten, ha, mord, saufen, 
fressen und dergleichen, yon xvelchen ich euch 
zuvor gesagt habe und sage euch noch zuvor, 
das die solchs thuen, werden das reiche Gottes 
nit ererben. 
Dieser und dergleichen grossen xvichtigen und 
erheblichen ursachen halben ists vonnSten, das 
bey den Christen allewege und zu jeder zeit der 
kirchenzwang, dus ist ein gewisser underscheid 
zwisschen den rechten und wahren Christen und 
zwisschen den ungleubigen und unbusfertigen, 
gehalten xverde und der bindeschlussel ebenso 
woll alse der 15seschlussel im gebrauche sey. 
Es soll aber gemelte kirchenzucht nicht eine 
solche tyranney sein als die bepstlichen aus ihrem 
banne gemacht hubert, die conscientien der men- 
schen damit zu vorwirrende und die kirchen 
Gottes zu vorstSrende, sondern soll vielmehr sein 

Pseudo-Augustin (Valerian v. Cemele), Sermo 
de bono disciplinae. 6; MSL 40, 1221. MSL 52, 
694 f. 

682 



Kirchermrdnung 1575 

vorloschet worden ist, sonder soil damit viel- 
mehr auf das einige vordienst Christi und selig- 
machenden glauben gewiesen werden. 
Wo diese dinge dermassen vorrichtet werden, 
da seind sie warhaftigen dasjenne, das tier hei- 
lige Cyprianus davon rhumet, ubi inquit: 17 Quod 
disciplina ecclesiastica aola sit fidei ac spei no- 
strae retinaculum, custos, itineris salutaris dux, 
magistra, fomes et nutrimentum virtutis, quae 
facit in Christo et unitate corporis eius semper 
manere, iugiter in Deo ad proximi utilitatem 
vivere et ad promissa coelestia et divina prae- 
mia pervenire, quam sectari salubre, negligere 
laetale est, wie dasselb auch der Augustinus in 
libro De bono cliscpmae ezeuge, aa ehr sagt is: 
Multi sunt qui sanae doctrinae adversantur, 
iustitiam culpant et disciplinam imperium esse 
iudicant ac rationabilem castigationem super- 
biae assignant. Cum non sit imperium, nisi ubi 
aliquid iubetur iniustum, nec sit superbia, nisi 
ubi negligitur disciplina, disciplina igitur magi- 
stra est religionis, magistra verae pietatis, quae 
nec ideo increpat, ut laedat, nec ideo castigat, 
ut noceat, denique mores hominum irata corri- 
git, inflammata custodit. Nihil profecto est, quod 
non disciplina aut emendet aut salvum faciat. 
Quam si quis sapiens apprehenderit, nec gratiam 
amicitiarum perdit, nec periculum damnationis 
incurrit. -- Qui autem spernit disciplinam, odit 
animam. Et vere, ut dixi, ita est. Nam hostis est 
et ini'micus animae suae, qui spretis disciplinae 
monitis diabolicis occupatur officiis. 
Und das man wisse, wasserley personen unter 
solche kirchenzucht gehSren, ist zu merken, das 
die alleine und keine andere damit begriffen 
werden: 1. Welche nicht richtig in der lehre 
seind, sondern etwa einen irthumb gefasset, der 
da mit den artickeln des heiligen christlichen 
glaubens nicht ubereinstimmet oder sunst mit je- 
nigem stucke des heiligen catechismi streitet, 

desselben sich bey anderen leuten vornhemen 
lest und uff demselben pertinaciter vorharret. 
2. So jemand selten oder nimmer zu dem hoch- 
wirdigen und heiligen sacrament des wahren 
leibs und theuren bluts Christi gehet oder vor- 
echtlich yon der taufe oder yon dem abendmhal 
des Hem redet. 3. Oder so jemand ein unchrist- 
liches, ergerliches, gottloses und bSses leben 
fuhret und darinne in unbusfertigkeit vorharret. 
Solche und keine andere, auch alleine umb die- 
ser und keiner anderen ursachen willen soll man, 
so lange sie in obgemeltem irthumb oder bos- 
helt vorharren und sich nicht sagen oder be- 
kehren lassen wollen, nicht vor rechte und 
whare Christen, sondern viel mehr vor zollner 
und ungleubige halten und aus der gemeine Got- 
tes schliessen. 
Das auch desto richtiger und ordentlicher mit 
den dingen umbgangen und vorfharen werde, 
soll man damit ohngefehr einen solchen proces 
und ordnung haltn: 
1. Zum ersten, wen man vormerket, alas solche 
personen, wie obstehet, vorhanden seind, so sol- 
len sie zu dreyen underschiedenen mhalen durch 
ihren beichtvatter, soferne einer vorhanden, zu 
deme sie ehrmals zur beicht gewesen seind, 
oder sunsten durch den pastor der kirchen, dar- 
in sie geh6ren oder der sie ahm negsten woh- 
hen oder seind, ihrer sunde erinnert, umb der- 
selben willen freundlich und bruderlich mit allem 
glimpfe und bescheidenheit gestraffet, zur ernst- 
lichen buff und bekehrung aufs allergetreuligst 
und vleissigst vormahnet und gelocket werden, 
wie der prophet Nathan den kSnig David [2. Sam 
1,1 ff.] umb seiner sunde willen angeredt, ihme 
dieselbe durch ein sonderliche gleichnus vor die 
augen gestellet und erinnert hat und wie der 
heilige bisschoff Ambrosius, nachdem ehr yon 
dem grossen mord, zu Thessalonica begangen, 
geh6ret, ahn den keyser Theodosium geschrte- 

17 De habitu virginum, 1; MSL 4,440 f. CSEL 3, 
1,187. 

Pseudo-Augustin (Valerian v. Cemele}, Sermo 
de bono disciplinae, 1; MSL 40, 1219. MSL 52, 
691. 

685 



Kirchenordnung 1575 

gendes den funften Decembris einhelliglichen mit 
herzen trod munde erkleret und vorpflichtet, 
alas sie semptlich und sonderlich, niemand aus- 
bescheiden, diesem allem, wie obstehet (ob Gott 
will), mit getreuem vleisse also nachkommen, 
auch zu mehrer sicherheit und bestetigung die- 
ses buches sampt ihren nachkommen, so nach 
ihnen kunftig alhie zum kirchendienste ordent- 
licherweise bestellet werden mugen, mit ihrer 
eigenen subscription hiezu sich obligieren und 
vorpflichten sollen und wollen. Es hat sich auch 
wolgedachter erbar hochweyser radt zusampt 
gedachtem erwirdigen ministerio einhelliglichen 
miteinander vorglichen und vortragen, des ohn 
vorwissen und fulbord e des ganzen radts und 
ministerii in diesem buche und ordnung im ge- 
ringsten nichts solle geendert, vorlengert oder 
vorkurzet werden, dagegen aber, da es die noth 
erforderen wurde oder vor rathsam erachtet 
werden mochte, auf den fall haben sie sich alle 
artickel und punkte mit gesamptem rathe und 
einhelligen consens nach gelegenheit zu er- 
kleren, vorlengen oder vorkurzen, vollenkom- 
mene macht und gewalt vorbehalten. 
Und nachdem der bbse veind allwege gerne 
sein unkrauth unter den weizen des Herrn seyet, 
vorwitzige leute dutch desselben eingeben auch 
der lieben propheten, des Hem Christi und der 
heiligen aposteln selbst, wir geschxveigen dan 
anderer leute, wort und lehre in einen zweifel 
ziehen und disputierlich machen konnen, ja, man 
sich auch bey der allerchristlichsten und loblig- 
sten ordnungen allwege sorgliche weterung be- 
fruchten mul3, so ist demnach hiebey auch ein- 
helliglichen von gedachtem erbaren hochweysen 

rathe und erwirdigen ministerio vorabschiedet, 
gewilliget und beschlossen, so in kunftigen zei- 
ten (das Godt almechtiger gnediglichen abwen- 
den und vorhueten wolle) uber den dingen, so 
in diesem buche vorfasset, insonderheit die kir- 
chenzucht belangend, einiger misvorstand oder 
irrunge vorfallen wurde, des alsdan wolgedach- 
ter erbar hochweyser radt mit zuthun des mi- 
nisterii solchs zu erkleren, erSrteren und bey- 
zuleggen, oder so es die wichtigkeit der sachen 
erfurderen worde, ahn der benachbarten beyden 
stedte Ltibeck und Hamburg kirchen laut des 
bergerdorfischen abscheids, anno etc. 74 den 25. 
Octobris'-':' gemacht, oder sunst hochgelarte und 
erfarne leute und reformierte universiteten, nach 
xvelcher spruch und urteil die sache entschei- 
den, der zweispalt beygelegt und geendiget sein 
soll, gelangen zu lassen, sich vorbehalten ha- 
ben will. Alles getreulich und ohne gefherde. 
Als aber nach der lehre des lieben S. Pauli 
noch pflanzen noch begiessen etwas nutzet oder 
helfet, soferne der Herr nicht selber des gedeyen 
dazu vorleyhet, quia sine ipsius numine nihil est 
in homine, nihil est innoxium, so bitten wir yon 
ganzem herzen den almechtigen, ewigen, wah- 
ren und lebendigen Gott Vatter, Sohn und hei- 
ligen Geist, aller gueten ordnungen stifter, lieb- 
haber und erhalter, ehr xvolle zu diesem christ- 
lichen werke, so zu allem besten herzlich, treu- 
lich und wol gemeint, seinen rechten segen spre- 
chen, seine milde gnade vorleynen, ja, selbst da- 
durch kreftig sein und wirken vielfeltige frucht 
zu seinen ehren, der kirchen besten und vieler 
leute ewigen heil und seligkeit schaffen, sich 
hmfurder auch in dieser guten stadt, ja, im 

_4 = Zustimmung. 
25 Am 25. Oktober 1574 trafen sich die Ver- 
treter der Stidte Hamburg, Ltibeck und Ltine- 
burg in Bergedorf bei Hamburg ,,tho dem 
ende, dat de Gade dorchuth wollgefellige och 
hochniitte unnd olde hergebrachte in gesun- 
der Lehre Consension renoveret unnd con- 
firmeret werden moechte, ock sick auer dat 
Scriptum der Schweuischen Kerken tho be- 
rattslagende vnd thovoreinigende". In Bezug 
auf den ersten Punkt versprach man, bei den 

3 Hauptsymbolen, der Confessio Augustana 
mit der Apologie, bei den Schmalkald. Ar- 
tikeln, sowie den Katechismen Luthers, bei 
der Erklirung gegen das Interim (vgl. oben 
S. 654, Anm. 24), bei den Liineburger Artikeln 
(v. 1561; vgl. J. G. Bertram, S. 181 ff.} usv. zu 
bleiben. Die Schwibische Konkordie wurde 
ftir christlich u. recht erkannt (vgl. Bek. Schr. 
S. XXXV). Vgl. den Bergedorfer Abschied 
u. die Notationes zur Schwib. Konkordie b. 
J. G. Bertram, Beylagen. S. 210 ff. 

689 



Ltineburg 

ganzen teutschen lande eine ewige, heilige, 
christliche kirche sameln, dieselbe bey der reinen 
und heilsamen lehre seines seligmachenden 
wortes nebenst dem rechten gebrauche der hei- 
ligen sacramenten, christlicher und Godt wol- 
gefelliger ceremonien in einigkeit des Geistes 
durch den band des friedens erhalten, vor aller- 
ley sekten behueten, widder den teufel schutzen, 
vor tyranney und vorfolgung bewahren, ihr in 

gnaden beiwohnen, sie mit allen christlichen tu- 
genden zyren und schmucken, mit besondern ga- 
ben voreheren, ahn zeitlichen und ewigen gue- 
them segnen and mehren, zu leiblicher wolfart 
befurderen und ewiger seligkeit vorhelfen umb 
seins lieben Sohns, unsers einigen Hem, vor- 
15sets, heilandes und seligmachers Jesu Christi 
willen. Amen. 

690 



Ordntmg des Gotteshauses in dem Gral 1598 

selben guethadten geneien wollen, undereinan- 
der ein christlichs, zeuchtigs und freidsames 
leben in worten und in werken jegen seine mit- 
brudern und -sustern, Godt zu ehren und sich 
selbest zum hell und wollfart, auch anderen zum 
gueten exempel, dadurch reizen und furzuleuch- 
ten, furen. So dawider aber jemand in diesem 
oder anderen fursetzlich handelen wurde, soll 
ihm die prove 6 furerst upgetagen trod dan, so 
auf furghende vermanungh sich darinnen nicht 
besseren wurde, soil derselbe aus dem gottes- 
hause vorwiesen verden. Wie dan auch die- 
jermen, so dazu ursache gegeben, imgleichen 
nicht ungestraffet bleiben. 
Zum neunzehenden, wie dan auch alle die, so 
mihandelungh wegen aus diesem gottshause 
vorweiset und kein besserungh daranne gespu- 
ret, sollen niemaln nach der sachen gelegenheit 
wider angenohmen werden 

Zum zwanzigesten und letzlich soil die grail- 
moder, damit alles in diesem gottshause chrtst- 
lich zugehe und vermuege dieser ordnungh ge- 
halten und darnach gelebet werden muege, ei 
fleiigh aufsend haben und auch, was sonsten 
dem gottshause und armen nutz und dienstlich, 
mit getreuwen flei lassen angelegen sein, wie 
dan darjegen auch die armen sampt trod son- 
derlich ihrer verordenen grallmutter in allen 
christlichen trod billigen sachen sollen zu ge- 
horsamen schuldich und pflichtich sein, bei vor- 
meidungh der straffe, darnach sich dan ein jeder 
wird wissen zu richten trod fur schaden zu 
hueten. 
Und soil diese ordntmgh alle jahr viermahl 
abgelesen und derselben zu gehorsamen ermanet 
erden. Actum und abgelesen zum erstenmahl 
den tagh S. Lucae, war der 18. OctobrLs 1598. 
Provisoribus: herr Lutteke yon Dassel, burger- 
meister, herr Hans Oudorff. 

  Pfrtinde. 

7 b97