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Kiirze monatliche Journalauszuge
aisr der gsfttajjjiUn PaoljliljJrajiur.
zum I'llr den praktischen Arzt.
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Hbrausgegeben
Dr. med, Eugen Graetzer in Friedenau-Berlin.
Einundzwanzigster Jahrgang
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Aofang allies jeden Monata. ** axol. Porto.
Excerpta medioa.
Kurze monatllohe Jonraalauiiiigt
aus der gesamten FachliUratur
zum Gebrauch far den praktischen Arzt.
Herausgegeben von Dr. med. Eugen Graetzer in JPriedenau-Berlin.
Terlig ron Carl Sallmann, Leipzig*
Oktober. XXI. Mnm
1911
Agrypnie. AmylencarbamatalsSchlafmittel. VonO.Huber
(Auguste-Viktoria-Krankenliaus in SchOneberg). Der Ester
des tertikren Amylalkohols (Dimethylfithylearbinol), das
Amylenhydratcarbamat, das unter dem Namen Aponal in
den Handel kommt (Hersteller: Firma Zimmer & Co.)
und durch Einwirkung von Harnstoffchlorid auf Amylen*
hydrat zustande kommt, wird als brauchbares Schlafmittel
empfohlen, nachdem Autor Tierversuche damit angestellt
und es dann in der Praxis erprobt hat. Die hypnotische
Wirkung des Amylencarbamats beruht natQrlich zum grossen
Teil auf der Gegenwart des Amylenhydrats, das als Schlaf¬
mittel ja l&ngst bekannt ist. Dieses hat sich aber wenig
einbflrgern kOnnen und ist meist verlassen, da es wegen
, seines durchdringenden Gerucbs und seines unangenehmen
Geschmacks erhebliche Schwierigkeiten bei der Verab-
reichung' bietet. Auch soil es in schlafmachenden Dosen
zuweilen recht unangenebme Nebenwirkungen haben.
DemgegenOber sei aber darauf hingewiesen, dass Ziehen
gerade das Amylenhydrat da cmpfiehlt, wo das Einschlafen
erschwert ist, weil es gerade das Einschlafen erleichtert
und beschleunigt, ganz wie das Paraldehyd. Ziehen
sieht gerade hierin einen grossen Vorteil gegenllber dem
Veronal und Trional, bei denen die Wirkung oft erst nach
Stunden eintritt. Durch die Veresterung mit der Carba-
mins&ure ist. nun das Amylenhydrat in eine angenehm
pchmeckende, feste Form gebracht, die leicht eingenommen
wird, so dass hierdurch ein grosser Vorteil erreicht ist.
Ein weiterer Vorteil ist eine Verst&rkung der Wirkung.
Autor hat nun das Aponal seit etwa einem halben Jahre
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Agrypnie.
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bei einer grfissern Zahl von Pat. angewendet und findet,
dass es ein recht brauchbares Schlafmittel ist, soweit es
sich um leichtere Fftlle von A. handelt. Es wirkt ziemlich
schnell, schon in 20—80 Minuten, und ftihrt einen leichten,
ruhigen Scblaf herbei, der nicht so tief ist wie der Vero-
nalscblaf. Ausser der allgemeinen Schlafwirkung kommt
ihm noch die besondere Eigenschaft zu, das Einscblafen
zu erleichtern, zu beschleunigen, gerade so, wie dies beim
Amylenhydrat hervorgeboben wird. Schmerzstillende oder
besonders sedative Wirkung kommt ibm nicht zu. Es
ist daber indiziert bei Schlaflosigkeit infolge von Nervo*
sit&t, Uebermttdung, Aufreguug usw. Eine lftngere Nach-
wirkung fiber den Scblaf binaus fehlt. Es wurde gerade
von einigen Pat., die an Veronal gewfihnt waren, betont,
dass sie sich nach Gebrauch von Aponal am n&chsten
Morgen ganz frisch ffihlten, w&hrend sie nach Veronal
noch l&ngere Mfidigkeit und Benommenbeit spfirten. Irgend-
welche unangenehme Nebenwirkung auf Magen, Darm
oder andere Organe hat Autor nie beobacbtet. Aponal
ist entscbieden schwScher als Veronal und Trional, aber
darin sieht Autor gerade einen Vorteil. Es ist ein Fehler,
immer sofort zu diesen starken Milteln zu greifen,
die bei entsprechender Steigerung der Dosis den Scblaf
erzwingen und dem Kfirper die eigne F&higkeit zum Scblaf
immer mehr herabsetzen. Die schlafmachende Dosis be-
tragt 1,0 bis 1,5 bis 2,0, w&hrend beim Amylenhydrat
2—4 g notwendig sind. Eine weitere Steigerung der
Dosis ist nicht angebracht, da sonst rauschartige Zust&nde
auftreten kfinnen. Wenigstens hat Autor dies bei einem
Pat. beobachtet, der iu einer Nacht erst 2,0, dany 1,0
Aponal bekam und am n&chsten Morgen einen ganz ver-
wirrten Eindruck machte und das Bett verlassen wollte.
Wo Aponal nicht ausreichend wirkt, w&re dann ein st&rkeres
Mittel, wie Veronal, anzuwenden. Auch w&re eine Kom-
bination mit Veronal da zu empfehlen, wo dieses erst
nach Stunden wirkt, wie das zuweilen vorkommt. Im
grossen und ganzen hat Aponal also die gleiche, aber
etwas st&rkerc Wirkung wie das Amylenhydrat, das ja
als Schlafmittel bekannt und erprobt ist. Es hat aber
den grossen Vorteil, dass es ein angenehm schmeckendes
Pr¶t ist, das ohne jedes Vehikel gem eingenommen
wird, w&hrend das Amylenhydrat einen so unangenehmen
und schlechten Geschmack besitzt, dass es in der Medizin
heute wohl selten Anwendung findet.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 82. i
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Agrypuio — Angina.
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— Valylperlen. Von Hofrat Dr. Edmund Diruf (Bad Kissingen).
Autor schreibt: „Vor etwa sechs Monaten begann ich meine
Versuche mit den von den ,H8chster Farbwerken 4 her-
gestellten Valylperlen, einem Baldrianpraparat, und be-
obachtete in Fallen von Neurasthenic, Schlaflosigkeit nacb
erschopfenden Krankheiten, bei sebr lastigen StOrungen
im Klimakterium gtlnstige Erfolge nach dem mehrw8chigen
Gebrauch der Valylperlen. Im Anfang Oktober 1910 traf
es sich, dass ich von einer sebr beftigen Influenza be¬
fallen wurde, welche mich grQndlich schwachte. Dieser
Erkrankung folgte im Februar 1911 ein Rezidiv, so dass
ich, aufs Susserste herabgekommen, neuerdings das Bett
htiten und der Praxis fernbleiben musste. Die Krafte
wollten allcm Anschein nach durchaus nicbt oder nur
sehr langsam wiederkehren, bis ich mit Ende Februar
damit begann, taglich dreimal je zwei bis drei Valyl¬
perlen zu nehmen. Dabei macbte ich die erfreuliche Er-
fahrung an mir, dass die lastige Schlaflosigkeit, sowie
die sonstigen sogenannten nervOsen Symptome, das heisst
die Residuen der ersten und zweiten Influenza, binnen
drei bis vier Wochen, wfthrend welcher Zeit ich die Valyl¬
perlen in genannter Weise gebrauchte, vollkommen ver-
schwanden. Ich kann also das Valyl alien Kollegen, welchen
das Mittel bisber fremd blieb, bei ahnlichen Indikationen
empfehlen. Unter Umst&nden verdient es dieses Mittel,
dass cs von den Kollegen in geeigneten Fallen einmal
probeweise zur Anwendung gebracht wird.“
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 31.)
Angina. Diplosal bei A. hat O. Brann (Steglitz) mit bestem
Erfolge angewandt. Die Pat. bekamen ibre Tagesdosis
(3 g) im Verlaufe von 15 Minuten (mit reichlich Hol-
lundertee), mussten dann, gut zugedeckt, zwei Stunden
scbwitzen, ein Verfabren, das am folgenden Tage wieder-
holt wurde. Diese Therapie hatte nicht nur auf die A.
selbst die gQnstigste Wirkung, sondern verhinderte auch
den Eintritt eines sich sonst bei den Kranken an die A.
anscbliessenden Gelenkrheumatismus.
(Deutsche Medizinal-Zeitung 1911 Nr. 13.)
— Beitrag but Therapie and Frophylaxe der oberen Lnftwege.
Von Dr. Loewenheim (Berlin). Mit Formamint-Tableiten
hat Autor eine grOssere Anzahl von Fallen von A. ton¬
sillaris behandelt. Er liess nur stflndlich eine Tablette
im Munde zergehen und daneben hydropathische Umschlage
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Angina — Arthritis urica.
machen. Bei dieser Behandlung wurde stets rasche Hei-
lung erzielt. Auch bei akuter Pharyngitis, Laryngopha-
ryngitia, Stomatitis bewfthrte sich das Mittel durchaus,
nicht minder als Prophylaktikum bei Leuten, die infolge
ihrer T&tigkeit (staubige R&ume, viel Reden, Singen usw.)
oft an Katarrhen der oberen Luftwege zu leiden batten,
und endlich prophylaktisch gegen Stomatitis mercurialis.
(Klinisch-therap. Wochenschrift 1911 Nr. 30.)
Arthritis urica. Zur Bek&mpfang des akuten Gicht-
anfalls. Von Geh. San.-R. Dr. Falkenstein (Gr.-Lichter-
felde). Mehrere Stunden lang andauernde Schmerzstillung
bei Einspritzung von Eusemin (in leichteren Fallen 1 Am-
pulle, in schwereren 2—3). Bedingung ffir den Erfolg,
dass die Einspritzung in unmittelbarer N&he der Schmerz-
stelle geschieht; fOr den Fuss gentkgt der oberbalb der
Kndchel liegende Teil der dem Schmerz entsprechenden
Seite des Unterschenkels. Bei grOsserer Fettansammlung
im Gewebe, wie am Knie, muss die Nadel durch die
Fettschicht hindurcbgefQhrt werden.-
(Miinch. med.Wochenaohrift 1911 Nr. 26 )
— Operative Heilwtg der Podagra (Arthrektomie). Von Prof.
Dr. F. Franke (Diakonissenhaus zu Braunschweig). Ein
Mann hatte' chronische A. an einer Grosszehe. Das Ge-
lenk war nur etwas verdickt und auf Druck schmerzhaft,
aber Pat. batte seit einem Jabre dauernd Schmerzen und
war dadurch arbeitsunf&hig, deshalb operierte Autor ihn.
Da sich nach der ErSffnung des Gelenks durch einen
Bogenschnitt zeigte, dass in der Hauptsache nur der Knor-
pel der Epiphyse des Metatarsus durchweg mit Urat-
salzen durchsetzt war, hat Autor nur diesen sorgfaltig
mit dem Meissel bis auf den Knochen und mit dem be-
nachbarten Teile der Gelenkkapsel abgeschalt. Von der
Gelenkkapsel und dem Knorpel der Grosszehe hat er nur
die verd&chtig erscheinenden Stellen entfernt. Darauf
uberkleidete er das blosse Ende des Metatarsus mit Periost,
das er von der Tibia desselben Beines genommen hatte,
und schloss die Wunde vollstandig, schob allerdings zu-
letzt noch ein zusammengerolltes Sttlckchen Guttapercha-
papier an einer Stelle zwischen die Wundr&nder. Die
Wunde heilte per primam, Pat. ist seit eineinhalb Jahren
beschwerdefrei. Dieselben Erfahrungen hat Riedel bei
zwei Pat. gemacht. Autor ist daher der Ansicht, man
solle nicht nur schwer ver&nderte gichtische Gelenke ope-
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Arthritis urica — Augenentztlndungen.
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rieren, sondern auch gewfthnliche, einfache Ffille, und
zwar 1. solche, die einen schweren Eindruek machen im
akuten Anfalle, namentlich wenn es sich um ein Rezidiv
handelt; 2. die, bei denen sich trotz der Qblicben Behand-
lung ein chronischer, die Gebrauchsf&higkeit des Gliedes
beeintr&chtigender Zustand ausgebildet hat, und seien es
auch nur st&ndige Schmerzen im sonst wenig verfinderten
Gelenke; 3. wohl auch die, bei denen die Rezidive sich
h&ufen und schnell folgen. Die Art der Operation wird
sich nach den durch die ErOffnung des Gelenks klarge-
legten Verh<nissen zu richten haben. Es ist vielleicht
nicht ndtig, die vollst&ndige Arthrektomie zu macben,
wenn nur der Knorpel erkrankt, die Kapsel aber gesund
erscheint. Erforderlich aber ist auf jeden Fall die Ent-
fernung der erkrankten Teile im Gesunden, da nach ein-
facher Ausschabung von Gicbtherden sich gleich danach
gern wieder Urate ablagern. 1st der Knorpel erkrankt,
dann ist Ausspfilung des ganzen Knorpels nOtig, bei Mit-
erkrankung der Kapsel deren vollstandige AuslOsung.
(Medixin. Klinik 1011 Nr. 09.)
AugenentzGndungen. Ein nenes Instrument sum Ek-
tropionieren des Oberlid.es (Ektropionator) *) hat Dr.
C. Hertzell (Bremen) konstruiert.
Bei der Behandlung defr Conjunctiva des Oberlides
durch Pinselung, Aetzung usw. wurde es bisher hftufig
als ein Uebelstand empfunden, dass es mit einer Hand
nicht mdglich ist, das Oberlid vollst&ndig zu ektropio-
nieren, d. h. es gelingt wohl, den Tarsus umzukehren und
die ihn bedeckende Schleimhaut freizulegen, aber der
dartiber gelegene Teil der Conjunctiva und die Ueber-
gangsfalte, die so oft der eigentliche Sitz der Erkrankung
ist, bleibt der Behandlung unzug&nglich. Will man diese
Falte zu Gesicht bekommen, so hat man mit der andern
Hand noch einen Glasstab oder ein &hnliches Instrument
hinter das umgeschlagene Oberlid zu bringen und den
hftutigen Teil desselben herabzudrfingen. Dieses ist nun
zur Besichtigung leicht auszufbhren, nicht aber far die
Behandlung, denn der Praktiker, der ohne Assistenz ar-
beitet, braucht seine rechte Hand zur Ausfahrung der
betreffenden Therapie, die er vornehmen will (Aetzung,
Abreibung, Galvanokaustik usw.). Aus diesem Bedttrfnis
der Praxis heraus ist das Instrument entstanden. Es
*) Fabrikant: H. Windier, Berlin N., Friedrichstr. 133a.
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Augenentzilndungen.
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besteht aus einem metallischen Ansatz, der mittels einer
fingerhutartigen Vorrichtung direkt an der Kuppe des
Mittelfingers der linken Hand befestigt wird. Mit Hilfe
dieses Ansatzes kann man jetzt auch mit der linken
Hand den hfiutigen Teil des Oberlides nach abwftrts
vorstGlpen, wfihrend die rechte Hand zur Vornahme der
betreffenden tberapeutischen Manipulation frei bleibt.
Bei der Ektropionierung des Lides selbst sieht der Pat.
nach abwfirts. Der Arzt erfasst jetzt in der Qblichen
Weise mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand das
Oberlid an den Zilien und zieht es etwas vom Bulbus
ab. Gleichzeitig drflckt er durch den mit dem Ektro-
pionator versehenen Mittelfinger die Mitte des Lides nach
abwfirts, wobei die Umkehrung leicht vonstatten geht,
und zwar so vollstfindig, dass auch diejenigen Falten der
Schleimhaut, die bei der gewdhnlichen Umkehrung des
Lides verborgen bleiben, jetzt fdr die Behandlung frei
ZUtage liegen. (Deutsche medizin. Wochenschrift 1911 Nr. 26.)
Ueber Augenerkrankung bei Acne rosacea. Von San.-Rat
Dr. R. Hilbert (Sensburg). Es handelte sich um eincn
kraftigen, sonst gesunden Mann im Alter von 61 Jahren,
Landwirt .und wohl etwas Potator. Die Nase und die
angrenzenden Partien beider Wangen sind blfiulich-rot,
verdickt, und zeigen im Qbrigen das Aussehen, wie es bei
mfissiger Acne rosacea der Fall zu sein pflegt. Pat. gibt
an, dass dieser Zustand bereits seit Jahren bestehe, dass
aber in letzter Zeit, unter Verschlimmerung der Erkran-
kung der Nasenhaut, ein Augenleiden hinzugekommen sei,
das ihn sehr quftle und beunruhige. Seit etwa zwei Wochen
leide er an Lichtscheu und Augenschmerzen, auch sei das
Sehen gestort, so dass er nicht einmal grobe Schrift zu
entziffern imstande sei. Ueberdies seien die Augen stets
voll Wasser, so dass er gezwungen sei, sich bestfindig die
Lidrfinder zu wischen. Der objektive Befund ist der fol-
gende: Beide Augen tr&nen. Die Lidbindehfiute sind ge-
rQtet und auch etwas geschwollen; die Aug&pfelbinde-
hfiute zeigen ebenfalls beiderseits FQllung der grdsseren
Gefftsse. Ausserdem besteht Ziliarinjektion. Lidrfinder
und Trfinensficke sind gesund. Die Hauptverfinderung
aber zeigen die Hornhfiute, und zwar liegen die Hornhaut-
erkrankungen auf beiden Augen zueinander symmetrisch.
Beiderseits entspringt innen, im horizontalen Meridian, aus
dem etwas verdickten Limbus je ein schmales BQschel
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Augenentziinduogen.
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feiner Gefasse, das etwa 3 mm in der Richtung nach innen
und unten verlauft und sich dann besenffirmig verbreitert,
ohne aber das Zentrum der Hornbaut zu erreichen. Die
Hornhaut ist, rechts wie links, in diesem vaskularisierten
Gebiete getrtlbt und erscheint rauh, uneben und vom
Epithel entblfisst; in dem Bereich der pinselffirmigen Aus-
strahlung der Gef&sse ist sie facettiert. Die Pupillen sind
auffallend eng, die Sehschftrfe betrftgt beiderseits B /», die
Akkommodation scheint aufgehoben zu sein, woher sich die
schlechte Leseffihigkeit, fiber die er klagt, leicht erkl&rt.
Zun&chst machte Autor auf der Innenseite beider Horn-
h&ute die Peritomie und tr&ufelte Homatropinldsung ein.
Darauf liess der Schmerz nach, auch hfirte das Tranen-
laufen auf. Alsdann begann er, die Hornh&ute mit gelber
Quecksilberoxydsalbe zu massieren, eine Behandlung, die
er sp&ter durch Kalomeleinstflubungen ersetzte. Doch
hatte auch dieses nicht den gewfinschten Einfluss auf die
Rfickbildung der Gef&ssbfischel. Autor riet dem Mann,
sich die Acne rosacea von einem Hautspezialisten behan-
deln zu lassen. Dieses geschah, und als Pat. nach einigen
Wochen wieder erschien, war die Acne rosacea sehr ge-
bessert, desgleichen aber auch die Augen. Es bestand
nunmehr nur eine geringe Hyperfimie der Bindeh&ute, die
Gefassbfindel in den HornhSnten waren verschwunden,
und an ihrer Stelle befanden sich leicht getrfibte Bander,
fiber denen die Hornhaut spiegelnd glatt war, ausserdem
waren die Pupillen von mittlerer Weite und die Akkom-
modationsbreite war durchaus seinem Lebensalter ent-
sprechend. Die Augen waren wahrend dieser Zeit nicht
behandelt worden! Diese Nebenwirkung der Behandlung
der Acne rosacea auf das geschilderte Augenleiden scheint
ein Beweis daffir zu sein, dass auch in dem beschriebenen
Falle die Erkrankung der Augen als eine Folge der Er-
krankung an Acne rosacea aufzufassen sei. Es besteht
eine nicht zu Qbersehende Aehnlichkeit der oben geschil-
derfen doppelseitigen Hornhauterkrankung mit gewissen
skrofulfisen Hornhautleiden, wie man sie fifters bei Kin-
dern zu sehen bekommt; aber der Mann war nicht skro-
fulfis und stand nocli weniger dem Kindesalter nahe. Da
ein anderes atiologisches Moment nicht bestand, so bleibt
schliesslich nichts anderes fibrig, als die Acne rosacea
daffir in Anspruch zu nehmen, zumal auch der heilende
Einfluss der Aknebehandlung daffir spricht. Daher mochte
Autor den Kollegen anempfehlen, bei Behandlung von
F&llen von Acne rosacea auf die Augen zu achten und
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Augenentzttndungen.
nachzusehen, ob etwa Erkrankungen dieses Organs gleich-
zeitig mit der Erkrankung an Acne rosacea einhergehen
respektive unter geeigneter Behandlung mit ihr schwinden.
(Mttnch. med. Wochenaohrift 1911 Nr. 29.)
— Znr Dionin wirkung am Ange. Von Or. Orth (Grfifenberg).
Autor gibt folgende „Selbstbeobachtung“ wieder: B Im
Sommer 1906 erkrankte ich gleichzeitig an katarrhalischer
Ophtbalmie und Herpes corneae rechts. Die Erkrankung
dauerte vier Wochen und verschwand, ohne sichtbare
Spuren zu hinterlassen. Behandlung: Atropin, gelbe Salbe.
Ein Jahr darauf erkrankte das gleiche Auge wieder; und
zwar ist es fraglich, ob ein Rezidiv dee Herpes vorlag;
jedenfalls ging die Entzfindung sehr bald ins Parenchym
der Hornhaut fiber und wurde sehr intensiv. Es dauerte
vier Monate, bis das Auge wieder reizlos war. Die Ent-
zfindung hinterliess eine ziemlich betrfichtliche zentrale
Trfibung, die aber das stereoskopische Sehen nicht hin-
derte und auch gar keine Blendung verursachte. Anfang
Februar 1911 erkrankte das gleiche Auge von neuem;
vielleicht infolge eines in beissendem Tabaksqualm ver-
brachten Abends. Es trat, noch ehe Reizerscbeinungen
sichtbar waren, sofort eine neue, sehr dichte Infiltration
in der alten Narbe auf. Die Entzfindung wurde langsam
schlimmer, das Infiltrat dichter und sehr ausgedebnt; die
Bindehaut war stark injiziert, und es bestand auch be¬
trfichtliche ziliare Injektion. Die Trfibung war so dicht,
dass fast nur noch qualitatives Sehen vorhanden war.
Ich wandte energisch feuchte Wfirme und Atropin an,
und bald begann die Entzfindung zurfickzugehen. An¬
fang April trat eine leichtere Iridozyklitis ein. Kurz
darauf begann ich die Dioninbehandlung. Es ging nun
verhfiltnismfissig rasch besser; Anfang Mai konnte ich
einen Teil meiner Arbeit wieder selbst tun, am 1. Juni
wieder die ganze Praxis versehen. Ich wandte das Dionin
in Substanz an, da die von Wolffberg empfohlene Me-
thode — Massage mit einem Salbenkfigelchen, das mit
Dionin in Berdhrung gebracht ist — wegen der grossen
Empfindlichkeit des Auges gegen die leichteste Berfihrung
und der dadurch bedingten Steigerung der iritischen
Schmerzen nicht gut auszuffihren war. Die Dionin-
ophthalmie trat in meinem Fall nicht in voller Stfirke auf,
aber doch immerhin in guter, fiber das mittlere Mass
hinausgehender Weise. Die Anwendung fand ich sehr
bequem und angenehm. Das nach der Inspersion auf-
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Augenentziindungen — Blutungen. 9
tretende Brennen ist zwar recbt lebhaft, aber durchaus
ertraglich. Nach einigen Minuten tritt vSllige Eupborie
ein. Das iritische Auge, in dem die plbtzlichen Kon-
traktionsversuche der Iris, abends beim AnzGnden der
Lampe, ganz empfindliche Sebmerzen verursachen, blickt
nach Dioninanwendung ohne jeden Schmerz direkt in die
Flamme. Kommt "etwas raehr Dionin ins Auge als eine
Spur, so wird gendgend resorbiert, um einen festen Scblaf
herbeizufOhren. Am andern Morgen ist die Ophthalmie
grOsstenteils verschwunden, die analgetische Wirkung frei-
lich auch. — Ich konnte das Dionin zweimal wdchentlich
anwenden, ohne dass die Wirkung besonders nacbgelassen
hatte, und babe die Beliandlung zwei Monate lang fort-
gesetzt. Was die Wirkung auf die Iris betriflt, so war
diese augenscheinlich. Nach der ersten Inspersion ver-
schwand die ziliare iDjektion teilweise, nach der zweiten
fast vollstandig. Die Dauer der Iritis wurde ganz we-
sentlich abgekdrzl. Eine nennenswerte Untersttttzung des
Atropins glaubte ich nur bei der ersten Anwendung kon-
statieren zu kdnnen: Die Pupille schien sich schneller
und ausgiebiger zu erweitern. Die Keratitis selbst war
schon stark im Abnehmen begriffen, als ich Dionin an-
wandte. Indessen hat es offenbar auch hier sehr geholfen.
Die Aufhellung der ganz enormen TrQbung ist so weit
vorgeschritten, dass stereoskopisches Sehen wieder mbglich
ist und dass auch kaum BlendungsgefQhl besteht. Es
scheint sogar, dass zentral gelegene Teile der alten Narbe
resorbiert worden sind. Jeden falls ist der Erfolg nach
einer so schweren wiederholten Keratitis befriedigend.
Die Sehschftrfe betrfigt etwa Vo—V 7 . Die subjektive Er-
leichterung nach der jedesmaligen EinstSubung des Pulvers
war immer so gross, dass ich bedauerte, mir sie nicht
Ofter verschaffen zu kdnnen; aber die Gefahr, dass Ge-
wdhnung eintrete, wollte ich doch nicht herauf beschwOren.—
Ich habe den persbnlichen Eindruck, dass das Dionin
eins der wirksamsten Mittel in der Augenheilkunde ist
und schon sehr viel Segen gestiftet hat und hoffentlich
noch stiften wird.“
(Wochenschrift f. Therapie u. Hygiene d. Auges ‘*7. Juli 1911.)
Blutungen. Purpura haemorrhagica nach Fibrolysininjek-
tionen. Yon K. Friedmann (Stadtkrankenhaus Posen).
Wie schon Hayn und Clifford, sah auch Autor eine
Purpura sich bei einer Fibrolysinkur (nach der neunten
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Blutungen.
Injektion) entwickeln, wieder eine Maknung, beim Ge-
brauch von Fibrolysin Vorsicht walten zu lassen.
(Die Therapie der Gegenwart, Mai 1911.)
— Behandlung der puerperalen B. mit Secacornin „Roche“.
Yon Dr. D. Pulvermacher (Gharlottenburg). Autor hat
das Prfiparat bei ca. 300 Fallen angewandt und restimiert
fiber die Erfolge:
1. Secacornin „Roche“ wirkt sehneller als die son-
stigen Secaleprfiparate.
2. Die Injektionen, richtig in die Nates ausgeffihrt,
sind schmerzlos.
3. Bei Schnellentbindungen und zurfickgebliebenen Pla-
zentarresten trat in kurzer Zeit prompte Wirkung ein.
Auf die Lfisung der Plazenta lasst Autor 1— l 1 It
Stunden warten. Hat sich dann nach der Geburt der
Nachgeburtsteile gezeigt, dass Reste zurfickgeblieben sind,
so wurden in den nfichsten drei Tagen tfiglich drei bis
vier Spritzen Secacornin neben Scheidenspfilungen ge-
geben. Fast durchweg konnte man am zweiten Tage
einen leichten Temperaturanstieg feststellen, der am nachsten
Tage verschwand, endlich fand man bei der Spfilung die
abgestossenen Teile. Straubten sich die Frauen gegen
die Einspritzung, so wurde Secacornin per os ohne jeg-
liche Beechwerden verordnet, und zwar dreimal taglich
15 Tropfen, die Tablettenform stand uns damals noch
nicht zur VerfQgung. Es wurde nur bei der Injektion
darauf geachtet, dass die Nadel senkrecht zur Oberflache
in die Muskulatur der Nates eindrang. So kam es nie
zu einer Rfttung oder zu Infiltraten, geschweige denn zu
einem Abszess. Ferner wurde Secacornin gegeben, wenn
eine Schnellentbindung geboten war; die wehenbeffirdernde
Wirkung trat oft schon nach zehn Minuten ein. Wichtig
war dies bei der Eklampsie, wo die Atonia post partum
nach der Schnellentbindung zu fGrchten ist.
(Allgem. med. Zentr&l-Ztg. 1911 Nr. 18).
—- Pituitrin als gyn&kologisches Styptikum. Von Dr. H. Bab
(II. Univers.-Frauenklinik in Wien). Pituitrin erwies sich
als wirksam, aucli oft da, wo Hydrastis, Ergot in und
Styptizia im Stich liessen. Nicbt nur bei Endometritis,
Metritis und bei Menorrhagien, die vielleicht auf gesteigerter
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BlutUDgeD.
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Ovarialtfitigkeit beruhen, sondern auch bei B., deren Ur-
sachen in entzttndlichen Adnexerkrankungen, My omen und
Ovarialzysten zu suchen waren, sah Autor oft (lber-
raschenden Erfolg. Man verwandte das PrSparat in Dosen
von 2 oder 3 ccm, die man einmal oder je nach Bedarf
mehrere Tage hindurch subkutan injizierte. Als einzige
Nebenwirkung des ausserordentlich harmlosen Mittels kamen
gelegentlich wehenartige Uteruskrampfe zur Beobachtung.
Gewiss ist nichts schwieriger zu beurteilen als der thera-
peutische Erfolg bei unregelm&ssigen B. Nicht nur die
Mdglicbkeit des SpontanaufhOrens der B., sondern auch
die Bettruhe im Spital als Heilfaktor machen die Beur-
teilung, ob post hoc oder propter hoc, ungemein schwer.
Wie vorsichtig man hier urteilen muss, zeigten zwei
FSlle, in denen wochenlange B. im Moment des Eintritts
der Pat. ins Spital sistierten. Wenn man jedoch die 30
Ffille, die Autor bisher zu behandeln Gelegenheit hatte,
zahlenm&ssig nachprtift (vergl. Tabelle) und konstatiert
Unter 30 Fallen von Metrorrhagie stand die B. dnrch
Pituitrininjektion in
10 Fallen nach 1 Tag = 33,33% 1_
11 „ „ 2 Tagen = 36,66 % } 69)99 /o
7 „ „ 4-8 „ = 23,33 %
2 „ : kein Effekt = 6,66 %
dass in 33% der Falle die B. schon am ersten Tag nach
der Injektion standen, in 36 % am zweiten Tage, zusammen
in fast 70%, dass nur 23% eine l&ngere Behandlung von
4—8 Tagen gebrauchten und dass eigentlich nur in zwei
Fallen die gewfinschte Wirkung, der B. Herr zu werden,
ganz ausblieb, so ist anzunehmen, dass hier Zufalligkeiten
nur eine geringe Rolle spielen, und dass man das Pituitrin
als wertvolles gynakologisches Styptikum anzusehen hat.
Selbstredend werden jedoch auch hier erst weit grOssere
Beobachtungsreihen zu einem abschliessenden Urteil be-
rechtigen. Die wichtige Frage nach der Beeinflussbarkeit
der Myomblutungen konnte Autor erst an wenigen Fallen
in Angriff nehmen, sah aber auch hier Bemerkenswertes;
so brachten 4 ccm Pituitrin eine seit 2 V* Wocben anhal-
•tende Myomblutung bei einer 47jahrigen zum Stehen. Es
ist nicht ausgeschlossen, dass mdglicherweise die Pituitrin-
therapie mit der Rdntgenbehandlung der Myome wird in
Konkurrenz treten kbnnen.
(Miinchener med. Wochenschrift 1911 Nr. 29.)
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12
Blutungen.
—. Ein Beitrag zur Erkennung der Lungenblutung. Von St.-A.
Dr. Mann. (Aus dem Egl. Garnisonslazarett MQnchen.)
Autor scbreibt: „Es kfinnte fast Qbertifissig erscheinen,
fiber die Diagnose dieser so wohlbekannten Erankheits-
erscheinung etwas Neues sagen zu wollen; und doch gibt
es Ffille, bei denen es schwer ist, mit alter Bestimmtheit
anzugeben, dass der vorgezeigte blutige Auswurf aus der
Lunge stammt. Ich habe dabei diejenigen Ffille von ini-
tialer Hfimoptoe im Auge, bei denen Leute zur Beobach-
tung kommen, welche angeben, plOtzlich bei anscheinend
vfllliger Gesundheit ohne Zeugen eine grfissere Menge Blut
ausgehustet zu baben. Das nun in den folgenden Tagen sta-
tion&rer Beobachtung zutage geffirderte Sputum besteht
aus stark mit Schleim vermischten dunkelblauroten Blut-
klfimpchen, welche nicht ohne weiteres mit Sicherheit
erkennen lassen, dass sie als die letzten Reste einer tat-
sfichlich stattgefundenen Lungenblutung anzusprechen sind.
Man kann dies im gegebenen Falle sehr leicht beweisen,
wenn man ein solches Blutklfimpchcn in weitem Reagens-
glase mit Wasser vorsichtig ausschflttelt und das sich blutig
ffirbende Wasser mehrmals durch neues ersetzt. Es ist
dann zu beobachten, dass sich das Blut-Schleimklfimpchen
als Knfiuel von dickeren und dfinneren Strfingen und
Ffiden darstellt. Giesst man den Inhalt des Reagensglases
in eine Petrischale auf schwarzer Unterlage aus, so kann
man sich leicht fiberzeugen, dass man es mit einem ty-
pischen Fibrinausguss von Bronchialfisten zu tun hat.
Damit ist nach meinem Daffirhalten der Beweis einwand-
frei erbracht, dass das Blut aus der Lunge stammt und
innerhalb der Lunge in den Bronchien zur Gerinnung
gekommen ist. Weiterhin scheint mir gegebenenfalls aus
solchem Befunde der Rfickschluss auf eine ohne Zeugen
angeblich vor sich gegangene Hfimoptoe gerechtfertigt zu
sein. Ich bin auf diesen Befund vor mehreren Jahren
durch einen Eranken aufmerksam gemacht worden, welcher
eine betrfichtliche Hfimoptoe erlitten hatte und mir nach
Abklingen derselben in den nfichsten Tagen in seiner mit
etwas Wasser geffillten Spuckschale die obenerwfihnten
Enfiuel zeigte. Nach Herausfischen derselben stellte es
sich heraus, dass es grosse Bronchialbfiumchen waren.
Ich mOchte hierzu bemerken, dass sich an diese Hfimoptoe
keine akute Ausbreitung der bestehenden Tuberkulose an-
schloss; der Eranke ging jedoch ffinf Jahre spfiter an
Phthise zugrunde. Die gleiche Beobachtung machte ich
im Sommer vorigen Jahres noch einmal, bei einem Eranken,
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Blutungen — Diabetes.
13
dessen Angabe, eine grbssere Menge Blut ohne Zeugen
ausgehustet zu haben, anfangs bezweifelt wurde. Dieser
Kranke hat nach seiner Entlassang aus dem Dienste mehrere
Monate sp&ter in seiner Heimat eine betr&chtliche H§.mopto8
erlitten, die von seinem behandelnden Arzte best&tigt
wurde. Bei einem dritten Kranken, der vor meinen Augen
eine initiale Hamoptoe erlitt, gelang es auch, ein Bron-
chialb&umchen nachzuweisen, jedoch war dieses nicht so
charakteristisch, wie die beiden ersterw&hnten, welche ich
der internen Abteilung der Kgl. Universit&tspoliklinik
Miinchen zu Demonstrationszwecken zur VerfOgung ge-
stellt habe. Wenn auch durch die oben beschriebene
Beobachtung gegebenenfalls zunSchst nur erwiesen wird,
dass eine B. aus der Lunge stattgefunden hat, so diirfte
i sie mit RQcksicht darauf, dass kleine primare Lungenblu-
tungen in der Regel als Zeichen einer schon bestehenden
tuberkulOsen Erkrankung anzusprechen sind, zur Sicherung
dieser Diagnose unter Umstanden gut zu verwerten sein.“
(Mtlncfa. med. Wochensohrift 1911 Nr. 31.)
Diabetes. TTeber den Einflnss des Santonins anf die Zucker-
ansscbeidnng bei D. Von Dr. G. WalterhSfer (Berlin).
Die Untersuchungen ergaben, dass Santonin auf die Zucker-
ausscheidung keinen in therapeutischer Hinsicht zu ver-
wertenden Einfluss besitzt.
(Berliner klin. Wochenachrift 1911 Nr. 10.)
— Interessante Bromuralwirkung in einem Falle von hocb-
gradigem D. Von Dr. Beeck, dirig. Arzt d. Deutschen
Hospitals in Buenos Aires. BOj&hrige Pat. mit 8% Zucker,
heftiger Neuralgie des Plexus brachialis, vollst&ndiger
Schlaflosigkeit, gegen die vergebens alle mbglichen Mittel
gegeben waren; infolgedessen GemOtsdepression. Autor
verordnete keine Difitkur, nur abends 0,6 g = 2 Tabletten
Bromural jeden Tag. Wirkung zauberhaft. Korperliches
und psychisches Befinden hob sich in wenigen Wochen
zu vollstandiger Euphorie, ausgezeichneter Schlaf, Zucker
geht auf 2 l l<s°io zurfick, Neuralgie verschwunden. Autor
ffthrt das alles auf den guten Schlaf zurflck. Nach sieben
Wochen hbrte Pat. plbtzlich auf, Bromural zu nehmen;
trotzdem weiter gutes Wohlbefinden, ruhiger Schlaf.
(Allgem. med. Zentral-Ztg. 1911 Nr. 25.)
— Sammel- nnd Messgef&ss fllr Diabetiker. Von Privatdozent
Dr. C. Thomae (Giessen). Bekanntlich soil ftlr eine
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, 14
Diabetes.
Zuckerbestiraraung der Harn wahrend 24 Stunden ge-
sammelt und eine Durchschnittsprobe dea Gemisches unter-
sucht werden. Wesentlich ist, dass man hierbei die Menge
der GesamtflQssigkeit berGcksichtigt. Dass dies von einem
grossen Tfeil dea Publikum8 immer noch nicht geschieht
und man aich, aobald der Arzt nicht kontrolliert, begnOgt,
nur in einer beliebigen Menge Harn die „ Prozente" zu
ermitteln, mit denen man dann Vergleiche gegen frQhere
„Prozente“ anatellt, ist zu verwundern. Da Prozente nur
ein relativer Ausdruck sind, so besagt eine solche Angabe
obne Beziehung auf die Harngesamtmenge sebr wenig,
und es ware pro praxi dringend nQtig, mit dieser
Ausdrucksweise aufzur&umen, dafOr aber die Angabe der
24stQndigen Tagesproduktion in Grammen Zucker, die
einen absoluten Begriff darstellt, einzufQhren bzw. vom
Publikum zu verlangen. Der Massstab der Prozente hat
sich wohl deshalb so eingebQrgert, weil der Pat. gewbhnlich
ein ihm bequemes Messgeffiss fQr mehrere Liter nicht be-
sitzt und deshalb die Ausrechnung dea Polarisations*
resultates auf die GesamtflQssigkeit seinerseits unbewusst
unterbleibt; auch die gebr&uchlichen Glasmensuren sind
zu klein, um den 24stQndigen Harn auf einmal zu fassen
und dessen Sammeln bequem zu machen. Um das Pu¬
blikum an das Messen des Harnes zu gewohnen, hat Autor
daher anfangs des Jahres 1909 ein Sammel- und Mess-
geffias fQr Diabetiker eingefQhrt, das eine 5 1 enthaltende
Mensur darstellt, im Innern eine Einteilung besitzt und
mit ROhrstab und Deckel versehen ist. Das Gefftss hat
eine gefallige Form, kann unauffftllig im Schlafzimmer
aufbewahrt werden und ist unzerbrechlicli (emailliertea
Metall). Zum Preise von 8 M. kann ea durch das Medi-
zinische Warenhaus P. A. Stoss Nachfolger in Wiesbaden,
Taunusstrasse 2, bezogen werden, von wo aus auch die
Gebrauchsanweisung versandt wird.
(Deutsche mod. Wochenschrift 1911 Nr. 31.)
— Zur Verwendnng innlinreicher GemQ.se bei Diabetikern.
Von Prof. Dr. H. Strauss (Berlin). Es gibt Falle von
D., bei denen das Inulin nicht bloss ausgezeichnet ver-
tragen wird, sondern auch die Azidose herabzusetzen ver-
mag. Wo eine schwere Azidose zu bekampfen ist oder
aus sonstigen GfOnden der Eintritt gewisser Kohle-
hydratmengen in den Stoffwechsel erwQnscht ist, sollte
daher vom Inulin Gebrauch gemacht werden. Leider ist
Inulin recht teuer (100 g kosten 3 —A M.). Aber als
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Diabetes.
15
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Ersatz ist eine inulinreiche Gemtiseart zu empfehlen,
„Helianthus macrophyllus“ („Sonnling“), die relativ billig
ist und als Wintergemflse in einer Zeit, in welcher die
Auswahl unter den Gemflsen an sich beschrfinkt ist, eine
LQcke auszuffillen vermag. Was die Zubereitung betrifft,
so wurden die Heliantbiknollen am liebsten in Fett gar-
gerbstet — fthnlich wie Bratkartoffeln — genommen.
Ebenso wurde die in Salzwasser abgekocbte — selbstver-
st&ndlich vorher geschalte — Knolle auch gern mit einer
hollfindischen Sauce genossen. Weiterhin wurden sie auch
mit den verschiedensten Sahnensaucen oder Mayonnaisen
oder auch als sog. „Bauernfrflh8tQck w verabfolgt. Auch
als PQree mit Sahne, Butter und etwas Muskatnuss wurden
die Knollen gern genommen. Das Pdree liess sich auch
zum „Binden“ fQr andere Gemllse benutzen. E. Hanne-
mann empfiehlt weiterhin die mit Salzwasser abgekochten
Knollen mit Essig und Oel als Salat zu reichen, oder in
Salzwasser gargekocht und mit brauner Butter dbergossen
wie Spargel oder auch mit Frikasseesauce und ev. mit
Fleischklbssen zu reichen. Wenn auch der Geschmack
der betreffenden Gerichte einigen Pat. etwas ungewohnt
vorkam, so war doch bei keinem der Pat. eine intensivere
Abneigung gegen das Ungewohnte zu beobachten, sondern
die Mehrzahl begrOsste Helianthik als Abwechslung in der
Di&t. Wenn man bedenkt, wie schwer es sein kann, in
manchen Fallen von D. auch nur ein geringes Quantum
von Kohlehydraten in nutzbarer Form in den Stoffwechsel
zu bringen, und wie erwbnscht auf der andern Seite ein
solches Vorgehen in manchen Fallen — insbesondere zur
Behandlung der Azidose — sein kann, so wird man nach
dem Vorstehenden den inulinreichen GemQsen wohl ein
grbsseres Interesse entgegenbringen dOrfen, als dies noch
an vielen Stellen der Fall ist. Speziell dOrften die inulin-
reichen GemQse so lange einer besonderen Beachtung wert
sein, als der Preis fQr das Inulin noch die jetzige H5he
besitzt. Dass das Inulin aus den Gemiisen erheblich lang-
samer zur Resorption gelangen kann, als bei der Darreichung
der rein dargestellten Substanz, ist dabei nicht immer ein
Nachteil, sondern kann gelegentlich sogar ein Vorteil sein,
da wir wissen, dass die Toleranz des Diabetikers nicht bloss
von der Art des resorbierten Kohlehydrats, sondern auch von
der Schnelligkeit oder vielmehr von der Langsamkeit der
Resorption dieses Kohlehydrats abh&ngig ist. Und selbst
wenn man iofolge einer eintretenden Kumulativwirkung
in diesem oder jenem Falle zu einer nur sporadischen
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16
DiabeleB — FremdkQrpor.
Anwendung gezwungen sein sollte, so dQrfte sicherlich
auch in gar manchen dieser F&lle der Nutzen der Dar-
reichung von Inulin oder inulinhaltigen GemQsen aus den
hier angefQhrten Gesichtspunkten nicht ganz gering anzu-
schlagen sein. Es dQrfte also auch eine solche Eventua¬
lity unser Interesse fQr das Inulin und fQr inulinhaltige
GemQse nicht zu selir herabsetzen. Was das hier geprGfte
inulinreiche GemQse speziell betrifft, so liesse sich durch
einen umfangreicheren Anbau dessen an sich nioht sebr
hoher Preis auch noch weiter verbilligen und mOglicher-
weise auch das Material zur Herstellung eines weniger
kostspieligen Inulinpr¶tes gewinnen.*)
(Die Therapie der Gegenwart, August 1911.)
Fremdkoppep. p. im Halse. Von Dr. Fackenheim
(Eisenach). Fischgr&ten in den Tonsillen sind bisweilen
sehr schwer zu finden. Autor Ifisst in solchen F&llen
Heidelbeerkompott essen, worauf sich die winzige, aus den
Tonsillen herausragende Spitze der Grate deutlich erkennen
lasst, die jetzt blau gefftrbt erscheint und sich gegen die
rote Tonsille vorzQglich abhebt.
(Tberap. Monatshefte, Juni 1911.)
—> Die Kalkverletzung des Auges. Von Prof. Dr. H. Chalu-
pecky (Prag).
Die SchlQsse, die aus der klinischen Beobachtung und
aus den experimentellen und mikroskopischen Befunden
hervorgehen, lassen sich in folgende Satze zusammen-
fassen:
1. Die Verletzung des Auges mit lOslichen Kalkver-
bindungen ist stets ernst. Am hftufigsten ist die Ver-
letzung mit Kalziumhydrat, wobei eine wirkliche Ver-
brennung des Auges entstehen kann, wenn n&mlich das
Hydrat gerade im Momente des LSschens ins Auge ein-
dringt. IlSufiger findet eine chemisclie VerStzung des
Auges statt, welclie bei alien lQslichen Kalkvcrbindungen
erfolgt und bei welcher es sich um Wasserverlust der
Gewebe, um Nekrose derselben und um Niedersehlag der
Kalkverbindungen handelt. Auf die Nekrose folgt eine
*) Bezugsquelloo: J. 0. Schmidt, Erfurt, Dominium Obor-Eaisers-
waldau, Kreis Goldborg-Haynau, Niederschlcsien, sowie PlOttnor, Thcissen
in Thiir. In dom Jahresbericht ist dor Preis mit 5 M. pro 10 kg bzw.
35 M. pro 100 kg angegeben.
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FremdkOrper — Intoxikationen.
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starke reaktive Entzttndung, welche zur Elirainierung fflhrt
und mit Yernarbung endet.
2. Das beste Mittel zur Entfernung des Kalkes aus
dem Auge gleich nach der Yerletzung ist das kalte Wasser,
welches die Temperatur herabsetzt und die F. heraus-
schwemmt.
3. Oel und andere Fette eignen sich erst zn der
Weiterbehandlung, wenn das Auge bereits mit Wasser
gereinigt wurde.
4. Die ZuckerlOsung hat keinen therapeutischen Wert,
im Gegenteil, durch Yerbindung des Kalks mit dieser L0-
sung entstehen unter Entwicklung einer hohen Temperatur
Kalksaccharate, die ebenso atzend wirken wie der Kalk
selbst.
Die nach Yernarbung der Bindehaut zurdckgeblie-
benen Verwachsungen, Symblepharon, sind nur durch eine
plastische Operation zu beseitigen. DioHornhauttrflbungen
wird man vielleicht durch chemische Ldsung der Kalk-
niederschlage bessern kdnnen, aber die Beseitigung der
Folgen der Yernarbung nach der reaktiven EntzQndung
wird wohl kaum mOglich sein; die Trftbungen dieser Art
sind durch dauernde Verftnderungen des Gewebes bedingt,
und eben deshalb gehOrt die Yerletzung des Auges mit
Kalk zu jenen Yerletzungen, die fOr das Sehvermdgen
am gef&hrlichsten sind. (Wiener klin. Rundschau 1911 Nr. 27—30.)
Intoxikationen. Warnnng vor Maretin. Yon Professor
W. Heubner (Gottingen). Autor betont mit aller Schtlrfe,
dass Maretin ein Blutgift ist.
(Tberap. Monatshofte, Juni 1911.)
— TTeber Digalenvergiftnng. Yon Dr. F. Heydner (Obernzenn).
Ein 20j&hriger Schfiler bekam Digalentropfen verschrieben,
die Mutter gab ihm auf einmal 6—7 ccm, d. h. die drei-
fache maximale Einzeldose, und es entwickelte sich eine
sch were Vergiftung, bei der besonders die Pulsverlang-
samung (bis 30 Schl&ge) und der gleich am ersten Tage
einsetzende heftige Singultus hervortraten. Auch kam
es zu hochgradigen Stdrungen des Bewusstseins, Verwirrt-
heits- und AufregungszustSnden. Die Erkrankung verlief
langsam. Die akuten bedrohlichen Zustande, der Sin¬
gultus, die Herzschwftche und Nierenreizung, die psy-
chischen Storungen gingen innerhalb sechs Tagen zurOck,
die aufgetretenen Seh- und GehOrstdrungen dauerten lftnger
an, am l&ngsten die Pulsverlangsamung, die erst nach
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Iotoxikationen — Pneumonie.
drei Wochen verschwand. Therapeutisch erwies sich als
gegen den qu&lenden Singultus und die Aufregungszust&nde
die Morphiumspritze als wirksam, die oft bedrohliche
Herzschw&che wich Kampferinjektionen.
(Mtinch. med. Wochemohrift 1911 Nr. 28.)
Pneumonie. TTeber Kontusionspneumonie. Von Dr. E.
v. Czyhlarz (k. k. Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien).
Autor hat drei Fallc zu beobachten Gelegenheit gehabt:
1. Fall. A. C., Maurerlehrling, 14 Jahre alt, fiel
am 18. Juni von einer Leiter aus zirka MannshOhe auf
den Boden auf die rechte Brustseite, wobei sein Arm
unter diese zu liegen kam. Ein bis zwei Stunden nach-
her wurde er von einem SchQttelfrost befallen, am n&chsten
Tag in das Spital eingeliefert. Bei der Untersuchung des
hochfieberbaften (39,9°) Pat., der einen typischen Herpes
labialis zeigte, fand sicb bei der Untersuchung des Thorax
eine D&mpfung vom Angulus scapulae der rechten Seite
angefangen nach abw&rts. Im Bereiche dieser D&mpfung
lautes Bronchialatmen. Der Thorax zeigte rechts in der
* Seite einige Suffussionsflecke. Eine Rippenfraktur war
nicht zu konstatieren. Das Sputum war rostfarben, nicht
besonders stark h&morrhagisch. Mikroskopisch zahlreiche
Diplokokken Fr&nkel-Weichselbaum. Nach dreit&gigem
typischen Fieberverlauf am dritten Tage die Krise. Die
Resolution setzte bald nach der Krise ein, das Sputum
rubiginosum verschwand am Tage nach der Krise. Pat.
erholte sich sehr rasch und verliess nach 14 Tagen voll-
kommen gesund das Spital.
2. Fall. F. K., Kaufmannslehrling, 13 Jahre alt,
fiel am 10. Mai, auf einem Gestell stehend, aus zirka
MeterhOhe gegen eine Tischkante in der Weise, dass die
linke untere Thoraxwand eingedrdekt wurde. Er verspQrte
nach dem Sturze einen heftigen Schmerz in der betroffenen
Seite, zirka vier Stunden nach dem Unfall SchQttelfrost,
am n&chsten Tage Einlieferung in das Krankenhaus. Links
hinten unten und in der Seite der Perkussionsschall etwas
abgeschw&cht; bei der Auskultation in diesem Gebiete
deutliches Knisterrasseln. Das Sputum typisch rubiginQs.
Mikroskopisch zahlreiche Diplokokken. Temperatur 40,1°.
Herpes labialis und nasalis. Eine Rippenfraktur nicht
nachzuweisen. Nach zweit&gigem Spitalsaufenthalt mit
typischem Fieberverlauf die Krise. Pat. erholt sich rasch.
Verl&sst nach 19 Tagen vollkommen geheilt das Spital.
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Pneumonia.
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3. Fall. 20jfthriger Maurergehilfe fiel am 6. Juli
ans zirka 1 l /a m HOhe gegen einen GerQstbalken auf die
linke untere Thoraxgegend. Sofort Schmerz in der be-
troffenen Seite, dann bald wieder Besserbefinden, fiinf
Stunden nach dem Unfall SchOttelfrost mit Erbrechen, zwei •
Stunden spSter Einlieferung ins Spital. Bei der Aufnahme
hohes Fieber, Suffusionen in der betreffenden Seite. Keine
Rippenfraktur. Perkussions- und Auskultationsbefund ne-
gativ. Rein Sputum. Am nfichsten Tage vom Angulus
scapulae der betroffenen Seite angefangen nach abwarts
abgeschwftcbter Perkussionsschall. Die Auskultation lSsst
in diesem Gebiete neben Bronchialatraen reichlich Knister-
rasseln hdren. Das Sputum rostfarben, nicht besonders
h&morrhagisch. Reichlich Diplokokken Frankel-Weich-
selbaum. Herpes labialis. Nach ffinftagigem Spitals-
aufentbalt bei typischem Verlauf Krise. Rasche Genesung.
Pat. verlfisst am 15. Tage vollkommen gesund die Anstalt.
Wenn wir uns nun die Frage stellen, in welchem
zeitlichen Zusammenhange das Trauma und das Auftreten
der P. stehen miisse, damit wir von einer Kontusions-
pneumonie sprechen kbnnen, so ist die Frage strikt nicht
zu beantworten. Im allgemeinen werden nattirlich jene
Ffille, in denen die P. nur wenige Stunden nach dem
Trauma einsetzte, die beweiskrfiftigeren sein. Eine Grenze
nach oben anzunehmen, ist aber recht misslich. Stern
meint, „man wird, wenn andere Momente fftr einen Zu-
sammenhang zwischen Trauma und P. sprechen, ihn auch
dann fflr wahrscheinlich erklaren dhrfen, wenn die Zeit
zwischen Trauma und Ausbruch der Krankheitserschei-
nungen linger ist als vier Tage.“ Demuth meint, dass
man nur solche Fftlle als traumatische P. gelten lassen
dflrfe, in welchen die betreffenden Pat. vor dem Trauma
gesund waren. Demgegenfiber ist natQrlicherweise zu be-
tonen, dass gerade in manchen Fallen eine vorher schon
bestehende Erkrankung, wie z. B. eine Bronchitis oder
ein Emphysem, unter dem Einduss eines Traumas die
Entstehung einer P. besonders begttnstigen kann. Ein
Emphysem mit seiner starren erweiterten Lunge wird die
letztere gewiss gegen Eompressionen u. dgl. empfanglicher
machen. Eine Bronchitis wird das Eindringen von Bakte-
rien in die durch das Trauma gesch&digte Lungenpartie
gewiss begQnstigen kbnnen. Denn dass auch bei der
Kontusionspneumonie dieselben Erreger in Betracht kommen
wie bei den anderen P., also vor allem der DiplococCus
Frfinkel-Weichselbaum, hat schon Weichselbaum
2 *
Gck igle
Original frn-rri
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20
Pneumonie.
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selbst nachgewiesen. In den oben mitgeteilten Fallen war
die Seite der P. auch die des Traumas. Es ist nach
Analogie anderer traumatischer Yerletzungen ja wohl denk-
bar, dass ein Trauma eine Schfidigung des Lungengewebes,
die Kontusionspneumonie, setzt, ohne dass die Stelle der
P. und die der unmittelbaren Einwirkung des Traumas
nahe benachbart sind, aber im allgemeinen muss man da
doch den Worten Sterns beipflichten, der sagt: „Wir
brauchen Kriterien, die es wahrscheinlich machen, dass
eine ,traumatische 1 P. vorlag, und unter diesen Kriterien
ist die ortliche Beziehung zwischen der Einwirkung des
Traumas und dem Sitze der P. eines der wichtigsten.
Fehlt dieses Kriterium, so l&sst sich, wenn sonst keine
Anzeichen for die traumatische Entstehung der P. vor-
liegen, ein ursftchlicher Zusammenhang nicht behaupten.
Es kann dann nur die MQglichkeit einer solchen zuge-
geben werden, und die andere M&glichkeit, dass ein zu-
falliges Zusammentreffen vorliegt, ist nicht minder wahr¬
scheinlich. “ Wenn wir uns nun fragen, ob in dem
Symptomenkomplex der P. nach Trauma sich Unterschiede
gegen fiber anderen P. ergeben, so ist anzufQhren, dass
die meisten Autoren hervorheben, dass das Sputum bei
jener viel starker h&morrhagisch sei. Speziell findet sich
in den von Stern aus der Literatur zusammengestellten
Fallen eine Reihe von P. mit stark hamorrhagischem Sputum.
Es muss dahingestellt werden, inwieweit dieser Starke Blut-
gehalt in dem speziellen Falle in einer gleichzeitigen
Zerreissung von Lungengefassen begrQndet sein kttnntc.
In den oben mitgeteilten Fallen war das Sputum nicht
starker hamorrhagisch, als dies sonst gewbhnlich bei P.
der Fall ist. Demuth und auch Bloch erwahnen, dass
in ihren Fallen der initiale SchQttelfrost fehlte. In an¬
deren, auch in obigen Fallen war der SchQttelfrost in
typischer Wei6e vorhanden. Auch Herpes labialis hat
Demuth nicht beobachtet, in anderen Fallen, darunter
in den obigen, wurde er beobachtet. In den meisten be-
obachteten Fallen handelt es sich also um eine typische
kruppdse P. Die Prognose, ist meist gQnstig, der Ver-
lauf im allgemeinen etwas kQrzer. Neben diesen typischen
Fallen hat man auch solche mit protrahiertem, langwie
rigem Yerlaufe beobachtet (Demuth). Proust hat Falle
beschrieben, die mehr den Yerlauf und die Symptome
von Bronchopneumonien zeigten. Maschka beschreibt
einen Fall, in welchem eine traumatische P. in eine Lungcn-
gangr&n Qberging. (Wiener med. Wochen«ohrift 1911 Nr. 28.1
Go^ 'gle
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
21
Schwangermchaft, Geburt,Wochenbett. Geburts-
zange f&r Steisslage. Yon R. Blumm (Bayreuth). Das
Herabholen eiues Fusses bei Steisslage macht je nach
Tiefstand des Nasciturus mehr oder weniger Schwierig-
keiten, ist oft sogar unmQglich. Sowohl bei diesem Ein-
griff wie auch bei der Entbindung durch EiufQhrung der
Wendungsschlinge in die Leistenbeuge kommen selbst dem
geQbten Geburtshelfer hie und da OberschenkelbrQche vor,
die bei der jedem Arzt hinl&nglich bekannten Urteils-
und Kritiklosigkeit des Publikums fdr den Geburtshelfer
sehr peinlich sein kOnnen. Versuche, bei Steisslage mittels
der Kopfzange zu entbinden, schlagen fast immer fehl,
weil die Kopfzange abrutscht. Diesem Uebelstande ab-
zuhelfen, hat Autor eine Zange (G. A. Kleinknecht, Er¬
langen) anfyrtigen lassen, die vOllig zweckentsprechend
sein dQrfte. In die eigenartige Fensterung lassen sich die
Weichteile des kindlichen fieckens fest hineinpressen, ein
Abgleiten der Zange dQrfte, wenn sie bis Qber die kind-
liche Darmbeinschaufel hinaufreicht, ausgeschlossen sein.
Durch den mechanischen Schluss der Zange, dessen In¬
tensity nach Bedarf verstftrkt werden kann, lfisst sich die
ganze Kraft des Arztes lediglich auf die Extraktion ver-
wenden. Eine Yerletzung des Kindes durch Bruch des
Beckenringes wird die Applikation der Zange nicht her-
vorrufen, da sowohl* das kindliche Becken noch sehr ela-
stisch ist als auch die nicht aus Guss hergestellte, sondern
durchwegs handgeschmiedete Zange neben Bruchsicherheit
den ndtigen Grad von Elastizit&t gew&hrleistet. Der
Schraubverschluss, der einen eminent starken Druck aus-
zuQben imstande ist, die flaschenartige WOlbung der Branchen
so wie die krftftige Konstruktion gestatten Yerwendung
vor der Perforation zum Fixieren des Kopfes, nach der
Perforation zur Extraktion an Stelle von Cephalotrib
oder Kranioklast; man spart also eines dieser Instrumente.
(Mttnch. m*d. Wocheniohrift 1911 Nr. 19.)
— Die SchmersetiUnng bei der Geburt. Yon Prof. Dr. P. Strass-
mann. Aus dem Vortrage des Autors greifen wir fol-
gende Sfitze heraus: „Am wenigsten von alien Narcoticis
beeinflusst den Geburtsverlauf nach meinen Erfahrungen
das Chloralhydrat. Es ist ein vortreffliches Mittel, welches
Sie in Dosen von 2 g, am besten in einem Tassenkopf
voll warmen Wassers, als Halbklistier geben. Die Blase
ist gesprungen, der Muttermund wenig erweitert — die
Geburt macht keinen rechten Fortschritt, die Frau zeigt
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22
Schwaogerschaft, Geburt, Wochenbett.
Unruhe, hat anhaltende Schmerzen, es kommen aber keine
rechten Wehen. Geben Sie hier Chloral, lassen Sie die
Frau schlafen, den Uterus einige Zeit ruhen, und Sie
werden Dank dafQr ernten! Noch besser 1st es, es mit Mor-
phium zu vereinigen. Ein altes Chariterezept, welches
in der Privatpraxis reichlicher Verwendung fin den sollte,
lautet: , , , . , .
Rp. Chloral, hydrat. 4,0
Morph, hydrochlor. 0,04
Solut. gummos. ad 60,0.
M. D. S. 1—2 standi. 1 EsslOffel
in sasser Milch za nehmen.
Nach dem zweiten, sp&testens nach dem dritten L&ffel
pfiegt die Frau zu ruhen; Sie kOnnen so Ober die N&chte
bei Erstgebfirenden hinwegkommen, 9 die Kr&fte der Frau
werden nicht in der Erftffnung aufgebraucht, sondern fOr
die Austreibung gespart. Auch Sie selbst werden sich .
nicht erschOpfen, sondern Ihren Korper und Nerven for
die Geburt frisch erhalten. Verschreiben Sie das Rezept
besonders Primiparen! Lassen Sie es, wenn Schmerzen
und Unruhe starker werden, nehmen, dann werden Sie
guten Erfolg sehen und in der Austreibung nichts brauchen!
Dieses Mittel ist immer auf dem Kreisssaal bei mir vor- !
handen. Die Geburt wird nicht gehemmt, ebensowenig
wie den Kindern etwas dadurch geschieht! w
(Berliner klin. Wochengchrift 1911 Nr. 22.)
— Wehen vers t&rkung and Wehenerregnng darch Pituitrin.
Yon Dr. R. Stern (Kgl. Univers.-Frauenklinik zu Breslau).
Dale und v. Frankl-Hochwart haben im Tierexperi-
ment die Wirkung des Pituitrins, das aus dem hinteren
Anteil der Hypophyse extrahiert wird, auf den Uterus
studiert und dabei die wichtige Tatsache festgestellt, dass
das Pituitrin die Erregbarkeit des Uterus erh&ht und ihn
zu regelmtissigen, mitunter maximalen Kontraktionen an-
regt. Es mussten die tierexperimentellen Ergebnisse die
Anregung geben, die kontraktionserregende Wirkung des
Pituitrins auch in dfer praktischen Geburtshilfe zu er-
proben. So konnten Foges und Hofst&tter Qber gfin-
stige Erfolge bei der Bek&mpfung von Postpartumblutungen
berichten ahnlich denjenigen, welche Neu mit dem phar-
makologisch dem Pituitrin verwandten Suprarenin erzielt
hatte. Da die so erzeugten Uteruskontraktionen den physio-
logischen Wehen sehr fihnlich waren, ging dann Hof-
bauer dazu fiber, das Prftparat auch zur WehenverstSr-
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
23
kung zu verwenden, und er konnte dabei Qber sehr gQnstige
Resultate berichten. Diese aussichtsvollen Ergebnisse ver-
anlassten, auch an der Breslauer Frauenklinik zuerst die
Wirkung des Pituitrins bei Wehenschw&che zu studieren.
Man injizierte subkutan Dosen von 0,6 bis 1 cent. Die
Wehen besserten sich danach meist prompt, wodurcb der
Geburtsverlauf offenbar wesentlich beschleunigt wurde,
ohne dass das Kind Scbaden nabm. So wichtig nun auch
diese wehenverst&rkende Wirkung des Pituitrins fQr die
praktische Geburtshilfe ist, so scheint doch fQr das exakte
Studium der Wirkung die Anwendung bei Wehenschw&che
nicht die beste Versuchsform zu sein. Denn bei.bestehender
Wehent&tigkeit lfisst die Beurteilung eines wehenverst&r-
kenden Einflusses immerhin dem subjektiven Ermessen
des Beobachters noch einen gewissen Spielraum. Einen
mehr objektiven Wert mQssen Versuche haben, vor dem
physiologischen Ende der Schw. mit Pituitrin Wehen zu
erzeugen, die Geburt einzuleiten und zu Ende zu fQhren.
Eine solche Versucbsanordnung kann fast einem physio¬
logischen Experiment gleichgestellt werden. Zufallig hatte
Autor in letzter Zeit wiederholt Gelegenheit, solche Ver-
suche auszufQhren.
In dem ersten Fall handelte es. sich um eine 32j&hr.
Sechstgebftrende mit schwerer Larynx- und Lungentuber-
kulose, die in der 32. Schwangerschaftswoche kam. Da
die Lebensfahigkeit des Kindes noch fraglich war, wartete
man trotz der schweren Erscheinungen noch. ab; nach vier-
wbchiger Beobachtung hatte sich der Zustand jedoch noch
wesentlich verschlimmert, so dass man sich jetzt bei sicher
. lebensf&higem Kinde doch zur Einleitung der Frilhgeburt
entschloss. Die ftusSere Untersuchung liess Zwillinge
vermuten, die innere Untersuchung ergab geschlossenen
Muttermund, erhaltene Cervix. Die erste, um 1 Uhr 50
Minuten vorgenommene subkutane Injektion von 0,6 ccm
Pituitrin war nach 20 Minuten von regelm&ssigen schwachen
bis mittelkr&ftigen Wehen gefolgt, die nach zirka zwei
Stunden seltener wurden, dann nur noch vereinzelt auf-
traten, um schliesslich vollstSndig aufzuhOren. Schon diese
Geburtsarbeit hatte einen gewissen Erfolg; denn am n&chsten
Morgen ergab die Untersuchung einen fQr zwei Finger
.durckgfingigen Muttermund. Eine erneute Injektion hatte
wieder das gleiche Ergebnis: eine Stunde kraftige, regel-
m&ssige Wehen, dann seltenere, worauf die Wirkung all-
mfthlich abklang. Am n&chsten Morgen war der Muttermund
dreimarkstQckgross. Zwei weitere Injektionen erzielten
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24
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
wiederum eine regelm&ssige Geburtsarbeit, die um 6 Uhr
25 Minuten zum Blasensprung, 6 Uhr 30 Minaten zur
Geburt eiues lebensfrischen, 44 cm langen Kindes, 6 Uhr
40 Minuten zur Steissgeburt eines ebenfalls nicht asphyk-
tischen zweiten Zwillingskindes fGhrte. Die Nachgeburt
folgte nach ffinf Minuten ohne wesentliche Blutung.
Im zweiten Fall handelte es sich um eine Vllpara
mit schwerer Nephritis, die man zun&chst drei Wochen
di&tetisch und raedikamentfts behandelte. Als aber dann
in der 39. Schwangerschaftswoche die Urinausscheidung
sich plOtzlich verminderte, Kopfschmerz und Schwindel-
gefOhl auftraten, so dass man ein Coma oder eine Eklam-
psie befQrchtete, beschloss man, die Geburt einzuleiten.
Die Untersuchung ergab Sch&dellage, 2 cm lange Cervix,
far einen Finger knapp durchgfingigen Muttermund. Jeder
einzelnen Pituitrininjektion von 0,6 bis hbchstens 1,0 ccm
folgte prompt eine Wehenperiode von einer bis mehreren
Stunden, nach der wieder bis zur nfichsten Injektion voll-
kommene Uterusruhe eintrat. Der Muttermund war am
zweiten Tag far zwei Finger durchg&ngig, am dritten drei-
und fanfmarkstackgross, am vierten handtellergross und
vollst&ndig erweitert. Am vierten Tag 11,15 vormittags
sprang die Blase. Da die Untersuchung Armvorfall ergab,
wurde gewendet und ein lebendes, fast reifes Kind extra-
hiert. Die Nachgeburt erfolgte nach 15 Minuten. Die
Mutter erholte sich im Wochenbett gut, in wenigen Tagen
war die Urinausscheidung wieder normal, das Eiweiss ge-
schwunden.
Im dritten Fall wurde wieder wegen schwerster La¬
rynx- und Lungentuberkulose aus vitaler Indikation auf
Anraten des Laryngologen die Frahgeburt in der 32. Woche
eingeleitet. Hier versagte die gewdhnliche Dosis Pituitrin
von 0,6 ccm ganz, auf 1 ccm folgten zwar regelm&ssige,
aber nicht sehr kr&ftige Wehen, grdssere Dosen von 2 ccm
mit Nachinjektion von noch 1 ccm hatten wohl eine bessere
Wirkung, aber immerhin konnte die ganze Geburtsarbeit
der ersten drei Tage nur eine Erweiterung des ursprQng-
lich geschlossenen Muttermundes auf Fingerdurchg&ngig-
keit erzielen. Als deshalb am vierten Morgen eine aber-
malige Injektion von 1 ccm wieder ganz wirkungslos war,
erachtete man den Fall fGr ungeeignet zur Pituitrinbehand-
lung, zumal die Pat. jetzt recht ungeduldig zu werden
begann. Man legte daber eimn Hystereurynter ein. Aber
auch die Hystereuryse liess im Stich, sie erzielte in 6 V*
Stunden nicht eine einzige Wehe. Auch nach dieser Zeit
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. 25
war der Muttermund nur far einen Finger durchgftngig.
Deshalb wurde um 4,36 Nachmittag wieder 1 com Pituitrin
bei liegendem Ballon gegeben, und zwar mit eklatantestem
Erfolg. Es begann nach vier Minuten eine ausserordent-
lich kr&ftige Wehentatigkeit, die, durch eine weitere In-
jektion unterstatzt, nach elf Stunden zur Geburt des
Ballons fahrte. Da gleichzeitig die Nabelschnur vorfiel,
wurde das in Steisslage liegende Kind sofort extrahiert;
die Nachgeburt folgte erst nach 50 Minuten.
In den beiden ersten Fallen gelang es also, durch
Pituitrin allein die Geburt in Gang zu bringen, im letzten
Fall hatte Pituitrin erst in Kombination mit der Hyster-
euryse einen zweifellosen Erfolg. Dabei hatten die aus-
gelbsten Kontfaktionen nie den Cbarakter von Krampf-
wehen, sondern der Uterus erschlaffte in den Wehenpausen
auch bei sehr starker Wehentatigkeit stets gut, so dass
die kindlichen Herztdne niemals verschlechtert wurden und
das Kind keinen Schaden nahm. Auf das Befinden der
Mutter hatte das Pituitrin nie einen ungtinstigen Einfluss,
auch nicht in dem Falle von Nephritis. Verwendet wurde
das Praparat von Parke, Davis & Co.
(Schl€B. Gesellscbaft f. vaterl&nd. Kultur in Breslau, 30. Juli 1911. —
Berliner kiln. Woclieunchiitt 1911 Nr. 32.)
— Pituitrin in der gebnrtshilflichenPraxis. Von Dr. O. Bondy
(Univers.-Frauenklinik Breslau). Das Praparat wurde in
zehn Fallen von Wehenschwache und abnorm langer Ge-
burtsdauer angewandt. (Erst- und Mehrgebarende, samt-
lich Schadellagen). Ein teilweiser Erfolg, ein Versager
(altere Erstgebarende, Steisslage, sehr grosses Kind, sehr
schlechte Wehen), acht voile Erfolge. Letztere werden
durch folgende Tabelle charakterisiert.
Dauer der Geburt
v or | nach
der Pituitrininjektion_
33
Stunden
45 Minuten
44
))
30
48
»
15
23
Y>
5 + 5 T>
(Gemini)
36
W
35 Minuten
27
Y>
60
44
V
10
32
W
29
Durchschnitt: 36 Stunden
28 Minuten
(Ebenda.)
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26
Syphilis.
Syphilis. Die Bedeutung der Wassermannschen Reaktion
fttr die Therapie der S. Von Dr. J. Citron (Berlin).
Die Bedeutung liegt darin, dass erstens eine Behandlung in
den F&llen mbglich ist, in denen wir bisher die S. nicht
mit Sicherheit diagnostizieren konnten, sei es, dass die
Ersclieinungen nicht eindeutig' waren (differential-diagno-
stisch schwierige Falle), sei es, dass die Erscheinungen
ganz fehlten (Lues asymptomatica); dass wir zweitens
einen individuellen Massstab fQr die Dauer der einzelnen
Kur und fOr die H&ufigkeit ihrer Wiederholung besitzen
(hierbei muss es als Regel gelten, dass eine jede Behand¬
lung so weit fortzusetzen ist, bis eine dauernde negative
Reaktion erzielt wird); dasS wir drittens in der Wasser¬
mannschen Reaktion ein Mittel besitzen, um den thera-
peutischen Effekt der verschiedenen antisyphilitisch wir-
kenden Mittel biologisch zu beurteilen.
(Therapeutische Moratshefto, Juli 1911.)
— Znr lokalen Therapie des Ulcus venereum. Yon Dr. W. Luth
(Thorn). Autor fttzt den Primfiraffekt mit reiner Karbol-
s&ure und bestreut ihn darauf dick mit Mucosan, eventuell
wiederholt er das Einpudern am zweiten und dritten
Tage. Regelmfissig sieht man dann in sehr wenigen Tagen,
bisweilen schon nach 24 Stunden den Belag verschwinden,
worauf die Heilung erfolgen kann. Einen Vorzug des
Yerfahrens sieht Autor neben der schnellen Heilung na-
mentlich darin, dass das gesamte infiltricrte Gewebe zer-
stbrt wird; der dadurch entstehende, oft recht grosse
Substanzverlust fdllt sich sebr schnell aus und die Wunde
heilt immer im Niveau der Umgebung. Es scheint, dass
diese Bebandlung dasselbe leistet wie die Exzision, aber
vor dieser den Yorzug hat, dass sie Oberall angewandt
werden kann. Beim Ulcus molle tritt der Wert dieser
Therapie besonders beim Ulcus ad frenulum hervor, dss
hierbei, wenn man das Pulver in alle Taschen und Fatten
einreibt, mit einem Schlage heilt. Seit Januar d. J. ver-
wendet Autor bei frischen Primftraffekten zur ersten All*
gemeinbebandlung das franzdsische Arsenprfiparat Hektin,
wodurch die Sklerose meist in drei bis vier Tagen heilt,
so dass eine Lokalbehandlung nicht ndtig ist; aber in den
F&llen, in denen die Injektionskur hinausgeschoben werden
muss, und beim weichen Schanker ist die Behandlung
mit Mucosan sehr zu empfehlen.
(Monatshefte f. prakt. Dertnatologie 1911 Bd. 53 Nr. 1.)
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Syphilis.
27
— Ein schwerer Zufall nach Salvarsan. Von Dr. Curt Mann,
Spezialarzt far Hautkrankheiten in Dresden. Autor schreibt:
„Pat. S., ein kr&ftiger, immer frisch und gesund aus-
sehender j unger Offizier, stand seit November 1909 in
meiner Behandlung wegen Lues, die er August 1909 ak-
quiriert hatte. Er machte, nachdem er vorher von anderer
Seite mit Luesan und JNa behandelt worden war, fOnf
Inunktionskuren, deren letzte April 1911 beendet war.
W.-R. 8. II. -h Da Pat. heimlich verlobt war und mit
der Heirat dr&ngte, aber wfihrend der Behandlung mehr-
fach Tonsillenrezidive zeigte (zuletzt Febr. 1911), gab
ich ihm am 24. VI. nachmittags Salvarsan 0,6 intravends.
Ich verabreichte absichtlich die hohe Dosis von 0,6, da
ich eine rasche und energische Wirkung zu erzielen
wtinschte. Wider meinen Rat blieb Pat. nur wenige Stunden
danach liegen, ging an demselben Abend aus und trank
bereits am zweiten Tag nach der Injektion Sekt in seiner
Garnisonstadt, in die er wieder zurQckgefahren war. Am
28. VI. erfuhr ich, dass Pat. seit frdh 3 Uhr in einem
schweren Anfall bewusstlos im Garnisonlazarett liege.
Der kurz darauf eintreffende Bericht des Oberstabsarztes
enthfilt folgende Angaben: ,Vollige Bewusstlosigkeit ohne
jede Reaktion, tonisch-klonische Kr&mpfe der Extremit&ten
und der Kaumuskulatur, weite, trfige reagierende Pupillen,
keine ausgesprochenen Lahmungen. Die Temperatur stieg
gegen Mittag auf 39,6, die Bewusstlosigkeit blieb. Gegen
3 Uhr unwillkdrliche Harnentleerung. Lungen und Herz
ohne Ver&nderungen.‘ — Ich besuchte den Pat. sofort
und fand den- beschriebenen- Zustand. Erst am 30. VI.
kehrte das Bewusstsein allm&hlich zurOck, und am 12. VII.
besuchte mich Pat. in Dresden, frei von alien angegebenen
nervOsen Erscheinungen, um sich Ratschl&ge ftir eine be-
absichtigte Badekur zu holen. — Es handelte sich also
um einen drei Tage nach einer intravendsen Salvarsan-
injektion eingetretenen Anfall vQlliger Bewusstlosigkeit
von zirka dreit&giger Dauer bei einem j ungen kr&ftigen
Mann mit latenter Lues. Ein technischer Fehler bei der
Injektion ist ausgeschlossen. Bei meinem Versuch, die
Ursache des Zwischenfalls durch Ausfrage des Pat. zu
eruieren, gab dieser an, frQher einmal einen schnell vor-
Qbergehenden Anfall gehabt zu haben, bei dem er sich
in die Zunge gebissen habe; auch soli die Mutter nervSs
sein. Mir scheint als Erkl&rung am n&chstliegenden an-
zunehmen, dass eine leichte Disposition zu epileptiformen
Anf&llen vorliegt, deren einer durch die Salvarsaninjektion,
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28
Syphilis — Tuberkulose.
vielleicht begQnstigt durch das unvorsichtige Verhalten des
Pat. nach dem Eingriff, ausgeldst worden ist. Weniger
wahrscheinlich w&re wohl die Erkl&rung, dass im Gehirn
oder dessen nfichster Umgebung Spirochftten vorhanden
waren, die durch das Medikament zur Reaktion gebracht
Wurden. “ (Mtinch. med. Woohenachrift 1911 Nr. 81.)
Tuberkulose. Jothionbehandlung tuber knlbser Gelenk-
entztlndungen. Yon Dr. Hauser (Neues Vincentius-
Krankenhaus in Karlsruhe). T&gliche Einreibungen von
10°/oiger Jothionsalbe (neben absoluter Ruhestellung)
haben sich bei chronischen und akuten Gelenktuberkulosen
bestens bewfihrt, wenn der Krankheitsprozess noch nicht
den Knochen ergriffen hatte, sondern nur die Weichteile.
Es wurden hier Erfolge erzielt, auch wenn die Erkrankung
anderen Behandlungsmethoden hartn&ckig widerstanden
hatte. (Medizin. Kliuik 1911 Nr. 26.)
— Ein neues Pr¶t zur Behandlung der Skrofolose und
cbirurgiscben T. empfiehlt Dr. B. Mosberg, Spezialarzt
f. orthop&dische Chirurgie (Bielefeld), als Ersatz fQr die
Kappessersche Schmierseifenbehandlung. Diese hat zwar
zweifellose Erfolge aufzuweisen, aber manche Leute wollen
von der „Schmierseife M nichts wissen und wbnBchen lieber
eine Salbe; auch hat die Schmierseife oft erhebliche Reiz-
wirkung. Mit UnterstQtzung der chemischen Fabrik Krewel
& Co. in Kbln ist es Autor nun gelungen, ein Pr¶t her-
zustellen, das nicht nur die Wirkung der Sapo kalinus
ohne schftdigende Nebenerscheinungen voll zur Geltung
bringt, sondern sogar deren Heilwirkung noch zu ver-
stftrken scheint. Diese Salbe besteht aus einer nach be-
sonderem Yerfahren bereiteten hdchst innigen Mischung von
80% Sapo kalinus
17% Sapen
3% Sulfur praecipitat.
die mit einer Spur indifferenten fttherischen Oeles etwas
parfQmiert und auf einen konstanten Alkaligehalt von
0,40% eingestellt wird.*) Sie stellt eine weichliche, wohl-
riechende, sehr leicht verreibbare, gelbliche Masse dar.
Der Zusatz des absolut reizlosen Sapens, das sich bekannt-
lich durch seine ausserordentlich grosse Durchdringungskraft
*) Die Salbe wird unter der Bezeichnung „Sudian“ in dreieckigen
weissen Kruken zu 90 g Inhalt in den Aizneimittelverkehr gebracht.
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Tuberkulose.
29
fdr tierische Gewebe auszeichnet und deshalb von der Haut
leicht und vollstandig resorbiert wird, hat sich bestens
bewShrt und bedingt offenbar ein tieferes Eindringen der
Sapo kalinus in die Haut und damit eine verstSrkte spe-
zifische Wirkung der Schmierseife. Nicht zu unterschiltzen
ist ferner der kleine Zusatz von Sulfur praecipitat. Die
gttnstige Wirkung des Schwefels auf die Haut ist allge-
mein anerkannt; Sulfur wird aber auch erfolgreich bei
Chlorose und Skrofulose verwandt, so gibt es Chlorose-
formen, welche nicht auf Eisen, wohl aber auf Schwefel
gut reagieren, sei es, dass hier der S.-Gehalt des Nahrungs-
eiweisses nicht ausreicht, sei es, dass S. als Reiz far die
Blutbildung reagiert u. a. Die neue Salbe ist absolut
reizlos. Ausser an Kindern, welche diese Salbe ohne jede
Nebenerscheinungen ertrugen, hatte Autor ein besonders
gutes Yersuchsobjekt an einer Krankenschwester seiner
Privatklinik. * Dieselbe litt fraher an einem hartn&ckigen
Ekzem und hat eine ausserordentlich empfindliche Haut,
sie bekam schon stets dadurch, dass sie die Pat. einrieb,
eine mit brennendem Gefahl einhergehende Rotung der
Handfl&chen. Bei dem Versuch mit diesem neuen Prfi-
parat dagegen verspQrte sie gar nichts, auch dann nicht,
als Autor die Salbe ■ zehn Minuten lang auf die empfind-
lichsten Stellen ihrer Haut — Hoblhand und Ellbogen-
beuge — einwirken liess; es zeigte sich nicht einmal eine
geringe Rdtung. Was nun die Anwendungsform dieser
Salbe anbetrifft, so kann man das Mittel, da es reizlos
ist, energischer als die Sapo kalinus benutzen. Kappesser
empfiehlt, die Sapo kalinus wegen ihrer empfindlichen Reiz-
wirkung zwei- bis dreimal wochentlich 1—2 Kaffeeloffel
voll einzureiben, diese Salbe dagegen lftsst Autor tfiglich
(etwa ein Kaifeelftffelvoll fdnf Minuten lang) einreiben,
die Stelle mit Flanell bedecken und nach 20 Minuten mit
warmem Wasser abwaschen. An jedem Tage wird ein
anderer Kbrperteil (abwechselnd Brust, Rftcken, Leib,
Arme, Beine) vorgenommen.
(Fortschritte d. Medizio 1911 Nr, 32.)
— Die Behandlnng der Lungentuberkulose mit Menthol ist
nach Stepp (Ntirnberg) sehr empfehlenswert. Er appli-
ziert das Menthol perkutan in Form einer Schmierkur,
indem er eine 33°/oige Salbe wie folgt ordiniert:
Rp, Menthol. 12,5
Eucerin. anhydric. 25,0
M. f. ung. S. In 5 Tagen zu verbrauchen.
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30
Tuberkulose.
An den fQnf Tagen werden je zehn Minuten eingerieben:
je eine RGckenb&lfte, Brust, rechter und linker Ober-
scbenkel. Die Behandlung hat mindestens 4—5 Monate
fortzudauern, dann sind aber auch die Erfolge — selbst
in schweren Fallen — recht befriedigend. Eine fertige
Mentholsalbe in Tuben unter dem Namen „Ceromentum“
liefert die Eucerinfabrik in Aumund bei Bremen.
(Klin.-therap. Wochenschrift 1910 Nr. 24.)
— Ueber die Wirkung von Asphaltd&mpfen *) bei der Behand-
lnng von Lungenerkranknngen und Broncbitiden. Von
Dr. Pick (Charlottenburg). Was Autor veranlasst hat,
Lungenkatarrhe mit Asphaltdfimpfen zu behandeln, war die
prompte, fast sofortige Wirkung derselben auf die immer
vorhanden gewesene Appetitlosigkeit. Autor hat in einigen
Fallen durch Hebung des Appetits gleicb im Beginn der
Behandlung nach der ersten Woch<? Gewichtszunahme bis
zu 3'/4 kg konstatieren kCnnen, obne dass die Einatmungen
noch durch anderweitige, interne Medikation unterstQtzt
wurden. Es muss wohl auf die Magenschleimhaut ein in-
tensiver Reiz ausgeilbt werden, der den Appetit energisch
anregt. Und die nicht unangenehme Art der Dampfe ist
auch ein nicht zu unterschatzender Faktor bei dieser Be-
handlungsart. Die Schleimhaute des Rachens und des
ganzen Respirationstraktus werden nicht gereizt, und die
Pat. sind ohne alle Nebenerscheinungen imstande, sich eine
Stunde in einem solchen Inhalationsraum aufzuhalten. Die
Expektoration nimmt im Beginn der Behandlung zu, um
nach einiger Zeit sich zu verringern bzw. ganz zu verlieren.
Nachtscbweisse vermindern sich und gehen in vielen Fallen
ganz zurQck. Das Allgemeinbefinden der Pat. besserte
sich infolge RQckgangs verschiedenster Symptome derartig,
dass sie sich erheblich erleichtert fGhlten. Die Pat. waren
wahrend der Behandlungszeit arbeitsfahig oder aber, falls
eine Arbeitsunfahigkeit bestand, konnten sie nach mehr-
wochiger Behandlung wieder beruflich tatig sein. Die
Versuche, die vor einem Jahre begannen, haben Erfolge
gezeitigt, die bei intensiver Behandlung von Dauer waren.
In alien Fallen hat Autor die Behandlung mit Asphalt*
*) Asphalt ist in Tablettenform im Handel. Autor benutzte entweder
das „Fumiform“ (Firms E. Ritsert in Frankfurt a. M.) oder das „Eufuman“
(Kaieer-Friedrich-Apotheke in Berlin), welches auch als Eufuman. liquid,
hergestellt wird und mit dem Spiessschen Vernebeler eine reizlose Yer-
nebelung gibt, die in der Praxis elegans sehr zu empehlen ist.
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Tuberkulose.
31
d&mpfen noch mit.der Kuhnschen Saugmaske kombiniert,
die er tfiglich einmal ca. 15—20 Minuten lang umlegen
Hess. Die Brustkorbweitungen ’ sind zweifellos in erster
Linie auf das Konto der Lungensaugmaske zu setzen,
w&hrend die Appetitlosigkeit und die katarrhalischen Er-
scheinungen durch die Asphaltdftmpfe bzw. -nebel zurflck-
gingen. Die gQnstigen Erfolge mit Asphaltdampfen lassen
diese Art der Behandlung nicht nur in der allgemeinen
Praxis, sondern auch ganz speziell in unseren Lungenheil-
st&tten als sehr geeignetes UnterstOtzungsmittel erscheinen,
and es wQrde sicherlich eine grosse Ersparnis an Medi-
kamenten eintreten, wenn durch eine so wohlfeile Art der
Behandlung Appetitlosigkeit, eine Folgeerscheinung von
Lungenerkrankungen, aufs schnellste beseitigt wird. Die
Hebung des Appetits ist bei diesen Erkrankungen eine
conditio, die wir in erster Linie zu erfGllen haben und
die hierdurch meistens auch erfQllt wirdi
(Allgem. med. Zentral-Ztg. 1911 Nr. 27.)
— Tuberkulose-Prophylaxe. Yon Dr. O. Moszeik (Weimar).
Man kann wohl mit dem Autor der Meinung sein, dass
alle Methoden zum Auffangen des Sputums bei Lungen-
leidenden unzweckmfissig bzw. mangelhaft sind, und wird
seinen Yorschlag, der mit s&mtlichen Nachteilen der Spuck-
schalen, Speiglfiser und Hustenfl&schchen vollkommen auf-
raumt, mit Freuden begrGssen. Es handelt sich bei seiner
Idee — und das ist ihr grbsster Vorzug—um das denkbar
Einfachste, um DQten aus wasserdichtem Papier. Die DQten
sind 10 cm lang, 6 l /« cm breit, die oberen Rander so zu-
geschnitten, dass ein Oeffnen nach dem GefQhl allein ohne
Schwierigkeit mbglich ist. Ein besonders sorgffiltiges Kle-
ben des Bodens und die Verwendung eines der Feuchtig-
keit Widerstand bietenden Leimes schliesst Lecken aus.
Die Dflten vertragen starken Druck, so dass man z. B.
nach Benutzung auf sie herauftreten kann, ohne dass sie
platzen. Die SpuckdOten haben folgende Vorzfige:
1. Sie schliessen das Sputum und damit die Bazillen
sic her bis zur Zerstbrung von der Aussenwelt ab.
2. Die Anwendung ist untlbertroffen an Einfachheit.
Man nimmt eine Dote aus der Tasche, bffnet sie, speit
hinein, faltet sie auf, biegt die oberen Ecken nach hinten
um und steckt sie wieder in die Tasche, bis man nach
Hause kommt. Jede Dilte wird nur einmal gebraucht.
Sie bleibt aussen vollkommen sauber.
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Tuberkulose — Vermischtes.
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3. Die Benutzung ist—-was man nicht untersch&tzen
darf, — ganz unauff&llig, besonders wenn man, wie es Autor
hat tun lassen, den Daten die ungef&hre Farbe der mensch-
licben Haut gibt.
4. Die Daten haben so gut wie kein Gewicht, kdnnen
also von jedem, auch von Damen, bequem in der Tascbe
mitgefOhrt werden.
5. Daneben spucken ist unmbglich, weil man die
neue, saubere Dote unmittelbar an die Lippen legen kann
und ausserdem die Oeffnung sebr gross ist.
6. Reinigung und Desinfektion kommen in Fortfall;
man wirft die Daten nach Gebrauch einfach ins Feuer
und vernichtet damit die Bakterieq auf die sicherste Weise.
Die Brennbarkeit der Daten kann, falls erforderlicb, leicbt
durch einen chemischen Zusatz erhOht werden.
7. Die Daten sind ausserordentlich billig. Der Durch-
schnittsphthisiker expektoriert in 1 Stunde etwa 1 mal,
sagen wir 20 mal an einem Tage, wobei zweimaliger Aus-
wurf w&hrend der Nacht von acht Stunden in Anschlag
gebracht sei. Bei einem Preise von 14,00 M. pro 10000
DQten belaufen sich demnach die Unkosten auf noch nicht
3 Pf. pro Tag, eine Summe, welche keine Rolle spielt,
aberdies noch herabgedrOckt werden wird, sobald man den
Artikel in Massen bezieht. Die SpuckdQten sind zu Hause,
im Hospital und unterwegs gleich zweckdienlich, man
kann sie aber natQrlich far besondere Ffille in verschie-
dener Form packen lassen. FDr die Tasche eignen sich
kleine Partien in Streifband zu etwa zehn Stack, fOr
Wobnrftume Blocks, wie wir sie vom Skattisch oder vom
Abreisskalender her kennen. For den bettl&gerigen Kranken
kann man sie an die Wand h&ngen, dass dieser selbst
nachts imstande ist, eine Date abzureissen und zu be-
nutzen, ohne Licht zu machen. Zum Sammeln der ge-
brauchten Dttten bis zur Vernichtung dient der Papier-
korb oder etwas fthnliches, selbst eine Zigarrenkiste ge-
nttgt. Far Kassen kilme ein Aufdruck in Frage.
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 27.)
Vermischtes.
Zur Bequemlichkeit beim Bade dienen zwei von der Firma
Moosdorf & Hochh&usler in Berlin konstruierte ZubehOr-
gerftte: Die Kopfstiitze (Preis: 8 M.), die dem sonst nur
mahsam aufrecht gehaltenen Kopfe des Badenden die will-
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Vermischtes.
33
kommene Unterstfitzung und den Nackenmuskeln den not-
wendigen Ruhepunkt bietet — sie kann anch zum Auf-
stellen dcr Beine benutzt werden — besteht aus einem
verstellbar angeordneten Gurt mit zwei Haltern; letztere
sind an zwei Metallplatten befestigt und kfinnen auf jeder
Wanne mit Ausschweifung oder jeder gusseisernen eraail-
lierten Badewanne eingeh&ngt werden. Wenn mit dem
Bade eine ausgiebigeK6rperreinigung,eineSeifenabwaschung
verbunden werden sell, bietet der Badewannensitz (Preisi
22 M.) eine wesentliche Erleichterung. Er besteht aus
einem schwebenden Bfinkchen aus poliertem Eichenholz,
das auf zwei metallene Auf hanger aufgeschraubt ist; diese
sind in ihrem Oberteil nach aussen gebogen und greifen
hier fiber den Wannenrand. Sie sind in der Breite ver¬
stellbar und oben mit Gummischlauch fiberzogen. Auch
ffir Teilmassagen, Frottierungen^ Verbandq, besonders auch
ffir altere, gebrechlicbe Leute, hat der Sitz entschieden
Vorteile. (Arztl. Polytecbnik 1911 Nr. 1.)
— fflinische Versuche mit Ovarialsubstanz. Yon Dr. H. Offer-
gel d (Frankfurt a. M.). Autor hat Ovaraden (Knoll) ffir
sich oder in Verbindung mit Triferrin (Ovaradentriferrin-
Tabletten) mit gutem Erfolge benutzt bei CHlorose und
den diese begleitenden Erscheinungen seitens der Genital-
organe, bei plotzlicher Suppressio mensium (infolge Aen-
derung der Lebensweise, Erkfiltung, Schreck usw.), bei
den mit genitalen Stfirungen begleiteten sekundfiren An-
amien (Erschfipfungszustande nach langdauernden endo^
metri8chen und Abortblutungeri, Laktationsatrophie), ferner
zur Bekarapfung von Wallungen und Stfirungen des naso-
motorischen Systems (bei Klimakterischen, auch bei nor-
maler Menstruation, in der Graviditfit).
(Deutsche' med. Wochenscbrift 1911 Nr. 25.)
— Ueber Herzklopfen. Yon Privatdozent Dr. M. Herz (Wien).
Bezttglich der Therapie sei nur kurz das Folgende er-
wahnt: „Von den physikalischen Prozeduren erweisen sich
die Umschlage am wirksamsten. Es wird nur gewfihnlich
der Fehler begangen, dass man die Temperaturen der-
selben zu niedrig bemisst. Der Eisbeutel scheint direkt
erregend zu wirken, wahrend der beruhigende Einfluss
des zimmerwarmen Wassers am besten in der Form des
Leiterschen Kfihlapparates eine beruhigende Wirkung
entfaltet. Unter den Medikamenten versagt zumeist das
gewohnlich verordnete Brom; auch die an sich schon un-
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- 34
Vermischtes.
gerechtfertigte Yerwendung der Digitalis ist wirltungslos.
Strophantus wird von den Pat. meist geiobt, doch ist. es
gewiss zweckm&ssiger, dasselbe durch die harmlosen und
mindestens ebenso wirksamen Valeri anapr Spar ate zu er-
setzen. Yom Chinin in kleinen Dosen (tfiglich dreimal
0,1) sehe icb oft sehr schOne Erfolge. Gegenfiber dem
Herzklopfen der Bradykardie ist Atropin am Platze. In-
direkt ist das Herzklopfen vom Magendarrakanal zu be-
handeln, wenn eine Hochdrfmgung des Zwerchfelles durch
Meteorismus vorliegt, und zwar durch entsprechende Dilit-
vorschriften ev. Abffihrmittel oder Bauch massage. “
(KUn.-therap. Wochensohrift 1911 Nr. 21.)
— Znr Praxis der Rektalern&hrong. Von Dr. J. Klinkow-
stein (Krankenhaus d. Jfid. Gemeinde in Berlin). Ver-
sucbe fiber Resorption von Sahne-Pankreatinklisiieren. Die
Versuche wurden nur an solchen Pat. angestellt, welche
per os entweder nichts geniessen konnten (Stenosis car¬
diac) oder nichts geniessen durften (blutendes Ulcus ven-
triculi). Es fiel in den Versuchen also jede Nahrungs-
zufubr per os weg. Die Methodik der Untersuchungen
war folgende: Beim Beginn der Versuche wurde morgens
der Darm durch SpQlung grfindlich gereinigt. Eine Stunde
sp&ter erhielt der Pat. ein Nfthrklistier, das aus. */< 1 Sabnc
mit einer durch spezielle Untersuchung festgestellten Fett-
menge, 5 g Pankreatin von Freund und Redlich, 25 g
Pepton Witte, zwei Esslfiffel Traubenzucker und einer
Messerspitze Kochsalz bestand. Ira Laufe des Tages
wurde ein Tropfklistier mit physiologischer Kochsalzlfisung
verabreicht und abends das Sahne-Pankreatinklistier wieder-
holt. Dieser Turnus wurde mehrere Tage innegehalten
und am Schluss der Darm wieder sorgffiltig durch Wasser-
spfilungen gereinigt. Sfimtliche Stuhlentleerungen wurden
ebenso wie das Material des letzten Reinigungsklistiers
gesammelt und eingedampft. Aus dem gesamten Trocken-
rfickstand wurde das Fett mit Chloroform im Soxhlet-
schen Apparat extrahiert. Die Fettbestimmungen wurden
stets doppelt angestellt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen
war in der Tat ein auff&lliges. In den beiden ersten
Versuchen wurden gegen 50°/o des eingeffihrten Fettes
resorbiert und im dritten Versuch allerdings war die Re¬
sorption noch grosser. Wenn es Autor auch durchaus
fernliegt, aus diesen drei Versuchen schliessen zu wollen,
dass stets eine derartige gute Ausnutzung der Sahne-Par.-
kreasklistiere zu erreichen ist, und wenn er auch keinesfalls
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Vermischtes.
35
•T
ft*
die Fehlerquellen des benutzten Untersuchungsmodus unter-
sch&tzt, so glaubt er doch auf den'grossen Wert der Sahne-
Pankreatinklistiere binweisen zu dfirfen. Freilich leiden
diese Klistiere an dem Mangel, dass sie dem Pat. nicbt
genfigend FlQssigkeit zuffihren, nnd man hat deshalb im
Krankenhaas scbon langeZeit die Praxis, t&glich nur
zwei N&hrklistiere nnd ein Tropfklistier — entweder von
11 physiologischer Kochsalzlfisung oder je nach der Eigenart
des Falles arfs 7* 1 Wasser, l U 1 Bouillon und V* 1 Wein,
sowie zwei EsslOffel Traubenzucker und einer Messerspitze
Kochsalz — zu verabfolgen. Auf diese Weise sucfit Autor
nicbt nur die Menge der zur Resorption gelangenden Ka-
lorien, sondern auch die Menge der in den Kfirper gelan¬
genden Fl&ssigkeit zu erhdben, welch letztere in roanchen
Fallen bekanntlich gleicbfalls von grosser Bedeutung ist.
Ueberhaupt scheint es Autor ganz allgemein am Platze,
fQr die Nahrklistiere von den Pankreatinpraparaten einen
generellen Gebrauch zu machen, und es ware nach dieser
Richtung hin nur zu wfinschen, dass der Preis dieser
Praparate ein niedrigerer ware, als er zurzeit noch ist,
damit ihre Anwendung auf eine breitere Basis gestellt
werden konnte. (Die Tberapie der Gegenwart, Mai 1911.)
— Hdhenschielen nnd Stirnkopfschmerz. Von Dr. E. A. Hei-
mann (Charlottenburg). In einem Vortrag in der Hufe-
landischen Gesellschaft (9. III. 11) machte Autor darauf
aufmerksam, dass das Hohenschielen recht wesentliche
Beintracbtigungen des Allgemeinbefindens machen kann,
die ohne Eenntnis des okularen Ursprungs alien sonstigen
therapeutischen Massnabmen trotzen k5nnen. Die Symptome
der Hyperphorie, des Hohenschielens, sind sehr mannig-
faltig und variieren sehr bezQglich ihrer Schwere. Die
Pat. klagen fiber unklares Sehen, fiber Verschwommen-
heit der Bilder, fiber schnelle Ermfidung der Augen beim
angestrengten Fernsehen — z. B. im Theater und in Aus-
stellungen — und auch bei der Nahearbeit, beim Lesen
und Schreiben. Werden die Augen stark in Anspruch
genommen, so tritt Benommenheit des Kopfes, dumpfes
DruckgefOhl in der Stirn, SchwindelgefOhl und Uebelkeit
auf, besonders aber h&ufig wiederkehrende Supraorbital-
neuralgien von ziemlicher Heftigkeit. Die Diagnose ist
ffir den Spezialisten nicbt sehr schwierig, die Tberapie
besteht in dem dauernden Tragenlassen von Prismen, die
das Hohenschielen ausgleichen. Autor gibt folgenden
Schulfall: „Es handelt sich um eine Dame von 47 Jahren,
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Vermischtes.
36
die nach Aussage des sie behandelnden Arztes im ttbrigen
vbllig gesund ist. Sie leidet seit vielen Jahren, — wie
sie sagt, solange sie denken kann, — an taglich wieder-
kehrenden heftigen Stirnkopfschmerzen, zu denen sich
noch haufig Schmerzen im Gebiet des Occipitalis gesellen.
Auch ausserhalb dieser Anf&lle leidet sie an Benommen-
heit des Kopfes, an st&ndigem Verschwommensehen, so
dass es ihr unmdglich ist, Gesellschaften, Ausstellungen
und Theater zu besuchen. Sie hat auf beiden Augen
normale Sehsch&rfe, sie ist etwas ubersichtig. Diese
'Uebersichtigkeit ist von anderer Seite bereits fur die N&he
und Feme ausgeglichen worden. Die Untersucbung des
Auges ergab im fibrigen einen normalen Befund, nur ein
deutliches HOhenschielen von Prisma 2 l /a Grad und eine
sehr geringe Fahigkeit zur Ueberwindung entgegengesetzter
Prismen. Autor verordnete der Pat. vor a U Jahren Nahe-
und Fernglas kombiniert mit einem Prisma, Basis unten,
und zwar so, dass die Pat. stets eines dieser Gl&ser tragen
muss. Die Pat. hat seitdem keine Kopfschmerzen mehr,
auch die Neuralgien im Genick sind vollkommen ver-
schwunden. Sie fQhlt sich nach ihrer eigenen Aussage
Wie neugeboren." (Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 23.)
— Zementpaste. Yon Dr. Dreuw (Berlin). Die vom Autor
gew&hlte Pastenform ist so konsistent, dass die Paste
24 Stunden nach dem Auftragen eine die Haut panzer-
artig umgebende Schicht bildet, die im grossen und ganzen
der Haut anhaftet, im Qbrigen die Farbe von Zement hat
und wegen der starken Haftf&higkeit an der Haut und
wegen ihrer aufsaugenden und austrocknenden und da-
neben reduzierend und antiseptisch wirkenden Eigenschaften
ahnliche Wirkungen entfaltet wie der Ichtbyol-Zinkleim,
wenn auch in schw&cherem Masse. Es hndet eben eine
leichte Druckwirkung nach der Antrocknung der Paste
auf die Haut statt. Die Zusammensetzung ist folgende:
Rp. Sulfur, depurat. 10,0
Ichthyol 5—10,0
Pasta Lassar ad 100,0
M. D. S.
Als Indikationen kommen alle nassenden, besonders ekze-
matbsen Dermatosen in Betracht, Ekzema cruris, Ulcus
cruris, n&ssende Gewerbeekzeme, Pemphigus usw. Die
Sekretion hbrt bald auf, die EntzQndung schwindet; die
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Vermischtes.
37
Schmerzen lassen nach. Man kann, wenn man die redu-
zierende Wirkung ' steigern will, auch Zus&tze machen,
wie Teer (2—10°/o), Pyrogallol (2—10°/o), Anthrasol
(5—10°/®).
(Monatshefte filr praktieche Dermatologic 1911, Bd. 52 Nr. 3.)
— Valid, ein neues Eiweissn&hrpr¶t, hat sie-h, wie Dir. J. Kerl
mitteilt, auf der Medizin. Klinik in Graz bei sehr herunter-
gekommenen Krankenbestens bewahrt. Das von derN&hr-
mittelfabrik ^Zomarom** in MOnChen hergestellte Prfiparat
wurde ausnahmslos gern genoinmen.
(Osterreichische Arzte-Ztg. 1911 Nr. 15.)
— Mnllzellstoff, hergestellt von der Mullzellstoff-Fabrik in Cassel,
empfiehlt Marianne Peters (Berlin) als Sauglingswindeln,
Krankenunterlagen u. dgl. Der neuerfundene Stoff ist
eine Verbindung von Zellstoff, Mull und Pergamentpapier,
chemisch rein und sehr aufsaugungsffihig. Die daraus
verfertigten GebrauchsgegenstSnde stellen sieh nur so hoch,
wie die Reinigungskosten der frQher benutzten (Unterlagen
je nach Grosse und Starke 5—50 Pf., Windeln in Pak-
kungen zu 100 Stack 5 M.). Sie werden nach einmaligem
Gebrauch verbrannt, es ffillt also die Wflsche der Windeln
fort, Unterlagen von an ansteckenden Krankheiten Leidenden
werden sofort beseitigt, Vorzage, die nicht zu unter-
schatzen sind. (Arztiiche Polytechnik 1911 Nr. 2.)
— In den diesjahrigen Berliner Magistralformeln sind die fol-
genden Vorschriften neu aufgenommen bzw. geandert
worden:
Aqua cosmetica Kummerfeldii.
Rp. Camphor, trit.
Gumm. arab. aa 6,0
Sulfur, praecip. 20,0
bis 28,0
Aq. Calcar, ad 200,0
Unguentum Hamamelidis.
Rp. Extract. Hamamelid.
dest. fluid.
Lanol. aa 1,0
Vaselin. alb. 8,0
(Pharmazeut. Zeitung, 1911, Nr. 18.)
Unguentum Ichthynati.
Rp. Ichthynat. 5.0
Vaselin. flav. 45,0
Unguentum leniens F. M. B.
Rp. Cerae alb. 13,5
Cetacei 7,5
Paraffin, solid. 10,0
Paraffin, liquid. 130,0
Sol. Borac. 2 : 25,0
01. Rosae gtt. III.
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Vermischtcs.
— Zwei F&lle von Jodfieber. Von Kais. Rat Dr. A. Konri'ed
(Kuranstalt Edlach). Manche Pat, zeigen nach Joddar-
reichung TemperaturerhQhungen. Es laset sicb das Auf-
treten von Fieber nacb Darreicbung von Jod entweder
aus den zum Syiqptomenkomplex des Jodismus gehorenden
katarrhaliscben Erscheinungen an den Sohleimh&uten er-
kl&ren oder aus einer Jodthyreoiditis, oder aber das Fieber
bildet das einzige Symptom der Vergiftung ohne jede
nachweisbare Ursache. Gerade diese F&lle sind ffir den
Pathologen die interessantesten, und e6 scheint deshalb
die VerQifentlichung neuer Fftlle gerecbtfertigt. Autor
beobacbtete nun zwei Ffille von Jodfieber. In dem einen
handelte es sicb um einen 65j&hr. Mann mit einer RQcken-
marksaffektion. Anamnese: Lues. Pat. hatte nach seiner
Angabe bereits Jodnatrium erbalten und will im Anschluss
daran einige Tage gefiebert baben. Durch diese Anamnese
war Autor bei seinem Vorgehen zur Vorsicht gemahnt.
Trotzdem gelang es nicht, dem Manne Jod in nur irgend-
welchen wirksamen Dosen zu geben. Er versuchte es
also zunachst mit Jodglidin, nacb einiger Zeit erhielt
Pat. dann Sajodin und, da auch dieses Fieber hervorrief,
so versuchte man es noch mit perkutaner Zufuhr von
Jodsalzen im Jodbad und mittels Eataphorese im galva-
nischen Bad und schliesslich mit Einreibung einer Jothion-
salbe. Pat. zeigte Temperatursteigerungen sowobl bei
interner ZufQhrung von Jod als auch, allerdings gering-
gradige, nach externer Applikatfon von Jothion. Nur
die perkutane ZufQhrung von Jodsalzen auf dem Wege
der Kataphorese wurde vertragen, ohne Erscheinungen zu
machen. Wahrscheinlich sind die dabei eingebrachten
Mengen zu klein, um irgendwelchen merklichen Einfluss
nehmen zu kbnnen. Zur Zeit des Fiebers hatte Pat. nicht
das mindeste Missbehagen, auch objektiv nichts nachweis-
bar. Dagegen verlief der zweite Fall unter dem Bilde
einer akuten zirkumskripten Thyreoiditis. Pat., an einer
Forme fruste von Basedow leidend, hatte sich gegen den
Bl&hhals eine Jodsalbe appliziert.
(Medixin. Klinik 1911 Nr. 26.)
— Applikation von Was sera toff sup eroxyd in Salbenform. Von
Dr. B. Sylla (Bremen). Die Salbe wird mit Pergenol
und amerikanischem Vaseline dargestellt, wobei nicht mit
Wasser angerieben werden darf (beim Rezept: ne addatur
aqua!). Benutzung von 10°/«iger und 20°/oiger Salbe
(= I 1 * und */ 5 °/o H^Ojj). Sehr gut bei Blepharitis ekze-
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Vermischtes — Bficherschau.
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matosa zur Entfernung der Krusten (Salbe am Lid rand
aufstreichen, mehrere Minuten belassen und sie dann mit
Gaze entfernen), als Nasensalbe bei skrofuldser Rhinitis
(kleinere Kinder bekommen manchmal nach Einstreicben
in die Nase Durcbfall, aber nur fbr kurze Zeit und ganz
geeignet oft zur Reinigung des Darms!); ferner bei Ozdna
als Einlage, nach Nasenoperationen zur schnelleren Wund-
reinigung, bei leichtem Ekzem des Gehorgangs und Furun-
kulose desselben. (Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 14.)
— Zur LeEre von der Wirkung des Vasotonins. Von Dr. J.
Schattenstein (Wilna). Vasotonin, ein aus Yohimbin
und Urethan bestehendes Pritparat, hat, wie schon ver-
schiedene Publikationen ergaben, eine wesentlich den Blut-
druck herabsetzende Wirkung. Diese suchte auch Autor
in Prof. Rosins Klinik zu prOfen und zu erforschen, ob
das Pr¶t das Nitroglyzerin ersetzen kdnnte. Sub-
kutane Einspritzungen a 1 com tftglich oder jeden zweiten
Tag bis zu 15 Injektionen bei zwblf Fftllen von erhbhtem
Blutdruck auf der Basis von Aorteninsuffizienz, Arterioskle-
rose, Aneurysmen. Siebenmal guter Erfolg in bezug auf die
blutdruckherabsetzende Wirkung.und Beseitigung der An-
fillle von Angina pectoris; bei drei Fallen hatte vorher
Nitroglyzerin versagt. Keine Qblen Nebenwirkungen.
(Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 15.)
Bucherschau.
Selten hat sich ein medizinisches Buch eines derartigen Erfolges
zu erfreuen, wie er dem von Schmidt, Friedheim,
Lamhofer und Donat herausgebenen Diagnostisch-
therap. Vademeknm (Verlag von Joh. Ambr. Barth, Leip¬
zig; Preis: 4 M.) zuteil geworden ist. 1895 erschien dies
Buch zum ersten Mai, jetzt liegt die zehnte Auflage vor.
Es ertibrigt sich da wohl, empfehlende Worte ihm auf
den weiteren Weg mitzugeben, doch mbchten wir den
Besitzern alterer Auflagen raten, diese mit der neuesten
zu vertauschen, da die Autoren fortdauernd Zusatze und
Aenderungen gemacht haben, die den Wert des kleinen
Werkes erhbhten. — Im gleichen Verlage erschien: Spa-
nisch fttr Mediziner, von G. le Boucher und Dr. C.
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40
Biicherechau.
Gieb y Bull on. Aach dieses Buch 1st gleich seinen
Vorg&ngern — Italienisch, Englisch, FranzQsisch fQr Me-
diziner — sehr zweckentsprechend abgefasst und dQrfte
fQr Aerzte, welche Spanisch lernen wollen, sich als durch-
aus nQtzliches Hilfsmittel erweisen.
— E. Grawitz’ Klinische Fathologie des Blntes ist in vierter
Auflage erschienen (Leipzig, G. Thieme. Preis: 80 M.).
Nur die wenigsten Aerzte werden sich praktisch mit Blut-
untersuchungen befassen kOnnen, die klinische Pathologie
des Blutes aber muss heutzutage jeder Praktiker beherr-
schen, der es mit seinem Berufe ernst nimmt. Das Er-
scheinen der vierten Auflage beweist ja auch zur GenQge,
dass sich das Werk weitester Verbreitung erfreut. Und
diese verdient es auch mit vollem Recht. Manchem wird
es ja zun&chst etwas zu umfangreich erscheinen; aber das
Gebiet ist ungemein gross, und wenn das Werk auf alle
in das Gebiet fallenden Fragen Antwort geben und als
zuverl&ssiges Nachschlagebuch gelten soil, so konnte es
nicht weniger bringen. Die vierte Auflage ist vollst&ndig
neu bearbeitet; sie wird sicher wie ihre Vorg&nger all-
gemeinen Anklang linden. — Wen nur die Methodik
der Blntuntersuchungen interessiert, der schaffe sich
das gleichnamige BQchlein des Autors an, das jetzt eben-
falls in vierter Auflage erschienen ist. (Preis: 5 M.)
Er findet hier alles, was er wissen will, kurz angegeben,
auch 35 Bilder im Text und 6 Tafeln in Farbendruck. Auch
diese Auflage ist vQllig neubearbeitet und vermehrt durch
zahlreiche Erganzungen auf dem Gebiete d$r histologischen
und physikalisch-chemi8chen Methodik.
— Das Eompendium der Kinderheilkunde von B e r w a 1 d
(Leipzig, G. Thieme. Preis: gebd. 6 M.) brin^t in kurzen
ZOgen die gesamte Padiatrie. 30 Jahre lang Arzt eines
Kinderhospitals, hatte Yerfasser Gelegenheit, >reiche Er-
fahrungen zu sammeln, und wenn er diese jetzt seinen
Kollegen Qbermittelt, so werden ihm diese gewisa dankbar
dafQr sein, namentlich die jQngeren. Aber auch der altere
Praktiker wird das Buch mit Yorteil benutzen uind man-
nigfache Anregungen empfangen.
Fur den redaktionellen Teil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
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Original fr cm,
Erachelnt am
Aafug elites jeden Monats.
M 2
Praia dea Jahrg&ngs 6 Mk.
excL Porto.
Excerpta medica.
Knrse mon&tUohe Jonra&laaiiflge
»U8 der gesamten Faohliter&tur
zum Oebrauch for den praktischen Arzt
Herausgegeben von Dr. tned. Eugen Oraetxer in Fri«denau-BerHn»
Verlag tom Carl Sallauan, Lelpilg,
Hombar. XXI. Mrmt
1911
An&mien. TJeber die Bolle des Arseniks bei der Behand-
loug der Chlorose. Von Privatdoz. Dr. F. S e i 1 e r (Medizin.
Univere. -Poliklinik Bern). Es wurden Pat. allein mit
Arsen, allein mit Eisen und mit Arsen und Eisen behan-
delt. Arsen allein hatte keinerlei Heilwirkung auf die
Chlorose, dagegen wurde mit Eisen allein prompte Besse-
rung erzielt. Autor gab ausnahmslos Pillen von folgender
Zusammensetzung:
Rp. Ferri sulfurici
Kalii carbonici aa 10,0
Mass. pil. q. s. ut. f. 1. a. pil. Nr. C.
Von diesen Pillen wurden moistens dreimal drei Sttkck
verordnet, wfihrend der Mahlzeiten zu nehmen. Diese
wurden fast immer ohne jeglicbe Beschwerden ertragen.
Autor kann durchaus nicht zugeben, dass, wie so oft be-
hauptet wird, derartige Pillen scbwere StOrungen im
Magen-Darmtraktus hervorrufen. Bedingung ist allerdings,
dass die Pillen stets in der Apotheke frisch hergestellt
werden und dass sie wfthrend der Mahlzeiten, also auch
nicht unmittelbar vorher, genommen werden. Nun kommen
die Pat., die mit Eisen und Arsen behandelt wurden
(ausser Eisen in obigen Dosen noch Acid, arsenicos.
0,006 g pro die, 0,002 pro dosi). Hier wurde eine we-
sentlich raschere Heilung erzielt als bei blosser Eisen-
therapie, und zwar machte sich die Besserung baupts&chlich
in der zweiten und dritten Bebandlungswoche geltend,
wo die Regeneration des Blutes rascbe Fortschritte machte.
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42
An&mien —. Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
Wo also mdglichst rasche Heilung der Chlorose indiziert
ist, also in schweren Fallen, wird man zur kombinierten
Bebandlung seine Zuflucht nehmen.
(Deutsche med. Wocheuschr. 1911 Nr. 29.)
— Metaferrin, ein neues Eiweisseisenprftparat (Eisen und Phos-
phorsftare an vorverdautes Eiweiss gebunden) hat sicb, wie
Dr. L. Januskiewicz mitteilt, an der I. Mediz. Klinik
in Wien gut bewahrt, ebenso die flOssige, wohlschmeckende
Form: die Metaferrose. (Medizin. Klinik 1911 Nr. 29 .)
— Metaferrin nnd Arsenmetaferrin hat sich auch im Stadt.
Krankenbause Moabit-Berlin, wie Dr. H. Vo it mitteilt,
als wirksames Eisen-Eiweissprftparat (Chem. Fabrik Walter
Wolff in Elberfeld) gezeigt. In etwa 50 Fallen von Chlo¬
rose trat recht bald die gdnstige Wirkung ein.
(Die Therapie der Gegenwart, September 1910.)
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion. Erfahmngen
mit Novojodin. Von Dr. C. Bohac (K. k. deutsche der-
matolog. Klinik in Prag). Novojodin hat sich als Ersatz-
mittel des Jodoforms bestens bewahrt. Es hat sich gezeigt,
dass das Prkparat selbst beim Ulcus molle, bei dessen
Behandlung bekanntlich recht hohe Ansprfiche an die
bakterizide Kraft eines Desinfektionsmittels gestellt werden,
in einem recht hohen Prozentsatze (bis zu 75°/o der Falle)
imstande ist, das GeschwQr ohne Mitwirkung eines an-
deren desinfizierenden Mittels, ohne atzende Eigenschaften
und reaktive EntzQndungserscheinungen allein zu reinigen
und in kurzer Zeit zur Heilung zu bringen. Das Mittel
wurde hierbei grOsstenteils als Streupulver, gelegentlich
auch bei weichem Schanker an der UrethralmQndung in
Form von Urethral*Stabchen benQtzt. Aber auch gedeckt
von Unguentum Diachyli leistet das Novojodin bei bereits
gereinigten und in Granulation befindlichen weichen Ge-
schwftren als wundreinigendes Mittel vorzQgliche Dienste.
Die gleichen wundreinigenden und desinfizierenden Eigen¬
schaften zeigten sich auch bei der Behandlung exulze-
rierter und gangranOser syphilitischer Primaraffekte, und
zwar gewdhnlich bei gemeinschaftlicher Anwendung von
grauem Pilaster. Ferner wurde die reizlose, desinfizierende
Eigenschaft des Novojodins bei einer Reihe von breit ge-
spaltenen oder exkochleierten venerischen Bubonen crprobt.
Auch hier wurde das Praparat teils als Streupulver, teils
als Gaze in Verwendung gebracht und stets eine reine
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
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granulierende Wundfl&che erzielt. Aber aach bei einzeln
vereiterten LymphdrOsen, welche punktiert und mit Bier-
scher Stauung behandelt warden und bei welchen In-
jektionen mit Paraffin- oder OlivenQlsuspensionen vorge-
nommen "vyurden, zeigte sicb die wundreinigende und
granulationsanregende Eigenscbaft, so dass der Heilungs-
effekt in der gleicben Zeit wie bei Injektionen mit Jodo-
formvaseline erreicht wurde. Aehnlich verhftlt es sich bei
der Behandlung anderer, insbesondere skrophulQser Lymph¬
drQsen und bei Skrophulodermen. Auch hier wurde das
Mittel teils als pulverfftrmiges Antiseptikum, teils als
Emulsion oder auch in Form von Novojodingaze mit
Erfolg benOtzt. Ferner verwendete Autor es auch bei
grQsseren eiternden und granulierenden Wundfl&chen, wie
z. B. bei Ulcus cruris, als Streupulver mit nachfolgender
Salbenbedeckung und erzielte auch hier bei der ambu-
lanten Behandlung des Ulcus varicosum infolge der absolut
reizlosen desodorierendenundgranulationsanregendenEigen-
schaften gQnstige Resultate. Schliesslich wSre noch eine
Reihe von F&llen zu erw&hnen, wo das Novojodin auch
bei aus anderen Ursachen zurQckgebliebenen offenen gra¬
nulierenden Wunden, wie z. B. bei Brandwunden, mit
Vorteil als schmerzloses und desodorierendes Wundreini-
gungsmittel benfitzt wurde. Das Novojodin-Kollodium
eignet sich besonders zur Deckung kleinerer Exkoriationen
und Wunden, wie nach Abtragung von Warzen und Pa-
pillomen, und bildet hier einen praktischen und rasch
herzustellenden Wundverscbluss. Autor kann also seine
Erfahrungen dahin zusammenfassen, dass dem Novojodin
zweifellos auch hftheren Ansprficben — wie bei der Be¬
handlung des Ulcus molle — vollkommen genQgende des-
infizierende Eigenschaften zukommen, dass es aber be¬
sonders dadurch an Brauchbarkeit gewinnt, dass es vor allem
vollkommen geruchlos und nicht giftig ist und keinerlei
reizende Eigenschaften besitzt, welch letztere VorzOge be¬
sonders gegenQber dem Jodoform von grosser praktischer
Bedeutung sind. (Klin.-therap. Wochenschrift 1911 Nr. 27.)
— Not verb and fftr Jodtinktnrdesinfektion. Von Prof. Dr. E.
Payr (KOnigsberg). Er soli die Anwendung der Jod-
tinktur bei der ersten Versorgung akzidenteller Wunden
ermbglichen und erleichtern. Er enth< folgende Bestand-
teile:
1. eine zugeschmolzene Glasphiole mit 2—3 g offi-
zineller Jodtinktur;
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44
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion — Arteriosklerose.
2. eine dieselbe utnhOllende Rolle steriler, hydro-
philer Watte;
3. ein Stack steriler Verbandgaze;
4. eine kleine Mullbinde mit Sicherheitsnadel;
5. ein Stack Heftpflaster;
6. eine Blechbachse, 9 cm L&nge, 7 cm Breite,
1,8 cm H6he, in der die obengenannten Dinge, in Per-
gamentpapier eingehOllt, Platz finden.
Die Nutzanwendung- dieses Verbandp&ckchens ergibt
sich von selbst. Die Phiole ist so gearbeitet, dass sie in
der Mitte innerhalb ihrer WatteumhOllung ohne besondere
Gewalteinwirkung, ohne Bildung von Glassplittern ab-
gebrochen werden kann; es trfinkt sich nunmehr der Watte-
bausch mit Jodtinktur. Nach mehrmaligem Bestreichen
der Umgebung der Wunde, der Wundr&nder oder auch
der Wunde selbst wird diese mit der beigepackten sterilen
Gaze bedeckt (bei stfirkerer Blutung mit ihr tamponiert)
und diese mit Pflaster und Binde befestigt. Die Mitnahme
der Jodtinktur in kleineren Mengen in zugeschmolzenen
Glasphiolen mag sich auch sonst far den Landarzt und
den Praktiker empfehlen. Abgesehen von der auch gute
Verschlasse durchdringenden Braunffirbung besteht auch
immer die Gefahr der durch Alkoholverdampfung zu-
nehmenden unerwOnschten Vermehrung der Konzentration.
Die Glasphiolen sind sehr verlftsslich zugeschmolzen. Bei
der ersten Fertigstellung des Notverbandes, deepen Her-
stellnng durch &ussere Umstfinde sich in unliebsamer Weise
verzOgert hat, waren an beiden Enden zugespitzte, mit
einem Feilenstrich far das Abbrechen vorbereitete Phiolen
vorgesehen worden. Die jetzige Anordnung ist wohl als
die technisch vollkommenere vorzuziehen. Es ist geplant,
grOssere Yerbandpfickchen mit mehr Verbandstoff und
mehreren Phiolen far gr6ssere Verletzungen herzustellen.
Ganz kleine, bereits fertiggestellte Yerb&nde far die
Westentasche mit einer winzigen Jodphiole, etwas Gaze
und englischem Pflaster sind vielleicht auch far den eigenen
Gebrauch des Arztes ndtzlich. Die Glasphiolen kftnnen
immer ausgewechselt werden. Jedem Pfickchen ist eine
Gebrauchsanweisung beigegeben.
(Mttnob. med. Woohensohrift 1911 Nr. 35.)
Arterioak Icpote* Die Behandlnng der A. dee Zentral-
nervensystems mit Tiodine. Yon Dr. F. Patschke
(Univers.-Poliklinik f. Nervenkranke in Kdnigsberg). Als
die wichtigsten Symptome, wie sie z. B. Cramer in seinem
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Arteriosklerose.
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Aufisatze: Die nervfisen und psychischen Stfirungen bei A.
in ausffihrlicher Weise gekennzeichnet hat, hebt Autor
hervor: fast stfindige dumpfe Eopfschmerzen, plfltzlich
auftretende Schwindelanfalle und Abnahme des Gedficht-
nisses. Dazu kommt meistens ein deprimiertes, weiner-
liches Wesen, eine gewisse Reizbarkeit sowie ein grosses
Heer allgemeinerer Beschwerden. Als Lokalerscheinung
tritt Erschwerung und Verwaschensein der Sprache auf.
Die Pupillenreaktion wird trftge und sehr wechselnd in
ihrer Intensitftt, die Eopfschmerzen sind gesteigert, es
treten Parfisthesien und Schmerzen am ganzen Efirper
auf. Wenn diese Zeichen sich mit Verh&rtung der peri*
pherischen Geffisse vergesellschafteten und eine luetische
Erkrankung anamnestisch und ev. durch Anstellung der
Wassermannschen resp. Nonneschen Reaktion auszu-
schliessen war, wurde die Diagnose Arteriosclerosis cerebro-
spinalis gestellt und eine Behandlung mit Tiodine ein*
geleitet. Ein Teil dieser Eranken hatte Jod bereits '
innerlich in zum Teil recht erheblicher Menge ohne Nutzen
eingenommen, mitunter schlecht vertragen. Die Anwen-
dung bestand in wOchentlich drei Injektionen von 0,2
Tiodine, im ganzen 16, hfichstens 20 Dosen. Der Ein-
fachheit wegen wurden die Injektionen nicht wie frfiher
intramuskulftr, sondern subkutan ausgeffihrt. Irgendwelche
Entzfindungserscheinungen sind hierbei niemals aufgetreten,
auch waren die Injektionen fQr die meisten Pat. vollstftndig
schmerzlos. Autor schildert nun neun behandelte Falle.
Betrachtet man die Falle, so sieht man, dass bei den
ersten drei Pat. die subjektiven Beschwerden durch die
Tiodinekur in Qberraschend schneller Weise geschwunden
sind: Eopfschmerzen, Schwindel haben aufgehdrt, die
Stimmung hat sich (wohl infolgedessen) gehoben, das Ge-
dachtnis ist besser geworden. Diese Besserung besteht
scbon seit langerer Zeit, in Fall 1 bereits fiber ein Jahr.
Efirperlich ist allerdings keine wesentliche Aenderung ein-
getreten. Die folgenden drei Falle zeigen neben den Er-
scheinungen von seiten des Eopfes auch noch Beschwerden
an anderen Stellen des Efirpers, wie Spicken in der Magen-
gegend, Parfisthesien in den Extremitaten und wechselndes
Spicken und Brennen an verschiedenen Efirperstellen ohne
nachweisbare organische Veranderungen. Diese Leiden
sind durch die Tiodineinjektionen viel weniger gfinstig
beeinflusst worden. Erwahnen mfichte Autor hierbei auch,
dass er bei andern Erkrankungen, die er auf arterio-
sklerotische Veranderungen der peripherischen Gefasse
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46
Arterio&klerose.
bezieben zu mtkssen glaubte, den gfinstigen Erfolg ebenfalls
nicht so regelm&ssig aufzuweisen hat. Es mag dieser
Umstand vielleicht darin seine Erkl&rung finden, dass das
Zentralnervensystem viel empfindlicher gegen jede StOrung
ist und daher Erscheinungen schon hervortreten, wenn
die Verftnderungen in den Gef&ssen erst im Beginne und
deshalb der Therapie zuganglicher sind. Die drei letzten
Falle sind deshalb bemerkenswert, weil bei ibnen die
psychischen Erscheinungen mehr in den Vordergrund treten.
Wahrend hier nach Beendigung der Kur die andern Be¬
ech werden verschwunden resp. gebessert sind, ist eine
gewisse Zerfahrenheit und Deprimiertheit des Wesens nicht
erheblich gebessert. Zu bedenken ist jedoch hierhei, dass
das Klimakterium resp. beginnendes Senium mit ihren
Einfluss ausQben. Beim letzten Falle wurde die Eur nach
zwdlf Injektionen als aussichtslos aufgegeben. Es ist das
derjenige Fall, bei dem auch die Diagnose am wenigsten
begrGndet ist. Ueberblickt man das Gesamtergebnis dieser
neun Falle, so ist zunachst hervorzuheben, dass die Kur
ausnahmsios gut vertragen wurde. Der Schnupfen, der
in einem Falle — nach der sechsten Injektion — auftrat,
muss als akzidentell aufgefasst werden, da er in kurzer
Zeit trotz Fortsetzung der Injektionen ohne jede weitere
therapeutische Massnahme verschwand. Objektiv war bei
keinem der Pat. bis auf das frischere Aussehen eine Aen-
derung eingetreten. Die hauptsachlichen subjektiven Be-
schwerden, wie Schwindel, Kopfschmerzen und Vergess-
lichkeit, schwanden dagegen in ganz kurzer Zeit. Der
Schlaf besserte sich erheblich. Wir besitzen also in dem
Tiodine ein Mittel, das vermOge seiner guten Wirkung
und Gefabrlosigkeit bei arteriosklerotischen Erkrankungen
des Zentralnervensystems wohl angewendet zu werden ver-
dient, besonders in Fallen, wo eine langere interne Jod-
therapie keinen erheblichen Nutzen hervorzubringen ver-
mochte. (Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 83.)
— Jodival, «-Monojodisovalevylharnstoff (mit 47% Jod), hat Dr.
C. Brexendorf (Hamburg) mit guten Erfolgen bei A.,
Asthma und Lues angewandt. In alien diesen FAllen
trat eine Wirkung ein, wie man sie schneller und aus-
giebiger auch mit anderen Jodpr¶ten wohl nicht er-
reicht hfitte. Erwfthnen mbchte Autor noch die bei ver-
schiedenen Kranken mit chronischer Bronchitis beobachtete
sedative Wirkung der Jodivaltabletten. Die Atmung wurde
ruhiger und ausgiebiger, die Expektoration leichter, die
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Arterioskierose — Bronchitis.
47
Pat. selbst ffihlten sich ruhiger, infolgedessen wurde auch
der Schlaf besser. Was aber besonders hervorgehoben zu
werden verdient, ist die gute Verdaulichkeit und Vertrfig-
lichkeit der Jodivaltabletten. Bei keinem einzigen der
mit diesem Mittel behandelten Pat., traten Erscheinungen
von Jodismus auf, Akne, Schnupfen, Appetitlosigkeit oder
Magenbeschwerden, obwohl einige bereits vorher die Jod-
alkalien vergeblich genommen hatten.
(Fortsohritte der Medizin 1911 Nr. 30.)
Bronchitis. Aspirin als Hustenmittel. Von Prof. Wilhelm
Ebstein (Gottingen). Autor schreibt: „Die Azetylsalizyl-
sSure, das Aspirin, erfreut sich bei einer Reihe von Krank-
heitszustknden einer grossen Beliebtheit, und die Zahl der
Fftlle, bei denen das Mittel angezeigt ist, dfirfte sich sehr
erheblich steigern, wenn meine Empfehlung desselben als
Hustenmittel sich auch weiterhin in der Praxis bew&hrt.
Ich lernte diese Heilkraft des Mittels durch Zufall kennen.
Eine sonst gesunde 60jahrige Dame hat vielfach an Ka-
tarrhen der oberen Luftwege zu leiden, die gewohnlich
eine Neigung haben, in den Bronchialbaum nach abwftrts
zu steigen. Sie sind von Susserst qualenden Hustenattacken
begleitet, die besonders auch stOrend auf den Schlaf wirken.
Ich riet der Pat. wegen eines eine derartige Katarrh-
attacke komplizierenden Migrftneanfalls eine Aspirintablette
zu brauchen. Abgesehen von der prompten Heilwirkung
in dieser Beziehung fiel es auf, dass die Hustenanfalle
danach nicht nur erheblich milder, sondern auch seltener
wurden. Dies trat jedesmal ein, sobald, wenn sich die
Anfalle wieder einstellten, eine Aspirintablette gebraucht
wurde, und nach wenigen Tagen war der Eatarrh, der
sich ungewohnlich lange Zeit hingezogen hatte, vOllig
beseitigt. Einen ebenso gfinstigen Effekt beobachtete ich
bei Hustenanfallen, die aber in weit schlimmerer Weise
eine 74jahrige Dame heimsuchten. Diese leidet seit langen
Jahren infolge eines Emphysema der Lungen, verbunden
mit grosser, sich stetig steigernder Herzschwache, sehr
oft an Hustenanfallen mit reichlichem Auswurf, die sich
in der Regel fiber mehrere Wochen hinziehen, ausser-
ordentlich qualend sind und den nachtlichen Schlaf voll-
kommen stOren. Das zur Beseitigung dieser Anfalle ver-
ordnete Kodein vermochte in den fiblichen Dosen keine
wesentliche Besserung der Anfalle herbeizuffihren und
insbesondere auch die Dauer dieser Bronchitiden nicht
zu verkfirzen. Die Pat. brauchte nun auf meinen Rat
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Bronchitis.
Aspirin, und zwar in 24 Stonden viermal je 0,05 in
Tablettenform. Sofort stellte sich bei dieser Medikation
eine sehr wesentliche VerkQrzung der einzelnen Anf&lle,
cine Yerminderang des Aaswurfs, sowie ferner eine der-
artfge VerkQrzung der Katarrhs ein, dass dieser in reichlich
einer Woche vollkommen beseitigt war. Narkotische Mittel
wurden dabei nicht gebraucht. Ich habe in meiner Arbeit
Qber die Katarrhe im 101. Bande des Deutschen Archive
fQr klinische Medizin (1910), S. 34 u. ff. auch in thera-
peutischer Beziehung die einschl&gige Literatur sorgf<ig
durchgesehen, es ist mir aber nichts Qber die Heilwirkung
des Aspirins beim Hasten aufgefallen. Ich habe es des-
halb fQr nicht unnQtz gehalten, die Herren Eollegen hier
auf diesen praktisch gewiss recht wichtigen Gegenstand
hinzuweisen. Das Aspirin entfaltet nicht nur wie die
Narkotika eine rasch vorQbergehende Besserung, sondem
eine wirkliche Heilwirkung und AbkQrzung des Krank-
heitsprozesses und ist jedenfalls auch im Veigleich mit
den Narkotika ein harmloses Heilmittel. Weitere Ver-
suche mit dem Aspirin sind daher, wie ich meine, bei
derartigen Katarrhen der Luftwege durchaus angezeigt.*
(Deutsche med. Woehenschrift 1911 Nr. 39.)
— Dm Chloreton -Inhalant in der Laryngologie. Yon Dr. H.
Jenny (Bern). Das von Parke, Davis & Co. in London
eingefQhrte Chloreton (Aceton-Chloroform) stellt durch
seine energischen antiseptischen und analgetischen Eigen-
schaften, bei vQliiger Reizlosigkeit fQr die Schleimhftute, .
ein hervorragendes Heilmittel bei der Behandlung von
EntzQndungen der Nase, des Rachens und des Halses
dar. Chloreton ist ein in England und Amerika viel an-
gewandtes Mittel. Autor hatte Gelegenheit, in zahlreichen
Fftllen das Chloreton*Inhalant, eine Qlige ChloretonlOsung,
zu gebrauchen. Dasselbe ist fQr die Behandlung von
Affektionen der Respirationsorgane ganz besonders gee gnet.
Die Zusammensetzung des Prftparats, welche auf jeder
Etikette bekanntgegeben ist, ist folgende:
Chloreton 1,0 g
Menthol 2,5 g
Camphor 2,5 g
01. Cinnamomi 0,5
Paraff. liquid, pur. ad 100,0 g.
Die Anwendung geschieht gewOhnlich durch Appli-
kation mittels Wattebausches oder in Form von Zerstftu-
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Bronchitis — Frakturen und Luxationen.
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bangen mittels des Glaseptic-Nebelstftubers (Parke, Davis
& Go.), ein besonders praktischer und sterilisierbarer
Apparat. Autor mfichte nun auf eine weitere sehr empfehlens-
werteAnwendungsweise desChloreton-Inhalants aufmerksam
machen, die sich seit langer Zeit bei Behandlung von
Larynx-, Tracheal- und Bronchialkatarrhen ausgezeichnet
bew&hrt hat. Ganz abgesehen davon, dass viele Leute
nicht richtig inhalieren kdnnen und es auch nicht lernen,
ist nicht jederraann in der Lage, sich einen speziellen
Inhalations- oder Zerstftubungsapparat zu kaufen. Wohl
auch infolge persfinlicher Abneigung gegen Eehlkopfpinse-
lungen, die besonders bei Pat. mit tuberkuldsen Larynx-
affektionen geradezu erschfipfend wirken, hat Autor an-
gefangen, Chloreton-Inhalant einfach mit der Kehlkopf-
spritze zu applizieren. Was die Technik anbelangt, so
ist — bei der Applikation des Mittels auf die Taschen-
und Stimmb&nder — darauf zu achten, dass das Ende
. der Kanfile sich fiber dem Introitus laryngis befindet, ohne
den Kehldeckel zu berfihren. Will man das Medikament
mebr an die hintere Larynx wand bringen, so ist es zweck-
m&ssig, die gebogene Kan file mehr an die bintere Pharynx-
wand anzulehnen. Die Einspritzung wird gemacht, w&hrend
der Pat. ohne Anstrengung einen Ton leicht anschl>.
Die dabei zu verwendende Menge betr> zirka V* ccm.
Bei Tracheal- und Bronchialkatarrhen verwendet man vor-
teilhafter eine etwas grdssere Menge, ca. 1 ccm. Die Ein¬
spritzung wird gemacht, w&hrend der Pat. tief inspiriert.
Chloreton-Inhalant wird ausnahmslos gut vertragen, und
man erzielt augenblickliche Erleichterung, ohne den Pat.
ZU qu&len. (Die Therapie der Gegenwart, August 1911.)
Frakturen und Luxatione— » TJeber ein neues Ver-
fahren der Reposition frischer Schultergelenkslnxa-
tionen. Yon Dr. A. Wagner (Stadtkrankenhaus Stettin).
Autor hat eine Methode ausprobiert, die ibm von s&mt-
lichen Yerfahren die allereinfachste erscheint und die jeder
Arzt leicht lernen kann. Sie ist ohne nennenswerte
Schmerzen, ohne jede Assistenz in kfirzester Zeit ausffihr-
bar, und zwar ohne Narkose. Sie eignet sich ganz be¬
sonders ffir frische F&lle der Luxatio humeri subcoraco-
idea. Das Prinzip der Methode beruht in der Anwendung
eines Hypomochlion in Gestalt einer Watterolle in der
Achselhfihle und ist theoretisch aus der Entstehungsart
der h&ufigsten Form der Schulterluxation, nfimlich durch
indirekte Gewalt hervorgegangen: Bei Sturz z. B. auf die
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Frakturen und Luxationen.
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vorgestreckte Hand oder auf den Ellbogen gerftt der Arm
in Hyperabduktion, und es entsteht bei genflgend starker
Gewalteinwirkung ein Hypomochlion dadurch, dass sich
der oberste Teii des Tuberculum majus gegen den oberen
Rand der Cavitas glenoidalis und das Collum chirurgicum
gegen das Akromion anstemmt. Es wird auf diese Weise
der Humeruskopf als kurzer Hebelarm aus der Cavitas
glenoidalis herausgebebelt und sprengt die Kapsel an ihrem
schw&chsten Teil, dem unteren und inneren Abschnitt.
Durch Anbringung eines Hypomochlion in der Achsel-
hOhle, also der entgegengesetzten Seite des obengenannten
Hypomochlion (Akromion-Rand der Cavitas glenoidalis)
muss man theoretisch imstande sein, durch einfache Hebel-
wirkung den Kopf wieder hineinzuhebeln, wobei man den
Arm als langen Hebelarm benutzt. Von dieser theore-
tischen ErwSgung ausgehend, mOchte Autor sein Verfahren
bekanntgeben. Es wird in folgender Weise vorgegangen:
Sobald die unkomplizierte Luxation festgestellt ist, ins*
besondere geprQft ist, ob Nervenverletzungen vorliegen,
wird der Pat. gerade auf einen Stuhl mit Lehne gesetzt
und sitzt mit dem Rhcken fest gegen die Lehne. Als-
dann wird unter den luxierten Arm eine etwa 20 cm lange
Rolle festgewickelter weisser Watte, die einen Durchmesser
von etwa 10 cm hat, gebracht und diese fest in die Achsel-
hdhle eingepresst, so dass sie nicht herausfallen kann.
Man kann sie durch eine Bindentour um die entgegen-
gesetzte Schulter noch fixieren. Soweit der erste Akt
der Methode. Zweiter Akt. Man fasst jetzt mit nach
oben gekehrter Vola der einen Hand — bei einer rechts-
seitigen Luxation mit der linken — den rechtwinklig ge-
beugten Ellbogen und umgreift mit der anderen Hand
ganz leicht und, obne irgend energisch zuzufassen, die
Handgelenksgegend von unten her. Alsdann fftngt man
an, vorsichtig, aber doch mit einer gewissen Kraft den
Ellbogen des Pat. gegen dessen KOrper zu drOcken, so
langsam, dass der Pat. nicht klagt. Ein brUskes Ver¬
fahren bewirkt nur st&rkeren Muskelwiderstand. Sobald
der Verletzte anf&ngt, etwas zu spannen, lftsst man einen
Moment nach, um gleich wieder gut anzudrOcken. In
manchen Fallen empfiehlt es sich, den Arm nicht senk-
recht gegen die Seite zu drOcken, sondern den Arm etwas
nach vorn flber die Rolle zu legen und ihn mehr nach
der Bauchgegend zu anzupressen. Man erzielt dadurch
besonders bei sehr fettleibigen Personen eine bessere Hebel-
wirkung. Gleichzeitig fQhrt man mit dem Unterarm des
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i)'rakturen und Luxationen.
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Pat. leichte Drehbewegungen aus, als ob man den Kapsel-
riss suchen wollte, und meist gleitet der Kopf nach leichter
Aussenrotation entweder vfillig gerfiuschlos oder mit einem
leicbten Ruck in die Pfanne zurfick. Pat. und Zuschauer
sind erstaunt, dass die Reposition schon beendet ist. Auch
der Operateur sieht h&ufig nur an der Konfiguration der
Schulter oder, um ganz sicher zu gehen, atn Rfintgenbild,
dass die Luxation wirklich schon behoben ist. Das Ver-
fahren ist fast vfillig schmerzlos und beansprucht nur
Sekunden bis hdchstens einige Minuten. Falls der Pat.
schon vor der Reposition sehr fiber Schmerzen klagt, kann
man ihm 0,01—0,015 Morphium geben. So angewendet,
wirkt diese Methode mit der Watterolle in Fallen von
frischer Luxatio humeri subcoracoidea verblfiffend. Sie
hat vor dem bisher fiblichen Normalverfahren von Lacour-
Kocher den Vorteil, dass man keine Assistenz braucht,
die die Schultern fixiert und sie nach hinten drfickt. Der
Operateur setzt sich bequem auf einen Stuhl vor dem
Pat. Dieser braucht ebenfalls keine besondere Lage ein-
zunehmen, er muss nur gerade auf dem Stuhl sitzen. Der
zweite Akt nach Kocher, die starke Aussenrotation bis
zur Querstellung des Unterarms zum Rumpf, die immer
schmerzhaft und einem selbst unsympathisch ist, und auch
der dritte Akt, die Elevation, sind fiberflfissig. W&hrend
bei dem ersten Akt des Kocherschen Verfahrens — der
luxierte Arm \pird bis zur Berfihrung der Ellbogengelenks-
gegend an den geradegerichteten Rumpf adduziert —
noch keine wesentliche Aenderung am Oberarmkopf
eintritt, andert sich das, sobald der Arm um das Hypo-
mochlion in der Achselhfihle adduziert wird. Die Hebel-
wirkung der als Hypomochlion in die Achselhfihle ein-
geschobenen Watterolle ist gewaltig. Ein jeder braucht
diese Methode nur an seinem gesunden Arm zu probieren,
um zu 'verspfiren, welch grosse Kraft auf den kurzen
Hebelarm, den Oberarmkopf, ausgefibt wird. Bei mageren
Leuten sieht map recht schfin, wie der luxierte Kopf schon
durch geringe Adduktion des Ellbogens aus der Fossa
infraclavicularis heraustritt. IrgendeineGeffiss- oderNerven-
sch&digung ist durch die kompressible Watte wohl kaum
zu erwarten, von Autor bisher jedenfalls nicht beobachtet
worden. Es ist wohl klar, dass als Hypomochlion nicht
unbedingt eine Watterolle gebraucht werdcn muss. Das
Hypomochlion kann in der Praxis auch aus anderem
kompressiblen Material als Watte improvisiert werden, nur
muss es ungef&hr die angegebencn Grfissenmasse besitzen.
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Frakturen und Lnxationen.
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Die Sicherheit der Einrenkung 1st nach den bisherigen,
wenn auch noch geringen Erfahrungen mit der Methode
recht gross. Unter zwOlf Fallen einer Serie von Schulter-
gelenkslnxationen ohne jede Auswahl gelang diese in acht
Fallen spielend in Seknnden ohne Narkose, in einem Fall
leicht im Aetherrausch und in einem in tiefer Narkose.
In zwei Fallen versagte sie. In einem davon handelte es
sich um eine bereits vier Wochen alte Luxation mitVer-
anderungen der Gelenkpfanne. In diesen beiden Fallen
versagte Qbrigens auch K ocher in tiefer Narkose bzw.
Aetherrausch, und erst Zug am suspendierten Arm mit
gleichzeitigem Druck auf den Humeruskopf ftthrte zum
Ziel. Autor mOchte hier ausdrQcklich bemerken, dass
selbstverstandlich nicht alle Falle nach dieser Methode re-
poniert werden kdnnen — er hatte ja auch zwei Versager.
Es werden immer Falle vorkommen, bei denen Narkose er-
forderlich sein wird, sei es infolge zu starker elastischer
Retraktion oder aktiver Eontraktion der Muskulatur, und
es haben andere Yerfahren einzutreten, wenn es sich bei-
spielsweise um ein zu enges Loch in der Gelenkkapsel
oder um Zwischenlagerung der Bicepssehne oder um ab-
gerissene oder interponierte Stflcke der Cavitas glenoidalis
oder der Tubercula oder um eine durch Bindegewebe ausge-
fOllte Gelenkpfanne bei einer veralteten Luxation handelt.
Ein far alle Falle geeignetes Idealverfahren besitzen wir
nicht — das beweist schon die Vielzahl der angegebenen
Methoden — und wird es wohl auch nie geben.
Zusammenfassend mdchte Autor seiner Methode
nachrDhmen:
1. Einfachste Technik: Ihre Ausffthrung erforder-
nicht wie die anderen Methoden geschulte Assistenz oder
Gehilfen. Die Watterolle ist das einzige Hilfsmittel. Sie
ist darin, abgesehen von der KQrze der Repositionszeit,
jedenfalls auch der Gewichtsextension oberlegen.
2. Narkose ist in vielen Fallen (etwa a / 8 ) entbehrlich.
3. Relative Schmerzlosigkeit, Autor kennt kein Yer-
fahren, das sich in geeigneten Fallen so leicht und so
schonend ausfQhren liesse. Das Kochersche Verfahren
und wohl auch die Gewichtsextension gelten als sehr
schonend. Ein Vergleich bei ahnlichen Fallen wird den
erheblichen Unterschied dartun.
4. Vollige Unschadlichkeit.
Diese VorzQge der Methode veranlassen Autor, sie
insbesondere dem praktischen Arzt zu empfehlen. Sollte
sie versagen, so hat er keinerlei Schaden damit gestiftet.
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Frakturen and Luxationen.
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Autor 1st daherder Meinung, dass dieses Repositionsver-
fahren mit der Watterolle, weil es zweifellos das scho-
nendste der bisher angegebenen Verfahren darstellt, in
jedem Fall, und zwar in erster Linie, zu versuchen ist.
(Dentflohe mod. Wochenschrift 1911 Nr. 25.)
— Einen Beitrag nr Behandlung typiacher Badiusfrakturen
liefert Dr. M. Friedemann, Chefarzt des Krankenhauses
zu Langendreer. Er schreibt: „Bei gut gelungener Re¬
position fQhren die meisten der zahlreichen Radiusfraktur-
verbftnde zum Ziel. Fast bei alien wird versucht, durch
mehr oder weniger starke Volarflexion bei ulnarer Ab-
duktion die Erhaltung der Reposition zu erreichen, sei es
unter Pronation oder Supination des Unterarms. Die
schienenlosen Verbandmethoden (Storps Suspensions-
manschette, Petersens Lagerung auf Mitella mit herab-
h&ngender Hand, Lexers Heftpflasterverband usw.) schei-
nen sich bisher nicht eingebQrgert zu haben, und doch
liegen die Yorteile solcher Behandlungsarten vor den festen
Verb an den auf der Hand. Ich mQchte auf eine weitere,
sehr einfache und, wie mir scheint, fQr viele F&Ue zweck-
m&ssige schienenlose Behandlungsart hinweisen. Ein der
Dicke des Armes angemessener Trikotschlauch wird Qber
den Unterarm gezogen und oberhalb des Ellbogengelenks
mit einem zirkul&ren Heftpflasterstreifen befestigt. Das
andere, die Fingerspitzen weit Qberragende Ende des
Schlauches wird Qber die Schulter der gesunden Seite,
RQcken und Brust geschlungen und vorn befestigt. Der
Arm hfingt nun im Trikotschlauch, und es kommt durch die
eigene Schwere desselben ganz von selbst eine starke Volar¬
flexion zustande. Durch die WOlbung des Thorax ferner
und das Bestreben des Armes und der Hand, an demselben
eine StQtze zu finden, stellt sich auch ohne weiteres ein
m&ssiger Grad von Ulnarabduktion ein. Diese Haltung
des Armes ist fOr den Pat. entschieden die natQrlichste
und bequemste, und er versucht gar nicht, sie zu findern.
Man kann nun, ohne den Verband zu entfernen, stets die
Stellung der Fragmente kontrollieren, Schwellungen be-
obachten, ROntgendurchleuchtungen und vor allem Bewe-
gungen vornehmen. Ebenso kann, ohne Abnahme des
Schlauches, wo dies fQr erforderlich gehalten werden sollte,
nachts eine der Qblichen Schienen angewickelt werden.
Ich bin mit dieser Verbandmethode, die selbstverstftndlich
auch nur fQr gewisse F&Ue passt, bisher sehr zufrieden
gewesen.“ (Zentr»lbl»tt t. Ohimrgie 1911 Kr. 87.)
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Frakturen und Luxationen — Gonorrhoe.
— Nene Transport - IT otschienen bei F. sind jetzt im Handel.
Es sind gelochte Aluminiumschienen, die in vier Formen
hergestellt werden, und zwar:
1. far den Handverband, fassoniert, 30 g schwer,
2. far den Arm- und Beinverband,
25 X 6,5 cm 20 g schwer,
30 X 6,5 cm 30 g schwer,
40,5 X 9,5 cm 50 g schwer.
Die letzten beiden Grossen sind an ihrem einen Ende mit
Riemen versehen, welche ein Aneinanderreihen der Schienen
ermdglichen. Hierdurch kann jede gewDnschte Lange so-
fort hergestellt werden. Ein besonderer Yorzug dieser
neuen Schiene ist ihre Schmiegsamkeit. Sie passen sich
jeder Kbrperform an, lassen sich auch, falls notwendig,
mit der Schere ohne Schwierigkeit schneiden und be-
arbeiten. Infolge ihrer Dimensionen und des geringen
Gewichts von 20—50 g sind die Schienen bequem zu
transportieren, daher nicht nur far Yerbandkasten, sondern
auch zum Mitfahren in Tornister usw., far Sanit&tsmann-
schaften aller Art besonders geeignet.
Die Firma Medicinisches Warenhaus, Actien-Gesell-
schaft, Berlin NW. 6, Karlstr. 31, erteilt bereitwilligst jede
weitere Auskunft. (Arzti. Poiikiinik mi Nr. s.)
Gonorrhoe. Die Behandlnng der genorrhoischen Gelenk-
entzAndung mit Injektion von Jodtinktnr. Yon Prof.
Dr. O. Hildebrand. (Chirurg. Univers.-Klinik der Charite
in Berlin). Seit 8 / 4 Jahren hat Autor eine Anzahl Knie-
gelenke und ein Haftgelenk mit Injektionen von Jodtinktur
behandelt. In den ersten Tagen trat eine st&rkere Schwel-
lung des Gelenkes auf, die aber sehr rasch zurhckging.
Zu einer erneuten Flassigkeitsansammlung im Gelenk kam
es nicht wieder. Das Gelenk wurde nach wenigen Tagen
vollkommen schmerzlos, die Schwellung der Synovialis
ging zurack, und die Beweglichkeit des Gelenkes trat bald
wieder ein. Die Sorge, dass der Gelenksack etwa durch
die Injektion zur teilweisen Verwachsung oder gar zur
Yer&dung kame, ist unnotig. Schon Roux sah vor langen
Jahren ein Gelenk, das wegen Hydarthros mit Injektionen
von Jodtinktur behandelt worden war, Va Jahr spftter bei
der Sektion in vollkommen normalem Zustande. Die F&lle,
die Autor mit Injektionen behandelte, waren keine sehr
schweren, immerhin ausgesprochen gonorrhoische Gelenk-
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Gonorrhoe.
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ergGsse. Etwas Vorsicht in der zu verwendenden Quan-
titftt von Jodtinktur ist geboten, denn es sind eine An-
zahl schwerer Vergiftungsfalle, ja Todesfalle bei Injek-
tionen in eitrige Gelenke beoacbtet worden, freilich bei
Anwendung von sehr grossen Quantitaten, z. B. 5,0
reinem Jod, nicht etwa Jodtinktur. Autor hat in seinen
Fallen 5,0 Tinct. Jodi injiziert.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 31.)
— Die Wirkung des Syrgol bei Bindehaatentz&ndimgen (be-
sonders bei der O. der Eonjnnktiva). Yon Dr. C. A.
Hegner (Univers.-Augenklinik Jena). Rasche Abnahme
der entzQndlichen Symptome, rasches Verschwinden der
Gonokokken. Auch bei Blennorrhoea neonatorum sehr
gute Heilresultate. Anwendung: 2—6mal tSglich Ein-
trftufelung einer 5%igen Ldsung, daneben Reinigung der
Augen mit BorlOsungen. Bei nicht gonorrhoischen eitrigen
BindehautentzGndungen genflgt 2%ige LOsung.
(Miinchener med. Wochensehrift 1911 Nr. 33.)
— Beitrag zur Behandlung der G. Yon Dr. L. Leistikow
(Hamburg). Die Bestrebungen, die moderne Therapie des
Trippers zu verbessern, beruhen haupts&chlich darauf, die
zur Bebandlung benutzten Medikamente in mbglichst langem
Kontakt mit der Schleimbaut zu lassen. Allseitig wird
empfohlen, bei akuter m&nnlicher Blennorrhoe die In-
jektionsflQssigkeit 5—10—20 Minuten in der HarnrOhre
zu halten. Alle SpGlmethoden, auch die Janetsche, dienen
dem gleichen Zweck. Trotzdem gelingt es in einer grossen
Zahl von Fallen nicht, das Fortschreiten der akuten Blen¬
norrhoe zu verhindern oder chronische Erkrankungen zu
beseitigen. Je langer man aber ein Medikament auf die
Schleimhaut einwirken lasst, desto gttnstiger sind nach Autors
Erfahrung die Heilerfolge. Es lag deshalb der Gedanke
nahe, als Trager fQr die zur Blennorrhoebehandlung un-
entbehrlichen Mittel ein Yehikel zu linden, das sich mOg-
lichst langsam, gleichmassig und vollstandig in der Harn-
rbhre auflbst, die Resorption des in ihm inkorporierten
Medikaments moglichst begGnstigt und jeden unerwGnscbten
Reiz ausschliesst. Ein Vehikel, das alien oben angege-
benen Anforderungen am besten gerecht wird, ist die
Grundmasse der Unnaschen Pastenstifte. Sie besteht aus
Wasser, Starke, Zucker und Dextrin, ist hart und wasser-
ldslich. — Der Firma Beiersdorf in Hamburg ist es ge-
lungen, aus der Grundmasse der Pastenstifte geeignete
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Gonorrhoe.
Stftbchen herzustellen. Diese werden vor dem Gebrauch
in heisses Wasser getaucht, nach dem Herausnehmen kQhlen
sie so rasch ab, dass sie sofort eingefOhrt werden k5nnen.
Zur Anwendung sind bisher gekommen St&bchen mit
Argonin (1%), Albargin (0,75%), Argent, nitric. (0,2 bis
2%), Protargol (0,2%), Ichtbargan (0,1—0,5%), Zinc,
sulfuric. (0,5%). Wie aas den bisherigen Versuchen her-
vorgeht, halten sich die St&bcben monatelang unzersetzt;
nur die Stftbchen mit Silbersalzen fftrben sich mit der
Zeit an der Oberdftche mehr, im Innern weniger dnnkel,
jedoch ohne an Wirksamkeit einzubQssen. Die Stftbchen
werden mit den gebrftuchlichen Zusfttzen in den Lftngen
von 10 und 18 cm in Glftsern zu zehn Stack vorrfltig
gehalten. Sie fQhren die Bezeichnang Gonostyli mit Zusatz
des Namens des verlangten Arzneistoffes, z. B. Gonostyli
Ichthargani 0,5%. Die zu ihrer LOsung erforderliche
Feuchtigkeit entziehen die Gonostyli der Scbleimhaut.
Im endoskopischen Bilde kann man sich leicht davon Qber-
zeugen, dass die Masse in innigsten Kontakt mit den
Schleimhautfalten kommt. Autor hat die Stftbchen in
ISO Fftllen mftnnlicher und 15 Fftllen weiblicher Urethritis
blennorrhoica angewendet. In akuten Fftllen der ersteren
bevorzugt er die Behandlung mit InjektionsflQssigkeiten in
der ersten bis zweiten Wocbe. Er lftsst zunftchst tftglich
stttndlich nur 5 ccm der bekannten Resorzin- (2%) und
Zinc, sulfurcarbolic.- (1%) Lftsung injizieren und er-
reicht damit ein schnelles Uebergehen der eitrigen in die
schleimige EntzQndung. Sobald letztere eingetreten ist,
lftsst er tftglich drei- bis viermal mit dieser LOsung in¬
jizieren und jeden Abend vor dem Schlafengehen ein
Silbersalzstftbchen einfQhren. Am hftufigsten benutzte er
0,5% Ichthargan-Gonostyli. Urn das Herausfliessen der
Stfibchenmasse zu verhindern, ist Verschluss des Orificium
urethrae durch kleine Leukoplaststreifen nOtig. In der
vierten Woche hOrt er mit der Injektionsbebandlung auf
und wendet die Gonostyli allein an. Im terminalen Sta¬
dium lftsst er nur noch dreimal wOchentlich die Gonostyli
einfQhren. Die Gonokokken im Sekret verschwinden meist
nach kurzer Anwendung der Gonostyli schnell. Ueber-
raschend waren die Erfolge bei der weiblichen Urethritis
durch die Behandlung mit 0,5 % Ichthargan * Gonostyli
und 1—2% Arg. nitr.-Gonostyli. Hier gelang es meist,
in 14 Tagen durch tftgliches EinfQhren derselben Hei-
lung zu erzielen. Reizerscheinungen wurden niemals be-
obachtet. Ganz besonders gQnstig waren die Resultate
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Gonorrhoe.
57
der Behandlung bei mit akuter Epididymitis komplizierter
Urethritis posterior. Schon nach kurzem Auftreten der
Nebenhodenentzfindung, die er lokal mit warmen Um-
schlftgen und den von Philip empfohlenen Ichthyolein-
reibungen behandelt, lfisst Antor die 18 cm langen Gonostyli
einffihren. Sowohl die Urethritis posterior wie die Neben-
hodenschwellung weichen prompt und schnell bei dieser
Behandlung. Autor glaubt, der Stftbchenbehandlung im
subakuten Stadium der Epididymitis vor den fiblichen Irri-
gationen und Instillationen den Vorzug geben zu mfissen.
(Monathefte f. prakt. Dermatologic 1911, Bd. 52, Nr. 1.)
— Ueber Santyl KnolL Von Dr. W. Mehlhorn (Berlin). Autor
hat das Santyl seit zirka drei Jahren ausschliesslich an-
gewandt und die Resultate bei zirka 250 Pat. notiert. In
Betracht kommen alle Blasen- und HarnrOhrenaffektionen,
zum Beispiel G., Urethritis, Cystitis, Karunkeln der Urethra,
Dysurie, Blasentenesmen, die toils durch entzfindliche
Affektionen der Schleimhaut, teils auf nervfis-reflektorischem
Weg entstanden waren, periodische Blasenbeschwerden
zur Zeit der Menses, Harndrang auf neurasthenischer
Basis usw. usw. Was zuerst das Einnehmen anlangt, so
wurde das Pr¶t stets gem genommen und nie reffisiert.
Wegen des kaum merklichen Geschmacks wird das Prft-
parat meist ohne Widerstreben als reines Oel, dreimal t&g-
lich 25 Tropfen in Wasser oder Streuzucker, genomnjen,
sonst in Eapseln k 0,4 g 3—4mal t&glich nach dem Essen.
Von den Tabletten a 0,4 g Santyl ist Autor wieder ab-
gekommen, da dieselben sich schlechter einnehmen lassen,
teurer sind und die stuhlbeffirdemde Wirkung, die durch
die Beimischung von Magnesia carbonica eintreten soli,
meist ausbleibt. Wenn auch das angenehme Einnehmen
mit ins Gewicht fftllt, so ist Autor doch durch zwei Eigen-
schaften des Santyls ein unbedingter Anhftnger dieses Prft-
parats geworden, n&mlich seine absolute Reizlosigkeit und
seine ausgezeichnete Wirkung. Von keinem seiner Pat.
wurde fiber die geringste Reizerscheinung des Magendarm-
kanals und der Nieren geklagt, selbst nicht von sonst
empfindlichen Pat., wenn das Santyl nach dem lessen ge¬
nommen wurde, was Autor bei keinem anderen abnlichen
balsamischen Mittel gesehen hat. Ab und zu leichtes Auf-
stossen war alles, selbst bei einigen F&llen, wo gegen
die Verordnung spontan die mehrfache Menge einge-
nommen worden war, um eine schnellere Wirkung zu er-
zielen. Was nun die Wirkung anlangt, so hat das Santyl
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58
Gonorrhoe — Isohias.
nur ausserst selten im Stich gelassen. Ab und zu einmal
bei einer stark hysterischen Pat., wo anfangs sofort
Aufhdren, sp&ter hingegen wieder neue nervbse Blasen-
beschwerden eintraten, sah Autor, wie auch bei alien
anderen Medikamenten, einen Versager, und zwar meist
bei den Tabletten. Bei Cystitis gibt man am besten da-
neben noch Fol. uv. ursi und genaue Diatvorschriften mit
Enthaltsamkeit von Alkohol, kohlens&urehaltigen Getr&nken,
Fleisch, GewOrz usw., worauf oft leider nicht genbgend
geachtet wird. Sonst trat in alien obenerwfihnten Affek-
tionen der Blase und Urethra meist sofort eine evidente
Besserung und oft durch Santyl allein Heilung ein, wenn
auch in einer Reihe yon Fallen operative Behandlung von
Verwachsungen usw. selbstverstandlich noch nbtig war.
Bei vaginalen Operationen, bei denen eine mehr oder
weniger weite stumpfe AblOsung der Blase ndtig ist, und
wo noch in den ersten Tagen bisweilen leichte Blasen-
stOrungen auftreten, hat Autor letztere auf Santyl schnell
schwinden sehen, und trat das spontane Urinieren stets
schnell ein. In einigen Fallen von chronisch- eitriger
Cystitis und zwei Fallen von auf die Blase Gbergegangenem
Karzinom trat auf Santyl fast sofort eine evidente Klarung
des Urins ein, welche durch langere Gaben von Urotropin
usw. nicht zu erreichen war. Daneben waren natttrlich
bei beiden Mitteln BlasenspGlungen nOtig.
t (Zentralbl. f. d. geaamte Therapie, 1911 Nr. 8.)
IlChiat. Selbstbehandlong der I. Von Oberstabsarzt Dr.
Dannehl (Frankfurt a. M.). Autor teilt eine hausliche Be-
handlungsmethode mit und schreibt darflber: „Sie setzt, wie
alle solche Prozeduren, Ausdauer voraus und besteht im
wesentlichen darin, dass der Eranke im warmen Vollbad
selbsttatig eine Dehnung und Massage des leidenden HOft-
nerven vornimmt. Das hat, so wenig rationell es von vorn-
herein ersch einen mag, doch mehr ere Yorteile: Die eigne
Schmerzempfindung des Eranken gestattet die feinste Ab-
stufung der Nervendehnung und das exakteste Auffinden
der Schmerzpunkte bei der Massage. Die bei empfind-
lichen Eranken schon aus Furcht vor Schmerz bei den
Handgriffen eines andera eintretenden Muskelwiderstande
und Beckenverschiebungen, welche die bestehenden Schmer-
zen steigern und eine wirksame Massage und Nervendehnung
verhindern kOnnen, fallen fort, die im Bade mbgliche
Muskelerschlaffung kann ausserhalb desselben kaum erreicht
werden. Endlich spart der Eranke dabei Zeit und Geld,
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Ischias.
59
was bei einer Behandlung, die wochen-, ja meist monate-
lang fortgeffihrt werden soil, ins Gewicht f&llt. In der
MOglichkeit, jeden Tag zn Hause zu beliebiger Zeit ohne
fremde Hilfe auf den kranken Nerven einwirken zu kdnnen,
liegt der Hauptvorzug einer solchen Methode. Nur im
Beginn ist dabei einigemale eine Anleitung und Ueber-
wachung erforderlich. Der Kranke sitzt bei dem Verfahren
in einem warmen Vollbade von 37—38° C so, dass die
Fusssohle des kranken Beines der schmalen Fussflftche der
Badewannenwand anliegt, legt beide Hftnde mit Aufgriff
auf die oberen Rftnder der Wannenseitenw&nde und ziebt
sich bei vornfibergebeugtem Kopf und Rumpf mit den
Armen gegen den Fussteil der Wanne hin an, wfthrend
das im Knie durchgedrttckte kranke Bein sich dagegen
anstemmt. Der kranke Hfiftnerv wird dabei mehr oder
weniger stark gedehnt, je nach der Rumpfbeugung und
dem Grade des Zuges der Arme, sowie je nachdem, ob
das kranke Bein dem Boden der Wanne auf liegt oder
hfiher oben gegen deren Fussflftche angestemmt wird. Das
gleichzeitige Durchdrficken auch des gesunden Beines ist
dabei nicht zu empfehlen, da es die anfftnglichen Be-
schwerden unndtig steigert. Denn neben der stets anfftng-
lich eintretenden Schmerzzunahme im kranken Beine wfirden
sich dabei auch die meistens vorhandenen latenten Schmerz-
punkte des gesunden Beines unangenehm geltend machen
und empfindliche Kranke, bei denen man ohnehin anfangs
mit Zuspruch zur Hand sein mfissen wird, von der Fort-
setzung der Behandlung abschrecken. In der Regel klingt
die erste Steigerung der Beschwerden bald ab, und man
tut gut, die Dehnung auch im Anfang bis zum Eintritt
eines gewissen Schmerznachlasses fortzusetzen. Nach einer
Ruhepause geht man entweder zur Massage fiber oder man
kann an die erste Dehnung eine zweite anschliessen, welche
nun wesentlich weniger schmerzhaft auszufallen pflegt.
Bei ganz alten reizlosen Ffillen kann man auch in einem
Zuge ffinf, ja selbst zehn Minuten lang die Nervendehnung
fortsetzen, wobei allm&hlich das Gefflhl des ,eingeschlafenen
Beines 1 eintritt, wfthrend Schmerzen fiberhaupt nicht mehr
empfunden werden. Die Selbstmassage wird am besten
an die Nervendehnung unmittelbar angeschlossen. Sie ist
in diesem Stadium wenig schmerzhaft, dabei exakt, denn
die Nervendehnung hat dem Kranken alle seine Schmerz-
punkte zum Bewusstsein gebracht, und schliesslich nicht
anstrengend, einmal wegen der bewegungserleichternden
Wirkung des warmen Bades, sodann wegen der Mdglich-
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60
Ischias.
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keit, dabei beliebig lange und zahlreiche Ruhepausen ein-
zuschalten. Zwischen der Massage der -einzelnen Glied-
abschnitte kdnnen auch BewegungsGbungen nach der Art
der im hydrotherapeutischen Institut zu Berlin bei den
,Bewegungsb&dern‘ Gblichen — Beinheben und -drehen,
Rumpf- und Kreuzheben und -senken in RQcken- und Bauch*
lage — eingeschaltet werden, falls der Kranke sich hierzu
noch kr&ftig genug fOhlt. Die Massage wird am bequemsten
Shnlich der Corneliusschen Druckpunktbehandlung durch
leicht vibrierenden, quer zum Verlaufe des Nervenstamms
gerichteten Druck vorgenommen. Der Badende legt dazu
beide H&nde von den Seiten her an das kranke, im Enie
mehr oder weniger stark zu beugende Bein und benutzt
zur Massage je nach Bedarf entweder die Daumen, die
Zeigefinger oder den zweiten bis vierten Finger beider
abwechselnd gebrauchten oder, wie am Oberschenkel, bei¬
der gleichzeitig nebeneinander massierenden H&nde. Die
HQfte wird in Seitenlage auf der gesunden Seite entweder
mit dem Daumen oder mit den spitzwinklig gebeugten
Mittelgelenken des zweiten bis vierten Fingers der gleich-
seitigen Hand massiert. Man ist dabei zun&chst geradezu
erstaunt, wie bequem man im Bade an alle seine Schmerz-
punkte herankommt und wie leicht man bei der mQhelos
zu erreichenden Muskelerschlaffung Gberall in die Tiefe
dringen kann. Jede Stelle wird so lange massiert, bis
ein Nachlass der Schmerzempfindung eingetreten ist. Das
ganze Bad dauert, wenn alle Handgriffe ausgiebig ausge-
fflhrt werden, 30 bis 40 Minuten; warmes Wasser l&sst
man nach Bedarf zulaufen. Am Schlusse des Bades
empfiehlt sich eine ganz kurze, kOhle Uebergiessung, die
aber das kranke Bein mGglichst nicht treffen soli. Wie
bei der Ischiasbehandlung uberhaupt, ist auch bei der
Selbstbehandlung eine gewisse Yerweichlichung kaum ver-
meidbar und bildet gegenOber der Verschlimmerung des
Leidens wohl auch das geringere Uebel. Diese B&der
mftssen je nach Lage des Falles t&glich oder einen
um den andern Tag monatelang fortgesetzt werden, um
Heilung oder wenigstens einen ertr&glichen Dauerzustand
zu schaffen. Stets sind Sorge fGr leichten Stuhlgang,
mOglichst vegetabilische und reizlose Kost und Vermeidung
des Alkohols wertvolle Hilfsmassnahmen. Fettleibige,
Herz- oder Gef&sskranke eignen sich natfirlich fGr die
Selbstbehandlung kaum. Mir selbst hat die ffinf Monate
lang einen um den andern Tag durchgef&hrte Behandlung
voile, jetzt seit mehr 'als zwei Jahren bestehende Heilung
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Ischias — Rheumatiemen.
61
von einer drei Jahre lang alien Kuren trotzenden Ischias
gebracht. Ein Nachprflfung an andern Eranken war mir
bisher mangels einschl&gigen Krankenmaterials nicht
mbglich.* (Mediiin. Klinik 1911 Nr. 81.)
Rheumatismen. TTeber Nierenreuung dnrch Saluylpr&-
parate nnd ihre Anfhebnng dnrch Alkalizafohr. Yon
Dr. Glaesgen jun. in Mfinster a. St. (Aus der Medizin.
Klinik zu Strassburg.) Autor hat an acht Personen, dar-
unter fdnf Polyarthritikem, Yersuche gemacht, deren Re-
sultat er tabellarisch wiedergibt. Tabelle 5—8 inklusive
best&tigen die Erfahrung des Auftretens von Eiweiss nach
Yerabreichung von Salizyls&urepr¶ten. Tabelle 8 zeigt,
wie eine tiber die Aspirinaufnahme hinaus dauernde Al-
buminurie w&hrend einer tftglichen Zufuhr von 10 g Natron
bicarbonicum sistiert, urn mit dem Aussetzen des Alkalis
wieder aufzutreten. Auch in Tabelle 6 dtlrfte das prompte
Aufhdren einer nach Aspirindarreichung entstandenen Ei-
weissausscheidung auf die Alkalizufuhr bezogen werden
konnen. Tabelle 1, 2, 3, 4, 5 und 7 zeigen das Yer-
halten bei gleichzeitiger Darreichung von Salizyls&urepr&pa-
raten mit Natr. bicarbonicum. Im allgemeinen wurde die
doppelte Dosis Natr. bicarb, gegeben, als die Dosis des ver-
abreichten Salizylprftparates betrug, 10 g pro die wurden
aber nicht Gberschritten, selbst wenn die Dosis Salieyl-
s&ure 6 g pro die betrug, bei Fall 4 und 1 wurden sogar
bei 6 g Aspirin nur 8 g Natr. bicarbon, bezw. bei 6 Aspirin
6 Natr. bicarbon, gegeben. Das Natr. bicarbon, wurde auf
den Tag verteilt in kohlens&urehaltigem Wasser in dieser
Menge ohne Unbehagen genommen. Wie aus der Tabelle
ersichtlich ist, wurde in keinem dieser F&lle eine Eiweiss-
ausscheidung beobachtet, ebensowenig fdhlten die Poly-
arthritiker etwa subjektiv eine Verschlimmerung ihres Zu-
standes oder einen Unterschied gegentiber der Wirkung
reiner Salizylmedikation. Wurde Natr. bicarbon, bei Weiter-
geben des Salizylpr¶tes auch nur einen Tag wegge-
lassen, so stellte sich sofort Eiweiss wieder ein. Be-
trachtet man die F&lle auf den therapeutischen Effekt hin,
so sieht man bei den Fallen 4 und 1 die Temperatur
bei Darreichung von Salizyl und Natr. bicarbon, ebenso,
wie bei Salizylgabe allein zur Norm herabsinken. Nimmt
man dazu das gleiche subjektive Wohlbefinden der Kranken
und den gleichen Fortschritt des Heilungsprozesses bei
beider Art der Medikation, so steht aus therapeutischen
Grtlnden wohl nichts entgegen, die Form anzuwenden,
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62
Rheum&tismen.
die, ohne einen reizenden Einfluss auf die Harnwege aus-
zufiben, dasselbe Ziel erreichen lasst. Auenstedt fOhrt
zwar au8, dass die Salizylnephritis nach AufhOren der
Darreicbang des Medikaments sehr rasch verschwindet.
Dass dies aber nicht immer der Fall ist, zeigt die Tabelle 8,
wo nach AufhOren der Aspirindarreichung mit Ausnahme
von vier Tagen, an denen Natr\ bicarbon, gegeben wurde,
die Albuminurie drei Wochen anhielt, w&hrend vor Aspirin¬
darreichung kein Albumen vorhanden war. Treupel ist
nach seinen Erfahrungen ebenfalls geneigt, jede Nieren-
reizung bei Salizyldarreichung zu ignorieren. Autor glaubt
aber doch zur Vorsicht raten zu sollen, vor allem in Fallen,
wo die Nieren von vornherein nicht ganz intakt sind. Die
Dosis von 6—10 g Natr. bicarbon, pro Tag, die nOtig
war, um die Albuminurie zu vermeiden, lasst sich dem
Kranken ja ohne Beschwerden zufdhren.
(MUnch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 21.)
— Kaoepe-Balaam hat sich, wie Dr. A. Frank el (Berlin) mit-
teilt, ihm bei Rh., Nervenschmerzen, Schmerzen bei Frak-
turen und Luxationen bewahrt. Die Yerbindung von Azet-
salizylsaure-Mentholester mit Azetsalizyl- Aethylester und
Lanolin wirkte schmerzlindernd und heilend ein.
(Klin.-therap. Wochenschrift 1911 Nr. 31.)
— Ueber ein nenes Salimylpr&parut, das Hydropyrin Grifa und
seine Wirkung auf die Nieren. Yon Dr. v. Tippelskirch
(Stadt. Krankenhaus Altona). Autor kommt zu folgenden
SchlOssen:
1. Das Hydropyrin ist leicht in Wasser lOslich, lasst
sich daher gut mit andern Medikamenten kombinieren
und kann auch als Klysma verabfolgt werden.
2. Es ist in seiner therapeutischen Wirkung dem
Aspirin etwa gleichwertig.
3. Nebenwirkungen treten bedeutend seltener auf, wes-
wegen hohe Dosen lftngere Zeit hindurch ohne Schaden
verabfolgt werden kOnnen.
4. Auf die Nieren wirkt das Praparat erst bei Dosen
von 6 g pro die, langere Zeit hintereinander gegeben,
schadigend ein. Die Reizerscheinungen sind auch dann
nur gering und verschwinden trotz Fortdauer der Medi-
kation nach wenigen Tagen, sind also praktisch so gut
wie bedeutungslos.
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Rheumatismen — Schwangerscbaft, Geburt, Wochenbett.
63
Vorlftufig wird wohl der hohe Preis des Medikaments
seiner allgemeinen. EinfGhrung in die Therapie im Wege
stehen. Immerhin wird es ein wertvolles Miitel in F&lien
sein, in denen entweder die Nieren weniger widerstands-
fahig sind, oder andere Salizylpr Spar ate unangenebme
Nebenwirkungen hervorrufen.
(Die TherApie der Gegenwart, September 1911.)
Schwangerscbaft, Geburt, Wochenbett. Ueber
Extractnm hypophysis als Mittel snr Anregung der
Wehent&tigkeit. Yon Dr. A. Ross (Cranenburg). Es
handelt sich um das von Burroughs Wellcome u. Co. her-
gestellte „Vaporole u Extractum hypophysis (ex Infundi-
bnlo) 20 °/o, das in Ampullen je 1 ccm der sterilisierten,
besonders fGr subkutane Injektion pr&parierten Ldsung
enth<. Autor hatte Gelegenheit, die eklatante Wirkung
des Mittels in einem Falle erproben zu kOnnen. Er wurde
von der Hebamme zu einer Geb&renden mit fast voll-
kommenem Wehenstillstand gerufen, Der Eopf des Kindes
stand ziemlich tief, „zangenrecht“, der Muttermund war
weit, aber seit lftngerer Zeit war w.egen Wehenmangels
nach Aussage der Hebamme kein Fortschritt der Geburt
mehr zu beobachten, wovon Autor sich selbst durch einiges
Abwarten Gberzeugte. Die Anwendung der Zange w&re
also vollkommen berechtigt gewesen. Es handelte sich
Qbrigens um eine II para, bei der Autor die erste Geburt
wegen Wehenmangels mit der Zange beendigt hatte, eine
Tatsache, die zum Yergleich von einigem Wert ist, da
die Wehenschw&che nach seinen Erfahrungen sich bei
derselben Frau hftufig wiederholt. — Er injizierte nun
1 ccm der Ldsung des Extractum hypophysis, und zwar
in die Bauchhaut, und war erstaunt, als nach wenigen
Augenblicken eine krftftige, lang andauemde Wehe ein-
setzte, der in kurzer Zeit mit geringen Abst&nden weitere
folgten, so dass nach zirka sechs Wehen die Geburt be¬
endigt war. Im Verlaufe der letzten Wehe verabreichte
Autor der Frau den Inhalt einer zweiten Ampulle, um
eine Nachgeburtsblutung zu verhGten, wie sie sich nach
der ersten Geburt infolge der mangelhaften Eontraktion
des Uterus eingestellt hatte, und auch das gelang voll¬
kommen: die Entfernung der Plazenta gelang leicht, und
der Uterus blieb vollst&ndig fest kontrahiert. Interessant
ist noch, dass die intelligente Frau, die vorher bei ihren
mangelhaften Wehen nicht zum Mitpressen zu bewegen
gewesen, sofort bei der ersten Wehe nach der Injektion
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64 Schwaogerechaft, Geburt, Wochenbett — Syphilis.
krfiftig mitpresste. Sie sagte nachher, sie h&tte rnitpressen
mttssen, wenn sie auch nicht- gewollt hfitte. Bemerkt sei
noch, dass Autor der Frau vorher in keiner Weise gesagt
hatte, in welcher Richtung das Mittel wirken wfirde. —
Autor hat nachher das Mittel in zwOlf weiteren Fallen
angewendet und kann sagen, dass es niemals im Stiche
gelassen hat. £r bemerkt dazu, dass verschiedene F&lle
dem soeben beschriebenen fast auf ein Haar glichen,
in alien aber die prompte, zuverl&ssige Wirkung des
Mittels bei an sich schwachen oder im Verlaufe der
Geburt schwficher gewordenen oder ganz zessierenden
Wehen auf das deutlichste zutage trat. Eine schfidliche
Wirkung oder Nebenwirkung konnte Autor in keinem
Falle feststellen, weder auf die Mutter noch das Kind.
Die Entfernung der Nachgeburt gelang stets leicht, Nach-
blutungen aus atonischem Uterus traten nie auf, der Uterus
war nach der Geburt st&ndig gut kontrahiert. Autor in-
jiziert jetzt meistens in den Unterarm, die Injektion ist
nicht schmerzhafter als eine Morphiumeinspritzung. Nur
in vier Fallen schritt er zu einer zweiten Injektion, nicht
weil die erste versagt hatte, sondern weil er eine kr&f-
tigere Wirkung wQnschte, z. B. in einem Falle bei einer
Ipara mit noch ziemlich hochstehendem Kopfe, in einem
anderen, nachdem Autor die vorliegende Nabelschnur re-
poniert hatte, urn das Tieftreten des Kopfes zu beschleu-
nigen und dadurch den erneuten Vorfall der Nabelschnur
ZU Verhindern. (ZentralbUtt f. Gynfckologie 1911 Nr. 84.)
— Zur Therapie des unstillbaren Erbrechen* der Sohwangeren.
Von Dr. R. Foerster (Berlin). Es gelang in einem Falle,
das Erbrechen zu sistieren, sobald der Uterus, dessen
Cervix nach rechts abgelenkt stand, vorgezogen wurde.
Es mahnt der Fall daber, bei unstillbarem Erbrechen
einen Versuch mit einer Verlagerung der Gebarmutter,
etwa einem Vorziehen und Fixieren in leicht gefinderter
Position, ZU machen. (Munch. med. Wochensehrift 1911 Nr. 88.)
Syphilis. Ueber einen Fall yon IH - syphilitischer Anto-
inoknlation dnrcb Kontakt. Von Dr. Hans Assmy,
Spezial-Arzt fflr Haut- und Geschlechtskrankheiten, Abt.-
Arzt am Ost-Krankenhause in Berlin. „Wenn die In-
fektiositftt IH-syphilitischer Erscheinungen auch als be-
wiesen anzusehen ist, so scheinen Infektionen durch solche
doch nur ausserordentlich selten vorzukommen. Es liegt
das offenbar daran, dass einmal die III - syphilitischen
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Syphilis.
65
Produkte wenig Krankheitserreger, bzw. in einer Form
beherbergen, welche fflr die Uebertragang aaf einen neuen
Nfihrboden sich — vielleicht infolge Abschw&chung ihrer t
Virulenz — wenig eignen. Dann aber wird ja sicher die
Infektionsgefahr beim Bestehen von III-Syphiliden dadurch
sehr verringert, dass diese sich im allgemeinen an den Geni-
talien, also der Stelle, von der aus bei der Il-Syphilis sicher*
lich die meisten Infektionen zustande kommen, nur relativ
selten lokalisiert vorfinden. Beim Vorhandensein Ill-syphi-
litischer Prozesse an den Genitalien muss jedenfalls vom
Arzt mit einer InfektionsmOglichkeit gerechnet werden.
DieBerechtigung dieserForderung beweist eine Beobachtung,
die zu machen ich Gelegenheit hatte. Am 29. Dezember
L909 suchte mich der 49 Jahre alte Kaufmann W. auf,
um mich wegen eines Ausschlages an der Eichel zu kon-
sultieren. Er gab an, dass die Affektion seit etwa
vier Wochen bestande und mit einer roten Stelle von Steck-
nadelkopfgrdsse an der Harnrdhrenmfindung begonnen
habe. Nach wenigen Tagen habe sich aber derselben ein
kleiner Schorf gebildet, der aber bald ohne weitere Be-
handlung abgefallen sei. Damit sei aber die Sache nicht
erledigt gewesen, denn innerhalb einiger Tage zeigte sich
eine Ausbreitung des EntzQndnngsprozesses aber den vor-
deren Teil der Eichel hin. Gleichzeitig habe er einen
geringfagigen Ausfluss aus der Harnrdhre bemerkt; Be-
schwerden habe er von der Affektion nicht gehabt, bis
vor einigen Tagen, wo er bei einem Coitus an der Vor-
haut Schmerzen bekam. Bei der Besichtigung des Gliedes
fand er eine Entzftndung der Vorhaut, die ihn verhinderte,
dieselbe aber die Eichel zurQckzuziehen. Meine Fragen
nach der Mbglichkeit einer Infektion wurden von dem
Pat. strikte verneint. Er sei verheiratet und habe seit
seiner Eheschliessung niemals mehr ausserehelich verkehrt.
Ebenso wurden die Fragen nach etwaigen fraheren In¬
fektionen verneint. Die Untersuchung ergab nun folgendes:
Leicht entzQndliche Phimose des relativ kurzen Pr&putiums,
das die Eichel nur etwa bis zur H&lfte bedeckte. Der
freie Teil der Eichel zeigte Spuren eines in Abheilung
begriffenen entztindlichen Prozesses. Die Haut war leicht
narbig ver&ndert und von einigen radi&r verlaufenden,
strichfOrmigen, ganz flachen Rhagaden durchzogen. Die
Um8chlagstelle des Pr&putiums zeigte eine leicht entzhnd-
liche Rbtung, die saumartig in einer Breite von etwa
Vz cm den Vorhautrand bedeckte, ohne sich auf das innere
Blatt des Pr&putiums fortzusetzen. Auff&llig war das
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Syphilis.
Bestehen einer ziemlich festen Infiltration air dieser Stelle, die
intensiv genug war, um die Verschieblichkeit des inneren
und ftusseren Blattes gegeneinander aufzuheben. Eine
m&ssige Infiltration zeigte sich ferner auch im Gebiete der
Harnrfihrenmfindung. Diese selbat war verklebt; auf
Druck entleerte sich daraus eine sp&rliche Menge schleimig-
eitrigen Sekretes, in dem mikroskopisch Leukozyten, Epi-
thelien sowie zahlreiche Bakterien und Kokken ohne
v besondere Artabzeichen nachzuweisen waren. Der regionfire
Lymphapparat zeigte keine palpatorisch nachweisbaren
Besonderheiten, ebensowenig die LymphdrOsen des Qbrigen
Kfirpers. Besondere bemerkt sei noch, dass bei dem Ver-
suche, die Vorhaut fiber die Eichel zurfickzustreifen, was
fibrigens nur in ganz geringem Masse mdglich war, sich
die vOllige Intaktheit des von der Vorhaut bedeckten
Teiles der Eichel und des inneren Vorhautblattes ergab.
Ich gestehe nun offen ein, dass ich fiber das Wesen des
Prozesses absolut im unklaren war. Dementsprechend
verordnete ich dem Pat. feuchte Umschlftge mit Liquor
Alum. acet. ffir die Nacht; tagsfiber sollte er 5°/oige
Salizyl-Vaselineverb&nde machen, ausserdem dreimal t&glich
Injektionen mit Hydrargyrum-oxycyanat.-Lfisung (1:4000)
in die Harnrfihre. Als sich der Pat. am 5. Januar 1910
wieder vorstellte, schien der Prozess in seiner Gesamtheit
gfinstig durch die Behandlung beeinfiusst. Die Vorhaut
liess sich etwas weiter zurfickziehen, die Rhagaden auf
der Gians waren fast alle geheilt. Ein Weitergehen der
Entzfindung auf der Vorhaut war nicht zu konstatieren.
Infolgedessen empfahl ich dem Pat., mit der Behandlung fort-
zufahren und nach etwa einer Woche sich wieder vorzustellen.
Letzteres tat der Pat. jedoch erst wieder am 16. M&rz 1910,
und zwar kam er deshalb, weil sich nach anf&nglich an-
dauernder Besserung in den letzten Tagen wieder eine
erhebliche Verschlechterung seines Leidens gezeigt hatte.
Die Untersuchung ergab folgendes: Die Entzfindung auf
der Eichel war unter Hinterlassung einer glatten Narbe
abgeheilt. Die Harnrfihrenmflndung war narbig verengt
und nur noch ffir eine dfinne Sonde durchgfingig. Die
Sekretion war ganz verschwunden; auch der Urin war
klar. Ausgesprochene Ver&nderungen zeigten sich da-
gegen auf dem Prfiputium. Die Entzfindung hatte sich
auf diesem zirkulftr um den Penisschaft herum um etwa
V* cm weiter nach der Radix penis zu vorgeschoben. An
der Grenze nach der gesunden Haut hin zeigte sich eine
Schorfbildung, die ihrer geradezu typischen Beschaffenheit
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Syphilis.
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nach in mir sofort die Ueberzeugung erweckte, dass es
sich hierbei um nichts anderes als um ein IH-Syphilid
(tubero-serpiginOses Syphilid) handeln k&nnte. Dement-
sprechend drang ich erneut in den Pat., mir zu sagen,
ob er denn nicht frflher einmal ein Geschwdr oder etwas
derartiges an den Geschlechtsteilen gehabt habe. Ich sagte
ihm, dass ich zu der Ueberzeugung gekommen wftre, es
handle sich bei ihm bezfiglich seines jetzigen Leidens um
die Folgen einer frOheren syphilitischen Infektion. Und
da gestand denn der Pat. zu, dass er im Alter von 23-
Jahren, also vor nunmehr 26 Jahren, als Soldat eine
,wunde Stelle 4 an der Vorhaut gehabt und deshalb auch
einige Wochen im Lazarett mit grauer Salbe geschmiert
habe. Seit dieser Zeit habe sich aber nichts wieder bei
ihm gezeigt, weswegen er auch nicht mehr behandelt
worden sei. Da ich deutlich heransmerkte, dass der Pat.
an einen Zusammenhang seines jetzigen Leidens mit seiner
damfiligen Erkrankung nicht recht glaubte, schlug ich ihm
vor, zur Erh&rtung meiner Diagnose sich einer Blutunter-
suchung zu unterziehen. Als Antwort darauf holte er
aus seinem Taschenbuch einen Brief hervor, in dem ihm
von einem hiesigen serologischen Institut mitgeteilt wurde,
dass die Untersuchung seines Blutes nach Wassermann
eine stark positive Reaktion ergeben habe. Auf meine
erstaunte Frage, was ihn denn veranlasst habe, sich auf
diese Weise untersuchen zu lassen, gab er an, er habe
davon so viel in der Zeitung gelesen, und ausserdem habe
ihm ein Freund, mit dem er darttber gesprochen habe,
geraten, sich doch auch einmal das Blut untersuchen zu
lassen. Auf die meinerseits nunmehr sofort eingeleitete
spezifische Behandlung mit Hydrargyrum und Jodkali er-
folgte in kQrzester Zeit eine glatte Heilung des Prozesses.
Ich habe gemeint, in solcber Ausfohrlichkeit diesen Fall
beschreiben zu sollen, weil er meiner Ansicht nach in
mehr als einer Hinsicht lehrreich und interessant ist.
Denn einmal wird durch ihn wieder einmal ganz eklatant
bewiesen, dass man sich auf die Aussagen der Pat., auch
wenn es sich um ftltere, vemflnftige und gebildete Menschen
handelt, betreffend frdhere Erkrankungen nur sehr wenig
verlassen kann; femer, dass III-syphilitische Erkrankungen
auch fdr den Geflbteren manchmal infolge ihres vOllig
atypischen Aussehens zu einer Fehldiagnose Anlass geben
kbnnen. Ganz abgesehen davon aber handelt es. sich hier
offenbar um einen Vorgang, der als eine III-syphilitische
Autoinokulation aufgefasst werden muss. Denn nur als
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68
Syphilis.
solche kann der Uebergang des Krankheitsprozesses von
der Eichel auf die Vorhaut erkl&rt werden. Viel inter-
essanter aber dQrfte der Umstand sein, dass das III-
Syphilid nicht auf der Eichel weitergegangen ist, sondern
mit dem Momente, wo es zu einer Kontaktinfektion des
benachbarten Vorhautrandes gekommen war, auf ein Fort-
schreiten auf der Gians verzichtet hat. Was ftkr Ver-
h<nisse die Yeranlassung hierzu abgegeben haben, entzieht
sich vbllig meinem Verst&ndnis. Yielleicht kdnnte man
annehmen, dass Licht und Luft fflr die Weiterentwicklung
des Syphilids als befOrdernde Faktoren in Frage gekommen
sind. Aber auch unter dieser Yoraussetzung ist das Si-
stieren des Prozesses auf der Eichel nicht zu erklftren.
Nach dem bekannten Zusammenhange zwischen S. und
Trauma hfttte man doch eigentlich annehmen mflssen, dass
durch den Druck, den die Yorhaut auf die Gians aus-
ftbte, fflr die Fortentwicklung des Ill-Syphilids auf dieser
die g&nstigsten Yorbedingungen gegeben waren.“
v (Dermatolog. Zentr&lblatt, Mai 1910.)
— E. Langes, Ueber die Salvarsantherapie bei Schwangeren
nnd WSchnerinnen. (Aus der Universitftts-Frauenklinik
Kiel.) Auf Grund seiner Yersuche kommt L. zu folgenden
Schlbssen:
1. Salvarsan ist auch in der Graviditftt ohne Schfi-
digung und mit gutem Erfolge zu verwenden.
2. Die intravenSse Yerabreichung hat sich auch uns
als die beste erwiesen in bezug auf Wirkung und Folge-
erscheinungen.
3. Mdglichst frQh in der Gravidit&t hat die Salvarsan-
verabreichung zu erfolgen. Dann ist
4. die Prognose flir die Gesundheit der Kinder sehr
gfinstig.
5. Sollte w&hrend der Graviditftt keine Behandlung
mit Salvarsan stattgefunden haben, so muss sie gleich
nach der Entbindung erfolgen.
6. Durch die Behandlung der Mutter wird auch die
Lues der Kinder allein durch die Ernfthrung an der
Mutterbrust gfinstig beeinfiusst.
7. Alle Kinder dieser Matter, gleichgaltig ob sie
Zeichen von Lues haben oder nicht, sind an der Mutter¬
brust zu ernfthren.
8. Das Collesche Gesetz hat sich auch uns als falsch
erwiesen. (Medizin. Klinik 1911 Nr. 20.)
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Tuberkulose.
69
Tuberkulose. Die Behandlung der Diarrhoe mit Glu-
tannin. Von Dr. Devaux (Hospital zom Heil. Geist,
Frankfurt a. M.). Glutannin ist eine Tanninpflanzeneiweiss-
verbindung; das darin enthaltene Eiweiss wird aus dem
Weizenmehl gewonnen und ist das nur zu 2°/o im Weizen-
mehl enthaltene wasserl&sliche Albumin. Tabletten a 0,3 g
3—5mal taglich bew&hrten sich sehr bei Darmtuberkulose;
die Wirkung trat meist schon nach 2—3 Tagen ein.
Auch bei einfachen, nicht tuberkulSsen Darmkatarrhen
wirkte das Mittel nach 1—2 Tagen prompt.
(Munch, med. Wochenechrift 1911 Nr. 32.)
\
— Ueber Anwendnng von Novojodin bei chirorgscher T. be-
richtet Dr. Drachter (Univers.-Kinderklinik Mflnchen).
Am meisten wurde das Pr¶t verwendet bei tuberku-
lSsen Erkrankungen, so insbesondere bei T. der Knochen
und Gelenke, bei tuberkuldser Caries der Bippen und des
Sternums, Spina ventosa, Caries der Fuss- und Handwurzel-
knochen, Caries der Sch&delknocben, T. der Wirbels&ule
und des Beckens; auch bei T. der Weichteile wurde aus-
giebige Anwendung von dem Mittel gemacht, insbesondere
bei tuberkulSsen Fisteln, bei zahlreichen tuberkulSsen
Weichteilabszessen und insbesondere auch bei T. der Ge-
lenkweichteile, wie der Hlifte, des Knies, des Ellbogens,
des Fussgelenkes. In der Behandlung der offenen T. mit
Eiterung hat sich das Novojodin als ein Pr¶t erwiesen,
das in hohem Masse die eitrige Sekretion reduziert, die
Austrocknung auch grosser eiternder Wundflfichen und
WundhShlen begiinstigt und insbesondere relativ rasch
von den Wundrandern her die Bildung von hellroten,
frischen, gesunden Granulationen anregt. Grosse tuber-
kulSse Wundhdhlen fQllte man mit Novojodinsuspension
aus, so dass dasselbe in alle Wundwinkel bequem ein-
dringen konnte, oder benutzte zur Tamponade dieser
HShlen die Novojodingaze oder gewShnliche in Novojodin
getauchte aseptische Verbandgaze. So gut wie ausnahms-
los war ein Nachlassen der Eitersekretion zu bemerken.
Die toten, mit schmierigem Belag bedeckten, reaktionslos
aussehenden tuberkulSsen Wunden sind seit der Novojodin-
behandlung entschieden seltener geworden. Auch in der
Behandlung der offenen Gelenktuberkulose wurden mit
Novojodin ausschliesslich gute Erfahrungen gemacht. Einen
besonderen Vorzug des Novojodins mfissen wir darin er-
blicken, dass es nicht nur selbst vSllig geruchlos ist,
sondern in hohem Masse desodorisierend wirkt, eine Eigen-
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70
Tuberkulose — Tamoren.
schaft, die wohl der Wirkung des Formaldehyde zuzu-
schreiben ist. Schon beim ersten Yerbandwechsel &usserst
fOtiden Eiter sezernierender Wunden macht sich diese
wertvolle Eigenschaft bemerkbar. Dabei scheint das neae
Pr¶t vOllig reizlos und ungiftig zu sein. Obwohl
man dasselbe n&mlich bisweilen in grossen Mengen auch
bei ganz kleinen Kindern mit sehr zarter Haut applizierte,
warden doch nie Beizerscheinungen der Wunden oder
deren Umgebung beobachtet. Ebenso sind keine Erschei-
nangen aafgetreten, die in irgendwelcher Weise auf
durch Resorption zurflckzufOhrende eventuelle Intoxika-
tionen zurGckzufOhren gewesen w&ren. Novojodin ist, so-
weit man dies bis jetzt beurteilen kann, ein gut haltbares
Pr¶t, wenigstens in trockenem Zustand und bei ge-
wOhnlicher Temperatur. Hobe Hitze vertr> es dagegen
nicht. Es kann nicht im str&menden Wasserdampf steri-
lisiert werden, sondern muss dem etwas umstfindlichen
Verfahren der fraktionierten Sterilisation unterzogen werden:
in 24stOndlichen Intervallen dreimal Erhitzung je eine
Stunde lang auf 70—80° C. An und for sich ist das
Pr¶t nach den Untersuchungen des Wiener hygie-
nischen Institute schon stark bakterizid, und von anderer
Seite wird berichtet, dass das Novojodin das Wachstum
des Staph, pyog. aur. in einer VerdOnnung von 1:1000,
das des Strept. pyog. aur. in VerdOnnung von 1:10000,
des Bact. coli und fthnlicher Arten in VerdOnnung von
1:1000 verhindere. BeizufOgen w&re noch, dass das
Novojodin in seiner. Yerwendung ziemlich billig zu stehen
kommt, jedenfalls erheblich billiger als Jodoform.
(ZentrslbUtt f. Ohirurgie 1911 Nr. 94.)
Tumopen. Fttnf Miaserfolge mit Antimeristem (Schmidt)
teilt Privatdoz. Dr. P. Sick (Chirurg. Klinik des Diako-
nissenhauses in Leipzig) mit. Es handelte sich um inoperable
F&lle. In keinem Falle Erfolg (nicht einmal vorflber-
gehender), Injektionen als sehr qu&lend geschildert (sie
lOsten stets st&rkere EntzOndungserscheinungen aus).
(M tin oh. med. Woohensohrift 1911 Nr. 25.)
— TJeber akute schmermhaftc aymmetriache Lipomatoae. Yon
Dr. J. Elinkowstein (Krankenhaus der JOd. Gemeinde
zu Berlin). Bei einem 23j&hrigen M&dchen entwickelte
sich innerhalb weniger Tage eine Reihe von kleinen
Knoten, die sich als Lipome erwiesen. Sie waren bei
Druck und auch spontan so schmerzhaft, dass Pat. grosse
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Tumoren.
71
Dosen von Narcoticis erhalten rausste. Fast alie hatten
einen symmetrischen Sitz. Die Knoten warden dann
kleiner, persistierten jedoch, w&hrend die Schmerzen ver-
schwanden. (Medlain. Klinik 1911 Nr. 84.)
— Die Behandlung des inoperablen Uteruskarzinoms mit-
Azeton. Yon Dr. G. Gellhorn (Barnard Free Skin and
Cancer Hospital in St. Louis). Zun&chst wird in Narkose
das Karzinom energisch ausgekratzt. Dazu bedient man
sich mit Yorteil des von Boldt angegebenen scharfen
Loffels von besonders grossen Dimensionen. Nunmehr
wird die Pat. in Beckenhochlagerung gebracht, die Nar¬
kose wird unterbrochen, ein Milchglasspekulum wird in
den Krater eingefGhrt, und 2—3 EsssQffel reinen Azetons-
werden in das Spekulum gegossen. Die Blutung steht
sofort. Nur wenn ein grosseres Geffiss erOffnet worden
ist, bleibt die Blutstillung aus, dann ist naturlich feste
Tamponade am Platze. Eine derartige Komplikation ist
Autor bisher nur einmal passiert. In alien anderen
Fftllen wird durch Senken des Spekulums und vorsiclitiges
Auswischen nach etwa 10 Minuten der neugebildete Blut-
klumpen entfernt und neues Azeton eingefQllt, das weitere
20 Minuten auf die frische Wunde einwirkt. Jetzt wird
der Tisch wieder gesenkt, das Qberschfissige Azeton rinnt
aus dem Spekulum heraus, das letztere wird entfernt
und die Vulva mit Wasser oder Sublimatldsung abgesptllt.
Man kann auch vorber in die Wunde einen Gazestreifen
einlegen, der dann am n&chsten Tage herausgezogen wird.
GewOhnlich bleiben die Pat., falls sie nicht zu sehr aus-
geblutet sind, zwei oder drei Tage im Bett und werden
vom fOnften Tage nach der Operation ambulant weiterbe-
handelt. Diese Nachbehandlung gestaltet sich einfach der-
art, dass die Pat. sofort in Beckenhochlagerung gebracht
werden und dass ein Milchglasspekulum direkt in den
Krater eingeschoben wird. Das Azeton wird ohne vor-
heriges Auswischen in die Rbhre eingef&llt. Die Pat.
halten das Spekulum selber an seinem Platz etwa 30 Mi¬
nuten lang. Soweit ist die Behandlung g&nzlich schmerz-
frei. Bei der Entfernung des Azetons und des Rdhren-
spekulums ist es aber durchaus notwendig, zu verhQten,
dass selbst minimale Reste des Azetons die Yulva be-
rfihren, da sonst ein fast unertr&gliches Brennen empfunden
wird. Autor schtitzt sich gegen dieses unliebsame Ereignis r
indem er die Aussenseite des Spekulums dick mit Vaseline
bestreicht und indem er nach Auslaufen des Qberschdssigen
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72
Tumoren.
Azetons mehrmals wassertriefende Wattetupfer in den
Krater einfOhrt und w&hrend dieser Prozedur langsam
das Spekulum entfernt. Unter Beobachtung dieser einzigen
Vorsichtsmassregel 1st die gesamte Behandlung durcbaus
schinerzios. In der beschriebenen Form wird die Nach-
behandlung mebrere Wochen lang in 2—dt&gigen Ab-
st&nden ausgefGhrt. In den meisten Fallen verkleinert
sich der Krater so schnell, dass immer dtinnere Spekula
ndtig werden. Autor hat b&ufig nach. 6—8 Wochen
nnr noch einen Katheter oder eine TrokarhOlse ein-
fGhren kOnnen. GewOhnlich verschwinden die hervor-
stechendsten Symptome, also entweder Blutung oder
stinkender Ausfluss, nach wenigen Wochen, manchmal
schon nach einer Woche. In diesen Fallen findet die
Behandlung nur zweimal wOchentlich statt, um in be-
sonders gOnstigen Fallen auf eine einmalige wdchentliche
Applikation reduziert zu werden. Hin und wieder hat
Autor sogar die Behandlung mehrere Wochen lang ganz
aussetzen kdnnen. Wo aber der Erfolg der Behandlung
nicht gleich ausgepragt war, oder wo das Karzinom
Neigung zu ausgedehnterem Zerfall zeigte, empfiehlt es
sich, nach 4—6 Wochen eine zweite Ausschabung in
Narkose folgen zu lessen.
(Zentralblatt f. Gyn&kologie 1911 Nr. 85.)
— Spontanea Verschwinden flacher Warsen an der einen Hand
nach Abtragung solcher an der anderen Hand. Von
Prof. Dr. L. Waelsch (Prag). Zwei Fftlle hat Autor be-
obachtet. Eigenartig war bei beiden Fallen, dass nach
einseitiger Entfernung kleiner Hautgeschwfilste, die sich
an symmetrischen Stellen entwickelt hatten, gleichartige
auf der anderen Seite spontan in einem Zeitraum von
vier Wochen verschwanden. Eine vollkommen zureichende
Erkl&rung dafQr abzugeben, ist Autor derzeit nicht in
der Lage. Wir wissen nach den bekannten Versuchen
Kreibichs, dass unter bestimmten Umst&nden durch einen
an einer Hautstelle gesetzten Reiz Verfinderungen angio-
neurotischer Natur an der symmetrischen Hautstelle auf-
treten kdnnen. Hier handelt es sich aber nicht um das
Hervorrufen von Effloreszenzen an einer symmetrischen
Stelle durch einen gesetzten Reiz, sondern im Gegenteil
um das Verschwinden von Hauteffloreszenzen nach Be-
seitigung symmetrisch lokalisierter gleichartiger. Vielleicht
wird diese Beobachtung durch folgenden Erklftrungsver-
such unserm VerstSndnis etwas nfiher gerQckt: Durch
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Tumoren — Vermiachtes.
73
die Abtragung der Warzen und die nachfolgende Lapia-
tuachierung wird ein ziemlicher EntzQndungsreiz gesetzt;
es iat mOglich, daaa dieaer ala va8omotori8cher Reflex im
Sinne Kreibicha auf die andere symmetrische Seite fiber-
tragen wird und dort allm&hlichea Yerachwinden der Warzen
bewirkt, die, wie wir wiaaen, auf entzfindliche Reize auch
achon geringen Gradea (Erfrierung, Chryaarobin) aich
zurfickbilden. Experimented welche dieaen Erklfirungs-
verauch atfitzen aollen, aind im Gange.
(Mtinch. med. Woehenschrift 1011 Nr. 87.)
Vermischtes.
Die Bier ache Stannng dea praktischen Arztes. Von Dr.
J. Michalski (Wetzikon): „Zweck dieaer Arbeit 8oll
aein, zu zeigen, daaa die Bier ache Stauung auch vom
praktischen Arzte mit grossem Vorteil angewendet werden
kann, wenn er aich die Mfihe nimmt, aich in das Weaen
der Hyperfimiebehandlung hineinzuarbeiten, und daaa auch
er dieseibe gem benutzen wird, wenn er sich nicht ver-
leiten lftast, mehr zu verlangen, ala diese Behandlungaart
leisten kann. Da nur das, was der praktische Arzt in der
Sprechstunde und in der Hauapraxis durchfQhren kann,
hier zu beaprechen iat, so fftllt von vornherein die aktive
Hyperftmie mit ihren groaaen und komplizierten Heiaaluft-
apparaten weg, und es bleibt uns nur die Saugglocke und
die Stauungsbinde. Auf die ins Ungeheure angewachsene
Literatur fiber die Bier ache Stauung einzugehen, hat ffir
den praktischen Arzt keinen Wert. Wer aich in diese
Materie einarbeiten will, der flndet alles, was er braucht,
in dem Buche von Bier: ,Hyperftmie ala Heilmittel‘, daa
im Jahre 1907 in 6. Auflage erschienen iat und wohl
auch fernerhin in neuen Auflagen daa jeweilen neu Er-
worbene bringen wird. Aus eigener Erfahrung mfichte
ich dem praktischen Arzt sehr empfehlen, aich mit dem
bis jetzt aicher Erworbenen zu begnfigen und die Er-
weiterung des Gebietea den Klinikern zu Qberlassen, an-
sonst ihm sehr unangenehme Ueberraschungen nicht erapart
bleiben werden. Icli will versuchen, vom Leichteren zum
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74
Vermischtes.
Schwereren flbergehend, dem Anf&nger einen Wegweiser
zu bieten, der ihn vor Misserfolgen m&glichst bewahren
soil. Von den beiden uns zur Verfflgung stehenden
Hyperftmiemitteln ist unbedingt die Saagglocke in ihrer
Tecbnik bedeutend einfacher. Klapp, der dieses Gebiet
speziell ausgearbeitet hat, gibt liber die Technik folgende
Vorschriften: ,Die Saagglocke wird auf die zu behandelnde
Stelle gesetzt und mittels des Gummiballons oder der
Handlaftpampe die Luft in jener verdfinnt. Die Luftver-
dflnnung darf nie so stark sein, dass der Fat. Schmerzen
empfindet, und lasse man sicb darch gar keine anderen
Ueberlegungen leiten als nur durch die Angaben des Pat.
Nacb fftnf Minuten Saugung tritt eine Pause von drei
Minuten ein, damit das in den Gef&ssen gestaute Blut
wieder abfllessen und durch 'neues ersetzt werden kann.
Dann wird wieder w&hrend fOnf Minuten gesaugt usw., bis
nach S U Stunden die Bebandlung fdr ein Mai erledigt ist.
Diese Prozedur wird anfftnglich t&glich, sp&ter, je nach dem
Erfolg, in immer grOsseren Zwischenr&umen appliziert.
Die Saugglocken sind stets absolut steril zu halten und
nach jedem Gebrauch auszukochen; die Gummiballons
und Schl&uche brauchen nur ausgekocht zu werden, wenn
sie verunreinigt sind. Die Saugglocken werden in Sublimat-
lOsung aufbewahrt. Vor und nach der Behandlung muss
die Haut jeweilen mit Benzin oder Aether gereinigt werden,
und os empfiehlt sich, bei akuten eiternden Prozessen,
dieselbe w&hrend des Saugens mit einer dflnnen Schicht
von Lanolin oder Vaselin zu bedecken, damit sie nicht
irritiert wird. 1 Klapp und Eschweiler verlangen, dass
diese Behandlung stets unter firztlicher Aufsicht durch-
gefdhrt wird. Es ist nun dem praktischen Arzte schlechter-
dings unmOglich, einem Pat. t&glich fast eine Stunde zu
widmen, und es kann die Ueberwachung der Prozedur
ganz vertrautem Hilfspersonal, z. B. der Dorfkranken-
schwester, flbergeben werden, doch warne auch ich un¬
bedingt davor, ohne weiteres jedem Pat. die Saugglocke
in die Hand zu geben. Schon seit Jahren habe ich bei
leichteren Erkrankungen die Saugglocke t&glich nur fdnf
Minuten angewendet und bin ich mit den erzielten Erfolgen
zufrieden. Das Aufbewahren der Saugglocken in der
SublimatlOsung beansprucht sehr viel Platz, da ja ver-
schiedene Formen und Grbssen vorr&tig gehalten werden
mdssen, auch ist ja die Luftinfektion heutigen Tages nicht
mehr so gefdrchtet; mit der Aufbewahrung der ausgekochten
Glocken im hermetisch verschlossenen Instrumentenschrank
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V ermischtes.
75
babe ich bisher noch keine schlechten Erfahrungen ge-
macfat. In der Sprechstunde bediene ich mich statt des
Gummiballons der von Strauss empfohlenen Wasserstrahl-
luftpumpe, die von der Firma Emil Jabnsen in Barmen
geliefert wird und die mir vorteilhaft erscheint, da sich
bei derselben die Saugkraft viel besser regulieren lfisst.
Durch die Saugglocke erzengen wir eine kr&ftige Hyperfimie,
und zwar nicht nur an der Oberfl&che. Die Wirkungen
der Hyperfimie auf die betroffenen KOrperteile werden bei
der Besprechung der Staunngsbinde zu behandeln sein.
Die Glocke wirkt auch krfiftig saugend, was zur Ent-
fernung des Eiters aus den Geweben vorteilhaft ist und
wodurch das AusdrGcken des Eiters unnStig wird. Bier
u. a. empfehlen zwar, den Eiter auszudrficken, und gebe
ich gerne zu, dasB die gedbte, gefQhlvolle Hand des
Chirurgen dies auszufhhren wohl imstande ist; dass aber
dieses* AusdrGcken oft und viel grossen Schaden anrichtet,
wird mir wohl jeder Chirurg zugeben und wird es mit
mir begrftssen, wenn die unsch&dliche Saugglocke dafflr
eintritt. Auch wird der scharfe LOffel, dieses Marter-
instrument, auf dessen Gefahren Gbrigens noch zurfick-
zukommen ist, vollstftndig GberflGssig. Das dankbarste
Feld for die Saugglocke bieten die Furunkel und Kar-
bunkel, und wer schon Gelegenheit hatte, hierbei diese
Heilungsmethode anzuwenden, wird sie kaum mehr missen
wollen; gerade hier begegnen wir in der Literatur wahren
Lobeshymnen. Kommen diese Affektionen frGbzeitig in
Behandlung, bevor sie ^eif 1 geworden sind, so gelingt
es oft, innert 2—3 Tagen, nur mit Hilfe der Saugglocke
allein, vollstfindige Heilung zu erzielen. Im sp&teren
Stadium genfigt die StichinzisionT unter Chlorftthylspray, wie
dies u. a. von Frangenheim besonders hervorgehoben
wird. Pat., welche schon die frGhere Behandlung: Kreuz-
schnitt und nachherige Auskratzung mit dem scharfen
Lftffel durchgemacht haben, sind der neuen Heilmethode
ausserordentlich dankbar und anerkennen freudig die Vor-
teile, die da sind: Schmerzlosigkeit und wesentlich kfirzere
Heilungsdauer. Panaritien, warme und kalte Abszesse,
vereiterte Bubonen bieten ebenfalls gGnstige Chancen. Eine
Krankheit mOchte ich vor allem hervorheben und sie dem
praktischen Arzte zur Saugglockenbehandlung warm an-
empfehlen: die Mastitis. Im frfthen Stadium kann oft
auch hier die Saugglocke allein eine Heilung erzielen,
doch muss hier die tfigliche dreiviertelstfindige Saugung
nach den Klappschen Vorschriften angewendet werden.
6 *
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76
Vermischtes.
Wie Jaschke habe auch ich die Erfahrung gemacht, dass
das Stillen nicbt ausgesetzt zu werden braucht, und erapfinde
ich dies als einen sehr grossen Vorteil. Zeigt sich an
irgendeiner Stelle Fluktuation, so wird durch eine kleine
Inzision dem Eiter Abfluss geechaffen, and empfinden die
Pat. den Wegfall der grossen verstfimmelnden Narben
sehr wohltuend, wie dies u. a. von McLennan ge-
schildert wird. Bei einer interstitiellen, chronischen Mastitis
ist es mir gelungen, innert vier Wochen jede Spur von
Verh&rtung zum Verschwinden zu bringen. Die Schmerzen
in der Narbe nach der Appendizektomie, die ja jedem
Hausarzt bekannt sind und oft schon den Arzt etwas zurfick-
haltender machten bei der Empfehlung zur Operation,
werden durch die Saugglocke nach der Erfahrung von
Jerusalem rasch zum Verschwinden gebracht. Bei Faden-
eiterungen und Fisteln aller Art wird die Behandlungs-
dauer ganz entschieden abgekQrzt, und kaan ich Klapp
unbedingt zustimmen, dass nie eine Sekund&rinfektion auf-
tritt, wie dies beim Ausschaben mit dem scharfen L6ffel
h&ufig vorgekommen ist, besonders wenn derselbe, was
auch heute noch beobachtet werden kann, offen in der
Tasche mitgeschleppt wird, wozu sich die Saugglocke,
dank ihrer Zerbrechlichkeit, nicht eignet. Die Stauungs-
binde, die Bier empfiehlt, ist eine weiche Gummibinde,
welche in der gewQnschten Form von der Firma Eschbaum
in Bonn in den Handel gebracht wird. Sie wird zentral-
w&rts der affizierten Stelle angelegt und so stark angezogen,
dass sie eine deutliche Blutstauung hervorbringt, aber
nie dem Pat. Schmerzen oder Parftsthesien verursacht.
Auch hier muss speziell auf das Gefdhl des Pat. abgestellt
werden, und darf sich der Arzt nicht dazu hinreissen
lassen, nach seinem GefQhl zu behaupten, die Binde
sitze nicht zu fest. Wie Sch&ffer bin auch ich der
Ansicht, dass die Technik der Bindenanlegung nicht leicht
ist, und wird wohl jeder Arzt erst nach einigen Miss-
erfolgen sich dieselbe ganz aneignen kOnnen. Nur prak-
tische Uebung fQhrt hier zum Ziel, doch kOnnen einige Merk-
punkte wertvolle Dienste leisten: Der Puls muss deutlich
fdhlbar bleiben; die Hautvenen treten stark hervor; die
Haut im gestauten Gebiet zeigt eine rbtliche bis rot-
bl&uliche Farbe, bftufig leicht marmoriert, doch ddrfen
keine Flecken auftjreten; die Hauttemperatur soli eher
etwas erhOht werden, auf keinen Fall tiefer sein. Es
empfiehlt sich, am Oberarme nach dem Vorschlage Blechers
die Binde in Beugestellung anzulegen. FQr den Ober-
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Vennischtee.
77
schenkel ist am zweckm&ssigsten die Marti nsche Binde
oder bei besonders fettleibigen Personen der Henlesche
Schlaucb, dessen Druckwirkung durch Einblasen von Luft
genau reguliert werden kann. Zur Erzeugung der Stau-
ungshyperfimie beim Hoden legt man an die Basis des
Hodensackes fiber tfichtige Polsterung einen Gummisbhlauch,
der aber nach Empfehlung von Bier nie l&nger als zwfilf
Stunden liegen soil. Ffir die Ausffihrnng der Schulter-
stauung empfiehlt Klapp folgendes einfacbe Ye^fahren:
,Die beiden Enden eines fingerdicken, weichen Gumroi-
schlauches werden ineinander gesteckt and fest vernfiht.
Der Gummischlauch wird mit weichem Filz umn&ht, damit
er nicht drfickt. Der aus dem Gumrpischlauch gefertigte
Ring muss so eng sein, dass er sich nur schwer fiber die
Schulter ziehen lfisst. Damit er weit fiber das zu hyper*
fimisierende Gelenk hinQbergreift, wird er auf der Vorder-
und Hinterseite von einem breiten, durchwirkten Gummi-
band erfasst und nnter Zug unter der gesunden Schulter
zusammengeschnallt.* Am Halse wird am besten ein
Gummib&ndchen in der Art der bekannten Strumpfb&nder
angelegt. An dem einen Ende wird ein H&kchen an*
gebracht, an dem andern eine ganze Reihe von dicht neben*
einander liegenden Oesen, so dass der Druck genau re¬
guliert werden kann. Die Gummibinde muss bei alien
Affektionen, bei denen wir sie anwenden, anffinglich 20
bis 22 Stunden liegen bleiben mit Ausnahme bei der
Tuberkulose, die eine gesonderte Besprechung verlangt.
Daraus ergibt sich, dass sie mfiglichst nicht an gleicher
Stelle anzulegen und zu unterpolstern ist, was durch einige
Touren mit der Mullbinde genfigend ausgeffihrt werden
kann. Ohnedies lfisst sich auch mit ,der gewOhnlichen
Mullbinde die Biersche Stauung ganz nett erreichen, nur
muss vor allem hier darauf geachtet werden, dass die
Binde breit angelegt wird, damit dieselbe nicht schrumpfen
und einschnfiren kann. Ich mfichte sogar dem Anffinger
empfehlen, die Stauung zuerst mittelst der Mullbinde her-
vorzurufen, da die Gefahren fQr zu starke Stauung ent*
• schieden geringer sind als bei der Gummibinde. Guth
wendet Heftpflasterstreifen an, die recht fest angezogen
werden dfirfen, doch ist das tfigliche Abnehmen derselben
empfindlichen Pat. nicht sehr sympathisch. Nach Abnahme
der Binde muss das betreffende Glied hoch gelagert werden,
damit das Oedem mOglichst vollstfindig abfliessen kann.
Der Arzt scheue die Mfihe nicht, die Binde stets selber
anzulegen, denn, da es viel Uebung braucht, wird er nur
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78
Vermischtes.
schlechte.Erfahrungen macben kdnnen,wenn er dies Laien-
h&nden tibergibt. Die Wirkung der Stauungsbinde ist die
,passive Hyperfimie 4 , wie sie Bier bezeichnet hat, welche
£olgende Erscheinungen aufweist: Wie durch jede Hyper-
ftmie, so wird auch durch die Stauung der Schmerz auf-
* gehoben oder wenigstens erbeblich gelindert. Die Resorption
wird bedeutend herabgesetzt, solange die Binde liegt,
was bei fieberhaften Krankheiten zu raschem Temperatur-
abfall fflhrt. Es wird in der Regel ein sehr starkes Oedem
erzeugt, woran beim Anlegen der Verbffnde gedacbt werden
muss, damit nicht sch&dliche Einschnbrungen entstehen
kftnnen. Offenbar ist auch die bakterizide Wirkung, wie
sie durch die praktische Erfahrung von Bier nnd durch
die Versuche vonN&tzel bewiesen wurden, nicht gering
anzuschlagen. Es scbeint, dass flberhaupt alle Gifte in
ihrer Wirkung abgeschwftcht werden, wie die Versuche von
Czylharz und Donath zeigen. Die ern&hrende Wirkung
auf die Gewebe wurde zu allererst anerkannt und von
Dummreicher, Helferich, Thomas bei der verzOgerten
Kallusbildung, von Ritter bei Erfrierung in praxi vorteil-
haft verwendet. Wohl die schOnsten, geradezu verblflffen-
den Erfolge erzielt die Stauungsbinde beim akuten Gelenk-
rheumatismus, besonders gonorrhoischer Natur. Die Pat.
sind imstande, ihren gewohnten Verrichtungen nachzu-
gehen, da sie keine Schmerzen haben, und dadurch wird
die Yersteifung der Gelenke mehr als bisher ausgeschaltet.
Yon den Salizylpr¶ten neben der Stauung habe ich
mich noch nicht emanzipiert, doch beschreiben Bier,
Bone, Harvier u. a. vollkommene Heilung bei der An-
wendung der Binde allein. Bei Parulis, Panaritien und
alien andern EntzQndungen gehen die krankhaften Er*
scheinungen unter der Einwirkung der Stauungsbinde
rasch zurdck. Warme Abszesse verwandeln sich zuerst
in kalte und kdnnen vollstftndig verschwinden, wie Bier
dies gezeigt hat. Dem praktischen Arzte ist aber zu
empfehlen, diese Experimente nicht nachzuahmen, sondern
stets der alten Lehre eingedenk zu sein: ubi pus, ibi evacua.
Eleine Stichinzisionen in diese Abszesse gen&gen voll¬
stftndig, und ist bei diesen Affektionen die Kombination
der Stauungsbinde und der Saugglocke von bestem Er¬
folge begleitet. Gerade bei diesen Ffillen hat mir die
nur fflnf Minuten lange Applikation der Saugglocke, dank
der Entfernung des Eiters und der Pfrdpfe, sehr gute
Dienste geleistet. Sehr gute Erfolge habe ich zu ver-
zeichnen Gelegenheit gebabt beim Erythema nodosum und
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beim Erythema exsudatiyum multiforme. Bitter empfiehlt
die Stauung am Halse gegen Erbrechen nach der Narkose;
ich habe keine Erfolge damit erzielt, was vielleicht meiner
Aeng8tlichkeit zuzuschreiben ist. Es wird auch empfohlen,
die Stauung prophylaktisch an zu wen den bei als infiziert
verd&chtigen Wunden; hier ist es natflrlich schwer, fiber
Erfolge zu berichten.* 4 (Sohluss folgt.)
(Oprrespondensblatt f. Sohweiser Aerate 1910 Nr. 30.)
— Elastische Metallkatheter. Von Dr. F. B. Solger (Rostock).
Der vom Autor zur Benutzung vorgeschlagene Katheter
ist nach Art des Bleisti ft halters n Da b&ngt er w verfertigt,
allerdings nur in dem beweglichen Teil, der die Urethra
posterior iu passieren hat. Das EndstQck ist ein mas-
sives Bohr. Der Katheter besteht demnach aus einem
beweglichen Spiraldraht, der in ein starres Rohr fibergeht.
Er unterscheidet sich von fihnlichen Kathetern dieser Art
darin, dass die Spiralwindungen nicht kantig aneinander
schliessen, sondern dass dem Spiraldraht seine ursprfing-
liche runde Oberflfiche absichtlich belassen worden ist,
weil Verwundungen, Kratzeffekte usw. dadurch am besten
vermieden werden. Autor hat das Instrument wiederholt
zum Katheterisieren benutzt und es durchaus brauchbar
gefunden. Nach seiner Ansicht ersetzt es weiche Gummi-
und Seidenkatheter uhd hat vor ihnen den Yorzug, dass
es ausgekocht werden kann, ohne in der Struktur ge-
sch&digt zu werden. Einige Kollegen, denen Autor den
Katheter vorffihrte, schlugen eine Modifikation mit Mer-
cierkrfimmung vor. Eine solche ist in Arbeit genommen.
Die Herstellung hat Kunde in Dresden, der Erfinder des
Bleistifthalters, Qbernommen.
(Dermatolog. Zentralblatt, April 1911.)
— Gegen Pruritus soli nach J. W. Miller fdtgendes Liniment
sehr gute Result ate geben:
Resorcin 2,5
Ichthyol 5,0
Bals. peruv. 15,0
01. ricin. 120,0.
(Rif. med. 1911 Nr. 24. — Mediz. Klinik 1911 Nr. 86.)
— Gynoval hat Nervenarzt Dr. O. Aronsohn (Berlin) mit sehr
zufriedenstellenden Erfolgen angewandt und empfiehlt das
Prfiparat (Flakons mit 25 Perlen 4 0,25 g) fiberall da,
wo Baldrian therapeutisch indiziert ist.
(Uedisin. Klinik 1911 Nr. 86.)
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— Zur Methodik dor Venenpnnktion und der intramteen
Injektionen schreibt Dr. E. Sachs (Kgl. Universit&ts-
Frauenklinik KOnigsberg). „Die in Nr. 8 dieser Wochen-
schrift unter dem gleichen Titel verOffentlichte Arbeit von
Moritz gibt uns Veranlassung, anf eine Methode hinzu-
weisen, die an Einfachheit wohl die von Moritz heschrie-
benen und die sonst gebrftuchlichen Obertrifft, vor allem
den Vorteil hat, Qberall improvisiert werden zu k tauten.
Wir haben sie seit Jahren bei mehreren hundert Yenen¬
punktion en angewandt, und sie hat auch in den H&nd.en
anderer Kollegen, die sie von nns hbernommen haben, nie
versagt. Diese Methode besteht darin, dass man vor oder
nach der ttblichen Desinfektion der Elfonbogenbeuge ein
etwa 8 cm breit zusammengelegtes Tuch, das so geknotet
ist, dass e8 bequem am Arm liegt, mit einem bindurch-
gesteckten Instrument (Kornzange, Mundspatel, Loffel oder
dergleichen) so lange zudreht, bis der Radialispuls gerade
im Verschwinden ist. Bei einiger Vorsicht macht diese
Methode dem Pat. keinerlei Beschwerden, besonders wenn
man es vermeidet, das Instrument am Knoten selbst hin-
durchzustecken und beim Drehen eine Hautfalte einzu-
klemmen; der Kranke kann — falls die Art seiner Er-
krankung es nicht hindert, das zum Drehen verwandte
Instrument selbst halten. Der Yorteil dieser Methode ist
ein vielfacher. Einmal lfisst sich der Druck jederzeit mit
Leichtigkeit variieren, durch wiederholtes Oeffnen und
Schliessen kann man die Yenen leicht zur besseren Follung
bringen, vor allem aber kann man bei intravenbsen In¬
jektionen durch. Loslassen oder durch Zurdckdrehen ohne
jede Verschiebung des Armes, die bei Verwendung einer
Gummibinde unvermeidlich ist, die Gefftsse vom Druck
entlasten, so dass die in der Yene liegende Handle durch-
aus sicher liegen bleibt. Bei alien anderen Methoden,
bei denen Scharniere oder Schnallen verwandt werden,
gehdrt zum Oeffnen bei liegender Nadel noch ein Gehilfe,
zum mindesten gehdrt Vorsicht dazu, die Nadelspitze nicht
zu verschieben. Als Spritze haben wir als beste die
Luersche Glasspritze kennen gelernt, die vor den Rekord-
spritzen zwei Yorteile hat. Einmal die bessere Fdhrung,
die der Glaskolben in der Glasspitze hat. Der Metall-
kolben der Rekordspritze hakt ab und zu doch einmal
fest. Von besonderem Vorteil aber schien uns stets der
Glaskonus der Luerschen Spritze, da man sofort wfihrend
des Einstechens in die Yene das Blut in den Glaskonus
einfliessen sieht und dadurch jedes Durchstossen der Yenen-
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wand absoltit sicher vermeiden kann. Ebenso wie Moritz
kftnnen auch wir empfehlen, zur Entnahme grbsserer
Mengen mit der Spritze erst die Spritze vollsaugen zu
lassen, dann den Sterapel herauszunehmen und nun den
Spritzeninhalt und das nachfliessende Blut in einem an-
deren Gefftss aufzufangen. Dabei arbeitet man v5llig
steril and kann jede Beschmutzuug vermeiden, um so mebr
als nach Lbsung des Tuchknebels und nach Entfernung
der KanQle bei hocherhobenem Arm aus der Vqne kein
Tropfen Blut mehr auszutreten pflegt.“
(Mtinch. med. Wochensohrift 1911 Nr. 27.)
— Klotz, Erfahrangen liber die tberapeutische Verwendnng
▼on Bolus alba und Kohlens&urescbnee. Es erschien
wGnschenswert, die Mitteilungen Gbrners bezQglich der
Bolusverwendung bei akuten Ern&hrungsst6rungen von
S&uglingen einer Nachprfifung zu unterziehen. Die Bolus
alba wurde im Jahre 1908 in geeigneten Fallen auf der
S&uglingsstation der Breslauer Kinderklinik, besonders
aber an dem grossen poliklinischen Material verwendet.
Ueber die therapeutischen Ergebnisse waren die einzelnen
ordinierenden Aerzte insofern einig, als von verbltkffenden
Erfolgen wohl nicht gesprochen werden konnte. Von der
Station verschwand das Boluswasser auch allmfthlich wieder,
ein Zeichen, dass es den gehegten Erwartungen nicht ent-
sprochen hatte. Sch&digungen wurden dagegen niemals
beobachtet. Die S&uglinge nahmen im allgemeinen die
Bolusaufschwemmung nicht ungern; solche der ersten drei
Monate bekamen 5,0 Bolus auf 10—15 Strich Saccharin-
wasser; von 3—6 Monaten das Doppelte und jenseits des
ersten Halbjahres das Dreifache der Anfangsdosis. E. hat
nicht den Eindruck gewonnen, dass unter dieser Behand-
lung die Durchf&lle akut ernfthrungskranker S&uglinge
frflher zum Stillstand kamen als unter der sonst bblichen
Teedi&t. Ein Punkt war es jedoch, der ihn veranlasste,
die Bolus poliklinisch nicht mehr zu verwenden: der
Charakter der StGhle wurde gewissermassen durch die
Tonerde kachiert. Die F&zes sahen sehr bald nach der
Bolusdarreichung gut gelb gef&rbt, salbig aus, rochen
wenig oder gar nicht. Geringe Schleim- oder Blutbei-
mengungen entzogen sich der Wahmehmung. Die Schminke
durch die Bolus erschwerte somit oft die richtigeEinsch&tzung
und Beurteilung eines Stuhles. Andererseits ergibt sich aus
dieser Feststellung folgendes. Wo abundante, schleimig-
eitrige Entleerungen bestehen, und es dem Praktiker dar-
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auf ankommt, durch einen ftusserlich gut aussehenden Stuhl
des erkrankten Sftuglings die auf dieseh Effekt besonders
ftngstlich urgierende Umgebungzu beruhigen, da empfiehlt K.
ihm, Bolus zu verabreichen. Aber mehr als symptomatische
Erfolge erwarte er nicht von dieser harmlosen Therapie.
Bei Meteorismus des Sftuglings hat K. ebenfalls keinen
gesetzm&ssigen oder in die Augen fallenden Effekt gesehen.
Wenn, wie so h&ufig in der Pathologie des Sftuglings, der
Meteorismus nicht so sehr abnormen Gfirungsprozessen
seine Entstehung verdankt, als vielmehr Zirkulations-
stfirungen (Czerny), wird die Bolustherapie sowieso keine
kausale sein. Sehr zu empfehlen ist hingegen die Bolus
alba als Streupuder. Sie ist dem jetzt allgemein im Ge-
brauch befindlichen Zink* bzw. Salizylstreupuder vOllig
ebenbfirtig und beiden Pnderarten dort fiberlegen, wo es
gilt, Intertrigo und leichfe n&ssende Ekzeme zu behandeln.
Die wasserbindende F&higkeit ist ausserordentlich gross, und
es entstehen nicht durch Zersetzung des Amylums Sfturen,
welche die zarte Epidermis reizen. Ganz besonders mOchte
E. schliesslich auf die Verwendung von Bolus bei der
Behandlung der Vulvovaginitiden der Sftuglinge und Kinder
Qberhaupt hinweisen. Hier hat er teilweise frappante Er¬
folge gesehen. So heilte z. B. eine bereits */« Jahr mit
alien erdenklichen Mitteln behandelte Gonorrhde bei einem
ffinfjfihrigen Mftdchen in etwa vier Wochen ab und blieb
auch (letzte Untersuchung nach VU Jahr) rezidivfrei. Auch
auf der Station wurden einige sehr schnelle, schfine Er¬
folge beobachtet, in anderen Fallen liess dagegen die
Heilung lftngere Zeit auf sich warten. Niemals sieht man
bei dieser Therapie Reizerscheinungen. Sie ist die sauberste
und auch wirksamste Therapie der Vulvovaginitis. K.s
erste Versnche fielen in eine Zeit, da die VerOffentlichung
Nassauers, der bekanntlich fiber eine grosse Reihe aus-
gezeichneter Erfolge berichtet hat, noch nicht erschienen
war. K. verwandte einen Pulverblftser mit langem Hart-
gummiansatz. Dieser erwies sich aber als unpraktisch, da
er die Bolus nicht in alle Winkel und Buchten der Scheide
zu bringen erlaubte, und ausserdem durch das spitze Ende
des Hartgummiansatzes gelegentlich Verletzungen gesetzt
wurden. Da die Kanfile bis dicht vor den Introitus
vaginae gebracht werden muss, kann es bei brQsken Be-
wegungen unruhiger Sftuglinge zu Lftsionen kommen.
ZweckmfiS8iger ist daher der Nassauersche „Siccator“.
Er gestattet, die Scheide gehfirig aufzublasen und zugleich
abzuschliessen, so dass der Bolusstaub nicht entweichen
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kann. Die Bolusinsuffiation geschehe so hftafig wie mOg-
lich. Jeden zweiten oder dritten Tag entferne man durch
eine SpGlung mit Ealiuinhypermanganat - oder 2°/oige '
Wasserstoffperoxydldsung die trockenen Borken. Jeder
Zusatz eines Medikamentes zur Bolus ist unzweckmfissig
und fiberflQssig, wie vielfache Yersuche gelehrt haben.
Am geeignetsten ist die Verwendung sterilisierter Tonerde.
Es ist von Zweifel darauf hingewiesen worden, dass die
Bolus mdglicberweise Tetanusbazillen beherbergen kann.
Bei der Verwendung von Bolus als Nabelrestverband kamen
in Leipzig einige Tetanusf&lle zur Beobachtung, die Zweifel
vermutungsweise auf verunreinigte Bolus alba zurQckfflhrt.
Aber die in Drogerien usw. k&ufliche Tonerde kann aucb
anderswie verunreinigt sein, wie ein Yorkommnis in der
PoKklinik bewies. Eine Gonorrhoe verschlimmerte sich
unter Bolusbehandlung so ausserordentlicb, dass E. das
alte „primum non nocere“ schwer aufs Gewissen fiel. Die
Ursaohe lag jedoch in der Natur der verwendeten, in einer
Medizinaldrogerie gekauften, nicht sterilisierten Bolus. Es
war ein gelblich-schwarzes, sich klebrig anfQhlendes Pulver,
das mit Barlappmehl und Sand stark verunreinigt war.
Es ergibt sich daraus die Notwendigkeit, nur ein einwand-
freies und vOllig trockenes, am besten sterilisiertes Pr¶t
zu verwenden. — Eurz hinweisen mdchte K. endlich auf
einige therapeutische Yerwendungsformen des Kohlensfiure-
schnees, die noch nicht in weiteren Kreisen bekannt zu
sein scheinen. Auf Veranlassung von Prof. Czerny ver-
wendet E. den Eohlens&ureschnee mit gutem Erfolge zur
Entfernung Qppiger Granulationen und bei subkutanen
Tuberkuliden. Granulationen aller Art, speziell solche an
der Mftndung tuber kulbser Fisteln heilen unter Eohlen-
s&urevereisung mindestens ebenso schnell ab als wie bei
Ver&tzung mit Arg. nitricum. Auch ist diese Behandlung
wesentlich schmerzloser als bei der Paquelinisierung bzw.
dem Eurrettement mit dem scbarfen LOffel. Besonders
schnelle und in kosmetischer Hinsicht scbOne Erfolge sah
E. bei subkutanen Tuberkuliden. Die Schmerzen der Ver-
&tzung des tuberkulbsen Unterhautfettgewebes sind nicht
gross bzw. halten nicht lange an. Gdnstige Objekte fflr
die Behandlung sind nur die kutanen oder subkutanen
leicht zug&nglichen Tuberkulide. Weniger z. B. tuber-
kulbse HalsdrQsen. Hier dauert die Behandlung wesent¬
lich l&nger und ist. da man energisch ver&tzen muss,
recht schmerzhaft. Fdr kleinere Teleangiektasien ist die
Verb dung der Gef&ssschlingen mit Eohlensfiure ein ideales
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Vermischtee.
und gefahrloses Verfahren, dem besonders messerscheue
Eltern ihre Kinder gern unterwerfen lasstn werden. Die
Dauer der Applikation darf bier aber keine so protrabierte
sein: eine Minute ist die HOchstzeit. Schliesslich ist zu
bedenken, dass die Reaktion der Epidermis auf den Kohlen-
s&ureschnee eine ausserordentlich individuell verschiedene
ist und man diese lieber vorher einer Prtlfung unterwirft,
indem man mit nur 10—15 Sekunden Dauer beginnt. Die
Wiederholung der Gefrierung gescbiebt bei Naevus flammeus
alle 7—14 Tage, bei tuberkulfisen Fisteln und bei Granu-
lationen kann man jeden vierten und fQnften Tag vereisen.
(Berliner klin. Wooheusohrift 1910 Nr. 48.)
— Bin* bisher nnbeachtete Verwendnng den Yohimbin. Von
Geb. Medizinal-Rat Prof. G. Fritsch (Berlin). Die an-
regende Wirkung des Mittels, welche sich in der Genital-
sphSre fiussert, mflsste — so kalkulierte Autor — jedenfalls
auch in den Harnorganen zutage treten und die mangel-
hafte Innervation der Blasenmuskulatur und die der Pro¬
stata gdnstig beeinflussen. Die bisher angestellten Versuche,
die Autor als Anatom und Physiologe ohne ftrztlicbe
Praxis nur in beschr&nkter Zahl ausffthren konnte, haben
die auf das Mittel gesetzten Hoffn ungen bestfitigt und
berechtigen Autor, es den Kollegen zu ausgedehnter An-
wendung in dem angedeuteten Sinne dringend zu empfehlen.
Es ist gewiss kein Hexentrank, wie er dem Faust gleich
30 Jahre vom Leibe schafft, alt werden die Pat. trotzdem
werden oder bleiben, aber als Milderung der Altersplagen
erscheint ein mftssiger Gebrauch des Yohimbin recht aus-
sichtsvoll. Fortgesetzte Versuche baben ergeben, dass
schon bei mfissiger Dosierung eine tonisierende Einwir-
kung auf die Blasenmuskulatur bemerkbar wurde; dazu
gentlgte es, eine Tablette pro die zu nebmen und nach
3—4 Tagen wiederum for etwa drei Tage ganz auszu-
setzen. Der Drang zum Urinieren und leicht eintretende
Inkontinenz beim Uebergehen des Dranges verloren sich
unter der Einwirkung des Mittels bei den Pat., was be¬
sonders wegen der weniger gestdrten Nachtruhe sehr an-
genehm empfunden wurde. Versuchsweise wurde die
Dosierung bis auf drei Tabletten am Tage gesteigert, was
eine leichte allgemeine Erregung zur Folge hatte, die
aber nicht unangenehm empfunden wurde. Die Herz-
tfttigkeit war dabei etwas lebhafter, ohne dass es zu
lftstigem Herzklopfen oder astbmatischen Erscheinungen ge-
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kommen w&re. Irgendwelche Einwirkungen auf den Darm-
traktus wurden nicht beobachtet.
(Deutsche med. Wochensohrlft 1911 Nr. 27.)
— Eukadol ist nach Prof. Dr. L. Tbrbk (Budapest) ein wenig
verftnderter Teer, der aber fast geruchlos ist, gar nicht
die Haut reizt und hervorragend juckstillend wirkt.
„Am meisten empfiehlt sich die Verordnung des Euka-
dols in substantia. Mit Hilfe eines harten Borstenpinsels,
dessen Spitze leicht eingetaucht wurde, wird das Pr¶t
in die erkrankte Stelle eingerieben. Hat man darauf ge-
achtet, bloss wenig Eukadol zu neb men, so wird es nach
der Applikation nicht gegen die Nachbarschaft verschmiert
werden. In Olivenbl sind nur 50 # /o des Enkadols lbslich.
Wollen wir daher eine 10%ige Eukadollbsung erhalten,
so massten 20 g Eukadol mit 90 g Oel vermengt werden.
10 g in Oel unlb9lichen Eukadols bleiben auf dem Filter
zurQck. Docfa lassen sich in deraselben Oele weitere
Eukadolmengen, bis zu 50°/o, auf Ibsen. Der Hackstand,
den wir Eukadoleat nannten, ist zu therapeutischen Mass-
nahmen ebenso geeignet wie das Eukadol selbst; es ist
bloss schmieriger und fett. Seine Anwendung ist bei
trockener Haut empfehlenswert. Die 50°/oige Lbsung des
Eukadols in Oel ist eine sehr milde Anwendungsform
des Eukadols. Es empfiehlt sich insbesondere dadurch,
dass es weniger schmutzt als die beiden anderen Pr&pa-
rate. Besondere Indikationen fQr die Anwendung des
Eukadols aufzustellen, ist unnbtig; ttberall, wo die An¬
wendung des Teers erfahrungsgem&ss von Nutzen ist,
kann das neue Pr¶t verordnet werden. Das gut her-
gestellte Eukadol muss die Konsistenz dicken Sirups haben
und in dbnner Schicht, z. B. an der Wand eines Glas-
gef&sses, eine brftunliche Farbe aufweisen. Bemerken wir
einen Stich ins Grbne, dann ist das Pr¶t schlecht
und zurfickzuweisen. In diesem Falle besitzt es einen
unangenehmen, wenn auch nicht starken Geruch und
reizt die Haut. In konzentriertem Alkohol, in Aether
und Benzol ist das Eukadol ohne Hackstand lbslicb. Auch
in Spiritus saponatus kalinus ist es sehr gut lbslich, doch
bleibt ein geringer Hackstand. Eine Mischung von Euka¬
dol mit Sapo virid. in Spiritus eignet sich zur Bereitung
einer Eukadolemulsion (5—10 g auf 1 1 Wasser), welche
in Form von Uraschl&gen und feuchten Verb&nden bei
akuten Dermatitiden angewendet werden kann und dann
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Vermisohtea.
neben der entzOndungswidrigen Wirknng aach juckstillend
wirkt, ob in hbherem Masse als andere feuchte Ura-
schlage, weiss ich nicht zu entscheiden*).“
(Dennfttolog. Zentralblmtt, Jnni 1911.)
— Die Lakenspannnng im Krankenbett ist ein sehr wichtiger
Faktor der Krankenpflege. Um das Bettlaken stets mbg-
lichst faltenlos zu erhalten, hat man besondere „Bettlaken-
Spanner" konstruiert. Die Spannvorrichtung von Kurz-
bauer z. B. besteht aus zwei Paar hOlzernen Klammern,
in welche das Bettlaken eingeklemmt wird; alsdann wird
ein Klammerpaar am Kopfende, eines am Fussende der
Bettstelle in einem hier angeschraubten Halter befestigt.
Die Spannung des Lakens Iftsst sich durch nach Belieben
fortgesetztes Aufwickeln auf die Holzklammern regulieren.
Eine andere Vorrichtung ist von Grotjahn angegeben
worden. Sie besteht aus zwei Staben, welche durch ein
endloses Gewebe aus Stoff gesteckt und mittels ent-
sprechender Haken an den unteren Randern der Bett-
seiten befestigt werden. Die Verwendung des „ Lakens
ohne Ende“ bietet dabei noch den Vorteil, dass man bei
eingetretener Durchnassung durch seitliches Verziehen des
Spanntuches leicht eine frische Unterlage schafft. Durch
anziehbare und verstellbare Lederschlaufen, welche das
Bett von unten her umgreifen und an den seitlichen Holz-
staben befestigt werden, kann hier die Spannung beliebig
erhbht werden. For Krankenhftuser eignen sich Spanner,
welche aus einem viereckigen Eisenrahmen besteben, dessen
eine Seite abnehmbar ist und erst, nachdem das mit zwei
seitlichen Saumen versehene Laken auf die den Langs-
seiten des Bettes entsprechenden Eisenstabe aufgezogen
ist, in den Rahmen eingesetzt wird. Am Fuss- und Kopf¬
ende wird das Laken durch einige Bander befestigt (P.
Jacobsohn). Eine einfache Art von Lakenspannvor-
richtung, auf die Salzwedel aufmerksam gemacht hat
und die fflr wenig bemittelte Familien zu empfehlen ist,
besteht darin, dass ein Besenstiel in zwei gleiche Teile
zersagt wird, von denen um den einen das Kopfende, um
den andern das Fussende des Lakens herumgewickelt
wird, worauf die Stabe quer zwischen Bettstelle und
Matratze hineingesteckt werden; bei Nachlassen der Span¬
nung wickelt man dann leicht wieder beliebig an einem
Stabe nach. (Antllche Polytechnik 1911 Nr. 8.)
*) Die Herstellung des Prfiparates hat Apotheker Dr. Leo Egger
Budapest V, V&czi kOrut 17) flbernommen.
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Vermiachtes.
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— TJeber die besonderen Eigen arten dee Kaffeegetr flakes and
das Thumsche Verfahren nr Xaffeereinignng and
-▼erbosserang. Von Prof. Dr. E. Harnack (Pharmako-
log. Institut Halle). Autor gelangt zu folgenden Schlflssen:
1. Die speziell nachteilige Wirkung des Kaffees er-
streckt sich auf den Magen und mittelbar durch diesen
auf das Herz.
2. Diese Wirkung geschieht durch die flOchtigen ROst-
produkte der Bohne.
3. Das Kaffeegetrfink ist in physikalischer Hinsicht
etwas durchaus anderes als der Tee. Kaffee ist weit mehr
hypertonisch und hat eine viel geringere Oberflfichen-
spannung als Wa^ser (Traube), Tee ist stets hypotonisch
und hat die gleichhohe Oberfl&chenspannung wie das
Wasser. Tee ist daher fflr den Magen vflllig unschfidlich.
4. Das Thumsche Verfahren liefert reinen Kaffee
unter Erhaltung seines Kofifeinbesitzes. Durch den Weg-
fall der Rdstprodukte aus den der Oberfl&che der Bohne
adh&rierenden Substanzen ergibt sich eine gleichm&ssigere
ROstung und ein Getrfink, das einen reineren Geschmack
besitzt und, soweit sich das jetzt schon beurteilen Ifisst,
auch vom Magen usw. besser vertragen wird.
(Mfinch. med. Woohensohr. 1911 Mr. 35.)
— Retroflexio and UnfalL Von Geh. Obermedizinal-Rat Prof.
Dr. Fritsch (Bonn). Autor kommt zu folgenden SchlQssen:
1. Auf traumatischem Wege kann eine Retroflexio
entstehen.
2. Die Beschwerden der Retroflexio kdnnen eine mehr
oder weniger grosse Beschrfinkung der Erwerbsffthigkeit
zur Folge haben. (Oeutiohe med. Woohemohrift 1911 Nr. 41.)
— Ein neues Venaeponktionsinstroment, mit dem auch der
praktische Arzt leicht und ohne Assistenz die Blutentnahme
fflr die Wassermannsche Reaktion ausfflhren kann, hat
Dr. E. Braendle (Breslau) konstruiert. Das Instrument,
bei dem die Punktionskanflle und das Auffanggeffiss solid
miteinander verbunden sind, besteht aus drei Teilen:
1. einer graden (Straussschen) Kanflle, die mit ihrem ko-
nischen Ende in 2. einen soliden, geschliffenen Grlasstflpsel
passt. Letzterer passt wieder in 3. ein in der Art des
Reagenzglases gebaltenes Auffanggeffiss. Dieses ist mit
einem Luftloch versehen, damit beim Einstrflmen des Blutes
die Luft aus dem Geffiss entweichen kann; korrespondie-
rend zu diesem Luftloch findet sich in dem GlasstOpsel
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Vermiachtee — Bachernchau.
eine Rinne. Bei der Zusammensetzung dee Instrumentes
muss darauf geachtet werden, dass das Luftloch im Auf-
fanggef&ss und. die Rinne im Glasstdpsel zusammentreffen.
Die drei Teile zusammengesetzt bilden ein solides, leicht
zu dirigierendes Instrument (Preis: 3 Mk., angefertigt
von Schmidt, Breslau, Nicolaistrasse und Haertel, Breslau,
Albrecht8trasse.) (Anti. Polytechnik Nr. 5.)
t
-, —
Bucherschau.
Pdnktlich wie immer erschien der 1. Teil von Burners Reicha-
Medizinal Kalender, herausgegeben von Schwalbe, auf
dem BQchertisch, so reichhaltig wie kein anderer medi-
zinischer Kalender — in diesem Jahre noch reicbhal-
tiger als frQher, sowohl was die Bearbeitung der schon
in alteren Jahrgftngen gebrachten Abschnitte anbelangt
als auch in bezug auf Vermehrnng des Inbalts mit neuen
Kapiteln. Von ersteren sei nur hervorgehoben die Auf-
z&hlung der Arzneimittel, ihre Anwendungsweise, Dosie-
rung usw. Dieser von Robert mustergOltig bearbeitete
Teil umfasst 184 Seiten! Auch die beiden Beihefte bilden
wieder ein kompendidses Handbuch, in dem der Nach-
schlagende alles mdgliche findet, von ersten Autoren ver-
fasste Aufsfttze! Auch in diesem Jahre wird der Reichs-
Medizinal-Kalender die Aerzte voll und ganz befriedigen.
. — Maine K&feraammlung nennt sich ein Werk, das nicht fflr
Zoologen bestimmt ist, sondern fflr alle, die Sinn fQr
Humor haben und sich ein paar Stunden gut unterbalten
wollen. A. de Nora liefert in den zwei B&ndchen —
Species Borussiae und Species Bavaricae — kdstliche
Satiren, und die von Schmidhammer gelieferten Bilder
sind Oberw<igend komisch. Man lese z. B. n Die Schlacht
bei Moabit u , „Der Landrat u , „B0low das Kind w , n Der
Schiesserich u und in dem Bayern gewidmeten Teile:
„Streik imHofbrftuhaus", „Oktoberfest“, „DasKonklave“ —
und man wird alle Plagen und Sorgen des Lebens ver-
gessen. Jedes B&ndchen (Verlag von L. Staackmann,
Leipzig) kostet 2 Mk.
F&r den redaktionellen Teil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Frledenao-Berlin.
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j£rscheint am
Anfang eioes jeden Monats.
M 3 .
Preis dea J ahrganga b Mk.
excl. Porto.
Excerpta medica.
Kurze monatllohe Journalauszttge
aus der geaamten Fachliteratur
zum Gebrauch far den praktischen Arzt.
Herauagegeben von Dr. med. Eugen Graetzer in JPriedenau-Berlin*
Yerlag you Carl Sallmann, Leipzig.
Dernier. XXI. Mrms
1911
Agrypitie. Xlinische Versuche mit Adalin als Sedativum
und Hypnotikum. Yon Dr. H. Konig. (Aus der psychiatr.
und Nervenklinik zu Kiel.) Aus der Arbeit seien fol-
gende Abschnitte wiedergegeben: „Wenn ich zunachst die
beruhigende, sedative Wirkung ins Auge fasse, so muss
ich sagen, dass das Resultat in dieser Beziehung ein ziemlich
eigenartiges war. In der Dosierung — um diesen Punkt
von vornherein zu erledigen — und in der Darreichung
bin ich der in den verschiedenen Publikationen sowie von
der Firma selbst empfohlenen Methode gefolgt und habe
es drei- bis viermal t&glich in Dosen von bis 1 g bis
zu einer Gesamtmenge von 3 g pro die — einigemal sogar
4 g pro die — gegeben. In manchen Punkten decken
sich unsere diesbeziiglichen Beobachtungen mit den An-
gaben von Jennicke, der sagt: . es (das Adalin)
wird jedoch unzuverlassig, sobald die Erregung eine einiger-
massen heftige ist. k Nicht beipflichten kann ich der An-
schauung von Finckh, der angibt, dass motorische Er-
regungen durch 1—2 g Adalin, in refrakten Dosen gegeben,
gilnstig beeinflusst werden, dass, wie er sich ausdrilckt,
,bettflilchtige, ja tobsiichtig erregte Kranke mOhelos im
Bett gehalten werden konnten 1 * * 4 * * 7 . Allerdings betonen Finckh
sowohl wie Jennicke, dass besonders halluzinatorisch
erregte Kranke sehr wenig bzw. gar nicht durch das Mittel
zu beeinflussen waren. Da aber wohl bei den meisten
schwereren Erregungszustanden Geisteskranker Halluzina-
tionen eine grosse, wenn nicht die massgebende Rolle
spielen, so liegt darin wohl die Erklarung fQr das, nach
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Agrypnie.
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unseren Erfahrungen wenigstens, bestehende Versagen des
Mittels. Eine andere Erscheinung aber ist mir bei meinen
Beobachtungen fast noch auff&lliger gewesen, und das
ist die, dass das Mittel bei depressiv-erregten Kranken —
abgesehen von den stark halluzinatorisch beeinflussten —
ganz ausserordentlich gQnstig wirkt, w&hrend es bei
Kranken mit dem entgegengesetzten Affekt, dem heiteren
oder zornig gereizten, also in erster Linie den Ma-
nischen, auch in grossen Dosen vdllig wirkungslos bleibt.
Diese Erfahrung kann nicht auf eine in Zufall beruhen,
denn unter den 91 F&llen, an denen ich diese Beob-
achtung zu machen Gelegenheit hatte, waren ungef&hr
gleich viele von beiden Affektarten. Icb kann diese
Erscheinung nur konstatieren, ohne irgendeine Erklflrung
dafQr geben zu kbnnen, werde sie aber jedenfalls als
Richtschnur for die therapeutische Verwendung des Ada-
lins im Auge behalten.“ „Was den zweiten Teil der
Erprobungen anbetrifft, die "Wirksamkeit des Adalins
als Hypnotikum, so sind die Ergebnisse durchgehends
recht gQnstige gewesen. Diese Beobachtungen sind nur
zuro Teil an denselben Kranken angestellt, bei denen
es als Sedativum erprobt wurde, und icb konnte dabei
konstatieren, dass man sehr gut tagsfiber das Mittel in
refrakten Dosen geben kann und abends eine grbssere
Do8is als Schlafmittel. In der Dosierung bin ich so vor-
gegangen, dass ich mit der Dosis 0,5 angefangen habe,
die ich jedoch sehr bald als — wenigstens bei unseren
Kranken — viel zu gering verlassen habe. Wenn das
eine- oder das andere Mai anscheinend eine Wirkung er-
zielt wurde, so konnte ich mich bald davon Uberzeugen,
dass es sich um reine Suggestivwirkung liandelte. Auch
mit 0,75 konnte ich nur wenig anfangen, die Dosis, die
ich wohl in ungef&hr 80°/o der Ffille geben musste und
gab, um ausreichenden Schlaf zu erzielen, war 1,0. Da
diese Dosis in einigen F&llen nicht ausreichte, so steigerte
ich dieselbe auf 1,5 und habe damit in alien F&llen, in
denen man mit einem blossen Schlafmittel Oberhaupt aus-
kommt, eine genOgende schlafmachende Wirkung erzielt,
so dass ich nie genbtigt war, zu hbheren Dosen tlberzu-
gehen. Wenn ich also das Adalin in der Dosierung etwa
mit dem Veronal und dem Trional vergleichen wollte, so
mtlsste ich sagen: Grbssere Dosen als bei Veronal, etwas
kleinere als bei Trional sind ndtig, und eine Gleichung
der Wirksamkeit mtlsste fQr die mbglichen Dosen so
aussehen:
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Agrypnie — Alopecia.
91
0,5—0,75 Veronal = 1,0—1,5 Trional = 1,0 Adalin.
1,0 Veronal = 2,0 Trional = 1,5 Adalin.
Die Art der Wirkung ist eine recht angenehme. Der
Schlaf tritt, wie die meisten Beobachter hervorheben, re-
lativ rasch ein, nach einer halben bis ganzen Stunde, und
dauert, manchmal mit Unterbreckungen, 6—8 Stunden,
je nach dem Grade der Schlaflosigkeit des Kranken und
der gegebenen Dosis. Irgendwelche unangenehmen Neben-
erscheinungen oder Nebenwirkungen babe ich nie zu be-
obachten Gelegenheit gehabt. Auch in mehreren Fallen
von starken Herzfehlern, Aortenaneurysmen mit psychischen
Stttrungen habe ich es angewandt, ohne dass irgendeine
ungewollte Wirkung zu beobachten gewesen w&re.“
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
— Erfahrungen mit Bromural in der Bfihnenpraxis. Von Th eater-
arzt Dr. Goschel (Heilbronn). Bei Schauspielern, die,
nach der Vorstellung nicht einschlafen konnten oder vor
resp. nach ihrem Auftreten hysterisch-nervdse Anfftlle be-
kamen, bei Lampenfieber usw. hat sich Bromural kurativ
und prophylaktisch bestens bew&hrt; es wirkte rasch und
sicher. (Klinisch-therap. Woohenschrift 1911 Nr. 41.)
Alopecia. "Ceber SulfoformdL Von Dr. W. Schneider
(Kbnigsberg). Autor hat das 10°/oige Sulfoformbl aus-
schliesslich zur Behandlung der A. pityrodes angewandt,
wozu es sich infolge der wesentlich leichteren Handha-
bung viel besser eignet als die bisher tibliche Salben-
therapie. Wenigstens gaben alle Pat., speziell die Damen,
an, dass der Gebrauch des Oeles viel angenehmer ist als
die frQher benutzte Schwefelsalbe, da deren hoher Fett-
gehalt den meisten Pat. sehr unbequem ist. Die Anwen-
dung geschieht nach der von Joseph angegebenen Ver-
ordnung. Die Kopfschuppen werden durch alkalischen
Seifenspiritus entfernt, dann wird an vier aufeinander-
folgenden Abenden die Kopfhaut mit dem Oel eingerieben,
nachdem sie durch Scheiteln der Haare moglichst bloss-
gelegt ist. Die Waschungen mit Seifenspiritus werden in
der Regel alle vier Abende wiederholt und nur bei sehr
starker Schuppenbildung tfiglich vor dem Einblen ange¬
wandt. In neuester Zeit ist auch eine 5°/oige 6lig-alko-
holische Ldsung des Sulfoforms hergestellt, in deren An-
wendung Autor jedoch noch keine Erfahrungen gesammelt
hat. Sie scheint ihm als Kosmetikum empfehlenswert,
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Alopecia — Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
besonders auch zum leicbten Auftragen auf sehr trockene
Haare am Tage w&hrend der AusfOhrung der Kur mit
dem 10%igen Oele. Der wesentliche Vorteil der Oel-
behandlung liegt in seiner beqaemen Anwendnng gegen-
Qber der alten Salbenapplikation. Zu dieser Therapie
haben sich denn auch solche Pat. entschlossen, die zur
Wiederholung einer Schwefelsalbenbehandlung der Kopf-
haut nicht mehr zu bewegen waren. Mit seinen Erfolgen
kann Autor recbt zufrieden sein. Mehrere Pat. erkl&rten,
dass Haarausfall und Schuppenbildung durch die Behand-
lung sistiert h&tten. Andere berichteten wenigstens fiber
eine wesentliche Besserung. NatOrlich hat Autor auch
Falle, in denen kein Erfolg zu verzeichnen war. Aber
damit mfissen wir ja gerade bei der A. haufig rechnen,
weil vielen Pat. die Geduld fehlt, und sie die ndtige
wochenlange Behandlung nicht durchftlhren, dann aber
auch deshalb, weil wir hftufig bereits so weit vorgeschrit-
tenen Haarausfall zu sehen bekommen, dass die Tiefe des
Krankheitsprozesses in der Kopfhaut die Wirksamkeit samt-
licher Medikationen illusorisch macht. Zu erwfihnen ware
noch, dass Autor irgendwelche Reizerscheinungen infolge des
Sulfoformdls in keinem Falle beobachtet hat, wahrend
wir ja derartige unangenehme Nebenwirkungen bei An-
wendung unserer gewbhnlichen Schwefelmedikationen nicht
allzuselten zu sehen bekommen. Ebenso angenehm ist
die vollkommene Geruchlosigkeit des Sulfoformbls auch
wahrend der Anwendung im Gegensatz zu der frtlher an-
gewandten Salbe mit Sulf. praecipitat., bei der sich zu-
weilen ein hOchst unangenehmer Geruch bei langerem
Verweilen auf dem Kopfe entwickelt. Autor glaubt daher,
nach seinen Erfahrungen das Sulfoformbl zur Behandlung
der A. pityrodes warm empfehlen zu konnen.
(Dermatolog. Zentralblatt, Juli 1911.)
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion. Erfahrungen
fiber die Wundbehandlung mit Novojodin. Von Privat-
dozent Dr. F. R. v. Friedlander (Wien). Autor hat
Novojodin in der kleinen Chirurgie angewandt. und hat
gesehen, wie das Mittel granulationsbefbrdernd wirkt, die
Sekretion verringert und diese, besonders rasch und sicher
bei tuberkulbsen Fisteln, in eine serbse umwandelt, wie
es austrocknend wirkt, ohne zu Krustenbildung zu ftthren,
und wie es die Ueberh&utung der Granulationen befbrdert.
Wir haben im Novojodin ein gutes Wundbehandlungsmittel,
das alle Vorzuge des Jodoforms besitzt, ohne seine Nach-
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
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teile aufzuweisen, und das infolge seiner Ungiftigkeit,
Reizlosigkeit und Geruchlosigkeit sowie seines geringeren
Preises dem Jodoform Qberlegen ist.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 88.)
— TTeber Snblaminseife. Von Dr. Piorkowski. Die in seinem
bakteriolog. Institut angestellten Versuche ergaben, dass
die Snblaminseife der Sublimatseife fiberlegen ist.
(Dermatolog. Zentralblatt 1911 Nr. 12.)
— Beitr&ge znr Wundbehandltmg mit Bolus alba. Yon Prof.
Dr. W. Liermann. (Aus dem Kreiskrankenhause zu
Dessau). Mit seiner aus Bolus alba, 96°/oigem Alkohol,
Azodermin und Glyzerin bestehenden Boluswundpaste hat
Autor vorzfigliche Resultate erzielt. Die ausgezeichnete
Wirkung der Paste bei der Yersorgung von Operations-
wunden hat Autor sehr bald veranlasst, von der Desin¬
fektion des Operationsfeldes mit der Jodtinktur abzusehen
und zun&chst zu der F Or bring erschen Methode zurfick-
zukehren. In der Erwfigung, dass die Paste ebenso wie
die Jodtinktur eine keimarretierende Wirkung ausfibt, ging
Autor auch dazu fiber, sie bei der Yorbereitung des Ope¬
rationsfeldes, vor allem auch bei der Schnelldesinfektion
mit zu benutzen. Eignet sich doch die aufgetragene Paste,
ehe sie antrocknet, in vorzfiglichster Weise zur Vomahme
des vielfach empfohlenen trocknen Rasierens. Nach dem
Rasieren des Operationsfeldes mittels Paste kann dieses
im weitesten Umfange erneut mit Paste bestrichen und
bis zur Vomahme der Operation mit einem Schutzverband
bedeckt werden. Vor der Operation wird die Paste in
der Gegend der Schnittffihrung mit einem Alkoholtupfer
abgewischt. Nach beendeter Operation wird die entfemte
Paste erneuert. Besonders sorgf<ig wird die Nabtlinie und
deren n&chste Umgebung mit Paste bestrichen bzw. mit
einer mit Paste bestrichenen Kompresse versorgt. Auch
bei nur teilweise vern&hten, drainierten und sezernierenden
Wunden waren die Erfolge der Beschickung der Nahtlinie
und der nachsten Umgebung der Wunden gleich gut. Die
Mazeration der Haut durch die Wundsekrete wurde ver-
hfitet, zum mindesten stark eingeschr&nkt. Auch wurde
ein nachtrfigliches Durchschneiden von N&hten, eine
Lockerung derWundklammera vermieden. Besonders gfinstig
wirkte die Paste auf die Austrocknung des Nahtmaterials.
Die durch Verwendung von Wundklammern bewirkte Haut-
faltung bleibt vermfige der zusammenziehenden Eigenschaft.
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
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der Paste besonders lange bestehen und trftgt so zu einer
besseren Adaption der Wundrftnder nnd auch einer festeren
and feineren NarbenbQdung bei. Keimfreie Gaze, die
sofort auf die aafgetragene Paste anfgelegt werden kann,
anch zur besseren Yerteilung der Paste zweckmftssig leicht
angedruckt wird, haftet schon nach knrzer Zeit, sobald
die Paste getrocknet ist, fest auf der Wande and ist in
ibrer haftenden Wirkung gleichzusetzen einem Kdllodium-
oder Mastixverband. Die Saugf&higkeit der Gaze wird
darch die Paste nicht beschr&nkt, eher gesteigert. Aach
wird das lftstige Schenern and der Jackreiz vermieden,
wie er darch die sekretgetrftnkte Gaze ausgeObt wird.
Ebenso wird die Gefahr vermieden, dass Bakterien der
Wandumgebung darch Verschieben des Yerbandes in die
Wunde gelangen. Die gleichgQnstige Wirkung der Paste
wie bei Operationswanden konnte Autor bei der ersten.
Yersorgang und Nachbehandlang aller akzidentellen Wunden
beobachten. Oberflftchliche Exkoriationen und Wunden,
Punktionsstellen werden nur mit Paste bestrichen und be-
dQrfen entweder Oberhaupt keines Yerbandes oder werden
mit einem GazestOckchen bedeckt, das zweckmftssig mit
luftdurchlftssigem Pflaster fixiert wird. Unter dem durch
Antrocknen der Paste geschaffenen Schorf, der einen
Schutz gegen die Infektion aus der Umgebung bildet,
heilen oberfl&chliche Wunden rasch ab. Die Anwendung
der Paste bei akzidentellen Wunden, ohne vorherige Rei-
nigung der Wundumgebung, sichert nicht nur die Keim-
arretierung, sondern besorgt die Reinigung der Wund¬
umgebung in einer Art und Weise, wie sie durch die
sonst Qblichen mechanischen Reinigungsmassnahmen, wie
Wasser, Seife, Terpentin, Aether usw., selbst bei mehr-
maliger Anwendung nicht zu erreichen ist. Wird bei-
Spielsweise bei den Handverletzungen der Maschinenarbeiter
die angetrocknete Paste aus der Wundumgebung nach
24 Stunden abgehoben, so hat die Haut unter der Paste,
besonders die der Wundrftnder, ein frisches, rosiges Aus-
sehen. Bei Wunden an behaarten KOrperstellen erfolgt
zweckmassig trockenes Rasieren mittels der Paste, dem
bei sprOder Haut und starker Behaarung, auch zur Scho-
nung des Rasiermessers, ein Rasieren mit Wasser und
Seife vorangehen kann. In der Wunde selbst, vor allem
bei gequetschten Wundrftndern, kommt der Paste, die an
und for sich geruchlos ist, eine desodorierende, adstrin-
gierende, austrocknende und sekretbeschrftnkende Wirkung
zu. Die adstringierende Wirkung kann beispielsweise er-
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
95
probt werden durch Bestreichen der Lippenschleimhaut
mit Paste, die dort nach kurzer Zeit fest anhaftet, jedoch
keinerlei Reiz ausfibt. Besonders auff&llig trat die sekret-
beschr&nkende, auch mumifizierende Wirkung hervor.
Feuchte Gangr&n wurde schneller als sonst in trockene
QbergefGhrt. VerbSnde, die sonst tfiglich gewechselt werden
mussten, konnten zwei, aucb drei Tage liegen bleiben.
Schlecht aussehende Wunden reinigten sich oft fiberraschend
schnell. Schnell gelang auch die Beseitigung des Pyo-
cyaneus. Besonders bei Decubitus wurde eine schnelle
Reinigung der Wundfl&che, auch eine schnellere Ueber-
h&utung bei brandigem Decubitus, eine raschere Abstossung
der Nekrose erzielt. Drohendem Decubitus konnte allein
schon durch fifteres Bestreichen der gef&hrdeten Hautstelle
mit Paste vorgebeugt werden. Die vorstehenden Aus-
ffihrungen fiber Boluswundbehandlung fasst Autor wie
folgt zusammen:
Die durch Stumpf wieder inaugurierte Behandlung
der Wunden mit Bolus alba verdient eine grfissere Be-
achtung, als ihr seither zuteil geworden ist.
Eine sichere, zuverlfissige und handliche Form der
Anwendung ist in der „aseptischen Boluswundpaste“ ge-
geben, die aus chemisch indifferenten Stoffen besteht, un-
giftig und reizlos ist, auch keine FSrbekraft besitzt.
Die Paste unterstfitzt in der Asepsis unsere Mass-
nahmen, die der Keimarretierung dienen, sie eignet sich
zur Vorbereitung des Operationsfeldes, zur ersten Ver-
sorgung und Behandlung von Operations- und akziden-
tellen Wunden und deren Umgebung. Bei der offenen
Wundbehandlung, insbesondere auch bei infizierten Wunden,
unterstfitzt sie die Massnahmen der mechanischen Anti-
septik.
In der Wunde selbst bewirkt die Paste vermfige ihrer
sekretbeschr&nkenden, austrocknenden, adstringierenden,
auch desodorierenden Wirkung eine schnellere Abstossung
nekrotischer Teile und eine schnellere Wundreinigung.
Sie wirkt granulationsbeffirdernd und epithelbildend. Durch
die Verwendung der Paste wird in vielen Fallen die
H&ufigkeit des Verbandwechsels eingeschrfinkt und die
Heilungsdauer abgekfirzt.
Sie ist im keimfreien Zustande stets gebrauchsfertig,
sparsam im Gebrauch und im Vergleich zu anderen Wund-
mitteln billig, vor allem auch in Anbetracht der Ersparnis
von Verbandmaterial.
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr,. 40.)
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A jxtis^psisv -Asepsis; DosiiifekMjiit.
DampfstariHsator «tus& SterUIstaren JKeiigeu Ter
bands*atevial nm Jf>r. F «U x K rA eiry$ t ?» ^rUfthfott a. M
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^Qflgili^Ufronfi » \
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
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lisierenden Gegenstande, Sterilgut daher nahezu trocken.
Weg des Dampfes von oben nach unten bedingt, dass
alle Luft aus dem Apparat verdrtLngt wird.
b) Der Apparat liefert auf Grund der von Professor
Dr. M. Neisser, Direktor des stftdt. Hygienischen Insti-
tilts, Frankfurt a. M., vorgenommenen bakteriologischen
PrGfung in der Zeit von 15 Minuten, vom Beginn der
DampfausstrOmung gerechnet, einwandfreies Material.
c) Die Einsatzbfichse kann im Sterilisatop selbst so-
wohl w&hrend als auch unmittelbar nach Beendigung des
Dampfdurchstrdmens geschlossen werden. Dadurch ist
die Mftglicbkeit der Infektion der Verbandstoffe, wie sie
bei Schluss der BQchsen anderer Sterilisatoren ausserhalb
des Dampfraumes gegeben ist, so gut wie ausgeschlossen.
d) Der chirurgisch tatige Stadt- und Landarzt, die
Spezial&rzte, z. B. Augen-, Frauen-, Zabnarzte usw., Ge-
burtshelfer, Hebammen, Verbandstationen auf Reltungs-
wachen, im Fabrik-, Eisen- bzw. Strassenbahnbetrieb und
dergleichen sind mit diesem Apparat in der Lage, jedes-
mal nur frisch- und selbststerilisiertes Material zu ver-
wenden.
e) Der ganze Apparat selbst, der mit aufgesetztem
Deckel eine H6he von etwa 32,5 cm und eine Dampf-
mantelbreite von etwa 14 cm bat, aber aucb die Einsatz-
bflchsen an und ffir sich von 26,5 cm H6he und etwa
11 cm Lumen kfinnen bequem in Praxis mitgenommen
werden.
f) Der Apparat kann auf Gas-, Spiritusbrenner oder
Herdfeuer bzw. mit elektrischer Heizung verwendet werden.
g) Die Ersparnis im Vergleich zu den teuren, vor-
rfttig gehaltenen sterilen Verbandmaterialien in Kartons, die,
einmal gedffnet, nicht mebr als steril zu bezeichnen sind,
ist eine bedeutende. Reste von Verbandmaterialien kfinnen
mit diesem Apparat fOr 2—3 Pfennige von neuem steri-
lisiert werden.
h) Ffir klinischen Bedarf ev. Ausfiihrung in breiterer
Form.
Fabrikant: Friedrich Haaga, Fabrik fdr aseptische,
bakteriologische und technische Apparate und Utensilien
in Stuttgart-Cannstatt.
Bezugsquelle: Firma Friedrich DrSll (Inhaber P.
Her ms), Frankfurt a. M., und jedes Instrumenten-
geschS.ll. (Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 34.)
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Antisepsis, Asepsis DisinfektioD.
— Essgeschirre als Infektionsverbreiter Yon Prof. Dr. A.
Ritschl (Freiburg i. B.). Autpr schreibt: „Man erlebt
es so h&ufig oder erffthrt davon, dass eine infektiOse Er-
krankung von Nase, Rachen, Mund, insbesondere die weit-
verbreiteten Katarrhe, wenn sie einmal von einem Familien-
glied erworben sind, im Kreise der Hausgenossen die
Runde machen. Man halt sich von dem Erkrankten, um
nicht ,angesteckt‘ zu werden, mdglichst fern, ja, man iso-
liert ihn auch wohl, wenn die Form der Erkrankung einen
gefahrlichen Charakter hat. Wie selten aber wird in der
Praxis auf einen Weg der Uebertragung geachtet, der
meiner Ansicbt nach eigentlich in erster Linie bertlck-
sichtigt und ausgeschaltet werden sollte — der Weg Qber
das Essgeschirr! Mit diesem kommt das infektibse Mund*
sekret des Kranken in die innigste Berdhrung. Es heftet
sich daran, um dann auch auf die benQtzten Teller ttber-
tragen zu werden. Yom Kranken gelangt das Geschirr
gewOhnlich direkt in die Kdche, wo es vom Dienstper-
sonal in einem fQr diese Zwecke dienenden Gefftss ge-
raein8am mit dem Essgeschirr der Gesunden gespQlt wird.
In der SpQlfl&ssigkeit aber verteilen sich die Infektions*
erreger und gelangen so auf s&mtliches im Hause benutzte
Geschirr. Der Prozess der Reinigung wird vielfach vom
Kbchenpersonal fllichtig genug vorgenommen, das Geschirr
an einem gemeinsamen Handtuch abgetrocknet, um nun
von neuem bei der n&chsten Mahlzeit benutzt zu werden.
Kein Wunder, wenn die an Gabeln, Messern, Tellern,
Gl&sern nun verbreiteten Infektionserreger in die Mund*
hOhle auch der gesunden Familienmitglieder gelangen und
die Erkrankung alsbald auch bei ibnen ausbricht. In
meiner eigenen Familie befolge ich aus obiger Erw&gung
heraus schon viele Jahre den Grundsatz, dass das Ess*
geschirr, auch das Trinkglas, kurz alle Utensilien, die
mit dem Munde eines erkrankten Familienmitgliedes in
BerQhrung kamen, vor dem ,Aufwaschen‘ in kochendem
Wasser sterilisiert werden. Ich habe es auf diese Weise
u. a. erreicht, dass ein Fall von Parotitis epidem., den
eines meiner Kinder aus der Schule einschleppte, abheilte,
ohne dass irgendein anderes Familienmitglied, darunter
zwei Kinder, die diese Krankheit noch nicht durcbgemacht
hatten, von der Krankheit ergriffen wurde. Ich zweifle
nicht daran, dass diese sehr naheliegende Schutzmassregel
schon empfohlen worden ist und stellenweise auch be-
achtet wird. Allgemein gebrfiuchlich ist sie jedenfalls noch
nicht. Der Zweek dieses Aufsatzes ist, ihre Wichtigkeit
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion — Asthma.
99
und ihre Wirksamkeit darzutun. Es bedarf auch nur eines
Hinweises, urn die Gefahren einer Verseuchung anzu-
deuten, die bei oberflachlicher Reinigung des Essgeschirres
in Restaurationen, Hotels, Pensionen usw. drohen. Diesen
Instituten sollte die regelm&ssige Sterilisierung des ge-
brauchten Gescbirres von sanit&tspolizeilicher Seite
strengstens zur Pflicht gemacht werden. Wenn bei jeder
sich bietenden Gelegenheit von den Aerzten auf die oben
geschilderten Zusammenhhnge hingewiesen wQrde, und
diese zum Ausgangspunkt genomroen wQrden, praktische
Massnahmen in gedachter Richtung in die sonstigen Ver-
ordnungen aufzunehmen, wiirde das Publikum zu seinem
eigenen Vorteil es jedenfalls mehr und mehr verlernen,
sicb mit der veralteten Redensart Gber den Ausbruch der-
artiger Erkrankungen zu trOsten: ,Ich babe mich er-
kftltet!‘“. ( Miinch. med. Wochenschr. 1911 Nr. 42.)
Asthma. Ueber A. und seine Behandlnng. Von Dr. J. Ner-
king (DQsseldorf). Autor hat mit einer Kombination von
Lobelia indata, Erythraea Centaurium, Gentiana lutea in
Tablettenform*) bei einer Reihe von Pat. teils selbst Ver-
suche angestellt, teils von Kollegen anstellen lassen und
bei den meisten Fallen von A. bronchiale und auch so-
genanntem neurasthenischen A. sowohl bei Erwachsenen
wie bei Kindern eine deutliche Beeinflussung im Sinne
einer Besserung konstatieren kdnnen. Ein Fall, der einen
jungen, 27jahrigen Kollegen betraf, der stark an asthma-
tischen Anfallen und Beschwerden zu leiden hatte und
dieserhalb schon alles mOgliche ohne Erfolg versucht hatte,
war besonders instruktiv, insofern dieser nach einigen
Wochen Anwendung vollkommen von den Beschwerden
befreit und seit Monaten jetzt anfallsfrei geblieben ist.
Anderseits kommen auch Falle vor, in denen das Mittel
versagt, doch sind diese Falle gering an Zahl. Alle Pat.
bekundeten ttbereinstimmend den guten Einduss des Mittels
auf die Expektoration zaher, schleimiger Massen. Autor
verordnete bei Erwachsenen 3—4mal taglich eine Tablette,
die genau 0,02 g Lob. ind. entspricht; bei Kindern eben-
falls 3—4 Tabletten taglich, von denen eine aber nur
genau 0,01 g Lob. ind. entspricht. Die Tabletten liess
er zunachst 8—10 Tage hintereinander nehmen, dann
eine Pause von 3—4 Tagen eintreten und dann wieder
*) Die Tabletten werden als „Eurespirantabletten“ von der Firma
Dr. R. & Dr. O. Weil, Frankfurt a. M., in den Handel gebracht.
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100
Asthma.
beginnen und noch einige Tage drei Tabletten nehmen,
im ganzen durchschnittlich 40—50 Tabletten. Irgend-
welche schadlichen Nebenwirkungen hat er bei dieser Art
der Darreichung und Dosierung nicht beobachten kOnnen.
fZentralbl. f. d. gesamte Therapie, 1911 Nr. 8.)
— Die Beziehungen der Koprostase znm Bronchialasthma
Yon Geh. Med.-Rat Dr. W. Ebstein (GSttingen). Die
Beziehungen der Koprostase zum Bronchialasthma sind
bereits vor zehn Jahren von Ebstein hervorgehoben
worden. Es ist davon weder vorher die Rede gewesen,
noch haben seine Aeusserungen fiber diesen Punkt irgend-
welche die Sache beffirdernde Beachtung gefunden. Erst
neuerdings hat Pinz darauf hingewiesen, dass beim Bron¬
chialasthma auch vom Darm ausgehende autotoxische Mo-
mente eine Rolle zu spielen scheinen, begrfindet dies aber
sehr indirekt damit, dass viele Pat. gleichzeitig auch an
Urticaria, Prurigo, Strophulus und Ekzem leiden, Haut-
affektionen, welche nach der Ansicht der meisten Derma-
tologen vom Darme ausgehen. Autor ist dagegen heute
in der Lage, seine ersten, die Beziehungen des Bronchial-
asthmas zu der Koprostase betreffenden Mitteilungen nicht
nur zu bestatigen, sondern auch zu erg&nzen und damit
die Tatsache zu bekr&ftigen, dass eine Reihe von an Bron¬
chialasthma leidenden Personen, bei denen gleichzeitig
chronische Koprostase besteht, nach deren Heilung auch
von ihrem A. dauernd geheilt werden kfinnen. Autor
ffihrt einige beweisende Falle an und schliesst seine Arbeit
mit den Worten: „Was die Beziehungen des Bronchial-
asthmas zur Koprostase anlangt, deren Existenz mir nach
den hier mitgeteilten beiden Belegen und anderen von
mir beobachteten Fallen bewiesen erscheint, so handelt
es sich hier ohne Zweifel um toxische Einflfisse. Ich
babe in meinem Buche fiber die chronische Stuhlverstopfung
dargetan, dass sich bei dieser frfiher oder spftter nervfise Er-
scheinungen verschiedener Art und grfissertr oder schwacbe-
rer Intensity entwickeln, die das Befinden der betreffenden
Individuen wesentlich zu beeintrachtigen pflegen und die
in der arztlichen Praxis haufig genug in ihrer Pathogenese
unrichtig gedeutet werden und demgemass zum grossen
Nachteil ffir die Pat. eine unrichtige Behandlung erfahren.
Diese sind sehr mannigfacher Art und betreffen nicht so-
wohl allein die intellektuelle und psychische, als auch
die sensible und die motorische Sphare und gelegentlich
auch manche sekretorische Yorgange. Gar nicht selten
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Asthma — Blutungen.
101
sind bei ein und demselben Individuum mehrere Kategorien
dieser nervbsen StOrungen vorhanden. Dass diese mit
einer Koprostase in kausalen Beziehungen stehen konnen,
geht unwiderleglich daraus hervor, dass, wahrend sie durch
jede andere Behandlungsweise durchaus nicht geheilt,
hdchstens vorObergehend gebessert werden, sie durch die
Beseitigung der Koprostase dauernd beseitigt werden kbnnen.
Es bleibt bei dieser Sachlage nichts anderes flbrig, als
anzunehmen, dass diese nervbsen Symptome durch toxische
Substanzen erzeugt werden, die unter dem Einfluss der
Koprostase sich entwickeln, d. h. also durch sogenannte
Darmgifte. Es ist anzunehmen, dass es deren eine ganze
Reihe gibt, und zwar deswegeri, weil nicht wohl die so
mannigfachen Stbrungen durch ein oder einige wenige
Gifte erzeugt werden. Die Art und das Wesen dieser
Darmgifte naher zu definieren, ist zurzeit unmbglich. „Die
Tatsache ist aber fiir die arztliche Praxis von sehr grossem
Werte, weil, wenn wir ein auf solche Weise entstandenes
Bronchialasthma vor uns haben, die Heilindikationen klar
vorgezeichnet sind. Wir werden namlich dementsprechend,
um in dieser Beziehung vollst&ndige Klarheit zu gewinnen,
bei einem jeden Falle von Bronchialasthma, welcher in
unsere Behandlung eintritt, die Funktion des Darms prlifen
mussen, und zwar insbesondere durch sorgf<ige Unter-
suchung des Bauches. Wenn nun Koprostrase besteht,
muss diese in geeigneter, in meinem Buche liber die chro-
nische Stuhlverstopfung angegebene Weise bek&mpft bzw.
beseitigt werden. Wir werden sodann nicht nur dies Ziel
erreichen, sondern auch in einzelnen Fallen das A. gleich-
zeitig verschwinden und heilen sehen. Ich sage keines-
wegs, dass in alien den Fallen, bei denen gleichzeitig
Brochialasthma und Koprostase bestehen, ersteres mit letz-
terer in kausalem Zusammenhange stehen muss, vermag
auch nicht im voraus anzugeben, in welchen Fallen ein
solcher Zusammenhang anzunehmen ist. Jedenfalls ent-
spricht es einer naturgemassen Heilindikation, dass eine
neben dem Bronchialasthma bestehende Koprostase besei¬
tigt wird. Gelingt es dabei, das gleichzeitig vorhandene
Bronchialasthma zu heilen, so ist dies ein Erfolg, dessen
Bedeutung wirklich nicht hoch genug anzuschlagen ist.“
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 42.)
Blutungen, XTeber die Anwendung der Blnnkschen Blat-
gefassklemme. Von Dr. E. Schlechtendahl (Barmen).
Dank der Lokalanasthesie kann der Praktiker jetzt manche
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102
BlutuDgen.
kleinen operativen Eingriffe ohne Assistenz machen. Bisher
raachte sich aber dabei ein Uebelstand oft beraerkbar,
wenn es n&mlich am Schluss der Operation gait, die vor-
lftufig mit Klemmen gefassten blutenden Geffisse zu unter-
binden. Gescbah es nicbt zufftllig an hfingender Klemme,
so war es oft nicht mQglich, die Ligatur um das Geffiss
zu legen, ohne dass die Klemme von einem Assistenten
angezogen wurde. Die an Stelle der Unterbindung an-
gewandte Torsion des Geffisses verfehlte oft ihren Zweck
und war deshalb sehr unsicher. Die von Doyen, Tuffier,
Zweifel, Perm an n und anderen angegebenen Angio-
triptoren sind fQr Anwendungen in der allgemeinen Praxis
zu unhandlich und deshalb fQr die sogenannte kleine
Chirurgie unbrauchbar. Dagegen vermeidet ein von Stabs-
veterinfir R. Blunk erfundenes Instrument diese Nachteile
und gibt dem allein operierenden Arzt die Mdglichkeit,
auch die definitive Blutstillung ohne Assistenz auszufQhren.
Diese Blunksche Blutgeffissklemme hat die Form einer
Schere mit kurzen starkgekrfimmten Branchen, die auf
der Innenseite stumpf gezahnt sind. Die beiden Scheren-
blfitter laufen dicht Qbereinander, bei der grOsseren Sorte
(das Instrument ist in drei GrOssen der ver^chiedenen
Stftrke der Geffisse entsprechend angegeben) fasst das
Ende der einen Branche in einen vom andern Branchen-
ende gebildeten Falz. Die Anwendung des Instruments
ist verblfiffend einfach. Jedes blutende Geffiss wird, wie
auch sonst bei Operationen, mit der Arterienklemme oder
Pinzette gefasst. Statt nun am Schluss der Operation
oder auch wfihrend derselben zu unterbinden, bedient man
sich zur definitiven Blutstillung der Blunkschen Klemme
folgendermassen: Mit der linken Hand fasst man die Ar¬
terienklemme und zieht das damit gefasste Geffiss samt
dem eventuell mitgefassten kleineren Gewebsbfindel vor.
Dann fasst man die Blunksche Klemme wie eine Schere
mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand und schliesst
die Branchen hinter den Enden der Arterienklemme, als
wenn man das Geffiss oder das GewebsbOndel hinter der
Arterienklemme mit einer Schere durchschneiden wollte.
Man halt die Branchen durch leichten Druck geschlossen,
nimmt dann zuerst die Arterienklemme ab, um hiernach
erst die Blunksche Klemme langsam ohne Zugwirkung
zu Qffnen und zu Ibsen. Man muss noch darauf achten,
dass man das Geffiss mOglichst in querer Richtung zum
Lumen und mit dem gezahnten Teil der Branche fasst.
Die Blutstillung des Geffisses ist damit erledigt, und zwar
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Blutungen.
103
ist sie dadurch zustande gekommen, dass durch den Druck
und das Uebereinanderschieben der stumpfgezahnten
Branchen die Intima und Media des Gefftsses durchtrennt
sind und sich nach beiden Seiten in das Lumen des Ge¬
fftsses hinein umkrempeln, wfthrend die Adventitia nicht
durchschnitten, sondern fest aufeinandergepresst wird.
Durch diese aufgerollten Innenhftute entstebt ein ventil-
artiger Verschluss des Gefftsses gegen die anstromende
Blutwelle, der durch den sich jetzt bildenden Thrombus
verstftrkt wird. Wenn man sich einigermassen mit der
einfachen Technik vertraut gemacht hat, wird man das
Instrument in der Praxis nicht mehr missen wollen und
ohne Assistenz di§ Blutstiilung leicht ausfdhren kdnnen.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 38.)
— TJeber eine anteoperative Vorbehandltmg hochgradiger An-
amien durch intrainuskul&re Injektionen von defibri-
niertem Menschenblute. Von Privatdozent Dr. Esch.
(Aus der Univers.-Frauenklinik zu Marburg.) Viele Myom-
fftlle kommen vbllig ausgeblutet zur Operation, und man
ist dann in Verlegenheit, wenn man diese anftmischen
Pat. operieren will und muss. Autor suchte auf Anre-
gung durch seinen Chef, Herrn Prof. Dr. Zangemeister,
diese sekundftren Anftmien durch Bluttransfusion gQnstig
zu beeinflussen. Er machte dabei aber keine Versuche
mit der ublichen intravenbsen Bluttransfusion, bei der sich
auch heute noch nicht in jedem Falle mit Sicherheit die
bedrohlichen Symptome der „Transfusionserscheinungen“
vermeiden lassen, sondern er nahm ausschliesslich intra-
muskulare (intraglutftale) Jnjektionen von defibriniertem
Menschenblut vor. Diese Methode zeichnet sich durch
Einfachheit, Schmerzlosigkeit und vor alien Dingen durch
eine absolute Ungeffihrlichkeit aus. Nach Anlegung einer
Gummibinde oder der Stauungsmanscbette nach Moritz um
den Oberarm wird dem Blutspender durch Punktion der
Vena mediana cubitalis mit einer kurzen Kaniile das ge-
wtinschte Blut entnommen. Man fftngt das Blut in einem
Erlenmeyerschen Kolben, dessen Boden mit Glasperlen
hedeckt ist, auf. Schon wfthrend des Einfliessens wird
der Kolben vorsichtig geschtittelt, was nach dem Einfliessen
noch 7—8 Minuten fortgesetzt wird, um das gewonnene
Blut mbglichst zu defibrinieren. Von einer Filtration
durch Gaze sieht Autor ab. Sofort wird jetzt das Blut
tief in die Glutfialmuskulatur injiziert, und zwar hat Autor
bis zu 30 ccm an ein und derselben Injektionsstelle in-
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104
Blutungen — Epilepsie.
jiziert. Diese Prozedur ist schmerzlos im Gegensatz zu
den subkutanen Injektionen von defibriniertem Blute. Nie
bildeten sich Indurationen oder gar Abszesse. NatGrlich
stellten sich auch nie die sogen. ^Transfusionserscheinungen 14
ein. Autor gibt die Krankengeschichten von zwei so be-
handelten Fallen. Es handelte sich um zwei Pat. mit
hochgradiger sekundarer Anamie, die in solch herunter-
gekommenem Zustande in der Klinik Aufnabme fanden,
wo die strikte indizierte Operation eine grosse Lebens-
gefahr bedeutete. Innerhalb von 14 Tagen wurde der
anamische Zustand durch je drei Injektionen von defi¬
briniertem Blut so gQnstig beeinfiusst, dass sich die Kranken
in einer „operationsfahigen Verfassung 44 befanden. Die
Ueberzeugung’, dass die gQnstige Beeinflussung auf die
Behandlungsmethode zurdckzufGhren ist, begrGndet Autor
damit, dass die eine der beiden Kranken vorher sieben
Tage lang ohne den geringsten Erfolg mit anderer Medi-
kation behandelt wurde, und dass beide Pat. zu Hause
unter so gfinstigen Verhaltnissen lebten, wie sie ihnen die
Klinik nicht besser bieten konnte. Ausserdem gingen der
Eintritt und der Fortschritt der Besserung in beiden Fallen
gleichmassig, so parallel mit den Injektionen, dass ein
ursachlicher Zusammenhang zwischen beiden nicht von der
Hand zu weisen ist. Jedenfalls halt sich Autor f&r be-
rechtigt, eine NachprQfung seiner Ergebnisse, deren Wich-
tigkeit klar zutage liegt, an einem grbsseren Material zu
empfehlen. (Mttnch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
Epilepsie. Epileptin hat Dr. Vorschulze (Leipzig) mit sehr
befriedigendem Erfolge angewandt. Epileptin ist eine Kom-
bination von Brom, Zinkoxyd, Borax, Phenazetin, Koch-
salz, und wird von dem Laboratorium filr Therapie in
Dresden hergestellt. (Allgem. med. Zentral-Ztg. 1911 Nr. 89.)
— XJeber Bromkalzinm-Harnstoff (TTreabromin). Von Dr. phil.
Ph. Fischer und Oberarzt Dr. J. Hoppe (Chem. Labo¬
ratorium der Landesheilanstalt Uchtspringe). Bei dem
Praparat (hergestellt von Gehe & Co., Dresden) vereinigt
sich die diuretische Wirkung des Harnstoffs mit der herz-
anregenden der Ca-Salze; es entbalt 36°o Brom. An-
gezeigt ist es bei Fallen von E.
1. in denen die Ausscheidung bereits darniederliegt,
2. in denen die Ilerztatigkeit eine verminderte ist v
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Epilepsie — Erysipelas — Lupus.
105
3. in denen Verdacht einer Intoxikation entweder vom
Darm oder von den Nieren aus vorliegt,
4. bei alien spasmophilen Zustanden.
Man gibt von einer Lfisung Ureabromin 40:300 Er-
wachsenen tSglich 2—3 Esslfiffel, Eindern 2—3 Teelfiffel.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
Erysipelas. Diphtheriesertun bei E. hat sich Dr. O. Polak
(Bezirkskrankenhaus in Bfihmisch-Brod) gut bew&hrt. Theo-
retisch die Wirkung zu erkl&ren, 1st schwer, jedenfalls
wird aber E. durch hinreichend grosse Dosen Diphtherie-
serum, das eventuell wiederholt zu injizieren ist, auffallend
gunstig beeinfluSSt. (Wiener med. Wochenschrift 1911 Nr. 30.)
— Ueber afebril verlaufendes E. Von Privatdoz. Dr. E. v. Czyh-
larz. (Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien.) Unter 324 in
einem Jahre beobacbteten Fallen verliefen 29 (= 9%)
fieberlos. Es bandelte sich meist um Gesichtserysipele mit
leichterem Verlauf und nicht grosser Ausdehnung.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 37.)
L—PU S. Znr Behandlung des L. vulgaris. Von Prof. Dou-
trelepont (Bonn). Die gegenwartig vom Verf. im all-
gemeinen gefibte. Behandlungsweise — ein ffir alle Falle
gfiltiges Schema lasst sich natfirlich nicht aufstellen —
besteht in einer Kombination alterer und neuerer Methoden.
Zunachst wird jeder Lupusfall mit Umschlagen von l°/oo
Sublimatlfisung und — sofern der Lupusbefund und der
Allgemeinzustand des Pat. keine Kontraindikation bieten —
mit Tuberkulininjektionen (von 1,500 mg TR ganz all-
mahlich steigend, in der Regel nicht fiber 2 mg hinaus)
behandelt. Die Sublimatumschlage werden unterbrochen
durch 3—4 Tage lang fortgesetztes Auflegen einer 10°/oigen
Pyrogallolsalbe, das wiederholt wird, sobald sich unter
erneuten Sublimatumschlagen der Aetzschorf abgestossen
hat, und zwar solange, bis gute Granulationsbildung ein-
getreten ist. Hypertrophische tuberkulfise Granulationen
werden vor der Pyrogallolbehandlung mit dem scharfen
Lfiffel ohne Anwendung starkerer Gewalt entfernt, worauf
die Wunde zur Verhfitung einer Verschleppung von Tu-
berkelbazillen durch die erfiffneten Lymph- und Blutgefasse
sofort mit dem Paquelin leicht zu verschorfen ist. Die
Sublimatumschlage werden unmittelbar nach der Pyrogallol-
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106
Lupus.
behandlung oft sehr schmerzhaft empfunden, in welchem
Falle man entweder anfangs die Konzentration der Losung
yerringert oder die Schmerzen durch Aufpudern von Ortho-
form , An&sthesin u. dgl. zu mildern sucht. W&hrend
der Anwendung von Pyrogallol oder Sublimat zieht Verf.
auch die Rbntgenbestrahlung zur Hilfe heran, sucht dabei
aber sichtbare Reaktionen mdglichst zu vermeiden. Die
Finsenbehandlung reserviert er, weil sie sonst gar zuviel
Zeit in Anspruch nehmen wftrde, meist ffir die Beseitigung
der letzten Reste; bei wenig ausgedehntem L. kann sie
aber natfirlich schon von vornherein angewendet werden.
Schliesslich noch etwa in der Narbe zurQckgebliebene dis-
seminierte Lupuskndtchen werden galvanokaustisch zer-
stdrt. Kleine restierende oberflflchliche Herde kdnnen auch
durch die Tuberkulinimpfung nach Pirquet beseitigt
werden. 1st anscheinend vdllige Heilung erzielt, so sucht
Verf. diese durch Injektion von Alttuberkulin sicherzu-
stellen, wobei er mit 1 mg beginnt und, wenn keine All-
gemeinreaktion eintritt, bis 10 und 20 mg steigt. Wahr-
scheinlich kdnnen durch diese Injektionen auch kliniscb
nicht mehr erkennbare Knotchen noch zur Heilung ge-
bracht werden. Bei der Entlassung werden die Pat. stets
auf die Moglichkeit eines Rezidivs und auf die Notwen-
digkeit, sich bei den geringsten verdachtigen Erscheinungen
wieder vorzustellen, hingewiesen. Beim Schleimhautlupus
der Nase bewShrte sich das mehrmals taglich wiederholte
Einfhhren von Wattetampons, die mit Sublimatldsung ge-
tr&nkt sind; zeitweilige Pyrogallolsalbenapplikation ver-
st&rkt die Wirkung. — Bei Erkrankung der Konjunktiva
hat D. vielfach vom Einpudern von Calomel vapore pa-
ratum und galvanokaustischer Stichelung resistenter Gra-
nulationen gute Erfolge gesehen. — L. des Zahnfleisches,
des harten und weichen Gaumens, wird nach galvano¬
kaustischer Zerstdrung mit Milchsfiure, Jodoform, Jodtinktur
oder l%igem Sublimatspiritus behandelt. Beim L. des
Kehlkopfes zeigten Jodoformeinblasungen giinstige Wirkung.
Die Anwendung des Tuberkulins ist bei alien lupbsen
Schleimhauterkrankungen ganz besonders indiziert.
(Archiv f. Dermatol, u. Syph. Bd. 100. — Deutsche Med.-Ztg. 1910 Nr. 22.)
— XTeber die Behandlung des L. vulgaris im Ganmen mit Jod-
natrinm und WasserstofFsuperoxyd nach Dr. Ffannen-
stills Methode. Von J. Schaumann. (Aus dem Finsen-
institut des Krankenhauses St. Goran in Stockholm.) Bei
L. der Nase hatte sich mehrfach folgende Methode be-
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Lupus — Magen- und Darmaffektionen. ] 07
wahrt: Es wurden zweimal tfiglich die angegriffenen Nasen-
kavitfiten tamponiert mit in schwach essigsaure (3—)1 V2°/oige
OxygenollQsung getauchten GazestQckchen, wahrend zwi-
schendurch die Pat. selbst — durch Eintrfiufeln der
genannten Ldsung mehrmals stQndlich mittels einer Tropf-
rQhre — die Tampons feucht hielten. Die Pat. erhielten
tfiglich 3 g Jodnatrium, verteilt auf 6mal 1 EsslQffel. Es
kam ein Fall von L. des harten Gaumens in Behandlung.
Die Yersuchung lag natQrlich nahe, die obenerwfihpte
Methode auch auf die MundhQhle anzuwenden. Zu diesem
Zvvecke liess Autor eine Gaumenprothese anfertigen, die
an ihrer oberen, dem Gaumen zugewandten Flfiche mit
einer Aushdhlung versehen war, entsprechend der lupdsen
Partie, die sie um einige Millimeter Qberschritt. Am
4. I. 1911 wurde mit Hilfe dieser Prothese die Behand¬
lung des harten Gaumens nach Dr. Pfannenstills Prin-
zip begonnen. Die Schleimhaut war da auf einem zwei-
markstQckgrossen Gebiet im vorderen Teil des harten
Gaumens gerQtet, unregelmfissig granuliert und leicht
blutend. In der Aushdhlung der oberen Prothesenflfiche
wurde ein mit der obenerwfihnten Oxygenollosung ge-
trfinkter Wattebausch plaziert, in hinreichend dicker Schicht,
um mit der tuberkulosen Flfiche in BerQhrung zu kommen;
mehrmals stQndlich nahm die Pat. den kfinstlichen Gaumen
heraus und tropfte OxygenollQsung auf die eingelegte
Watte, die viermal tfiglich gewechselt wurde. Innerlich
NaJ »/* g X 6 tfiglich. Das Resultat ubertraf die Erwar-
tungen. Im Laufe einiger Tage waren die tuberkuldsen
Prominenzen zum grdssten Teil mehr oder weniger tief
ulzeriert; am 28. I., wo die behandelte Partie dasselbe
Niveau wie die Umgebung zeigte, wurde die Behandlung
ausgesetzt, und einige Tage spfiter — vier Wochen nach
Beginn der Behandlung — war die Schleimhaut blass,
glatt und fest. Bei spfiter vorgenommener Untersuchung
der Gaumenschleimhaut — nahezu sieben Monate nach
dem Aussetzen der Behandlung — war kein Zeichen eines
Rezidivs ZU sehen. (Berliner klin. Wochensohrift 1911 Nr. 40.)
Wlagei" und Darmaffektionen. Ueber Uzara, ein
nenes organotrop wirkendes Antidiarrhoiku m. Yon
Prof. Dr. med. et phil. A. GOrber. (Aus dem Pharma-
kolog. Institut Marburg.) Es handelt sich um ein Prfi-
parat, das bei den verschiedensten DiarrhQen eklatante
Wirkung ausQbt. Uzara ist der Eingebornenname eines
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108
M&gen- und Darmaffektionen.
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im afrikanischen Seengebiete heimischen, wahrscheinlich
zur Farailie der Asklepiadaceae gehOrigen, sonst aber bo-
tanisch noch unbestimmten Halbstrauches. Seihe offenbar
nur wenigen Medizinm&nnern bekannte und von diesen
als strengstes Geheimnis gehQtete Heilkraft liegt in den
m&chtig entwickelten Wurzeln, deren bizarre Formen und
&usserst bitterer Geschmack wohl ihre Entdeckung als
Arzneimittel veranlasst haben mdgen. FQr unseren Arznei-
schatz verdanken wir die Entdeckung der neuen Droge
den jahrelangen eifrigsten BemQhungen des Herrn H. W.
A. Hopf aus Melsungen, der viele Jahre im Wachstums-
gebiet der Uzara gereist hat. Nach vielen BemQhungen
ist es Autor gelungen, die wirksamen Stoffe der Uzara-
droge derart in einem Pr¶t zu vereinigen, dass zwischen
Gewicht und Wirkung ganz feste Beziehungen bestehen.
Dieses Pr¶t, dessen Herstellung und Wirksamkeit vom
Autor st&ndig kontrolliert wird, ist nun das neue Anti-
diarrhoikum „Uzara“, das die Uzaragesellschaft in Mel¬
sungen in Form von Liquor, Tabletten und Suppositorien
in Handel bringt. Liquor Uzara ist eine 2°/oige LOsung
des Pr¶tes, die Tabletten enthalten davon 5 mg, die
Suppositorien je nach Starke 5,10 oder 20 mg. Der Li¬
quor kann als Tropfen (bis 6mal taglich 30 Tropfen),
als Mixtur (10,0 auf 150,0) oder auch als Zusatz zu
scbleimigen oder adstringierenden Abkochungen (10,0 auf
150,0) verschrieben werden. Bemerkt sei aber, dass Uzara
in verdOnnter wasseriger LOsung sich schon nach wenigen
Tagen zersetzt, wahrend es sonst, soweit die Erfahrungen
reichen, sehr halthar zu sein scheint. Yon den Tabletten
dQrfen 3—4 StQck bis 6mal taglich gegeben werden, von
den Suppositorien jedoch nur 3 mal taglich ein StQck.
Die Dosen fQr Kinder richten sich nicht nach den Qblichen
Normen, sie sind bedeutend grosser und sollen selbst fur
den Saugling nicht unter */b der Einzeldosis fQr den Er-
wachsenen betragen. Die geeignetsten Yerordnungsformen
fQr Kinder sind Suppositorien und etwa mit Sirupus
aurantii corticis korrigierte Mixturen. Die oben ange-
gebenen Dosen sind so gewablt, dass bei 1—2maliger
Wiederholung ein sicherer therapeutischer Efiekt erzielt
wird, sofern ein solcher Qberhaupt erwartet werden kann,
was fQr alle akuten und die meisten chronischen Diarrhoen
zutrifft. Die Dosis dQrfte aber bei Gaben per os auch
ohne das geringste Bedenken um das Drei- bis Vierfache
erhOht werden, das ist aber durcbaus unnOtig und soli
hier nur zeigen, dass Uzara innerhalb weiter Grenzen
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Magen- und Darmaffektionen — Skabies.
109
der therapeutisch wirksamen Mengen keine sch&dliche Neben-
wirkungen hat. Bei der Anwendung als Suppositorien
ist es wQnschenswert, sich streng an die gegebene Do-
siemng ZU halten. (Munch, med. Wochenschrift 1911 Nr. 40.)
— TTeber die Behandlnng der Hyperazidit&tszust&nde des
Magens mit Neutral on. Von Dr. J. Schlesinger. (Aus
der Poliklinik von Prof. Rosenheim u. Dr. Kramm in
Berlin.) Neutralon hat sich bei der Behandlung der Hyper-
azidit&tszust&nde des Magens, bei Hyperchlorhydrie, Hyper-
sekretion und beim Ulcus ventriculi als durchaus brauchbar
erwiesen. (Munch, med. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
Skabies* Zur Diagnose der S. Von Dr. A. Rosenberg
(Berlin). Es wird gelehrt, dass man „nur“ nach den vom
Akarus gesetzten Gangen zu suchen habe, um zur Di¬
agnose zu gelangen. Das Finden derselben* ist aber oft
gar nicht so einfach, weil die bekannten Kratzeffekte die
an sich polymorphen Effloreszenzen noch komplizieren. Um
schnell zum Ziele zu gelangen, hat sich nun ein einfaches
Mittel bew&hrt: das von der Lupusknbtchendiagnose her
bekannte Verfahren, durch Druck mit einem Objekttriiger
die Haut blutleer zu machen. Hierbei treten die leicht
gewundenen Gfinge mit den typischen punktfbrmigen,
perlschnurahnlich angeordneten Kolb alien von der Milbe
mit wunderbarer Deutlichkeit hervor.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 33.)
— Zur Xleiderdesinfektion bei S. empfiehlt Dr. C. Philip (Ham¬
burg) das Autan . Die kleinste im Handel befindliche
Autanpackung ist nun auf 2,5 cbm Raum eingestellt.
Um von vornherein eine mfjglichst grosse Garantie fflr
das Gelingen der Versuche zu haben, hat Ph. einen nur
1,25 cbm grossen Raum von folgenden Massen: Hohe
2,20 m, Breite 0,95 m und Tiefe 0,60 m gleich beim Bau
seiner Klinik an einer geschfitzt liegenden Wand auf dem
Boden mit anmauern lassen. Derselbe ist durch eine in
den Felgen entsprechend ausgelegte (eiserne) TQr zu ver-
schliessen und besitzt ausserdem einen von aussen regu-
lierbaren Schieber, der es gestattet, nach beendeter Des-
infektion den Formaldehyd in den Schornstein abzuleiten.
Selbstverstandlich kann man je nach Bedarf durch nach-
tr&gliches Sprengen mit Ammoniak den anhaftenden Geruch
noch grflndlicher entfernen. Da sich nicht jeder gleich
entschliessen wird, einen solchen Raum extra zu bauen,
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110
Skabies.
kann als einfaches Hilfsmittel empfohlen werden, einen
alten Kleiderschrank dazu zu verwenden, bei dem es nur
nfitig ist, ffir hermetische Abdichtung zu sorgen. Das
Verfahren ist nun ein denkbar einfaches. Bei den Kleidern
wird das Innere nach aussen gekehrt und die besonders
in Betracht kommenden Stellen derselben (Genitalgegend
und Aermeleing&nge) mSglichst exponiert nach aussen und
nach unten h&ngend gekehrt. In einem am Boden stehenden
Holzeimer wird dann das Autan mit der erforderlichen
Menge Wasser flbergossen und die Kleidungsstficke die
Nacht fiber im Raum belassen. Am andern Morgen sind
dieselben wieder gebrauchsfahig, ohne irgendwie durch
diese Desinfektion geiitten zu haben. Neben dieser Zweck-
m&ssigkeit stellt sich dieses Verfahren auch ausserordentlich
billig, da eine Packung Autan 4 2,5 cbm nur auf M. 0,45
ZU Stehen kommt. (Miinch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 38.)
#
#
— Ueber Ilistin, ein nenes Antiskabiosum, schreibt Dr. J. Neu-
berger (Allgemeines Stfidt. Krankenhaus in Narnberg).
„Mit grossem Interesse habe ich vor etwa acht Monaten
auf der dermatologischen Abteilung Versuche mit einem
mir von den Elberfelder Farbenfabriken vorm. Friedrich
Bayer & Co. zur Verffigung gestellten, den Monobenzol-
ester des Aethylenglykols darstellenden farb- und geruch-
losen Antiskabiosum begonnen, das auf Grund von Tier-
versuchen vollkommen ungiftig sein sollte und keine
Nierenreizung im Gefolge hat. Es ist eine 25°/oige alko-
holische Lfisung mit Glyzerinzusatz und hat neuerdings
von der Fabrik den Namen ,Ristin‘ erhalten. Ich habe
bisher insgesamt 85 Skabieskranke, zumeist Manner, we-
niger Frauen, mit Ristin behandelt. Die klinischen Bilder
waren sehr vielgestaltig. Falle mit geringen Kratzeffekten
und nur wenigen Milbengftngen we^hselten mit solchen
ab, bei denen schon lftngere Zeit die S. bestand, die ty-
pischenLokalisationsstellen(Interdigitalfalten, Achselgegend,
Penis, Skrotum, Glutaalgegend) stark zerkratzt und ekze-
matfis entzfindet waren, auch gelegentlich urtikarielle
Symptome und multiple Furunkelbildungen den Prozess
komplizierten. In alien F&llen wurden die Ristineinrei-
bungen gut vertragen. Der Juckreiz liess schon nach der
ersten Einreibung nach, um nach der zweiten und dritten
zumeist ganz zu verschwinden. Subjektiv empfanden die
Pat. unmittelbar nach der Einreibung in der inneren
Schenkel-, Genital- und Glutaalgegend ein leichtes, wohl
auf den Alkohol zurfickzuffihrendes Brennen, das aber
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Skabies.
Ill
stets nach kurzer Zeit wich. Meinen Erfahrungen nach
genfigen in der Regel drei Einreibungen zu je 50 g Ristin.
In besonders hochgradig entwickelten Fallen dfirfte es der
Sicherheit der Wirkung halber zweckmassig sein, die
Hauptlokalisationsstellen noch ein weiteres Mai knrz ein-
reiben zu lassen. Da die spiritudse Ristinlfisung schnell
eintrocknet — etwa drei Stunden nach einer Einreibung
1st von dieser nichts mehr auf der Haut zu bemerken —,
so kann die Skabieskur in kurzer Zeit erledigt werden.
Es ist sehr wohl. mfiglich, die drei Einreibungen -— bei
einem nicht besonders komplizierten Skabiesfall — an
einem Tage (vormittags, mittags und abends) vorzunehmen.
Versuche, die ich in letzter Zeit gerade in dieser Rich-
tung anstellte, ffthrten im Effekt zu den gleichen Ergeb-
nissen, wie die frtihere Methode, nach der wir die Ein¬
reibungen erst in langeren Zwischenraumen vornehmen
liessen. Ich hebe das besonders hervor, da z. B. beim
Feruol Sack angibt, dass ,bei richtiger Anwendung alle
zwfilf Stunden 3—4 Tage nacheinander mittels eines
kraftigen Borstenpinsels 1 das Mittel eingerieben werden
masse. Wir haben das Ristin vom Warter mit der Hand
einreiben lassen. Die Wirksamkeit des Ristins unterliegt
nach meinen Beobachtungen keinem Zweifel. Rezidive
sind unter den 85 Skabiesfallen nicht vorgekommen, wo-
bei allerdings ein kleiner Teil unserer Falle far eine
definitive Entscheidung noch zu kurze Zeit zurfickliegt,
manche unserer Kranken sich auch auf der Wanderschaft
befanden und mfiglicherweise doch anderwarts spater von
neuem in Behandlung getreten sind. Immerhin war mir
die Tatsache gegenfiber frOheren Resultaten auffallend,
dass mir kein Rezidiv zu Gesicht gekommen ist. Ein
besonderer Vorzug des Ristins liegt neben seiner Geruch-
und Farblosigkeit, welch letztere Eigenschaften die ambu-
lante Behandlung erleichtern, in seiner Reizlosigkeit. Mir
sind irgendwelche Hautirritationen durch Ristin nicht zur
Kenntnis gekommen, auch kfinnen selbst stark ekzematose
Falle sofort ausgiebig einer Ristinbehandlung unterworfen
werden, ohne dass zuvor irgendeine antiekzematfise mil-
dernde Therapie einzuschlagen ware. Aus diesen Grttnden
war auch die Behandlungsdauer bei den mit Ristin be-
handelten Fallen eine viel kfirzere als wie bei unserer
frfiher gefibten Behandlungsart (Perubalsam, Antiskabin).
Albuminurie wurde niemals beobachtet. — Mein Gesamt-
resultat ist, wie sich aus dem Vorhergehenden ergibt, ein
sehr gfinstiges. Das Ristin scheint mir das Peruol weit
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112
Skabies — Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
zu tibertreffen. Auch einige Versuche, die ich in der
Privatpraxis mit d® m Ristin gerade in solchen Fallen an-
stelite, bei denen ich mit Peruol nicht die gewiinschte
Wirkung zu erzielen vermochte, best&tigen dieses Urteil.
Vorlftufig dfirfte das Ristin des Preises halber — die
Fabrik will Originalflaschen zu 175 g zum Preise von
5.50 M. einfGhren — in grossem Umfange wohl nur in
der Privatpraxis sich einbfirgern. For die ambulante Be-
handlung in der Privatpraxis ist das Ristin jedenfalls
nicht teurer als das Peruol, sogar billiger, wenn man, wie
Sack angibt, 6—7 Einreibungen mit im ganzen 200 bis
300 g Peruol vornehmen soll.“
(MUnch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 42.)
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. Weitere
Erfahrungen fiber die Behandlung von Schwanger-
schaftstoxikosen mit normalemSchwangerscbaftsernm.
Von Privatdozent Dr. A. Mayer. (Aus der Universit&ts-
Frauenklinik zu Tfibingen.) Drei weitere Falle mit gfin-
stigen Resultaten. Fall 1: 23jahrige Ipara klagt im zehnten
Monat der bis dahin normalen Schwangerschaft fiber Akro-
parftsthesien: Jucken, Taubsein und Kribbeln in den
Fingerspitzen. Diese sind leicht aufgetrieben und erinnern
etwas an das Bild der Akromegalie. Vielleicht hing dieser
Zustand mit den in der Schwangerschaft sich vollziehenden
Ver&nderungen der Hypophyse zusammen. Urin zeigt
keine Besonderheiten. Intravenfise Injektion von 10 ccm
normalem Schwangerenserum. Nach zwei Tagen ist das
Jucken vollig verschwunden, die anderen Beschwerden
hatten sich sehr gebessert und hfirten bald nachher auch
ganz auf. Zusammengefasst fiel im zweitcn Falle auf,
dass ein Herpes gestationis durch die Geburt nicht beein-
flusst wurde, sondern nach Art gewisser Eklampsieformen
ins Wochenbett hinein fortdauerte und sich sogar noch
verschlimmerte bis zur Seruminjektion. .Nach jeder der
drei Seruminjektionen trat alsbald eine deutliche Besserung
der Hauterscheinung zutage in Form von Kollabieren der
Blaschen und daran sich anschliessender Abschuppung.
In der dreimaligen Wiederholung desselben Vorganges
eine Folge der Seruminjektion zu erblicken, hat wohl
nichts Gezwungenes. Zusammenfassend ware zu dem dritten
Falle zu sagen, dass es sich um eine schwere Eklampsie
handelte; daffir sprachen das anhaltende Koma, die At-
mungsstfirungen nach den Anfallen, die fast vftllige Anurie
mit 7°/o Albumen und Komazylindern und der schlechte
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Schwangerechaft, Geburfc, Wochenbett. 113
Puls. Trotzdem haben die Anf&lle 8 1 /® Stunden vor der
Entbindung aufgehdrt. Das Koma verschwand, die anfangs
ganz reaktionslose Pat. war schon sechs Stunden ante
partum in rasch fortschreitendem Erwachen begriffen, und
es zeigte sich schon da eine zunehmende Besserung aller
Erscheinungen, namentlicb auch der Diurese. Womit war
das zu erkl&ren? Zun&chst muss betont werden: es wurde
nicht entbunden, man begnQgte sich lediglich damit, den
im Muttermund liegenden Fuss mit einer Kornzange herab-
zuholen. Auch sonst wurde keines der (lblichen Mittel
angewendet: kein Aderlass, oder ein einem solchen gleich-
kommender Blutverlust w&hrend der Geburt, kein Nar-
kotikum, denn die zweimal gegebenen wenigen Tropfen
Chloroform kbnnen doch wohl kaum als therapeutisch
wirksames Narkotikum angesehen werden. Es wurde also
ausser der dreimaligen intravenbsen Injektion von nor-
malem Schwangerenserum von je 20 ccm therapeutisch
ttberhaupt nichts gemacht. Und doch hbrten die schweren
Anf&lle schon viele Stunden ante partum auf, und doch
trat schon lange vor Entleerung des Uterus eine unver-
kennbare, zunehmende Besserung ein. Autor glaubt, dass
man da annehmen darf, dass die Seruminjektion gGnstig
gewirkt hat. Das lfisst sich auch noch aus einzelnen Ver-
laufsmomenten sttttzen: Zirka 1 U Stunde nach der ersten
Seruminjektion wurde die bis dahin tief koroatbse Pat.
auffallend agil, das Erwachen schreitet so schnell fort,
dass sie nach Stunden auf Anruf die Augen bffnet,
freilich um dann (vielleicht durch das Anrufen) einen
neuen Anfall zu bekommen, dem vier weitere und ein
erneutes tiefes Koma folgten. 20 Minuten nach der zweiten
Injektion wurde die tief komatbse Pat. wieder auffallend
unruhig, fing an, die Wehen zu spQren. 5 /< Stunden sp&ter
kommt freilich nochmals ein schwerer eklamptischer An¬
fall, aber im Gegensatz zu bisher ist er nicht von langem
Koma gefolgt, vielmehr kehren alsbald Korneal- und Pu-
pillarreflexe wieder. Pat. kommt immer mehr zu sich
und sieht schon eine knappe Stunde nach dem letzten
Anfall viel besser aus als bisher je; wabrend vorher in
7—8 Stunden nur 30 ccm Urin abgesondert wurden, lilsst
Pat. nach der zweiten Injektion innerhalb zwei Stunden
zweimal reichlich Urin unter sich gehen. Das .alles wiirde
man bei jeder anderen Therapie, namentlich der Schnell-
entbindung oder der Nierendekapsulation, nicht als Zufall
ansehen, sondern als Folge der Therapie. Ich glaube,
mit dem8felben Rechte und derselben Wahrscheinlichkeit
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114
Schwangerechaft, Gebart, Wochenbett — Syphilis.
darf man daher den erzielten Erfolg auf die Seruminjek-
tion zurQckfdfhren. Das ware also der erste Fall von
Eklampsie, der unentbunden, anscheinend lediglich durch
in tra venose Injektion von normalem Schwangerenserum
abheilte. (Zentralblatt fur Gynftkologie 1911 Nr. 87.)
— Pituitrin als wehentreibendes Mittel. Yon Y. B agger -
Jbrgensen. (Univers.-Frauenklinik zu Lund.) Es wurden
w&hrend der letzten Mon ate in der Klinik einige Versuche
mit Pituitrin angestellt. Bei den zwei ersten Yersuchen
wurde das Mittel nur in einer Dosis von 0,6 ccm gegeben.
In beiden Fallen trat eine ausgesprochene Verst&rkung
der Wehen ein; die Geburt folgte aber nicht im Anschluss
an die Injektionen. Bei der ersten Pat. wurde wegen
ihrer Ermfidung nach vier Stunden Morphium gegeben;
bei der zweiten wurden nach acht Stunden die Wehen
wieder schwach wie vor der Injektion; bei beiden folgte
sp&ter normale Geburt. In fQnf weiteren Versuchen war
die Wirkung des Pituitrins eine sehr eklatante; es wurden
1—1,2 ccm appliziert. Autor kann also sagen, dass das
Pituitrin sich als ein kr&ftiges und zuverl&ssiges wehen¬
treibendes Mittel erwiesen hat; vielleicht wird man mit
grOsserer Erfahrung und besserer Dosierung, z. B. ver-
schieden grosse Dosen in den verschiedenen Geburtsperioden,
noch sicherere Resultate gewinnen. (Ebenda.)
Syphilis. Ueber Nebenwirkungen bei intravendaen Sal-
varsan-Injektionen, bedingt durch Kochsalzldaungen.
Von Dr. Galewski (Dresden). Autor mahnt, stets ab-
solut keimfreie, frisch zubereitete KochsalzlOsung zu be-
nutzen, da sonst schwere Nebenerscheinungen auftreten.
Auch soil die Injektion keinesfalls ambulant gemacht
werden. Autor hat w&hrend der Injektionen einen Kollaps
bei einem jungen, kr&ftigen Offizier erlebt, der zum Auf-
hOren der Injektion und zur Verabreichung von Kampfer-
injektionen veranlasste. Er hat ferner in einem zweiten
Fall eine Stunde nach der Injektion einen sehr schweren,
kollaps&hnlichen Zustand beobachtet, bei welchem Kampfer-
und Digaleninjektionen gemacht werden mussten. Bei
einem dritten Fall, bei welchem die Injektion von anderer
Seite ambulant gemacht wurde, trat der Kollaps auf dem
Nachhausewege ein, so dass Pat. gerade noch sein Zimmer
erreichen konnte; und ein vierter Pat., der trotz des Ver-
botes, da er sich sehr wohl ftthlte, eine Tour in die sftch-
sische Schweiz gemacht hatte, brach mitten auf der Tour
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Syphilis.
115
zusammen und musste im Wagen nach Dresden geschafft
werden. Wenn auch alle diese Ffille gut verlaufen sind
und keine Folgen hinterlassen haben, so zeigen sie doch,
dass die intravendse Injektion kein Eingriff ist, den man
ambulant und ohne Vorsichtsmassregeln machen soil. Das
beweist ja auch der Todesfall, der in der Benarioscben
VerOflentlichung ebenfalls bei ambulanter Behandlung vor-
gekommen ist. Autor mdchte noch erwfthnen, dass diese
Eollapse nicht wie bei Hoffmann und Jaffe im Anschluss
an wiederholte Injektionen, sondern bei der ersten Injek¬
tion vorgekommen sind. Im flbrigen macht Autor die
Injektion so einfach wie moglich. Er benutzt einen ein-
fachen graduierten Glaszylinder, einen mit doppelten Glas-
eins&tzen durcbbrochenen Gummischlauch und einfache,
stets sebr scharf zu haltende PlatinvenenkanOle. Die
Hauptsache ist, dass die Spitze nach oben gerichtet ist
und die abgeschr>e Oeffnung nach unten, wie dies auch
Hoffmann hervorgehoben hat. Die Injektion soli im
Liegen gemacht werden.
(Deutsche med. Wochenschr. 1911 Nr. 38.)
— TJeber eigentftmliche Lungenschmerzen nach Injektionen
von granem Oel. Von Dr. K. F. Hoffmann. (Klinik
f. Hautkrankheiten in Diisseldorf.) „Die Embolien, die
bei unvorsich tiger Injektion unlbslicher Quecksilbersalze
dadurch entstehen, dass die Masse direkt in ein Blutgef&ss
gespritzt wird, sind eine altbekannte Tatsache. Erfolgt
die Embolie in die Lunge, so tritt ,unmittelbar nach der
Injektion ein heftiger, lange anhaltender Hustenreiz auf,
leichte Zyanose, Stiche in der Brust, und unter Umstanden
sind an der schmejrzhaften Stelle der Brust leichte Damp-
fung und Rasselger&usche nachweisbar 4 . (Lesser, Lehr-
buch, 12. Aufl., S. 331.) Indessen gibt es, wie aus meinen
Beobachtungen hervorgeht, auch Lungenschmerzen bei In¬
jektion unldslicher Salze, die nicht durch Deponierung des
Praparates in ein Blutgef&ss erkl&rt werden kbnnen, sondern
fftr die ein anderer Entstehungsmodus gesucht werden
muss. Ich lasse zunachst die hierher gehSrigen Kranken-
geschichten folgen:
1. S. Prim&raffekt. Spirochfiten ff+. Wassermann
negativ. Abortivkur. Beginn mit lbslichen Salzen. 18. III. 10.
1 !t Barthelemysche Spritze graues Oel (PrSparat der
Duretschen Apotheke, Paris). 23. III. Graues Oel (Va-
senol-Koepp). Beide Spritzen wurden im Laufe des Vor-
mittags zwischen 9 und 10 Uhr gegeben. Nach beiden
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Syphilis.
Spritzen stellten sich im Laufe des SpStnachmittags eigen-
tdmliche, ziehende Schmerzen im Gebiete der Brust ein,
die bei tiefem Atembolen starker wurden und den Pat.
hinderten, vdllig ein- und anszuatmen. Das Fieber be-
wegte sich zwischen 37° und 38°. Nach der ersten Spritze
verloren sich die Schmerzen im Verlaufe von 2—3 Tagen,
um am Nachmittag des 23. III. wiederzukommen. Ein
drtlicher Befund war nie zu erheben. Behandlung wurde
nicht eingeleitet. 29. III. Graues Oel (Engelapotheke,
Breslau). 2. IV. Graues Oel (Apotheke Lafay, Paris).
Beide anstandslos vertragen.
2. D. Lues II. Beginn der Kur mit ldslichen Salzen.
23. III. Graues Oel (Koepp). 28. III. Graues Oel (Engel¬
apotheke, Breslau). Beide gut vertragen. 2. IV. Graues
Oel (Duret, Paris); morgens gegen 9 Uhr gegeben. Spat
abends gegen 10 Uhr bekam Pat. heftige Atemnot, Seiten-
stechen, ErstickungsgefOhl, liess jedoch den Stationsarzt
nicht rufen. 3. IV. Dieselben Beschwerden, die haupt-
sachlich rechtB sitzen. Therapie: Priessnitz; Morgen-
temperatur 38,2°, Abendtemperatur 38,2°. 4. IV. Sitz der
Beschwerden hauptsachlich links. Kein Befund. 5.—7. IV.
Langsames Nachlassen der Beschwerden und Abfall der
Temperatur. Keine weitere Spritze gegeben.
3. N. Lues II. Einleitung der Kur mit ldslichen Salzen.
24. III. Graues Oel (Koepp). 29. III. Graues Oel (Engel¬
apotheke, Breslau). 2. IV. Graues Oel (Duret) morgens
9' la Uhr. Abends 6 Uhr pldtzlich Beklemmung in der
Brust und vage Schmerzen. Pat. hat das Geftlhl, als kdnne
er nicht ganz einatmen. Kein lokaler Befund, keine Tem-
peratursteigerung. 3. IV. Morgens 8 Uhr keine wesent-
lichen Beschwerden, keine Temperatursteigerung. Gegen
10 Uhr springt Pat. mit anderen im Garten herum. Pldtz-
lich heftige Schmerzen in der ganzen Brust, hochgradige
Atemnot, GefOhl des Erstickens. Lokal kein Befund.
Therapie: Priessnitz. Abendtemperatur 38,2°. Kein Be¬
fund. 4. IV. Morgentemperatur 38,4°. Im Laufe des
Tages langsame Besserung. Abendtemperatur 37,2°. 5. IV.
Morgentemperatur 37,0°. Beschwerdefrei. 6. IV. Graues
Oel (Koepp). Tadellos vertragen.
Wie aus den Krankengeschichten ohne weiteres her-
vorgeht, handelt es sich hier keineswegs um das gewOhn-
licheBild einerLungenembolie. Wahrend diese, entsprechend
der direkten Einverleibung in die Blutbahn, in unmittel-
barem Anschluss an die Injektion erfolgt, traten bei den
genannten Pat. die Schmerzen erst viel spkter, frdhestens
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Syphilis.
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nach sechs Stunden auf. Der Zusammenhang mit der
Injektion ist nicht so unraittelbar, besteht aber zweifellos.
Besonders beweisend ist in dieser Hinsicht der erste Fall,
bei dem die Schmerzen nach zwei Injektionen auftraten.
Gerade dieser Fall war es auch, der mich auf den Ge-
danken eines ursftchlichen Zusammenhanges brachte. Es
ware nun die Frage, wie die Entstehung dieses Vorkomm-
nisses zu erkl&ren ist. Eine mangelhafte Technik ist aus-
geschlossen. Ich nahm die Reinigung der Platiniridium-
kanQlen stets selbst vor, spritzte sie vor Gebrauch noch-
mals rait Luft durch, stiess sie leer ein und wartete min-
destens 30 Sekunden, bevor ich die Spritze aufsetzte.
Das graue Oel war also zweifellos in Muskulatur bzw.
Bindegewebe gelagert. Yon hier aus gibt es nur einen
Weg in die Lunge, n&mlich die Lymphgef&sse. Durch
diese muss die Injektionsmasse in die Blutbahn und die
Lunge gelangt sein. Vermutlich hat sie hier miliare Em-
bolien hervorgerufen, die, soweit sie die Pleura beteiligten,
schmerzhaft waren. Ich habe diese Erscheinung nur von
grauem Oel, nie von anderen Pr¶ten gesehen, die
ebenfalls Quecksilber in unldslicher Form enthalten (Kalo-
mel, Merkuriol* Hydrargyrum salicylicum). Dies legt den
Gedanken nahe, dass es das im grauen Oel enthaltene
metallische Quecksilber selbst ist, was die Embolien ver-
ursacht. Vermutlich fliessen die winzigen Quecksilber-
kQgelchen des Oels auf ihrem Wege zu grbsseren zusammen.
Interessant ist ferner, dass allem Anschein nach der Schmelz-
punkt des Praparates eine Rolle spielt. Drei Embolien
erfolgten nach Duretschem Oel, das mit Palmitin angesetzt
ist und zur Injektion durch Erw&rmen in der geschlossenen
Hand vorbereitet wird. Nur eine kam auf die drei an¬
deren Oele zusammen, die schwerer zu verflttssigen sind,
obwohl von ihnen weit mehr Spritzen gegeben wurden.
Es ist dies bedauerlich, da gerade das Duretsche Fabrikat
lokal weitaus am besten vertragen wird. Die Grbsse der
QuecksilberkOgelchen in den verschiedenen Oelen spielt
keine Rolle. Sie sind in s&mtlichen Oelen nahezu gleich
gross, wie ein Vergleich im Mikroskop zeigt. Bemerkens-
wert ist ferner der Einfluss der plbtzlichen Mobilisierung
durch kbrperliche Bewegung (Fall 3). Ich brauche wohl
auch nicht darauf hinzuweisen, dass s&mtliche genannten
Pat. einen durchaus normalen Lungenbefund boten. Lungen-
leidende, namentlich Tuberkuldse, blieben von der Be-
handlung mit grauem Oel ausgeschlossen. Diese Embolien
gehbren zweifellos nicht zu den haufigen Vorkommnissen.
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Syphilis.
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Ich habe sie unter etwa 300 Spritzen nur viermal ge-
sehen. Vernautlich hat sich ja hinter mancber Bronchitis
usw., die dem ungunstigen Wetter zugeschoben wurde,
Aehnliches verborgen. Aber auch nachdem ich aufmerksam
geworden war, habe ich dergleichen nicht mehr beobachtet.
In der Literatur habe ich HierhergehOriges nicht finden
konnen. (Monatshefte f. prakt. Dermatologic 1910, Bd. 51, Nr. #.)
— Die Syphilis&tiologie der Frauentabes. Yon Dr. K. Mendel
und Dr. E. Tobias (Berlin). Das Ergebnis ihrer Unter-
suchungen bezGglich der Syphilis&tiologie der Frauentabes
fassen Yerf. in folgende S&tze zusammen:
1. Fftr Lues in po 9 itivem Sinne verwertbar sind" 81%
unserer F&lle, von unseren Pat. waren 67,4% ganz sicher
syphilitisch gewesen.
2. 83% unserer Tabesfrauen reagierten Wassermann-
positiv (im Blutserum).
3. Die Zahl der Kinderlosigkeit bei unseren Tabes¬
frauen ist eine absolut und (im Yergleich zu Statistiken
bei normalen Frauen) relativ sehr hohe (59% gegenftber
10—12% unter gewOhnlichen Verh<nissen).
4. Bei unseren s&mtlichen F&llen von konjugaler, in-
fantiler und heredit&rer Tabes ist die S. als Bindeglied
zwischen den Ehegatten bzw. Aszendenz und Deszendenz
mit Sicherheit nachweisbar.
5. Wo es sich bei unseren unverheirateten Tabes¬
frauen um Jungfrauen handelte, konnten wir eine gleich-
artige Tabesheredit&t bzw. eine extragenital erworbene
Infektion mit aller Bestimmtheit nachweisen.
6. Die Inkubationsdauer der Tabes war am grdssten
bei den unbehandelten F&llen und nahm mit der Zahl der
Quecksilberkuren ab.
Stand man in den 80 er Jahren des vorigen Jahr-
hunderts den Angaben Qber den urs&chlichen Zusammen-
hang zwischen Tabes und S. noch zaghaft gegenGber,
pl&dierte man dann in den 90 er Jahren auf Grund aus-
gedehnterer Statistiken energischer ftlr diesen Zusammen-
hang, so kann man jetzt auf Grund der weiteren Aus-
dehnung der Kasuistik sowie auf Grund der Ergebnisse
der neuen Untersuchungsmethoden die Beweiskette als
geschlossen ansehen und mit Strfimpell die S. als die
Conditio sine qua non der Tabes bezeichnen. Je l&nger
man in der Praxis steht, desto mehr wird einem dies zur
Gewissheit. Den bekannten Mbbiusschen Satz mbchten
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Syphilis — Ulcus cruris.
110
Verf. aber nach der Richtung der Frauentabes bin
erweitern und schliessen. Omnis tabes e lue; virgo non
fit tabica nisi per parentes aut per luem insontium.
(Neurolog. Zentralblatt 1911 Nr. 20.)
IIICUS CP— pis. TJeber Behandlung des V. schreibt Dr. Wilcke
(Genthin): „Seit Einffihrung des Zinkleimverbandes ist
die Behandlung des U. zu einer dankbaren Aufgabe ge-
worden. Die Abhandlungen von Nobl, Jessner und
Sch&fer geben hinreichend Aufschluss fiber den Verband
nach Unna. Entgegen der Angabe von Jessner empfiehlt
es sich, um Elumpenbildung des Zinkoxyds zu vermeiden,
das Zinkweiss mit dem Glyzerin zu verreiben und der
geldsten Gelatine zuzusetzen; der Zinkleim trocknet bei
geringem Zusatze von Glyzerin schneller. — Den Zinkleim
verwende ich nach der Vorschrift:
Gelatinae 20—30
Glyzerin 20
Zinci oxyd. 20
Aq. ad 150.
Der Zinkleim wird durch Einstellen der Kruke in heisses
Wasser verflfissigt; zum Verbande sind noch zwei bis drei
in warmes Wasser getauchte St&rkebinden notig. In der
Fussgelenkgegend wird die Haut durch wenig graue Watte
vor Druck und Reibung geschfitzt. Dann wird der Zink¬
leim auf die Haut aufgetragen, es folgt eine exakte Bin-
denschicht, dann Zinkleim und noch eine Bindenlage. Den
unter dem Zinkleim leicht entstehenden Furunkeln und
Mazerationen beuge ich vor, indem ich vor dem Verbande
den ganzen Unterschenkel einschliesslich des Geschwfirs
mit gesftttigter wftssrigerPikrinsSurelfisung mehrmals wasche.
Kleine Geschwfire ffille ich mit Tumenolammonium unter
Zusatz einiger Pikrins&urekristalle oder mit Perubalsamj
grfissere Geschwfire habe ich in letzter Zeit nach Nobl
mit Gipsteer (Gipspulver wird mit soviel Pix liquida ver-
rieben, dass es Pulver bleibt) angeffillt. Der Zinkleim-
verband kann bis drei Wochen liegen, falls man der Regel
folgt, das Bein vor Anlegung des Yerbandes hochzulagern.
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 32.)
— Ueber eine mechanische Behandlung der Varizen des Unter-
schenkels. Von San.-Rat Dr. Wolfram (Erfurt). Autor
schildert ein Verfahren, das eine vfillige Restitutio zu be-
wirken imstande ist. Er schreibt darfiber folgendes:
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Ulcus cruris.
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„Es handelt sich um die permanente Kompression der Art.
femor. mittels der Pelotte eines einfachen Bruchbandes. Die
Analogic mit der Behandlang des Aneurysma poplit. durch
Digitalkompression ist obne weiteres klar, jedoch bestehen
zwischen beiden VerfahrenbezOglicb des Effekts Unterschiede,
die ich durch einige theoretische Erw&gungen erl&utern
mSchte. Durch die Kompression der Schenkelarterie wird
zun&chst der Blutstrom im. Arterienrohr vermindert und
die Stauung im Kapillarsystem aufgehoben; den vorhan-
denen UnterschenkelgeschwOren wird die Zufuhr entzogen,
sie verheileu. Das erweiterte Venenrohr bildet sich in-
folge des verminderten Innendrucks zurdck, das Lumen
n&hert sich wieder der Norm; die Yenenklappen, die nur
relativ insuffizient sind, werden wieder scblussf&hig. Ausser-
dem wird eine etwa bestehende Phlebitis infolge der ver¬
minderten vis a tergo leichter zur Heilung gelangen und
die Gefahr der Abldsung von Embolis geringer werden.
Die Ansaugekraft des rechten Herzens wfichst infolge der
schw&cher gefflllten Ven. cav. inf. und die Arbeitsleistung
desselben wird erleichtert. Ja, es liesse sich konsequenter-
weise bei einem gleichzeitig bestehenden Vitium cordis
ein gQnstiger Einfluss auf die Herzaktion denken, ein
seltener Fall von Circulus laudabilis. Nun ist ja klar,
dass das Blutquantum, welches das linke Herz in arte-
rieller Form aussendet, in vendser in das rechte zurfick-
kehren muss, jedoch braucht das nicht in der Zeiteinheit
zu geschehen. Denn da es sich nicht um ein starres,
sondern ein elastisches Rdhrensystem handelt, so kdnnen
die einen Abschnitte mehr, die anderen weniger blutgefGllt
sein. Es kann demnach der oberhalb der Kompressions-
stelle gestaute Blutstrom kollateral in den Abdominal-
kreislauf geleitet und so die Gef&sse des ganzen Schenkels
dauernd entlastet werden. Entspricht nun das praktische
Ergebnis diesem theoretischen Kalkul? Nach meinen Er-
fahrungen im vollsten Masse. Zun&chst will ich dem
Einwand, den der aufmerksame Leser wohl machen wird,
dass n&mlich die Yen. fern, bei dieser Kompressionsmethode
zugleich komprimiert wird, begegnen. Einmal liegt die
medianwiirts verlaufende Vene der Arterie keineswegs so
dicht an, dass es nicht mbglich wftre, durch eine Pelotte,
die ein parabolisch gekrummtes Polster zu haben pflegt,
die letztere isoliert zu komprimieren; dann aber spricht
der Erfolg dieser Behandlung daftir, dass eben eine Mit-
kompression der Yene gar nicht oder nur in geringem
Grade stattfindet. Je nachdem nun der Pannikulus be-
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Ulcus cruris — 'Vermisohtes.J
121
schaffen ist, lftsst man die Felotte gerade oder winkelig
abbiegen. Man sucht nun die Pulsation in der Schenkel-
beuge auf und legt das Bruchband an; es muss selbst-
verst&ndlich ebenso fest wie bei einer Inguinalhernie an-
liegen und wird durch das Gehe ebensowenig disloziert.
Man kontrolliert den Puls der Pediaea, der langsam und
dQnner wird, und Qberzeugt sich so von dem riehtigen
Sitz der Pelotte. Anfftnglich lftsst man das Bruchband
Tag und Nacht tragen, bis die Ulzera verheilt und die
Venen nicht mehr prall gefQllt sind; spftter kann man
es bei Nacht entbehren.**
(Allgem. med. Zentral-Ztg. 1911 Nr. 42.)
Vermischtes.
Die Biersche Stammg dee praktischen Antes. Von Dr.
J. Michalski (Wetzikon). [Schluss.] „Sehr dankbar,
aber entschieden bedeutend schwieriger ist die Hyperftmie-
behandlung der Osteomyelitis, der vereiterten Gelenke und
der Sehnenscheidenphlegmonen. Einig mit Sick kann ich
nur dann dem praktischen Arzte empiehlen, diese Affek-
tionen in Angriff zu nehmen, wenn er sich mit dem Wesen
der Bierschen Stauung vollstftndig vertraut gemacht hat
und welnn gdnstige Bedingungen vorhanden sind, die Pat.
sofort dem Chirurgen zuzuweisen, sobald nicht von Tag
zu Tag deutliche Besserung zu konstatieren ist. Wo
diese Yorbedingungen nicht erfdllt sind, lieber ,Hfinde
weg!‘ Sonst werden unliebsame Erfahrungen ganz sicher
den Arzt vom Freund znm Gegner machen. Auch bei
EntzQnd ungen der Stirn-, Oberkiefer- und Paukenhtthle
kann dank der Stauungsbinde zu Beginn der Erkrankung
innert weniger Tage vttllige Heilung erzielt werden, doch
auch hier muss gesunde Kritik unser Wirken beeinfluseen
und tritt der Spezialist in sein Recht, sobald nicht deut¬
liche, fortschreitende Heilung zu konstatieren ist. Ein
eigenes Gebiet in der Hyperftmiebehandlung bildet die
chirurgische Tuberkulose. Sie hat sich der Bierschen
Stauung lange Zeit hindurch als refraktftr erwiesen und
es haben erst die letzten Jahre die richtige Technik ge-
bracht. Die Stauungsbinde wird stftrker angezogen als
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122
Vermischtes.
bei den akuten Entztindungen, doch darf es auch hier
nicht zu Schmerzen und kalter Stauung kommen. Als
Hauptvorwurf wurde der Umstand angeftkhrt, dass bei der
Hyper&miebehandlung mehr kalte Abszesse entstehen, was
als eine Verschlimmerung angesehen wurde, besonders
weil das Oedem jene anf&nglich verdeckt. Bier wendet
sich energisch gegen diesen Yorwnrf; er verlangt, dass
wir eben lernen mfissen, diese Abszesse beizeiten zu
diagnostizieren, undgeben ihm seineErfahrungen entschieden
recht, denn manche verstGmmelnde Operation kann bei
richtiger Anwendung vermieden werden. Die kalten Ab¬
szesse sind sofort nach dem Erkennen zu inzidieren, aus-
zusaugen und ganz locker zu verbinden; auch hier ist
der scharfe Lbffel zu perhorreszieren. Bier schlftgt Tuch-
verb&nde vor; ich halte aber locker angelegte Bindenver-
bande in der Praxis fttr geeigneter, weil sie ruhiger liegen
bleiben. Man mache sich ja keine Illusionen und erwarte
bei der Tuberkulose keine raschen Heilungen; wir wollen
froh sein, dank dieser Behandlungsweise flberhaupt Hei¬
lungen noch da zu erzielen, wo bisher YerstQmmelungen
ndtig waren. Bier hat als Durchschnittsdauer der Be-
handlung neun Monate ausgerecbnet, und dilrfen also Arzt
und Pat. den Mut nicht zu frtlh sinken lassen, wenn ihnen
der schOne Enderfolg nicht entgehen soli. Lockwood
warnt vor Stauung bei Herzkranken, Diabetikern und
Arteriosklerotikern, und jedenfalls ist es fOr den praktischen
Arzt gut, diesen Mabnruf zu beachten, so lange nicht
gegenteilige Beweise erbracht sind. Wichtig fOr den prak¬
tischen Arzt ist die Stellung der Erankenkassen zur Hyper-
amiebehandlung. Einige unter ihnen haben den Yorteil
der wesentlich ktirzeren Behandlungsdauer und der nicht
eingeschrfinkten ArbeitsmOglichkeit erkannt und Qbernehmen
gerne die hftheren Behandlungskosten. Dort, wo nur nach
den Tageskosten der Behandlung gefragt wird, stOsst man
natQrlich auf Widerstand, doch wird die Erfahrung, unter-
sttitzt durch Belehrung, wohl auch hier dazu ftlhren,
die l&ngere Behandlungsdauer gegen die libheren Tages¬
kosten einzutauschen. Wenn es mir gelungen ist, Vor-
urteile oder Gleichgflltigkeit wenigstens insofern zu be-
k&mpfen, dass der Wunsch rege wird, sich mit dieser
Behandlungsmethode bekannt zu machen und dem SchOpfer
derselben bei der Popularisierung unter den Aerzten etwas
behilflich zu sein, so ist meibe Aufgabe erfftllt. 44
(Correspondenxblatt f. Schweizer Aerate 1910 Nr. 30.)
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Vermischtes.
123
— Ueber Verhfttung des Sch.narch.ens schreibt Gen.-Arzt a. D.
Dr. Schill (Dresden): „Der Verfasser dieser Zeilen soil
nach den glaubwhrdigen Behauptungen sole her, die es
wissen k&nnen, auch zu den Schnarchern gehdren, sobald
er auf dem RQcken liegend — and das ist seine normale
Bettlage — schlftft. Es gelang ihm aber, das Schnarchen
zu yermeiden, wenn er den Kopf seitwftrts und der Brust
stark angenfthert lag. Darauf und auf den Rat einer be-
freundeten Dame bauend, hat er jetzt ein fflr ihn und
hoffentlich auch fflr andere Schnarcher unfehlbares Mittel,
lautlos zu schlafen, gefunden. Es besteht in einer un-
nachgiebigen, das heisst ganz festgestopften Rosshaamacken-
rolle yon 38 cm Umfang. Weiche Schlummerrollen er-
fGllen ihren Dienst nicht, auch wenn sie die Inschrift:
,Ruhe sanft‘ oder ,Nur ein ViertelstQndchen 1 tragen. Da
aber eine solche unnachgiebige Nackenrolle doch nicht
alien angenehm ist, so verbindet der Verfasser das Nbtz-
liche mit dem Angenehmen, indem er die Rolle in ein
ziemlich prall mit Daunen geffllltes Kopfkissen einhQllt.
Sein Lager besteht aus einer Sprungfedermatratze mit
Rosshaarauflage und einem Rosshaarkeilkissen; darftber
kommt das Daunenkissen mit dareingelagerter Rosshaar-
nackenrolle. Der untere Rand der Rolle muss mit den
Schultern abschneiden. Der Kopf bleibt auf einer solchen
Rolle nicht auf dem Hinterhauptbein liegen, sondern rollt
unwillk&rlich seitwftrts, so dass der Schlftfer auf dem
Warzenfortsatz oder Ohr aufliegt. Durch diese Seiten-
lagerung bei erhdhtem Kopf wird das Herabsinken des
Unterkiefers und damit das Schnarchen vermieden. MOge
das Mittel auch anderen Schnarchern helfen; der Hausarzt
wird durch Empfehlung, wenn es hilft, sich den Dank
vieler durch Wahl und Schicksal an Schnarcher Geketteten
verdienen. Selbstverstftndlich kann die 'Schnarchrolle 1 auch
aus anderem Material bestehen, z. B. aus einer fest-
gerollten, durch einige SchnOre oder eine Naht zusammen-
gehaltenen Wolldecke, derb zusammengepresstem Luffa-
oder Badeschwamm oder Watte, ja selbst aus einer
Papp- oder Linoleumrolle mit weicher Stoffhflile.“
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 86.)
— Eine none Behandlungsart chronischer Beckenerkranknngen.
Von Dr. Hasse, Chefarzt des BQrgerspitals zu Dieden-
hofen i. Lothr. Der Beckenthermophor *) besteht aus zwei
*) Der Apparat wird yon der Deutschen Thermophor-Aktiengesell-
schaft Andernach zum Preise yon 6.60 M. aDgefertigt.
9 *
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124
Vermhchtes.
Duritbeuteln, welche durch einen Schlauch aus gleichem
Material verbunden sind. Der eine Beutel ist mit Thermo-
phormasse gefQllt; nach drei Minuten langem Kochen ist
der Beutelinhalt verflQssigt und verteilt. Durch Aufrollen
des einen Beutels in der Lfingsachse wird einerseits der
flQssige Inhalt in den anderen Beutel gedrQckt, anderer-
seits lfisst sich nun der aufgerollte Beutel leicht tief in die
Scheide einfQhren. Alsdann wird der flQssige Thermo-
phorinhalt aus dem fiusseren in den inneren Beutel ge¬
drQckt und an den letzteren eine Verschlussklemme gelegt.
Der Thermophor bleibt 2V* Stunden heiss. Die hohen
Wfirmegrade werden gut und ohne Reizung vertragen, da
die Schleimhaut eine Sch&digung, wie sie auf der fiusseren
Haut mdglich ist, durch Schleimabsonderung verhindert.
Die Pat. empfanden den Thermophor als angenehme, den
ganzen KOrper durchflutende Wfirmewellen. Die Entfernung
aus der Scheide ist infolge der flachen Birnenform leicht
zu bewerkstelligen. Durch die hohen Wfirmegrade wird
far lfingere Zeit eine stfirkere Durchblutung der benach-
barten Teile erreicht, und darin dQrfte das fiusserst gQnstige
Resultat begrQndet sein, welches Autor in einer ganzen
Reihe chronischer Beckenerkrankubgen zu beobachten Ge-
legenheit hatte. Es dQrfte der Beckentbermophor mithin
erhebliche Yorteile gegenGber der HeisswasserspQlung haben
und in Verbindung mit Packungen, Aufschlfigen, Luft-
duschen, Schwitz- und anderen B&dern einen wesentlichen
Heilfaktor in der Behandlung chronischer Beckenaffektionen
bilden. (Zentralbl&tt f. Gyn&kologie 1911 Nr. 80.)
— Ein nener Nadelhalter. Von Dr. Linnartz (Oberhausen).
Autor schreibt: „Zurzeit besteht gerade kein Mangel an
Nadelhaltern, das beste Zeichen, dass keiner der vorhan-
denen alien AnsprQchen zu genQgen scheint. Auf alle
die verschiedenen Konstruktionen und ihre Nachteile ein-
zugehen ist hier nicht der Platz. Mir hat bis jetzt der
Webersche, welcher anscheinend aus dem Hagedorn-
schen Modell hervorgegangen zu sein scheint, am moisten
zugesagt. Betreffe der Form ist derselbe vollkommen und
glaube ich jede Aenderung derselben wOrde eher eine
Verschlechterung als eine Yerbesserung hervorbringen.
Der wunde Punkt liegt bei diesem Modell in der Eon-
struktion der Sperrung und OefFnung. Dieselben werden
nfimlich durch eine Feder bewirkt, welche an der Innen-
seite des Grilles mittels einer kleinen FlQgelschraube be-
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Vermischtes.
125
festigt ist. Das vordere l&ngere Ende soil die Spreizung
und das kQrzere untere Ende die Sperrung durch Bedie-
nung der Zahnstange bewerkstelligen. Bei der Spreizung
ist es mir b&ufig vorgekommen, dass die Feder aus dem
gegendberliegenden Fortsatz herausgesprungen ist. Das
ware allerdings das kleinere Uebel. Den meisten Aerger
macht die Sperrung. Solange der Halter noch neu ist
und das Scharnier noch leicht geht, schnappt die Zahn¬
stange mit einiger Zuverlassigkeit in das zugescharfte un¬
tere Ende des Griffes ein. Anders aber, wenn das Scharnier
nach einiger Zeit etwas ausgeschlissen und die Kochsoda
nach der Sterilisation den Widerstand noch vermehrt.
Dann bleibt die Zahnstange auf halbem Wege stehen und
die Sperrung ist unmftglich geworden. Ich habe wenigstens
recht hftufig diese unangenehme Erfahrung gemacht und
ist sie die Veranlassung ge worden, an der Beseitigung
dieses Missstandes zu arbeiten. Zu dieser Unsicherheit
der Funktion gesellen sich dann noch die Mangel der
FlOgelschraube. Entweder geht sie zu leicht, dann kann
es vorkommen, dass die Feder aus ihrem Lager springt,
oder sie ist eingerostet, dann kann bei einem gewaltsamen
Lockerungsversuche der Gewindeteil abbrechen. Die Rei-
nigung ist schwierig, da die Zusammensetzung des Halters
eine gewisse technische Gewandtheit der Schwestern ver-
langt. Ich glaube diese Uebelst&nde durch die neue Kon-
struktion beseitigt zu haben. Die Form des Instrumentes
ist, wie eingangs erw&hnt, dieselbe geblieben. Das Scharnier
ist etwas starker gearbeitet, um den Gleitschlitz der
Weberschen Konstruktion, welcher mir manchmal zu StO-
rungen Veranlassung gab, zu vermeiden. Zur Sperrung
und Spreizung ist eine Spiralfeder verwandt, deren An-
ordnung und Wirkung ohne weiteres aus der Skizze er-
sichtlich ist. Die beiden Enden sind etwas einwfirts
gebogen und passen in entsprechende Rinnen der beiden
Druckkndpfe. Auf diese Weise halt sich die Feder selbst.
Die beiden Griffe kdnnen nur so weit, als es die Ruhe-
lage der Feder erlaubt, auseinanderweichen. Das we-
sentliche der Konstruktion liegt in der rationellen Aus-
ntitzung der Federkraft. Dieselbe drtlckt auf einen zehn-
mal langeren Hebei als bei dem Weberschen, entfaltet
also eine zehnmal grdssere Kraft. Ferner drtlckt die Feder
um so starker, je mehr der Nadelhalter geschlossen wird.
Beanspruchung des Instrumentes und Federdruck stehen
also immer in gleichem Verhaltnis. Das Auseinander-
nehmen des Halters ist einfach. Die Feder lasst sich
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126
Vermischtes.
durch einen kleinen Ruck von den Druckknfipfen abstreifen
und ebensoleicht wieder auf dieselben anbringen.
Die Vorziige des Instrumentes sind folgende:
1. leichter Gang der Sperrung, Yersagen ausge-
schlossen,
2. bequemes Auseinandernehmen,
3. aichere Reinigung,
4. billigerer Preis und lange Lebensdauer.
Der Halter ist gesetzlich geschfitzt und von der Firma
Yogel in K5ln, Herzogstrasse Nr. 19, zum Preise von 8 M.
ZU beziehen. (Miinch. med. Woohenachrift 1911 Nr. 37.)
— Ueber die Behandlong von infizierten Wnnden, Phlegmonen,
Fanaritien und Adenitiden mit Glyzerinverb&nden.
Yon Dr. F. Rusca (Chirurg. Abteil. d. Inselspitals Bern).
Die Technik der Verb&nde ist die denkbar einfachste;
eine mit Glycerin um officinale durchtrfinkte Kompresse
wird direkt auf die zu behandelnde Stelle gelegt und
mit einem luftdichten Stoff bedeckt. Der Verband wird
zweimal t&glich gewechselt. Die durch die gewfihnlichen
Eitererreger infizierten Wunden werden vom Glyzerin sehr
gfinstig beeinflusst, die entzfindlichen Erscheinungen nehmen
oft auffallend schnell ab, ebenso die Sekretion. Die Wunde
reinigt sich schnell und bald treten gute Granulationen
auf. Autor batte den Eindruck, dass je akuter die Er¬
scheinungen sind, desto besser die Wirkung der Glyzerin-
verb&nde. Bei Furunkeln, Phlegmonen, Panaritien, Ade¬
nitiden geben Glyzerinverbftnde ebenfalls sehr gute Resultate.
Vor den eventuellen operativen Eingriffen wirken sie de-
kongestionierend und zugleich wie warme UmschlSge, nach-
her tritt noch die direkte Aufsaugung des Wundsekretes
und die leichte desinfizierende Wirkung in T&tigkeit.
Interessant ist, dass manchmal eine Abszedierung des ent¬
zfindlichen Infiltrates durch Glyzerin vermieden werden
kann. Autor beobachtete einen Pat., welcher einen faust-
grossen harten Drfisentumor in der Axilla hatte, Tempe-
ratur fiber 38°, starke Schmerzhaftigkeit. Der Arm konnte
kaum bewegt werden. Die Behandlung bestand nur in
Glyzerinumschl&gen und im Verlauf von 16 Tagen konnte
Pat. aus dem Spital geheilt entlassen werden. Auf tuber-
kulfisen Geschwfiren fibten Glyzerinumschlftge keine be-
deutende Wirkung aus. In sftmtlichen behandelten Fallen
hat Autor weder lokale noch allgemeine unangenehme
Nebenwirkungen konstatieren konnen, auch nach monate-
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Vermischtee.
127
langer Applikation von Glyzerinverbfinden auf grossen
Wunden sind keine Glyzerinintoxikationserscheinungen
aufgetreten. Die guten Resnltate, die er bei der Behand-
lung von infizierten Wunden, Panaritien, Phlegmonen usw.
mit Glyzerinverbfinden zu verzeichnen hatte, erlauben ihm,
die Anwendung derselben warm zu empfehlen. Infolge
ihrer absoluten Ungeffihrlichkeit und einfachen Applikation
warden sie sich nicht nur fdr die Spitalpraxis, sondern
auch sehr gut fQr die poliklinische Behandlung bewfihren
konnen. Autor zieht sie den Alkoholumschl&gen bei weitem
vOr, denen ja auch eine dekongestionierende Wirkung zu-
geschrieben wird, weil hier die Gerinnung des Eiweisses
wegffillt, die immer eine Sekretstauung bedingt, und die
Glyzerinumschlfige keinerlei Schmerzen bedingen.
(Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte 1911 Nr. 21.)
— Ueber die Kuhn ache Lungensaugmaske aus der Praxis.
Von Dr. P. Seebens. Autor ist der Ansicht, dass die
Sangmaske von den praktischen Aerzten viel zu wenig
gekannt und gewQrdigt wird. Die Technik ist in wenigen
Minuten zu erlernen, Gefabren sind mit der Anwendung
nicht verknGpft, die Heilerfolge sind ausserordentlich
gute. So betonen fast alle Pat., auch solche, die grosse
Atembeschwerden haben, wie bei exsudativer Pleuritis
und arteriosklerotischen Herzaffektionen, eine subjektive
Erleicbterung gleich nach dem Gebrauch der Maske. Diese
erschwert dosierbar die Einatmung und lfisst die Aus-
atmung absolut frei. Durch diese Wirkungsart werden
die mannigfachsten Konsequenzen gezeitigt. Der Brust-
korb erweitert sich mfichtig beim Inspirium, das Zwerch-
fell wird n hochgesaugt u und dadurch wird der Raum zur
Ausdehnung der Lunge im Inspirium genommen, es tritt
also trotz eventueller maximaler Erweiterung des Thorax
' keine Dehnung der Lungen ein. Die Maskenbehandlung
ist eine Hyperfimiebehandlung der Organe der BrusthOhle.
Ebenso wie eine Ansaugung von Blut beim Inspirium zur
Brusthhhle erfolgt, so muss auch der Lymphstrom zum
Ductus thoracicus beschleunigt, also die Lymphzirkulation
im Brustraum erheblich gebessert werden. Das Inspirium
ist gegen das Exspirium verlftngert. Der Blutdruck sinkt
wesentlich, eine Pulskurve bei Herzschwftchezustfinden
zeigt nach kurzem Gebrauch der Maske erhebliche Besse-
rung, es findet eine Entlastung des rechten Herzens statt.
Da unter dieser Therapie eine Ansaugung venOsen Blutes
nach dem Thorax beim Inspirium stattfindet, wird da-
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128
Vermischtes — Bflcherschau.
durch auch das Arteriensyetem des grossen Kreislaufs ent-
lastet, die Blutzirkulation erleicbtert. Es wird eine mfichtige
Wirkung auf die Zahl der roten BlutkOrperchen, aaf
Leukozyten und Hfimoglobingehalt ausgefibt. Der Scblaf
wird bei Maskenatmung durch Gehirnan&mie wesentlich
gebessert. Auf Hustenreiz wird in vielen Fallen eklatant
gfinstig eingewirkt. Die Maske 1st also bei Krankheiten
des Herzens, der Lunge, bei An&mien und Chlorose, bei
Asomnie usw. mit Vorteil zu verwenden. Bei Lungen-
tuberkulose wirkt die Bebandlung oft sehr gut, ebenso bei
Asthma bronchiale, Emphysem, pleuritischen *Exsudaten,
Herzsch W &chezUSt&nden. (Die Therupie der Gegenwart, August 1911.)
Biicherschau.
Lehrbuch and Atlas der Zahn&rzt lichen Technik von Preis-
werk, der 23. Band von Lehmanns „Medizin. Hand-
atlanten u , liegt in 2. Auf lage vor (Verlag von J. F. Lehmann,
Mfinchen, Preis: 14 M.). Mit seinen 29 vielfarbigen
Tafeln und 371 Abbildungen, die sftmtlich als vorzfiglich
bezeichnet werden mfissen, bildet das Buch ein Unter-
richtswerk ersten Ranges. Auch der Text ist so klar und
pr&zis gehalten, dass der Praktiker seine Freude daran
haben kann. Jeder, der die zahn&rztliche Praxis ausfibt,
sollte im Besitz dieses Buches sein.
— Von der Sammlung Klassiker der Medizin, die K. Sudhoff
herausgibt (Verlag von Joh. Ambr. Barth, Leipzig) sind
wieder drei B&ndchen (Bd. 10—12) erschienen: E. Jenner:
Untersuchung fiber die Ursachen und Wirkungen der Kuh-
pocken (1798), A. v. Graefe: Heilwert der Iridektomie
bei Glaukom (1857—62), Razes: Ueber die Pocken und
die Masern (1900). Bd. 10 und 12 kosten je 1.20 M.,
Grftfes Schrift 2 M. Die Gelegenheit, diese klassischen
Abhandlungen der Medizin ffir so billiges Geld ihrer Biblio-
thek einzuverleiben, werden gewiss viele Eollegen benutzen.
Notiz.
Die heutige Nummer unseres Blattes enth< eine Beilage
fiber a 9 Pyrenol Ci von Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin,
Nr. 4, auf die wir besonders hinweisen.
Ffir den redaktionellen Teil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
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Eracheint am
Anfang eines jeden Monats.
M 4 .
Prels des J ahrgangs 5 Mk.
excl. Porto.
Excerpta medioa.
Kane monatliohe Journalaasxttge
aus der gesamten Faohliteratur
zum Gebrauch for den praktiscben Arzt.
Herausgegeben von Dr. tried. Eugeti Oraetzer in JPriedenau-Berlin.
Yerlag you Carl Sallmamn, Leipslg.
XXL Mrmn
1912
Akne. Fibrolysin bei Narben nach A. necrotica. Von Dr. A.
Wockenfass (Berlin). „Es handelte sich um einen 24j3.hr.
Kandidaten der Medizin. Das Gesicht des Herrn war
von ausserordentlich zahlreichen, 7a—74 cm tiefen Narben
bedeckt, die von einer vor zehn Jahren flberstandenen
A. necrotica herrhhrten und das Gesicht stark enstellten.
Der Pat. war deswegen sehr deprimiert. Auf meinen
Vorschlag wurde ein Versuch mit Fibrolysin gemacht,
und zwar wurden in einem Zeitraum von zwei Monaten
20 Injektionen, wbchentlich zweimal eine Injektion intra-
muskul3r oder subkutan, verabreicht. Die Einspritzungen
erfolgten meistens bis an die Basis der Narben, jedoch
nicht unmittelbar in die Narben hinein; sie waren teil-
wei8e schmerzhaft, teilweise verliefen sie ohne Schmerzen.
Im dritten Monat nach Beginn dieser Behandlung war
eine wesentliche Abflachung und Veranderung der Narben
bemerkbar, insbesondere auch der ganz tiefen. Das an-
scheinend blutleere Bindegewebe, das einen fahlen Farben-
ton hatte, erschien aufgelockerter und blutreicher. Nach
und nach wurden s3mtliche Narben flacher und das In-
karnat lebhafter, so dass schon jetzt von einem recht be-
friedigenden kosmetischen Erfolg die Rede sein konnte.
Der Pat. wurde hierdurch ermutigt, nach einer Pause von
vier Monaten eine neue Serie von Injektionen zu machen,
nach deren Abschluss die Narben zwar nicht vbllig be-
seitigt, jedoch so gebessert waren, dass sie nichts Ent-
stellendes mehr hatten und das Gesicht den frQheren ab-
stossenden Anblick ganz verloren hatte. W3hrend der
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130
Akae — An&sthesie, Narkose.
Fibrolysinkur waren ausser einigen Eisenpr¶ten keine
anderen Medikamente gebraucht worden. Der Erfolg durfte
also im wesentlicben dem Fibrolysin zugeschrieben warden.
In Anbetracht der sehr entstellenden Narbenbildungen und
der. vorhergegangenen erfolglosen Behandlung mit unz&h-
ligen ausseren und inneren Mitteln war er jedenfalls der-
artig, dass ein Versuch mit dieser Behandlung an gleichen
und &hnlichen Fallen empfohlen werden kann. u
(Deutsche med. Wochenichrift 1911 Nr. 86.)
Anfisthesiei Narkose. Allokain hat Zahnarzt E. Wenzel
(Berlin) mit zufriedenstellendem Erfolge benutzt. Das
Prftparat (Firma: Pohl, SchOnbaum-Danzig) besteht aus:
Rp. Novokain. 0,01
Alypin. 0,0075
Suprarenin. synthetic. 0,00006
Thymol i. Spuren
Sol. Natr. physiol, ad 1 ccm.
Es ist vdllig gefahrlos, auch Oedeme und Nachschmerzen
fehlen bei kunstgerechter Anwendung. Man wartet am
besten 5—10 Minuten bis zum Eingriff.
(Zeitschrift f. Zahnheilkunde 1911 Nr. 12.)
— TJeber das wirksame Prinzip der Nebennierenpr¶te in
Verbindnng mit den Lokalan&stheticis. Von Privatdoz.
Dr. P. Esch (Marburg). Aus seinen Versuchen zieht
Autor folgende SchlGsse:
1. Novokain, Alypin und besonders Kokain erfahren
in unsern Versuchen eine Vergrdsserung der peripheren
narkotischen Wirkung durch Zusatz von Adrenalin (Supra¬
renin).
2. Da bei der gewahlten Versuchsanordnung von vorn-
herein die Anfimie fdr beide Nerven des jedesmaligen
Parallelversuchs eine gleiche war, so muss diese hdhere
l&hmende Wirkung des An^sthetikums -f- Adrenalin auf
eine spezifische Beeinflussung des Nervengewebes durch
das Adrenalin zurfickgefflhrt werden.
3. Diese Wirkung des Adrenalins ist eine bisher noch
nicht bekannte Eigenschaft desselben. Sie lSsst sich am
ehesten mit der Wirkung der Beizen in der F&rbetechnik
vergleichen.
4. Ein Zusatz des Adrenalins (Suprarenins) zu dem
Tropakokain (in dem Verh<nis fQnf Tropfen der LOsung
1:1000 auf 100 ccm der anfisthetischen Fltissigkeit) erhbht
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Anasthesie, Naikose.
131
nicht dessen an&sthetische Wirkung, da hierdurch nicht
allein die vasokonstriktorische Eigenschaft des Adrenalins
beeintrftchtigt wird, sondern auch sein spezifischer Einfluss
auf das Nervengewebe Starke Schadigungen erfahrt.
5. Fftr die Praxis ergibt sich aus meinen Versuchen,
dass auch von dem Gesichtspunkt einer spezifischen Wir¬
kung des Adrenalins (Suprarenins) auf das Nervengewebe
die Eombination der Prflparate mit Alypin, Novokain und
besonders mit dem Kokain grosse Yorteile gewfthrt, wahrend
die Mischung von Tropakokain mit dem Adrenalin (Supra-
renin) (in dem Verhfiltnis fflnf Tropfen der 1:1000 L&-
sung auf 100 ccm) zwecklos erscheint.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. SO.)
— Orthonal, ein nenes An&sthetikum. Yon Dr. B. Moses
(T. Chirurg. Abteil. des Krankenhauses im Friedricbshain
in Berlin). Orthonal ist eine Kombination einer 0,5°/oigen
Kokain- mit einer 0,75°/oigen Alypinlbsung, der 6°/o einer
Adrenalinlbsung 1:10000 zugefOgt ist; diese Zusammen-
setzung wird in physiologischer Kochsalzlbsung bereitet
und im Autoklaven sterilisiert. Es kommt in braunen Am-
pullen von Jenenser Glas zu 1—2 ccm Inhalt in den
Handel (Dr. Speier und von Karger). Angewendet ist
das Orthonal bisher haupls&chlich in der Zahnheilkunde;
die berichteten Erfolge waren sehr gute, so dass man zu
Versuchen fiberging in alien den Fallen, welche die Do-
mane des praktischen Arztes ausmachen, den Fallen der
Kleinchirurgie: Entfernung von kleinen Tumoren gut-
artiger Natur oder von Fremdkbrpern, Probeexzisionen,
Operationen an den Fingern und Zehen; Spaltung von
Abszessen. Es wurde in verschiedener Art angewandt:
1. zur Infiltrations anasthesie nach Schleich;
2. zur Leitungsanasthesie nach Oberst, speziell an
den Extremitaten.
Verwandt wurden 1—3 ccm, d. h. 1—3 kleine Am-
pullen. In alien mit dem Mittel behandelten Fallen leistete
es gute Dienste. Die A. war im allgemeinen vollkommen;
allerdings ist es zwei- oder dreimal vorgekommen, dass
die A. nicht gentigte, um dem Pat. jeden Schmerz zu
ersparen: jedoch waren dies besonders angstliche Pat.,
fur die eine Lokalanasthesie Gberhaupt nicht recht ge-
eignet war. Abgesehen von diesen Ausnahmen, erklarten
die Pat., von dem ganzen Eingriff nichts verspflrt zu
haben. Nach 1 — 2 Minuten bei der Infiltrationsmethode,
nach etwa fGnf Minuten bei der Oberstsclien Methode
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132 An&stheeie, Narkose — Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
trat A. ein. Irgendwelche Nachwirkungen oder Allgemein-
symptome wurden nicht beobachtet. Nach diesen Erfah-
rungen kommt Verf. also zu dem Schluss, dass das Orthonal,
zumal in der handlichen Form gebrauchsfertiger Ampullen,
fbr die kleine Chirurgie als Lokalan&sthetikum vorzQglich
ZU gebrauchen ist. (Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 46.)
Antisepsis, Asepsis, Deminfektion. Ueber den the-
rapeutischen Wert des Perubalsams in der Wund-
bebandlnng. Von Egt.-A. Dr. J. Malaniuk (Stanislau).
„Die Anwendung des Perubalsams znr Wundbehandlung
datiert seit dem 'frQhen Mittelalter (Hauptbestandteil der
sogenannten Wundersalben). In Vergessenheit geraten,
wurde unser Mittel in den achtzigcr Jahren von Lan-
derer und Schloffer wieder in Erinnerung gebracht;
dank den bakteriologischen Versuchen Suters und Ried-
lins hat man von den schwachen bakteriziden Eigen-
schaften des Perubalsams erfahren. Nicht lange hat es
aber gedauert, bis Piorkowski auf Grund seiner Ver-
suche dem Balsam jedwede spezifische Wirkung abge-
sprochen hat und die guten Heilerfolge der chemischen
Wirkung der im Balsam enthaltenen Zimtsfture zuschrieb.
Trotz dieser widersprechenden Anschauungen konnte das
Mittel aus der Wundbehandlung nicht herausgedr&ngt
werden, im Gegenteil gewann es immer mehr Anhftnger.
Ich erinnere an die von Landsteiner und Bottery an-
gestellten bakteriologischen und experimentellen Versuche,
bei welchen im Perubalsam lipoidale, Toxine bindende
Sub9tanzen nachgewiesen wurden. Die bakteriologischen
Versuche Sick man ns zeigten zur GenOge, dass an den
bakteriziden und keimtOtenden Eigenscbaften des Peru¬
balsams nicht mehr gezweifelt werden kann; freilich dank
dem dickflQssigen Aggregatzustande des Mittels braucjit
die Wirkung lftngere Zeit, welche jedoch nicht die so-
genannte Auskeimung in der Wunde Qberdauert. Ich
erinnere weiters an die Versuche von Friedrich, in
welchen die subkutane Einverleibung des Perubalsams bei
Infektion rait Gartenerde und geschlossener Wundbehand¬
lung die infizierten Tiere regelmfissig am Leben erhielt,
wfthrend die Kontrolltiere nach 24—36 Stunden an
jauchigen Phlegmonen und Kr&mpfen zugrunde gingen.
Die Suterschen Beobachtungen haben weiters gezeigt,
dass wir im Perubalsam ein ausgezeichnetes f&ulnis-
widriges Mittel besitzen, welches ausserdem die positive Che-
motaxis im hohen Grade hervorzurufen imstande ist. Wenn
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
133
ich diesen theoretischen Schlussfolgerungen meine eigenen
achtjahrigen Erfahrungen mit Perubalsam anschliesse, so
ermuntern mich dazu die wirklich guten Erfolge, die ich
in der Wundbehandlung verzeichnen konnte. Die gegen-
wfirtige Beobachtung erstreckt sich auf sflmtliche, in der
hiesigen chirurgischen Abteilung sowohl spilalsmSssig wie
auch ambulatorisch von mir behandelten Falle im Laufe
von sieben Monaten 1910, im ganzen (iber 150 Erkrankungen,
wobei nicht nur frische, in den ersten Stunden nach den
Verletzungen dem Spitale eingelieferte Falle, sondern auch
alle Phlegmonen und Panaritien nach dem chirurgischen
Eingriffe der Balsambehandlung unterzogen wurden. Dem
Charakter der Verletzungen nach kamen zur Behandlung:
eine komplizierte Fraktur nach Schussverletzung, sieben
Bisswunden, neunzehn Panaritien, zwblf Phlegmonen. Der
Rest fiel den Riss-, Schnitt*, Stich- und Quetschwunden
zu, wobei die letzteren grbsstenteils durch HufschlSge ver-
ursacht wurden. Die raumliche Ausdehnung der Ver¬
letzungen war verschieden, es kamen ausgebreitete, stark
beschmutzte, verunreinigte Wunden wie auch kleinere,
kaum klaffende Zusammenhangstrennungen vor; eine
komplizierte Oberarmfraktur nach Schussverletzung zeigte
in einem Bereiche von 4 cm vollkommen zermalmte
Knochensubstanz und stark zerquetschte Weichteile. Die
Phlegmonen waren grdsstenteils im Initialstadium, mit
Ausnahme einer Sehnenscheidenphlegmone der Hand, bei
welcher samtliche Sehnenbeuger blossgelegt werden mussten.
Panaritien, von oberflachlichen bis zu den knbchernen,
wurden unter Corning-Obersts Lokalanasthesie breit in-
zidiert und sodann mit Balsam behandelt. Das Verfahren
war in alien Fallen folgendes: Die bereits bestehende Zu-
sammenhangstrennung wurde mit 3°/oigem Sau erst off hyper-
• oxyd desinfiziert, der grdbere Schmutz sowie die festen
Bestandteile wurden mechanisch, jedoch schonend, um jede
starkere Blutung zu vermeiden, entfernt. Auf die Wunde
kamen Gazetupfer, und die Umgebung wurde in einem
Bereiche bis zu ca. 10 cm mit Jodtinktur bestrichen, so¬
dann in die Wunde Perubalsam im Ueberschusse bis zu
10 ccm und mehr eingegossen. In keinem Falle konnten
subjektiv oder objektiv irgendwelche FolgezustMnde nach
Resorption des Balsams nacbgewiesen werden; speziell bei
der Behandlung der obenerwahnten Fraktur und einiger
Phlegmonen, wobei eine grosse Menge Balsams auf ein-
mal verwendet wurde, war das Befinden dem Krankheits-
bilde entsprechend — im Urin kein Eiweiss. Die langsame
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134
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
und geringe Durchdringungsfahigkeit wie auch die Bildung
eines leichten Schleiers, mit dem sich die Wunde bei
direkter BerQhrung (nit dem Balsam Qberzieht, diirften
die geringe Resorption des Mittels erklftren. Wit hr end
der Anwendung des Balsams wurden keine Umschl&ge
appliziert, dagegen vom Bierschen Verfahren reichlich
Gebrauch gemacht. Der erste Verband lag am kQrzesten
zwei, am langsten fQnf Tage, und ich kam zu der Ueber-
zeugung, dass zu frObzeitiger Verbandwechsel (vor dem
fQnften Tage) eher die Heilung durch unntttze Schadigung
der granuiierenden FlSche verzdgert. Beim Verbandwechsel
konnte eine verschieden Starke, jedoch immer ausgiebige
Chemotaxis in Form eines dickflQssigen gelblichen, innig
mit Balsam gemengten, geruchlosen Sekrets festgestellt
werden; die wunde Flfiche war wie von einem Schleier,
von einer dQnnen, glfinzenden Schicht bedeckt und wies
unter dieser frische Granulationen auf. An den Wund-
rilndern waren in keinem einzigen Falle irgendwelche
Spuren der entzQndlichen Reaktion vorhanden, letzteres
gilt besonders fQr die frisch zur Behandlung gelangten
Falle; die Inzisionsflachen der Panaritien und Phlegmonen
waren ebenfalls reaktionslos und zeigten dickes, mit ne-
krotischen Gewebsfetzen gemengtes Sekret. Das febrile
und subfebrile Allgemeinbefinden wich baldigst der Nor-
maltemperatur. DieBehandlungsdauer der Panaritien dauerte
durchschnittlich vier Wochen und war im Vergleiche zur
sonstigen Behandlung bedeutend kQrzer. Es wurde weiters
die Beobachtung gemacht, dass es nicht gleichgQltig fQr
die Wirkung erschien, in welcher Zeit nach der Verletzung
die Balsambehandlung eingeleitet wurde. Samtliche frischen,
kurz nach der stattgefundenen Verletzung behandelten
Wunden zeigten schon beim ersten Verbandwechsel deut-
liche Granulationen, bei den spater zur Behandlung ge¬
langten erwies sich die Granulationswucherung als viel
langsamer. Es machte den Eindruck, als wenn die die
wunde Flache bedeckende Fibrinschicht so innig mit der
Grundflache verklebt ware, dass sie nur langsam vom
Balsam umhQllt und ausgestossen werden konnte. Es ist
zwar richtig. dass man diese Fibrinablagerung nach Frie¬
drich (Exzision der Rander) scharf entfernen konnte, da-
durch ware aber eine offene blutende Infektionspforte
geschaffen, und die bereits eingedrungenen Keime — von
denen wir nicht wissen, wie weite Strecken sie bereits
okkupiert haben, — waren nicht entfernt worden; die
Balsamapplikation scheint dies langsamer, dafQr aber
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion. 135
schonender und sicherer zu ’ bewirken. Wenn ich zum
Schlusse auf die lipoidalen, Toxine bindenden Eigenschaften
des Perubalsams hinweise, so scbeint mir seine Applika-
tion auf die beschmutzten, mit Staub und Erde verun-
reinigten, sogenannten tetanus verdachtigen Wunden nicht
nur angezeigt, sondern direkt dringend notwendig. Mit
Rdcksicht auf die obigen AusfQhrungen glaube ich, im
Perubalsam ein Mittel zu besitzen, welches auf schonende
Weise seine bakterielle und keimtbtende Wirkung in der
Wunde entfaltet, durch Bildung des oberfl&chlichen Be-
lages vor der Sekund&rinfektion schOtzt, durch Einhttllung
der Bakterienleiber und der nekrotischen Gewebsfetzen
ihre rasche Ausstossung besorgt, durch positive Chemo-
taxis zur Erhdhurig der Schutzkrafte beitr> und als
lipoidale Substanz antitetanisch wirkt.“
(Wiener med. Woehensehrifi 1911 Nr. 46.)
— XTeber Wundbehandlung mit dem Mastisolverband nach
von Oettingen. Yon Sanit&tsrat Dr. Bbrner in Leer
(Ostfriesland)*). „Seit reichlich einem Jahre verwende
ich im Krankenhaus und in der Privatpraxis die in der
Ueberschrift genannte Verbandmethode und bin von der-
selben und ihren Leistungen ftir die Wundheilung so be-
friedigt, dass ich den Herren Kollegen einen Dienst zu
erweisen glaube, wenn ich sie, soweit ihnen die neue
Methode noch unbekannt sein sollte, auf dieselbe aufmerk-
sam mache. In beinahe 30jahriger Tatigkeit am Kranken-
bause (Borromaeus-Hospital Leer) und in der Privatpraxis
habe ich vom typischen Listerverband an alle Wandlungen
in der Yersorgung sowohl kttnstlich gesetzter als zufallig
entstandener Wunden mit durchlebt, keine der bisherigen
Verbandmethoden reichte meines Eraehtens an Einfachheit,
Sicherheit, Schnelligkeit und schliesslich Billigkeit an die
v. Oettingensche Methode des Mastisolverbandes heran,
die vom Autor im russiseh-japanischen Kriege zum ersten
Male in grbsserem Massstabe ausgeQbt wurde. Statt vieler
Worte zun&chst ein Beispiel der Wundversorgung an einem
frisch Verletzten, woran sich weiter einige theoretische
Erbrterungen knOpfen-mOgen. Angenommen, es kommt
ein Arbeiter in die Sprecbstunde, dessen Hand soeben in
eine Hobelmaschine geraten ist, die die Haut der Finger
oder det* Hand nach alien Richtungen kreuz und quer
*) Des grossen praktischen Interesses wegen bringen wir die Arbeit
vollstftndig. Red.
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136 Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
zerrissen hat, frischblutend, aber ohne Sehnendurchschnei-
dung und Arterienverletzung, also mit lediglich zerrisseber
Haut, aber schmutziger Arbeitshand. Diesem geschiebt
folgendes: Es werden zur Stillung der Blutung ein oder
zwei aseptische, in der Fabrik sterilisierte Wundbausohe
nach v. Oettingen*) sanft angedrQckt, und, wenn die
Blutung einigermassen steht, wird mit dem Pinsel Masti-
sol (eine LOsung des Mastixharzes, von v. Oettingen
fertig zum Gebrauch zusammengesetzt) Qber die schmutzige
Hand und auch das Blut hinweg auf die gesunde Haut
gepinselt, bis unmittelbar an die verschiedenen zerrissenen
* Wundrander heran. Dann wartet man zirka eine balbe
Minute, in der die aufgepinselte Harzmasse klebrig wird,
und dr&ckt nun einen neuen sterilen Wundbausch oder
mehrere, je nach Bedarf, auf die Wunden, sie mdglichst
wieder mit den R&ndern in die ursprQngliche Lage brin-
gend. Mit dieser einfachen Manipulation ist alles Ndtige
geschehen; wenn man will, kann man fiber die festklebenden
B&usche noch eine Binde legen. Nfitig ist das nicht, denn
die Bfiusche haften unverrtickbar fest und sind nur durch
senkrechten, nicht durch seitlichen Zug zu entfernen. Ein
solcher Verband bleibt am besten bis zur Heilung rubig
liegen. Nimmt man ihn dann ab, was durch leisen Zug
geschehen kann, am besten senkrecht nach oben und kon-
zentrisch zu den Wunden, so findet man, soweit Mastisol
ubergepinselt war, eine rosarote, nicht schmutzige Haut
und die gesamten Risswunden tadellos ohne jede Reizung
verheilt; ist das nicht der Fall, so wird der Yerband in
gleicher Weise erneuert, bis die Heilung erfolgt. Also
wohl gemerkt: Man verzichtet beim Mastisolverband prin-
zipiell und ohne Rficksicht auf die Art der Yerschmutzung
der verletzten Hand auf jede Reinigung derselben mittels
Wasser, Seife, Bfirste, Alkohol, Aether usw. und ebenso
auf jedes Antiseptikum — Jodoform, Lysoform, Karbol,
Lysol usw. — auf der Wunde. Lediglich Bepinseln mit
Mastisol, genau bis an den Wundrand heran (falls ein
wenig in die Wunde selbst kommt, macht das gar nichts
aus), und AufdrOcken des Wundbausches, der unverrtickbar
festklebt, ist vonnfiten. Aus kosmetischen Grtinden und
zur Sicherung der Ecken der B&usche kann zum Ueber-
*) Erhailtlich in Packungen k 5 Stuck und 25 Sttlck, obenso Masti-
solflasche mit Pinsel und die weiter unten zu erw&hnenden Mastisol-
KOperbinden, 4, 6, 8, 10 cm breit und 5 m lang, in Apotheken und Yer-
bandstoffgesch&ften.
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
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fluss noch eine Binde oder ein passender Koperstreifen,
durch Mastisol festgeklebt, verwandt werden. Das an-
genommene Beispiel bezieht sicht lediglich auf Hautrisse.
Selbstverstfindlich mfissen durchschnittene Sehnen, Ge-
fftsse usw. nach der Pinselung und vor der Verbandan-
legung lege artis behandelt werden. Die Asepsis des
Operationsfeldes wird dann durch Ankleben sterilen Ver-
bandstoffes hergestellt. Ebenso darf die nicht aseptische
Hand des Arztes nicht mit der Wunde in BerOhrung
kommen. Das Nichtreinigen, das Nichtdesinfizieren der
Wunde bezieht sich eben nur auf die beschmutzte Haul,
aus deren Wunden nur grober Schmutz und Fremdkbrper
mit steriler Pinzette zu entfernen sind. Scheinbar steht
die eben geschilderte Methode der Wundversorgung in
Widerspruch mit der jetzt allgemein als erforderlich er-
achteten Asepsis, sowohl des Operationsfeldes als der Ver-
bandstoffe und der .operierenden Hand. Aber nur scheinbar,
denn die Vorschrift der Asepsis der helfenden Hand und
der Verbandstoffe wird ja nicht angetastet, diese Forderung
bleibt nach wie vor bestehen. Gefindert ist bei der
v. Oettingenschen Methode lediglich die Asepsis des Ope¬
rationsfeldes, und meines Erachtens wird sie in wesentlich
besserer und schonenderer Weise bewirkt als durch das
bisher tlbliche Abreiben mit Aether, Benzin, Waschen
mit BQrste, Seife, Desinfizientien usw. Entweder wurde
bei letzterer Manipulation wirklich das Operationsfeld asep-
tisch gemacht, d. h. bis ganz an den Wundrand heran
die Asepsis hergestellt, und das dQrfte in den meisten
Fallen, ohne den Schmutz direkt in die Wunde zu waschen,
unmbglich sein, oder es geschah nur bis in die N&he der
Wunde. Dann hatte die Asepsis einen Haken, und die
wichtigste Partie blieb eben verschmutzt. Von ihr aus
konnten Bakterienkolonien sich entwickeln und in die
Wunde hineingeraten oder durch Verschieben des Ver-
bandes direkt hineingedrftckt werden. Ganz anders ver-
h< es sich bei vorausgegangener Mastisolpinselung. Sie
wirkt nach v. Oettingen (und in der Praxis best&tigt
sich das) auf viererlei Weise.
a) Durch Bakterienarretierung.
b) Durch Entwicklungshemmung.
c) Durch Bakterientotung.
d) Durch Bauschfixierung.
v. Oettingen bemerkt zu diesen vier Punkten:
Ad a. Wenn die Mastisolldsung aufgetragen wird,
so zieht sie sich zun&chst in die Spalten der Haut. Sogleich
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
beginnt die Verdunstung des Lfisungsmittels des Harzes,
und das heraustretende Mastixharz verlegt die Spalten,
umgibt die Bakterien und fesselt sie durch seine Klebrig-
keit an die n&chste Umgebung. Hierdurch wird in erster
Linie eine Bewegungsunf&higkeit der Bakterien erzielt.
Es wird alles: FremdkOrper, Staub, Organismen arretiert
und kann auf den in n&chster N&he vor sich gehenden
Prozess der Wundheiiung keinen unheilvollen Einfluss
ausfiben.
Ad b. Entwicklungshemmung. Durch den Ueberzug
mit Harzmasse wird jede Flfissigkeit von den Bakterien
ferngehalten. Da Wasser die grundlegende Bedingung ftir
die bakterielle Fortentwicklung ist, so ist diese zur Un-
mdglicbkeit geworden. Unter dem Yerbande bleibt diese
Entwicklungshemmung so lange wirksam, bis die Haut
durch Aether oder andere Lbsungsmittel von den Harz-
massen befreit ist.
Ad c. BakterientOtung. Durch das Auftragen der
LOsung wird ein grosser Teil der Bakterien sofort getfitet.
Es lassen sich fiber diese-n Punkt nur schwer Experimente
anstellen, doch sind sie nicht unversucht gelassen. Jeden-
falls wird die Zahl der lebensf&higcn Mikroorganismen
bedeutend herabgesetzt, und es bleiben in der Mehr-
zahl Sporen nach, die, mit Harz umgeben, unsch&dlich
bleiben.
Ad d. Bauschfixierung. Wenn die Umgebung der
Wunde gepinselt ist und nach kurzem Warten (zirka eine
halbe Minute) der Bausch leise, aber entschieden darauf-
gedrfickt wird, so haftet er unverschieblich. Auch er ist
arretiert und an seinen untersten .Schichten mit der Haut
und alien auf und in ihr noch befindlichen Gebilden innig
verbunden.
Eines wichtigen Umstandes ist an dieser Stelle noch
zu gedenken. Die Verdunstung geht aus der Wunde frei
vonstatten, also das hochwichtige Prinzip der Austrock-
nung der Wunde bleibt gewahrt. Durch Kapillarit&t wird
der Sekretionsstrom nach aussen geleitet, um dort zu ver-
dunsten: hierin besteht der wichtige Unterschied gegen-
fiber dem Kollodium und dem Heftpflasterverband. Der
Sekretionsstrom gleitet dabei fiber die mastisolbedecktc
Hautoberfl&che fort, ohne die fest arretierten Gebilde zu
beeindussen. Dass dem so ist, hat Verfasser am eviden-
testen bei einem an Ernpyem operierten Kinde gesehen.
Ueber acht Wochen wurde die m&chtige Sekretion durch
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion. 139
einen mit Mastisollfisung befestigten Bausch geleitet. Die
Haut in der n&cbsten Wundumgebung blieb absolut trocken
und sauber, keine Spur Ekzem trat auf, irgendwelche
Sal ben wurden nicht verwandt. Soweit fiber die Wirkung
des Mastisol verbandes bei einer akzidentellen Wunde der
angenommenen Art. Mit dem Erw&hnten ist aber die
Brauchbarkeit des Verbandes noch lange nicht erschfipft.
Alle kleinen allt&glichen Verletzungen lassen sich mit dem
Mastisol ftusserst bequem und sicher behandeln. In frfiherer
Zeit hatte ich imraer meine liebe Not damit, kleine Ver-
letzungen der eigenen Hfinde zur Heilung zu bringen,
ohne dadurch in der Ausfibung der Praxis behindert zu
werden. Seit ich Mastisol verwende, ist das anders ge-
worden. Ich Oberpinsele die Umgebung kleiner Hand-
verletzungen ohne Reinigung sofort mit Mastisol. Ob
dabei ein geringer Teil Mastisol in die Wunde selbst
kommt, macht gar nichts aus, es macht sich nur durch
ein schnell vorttbergehendes, leichtes Brennen bemerklich.
Dann betupfe ich die Stelle, sobald sie klebrig ist, mit
sterilisierter entfetteter Watte aus dem v. Oettingen-
schen Wundbausch oder lege statt dessen ein Streifchen
Kfiperstoff auf, eventuell wird nochmals fiberpinselt und
mit Watte betupft. Dann haftet der kleine Yerband ab¬
solut fest, vertrftgt jedes Waschen und sichert die kleine
Wunde durch absolute Ruhe und Austrocknung gegen
jede Stfirung. Binden, Heftpflaster, Fingerlinge sind ent-
behrlich. Ein gleiches l&sstsich erreichen bei alien Schrunden,
Frosthanden, Furunkeln u. dgl. Man schneidet sich aus
dem Kfiperstoff ein passendes Stfickchen aus oder reisst
einen entsprechenden Streifen ab, bepinselt die gesunde
Haut in gewfinschter Breite, wartet eine Minute und klebt
dann den Kfiperstoff an; sollte man fiberflfissig gepinselt
haben, so beraubt man durch Auftupfen entfetteter Watte
oder durch Auftupfen der Breitseite der Kfiperbinde die
Stelle durch Ankleben der feinen Fftserchen ihrer Klebrig-
keit. Nun ruhen alle Schrunden, Risse, empfindliche
Stellen sicher unter der schfitzenden Decke, die absolut
unverschieblich haftet; wfinscht man noch mehr Sicherung,
so lasst sich diese durch Ankleben von Kfiperstreifen
mfihelos erreichen, Heftpflaster jeder Art ist durchaus
entbehrlich. Ganz vorzfiglich ist der Mastisolverband an
all den Stellen, an denen Verbande schlecht haften, z. B.
Nacken, Mitte des Rfickens, Skrotum, Nates, Gesicht usw.,
ttberall kommt man ohne Binde aus, hfichstens bedarf es
noch zuweilen eines mit Mastisol befestigten Kfiperstreifens.
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
Ich habe auf diese Weise schwere Gesichtsverletzungen
durch Hufschlag - mit Zertrfimmerung des Jochbeins und
des Augenhfihlenrandes,, Hydrozelenoperierte, Bruch- und
Bauchoperierte ohne Bindenanwendung glatt zur Heilung
kommen sehen. Man kann das Mastisol anstandslos fiber
angelegte Nfihte hinwegpinseln, auch die Naht durch
die fibergepinselte Lfisung hindurch legen, soviel ich ge-
sehen, mit dem Erfolge, dass Stichkanaleiterungen da-
durch verhindert werden. v. Oettingen bat im Jahre 1911
ein Merkblatt drucken lassen, auf dem eine Anleilung
zur Mastisolbehandlung bildlich mit erl&uterndem Text
dargestellt ist *). Das Ganze ist von verblOffender Ein-
fachheit, wenn man bedenkt, welcher Apparat von Ver-
bandstoffen, Desinfektionsmitteln, Binden, Heftpflaster,
Schienen u. dgl. bis jetzt Qblich war. Fflr einen grossen
Krankenhausbetrieb mag diese Vereinfachung nicht wenig
verschlagen, noch mehr aber profitiert davon der praktische
Arzt, der mitten zwischen interner, geburtshilflicher und
sonstiger T&tigkeit auf einmal einem chirurgisch Verletzten
mit dem Zwang sofortigen Helfens in der Praxis gegen-
fibersteht. Durch die Mastisolbehandlung kann er das
sofort und sicher. Als Wundverband kommt nur in Frage
Mastisol, Wundb&usche und Kfiperstoff, dagegen nicht:
Bfirste, Seife, Alkohol, Sublimat, Jodtinktur, Jodoform,
Heftpflaster usw. (s. Ia Jer Anleitung). Zur Sterilisie-
rung des Operationsfeldes bei etwa nfitigem sofortigen
Eingriff genfigt Mastisol, steriles Tuch oder Papier, deren
Ankleben eine Asepsis mechanica absoluta bewirkt. Ausser
dem Wandverband, Verband nach chirurgischen Eingrififen,
der Sterilisierung des Operationsfeldes gibt das erwfihnte
Merkblatt noch Anleitung zur Behandlung der Radius-
fraktur, Klavikularfraktur, Rippenfraktur, Nabelbruchver-
band der Kinder, Klumpfussverband der Neugeborenen,
Plattfussverband, Verband des Ulcus cruris, Bauchverband
nach Laparotomie, ^xtensionsverband, Knotenextension,
Oberschenkelextension beim S&ugling, Armsuspension,
alles nur unter Verwendung von Mastisol und Kfiper*
binde, ohne Schiene, Heftpflaster, Gips u. dgl. Die Art
der Verwendung ist im Merkblatt genau angegeben. Er-
wfthnt sei noch, dass die Mastisol-Kfiperbinden nach
v. Oettingen 4, 6, 8, 10 cm breit und 5 m lang zum
Preise von M. 0.50, 0.60, 0,90 und 1.10 Oberall erhfilt-
lich sind. Der Stoff ist innen reich haarig, aussen glatt
*) Erhftltlich von O. Brftmer, G. m. b. H., Berlin W. 50.
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
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und nicht dehnbar. Aus dem Gesagten dQrfte hervor-
gehen, dass ich nicht zu viel sagte, wenn ich im Anfang
meinte, dass die bisher Qblichen Verbandmethoden an Ein-
fachheit, Sicherheit und Schnelligkeit nicht an die Wund-
behandlung mit dem Mastisolverband nach v. Oettingen
heranreichten. Das Bepinseln bis an den Wundrand heran
kann auch die ungeQbteste Hand besorgen, das Bepinseln
kann liber Blut, Schmutz und, wie ausdrlicklich bemerkt
sei, auch liber die Haare hinweg geschehen, letztere kleben
nicht am Yerbandstoff, sondern an der Haut fest, ver-
ursachen also beim Abziehen keine Belastigung. Diese
Frozednr ist also ausserst einfach und innerhalb ganz
kurzer Zeit zu erledigen. Wie anders dagegen die Waschung
und Reinigung einer schmierigen Hand und mit welcben
EindrQcken fQr den Verletzten verbunden; Ohnmachts-
anfalle mit all ihrem unerquicklichen ZubehOr bekommt
man gar nicht mehr zu Gesicht. Das Aufdrticken des
Verbandbausches ist Sekundensache, und damit ist die ganze
Wunde versorgt; sie liegt jetzt mechanisch aseptisch ge-
macht und unbeweglich in ihren RSndern. Da die Sekrete
durch Kapillaritat und Yerdunstung eintrocknen, sind
alle gQnstigen Bedingungen zur Heilung gegeben, bisher
habe ich wenigstens noch keine Wundkomplikation unter
alien meinen Verbanden erlebt. Schliesslich die Billigkeit.
Die Mastisolflasche reicht flir eine ganze Reihe von Ver¬
banden, der Wert des Gepinselten dQrfte zumeist in Pfen-
nigen bestehen, dazu Wundbausch und vielleicht KQper-
binde, das ist das ganze. Nimmt man dazu, dass die
Kosten fQr Watte, Binden, Desinfizientien, Heftpflaster usw.
vollstandig fortfallen, so lasst m. E. beim Mastisolverband
neben der Einfachheit, Sicherheit und Schnelligkeit auch
die Billigkeit nichts zu wQnschen Qbrig. Auf dem letzten
Chirurgenkongress 1911 in Berlin waren auch die v. Oettin¬
gen schen Praparate, Mastisolwundbausche und -kQper-
binden, ausgestellt und wurden von den Fachchirurgen
viel besichtigt. Anscheinend waren sie noch wenig be-
kannt. Vorbedingung fQr die FQrderung einer guten Sache
(und das, glaube ich, ist die Mastisolbehandlung nach
v. Oettingen) ist zunachst das Bekanntwerden. Hierzu
beizutragen, ist der Zweck obiger Zeilen. Ich zweifle
nicht, dass jeder Kollege, der die Sache versucht, ein
warmer Anhanger dieser einfachen Methode werden wird,
und dass dann auch diese Art Wundversorgung ihren
weiteren Weg findet in die Samariter-, Rote-Kreuz-
Vereine usw. Denn wenn die Sache im Frieden schon
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142
Antisepsis, Asepsis, Deeinfektion — Arzneiexantheme.
als probat gefanden wird, am wieviel mebr wird sie
erst im Kriege leisten, wo aaf Einfachheit, Sicberheit und
Schnelligkeit alles ankommt.“
(Mfincb. med. Woobenscbr. 1911 Nr. 43.)
trineieiawthemei Antipyrinexanthem. Yon Professor
Dr. Seifert (Wfirzburg). Einen merkwQrdigen Fall von
fixem Antipyrinexanthem hatte Autor zu beobachten Ge-
legenheit. Am 4. Jannar 1911 trat in Behandlnng ein
Herr, 53 Jabre alt. Es fand sich infolge einer Perichon¬
dritis des Schildknorpels eine brettharte Anschwellung unter
der Haut fiber dem Schildknorpel und eine ddematfise
Anschwellung der ganzen recbten Kehlkopfhfilfte, bis zur
Mitte der Epiglottis reicbend. Zur Milderung der Schluck-
beschwerden wurde die fidematfise Anschwellung mit fol-
gender Lfisung bespfilt: Coc. hydrochlor. 1,0, Antipyrin 2,0,
Aq. destill. 10,0, und zwar kam zu jedesmaliger Verwen-
dung eine Gesamtquantit&t von etwa 2,0 Flfissigkeit. Die
ersten Bespfilungen gescbahen des Yorraittags um 11 Uhr,
die zweitmaligen abends 7 Uhr. Am 5. Januar morgens
waren beide H&nde, von den Fingerspitzen beginnend bis
etwa 3 cm fiber das Handgelenk binaus, am st&rksten an
der Rficken- und weniger deutlich an der Voiarfl&che,
gleichmftssig gerfitet und geschwellt. Pat. gab an, dass
er des Nachts durch heftiges Jucken und Brennen gequ<
worden sei, und bezeichnete obne weiteres dieses Exanthem
als ein Antipyrinexanthem, weil er schon mehrmals an
der gleichen Affektion gelitten hatte, so oft er wegen
Kopfscbmerzen ein halbes Gramm Antipyrin genommen
hatte. Die Behandlung des Exanthems bestand in einem
Yerband mit Zinkpaste, worauf das Brennen und Jucken
bald nachliess. Nach acht Tagen war unter mftssiger
Abschilferung, ohne dass es zu exsudativen Prozessen ge-
kommen wftre, das Exanthem abgeheilt. — Auffallend
ist an dem Falle, dass nach so geringen Dosen von Anti¬
pyrin, wie sie hier zur Verwendung kamen, ein so inten-
sives fixes A. auftrat. Wenn auch zu den Bespfilungen
am 4. Januar, die Bespfilungen am Vormittag und Abend
zusammengerechnet, etwa 0,5 Antipyrin eingespritzt wurde,
so konnte doch nur eine ganz geringe Menge verschluckt
worden sein, weil der Pat. angewiesen war, sofort nach
dem Einspritzen auszuspucken und nichts zu schlucken.
Es erinnert dieser Fall einigermassen an die Beob_
achtung von Klein, nach welcher ein fixes A. nicht
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Arzneicxaotheme.
14a
nur nach dem Einnehmen, sondern auch scbon nach der
Berfihrung von Antipyrin mit den Fingern auftrat.
(Wiener klin. Rundschau 1911 Nr. 10.)
—■ Sin Fall von A. wird von Regimentsarzt Dr. Ferdinand
Schtttz wie folgt gescbildert: „Anamnese. 30j&hr. Mann r
1908 Malaria, seither zeitweise heftige rechtsseitige Su-
praorbitalneuralgie. September 1910 Sklerose im Sulcus
coronarius glandis, Salvarsanbehandlung (intramuskulfire
Iojektion), danach rasche Heilung des Primaraffektes, keine
Sekund&rerscheinungen. Am 4. August 1911 kommt Pat.
in meine Behandlung mit der Angabe, seit zwei Tagen
GeschwQre an Zunge, Eichel und Hodensack sowie Brennen
im After zu beobachten, welche Erscheinungen von einem
befreundeten Arzte als luctische gedeutet wurden. Befund:.
An der Spitze und an den Rfindern der Zunge vier scbarf
umschriebene, linsengrosse, gelblich belegte Schleimhaut-
erosionen, im Sulcus coronarius glandis, am Scrotum und
in der Crena ani mehrere linsen- bis hellergrosse, teils
braunrfitliche, teils speckig belegte Substanzverluste der
Haut, eine papulose Plaque an der Unterseite der Gians.
Bei genauer Betrachtung zeigen alle diese Haut- und
Schleimhautgeschwfire mehr oder weniger deutlich einen-
schmalen, Gberh&ngenden Epithelsaum, der auf ihren ur-
sprfinglichen Blasencharakter scbliessen lasst. Auf Befrageu
wird die Anamnese dahin erg&nzt, dass dem plfitzlichen
Auftreten dieser Geschwfire vor zwei Tagen in der Nacht
Jucken und Prickeln der Zunge und Brennen am Genitale
vorausgingen. Bei der weiteren genauen Untersucbung
zeigten sich an der Innenseite des rechten Oberarmes zwei
zirka kronenstfickgrosse, leicht infiltrierte Erythemflecka
von braunrOtlicher Farbe. Auf dieselben aufmerksam
gemacbt und fiber ihre Dauer befragt, berichtet Pat., dass
sie seit lVa Jahren bestehen; sie seien' gewfihnlich blass-
braun, manchmal fast unsichtbar und traten 1—2 Stunden
nach jedesmaligem Antipyringebrauch, das seit 2 1 k Jaliren
fitter, zum letztenmale vor 27-2 Tagen in 1 g-Dosen wegen
der Supraorbitalneuralgie genommen wurde, unter massigem
Jucken und Brennen als stark gerfitete, scharf begrenzte
Flecke hervor. Sonstiger Hautbefund normal, Allgemein-
befinden bis auf Kaubeschwerden und Schmerzen bei der
Def&kation (Erosionen an Zunge und After) nicht gestfirt r
im Urin kein Antipyrin nachweisbar (Eisensesquichlorid-
probe). Decursus. Abheilen der Haut- und Schleimhaut-
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144
Arzneiexantheme.
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geschwfire in zwei Tagen unter indifferenter Behandlung,
wfthrend die beiden Erythemflecke am Oberarme in den
nachsten zwei Wochen einen allmahlichen Uebergang ihres
Farbentones von Rotbraun fiber ein mattes Blfiulichbraun
in ein blasses Graubraun durchmacbten. — Fassen wir
das Gesagte zusammen, so sehen wir bei unserem Pat.
nach einjfihrigem anstandslosen, hftufigen Antipyringebrauch
bei gleichbleibender Dosis (1 g) auf einmal zwei Erythem¬
flecke am Oberarme auftreten, die durch lV« Jahre bei
jedesmaliger Aufnahme des Medikaments unter Jucken sich
rOten und wieder abblassen. Nach dieser Zeit tritt bei
derselben Dosis ohne erkennbare Ursache eine Steigerung
der Ausbreitung der Hautaffektion ein in Form von plfitz-
lich unter Brennen und Jucken auftretenden Blaschen an
Zunge, Eichel, Hodensack und After, welche sich rasch
in oberflachliche Geschwfire verwandeln und nach kurzem
Bestande bei indifferenter Behandlung vollstiindig schwinden.
Die Erythemflecke zeigen in. ihrer scharfen Begrenzung,
dem Abklingen ihres erst rotbraunen, dann blaulichen
Farbentones bis zu blassen graubraunen Pigmentationen,
dem jedesmaligen Aufdammen bei Antipyringebrauch, end-
lich der absoluten Konstanz der Lokalisation alle Merkmale
der von Brocq als Eruption erythemato-pigmentee be-
zeichneten, von Ehrmann u. a. als fixes Antipyrinexan-
them beschriebenen Arzneidermatose, deren klinisches Bild
durch die gleichzeitige Blascheneruption im Munde und
an den Genitalien, das plfitzliche Auftreten unter Jucken
und Brennen und das ebenso rasche Verschwinden der
Erscheinungen ohne besondere Behandlung erg&nzt und
vervollkommnet wird. Tritt ein derartiges A. wie in un¬
serem Falle bei einem Luetischen auf, so ist eine Ver-
wechslung besonders der belegten Haut- und Schleimhaut-
erosionen mit erodierten, luetischen Papeln doppelt leicht
mfiglich; die Schwierigkeit dieser Differentialdiagnose ist
ja schon wiederholt betont worden — Fournier, Erd¬
mann u. a. — und hat in so manchen Fallen auch zu
antiluetischer Behandlung geffihrt (Berliner). Zum
Glfick weisen ja die Anamnese und der Verlauf meist auf
die richtige Diagnose hin; allerdings wird die Antipyrin-
medikation von dem Pat. oft — meist absichtslos — ver-
schwiegen. Er kann sich eben nicht vorstellen, dass eine
jahrelang anstandslos vertragene Antipyrindosis auf einmal
derartige Erscheinungen hervorruft. Auch uns fehlt bis-
her jede Erklarung ffir diese plfitzlich erworbene und bei
weiterem Gebrauche des Medikaments in ihrer Extensit&t
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Arzneiexantheme — Diabetes.
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gesteigerte region&re Idioaynkrasie, welcher Ausdruck ja
auch nur „das den fehlenden Begriff ersetzende Wort“
(Apolant) vorstellt. (Wiener klin. Wochenaehrift 1911 Nr. 43.)
Diabetes. TTeber die Behandlung der Diabetesazidose mit
Znckerinfasiouen. Von Privatdozent Dr. R. Balint
(III. Mediz. Klinik der Universitat in Budapest). Der
Ausgangspunkt seiner Untersuchungen war die Annahme,
dass die bessere Verwertung des per anum verabreichten
Zuckers auf einer langsameren Aufsaugung beruhe, wobei
die herabgesetzte Glykolyse der Diabetiker mit den lang-
sam in den Kbrper gelangenden Zuckermengen gleichen
Schritt halt. Um die Aufsaugung noch langsamer zu ge-
stalten, liess Autor die Zuckerldsung nach der Methode
von Katzenstein tropfenweise in den Mastdarm einfliessen,
und zwar so, dass die Dauer der Infusion sich auf den
ganzen Tag erstreckte. Auf diese Art konnte er folgendes
erzielen: Er bemerkte, dass auf einmal in den Mastdarm
gebrachte grOssere Mengen von Zucker von den wenigsten
Pat. vertragen werden. Der Zucker erzeugt im Rektum
einen Reiz, der zu einem unwiderstehlichen Stublgang
fQhrt. Im besten Falle, wenn der Kranke imstande ist,
die Infusion.langere Zeit zu behalten, wird nur ungefahr
die Halfte des Zuckers resorbiert. Die tropfenweise In¬
fusion des Zuckers hingegen gestattet die Einfuhr einer
grossen Menge von Zucker. Die Kranken vertragen die
Infusionen gewfthnlich recht gut, und wenn sie nach einigen
Stunden Stuhl haben, enthalt derselbe nach einer Infusion
von 80—100 g Zucker bloss ungefahr 4—5 g Zucker.
Auf diese Weise infundierte Autor den Pat. taglich
100—150 g Dextrose, und war die Menge des ausge-
schiedenen Zuckers — nach Einfuhr von solchen grossen
Mengen von Zucker — in alien Fallen entweder unverandert
oder nur ganz wenig vermehrt. Bezilglich der Wirkung
von Zuckerinfusionen auf die Azidose gelangte Autor in
seinen Fallen zu ganz interessanten Resultaten. Er wandte
die Infusionen grdsstenteils in schweren Fallen von D.
an und bestimmte taglich das im Urin ausgeschiedene
Azeton quantitativ. Ausser diesen Infusionen erhielt der
Pat. in regelmassigen Zwischenraumen auch per os Nahrung,
dessen Zusammensetzung genau dieselbe war als vor und
nach den Infusionstagen, um so die Wirkung der Kohle-
hydratausnutzung mit diesen Kontrolltagen vergleichen zu
k5nnen. Es ergab sich, dass der per anum eingeftlhrte
Zucker resorbiert wurde, die Azidose sich jedoch nicht
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146
Diabetes.
verringerte, ja dieselbe stieg sogar in Fallen, bei denen
Autor in den Infusionstagen per os kein Kohlehydrat
einfdhrte, sondern die den Kontrolltagen entsprechende
Zuckermenge per anum infundierte. Er kam daher zu dem
Schlusse, dass die per anum eingefQhrten Kohlehydrat-
mengen fortwahrend und nur sebr langsam gespalten werden,
dass daher die Verbrennungswftrme derselben zur Zeit der
Spaltung der auf einmal in grdsseren Mengen in den
KOrper gelangenden Nahrungsprodukte nicht genOgt, um
die entstandenen AzetonkOrper zu verbrennen. Diese
Annahme wflrde daher erklaren, warum die Azidose nicht
abnimmt und warum dieselbe in Fallen, bei denen an den
Infusionstagen per os kein Kohlehydrat eingeftthrt wurde,
grosser war als an den Kontrolltagen, an denen der Pat.
Kohlehydrate per os erhielt. Ausgehend von dieser An¬
nahme gab Autor in weiteren Versuchen den Pat. an den
Infusionstagen ganz minimale Kalorienmengen per os. An
diesen Tagen erhielten die Pat. fOnfmal tfiglich je 300 g
Bouillon, und falls sie sehr hungrig waren, was aber nicht
oft vorkam, ein StQckchen (ungeffi.hr 50 g) Kfise, ausser-
dem 100—150 g Zucker per anum. Falls die Pat. wfthrend
des Tages Stuhl batten, wurde die mit demselben abge-
gangene geringe Zuckermenge ersetzt. Die Kranken er¬
hielten auf diese Weise 700—800 Kalorien, was sie zwei
Tage hindurch vorzQglich vertrugen. Die Wirkung dieser
mit Hungertagen kombinierten Zuckerinfusionen war fol-
gende: In den leichteren Fallen wurden die Pat. zucker-
frei, Azidose trat nicht auf; in anderen Fallen wieder, bei
denen nach einfachen Hunger- bzw. Bouillontagen im Ham
Zucker vorhanden war, wurde der Pat. zuckerfrei, wenn
der Hungertag mit einer Zuckerinfusion kombiniert war.
Diese Tatsache ist nicht anders zu erklaren, als dass der
Organismus an den einfachen Hungertagen aus seinem
eigenen Eiweiss Zucker bildete, wozu es jedoch nicht kam,
wenn der per rectum infundierte Zucker genQgende Kalorien¬
mengen lieferte. In Fallen mit Azidose reagierten die
Pat. auf zweierlei Arten. Es gab Falle, bei denen die
Azidose ganz aufhOrte, bei denen dies aber auch nach
gewOhnlichen Hungertagen ohne Infusion geschah. Ferner
hatte man Falle, bei denen sich Azeton auch nach Hun¬
gertagen zeigte, wo also dasselbe aus dem Hungerstoff-
wechsel des Organismus entstand; in diesen Fallen ver-
minderte sich die Azidose ganz auffallend nach Zucker¬
infusionen, und zwar um so mehr, je langer die Zucker¬
infusion dauerte. Was die Nachwirkung der Infusion an-
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Diabetes.
147
0
belangt, bemerkte Autor in jedem einzelnen Falle, dass
sich einesteils die Toleranz der Kranken bedeutend ver-
besserte, anderseits die Azetonurie sicli ffir einige Zeit be¬
deutend Verminderte. (Berliner klin. Wochengchrift 1911 Nr. 34.)
— Hat das Vagnesinmsuperoxyd einen gtlnstigen Einflnss
auf die Zuckeransscheidung bei D. Diese Frage beant-
wortet Dr. M. Hirose (Medizin. Klinik Tokio) auf Grund
seiner Versuche mit „nein“; das Mittel zeigte keinen nennens-
werten Vorteil. (Deutsche med. Wocbensohrift 1911 Nr. 36.)
— Ueber die Beeipflnssnng des D. durch das Lakton der
a-Glykoheptons&nre. Von Dr. J. Pringsheim (II.
Medizin. Abteil. d. Allerheiligen - Hospitals in Breslau).
Ueber sehr bemerkenswerte Eigenscbaften eines KOrpers
aus der Siebenzuckerreihe, des Laktons der a-Glykohepton-
sfture, bat Rosenfeld vor kurzem berichtet. Er fand, dass
dieser leichtldsliche und bei mftssiger Konzentration auch
gut resorbierbare Korper beim Phloridzinhunde die Glyko-
surie herabsetzt. Dieser Zucker wird vom gesunden und von
diabetischen Menschen verbrannt und ist hfiufig imstande,
bei letzterem die Glykosurie herabzusetzen. Der, wenn
auch nicht regelmftssig zu beobachtende Einfluss des Lak¬
tons auf die Glykosurie beim konstitutionellen Diabetes,
wie er aus den Versuchen Bosenfelds ersichtlich ist, gab
Veranlassung, die Untersuchungen an weiteren Diabetes-
fallen fortzusetzen. Autor berichtet vorlftufig fiber die
Untersuchung an sechs Fftllen. Wenn man diese Unter¬
suchungen zueammenfasst, so hat sich folgendes ergeben.
Das Lakton wird in Mengen bis zu 50 g vom Diabetiker
gern genommen und gut vertragen — mfissige Durcbfalle
wnrden nur bei dem Pat. mit Kohlehydrathunger-Azetonurie
beobachtet. In Mengen bis zu 30 g — fiber den Tag ver-
teilt — wird Lakton vom Diabetiker stets vollstSndig ver¬
brannt, bei Tagesdosen von 40 g an wird bei manchen
Fallen ein kleiner Teil des Laktons unverbrannt wieder
im Ham ausgeschieden. Eine gfinstige Beeinflussung der
Glykosurie hat Autor in ffinf Fallen von den untersuchten
sechs Fallen beobachten kfinnen. Der Effekt war bei drei
• von diesen ffinf Fallen nur in den ersten Tagen zu kon-
statieren und verschwand noch wahrend der weiteren Lak-
tondarreichung, selbst wenn die Tagesdosis gesteigert wurde.
In einem Falle trat unter Lakton eine Besserung der Tole¬
ranz ein, welche auch nach dem Aussetzen des Laktons
anhielt. Auffallend ist die Wirkung des Laktons in Fall 3
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148
Diabetes — Frakturen und Luxationen.
bei welchem die erstmalige Laktonperiode eine Entzucke-
rung — merkwQrdigerweise ohne Sehwinden des Azetons —
herbeifiihrte, eine zweite nach einem Zeitraum von vier
Tagen wiederholte Laktonperiode jedoch vollst&ndig ver-
sagte. Dabei ist es bei der zweitmaligen Darreichung
nicbt etwa zu einer Ausscheidung von Lakton gekommen.
Eine Ursache dafttr, dass das Lakton bei manchen Diabe-
tesfallen die Glykosurie herabgesetzt, bei manchen aber
nicht, obwohl es in alien Fallen verbrannt wird, kann Autor
nicht linden, ebens.owenig kann man sich aus den wenigen
Fallen ein Urteil Ober die Art der Wirkung bilden. Ausser-
dem konnte Autor eine gfinstige Beeinflussung der Azetonurie
durcb Lakton konstatieren, sowobl der diabetischen—wenn
auch nicht regelmassig — als auch der durch Kohle-
hydrathunger erzeugten.
(Therapeutische Mouatshefte, November 1911.)
Frakturen und Luxationen. Eine Universai-Exten-
sionsschiene fftr die Oberextremit&t bat Dr. H. Haun
(Gladenbacb) konstruiert»- Seit ftlnf Jahren benQtzt Autor
diese Universalschiene und bat sie mehr und mebr ver-
bessert und allmahlich so vervollkommnet, dass sie wohl
alien AnsprQchen gentigt, sowobl was leichte, wenig Zeit
beanspruchende Applikation anbelangt, als auch hinsicht-
lich guten Sitzens, exakter Adaption der Fragmente, guter
Uebersichtlichkeit der Verletzung und, last not least, hin-
sichtlich des Preises. Denn ein Satz solcher Schienen,
welcher fOr alle GrOssen vom Neugeborenen bis zura Er-
' wachsenen und ffir links und recbts passt, kostet 50 Aifk.
Seine einmalige Anscbaffung genbgt fQr alle Zeiten, denn
die Schiene kann ja immer wieder verwendet werden.
So Qbertrifft diese Schiene an Billigkeit der Behandlung
alle anderen Behandlungsmethoden. Bemerkt sei noch,
dass die Schiene eine derartige Verstellbarkeit besitzt,
dass man mit zwei Exemplaren sowohl S&uglinge wie
Erwacbsene, sowobl rechte wie linke Extremitfit bebandeln
kann. Das Anlegen des Verbands geschieht in folgender
Weise: Die Schiene wird auf passende L&nge und auf
. rechts oder links eingestellt. Nach Anlegung des Heft-
pflasterverbands in Qblicher Weise wird die Schiene ver*
mittels Brustplatte um den Thorax befestigt. Oberarm-
bandage wird um Frakturstelle gelegt, wobei zur Adaption
verschobener Bruchenden Filzstficke eingelegt werden,
Kette wird an Heftpflasterverband inseriert und tkber eine
Feder, welche den Gewichtszug ersetzt, angespannt. Soli
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Frakturen und Luxationen.
149
eine Extension am Vorderarme stattfinden, so wird die
Schiene durch LCsen einer Schraube rechtwinklig gebeugt.
Die Behandlung mit dem Apparate ist die denkbar ein-
fachste. Die Brucbstelle lfisst sich leicht kontrollieren,
leicht rontgen, korrigieren. Bewegungen im Schultergelenk
sind stets mbglich; im Ellbogengelenk nach Aushaken der
Kette. Massage von der Bruchstelle aufwftrts ist eben-
falls ausf&brbar. Die Polsterung der Brustplatte kann
durch Einlegen eines Stfickes Filz noch unterstutzt werden.
Bei starkem Zuge wirkt eine Gegenextension um den
Oberschenkel. Letztere ist aber kaum notwendig, da der
Zug am Heftpflasterverband noch durch die Schwerkraft
des herabh&ngenden Armes vorteilhaft unterstfltzt wird.
Stauungen im Arm wurden nie beobachtet, vorausgesetzt,
dass man mit dem Anlegen der Schiene erst einige Tage
nach der Verletzung beginnt, nachdem durch Bettruhe
und fleissige Massage die Schwellung an der Bruchstelle
nachgelassen hat und sich wieder gOnstige Zirkulations-
verhaltnisse eingestellt haben.
(Miinch. med. Wochenschr. 1911 Nr. 40.)
— F. Gdppert, Beitrag zur Therapie des Oberarmbrachs im
S&uglingsalter. Seit l&ngeren Jahren wendet G. in alien
diesen Fallen den Middeldorpfschen Triangel an. Er
wird aus gewbhnlichem, dilnnem Eisenblech, das sich noch
leicht unter den Handen biegt, nach Anpassung an der
gesunden Seite hergestellt. Am stumpfen Winkel, der in
die Ellbogenbeuge zu liegen kommt, ffige man mit Heft-
pflaster einen Weinflaschenkork ein. An dem einen spitzen
Winkel, der in die Achselbeuge eingefflgt wird, tue man
das gleiche oder bringe eine etwa ebenso dicke Rolle aus
Watte und Heftpflaster an. Vorstehende Drahtenden um-
wickele man mit etwas Heftpflaster. Dann werden die
drei Flachen des Triangels mit 6—8fachen Mullagen um-
wickelt, die mittels Mullbinden fixiert werden. Dieser
kleine Apparat wird durch einige Heftpflasterstreifen, die
jedoch nur bis zur Mittellinie des Stammes reichen dllrfen,
an der Thoraxwand fixiert. Der Oberarm des Kindes
wird im unteren Drittel durch einen Heftpflasterstreifen
festgehalten, der jedoch an der Haut nicht festzukleben
braucht. Das Ankleben wird durch ein untergeschobenes
Mullappchen verhindert. Ein zweiter, jedoch festklebender
Heftpflasterstreifen umgibt das distale Ende des Vorder-
arms. Durch diesen einfachen Apparat wird der Arm
sicher und doch lose genug fixiert, um ein leichtee Muskel-
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150
Frakturen und Luxationen — flyBterie.
spiel zu gestatten, was ftir die Schnelligkeit der Heilung
von Vorteil sein dQrfte. Die Lage des Armes ist bequem
ohne Verbandwechsel zu kontrollieren. Dabei ist die Be-
wegung der einen Brusthalfte gar nicht, die der anderen
nur unbedeutend erschwert, vor alien Dingen aber auch
die Bauchatmung in keiner Weise gehemmt. Man kann
das Kind bequem bewegen, auf den Bauch legen und,
wenn notig, therapeutiscbe Hautreize anwenden. Bei gleich-
zeitiger Bronchitis dQrfte dies von grQsster Bedeutung sein.
Die KrQckenl&hmung ist nicht zu fQrchten. Bei der Dicke,
die in obigem Modelle dem Winkel, der in die Achsel-
hdhle zu liegen kommt, gegeben wird, ist ein Eindringen
desselben und damit ein Druck auf die Nerven ausge-
schlossen. Um ein Schweissekzem der Achselhdhle zu
vermeiden, kann man dieselbe ausserdem durch ein mehr-
fach zusammengelegtes Mull&ppchen polstern. 6. glaubt,
diese Methode bei alien OberarmbrQchen der Rachitiker,
ferner bei BrQchen des mittleren Drittels des Oberarmes
aller Art von S&uglingen als beste Methode empfehlen
zu dQrfen. Auch bei dem typischen Oberarmbruch der
Neugeborenen dQrfte sie oft mit Vorteil anwendbar sein.
(Ther&p. Monatshefte, August 1911.)
Hysteric. Zwei F&lle von hysterischer Amaurose (Schreck-
nenrose). Vori Dr. Frhr. v. Marenholtz. (Aus der
Maximilians-Augenheilanstalt in NQrnberg.)
I. — M. H., 43 J., Bauersfrau. Angeblieh nie An-
f&lle. Vor wenigen Monaten hat sie eine schwere Lungen-,
Rippenfell- und NierenentzQndung durchgemacht, ist
dadurch kQrperlich sehr heruntergekommen und sehr nervos
geworden, so dass sie bei der kleinsten Aufregung Herz-
klopfen, Angst und Zittern am ganzen Kdrper bekommt.
Wenige Wochen vor der jetzigen Erkrankung ist ihr plQtz-
lich ein zwdlfjahriges Kind gestorben, ausserdem hat sie
in dieser Zeit noch einen Kummer dadurch erlitten, dass
sich eine Bekannte von ihr von einem Zuge Qberfahren
liess. Acht Tage vor ihrer Aufnahme hat sie einen
pldtzlichen heftigen Schreck dadurch erlitten, dass ihr auf
dem Felde mitgeteilt wurde: ihr Haus brenne. Seit diesem
Tage will sie auf dem linken Auge vQllig blind sein;
vorher habe sie immer auf beiden Augen gut gesehen.
25. VII. Status: Die Frau.macht einen gedrQckten und
Qngstlichen Eindruck. Links S. = B /a. Rechts: angeb¬
lieh keine Lichtempfindung, jedoch stellt sich sofort bei
Lichteinfall das rechte Auge nach der Richtung der ein-
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Hysteric.
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fallenden Strahlen. Die Pupillen sind beiderseits gleich-
weit; die rechte reagiert — wenn auch trager als die
linke — auf Lichteinfall. Korpealreflex: -K Die bre-
chenden Medien sind ohne Yerfinderung. Die rechte
Papille ist etwas blasser und die arteriellen Gefasse an-
scheinend verengt. Keine Anftsthesien, fiberhaupt sonst
keine hysterischen Symptome. Behandlung: Faradisation.
Suggestion. 27. VII. S. R. = Finger in 1 m. 30. VII.
S. R. = Finger in 5—6 m. Das Gesichtsfeld erweist sich
etwa auf die Halfte konzentrisch verengt; die Farben-
empfindung ist normal. 2. VIII. S. R. = 1 /e. Trotz Zu-
redens will die Frau immer noch nicbt recht glauben, dass
sie auf dem rechten Auge wieder sieht. Zubinden des
linken Auges. 4. VIII. S. R. = e /i 2 . Gesichtsfeld noch
eingeschrankt. Grenzen fQr rot und blau normal. 5. VIII.
S. R. = e !b. Trotzdem auf dem rechten Auge voile Seh-
scb&rfe besteht, will die Frau H. immer noch nicht an
ihre vdllige Heilung glauben und fGrchtet, dass dieselbe
nicht von Bestand sei. 8. VIII. Geheilt entlassen. Ge¬
sichtsfeld normal. 8. IX. Vorstellung. R. S. — “/s.
Diagnose: Rechtsseitige hysterische Amaurose. Scbreck-
neurose.
II. — J. St., 18 J., Schlosser. Pat. wird nachts
auf Veranlassung der Polizeistation angeblich wegen plbtz-
licher Erblindung durch die Sanitatskolonne in die Klinik
eingeliefert. Er gibt an, dass er abends auf der Strasse —
es herrschte ein m&ssiges Gewitter — plotzlich einen Blitz
habe aufleuchten sehen. Der Donner soli dem Blitzschlag
erst viel spater gefolgt sein. Er erschrak heftig, bekam
starkes Herzklopfen und merkte nun, dass er nichts mehr
sehen konnte; durch Passanten wurde er auf die Polizei-
wache gebracht. Pat. gibt noch an, dass er einige Wochen
vorher mehrere Wochen wegen Hitzschlag im Kranken-
hause gelegen habe; seit der Zeit leide er an heftigen
Kopfschmerzen. 9. IX. Status: St. ist auffallend kalt
am ganzen Korper, blass-bl£uliche Hautfarbe. Temperatur
36,0. Puls 60. Keinerlei L&hmungserscheinungen; keine
Augenmuskelstdrungcn; durchsichtige Medien klar; Pupillen
reagieren trage auf Lichteinfall. Visus beiderseits: Unter-
scheidung von Hell und Dunkel. Kornealreflex: vor-
handen. Am Augenhintergrund sind die Venen starker
gefQllt, Arterien ohne Reflexstreifen, verengt, die Papille
besonders links temporal abgeblasst. Behandlung: Bett-
ruhe. Suggestion. 10. IX. Augenbefund und Visus un-
verandert, Pat. macht einen gleichgiiltigen, apathischen
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152
Hysteric.
Eindruck, lachelt stets etwas und ist um sein Schicksal
und seine Erblindung gar nicht besorgt. 11. IX. Die
Stauung in den Venen ist geringer, Arterien starker ge-
fQllt; die rechte Papille wieder rosarot, die linke noch
etwas blasser. Visus beiderseits: Fingerzahlen in 3 m.
11. IX. Heftige Kopfscbmerzen. Der vom Spezialarzt
fflr Nervenkrankheiten, Oberarzt Dr. v. Rad, aufgenom-
mene Nervenstatus ergibt keine Abweichungen von der
Norm, nur an der Radialseite beider Handgelenke eine
zehnpfennigstuckgrosse anasthetische Zone. Das Gesichts-
feld ist beiderseits weit aber die Halfte konzentrisch cin-
geengt. Farbenempfindung normal. 14. IX. Visus beider¬
seits a /i6. Sehnervenpapille auf beiden Augen von normaler
Far bung, Gefasse von normaler Fallung. 16. IX. Konzen-
trische Gesichtsfeldeinschrankung noch vorhanden. 18. IX.
Visus beiderseits — %. Gesichtsfeld normal, die anasthetischen
Zonen an den Handgelenken sind nicht mehr vorhanden.
Diagnose: Beiderseitige hysterische Amaurose (Schreck-
neurose). Erblichkeit der H. und bereits fraher vorhanden
gewesene Symptome derselben sind bei beiden nicht nach-
weisbar, wohl aber sind schwere Krankbeiten mit Scha-
digung des Nervensystems vorangegangen. In Fall II war
es ein Hitzschlag mit Bewusstlosigkeit und mehrwdchiger
Krankenhausbehandlung, woran sich dann fast dauernd
bestehende dumpfe Kopfschmerzen angeschlossen haben.
In Fall I war es eine schwere Rippenfell- und Lungen-
entzundung, die die Frau kftrperlich sehr mitgenommen
haben; im Anschluss an die Krankheit ist sie nervds ge-
worden, hat bei den kleinsten Aufregungen Angst und
Zittern am ganzen K5rper bekommen. Dazu kommt noch
der seelische Kummer um den Tod der Tochter und der
unnatbrliche Tod einer nahen Bekannten. In beiden Fallen
war hier also der Boden fOr die Jetzige Erkrankung vor-
bereitet. Das Auftreten der hysterischen Amaurose ist
ein plfltzliches und direkt im Anschluss an einen heftigen
Schreck beobachtet. In Fall I war es die Mitteilung
von dem Brande ihres Hauses, die der Frau einen der-
artigen Schreck einjagte, dass sie kaum vom Felde heim-
gehen konnte. Da die hysterische Erblindung hier nur
einseitig war, ist es nattirlich, dass erst im Laufe des
Tages der Frau die Blindheit auf dem einen Auge zum
Bewusstsein gekommen ist. In Fall II war es der Schreck
tiber den Blitzschlag, der die Erblindung auf beiden Augen
sofort manifest machte. Dass es sich in diesem Falle
nicht um eine direkte Wirkung der Blitzstrahlen (Katarakt,
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Hysterie.
153
Neuritis optica usw.) gehandelt hat, geht schon daraus her-
vor, dass der Blitz in grosser Entfernung von dem Manne
eingeschlagen hat, denn wie er selbst angibt, kam der
Donner geraume Zeit spftter, ausserdem waren nicht die
geringsten Spuren einer sonstigen Blitzwirkung vorhanden.
Es ist demnach in beiden Fallen der reine Schreck ohne
jedes kdrperliches Trauma, der die hysterische Amaurose
hervorgerufen hat; sie waren in das von Kraepelin auf-
gestellte Krankheitsbild der „Schreckneurosen“ einzureihen.
In beiden Fallen sind StOrungen des Affekts vorhanden.
Die Frau in dem ersten Fall ist gedrfickt weinerlich; sie
glaubt, trotzdem sie auf dem erkrankten Auge gut sieht,
doch noch nicht an die Besserung und die Dauer der-
selben. Andererseits besteht in Fall II trotz der beider-
seitigen vOlligen Erblindung eine GleichgQltigkeit, ja di-
rekte Apathie; er nimmt die fortschreitende Besserung ganz
gleichgOltig auf, macht sich keine Sorgen wegen seines
Schicksals. Bei der Frau fehlt jedes weitere hysterische
Symptom, bei dem jungen Mann ist nur die ganz zirkum-
skripte beiderseitige An&sthesie am Handgelenk vorhanden.
Auch die Veranderungen am Augenhintergrund ahneln
sich, nur sind sie in dem Fall mit doppelseitiger Amauroe
starker ausgepragt. Die Papillen der amaurotischen Augen
sind blasser wie normal; die Arterien verengt und die
Venen erweitert. Die Veranderungen sind nach wenigen
Tagen wieder verschwunden. Es handelt sich hierbei wohl
um Veranderungen vasomotorischer Art, kann doch
z. B. ein heftiger, die Psyche alterierender Schreck Anamie
am ganzen K6rper oder pldtzlichen Schweissausbruch,
gesteigerte Darmtatigkeit hervorrufen. Im zweiten Fall
zeigten sich auch am ganzen KOrper diese vasomotorischen
EinflQsse in der Kalte und biass - bl&ulichen Hautfarbe.
Jede andere Erkrankung, auch Simulation, ist schon durch
den Verlauf mit Sicherheit auszuschliessen.
(Woehenschrift f. Therapie u. Hygiene des Auges 9. Novbr. 1911.)
— Fall von Simulation einer Albuminuric. Von Sanitatsrat
Dr. Igel (Berlin). „Ein $lteres Fraulein von etwa vierzig
Jahren kam damals oft in meine Sprechstunde mit haufig
wechselnden Elagen fiber verschiedene Beschwerden, fur
welche sorgfaltige wiederholte Untersuchungen keine ob-
jektiven Anhaltungspunkte ergaben. Ich hatte zunachst
keinen Anlass, der Pat. Misstrauen entgegenzubringen
und ihre Leiden ffir erdichtet zu halten, zumal sie keiner
Kasse angehorte und keinen ersichtlichen Vorteil von ihrer
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154
Hybterie.
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Krankheit haben konnte. Ich behandelte sie lange als
ehrliehe Neurasthenika mit den mir zu Gebote stehenden
Mitteln. Als sie aber immer neue Beschwerden vorbrachte,
sich auch 6fter in WidersprQche verwickelte, stieg mir
doch der Verdacht auf, dass sie ihre Beschwerden nur
vorgab, dass sie nicht krank war, sondern krank sein
wollte. Als sie eines Tages mit bis dahin noch nicht
ge&nsserten Klagen Qber heftige Schmerzen in der Lenden-
gegend bei mir erschien, hielt ich trotz meines Verdachts
auf Simulation eine Urinuntersuchung fflr nOtig und bat.
sie, mir am n&chsten Tage eine Probe zu bringen. Einige
Zeit vorher hatte ich ihren Urin frei von pathologischen
Bestandteilen gefunden. Ich war nun nicht wenig tiber-
rascht, als diesmal bei der Kochprobe ein ungewtthnlich
massiger Niederschlag im Reagenzglas sich zeigte, wie ich
ihn bisher noch nicht gesehen hatte. Ich hegte gleich
den Verdacht, dass der eigentQmliche Befund durch ab-
sichtliches HinzufQgen eiweisshaltigen Materials herbei-
geftthrt war. Denn solche Massen von Eiweiss kommen
im Urin von Nierenkranken wohl kaum vor. Zudem hatte
die sonstige Untersuchung der Pat. nichts ergeben, das
auf ein schweres Nierenleiden hatte schliessen lassen.
Namentlich ergab die mikroskopische Untersuchung keine
fftr Nephritis cbarakteristischen Formelemente. Da aber
auch eine zufallige Verunreinigung nicht ganz sicher aus-
zuschliessen war, erbat ich mir eine neue Urinprobe fflr
den folgenden Tag. Ihre Untersuchung ergab genau das-
selbe Resultat. Jetzt konnte ich nicht mehr daran zwei-
feln, dass Pat. ihrem Urin absichtlich Eiweiss zugesetzt
hatte, um mich glauben zu machen, dass sie ein schweres
Nierenleiden hatte. Sie war sehr erstaunt, als ich ihr
sagte, dass ihr Urin zwar stark eiweissbaltig sei, dass
ihre Nieren aber dennoch gesund seien, es miisse vielmebr
jemand den mir zugestellten Urinproben fremde Bestand-
teile zugesetzt haben. Sehr verlegen meinte sie, sie wfisste
davon nichts, sie mfisste sich aber gegen solche Verdach-
tigung entschieden verwahren. Um nun mbglichst genau
zu erfahren, welches eiweisshaltige Material dem Urin zu¬
gesetzt war, bat ich Herrn Kollegen C. S. Engel, einen
in solchen Untersuchungen sehr erfahrenen Herrn, um die
Untersuchung des noch vorhandenen Restes. Er teilte
mir mit, dass er mit grosser Mbhe ermittelt habe, dass
es sich um HOhnereiweiss handelt. Dass Pat. nach der
Entdeckung ihrer Simulation sich nicht mehr bei mir sehen
liess, ist begreiflich. Als Beweggrund far ihr Verhalten
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Hysteria — Neuritis.
155
ist wohl ausschliesslich die bei Hysterischen nicht seltene
Sucht, sich interessant zu machen, anzusehen. Auch inso-
fern ddrfte die Mitteilung meines Falles nicht uninteres*
Sant sein.“ [(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 46.)
Neuritis. Ueber IT. multiplex cutanea schreibt Prof. Her*
mann Schleainger (III. medizinische Abteilung des
K. K. Allgemeinen Krankenhauses in Wien): w Unter N.
multiplex cutanea verstehe ich eine atiologisch nicht ein-
heitliche, auf das Gebiet zweier oder mehrerer Hautnerven
beschrSnkte Erkrankung ohne Mitbeteiligung der tiefer
liegenden Nervenstamme oder des Zen trainer vensystems.
Von den isolierten Hautnervenerkrankungen nicht trau-
matischer Natur hat namentlich eine wegen ihrer Hfiufig*
keit die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt; es ist dies die
Meralgia paraesthetica. Seit den ersten Beschreibungen
von Roth und Bernhardt weiss man, dass das Leiden
nicht selten doppelseitig auftritt. Dies gilt sowohl ftir
die nur mit. Par&sthesien verbundene Neuralgie als auch
fQr die mit Ausfallserscheinungen verknfipfte N. des Nerv.
cutaneus femoris externus. In seltenen Fallen werden zu
gleicher Zeit andere Hautnervengebiete, und zwar nur
Territorien von Hautnerven und nicht von anderen Nerven,
geschadigt. Die Noxe ist offenbar die gleiche ftir die N.
der verschiedenen Hautnerven. Vor elf Jahren habe ich
zwei sichere und einen zweifelhaften Fall von mehrfacher
peripherer Hautnervenerkrankung mitgeteilt. Offenbar sind
solche Falle nicht haufig, da ich in elf Jahren bei einem
recht grossen klinischen Material nur zwei weitere Beob*
achtungen erheben konnte und in der Literatur auf keine
weiteren Angaben fiber ahnliche Wahrnehmungen gestossen
bin. Selbstverstandlich sind von der Betrachtung die bei
zentralen Prozessen (Tabes usw.) sich entwickelnden De-
generationen der Hautnerven sowie die multiplen trauma-
tischen Schadigungen der letzteren ausgeschlossen. In
zwei von diesen Fallen war eine Meralgia paresthetica •
mit einer Lasion eines anderen Hautnerven kombiniert.
Bei dem einen Kranken waren der Nerv. cut. fern. ext. und
der Ramus cutaneus palmaris des Nerv. medianus, bei dem
anderen beide Nn. cut. fern. ext. und ein anterior sowie
die Hautaste. von zwei Interkostalnerven ergriffen. In
drei anderen Fallen spielte die Erkrankung des Ramus
superficialis des Nerv. radialis die Hauptrolle. Bei einem
der Kranken waren nur diese Hautnerven beiderseits ohne
Lasion des flbrigen Nervensystems ergriffen. Die beiden
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156
Neuritis.
anderen Kranken hatten aucb an den unteren Extremi-
taten kutane Neuritiden. Die Aufz&hlung dieser Beob-
achtungen zeigt, dass verschiedene Variationen moglich
gind, dass aber gewisse Schfidlichkeiten geradezu elektiv
nur das System der Hautnerven treffen und dadurch etwas
aparte Krankheitsbilder erzeugen kdnnen. Soweit das bis-
herige Material SchlUsse zul&sst, sind von den Hautnerven
ausser dem N. cut. fem. ext. noch der N. cut. fem. ant.
und der Ramus superficialis des N. radialis besonders vul-
nerabel (Infektionen, Intoxikationen und Erk<ungssch&d-
lichkeiten gegentlber). Die fitiologischen Momente sind
fQr die Krankheitsgruppe nicht einheitlicher Natur, wie
dies auch fQr die Meralgie bekannt ist. In einem Falle
war Gicht vorhanden, und es batte sich die Hautnerven-
affektion zur Zeit von Gicbtanf&llen ausgebildet, in einem
zweiten Falle war offenbar eine Lues das auslbsende
Moment. Besserung nach antiluetiscber Behandlung. Auch
in einem zweiten Falle von multipler Hautnervenerkran-
kung peripheren (?) Ursprungs war Lues in der Anamnese.
In einem weiteren Falle mag Erk<ung und Durchn&ssung
der auslQsende Faktor gewesen sein, in einem Falle war
ein atiologisches Moment nicht eruierbar (Muskelrheuma-
tismuse). Alle von mir beobachteten Ffille betrafen Manner;
einer war 61 Jahre alt, die Qbrigen waren im mittleren
Lebensalter. Der Grad der Sch&digung variierte in den
einzelnen Fallen und damit die Intensit&t der Symptome.
Die Reizerscbeinungen waren bald nur einfache Par&sthe-
sien, bald wQtende und qu&lende Schmerzen. Bei objek-
tiver PrOfung wird im Gebiete des erkrankten Hautnerven
ausgesprochene Hyper&sthesie gefunden, welche in der
Regel ein scharf begrenztes Hautterritorium befSllt. Bei
langerem Bestande des Leidens kommt es wie bei der
Meralgie zur Abstumpfung, ja zum vQlligen Verluste der
Sensibilit&t. Die oberfl&chlichen Empfindungsqualit&ten
sind bald gleichmQssig, bald ungleicbmassig betroffen. Das
Symptom der Analgesia dolorosa, das bei der Roth-
Bernhardtschen SensibilitfitsstOrung nach meiner Erfah-
rung nicht selten ist, gelangt auch bei Hautnervenerkran-
kungen an den oberen Extremitfiten zur Ausbildung. Die
Austrittsstellen der Hautnerven sind oft ausgesprochen
druckempfindlich. Druck auf diese Punkte lQst ausstrah-
lende Empfindungen in das Gebiet der erkrankten Nerven
aus. Wird der Hautnerv durch Muskelarbeit irgendwie
gedrQckt oder gezerrt, so ist dieses Moment aus den An-
gaben des Kranken ohne weiteres ersichtlich. Bei Meralgia
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Neuritis.
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lateralis und anterior ist dies seit langerer Zeit bekannt,
far die SensibilitatsstOrung im Radialisgebiete liegt seitens
eines Pat. die prazise Angabe vor, dass Bewegungen der
Finger den Schmerz steigern. Vasomotorische Symptome
habe ich in einem Falle an den oberen Extremitaten be-
obachtet. StOrungen der trichopilaren Erregbarkeit be-
stehen nach meinen Erfahrungen Ofters. Die Prognose
ist in den einzelnen Fallen verschieden. Die Krankheit
kann Wochen, Monate, auch Jahre wahren. Die beiden
neuen Beobachtungen sind in Khrze folgende: Die eine
betrifft einen 46jahrigen, sonst gesunden Wiener Arzt.
Es wurden mit aller Bestimmtheit starke Erkaltung und
Durchnassung als einziges in Betracht kommendes atio-
logisches Moment beschuldigt. Fieber fehlte wahrend der
Erkrankung, welche mit heftigen Schmerzen im Gebiete
des N. cut. fern. ext. beiderseits, anterior links und des
fanften und sechsten Interkostalis beiderseits einsetzte.
In den Territorien der betroffenen Nerven bestand zuerst
sehr lebhafte Hyperasthesie fttr BerQhrung, Schmerz und
Temperatur, die Austrittspunkte der Nerven waren druck-
empfindlich; spater bildete sich in denselben Gebieten die
Hypasthesie aus. Nach etwa sechs Wochen war die Af-
fektion unter Anwendung warmer Bader und unter Ge-
brauch von Salizylpraparaten abgelaufen. Manchmal treten
noch jetzt — Ober zwei Jahre nach Abklingen der Er-
scheinungen — bei Witterungswechsel ,Mahnungen‘ in
Form von Parasthesien auf. Der Kollege ist sonst vOllig
gesund, Harnbefund normal. Keine Lues, nie Zeichen
einer spinalen Affektion. Auf der HQhe der Erkrankung
musste der Pat. mehr als acht Tage das Bett huten. Auch
der zweite Fall betrifft einen 31jahrigen Kollegen, der
seit fanf Jahren an sehr heftigen Parasthesien des Dau-
mens und des Zeigefingers rechts, in letzter Zeit auch
links leidet. Die Parasthesien sind oft ausgesprochen
schmerzhaft. Pat. bemerkt seit Bestehen der Erkrankung
eine deutliche Hauthyperasthesie entsprechend den parasthe-
tischen Bezirken, zeitweilig auch Hypasthesie, die aber
nie persistiert. Ein atiologisches Moment ist nicht eruier-
bar, Potus, Abusus nicotianus bestehen nicht, keine vene-
rische Infektion. Wassermann negativ. Kein Trauma.
Die Schmerzen sind des Morgens geringer, werden mit
der Arbeit grosser, fehlen stets bei Nacht. Pat. bemerkt,
dass im Bereiche des Schmerzbezirks die Haut leichte
vasomotorische Stdrungen- aufweist. Die Untersuchung
ergab am Dorsum des Daumens und an der radialen Seite
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Neuritis — Pleuritis.
des Zeigefinders ausgesprochene Hyperasthesie, Hyperalgesia
und Thermohyper&sthesie, rechts intensiver als links. Das
erkrankte Gebiet entspricht dem Ausbreitungsgebiete eines
Astes des Ramus superficial^ des N. radialis, nur erstreckt
sich die Hyper&sthesie an der Radialseite des Vorderarms
ein wenig nach oben zu. In verschiedenen Muskeln sind
sehr empfindliche Yerdickungen (rheumatische Muskel-
schwielen) nachweisbar. Sonst ist der Befund der inneren
Organe und des Nervensystems vfillig normal. Sonst kein
Symptom einer Gicht. Mir ist es zweifelhaft, ob man in
diesem Falle von Neuralgie oder von N. sprechen kann.
Da wir von der Meralgie wissen, dass sie oft von den
an ihr Erkrankten wegen der geringen Beschwerden kaum
beachtet wird, ist es wahrscheinlich, dass auch die mul¬
tiple Hautnervenaffektion hfiufiger vorkommen dftrfte. Unter
« den gesch&digten Nerven findet sich auffallend oft der
Ramus superficialis des N. radialis. Seine L&sion ruft
Sensibilit&tsstOrungen hervor, welche bis zu einem gewissen
Grade charakteristisch sind. Dieselben betreffen das Dor¬
sum der Hand an der radialen Seite in wechselnder Aus-
debnung bis zum radialen Rande des Metakarpus des
Mittelfingers mit Uebergreifen auf den radialen Handrand.
Distal reicht die Sensibilit&tsstftrung noch bis zur Nagel-
phalanx des Daumens, kann auch auf den Zeigefinger
fibergehen, scheint sich aber in der Regel nach Erfah-
rungen bei Durchtrennungen mit dem Metacarpo-Phalan-
x gealgelenk zu begrenzen. Proximalwfirts wurde in einem
Falle die Sensibilit&tsstdrung fiber das Handgelenk nach
aufw&rts auf die radiale Seite des Yorderarmes verfolgt.
Auch diese Stfirung findet ihre anatomische Erklfirung
durch eine typische Anastomose des Ramus radialis super¬
ficialis dorsalis mit dem Cutaneus brachii externus (Mus¬
culo-Cutaneus). Diese Sensibilitfitsstfirung ist nicht mit
der vor kurzem von Gordon beschriebenen identisch,
welche den Ramus cutaneus antibrachii dorsalis betrifft.
Ich mOchte mit diesem bescheidenen Beitrage die Auf-
merksamkeit der Kollegen auf diese Affektionen lenken
und bitten, ihre Erfahrungen fiber sie mitzuteilen."
(Neurolog. Zentralblatt 1911 Nr. 91.)
Pleuritis. F. Hamburger, Zur praktischen Diagnostik
der Kinderpleuritis. Der interessante Artikel sei fast
vollstfindig wiedergegeben: „Es soli gleich vorweg ge-
nommen werden, dass der hfiufigste diagnostische Irrtum
der ist, dass fifissige Pleuraexsudate ffir Lungeninfiltrate
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Pleuritis.
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gehalten werden, und zwar gewfihnlich deswegen, weil
die falsche Meinung viel verbreitet ist, dass Bronchial-
atmen ffir (akute oder chronische) Lungeninfiltration spreche
und dass bei P. die Atmung immer abgescbwftcht sein
mQsse. Yor diesem Irtum kann gar nicht genug gewarnt
werden. Freilich ist die Atmung in vielen Fallen von
P. abgeschwacht, von Pneumonie laut bronchial, aber es
ist auch oft genug das Gegenteil der Fall: bei Pneumonie
kann die Atmung abgeschwacht, bei P. laut bronchial
sein. Aus dieser erfahrungsgemass sicher feststehenden
Tatsache kann schon der sehr wicbtige Lehrsatz abge-
leitet werden: der Auskultationsbefund allein kann in
vielen Fallen nicht die differentialdiagnostische Frage:
P. oder Pneumonie? entscheiden. Dagegen ist man in
vielen, freilich nicht in alien Fallen mit den Resultaten
der Perkussion imstande festzustellen, ob Pneumonie oder
P. vorliegt. Man findet namlich sehr haufig bei kleinen
Kindern, dass in Fallen von P. die Dampfung die ganze
eine Brustseite einnimmt, was bei Pneumonie erfahrungs¬
gemass so gut wie nie vorkommt. Es spricht daher der
Befund einer Dampfung fiber einer ganzen Thoraxhalfte
immer ffir P., wenn auch die Atmung noch so laut bron¬
chial klingt. Freilich spricht das Fehlen dieses Befundes
nicht gegen P., weil eben das Exsudat nicht die ganze
Pleurahfihle auszuffillen braucht. In solchen Fallen ist
dann oft die Diagnose nicht ganz leicht, in seltenen Fallen
fiberhaupt nur durch die Probepunktion zu sichern. Die
pneumonische Infiltration ergreift gewfihnlich nur einen
Lappen und reicht, wenn es sich um Unterlappenpneumonie
handelt, nie weiter als hfichstens bis zur vorderen Axillar-
linie. Ueberschreitet die Dampfung diese Linie, so han¬
delt es sicH meist um P. In vielen Fallen, wo das Ex¬
sudat nur einen Teil der Pleurahfihle erfasst, hilft der
Auskultationsbefund wesentlich zur Sicherung der Diagnose,
weil dann fiber der Dampfung gewfihnlich deutlich ab-
geschwachtes Atmen vorhanden ist. In seltenen Fallen,
besonders bei abgesackten Exsudaten, findet man aber
auch lautes Bronchialatmen fiber der Dampfung. Das
ist wichtig zu wissen, weil man eben, wenn es sich um
abgesacktes Empyem handelt, unbedingt operieren muss.
Wie schon erwahnt, hfirt man fiber pleuritischen Exsu¬
daten oft auch lautes Bronchialatmen, besonders bei sehr
grossen Exsudaten, also gerade dann, wenn die ganze
eine Thoraxseite gedampften Perkussionschall gibt. Das
erklart sich daraus, dass bei grossem Exsudat die ganzlich
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160
Pleuritis.
komprimierte Lunge das Bronchialatmen aus Trachea und
Bronchien unver&ndert an die ja an sich gut leitende
FlQssigkeit weitergibt. 1st das Exsudat gering, die Lunge
daher nur partiell komprimiert, so leitet sie schlecht, and
es kommt daher ein schon von vornherein abgeschwSchtes
Atmen an die FlQssigkeit, zumal ja in der wenn aucb
nur partiell komprimierten Lunge kein lautes Vesikul&r-
atmen entstehen kann. Das abgeschwachte Atraen bei
Pneumonie ist nicht so selten, und gewdhnlich durch Ver-
stopfung eines Bronchus hervorgerufen. FOr die differen-
tielle Diagnose, ob Pneuuonie oder P., kommen die fei-
neren Perkussionsresultate praktisch nidbt in Betracht.
Die paravertebrale Dampfung auf der gesunden und die
paravertebrale Aufhellung auf der kranken Seite kommt
nicht nur bei P., sondem oft auch bei kompakter Pneu¬
monie vor. Auch die Intensit&t der Dampfung ist nicht
immer mit Sicherheit zur Differenzierung zu verwenden.
Kleine Exsudate geben geringe, kompakte Pneumonien
geben intensive Dampfung. Das Verhalten des Stimm-
fremitus ist bei Kindern oft nicht zu prQfen, weil die
Einderstimme nicht tief genug ist, um leicht tastbare Schwin-
gungen zu bewirken. Das dQssige Pleuraexsndat enthalt
immer Serumeiweiss, Fibrin und Leukozyten. Die Leuko¬
zyten sind entweder polynuklefire und dann gewdhnlich
in grossen Mengen vorhanden, oder sie sind mononukleare
und dann gewdhnlich in geringer Zahl vertreten. Erstere
Exsudate sind daher gewdhnlich schon makroskopisch
eitrig, letztere gewdhnlich makroskopisch serds. Erstere
sind gewdhnlich vom Pneumokokkus, seltener von einem
anderen pyogenen Mikroorganismns, letztere gewdhnlich
vom Tuberkelbazillus hervorgerufen. In seltenen Fallen
enthalten makroskopisch serdse Exsudate polynukleare
Zellen, sind also mikroskopisch eitrig. Solche Exsudate
kdnnen nach langerem Bestehen mehr polynukleare Zellen
enthalten, mit anderen Worten sie werden makroskopisch
eitrig. Aus dem serdsen Exsudat ist ein eitriges geworden.
Das geschieht aber nur sehr selten. Die gewdhnlichen
serdsen, d. h. tuberkuldsen Exsudate werden nie eitrig.
Ueberhaupt ist das Thoraxempyem nie tuberkuldser Natur.
Dagegen ist der Pyopneumothorax fast immer tuberku¬
ldsen Ursprungs. Dass die serdse P. gewdhnlich tuber¬
kuldsen Ursprungs ist, geht darans hervor, dass fast alle,
auch die kleinen Kinder mit serdser P., positive Tuber-
kulinreaktion zeigen. Bei den wenigen tuberkulinnega-
tiven serdsen Exsudaten lassen sich dann gewdhnlich
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Fleur it is.
161
fiberwiegend polynuklefire Zellen finden, womit der pyo-
gene Krankheitscbarakter nacbgewiesen erscheint. Die diffe-
rentialdiagnostische Entscheidung, ob eitriges oder serfises
Exsudat, lftsst sich mit Sicherbeit nor durch Probepunktion
entscheiden. Doch kann man in vielen Fallen die Diagnose
auch schon vor der Probepunktion stellen. Die klinisch
begrfindete Differentialdiagnose obne Probepunktion darf
nicht auf feme Auskultations- und Perkussionsdifferenzen
(Mfinzenperkussion) rekurrieren, denn diese sind wertlos;
aber aucb das Verhalten des Fiebers, die Art des Krank-
beitsbeginnes kann keine sicbere Aufkl&rung bringen. Denn
sowohl das Empyem als aucb die serdse P. kfinnen hoch-
remittierendes Fieber, anderseits nur subfebrile Tempera*
turen zeigen. Beide Erkrankungen kfinnen plfitzlich ein-
treten, aber auch sicb langsam entwickeln. Massgebend
fur den Eliniker soli vor allem der Allgemeinzustand und
dann die Anamnese sein. Beim Empyem findet man fast
immer den pneumonischen Habitus, d. h. stfihnende, dys-
pnoische Atmung. Diese findet man bei serfiser P. nur
in den ersten Tagen, und nur dann, wenn die Erkrankung
ziemlich pldtzlich eingesetzt hat. Da lftsst sich dann die
Entscheidung oft nur durch die Probepunktion treffen.
Beim Empyem findet man ferner in der Mehrzabl der
Fftlle eine pneumonische Anamnese, d. h. man hfirt bei
genauerem Befragen oft, dass vor mehreren Tagen, Wochen
oder Monaten eine Krankheit bestanden hat, die man nach
den auch dem Laien gelftufigen, daher anamnestisch eru-
ierbaren Symptomen mit grosster Wahrscheinlichkeit als
Pneumonie auffassen darf. Man erhftlt diese Anamnese
so oft, weil eben das Empyem in den meisten Fallen ein
metapneumonisches ist. Wie gesagt, gibt es immer noch
genug Fftlle, wo die Differentialdiagnose nur mit Hilfe
der Probepunktion gestellt werden kann. Letztere muss
in jedem Fall, wo man Empyem nicht mit Sicherheit
ausschliessen kann, gemacht werden, weil man durch eine
eventuelle Operation heilen kann. Bei Kindern mit gutem
subjektiven Befinden kann man erfahrungsgemfiss Empyem
ausschliessen. Besonders leicht wird ein .chronisches Em¬
pyem fflr Tuberkulose gehalten: Die Kinder haben Husten,
eventuell auch Nachtschweisse, remittierendes Fieber,
Dftmpfung und Bronchialatmen fiber einer Seite, sie magern
ab, und doch handelt es sich da oft nicht urn unheilbare
Tuberkulose der rechten oder linken Lunge, sondern um
ein unheilbares Thoraxempyem. Man denke fiberhaupt
in alien Fftllen von Lungenerkrankungen, die diagnostisch
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Pleuritis — Tuberkulose.
nicht zweifellos klar sind, an ein (freies oder auch ab-
gesacktes) Pleuraexsudat und mache zur Sicherheit Probe-
punktion. Die Probepunktion 1st ein vdllig harmloser,
leicht auszufGhrender Eingriff, der aber doch recht oft
schlecht gemacht wird. Erste Bedingung ist, dass die
Spritze tadellos funktioniert, d. h. dass sie Gberall luft-
dicht schliesst und eine scharfe Spitze hat. Man steche
die Nadel an der gewGnschten Stelle am oberen Rand
der unteren Rippe ein. Man steche gleich ziemlich tief
ein und warte nun, ob die Spritze bei der Atmung mit-
geht oder nicht. Geht die Spritze mit, so ist das ein
Beweis, dass die Nadel in der Lunge sitzt, und man darf
dann den Stempel nicht zurGckziehen, sondern man zieht
dann die ganze Spritze langsam soweit zurGck, bis sie bei
tiefer Respiration unbeweglich bleibt. Erst dann ziehe
man den Stempel, und zwar sehr langsam zurGck und sehe,
ob in die Spritze FlGssigkeit eindringt. Bleibt die Nadel
trotz tiefen Einstechens bei tiefer Respiration unbeweglich,
so kommt das in den meisten F&llen daher, dass eben
ein Exsudat vorhanden ist, das die Lungen von der Thorax-
wand abdr≯ in seltenen F&llen kann aber auch die
Spritze bei der Atmung deshalb unbeweglich bleiben, weil
die Lunge mit der Thoraxwand durch Adh&sionen ver-
wachsen ist. In den meisten F&llen, wo die Probepunktion
keine FlGssigkeit zutage fdrdert, ist auch kein Exsudat
' vorhanden. Es kommt aber, wenn auch selten vor, dass
die FlGssigkeit so viel gallertiges Fibrin enth<, dass die
Spritzendffnung dadurch verstopft wird. Mit dieser M6g-
lichkeit muss man in F&llen, die klinisch ziemlich'sicher
als Empyem erscheinen, rechnen und mdglichst dicke Ka-
nGlen zur Punktion verwenden. Zum Schluss sei noch-
mals darauf hingewiesen, dass man immer versuchen soli,
die Diagnose auch ohne Probepunktion zu stellen, und
dass man besonders mit Hilfe der angefGhrten Symptome
in den meisten F&llen das auch kann.“
(Mlinch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 24.)
Tuberkulose. TTeber stomachale Anwendung von Tuber-
knlinpr¶ten. Von Stabsarzt Dr. MGllers und Dr. W.
Heinemann. (Aus dem Institut fGr Infektionskrankheiten
und der Infektionsabteilung des Virchow-Krankenhause in
Berlin.) Die Autoren fassen ihre Erfahrungen wie folgt
zusammen:
1. Es ist praktisch mOglich, das Tuberkulin in Kapseln
zu reichen, die zwar der Verdauung des Magensaftes wider-
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Tuberkulose.
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stehen, aber unter der Wirkung des Darmsaftes zur Auf-
lbsung gebracht werden.
2. Unter dem Einfluss des Pepsins und des Trypsins
wird die spezifiscb wirksame Substanz des Tuberkulins
stark gesch&digt, diese Scb&digung l&sst sich experimentell
nachweisen durch den Ausfail
a) der Pirquetschen Reaktion,
b) des Meerschweinchenversuclies,
c) der Komplementbindungsmethode nach Bordet
und Gengou. j£
3. Selbst hochgradig tuberkulinempfindliche Menscben
haben bei stomachaler Verabreichung Dosen bis zu 1000 mg
Alttuberkulin und 100 mg Bazillensubstanz in den meisten
Fallen ohne jede Fieber- oder sonstige Allgemeinreaktion
wie ohne Herdreaktion vertragen.
4. Auch bei den mit hohen Tuberkulindosen sto¬
machal bebandelten Pat. lfisst sich eine Tuberkulinimmu-
nitat nicht nachweisen, und zwar weder durch Auftreten
von Antikftrpern im Blutserum, noch durch Verschwinden
der Pirquetschen Reaktion, noch durch Herabsetzung
der Reaktioqsf&bigkeit gegen subkutan gegebene kleine
Tuberkulindosen.
5. Fttr diagnostische Zwecke ist die innerliche Tuber-
kulinbehandlung wegen ihrer unsicheren Wirkung voll-
kommen ungeeignet.
Therapeutisch schadet die stomachale Verabreichung
von Tuberkulin zwar nicht, ist aber wegen der Abschwfi-
chung der spezifischen Substanz durch die Verdauung,
wegen der mangelhaften Resorption und der unsicheren
Dosierung gleichfalls abzulehnen.
Die stomachale Verabreichung von Tuberkulinprapa-
raten ist daher weder zu diagnostischen noch zu thera-
peutischen Zwecken geeignet, die bisher meist gebr&uch-
liche subkutan e Behandlungsweise zu ersetzen.
(Deutsche med. Wochenschr. 1911 Nr. 40.>.
— Die snbkutane Anwendnng des 10°/ 0 igen, Kampfer&ls ist nach
Hofrat Dr. Volland (Davos) das beste UnterstOtzungs-
mittel bei Behandlung der Lungentuberkulose. Von alien
Verfahren, die heutzutage als Hilfsmittel in der Phthisi-
atrie gebrftuchlich sind, hat der Kampfer den Vorzug,
(lass man mit ihm nie schadet, dass er auch in sehr grossen
Dosen ohne irgendwelche unangenehme Erscheinungen
vertragen wird, wie Autor sie bei schweren Lungenblu-
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Tuberkulose — Vitia cordis.
tungen mit grossem Erfolg gibt: 24—30 g Kampferol
subkutan in 24 Stunden. Ob nun dessen auffallend blut-
stillende Wirhung dem Kampfer oder schon dem Oei zu-
zuscbreiben ist, die Frage bat Autor nicht gelftst. Immerhin
wtlre es mdglich, dass die reicbliche subkutane Zufuhr
von Oel allein ahnlich wirken kdnnte wie die Einspritzungen
von Gelatina alba, die ja auch bei inneren Blutungen
empfohlen werden. Nach diesen seinen Erfahrungen mit
dem Kampfer behauptet Autor, dass die subkutanen Kampfer-
dlinjektionen beim Menschen auch in grossen Dosen keiner-
lei Giftwirkungen besitzen.
. (Therap. Mouatshefte, Oktober 1911.)
— Tierische T. tud menschliche Lungensch.windsn.cht. Von
Prof. Dr. H. Kossel (Hygien. Institut Heidelberg). Es
ergab sicb, dass bei 709 untersuchten SchwindsQchtigen
wahrscheinlich dreimal, sicher aber zweimal Tuberkel-
bazillen des Typus bovinus allein, einmal Tuberkelbazillen
des Typus bovinus und des Typus humanus gemischt,
und 705 mal Tuberkelbazillen des Typus bumanus allein
nachgewiesen werden konnten. Diese Zahlen sprechen auf
das deutlichste dafur, dass entsprechend den Anschauungen
R. Kochs die Schwindsucht ihre weite Verbreitung der
Uebertragung der Infektionskeime von Mensch zu Mensch
verdankt. Gelftnge es wirklich, durch prophylaktische
Massnahmen die Gefahr der Infektion aus tierischer Quelle
vftllig zu verhilten, so w&rde die T. immer noch dieselbe
verheerende Volkskrankheit bleiben.
(Deutsche med. Wocheusohrift 1911 Nr. 43.)
Vitia cordis* Betrachtungen liber die Digitalis und fiber
™ das Digityl, ein neues Digitalispraparat. Von Dr. E.
Kantorowicz (Berlin). Autor hat es unternommen, ein
Digitalispraparat herzustellen, das, nach dem Prinzip der
w§sserigen Infusion bereitet, deren VorzQge darbietet, da-
neben aber noch den Forderungen genQgt, die heute die
wissenschaftliche Kritik an ein derartiges Prfiparat zu
stellen berechtigt ist, namlich die der einheitlichen Zu-
sammensetzung, der gleichmassigen Wirkung und der
Haltbarkeit. Der Weg, der als der hierfQr geeignetste
eingeschlagen wurde, war der der Extraktion der Droge
mittels hochgespannten Wasserdampfes und unter BeifQgung
derartiger Zusatze, die eine rationelle Erschliessiing samt-
licher Bestandteile befdrderten. In der Tat wird durch
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Vitia cordis.
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dieses Verfahren eine derartige Eonzentration und Ein-
engung dem gewdbnlichen Infus gegenfiber erreicht, dass
der Wirkungswert eines Digitalisinfuses von beispielsweise
1:100 auf den Inbalt eines 10 g-Tropfflfischchens zu-
sammengetragen 1st und die Verabreichung des Prftparates
nur in Tropfenform zu erfolgen hat. Wie vollkommen
die ErschOpfung der Droge bei dieser Dampffiberdruck-
methode ist, davon haben die angestellten Eontrollversuche
fiberzeugt: Weder gelang es, an dem extrahierten Blfitter-
gut noch irgendeine cbemische Reaktion eines Digitalis-
kbrpers nachzuweisen, noch hatten die an Hunde in be-
liebigen Mengen verffitterten Trester je eine Erscheinung
zur Folge. Die Hauptursache der Nebenwirkungen der
Digitalis bilden wohl dieselben Stoffe, die auch ihre Haupt-
wirkungen bedingen, n&mlich die in den Bl&ttern enthal-
tenen Glukoside, das Digitoxin und das Digitalein. Alle
Glukoside, ebenso wie die Alkaloide, weisen neben ihrer
spezifischen Wirkung noch eine Reizwirkung auf den
Magen auf, sei es direkt, sei es auf dem Umwege fiber
den Vagus. Wir kfinnen diese, namentlich bei grdsseren
Gaben auftretende Reizwirkung nicht ganz ausscha'ten,
wollen wir nicht auf die Eigenwirkung der Stoffe tiber-
baupt verzichten, wir kfinnen sie aber zu einem grossen
Teile paralysieren, indem wir entgegenwirkende, sedative
oder anregende pharmakodynamische Prinzipien in geeig-
neter Weise mit jenen verbinden. Das ist die Methode,
die auch Autor bei der Herstellung seines Pr¶tes be-
folgt hat und, wie er glaubte, mit gutem Erfolge. Autor
hat einige zuverl&ssige derartige Stoffe, wie Baldrian,
Pfefferminz u. a., zu dem medikamentfisen Auszug mit
hinzugenommen. Der Gesamtkomposition wurde der Name
„Digityl“ beigelegt. Wie schon erwfthnt, wird das Digi-
tyl in Tropfenform verabfolgt, und zwar pflegt Autor ge-
wfihnlich 20 Tropfen zweistfindlich zu geben. Ist Voll-
wirkung eingetreten, was durcbschnittlich bereits nach 48
Stunden der Fall zu sein pflegt, so lfisst er noch einen
Tag lang die H&lfte der ursprfinglichen Dosis, also zebn
Tropfen, fortnehmen, natfirlich nnter steter Beobachtung
von Pulszabl und -rhythmus. Wenn schlechte Resorptions-
verhaltnisse vorliegen, wie bei starken Oedemen und Stau-
ungskatarrh, so zdgert Autor nicht, die Anfangsdosis auf
25 Tropfen hinaufzusetzen und von dieser erst am zweiten
oder dritten Tage auf 20 oder 15 Tropfen, je nach dem
Stande der Zirkulations- und der Digestionsverh<nisse,
herabzugehen, trftgt auch kein Bedenken, das Medikament
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Vitia cordis.
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in einem Teeliiffel Sherry nehmen zu lassen, wenn nicht
gewichtige Grfinde oder eine unbesiegbare Alkoholfnrcht
des Fat. gegen jede, selbst interimistische Alkoholzufuhr
sprechen. Andererseits wird man in ieichteren Fallen so-
wie fflr die fortlaufende oder protrahierte (falschlich so-
genannte „chronische“) Digitaliskur mit Tagesmengen von
60 Tropfen und weniger auskommen. Es 1st selbstver-
standlich, dass alle diese Angaben nur ungefahre sind und
je nach der Lage des einzelnen Falles modifiziert werden
miissen, wie ja denn ein Kranker, der unter Digitalis-
medikation steht, der st&ndigen firztlichen Beobachtung
nicht wird entraten konnen. Autor glaubt daher nunmehr,
nachdem seine persOnlichen Erfahrungen abgeschlossen
sind, das Mittel den Kollegen als ein zuverlassiges Digi-
talispraparat unterbreiten zu kdnnen, und hat eine che-
mische Fabrik mit der Herstellung desselben im grossen
und dem Vertriebe an die Apotheken betraut.
(Berliner klin. Wochenachrift 1911 Nr. 40,)
TTeber Digipnratam solnbile „Knoll“. Von Dr. C. Rose
(Medizin. Klinik Strassburg). Ein Praparat, das wegen
der Konstanz seiner Zusammensetzung und seiner Wirk-
samkeit viele An hanger gefunden hat, ist das Digipurat.
Es existierte bisher nur in fester Form. In dieser war
es wohl fftr die gewbhnliche Darreichung per os geeignet,
konnte aber nicht in den Fallen angewandt werden, wo
dieser Weg nicht angangig war. Durch Beseitigung stbrender
Bestandteile sind, wie aus dem allgemeinen Urteil der
Autoren hervorgeht und was auch Autor bestatigen kann,
die gastro-intestinalen Nebenerscheinungen viel weniger
haufig, als dies bei Verwendung der Digitalis in Pulvern
oder auch in Infusen der Fall war. Immerhin gehen
diese Nebenerscheinungen auch diesem Praparate nicht
vbllig ab. Abgesehen von diesen Nebenerscheinungen gibt
es noch Falle, in denen man das Digitalis mit Uragehung
des Magen-Darmtraktus dem Pat. zuffihren will, sei es, um
eine Reizung desselben von vornherein zu vermeiden, sei
es, um eine mfiglichst schnelle Wirkung zu erzielen.
Durch Einffihrung eines Digipuratum solubile, das in Am-
pullen von 1 ccm = 0,1 Digipurat zurVerfGgung gestellt
wurde, ist diesem Bedarf abgeholfen worden. Autor hat
in einer grossen Anzahl von Fallen dasselbe benutzt.
Bei subkutaner Zufuhr ist es nicht schmerzfrei. Diese
reizende Wirkung scheint aber alien Digitalispraparaten
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Vitia cordis.
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zuzukommen. Von dieser Darreichung hat man daher
vfillig Abstand genommen. In Fallen, wo eine intravendee
Zufubr nicht mfiglich war (bei schwer aufzufindenden Venen
dicker Fraaen und Kinder), hat Autor das Prftparat intra-
muskul&r injiziert. Er wfthlte hierbei den oberen und
ftusseren Teil der Glutaalgegend, die auch sonst zu intra-
muskularen Injektionen am haufigsten benutzt wird.
Schmerzen wurden dabei nie verspflrt. Auch waren nie
irgendwelcbe Reizerscheinungen vorbanden. Es konnte so
ebenfalls eine sichere Digitaliswirkung erzielt werden. In den
meisten Fallen wurde aber das Praparat intravenOs injiziert.
Autor hat eine ganze Reihe von Herzinsuffizienzen ver-
schiedener Herkunft auf diese Weise behandelt, um fiber
den Wert dieses Mittels Aufschluss zu bekommen. Die
Dose, die er verwandte, war 1 ccm = 0,1 Digipurat, ent-
weder einmal oder zweimal pro Tag, zuweilen auch drei-
mal 0,1 in den ersten Tagen. Die Erfolge entsprachen
denen, die man auch mit anderen Arten dieser Prfiparate
bei dieser Art der Darreichung gesehen hat. Sie sind
nicht so eklatant wie die nach Strophantininjektion auf-
tretenden. Es 1st eben die injizierte Menge in ihrer Wirk-
samkeitviel geringer als die von 1 mg Strophantin (1 ccm
Digipuratum entspricht 8 Froscheinheiten, 1 mg Strophantin
15 Froscheinheiten). Daffir entbehren sie auch der Ge-
fahren, die eine Strophantininjektion zuweilen haben kann
und die eine allgemeine Anwendung derselben nur bei
grfisserer Erfahrung und grosser Vorsicht ratsam machen.
Hingegen sind die Erfolge bei intravendser Injektion
mindestens alien mit Digalen erzielten gleichzusetzen.
Autor hat so schfine Digitaliswirkung in kurzer Zeit mit
alien ihren Symptomen — Verlangsamung des Pulses,
Regelm&ssigwerden desselben, Anstieg der Diurese, Ab-
nahme der Dyspnoe und der Zyanose — erreichen kfinnen.
Dass bei allzulange fortgesetzten Injektionen grfisserer
Dosen sich Intoxikationserscheinungen geltend machen,
braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden. Es handelt
sich da um eine Kumulationswirkung, die alien Digitalis*
kfirpem eigen ist. Offenbar ist diese mit den spezifischen
Eigenschaften der Digitalis eng verknfipft. Ob es Digitalis-
kfirper geben wird, die diese nicht besitzen, dfirfte sehr
bezweifelt werden; bis jetzt gibt es solche jedenfalls nicht.
In dieser Hinsicht ist demnach das Digipurat den anderen
Digitaliskfirpern gleichzusetzen. Aehnliches gilt ffir die
geringen Reizzustfinde, die bei Misslingen einer inttavenfisen
Injektion oder dem Danebenkommen eines Tropfens in das
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168
Vitia cordis — Vermischtes.
umgebende Gewebe beim Einstechen in die Vene auf-
treten. Diese sind aber lange nicht so erheblich wie solche
bei verfehlten Strophantininjektionen und auch geringer
wie bei Digaleninjektionen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 45.)
Vermischtes.
Ein Suspensoriom mammae empfiehlt Dr. K. Gerson (Schlachten-
see). Nach Entfettung der Brust- und Rfickenhaut mit
Benzin wird ein 5—6 cm breites und 12 cm langes Heft-
pflasterstfick a etwas oberhalb der unteren Insertionslinie
der zu suspendierenden Mamma und ihr parallel laufend
angeklebt. Auf das innere Ende dieses querlaufenden
Heftpflasterstfickes a klebt man nun das Ende eines etwa
5 cm breiten und 50 cm langen l&ngslaufenden Streifens b,
der, die Brustwarze freilassend, bei starker Hebung der
Brust nach oben und etwas nach aussen fiber die Schulter
laufend, bis zur Mitte der Skapula reicht. Ein ebenso
langer und breiter Pflasterstreifen c wird auf das kussere
Ende des Sreifens a geklebt und verl&uft bei starker Hebung
der Brust nach oben und etwas nach aussen fiber der
Schulter bis zur Mitte der Skapula. Die beiden langs-
laufenden Streifen b und c kreuzen sich also auf der Hfihe
der Schulter. Sie kfinnen den Querstreifen a nach unten
hin etwas fiberragen. Vor Anlegung der Pflasterstreifen
muss die Haut mit Benzin gut entfettet sein; man wartet
mit dem Aufkleben, bis das Benzin ganz verdunstet ist.
Dadurch wird die Elebkraft des Heftpflasters erhfiht und
gleichzeitig eine Hautreizung durch Stauung des Inhalts
der Talg- und Schweissdrfisen verzfigert. Trotz dieser
Vorsichtsmassregel kfinnen aber manche Pat. Hefipflaster
auf der Haut nicht vertragen. Bei diesen macht eine
Dermatitis — Jucken, Brennen, Rfitung und Schwellung
der Haut — die Abnahme des Verbandes oft schon nach
einem Tage — zumal im Sommer — erforderlich. Das
Heftpflastersuspensorium mussdann durch ein Suspensorium
mit Cambricbinden ersetzt werden, das freilich in der Wir-
kung ersterem nachsteht, weil es die Mamma nicht so
hoch suspendiert und auch starker erhitzt. Bei nur m&ssiger
Reizbarkeit der Haut gegen Heftpflaster kann man sich
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Vermischtes.
169
dadurch helfen, dass man die Berfihrungsfl&chen zwischen
Haut und Heftpflaster mfiglichst klein gestaltet. Zu diesem
betupft man die L&ngsstreifen mit Waite oder legt einen
Mullstreifen unter, jedoch mit Ausnahme der Heftpflaster-
enden oben und unten, die als Angriffsfl&chen der Trag-
kraft, in Handbreite unmittelbar an der Haut haften mfissen.
Ausserdem mQssen zur YerbQtung des Yerrutschens der
Mamma auch die fiber ihr laufenden L&ngsstreifen zum Teil
von dem Mullstreifen frei bleiben. Natfirlich muss auch
der Querstreifen a , der ja die Angriffsfl&che ffir die L&ngs¬
streifen abgibt, unmittelbar auf die Haut geklebt werden.
Es ist darauf zu achten, dass der Querstreifen nicht auf
die untere Insertionslinie der Mamma geklebt wird, weil
hier infolge steter Berfibrung der Hautfl&chen der herab-
h&ngenden Mamma und des Thorax die Haut schon a priori
empfindlich ist, sondern etwas oberhalb der Insertionslinie.
Welches Heftpflaster man w&hlt, ist einerlei: Hauptsache
ist, dass es gut klebt und die Haut nicht reizt. Autor
w&hlt gewfihnlich das Beiersdorfsche Leukoplast auf rosa
Cretonne, das luftdurchl&ssige Beiersdorfsche Parallelo-
plast oder das Bonnaplast; bie beiden letzteren Pr¶te
lassen der Hautausdfinstung etwas Spielraum, wodurch
einer Dermatitis eher vorgebeugt wird.
(Die Therapie der Gegenwart, Oktober 1911.)
— Ueber Hochfrequenzstrfime und ihre Indikationen. Yon
Dr. M. Kahane (Wien). Autor fasst den Inhalt seiner
Arbeit wie folgt zusammen:
1. Die hochgespannten Wechselstrfime (Teslastrfime,
Hochfrequenzstrfime), welche durch geringe Intensit&t bei
enorm hoher Spannung und enorm raschem Phasenwechsel
charakterisiert sind, finden in der Therapie in verschie-
denen Formen, und zwar als lokale d’Arsonvalisation,
Fulguration, Thermopenetration sowie als allgemeine d’Ar-
sonvalisation Anwendung.
2. Die hier mitgeteilten Erfahrungen beziehen sich
auf die lokale (unipolare) und die allgemeine d’Arson-
valisation.
3. Die Wirkung der Hochfrequenzstrfime ist mate-
rieller Natur; die Entladungen der hochgespannten Elek-
trizit&t, die bei der lokalen, die elektrischen Wellen, welche
bei der allgemeinen d’Arsonvalisation zur Geltung kommen,
besitzen nachweisbare Wirkungen auf den Organismus.
4. Ffir die materielle Natur der Wirkung sprechen
nicht nur die experimentellen Ergebnisse, sondern auch
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170
Verini6chte8.
die Erfahrungeti bei der praktischen Anwendung in der
Medizin, welche zeigen, dass die Wirksamkeit an beetimmte
Bedingungen geknQpft ist.
5. Die suggestive Wirkung, die bei Unkenntnis der
realen Wirksamkeit dieser Formen der elektrischen Energie
noch als Hauptfaktor in der tberapeutischen Wirksamkeit
der Hochfrequenzstrdme gilt, lfisst, wie die reale Erfahrung
lehrt, dort am meisten im Stich, wo sie am ehesten er-
wartet wird, und es ist die Bedentung des psychischen
Faktors nicht grosser, als bei irgendeiner anderen Be-
handlungsmethode.
6. Die Wirkung der Hochfrequenzstrdme lfisst sich
dabin zusammenfassen, dass a) die lokale Applikation
schmerzlindernd, juckreizmildernd, geffissverengend, sekre-
tionsbeschrfinkend und trophisch, b) die allgemeine Appli¬
kation in Form der elektrischen Wellen beruhigend, schlaf-
befdrdernd und auf den Blutdruck regulierend wirkt.
7. Diese Wirkungsqualitftten bilden die allein ver-
l&ssliche Grundlage der Indikationsstellung, wobei nach-
drOcklich bemerkt werden muss, dass wie bei jedem Heil-
mittel die Wirkung nicht in jedem Fall mit der gleichen
Deutlichkeit und Raschheit eintritt, dass auch ein voll-
st&ndiges Versagen vorkommt, — doch kOnnen zur Cha-
rakterisierung der Wirkung nur die Erfolge verwendet
werden.
8. Die HochfrequenzstrOme richten ihre Wirkung nicht
gegen Krankheitsursachen, sondern gegen Krankheits-
erscheinungen, und zwar gegen jene. Krankheitserschei-
nungen, welche durch die Qualitfit der Wirkung beeinflusst
werden kOnnen.
9. Die haupts&chlichsten Indikationsgebiete fOr die
Anwendung der allgemeinen und lokalen d’Arsonvalisation
sind Erkrankungen des Nervensystems, vor allem Neur-
algien, Neuritiden, von den sogenannten Neurosen: Neur¬
asthenic, Labyrinthschwindel, Sekretions- und Trophoneuro-
sen, — Erkrankungen des Zirkulationsapparates, — Gefftss-
erkrankungen mit abnorm erhOhtem Blutdruck, Angina
pectoris und Herzneurosen, Stauungen im Gefolge passiver
Hyper&mie, Erkrankungen der Haut — nftssende und
juckende Ekzeme, Substanzverluste, mit Geffissl&hmung
einhergehende Dermatosen, Akne vulgaris und Akne rosa¬
cea. Auch akuter und chronischer Muskelrheumatismus,
Arthralgien sowie Struma fallen in das Indikationsgebiet.
10. Der Applikation der HochfrequenzstrOme muss
eine sorgfftltige Untersuchung vorausgehen, um festzu-
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Vermis elites.
171
stellen, ob in dem gegebenen FaHe Qberhaupt die Bedin-
gungen ffir die Wirkung der Hochfrequenzstrdme ge-
geben sind.
11. Die Applikationsweise hinsichtlich der Entschei-
dung, ob lokale oder allgemeine d’Arsonvalisation, Dauer
und Zahl der Sitzungen, Intervalle, Kombination mit an-
deren Heilverfabren, riebtet sich nach der Wesenheit des
zu behandelnden Falles.
12. Sch&dliche bzw. gef&hrliche Nebenwirkungen
kommen den Hochfrequenzstr6men nicht zu. Von grbsster
Tragweite sind hier die Versuche, welche lehren, dass der
menschliche Organismus geradezu enorme Ladungen mit
dieser elektrischen Energieform schadlos vertragt.
13. Von der Behandlung mit HochfrequenzstrOmen
sollen jene F&lle ausgescblossen werden, welche der Natur
der Erkrankung nach keinerlei Erfolg erwarten lassen;
ausgesprochene Kontraindikationen lassen sich, von der
Hysterie abgesehen, nicht aufstellen.
14. Die Hochfrequenzstrdme stellen bei richtiger In-
dikationsstellung und Anwendungsweise einen sehr wert-
vollen Heilbehelf dar, dessen weitere klinische Erprobung
dringend geboten erscheint; im Gebiete der Elektrotherapie
dCirfen die Hochfrequenzstrdme nach ihren festgestellten
Wirkungsqualitfiten und den erzielbaren Heilerfolgen den
ersten Rang wohl mit Recht beanspruchen.
(Zeitschrift f. physikal. u. di&tet. Therapie Septbr. u. Oktbr. 1911.)
— TTeber Jodfieber. Von Dr. Solmsen (Danzig). „Ich wurde am
4. April 1910 wegen Verwachsungen und Abknickung des
Wnrmfortsatzes appendicektomiert. Die Heilung erfolgte
ohne sonstige Storungen; nur stellte sich am Tage nach
der Operation eine Temperaturerhdhung ein, die fast ohne
Unterbrechung bis zum 2. Mai, also 28 Tage dauerte.
Dieselbe war um so unerklftrlicher, als vor der Operation
keinerlei Fieber bestanden hatte und auch nach derselben
keine Ursache dafiir, wie etwa Stuhlverstopfung, Darm-
katarrh oder ahnliches aufzufinden war. Nach einigen
Tagen machte nun das rein zuf&llig entdeckte gleissend-
rote Aussehen der Narbe und ein gewisses W&rmegefahl
in ihr es deutlich, dass hier die Ursache der Temperatur-
steigerung zu suchen wftre. Eine nunmehr vermutete
Fadeneiterung blieb aber aus. Ebensowenig traten Exsudat-
bildung, Schmerzen usw. innerhalb des Operationsgebiets
auf. Das haupts&chlichste und konstante Symptom blieb
das Fieber, bis auch dieses endlich nach der erw&hnten
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172
VermischteB.
Frist ftlr immer verschwand. Das Fieber hatte einen"
remittierenden Typus. Die Temperatur schwankte abends
zwischen 37,6° und 38,2° in der Achselhdhle, war also nur
mftssig, aber doch deutlieh erhdht. Nur einmal stieg sie
auf 39°. Subjektiv machte sich der Temperaturanstieg all-
abendlich deutlieh genug durch HitzegefGhl mit nachfol-
gendem nftchtlichen Schweiss bemerkbar. Dagegen feblten
Abgeschlagenheit, Kopfschmerz und Gliederziehen, die ge-
wdbnlichen Begleiterscheinungen des infektiOsen Fiebers.
Anderseits aber lagen der Appetit und die Stimmung sehr
darnieder, und die Rekonvaleszenz wurde erheblich verzOgert.
Und nun die Erklftrung hiefOr! Nach mannigfachen andern
Yermutungen, die aber sftmtlich durch den weiteren Ver-
lauf widerlegt wurden, taucbte der Gedanke auf, dass das
in den versenkten Katgutfftden entbaltene Jod ffir das
Fieber verantwortlich zu machen sei, und diese Vermutung
konnte scbliesslich in der Tat per exclusionem zur Gewissheit
erhoben werden. Denn alle andern lokalen und allge-
meinen Erkrankungen konnten ausgeschlossen werden.
Es blieben zur Erklftrung des Fiebers einzig die schmerz-
lose Rbte und Wftrme im Narbengebiet fibrig — eine Art
von aseptiscber (chemischer) EntzQndung, wie sie fOr das
Jod auch sonst ja typisch ist. Die Untersuchung der
Sekrete auf Jod wurde zwar leider unterlassen. Jedoch
erscheint mir dies unerheblich, da die Resorption von Jod
aus den damit imprftgnierten Katgutfftden doch wohl nicht
bestritten werden kann. Das Fieber hOrte denn auch auf,
als das sftmtliche irritierende Material resorbiert war.
Jodfieber auf diesem Wege entstanden, ist meines Wissens
bisher noch nicht in der Fachliteratur beschrieben worden.
Im Gegenteil wurde in derselben die Reizlosigkeit des
Jodkatguts betont, wenigstens soweit es sich um versenkte
Ffiden handelte. Auch sollte angeblich das Jod schon nach
sehr kurzer Zeit gftnzlich aus den F&den ausgelaugt sein.
Doch scheint es fiber letzteren Punkt noch an zuver-
l&ssigen Beobachtungen zu fehlen. Aber selbst die durch-
schnittlicheRicbtigkeit dieser Angaben zugegeben, so spricht
sie doch nicht gegen meine Erklftrung des vorliegenden
Falles. Wie bei tausendfftltiger interner Jodmedikation
das Jodfieber ja stets nur eine Ausnahmewirkung darstellt,
so kann es sich auch in meinem Fall um eine ausnahms-
weise pyrogene — und vielleicht auch protrahierte —
Resorptionswirkung gehandelt haben. Da aber die Jod-
katgutverwendung in der Chirurgie und Gynftkologie eine
ausserordentlich verbreitete ist, so dOrfte auch die ge-
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Vermischtes.
173
schilderte Fieberwirkung vielleicht nicht gar so selten sein,
und es wQrde mich freuen, wenn meine Verdffentlichung
bei manchen bisher unklaren postoperative!! Fieberfallen
etwas zur Aufklarung bfeitragen kbnnte.“
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 37.)
— Ueber die Verwendung des Eampfers in der Gyn&kologie.
Von Dr. Roger Frhr. v. Budberg (Charbin). Seit
Jahren verwendet Autor in seiner gynakologischen Praxis
den Kampfer in alien Fallen von Parametritis, Perimetritis,
Salpingitis und anderen Entzflndungsprozessen des kleinen
Beckens mit gutem Erfolge, wo sonst ttbliche Ichthyol-
tampons keine sichtbaren Resultate zeitigten. Als Vehikel
braucbt er das stark wasseranziehende, also resorbierende
Glyzerin. Es kommen eigentlich keine Falle vor, wo die
Pat. nicht schon sehr bald ein Nachlassen der Schmerzen
angeben. Bei Pelveoperizellulitis scheint die Reifung der
Abszesse und Konzentrierung in eine H&hle durch Kampfer-
glyzerin bedeutend beschleunigt zu werden. Es scheint
auf den grbsseren Prozentgehalt an Kampfer nicht viel
anzukommen, eine 2°/oige Lbsung in Glyzerin dfirfte ge-
nflgen. Dieser LSsung fOgt Autor gern 10% Acid, boric,
und bei gonorrhoischen Prozessen auch noch Alumnol
2%ig hinzu. Die mit dieser LOsung imbibierten Watte-
tampons werden ununterbrochen Tag und Nacht in der
Scheide gehalten, je nach Umstanden zwei- bis dreimal in
24 Stunden gewechselt. Natfirlich dOrfen Regelung der
Verdauung, eventuelle Diat, Behandlung einer Urethritis
und andere Massnahmen, die man bei Anwendung anderer
Affektionen verordnet, nicht vernachlassigt werden.
(Zentralblatt fiir Gyn&kologie 1911 Nr. 37.)
— Ein Fall von mehr als 10 Jahre danernder Em&hrnng
einer Geisteskranken mittels der Schlnndsonde. Von
Dr. Tomaschny (Provinz.-Heilanstalt Treptow a. Rega).
Zur Fattening verwandt wurden die verschiedenartigen
Suppen, welche der tagliche Speisezeltel bot, daneben
Milch mit wechselndem Zusatz von Ei, Leguminose, Zucker,
Olivenbl, Lebertran, NahrprBparaten wie Tropon und
dergleichen. VorObergehend wurden zur Anregung auch
Rotwein oder Zitronensaure gereicht. Auf diese Weise
war es mdglich, in die Nahrung eine ziemlich reiche Ab-
wechslung zu bringen. Das Kbrpergewicht verhielt sich
im Laufe der Zeit wie folgt: Bei der Aufnahme wog Pat.
50,5 kg. Dieses Gewicht hielt sich wahrend des ersten
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174
Vermischtes.
halben Jahres* ann&hernd auf gleicher H5he, dann trat
eine allm&hliche Steigerung ein. Ein Jahr nach der Auf-
nahme betrug das Gewicht 55 kg und nach einem weiteren
Jahre 59,5 kg. Hiermit war das hbchste hier beobachtete
Gewicht erreicht, und seit dieser Zeit macht sich, ab-
gesehen von geringen Schwankungen, die Tendenz zu
stetem, langsaraem ZurQckgehen bemerkbar. Augenblick-
lich ist das Gewicht 42 kg. Das niedrigste hier fest-
gestellte Gewicht betrug vor zwei Jahren 40 kg.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 42.)
— Ein nener Respirator „Lnngenheil“, von der Firma Cloetta
& Mhller in Stuttgart hergestellt (Preis 27 Mk.), besteht
aus einem Sattel von Hohlgummi, der die Atmungsorgane
nach Aufblasen dicht abschliesst, in Verbindung mit zwei
separaten Ventilen f&r Ein- und Ausatmung. Bei den
Ventilen werden staub- und keimbildende Filter (Schw&ram-
chen, Watte usw.) in siebartigen Kapseln leicht auswechsel-
bar vorgeschaltet. Vorziige des Apparates: 1. Da ein
Ventil nur der Einatmung, das andere nur der Ausatmung
dient (das eine Ofinet sich immer, w&hrend das andere
sich schliesst), tritt keine Durchfeuchtung des Filters,
keine Erschwerung der Atmung ein. 2. Mund und Nase
werden dicht umschlossen, die Atmungsluft von schadlichen
Beimengungen (Staub und Mikroorganismen) befreit. 3. Alle
Teile sind leicht auseinanderzunehmen, zu reinigen und
zu wechseln. 4. Das geringe Gewicht (120 g). — Der
Apparat ist indiziert bei alien Arbeiten unter Staub-
entwicklung und gesundheitsschadlichen DOnsten sowie
bei Infektionskrankheiten der Atmungsorgane. FQr letztere
ist das Instrument wichtig zur VerhOtung von Hustenreiz
in staubbaltiger Luft und zur Einleitung einer Inhalations-
therapie mittels geeigneter Ldsungen, mit denen die Filter-
schw&mmchen getr&nkt werden. Ferner wegen der Ver-
minderung der Infektionsgefahr fdr die Umgebung des
Kranken, da mittels des Ausatmungsiilters die ausgeat-
meten Keime abgefangen und zugleich in Desinfektions-
mitteln unschadlich gemacht werden kdnnen.
(Medizin. Klinik 1911 Nr 15.).
— Gegen nlzerdse Scharlachstomatitis wird empfohlen:
Rp. Thymol. 0,5
Alkoh. absol.
Hydrog. peroxyd. (3%) aa 20,0
S. 3 —4 mal tftglich auf die wunden Stellen aufzutragen.
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V ermischtes.
175
Zum Auftragen auf die Lippen ordiniere man:
Rp. Zink. oxyd. 20,0—25,0
Amyl. 20,0
Acid, boric. 3,0
Vaselin. ad 100,0
(Rif. med. 1910 Nr. 40.)
— Sondenem&hrnng und S&ttigungsgef&hl. Yon Prof. Albu
in Berlin. Autor schreibt: „Die interessanten Mitteilungen
von Neisser und Brftuning in Nr. 37 dieser Wochen-
schrift liber ,Normale und vorzeitige Sftttigung 4 berichten
u. a. liber den verspateten Eintritt des Sftttigungsgefahls
bei Wasserzufuhr durch die Schlundsonde. Das veranlasst
mich, auf eine ftltere Arbeit von mir (Therapeut. Monatsh.,
April 1898) hinzuweisen, in der ich als ,ein Mittel zur
UnterstOtzung der Ernfthrung bei Magenkrankheiten 4 die
Eingiessung von konzentrierten Nahrungsmitteln und Nfi.br-
gemischen im unmittelbaren Anschluss an zu therapeu-
tischen Zwecken vorgenommene MagenausspOlungen empfahl.
Schon damals hob ich hervor, dass man auf diese
Wei8e oft grOssere Nahrungsmengen Eranken beibringen
kann, welche sonst das Essen zum grossen Teil verweigern
oder die Nahrung nicht genligend verwerten, Seit jener
Zeit habe ich diese Methode der ergftnzenden Sonden-
ernahrung ungezfthlte Male ausgefahrt und immer wieder
die Beobachtung gemacht, dass selbst nach Zufuhr von
Va Liter Milch oder Sahne oder dergl. den Kranken das
Sftttigungsgefahl meist vollkommen fehlte, so dass es oft
m&glich ist, kurze Zeit danach per os. die gleiche Nahrungs-
menge noch einmal zuzufahren — ein far die Ernfthrung
heruntergekommener Kr anker wichtiger Faktor. Yornehm-
lich bei Gastrektasie, ob auf gut- oder b5sartiger Grund-
lage, habe ich von diesem Hilfsmittel der Ernfthrung
Gebrauch gemacht und meist mit gutem Erfolge, aber
vielfach auch bei solchen Kranken aberhaupt, welche aber
das Gefahl der Ydlle selbst nach kleinsten Mahlzeiten
klagen, so dass sie schon nach den ersten Bissen zu essen
aufhdren, so z. B. bei nervbser Dyspepsie. Die Methode
lftsst sich konsequent nattirlich nur bei solchen Kranken
durchfahren, welche die Scheu vor dem Magenschlauch
aberwunden haben. Es lassen sich auf diesem Wege zum
Nutzen der Kranken gerade solche Nahrungsmittel leicht
zufahren, welche schnell das Gefahl der Sftttigung her-
vorzurufen pflegen, wie Milch, Reis u. a., und deshalb
von vielen Kranken von Anfang an oder nach kurzer Zeit
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176
Vermischtos — Biicherschau.
zurlickgewiesen werden. Das S&ttigungsgefObl ist also
durch die FaHung des Magens allein nicht bedingt, sondern
dabei wirkt ein psychischer Reflex in hobem Masse mit,
der nicht nur durch die Quantitfit, sondern stets zum Teil
auch durch die Qualit&t der angebolenen Nahrung her-
vorgerufen wird. M (Mttnch. med. Wochenrchrift 1911 Nr. 42.)
Bucherschau.
Far diejenigen j ungen Kollegen, die sich zum ersten Male einen
Medizinalkalender anschaffen und nicht viel Geld dafOr
anwenden wollen, sei auf zwei Kalendei® aufmerksam ge-
macht, die altbew&hrt sind, trotz des billig^n Preises (2 M.)
einen reicben Inhalt aufweisen und auch ein recht viel
Raum bietendes Kalendarium besitzen: Lorenz’ Taschen-
Kalender (Yerlag von S. Rosenbaum, Berlin) und der
Medizinal-Ralender der Allgem. med. Zentralzcitung. Ersterer
erscheint zum 25. Male, letzterer zum 19. Male. Wer
von beiden den Yorzug verdient, lfisst sich schwer sagen;
sie sind beide gut und empfehlenswert.
Notiz.
Die heutige Nummer unseres Blattes enthalt zwei Beilagen,
und zwar von den Firmen:
Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin, N. 4, aber „Gelonida
Aluminii subacetici 11 ,
Richard Keil Radium-Gesellschaft m. b. H., Dresden-A. 3,
aber n Radium-Keil-IMedikation cc v
auf die wir besonders hinweisen.
Fiir den redaktionellen Teil verantwortlicb:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
^Digitized by
Gck 'gle
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Erscbeint am
Anfaog eines jeden Monats.
M 5 .
Prels des Jahrgangs & Mtc.
ezcl. Porto.
Excerpta medica.
Knrse monatllche Journal auszfige
aus der gesamten Faohliteratur
zum Gebrauch for den praktischen Arzt.
Herausgegeben von Dr. tried. Eugen Graetxer in Frledenau-Berlln.
Yerlag Ton Carl Sallmann 9 Leipzig.
Fetmr. XXI. Mrws 1912
Appendicitis. Zur Frage der tratunatischen A. Von Prof.
Dr. Sprengel (Braunschweig). Verf. hat in der Litera-
tur noch keinen einzigen beglaubigten Fall von trauma-
tischer A. gefunden und nie einen solchen erlebt. Er
hat — nicht bloss in der Frage der traumatiscben A.,
sondern ebenso in der der traumatischen Tuberkulose,
traumatischen Osteomyelitis, traumatischen Hernien, „trau-
matischen Tumoren* — den Eindruck, dass man das
Trauma als fttiologisches Moment fftr sekundar ein-
setzende Krankheitserscheinungen weitaus iibersch&tzt.
Was wir wissen, ist lediglich die Tatsacbe, dass dem
Organismus die ausgesprochene Tendenz innewohnt, auf
Schadigungen traumatischer Art mit ganz bestimmten
reparatorischen Vorgfingen zu antworten, durch welche
in den nicht zum lokalen Tode fQhrenden Fallen die
restitutio ad integrum (mit selbstverstandlichen Ein-
schrankungen) erfolgt; und dass trotz der in der Mannig-
faltigkeit absichtlicher Experimente alltaglich vorkommenden
Traumen sekundare Krankheitserscheinungen lediglich als
seltenste Ausnahmen beobachtet werden. Man kdnnte,
wenn man sich eines klinischen Terminus bedienen will,
beinahe sagen, die Traumen haben in letzterer Hinsicht
eine fast absolut gGnstige Prognose. Statt aus diesen Tat-
sachen zu schliessen, dass es sich in den sogenannten
„traumatischen“ Fallen aller Wahrscheinlichkeit nach um
zufallige Ereignisse handelt, mindestens aber in der Be-
urteilung des Einzelfalls zu einem reservierten non liquet
zu gelangen, mflht man sich auf Grund einer unsicheren
13
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178
Appendicitis.
Statistik mit alien moglichen theoretischen Spekulationen
ab, aus denen nichts weiter hervorgeht, als dass sie in
den weitesten Grenzen differieren, also wertlos sind. Mit
der „traumatischen A.“ ist es nicht anders. Wir wissen,
dass alien intraperitonealenOrganen gegentiberVerletzungen,
wenn sie nicht zum lokalen Tode mit den selbstverst&nd-
lichen deletftren Folgeerscheinungen ftihren, erstaunliche
reparatorische Fahigkeiten innewohnen; wir wissen ferner,
dass die experimentelle, also in gewissem Sinne traumatische
Erzeugung der A. vor der Hand als ein unsicheres Kunst-
stilck betrachfet werden darf (Heile), wir wissen endlich,
dass der Wurmfortsatz auf das von der Natur selbst ein-
geleitete Experiment der Einklemmung im Bruchsack nicht
mit A. — so nahe diese Annahme lSge — reagiert. Was
berechtigt uns demnach, aus der Tatsache, dass unter
100 F&llen der A. angeblich etwa zweimal ein Trauma
des Bauches, des Beckens oder des Korpers im allgemeinen
voraufgeht, etwas anderes zu schliessen, als dass es sich
um belanglosen Zufftlligkeiten handelt? Trotzdem geht
Verf. nicht so weit, die Mbglichkeit einer traumatischen
A. strikte zu leugnen. Aber das darf er sagen: Bewiesen
ist sie bis heute nicht, und man darf verlangen, dass an
Stelle unkontrollierbarer, auf rein zeitlichen Momenten
oder mehr oder weniger scharfsinnigen Spekulationen auf-
gebauter Krankengeschichten exakte, durch Autopsie in
vivo gepriifte anatomische Unterlagen gescbaffen werden.
Verf. wenigstens muss bis auf weiteres wissenschaftlich
und gutachtlich an dieser Forderung festhalten und ist
der Ansicht, dass wir lediglich auf dieser Basis zu einer
Verstfindigung in der Frage der traumatischen A. ge-
langen werden. (Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 50.)
— Ueber die Bedentnng des indirekten Druckschmerzes bei A.
Von Oberarzt Dr. E. S. Per man (Stockholm). Ein
Symptom gibt es, das von grosser Bedeutung ist, und
dessen Fingerzeig Verf. immer richtig gefunden hat, wenn
es deutlich vorhanden gewesen ist, namlich die Muskel-
spannung iiber der Blinddarm* und ihr angrenzenden
Gegend des Bauches bei Berfihrung oder leichtem Druck,
deren Bedeutung zuerst von Dieulafoy angegeben ist
(defense musculaire). Ist dieses Symptom vorhanden, so
kann man so gut wie sicher sein, dass die Verfinderungen
in und um den Wurmfortsatz schon hochgradig sind —
Gangr&n oder Perforation mit beginnender freier oder be-
grenzter eitriger Peritonitis. Darauf hat Verf. auch immer
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Appendicitis.
179
ein anderes Symptom hindeuten gefunden, nfimlich einen
in der IleozSkalgegend lokalisierten Schmerz bei Druck
auf die linke Seite des Bauches. — Verf. hat letzteres
Symptom als von der grfissten Bedeutung fQr die Indika-
tion zur Operation im Anfang der Krankheit angesehen.
Verf. hat dieses Symptom nicht durch theoretische Speku-
lation, sondern durch praktische Erfahrung kennen gelernt.
Er pflegt nfimlich seit lange gewfihnlich — und besonders
bei Kindern —, wenn er Pat. mit mehr oder weniger
ausgebreiteter Peritonitis untersucht, die Palpation des
Bauches an einer von dem vermuteten Krankheitsherde
entfernten Stelle anzufangen, also bei appendicitischer Peri¬
tonitis im linken Teile des Bauches, weil man in dieser Weise
die Orenzen der empfindlichen Stelle am sichersten be-
stimmt. Bei dieser Untersuchungsweise fiel es bald auf,
dass Pat. mit A. und Periappendicitis fiber Schmerzen
an McBurneys Punkt klagten, wfihrend sie keine Schmerzen
an der palpierten Stelle in dem linken Teile des Bauches
empfanden. Verf. war immer der Ansicht, dass dieses
Schmerzphfinomen von einem Druck, bzw. einer durch den
Druck veranlassten Verschiebung mit Dehnung oder Er-
schfitterung, hervorgerufen wurde, die auf geradem
Wege von der palpierten zur entzfindeten Stelle fortgeleitet
ist. Das Phfinomen tritt am sichersten hervor, wenn man
den Druck in Form eines leichten Anschlages in der
Richtung gegen die rechte Seite des Bauches ausfibt,
wfihrend der Pat. ruhig atmet und die Bauchmuskeln
nicht spannt. Verf- hat seine Erfahrung gelehrt, dass,
wo dieses Symptom vorkommt, es sich in der Regel nicht
nur um eine einfache katarrhalische A. handelt, sondern
pathologische Verfinderungen von schwererer Art vorliegen,
entweder eine beginnende phlegmonose Infiltration der
Appendixwand oder Gangrfin mit drohender Perforation.
Es ist deswegen ffir ihn die Regel geworden, dass, wenn
dieses Symptom bei der ersten bzw. nach einigen Stunden
wiederholten Untersuchung vorkommt, ohne Aufschub die
Operation vorzunehmen ist. Daraus folgt aber nicht, dass
ein Aufschub in alien den Ffillen gestattet worden ist,
in denen das Symptom nicht hervorgerufen werden konnte,
wie beispielsweise bei Peritonitis im unteren Baucbabschnitt,
bei der der Pat. Schmerzempfindung und Muskelspannung
sowohl rechts wie links zeigt. In anderen Ffillen wieder
hat' man dieses Symptom nicht notig, die Indikationen
sind doch deutlich genug, z. B. wenn die Muskelspannung
bei leichte.n Druck fiber der Appendixgegend deutlich
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Appendicitis.
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hervortritt. Es gibt aber eine Menge Ffille, in denen die
Krankheit mit Symptomen von A. begonnen hat, in welchen
aber, wenn der Pat. wahrend der letzten HSlfte des ersten
oder wahrend des zweiten Tages nacli dem Beginn der
Krankheit zur Untersuchung kommt, die Empfindlichkeit
(iber der Appendixgegend gering, und es schwer zu ent-
scheiden ist, ob die Muskelspannung vermehrt ist oder nicht,
in denen sich auch keine deutliche Resistenz, bisweilen
nur eine undeutliche Fiille in der Appendixgegend oder
etwas medial davon nachweisen lasst. Das Allgemein-
befinden der Pat. ebenso wie der Puls und die Tempe-
ratur konnen in solchen Fallen ganz unbedeutend beein-
flusst sein, und doch kann der pathologische Prozess in
dem Wurmfortsatz weit fortgeschritten sein, bisweilen so
weit, dass die Wandung in ihrer ganzen Dicke gangranos
ist und eine Perforation wahrend der nachsten Stunden
bevorsteht. Gerade in solchen Fallen hat man in diesem
Symptom, dem indirekten Druckschmerze in der Appen¬
dixgegend, eine gute Leitung fQr die Stellung der patho-
logisch-anatomischen Diagnose und damit fttr die Indi-
kation zur unmittelbaren Operation, da es in der Regel
in diesen Fallen vorkommt, wahrend es geschehen kann,
dass in denselben Fallen die Muskelspannung bei direktem
Druck fiber der Appendixgegend gar nicht oder nur un-
deutlich nachzuweisen ist. Dieses letztere Symptom hat
also in jenem gewissermassen eine Erganzung. Bei Chole¬
cystitis hat Yerf. — wie zu erwarten war — das Phano-
men auch gefunden, und zwar, wie bei A., in der Regel
in solchen Fallen, in denen schwerere pathologische Ver-
anderungen vorhanden waren. Einige Male hat Verf.
es bei eitriger Salpingitis und Beckenperitonitis beobachtet,
die mit der Diagnose A. eintrafen und in denen die Diffe-
rentialdiagnose vor der Operation schwer zu stellen war.
In einigen Fallen, in denen es schwer zu entscheiden
war, ob die Schmerzen in dem rechten Teil des Bauches
von einer A. oder nur von in der Bauchwand der Appen¬
dixgegend befindlichen sehr druckempfindlichen Entzdn-
dungen verursacht waren, ist der indirekte Druckschmerz
fur die Diagnose A. entscheidend gewesen, und ist diese
Diagnose durch die Operation bestatigt worden.
(Zentralblatt f. Chiiurgie 1911 Nr. 49.)
G. Maier (Freiburg), Koprostase-A. M. berichtet: Am 9. De-
zember 1910 wurde die ca. 15jahrige E. K. wegen heftiger
Magen- und Leibschmerzen dem Krankenhause tlberwiesen.
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Appendicitis.
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Sie machte einen ausserst leidenden, schwerkranken Ein-
druck, die GesiehtszOge waren blass, die Zunge stark
grauweiss borkig belegt, die Pulsfrequenz bewegte sich in
regelrechten Grenzwerten, eine Steigerung der Kbrper-
wfirme war nicht nachweisbar. Der Urin enthielt Spuren
von Eiweiss, keinen Zucker, etwas Indikan, Diazo war
negativ, die Darmt&tigkeit war nach Angaben der Mutter
der Kranken immer etwas trfige, besonders in den letzten
Tagen vor der Krankenhausaufnahme. Die aussere Be-
sichtigung ergab eine leichte Auftreibung der Unterbauch-
gegend, eine erhebliche Spannung daselbst, besonders in
der Blinddarmgegend (defense musculaire) und vor allem
eine bochgradige Druckempfindlichkeit am McBurneyschen
Punkte sowie im Bereiche des S-Romanum, woselbst reich-
liche harte Scybala durch die Bauchhaut zu tasten waren.
Eine Resistenz in der Blinddarmgegend liess sich nicht
feststellen. Weiterhin fand sich bei dem zart gebauten,
massig genahrten Madchen eine betrSchtliche Erweiterung
des Magens. Eine vorgenommene Untersuchung der mo-
torischen Verhaltnisse der Magenfunktion ergab eine er¬
hebliche Herabsetzung der Gesamtazidit&t und der freien
HC1 sowie eine Verminderung der StSrkeverdauung. Dem-
entsprechend liess auch die Nahrungsaufnahme zu wfinschen
(lbrig. Nach Einleitung einer entsprechenden Therapie
(Acid, hydrochloric.) und Diat besserte sich jedoch der
Zustand ganz wesentlich. Aus dem Darm entleerten sich
reichlich harte Kotmassen, und nach beinahe dreiwbchigem
Aufenthalt hatte sich das Allgemeinbefinden der Kranken
wieder so weit gehoben, dass man sie nach Hause ent-
lassen konnte. Sie nahm reichlich Nahriing zu sich, assi-
milierte dieselbe auch ziemlich gut und vollst&ndig, die
Leibschmerzen waren vOllig geschwunden, die Darmtatig-
keit war geregelt, das Aussehen wieder frisch geworden.
Indes schon nach 14 Tagen, am 12. Januar 1911, kam
die Kranke — die Mutter hatte den ihr gegebenen Rat,
bei dem Kinde ftir regelmSssigen Stuhlgang zu sorgen,
nicht befolgt — mit demselben Symptomenkomplex, wie
oben kurz geschildert, wieder zur Aufnahme. Nach einigen
Tagen der Beobachtung wurde im Hinblick auf die ganz
erhebliche Druckempfindlichkeit in der Unterbauchgegend —
sowohl links wie in der Ileozbkalgegend — beschlossen,
den Wurmfortsatz wom6glich zu entfernen, in der Er-
wagung, dass sehr wahrscheinlich durch die andauernde
Koprostase eine Reizung des Appendix zustande gekommen
sei. Unsere Vermutung wurde durch den operativen Ein-
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Appendicitis — Arthritis urica.
griff voll und ganz best&tigt. Der Wurmfortsatz war be-
reits verdickt, und in seinem blinden Ende fand sich anch
ein noch ziemlich frischer Kotstein von hellgelber Farbe.
Es bestand also kein Zweifel, dass sich als Folge der
Koprostase bereits eine A. entwickelt hatte, die bei lftn-
gerem Fortbestande dem Kinde, das ohnehin an Darm-
tragheit litt, hatte gefahrlich werden kfinnen. Der Eingriff
selbst — eine richtige Intervalloperation — verlief sehr
glatt, das Madchen erholte sich zusehends von Tag zu
Tag. (Berliner klin. Wochenachrift 1911 Nr. 19.)
Arthritis urica. Ueber die Diagnose der Gicht dnrch
Atophan. Von G. Zuelzer. (Aus der inneren Abteilung
des Krankenhauses Hasenheide-Berlin). Aus der Arbeit
sei folgender Passus wiedergegeben: „Seit der kurzen Zeit
seiner Einffihrung in die Therapie hat sich das Atophan
nicht nur das Bfirgerrecht erworben, es nimmt bereits
eine derart bevorzugte Stellung unter den Arzneimitteln
ein, dass es zu denjenigen gerechnet"werden kann, die
wir nicht mehr entbehren mfichten. Heller hat vor zirka
einem halben Jahre iiber die ausserordentlich gfinstigen
Erfahrungen berichtet, die wir mit dem Atophan bei Gicht
und dem akuten Gelenkrheumatismus gemacht haben.
Unsere seitherigen, sich auf weitere ca. 50 Falle stfitzenden
Erfahrungen sind geeignet, die frfiheren durchaus zu be-
statigen. Wenn bei unseren damaligen sieben Fallen von
Gicht die Schmerzen und Gelenkschwellungen durch das
Atophan stets prompt beseitigt wurden, so habe ich jetzt
fiber 14 Falle von A. u. zu berichten, von denen zwei
durch das Atophan in keiner Weise beeinflusst wurden.
In beiden Fallen war Obrigens auch die Radiumkur ohne
Erfolg angewendet worden, ja, bei dem einen der Pat.
trat mitten wahrend der Radiumbehandlung und zirka
zehn Tage nachher ein heftiger akuter Anfall auf. Warum
das Atophan in diesen Fallen vollkommen versagte —
der eine Fall war eine durchaus typische Gicht eines
35'jahrigen Mannes —, entzieht sich zunachst der Beur-
teilung. Letzteres um so mehr, als wir ja eigentlich fiber
die Art der Heilwirkung des Atophans noch so gut wie
gar nichts wissen. Das einzige, was feststeht, ist die
schon von Nicolaier und Dohrn festgestellte Tatsache,
dass die phenylierten Chinolin-Karbonsauren die Eigen-
schaft haben, eine erhebliche Steigerung der Harnsaure-
ausscheidung hervorzurufen, und dass, wie Weintraud
zeigte, diese Eigenschaft auch bei dem Gichtiker wirksam
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Arthritis urica.
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ist. Wir hatten schon darauf aufuaerksam gemacht,
dass der Urin der Gichtiker wahrend der Atophanverab-
reichung dauernd ein reichliches Sediment von fast reiner
Harnsaure mit sp&rlichen Uraten aufweist, wahrend bei
den Gelenkrheumatikern keine Harnsaure ausfiel. Wir
haben daraufhin seither konsequent alle Kranken, denen
Atopban verordnet wurde, beobachtet und festgestellt, dass
bei alien Nichtgichtikern wahrend der Verabreichung von
Atophan das Ausfallen nennenswerter Mengen von Harn-
saure nach dem ersten, spatesten dem zweiten Tage auf-
hbrt, wahrend bei den Gichtikern das Ausfallen der Harn¬
saure (und Urate) tagelang anhalt. Meist setzt sich eine
mehrere Zentimeter hohe Schicht grau-weisslicher Harn¬
saure in wolkiger Form am Boden des Gefasses ab. Mit
dem Zurttckgehen der gichtischen Erscheinungen und, wie
ich gleich bemerken mochte, mit dem ZurQckgehen des
Harnsauregehaltes des Blutes, unter dem Einfluss des Ato-
phans, nimmt auch der Bodensatz gradatim ab. Nur in
dem einen der beiden erwahnten, gegen Atopban refrak-
taren Falle von Gicht habe ich das Fehlen jener typischen
Erscheinung des Harnsaureausfalles im Ham gefunden.
Ich glaube dennoch, dass wir ein ffir die praktischen Be-
dtirfnisse genOgendes diagnostisches Hilfsmittel in dem
Atophan und der Kontrolle des Harnsedimentes besitzen,
um die gichtischen von den nichtgichtischen Gelenkerkran-
kungen zu unterscheiden. Wenngleich die BlutuntersUchung
auf Harnsaure, wie sie von His far die diagnostischen
Zwecke empfohlen wurde, zweifellos die exaktere Methode
ist, so ist sie doch bedeutend umstandlicher und kost-
spieliger.“ (Berliner klin. Woehenachrift 1911 Nr. 47.)
— Ueber Weseu and Behandlang der Gicht. Yon Prof. Dr. P.
F. Richter (Berlin). Der Wichtigkeit des Gegenstandes
wegen bringen wir von diesem „Klin. Vortrage M die wich-
tigsten Abschnitte — soweit sie die Therapie betreffen —
wortgetreu. „Inwieweit haben nun die unleugbaren Fort-
schritte, die wir in der Renntnis der Physiologie und
. Pathologie des Nukle'instoffwechsels gemacht haben, auch
fSrdernd und umgestaltend auf die Therapie der Gicht
eingewirkt? Zugute kommt einer zielbewussten Therapie
sicherlich, dass wir in bezug auf die^ Rolle, die die Harn¬
saure bei der Pathogenese der Gicht spielt, weit besser
orientiert sind als frhher. Der Widerspruch besteht jeden-
falls nicht mehr, dass, wie frhher, engere Beziehungen
zwischen Harnsaure und Gicht geleugnet, alle therapeu-
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Arthritis urica.
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tischen Massnahraen aber trotzdem gegen die Harnsfiure
gerichtet werden. Dazu kommt weiterhin, dass unsere
besseren Kenntnisse von der Bildung und Ausscheidung
der Purinsubstanzen uns auch einen richtigeren Massstab
daftir gestatten, ob die angewendeten Mittel auch in Wirk-
lichkeit den Organismus von seinem Harnsfiurefiberschuss
befreien, oder ob dies nur scheinbar der Fall ist. Aber
die Harn. c fiuretlberladung des Organismus ist, wie wir ge-
sehen haben und wie immer wieder betont werden muss,
wohl das bedeutungsvollste Symptom der Gicht, aber doch
nicht ihre Ursache oder sicherlich nicht die einzige. Um
den Wert therapeutischer Verfahren bei der Gicht richtig
zu bemessen, darf daher nicht nur einseitig* ihre Wirkung
auf die Harnsfiure berOcksichtigt werden. Das Wichtigate
bleibt hier wie Qberall der Eintluss auf den klinischen
Verlauf. Und hierbei kommt als ein Moment, das die
Beurteilung aller sogenannten Heilverfahren erschwert, in
Frage, dass, auch unbeeinflusst, das klinische Bild der
Gicht ausserordentlich wechselvoll ist, dass die charakte-
ristischste Erscheinung darin, der akute Gichtanfall, bei
einem und demselben Individuum trotz aller mdglichen,
difitetischen und soristigen Sttnden oft jahrelang ausbleibt,
um dann ohne jegliche nachweisbare Ursache in kurzen
Intervallen sich mehrfach zu wiederholen. Danach muss
man von vornherein mit einem gewissen Skeptizismus alle
diejenigen ,Heilerfolge‘ betrachten, die bei Gichtkranken
nicht durch lange Beobachtung gesichert sind. Wenn
irgendwo, ist das post hoc und propter hoc gerade bei
Beurteilung der verschiedenen angepriesenen Gichtmittel
auseinander zu halten. Die nach dem, was wir gesehen
haben, unzweifelhaft rationellen BemOhungen, auf den
Harnsfiurettberschuss des Gichtkranken einzuwirken, gipfeln
zunfichst in dem Versuche, die Harnsfiurebildung einzu-
schrfinken. Das scheint verhftltnismfissig einfach bei dem
exogenen Faktor derselben, der in der Nahrung liegt.
Die Empfehlung der purinfreien oder, richtiger gesagt,
purinarmen Difit dient aber noch einem anderen Zwecke
als der blossen Ausschaltung dieses Faktors. Die purin-
arme Difit stellt, wie man meint, gleichzeitig eine Scho-
nungsdifit dar, etwa im Sinne der Kohlehydratentziehung
beim Diabetiker. Hier wie dort, so glaubt man, warden
auf diese Weise die darniederliegenden resp. geschfidigten
fermentatiyen Krfifte im Organismus geschont. Die lfin-
gere Entlastung soil dann zu stfirkerer Anspannung resp.
zur Wiedererlangung der gestOrten oder verlorenen Funktion
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Arthritis urica.
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ftihren. FQr den Diabetes ist das durch die Verbesserung
der Toleranz unter einem kohlehydratfreien Regime er-
wiesen. FOr die Giclit ist es allerdings bis jetzt nur ein
Aualogie8chluss, fiir dessen Richtigkeit der Beweis aus-
steht. Die Zusammensetzung einer purinarmen Diat fllr
die Praxis ist heute erleichtert, seit wir (Schmidt und
Bessau, Hesse) genaue Analysen des Purinkftrpergehaltes
der einzelnen in Betracht kommenden Nahrungsmittel be-
sitzen. Die wichtigste praktische Konsequenz dieser mfihe-
vollen Untersuchungeri ist die Tatsache, dass sich fleisch-
freie und purinarme Diat durchaus nicht decken. Unter
den Fleischsorten steht im Puringehalt obenan die Thy¬
mus. In weitem Abstande folgen dann Leber, Niere, Hirn.
Immerhin enthalten sie noch bedeutend mehr Purinkbrper
(fast das Doppelte) als Rindfleisch, Hammelfleisch, Kalb-
fleisch , und Schweinefleisch. Etwas purinarmer als diese
sind GeflQgel und Wild. Der Purinkbrpergehalt der Fische
ist im Gegensatz zu der landlauflgen Annahme nicht we-
sentlich geringer als der des Fleisches. Manche Fisch-
arten, wie Lachs und Hecht, enthalten sogar betrachtliche
Mengen. Unter den Vegetabilien sind eitizelne durch einen
nicht zu unterschatzenden Puringehalt ausgezeichnet. Das
sind die Holsenfrflchte (Linsen, Erbsen und Bohnen), dann
Spinat, Kohlrabi und Pilze. Wer auf eine besonders
purinarme Ernahrung Wert legt, muss auch sie aus der
Liste der erlaubten Speisen streichen oder wenigstens ihren
Genuss in uneingeschrankten Mengen untersagen. So gut
wie purinfrei sind Milch, Eier, Kase, Brot. Von Ge-
tranken ist der Wein purinfrei. Dagegen enthalt Bier
nicht zu vernachlassigende Purinmengen (ein Liter Bier
wGrde etwa 100 g Rindfleisch entsprechen). Auf die be-
sonderen Beziehungen des Alkohols zum Purinstoffwechsel
komme ich noch zurGck. *Bci streng purinfreier Diat
waren auch Kaffee, Tee und Kakao zu vermeiden, da,
wie wir heute wissen, die in ihnen enthaltenen Methyl-
purine ebenfalls als Quelle der Harnsaurebildung dienen
kGnnen. Wie stellt sich nun die praktische Erfahrung zu
der DurchfOhrung einer von Purinbildnern mbglichst freien
Diat. Wer Gelegenheit hat, Gichtkranke unter lang-
dauernder Kontrolle zu haben, wird sich wohl kaum dem
Eindrucke verschliessen konnen, dass der theoretisch aus-
gezeichneten Begriindung die praktischen Erfolge nicht im
vollen Umfange entsprechen. Und wenn von manchen
Seiten immer wieder darauf hingewicsen wird, dass eine
derartige Diat eben sehr lange fortgesetzt werden mGsse,
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Arthritis urica.
um wirksam zu sein, so darf man nicht vergessen, dass
heruntergekommene Gichtkranke eine zu weit getriebene
Beschr&nkung des Fleischgenusses, wie sie die strikte
Durchffihrung der purinarmen Ernahrungsweise verlangt,
nicht immer gut vertragen. Auderseits wird jeder be¬
ach aftigte Arzt Erfahrungen zu verzeichnen haben, dass
auch die absolute Eathaltsamkeit von Fleisch bzw. anderen
Furinbildnern durchaus nicht vor Gichtanfallen schfitzt.
Ebenso wie z. B. Weintraud verfQge ich selbst fiber
Beobachtungen, in denen eine konsequent durchgeffihrte
vegetarische Lebensweise weder in dei* H&ufigkeit noch in
der Schwere der Gichtattacken Aenderungen herbeiffihrte.
Nicht die purinreichen Speisen sind es haufig, die die
Anfalle hervorrufen, sondern diatetische Fehler irgend-
welcher Art, die zu Verdauungsstfirungen ffihren, ohne
dass der Puringehalt dabei eine Rolle spielt. Daher be-
gnfige ich mich meist, eine leicht verdauliche Kost zu
verordnen, in der Milch, Eier, Kase, grfine Gemfise und
Obst fiberwiegen, ohne dass aber das Fleisch vfillig daraus
verbannt wird. Nur wo es sich um Gichtkranke handelt,
die nachweislich den Freuden der Tafel sehr ergeben
waren und bei denen anamnestisch ein fibergrosser Fleisch-
genuss nachzuweisen ist — meist handelt es sich um fett-
leibige Pat. — pflege ich den Puringehalt rigoroser zu
beschranken, um allerdings auch hier nach wenigen Wochen
zu einer gemischten Difit Qberzugehen, wenn ein eklatanter
Nutzen nicht konstatiert worden ist. Uebrigens mfichte
ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass der Arzt
auch auf Grund der vorliegenden neuen Untersuchungen
die Nahrung nach ihrem Puringehalt doch nicht so genau
zusammenzustellen vermag, wie das etwa beim Diabetes
bezfiglich des Kohlehydratgehaltes mdglich ist. Es linden
sich in den einzelnen Analysen noch so erhebliche Dif-
ferenzen, dass ein Zweifel an der Exaktheit der Methodik
wohl erlaubt ist. In einer diatetischen Vorschrift stimmen
aber Praxis und Theorie sehr wohl fiberein, d. i. in dem
mfiglichst absoluten Verbote des Alkohols. Wir sahen
schon oben, dass der Alkohol an und ffir sich ahnliche
Schadigungen in den fermentativen Prozessen, die den
Nukle'instoffwechsel regieren, zu veranlassen vermag wie
die Gicht selbst. Grund genug, nicht eine Schfidigung
noch der anderen zu supponieren, und eine Mahnung,
fiberall da auf seine Anwendung zu verzichten, wo er
nicht temporar als unentbehrliches Tonikum Dienste leistet
oder wo man von seiner plfitzlichen Entziehung unan-
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Ajrthritis urica.
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genehme Abstinenzerscheinungen fGrchtet. Von ander-
weitigen Gesichtspunkten als dem Puringehalt, die bei
Regelung der Diftt der Gichtkranken in Frage kommen,
wird spftter die Rede sein. Wir wenden uns nunmehr zu
der zweiten Moglichkeit, die neben der Beschrftnkung der
PurinkOrper in der Nahrung bei der Bekftmpfung -des
Harnsfiuretiberschusses im Organismus in Frage kommt,
d. i. die Steigerung der Harnsftureausfuhr. Die Zahl der'
Mittel, denen hierbei eine Wirkung zugeschrieben worden
ist, ist Legion. Und trotzdem kdnnen wir die meisten
mit Stillschweigen Gbergehen, da sie mit wenigen Aus-
nahmen — nur einige alkalische Mineralwftsser und viel-
leicht noch die Salizylsfture verdienen Erwfthnung — bei
exakter experimenteller Prttfung die gehegten Erwartungen
nicht erfQllt haben. Und auch die Steigerung durch die
genannten Mittel ist so wenig bedeutend, dass man sich "
einen therapeutischen Effekt im Sinne einer betrftchtlichen
Harnsaureentlastnng des KGrpers von ihnen nicht ver-
sprechen kann. In dieser Beziehung ist unser Arzneischatz
in neuester Zeit nun in dankenswerter Weise durch ein
Mittel bereichert worden, das eine ausserordentliche Harn-
sftureausschwemmung herbeifflhrt, nftmlich die von Nico-
laier und Dohrn eingefGhrte Phenylchinolinkarbonsfture,
das Atophan. Schon beim Gesunden sieht man nach
seiner Einuahme die Entleerung eines von Uraten stark
getrfibten Urins. In noch viel grOsserem Umfange ist das
der Fall, wo der Kbrper, wie bei der Gicht, erhebliche
Harnsfturedepots enthSlt. Wenn nun dem Atophan zweifel-
los eine ganz exzessive Wirkung auf die Harnsftureausfuhr
zugeschrieben werden muss, so lautet die weitere Frage:
Was leistet es bei der Behandlung der Gicht? Hier kann
ich nun nicht ganz in das Loblied der Beobachter ein-
stimmen, die es beim typischen akuten Gichtanfall als
dem Colchicum Gberlegen oder mindestens gleichwertig
hinstellen. Wfthrend das Colchicum in richtiger Dosierung
und geeigneten Pr¶ten mich eigentlich beim akuten
Gichtanfall so gut wie niemals im Stiche gelassen hat,
haben sich doch etwa ein Drittel der Fftlle dem Atophan
gegenftber als refraktftr erwiesen oder nur eine geringe
Milderung der EntzGndungserscheinungen und Schmerzen
gezeigt. Dagegen habe ich es ausserordentlich wirksam
gefunden in denjenigen Fallen chronischer Gicht, wo es
zu keinem typischen Anfall mit akuten EntzGndungs*
erscheinungen kommt, sondern wo die Kranken durch
Schmerzen in den verschiedensten Gelenken, daneben aber
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Arthritis urica.
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auch durch Myalgien und Neuralgien auf gichtischer Basis
geplagt werden. Hier scheint es direkt auch diagnostischen
Wert zu baben und ist jedenfalls den anderen antirheu-
matischen und antineuralgischen Mitteln, wie dem Aspi¬
rin usw., bei weitem Qberlegen. Daneben habe ich wieder-
holt unter dem Atophangebrauch ein deutliches Zurtick-
gehen der sichtbaren Harnsauredepots in Form der Tophi
beobachtet. Jedenfalls besitzen wir im Atopban ein Mittel,
das praktisch wertvoll ist, das aber auch theoretisch durch
seine bis jetzt ganz eigenartige Wirkung auf die Harn-
sftureausfuhr Interesse erwecken muss. Bezuglich seiner
Dosierung sei noch bemerkt, dass ich wahrend des akuten
Anfalls 2—3 g, in den anfallsfreien Intervallen 1,5 g pro
Tag in Einzeldosen von 0,5 g verwende. Ueber eine
Wocbe bintereinander habe ich die Anwendung nie fort-
gesetzt, niemals aber auch nur den geringsten Schaden,
speziell keine unangenehmen Erscheinungen von seiten des
Magens, Darms oder des Zirkulationsapparates, auch bei
geschw&chten Individuen, beobachtet. Aber sowohl die
Beschr&nkung der Harns&urebildung durch die Nahrung
als auch die Ausfuhr der bereits gebildeten Harnsfture er-
scheint doch nur als eine symptomatische Therapie. Das
Ziel, das wir erslreben, soweit die Harnsaure in Betracht
kommt, namlich die dauernde Herabsetzung des Harn-
saurespiegels im Blute beim Gichtkranken auf einen mOg-
lichst niedrigen Stand oder die g&nzliche Beseitigung der
Harnsaure im Blute, wird dadurch nicht erreicht. Hier
haben nun die Bestrebungen von His und seinen SchQlern
(Gudzent, Lbwenthal) mit Erfolg eingesetzt. Wir
sahen oben, dass nach den Feststellungen von Gudzent
das Blut des Gichtkranken eine fibersattigte Losung von
Mononatriumurat darstellt, und zwar in einer stabilen
Form, die aus der isomeren, labileren und Iftslicheren
Form infolge noch nicht aufgeklSrter Verhaltnisse her-
vorgeht. Bei dem Suchen nach Mitteln, diesen Ueber-
gang zu verhindern, fand nun Gudzent, dass wir in
einem Zerfallsprodukt der Radiumemanation, namlich dem
Radium D., ein Mittel besitzen, das zunachst im Rea-
genzglas das Mononatriumurat in l&slichere Substanzen
umwandelt. Aber auch im Tierexperiment (Fofanow)
lost die Radiumemanation das unter die Haut gespritzte
Mononatriumurat und fQhrt ohne die reaktiven Entzbn-
dungserscheinungen, wie sie bei alleiniger Injektion von
Mononatriumurat beobachtet werden, zum Yerschwinden
des harnsauren Salzes, allerdings unter heftiger Nekrose
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Original frn-rri
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der Gewebe, die durch die toxischen Eigenschaften des
gelOsten Mononatriumurates zustande kommt. Diese Wir-
kung des Radiums D. ist nun auch fttr den menschlichen
Organismus nutzbar zu macben. Wie Gudzent gezeigt
hat, verschwindet unter konsequent fortgeffihrter Radium-
behandlung in der fiberwiegenden Mebrzahl der Ffille von
Gicht die vorher reichlich vorhandene Harnsfiure aus dem
Blute. Und auch auf anderera Wege lasst sich der Nack-
weis ffihren, dass die Radiumemanation die Stfirungen des
Purinstoffwechsels, die den charakteristisohen Befund bei
der Gicht bilden, im einzelnen Falle wieder zur Norm
zurfickzufflhren vermag: Die Yerschleppung in der Aus-
fuhr exogen zugefQhrten purinhaltigen Materials, die vor
der Radiumbehandlung zu konstatieren war, machte nacli
der Behandlung normalen Ausscheidungsverhfiltnissen Platz.
Die Bedingungen fOr die Radiumemanationswirkung sind
am gfinstigsten, wenn das Radium eingeatmet wild. Ob
das zweckmfissig nur in sogenannten Emanatorien geschieht,
d. h. in besonders eingerichteten Kammern, in denen der
Organismus sich in einer Atmosphfire von konstantem
Emanationsgehalt befindet (Gudzent), oder schon ein-
fachere Inhalationsapparate genfigen, ist bis jetzt noch
nicht mit Sicherheit zu entscheiden, jedenfalls aber mehr
eineFrage der Technik als des Prinzips. Weniger wirksam
als die Einatmung erweist sich die Radiumtrinkkur; ganz
unwirksam auf den Harnsfiuregehalt des Blutes scheinen
sich Radiumbfider zu verhalten. Endlich sind auch In-
jektionen von lfislichen Radiumsalzen in die Umgebung
der erkrankten Gelenke empfohlen worden. Die Zeit seit
Inaugurierung der Radiumbehandlung ist natfirlich noch
viel zu kurz, um bereits ein abschliessendes Urteil fiber
ihren Erfolg zu gewinnen. Eines ist sicher, und das wird
auch von His und Gudzent, denen wir ihre methodische
Einffihrung verdanken, ohne weiteres zugegeben: Die kli-
nische Besserung lifilt mit dem Yerschwinden der Harn¬
sfiure aus dem Blute nicht immer gleichen Schritt. Der
EfFekt der Befreiung des Blutes von Harnsfiure wird in
den meisten Ffillen erreicht. Aber His berichtet fiber
Falle, und auch ich habe das zweimal beobachtet, in denen
das Blut wohl sehr rasch unter dem Einflusse der Radium-
emanation seinen Harnsfiuregehalt verlor, aber trotzdem
die Anffille mit unverfinderter Heftigkeit anhielten. Und
auch das Umgekehrte wird beobachtet: refraktfires Ver¬
halten der Harnsfiure im Blute gegenfiber der Radium-
emanation und trotzdem deutliche Besserung aller gichtischen
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Original frn-rri
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Arthritis urica.
Erscheinungen. Will man eine Erklftrung fflr dies ver-
schiedene Verhalten versuchen, so kann sie fOr die letzteren
Fftlle wohl nur darin liegen, dass eben doch die Harn-
s&ure nicht der Angelpunkt ist, um den sich alles bei
der Giebt dreht. Und far die ersteren hat schon His
darauf hingewiesen, dass die rasche LSsung des harnsauren
Natriums toxisch far die Gewebe wirkt und zu EntzQn-
dungserscbeinungen fahrt. Wir erwfthnten bereits die Yer-
suche yon Fofanow am Tier, die dies schlagend beweisen,
wo unter dem Einflusse der Radiumemanation die Aufldsung
der harnsauren Salze mit heftigen Nekroseerscheinungen
einberging. Damit stimmt auch Qberein, dass nach Gud-
zent bei dem grdssten Teil der bebandelten Gichtf&lle in
den ersten Tagen der Radiumkur Gichtanfftlle auftraten,
auch wenn der Pat. bis dahin jahrelang davon befreit
war. Ich selbst habe das abrigens nur in einem geringen
Prozentsatz der Fftlle beobachtet. Selbstverstftndlich muss
man aber die Pat. auf diese MOglicbkeit aufmerksara
machen, damit sie nicht schon im Beginn der Behandlung
den Mut verlieren. Was nun den klinischen Erfolg der
Radiumbehandlung betrifft, so habe ich bis jetzt in keinem
einzigen der dieser Therapie unterzogenen Fftlle
.ein vOlliges AufhOren der gichtischen Erscheinungen
gesehen. Ich habe aber doch den Eindruck gehabt, dass
die Intervalle zwischen den einzelnen Attacken lftnger
waren als sonst, und die Pat. haben fast stets angegeben,
dass nach einer Radiumkur die Anfftlle milder und rascher
verliefen als vorher. Besonders auffftllig war das sub-
jektive Woblbefinden, das alle Pat. als unmittelbare Nach-
wirkung der Kur angeben. In einzelnen Fftllen war auch
unter der Behandlung ein Kleinerwerden der gichtischen
Tophi unverkennbar. Betonen mbchte ich, dass ich nach
den von His aufgestellten Indikationen nur solche Fftlle
der doch immerhin langwierigen und far die Pat. mit
Zeit- und Geldopfern verbundenen Kur unterzogen habe,
bei denen es noch nicht zu erheblichen knOchernen und
Gelenkverftnderungen gekommen war. Von der Injektion
ldslicher Radiumsalze, wie sie allein oder als UnterstQtzung
einer Emanationskur in diesen verzweifelten Fftllen emp-
fohlen worden ist, habe ich nie auch nur den geringsten
Erfolg gesehen. Die Dauer einer einmaligen Emanations -
kur habe ich gewOhnlich auf 30 Sitzungen bemessen.
Wo es mdglich ist, sollte man also die Emanationskur,
eventell verbunden mit einer Radiumtrinkkur, versuchen.
Immerhin sind die Resultate, wenn auch anscheinend den
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mit anderen Methoden bisher gewonnenen Oberlegen, docb
noch nicht so sinnfallig, dass sie alle anderen therapeu-
tischen Bestrebungen Gberflussig machen kOnnten. Und
da ist es eigentlicb folgerichtig, dass man, nachdem man
als das schadigende Produkt das harnsaure Natrium er-
, kannt bat, nunmehr nicht nur der Harnsaure allein, son-
dern auch der anderen Komponente, dem Natrium, anfftngt
- Bedeutung zu schenken. Es ist das Verdienst von S. Cohn,
in dieser Wochenschrift 1911, Nr. 10 experimentell ge-
zeigt zu liaben, dass zur Ablagerung des Urats in den
Geweben eine Vermehrung des Natriums gehbrt. Um-
gekehrt verhindert ein Uebermass an Kalisalzen die Bil-
dung des harnsauren Natriums, wahrend ein Minus daran
sie befbrdert oder wenigstens nicht verhindert. Inwiefern
aus diesen interessanten .Ergebnissen auch therapeutische
SchlQsse zu ziehen sind und neben dem Puringehalt der
Nahrung ihr Kalireichtum von Bedeutung ist, worauf eben-
falls S. Cohn hinweist, darQber fehlen vorl&ufig noch
Erfahrungen. Die angebliche bessere Ldsungsfahigkeit der
harnsauren Salze sollte auch durch die traditionelle Al-
kalitherapie der Gicht herbeigefGhrt werden. Die Fort-
schritte der physikalischen Chemie haben mit dieser An-
schauung aufgerftumt. Durch His und Paul ist gezeigt
worden, dass gerade im Gegensatz zu den frQheren Mei-
nungen durch eine Vermehrung der Na-Ionen des Blutes,
selbst wenn sie mbglich ware, die Losungsbedingungen
fQr die Harnsaure sich nicht verbesserten, sondern sogar
verschlechterten. Und auch die kleinen Mengen von Ka-
lium oder Lithium, mit denen wir das Blut etwa anreichern
kbnnten, kommen nach dem Gesetze der physikalischen
Massenwirkung gegenhber den Na-Ionen nicht wesentlich
in Betracht. Trotzdem wGrde es den tatsachliehen Er¬
fahrungen widersprechen, wollte man, wie dies von einigen
Seiten jetzt geschieht, die gfinstigen Wirkungen der alka-
lischen Mineralwasser bei der Gicht vbllig leugnen. Nur
darf man den Nutzen nicht in irgendwelchen Effekten auf
die Harnsaurelbsung suchen. Aber zweifellos ist die bessere
DurchspQlung der Nieren, die Beeindussung von beglei-
tenden Affektionen des Magendarmkanals durch eine Kur
in den geeigneten Badeorten, in einzelnen Fallen oft von
Erfolg auch auf den gichtischen ProzesS. Warnen mbchte
ich Sie nur vor der kritiklosen dauernden Anwendung
der zahlreichen auf den Markt gebrachten Mittel, die an-
geblich die Alkaleszenz des Blutes und der Gewebe er-
hbhen sollen. Musste eine Besprechung der Theorie der
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192
Arthritis urica.
Gicht noch vor wenigen Jahren ausffihrlich auf sie ein-
gehen, so kfinnen wir uns heute summarisch mit der Be-
merkung begnfigen, dass die Theorie ihre Anwendung
kontraindiziert, die Praxis zum mindesten nichts zu ibrer
Empfehlung beizubringen vermag. Der Wandel in den
therapeutischen Anschauungen dokumentiert sieh am besten
dadurch, dass gegenfiber der Alkalitherapie durch Falken-
stein die Behandlung der Gicht mit S&uren, speziell
grossen Dosen von Salzs&ure (50—100 Tropfen pro die),
eine gewisse Bedeutung erlangt hat. Theoretische Be-
rechtigung kann man dieser Therapie nicht mehr abstreitcn,
seit nachgewiesen ist (Van Loghem, Silbergleit), dass
kfinstliche Ablagerung von Uraten durch Alkaligaben be-
fordert, durch Salzsaure dagegen gehemmt wird. Darum
mag man in alien Fallen, in denen keine Hyperaziditat
besteht, diese Therapie wohl anwenden. In die enthusia-
stische Empfehlung des Begrfinders vermag ich nicht ein-
zustimmen. Eklatante Erfolge, die die Wirksamkeit klar
beweisen, habe ich nie gesehen, aber doch Besserungen,
und die absolute Unschadlichkeit des Mittels in alien
Zustanden von normaler oder mangelhafter Azidit&t des
Magensaftes rechtfertigt sicherlich einen Versuch damit.
Dass man fiber alien den neuen Methoden die empirisch
I angst erprobte Anwendung der verschiedenen physikaliscLen
Heilverfahren nicht ausser acht lassen wird, bedarf keiner
eingebenderen Darlegung. Speziell ffir die Anwendung
lokaler W&rmeapplikationen um die Gichtherde haben die
neuen Untersuchungen auch eine experimentelle Unterlage
gewahrt. Wie wir durch His wissen, spielt bei der Re¬
sorption der Harnsaure aus den Uratherden die Ansamm-
lung von Leukozyten in der Umgebung des Herdes eine
wichtige Rolle. Die kfinstliche Erregung einer Phago-
zytose um die befallenen Gelenke scheint den natfirlichen
Heilungsvorgang nachzuahmen und zu beschleunigen. Im
Einklang damit lehrt auch die klinische Erfahrung, dass
im allgemeinen lokale wfirmeerzeugende Manipulationen
bei Gichtkranken besser vertragen werden als die An¬
wendung der Kalte. Noch ein Wort fiber die Behandlung
des akuten Gichtanfalles. Von alien empfohlenen Mitteln
hat sich hierbei kein einziges so bewfihrt wie das Gol-
chicum. So wenig es sich ffir chronischen Gebrauch
eignet, so wenig ist es — wenigstens nach meiner Ueber-
zeugung — in einem schweren Anfalle selbst durch irgend-
ein anderes Pr¶t zu ersetzen. Beschr&nkt man es
hierauf, so massen auch die Bedenken gegen seine An-
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Arthritis urica — Cholelithiasis — Fissura ani.
193
wendung schweigen, zumal wir es heute in wirksamer und
dosierbarer Form verordnen kOnnen. Am meisten empfiehlt
sich, das Colchicin Merck oder Colchicin Houde, in Dosen
zu 0,001, 4—6 Pillen innerhalb zwei Stunden, zu nehmen.
Bei dieser Applikation habe ich niemals Schaden, dagegen
so gut wie stets einen vollen Erfolg gesehen.“
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 61.)
Cholelithiasis. Mein© Erfahrungen bei der Behandlnng
der Ch. Yon Dr. P. Use (Issum). Autor hat Chologen
mit gOnstigem, ja oft mit aberraschendem Erfolge ange-
Wandt. (Klinisch-therap. Wochenschrift 1911 Nr. 29.)
I
— Ch. nnd Chologen. Yon Dr. Berg (St. Johannes-Hospital in
Dortmund). Auf Grund seiner Erfahrungen kommt Yerf.
zu folgenden Schliissen: Das Chologen erhbht das LOsungs-
vermdgen der Galle far Cholesterine und besitzt eine des-
infizierende und gallentreibende Wirkung. Prophylaktisch
angewandt, verhQtet es die Ausffillung kolloider und kri-
stalloider Substanzen in den Gallenwegen. Therapeutisch
1st es besonders wirksam in der Bek&mpfung der Initial-
stadien der Gallensteinkrankheit. Es beseitigt entzQndliche
Erscbeinungen in den Gallenwegen und l&sst kleinere Steine
in den Darm abwandern. Sind die Steine grosser, so
lasst sich nur das „Stadium der Latenz u erreichen.
(Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 51.)
Fissura ani. Zur Therapie rektaler Erkranknngen. Yon
Dr. Kretschmer. (Aus der Poliklinik far Magen- und
Darmkrankhelten von Prof. Albu in Berlin.) „In Bd. 16
H. 5 des Archive far Verdauungskrankheiten hat Wyss
das Cykloform als Anasthetikum zur rektalen Applikation
in Form 20proz. Salbe und Suppositorien empfohlen.
Die geringe Lbslichkeit dieses Mittels und demzufolge seine
geringe Toxizitat macht es fOr diese Anwendungsart tat-
s&chlich auch hOchst geeignet. Schreiber dieses bat es
fbr denselben Zweck, um gleichzeitig die entzandliche
HyperSmie und den qualenden Juckreiz zu bekOmpfen,
die Epithelialisierung von Erosionen anzuregen, mit Adre-
naliu, Balsamum peruvianum und Coryfin (einem Menthol-
ester) gleichfalls in Form von Salben und Suppositorien
kombiniert und damit bei geeigneten Fallen gbnstige
Resultate erzielt. Besonders bewShrt sich diese Kombi-
nation in der Behandlung der F. a., als Unterstatzung der
Aetzung mit Argentum nitricum, die bei vorheriger Appli-
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194 Fissura ani — Intoxikationeu.
kation der Salbe vollkommen schmerzlos ist. Die Salbe
ist bei der Mehrzahl der Fit lie, bei denen der Sitz der
Affektion der Auus oder das Sphinktergebiet ist, empfehlens-
werter, da Suppositorien besonders bei Sphinkterspasmus
cntweder gar nicht den Sphinkter passieren oder sofort
in die Ampulla recti gelangen, und damit in ein Gebiet,
in dem die Applikation gar nicht beabsichtigt ist. Die
Konsistenz der angegebenen Salbe ist gerade so, dass sie
sowohl in eine dazu geeignete und daffir besonders ange-
fertigte Spritze aufgezogcn und mitt els dicser oder auch
mit einem Glasstab oder dem Finger appliziert werden
kann. Die Spritze besitzt eincn flexiblen, auskochbaren
Ansatz mit mehreren gleichm&ssig verteilten Austritts-
bffnungen, wodurch die Salbe fein verteilt auf die er-
krankte Schleimhaut gelangt. Salbe, Suppositorien und
Spritze kommen unter dem patentamtlich geschOtzten
Namen „Cyclorenal u in fertiger Form in den Handel.
(Hersteller: Schafer’s Apotheke in Berlin.) 41
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 48.)
Intoxikatiowen. Prochownik (Posen): Ein t&dlich ver-
lanfener Fall ▼on Naphthalinvergiftnng. Ein sechs-
jahriger Knabe bekam von P. wegen Oxyuren zehn Naph-
thalinpulver zu 0,25 g verordnet, mit der Anweis.ung, an
zwei aufeinander folgenden Tagen je vier Pulver und dann
Rizinusol zu nehraen. Am 17.^M8.rz wurde P. nachts zu
dem Enaben gerufen; er batte am 15. und 16. Marz je
vier bzw. drei von den Pulvern erhalten. Die fibrigen
drei waren leider verbrannt, so dass eine Nachpr&fung
des Medikaments nicht mftglich war. Der Knabe hatte in
der Nacht gebrochen, war schwer zu ermuntern und warf
sich unruhig hin und her. Der Puls war regelmassig,
ziemlich kraftig, 10O pro Minute. Die Milz war deutlich
vergrOssert und palpabel. Da das Rizinusdl nur sehr un-
vollkommen gewirkt hatte, riet P., einen Einguss zu machen.
Als er den Knaben am Morgen wiedersah, del sofort eine
gelbliche Verfarbung der Skleren und der Haut auf. Der
allgemeine Zustand hatte sich sehr verschlimmert. Er f
reagierte erst auf mehrfachen Anruf. Der Puls war klein
und frequent, die Atmung sehr beschleunigt. Eine noch-
malige DarmspOlung fOrderte reichlich feste. Kotmassen,
die mit den typischen Naphthalinplattchen durchsetzt waren,
zutage. Der Urin wurde haufig und sparlich entleert und
erinnerte in seiner Farbe an Kirschsaft. Er dunkelte beim
Stehen stark nach. Er enthielt beim Kochen viel Eiweiss,
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Intoxikationen.
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195
das in schaumiger Masse an die Oberflkehe stieg. Das
Sediment bestand fast ausschliesslich aus br&unlichen
amorphen Massen; vereinzelt fanden sich Scbatten roter
Blutkftrperchen. Prof. Hess, den P. zuzog, stellte im Urin
die Anwesenheit von Oxyhfimoglobin und MethSmoglobia
fest. Exzitantien, Kochsalzinfusionen sowie Sauerstoff-
inhalationen zeigten keine Wirkung, so dass der Enabe
in der Mittagsstunde unter den Erscheinungen der Herz-
labmung und Atemnot verscbied. Die Sektion ergab
ziemlich grosse persistierende Thymus, Milz- und Leber-
schwellung, geschwollene MesenterialdrOsen. Die paren-
cbymatOsen Organe waren trilb geschwellt und dunkel ver-
farbt. Die Blase enthielt, trotzdem sie nach dem Tode
entleert worden war, noch reichlich hamoglobinhaltige
Flflssigkeit. Die verabreichte Dosis von 1,75 g in zwei
Tagen lag innerhalb der meisten Vorschriften. Man kftnnte
daran denken, ob nicht das Rizinus im vorliegenden Falle
mehr als Losungsmittel denn als Abfahrmittel gewirkt
hat und so eine unverh<nism&ssig grosse Menge Naph-
thalin, das in Fetten und Oelen leicht Idslich ist, zur
Resorption brachte. Jedenfalls wird es ratsam sein, an
Stelle des Naphthalins ungef&hrlichere Praparate bei Wurm-
kranken anzuwcnden. (Therap. Monatehefte, August 1911.)
— Em Fall von Adalinvergiftung. Yon Dr. Eduard v. Hueber
in Salzburg. „Frau N. N., 32 Jahre alt, gesund, nabm
am 24. Oktober 1911 urn '^4 12 Uhr vorm. und l l° Stunde
spiiter je zehn und acbt Taoletten Adalin, zusammen also
18 Tabletten a 0,5 g in kaltem Wasser angerdhrt. Ich
wurde um 1 /a 2 Uhr nachm. gerufen, eilte um meinen
Magenschlauch nach Hause und versuchte um 2 Uhr den
Magen auszuhebern. Mangels Assistenz und wegen ab-
soluten Kieferwiderstandes der sonst vollkommen schlappen,
fast ganz besinnungslosen Pat. gelang dies nicht. Ich
toachte die Kranke ins Bett zurQck; ausser der regel-
mSssigen Atmung blieb sie absolut regungslos. Ich ver¬
suchte unter den iiblichen Kautelen nun Rizinusol ein-
zufldssen, was in kleinen Portionen gelang, gab um 4 Uhr
50 g Aq. lax. Vienn. und setzte um 6 Uhr ein Seifen-
klysma von l'/a Liter; diese Mittel hatten denn bis zum
nachsten Morgen 9 Uhr 3 sehr starke Entleerungen zur
Folge. Pat. schlief nun, ohne dass es gelang, ein Reak-
tionszeichen zu erlangen, bis zum Mittag des 25. Oktober,
von da ab schlug sie auf Anrede und Rbtteln die Augen
auf, blickte ins Leere, ohne jemand zu kennen, und ver-
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Intoxikationen.
fiel sofort wieder in Sclilaf. Erst gegen Abend, also
nach 29—30st0ndigem Schlafe, schlug sie die Augen auf,
erkannte die Angehfirigen und nahm Essen und Trinken
an. N&chsten Morgen war sie vollkommen bei Bewusst-
sein, konnte sich jedoch nicht rfihren, da s&mtliche
Muskeln, mit Ausnabme derer der Beine, auch auf Be-
rfihrung, heftig schmerzten; das war auch am 28. noch
der Fall. Der, eifrig verfolgte Puls hatte sich weder
nach Frequenz noch Starke oder Rhythmus irgendwie
bemerklich vermindert, die Atmung war stets ruhig, die
Pupillen mittelweit beweglich. Der Harn ist frei von
Eiweiss und Zucker. Ein Exzitationsstadium hat nicht
Stattgefunden. (Miinch. med. Wochensohr. 1911 Nr. 50.)
— Adalin bei Entziehung von Morphium und AlkohoL Von
Ob.-A. Dr. O. Juliusburger (Kurhaus Lankwitz-Berlin).
Seit Jahren gibt Autor bei der Entziehung von Morphium
keinerlei alkoholische. GetrSnke und beugt einem etwaigen
Eintreten von Herzschw&che durch frQhzeitiges Darreichen
von Digalen vor. Er hat die feste Ueberzeugung ge-
wonnen, dass die Entziehung von Morphium ohne Ver-
abfolgung alkoholischer Getrftnke leichler und ohneZwischen-
falle von Kollapszus't&nden durchgeffihrt werden kann.
Seit lfingerer Zeit hat Autor die Entziehung von Mor¬
phium so gehandhabt, dass er dem Kranken von Anfang
an Trional gab, und zwar mehrere Tagehindurch amliebsten
in kleinen Dosen, um^iebekanntekumulierende Wirkungdes
Trionals zu erreichen. Je schneller es gelingt, den Kran¬
ken in die voile und fiber einen Zeitraum sich haltende
Trionalwirkung zu bringen, urn so leichter vollzieht sich
in ganz kurzer Zeit, zumeist in zwei bis drei Tagen, die
Entziehung des Morphiums.. Konsequente Bettruhe ist
dabei selbstverstfindlich. Prolongierte warme Bader wirken
daneben sehr gut. Nun hatte bereits Finckh Adalin in
Kombination mit anderen Mitteln gegeben und namentlich
die gleichzeitige Darreicbung von Adalin und Paraldehyd
empfohlen. Verf. verband Adalin mit Trional und konnte
dadurch eine raschere und intensivere Wirkung erreichen
als bei der einfachen Anwendung von Trional. Im Ver-
folg der Entziehungskur zeigte sich das Adalin ausser-
ordentlieh brauchbar zur Bekfimpfung der l&stigen Un-
ruhezustande und qu&lenden Organgeftthle. Die Kom¬
bination von Adalin mit Trional oder Veronal oder Medin&l
erwies sich als sehr zweckm&ssig, um die bartnftckige
Schlaflosigkeit der Morphiumkranken zu bekfimpfen.
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lotoxikationeD.
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Schliesslich genOgte auch Adalin allein. Ueber die 'so-
fortige Entziehung des Alkohols bei Alkoholkranken diirfte
keine Meinungsverschiedenheit herrschen. Es empfiehlt
sich, bei Bettruhe von vornherein Digalen zu geben, um
einer etwa einsetzenden Herzschw&che vorzubeugen. Verf.
erwies sich das Adalin als sehr geeignet, neben Bader-
bebandlung die Angst- und Unruhezustftnde sowie die
Schlafstbrungen mancher Alkoholiker gQnstig zu beein-
flussen. (Deutsche med. Wochenschr. 1911 Nr. 43.)
Ueber Adalinwirkung schreibt Dr. W. Fromm (Zillerthali. R.):
„Einer 54jahrigen, sehr dekrepiden Frau, welche mich
einige Wochen nach der Operation eines Mastdarmkrebses
wegen allgemeiner Schw&che, Schmerzen und Schlaflosig-
keit konsultierte, verordnete ich das als mildwirkend und
harmlos empfohlene Adalin in Tabletten a 0,5 g mit der
Weisung, abends eine Tablette in warmer FlQssigkeit
gelost zu nehmen. Die Wirkung war gQnstig. Wenige
Tage darauf versuchte die Frau in einem Depressions-
zustande infolge ihres Leidens, sich mit Hilfe des ihr
uberlassenen Mittels das Leben zu nehmen. Sie nahm
abends gegen 9 Uhr neun Tabletten Adalin a 0,5 g in
kaltem Wasser gelost. Am folgenden Tage fand man die
Frau vormittags gegen 10 Uhr in sehr miidem, schl&frigem
Zustande im Bett. Sie soil die ganze Nacht ruhig ge-
schlafen haben. Icb sah die Pat. nachm. gegen 3 Uhr.
Sie klagte iiber allgemeine schwere, bleierne Mftdigkeit,
Susserte sonst aber keinerlei Beschwerden; kein Benommen-
heitsgefiihl, kein Schwindel, keine Uebelkeit. Das Sen-
sorium war vollkommen frei, das Ausseben der Frau war
unverandert, Atmung und Pulszeigten normales Verhalten,
die Pupillenreaktion war prompt, an den Qbrigen Organen
kein krankhafter Befund. Erbrechen war nicht aufge-
treten, Urin war -entleert, Stuhl angehalten. Die weitere
Beobachtung erfolgte im Krankenhause, wo sich die Pat.
nach Verlauf einiger Stunden von ihrer MQdigkeit er-
holte. In den folgenden Tagen und Wochen (Pat. blieb
wegen ihres Mastdarmleidens im Krankenhause) konnte
objektiv und subjektiv keinerlei krankhafte Ver&nderung,
die als Folge einer AdalinvergiftuDg aufzufassen ware,
festgestellt werden. Dieser Fall spricht fiir die Unschfid-
lichkeit des Adalins, das selbst in der grossen Dosis von
4,5 g bei einer an und fiir sich stark geschw&chten,
kachektischen Person keine schadlichen Folgen ver-
ursacht hat. (Deutsche med. Wooheuschrift 1911 Nr. 45.)
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Intoxikationen.
— M. Wichura (Heilbronn). Zur Toleranz des Sauglings fftr
Morphitun: Dreimonatiges Taglohnerkind, stets kQnstlich
genShrt, leidet seit einigen Wochen an Stdrungen in der
Ernahrung, grosser Unrube und fast t&glich auftretenden
Krftmpfen. Befund: Gewicht 4600 g, blass, ziemlich
kraftige Muskulatur, massiges Fettpolster. Belegte Zunge,
aufgetriebener Leib, Fettseifenstuhk Keine Zeicben von
Rachitis. Chvostek + +, Trousseau + +. Wahrend seines
ersten Besucbes konnte W. einen schweren Kraropfanfall
, (Aufhebung des Bewusstseins, tonische Starre der Mus¬
kulatur, Stimmritzenkrampf, Atmungsstdrung mit Zyanose)
beobachton. Ordination: Darmentleerung, Teediat, zwei-
mal taglich 0,4 Chloralhydrat. — Nacht ruhig. Nach
fast 24stfindiger Teediat gibt der Vater dem Kinde irr-
. tGmlich statt der verordneten Chloralhydratlbsung einen
balben Teeloffel (nach der ersten Aussage sogar einen
ganzen Teelbffel) einer fOr die Mutter bestiramten l°/oigen
Morphiumlosung. Wenn man den Inhalt eines Teeloffels
zu mindestens 4 g rechnet, so hat das Kind also mindestens
2 eg (0,02) Morphium erhalten. Das kurz vorher noch
lebhafte Kind schlief sofort ein. Erst eine Stunde spater,
als der Mutter die ganzliche Bewusstlosigkeit und die
starren Augen auffielen, wurde die Verwechslung der
Medikamente bemerkt. Hinzugerufen, fand W. das Kind
jnit leicht gerbtetem Gesicht, ganzlich bewusstlos, ohne
jede Reaktion, mit stark vereagten, reaktionslosen Pupillen.
Spasmen in der Muskulatur. Atmung regelmassig, niclit
erkennbar verandert, von leichtem Rasseln begleitet. Puls
gut gefQllt, regelmassig, 80—90. Nach reichlicher Magen-
sptilung wurde die Anwendung Ofterer Hautreize und die
Eingabe kleiner Mengen schwarzen Tees verordnet. Die
Mutter fiihrte in ihrer Kopflosigkeit diese Verordnungen
nicht aus, sondern liess das Kind, nach einem vergeb-
lichen Versuch, dem Kinde Tee beizubringen, ruhig liegen.
Vier Stunden nach Eingabe des Morphiums sah W. das
Kind . wieder. Tiefes Koma; die Atmung vertieft und
unregelmassig, begleitet von reichlichen stertorOsen Ge-
rkuschen. Die frQhere Rbtung des Gesichtes hatte einer
ziemlichen Blasse Platz gemacht; Anfalle von Zyanose
traten auf, bedingt durch die gestbrte Atmung. Puls
kleiner, doch gut zu fOhlen, 90. Starre Pupillen, be-
ginnende Konjunktivitis. Durch kdnstliche Atmung, ener-
gische Hautreize und Injektion von 0,1 Koffein besserte
sich der Zustand etwas. Wahrend der nachsten Stunden
wurden die dann gegebenen Verordnungen (haufiger Lage-
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Intoxikationen — Paralysen.
199
wechsel, Hautreize, Wfirmeflaschen, Tee) anscheinend be-
folgt. Zirka neun Stunden nach Eingabe des Giftes soil
das Kind sebr kalt geworden sein, drei Stunden sp&ter
nabm das Kind freiwillig etwas Tee, desgleichen nach
weiteren zwei Stunden. In gleicber Zeit bemerkte die
Mutter starken Schweissausbrucli. Ale W. dann (16 Stunden
nach Einnahme des Medikamentes) das Kind wieder sah,
war es zwar noch sehr matt und schlafrig, doch ohne
erkennbare BewusstseinstrQbung. Die Pupillen waren
mittelweit und reagierten wieder auf Lichteinfall. Es er-
folgte ein dOnner Stublgang. Erbrechen war w&hrend des
ganzen Verlaufes der Vergiftung nicht aufgetreten. Am
n&chsten Tage war das Kind vollkommen munter; es be-
stand noch eine m&ssige BroBchitis. Der Fall zeigt, dass
die fQr das S&uglingsalter angenommene geringe Toleranz
fQr Morphium nicht immer vorhanden zu sein braucht.
Im vorliegenden Falle hat das erst '/'tj&hrige Kind mindestens
das 20fache der nach dem ersten Lebensjahre Qblicl|gn
Dosis erbalten und die Vergiftung verh<nismSssig gut
Oberstanden, was wohl nicht nur der erst nach reichlich
einer Stunde erfolgten Magenspulung gutgeschrieben werden
kann. Das Kind war ja ausserdem durch die vorher-
gegangenen haufigen Krfimpfe und die Ern&brungsstdrung
geschwacht, und die Vergiftung erfolgte, wahrend das
Kind sich im Hungerzustand befand und bereits mehrere
Dosen von Chloralhydrat aufgenommen hatte. Ueberhaupt
scheinen W. — auch bei anderen differenten Mitteln —
die ftir junge Kinder angegebenen Maximaldosen sehr
niedrig zu sein. So besonders bezGglich des Kodeins.
W. hat wiederholt beobachtet, dass eine Dosis von 0,02
Codein. phosphor, nicht in der Lage war, bei Kindern von
1—2 Jahren pleuritischen Reizhusten erkennbar zu beein-
flussen. Die Obliche Dosis ist fQr das genannte Alter
0,003—0,01 g. (MttDch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 30.)
Paralysen. Radialislahmong nach Handverletzung als
TJnfallfolge anerkannt. Von Dr. L udwi g Hoffmann
(Stettin). (Aus dem Stettiner mediko-mecbanischen In¬
stitute.) „Der 18jahrige Schlosser W. war am 25. November
1904 mit dem Ausfrasen von Blechscheiben mittels einer
Bohrmaschine beschaftigt. Infolge ungleichen Arbeitens
des Bobrers wurde die Blechscheibe plQtzlich mitgedreht
und die linke Hand des W., die die Blechscheibe festhielt,
wurde stark um den Bohrer berumgezogen. W. musste
mit Anspannung aller Kr&fte die Maschine zum Stehen
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Paralysen.]
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bringen, um nicht die gauze Hand zu verlieren. Gr er-
litt dabei eine Abquetschung des Endglieds des linken
Zeigefingers und eine starke Zerrung des linken Hand-
gelenks. Der sofort konsultierte Arzt versorgte die Wunde
und legte den linken Arm in einen Scbienenverband. Als
der Verband nach 14 Tagen abgenommen wurde, konnte
W. die linke Hand nicht aktiv strecken. 1m Oktober
desselben Jahres, also etwa vier Wochen vorher, hat W.
von einem Gesellen im Streit einen Stich mit einem Stichel-
eisen in die Streckseite des linken Oberarms erhalten.
£8 war eine stark blutende Wunde entstanden, die nach
14 Tagen bcilte, ohne Folgen zu hinferlassen. Der Be-
fund vom 1. Juli 1905 ist folgender: W. ist ein grosser,
schlank gebauter Mann. An seinen inneren Organen ist
nichts Krankhaftes nachweisbar. An der Hinterscite
(Streckseite) des linken Oberarms befindet sich in der
Mitte eine 2 cm lange, 1 cm breite, blaurote, verschiebliche
Narbe. Verdickungen in der Tiefe der Weichteile oder
am Knochen sind nicht zu fQhlen. Am linken Hand-
gelenke selbst ist nichts Krankhaftes zu erkennen, ins-
besondere keine Knochenverdickung. Vom linken Zeige-
finger fehlt das Endglied. Die AuslOsungsnarbe liegt auf
der Kuppe, ist etwas anhaftend, aber nicht empfindlich.
Die Kuppe ist gut gepolstert. Die linke Hand h&ngt bei
erhobenem Unterarme schlaff herunter; W. vermag nicht
die Hand aktiv zu strecken oder seitw&rts zu beugen.
Passiv ist das Handgefenk, wie alle andcrn Gelenke,
normal beweglich. Die Beugung des Handgelenks und
der Finger gelingt auch aktiv, am kr&ftigsten in Supina-
tionsstellung. Die rohe Kraft des Hfindedrucks ist sehr
gut erhalten. Aktive Streckung der Grundglieder der
Finger, Abduktion des Dauraens, Supination des Unter-
arms sind aktiv nicht ausfOhrbar. Ellbogen- und Schulter-
gelenk sind auch aktiv normal beweglich. Auf den fara-
dischen Strom reagieren s&mtliche Beugemuskeln und die
Zwischenknochenmuskein, sowie der dreikSpfige Streck-
muskel am Oberarm (Triceps) gut; die Streckmuskulatur
am linken Unterarm ist weder direkt, noch vom Nerven
aus elektrisch errcgbar. Die Muskulatur des linken Armes
ist etwas abgemagert. Nach dem objektiven Befunde
leidet W., abgesehen von dem Verluste des Endglieds des
linken Zeigefingers, an einer L&hmung des Speichenneiiven
(Nervus radialis). E.r gibt an, dass diese Lahmung durch
den Betriebsunfall vom 25. November 1904 entstanden sei;
vorher habe er von der L&hmung nichts bemerkt. Nach
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Paralysen.
201
den anatomischen Verh<nissen ist indes mit Sicherheit
anzunehmen, dass nicbt die Verletzung der linken Hand
vom 25. November 1904, sondern die Stichverleizung am
linken Oberarme, die vier Wochen frfiher stattfand, die
Ursache der Nervenl&hmung ist. Um ein Krankbeitsbild
wie das oben geschilderte hervorzurufen, muss der Speichen-
nerv oberhalb der Muskeln, die er versorgt, verletzt werden.
Das ist aber durch den Unfall vom 25. November 1904,
der in einer Quetscbung des linken Zeigefingers und
Zerrung des linken Handgelenks bestand, nicht mdglich.
Dagegen ist die Stichverletzung an der Streckseite des
linken Oberarms, die im Oktober 1904 erfolgte, eine
geradezu typische Verletzung, um eine L&hmung des
Speichennerven mit den oben geschilderten Symptomen
zu verursachen. An der Stelle dieser Verletzung verl&uft
n&mlich der Speichennerv diebt auf dem Oberarmknochen
und ist hier gerade Verletzungen sehr ausgesetzt. Der
grbsste Teil der durch Unfall verursachten L&hmungen
des Speichennerven entsteht durch Verletzungen an dieser
Stelle. Dass W.’ die L&hmung erst etwa secbs Wochen
sp&ter, als er bereits einen zweiten Unfall erlitten hatte,
bemerkt hat, widerspricht der oben ausgeffihrten Anschau-
ung durchaus nicht. Es kommt bei derartigen Verletzungen
des Oberarms vor, dass der Nerv zun&chst nicht selbst
verletzt ist, dass er aber wahrend des Heilungsverlaufs so
fest in Narbengewebe eingebettet wird, dass er nicht mehr
leitungsf&hig ist. Auf diese Weise entsteht erst l&ngere
Zeit nach der Verletzung die ausgesprochene L&hmung.
Demnach sind als Folgen des Betriebsunfalls vom 25. No¬
vember 1904 nur der Verlust des Endglieds des linken
Zeigefingers und vielleicht ein Teil der noch vorhandenen
Muskelabmagerung anzusehen. Die hierdurch bedingte
Erwerbsbeschrfinkung sch&tze ich auf 15%. S&mtliche
Qbrigen Krankheitssymptome sind nicht Folge des Unfalls
vom 25. November 1904, sondern der Verletzung vom
Oktober 1904. Die Entscheidung, ob diese Verletzung
als Betriebsunfall anzusehen und zu entsch&digen ist, ge-
hort nicht in den Rahmen des &rztlichen Gutachtens.
Die durch die Folgen dieses Unfalls bedingte Erwerbs-
beschr&nkung sch&tze ich auf 33V3°/o. — Auf Grund
dieses Gutachtens gew&hrte die Berufsgenossenschaft dem
W. eine Rente von 15% und lehnte die Entsch&digung
der durch die Radialisl&hmung bedingten Erwerbsbehin-
derung ab. Der Verletzte legte Berufung ein. Der vom
Schiedsgericht mit der Begutachtung betraute Arzt stellte
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202
Paralysen.
etwa vier Monate spater schon eine wesentliehe Besserung
der Lahmungserscheinungen fest. Ueber die Entstehungs-
ursache der Lahmung ausserte er sich folgendermassen:
„Man kann dem Gutachten des Dr. H. in zwei Punkten
vdllig zustimmen, namlich dass ein Nerv durch Einbettung
in Narbengewebe leitungsunfahig und dadurch die von
ihm versorgten Muskeln gelahmt werden und dass in
diesem Fall eine Verletzung des Speicbennerven an der
Stelle des Oberarms, an der sich die Narbe von der ersten
Verletzung befindet, die Lahmung erklfiren wQrde. Gegen
die auf diesen beiden Tatsachen aufgebaute Annahme,
dass der unverletzte Nerv ohne Wirkung des Unfalls vom
25. November leitungsunfiihig geworden eei, sprechen
folgende Tatsachen:
1. Am 20. November hat der behandelnde Arzt nichts
von einer Lahmung gemerkt und der Verletzte nichts
davon gesag't.
2. Der Verletzte konnte kurz vor dem zweiten Un-
falle noch mit der linken Hand ein Sttlck Blech im Wider-
stande gegen den arbeitenden Bohrer festhalten und die
Maschine zum Stillstande bringen.
3. Die Lahmung ist sofort nach dem zweiten Unfall
und nicht erst spater bemerkt worden.
Ich erklare die Entstehung der Lahmung folgender¬
massen: W. musste, um die Maschine zum Stillstande zu
bringen, die Muskeln des linken Armes tibermassig an-
spannen. Dadurch kam es zu einer Zerrung der Muskel-
fasern des Streckmuskels am Oberarme. Bei normaler
Elastizitat des Muskels wQrde diese Zerrung keine Nerven-
lahmung verursacht haben. Nun befand sich aber im
Gewebe des Muskels das von der Stichverletzung her-
rtihrende Narbengewebe, das die Elastizitat des Muskels
beeintrachtigte und den in der Nahe liegenden Nerv um*
wachsen hatte. Es wurde somit eine starke Zerrung des
Narbengewebes und des darin eingebetteten Nerven her-
vorgerufen, die dann eine Lahmung des Nerven zur Folge
hatte. Dieselbe ist deswegen als Folge des Betriebsunfalls
vom 25. November anzusehen und zu entscbadigen. Ich
schatze die Erwerbsbeschrankung zur Zeit des Abschlusses
der Behandlung auf 48 u o, jetzt, da eine wesentliche Bes-
serung eingetreten ist, auf 10%.“ — Auf Grund dieses
Gutachtens erkannte das Schiedsgericht die Radialislahmung
als Folge des Betriebsunfalls vom 25. November 1904 an
und gewahrte dem W. die vorgeschlagenen Rentensatze.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 45 i
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-.Faralysen.
203
— Ein Fall von einseitiger kompletter Ocnlomotoxinsl&hmnng
naehindirektemTrauma. VonSt.-A.Dr.Partenheimer
(KolnerAkademie, Psychiatr.Klinik). Am 5. September 1910
wurde der 25jfihrige Kaufmann A. N. in die Klinik auf-
genommen, nachdem er seit einigen Tagen schwere Ver-
anderungen am linken Auge bemerkt hatte. Die Anamnese
ergab, dass der Pat. aus gesunder Familie stammte, eine
kbrperlich und geistig normale Entwicklung genommen,
ausser Kinderkrankheiten im 18. Lebensjahre Diphtherie
fiberstanden und vor Vh Jahren eine Gonorrboe akquiriert
hatte, an deren Folgen — Striktur -— er zurzeit der Auf-
nahme noch behandelt wurde. Lues wurde bestimmt negiert.
Am 21. August 1910 war er beim Recktumen auf das
Gesfiss gefallen, ohne das der Kopf die Erde bertthrt hatte
und ohne dass sich zunSchst irgendwelche Erscheinungen
I von ErschQtterung des Zentralnervensystems zeigten. Erst
i vier Tage sp&ter traten ziemlich unvermhtelt heftige Kopf-
schmerzen in der linken Stirn- und Schl&fengegend auf,
dia wechselnd bald heftiger bald geringer. waren und die
vom Pat. anf&nglich als Ausfluss einer Magenverstimmung
gedeutet und mit dem fast vergessenen Fall in keinen
Zusammenhang gebracht wurden. Nach weiteren zwei bis
drei Tagen, also sechs bis sieben Tage naeh dem Sturze
vom Reck, beraerkte Pat., dass das linke obere Augenlid
herabhing und selbstt&tig nur noch so weit gehoben werden
konnte, dass eine Lidspalte von etwa 1 U cm resultierte;
dazu traten Doppelbilder auf, und der Kranke hatte das
GefQhl des „Schwimmens vor den Augen w . Der hinzu-
gezogene Arzt Qberwies den Kranken der Klinik. Die
hier vorgenommene Untersuchung ergab: Das linke Auge
ist durch,das herabhUngende obere Lid vSllig geschlossen,
alle Versuche des Pat., das Auge zu offnen, scheitern; der
Augapfel ist leicht vorgetrieben. Nach manueller Offnung
der Lidspalte sieht man, dass der linke Augapfel nach
oben, unten und innen nicht bewegt werden kann und
dass die Pupille grosser ist als die rechte und auf Licht-
einfall und Akkomodation sich nicht zusammenzieht. Die
Konsistenz des Augapfels ist nicht verandert. Pulsation
nicht vorhanden. Das rechte Auge ist in alien Bewegungs-
richtungen frei, zeigt mittelweite, normal reagierende
Pupille. Die kQrperliche Untersuchung ergab an Brust-
und Bauchorganen keine Abweichung von der Norm, die
Herzgrenzen waren regelrecht, die HerztOne rein, die
Schlafenadern waren nicht geschlfi.ngelt, der Radialpuls
war regelm&ssig, von mittlerer Spannung, das Gef&ssrohr
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204
Paralyses.
weich, die Kdrpertemperatur nicht erhdht. Die Lymph*"
drbsen am Hals, oberhalb der Ellenbeuge und in der Leiste
waren nicht vergrdssert, die Haut zeigte keine fleckigen
Narben, die &ussern Geschlechtsorgane liessen Residuen
ilberstandener Syphilis nicht erkennen. Die Beklopfung
des Sch&dels und der Wirbels&ule waren nicht schmerz-
haft, die Halswirbels&ule frei beweglich. Die Untersuchung
des Nervensystems ergab gleichmassige Innervation des
Facialis, keine Beeintr&chtigung der Hdrffihigkeit, kein
Abweichen oder Zittern der Zunge, klare, deutliche Sprache,
keine Stdrungen in der Retlext&tigkeit; Fussklonus, Babinski,
Romberg waren negativ, die Sensibilit&t war nicht gestbrt,
Stigmata hysterica fehlten. Der Augenhintergrund war
auf beiden Augen normal, die Sebkraft auf dem erkrankten
Auge nicht wesentlich herabgesetzt. Das psychische Ver-
halten war unauffallig. — Bei der Deutung des Falles
kamen von vornherein ernstlich nur organische Ver&nde-
rungen in Frage. Als funktionell-nervdse Stdrung kommt
die schlaffe hysterische Ptosis recht selten und meist doppel-
seitig vor. Zwar sind mehrere Fftlle in der Literatur an-
geftihrt, bei denen zum Teil ziemlich pldtzlich, zum Teil
allm&hlich sich nach Traumen eine isolierte schlaffe Ptosis
entwickelte, die rasch nach psychischer Behandlung schwand;
in den meisten F&llen waren auch sonst Zeichen hysterischer
Degeneration nachweisbar; dagegen ist komplette Oculo-
motoriusl&hmung als Ausdruck einer rein funktionellen
Erkrankung nicht beschrieben und auch nicht denkbar.
Von den organischen Erkrankungen kamen vor allem intra*
kranielle Blutungen in Betracht; es musste aber auch an
die Mdglichkeit einer Yerletzung des Stammes des dritten
Hirnnerven, eines Gehirnabszesses, eines Tumors und an
Lues gedacht werden. Gegen letztere sprach das Fehlen
jeglicher positiver Anamnese bei einem absolut glaubwQrdig
erscheinenden Kranken und irgendwelcher Erscheinungen
konstitutioneller Syphilis. Gegen entzhndlichc Prozesse
und Gehirnabszess sprachen das verhftltnism&ssig wenig ge*
stttrte Allgemeinbefinden, die normale Kdrpertemperatur,
die Schmerzlosigkeit bei Beklopfen des Kopfes und der
Wirbelsftule, wie auch die so auff&llige Isolierung der Lfih-
mung des Oculomotorius an sich; gegen Gehirngeschwulst
und Gehirnabszess weiterhin der normale Augenhintergrund,
das Fehlen irgendwelcher Zeichen von Hirndruck, gegen
plbtzlich entstandene Verletzung des Oculomotoriusstammes,
wie sie ja durch Knochenabsprengung bei einer Fissur der
Schftdelbasis wohl denkbar w&re, sprach die Entstehung
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Paralyses
205
der Lahmung erst sechs bis sieben Tage nach dem Trauma.
Am naheliegendsten erschien somit eine intrakranielle
Blutung, und zwar konnte es sich sowohl um Blutungen
in die Gehirnmasse selbst als auch um solche in die Hirn-
haute bandeln. Dass es auch ohne nachweisbare Ver-
letzung des knttchernen Schadels bei Traumen zu Gefkss-
zerreissungen innerhalb dcsselben kommen kann, ist unbe-
strittene Tatsache. Friedrich Schulze erklart dies
Verhalten damit, dass die elastischere Scbadelkapsel eher
dem Stoss nachgeben kann als die weniger elastischen
Arterien und Venen. Die vbllig isolierte Lahmung des
dritten Hirnnerven liess von vornherein eine Blutung in
das Gehirn als solches wahrscheinlicher annehmen, als
eine basale Blutung.
In dem ersten Band ihres Werkes sagen Wilbrand
und Sanger, dass die Folge der Basalfraktur Blutungen
in das Gewebe sind, durch welche dasselbe anschwillt und
so durch Druck den Stamm des Oculomotprius in seiner
Leitung behindern kann, wodurch aber der Oculomotorius
nur sehr selten isoliert, sondern meist in Gesellschaft
von andern Basalnerven durch eine Blutung gedrOckt
werden wird. Auch R. Bing betont, dass einseitige Augen-
muskellahmungen, gleichviel ob multipel oder isoliert, fast
immer von peripherem Typus, das heisst durch nukleare
oder subnukleare Lasion entstanden sind, und dass nukleare
Lahimingen des Oculomotorius wegen der grossen Aus-
debnung des Kernes selten total sind, dass vielmehr meistens
Sphincter pupillae undMusculus ciliarisfrei bleiben,wahrend
die intranukleare Oculomotoriuslahmung Fupillensphinkter
und Akkomodation so gut wie nie verschont, da die be-
treffenden Neurone denjenigen der aussern Augenmuskeln
im Oculomotoriusstamm eng beigemischt sind. Wie der
Befund bei der Aufnahme, so sprach auch der Verlauf
unbedingt fiir Blutung. Bereits zwblf Tage nach der Auf¬
nahme konnte folgender Befund erhoben werden: Es be-
steht nur noch leichte Ptosis, der Augapfel ist auch in
senkrechter Richtung ziemlich frei beweglich, es tritt nur
noch massiges Hohenschielen auf; die Pupillendifferenz
ist gering, bei normaler Refraktion betragt die Sehfahig-
keit auf dem gesunden rechten Auge 6/6, auf dem linken
6/8, es besteht links noch geringe Akkomodationsbeschran-
kung; der Fundus ist normal, beiderseits besteht ein Conus
temporalis. Mit diesem Befunde wurde Pat. entlassen.
Da von vornherein angenommen war, dass es sich um
Kompressionslahmung infolge einer Blutung handeln wtlrde,
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206
Paralysen — Retroflexio uteri.
waren als therapeutische Massnahmen Elektrisieren und
Uebung8therapie in Anwendung gebracht worden; letztere
wurde folgendermassen ausgefQhrt: Anf einer senkrecht
stehenden Tafel wurden ein wagerechter und ein senk¬
recht er Strich (Qber die ganze L&nge der Tafel) gezogen,
und Pat. beauftragt, bei fest fixiertem Kopf anfangs mit
beiden Augen, sp&ter.bei verbundenem gesunden Auge,
diesen Strichen entlang zu fixieren. Nach weiteren zehn
Tagen, w&hrend denen die Ubungstherapie vom Pat., der
die Klinik aus gesch&ftlichen Rilcksichtcn verlassen musste,
fortgesetzt wurde, war vbllige Heilung eingetreten. Nach
diesen Ausfilhrungen muss als Ursache der Erkrankung
eine subnukle&re, faszikulare Blutung angenommen werden,
die verh<nism&ssig schnell restlos resorbiert worden ist;
ob weitere kleine Blutungen in die Gehirnmasse statt-
gefunden baben, lfisst sich ebensowenig annehmen wie
ausscbliessen. — Autor hat den Fall verbffentlicht in der
Annahme, dass er einem gewissen Interesse begegnen
kftnnte, da, wie aus der Literatur hervorgeht, derart isolierte
komplette einseitige Oculomotoriusl&hmung doch begreif-
licherweise recht selten vorkommt, und weil der Fall zeigt,
dass infolge Traumas — in diesem Fall indirektenTraumas —
sehr wohl vereinzelte Blutungen in das Gehirn entstehen
kbnnen, die nur dann zur Diagnose kommen', wenn
zufftllig erscheinungswichtige Gebiete beziehungsweise
Bahnen durch dieselben alteriert werden, und dass man
aus derartigen Fallen die Mahnung entnehmen muss, bei
Fehlen eines objektiven Befundes doch subjektive Be-
schwerden eines Pat. nach Traumen von Anfang an ernst
zu nehmen; diese Mahnung erscheint um so wichtiger, als
man imraer noch hin und wieder bei UnfallansprQchen
fthnlich Verletzter schroffer Ablehnung von seiten der Ver-
sicherungsgesellschaften begegnet, die sich auf objektiv
negativen firztlichen Befund stdtzen und bei der die Mdg-
lichkeit, dass dem Unfallverletzten Unrecht geschieht,
doch recht naheliegend ist. (Medisin. Klinik 1911 Nr. 46).
Retroflexio uteria Einen Uterus elevator hat Dr. C. Barth
(Kislowodsk) konstruiert. Das Instrument, aus Metall her-
gestellt und vernickelt (d. h. vollkommen as^ptisch), hat
die Form eines Hodgepessars, dessen vorderer Schnabel
in leichtem Bogen in einen handlichen Griff Obergeht.
Das Instrument wird steril, tlber der Spiritusflamme
leicht angewarmt und gut eingefettet wie ein Hodge-
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RetroHexio uteri.
207
pessar mit der rechten Hand in die Vagina eingefQhrt,
wobei der Griff des Instruments ausserhalb der Vagina
mit der linken Hand fixiert wird. Sodann Qberzeugt man
sich mit dem Zeigefinger der rechten Hand davon, ob der
Schnabel des Instruments im hinteren ScheidengewOlbe
liegt, drangt mit der linken Hand durch Druck auf den
Griff das Instrument fest ins ScheidengewOlbe, zieht den
Zeigefinger der rechten Hand soweit aus der Scheide her-
aus, dass er im Introitus vaginae unter den Hals des
Instrumentes zu liegen kommt, umfasst gleichzeitig mit
der rechten Hand den Griff und drbckt ihn nun nacb
unten und hinten, wobei der Zeigefinger der rechten Hand
den empfindlichen Introitus vaginae schGtzt. Durch diese
Hebelwirkung wird der Uterus aufgerichtet, wovon man
sich mit Hilfe der linken Hand Qberzeugen kann. Soil
nach der Aufrichtung ein Hodgepessar eingefQhrt werden,
so bleibt das Instrument im hinteren ScheidengewOlbe
liegen, an der Oberfl&che des Instruments entlang wird
der Ring eingefQhrt, und erst wenn der Ring im hinteren
ScheidengewOlbe ist, zieht man das Instrument heraus.
Es kann also hierbei nicht vorkommen, was bei den frllheren
Methoden h&ufig geschah, dass gleich nach Entfernung
der Sonde resp. des Fingers der Uterus wieder nach hinten
herQberfiel, noch bevor man den Ring eingefQhrt hatte.
Zur Bestimmung der GrOsse des einzufQhrenden Pessars
sind Teilstriche und Zahlen auf den Hals des Instrumentes
eingekerbt, so dass man, wenn man seinen Griff nach
vorn und oben hebt und den Hals des Instruments mit
dem vorderen ScheidengewOlbe mittels des Zeigefingers
verbindet, an der Kreuzungsstelle die GrOsse des ent-
sprechenden Pessars ablesen kann. Das Instrument wird
von der Firma „Medizinisches Warenhaus“, Aktiengesell-
schaft, Berlin, Karlstrasse, angefertigt und in verschiedenen
GrOssen geliefert. (Deutsche med. Wochenechrift 1911 Nr. 17.)
t
— Zur Beseitignng von beweglichen Gebarmutterverlagerungen
wird ein Drahtpessar nach Dr. L. Reichert (Berlin)
empfohlen. Das nur 5 g schwere Silberpessar besteht aus
einer oben und unten abgerundeten, 10 mm langen, 5 mm
breiten und 1 mm dicken Platte, deren Fortsetzung ein
1,6 mm dicker, 8 cm langer Draht bildet, der wiederum
in einen 4—6 cm langen, 4 mm breiten und 1 mm dicken
BOgel endet. Am verst&rkten Uebergang von Platte in
Draht wird das Pessar entsprechend der physiologischen
Anteflexio mehr oder minder kr&ftig umgebogen. Die
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208
Retroflexio uteri — Scabies.
Platte kommt innerbalb des inneren Gebftrmuttermundes
zu liegen, wahrend der Draht den Gebarmutterhals ent-
lang lauft, um am ausseren Muttermund die zweite Biegung
zu erfahren, die sich bogenfdrmig im vorderen Scheiden-
gewdlbe ausspannt. Das Bogelende stemmt sich dann
nach entsprecbender Formung der vorderen Beckenwand
an. Es bleibt sorait die Scheide unterbalb des Gebar-
mutterzapfens vbllig frei. Da eine Platte den Anfang des
Pessars bildet, kann dieses sich nicht dreben, und infolge
des Bagels und der Biegungen ist eine ROckwarts- und
Seitwartsverlagerung ausgeschlossen; die Gebarmutter be-
balt die von dem Pessar gegebene Haltung bei. Das
Pessar muss natfirlich vor dem Einlegen die gewQnschte
Form erhalten; es wird dann an der zweiten Biegung mit
einer Kornzange gefasst und in die unter Fingerkontrolle
aufgerichtete und erweiterte (mittels eines 6 mm starken
Hegarstiftes) Gebarmutterhohle eingefObrt. Zum Schlusse
erfolgt leichte Scheidentamponade, die solange bleibt, bis
die Kontraktion beendet ist; die Dauer betragt etwa
30 Minuten. (Mediain. Klinik 1911 Nr. 21.)
ScabieSa Bistin als Mittel gegen S. Yon Dr. C. Tollens
(Stadt. Krankenanstalt zu Kiel). »Vor etwa einem Jabre
wurde der Stadtischen Krankenanstalt von den Farben-
fabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. Elberfeld als neues
Praparat zur Kratzebebandlung der Monobenzylester des
Aethylen-Glykolls unter dem Fabriknamen ,Ristin 1 zur
Verfhgung gestellt. Das Ristin sollte ein vollwertiger
Ersatz der bisher zur Kratzkur meist gebrauchten Mittel
sein und doch deren zum Teil nicht geringe Nachteile
vermeiden. Yon der Firma wurde es als vbllig ungiftig,
also als unscbadlich fGr Haut und Nieren, und vor allem
als vftllig gerucblos und durchaus sauber in der Anwendung
geschildert. Wir bekamen das Mittel in Form einer Mischung
mit Glyzerin und Alkohol (10 g Ristin, 25 g Alkohol,
5 g Glyzerin). Es stellt so eine wasserklare, kaum riechende
Flftssigkeit dar, die weder klebt noch schmiert. Wir haben
nun im Laufe des Jahres mit dem Ristin etwa 30 Kratze-
kranke behandelt und haben sie, um es vorauszunehmen,
alle zur Heilung gebracht. Zur Behandlung kamen nur
solche Personen, die nach Abheilung der Kratze noch
eines anderen Leidens wegen in der Krankenanstalt und
unter arztlicher Beobachtung bleiben mussten. Die Be-
handelten kamen also wahrend der nachsten Wochen sicher
nicht wieder in Berfthrung mit ihren vor der Kur ge-
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Scabies.
209
tragenen Kleidern, so dass eine Neuinfektion ausgeschlossen
war. Die Kratzkur wurde genau so durchgef&hrt wie
sonst bei uns mit den Gblichen Kr&tzmitteln, dem Sty rax
and dem Perubalsam:' Die Kranken warden im Verlanfe
von 24 Stunden dreimal grOndlichst eingerieben. am besten
in der -Weise, dass eine Portion der FlOssigkeit in die
Hohlhand gegossen und gleich verrieben wurde. Zur
dreimaligen Einreibung reichten je nach Grbsse des Pat.
100—150 g vollauf. Am folgenden Tage erfolgte ein
vorsichtiges lauwarmes Bad mit sehr sparsamer Anwendung
von Seife, hierauf, wenn n5tig, die Gbliche Nachbehand-
lung des postskabidsen Ekzems. Das Ristin erwies sich
nun bierbei in der Tat als ein gutes, wirksames und in
der Anwendung im Vergleich zu den bisher meist ge-
brauchlichen Mitteln sehr sauberes, angenebmes PrSparat.
Im einzelnen betracbtet hat es folgende VorzOge: Zun&chst
tritt beim Einreiben kein nennenswerter Hautreiz auf.
Hochstens verspflren die Kranken ein unbedeutendes Brennen
an den wundgekratzten Stellen, das aber wohl dem Gly-
zerin und dem Alkohol zuzuschreiben ist und bald wieder
vergeht. Eine Verschlimmerung des Kr&tzekzems habe
ich niemals beobachten kdnnen, die sp&tere Abheilung
erfolgte immer schnell und glatt. Ebensowenig konnten
Nierenschadigungen durch das PrSparat festgestellt werden,
indem weder Eiweiss noch Zylinder im Urin auftraten.
Darin liegt, wenn sich dies, wie ich mit Recht annehmen
zu dOrfen glaube, fflr die Zukunft bewahrheitet, sicher
ein grosser Yorzug des Ristins. Denn es ist bekannt,
dass die Balsamica, Styrax und auch der Perubalsam, eben
wegen der Nierenreizungen, welche sie bisweilen machen,
nicht ganz unbedenklich sind. (Ich selber muss allerdings
sagen, dass ich bei sehr zahlreichen mit Styrax durch-
gefhhrten KrStzkuren Nierenstorungen irgendwie bedenk-
licher Art nicht bemerkt habe.) SchSdliche Wirkungen
des Naphtols auf innere Organe sind ebenfalls beobachtet
worden. Dabei besitzen diese PrSparate, sowohl die Peru¬
balsam- und die Styraxmischungen, als auch die Teer-
prfiparate, den bekannten ausserordentlich durchdringenden
und zSh anhaftenden Geruch, der ihre Anwendung oft-
mals geradezu unmOglich macht. Ausserdem verderben
und beschmutzen sie die Wfische in unangenehmer Weise.
Dies alles fSllt weg bei dem klaren, geruchlosen, nicht
fettigen Ristin, das seine Anwendung nicht im geringsten
nach aussen verr&t, keinerlei Flecke in die WSsche macht
und zudem auch nicht schmiert, wie die Schwefelsalben.
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210 Scabies — Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
Der Monobenzylester des Aethylen-Glykoils vermeidet also
mit seiner Ungiftigkeit und sauberen Handbabung die
Nachteile der bisher Gblichen. Mittel, ist anderseits aber
docb vollkommen wirksam, d. h., er tbtet die Kratzmilben
schnell und sicher ab. Bereits nach der ersten Einreibung
findet man fast niemals mehr lebende Milben. Nach der
zweiten und dritten ttberhaupt nicht mehr. Ebenso sicher
muss das Praparat auf die Eier der Milben einwirken,
da wir alle bebandelten F&lle zur Heilung brachten und
auch keinc RGckf&lle zu sehen bekamen. Recht befriedigend
ist auch die juckreizstillende Wirkung des Mittels, die sich
meist bereits gleich nach der ersten Einreibung einstellte
und von den Pat. als grosde Wohltat empfunden wurde.
RQckfalle haben wir, wie erw&hnt, bei unseren Kranken
nicht erlebt. Da wir alle mit Ristin Behandelten wocheu-
lang beobachten konnten, ist uns dies der beste Beweis
fttr die Wirksamkeit des Praparates. Zugleich spricht
der Umstand, dass wir in dieser langen Beobachtungszeit
niemals irgendwelche nachteiligen Folgen der Kur fest-
stellen konnten, sehr fQr die Ungiftigkeit unseres Medi-
kamentes. (I)eutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 44.)
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. Fituitrm
als wehenerregendes MitteL Von Dr. J. Schiffmann
(Gyn&kol. Abteilung des k. k. Krankenhauses Wieden u.
Wien). Zum Schluss seiner Arbeit sagt Autor: „Wir
konnen also unsere Erfahrung dahin zusammenfassen, dass
Pituitrin als wehenerregendes Mittel am Schlusse der
Graviditat, insbesondere nach bereits stattgefundener und
dann sistierender Wehent&tigkeit, ein ausserordentlieb wert-
volles wehenerregendes Mittel darstellt. Zur Einleitung
des Abortus ist es jedoch ungeeignet. Dagegen erscheint
ein Versuch, den bereits im Gang befindlichen und dann
sistierenden Abortus, resp. den Abortus nach kfinstlicher
Eroffnung des Zervikalkanals spontan zu Ende zu fQbren,
in einigen Fallen von Erfolg begleitet. Diese Beobachtung
ist insofern wertvoll, als sie uns die Mbglichkeit an die
Hand gibt, in Fallen, in denen eine mechanische Ent-
leerung des Uterus nicht wunschenswert erscheint, diese
durch die wehenerregende, resp. wehenverstilrkende Wir¬
kung des Pituitrins umgehen zu k6nnen.“
(Wiener klin. Wochenschrift 1911 Nr. 43.)
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Schwangerschaft, tieburt, Wochenbett.
211
— Elinische und poliklinische Erfahrtmgen mit Pituitrin als
wehenerregendem and wehenverst&rkendem Mittel.
Von Dr. H. Fries (Kgl. Frauenklinik Greifswald). Als
wirkungssicherste Menge hat sich nach mehreren Versuchen
diejenige von 1 ccm ergeben in solchen Fallen, bei denen
bereits eine wenn auch schwache Wehentatigkeit dauernd
oder voriibergehend bestanden hat. Hierbei genilgt die
angegebene Menge vollstandig, um eine regelmfissige und
verstarkte Wehentatigkeit fttr die nEchsten Stunden zu
unterhalten und die Geburt eventuell zu vollenden. Da,
wo die Wehentatigkeit nach Stunden wieder abnimmt oder
eine Beschleunigung der Geburt aus anderen Grhnden
wGnschenswert erscheint, kann eine Wiederholung der
Injektion in gleicher oder doppelter Menge unbedenklich
geschehen und wird wohl, wenn keine anatomischen Hinder-
nisse bestehen, ausnahmslos zu dem gewQnschten Erfolg
ftihren. Dass man von einem Wehenmittel nicht die Ueber-
windung einer betrEchtlichen Beckenverengerung wird er-
warten diirfen, ist selbstverstandlich. Andererseits hat
Yerf. aber auch Falle gesehen, in denen der Eintritt des
kindlichen Eopfes in ein mfissig verengtes Becken infolge
der durch Pituitrin verstarkten Wehentatigkeit anscheinend
wesentlich erleichtert und beschleunigt wurde. Immerhin
ist zu bedenken, dass eine allzu stGrmische und kraftige
Wehentatigkeit auch einmal die Ausbildung einer patho-
logischen Einstellung (Scheitelbeineinstellung) veranlassen
kbnnte. Anders wie die oben genannten Falle verhalten
sich dagegen diejenigen, bei denen der Geburtseintritt und
damit auch eine Wehentatigkeit noch nicht stattgefunden
hat, und bei denen aus irgendwelchen GrOnden die Ein-
leitung der Geburt oder die Unterbrechung der Schwanger-
schaft angezeigt erscheint.
Ausnahmslos gelingt es auch hier, die Wehentatigkeit
in Gang zu bringen. Entsprechend den von Stern aus
der Breslauer Klinik mitgeteilten Beobachtungen gelang
es auch uns bisher nicht, in den ersten Schwangerschafts-
monaten den Abort einzuleiten. Vielleicht dass eine
wahrend mehrerer Tage durchgeftihrte Pituitrinbehandlung
mit grbsseren Dosen in Zukunft doch zum Ziele ftihren
kbnnte. Im wesentlichen scheint, wie Stern auch bereits
hervorhebt, das Zustandekommen einer befriedigenden
Pituitrinwirkung davon abh&ngig zu sein, ob die erst mit
dem Ende der Graviditat sich einstellende Erregbarkeit
des Uterus bereits vorhanden ist oder nicht.
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212
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
Wahrend man bei in der Geburt und im gtlnstigsten
Fall schon in der Austreibungsperiode befindlichen Frauen
mit einer ein- bezw. zweimaligen Injektion von 1 ccm wird
auskommen kdnnen, erfordert dagegen die bisher nur gegen
und am Ende der Schwangerschaft mbgliche Einleituhg
der Geburt eine mit dem Heranrflcken des normalen Ge-
burtstermin8 abnehmende grbssere Anzahl von Injektionen.
Es erscheint hierbei vorteilhafter, durch haufige kleinere
Dosen die gewGnschte Wirkung zu erzielen, als durch
grosse, in langen Pausen verabrcichte Mengen. Samtliche
Injektionen wurden intraglut&al gegeben und reaktionslos
vertragen. Das Ausspritzen der Iojektionsspritzen mit
Alkohol beeintr&chtigt die Wirkung des Pituitrins in
keiner Weise.
Nicht ein einziges Mai hat das Pituitrin in seiner wehenan-
regenden und -verstarkenden Wirkung im Stich gelassen. Was
aber seine Anwendung so ausserordentlich segensreich und
' seine Uebernahme in den therapeutischen Arzneischatz des
Praktikers wGnschenswert erscheinen lftsst, ist vor allem
der Umstand, dass es seiner Ungefahrlichkeit und prompten
Wirkung wegen die Einschrankung von absolut nicht
gleichgfiltigen geburtshilflichen Massnahmen veranlassen
wird, durch welche man bisher die Wehenschwache zu
bekampfen gesucht hat. Endlich wird in letzter Linie auch
dem Ausffihren von Luxuszangen eine gewisse Schranke
gesetzt und damit die Zahl der geburtshilflichen Verletzungen
und Infektionen weiterhin und nicht unerheblich ver-
mindert werden. Damit soli keineswegs der Standpunkt
vertreten werden, dass die Zange in der Praxis Gberhaupt
keine Berechtigung mehr besitze. Verf. erkennt wohl an,
dass der praktische Arzt notgedrungen geburtsfbrdemd
wirken muss, wenn er von der Klientel gerufen wird.
Gerade darum wird er von dem Pituitrin gern Gebrauch
machen, sobald er sich von dessen Zuverlassigkeit flber-
zeugt hat. Dem Operationskundigen, um nicht zu sagen
-freudigen wird das Mittel gleichfalls willkommen sein, da
es ihm die Bedingungen fflr eine leichte Beckenausgangs •
zange schafft in Fallen, wo er sonst nach vergeblichem
Warten bei unvollstandig erweiterten Weichteilen vor der
Entscheidung zwischen der Zange mit Inzisionen oder der
Perforation Stand. (Munch. med.Wochen8chr.1911 Nr. 46.)
— Geburtshilfliche Erfahmmgen mit Pituitrin. Yon Dr. E.
Vogt (Kgl. Frauenklinik Dresden). Autor kommt zu
folgenden SchlOssen:
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
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Nach unseren Erfahrungen an einem reichbaltigen
Materiale, die in vollem Einklang stehen mit den klinisch-
experimentellen Beobachtungen E. Kehrers, steht wohl
der allgemeinen Anwendung des Pituitrins in der geburts-
hilflichen Praxis nichts mebr im Wege.
Das Pituitrin wirkt prompt und sicher in der Aus-
treibungsperiode. Es dient zur Beschlennigung normaler
Geburten und, wie schon E. Kehrer auf dem Gynfiko-
logenkongress in Mfinchen hervorgehoben hat, zur Be-
k&mpfung oder Beseitigung der sekundaren Wehenschwfiche,
auch bei engen Becken.
Die beste Wirkung entfaltet es in der Austreibungs-
periode.
Aber auch in der Erfiffnungsperiode ist es wirksam,
wenn auch nicht konstant.
Ob es in gleicher Weise, wie auf den schwangeren
Uterus, auch nach Ausstossung der Plazenta wirkt, wagen
wir nocb nicht zu entscheiden.
Nach unseren Erfahrungen stellt das Pituitrin das
idealste Wehenmittel dar, das wir bis heute besitzen.
(Miinch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 51.)
— Zur Therapie der Nach.weh.en. Von Dr. 0. Podzahradzky
(Frauenhospiz Wien). „Wir verabreichten das Antipyrin
gewfihnlich in der Dosis von 0,5—1,0 g und zwar nur
bei Frauen, die spontan fiber Nachwehen klagten. Dabei
genOgte in der Mehrzahl der F&lle (47mal) schon eine
einmalige Dosis von 1,0 Antipyrin, um die sofortige und
g&nzliche Sistierung oder ein bedeutendes und baldiges
Nachlassen der KrSmpfe zu bewirken. In den fibrigen
Fallen (22mal) musste eine wiederholte Dosis verabfolgt
werden. Dies geschah entweder einige Stunden nach der
ersten Verabreichung, sei es, dass die erste Medikation
nicht genfigte, sei es, was auch meistens der Fall war,
dass die erste Dosis zwar von Erfolg, aber nicht von
dauerndem begleitet war. Den Frauen, welche haupt-
sachlich wahrend des Saugens fiber Schmerzen klagten,
verabreichten wir eine Yiertelstunde vor dem Stillakt Anti¬
pyrin mit sehr gflnstigem Resultat. Ausgesprochene Miss-
erfolge, das beisst Ausbleiben des Erfolges, hatten wir
nur in zwei Fallen, wovon jedoch der eine als solcher
nicht zu gelten hat, da er auf das sofortige Erbrechen
nach Einnahme des Medikamentes zurfickzuffihren sein
dfirfte. Erwahnenswert ware noch, dass Antipyrin ohne
weiters durch Pyramidon 0,3 ersetzt werden kann,
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Schwangerechaft, Gebort, Wochenbett.
dem wir die gleiche Wirkung zuschreiben konnen, was
wir auch an einigen Fallen selbst erprobt haben. Ja,
das Pyramidon kann besonders dann mit Vorteil Ver-
wendung finden, wenn Antipyrin in mebreren Dosen schon
vorher gegeben wurde. In einigen Fallen, in denen wir
vergleicbsweise ein Alkaloid, insbesondere Kodein, verab-
folgten, sahen wir, dass Antipyrin eine weitaus zuver-
lassigere analgetische Wirkung ausserte und auch in Fallen
wirkte, in denen das Alkaloid versagte. Mit Recht glauben
wir also im Antipyrin eine Art Spezifikum gefunden zu
baben, das imstande ist, den ohnehin schon durch den
Geburtsakl sehr erschdpften und geschwachten Frauen die
Schmerzen, welche die Nachwehen verursachen, und welche
oft noch heftiger empfunden werden als die eigentlicben
Geburtswehen, zu lindern oder sogar zum vfilligen Ver-
schwinden zu bringen. ; ‘
(Wiener med. Wochenschrift 1911 Nr. 50.)
— Ein kasaistischer Beitrag znr Eklampsie ohne Kr&mpfe.
Von Dr. A. Bickenbach. (Aus der Kgl. Universitats-
Frauenklinik Bonn). „Am 18. IV. 1911, vorm. 8 Uhr,
wurde void Arzt eines Nachbarortes die 35jahrige Erst-
gebarende, Frau Katharina A., in bewusstlosem Zustand
in die Klinik eingeliefert. Als Grund wurde Beckenenge
angegeben. Die Hebamme war am Abend vorher um
10 Uhr gerufen worden. Es hatten sich in normalen
Zwischenraumen Wehen eingestellt, und die Gebarende
hatte bei den einzelnen Wehen gut mitgeholfen. Nach
der Wehe ware sie aber auffallend matt und schlafrig ge-
wesen, habe viel fiber Durst geklagt und viel Wasser
getrunken. Um 5 Uhr morgens wurde der Arzt zuge-
zogen, der die Frau wegen engen Beckens der Klinik ttber-
wies. Wahrend der Wagenfahrt habe die Frau fiber starke
Kopfschmerzen geklagt, und nach anfanglicher Unruhe,
verbunden mit Erbrechen, sei sie bald ganz bewusstlos
geworden, grfissere Atemnot sei eingetreten, die Frau sehr
schnell verfallen und der Puls klein und sehr frequent
geworden. Sowohl Arzt und Hebamme wie auch der
Ehemann versichern, keine Krampfe beobachtet zu haben.
Zu Hause sei sie noch ganz klar gewesen. Beim Herein-
tragen der gedunsen und stark zyanotisch aussehenden
Frau in die Klinik war bereits der Puls nicht mehr ffihl-
bar, doch war noch ein schwacher Herzschlag von Mutter
und Kind zu konstatieren. Die sichtlich ante exitum
stehende Frau wurde sofort ohne Desinfektion zwecks
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
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Rettung des Kindes entbunden. Der Kopf stand im Becken-
ausgang und konnte mit der Zange entwickelt werden.
Wahrend der Zangenoperation stockte die Herztatigkeit
der Mutter. Auch das tiefaspbyktische Kind — ein
Knabe — konnte nicht mehr zum Leben gebracht werden.
Der Tod der Kreissenden war 5 Minuten 'nach der Ein-
lieferung eingetreten. Da das gedunsene Aussehen der
Frau, die Zyanose und das Oedem (die Blase erwies sich
beim Katheterisieren als leer) den Verdacht auf Eklampsie
erweckten, wurde die baldige Obduktion veranlasst. Sektions-
bericht: Leiche in gutem Ernahrungszustand, Hautfarbe
blass, Leib nicht aufgetrieben, Bauchdecken dtinn. Nach
ErSffnung der Bauchhdhle dberragt die Leber den Rippen-
bogen 4 Finger breit, das Netz bedeckt die Darme zur
Halfte. Der Uterus ragt bis 3 Finger breit unterhalb des
Nabels. In der Bauchhdhle ziemlich reichliche, gelbliche
Fliissigkeit, klar. Die Serosa der Darme nicht ganz blank.
Zwerchfell rechts IV. Interkostalraum, links VI. Rippe.
Beim Anschneiden der Gefasse entleert sich reichlich
flttssiges Blut. Nach Erdffnung der Brusthdhle sind die
Lungen massig retrahiert. Der Herzbeutel liegt 3 Finger
breit frei. Die linke Lunge ist in den mittleren Ab-
schnitten leicht verwachsen. Pleurahdhle leer. Die rechte
Lunge vollkommen frei. Im Herzbeutel ca. ?0 ccm gelb-
lich klarer Fliissigkeit. Das Herz entspricht der Grdsse
der Leiche. Epikard spiegelnd. Rechter Ventrikel schlaff,
rechter Vorhof von entsprechender Weite, Muskulatur
etwas blass, KJappen intakt. Im Endokard des rechten
Vorhofes vereinzelte kleine Ekchymosen. Pulmonalklappen
intakt. Auch das Zellgewebe auf dem linken Vorhof zeigt
einige Hamorrhagien. Der linke Vorhof von entsprechender
Weite, Ostium offen. Der linke Ventrikel sehr kraftig,
etwas erweitert. Mitralis leicht verdickt. Endokard des
linken Ventrikels, vor allem auf den Papillarmuskeln, von
zahlreichen Ekchymosen durchsetzt. Aorta eng, elastisch,
Aortenklappen intakt. Die Aorta selbst oberbalb der Klappen
voneinigengelblichenFlecken durchsetzt. Linke Lunge leicht,
Pleura spiegelnd, in den hinteren Abschnitten von einigen
Ekchymosen durchsetzt, die bis linsengross sind. Auf der
Schnittflache gut lufthaltig, bdemat&s, von massigem Blut-
gehalt. Bronchialschleimhaut blass. Rechte Lunge mehr
Sdematbs, Pleura zeigt auch kleine Ekchymosen. Milz
deutlich vergrOssert, Oberflache glatt, auf der Schnittflache
von gutem Blutgehalt, Follikel gerade sichtbar. Das Zell¬
gewebe um die Niere etwas 5demat5s und durchblutet.
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Schwangerschaft, Gebort, Wochenbett.
Linke Niere gross, Kapsel mit zahlreichen Hfimorrhagien
bis Qberlinsengross. Auf der Schnittflfiche hebt sich die
Rinde vom Mark gut ab. Rinde in den tiefen Abschnitten
etwas gelblich verfarbt. Markkegel stfirker bluthaltig als
gewbbnlich. Deutliche Blutungen oder Herderkrankungen
nicbt sichtbar. Auch die rechte Niere deutlich vergrOssert,
, sonst wie links. Die Nierenbecken sind etwas erweitert. Im
Magen reichlich fltissiger, kaffee&hnlicher Inhalt. Schleim-
baut des Magens deutlich gerbtet und von zahlreichen
Ekchymosen durchsetzt. Leber sehr schwer, deutlich ver-
grdssert 20:24:13. Serosa spiegelnd, von vielen, meist
netzfOrmig konfluierenden Hfimorrhagien durchsetzt. Aus-
gedehnte Blutungen am Ansatz des Lig. suspensorium.
Azindse Zeichnung deutlich, Zentren der Acini dunkelrot,
Peripherie gelblich. Man sieht zahlreiche dunkle Netze,
die die Zentren der Acini miteinander verbinden, zum Teil
auch grbssere hfimorrhagische Komplexe. Die Schleim-
haut im oberen DQnndarm etwas geschwollen, blass. In
den unteren Abschnitten sieht man auf der Hdhe der Falten
vereinzelte Hfimorrhagien. Im Dickdarm gleich unterhalb
der Klappe wieder einige. Schleimhauthfimorrhagien. Das
Mesenterium zeigt zahlreiche fleckige Blutungen, die viel-
fach auf die Serosa des Darmes Gbergehen und sich dort
in Form von einzelnen dunkelroten Flecken lokalisieren,
zum Teil* auch als gruppenfbrmige Hfimorrhagien, vielfach
seitlich vom Mesenterialansatz, und zwar Qber den ganzen
Darm verbreitet. Gallenblase vergrSssert, von zahlreichen
Blutungen, besonders an der Ansatzstelle der Leber durch¬
setzt. Pfortader ohne Verfinderungen. Harnblase kon-
trahiert, Schleimhaut blass. Muttermund stark klaffend,
links eingerissen. Cervix stark gedehnt, von dunkelroter
Farbe und von zahlreichen Hfimorrhagien durchsetzt. Uterus
ausgefQllt durch die noch vollkommen anhaftende Placenta,
die vorwiegend an der Hinterwand sitzt. Aorta thoracica
und abdominalis sehr eng und von zahlreichen gelblichen,
zum Teil netzfftrmigen Flecken durchsetzt. Die Gehirn-
sektion ergab keine pathologischen Verfinderungen. — Bei
der Obduktion des Kindes fanden sich multiple Ekchy¬
mosen fast sftmtlicher inneren Organe, besonders des Herz-
beutels und des Diaphragmas. Starke Hyperfimie der
Pia. — Vor allem die mikroskopische Untersuchung
(Geheimrat Ribbert) ergab die charakteristischen Befunde
der Eklampsie. Besonders die Leber bot typische Stellen
hfimorrhagischer und anfimischer Nekrosen. — Wenn wir
den eben beschriebenen Fall mit den bisher geschilderten
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Schwangeraehaft, Geburt, Wochenbett — Syphilis.
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Krankheitsbildern von Bouffe de St. Blaise, Wendt,
Schmorl, Seitz und anderen vergleicben, so unterliegt
es keinem Zweifel, dass auch unser Fall in die Kategorie
der Eklampsie gehfirt. Wie bei alien letal verlaufenden
Fallen der Eklampsie ohne Kr&mpfe war auch in unserem
die sichere Diagnose nur durch den Sektionsbefund zu
stellen. Intra vitam wird man oft vor einem diagnostischen
Ratsel stehen, doch sind bei genauer Beobachtung der
schwangeren oder bereits entbundenen Pat. eine ganze
Reibe von sehr kennzeicbnenden Symptomen vorhanden,
die immerhin an das Bestehen einer Eklampsie denken
lassen. Abgesehen von dem Urinbefunde fand sich in
unserem Falle anfangs Somnolenz, Kopfschmerzen, weiter
Unruhe, Erbrecben, schliesslich tiefe Bewusstlosigkeit,
Zyanose, Dyspnoe, Pulsfrequenz. Selbstverstftndlich ist
keines dieser Symptome allein ffir die Eklampsie pathognos-
tisch, oft wird die Differentialdiagnose zwischen der
Eklampsie ohne Kr&mpfe — dieser parodoxen Eklampsie —
und anderen komatftsen Zust&nden, insbesondere der Ur-
&mie, ungemein schwierig sein. Gerade unser Fall be-
weist wieder, dass in der Diagnose der Eklampsie ohne
Kr&mpfe nur der pathologisch-anatomische Befund ent-
scheidet.“ (Zentralblatt f. GynUkologie 1911 Nr. 47.)
Syphilis. Beitrag zur Indikation and Wirkang kleinster
Salvarsandosen. Von Prof. Dr. Ludwig Waelsch in
Prag. Durch die Beobachtungen von Isaac, Fritz
Lesser, R. Winternitz, Kromayer u. a. ist festgestellt,
dass die Wirksamkeit des Salvarsans auf den luetischen
Krankheitsprozess keine Beeintr&cbtigung erf&hrt, wenn
man die heilsame Dosis dem Kfirper nicht auf einmal
einverleibt, sondern ihm das Mittel, auf mehrere kleine
Einzeldosen verteilt, in Intervallen zuffihrt. Verf. be-
richtet fiber einen Fall schwerer gummoser Lues, bei welchem
er trotz bestehender Kontraindikationen gegen Salvarsan-
behandlung doch wegen seinds refrakt&ren Yerhaltens
gegen Hg gezwungen war, das Arsenobenzol zu verwenden.
Er tat dies in dosi „refractissima“, und zwar mit Gber-
raschendem Erfolge. Ein vorhandener Herzfehler sowie
auch Taubheit des rechten Ohres und eine Attacke von
Otitis media des linken stellten eigentlich Kontraindika¬
tionen gegen Salvarsan dar, zumal sich weder anamnestisch
noch durch die Untersuchung feststellen liess, dass die
Ohraffektion des Pat. mit seiner Lues in sicherem Zu-
sammenhang stehe. Andererseits aber wieder dr&ngten
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Syphilis.
der elende Allgemeinzustand des Kranken, das Fortschreiten
des Ulzerationsprozesses, seine Unbeeinflussbarkeit durch
Hg doch zur Salvarsanbehandlung. Verf. entschlo$9 sich
daher zu dieser und injizierte dem Pat. am 7. IX. 0,05
in neutraler Suspension intramuskul&r. Die Injektion batte
fast sofort einen unerwarteten Erfolg, indem schon wenige
Stunden nachher lokale Reaktion an den Geschwdren und
in der Nase auftrat, kenntlich durch starkere Sekretion
und Schleimhautschwellung mit stftrkerer Krustenbildung.
Nach 24 Stunden klang diese Reaktion allm&hlich ab.
Zwei Tage nach der Injektion begann sich das Gumma
am NasenflQgel zu reinigen und auch der Prozess in der
Nase zeigte Heilungstendenz. Diese Injektionen wurden
nun jeden 3.—4. Tag wiederholt, mit dem Effekte, dass
nach 14 Tagen — Pat. hatte bisher viermal 0,05 Sal-
varsan bekommen — alle Ulzerationen, auch die am
Rachendach, geheilt waren. Pat. erhielt noch bis zum
27. IX. dreimal 0,05 und wurde an diesem Tage, nachdem
er also im ganzen 0,35 Salvarsan erhalten hatte, in ge-
bessertem Ern&hrungszustande entlassen. Sein Herzfehler
blieb unbeeinflusst. Eine am 19. X. vorgenommene neuer-
liche Untersuchung ergab vollkommene Heilung der Ge-
schwQre. Durch diese Behandlung wurde aber auch sein
rechtes Ohr gQnstig beeinflusst. W&hrend er zu Beginn der
Behandlung am 7. IX. rechts vollkommen taub war, hbrte
er am 21. IX. nach vier Injektionen FlGstersprache auf
*/« m, am 26. IX. auf l 1 /* m, am 27. IX. auf 2 l /a m, am
4. X. auf 3 m. Die StimmgabelprQfung ergab, dass rechts
die Stimmgabel der eingestrichenen Oktave gehbrt wird,
C 2 wieder etwas verkQrzt; Knochenleitung rechts + 20".
Auch das Ohr reagierte auf die Injektionen insofern lokal,
als in ihm nach der zweiten Injektion vorObergehende
Schmerzen auftraten, denen das Wiedererwachen des Ge-
hbres folgte.
Dieser Fall ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.
Er zeigt
1. dass Salvarsan auch in ganz geringen Dosen einen
schweren luetischen Krankheitsprozess Qberraschend gQnstig
beeinflussen kann. Besonders sei auch die wesentliche
Besserung des GehOrs hervorgehoben;
2. dass so geringe Dosen noch imraer lokale Herx-
heimersche Reaktion an den Krankheitsherden hervor-
zurufen imstande sind;
3. dass die bis jetzt geltenden Kontraindikationen bei
dieser vorsichtigen Dosierung eine bedeutende Einschrfin-
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Syphilis — Tumoren.
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kung erfahren kdnnen, vorausgesetzt, dass es sich um
gegen Hg refraktare Falle handelt.
Yielleicht wird diese Beobachtung dazu beitragen, auch
diejenigen Falle einer erfolgreichen Salvarsanbehandlung
zuzufQhren, welche man bisher von ihr ausschliessen zu
maSSen glaubte. (Miincb. med. Wochen8chrift 1911 Nr. 47.)
— TTeber den Pemphigus syphiliticus adultorum. Yon Dr. O.
Scheuer (Wien). Wir haben es hier mit einem Falle
zu tun, bei dem sich vier Monate nach der Infektion neben
einem makulopapulbsen Rezidivexanthem des Stammes am
rechten Ober- und linken Unterscbenkel, ebeneo an beiden
Hohlhanden und Fusssohlen, rote bis blfiulichrote indu-
rierte Flecke auf der Haut zeigten, deren Epidermis bald
durch ein serbses Exsudat abgehoben wurde., (Nach Aus-
sage des Pat. sollen auch am Ober- und Unterscbenkel
vor Auftreten der Blasen an deren Stelle solche Flecke
bestanden haben.) So entstanden Blasen bis zu Erbsen-
grbsse und dartiber, die von einem feinen, dunkelroten
Saum umgeben waren und deren Inhalt sich nach kurzer
Zeit trvibte. Daneben bestanden Angina specifica und
Papeln an der linken Tonsille. Wichtig ffir die Diagnose
Pemphigus syphiliticus ist 1. dass die Blasen und Bl&schen
gemeinsam und zu gleicher Zeit mit dem Gbrigen luetischen
Exanthem und den sonstigen spezifischen Erscheinungen
aufiraten, 2. dass sie von spezifischen Infiltrationen (Pa¬
peln) ausgingen, die sich nach der Salvarsaninjektion wieder
in solche, wenn auch weniger infiltrierte Effloreszenzen
umwandelten und dann ganz verschwanden, ohne zu rezi-
divieren, und 3. dass sich im Blaseninhalte Spirochaten
nachweisen liessen. Ausserdem ware darauf hinzuweisen,
dass die bullosen Effloreszenzen so prompt auf die anti-
luetische Therapie sich rbckbildeten. Auf Grund dieser
eben angefbhrten Punkte glaubt Verf. mit Sicherheit an-
nehmen zu dfirfen, dass der Blasenausschlag durch den
luetischen Prozess bedingt wurde und nicht nur mit ihm
koordiniert in Erscheinung trat, wie es bei mehreren in
der Literatur als Pemphigus syphiliticus adultorum ver-
bffentlichten Fallen der Fall ist. In diesen Fallen han-
delte es sich um einen Pemphigus acutus bei Syphilitischen,
was Mahmond als Pemphigus survenu chez un syphi-
litique bezeichnet. (Wiener med. Woohenschrift 1911 Nr. 49.)
Tumoren. Zwei Falle von geheiltem Vnlvakarzinoxn. Yon
Dr. Machenhauer (Darmstadt). Autor schreibt: „Auf
dem diesjahrigen Gynakologenkongress in MQnchen wurde in
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Tumoren.
einer Sitzung bei Besprechung des Vulvakarzinoms an die
Versainmlung die Frage gerichtet, ob flberhaupt einer der
Kollegen einen Fall von definitiver Heilung eines Vulva¬
karzinoms aufzuweisen habe, worauf sich nur ein Kollege
meldete. Danacb scheint doch die grosse Bosartigkeit dieses
Karzinoms als feststehend angenommen zu werden. So
schlecht, wie es hiernach scheint, ist die Prognose aber
doch nicht. Aus dem Jahre 1902 besteht eine Statistik
von Goldschmidt, Berlin, Inaug.-Diss. Leipzig, der
213 Falle mit ca. 10°/o Heilung zusammenstellt. 1903
bringt Herm. Schulze (Leipzig) eine Zusammenstellung
von 115 Fallen, wo von nach ffinf Jahren noch vierzehn
rezidivfrei waren, dazu kommen noch zwfilf, die fiber drei
Jahre ohne Rezidiv geblieben waren. Insofern dOrfte es
doch noch von Interesse sein, weitere, wohl definitiv ge-
heilte F&lle beizubringen. Ich bin nun auch in der Lage,
fiber zwei solche Falle zu berichten, die fiber drei und
ffinf Jahre bis jetzt rezidivfrei geblieben sind. Der erste
betrifft eine jetzt 66 Jahre alte Frau K., die sich mir im
Juni 1906 mit einem ffinfmarkstfickgrossen Ulcus des linken
Lab. maj. vorstellte, das sich bis zur Klitoris und zur
hinteren Konimissur erstreckte. Sie hatte vor 21 Jahren
einmal geboren und klagte seit drei Monaten fiber Wund-
sein und Schmerzen an der Vulva. Es hatte sich auf
Grund einer Leukoplakie ein Plattenepithelkarzinom ent-
wickelt, dessen mikroskopische Diagnose von Herrn Prof.
Mfinckeberg in Giessen bestatigt wurde. Da keinerlei
vergrfisserte Leistendrfisen zu ffihlen waren, wurde nur
eine sehr ausgiebige lokale Exstirpation der linken Vulva
nebst Klitoris mit Fettgewebe bis aufs Periost vorgenommen.
Frau K. hat sich zuletzt am 29. VII. 1911 ohne eine
Spur eines Rezidivs vorgestellt. Der zweite Fall betrifft
eine jetzt 67jahrige Frau M. K., die im Februar 1908
zur Operation kam. Sie hatte viermal geboren und seit
ffinf Wochen Schmerzen beim Gehen in der Vulva, wo
sich ein ffinfpfennigstfickgrosses Geschwtir auf der linken
grossen Labie etabliert hatte. Hier waren aber bereits
die linken Leistendrfisen angeschwollen, und wurde deshalb
die Ausrfiumung der linksseitigen Inguinaldrfisen mit der
Exstirpation des Geschwfirs verbunden. Die ebenfalls von
Herrn Prof. Mfinckeberg vorgenommene mikroskopische
Diagnose lautete ,zweifelloses Karzinom 1 . Die Frau sah
ich zuletzt am 10. IX. 1911 ohne eine Spur eines Rezidivs.
Da Vulvakarzinomrezidive gewfihnlich sehr frfihzeitig er-
folgen, darf man wohl auch in diesen beiden Fallen, nach-
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Tumoren — Vermischtes.
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dem 3 Vs und 5 Jahre nach der Operation verflossen sind,
von einer definitiven Heilung beider Vulvakarzinome
sprechen. Es scheint sich hier der Erfahrungssatz zu be-
stfitigen ,Je filter der Patient, desto gutartiger das Karzi-
nom‘.“ (Zentralblatt fiir Gyn&kologie 1911 Nr. 44.)
Vermischtes.
TJeber Hepin-SauerstoiFb&der. Von Dr. Rudolf v. Hoesslin
in Miinchen-Neuwittelsbach. Rdmer und Much haben
aus v. Behrings Institut vor mehreren Jahren (Berl. klin.
Wochenschr. 1906, S. 1045) roitgeteilt, dass es mit einer
von ibnen gewonnenen Leberkatalase gelingt, Wasserstoff-
superoxyd in der Milch, nach erfolgter Sterilisierung, voll-
kommen in Wasserstoff ‘und Sauerstoff zu zerlegen. Diese
vom Behringwerk in Marburg unter dem Namen Hepin
erhfiltliche Katalase ist imstande, in einer Menge von
0,075 ccm aus 100 ccm 3,0 proz. Wasserstoffisuperoxyd-
lSsung einen Liter Sauerstoff freizumachen. Anfangs
dieses Jahres stelite Verf. das Behringwerk eine grOssere
Menge Hepin zur Verfhgung zur Herstellung kQnstlicher
Sauerstoffbfider, deren Zubereitung fiusserst einfach ist.
Einem Vollbad wird ein Liter 3 proz. Wasserstoffsuper-
oxyd zugesetzt. Das Hepin kommt in kleinen Original-
flaschen zur Versendung. Ein solches Flaschchen ent-
hfilt so viel Hepin, als notwendig ist, um das einem Bad
zugesetzte Wasserstoffsupeioxyd zu zerlegen. Da ein Liter
des gewOhnlichen kfiuflichen 3%igen Wasserstoffsuperoxyds
30,0 reines Wasserstoffsuperoxyd enthfilt, entwickeln sich
aus demselben ca. zehn Liter reiner Sauerstoff. Am besten
giesst man den Inhalt eines Hepinglfischens in ca. Vi Liter
Wasser und verteilt das mit Hepin gemischte Wasser in
dem Bade, dem vorher das Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt
wurde. Die Entwicklung des Sauerstoffs geht sehr rasch
vor sich, so dass nach 10 bis 15 Minuten das ganze Bade-
wasser von kleinen Gasblfischen durchsetzt wird. Um
diese Zeit ist das Bad gebrauchsfertig. Die Sauerstoff-
entwicklung dauert aber noch einige Zeit an, und der ganze
KOrper wird, wie in den natfirlichen Kohlensfiurebfidern,
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Vermischtes.
mit unz&hligen kleinen Gasbl&schen bedeckt. Die Wirkung
solcher Bader ist eine &hnliche, wie bei alien B&dern, in
welchen grQssere Gasmengen im Wasser entwickelt werden.
Es tritt eine m&ssige Reizung und Hyperamie der Haut
rait ihren Folgezust&nden auf. Die Hepin-Sauerstoffb&der
haben gegenQber den anderen Sauerstoffb&dern verschiedene
Vorteile. Im Yergleich mit den aus der Sauerstoff bom be
hergestellten Bftdern ist die Gasentwicklung eine viel inten-
sivere, und das Wasser ist viel inniger mit Gasbl&schen
durchsetzt, weil aus jedem Wasserteilchen Gasbl&schen
entstehen, w&brend der kflnstlich eingeleitete Sauerstoff
das Wasser rasch wieder verl&sst. Daher haften die Sauer¬
stoff bl&schen bei den Hepin-Sauerstoff badern viel inten-
siver am Kdrper als bei den Sauerstoffgasb&dern aus der
Bombe. Im Vergleich zu den Ozetb&dern haben die Hepin-
Sauerstoffb&der den Yorteil der grossen Billigkeit. Ein
Liter 3proz. Wasserstoffsuperoxyd kostet 40 Pf., die Hepin-
dosis, die fQr ein Bad benbtigt wird, 20 Pf. Dabei be-
darf es fQr das Hepin-Sauerstoffbad keiner besonderen
Vorrichtung, es kann in jeder Wanne zubereitet werden
und greift die Wanne nicht an.
(Munch, med. Wochen«chrift 1911 Nr. 47.)
— fl S1lckfliuBBgl&ser (< fttr die &rztliche Praxis hat Dr. Richard
Loewenberg, Spezialarzt fQr Hals-, Nasen-, Ohren-
krankheiten (Berlin) konstruiert. Die bisher gebrauchlichen
Schalen aus Glas oder Porzellan, welche der Aufnahme
von Ldsungen fQr Pinsel oder Tampons dienen, haben
den grossen Nachteil, dass sie eine glatte Innenfl&che
haben, an der der Pinsel abrutscht, so dass man gezwungen
ist, einen st&rkeren Druck gegen die Beh<er auszuQben,
um die QberschQssige Ldsung aus dem Pinsel oder Tampon
zu entfernen. Man muss daher die Gl&Ser in die Hand
nehmen oder die Beh<er in einen sehr massiven Sockel
einlassen. Autor hat nun Gl&ser konstruiert, welche
oben in einer Winkelstellung von ungef&hr 60° einen ca.
1'/» cm breiten konkaven Rand haben. Dieser rosetten-
fbrmige Rand ist an seiner Innenfl&che mit 40 scharfen
Riefen versehen, so dass zwischen jeder Kante eine Ein-
kejjbung liegt. Die „RQckflussgl&ser“ sind in einem gleich-
falls gl&sernen, pyramidenfdrmigen Sockel mit einer Basis
von 25 cm L&nge so eingelassen, dass sie leicht heraus-
gehoben werden kdnnen. Man erzielt durch einen ganz
minimalen Druck gegen die an der Rosette befindlichen
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V ermischtee.
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gl&sernen Leisten ein sofortiges Zurtickfliessen der fiber-
schiissigen Lbsung aus dem Tampon in das Glas, ohne
dass sich die Glaser oder das ganze Gestell aus ihrer
Lage verschieben. Der Sockel ist zur Aufnahme von drei
Glasern fQr verschiedenartige Losungen eingerichtet. Ftlr
mebrere Losungen wird das Gestell mit einem oder zwei
weiteren Sockeln mit je drei Behaltern kombiniert. Zwischen
den einzelnen Glasern befinden sich Einkerbungen ffir
Wattetrftger oder Spritzen. Nach dem Gebrauch kbnnen
die Lbsungen wieder in die Originalflaschen leicht zurilck-
geschlittet werden. Die Glaser sind bequem zu reinigen
und zu desinfizieren. Die „Riickflu8sglaser“ kommen in
alien Fachern der arztlichen Praxis zur Yerwendung, in
denen Medikamente oder Lbsungen in Betracht kommen,
welche ftlr Pinselungen oder Tamponaden bestimmt sind.
Die Firma von Poncet, Glashtittenwerk A.-G., Berlin,
Kbpenicker Strasse 54, welche die kompletten Bestecke
zum Preise von 4 M. herstellt, liefert die Glaser auch mit
vorbestellten saurefesten Emailschildern und Signaturen.
(Berliner klin. Wochenechrift 1911 Nr. 42.)
— Beitrag zur Vermin derung postoperativer Gefahren. Yon
Dr. O. Goldstein (Berlin). Ungenbgende Mundpflege
tragt sicher zur Entstehung postoperativer Pneumonien bei.
Seitdem Autor diesem Punkte seine Aufmerksamkeit zu-
wendet, hat er eine bedeutende Verminderung der post-
operativen Bronchitiden konstatieren kbnnen. Zur Des-
infektion des Mundes benutzt er das Perhydrol-Mundwasser.
Er lasst seine Pat., wenn angangig, an dem oder den der
Operation vorhergehenden Tagen taglich vier- bis sechsmal
den Mund grfindlich aussptilen. Auch nach der Operation
wird die Perhydrolspiilung mbglicbst haufig vorgenommen,
was einmal zur weiteren Desinfektion des Mundes wtinschens-
wert ist und sich zweitens ftlr die Pat. sehr vorteilhaft
erweist, weil die Spulung mit Perhydrol zur Ueberwindung
des w'iderlicben Nachgeschmackes des Narkosemittels bei-
tragt. Die PerhydrolverdQnnung wird so gewahlt, dass
sie l°/o Wasserstoffsuperoxyd enthalt, diesem Gehalt ent-
spricbt eine Mischung von 1 Teil Perhydrol mit 30
Teilen Wasser, die in Kliniken jederzeit selbst hergestellt
TVerden kann. (Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 44.)
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Bucherschau.
BucherscHau.
Die Gastroskopie hat H. Eisner in einer Monographic (Verlag
von G. Thieme, Leipzig, Preis: 8 M.) eingehend bear-
beitet. Wohl dem Arzte, der die Mittel hat, sich die ver-
schiedenen M -skope“ anzuschaffen, und sich in ihrer Hand-
habung genfigend auszubilden Zeit und Gelegenheit hat.
Wie leicht und rasch kann er oft diagnostizieren. was
andere nur ahnen und ‘ vermuten konnen, wie viel eher
kann er diagnostische Irrwege vermeiden, die den mit den
„gew6hnlichen“ Mitteln arbeitenden Aerzten nicht erspart
bleiben. Die Gastroskopie hat sich mehr und mehr zu
einer beachtenswerten und ntltzlichen Untersuchungsmethode
herausgebildet, und wer sie beherrsoht, wird als Diagno-
stiker manche Freude erleben. Eisners schdnes Werk
mit seinen 67 Abbildungen und 11 Tafeln kann natQrlich
nur den gastroskopischen Unterricht selbst erleichtern; es
wird dies in hervorragender Weise tun, und es kann in
diesem Sinne die Anschaffung dieser erschOpfenden An-
leitung ffir den Gebrauch des neuen diagnostischen Hilfs-
mittels wSrmstens empfohlen werden.
— Ffihrer der Menschheit, ein sozialer Roman aus der Gegen-
wart, von H. Lungwitz (Adler-Verlag, Berlin). Ein von
einem Arzte geschriebener, von Aerzten handelnder Roman,
der sicher das Interesse der Kollegen erregen wird und
dessen Lektflre durchaus dazu angetan ist, einige freie
Stunden angenehm auszufbllen. Jeder Arzt wird sich
gewiss freuen, wenn ihm dies Buch auf den Geburtstags-
tisch gelegt wird. Verfasser schreibt fliessend und schildert
gut die ftrztliche Misere, zeichnet scharf die verschiedenen
Charaktere und versteht es dabei, den Leser dauernd in
Spannung zu halten. Der 374 Seiten starke Roman
kostet 4 M.
Notiz.
Die heutigeNummer unseres Blattes enthS.lt eineBeilage, und zwar
von der Firma: Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin N 4, fiber
9 l Ppothaemin cc 9 auf die wir besonders hinweisen.
Fflr den redaktionellen Teil verantwortlioh:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
ty Google
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Erscheint am
Anfang eines jeden Monats.
M 6
Prela des Jahrgangs 6 Mk.
excL Porto.
Excerpta medica.
Kurse monatllohe JounaUaiififi
aus der gesamten Paohliteratur
zum Gtebrauch far den pr&ktischen Arzt
Heratugegeben von Dr. mod. Bugen CHraetzer in Friedenau-BerUn.
Ter lag Ton Carl Sallntamn, Leipzig.
Min. XXI. Mm 1912
Alopecia, a. im Anschluss an operative Nervenverletsung.
Von Dr. G. Trautmann (MQnchen). Autor hat zwei
Falle von A. beobachtet, welche im Anschluss an opera¬
tive Eingriffe im Trigeminusgebiet entstanden sind. Er
schreibt darDber: „Im ersten Falle handelt es sich um
eine 43jfihrige Stickerin, welche von habituellen Kopf-
schmerzen auf Grund von chronischen Eiterprozessen fast
samtlicher NasennebenhOhlen geplagt wurde. Ich habe
der Pat. beiderseits in mehreren Sitzungen das vereiterte
Siebbeinlabyrinth ausger&umt und nach Wegnahme der
vorderen Keilbeinhdhlenwand die Keilbeinhbhle, die mit
Eiter und Granulationen ausgefflllt war, ausgekratzt. Es
war nun merkwQrdig, dass einige Wochen nach dem letzten
EingrifF sich in rapider Weise zwei enorme, durch eine
stehengebliebene Haarleiste getrennte, rundliche Alopecie-
scheiben aushildeten. Die Haut war schliesslich vollkommen
haarlos und glatt. Ich war gendtigt, kurze Zeit darauf
noch die beiden StirnhOhlen zu eroffnen. Eine Vergrdsse-
rung der haarlosen Stellen trat nach diesem EingrifF nicht
auf; im Gegenteil, es zeigte sich allm&hlich allenthalben
Neuwachstum von feinen H&rchen, und nach etvra 1 / 4 Jahr
waren samtliche Haare vOllig nachgewachsen. Der zweite
von mir beobachtete Fall betrifft einen 28j&hrigen Photo¬
graph en, bei dem ich die dinke Stirnhfthle aufgemeisselt
und ein mehrere Zentimeter langes Stock des linken Nervus
supraorbital is extrahiert habe. Als der Pat. am n&chsten
Tage nach der Operation in seinem Bette frOh erwachte,
bemerkte er zu seinem Erstaunen, dass er mit seinem
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Alopecia.
Kopfe in einem Nest von ausgefallenen Haaren lag und
dass er am Hinterkopf oben mit den Fingern ganze Strecken
weit die Haare wie aus einem alten Pinsel herausziehen
konnte, Bei der Inspektion zeigte sich nun, dass der
Hinterkopf bis zu einer Linie, die links in der Nfthe des
Ohrlftppchens begann und im Kreisbogen nach rechts bis
zurHOhe des Ohrmuschelansatzes hinaufzog, vollstandig kahl
war. Die ganze Haut daselbst war glatt; nicht ein ein-
ziges Hftrchen war zu sehen. Aber auch hier fingen nach
etwa vier Wochen an einzelnen Stellen wieder feinste
Hfirchen zu wachsen an, und wie im ersten Falle waren
nach drei Monaten s&mtliche Haare vOllig nacligewachsen.
Ich glaube, dass ich die in den beiden Fallen nach Ope-
rationen aufgetretene A., ohne befOrchten zu mQssen,
Widerspruch zu finden, auf chirurgische Verletzung von
Aesten des Nervus trigeminus zurQckfGliren und diese als
,neurotischo‘ bezeichnen darf.“
(Dermatolog. Zentralblatt, Oktober 1911.)
— XJeher eine Emulsion ans Seife als Mittel zur Haarpflege
schreibt Dr. Pohl (Berlin-Charlottenburg): „Zweck der
folgenden Zeilen iat es, die Kollegen aufmerksam zu
machen auf ein Einfettungsmittel fOr das Kopf- und
Barthaar. Das fragliche Prftparat hat auf das Wachs-
tum des Haares keinen Einfluss, ist aber nach meiner
Meinung dienlich zur Pfiege des gesunden und zur Be-
handlung des kranken Haares in alien Fallen, in denen
man Anlass hat, das Haar einzufetten. Dieser Anlass
liegt z. B. dann vor, wenn man haufiger Kopfwaschungen
oder Einreibungen vorzunehmen hat. Die geringste StGrung
der normalen Yerfassung der Kopf haut bringt es mit sich,
dass die natOrliche Einfettung durch die TalgdrGsen ihren
Zweck, dem Haar Geschmeidigkeit .und gutes Ausselien
zu verleihen. nicht mehr erfOllt. Die feine Art der Ein¬
fettung und Vernierung nachzuahmen, welche die gesunden
TalgdrGsen an einem gesunden Haarbalg zustande bringen,
ist natOrlich ganz unmOglicli. Im allgemeinen vermftide
ich fOr das Kopf haar Alkohol oder alkoholische LOsungen
der in Frage kommenden Medikamente, trotzdem ein Kopf-
spiritus fQr den Pat. gewGhnlich angenehmer einzureiben
ist, schneller reinigt und schneller trocknet als ein Kopf-
Avasser; das wachsende Kopf haar vertrflgt aber den chro-
nischen konzentrierten Alkoholgebrauch nach meiner
Meinung fast ebenso schlecht, wie etwa die Kachen- und
Magenschleimhaut, die parenchymatdsen Organe usw.
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Alopecia.
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(unbeschadet der Unterschiede der BerOhrungszeit, Resorp¬
tion und Durchdringung fOr Epithelien und Blutgefasse).
L&sst man, wie ftblich, reines Oel, Creams oder Pomaden
anwenden, so hat man therapeutisch und kosmetisch den
Uebelstand, dass das Haar mit einer viel grosseren Fett-
menge Dberzogen wird, als den natfirlichen Verhaltnissen
entspricht, und dass es zusammenklebt. Verhaltnismassig
am zweckmassigsten unter den vorhandenen Mitteln ist
die dlhaltige Brillantine gewesen (15—20°/o Glyzerin,
40—80% Alkohol, 5—10% Oel). Ich habe aber auch
Pat. gebabt, die so empfindlich waren, dass sie den ge-
ringen Alkoholgehalt der Brillantine nicht vertrugen. Die
Bedingungen, die ein zweckmassiges Fimismittel fQr das
Kopfhaar erfOllen mOsste, sind folgende: Das einzelneHaar
muss mit einer Firnisschicht dberzogen werden, die Schicht
muss mbglich ddnn sein, die Haare dQrfen nicht zusammen-
kleben und kein Vehikel fOr Staubansammlung geben, und
das Losungsmittel ebenso wie der Firnis ddrfen keinen
schfldlichen Einfluss auf das Haar und den Haarboden
baben. Es kommt also haupts&chlich auf die ErfOllung
feiner mechanischer Bedingungen an, und diesen war mit
den bisherigen Einfettungsmitteln nicht zu gendgen* Neben
dieser mechanischen Funktion spielt die chemische Natur
des Stoffes, den man als Firnis benutzt, beim Haar nur
eine geringe Rolle. Es liegt auf der Hand, welche Vor-
teile es bietet, wenn man ein Einfettungsmittel in ein
Vehikel bringen kann, das fldchtig ist, das fdr eine feine
Verteilung der Einfettung sorgt, nachher durch die Ver-
dunstung verschwindet und doch die schfidliche Wirkung
des Alkohols nicht hat. Jeder, der langere Zeit behaarte
Haut zu behandeln gehabt hat und dabei den Haarbestand
selbst intakt und in gutem Zustande zu erhalten bestrebt
ist, wird zugeben, dass die Hauptschwierigkeit gerade in
einer fOr das Haar passenden mechanischen Verteilung
des Medikamentes liegt. Es war mir deshalb angenehm,
von seiten einer Berliner chemischen Fabrik Fritz Kripke
(Berliner Formpuderwerke) ein Pr¶t zu bekommen,
in dem ein Einfettungsmittel in wftssriger Losung oder,
genauer gesagt, eine feine w&ssrige Emulsion eines solchen
Einfettungsmittels enthalten ist. Die Firma nennt das
Praparat Mattanmilch und macht mir liber die Zusammen-
setzung die folgenden Angaben: ,Das Pr¶t besteht in
einer wSssrigen Emulsion von Fetts&uren bzw. sauren
fettsauren Salzen, die durch Neutralisieren einer w&ssrigen
Seifenlosung mit Sfiure hergestellt Avird. Seife, d. h. Alkali-
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Alopecia.
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salz der hoheren FettsSuren, ist bekanntlich in w&ssriger
Lbsung stark hydrolisiert, und die Losung reagiert stark
alkalisch. Versetzt man eine solche Seifenlbsung mit der
zur Bindung des gesamten Alkalis theoretisch erforderlichen
Sfiuremenge, so scheidet sich die freie FettsSure auf der
Oberflache der klaren Lbsung des Alkalisalzes vollstandig
aus. Ganz anders verhalt sich die Seifenlbsung, wenn
man ihr nicht die theoretische Menge Saure, sondern langsam
und vorsichtig unter gutem Rdhfen nur 90 — 95% der-
selben zusetzt, eine Menge, die gerade ausreicht, um eine
gegen Lackmus neutrale Reaktion zu erzielen. Jetzt er-
folgt keine scharfe Trennung zwischen wassriger Losung
und Fettsaure, sondern es entsteht eine vollkommen homo¬
gene milchweisse Emulsion, deren chemische Zusammen-
setzung sich etwa durch die Formel 1 fettsaures Alkali,
11 Fett saure ausdrbcken lasst. Die Emulsion reagiert
gegen Lackmus vollkommen neutral, lSsst sich mit destil-
liertem Wasser (also kalkfreiem Wasser) beliebig verdQnnen
und vertragt ohne Entmischung Zusatze der meisten fbr
das Kopfhaar gebrftuchlichen Medikamente, sofern diese
nicht durch ihre saure alkalische Reaktion das Gleich-
. gewicht stbren. Auf Ziisatz von etwa 30% Alkohol geht
die Emulsion in Lbsung. Zur Herstellung der Emulsion
lassen sich alle Sfturen, die starker sind als die hohen
Fettsauren, verwenden, z. B. Weinsfiure, Milchsaure, Essig-
sSure, Bors&ure, Chlorwasserstoff- und Schwefelsaure.
Nach dem Verdunsten des Wassers hinterbleibt eine farb-
lose, durchsichtige Schicht, die in alien den physikalischen
Eigenschaften, die hier in Betracht kommen, mit den wirk-
lichen Fetten fibereinstimmt. Sie ist wasserabstossend wie
Fett, ist bei Wahl der geeigneten Seife bei Zimmertem-
])eratur fest, bei Hauttemperatur teigig bis flbssig, genau
Avie Talg, und ist der Haut gegenflber vollkommen in¬
different. Vor den meisten Fetten besitzt die Emulsion
wie ihr Rbckstand, besonders wenn Borsaure zu ihrer
Herstellung benutzt wird, den Vorzug, nicht ranzig zu
werden und sich jahrelang an der Luft unverandert zu
halten.‘ — Ich habe nun die Mattanemulsion in den letzten
1V* Jahren von einer grossen Reihe meiner Pat. gebrauchen
lassen. Ich lasse gewbhnlich das Mittel 2—5mal in der
Woche auf Kopfhaut und Haar verreiben, bei Frauen mit
einer kleinen weichen Bbrste auftragen und dann ober-
flachlich abtrocknen. Diese Einfettung ist natbrlich un-
abhangig v^n der Anwendung der Medikamente, die ich
zur eigentlichen Behandlung des Haarwuchses vei-Avende.
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Alopecia.
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Nur wird sie selbstverstandlich nicht vor einer medika-
mentbsen Einreibung vorgenommen. Bei trockener Sebor-
rhoe, sofern diese sich in geringem Grade halt, kann die
Emulsion ohne vorherige Waschung angewendet werden
und als Reinigungsmittel betrachtet werden, dergestalt,
dass der Kopf mit reichlichen Mengen der Emulsion ge-
waschen und mit einem Tuche trocken gerieben wird.
Besonders bei kurzem Kopfhaar, also bei Mannern, ist
dies die einfachste Art der Anwendung. Liegt eine starkere
Desquamation und Sebunanhaufung vor, so muss die Kopf-
haut erst gereinigt werden. Die Emulsion verklebt aber
auch bei vorhandener Schuppenbildung nicht so wie irgend-
ein Oel. Bei den sehr haufigen Zustanden der chronischen
A., in denen der Dickendurchmesser der einzelnen Haare
stark variiert und wo sehr feine Haare neben denen von
normaler Starke vorhanden sind, entsteht das den Pat.
beiderlei Geschlechts lastige Aufstreben der einzelnen feinen
Haare, die sich nicht in die Frisur fiigen wollen und vor
allem gewbhnlich mehr oder weniger tordiert sind; diesem
Uebelstand hilft die wassrige Einfettung am schnellsten ab.
Bei den verschiedenen Arten der Trichorrhexis hat die
Emulsion einen therapeutischen Effekt nicht gehabt —
was sich ja aber auch nicht erwarten liess —, konnte
aber ebenfalls ohne Schaden neben anderen Medikamenten
gebraucht werden. Fttr die Pat., auch ftir sehr empfind-
liche und anspruchsvolle Personen, ist die Verwendung
dieser Emulsion augenscheinlich stets angenehm gewesen
und hat immer ein Geftihl von Reinlichkeit hinterlassen.
Schliesslich bleibt noch zu bemerken, dass ich die Emul¬
sion auch mit den Medikamenten, die ich zur Behandlung
verwenden liess, direkt kombiniert babe, sofern es sich
nicht um Alkalien oder Sauren handelt. Beim zweiten
Stadium der chronischen A. z. B. ist ein vielfach nfttz-
liches Mittel das Amylnitrit, das ich in folgender Formel
anwende:
lip. Amyl, nitros. guttas 20—40
Spir. rectificat. 20—40
Aqu. destillat. ad 200
Tinct. Fowleri 1,5—2,5.
In dieser Losung kann man sehr gut das destillierte TYasser
durch Mattanemulsion ersetzen. (Das therapeutische Prin-
zip, von dem ich hier mit dem Amylnitrit ein Beispiel
gegeben habe, bedarf einer kurzen Erklarung. Es kommt
l»ei einem vorgeschrittenen Stadium des chronisch-indui’a-
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Alopecia — Arthritis urica.
tiven Prozesses an der Kopfhaut, welcher zum Haarverlust
f(lhrt, darauf an, zun&chst eine gelinde Hyperamie und
Lockerung in der Subcutis zu erzeugen. Besonders ist
das der Fall bei A., die mit Kopfdruckerscheinungen, mit
Gefflhlen von Hitze oder K<e oder anderen abnormen
Sensationen am Kopfe verbunden sind.) Ein anderes Re-
zept, bei dem ich ebenfalls Mattanemulsion statt Wasser
genommen habe, ist:
Sulfur, praecip. 1—2,5
Spirit.
Glyzerin aa 15
Mattanemulsion ad 200.
(Dermatolog. Centralblatt, Januar 1912.)
Arthritis urica* Ueber die Wirkung des Atophans macht
Dr. F. Deutsch (II. Mediz. Klinik in Mfinchen) Mitteilung.
Es wurden 25 Gichtfalle, sowohl akute als auch chro-
nische, mit dem Medikament behandelt. Wurde es aucli
meist anstandslos vertragen, so zeigten sich doch ofters
unangenehme N ebenerscheinungen, wie Magend rflcken,
saures Aufstossen, Diarrhoe. Gleichzeitige kleine Gaben
von Natriumbikarbonat konnten diese Symptome unter-
drOcken (Weintraud). Die Dursehnittsdosis betrug
3—4 g pro Tag. Besonders bei akuten Fallen wurde der
Eindruck gewonnen, dass das Mittel die Krankheit gdnstig
beeinflusst. Zwei Paradigmata dieser gOnstigen Wirkung
filhrt Verf. an. Ebenso sank auch bei den anderen mit
Atophan behandelten akuten Gichtfallen immer inner-
halb 24 Stunden die Fiebertemperatur zur Norm, die
Schw r ellungen der befallenen Gelenke sowie die Schmerzen
schwanden auffallend rasch. In manchen Fallen hat sich
Atophan den Salizylpraparaten als bedeutend Oberlegen
erwiesen, indem es noch dort Erfolge zeitigte, wo diese
Mittel versagten. Bei einer Pat. jedoch, die sich in einem
akuten Gichtanfall befand, konnte Atophan zwar«eine sub-
jektive Besserung hervorrufen, doch die objektiven Sym¬
ptome nicht beseitigen; hier vermochten auch die Gbrigen
Gichtmittel keine Besserung zu erzielen. In einem Falle
von Periostitis rheumatica mit akut auftretenden entzQnd-
lichen Schwellungen des Periosts, in dem sich alle Medi-
kamente als unzulanglich erwiesen, konnte Atophan ent-
schiedene Wendung zum Besseren erzielen und die ent-
zGndlichen Erscheinungen beseitigen, doch trat noch wahrend
<ler Atophanperiode ein neuerlicher Anfall auf. Man darf
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Arthritis urica — Ekzem.
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das Atophan wohl als das derzeit beste Mittel gegen den
akuten Gichtanfall bezeichnen. Dass bei der chronischen
Gicht eine so gdnstige Beeinflussung nicht zu erwarten
war, dass Atophan nicht imstande sein kann, die schweren
chronischen artikul&ren VerSnderungen zu beseitigen, ist
nur nattlrlich und bestatigte sich in den behandelten Fallen.
Ob die sonstigen Begleitsymptome der Gicht, wie die
Herz- und Nierenbeschwerden, durch das Mittel einer
Besserupg zuganglich sind, wird erst nach mehrjahrigen
Erfahrungen klargelegt werden konnen. Ein chronischer
Fall von gichtischer Ischias, der nach Atophan eine ganz
auffallende Besserung erfuhr, soil hier nicht unerwahnt
bleiben. (Mtincb. med. Wocbengcbrift 1911 Nr. 50 j
— Zur Kenntnis der Wirknngsweise des Atophans bei chro¬
nischer A. Von Prof. Dr. Plehn (Stadt. Krankenhaus
am Urban in Berlin). Autor kommt zu folgenden SchlOssen:
1. Die Gichtdiagnose kann von einer Vermehrung
der Harnsaure im Blut allein nicht abhangig gemacht
werden.
2. Die Diphenylchinolintetrakarbonsaure (Atophan)
steigert die Harnsaureausscheidung bei den meisten chro-
nisch Gichtkranken bis aufs Doppelte und weiter.
3. Die Mehrausscheidung dauert bei ihnen langer als
bei Gesunden.
4. Die Wirkung auf die lokalen EntzOndungserschei-
nungen ist gewbhnlich ausgezeichnet.
5. Um diese Wirkung dauerhaft zu machen, ist langer
Fortgebrauch des Mittels und seine UirterstQtzung durch
den Obrigen Heilapparat notig.
G. Schaden haben wir davon bis jetzt nicbt beobachtet.
(Deutsche med. Wochenachrift 1912 Nr. 3.)
Ekzem. XTeber die Behandlnng hartn&ckiger, n&ssender E.
Von Dr. Wehner (Berlin). Die Methode besteht kurz in fol-
gendem: Die nassenden Stellen werden mit 5°/oiger Argen-
tumlosung geatzt und dann mit 5°,oiger Lenigallolzink-
pasta verbunden. Im einzelnen ist die Technik nachstehende:
Ein Wattebauschchen wird mit der Argentumlosung ge-
trankt und fest auf alle Stellen, die feucht sind, gedrQckt.
Zeigt sich nach Wegnahme des Wattebauschchens auch
nur das geringste Nassen, so muss sofort wieder die be-
treffende Stelle komprimiert werden. Es kann unter Um-
standen einige Minute dauern, ehe der Zustand absolute!*
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Gkzem.
Trockenheit erzielt ist. Jedenfalls darf sich auf der Silber-
albuminatschicht, die sich bildet, kein n&ssendes Piinktchen
zeigen. Auf die nunmehr getrocknete Ekzemfl&che wird
ein Mulliippehen gelegt, das messerriickendick mit 5°/oiger
Lenigallolzinkpaste bestrichen ist. DarOber folgt ein fester
Verband. Hbhere Konzentrationen als 5°/oige sind beim
Lenigallol nicht zu empfehlen, oft genOgt schon eine 3 %ige
Paste. Diesen Verband l&sst Autor 1—3 Tage, je nach
den Umstanden, liegen. Gewbhnlich ist nach drei Tagen
ein vollkommenes Sistieren des Nassens erreicht. Nach-
dem man einmal so weit ist, ist eine vollstandige Ab-
heilung leicht. Sieht das E. noch gereizt aus, so empfiehlt
sich eine Tumenolzinkpaste, sonst eine Teerpaste zur
Weiterbehandlung. Sollte dieser eine Tumus von Leni-
gallolanwendung nicht genilgend gewirkt haben, so kann
er beliebig oft wiederholt werden. Nur empfiehlt es sich,
das Lenigallol nicht linger als drei Tage hintereinander
anzuwenden, sondern eine Pause von 1—2 Tagen einzu-
schieben. In der Zwischenzeit behandelt man 4 mit Zink-
paSte Oder Zinkol. N (Die Tlierapie der Gegeuwurt. September 1H11.)
Unguent a adhaesiva. Von Dr. Dreuw (Berlin). Unter dem
Namen „Klel>esalbe“ moclite Verf. eine Vorschrift angeben,
die ihm berufen zu sein scheint, bei alien chronischen
Infiltraten der Haut, sei es, dass diese ekzematoser oder
psoriatischer oder sonstiger Natur sind, eine grosse Kolle
zu spielen.
Rp. Acid, salicyl. 10,0
Pyrogallol
Liq. carbon, deterg. aa 20,0
Zinc, oxydat. 20,0
Sapon. virid.
Adip. Ian. anhydric. aa 25,0
M. D. S. Ung. adhaesiv.
Diese Salbe ist von weissgrauer Farbe. Im Salben-
topf fSrbt sich die Oberfl&che schwarz infolge der inten-
siven reduzierenden Eigenschaften, wahrend der Kern ^er
Salbe grau bleibt, ein Zeichen, dass sie den Sauerstoff
intensiv anzieht. Sie hat eine klebrige Konsistenz, wie
sie bisher noch keine Salbe aufzuweisen hatte, und haftet
daher beim Auftragen der Haut intensiv an. Die Appli-
kation geschieht entweder direkt oder so, dass man mittels
eines Spatels die Salbe auf ein Sttickchen Leinwand, Taft,
Kambrikbindenstoff usw. messerriickendick auftragt und
den so armierten Stolf dann fiir 1—2 Tage auf die in-
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Ekzem.
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filtrierte Stelle appliziert, wo er vollstftndig festhaftet. Hier
und da empfiehlt sich noch eine Befestigung mit einer
Mullbinde oder Heftpflasterstreifen, namentlich am Knie
oder Ellbogen. Eine Reizung tritt trotz der hohen Kon-
zentration der Salbe kaum auf, wenigstens habe ich bis-
her auch nicht die geringste Reizung konstatieren kbnnen.
Die frisch aufgestrichene, grau aussehende Salbe f&rbt
sich nach einigen Stunden schwarz. Die schwarz ver-
f&rbte Haut wird mit Benzin gereinigt. Die Wirkung ist
namentlich bei chronischen infiltrierten E. manchmal ge-
radezu frappant. Nach 4—5 Tagen hat Verf. lokalisierte
chronische E. schwinden sehen, die V* —1 Jahr und lftnger
jeder Therapie getrotzt hatten. Die „Klebesalbe“ ist her-
vorgegangen aus der vom Verf. angegebenen Salbe gegen
Psoriasis:
Rp. Acid, salicyl. 10,0
Chrysarobin
01. rusci aii 20,0
Sapon virid.
Adip. Ian. anhydric. aa 25,0
M. D. S.
Ersetzt man in dieser Salbe Chrysarobin durch Pyro-
gallol und Oleum rusci durch Liq. carbon, detergens und
setzt dann noch 20 g Zinkoxyd zu, so tritt plotzlich eine
klebrige Konsistenz der Salbe in die Erscheinung, wo-
durch die eigenttimliche Wirkung wenigstens zum Teil
ihre Erklarung findet. Man kann auch statt Liq. carbon,
deterg., 01. rusci und andere reduzierende Mittel einffigen.
Die Salbe wird jedoch zweckentsprechend mit indifferenten
Vehikeln vermischt. Technisch ist zu bemerken, dass es
schwer ist, wegen der zfihen, klebrigen Konsistenz die
Salbenbereitung mit der Hand zu machen, da der Arm
schon nach wenigen Minuten erlahmt. Sobald aber die
Mischung der einzelnen Bestandteile nicht ganz innig ist,
tritt die klebrige Beschaffenheit der Salbe zuriick.- Es
empfiehlt sich daher unter alien Umstfinden, die Mischung
rein mechanisch in einer Salbenmuhle vorzunehmen. Damit
der Sauerstoff der Luft moglichst ferngehalten wird, wird
die Salbe am besten in luftdicht verschliessbaren Kruken
verpackt. Nach Entnahme eines kleinen Quant urns' der
Salbe wird der Deckel wieder luftdicht geschlossen. Die
reduzierende Wirkung an der Oberflache tritt namentlich
in Olaskruken zum Yorschein, durch welche man den hellen
Kern und' die schwarze OberflSche sehr deutlich sehen
kann. (DeutscKe med. Wochensohrift 1912 Nr. 1.)
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Ekzem.
— TJeber die gewerblichen Erkrankungen der Haut. Yon Prof.
Dr. K. Herxheimer (Frankfurt a. M.). In der folgenden
Tabelle hat Verf. versucht, eine Uebersicht zu geben fiber
die h&ufigsten Gewerbeekzeme Bei der Zerstreutheit der
Literatur ist es keineswegs ausgeschlossen, dass eine An-
zahl von Arbeiten fibersehen wurde, und ferner dfirfte
durch die fortschreitende Technik sozusagen taglich Ge-
legenheit zu neuartigen Gewerkeekzemen gegeben sein.
Gewerbe-Ekzeme.
1. „Zementkr&tze w durch Aetzwirkung des Kalkes oder
durch die bestandige Durchfeuchtung der Haut und Ein-
trocknung der Feuchtigkeit an der Luft.
2. „Backerkr&tze“ durch feuchten Teig, Starke Zucker-
ldsungen und Hitzeausstrahlung des Backofens. Bei Ein*
wirkung der Fruchtsauren kfinnen auch die Fingerspitzen
befallen werden.
3. „Waschfrauenkratze“ durch Wasser, Soda undSeife.
4. E. in W&schereien beim Waschen mit Chlorkalk.
5. E. der Flachs- und Wollspinner durch Eintauchen
der H&nde in heisses Wasser, ev. (bei Wollspinnem) durch
Mineralien und Oele.
6. E. in Baumwollspinnereien durch Schmierole.
7. Galvaniseur-E. durch Entfettung mit Benzin.
Btirsten mit Kalk, Seifen usw.
8. E. in galvanoplastischen Anstalten beim Arbeiten
in den Zyankaliumb&dern.
9. Gttrtler-, Spengler-, Former-E. durch Sauren oder
Terpentin (ebenso Maler-, Vergolder- und Drechsler-E.).
10. Drucker- und Maschinenmeister-E. durch Kienol
zum Schmieren von Maschinenteilen.
11. Hutfabrikarbeiter-E. durch mit Schwefelsaure an-
gesauertes heisses Wasser.
12. Tabakarbeiter-E. durch Berfihrung mit atzenden
Flfissigkeiten beim Loslosen der Tabakblfitter.
13. Farberei-, Beizerei- und Kalikoarbeiter-E. durch
die Beiz- und Bleichmittel, nfimlich: chromsaures Kali,
doppelchromsaures Natrium, Aetzkali, Kalk, zinnsaures
Natron, Chlorkalk, Essigsaure oder auch durch Mischen
der Walkseife oder durch Reinigen der Hfinde mittels
Zuckersaure oder durch Zusetzen von Mineralfilen zu Olein
oder durch Oxalsaure.
14. Schreinereiarbeiter- undMfibelpolierer-E. („Polierer-
kratze tt ) durch Schellack oder Pyridin, ferner durch Mine-
ralfll, Paraffin usw.
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Ekzem.
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15. „Paraffinkr&tze“ in Paraffinfabriken und in Pe-
troleumraffinierungen durch Mineralole.
16. Kunstdfinger-E. durch ArSen oder durch Super-
phosphatstaub.
17. E. in Blechgeschirrfabriken durch Mineralsauren.
18. E. in Glashutten durch Kupfervitriol, durch Fluss-
saure sowie, beim Ausschleifen von Fehlem und durch
BerQhrung mit den Schleifwassern („Wasserkratze“).
19. E. bei Gartnern durch das Gift der Primeln, der
Thuya occid., Rhus toxicod., Ostrya virginic., Solanum-
arten, durch Arnica montana, Ipomoea imperialis und viele
andere Pflanzen, z. B auch bei Blumensammlern auf den
Scilly-Inseln durch Lilien („Lilienausscblag“).
20. Photographen-E. durch Reduktionsmittel wieMetol,
Rodinal, Pyrogallol.
21. Formalin-E. bei Anatomiedienern, Aerzten usw.
22. AerztlicheGewerbe-E. durch Karbol, Sublimat usw.
23. Chemiker-E. durch Phenylhydrazin, ferner durch
Jodoform, Quecksilber, Anilinverbindungen usw.
24. „Teerkratze“ in Brikettfabriken durch Steinkohlen-
teer, unterstfitzt durch Sonnenhitze.
25. E. in Teerschwelereien durch Teer und Paraffin.
26. E. in Kalksandsteinfabriken durch gebrannten
und geloschten Kalk.
27. E. in Kalkwerken durch Herstellung des Isolier-
mittels Mikanit aus Glimmerplatten, die mit Kolophonium
und Terpentin zusammengeklebt werden.
28. E. in Dachsteinfabriken beim Eintauchen der
Steine in erw&rmten Teer.
29. E. in Porzellanfabriken durch das Stanzol und
Terpentin („Terpentinkratze“).
30. E. in Bronzewarenfabriken beim Beizen mit ver-
diinnter SchwefelsSure.
31. E. in Vernickelungsanstalten („Nickelkratze“)
durch Reinigung mit Petroleum oder Benzin oder durch
Kalkstaub oder durch Nickelsulfat oder Nickelammonium-
sulfat.
32. E. in Emaillierwerken beim Beizen und Scheuern
mit Beizfliissigkeiten.
33. E. in Drahtfabriken beim Beizen der Drahts&ulen
in SSurebottichen.
34. E. in Gussstahlkugelfabriken durch Schleifble.
35. E. in Maschinenfabriken durch das Denaturier-
mittel des Spiritus.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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Ekzcm.
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36. E. in Nahmaschinenfabriken durch Arbeiten an
den Nickelb&dern.
37. E. in Fahrradfabriken beim Keinigen der zu ver-
nickelnden Gegenst&nde mit Kalkmasse; 38. durch Arbeiten
in den Nickelbadern; 39. durch Sagemehlstaub ev. in
Verbindung mit Schmierol.
40. E. in Nadel- und Fahrradspeichenfabriken durch
Schmierol.
41. E. in chemischen Fabriken 'beim Fiillen von
Schwefelsalz und Salpetersaure; 42. durch atzenden Soda-
staub bei Herstellung von Fluss- und Schwefelsaure;
43. durch Berfihrung des noch feuchten Nickelsulfats;
44. beim Hantieren mit Chlorbenzol; 45. durch Chinin-
staub („Chininkratze“); 46„ beim Hantieren mit Opium-
praparaten.
47. E. in Farbenfabriken durch Anilin und seine
Rohstoffe; 48. durch Chlorkalkwasser und Eindringen der
Azofarbstoffe; 49. durch geschmolzenes Binitrobenzol;
50. bei der Anthracenherstellung durch Acridin oder durch
Anthracen.
51. E. in Lackfabriken durch Terpentinol.
52. E. in Ztindholzfabriken durch Paraffin beim Ein-
ffillen der Holzer in Schachteln.
53. E. in ZfindhOtchen- und Patronenfabriken bei
der elektrolytischen Gewinnung des chlorsauren Kalis.
54. E. in Kalifabriken beim Zerkleinern der Roh-
salze („Salzflechte w ).
55. E. in Petroleumniederlagen durch Petroleum
(„Petroleumkratze“).
56. E. in Dachpappenfabriken an den Asphaltkocli-
kesseln.
57. E. in Hasenfellzurichtereien durch Entfernen der
Haare mit Chemikalien.
58. E. in Linoleumfabriken durch Rohnaphtha.
59. E. in Eisenbahnschwellen - Impragnieranstalten
durch die Imprfigniermittel.
60. E. in Perlmutterknopffabriken durch Staubent-
wicklung beim Knopfausbohren.
61. E. in Zuckerfabriken beim Bearbeiten des Saftes
(„Zuckerkrfitze“); 62. in Sirupkellern und auf den Zucker-
boden.
63. E. in Konservenfabriken beim Abschalen des
Spargels.
64. E. in Bauschreinereien beim Abreiben von Holz,
das mit Kalilosung getrSnkt ist.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Ekzen\— Frakturen und Luxationen.
237
65. E. in Schuhcremefabriken durch Fettmassen, be-
stehend aus Harz, Vaselin und Erdwachs, das mit Nigrosin
gefSrbt ist.
66. E. in Bijouteriefabriken bei Personen, die mit
Silberbadern beschilftigt sind.
67. E. in Sprengstofffabriken bei Leuten, die mit dem
Wachsen, Patronieren und Verpacken von Patronen be-
scbaftigt sind.
68. E. in Kupferdrahtziehereien von Kabelwerken durch
Oel. Sfiuren und Metallsalze.
69 E. bei Reisarbeitern.
70. E. in Cbromgerbereien nur dann, wenn atzende
Chromverbindungen benutzt werden.
71. E. durch Verarbeiten von Atropinmutterlaugen
zur Herstellung von Apoatropin.
72. E. durch den Staub bei Verarbeitung ausl&n-
discher HOlzer.
73. E. bei Arbeitern in Mobel- und Klosettdeckel-
fabriken durch gewisse Beizen in alkalischer Losung.
74. E. bei Heringsverkaufem durch Heringslake.
(Deutsche med. Wochensohrift 1912 Nr. 1.)
Frakturen und Luxationen, Oiekranonfraktur, kom-
biniert mit gleichzeitiger typischer Uadinsfraktur.
Yon Dr. L. Meyer (Berlin). Frau F., 60 Jahre alt, kam
am 9. Mai 1911 in VerPs. Klinik mit der Angabe, sie sei
am Abend zuvor eine Kellertreppe herabgefallen und bStte
seitdem unertragliche Scbmerzen im linken Arme. Da es
einerseits stockfinster gewesen sei, anderseits die Frau
sofort die Besinnung verloren babe, kbnne sie keine wei-
teren Angaben machen liber die Art und Weise, wie sie
beim Fallen aufgeschlagen und in welcher Position der
Arm zu seinem Trauma gekommen sei. Die manuelle
Untersuchung ergab sofort durch HSmatome hindurch deut-
lich erkennbar
1. eine Fractura olecrani sin.,
2. eine Fractura radii sin. loco typico.
Die Koinzidenz der beiden Frakturen, die schon an und
fQr sich etwas Ungewohnliches ist, wurde durch das RSntgen-
bild best&tigt, und es ergab sich, dass zwischen dem frak-
turierten Olekranon und der Ulna eine Diastase von 1 cm
bestand, wShrend die untere Radiusepipbyse auf den Schaft
direkt gebolzt war. Hinsichtlich der Behandlung hat Verf.
nun folgende ErwSgungen angestellt. Wollte er die Ole-
kranonfraktur behandeln, so mlisste er den Arm in Streck-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
238
Frakturen und Luxation en.
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stellung fixieren, um den Ulnaschaft dem von der kontra-
hierten Tricepssehne hochgezogenen Olekranonfragmente
zu n&hern und dadurch die Herstellung der Kontinuitat
zu ermfiglichen. Die Einrichtung der Fractura radii loco
typico.musste man auf der von Bergmannschen Klinik so
vornehmen, dass erstens der Ellenbogen rechtwinklig ge-
beugt und zweitens das Handgelenk unter einer Pappschiene
durch geeignete Bindentouren in Flexion, Pronation und
Abduktion fixiert wurde. Bei der in diesem Falle vor-
liegenden Kombination der beiden beschriebenen Frakturen
schloss die Art des einen Verbandes die Mdglichkeit des
andern aus, und da die Erfolge des einfachen Verbandes
der Olekranonabrissfraktur in Streckstellung eo ipso keine
sicheren sind, so entschloss Yerf. sich, von vornherein
auf diese Methode zu verzichten und gleich primar die
Knochennaht des Olekranon vorzunehmen. Es wurde so-
fort in Narkose unter Blutleere ein 8 cm langer Haut-
schnitt fiber die hintere Flache des Olekranon gelegt und
aus dem frei erfiffneten Gelenke die vorhandenen Koagula
sowie ein kleines abgesprengtes Stfick des Radiuskfipfchens
entfemt. Dann wurden Olekranon und Ulna an je zwei
genau korrespondierenden Stellen durchbohrt und nach
genaue.r Adaptierung mit Silberdraht genfiht. Darauf Schluss
der Hautwunde mit Seidennfihten. Nachdem so die Ulna-
fragmente in zuverlfissiger Weise aneinandergebracht waren,
stand einer Versorgung der Radiusfraktur in der gewohnten
Weise nichts mehr im Wege, und dieselbe konnte unter
Benutzung derselben Narkose im Anschluss an die Ope¬
ration ausgeffihrt werden. Der Verband blieb zwei Wochen
liegen und wurde dann durch eine einfache Winkelschiene
aus Pappe ersetzt, wobei die Hand aus der Pronation,
Flexion und Abduktion in die natfirliche Mittelstellung
gebracht wurde. Am Ende der dritten Woche Entfernung
jedes Verbandes und Beginn einer zielbewussten Heiss-
luft- und Massagebehandlung. Das Rfintgenbild ist 5 V> Mo-
nate nach der Operation angefertigt worden und erweist
das anatomisch vorzfigliche Resultat des Verfahrens. Die
gleichzeitig vorgenommene Nachuntersuchung ergibt einen
ebenso ausgezeichneten funktionellen Erfolg.
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 48.)
O. Ehringhaus, TTeber Dornfortsatzfraktnren. (Aus der
Univers.-Poliklinik f. orthopfid. Chirurgie in Berlin.) Einen
interessanten Fall teilt E. mit. Der elfjfihrige Knabe ist
in der Woche nach Pfingsten — also vor etwa 14 Tagen —
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Frakturen und Luxationen.
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beim Spielen von einem etwa 2*4 m hohen Bauzaune
rficklings herabgefallen und auf einen davor liegenden
Haufen Ziegelsteine aufgeschlagen. Der Kleine war zwar
noch imstande nach Hause zu gehen, verspfirte aber ausser-
ordentlich heftige Schraerzen etwa in der Mitte des Rfickens,
so dass die Mutter noch in der Nacht bei einem in der
Nfihe wohnenden Arzt Hilfe suchte, auf dessen Veran-
lassung dann der Pat., als nach etwa acht Tagen unter
kfihlenden Umschlfigen eine Anschwellung in der Mitte
des Rfickens nicht zurfickging, der Poliklinik zugeffihrt
wurde. Bei der ersten Untersuchung fand sich im Bereich
der unteren Brust- und oberen Lendenwirbels&ule eine
Prominenz, deren Hfihepunkt dem Processus spinosus des
zwfilften Brustwirbels entsprach und die ausserst druck-
empfindlich war. Der Pat. war ausserstande sich zu bficken,
und beim Auf heben von Gegenst&nden suchte er genau nach
der Art an Spondylitis leidender Kinder die Wirbelsaule
durch Aufstfitzen der freien Hand auf das lvnie zu entlasten.
Beim Erheben des in Bauchlage befindlichen Pat. an den
Fflssen wurde der obere Lenden- und untere Brustteil der
Wirbelsaule bis zur Mitte starr fixiert, ebenso beim Veiv
such, den Rumpf nach hintenfiber zu biegen. — Angesichts
der Prominenz des Dornfortsatzes und der sehr ausge-
sprochenen Fixation der Wirbelsaule gegenfiber Bewegungs-
versuchen um die horizontale Achse war es sehr nahe-
tiegend, an eine Spondylitis zu denken, um so eher, als
wir ja vielfach auch in der Anamnese Spondylitiskranker
ein vorausgegangenes mehr oder weniger schweres Trauma
zu erheben vermfigen. Der Umstand jedoch, dass sowohl
Drehbewegungen des Rumpfes als auch ganz besonders
seltliche Neigungen vollig frei und schmerzlos sich aus-
ffihren lassen, brachte im Yerein mit der stets sehr genau
und namentlich bei seitlichem Druck an dem Processus
spinosus des zwfilften Brustwirbels angegebenen Schmerz-
haftigkeit zur Annahme einer Fraktur an dieser Stelle,
eine Auffassung, die man durch eine Rfintgenaufnahme
bestatigt fand. Das in Seitenlage des Pat. und starkster
Kyphosierung der Wirbelsaule angefertigte Bild zeigt ganz
deutlich eine Absprengung des zwolften Brustwirbeldorn-
fortsatzes, den man in dem Ligamentum interspinale zwischen
zwfilftem Brust- und erstem Lendenwirbel als etwa bohnen-
grossen Knochenschatten gut erkennen kann. Wir haben
damit zugleich auch die Erklarung, warum weder Krepi-
tation noch abnorme Beweglichkeit, auch nicht nach der
von Sauer angegebenen Untersuchungsmethode mittels
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240
Fraktyren and Luxationen.
Unterschiebens der palpierenden Hand unter den in Rttcken-
lage ruhenden l*at., sich feststellen liessen, indem n&mlich
das vom zwOlften Dornfortsatz abgesprengte Stttck durch
den immerhin recht wuchtigen Sturz in das Ligamentum
interspinale fest eingekeilt wurde. Bei den ersten Unter-
suchungen hatte auch das Rttntgenverfahren versagt, da
die starre Fixation der Wirbels&ule die zur Projektion der
Dornfortsfitze gerade dieser Region unbedingt erforderliche
st&rkste Kyphosierung nicht gestattete, w&brend jetzt an
der Hand dieser Seitenaufnahme auch auf dem von vorne
aufgenommenen Bilde am unteren Rande des zwolften
Brustwirbelkttrpers ein ungewtthnlicher kleiner Knochen-
scbatten nach lfingerem Studium wahrzunehmen ist. Das
besondere Interesse dieses Falles bieten also die differential-
diagnostischen Erwagungen, und es sei somit nochmals
betont, dass man lediglich rait Rttcksicht auf die freie
Seitliche Beweglichkeit der Wirbelsfiule und den intensiven
Scbmerz bei seitlichem Druck in der Gegend des zwolften
Brustwirbeldornfortsatzes die Diagnose einer Fraktur des-
selben stellen konnte. E. glaubt gerade diesen beiden
Symptomen eine fiir die Differentialdiagnose ausschlag-
gebende Bedeutung zuerkennen zu mttssen.
(Berliner klin. WocheuBchrift 1911 Nr. 88.)
•— Fraktische Winke zar Gipsverbandtechnik. Von Prof. Dr.
Pels-Leusden (Greifswald). „Ich, und wie ich weiss,
auch sehr viele andere benutzen nur noch Gipsbinden,
welche aus gewbhnlichen Mullbinden hergestellt sind, und
auch in der Armee ist die Appreturgipsbinde .vollst&ndig
abgeschafft worden. In den 13 Jahren, seitdem ich mit
den Gipsmullbinden arbeite, nachdem ich vorher die
Appreturbinden in mehrj&hriger Praxis hatte kennen ge-
lernt, habe ich als den Nachteil der letzteren gegenOber
den ersteren folgendes empfunden. Zunachst erstarren die
Appreturgipsbindenverbande sehr langsam. Das ist ein sehr
grosser Nachteil fQr den Arzt wie fttr den Pat. Der Arzt
verliert sehr viele Zeit, und derjenige, welcher das ein-
zugipsende Glied in der korrigierten Stellung zu halten
hat, wird manchmal fiber seine KrSfte angespannt. Er
ist physisch nicht imstande, eine redressierte Unterschenkel-
fraktur, um ein Beispiel zu wfthlen, so lange redressiert
zu halten, bis der Verband erstarrt ist. Daraus folgt
auch ein Nachteil fflr den Pat. Zweitens wird bei dem
Einlegen der Appreturbinden in Wasser — und das ist
auch der Grund fttr das langsame Erstarren der Yerbfinde
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Go>, >gle
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Frakturen und Luxationen. 241
— eine grosse Menge Wasser lediglich zum Yerkleistem
der Starke gebunden. Das bedingt fiir den Anfang ein
viel grosseres Gewicht des Verbandes und eine langsamere
Abgabe des tiberfltissigen Wassers durch Verdunsten.
Drittens liegen naturgemass die Gipspartikelchen viel
weiter auseinander, der Verband ist unfOrmiger, er gibt
auch nie beim Anlegen unmittelbar auf die Haut, z. B.
beim Abformen eines Kbrperteils, einen so exakten Abguss
wie bei Verwendung der Mullgipsbinden. Viertens haftet
der Gips in den Appreturbinden nicht. so gut wie in den
Mullbinden, da er in die schon mit Kleister angefullten
Maschen nicht eindringen kann. Bei ruhiger horizontaler
Lage ist das kein so grosser Nachteil, wenn. aber die
Binden beim Transport, z. B. in der Landpraxis und im
Felde, geschiittelt werden, so fallt der meiste Gips heraus,
und man muss viel mehr Binden verwenden, um einen
haltba,ren Verband zu erzielen. Das ist bei bescbrankten
Raumverbaltnissen und der Notwendigkeit, mit den vor-
handenen Bestanden tunlichst sparsam umzugehen, wie
wiederum im Felde, sehr nachteilig. Endlich ist eine
Appreturbinde mehr als das Doppelte teurer als eine
Mullbinde, was nur dann nicht iiffc Gewicht fallen kbnnte,
wenn die aus ersterer hergestellten Verbande den aus der
letzteren hergestellten tiberlegen waren, und das ist ganz
sicher nicht der Fall. Diesen vielen Nachteilen steht nur
ein- einziger, aber auch nur sehr bedingter Vorteil gegen-
iiber, das ist die etwas leichter zu erlernende Herstellungs-
art der Appreturgipsbinden. Demgegenflber erstarrt der
Mullbindengipsverband in der kftrzesten Zeit, so dass bei
etwas grbsseren Yerbanden die ersten Touren schon fest
sind, wenn man noch die letzten anlegt. Das geht unter
Umstanden so rasch, dass es geraten sein kann, dem Wasser
den sonst iiblichen Alaun nicht zuzusetzen. Besonders
beim Abmodellieren von Kbrperteilen kann dieses rasche
Erstarren von Nachteil sein. Welchen Vorteil es aber
gewalfrt, wenn bei einer Flotenschnabelfraktur des Unter-
schenkels der Verband in wenigen Minuten hart ist, das
liegt auf der Hand. Man mag mir nicht einwenden, dass
man eine solche ja auch nicht eingipse, sondern mit Ex¬
tension behandele. Ich gipse auch diese bei guter Re-
dressierung ein, und jeder wird hier und da, auch wenn
er noch so sehr fflr die Extension schwfirmt, einmal ge-
zwungen sein, sie einzugipsen. Ich hatte aber auch mit
Leichtigkeit ein anderes Beispiel w&hlen konnen. Dieses
rasche Erstarren ist der erste und wesentlichste Vorteil
17
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242
Frakturen and Luxationen.
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unserer Binden, alle weiteren ergeben sich aus den oben
geschilderten Nachteilen der Appreturgipsbinden. An-
fertigung der Binden: Der zu verwendende Mull darf
nicht gar zu schlecht, also zu weitmaschig sein. Als Gips
benutzen wir den gewohnlichen Modell-, nicht den so-
genannten Alabastergips, welch letzterer allerdings wohl
ffir das Auge noch etwas sauberere Verbfinde abgibt, aber
sonst keine Vorteile hat. Dass der Gips frisch sein muss,
ist selbstverstfindlich. Wir bewahren ihn in einer mit
Zinkblech ausgeschlagenen Holzkiste mit gut schliessendem
Deckel auf. Die Binden, welche ffir keinen Verband
schm&ler als 12 cm zu sein brauchen, sollen nicht l&nger
als 4 m sein. Auf einem trockenen, gegl&tteten Holz-
brett oder, noch besser, auf einem Zinktisch hSuft man
sich eine grfissere Quantit&t Gips an, wickelt die Binde
mit dem Kopf nach oben ab, lasst sie fiber den Tischrand
herabfallen, breitet den Gips in einer mindestens 1 mm
dicken Schicht auf der Binde aus, streicht ihn mit der
Ulnarseite der Hand oder mit einer anderen aufgewickelten
Binde in die Maschen ein und zugleich glatt und legt
dann die Binde vom freien Ende aus zusammen, wickelt
sie nicht etwa so auf wie eine Binde sonst, da sie dann
unbedingt zu fest wird und das Wasser nicht eindringen
kann. Bei diesem Zusammenlegen darf die Binde keine
runde Gestalt bekommen, sondern muss, auf der Unterlage
liegend, sich von selbst im Querschnitt abplatten und
flach aufliegen. Das richtige Mass zwischen zu fest und
zu locker lernt man in kurzer Zeit durch die Uebung.
Man darf sich aber nicht durch einen erstmaligen Miss-
erfolg gleich entmutigen lassen. Zum Einlegen der Binden
in Wasser benutze man ein grosses, flaches Geffiss mit
viel Wasser und etwas Alaunzusatz. In dieses wird die
Binde, deren Ende man etwa 20 cm weit abgewickelt
hat und fiber den Gef&ssrand heraushftngen l&sst, vor-
sichtig eingelegt, nicht etwa hineingeworfen. Man lfisst
sie langsam untersinken, drfickt sie nicht mit Gewalt unter
den Wasserspieget und wartet, bis keine Luftblasen mehr
aufsteigen. Man kann ruhig mehrere Binden auf einmal
einlegen. Das Herausnehmen will ebenfalls kunstgerecht
gemacht sein. Es muss mit beiden H&nden in der Weise
geschehen, dass man mit den st&rkstsupinierten, Ififfel-
artig zusammengelegten H&nden von beiden Seiten unter
die Binde greift und ihre offenen Seiten beim Heraus¬
nehmen mit den Hohlh&nden verschliesst. Die Daumen
kommen dabei oben auf die Binde zu liegen. Man drfickt
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Frakturen und Luxationen. 243
sie nun in der Langsrichtung etwas zusammen, um das
ilberfliissige Wasser zu entfernen, legt sie dann erst auf
die flache linke Hand und drOckt sie noch einmal vor-
sichtig aus. Die Binde kann abcr beim Gebrauch ruhig
noch etwas von Wasser triefen, sie soil sich nicht ganz
trocken anfGhlen. Das weitere Anlegen des Verbandes
zu schildem ist hier nicht der Ort. Nur noch einige
wichtigere Punkte mdchte ich hier kurz streifen. Die
meisten Gipsverbfinde werden zu dick gemacht und sind
zu weit. Sechs Bindenlagen gentigen im allgemeinen.
An Stellen, an welchen der Yerband eine grbssere Festig-
keit bedarf, legt man entweder Schusterspan ein oder
eine aus einer Binde hergestellte Longuette von 10 bis
12 Lagen, welch letztere sich den Ktirperformen besser
anschmiegt als der starre Span. Das gute Anliegen er-
reicht man dadurch, dass man schon nach dem Anlegen
der ersten Bindentouren den Yerband an den Kbrper fest
heranmassiert, wozu besonders die Daumenballen und die
Fingerspitzen dienen. Als Unterlage benutzen wh* beid-
seitig geleimte, gute Watte, welche wir unter dem Namen
Wiener Watte beziehen. Bei den ersten Bindentouren
zieht man etwas an, um die Watte zum exakten Anliegen
zu bringen. Das Massieren setzt man fort, bis der Ver-
band zu erstarren beginnt. Es ist gut, wenn man die
Verbfinde zunfichst ohne Rflcksicht auf die nattirlichen
Korperoffnungen anlegt und diese durch Abschneiden der
Rfinder des Verbandes mit Messer oder Schere erst nach
dem Erstarren wieder freimacht. Fiirchtet man, dass der
Verband nachtrfiglich zu fest sitzen kbnnte, so kann man
ihn mit der Stilleschen Schere oder dem Hassell
mannschen Gipsmesser entweder nur auf der Vorder-
seite der Lfinge nach aufschlitzen, so dass er leicht
auseinander gebogen werden kann, oder man schneidet ihn
auf beiden Seiten der Lfinge nach auf, so dass er zwei
Schalen bildet, welche mit einer Mullbinde wieder an-
einander gelegt werden. Niemals darf man vqygessen, dass
der Verband eine grosse Menge Wasser Gberfltlssig ent-
hfi.lt und man diesem dadurch, dass man das Glied fGr
mindestens 24 Stunden frei liegen lfisst, es also nicht mit
der Bettdecke zudeckt, Gelegenheit zum Abdunsten geben
muss. Der Verband wird dadurch fast um die Hfilfte leichter.
Wer alles das sorgffiltig beachtet, wird Freude an seinen
Verbfinden erleben und nicht durch die Klagen der Pat. be-
IfiStigt Werden. (Deutsche med. Woohensohrift 1912 Nr. 3.)
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244
Gonorrhoe.
Gonopphoe. Einige Bemerkungen liber ein neues Anti-
gonorrhoicmn: Onotoxin oder Gonojodin. Yon Dr. E.
Paul (Garnisonspital Nr. 6 in Olmiitz). Autor schreibt:
„Eine sehr unliebsame Verz&gerung der Heilungsdauer
der G. bestand bei der Behandlung mit den bisher in
Verwendung stehenden Mitteln darin, dass die meisten
davon erst nach Abklingen des akuten Prozesses in An-
wendung gebracht werden konnten; kurz gesagt, es fehlte
ein reizloses und im akuten Stadium ohne Gefahr einer
Komplikation anwendbares Praparat. Den Anforderungen,
die man an ein solches ideales Heilmittel stellt, entspricht
— freilich auch nicht im vollsten Masse — das im Herbste
vorigen Jahres von dem Laboratorium fur Therapie in
Dresden-A. versandte Prfiparat ,Gonojodin oder Onotoxin'’,
iiber das ich, nach Behandlung von 25 Fallen, ein sicheres
Urteil abzugeben berechtigt zu sein glaube. Den Pat.,
die Bettruhe zu heobachten hatten und einfache Milchdi&t
bekamen, wurde nach Reinigung der Harnrfthre mit einer
Spritze lauwarmen Wassers das Pr¶t in vierfacher
Verd&nnung injiziert und 3—5 Minuten in der Harnrflhre
belassen. Um eine vielleicht vorhandene grOssere Reiz-
barkeit der Blase nicht zu einer Cystitis zu steigern,
wurde — ohne dass man eine eventuell beobachtete
Blasenentziindung dem Mittel h&tte zuschreiben kbnnen —
der Penis an der Wurzel mit einem elastischen Bande
umschnflrt, so dass nur der vordere Teil der Harnriihre
von dem Gonojodin bespQlt wurde. War festgestellt, dass
eine Gonorrhoea posterior vorlag, so genOgte natdrlich
nicht die obige Injektionsmethode. Wir ffthrten nach der
Guyon-Ultzmannschen Methode eine DurchspQlung der
Harnrohre von rQckw&rts nach vorne mit der VerdQnnungs*
liisung 1 :4 durch und liessen dieselbe ebenfalls durcli
fdnf Minuten darinnen. Nach den ersten Injektionen,
die vor allem durch die vollkommene Reizlosigkeit an-
genehm zu ertragen sind — es konnte weder objektiv
ein^ vielleicht anfUngliche Steigerung des Entzttndungs-
prozesses nachgewiesen werden, noch wurde subjektiv ein
unangenehmes Gefflhl empfunden — wurde auch ge-
wOhnlich von den Pat. ein Nachlassen der Schraerzen
beim Urinieren wahrgenommen. Anfangs war das Mittel
nur in akuten Fallen mit reichlich eitrigem Ausflusse aus
der IlarnrOhre in Verwendung; man konnte objektiv als-
bald eine Aenderung in der Beschaffenheit des Sekretes
wahmehmen, indem es sich verringerte, allmAhlich dflnn-
flQssiger wurde, bis es als glasiges Bon jour-TrOpfchen
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Gonorrhoe.
245
am fttnften oder zehnten Tage vollst&ndig verschwand.
Die in den einzelnen Stadien vorgenommene Untersuchung
des Sekretes hatte eine Verminderung der Anzahl der
Gonokokken gemass der steigenden Injektionszahl ergeben.
Nach 15—25 Tagen waren keine mehr nachzuweisen.
Ebenso machten sich bei chronischen Fallen die vollkom-
mene Reizlosigkeit und die, wenn auch nicht 39 in die
Augen springende Heilkraft angenehm bemerkbar. Irgend-
welche unangenebme Komplikationen — welche der Be-
handlung mit diesem Prftparate hatten zugeschrieben werden
kfinnen — wie Epididymitis, Cystitis und toxische Exan-
theme, kamen nicht zur Beobachtung. Von den 25 be-
handelten Fallen waren 20 im akuten Stadium, der Rest
im chronischen. Die Injektionszahl variierte zwischen 9
und 42, im Durchschnitt aber zwischen 25 und 30. Die
erste niedere Zahl rfihrt da von her, dass ich unter den
20 Fallen ffinf zu verzeichnen hatte, die einen eigentfim-
lich abortiven Verlauf zeigten, und die hohe Zahl 42,
dass in zwei Fallen die Erkrankung schwerer Natur war.
Zusammenfassend kann ich mitteilen, dass das Praparat
seinen Platz unter den Antigonorrhoicis, die im akuten
Stadium ofcne Gefahr einer Eomplikation mit Aussicht
auf eine verkfirzte Heilungsdauer Anwendung finden, be-
haupten wird. tt —
Stabsarzt Dr. Karschulin setzt diesen Ausffihrungen
hinzu: „Die obigen Ausfiihrungen des Herrn Assistenz-
arztes Dr. Paul werden mit d?m Bemerken bestatigt, dass
ich das Onotoxin als eine wertvolle und ausserst schatzens-
werte Bereicherung des Arzneiscliatzes zur Behandlung
namentlich der akuten G. betrachte und somit jedermann
zur NachprOfung warmstens empfehle. u
(Wiener med. Woohenechrift 1911 Nr. 41.)
ElinischeErfalirangen mit dem Gonokokken-V akzin Arthigon.
Von Dr. J. H. Schultz (Dermatolog. Univers.-Klinik in
Breslau). Aus der Arbeit seien folgende Abschnitte wieder-
gegeben:
. „Was die Behandlung gonorrhoischer Prozesse be-
trifft, so nahm Bruck, gestQtzt auf den gleichzeitig von
Mtiller-Oppenheim und ihm im Komplementbindungs-
versuch gefQhrten Nachweis, dass auch Gonokokkeninfek-
tionen zu AntikOrperbildung ftihren konnen, im Anschluss
an die Mitteilungen besonders amerikanischer Autoren auch
die Behandlung der gonorrhoischen Prozesse mittels aktiver
Immunisierung in Angriff, konnte bereits 1909 fiber gfinstige
ty Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
246
Gonorrhoe.
Resultate berichten und liess daraufhin nach seinen An-
gaben ein Gonokokken-Vakzin Arthigon von der chemischen
Fabrik von Schering-Charlottenburg herstellen. Die Ver-
suche Brucks ergaben, dass zwar die akuten gonorrhoi-
schenSchleimhautprozesse fOr eine Yakzintherapie ungeeignet
seien, dagegen fQr die Behandlung der gonorrhoischen
Metastasen, besonders Arthritis und Epididymitis, die Aus-
sichten durchaus gtinstig sind. Die weiteren Untersuchungen
unserer Klinik und eine grfissere Reihe von Mitteilungen
anderer Autoren haben diese Ergebnisse inzwischen be-
statigt. “
„Fttr Dosierung und Indikationsstellung wurden in
unserer Klinik die Ergebnisse der klinischen Beobachtungen
zur Richtschnur genommen. .Ohne jedes schematische Vor-
geben wurden in ein bis sieben Injektionen Dosen von 0,5
bis 3,0 Arthigon intraglutaal verabreicht. Die Durch-
fuhrung der Vakzinbehandlung richtet sich nach dem Heil-
effekt und der Allgemeinreaktion. Bei gleichmassig fort-
schreitender Besserung wird bei fieberhafter Reaktion nach
3—4, bei geringerer Allgemeinreaktion nach 2—3 Tagen
wieder injiziert, im allgemeinen in den Dosen von 0,5, 1,0,
1,5, 2,0. 2,0 wird eventuell mehrfach gegeben und nur
in Ausnahmefallen, besonders bei sehr geringer Allgemein¬
reaktion, noch zu hfiheren Dosen (bis 5 ccm) gegriffen.
1st der Heileffekt eklatant, so werden noch 1—2 Injektionen
angeschlossen. u
„Jedenfalls sind bei einem Material von fiber 100
Fallen, die nach den von Bruck aufgestellen Prinzipien
behandelt wurden, niemals Schadigungen der Kranken im
Sinne der Provozierung einer Gonokokkensepsis beobachtet,
so dass eine allzu grosse Zurfickhaltung in der Dosierung
nicht notwendig erscheint. Die akute Urethralgonorrhoe
des Mannes liess in Uebereinstimmung mit fast alien vor-
liegenden Berichten anderer Autoren einen sicheren Ein-
fluss der Vakzinbehandlung nicht erkennen. Bei einigen
Fallen chronischer Urethritis mit dauernden Rezidiven war
ihr Erfolg zweifelhaft. Dagegen zeigten unter 80 Fallen
gonorrhoischer Epididymitis 70 eine deutlich gfinstige Be-
einflussung durch Arthigonbehandlung. Bei diesen 70
deutlich beeinflussten Fallen wurden 0,5 bis im ganzen
8,5 Arthigon in 1—7 Injektionen zu Einzeldosen von
0,5—3,0 gegeben. Die Allgemeinreaktion ergab in 14
Fallen bei vordem vfillig normaler Temperatur nur sub-
febrile Temperaturen (37,4—38,0), in 49 Fallen bei den-
selben Yorbedingungen febrile Temperaturen (38°—40°),
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Gonorrhoe.
247
die, allerdings nicht bei alien Injektionen die gleiche Hdhe
erreichten.“
„Die febrile Reaktion zeigten gleich nach der ersten
Injektion bei einer Anfangsdosis von 0,5 Arthigon 35 Falle,
bei einer Anfangsdosis von 1,0 Arthigon 10 Falle, bei
den iibrigen trat sie meist bei der zweiten, selten erst bei
einer spSteren Injektion auf. Die febrilen Temperaturen
traten im allgemeinen 6—24 Stunden nach der Injektion
auf und waren fast immer nach 36 Stunden wieder ganz
abgeklungen. Das Allgemeinbefinden war nie ernstlich
gestort; es wurde nur iiber Kopfschmerz, Frost und bis-
weilen allgemeine Abgeschlagenheit geklagt. w
„Neben der Allgemeinreaktion wurde bei den Fallen
von Epididymitis auch hftufig eine Herdreaktion beobachtet.
Sie Susserte sich zunachst so, dass die Kranken vielfach
wahrend der Allgemeinreaktion, besonders wahrend des
Temperaturanstieges, iiber ziehende oder driickende Sen-
sationen in dem erkrankten Organe klagten; recht haufig
fand sich auch objektiv eine Ver&nderung des Befundes
wahrend der Reaktion, indem die Schwellung und Spannung
vermehrt schien. Nach dem Abklingen der Reaktion
wurde eine sehr erhebliche Abnahme der Schwellung und
der Druckschmerzhaftigkeit beobachtet; bei Kranken, die
iiberhaupt eine fieberhafte Reaktion produzierten, schien
im allgemeinen die Intensit&t der Heilwirkung der Hbhe
des Fieberanstieges zu entsprechen, doch ergaben sich
auch bei nur subfebrilen Temperaturen oft sehr gute Er-
folge. Seltener als die subjektive und objektive Herd¬
reaktion wurde auch eine lokale Reaktion heobachtet, die
in spontanem Schmerz, Rotung und Druckempfindlichkeit
der Injektionsstelle bestand. Infiltrate an der Injektions-
stelle traten nie auf.“
„Hinsichtlich des Endresultates waren am gtinstigsten
die Falle, wo die Entstehung der Epididymitis beobachtet
und sofort eine Vakzintherapie begonnen werden konnte.
Hier wurde in alien Fallen nach zwei bis drei Tagen
vdlliges Schwinden samtlicher Erscheinungen erreicht, doch
waren auch bei der subakuten und .chronischen Epididy¬
mitis die Resultate noch sehr giinstig, so dass unter den
70 deutlich beeinflussten Fallen nach 14 Tagen 41 nor-
malen Genitalbefund zeigten. Bei 14 Fallen war noch
eine deutliche Vergrosserung der Epididymis ohne wesent-
liche Yeranderung der Konsistenz nachweisbar. Bei zwolf
Fallen blieben trotz erheblicher Besserung doch noch
kleinere oder grossere Infiltrate besonders in der Cauda
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248
Gonorrhoo.
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fuhlbar, und bei drei Kranken bestand noch eine wesent-
liche Schmerzhaftigkeit ohne lokalen Befund. Wenn auch
diese giinstigen Resultate nicht allein auf Rechnung der
Vakzinbehandlung gesetzt werden konnen, so steht doch
die prompte Reaktion vieler Falle von Epididymitis auf
Vakzinbehandlung — in Uebereinstimmung mit der Mit-
teilung zahlreicher Autoren — ausser allem Zweifel, zu-
mal bei den nicht vflllig ausheilenden Fallen stets schwere
Verfinderungen, besonders altere, derbe Infiltrate vorlagen,
bei denen eine vbllige Abheilung der Sachlage nach nicht
erwartet werden konnte, obwohl ein gOnstiger Einfluss der
Vakzinbehandlung auch hier oft unverkennbar war. Der
Verlauf der Besserung war wechselnd, indem bald die
Schmerzhaftigkeit, bald die objektiven Symptome schneller
verschwanden. Diesen 70 gut reagierenden Fallen von
Epididymitis stehen 10 gegenttber, wo keinerlei Einfluss
der Arthigonbehandlung konstatiert wurde. Allcrdings
war hier die Vakzinbehandlung, — meist aus ausseren
Grfinden — unzureichend; es handelt sich um je einen
nur ein- und zweimal mit geringer Allgemeinreaktion
behandelten Fall, ferner um sechs dreimal und nur je einen
vier- und ffinfmal injizierten Fall; nur in filnf Fallen
trat eine febrile Reaktion auf. Eine Erklarung fQr das
Versagen der Vakzintherapie in diesen Fallen liess sich
im allgemeinen nicht linden; nur ein Fall war durch eine
Abszedierung der Orchis kompliziert, in den Qbrigen
handelte es sich um klinisch typische Falle, die keinerlei
Besonderheiten oder Komplikationen zeigten. Vielleicht
spielt hier der von mehreren Seiten betonte Umstand eine
Rolle, dass gelegentlich bedeutende biologische Differenzen
verschiedener Gonokokkenstamme beobachtet werden. Aller-
dings ist dies in Anbetracht der Polyvalenz des Arthigon
nicht gerade wahrscheinlich. Jedenfalls bleibt die relativ
sehr grosse Zahl nur wenig allgemein reagierender Pat.
unter diesen negativen Fallen bemerkenswert. Unter
zwblf Fallen von Funiculitis zeigten acht in unmittelbarem
Anschluss an die Injektion sehr erhebliche Abnahme der
Schmerzhaftigkeit, der Schwellung und der Verhartung;
vier blieben unbeeinflusst, Zwei Falle von Pericystitis
und Cowperitis wurden sehr gOnstig beeinflusst. Bei der
chronischen Prostatitis (zehn Falle) wurde der Krankheits-
verlauf in etwa der Halfte der Falle anscheinend gQnstig
beeinflusst; namentlich bei zwei sehr chronischen, der
sonstigen Therapie gegenOber ganzlich refraktaren Fallen
war der Effekt ungemein prompt und ausgiebig, indem
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Gonorrhoe.
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Schwellung und Schmerzhaftigkeit zurQckgingen und die
eitrige Sekretion nachliess. Bei 16 Fallen gonorrhoischer
GelenkentzOndung wurden zum Teil ausgezeichnete Erfolge
erzielt. In vier Fallen bestanden vor Einleitung der
Vakzinbehandlung febrile, in drei Fallen sub febrile Tem-
peraturen, wahrend bei den Obrigen ausserhalb der Arthigon-
reaktionen normale Temperatur beobachtet wurde. In vier
Fallen musste die Vakzinbehandlung aus ausseren GrQnden
unvollendet abgebrochen werden, und in einera weiteren
Falle zeigte sich keinerlei Erfolg, dagegen wurden die
elf Obrigen samtlich sehr deutlich und zura Teil in her-
vorragend gOnstiger Weise beeinflusst. Auch hier konnte,
ahnlich wie bei der Epididymitis, bisweilen eine Art
Herdreaktion beobachtet werden, indem einige Stunden
nach der Injektion die Gelenke anschwollen und schmerzten,
worauf nach Abklingen der Allgemeinreaktion eine ganz
wesentliche Besserung in den objektiven und subjektiven
Ph&nomenen eintrat. In alien diesen Fallen wurden An-
kylosen nicht beobachtet, obwohl es meist bereits langere
Zeit bestehende und vielfach vergeblich behandelte Falle
waren. Die Dosierung bewegte sich zwischen zwei und
fOnf Injektionen im Gesamtbetrage von Vk bis 7,0 Ar-
thigon. Bei der akuten Cervix- und Urethralgonorrhoe
der Frauen gelang es in verein'zelten Fallen ohne jede Lokal-
behandlung, Ober mehrere Monate andauernde Symptom-
freiheit zu erzielen; bei der Kombination mit Lokal-
behandlung scheint diese wesentlich schneller und nach-
haltiger wirksam zu sein; hier sind bei einem ausgedehnten
Material entschieden noch grosse Fortschritte zu erwarten,
wie besonders auch die letzte Mitteilung Schmidts aus
der WQrzburger Klinik zeigt, der 50°/o Heilungen berichtet.
Ueber die Behandlung der Adnexitis gonorrhoica fehlen
uns ausgedehntere Erfahrungen. Mit den von Bruck 1909
mitgeteilten Fallen besteht unser Material jetzt aus 93 Fallen
von Epididymitis gonorrhoica und 17 Fallen von gonor¬
rhoischer Arthritis; mit Bezug hierauf kann zum Teil in Be-
statigung anderer Autoren zusammenfassend gesagt werden:
1. Die Behandlung gonorrhoischer Komplikationen
mit dem auf Brucks Anregung dargestellten Arthigon ist
in vielen Fallen von Epididymitis (bei einem Material von
93 Fallen in Ober 80%), Funiculitis, Prostatitis und
Arthritis gonorrhoica von sehr deutlichem, oft glanzendem
Erfolge; sie fGhrt in Verbindung mit der ilblichen Therapie
sehr haufig klinisch zu einer Restitutio ad integrum.
Schadigungen wurden nie beobachtet.
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250
Gonorrhoe — Helminthiasis.
2. Die Behandlung ist spezifisch, wie die hSufige
' Allgemein- und Herd- und die seltenere Lokalreaktion
lehren.
3. Die gfinstig beeinflussten Falle .zeigen einen hoheren
Prozentsatz fieberhafter Reaktionen als die refraktaren Falle.
4. Die Behandlung der frischen Zervikalgonorrhoe,
besonders in Yerbindung mit Lokaltherapie, scheint aus-
sichtsreich. (Deutsche med. Wooheoschrtft 1911 Nr. 50.)
— TJeber Arthigonbehandlnng der gonorrhoischen Vulvovagi¬
nitis kleiner M&dchen Von Dr. Stephanie Rygier.
(Aus der Dermatolog. Univers.-Klinik in Breslau.) Es
wurden vier Falle so behandelt. „Wir haben also^ unter
diesen vier Fallen zwei voile Heilerfolge, einen zweifel-
haften und einen Misserfolg zu verzeichnen. Es muss je-
doch bemerkt werden, dass die beiden mit Erfolg behan-
delten Falle bis zur Hfichstdose von 5,0 pro dosi und zu
einer Gesamtdose von 27,5 bzw. 17,25 Arthigon gelangten,
wahrend die beiden anderen Pat. nur bis 3,0 pro dosi
und bis zur Gesamtmenge von 8 bzw. 10,5 Arthigon be¬
handelt werden konnten. Es ist also wohl mfiglich, dass
auch diese bisher unbefriedigt verlaufenen Falle bei der
nfitigen Ausdauer zur Heilung hatten gebracht werden
kOnnen. Nebenerscheinungen ausser den gewQnschten Tem-
peraturanstiegen oder irgendwelche Schadigungen wurden
nie beobachtet. Wenn wir also auch nicht den optimi-
stischen Standpunkt mancher amerikanischen Autoren tei-
len, so glauben doch auch wir nach unseren Erfahrungen,
dass die Gonokokkenvakzin-Therapie die Vulvovaginitis
kleiner Madchen spezifisch zu beeinfiussen und zu heilen
imstande ist, und zwar mit bedeutend grbsserer Sicherheit
und Schnelligkeit, als dies jede andere Heilmethode zu
leisten vermag. Es sollte daher in jedem Falle die vbllig
unschadliche Behandlung mit Gonokokkenvakzin eventuell
neben den Lokalprozeduren Anwendung linden. u
(Ebenda.)
Helminthiasis. Filmaron hat Prof. A. Jaquet (Basel)
schon frtkher zu Bandwundkuren empfohlen, und das
Mittel ist auch von verschiedenen anderen Autoren mit
Erfolg angewendet worden. „Diese verschiedenen gleich-
lautenden Berichte dQrften nun ausreichen, um die zuver-
lassige Wirkung des Filmarons definitiv festzustellen und
dem Praparat einen dauernden Platz in unserem Arznei-
schatz zu sichern. Vor dem Exfrakt, fiber dessen Wirk-
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Helminthiasis.
251
samkeit wir stets im unklaren sind, hat es den Vorzug
der Bestandigkeit und leichten Dosierbarkeit. Die bisher
verwendeten Dosen von 0,7—1,0. g oder, wie das Mittel
in neuerer Zeit gewdhnlich verordnet wird, von 10 g
10°/oigen Filmaronols haben sich als vollig unschadlich
erwiesen, und es ist noch kein Fall mit irgendwie erheb-
lichen Nebenwirkungen zu meiner Kenntnis gelangt. Ein
weiterer Vorteil, der von samtlichen Beobachtern hervor-
gehoben wird, ist der Geschmack des PrSparates. Filmaron
ist viel leichter einzunehmen als das Extrakt, so dass es
von empfindlichen Pat., ja selbst von Kindern ohne Wider-
willen genommen wird. Die Neigung, aus blosser Ge-
wohnheit alien galenischen Praparaten mit ihrer unbekannten
Zusammensetzung und unbestimmten Wirksamkeit treu zu
bleiben, ist nur in den Fallen gerechtfertigt, in welchen
wir nicht imstande sind, sie durch bessere von konstanter
Wirkung und genauer Dosierbarkeit zu ersetzen. Gale-
nische Pr¶te, deren Verordnung unter Umst&nden far
den Pat. verhangriisvoll werden kann, sollten aber aus
den Arzneibtichern ausgemerzt werden, sobald wir die
gleiche Wirkung mit genau definierten K&rpern von be-
kannterZusammensetzungerzielenkonnen. Deshalb mbchten
wir uns dem Urteil von Prof. Kobert anschliessen, der
bei Aniass einer Besprechung der neueren Mittel des neuen
Arzneibuches sich in bezug auf das Filmaron folgender-
massen ausserte: ,Es muss mit Bedauern hervorgehoben
werden, dass das FilmaronQl (l T. Filmaron geldst in
9 T. Rizinusol) nicht offizinell geworden ist. Das Fil¬
maron wirkt bei Anwesenheit von kleinen Mengen Oel
gerade zehnmal starker als das beste deutsche Filixextrakt,
far das jetzt die Maximaldose 10,0 eingefQhrt worden ist.
Die Maximaldose 10,0 wOrde also auch far 10°/oiges Fil-
maronol einzufahren sein. Wahrend aber die Wirkungs-
intensitat des Filixextraktes ganz enorm schwankt, ist das
FilmaronOl in der Intensitat seiner Wirkung ganz konstant.
Bei so gefahrlichen Mitteln, wie das Filixextrakt eins ist,
mdsste es far die Allgemeinheit von Interesse sein, es
durch ein konstanter wirkendes zu ersetzen. 1 “
(Munch, med. Wochensohrift 1911 Nr. 48.)
— Oxynris vermionlaris. Von Dr. P. Jodicke (Stettin). „Eine
Erfolg versprechende Behandlung ergibt sich aus der Kennt¬
nis der Lebens- und Uebertragungsweise der Warmer.
Bekanntlich halten sich die im Danndarme begatteten
Weibchen hauptsachlich in den untern Teilen des Dick-
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252
Helminthiasis — Magen- und Darmaffektionen.
darms auf, wandern besonders des Nachts nach unten in
die Gegend des Afters, legen hier teilweise in den Grftbchen
and Falten ihue Eier ab, oder sie gelangen durch die
Defakation nach aussen, um nach Entleerung der Eier
bald abzusterben. Durch den heftigen Pruritus ani werden
die davon Befallenen zum Bohren und Eratzen mit den
Fingern veranlasst und dadurch infiziert. Tatsachlich ist
es einigen Forschern gelungen, in den Falten der H&nde
und besonders unter den Fingernageln reife Oxyureneier
nachzuweisen. Unsere therapeutischen Bestrebungen mGssen
demnach ausser der mechanischen Entfernung der Wtirmer
besonders auf einen Schutz vor Selbstinfektion bedacht
sein. DafOr hat sich folgendes Verfahren am zweckm&ssigsten
erwiesen: Es werden 1—2 Wocheu lang taglich kr&ftig
wirkende Abfflhrmittel gereicht, dazu Essigwasser oder,
wo dieses nicht beliebt ist, reichlich saure Speisen. Neuer-
dings werden auch die Gelad.-Kapseln mit essigsaurer
Tonerde empfohlen. Bei Kindern hat sich nach Empfeh-
lung eines Prager Kollegen das tSgliche Trinken einiger
LOffel Sauerkrautwasser, wie es jede Hausfrau nach Ab-
kochen des betreffenden Kohles mit Wasser erhalt, bewabrt.
Danach pflegen die Oxyuren gewGhnlich in Massen durch
den Stuhlgang abzugehen. Bei Erwachsenen kdnnen ausser-
dem in hartn&ckigen Fallen hohe EinlSufe mit Salz- oder
Essigwasser von gutem Erfolge sein. Hauptsache ist je-
doch, dass nach jedem Stuhlgange taglich ein Reinigungs-
bad genommen wird, danach die Gegend um den After
herum zwecks Abtotung etwaiger Oxyureneier mit grauer
oder Hdllensteinsalbe bestrichen, besonders die Hande und
die Fingernagel peinlichst gesSubert werden. . Diese Kur
hat bisher in meiner Praxis die besten Erfolge gezeitigt,
unter anderem bei meinem eignen Einde nach 14tagiger
Behandlung alle Oxyuren radikal entfernt.“
(Median. Xlinik 1912 Nr. 2.)
KBagew- und Parmaffektionew, Die Behandlung des
Ikterns. Von Prof. Dr. G. Hoppe-Seyler (Kiel). Aus
diesem „Klin. Yortrage u sei folgender Abschnitt wieder-
gegeben:
w Die haufigste Form des Ikterus, die Gelbsucht schlecht-
weg, ist der katarrhalische Ikterus. Er beruht nach neuerer
Anschauung haupts5chlich auf einer Infektion der G&llen-
wege, die vom Duodenum aus auf die GallengSnge ftber-
gegangen ist (namentlich Eolibazillen). Mdglich ist nach
experimentellen Untersuchungen auch der Uebergang der
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Magen- und Darmaffektionen.
253
Krankheitserreger vom Blute aus in die Gallenwege, wie
dies bei Typhus-, Paratyphusbazillen, bei Eiterkokken usw.
eintreten kann. Der Zusammenhang mit infektiosen Magen-
und Darmerkrankungen ist ftir die Prophylaxe und aucli
filr die Therapie von grosser Bedeutung. Es ergeben sich
fur die Behandlung des Ikterus daher folgende Gesichts-
punkte:
1. Beseitigung der Infektion und Intoxikation im
Magen-Darmkanal und in den Gallenwegen,
2 . der Gallenstauung,
3. Schonung des Leberpardnchyms, damit dieses
nicht miterkrankt, durch Fernhaltung von Stoffen, die es
schwfichen.
4. Berflcksichtigung des Ausfalls der Galle aus dem
Darminhalt, der anderen Verlauf der Umsetzungen in ihm
zur Folge hat.
Wird die Infektion und ihre Wirkung auf die Gallen¬
wege eingeschrankt oder beseitigt, so wird auch die Schwel-
lung der Schleimhaut und der Gallenstauung geringer oder
h5rt auf. Zugleich wird das Leberparenchym rascher von
dem tiblen Einfluss der Gallenstauung und Infektion be-
freit. Berucksichtigt man den Ausfall der Galle im Darm
nicht genQgend, so kann es zu stSrkeren Zersetzungen
der Nahrungsmittel, zur Bildung abnormer Stoffwechsel-
produkte kommen, welche deleter auf die Leber bei Re¬
sorption aus dem Darm in die Pfortader wirken konnen.
So wird die Beriicksichtigung eines Punktes zugleich
helfen, die anderen Storungen gtlnstiger zu beeinflussen.
Die Behandlung bei der h&ufigsten Form des Ikterus, dem
Ikterus catarrhalis, wird zun&ehst mit der Beseitigung in-
fektibser und toxischer Stoffe aus dem Magendarmkanal
beginnen. Daher verordnet man am besten zunachst Kalo-
mel zu 0,3—0,5, l&sst die Dosis eventuell wiederholen,
wenn keine ausgiebige Entleerung erfolgt. Wenn auch
dann kein Stuhlgang eintritt, so muss RizinusOl, Rhabarber
oder Senna gegeben und durch Wasserklistiere nachge-
holfen werden. Yielfach sieht man Fieber danach schwinden.
Zugleich wirkt die gesteigerte Peristaltik des Darms auch
anregend auf die Muskulatur der Gallenwege ein, so dass
eine Entleerung gestauter Galle bei nur geringer Schwel*
lung der Schleimhaut denkbar ist. Es muss nun die
Darmentleerung immer in regelmSssigem Gang erhalten
werden, da sonst die Infektionserreger starker sich ent-
wickeln und abnorme Zersetzungen. der Nahrung, welche
zu schadlichen Glirungs- und F&ulnisprodukten fOhren,
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254
Magen- und Darmaffektionen.
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unterhalten werden. Daza dienen hauptsachlich die ab-
fahrenden Salze der Sulfatgruppe Natrium und Magne¬
sium sulfuricum. Auch Rhabarber im Infus 5,0:180,0
mit Natrium sulfuricum 20,0 kombiniert, mebrmals taglich
ein Essloffel, erscheint zweckmSssig. Um zugleich den
katarrhalischen Reizzustand im Darm zu beeinflussen und
ubermiissigen Schleim besser zu beseitigen, kann man Na¬
trium bicarbonicum hinzusetzen. In vorzUglicher Weise
entspricht das Karlsbader Wasser, dessen Hauptbestandteile
Chlornatrium, doppeltkohlensaures Natrium und schwefel-
saures Natrium* sind, diesen Anforderungen. Sein Kohlen-
sauregehalt wirkt zugleich anregend auf die Peristaltik
ein und gestattet, es leichter bekommlich far den Magen
und angen'ehmer geniessbar zu machen. Man wird davon
morgens zwei Glaser nachtern warm, bei Obstipation kalt,
l U Stunde vor dem Frahstack, eventuell nachmittags noch-
mals 1—2 Glaser vor dem Kaffee trinken lassen. In der
besseren Praxis kann man den natariichen Mahlbrunnen
verwenden, lasst sonst ein Messglas oder einen Teeloffel
Karlsbader Salz (in der Form der Sandowschen Salze)
auf ein halbes Glas heisses Wasser und ebensoviel kanst-
liches Selterwasser zur Zeit nehmen. Wenn im Anfang
Diarrhoe vorhanden ist, wird man doch zunachst Kalomel
geben und erst dann zu Adstringentien wie Tannalbin,
Tannigen, Bismutum subnitricum (mehrmals taglich 1 g)
greifen, wenn die DurchfSlle tagelang andauern. Das
Karlsbader Wasser, heiss getrunken, pflegt auf die Diar-
rhben auch ganstig einzuwirken. Man hat dann auch, um
der Indikation der Beseitigung der Gallenstauung zu ge-
nhgen, Cholagoga angeraten. Dazu warden die olsauren
Salze (Natrium oleinicum, Eunatrol), gallensaure Verbin-
dungen (Ovogal) sich eignen. Eine aberm&ssige Pro-
duktion von Galle wird aber dann gar nicht indiziert
sein, da dies den schadigenden Einfluss der gestauten
Galle in den Gallenwegen nur verstftrkt. Wenn Eu¬
natrol, Cholelysin und andere solche Mittel ganstig
wirken, so beruht dies wohl allein auf ihrer abfahren-
den Wirkung. Auch das beliebte Podophyllin kann nur
so einen Einfluss ausaben, da es die Gallensekretion
selbst nicht befbrdert. In ahnlicher Weise wirken auch
die Cholagentabletten, welche Podophyllin, Kalomel usw.
enthalten. Die Gallensekretion durch stfirkere Wasser-
zufuhr anzuregen, gelingt nicht, doch ist sie zur Durch-
spalung des Organismus angezeigt. Die aus diesem
Grund empfohlenen Wasserklistiere, die zu mehrmals
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Magen- und Darmaffektionen.
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taglich einem halben oder einmal t&glich bis zwei Liter
empfohlen werden (Mosier, Krull), haben wohl, zumal
sie kalt appliziert werden sollten, neben der evakuierenden
Wirkung nur einen die Peristaltik von Darm und Gallen-
wegen anregenden Einfluss. Bei der grossen Masse der
Nahrung8reste, welche bei Ausschluss der Galle in dem Darm
zurQckbleiben oder nur zbgernd entleert werden, sind der-
artige Darmeinldufe sehr zweckmassig. Wenn der Stuhl-
gang sehr hart ist, sind auch Oelklistiere (zu l /s bis l /a Liter)
angebracht. UnterstQtzend wirken ferner,, solange etwa
Fieber besteht, kalte PriessnitzumschlSge, spater Warme-
applikation in Gestalt von Breiumschlagen, Thermophore
usw. auf die Lebergegend. Dagegen werden sonstige
physikalische Heilmittel, wie Massage, Elektrisieren der
Leber und Gallenblase, wenig Erfolg versprechen, ja sie
kbnnen eher wohl verschlimmernd wirken infolge der
Reizung der Leber und Gallenwege, Ruhe ist, solange
Ikterus besteht, ftir die Leber sehr wichtig. Namentlich
bei Fieber ist absolute Bettruhe notwendig, am besten
wird sie aber fortgesetzt, bis der Gallenfarbstoff ganz aus
dem Urin verschwunden ist, die Galle also wieder frei in
den Darm abfliesst und die Faeces intensiv f&rbt. Sonst
besteht die Gefahr, dass plotzlich das schwere Bild der
Leberdegeneration und -autolyse, die akutc Leberatrophie,
einsetzt, wenn dies auch nicht haufig vorkommt. Die
Diat muss sowohl der Infektion und Gallenstauung wie
namentlich der Schonung der Leber und den veranderten
Verdauungsverhaltnissen im Darm infolge Ausfalls der
Galle Rechnung tragen. Sie darf keine scharfen Gewiirze,
Alkohol usw. enthalten, die Darm und Leber reizen, darf
nicht leicht in Faulnis oder Garung iibergehen, muss
wenig unverdauliche Substanzen und namentlich wenig
Fett enthalten, da dieses bei Ausschluss der Galle
nicht gut resorbiert wird und dann zu Zersetzung, Darm-
reizung usw. Yeranlassung gibt. Zwar die Fettspaltung
ist erhalten, aber die Resorption ist vielleicht infolge
Fehlens der Gallensauren mangelhaft. Immerhin wird
Milch trotz ihres Fettgehaltes im allgemeinen gut ver-
tragen. namentlich in Form von Milchsuppen oder Milch-
brei (mit Sago, Reis, Gries, Mondamin, Maizena usw. zu-
bereitet). Haferschleim, Hafergrtitze, am besten auch mit
Milch gekocht, Gerstenschleim, Graupen usw. sind auch
zweckmassig. Dazu konnen im Anfang Kakes, Zwieback,
spater etwas gerbstetes Weissbrot mit wenig Butter ge-
nossen werden. Die Fleischverdauung mtisste eigentlich
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Magen- und Darmaffektionen.
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nicht wesentlich gestOrt sein; doch ist dies vielfach der
Fall. Moglicherweise spielt dabei eine gleichzeitige Ver-
legung des Pankreasgangs mit. Ferner konnen auch im
Magen katarrhalische Storungen vorhanden sein, wodurch
die Magenverdauung und damit die Verarbeitung des
Fleisches, besonders im rohen Zustand, leidet. Es be-
stehen bei Ikterus auch vielfach starkere Faulnisvorgange
'im Darm, die dann zur Bildung von grosseren Mengen
von giftigen Zersetzungsprodukten des Fleisches fflliren
und so Leberstorungen veranlassen konnen. Jedenfalls
haben die Ikterischen vielfach einen Widerwillen gegen
Fleisch. In manchen Fallen von Ikterus kann es iibrigens
auch zu ubermassiger Saureprodnktion im Magen kommen,
wobei diese Storungen dann weniger hervortreten werjlen.
Statt Fleisch wird man lieber mehr Eierspeisen geben und
den Ausfall an Fett durch reichlichere Zufuhr von Kohle-
hydraten in Gestalt von Zwieback, Semmel, Weissbrot,
Gries, Reis usw. auszugleichen suchen. Dabei muss man
nur Rucksicht auf etwaige starkere Garung im Darm
nehmen, da diese dann vielfach zunimmt und der so
entstehende Meteorismus den Kranken belastigt. Zweck-
massig wird man daher haufig in der Zusammensetzung
der Nahrung wechseln und, ehe es zu stSrkeren Storungen
durch die Kohlenhydratgarung kommt, eine Zeitlang mehr
eiweissreiche Nahrung geben. Reichliche Fliissigkeitszufuhr
in Gestalt von Milch, Buttermilch, alkalischen Mineral-
wassern, Fruchtsaften, Tee usw. ist daher passend, wahrend
die alkoholischen Getranke mehr zu meiden sind. Wenn
die Galle sich wieder in den Darm entleert, kann man
eher Fett wieder geben und so allmahlich zur gewbhn-
lichen Kost (ibergehen. Doch soil man darin vorsichtig
sein, alle leicht faulenden oder sich zersetzenden Speisen,
wie manche Fleischspeisen, Ease, Fische, Wilrste usw.,
noch langere Zeit vermeiden lassen, um nicht ein Auf-
flackern d*es Darmkatarrhs und darauf auch ein Rezidiv
des Katarrhs der Gallenwege herbeizufiihren. Wahrend
des voll ausgebildeten Ikterus wird man also folgende Diat
etwa vorschreiben: Zum FrOhstilck: Milch mit Tee oder
Kakao, Zwieback oder Semmel, eventuell ein weichge-
kochtes Ei. Zweites Frilhsttick: Milch, leichte Bouillon
oder Schleimsuppe mit Ei. Mittags: Milchsuppe mit Reis,
Gries, Sago, Bouillon, Schleimsuppen, mageres Fleisch,
Kartoffelmus, Makkaroni, leichte Gemtise, wie Spinat, Blumen-
kohl, Karotten usw., leichte (nicht fette, aber eher siisse)
Mehlspeisen. Nachmittags: etwas Milch mit Zwieback.
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Magen- and Darmaffektionen.
257
Abends: Milchsuppe, Schleimsuppe oder Tee mit Milch,
Weissbrot, wenig Butter, mageres Fleisch, Ei. Wahrend
des ersten fieberhaften Stadiums gibt man am besten nur
Milehsuppen, Haferschleim, Bouillon, etwas Zwieback. In
der Rekonvaleszenz lasst man mittags auch mehr rohes
und gebratenes Fleisch (Rindfleisch, Wild usw.) zu, lSsst
leichte, nicht fett bereitete Gemiise, etwas gekochtes Obst
geniessen. Handelt es sich um einen starker infektibsen
Ikterus mit eitriger Entziindung der Gallenwege (Cholan¬
gitis suppurativa), so kann man am besten SalizylprSparate:
Natrium salicylicum, Aspirin, Salol, zu 1,5—3 g pro Tag,
nehmen lassen, um durch Uebertritt von Salizylsaure in
die Galle auf die Infektionserreger selbst einzuwirken.
Menthol, das auch solche Wirkung besitzt und in die Galle
(lbergeht, kann man schwer ohne starkere Reizung des
Magens und Darmes geben. Namentlich ist dann auch
eine reichliche FlQssigkeitszufuhr angebracht in Gestalt
kohlensaurer Mineralwasser usw., um die toxischen Sub-
stanzen der Bakterien mbglichst bald aus dem Kbrper zu
entfernen. Wenn diese Behandlung aber nicht bald zum
Ziele ftihrt, so ist die Ableitung der infektibsen Galle
nach aussen mit Hilfe der Hepaticusdrainage nach Kehr,
einer Gallenblasenfistel oder auch einer Lebergallengangs-
fistel, wie sie durch Eingehen in die Leber mit dem Ther-
mokauter angelegt werden kann, erforderlich. 44
(Deutsche med. Wochenschr. 1911 Nr. 48.)
— Ein Beitrag stun nervbsen Durchfail. Von Dr. A. Philipp-
80 n (Hamburg). Autor schreibt: „In Nr. 36 des dies-
jahrigen Jahrgangs der Med. Kl. schildert Th. G. Ja-
nowski in vortrefflicher Weise den oft verkannten Zu-
stand des nervbsen Durchfalls. Ich wtlrde es sicherlich
nicht wagen, eine kritische Besprechung vorzunehmen, da
es mir an weitergehender Erfahrung mangelt, und wbrde
es auch unterlassen, einen Beitrag vorzubringen, der aus
Beobachtungen an mir selbst stammt, wenn ich nicht in
bezug auf Therapie etwas mitzuteilen in der Lage wftre,
das vielleicht andern nbtzlich sein kbnnte. Leider besitze
ich eingehendere Aufzeichnungen von friiher nicht mehr
und kann nur summarisch das wiedergeben, was mir im
Gedachtnisse haften geblieben ist. Seit iiber zehn Jahren
ist mein Stuhlgang kein normaler, anfangs mehr breiig
oder, was mir besonders auffiel, bandartig, haufig mit
Schleim bedeckt. Ich versuchte durch Spblungen die
Dickdarmschleimhaut zu verbessern, da ich bei der normal-
18
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258 Magen- und Darmaffektioner.
galligen Farbung des Stuhles dorthin den Sitz der Er-
krankung verlegte. Doch erreichte ich damit nichts als
eine Zunahme der Hamorrhoiden, die sich durch Blutungen
und Einklemmungserscheinungen so unangenehm geltend
machten, dass ich sie mir im vorigen Jahre entfernen liess.
Trotz sehr vorsichtiger Lebensweise, bei der Kaffee und
Zigarren verbannt wurden, Alkohol nur gelegentlich in
maBiger Menge getrunken wurde, dagegen Grutzen, schlei-
mige Suppen, Kakao usw. als t&gliche Nahrung dienten,
besserte sich der Zustand nicbt. Es bildete sich eine be-
sondere Art der Entleerung aus. Morgens nach dem Auf-
stehen meist geringe bandartig geformte Entleerung, dar-
auf eine halbe Stunde spftter, gleich nach dem Frtth stuck
Kollern im Leibe und breiige Abg&nge, nach einer weiteren
Viertelstunde dtinne Abg&nge, die immerhin gallig ge-
farbt waren. War der Zustand ein leidlicher, so war
hiermit fflr den Tag das Ende des Klosettbesuchs erreicht,
sonst setzte gleich nach dem Mittagessen Kollern im Leibe
ein und dtinner Stuhl folgte. Als verschlimmerndes Mo¬
ment konnten Aufregungen und Unannehmlichkeiten nach-
gewiesen werden, selbst geschlechtlicher Verkehr wirkte
meist nachteilig. Yon seiten des Magens hatte ich fast
nie Beschwerden gehabt. Um so erstaunter war ich, als
ein von mir konsultierter Arzt nach Probefrtihstiick Achylia
gastrica konstatierte. Die Abwesenheit von Magensaft
liess nunmehr zwanglos die Durchfalle erkl&ren. Die Ver-
ordnungen: Rakoczy, Pankreon und Acidolpepsin setzte
ich gewissenhaft acht Tage durch; dieselbe lfinger fortzu-
setzen, war unmoglich, denn abgesehen von Magendriicken
am Proc. xyphoideus und Ruckenschmcrzen traten jetzt
erheblich vermehrte dunne Entleerungen und eine starke
innere Unruhe auf, selbst wenn Rakoczy wegblieb und nur
die Magen- und Pankreas-Ersatzmittel genommen wurden.
So machte ich bei einem zweiten Kollegen — der erste
war verreist — eine Probedarmdiat von drei bis vier Tagen
durch und wurde auch von demselben rektoskopiert. Nach
der Untersuchung wurde mir mitgeteilt, dass das Leiden
ungefahrlicb, aber langwierig sei. Die haupts&chlichen
Verordnungen waren Diilt, namentlich Grtitzen, Gemuse,
eventuell auch Heidelbeerkonserven, Spulungen mit Kalk-
wasser und Heidelbeerextrakt. Wenn auch die Unter-
suchungen von anerkannten Autoritaten gewissenhaft vor-
genommen worden waren, so beunruhigte mich doch dreierlei:
1 . Die Diagnose Achylia gastrica, die auf mich (aus itlterer
Schule) einen sehr dubibsen Eindruck machte. 2. Die
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Magen- und Darmaffektionen. 259
•Magenbeschwerden, die um die Zeit der ersten Unter-
suchung und Verordnung manifest wurden, und 3. die Ab-
nahme des Korpergewichts um zirka 15 Pfund. Ich ent-
schloss mich also, in dauernder Beobachtung und Behand-
lung zu bleiben, und erbat den Rat eines hiesigen Kollegen.
Die wiederum genau gefuhrte Untersuchung ergab keinen
Anhaltspunkt ffir ein schweres organisches Leiden. Die
sehr eingehend gegebene und strikte befolgte Diat ver-
schaffte mir wohl einen leidlichen Zustand, aber keinen
Umschwung in der abnormen Stuhlentleerung. Die wieder-
holt gegebene Versicherung, die sich auf eingehende
Untersuchung stutzte, dass kein ernstes Leiden vorliege,
sowie der gelegentlich erhobene Befund von Salzsatire im
Magensafte, verschafften mir wohl seelische Beruhigung,
aber keine Aenderung des kbrperlichen Zustandes. Ich
brauche wohl kaum naher auszufuhren, dass ich, bevor es
zur Befragung spezialarztlicher Autoritaten kam, die Rftst-
kammer mir bekannter medikamentbser und diatetischer
Mittel stark in Anspruch genommen hatte. Es ist schier
unmbglich, alles dies hier aufzuzahlen. Hervorheben will
ich nur, dass Adstringentien niemals eine Wirkung hatten,
Opiate wohl stopften, aber keine normalen Verhaltnisse
anbahnten, dabei aber Kopfschmerzen und Unbehagen her-
vorriefen und den Appetit verdarben. Heisse Bader ttbten
keinen nennenswerten, Bauchmassage einen geradezu un-
gttnstigen Einfluss aus. Ich muss zngeben, dass zu Zeiten
ungiinstigsten Befmdens die Diat bessernd wirkte, ich sah
seltenere, breiige Entleerungen, jedoch nie einen normalen
Zustand. Aber auch bei strenger DurchfOhrung der vor-
geschriebenen Kost war der Erfolg launenhaft. Dagegen
brachte eine Abweichung von der Norm keine schwere
Schadigung, meist nicht einmal eine vorObergehende Storung.
In der schlimmsten Zeit hatte sich, wie oben ausgefilhrt,
eine innere Unruhe geltend gemacht, auch der Schlaf
wollte nicht kommen, und so nahm ich abends Bromural
ein. Merkwflrdigerweise zeigte sich mit der giinstigen Wir¬
kung auf den Schlaf auch eine Besserung des Stuhlgangs,
so dass ich dazu Oberging, auch am Tage ab und zu eine
Tablette einzunehmen. Da dieser Erfolg ganz unerwartet
kam, versuchte ich es mit den einzelnen Bestandteilen,
Baldrian (Fluidextrakt), Brom (Sabromin) und Harnstoff,
ohne dass einer dieser Bestandteile auch nur im geringsten
half. Als nun spater ein anderer Harnstoffkbrper, das
Adalin, in die Medizin eingefohrt wurde, machte ich mit
diesem dieselbe gQnstige Erfahrung; ich brauchte sogar,
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260
Magen- und Darmaffektionen — Obstipatio.
um einen normalen Stuhlgang zu erzielen, bei ewei- bis
dreimaligem Einnehmen nur eine halbe Tablette (a 0,25)
einzunehmen und hatte nicht den ausgesprochenen Baldrian-
geschmack. MerkwGrdigerweise hat mir ein drittes Kar-
b am id p r Sparat, das Veronal, das doch fGr den Schlaf weit
wirksamer ist, nicht diese gGnstige Wirkung gebracht.
Um ann&hernd im normalen Geleise zu bleiben, darf ich
wohl auf einige Zeit das Medikament aussetzen, muss
aber ab und zu zum Einnehmen zurGckkehren, brauche
anderseits aber keine strikte Diat zu halten, wenn ich
auch anerkannt schwer verdauliche Speisen vermeide. So
wie es Janowski geschildert hat, liabe auch ich die Gber-
aus gGnstige Wirkung eines Gebirgsaufenthalts, procul
negotiis, wahrnehmen kOnnen. Da dies Mittel bei den
meisten Menschen doch nur vorGbergehend versucht werden
kann, mochte ich auf die eben genannten Medikamente
hingewiesen haben.“ (Medisin. KUnik ion Nr. 58.)
Obstipatio. Hochheim (Halle), Missbr&uchlicher Genuss
▼on Aperitoltabletten. Es handelt sich um den miss-
brauchlichen Genuss von Aperitoltabletten durch ein
2 3 / 4 Jahre altes Madchen. Das Kind erwischte namlich
eine ganze ROhre, die noch 9 Tabletten enthielt (nicht
etwa Bonbons, die bekanntlich an und fGr sich eine mildere
Wirkung als die erstere Form ausGben), deren Genuss
eigentlich fGr Erwachsene bestimmt ist, und ass die s&mt-
lichen 9 StGck Aperitoltabletten morgens zwischen 9 und
10 Uhr. Nachts darauf um 3 Uhr, also nach ungefahr
- 17 Stunden, erfolgte der erste dGnne Stuhl; je eine weitere
Entleerung stellte sich dann um 10 Uhr und nachmittags
um 3 Uhr ein, ohne die geringsten Schmerzen hervor-
gerufen zu haben. Dass am nfichsten Tage Verstopfung
bestand, ist selbstverstandlich. Zieht man nun einen Schluss
aus der geschilderten Tatsache und berQcksichtigt den
Umstand, dass Aperitol, selbst in derartig grossen Mengen
zumal von einem Kinde genossen, ohne jede Nebenwirkung
vorzGglich vertragen s wird, so glaubt Verf., dass wir im
Aperitol, dessen Brauclibarkeit bereits von einer Reihe-
namhafter Autoren festgestellt worden ist, eine wertvolle
Bereicberung der uns zur Bek&mpfung der verschiedenen
Arten von O. zur VerfGgung stehenden Arzneimitteln
besitzen. (Fortsohritte der Medisin 1911 Nr. 88.)
■— XJeber Chocolin, eine abf&hrende Schokolade, schreibt Geheim-
rat Gorges, Chefarzt des KGnigin-Elisabeth-Hospitals,
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Obstipatio.
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Berlin - Oberschtjnweide: „Von Herrn Dr. H. Michaelis
wurde mir vor einiger Zeit ein Kakaoprftparat ,Chocolin‘
Gbergeben, das seiner Zusammensetzung nach wohl geeignet.
erschien, eine Liicke in der Reihe der uns zur Verftigung
stehenden Mittel gegen O. auszuftillen. Es enthUlt neben
seinem Hauptbestandteil, gezuckertem Kakaopulver, die
altbew&hrte Manna cannelata, welche zwar seit langen
Zeiten in der Therapie in flQssiger Form — als Manna-
sirup — und als wertvoller Zusatz in anderen AbfOhr-
mitteln benutzt wird, die aber hier zum ersten Male
nach einem Verfahren von Dr. Michaelis in Pulverform
in Yerbindung mit Kakaopulver und einem Zusatz von
Phenolphtalein (0,5%) erscheint. — Die vorliegende Form
des Pr¶tes als ein Schokoladepulver schien mir sehr
glflcklich und wohl der PrGfung wert zu sein; denn es
war hier die Mbglichkeit gegeben, in der diskreten Form
einer Tasse Schokolade Pat. ein Abf&hrmittel zu verab-
reichen. Fur die Privatpraxis und insbesondere die Kinder-
praxis scheint mir hierin ein grosser Vorteil zu liegen,
den ich denn auch mehrfach Gelegenheit zu beobachten
hatte. Den mir zu Versuchszwecken tibersandten Kakao
habe ich in 16 Fallen angewandt bei Personen im Hospital
und bei vier Pat. in der Privatpraxis. Letztere betrafen
Damen der besten Kreise, welche gendtigt waren, irgend-
ein Abfiihrmittel zu gebrauchen, teils Rhabarber, teils
Cascara, teils Califig usw. Sie haben statt dieser Mittel
den Kakao genommen, und zwar immer kurz vor dem
Zubettegehen 3—4 Teelbffel in einem halben oder einem
ganzen Glase Wasser, das heiss, aber nicht kochend sein
muss. Nachher haben es einzelne Damen auch zum Abend-
essen genommen mit halb Wasser, halb Milch. Die Wir-
kung war stets prompt; ohne Schmerzen erfolgte am n&chsten
Morgen nach etwa 12—14 Stunden eine ausgiebige Entleerung,
die nur einmal eintrat. Irgendwelche Beschwerden waren
damit nicht verb unden, alle Pat. rOhmten den angenehmen,
sehr guten Gescbmack und die diskrete Darreichung. Ebenso
erfolgreich waren die Versuche, welche ich mit dem Kakao
im Hospital erzielt habe. Hier habe ich ihn zwei weib-
lichen Personen mit Neurasthenie gegeben, welche an
chronischer O. litten, dann zwei an Tuberkulose erkrankten
Pat. Auch hier trat am nachsten Morgen immer leicht
und schmerzlos die gewQnschte Entleerung ein. Auch
bei zwei Mannern auf der inneren MSnnerstation, einer
mit leichter Lungentuberkulose bebaftet und einer an einer
Herzerkrankung leidend, welcher gezwungen war, absolute
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262
Obstipatio — Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
Bettruhe zu halten, war der Erfolg der gleiche, und menials
wurde fiber Schmerzen geklagt. Auch bei zwei Kindern
ist der Kakao angewandt, von denen das eine, ein elf-
jahriges Madchen, wegen eines Herzfehlers dauernd im
Bett liegen musste, das andere, ein anamischer Junge von
elf Jahren, an Verstopfung litt; immer mit demselben Re-
sultat. Endlich babe ich den Kakao noch einigen Schwestem
statt der sonst gewohnten Abffihrmittel gegeben. Diese
nahmen zum Teil den Kakao einfach ungelost teelfiffel-
weise und erzielten immer dieselbe Wirkung. Nur bei
einer ffinften Scbwester war die Wirkung nicht regelm&ssig.
In einigen anderen Fallen gab ich das Mittel nur vor-
fibergehend, ein- oder zweimal, und hatte auch wieder
den gewfinschten Erfolg. Ich habe den Kakao alsdann
mehrere Wochen hindurch in weiteren Fallen versucht
und fast immer die gute Wirkung beobachtet. Selbstver-
standlich treten auch bier, wie bei jedem Mittel, einzelne
Misserfolge ein, so dass ich gezwungen war, zu anderen
Abffihrmitteln zu greifen, aber wenn ich die Resultate
zusammenfasse, kann ich nur sagen, dass wir in diesem
Kakao ein sehr angenehmes, dem Pat. sehr willkommenes
und tvohlschmeckendes Mittel besitzen, das abends ge-
nommen, entweder zur Abendmahlzeit oder kurz vor dem
Schlafen, sicher am nachsten Morgen eine schmerzlose,
ergiebige Stuhlentleerung herbeiffihrt. Da er sehr gut
schmeckt, dabei ein gutes Nahrungsmittel ist und seinen
Zweck in absolut diskreter Weise erffillt, konnen wir dieses
neue Abffihrmittel mit Freuden in unseren therapeutischen
Schatz aufnehmen undihm eine weite Verbreitung wttnschen.“
(Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 52.)
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. Erfah-
rungen fiber Pituitrinwirkung in der Klinik und
Poliklinik. Yon Dr. Yoigts. (Aus der Kgl. Universitats-
Frauenklinik in Berlin.) „Nach Hofbauers Mitteilung
fiber die gfinstige Wirkung des Pituitrins (Parke, Davis &
Co., London) bei Wehenschwache haben wir auch Yersuche
mit diesem Mittel angestellt. Wir baben das Pituitrin zur
Anregung der Wehentfitigkeit bis jetzt in 75 Fallen der
Klinik und Poliklinik angewandt. In 60 Fallen sahen
t wir danach einen guten Erfolg. In elf Fallen versagte
das Mittel ganz oder es traten nur schwache, bald wieder
nachlassende Wehen auf. Viermal stellten sich bei Ver-
wendung des Pituitrins erhebliche Geburtsstfirungen ein.
Bevor ich auf diese Falle n8her eingebe, mfichte ich einiges
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
263
uber die Anwendungsweise des Mittels bemerken. Wir
haben von vornherein die subkutane Injektion in den
Yorderarm bevorzugt. Nennenswerte lokale Reizerschei-
nungen sind dabei niemals aufgetreten. Im Gegensatz eu
Hofbauers Warnung sahen wir keinen Unterschied darin,
ob wir eine in Alkohol aufbewahrte oder frisch ausge-
kochte Spritze zur Injektion benutzten. Im Anfang un-
serer Yersuche gaben wir Einzeldosen von 0,5—2,0 ccm
und in wiederholten Injektionen innerhalb kurzer Zeit bis
zu 5,0 ccm. Intoxikations- oder Kumulationserscheinungen
haben wir dabei niemals beobachtet. Als gunstigste Dosis
bat sicb bei diesen Versuchen 1,0 ccm herausgestellt.
Geringere Dosen waren in ihrer Wirkung unsicber, und
von hoheren baben wir keine besseren Resultate gesehen.
In den 60 oben angefiihrten guns tig verlaufenen Fallen
traten zwei bis hOchstens zebn Minuten nacli der Injektion
kraftige, regelmassige Wehen ein. In einzelnen Fallen
setzte nach der Injektion ein Wehensturm ein, der jedoch
nacb 10—20 Minuten in eine geregelte Wehentatigkeit
tiberging. In der grOssten Mehrzahl dieser Geburten sind
wir mit einer einmaligen Injektion von 1,0 ccm ausge-
kommen. Liessen jedoch die Wehen wieder nach, was in
der Regel erst nach mehreren Stunden eintrat, so haben
wir die Kreissenden etwas ausruben lassen und dann die
Injektion wiederholt. Nur fiinfmal waren wir gezwungen,
nocb eine dritte Injektion machen zu mtissen. Unter diesen
60 Entbindungen waren alle Stadien der ersten und zweiten
Geburtsperiode vertreten. Doch hebe ich hier gleich her-
vor, dass in alien Fallen vor der Injektion schon Wehen
vorhanden gewesen waren. Unterschiede der Wirkung in
den verschiedenen Lebensaltern und bei Erst- und Mehr-
gebarenden haben wir nicht beobachtet. Bei keiner dieser
Geburten trat eine erheblichere atonische Nachblutung auf.
Im Gegenteil, die Plazenta loste sich verhaltnismassig schnell
bei dauernd gut kontrahiertem Uterus. Der Misserfolg,
den wir in elf Fallen bei der Anwendung des Pituitrins
zu verzeichnen hatten, ist einesteils auf Verabreichung zu
geringer Dosen im Anfang unserer Versuche zurfickzu-
flihren. In einem anderen Teil der Falle waren vor der
Injektion noch keine Wehen vorhanden gewesen, und es
ist uns in solchen Fallen niemals gelungen, die Geburt
durch Pituitrin in Gang zu bringen. Drittens muss wohl
in einzelnan Fallen eine individuelle Veranlagung als Grund
des Misserfolges anzusehen sein. Als typisches Beispiel
hierfQr mdchte ich folgenden Fall anfiihren: 34jahrige,
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264
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
gesunde III gebarende. Muttermund funfmarkstuckgross,
Blase gesprungen. Kopf fest auf dem Beckeneingang.
Keine Wehen. 1,0 cem Pituitrin rief wenige schwache
Wehen hervor. Zweimal wiederholte Injektionen waren
ohne jedenErfolg. Die Kreiesende klagte nur fiber Schmerzen
im Kreuz. Die Entbindung musste schliesslich durch For¬
ceps beendet werden. — Ich komme jetzt zu den vier
Fallen, in denen nach der Pituitrininjektion erhebliche
Storungen des Geburtsverlaufes auftraten. Gestatten Sie
mir, auf diese Geburtsgeschichten etwas naher einzugehen,
weil in der Literatur bis jetzt solche Zwischenfalle nicht
erwahnt worden sind.
Fall 1. 26jahrige III para. Muttermund kleinhand-
tellergross, Blase erhalten, Kopf auf dem Beckeneingang.
Seit sieben Stunden keine Wehen. 1,0 ccm Pituitrin; nach
zwei Minuten setzte ein Wehensturm ein, der nach drei
Minuten die Blase sprengte und nach weiteren ffinf Minuten
das Kind zu Tage forderte. Das Kind war blitzblau verfarht,
apnoisch. Herzaktion langsam, aber kraftig. Es dauerte
langere Zeit, bis dass die Atmung ordentlich in Gang ge-
bracht werden konnte. Massige Atonie.
Fall 2. 20jahrige I para. Muttermund kleinhand-
tellergross, Blase erhalten, Kopf im Beckeneingang. Seit
vier Stunden keine Wehen. 0,75 ccm Pituitrin. Nach
ffinf Minuten tritt eine sehr heftige, ausserordentlich schmerz-
hafte Uteruskontraktion ein. Der Uterus bleibt dauernd
gleichmassig festkontrahiert. Berfihrung ist sehr schmer-
haft. Die kindlichen Herztfine sinken allmfihlich auf 60.
In tiefer Narkose lasst 3er Krampf nach. Forceps: Kind
asphyktisch. Leichte Atonie.
Fall 3. 21jahrige Ipara. Cervix entfaltet, Mutter¬
mund ftir einen Finger durchgdngig, Blase erhalten, Kopf
im Beckeneingang. Seit mehreren Stunden keine Wehen,
0,75 ccm Pituitrin. Nach zehn Minuten setzen sehr kraf-
tige Wehen ein, nur durch kurze Pausen unterbrochen.
Nach einer halben Stunde tritt Blutabgang aus der Vulva
auf. Die Kreissende ist unruhig, der Gesichtsausdruck ist
fingstlich, der Puls beschleunigt. Innere Untersuchung:
Muttermund zweimarkstfickgross. Plazentargewebe nicht
fiihlbar. Aus dem Muttermunde quillt dauernd dunkles
Blut hervor. Diagnose: Vorzeitige Plazentarlfisung. Da
die Blutung nach dem Sprengen der Blase nicht nachlasst,
wird der Muttermund mittels ,Bossi‘ dilatiert und das Kind
mit Forceps entwickelt. Es ist leicht. asphyktisch. Pla-
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Schwangerachafb, Qeburt, Wochenbett.
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zenta folgt sofort zugleich mit mehreren Blutklumpen.
Uterus kontrahiert sich gut.
Fall 4. 21jahrige Ipara. Muttermund verstrichen.
Blase gesprungen. Steiss in Beckenmitte. Keine Wehen.
1,0 ccm Pituitrin. Nach zehn Minuten sehr kraftige Wehen
mit kurzen Pausen. Zugleich klagt die Kreissende tiber
SchwindelgefQhl und Uebelkeit. Das Gesicht wird kreide-
bleich. Die Pupillen sind stark erweitert und reagieren
trage. Puls sehr gespannt, Frequenz 60. Nach zehn Mi¬
nuten geht dieser Zustand unter starkem Schweissausbruch
vor fiber, eine halbe Stunde spfiter Partus. Nachgeburts-
periode ohne Besonderheiten.
Worauf diese ausserordentlich heftige Wirkung des
Pituitrins bei gesunden Kreissenden zuriickzufiihren ist,
lasst sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Im zweiten
und dritten Falle entnahmen wir die Injektion einem frisch
gebffineten Flfischchen. Yielleicht hangt es damit zusam-
men. Allerdings hatten Injektionen, die wir kurze Zeit
spiiter aus demselben Flaschchen machten, keine abnorme
Wirkung. Fiir den ersten und vierten Fall finde ich keine
andere ErklSrung, als dass es sich hier analog den oben
erwlihnten Yersagern um eine individuelle Veranlagung
gehandelt hat. Das Pituitrin bei septischer Wehenschwache
zu erproben, hatten wir bis jetzt keine Gelegenheit. Bei
atonischen Nachblutungen haben wir es nicht angewandt,
weil wir in dem Sekakornin ,Roche 1 ein schnell und sicher
wirkendes Mittel besitzen, das alien berechtigten Forde-
rungen entspricht. Nach Hofbauers Vorschlag haben
wir das Pituitrin ebenfalls zur BekSmpfung der Ischurie
im Wochenbett angewandt. Die Wirkung war hier jedoch
unsicher. Prompten Erfolgen stehen fast ebensoviele Miss-
erfolge gegenfiber.
Unsere Erfahrungen fiber das Pituitrin lassen sich
dahin zusammenfassen, dass es das beste Mittel zur An-
regung der Wehentatigkeit ist, das wir besitzen. Es ver-
heisst bei richtiger Auswahl der Falle und bei richtiger
Dosierung fast in alien Fallen von Wehenschwache einen
giinstigen Erfolg. Durch seine Anwendung lassen sich
viele Eingriffe, wie Kolpeuryse, Metreuryse, Forceps ver-
meiden. Das Mittel ist allerdings, wie aus den vier
naher beschriebenen Fallen hervorgeht, nicht immer als
absolut harmlos anzusehen. Doch stehen meiner An-
sicfit nach seiner Yerwendung auch ausserhalb der Klinik
keine Bedenken entgegen. Nur muss verlangt Averden,
dass der Arzt die Kreissende noch mindestens eine halbe
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UNIVERSITY OF MICHIGAN J
266 Schwangenohaft, Geburt, Wochenbett — Seekrankheit.
Stunde nach der Injektion tlberwacht, da nacli unserer
Erfahrung nur innerhalb dieser Zeit Zwischenfalle ein-
zutreten scheinen. Die Einleitung der Geburt durch
Pituitrin ist uns nicht gelungen. Bei Ischurie war die
Wirkung des Mittels schwankend.
Nachtrag bei der Korrektur: Seit kurzem wird von
der Firma Hoffmann-La Roche, Grenzach (Baden), ein
Hypophysenextrakt unter dem Namen ,Pituglandol l her-
gestellt. In den sieben Fallen von Wehenschwache, in
denen wir es bis jetzt anwandten, war die Wirkung sehr
gut.“ (Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 49.)
Seekrankheit. Veronaliiatrium in Form von Suppositorien
hat H. Citron (Berlin) mehrfach mit vortrefflichem Er-
folge gegeben in der Dosis von 0,5 g. Die schlafmachende
Wirkung tritt dabei nicht allzusehr hervor. In der Regel
stellt sich nacb hdchstens einer Stunde ein Gefdhl der
Beruhigung und des Wohlbehagens ein, das EkelgefCihl
verschwindet und der Appetit meldet sich.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 36.)
— Ueber Bell auditing der S. mit lokalen An aestbeticis. Von
Dr. C. Beer (Nftmberg). „Icb selbst habe vor einem
Jahre als Schiffsarzt Gelegenheit gehabt, eine Reihe von
Seekranken zu bebandeln. Darunter war eine Dame, bei
der die gewfthnlichen Mittel, Brom, Veronal usw., samtlich
versagten; sie war bereits zirka zwei Wochen an Bord
und musste noch etwa fOnf Wochen an Bord bleiben.
Ein Passagier teilte mir mit, dass er Kokatinktur besitze,
die ihm bei seiner Gattin, die ebenfalls sehr zu der Krank-
heit neigte, gute Dienste leiste. Daraufhin gab ich der
ersterwahnten Pat., welche in recht elendem Zustand war,
mehrmals t&glich 12—15 Tropfen von der Kokatinktur.
Der Erfolg war tiberraschend. Vor allem besserte sich
der Appetit, das Erbrechen und Uebelkeitsgefiihl wurden
fast ganz beseitigt. Dieser Erfolg ermutigte mich zur
weiteren Anwendung. Ich besorgte mir in Shdamerika,
meinem Reiseziel, die Tinctura cocae und habe sie noch
mehrmals anderen Seekranken gegeben, ebenfalls mit guten
Resultaten. Auch ich habe den Eindruck gehabt, dass
bei l&nger dauernder S. sich ein Magenkatarrh herausbildet,
und mdchte annehmen, dass die Kokatinktur nicht un-
geeignet dazu ist, diesen katarrhalischen Reizzustand zu
bekampfen. Eventuell ware dabei noch an die unterstQtzende
Wirkung des darin enthaltenen Alkohols zu denken. Jeden-
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Seekrankheit — Syphilis.
267
falls seheint mir, dass die Tinct. cocae sich angenehm
nimmt und rasch wirkt. Ich mfichte weitere Versuche
damit, besonders bei langwierigen Fallen von S. und auf
langeren Reisen, in Vorschlag bringen.“
(Therapeutische MonaUhefte, Dezember 1911.)
Syphilis. Ueber das Verbalten des Znckers im Ur in bei
Salvarsan bell and lung. Yon Dr. P. Bendig (Katharinen-
hospital in Stuttgart). Autor kommt zu folgenden Schlussen:
1. Der syphilitische Diabetes wird gleich den klini-
schen Lueserscheinungen durch Salvarsan zum Schwinden
gebracht.
2. Der neben der Lues einhergehende Diabetes mel-
litus wird in leichten Fallen gilnstig beeinflusst.
8 . Der schwere Diabetes bietet wegen des drohenden
Komas eine Kontraindikation zur Salvarsaninjektion.
4. Das Salvarsan kann selbst vorfibergehende Gly-
kosurie verursachen. (Deutsche med. Wochenschrift 1911 Nr. 60.)
— Sektalmethode in der Salvarsantberapie. Yon Privatdozent
S. L. Bagrow (Moskau); „Da die Reaktionserscheinungen
bei Injektionen und Infusionen des Salvarsans nicht ganz-
lich vermieden werden kdnnen, und da diese sogar bei
manchen Kranken (Herzschwache, Tuberkulose) sehr ge-
fahrlich sein konnen, ist es besonders wichtig, auch andere
Wege ffir die Salvarsantherapie zu versuchen. In erster
Reihe musste die Untersuchung fiber die Rektalmethode
angestellt werden wegen der allgeraein bekannten leichten
Durchgangigkeit der Rektalschleimhaut ffir lfisliclie Pulver,
zu denen das jetzt vorbereitete Salvarsanprapsrrat gezahlt
werden darf. Ausserdem besitzt die Einverleibung durch
das Rektum im Vergleich mit einfacher Einnahme per os
den Vorzug, dass das empfindliche Praparat mit keinen
stark digerierenden Saften in Berfihrung kommt. Als
Vorbereitungsform, die als Ausgangspunkt dienen kfinnte,
nahmen wir Oelemulsion an, da jetzige Beobacbtungen
(Pasini, Schindler) ffir die Stabilitat des Salvarsans
in dieser Suspension sprechen. Diese Oelemulsion (in
moglichst kleinem Volumen) wurde in ein gewfihnliches
Suppositorium mit Zusatz von Novokain inkorporiert, wie
aus der Rezeptformel zu ersehen ist:
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268
Syphilis.
Salvarsani 0,1 (!)
Tere c. ol. amygdal. quantit. minim, usque
ad emulsionem homogenem
.Adde Novocaini 0,01
But. Cacao q. s. ad supposit. j. D. ex tempore
S. Suppositorium.
Die Einftlhrung wird in tiblicber Weise gemacht, aber
der Stuhlgang soli mbglichst lange Zeit (10—15 Stunden)
aufgehalten werden. Kleine Reizung im Rektum ver-
schwindet spurlos schon nach 2—3 Stunden, so dass in
einigen Fallen wir noch ein zweites Suppositorium hinein-
zufiihren Gelegenheit hatten. Schleimausfluss aus dem
After wurde nie beobachtet. Absorption durch die Darm-
wand geschieht wahrscheinlich ganzlich, da die Faces keine
sichtbaren Spuren von Salvarsan zeigen. Allgemeine Re-
aktion ist sehr gering und kann am 2.—3. Tag in Form
von Mattigkeit und Abgeschlagenheit sich kennzeichnen.
Klinische Besserung ist sogar am 3.—4. Tag schon zu
konstatieren. Wegen der Kftrze der Beobachtungszeit
konnen wir nicht die Grbsse der einzelnen Dosis und ihre
Gesamtzahl genau angeben; wir selbst bleiben provisorisch
bei Kromayers Dosen, d. h. verschreiben 0,1 g einmal
wochentlich bis zu 0,6 in summa. Selbstverstandlich kann
die hier angegebene Methode nicht als vollwertiger Ersatz
fur intravenbse Infusionen angesehen werden, die letzteren
miissen auch weiter als souverSnste Behandlungsweise
gelten. Wir mbchten nur mit unserem Vorschlage die#
Salvarsantherapie auch ftir sonst abgewiesene Kranke zu-
ganglich machen. — Nachtrag bei der Korrektur: Es
scheint zweckmassiger, in zwei- oder dreitagigen Zwischen-
rSumen die Suppositorien a 0,1 oder 0,2 Salvarsan zu
wipderholen, bis die gewiinschte 0,6—0,8-Dosis erreicht ist.“
(Berliner klin. Wochenaohriffc 1912 Nr. 3.)
— Maine Erfahnmgen mit Jodival in der dermatologischen
Praxis. Von Dr. Pohlmann (Frankfurt a. M.). Auf
Grund von acht mitgeteilten Fallen, in welchen eine starke
Idiosynkrasie gegen Jodkali bestand, Jodival aber gut ver*
tragen wurde, und auf Grund seiner weiteren Erfahrungen
mit Jodival, das er in einzelnen Fallen bis zu 200 Tabletten
ohne Magenbeschwerden gegeben hat, glaubt Autor im
Jodival ein gutes Hilfsmittel neben Salvarsan und Queck-
silber in der Syphilisbekampfung empfehlen zu kbnnen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 43.)
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Vermischtes.
269
Vermischtes.
— Eiu zusanunenlegbarer Fantoffel zur Ekleichterung des
Treppensteigens. Von Oberstabsarzt a. D. Dr. Schurig
in Berlin. „Die H5he der einzelnen Treppenstufen betragt
in der Regel 16—17 cm und scheint empirisch als die-
jenige Hohe festgestellt zu sein, die bequem und anhaltend
von einem Herzgesunden gestiegen werden kann. Die fflr
den Herzgesunden berechnete Arbeitsleistung muss nun
beim Treppensteigen auch vom Herzkranken bewaltigt
werden, und es ist daher kein Wunder, dass das kranke
und geschw&chte Herz die geforderte Arbeit nicht leisten
kann. G-anz anders wird jedoch das beim Treppensteigen
geforderte Arbeitsmass, wenn der Herzkranke beim Treppen¬
steigen an dem einen Fuss einen Pantoffel tragt, dessen Sohle
etwa so dick ist wie die halbe H6he der Treppenstufe,
also 8 cm. Tritt er zun&chst mit dem Pantoffel auf, dann
ist der Kbrper um die Hbhe der Sohle, also um 8 cm,
gehoben und braucht, um auf den nachsten Stufenabsatz
zu kommen, mit dem anderen Fuss um diesen Wert weniger
gehoben zu werden. Der mit dem Pantoffel bekleidete
Fuss wird nun nachgezogen, man stellt sich wieder auf
den Pantoffel, setzt den anderen Fuss wieder auf die nachste
Treppenstufe und so fort. Auf diese Weise wird eine Art
Zwischenstufe geschaffen und, da die Sohle halb so hoch
ist wie die Stufenhfthe, die jedesmal zu leistende Arbeit
um die Halfte verringert. Dies ist for den Herzkranken
ein grosser Gewinn und, ist das Herz noch einigermassen
leistungsfahig und liegt die nunmehr zu leistende Arbeit,
die gegen frhher auf die Halfte herabgemindert ist, noch
im Bereich der Leistungsfahigkeit des Herzens, dann wird
der Herzkranke leicht und ohne Herzklopfen Treppen steigen
kdnnen, die er sonst nur mit Miihe und erschbpft bewal¬
tigt hat. Ein Versuch wird die genannten Vorteile leicht
bestatigen. Ich kenne Herzkranke, die 3—4 Treppen da-
mit ohne Anstrengung steigen kbnnen, wahrend sie sonst
schon nach einer Treppe wegen Herzklopfens sich ausruhen
mussten. Nun ist es nattirlich unbequem, einen Pantoffel
von solcher Dicke mit sich fiihren zu mtissen. Ich habe
daher einen Pantoffel konstruieren lassen, dessen Sohle
bequem zusammengeklappt und beim Gebrauch ohne Miihe
bis zu einer H6he von 8 cm auseinandergezogen werden
kann. Ein solcher Pantoffel, dessen Sohle in zusammen-
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270
Vermi6chte8.
geklapptem Zustande nur 2 cm dick ist, kann z. B. in der
hinteren Tasche des Beinkleides bequem getragen werden,
ohne aufzufallen, und ist bei H. Windler-Berlin, Friedrich-
strasse 133 a, zum Preise von 20 M. erhaltlich (Schutzmuster
41796). Den Gedanken, beim Treppensteigen eine Art
Zwischenstufe zu schaffen und damit die jedesmal zu lei-
stende Arbeit um die Halfte zu vermindem, kbnnte man
auch in der Weise verwerten, dass man auf der einen Seite
der Treppe auf jeder Stufe eine Zwischenstufe anbringt,
die genau halb so hoch ist als die eigentliche Stufenhbhe.
Es wOrde danil jedem freistehen, diese Zwischenstufen im
Bedarfsfalle zu ben(itzen.“
(Mftnch. med< Wochenachrift 1911 Nr. 52.)
— Schntzpocken- Virus als schmerzlindemdes MitteL Von
Prof. Dr. Heinrich Stern (New York). Autor ist iiber-
zeugt, dass die Schutzpockenimpfung bei solchen Personen,
welche gichtische, rheumatische, neuralgische, neuritische
oder . angiosklerotische Erscheinungen darbieten, rasch die
erscheinenden Schmerzen beseitigt und in vielen Fallen auf
den Krankheitsprozess selbst einen wohltatigen Einfluss aus-
flbt. Die Inokulation der Kuhlymphe lindert den Schmerz
oft dann, wenn alle anderen therapeutischen Massnahmen
sich als vergeblich erwiesen liaben. Sie kann der Steigerung
der Schmerzen auf lange Zeit vorbeugen; einige der vor
acht oder neun Jahren geimpften Pat. haben seitdera
keinen einzigen Tag versaumt, ihren Geschaften nach-
zugehen. In anderen Fallen halt sich die Wirkung der
Impfung liinsichtlich der Dauer oder der Qualitat des von
ihr gewahrten Schutzes gegen Schmerz, oder mit Bezug auf
beides, in engeren Grenzen. Der Schmerzanfall kann nach
erfolgreicher Impfung innerhalb weniger Tage oder Monate
wieder auftreten oder vielleicht auch nicht ganzlich unter-
drftckt werden —, stets aber wird er in mehr oder weniger
abgeschwachter Form, in einem milderen Grade, fortdauern
oder zurfickkehren. Es ist Autor zur Gewohnheit ge-
worden, die Schutzpockenimpfung in alien solchen Fallen
andauernder Muskel- und Gelenkschmerzen — ohne ROck-
sicht auf die An- oder Abwesenheit Ortlicher Erscheinungen
— zu empfehlen, welche der fortgesetzten Anwendung der
bekannteren therapeutischen Massnahmen nicht gewichen
sind. Er hat das Yakzinevirus niemals zur Schmerz-
linderung bei akuten Fallen, wie rheumatisches Fieber,
benutzt; bei keiner Gelegenheit jedoch hat er gezogert, es
zur Anwendung zu bringen, wenn der den Schmerzen
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Vermischtes.
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zugrunde liegende Krankheitsprozess augenscheinlich sub-
akuten oder chronischen Charakter trug. Weder sieht
Autor in dem Yorhandensein von Fieber noch in dem
Dazwischentreten von Bronchitis, Gastro-Enteritis usw.
ein Hindernis der Schutzpockenimpfung, wenn er iiber-
zeugt ist, dass er auf diese Weise den Kranken von
seinen Schmerzen befreien kann. Die Inokulation
von Kuhlymphe in Glyzerinlosung ist unter alien Um-
standen ein unschadliches Verfahren, es sei denn, dass
durch die Anwesenheit von gewissen Hautkrankheiten
die Mbglichkeit von Autoinokulation gegeben ist. Der
Erfolg einer Impfung hangt nicht notwendigerweise von
dem Erscheinen einer Lasion ab. Mit anderen Worten
heisst dies, dass im Organismus immunisierende Stoffe ge-
bildet werden konnen, auch wenn keine Impferuption auf-
tritt. Nichtsdestoweniger nimmt Autor die Impfung dicht
an der schmerzhaften Stelle vor, und den gemachten Er-
fahrungen zufolge tritt die analgesierende Wirkung des
Virus um so deutlicher zutage, je ausgesprochener die an
dem Ort oder an den Orten der Inokulation sich einstellende
Hauteruption ist. Autor bemiiht sich, eine einigermassen
diffuse Eruption zu erhalten, und haufig nimmt er zu diesem
Zweck die Impfung an mehr als einem Punkt in der Um-
gebung der affizierten Stelle vor. Obwobl die gewbhnliche
Vakzinedosis in vielen Fallen genugt, scheut er in hart-
nackigen Fallen nicht davor zurtick, die Dosis um das
Drei- oder sogar um das Fflnffache zu verstarken. Doch
muss unbedingt verlangt werden, dass das Virus stets frisch
und gut ist. Immerhin ist es in manchen Fallen nicht
wesentlich, dass zur Erzielung einer analgesierenden oder
sedativen Vakzinereaktion auf die Erzeugung einer aus-
gesprochenen ortlichen Lasion Bedacht genommen werde.
Ebensowenig ist es notwendig, immer in der Umgebung
der schmerzhaften Stelle zu inokulieren. Offensichtlich
jedoch steht der brtliche Impfprozess in einem gewissen
Verhaltnis zu dem allgemeinen analgesierenden Effekt.
Bemerkenswert ist auch, dass solche Individuen, die fur
Vakzinevirus unempfanglich sind, von der Impfung keine
Schmerzlinderung erfahren. Doch dies versteht sich
eigentlich von selbst.
(Zeitschrift f. physikal. u. difttet. Therapie 1911 Nr. 11.)
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272
Bdcherschau.
Bucherschau.
Eine im Verlage von G. Thie me (Leipzig) erschienene Monographic
verdient das Interesse unserer Leser: E. Barths: Ein-
ffi.hrn.ng in die Fhysiologie f Fathologie nnd Hygiene
der menschlichen Stimme (Preis: 15 M.). Fast 500 Seiten
ffillt der Yerfasser, der fiber eine sehr reiche Erfahrung auf
diesem Gebiete verffigt, mit seinen klaren Auseinander-
setzungen, denen 260 Abbildungen und zwei farbige Tafeln
zum Yerstftndnisse des Gesagten beigeffigt sind. Der Umfang
des Baches zeigt schon, dass der Yerfasser das Gebiet
detailliert behandelt. In der Tat fehlt wohl nichts, was
zur Sache gehOrt, so dass das „Lehrbuch“ — so darf man
es wohl bezeichnen — als nie versagender Berater die
besten Dienste leisten wird. — Ein allenthalben bekanntes
und geschfitztes Buch tritt uns in der vorliegenden 6. Auf-
lage in neuer Gestaltung entgegen: J. Boas, Diagnostic
nnd Therapie der Magenkrankheiten (ebenfalls bei G.
Thieme erschienen, Preis: 14 M.). Die frfiheren beiden
Teile hat der Yerf. zweckmfissigerweise in einen zusammen-
gefasst. Aber auch der Inhalt hat durchgreifende Aen-
derungen erfahren; manche Kapitel sind fortgelassen, andere
hinzugeffigt, die meisten erganzt und umgearbeitet worden.
Auch in der neuen Gestalt wird Boas’ Werk Aerzten und
Studierenden ein zuverlassiger Ratgeber sein. Die vielen
Auflagen und Uebersetzungen in fremde Sprachen zeigen,
welcher Wertschatzung sich dasselbe erfreut; der Erfolg
ist wohlverdient und wird dem Buche sicher auch weiter
beschieden sein.
Notiz.
Die heutige Nummer unseres Blattes enthalt zwei Beilageu,
und zwar von den Firmen:
Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin N 4, uber
,,Arhovin iC ,
G. Pohl, Berlin NW 87, fiber
uGeloduratkapseln",
auf die wir besonders hinweisen.
Fflr den redaktionellen Toil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
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■V Google
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Erscheint am
Anfang eines jeden Monats.
M 1
Pr els. des Jabrgangs 6 Mk.
exkl. Porto.
Excerpta medica.
Knrze monatliche Journal&tisifige
aus der go saint en Faohliteratur
zum Gebrauch fiir den praktischen Arzt.
Herauagegeben von Dr. med. Eugen Graetxer in Friedenau-Berlin .
Taring tom Carl SaUmamn 9 Leipilg*
April. XXI. Jatrtw M2
Agrypnie. Beitrag zur Ungiftigkeit des Adalins. Von
Dr. H. Raschkow, Nervenarzt in Berlin. „In Nr. 45
dieser Wochenschrift hat Herr Dr. Fromm Ober einen
Fall berichtet, der fQr die Ungiftigkeit des neuen Schlaf-
mittels ,Adalin‘ spricht. Ich verftlge Ober einen film lichen
Fall, den zu erwShnen ich fOr wichtig halte. Ueber meine
Erfahrungen mit Adalin habe ich in der ,Medizin. Reform 1
1911 berichtet. Ich verfOge jetzt fiber mehr als 100 Falle.
und meine Erfahrungen gehen dahin, dass die therapeu-
tische Dosis zwei Tabletten a 0,5 = 1 g im allgemeinen
einen 5—bsttindigen Schlaf erzeugt. Kfirzlich hatte ich
nun Gelegenheit, einen Fall zu beobachten, in dem nicht
wie bei Herrn Kollegen Fromm neun Tabletten Adalin.
sondern nur sechs Tabletten = 3 g gegeben wurden.
Dies ist immerhin eine Dosis, die die therapeutische fiber-
steigt. Es handelt sich um einen 3lj&hrigen Mann, der
wegen neurasthenischer Beschwerden tftglich abends ein
bis zwei Tabletten Adalin a 0,5 g nehmen sollte. Aus
Versehen gab ihm seine Frau eines Abends sechs Tabletten.
Darauf sank er nach seiner Angabe in tiefen, traumlosen
Schlaf, der ohne Unlerbrechung etwa 40 Stunden anhielt.
Als er nach zwei Tagen mich wieder aufsuchte und mir
davon Mitteilung machte, merkte man ihm nichts mehr
an. Sensorium frei, Reflexe, Sensibilitfit, Appetit, Harn-
und Stuhlentleerung waren normal. Auch in den n&chsten
14 Tagen, in denen der Mann noch in meiner Behand-
lung blieb, stellten sich keine Storungen ein, die eine
Folge der Adalinvergiftung gewesen waren. Wir besitzen
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274
Agrypnie.
also in dem Adalin ein leichteres Hypnotikum, das ruhig
jedem Pat. in die Hand gegeben werden kann.“
(Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 49.)
— Beitrage a nr Wirkungsweise des Schlafmittels Adalin. Von
Dr.' E. Glombitza (Irrenanstalt Herzberge der Stadt
Berlin). Die Resultate seiner Beobachtungen fasst Autor
dahin zusammen: Als Sedativum leistet das Adalin vor-
zGgliche Dienste — ev. in Kombination mit Dauerbad
resp. Paraldehyd — in alien Fallen von leichter bis massig
schwerer halluzinatorischer und motorischer Erregtheit be-
sonders solcher der Dementia praecox-Gruppe, der Dementia
senilis, der Hysterie, der Manie, den depressiven Angst-
zustanden und der Imbezillitat. Bei schwerer Erregtheit,
besonders halluzinatorischen Ursprungs, versagt es auch
bei Anwendung hoher Dosen. Von seinen mannigfachen
Vorzugen ist spezieM hervorzuheben:
1. fast vbllige Geschmacklosigkeit;
2. rasche Ausscheidung;
3. Fehlen der Angewbhnung;
von seinen Nachteilen:
1. eine gewisse Unregelmassigkeit der Wirkung bei
langer fortgesetzter Darreichung hoherer Dosen;
2. die Mbglichkeit des Auftretens von Intoxikations-
erscheinungen, besonders bei Kombination mit anderen
Medikamenten;
3. der absolut wie wegen der zur Erzielung eines
befriedigenden Erfolges erforderlichen grossen Dosen auch
relativ sehr hohe Preis.
Es kosten vergleichsweise im Engroseinkauf:
Diathylbaritursaure ca. 0,08 M. p. Gramm,
Bromural (Original) ca 0,15 M. p. Gramm,
Adalin (Original) ca. 0,20 M. p. Gramm.
Da zur Erzielung einer befriedigenden sedativen Wir¬
kung meist 2,0 g erforderlich sind, wiirde sich der Schlaf-
mitteletat allein fttr Adalin pro Pat. auf ca. 0,40 M. pro
Tag stellen.
Schon dieser Nachteil dGrfte in spezieller Hinsicht
auf die haufig beschrankten Mittel der Hauptkonsumenten,
der Irrenanslalten, hier einer durcbgehenden allgemeinen
Anwendung des Adalins hinderlich entgegenstehen. Das
wichtigste Resultat der Untersuchungen besteht darin, dass
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Agrypnie.
275
die Bebauptung des Herstellers von der absoluten Un-
fahigkeit des Adalins, schadliche Nebenwirkungen hervor-
zurufen, nicht unbedingt verallgeraeinert. werden darf und
dass somit der Weg zur Herstellung eines idealen Ein-
schlfiferungsmittels noch immer offen steht
(Miinch. tned. Wochenschvift 1912 Nr. 6.)
— Adalin ein neues Bernhigungs- und Eingchl&ferangsmittel.
Yon Prof. Dr. H. Gudden (Kgl. Psychiatr. Poliklinik,
Mfinchen). Die Hauptdom&ne fiir die Anwendung des
Adalins bilden die zahlreichen Falle chronischer Schlaf-
losigkeit infolge von Neurasthenie (auch sexueller), Hysterie,
Herzneurosen, Angina pectoris, motorische Erregungen
(Manie, Dementia praecox), sowie einfache, rein ner-
vfise A., bei der man wegen der Gefahr der Angewfih-
nung und Nachwirkungen nicht gleieh stark wirkende
Hypnotika oder Narkotika anwenden will. Yerf.s Beob-
ochtungen erstrecken sich auf fiber 100 Falle der oben
angefflhrten Gruppen, denen ohne vorherige Brommedi-
kation das Adalin verabreicht wurde. Wie aus den pharma-
kologischen Versuchen von Impens und den Mitteilungen
von Hoppe und Seegers hervorgeht, ist die Resorption
des Adalins eine ziemlich langsame. Fttr die Entfaltung
des sedativen Effektes ist diese verzogerte Resorption, die
noch durch Darreichung des Adalins in kalteni Wasser
begfinstigt wird, nur von Nutzen. Verf. hat bei seinen
Versuchen feststellen kfinnen, dass die Darreichung re-
frakter Dosen von 3—4mal 0,25—0,5, gleichm&ssig auf
den Tag veiteilt, die kalmierende Wirkung des Adalins
z. B. bei Angstzustanden mit psychischer Depression und
irritativen Herzneurosen am besten in Erscheinung treten
la sst. Mit ganz wenig Ausnahmen haben die Pat. schon
nach kurzem Adalingebrauch ein promptes Nachlassen ihrer
inneren Unruhe, ein Besserwerden der qu&lenden Angst-
zustande feststellen konnen. Will man dagegen Schlaf
erzielen (Verf. hat das Athalin bei ca. 40 Fallen zum
Teil hartnackiger Insomnien angewendet, wie sie im Ver-
laufe von nei*vosen Depressions- und Erschfipfungszustanden,
Hysterie, Herzklappenfehlern, Arteriosklerose usw. beob-
acbtet werden), so ist es angezeigt, gleieh mit einer vollen,
ausreichenden Dosis von 1—1,5 g Adalin = 2—3 Ta-
bletten, einzusetzen. Diese Menge lasst man am besten
‘'9 - 1 Stunde vor dem Schlafengehen in heissem Getriink
(Zuckerwasser, leichtem Tee) einnehmen, um die Resorp¬
tion zu beschleunigen. Die Darreichung einer gleieh mas-
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276
Agrypnie.
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siven Dosis Adalin auf einmal mochte Verf. aus dem
Grunde anraten, weil sich dadurch die Dauer des Exzita-
tionsstadiums, das bekanntlich bei zu klein gewShlten
Dosen fast aller bekanqten Hypnotika dem Eintritt des
Schlafes voranzugehen pflegt, kfirzen lSsst, bzw. eine Auf-
regungsperiode fiberhaupt nicht in Erscheinung tritt. Bei
der relativen Unsch&dlichkeit des Mittels kann die Dosis
, von 2—3 Tabletten auf einmal ohne Risiko gegeben werden:
es sind Verf. in den l 1 /* Jahren niemals Klagen fiber
gastrointestinale oder sonstige Nebenwirkungen zugegangen.
Je nach der gegebenen Menge von 1 g oder 1,5 macht
sich nach etwa einer V*—1 Stunde ein Mfidigkeitsgeffihl
bemerkbar, dem bald daranf ein ruhiger, tiefer Schlaf
folgt. Bei den meisten Pat. hielt derselbe die Nacht fiber
an, einige wollen zwischendurch kurz erwacht sein, schliefen
aber rasch wieder ein. Die von alien Pat. gemachte An-
gabe, dass sie sich andern Tags vollig frisch und erquickt
ffihlten, kein Mfidigkeitsgeftthl verspfirten, lasst wohl darauf
schliessen, dass da9 Adalin aus dem Organismus rasch
eliminiert wird, dass ihm aus diesem Grunde eine kumu-
lierende Wirkung, wie sie die Hypnotika aus der Disi’lfon-
gruppe (Sulfonal, Trional) aufweisen, vbllig fehlt. Audi
Gewohnung an das Mittel scheint man nicht beffirchten
zu mfi8sen. Es ist daher ausserst wertvoll, im Adalin
ein harmloses und doch sicher wirkendes Schlafmittel an
der Hand zu haben, das man auch weniger sicheren Pat.
getrost in die Hand geben kann.
(Miinch. med. Woohentchr. 1912 Nr. 2.)
Klinische Erfahrungen mit Adamon, einem neuen Sedativum.
Von Oberai’zt Dr. v. Rad (AUgem. stadt. Krankenhaus,
Nttrnberg). Verf. berichtet Ober dies neue Prapaiat der
Farbenfabriken vorm. Bayer & Co., das den grossen Vor-
zug hat, fast vollkommen geruch- und geschmackfrei zu
sein, so dass sich selbst linger dauernde Kuren dainit
leicht durchftihren lassen. Chemisch ist Adamon ein Di-
bromdihydrozimtsaureborneolester der Formel C 0 H ft CHBr—
CH'Br CO*O’C, 0 H 17 , mit je ca. 35"/o Brom und Borneol
in leicht abspaltbarer Form. Es wurde in Tablettenform
(Originalpaekung, ‘20 Stfick a 0,5) verordnet, zumeist
Kranken mit Zustanden leichterer Erregung, also Neur-
asthenikern, Hysterischen, Alkoholisten, ferner bei leich-
teren Depressionen von Cyclothymen. Ausserdem erprobte
Verf. das Mittel bei an Zwangszustanden leidenden Kranken.
bei klimakterischen Beschwerden und Herzneurosen. Die
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Agrypnio.
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Erfolge waren meist recht gute, eine wesentliche Beruhigung
oder ein vblliger Nachlass der Eiregung und innern Un-
ruhe wurde in den sehr vielen Fallen erzielt. Bei mehreren
Pat. mit nervoser Erregbarkeit und leichten Angst- und
Depressionszustanden trat bei wiederholter Darreichung
von Adamon am Tage doch eine so 'weitgehende Beruhi¬
gung ein, dass die sonst oft notig gewesene Verabreichung
ausgesprochener Hypnotika — teils zur Bekampfung der
Erregung am Tage, teils zur Erzielung einer geniigenden
Nacbtruhe - unnotig wurde und vermieden werden konnte.
Als ausgesprochenes Hypnotikum kann das Adamon na-
turlich nicht gelten, doch kann es bei den Fallen, in
welchen die Schlaflosigkeit oft nur in einem erschwerten
Einsehlafen infolge vermehrter innerer Unruhe besteht,
mit Erfolg zur Herabsetzung der Erregbarkeit gegeben
werden. Bei der beruhigenden und reizmildernden Wir-
kung, welche dem Mittel zweifellos zukommt, kann es
also in geeigneten ganz leichten Fallen den Gebrauch von
Schlafmitteln — eine Zeitlang wenigstens — unnbtig
machen. Eine recht gute Wirkung wurde ferner bei Herz-
neurosen sowohl rein funktioneller als auch manchmal
in leichteren Fallen organischer Aetiologie erzielt. Ein
weiteres Anwendungsgebiet fur Adamon bieten die Falle
von Agora- und Claustrophobie, zumal es bei den Ada-
montabletten unnbtig ist, sie vorher in Lbsung zu bringen;
sie kbnnen jederzeit leicht zerkaut und geschluckt werden,
ohne ttblen Nachgeschmack zu hinterlassen. Mebrere Pat.
mit Platzangst fiihrten ein Rohrchen Tabletten regelmassig
in der Tasche ‘mit sich, um im gegebenen Moment das
Mittel gleich nehmen zu kbnnen. Wieviel gerade in diesen
Fallen a conto der rein suggestiven Wirkung zu setzen
ist, entzieht sich natbrlich einer genaueren Beurteilung.
Die verabreichten Einzeldosen schwanken zwischen 0,5
und 2,0; doch wurden auch grbssere Dosen bis zu 3,0
pro die gut vertragen, ohne die geringsten Nebenerschei-
nungen hervorzurufen. Insbesondere klagte kein Pat. Ober
das nach Einnahme von Baldrianpraparaten so lastig
empfundene Aufstossen. Verf. hat nicht den Eindruck
gewonnen, als ob durch Verabreichung gleich grosserer
Dosen wie 2 g auf einmal sich eine Steigerung der Wir¬
kung erzielen liesse, halt vielmehr die oftere Verabreichung
kleinerer Mengen a 0,5 = 1 Tablette 3—4mal pro Tag
fiir angezeigter. Im Durchschnitt kam Verf. bei Sto-
rungen leichterer Art mit 2 — 4 Tabletten pro Tag aus,
als Dosis vor Schlafengehen mochte er die Darreichung
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Agrypnie.
von zwei Tabletten zusammen mit etwas heissem Zucker-
wasser in Vorschlag bringen.
(Die Therapie der Gegenwart, Feb mar 1912.)
— Ueber klinische Erfah.rn.ngen mit Codeonal, einem nenen
Scblaf- nnd Beruhigungsmittel. Yon Oberarzt Dr. O.
Gaupp. (Aus der I. Inneren Abteil. d. Stadtkranken-
hauses, Dresden-Friedrichstadt.) Codeonal (hergestellt von
Knoll & Co., Ludwigshafen) enth< 11,76% Codein. di-
aethylbarbituric. und 88,24% Natr. diaethylbarbituric.
Nach verschiedenen Versuchen beziiglich der Dosierung
bew&hrte sich die Darreichung in Tabletten, die 0,17 Co¬
deonal, d. h. also 0,02 Codeinum diaethylbarbituricum und
0,15 Natrium diaethylbarbituricum enthalten. Auf Codein-
base berechnet, enthalt eine Tablette 0,012 Codein. Es
ist durch diesen geringen Gehalt der Einzeltablette der
Dosierung des Mittels (1 — 4 Tabletten) ein weiter Spiel-
raum ermoglicht. Davon gab Verf. als Schlafmittel in
der Regel abends zwei Tabletten auf einmal. Bei schweren
Fallen war nach Ablauf von einer halben Stunde noch
eine dritte Tablette zur Erreichung der vollen Wirkung
erforderlich. In einigen besonders graven Fallen gab Verf.
bei Ausbleiben der Schlafwirkung nach Verlauf von weiteren
drei Stunden noch eine vierte Tablette, ohne irgendwelche
Schadigung zu sehen. Da das Codeonal auch als Pulver
in den Handel kommt, kann es sowohl in subkutaner
Lbsung als auch als Suppositorium verordnet werden.
Doch fehlt Verf. dartiber die Erfahrung, da er nur Ta¬
bletten angewandt hat. Er hat das Codeonal auf der Abtei-
lung als Hypnotikum bei 60 Pat. in etwa 500 Einzeldosen
zur Anwendung gebracht. Die Erfolge mit dem Mittel
waren recht gute. Er verwandte es hauptsachlich bei
schweren Lungen- und Kehlkopftuberkulosen, bei Nerven-
krankheiten, wie Tabes und Paralysis agitans. Auch bei
Herzfehlern, Kopfschmerzen der verschiedensten Aetiologie,
bei Polyarthritis, bei nervOser Schlaflosigkeit hatte er
immer gute Resultate. Bei einem Arzt, der an Diphtherie
erkrankt war und vorher Veronal, Adalin, Pantopon mit
massigem Erfolge genommen hatte, trat nach Verabreichung
von drei Tabletten Codeonal in der Qblichen Weise gute
Schlafwirkung ein, nur wurde der Schlaf als etwas bleiern
bezeichnet. In vier Fallen hatte Verf. mehr oder weniger
ausgesprochene Versager; bei zwei Magenkarzinomen, einer
Tabes mit gastrischen Krisen und einer Lungentuberku-
lose. Bei dem letztgenannten Fall war anfangs mit Codeonal
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Agrypnie.
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gute Schlafwirkung erzielt worden, sie blieb aber aus, als
sich unter hohem Fieber ein Pyopneumothorax gebildet
hatte. Allerdings war hier auch 0,01 Morphium subkutan
ganz ohne Wirkung. Von unerwGnschten Nebenwirkungen
traten nur in drei Fallen bei bestehenden Magenaffektionen
Erbrechen und leicbte Magenschmerzen auf. Andere Scha-
digungen hat Verf. nicht gesehen, insbesondere wurde
niemals eine Schadigung des Kreislaufes oder abnorme
Herabsetzung der Kbrpertemperatur beobachtet. Selbst
bei langerem Gebrauche trat Obstipation nicht auf. Eine
Angewohnung an das Mittel ist auch bei langer fort-
gesetzter Anwendung nicht hervorgetreten. Bei einigen
Kranken kam Verf. im Verlaufe der Behandlung sogar
mit geringeren als den anfangs erforderlichen Dosen von
zwei Tabletten aus. FQr gewbhnlich tritt die Wirkung
des Mittels nach Verlauf einer halben Stunde ein: in den
meisten Fallen wurde sechs- bis siebenstflndiger Schlaf
erzielt. Phthisiker mit starkem Hustenreiz gaben an, im
Laufe der Nacht zwei- bis dreimal an Husten aufgewacht
zu sein, doch seien sie alsbald wieder leicht eingeschlafen.
Bei einigen Pat. trat sehr tiefe Schlafwirkung ein, so dass
man hier wirklich den Eindruck einer far die relativ ge-
ringe Dosis sehr kraftigen Wirkung hatte. Wenn Verf.
eine ungefahre vergleichende Schatzung der Wirkung von
zwei Tabletten Codeonal abgeben soli, so glaubt er, dass
dieselbe .kraftiger ist als die abliche Dosis von 0,5 Veronal,
dass die Wirkung einer Dosis von 0,015—0,02 Morphium
aber nicht erreicht wird. Zusammenfassend miichte sich
Verf. dahin aussprechen: Das Codeonal hat sich als ein
Schlafmittel bewahrt, das im allgemeinen sicherer zu wirken
scheint als die bisher bekannten Mittel, mit Ausnahme
des Morphiums. Seine Anwendung ist speziell in solchen
Fallen indiziert, wo die Schlaflosigkeit. als Folge von nicht
zu heftigen Schmerzen oder entsprechenden Storungen
(Husten, Atemnot usw.) besteht. Auch dann, wenn man
gezwungen ist, langere Zeit Schlafmittel anzuwenden, wird
das Codeonal als willkommene Abwechslung in Betracht
kommen. Es ist relativ frei von irgendwelchen schadlichen
Nebenwirkungen. Man erreicht gewShnlich die voile Schlaf¬
wirkung mit der Dosis von 0,04 Codeinum diaethylbar-
bituricum und 0,3 Natrium diaethylbarbituricum (d. h.
also mit zwei Tabletten).
(Berliner klin. Wochengchrift 1912 Nr. 7.)
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Asthma.
Asthma. Endonasal© Asthmatherapie. Von Dr. M. Wasser-
mann (Meran). „Operativ beschrankte ich mich auf das
Augenfalligste und Allernotwendigste, z. B. Entfernung von
Polypen, welche die Nasenatmung unmbglich machen.
Das ist ja selten der Fall. Ich leite dann die allgemeine
Therapie ein und trachte den Pat. durch endonasale The-
rapie langere Zeit anfallsfrei zu erhalten. In den aller-
meisten Fallen gelingt es mir spielend durch folgendes
Vorgehen: Ich ftthre in der Sprecbstunde, am liebsten
nachmittags, in jede Nasenhalfte einen etwa 3 cm langen
Wattetampon ein, der mit einer spater zu besprechenden
anSsthesierenden Flussigkeit getrSnkt ist, und plaziere ihn
wagerecht leicht derart, dass er sowobl am Tuberculum
septi als auch am vorderen Ende der unteren Muschel
anliegt. Die Pat. lasse ich dann im Nebenzimmer 15 Mi-
nuten lang mit nach vorne geneigtem Kopfe sitzen, nehme
dann erst den Tampon heraus und lasse sie tiichtig sich
ausschnauben. Die Dicke des Tampons richtet sich nach
dem Lumen des Nasenganges. Er soli nicht driicken,
bloss 'leicht und sicher anliegen. Eine derartige Tampo¬
nade mache ich durch 8 —14 Tage t&glich. In den meisten
Fallen stellt sich sofort ein leichteres Atmen ein, der all-
n&chtliche Anfall bleibt aus. Nach achtt&gigem Ausbleiben
des Anfalles fiihre ich den Tampon bloss jeden zweiten
Tag ein; wenn kein neuer Anfall kommt, der ein Wieder-
holen des tfiglichen Verfahrens notwendig macht, bloss
jeden dritten Tag und dann noch seltener, bis man ganz
aufhbrt. Bei diesem Vorgehen erzielen wir ein besseres
Resultat als bei dem verwerflichen Zuwarten, um den
schon entstandenen Anfall zu kupieren. Die ausser T&tig-
keit gesetzten Reflexbahnen werden, statt immer gangbarer
zu werden, immer schwerer gangbar und in Bewegung zu
setzen. Die bronchitischen, emphysematischen und Stau-
ungserscheinungen bessern sich inzwischen leichter, die
eingeleitete andere physikalische und medikamentose The¬
rapie wirkt intensiver, kurz, man erzielt viel bfter und
schneller eine Heilung oder wenigstens eine Besserung.
Als Tamponfliissigkeit kann man jedes beliebige Lokal-
anSsthetikum anwenden. Es ist meistens tiberflttssig, kon-
zentrierte, bis zur Erreichung vollst&ndiger lokaler An-
asthesie filhrende Lbsungen anzuwenden. Man soli zuerst
ganz schwache, 1—2%ige Losungen anwenden und erst
bei Nichterfolg zu st&rkeren • tibergehen. Sie alle haben
ja die Erfahrung mit den Anastheticis, die zum Kupieren
der Anfalle durch Sprays dienen. Nach meinen Erfahrungen
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Asthma.
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ist das beste das Tuckersche Geheimmittel und seine
Nachbildungen, z. B. die Einhornsche LOsung. Alle
diese LOsungen kOnnen Sie bei der Tamponade mit viel
besserem Erfolge verwenden als mittels des Sprays. Am
besten bew&hren sich Kombinationen verschiedener An-
Ssthetika nach dem bekannten physiologischen Gesetze.
1—2%ige kombinierte LOsungen von Eukain und Eumydrin,
Kokain, Alypin u. dgl. wirken tadellos. Bloss bei Fallen,
die viel mit Sprayinhalationen behandelt wurden, braucht
man starkere LOsungen. Die bei dieser Tamponade tfig-
lich resorbierte Menge von Medikamenten ist minimal.
Nach meinen Yersuchen fasst ein Tampon hOchstens 1 g
Fltlssigkeit. Nehmen wir als Beispiel die sehr gute Ein-
horn-Gold8chmidtsche LOsung von l # /oigem Alypin und
1 !- 2 °lo Eumydrin, so ist in jedem Tampon hOchstens 1 eg
Alypin und Vs eg Eumydrin enthalten. Davon wird nach
meinen Yersuchen etwa ein Zehntel resorbiert, so dass die
taglich resorbierte Medikamentenmenge hOchstens 1 mg Aly¬
pin und V* mg Eumydrin betrfigt. Bei Sprayanwendung,
wo die FlQssigkeit fiber die ganzen oberen Luftwege ver-
teilt wird und nicht bloss dort wirkt, wo die Wirkung
die grOsste ist, verbrauchen Sie, um denselben Effekt zu
erzielen, viel mehr Medikamente, was sehr zu bedenken
ist. Sonst kOnnte man ja die Pat. anweisen, tfiglich prfi-
ventiv den Spray zu gebrauchen. Das ware ja for die
Pat. bequemer, als so oft Stunde beim Arzt zu ver-
bringen. Dem Arzt ist es nicht so unbequem, er braucht
dazu allerdings bloss zweimal eine Minute. Aber nach
meinen Erfahrungen kommen die Pat., die den sofortigen
Erfolg sehen, sehr gerne. Denn der Erfolg ist besser als
bei jedem anderen Verfahren. Ich kann es an meinem
Material kontrollieren. Zu mir nach Meran kommen
grOSstenteils Pat., die zu Hause von den tflehtigsten Spe-
zialisten, Internisten und Rhinologen behandelt wurden
und oft auch schon alle mOglichen klimatischen Kurorte
an sich ausprobiert haben. Bemerken will ich bloss, dass
ich bei meinen Pat. nie sofort die beschriebene endonasale
Therapie vorgenommen habe, sondern selbstverstfindlich
erst eine Zeitlang zusah, ob das Klima selbst nicht heilend
genug wirkt. Manchmal kommt es ja vor. Erst wenn
dies nicht der Fall war, ging ich aktiv vor.“
(Munch. med. Wochenachrift 1912 Nr. 1.)
— TJeber die Anwendung subkutaner Heroineinspritznngen bei
A. cardiale. Von Prof. Dr. A. Frfinkel (Krankenhaus
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Asthma.
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am Urban in Berlin). Verf. hat die gfinstigen Eigenschaften
des Mittels und seine Vorz(ige zur Bekampfung des kar-
dialen A. gegenfiber dem Morpliin zum ersten Male vor
seehs Jahren bei der Behandlung eines 70j&hrigen Arterio-
sklerotikers kennen gelernt. Die Anfftlle traten bei dem
Pat. in solcher HSufigkeit und Starke auf, dass die Wir-
kung des Morpbins sehr bald verbraucht war, und selbst
nach Einzelinjektionen von 0,03 keine Erleichterung mehr
eintrat. Als dasselbe mit Heroin vertauscht wurde, zeigte
sich, dass die Anfalle schon bei einer dreimal so geringen
Dosis = 0,01 Heroin, hydrochl. sofort wieder prompt
kupiert wurden, und zwar ohne die geringsten fiblen Neben-
wirkungen. Es musste allerdings die injizierte Menge im
weiteren Yerlaufe der Behandlung allm&hlich auf 0,015
gesteigert werden. In dieser Grosse der Einzelgaben wurde
aber das Heroin nicht nur gl&nzend vertragen, sondern
die Wirkung stumpfte sich auch bei wochenlangem tftg-
lichen Gebrauch kaum ab, ein Vorzug, den die weitere
Erfahrung bei andern Kranken best&tigte. Allerdings sei
gleich hier bemerkt, dass, ebenso wie es Pat. mit kardialem
A. gibt, die gegen Morphin von vornherein refrakt&r sind,
auch FSlle beobachtet werden, in denen das Heroin ab-
prallt. Dann bleibt nichts andres tibrig, als nach andern
geeigneten Ersatzmitteln zu suchen, was meist schwierig
ist und nur zu unvollkommenen Ergebnissen ffihrt. Glflck-
licherweise bilden diese Versager die Minderzahl. Ebenso
wie das Morphium bei vorsichtiger Anwendung die Herz-
tatigkeit in keiner Weise ungfinstig beeinflusst, eher sogar
dadurch, dass es die Pulsfrequenz etwas herabsetzt, beim
kardialen A. eine vorteilhafte Nebenwirkung Sussert, hat
Yerf. auch beim Heroingebrauch nie diesbezfiglich einen
nachteiligen Effekt wahrgenommen. Ja, er verffigt sogar
fiber eine zuffillige Beobachtung, welche beweist, dass
selbst so grosse Dosen des Mittels, wie er sie sonst nie-
mals anzuwenden sich getrauen wfirde, den Zirkulations-
apparat nicht sch&digen — wenigstens nicht bei herz-
gesunden Individuen. Vor einigen Jahren wurde Verf.
zu einem 40jahrigen Kollegen gerufen, welchem wegen
eines heftigen Nierenkolikanfalls versehentlich 0,03 g Heroin,
hydrochl. auf einmal subkutan injiziert worden waren.
Die Folge war ein fast vfilliges Sistieren der Atmung, so
dass zwei Stunden hindurch kfinstliche Respiration unter-
halten werden musste. Wfihrend dieser ganzen Zeit ver-
harrte die Pulsfrequenz auf einigen 80 Schlagen in der
Minute bei relativ guter Spannung und weiter Arterie.
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Asthma — Fluor albus.
283
Der Pat. erholte sich, ohne einen Nachteil fiir seine Ge-
sundheit davonzutragen. Man wird derartige iible Zufalle
vermeiden, wenn man sich an die oben angefdhrte Do-
sierung halt, d. h. mit 0,005 pro Injektion beginnt und
erst ganz allmahlich bei spftteren Einspritzungen, falls
eine solche Gabe nicht ausreicht, auf 0,01 steigt. Ueber
0,015 hinauszugehen, widerrSt Verf. auf das entschiedenste.
Andrerseits aber muss er die in Boerners Reichs-Medi-
zinalkalender entbaltene Charakterisierung des salzsauren
Diazetylmorphins als „ein nicht unbedenkliches“ Mittel
auf Grund seiner Erfahrungen und bei vorsichtiger An-
wendung desselben als nicht zutreffend beanstanden. Viel-
facb hat sich auch die Kombination einer Morphium-
Heroin-Losung fiir subkutane Injektionen anstatt des blossen
Morphiums als praktisch erwiesen. Man verordne Morph,
hydrochl. 0,2, Heroin, hydrochl. 0,1, Aqua dest. 10,0 und
injiziere von dieser Fl&ssigkeit zun&chst vier Teilstriche
bis zu einer halben Spritze = 0,008 Morph, hydrochl.
+ 0,004 Heroin, hydrochl. bis 0,01 M. h. ■+■ 0,005 H. h.
(Therap. Monatshefte, Januar 1912.)
FIllOI* albus. Lenkrol in der gyn&kologischen Praxis
(Aus Professor v. Bardelebens Frauenklinik in Berlin.)
Aus der Arbeit teilen wir folgende Abschnitte mit: „Die
LeukorrhOe der Frauen, der ,weisse Fluss‘, besteht, wie
die volkstiimliche Bezeichnung richtig angibt, in dem
Ausfluss einer gelblich - weissen, manchmal fast rein
schleimigen, mitunter auch eiterartigen Fliissigkeit aus
der Vagina, der atiologisch bekanntlich die allerver-
schiedensten Ursachen haben kann, so dass man wohl
fiiglich sagen darf, die Leukorrhoe sei das am haufigsten
vorkommende Leiden der weiblichen Genitalsphare. Diese
Krankheit wird von vielen Frauen als etwas Selbstver-
stttndliches, Unabslnderliches hingenommen, nachdem die
ersten Heilversuche, welche gewOhnlich mit lokaler Therapie
gemacht werden, wie SpCilungen mit desinfizierenden, ad-
stringierenden usw. Mitteln, fruchtlos verlaufen sind. Der
permanente Ausfluss schw&cht natOrlich in hohem Masse
den Gesamtorganismus, fiihrt vor alien Dingen zu Blut-
arrnut und Bleichsucht mit alien ihren Folgeerscheinungen.
DemgegenOber gibt es aber auch umgekehrt Leukorrhoen,
die nicht Ursachen der An&mie, Chlorose usw. sind, sondern
die erst bedingt werden durch pathologische VerSnderungen
des Blutes beziehungsweise pathologische Funktionen der
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Fluor albus.
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blutbildenden Organe, wie sie der Anflmie und Chlorose
zugrunde liegen, das heisst, die Leukorrhfie ist in diesen
Fallen eine der vielen Folgen der Anamie beziehungs-
weise Chlorose. Die Therapie solcher krankhaften Zu-
stande wird sich naturgemass gegen die Ursachen, das
heisst in erster Linie gegen die Beseitigung der Blutkrank-
heiten oder deren Ursachen richten und mfisste dann, wenn
die Leukorrhoe tatsachlich nur ausschliesslich eine Folge
der Blutkrankheiten ist, mit der Beseitigung der primaren
Krankheit schwinden. Dies ist auch sehr haufig der Fall,
z. B. bei der subkutanen Anwendung von Natrium
arsenicosum. Eine ganze Reihe von Fallen bleibt aber,
wo man auch mit Arsenkur (bei gleichzeitiger Srtlicher
Therapie) nicht zum Ziele kommt, wo man gezwungen
ist, sich nach anderen Mitteln umzusehen. Ein solches
Mittel nun glauben wir in dem Leukrol gefunden zu haben.
Leukrol ist das reine, nach den Yorschriften des Deutschen
Arzneibuches hergestellte Extrakt einer in Asien heimischen
Pflanze, der Aristolochia Jubabarum. Als Geschmacks-
korrigens und um die Herstellung der Tabletten zu er-
mOglichen, ist etwas Zucker und Kakao hinzugeffigt. Auf
welcher physiologischen Grundlage die therapeutischen
Erfahrungen beruhen, wie also die Wirkung zu erklaren
ist, darfiber ist ein fertiges Urteil jetzt noch nicht mdglich.
Aber es gibt ja doch eine ganze Anzahl von Heilmitteln
von gutem Rufe, bei denen man fiber das ,Wie‘ noch
nicht im klaren ist. Wir haben den Eindruck gewonnen,
dass das Leukrol einerseits direkt auf die inneren weib-
lichen Sexualorgane tonisierend wirkt und dadurch die
aus den Erkrankungen dieser Organe resultierenden Folge-
erscheinungen und Krankheitszust&nde, insbesondere Leu¬
korrhfie, Anamie, Chlorose, Neurasthenic in anerkennens-
werter Weise beseitigt beziehungsweise beeinflusst. Fest
steht jedenfalls ffir uns, dass bei lftngerer, zweckm&ssiger
Verabreichung von Leukrol eine Regulierung und Yer-
besserung der Blutzirkulation in den gesamten Organen
bewirkt wird. Ganz vorzfigliche Erfolge in der Behand-
lung der Leukorrhfie hatten wir ferner, wenn wir die
Leukrolkur kombinierten mit einer Arsenspritzkur. Wir
)iaben dabei den Eindruck gewonnen, dass die Arsenkur
durch die Leukrolmedikation in energischster Weise unter-
stfitzt wurde, so dass wir in alien einschl&gigen Fallen
die zweifellos roborierende und vielleicht gegen den FI.
(non gonorrhoicus) spezifisch wirkende Kraft des Leukrols
vereinigten mit der altbew§hrten Kraft des Arsens.
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Einige Male verschwand sogar der FI. (bei gleichzeitiger
ortlicher Therapie), bei dem vorher Arsen — allein an-
gewandt — nur geringfiigige Minderung sowohl der Leu-
korrhoe als der An&mie brachte, bei der Anwendung des
Leukrols sogar verbluffend schnell, wahrend sich gleich-
zeitig der Blutbefund erheblich besserte. Ob es sich
hierbei tats&chlich um spezifische Wirkungen des Leukrols
handelt, oder ob die allgemein tonisierenden Eigenschaften
des Leukrols den Erfolg brachten, mag ich vorlaufig nicht
entscheiden. Jedenfalls aber mochten wir das Leukrol
nicht gern mehr entbehren. — Man hat friiher vielfach dem
Leukrol vorgeworfen, dass infolge seines wenig ange-
nehmen Geschmacks in sehr vielen Fallen die Frauen das
Einnehmen verweigerten. Infolgedessen ist neuerdings
den Tabletten ein Geschmackskorrigens zugesetzt worden,
das den fruher getadelten Geschmack des Praparats v5llig
verdeckt. Jedenfalls haben wir seither keinerlei Klagen
mehr seitens unserer Pat. in dieser Hinsicht zu hbren be-
kommen. Es ist dies immerhin ein Punkt, der nicht so
unwesentlich ist, der — zum mindesten in der Frauen-
praxis — eine ganz erhebliche Rolle spielen kann. Keinen
Erfolg, wenigstens keinen Dauererfolg, brachte uns, obwohl
es zuerst den Anschein hatte, die Anwendung des Leukrols
bei frischer gonorrhoischer Leukorrhoe. Wir haben auch
in solchen Fallen, obwohl wir seitens der Fabrik Erfurt
von vornherein aufgefordert worden waren, den FI. gonor-
rhoicus bei unseren Versuchen auszuschliessen, da hierbei
Leukrol nicht am Platze sei, dasselbe verordnet. Wir
hatten dabei anfangs den Eindruck, als ob auch hier das
Leukrol seine gute Wirkung ausQbte. Dies war wohl
aber eine Tauschung, die hervorgerufen wurde durch die
Besserung des Allgemeinbefindens infolge der starken ro-
borierenden Kraft des Praparats. Die Gonorrhoe selbst
wurde aber jedenfalls auf die Dauer nicht beeinflusst. —
Einen Punkt mbchte ich noch hervorheben, der mir recht
wesentlich gegebenen Falles zu sein scheint und der in dem
Vorzug besteht, dass das Leukrol ein innerlich zu ver-
wendendes Mittel darstellt. Denn bei grosser Jugend der
Pat., bei empfindsamen Naturen, bei Hyperasthesien des
Introitus vaginae ist man ab und zu gezwungen, von
lokaler Therapie vollig abzusehen und mit internen Mitteln
auszukommen. — Irgendwelche schadliche Nebenwirkungen
des Leukrols sind uns niemals bekannt geworden, wohl
aber scheint es in gar nicht wenigen Fallen eine leiclit
abfQhrende Wirkung, die ja oft mit Freuden hingenommen
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Fluor albus.
wird, zu haben. Nennenswerte Magen- und Darmstorungen
aber haben wir in keinem Falle beobachtet.“
(Medicin. Kllnik 1912 Nr. 2.)
— Zur trocknen Behandlnng des weissen Flnsses. Von Dr.
O. Wille (Braunschweig). In der Arbeit heisst es: „Sehr
verlockend ist es, den indifferenten Pulvern Arzneimittel
zuzusetzen, gerade weil diese dann dauernd wirken, sich
in den Sekreten aufIbsen und in die Tiefe dringen kbnnen.
Auch ich habe manche Versuche dieser Art gemacht.
Aber die Erfahrung lehrte, dass die Dauer der Wirkung
kein reiner Vorteil ist, die Wirkung wird leiclit zu gross,
wird zur Sch&digung. Die Pat. klagten dann uber Brennen,
die Schleimhaut blieb auch wohl rot und wulstig, und ich
kam erst wieder vorw&rts, wenn ich zum unvermischten
Ton oder Talk zuziickkehrte. So habe ich Zusfttze von
Borsliure, Alaun, Tannargentan versucht und wieder auf-
gegeben. Merkwilrdigerweise ging es mir auch ebenso mit
der Xerase, die in anderen HSnden so vorzflgliche Erfolge
gehabt hat; ich hatte sie in Form der Gelatinekapseln
angewandt. Das einzige arzneihaltige Pulver, das mich
nicht entt&uscht hat, ist das 20°/oige Lenicet-Streupulver
(Mischung von polymerer essigsaurer Tonerde mit Talkum
und Bolus 1:2:2). Es wird durchweg gut vertragen und
wirkt auf Erosionen und auf entzilndliche (gonorrhoische)
Schwellungen schneller als die reinen Pulver. Gegen
Gonorrhbe wende ich daher gegenwftrtig nur dieses an. Zur
Unterstiitzung einer Aetzkur gebrauche ich teils Bolus,
teils Talkum. Die meisten Kollegen, die sich mit der
irockenen Behandlung des Scheidenkatarrhs befasst haben,
halten Spblungen fftr ganz entbehrlich, manche auch fflr
schSdlich. Entbehrlich sind sie sicher sehr oft — die
Pulver leisten viel besseres und verschwinden auch ohne
Spiilung allmShlich —; dass sie sch&dlich sind, dafQr habe
ich keine Beweise. Ich bin dem jahrzehntelang bewfthrten
und in der Frauenwelt sehr beliebten Mittel auch unter
dem Zeichen des Pulvers treu geblieben und verordne in
den meisten Fallen beides, Einpulverung und Spblung. In
schweren Fallen etwa so, dass jeden Abend eingepulvert
und jeden zweiten Morgen gespiilt wird; in leichten Fallen
kann beides seltener gemacht werden. Und dem SpQl-
wasser setze ich sehr gern Medikamente zu: Cupr. sulf.
50:200, 1—2 Teelbffel auf 1 Liter, Zinc. sulf. 1—2 Tee-
lbffel, Alaun 1 2 Esslbffel. Doch auch physiologische Koch-
salzlbsung oder Kamillentee lasse ich gelten. Auch die
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Eingiessung von Hollensteinldsung habe ich beibehalten.
Hit diesem Rustzeug ist man selbst der akuten Gonorrhoe
sehr gut gewachsen, und gerade bei ihr wirkt sowohl sub-
jektiv wie objektiv das Pulver vortrefflich. Gegen die
chronische Gonorrhoe kbnnen wir weniger ausrichten, weil
die Nebenhbhlen und Schlupfwinkelchen zu stark beteiligt
sind. Gegen sie gibt es bisher leider nur ein einziges ganz
zuverl&ssiges Mittel, das ist die Zeit; ein paar Jahre
aber gehen dariiber hin, ehe die Nachschttbe aufhoren,
ehe die Ansteckungsf&higkeit erlischt. Hoffentlich straft
die Vakzination diesen Satz noch Liigen. Vorl&ufig ist
er richtig und gilt fdr Mann und Weib. Keineswegs ist
der Geschlechtsverkehr allein daran schuld — denn auch
im kindlichen Alter heilt derScheidenkatarrh nur langsam —;
das erwachsene Weib neigt wohl darum besonders zu Rtick-
fallen, weil die Menstruationen fast erloschene EntzOn-
dungen wieder anfachen kbnnen: die Fiille der Sekrete
schafft zu reichliche Nahrboden. Aber ein symptomatisches
Mittel von sicherster Wirkung sind auch da die Pulver,
und es ist eine Wohltat fOr die Frau, wenn sie instand
gesetzt wird, sich selber stets wieder gegen das l&stige
und meist einzige Symptom, den Ausfluss, zu schfltzen.
Wie wird das Pulver nun in die Scheide eingefQhrt?
Fritsch legt einen mit dem Pulver gefGllten Beutel vor
den Muttermund. Abraham blast im Spekulum das Pulver
mit einem geWbhnlichen Pulverblaser ein — ahnlich
Kraus — oder er fGhrt eine mit dem Pulver gefttllte
weiche Gelatinekapsel ein und drGckt diese durch einen
Tampon an die Portio. Tojbin schOttet das Pulver in
den Rdhrenspiegel und zieht diesen unter Drehbewegungen
heraus. Liepmann verteilt das Pulver im Spekulum mit
einem Wattestab in die Buchten der Scheide. Man sieht,
dass viele verschiedene Wege zum Ziele ffihren und dass
auf die Verteilungsart des Pulvers offenbar nicht viel
ankommt. Indes alle Methoden, die die Kranken nbtigcn,
oft oder taglich in die Sprechstunde zu kommen, sind in
der Privatpraxis beinahe unbrauchbar. Wir miissen, so
gut wir bisher der Pat. den Irrigator verschrieben, ihr
auch die tagliche Einpulverung tiberlassen konnen. Zu
dem Zwecke kann man die erwahnten weichen Gelatine-
kapseln verordnen; aber die in der Scheide verflQssigte
Gelatine kommt natGrlich auch zutage, und ihre Kleb-
rigkeit wird unangenehm empfunden. Zu demselben Zwecke
sind mehrere Pulverblaser angegeben worden. Viel ge-
braucht wird der Siccator \on N as saner. Er schliesst.
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nach Art der Heisswassersptller den Scheideneingang durclx
eine dicke Birne ab, der Luftstrom entfaltet die Scheide
und verteilt in ihr das Pulver gut. Der Luftstrom prallt
allerdings auch zurhck und weht einen Teil des Pulvers
unter Gerfiusch wieder aus der Vulva heraus. Vor allem
aber ist der Siccator fOr die tfigliche Verordnung zu teuer.
Wir bediirfen also noch eines ganz einfachen und ganz
billigen Verfahrens der Pulvereinfiihruug, das jeder Pat.
verordnet werden kann. Auf der Suche danach kam ich
zu folgender Beobachtung: Wenn man eine Glasrbhre in
eine Pulvermasse eintaucbt, so ftlllt sie sich damit an,
und das Pulver ffillt auch nicht wieder heraus, wenn man
dann das andere Ende zuhfilt. Steckt man nun, statt
nachher den Finger auf das Ende zu halten, schon vor
der Pulverbeschickung einen passenden Glasstab in die
Rbhre, so weit, dass ffir die gewOnschte Pulvermenge noch
Platz genug bleibt, so ist der Apparat fertig. Der Glas¬
stab darf nur beinahe nicht ganz luftdicht schliessen. Ein
solches Instrument, in guter Ausfilhrung, mit Gebrauchs-
anweisung versehen, wird auf meine Veranlassung von
der Aegidienapotheke in Braunschweig in den Handel ge-
bracht und ist unter dem Namen Siccotubus (oder ab-
gekiirzt und mit deutscher Betonung: Siccotub) durch jede
Apotheke zum Preise von 1 Mk. zu beziehen. Es ist
13 mm stark, und wenn man es zu einem Drittel fttllt,
enthfilt es etwa 3 g Pulver; diese reichliche Menge, mit
dieser Rfthre eingebracht, bleibt wirklich fast ganz in der
Scheide, was bei den andern Verfahren kaum zu erreichen
ist. Das ist mehr Pulver, als unbedingt nbtig wftre; aber
der Ueberschuss, der sich lange in der Scheide hfilt, bringt
nur Vorteil, keinen Schaden. Der Siccotubus kann das
Pulver auch in der Scheide verteilen (wie es die beigege-
bene Gebrauchsanweisung lehrt); man braucht nur wfihrend
der Entleerung das Instrument nach alien Richtungen zu
bewegen. Fflr den vordersten Teil der Scheide besonders
zu sorgen, ist nicht immer nbtig; das Pulver rilckt ohne-
hin bald dahin vor (namentlich Talk). Das zu verw r en-
dende Pulver verordnet man, wenn es nicht wie Lenicet
ohnelrn in BOchsen geliefert wird, in einem festen Geffiss,
z. B. ad vitrum amplum; eine Tote wtirde dem eindrin-
genden Instrumente nicht lange standhalten. Beim Fiillen
hfilt man Geffiss und Instrument mbglichst wagerecht.
Gegen den Scheidenkatarrh der Kinder habe ich kleinere
Kaliber dieses Siccotubs mit dem allerbesien Erfolge ver-
wendet. Das hat mich ganz besonders befriedigt, denn
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Fluor albus — Herzkrankheiten.
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hier, wo jede Bebandlung eine Marter ist, cmpfindet man
den Segen der lange nachwirkenden Einpulverung noch
mehr als in der Frauenpraxis, zumal wenn auf so sanfte
Weise das Pulver beizubringen ist. Die Empfindlichkeit
sitzt tibrigens nur im Hymenalsaum; in einem Falle, wo
wegen dieser Empfindlichkeit die Scheide Oberhaupt auf
keine Weise zu behandeln war, habe ich in Narkose das
Hymen gespalten: das beseitigte wirklich alle Schwierig-
keit. Dazu wird man aber nur selten genOtigt sein; die
Siccotuben fOr Kinder habe ich am Ende abschr&gen
lassen, so dass man leicht und allm&hlich den Hymenal-
ring durchdringen kann. Freilich den MQttern wird man
das Einpulvem nicht gleich Qberlassen konnen, denn hier
erfordert schon die Behandlung des Instruments etwas
Geduld: Die kleineren Kaliber fAlien und entleeren sich
nicht so zuverl&ssig wie die grossen. Hat man das In¬
strument glficklich gefOllt — wobei man es fast horizontal
hfilt — so empfiehlt es sich, durch Beklopfen die FQllung
noch einmal zu lockem. Siccotuben ftir Kinder von 8
und von 7 mm Durchmesser sind vorrStig.
* (Medicin. Klinik 1912 Kr. 5.)
Herzkrankheiten. Zuckeraahrung bei K. Von Dr. A.
Selig (Franzensbad). Eine grosse Zahl der Herzkranken
ist unterern&hrt; mit der Besserung der ganzen Ern&hrung
wird aber hfiufig Herzinsuffizienz ohne jede sonstige Be¬
handlung gebessert. Eine Kr&ftigung des Herzens ist eben
nur in einem ausreichend ernfthrten KOrper zu erhoffen.
In den Difttvorschriften sollte hier besonders der Zucker
eine Rolle spielen. Zucker hebt die Muskelkraft, auch die
des Herzmuskels. Autor verordnet ein gewisses Quantum
von Zucker beinahe jedem Herzkranken zu seiner sonstigen
Kost, um den Herzmuskel funktionsf&hig zu erhalten, aber
speziell dort, wo die Zeichen einer Insuffizienz sich geltend
zu machen beginnen, legt er besonderen Wert auf die Ein-
nahme eines Zuckerminimums. Welche Zuckerart und in
welcher Form dieselbe zu nehmen ist, soil noch festgestellt
werden. Am einfachsten ist die Verordnung, die Mehl-
speisen stark gesQsst zu nehmen; manchen Kranken sagt
besser die Vorschrift zu, Bonbons im Munde zerfliessen
zu lassen. Die letztere Verordnungsweise eignet sich
vielfach dort, wo man gleichzeitig einen fiberm&ssigen
Tabakgenuss durch irgendein Surrogat bekSmpfen will.
In manchen Fallen wird man auch dem Geschmack des
Pat. Rechnung tragen mflssen und Schokolade verwenden
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Herzkrankheiten.
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konnen. Eine fast immer leicht durchzufahrende Art ist
die Anwendung als Zuckerwasser. Man lasst friihmorgens
auf nttchternem Magen ein Glas Zuckerwasser trinken.
Diese VerordnUngsweise hat zweierlei VorzOge: einrnal
reguliert sie die Darmfunktion, dann aber wirkt der Zucker
auch diuretisch, zwei Momente, welche in der Diatetik
der Herzkrankheiten eine wesentliche Rolle spielen. Manche
Kranke ziehen dem gewbhnlichen Zucker Honig vor.
Um ein entsprechendes Zuckerquantum den Pat. zufiihren
zu konnen, verordnet Autor in den meisten Fallen von
Herzschwache eine Dattelkur. Man. muss wohl von einer
solchen sprechen, wenn man die Sicherheit haben will,
dass dieselbe entsprechend vom Pat. befolgt werden soil.
Autor beginnt gewohnlich mit drei Datteln taglich und
lasst jeden folgenden Tag eine mehr nehmen, bis die Tages-
dosis von 20 — 25 Datteln erreicht ist. Von diesem Quan¬
tum steigt der Kranke wieder herab, bis er wieder auf die
urspriingliche Menge gelangt ist. Worauf Autor noch be-
sonders hinweisen mbchte, ist die Tatsache, dass bei vielen
Fettleibigen nicht die zu reichliche, sondern eine uilge-
niigende Ernahrung bei der Entstehung der Herzschwache
mitwirkt. Aug. Schott hat die interessanten Beobach-
tungen gemacht, dass die Herzinsuffizienz Fettleibiger ge-
bessert wurde, obgleich das Korpergewicht der Kranken
zunahm. Es ist also nicht zu befCirchten, dass wir den
Fettleibigen durch ein bestimmtes Quantum Zucker schadigen.
• Speziell hat der Zucker bei den insuffizienten Herzen der
Fettleibigen einen sehr giinstigen Einfluss auf die Zirku-
lation ausgetibt. Kranke, welche wegen schwerster Dyspnoe
und Mattigkeit sich in der Ebene mlihsam schleppten,
wurden von Tag zu Tag leistungsfahiger, wenn man ihnen
Zucker verabreichte, so dass sie schliesslich selbst Treppen
steigen konnten, ohne sichtliche Ermtidung. Autor ent-
zieht daher in jenen Fallen, wo sich die Zeichen einer
gestorten Herztatigkeit bei einem Fettherzen geltend machen,
niemals den Zucker in nennenswertem Masse. Im Gegen-
teil hat er die Empfindung, als ob der Zucker mitunter
eine sonstige medikamentose Behandlung der Herzschwache
entbehrlich machen wiirde. (Median. Kiinik 1911 Nr. 29.1
Herzfehler and Schwangerschaft. Von Dr. Th. Rosenthal
(Gynakolog. Abteilurtg des stadt. Hospitals zu Aller-
heiligen, Breslau). Dass auch besonders am Ende der.
Schwangerschaft allerschwerste, lebensbedrohliche Herz-
stotungen auftreten konnen, mogen zwei Falle zeigen, die
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Herzkrankheiten.
291
Verf. jGngst zu beobachten und operativ sru entbinden Ge-
legenheit hatte.
1 . Fall. A. L., 38 Jahre, vier normale Partus. Pat.
leidet seit Jahren an Gelenkrheumatismus und geringer
Atemnot. Sie war wegen Emphysema und Yitium cordis
(Mitralinsuffizienz) schon mehrfach in arztlicher Behandlung.
Die jetzige Schwangerschaft verlief ebenso wie die frtiheren,
mit geringen Beschwerden, die Beine waren nicht ange-
schwollen, es bestand m&ssige Atemnot. # Acht Tage vor
gynakologischer Beobachtung sollen die Beschwerden zu-
genommen baben, Pat. suchte deshalb die innere Abteilung
des Allerheiligenhospitals auf, wo die Diagnose auf Gra-
viditus m. IX./X. Mitralinsuffizienz, massiges Emphysem und
geringe Bronchitis gestellt wurde. Es bestanden keine
Oedeme, Urin frei von pathologischen Bestandteilen. Am
Nachmittag erkrankte Pat., die jeden Tag die Entbindung
zu erwarten hatte, plotzlich unter schwersten Allgemein-
erscbeinungen, es bestand schwerste Dyspnbe und Zyanose
des ganzen Kbrpers. Der Puls war irregul&r, inequal,
140—150, leicht unterdriickbar. Ueber alien Ostien
blasende laute systolische GerSusche, ausgesprochene fru-
stane Kontraktionen. Spitzenstoss zwei Querfinger ausser
der Mamillarlinie, Dfimpfung iiberlagert. Der schwere
Symptomenkomplex einer akuten schWeren Herzinsuffizienz
stellte die Indikation zur sofortigen Schnellentbindung.
Wehen waren nicht vorhanden. Das Kind lag in erster
Schadellage, Herztbne gut, 120. Als Methode der operativen
Entbindung wurde die Colpohysterotomia anterior gew&hlt.
Operation: Vorderer Scheidenuterusschnitt. Glattertypischer
Yerlauf. Das Kind wurde mit hoher Zange entwickelt,
es wog 6‘/a Pfund, war 51 cm gross. Der Zustand der
Mutter war derart, dass an eine Narkose nicht gedacht
werden konnte. Die Mutter erhielt nur 2 eg M., Kampfer
und Digalen subkutan. Operation wie Zange wurden ohne
Narkose ausgeftihrt. Sofort nach der Entbindung war das
Bild ein ganzlich anderes. Dyspnbe und Zyanose schwanden,
Pat. machte ein afebriles Wochenbett durch, nahrte das
Kind und wurde nach drei Wochen mit den klinischen
Erscheinungen einer gut kompensierten Insufficientia val-
vulae mitralis entlassen.
2. Fall. B. L., 33 Jahre alt. Zwei normale Partus.
Anamnestisch mehrere Anfalle von Gelenkrheumatismus.
Die letzte Schwangerschaft soil beschwerdevoller verlaufen
sein, seit ca. einem Monat soil Kurzatmigkeit bestehen,
in den letzten Tagen sollen die Beine angeschwollen sein,
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H erzkran kheiten.
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die Urinmenge soil seit zwei Tagen vermindert gewesen
sein. Trotzdem konnte Pat. noch bis gestern ihre Arbeit
verrichten. Am Tage der Einlieferung plfitzliche Ver-
schlimmerung, Ohnmachts- und Schwindelgefttble, schwerste
Atemnot. Bei der Einlieferung bestand das Bild schwerster
Herzinsuffizienz, schwerste Zyanose, Gesicht blauschwarz,
hochgradige Dyspnoe. Die oberflfichliche Untersuchung er-
gab schwere Oedeme des ganzen Abdomens und der
unteren Extremitfiten, syslolische Gerfiusche fiber dem
Herzen, besonders in der Nfihe der Herzspitze, Spitzen-
stoss zwei Querfinger ausser der Mamillarlinie und diffuse
bronchitische Gerfiusche fiber beiden Lungen. Leibes-
umfang 115, es wurde der Yerdacht auf Zwillinge ausge-
sprochen. Urin: Albumen +, Saccharum —, Sed.: Leuko-
zyten, hyaline und granulierte Zylinder, Esbach 4 pM.
Sofortige operative Entbindung. 2 eg Morphium, Kampfer,
Digalen. Operation: Colpohysterotomia anterior in typischer
Art. Da der Puls beim ersten Tropfen Chloroform vollig
aussetzt und der Gesamtzustand baldigen Exitus letalis
beffirchten lasst, schnelles Vorgehen ohne Narkose. Beide
Zwillinge liegen in Schfidellage. Wendung und Exiraktion
des ersten in erster Schfidellage liegenden Zwillings nach
kfinstlichem Blasensprung. Grosses Kind, wodurch, zu-
mal bei Anwesenheit des zweiten Zwillings, die Wendung
erschwert wird. Die zweite Blase stellt sich bald und
wird gesprengt. Wendung und Extraktion des zweiten
Zwillings. Beide Kinder sind mfinnlich, das erste ist 53 cm
gross, 7»/« Pfund schwer, das zweite ist 52 cm gross,
7 Pfund schwer. Die beiden Plazenten — es handelt
sich um zweieiige Zwillinge — folgen auf Crede. Pat.
erhfilt Sauerstoffinhalationen wfihrend der Operation, er-
liolt sich rasch, ffihlt sich bereits nach Geburt des ersten
Kindes erleichtert, nach Geburt des zweiten Kindes wesent-
lich besseres Befinden, Puls besser, rfitliche Ffillung der
Schleimhfiute. In den ersten Tagen, in denen die Wfich-
nerin subkutan und per os Analeptika erhfilt, starke
Diurese bis 4000 g pro die, Urin, auch im Sediment, ohne
Besonderheiten. Pat. ist. noch (8 Tage post partum) bett-
lfigerig. Die Prognose ist als gut zu bezeichnen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 49.)
— Meine Erfahrnngen mit Digipnratum. Yon Dr. Braitmaier
(Kiel). Das Mittel wurde in Form der Tabletten innerlich
und in Form einer sterilisierten Lfisung intramuskulfir
und intravenus angewahdt. Yerf. hat zunfichst vorge-
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Herzkrankheiten.
293
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zogen, das Digipuratum in kleinen Dosen anzuwenden
und bezQglich seiner Wirkung Vergleiche mit anderen
Digitalisprftparaten zu ziehen, speziell mit den Folia. Er
kam dabei durchwegs zu dem Eindruck, dass wesentlich
geringere Mengen wirksamer Digipurat-Substanz denselben
Erfolg erzielten wie grbssere Mengen der Folia oder
anderer Prfiparate. Yon Anfang an war ihm die rasche
Steigerung und das Anhalten der Diurese aufgefallen.
In vielen Fallen hat er beobachtet, dass die diuretische
Wirkung des Digipurats atlein besser war als die Kombi-
nation anderer Digitalispraparate mit Diuretica. Ent-
sprechend den Erfahrungen der Tllbinger Medizinischen
Klinik, hat auch Verf. den Eindruck gewonnen, dass die
diuretische Wirkung hauptsachlich dann auffallend war,
wenn die Niere sich am Krankheitsbilde im Sinne einer
entzQndlichen Reizung beteiligt hatte. Bei Verabreichung
von ein bis zwei Tabletten tftglich zeigte sich die erste
Wirkung auf das Herz durch Herabsetzung der Frequenz,
Verbesserung des Pulses und Steigerung der Diurese
zwischen dem dritten und fQnften Tage. Bei der Dosierung
nach Hoepffner (am ersten Tage vier Tabletten, am
zweiten und dritten Tage je drei Tabletten, am vierten
Tage zwei Tabletten) begann die Wirkung durehschnittlich
schon am zweiten Tage, haufig war schon nach sechs bis
acht Stunden eine Einwirkung auf das Herz wahrnehmbar.
Schon am ersten Tage sah Verf. die Gesamturinmenge
einige Male steigen. Durehschnittlich verbesserte sich die
Diurese zunehmend bis zum vierten Tag, um dann gleich-
zubleiben oder abzufallen. Was die Wirkung des Digi¬
purats auf den Herzmuskel angeht, so erffihrt die Diastole
eine Verlftngerung, die FOllung des Herzens wird besser;
die Systole wird energischer und kraftiger, so dass kraftige,
vollstandige Entleerung des Herzens erfolgt, die Frequenz
nimmt ab, der Blutdruck steigt oft schon nach wenigen
Stunden. Durch bessere eigene Durchblutung gewinnt der
Herzmuskel an Kraft und Frische. Die Notwendigkeit
individueller Dosierung ergibt sich ftir Digipurat ebenso
wie fGr die (ibrigen Digitalispraparate; Alter, Geschlecht
und Krfiftezustand des Pat., die BeschafFenheit seiner Ge-
fasse bedingen ROcksichtnahme. Im allgemeinen erschien
es Verf. zweekmassiger, die von Hoepffner angegebene
Dosierung auf die Halfte und in einzelnen Fallen noch
mehr zu reduzieren; ist rasche und energische Wirkung
erwtinscht, wiirde Yerf. die intravenOse oder intramuskulare
Injektion der Verabreichung per os vorziehen. In Fallen
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294
Herzkrankheiten.
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der Not leistet die intravenfise Injektion Erstaunliclies an
Raschheit und Sicherheit der Wirkung. Verf. hat einen
Moribunden nach der Injektion von 1 ccm in 40 Minuten
sich erholen sehen, der Puls wurde ffihlbar, die Zyanose
war fast ganz verschwunden. Als Indikationsgebiet kommen
alle Falle akuter und chronischer Herzmuskelerkrankungen
und Schwachezustande in Frage. Unangenehme Neben-
erscheinungen und leichte Intoxikationen hat Verf. in
mehreren Fallen beobachtet, vor allem wurde mehrfach
fiber den schlechten Geschmack geklagt, was jedoch durch
Einnehmen in Oblaten sich umgehen liess. Reizer-
scheinungen des Magens hat Verf. zweiihal gesehen, einmal
heftige Uebelkeit und Erbrechen. In beiden Fallen traten
die Epscheinungen jedoch so kurze Zeit nach der Ver-
abreichung des Mittels auf, dass Verf. nicbt eine typische
Digitaliswirkung, wie wir sie besonders vom Digitonin
auf den Magendarmkanal kennen, annehmen mochte,
sondern glaubt, dass hier eine Folge abnormer Empfindlich-
keit der Magenschleimhaut gegen die Tablettenform vor-
liegt, wie man sie manchmal bei Stauungskranken findet.
In zwei weiteren Fallen, in einem von diesen sogar in je
zwei seitlich voneinander getrennten Kuren, hat Verf.
zwischen dem dritten und ffinften Tage das Auftreten
einer heftigen, fiber Kopf und Kfirper verbreiteten Urticaria
beobachtet. Bei dem einen Pat. war diese beide Male
wenige Tage nach dem Einstellen der Medikation ver¬
schwunden, in dem anderen Falle hielt sie mehrere Wochen
an und trotzte jeder Therapie. Verf. erwahnt dieses Auf¬
treten, ohne einen ursachlichen Zusammenhang mit der
Digipuratverabreichung behaupten oder beweisen zu wollen.
In alien drei Fallen hatte es sich um energische Kuren
nach den Hopffnerschen Angaben gehandelt. Wenn
Verf. die Vorzfige der Verwendung des Digipuratums
zusammenfassen darf, so mochte er in erster Linie er-
wahnen, dass es samtliche therapeutisch wirksamen Glykos-
ide der Digitalis enthalt, ohne die grossen Nachteile der
schwankenden chemischen und physiologischen Wertigkeit
der Folia zu besitzen. Durch diese Ungleichmassigkeit,
je nach Standort und Alter der Pflanze, je nach der Zeit
und den Witterungsverhfiltnissen der Ernte und je nach
Sorgfalt bei der Reinigung und Vorbereitung der Blatter,
muss die Verwendung der Droge unzuverlassig werden.
Die titrierten Blatter sind in dieser Beziehung vorzuziehen.
Wegen des Fehlens unnfitzer Ballaststoffe und wegen der
Befreiung von Digitonin ist aber dem Digipuratum der
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Herzkrankheitea — Obstipatio.
295
erste Platz einzur&umen. Die Mbglichkeit genauer Dosierung
des etets gleichwertigen Prfiparates lasst genau abgewo-
gene energische Kuren bei Einschrfinkung der Intoxi-
kationsgefajir zu. Die rasche Absorption und ebenso
rasche Ausscheidung des Mittels verhindert oder erschwert
den Eintritt von Kumulation ebenso, wie sie rasche
Wirkung herbeifQhrt. Die sonst unangenebm hSufigen
Magendarmstorungen treten fast ganz in den Hintergrund.
Geradezu spezifisch ist die gOnstige Beeinflussung der
Diurese. Um eine rasche, oft lebensrettende Therapie
einzuleiten, kann das Digipuratum auch intravenbs injiziert
werden. Diese Eigenschaften stellen das Digipuratum an
die Spitze der bisher bekannten zur Digitalistherapie
dienenden Praparate. (Deutsche med. Wochenschr. 1911 Nr. 51 .)
Obstipatio. Das Chocolin, sin nones AbfUumittoL Von
Geh. Med.-Rat Prof. Dr. C. A. Ewald (Berlin). ,,Ich habe
das Chocolin, wie das neue Mittel von Herrn Michaelis
benannt worden ist, in der letzten Zeit in ziemlich aus-
gedehntem Masse und bei verschiedenen Ursachen der Ob¬
stipation (Atonia, Splaniknoptose, Graviditat, Anfimie und
C'hlorose) verwendet und kann mich im allgemeinen mit
seiner Wirksamkeit innerbalb der ihm zugemessenen
Grenzen ganz zufrieden erklfiren. Man darf natiirlich
nicht erwarten, dass ein solches Mittel da von Erfolg sei,
wo bereits der Darm derartig in seinen Funktionen be-
eintrSchtigt ist, dass er nur auf Starke Laxantien und
Purgantien antwortet; das ist nicht mdglich. Es handelt
sich nur darum, bekannte milde Aperientien in einer
neuen Kombination und Darreichungsform zu verwenden.
Es scheint aber, dass die Kombination des Phenolphthaleins
mit dem seit alten Zeiten als reizmilderndes und leicht
laxierendes Mittel bekannten Manna eine besonders glttck-
liche ist. Vielleicht tr> aber auch der Umstand, dass
die abftthrende Substanz sozusagen in breiter Masse und
nicht an eng begrenzter Stelle wie eine Pille oder Tablette
auf die Darmschleimhaut einwirkt, mit dazu bei, die milde
und angenehme Wirkung zu erzielen. Wie sich das
Chocolin bei lange fortgesetztem Gebrauch bewfthrt, kann
ich freilich nocb nicht aussagen. Meine Erfahrungen er-
strecken sich bis jetzt auf eine immerhin nur kurze Zeit.
Es ist aber a priori anzunehmen, dass es sich darin nicht
von anderen Abffthrmitteln unterscheiden wird, d. h. es
wird sich bei lSngerem Gebrauch meist abschwfichen, so
dass man eine Pause eintreten lassen und mit anderen
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296
Obstipatio.
Mittein abwechseln muss. Unter gunstigen Umsliinden
gelingt es aber auch, und hier spreche ich von meiner
Erfahrung mit anderen milden Aperientien, durch einen
einmaligen, einige Wochen lang fortgesetzten Gebrauch
bei nicht zu lange bestehender Obstipation den Ubergang
in ein habituelles Leiden zu verhindem. Oftmals tritt
nach einer Trinkkur abfflhrender Mineralwfisser, wenn
die Pat. die zunfichst erfolgreiche Kur vollendet haben,
eine Verstopfung ein. Unter solchen Verhfiltnissen ist
der vorQbergehende Gebrauch milder pflanzlicher Aperien¬
tien, wozu ich also auch das Chocolin rechnen wflrde,
von besonderem Nutzen und iiberwindet die Reaktion des
seines tfiglichen Reizes entbehrenden Darmes, an den er
sich w&hrend der Mineralwasserkur ,gewbhnt l hatte.“
(Zentralblatt far die gesamte Therapie, J&nuar 1912.)
— Chocolin, ein nones abf&hrendes N&hrmittel. Von Dr. A.
Lewandowski (Berlin). Der Erfinder des wohlbekannten,
bei Verdauungsstdrungen mancher Art, besonders bei dem
mit Durchfall einhergehenden, bewahrten Eichelkakaos, Herr
Dr. Michaelis, hat Verf. um die Priifung des neuen
difitetischen Mittels (hergestellt von Gebr. Stolhverck) er-
sucht, dessen Wirkung eine die Peristaltik anregende sein
soli. Die eigentliche Masse besteht ebenfalls zum grossen
Teil aus Eakao, welchem Manna, bekanntlich der sGsse
Saft der Mannaesche, Fraxinus ornus L. und Phenol-
phthalein zugesetzt ist, und zwar sind in einem TeelOffel
(zirka 5 g) 0,025 g Phenolphthalein enthalten.
Zur Anwendung gelangte Chocolin in zirka 40 Ffillen.
Verf. hat absichtlich zun&chst seine Versuche ohne Sichtung
des Materials gemacht, hat es unterschiedslos alien Kranken
gegeben, bei denen Stuhltr&gheit vorhanden war, gleich-
gtiltig, ob dieselbe vorObergehend, habituell, von kftrzerer
oder l&ngerer Dauer war. Auf die bei den Berichten Qber
neue Nfi.hr- und Arzneimittel wohl sonst beliebte, wenig
wertvolle Einzelkasuistik soil hier verzichtet werden.
Immerhin seien einige Krankheitsbilder hervorgehoben.
1. Kranke, die ohne kQnstliche Mittel es fiberhaupt
zu keiner Stuhlentleerurig bringen konnten.
2. Frauen nach Entbindungen mit Atonie des Magens
und Darmes.
3. Eine Anzahl von Splanchnoptosen.
4. Stuhltrfigheit nach Magen- und Darmoperationen,
besonders Blinddarmoperationen.
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Obstipatio.
297
Wie zu erwarten, war die Grbsse der bei dem ein-
zelnen wirksamen Dosen nicht ganz einheitlich. Michaelis
hatte geraten, bei Kindern ein bis zwei Teelofl'el, bei Er-
wachsenen zwei bis vier Teelbffel, im Durchschnitt also
drei Teelbffel bei Erwachsenen, zu geben. Yerf. ist in der
Mehrzahl der F8.11e mit zwei, hbchstens drei Xeelbffeln aus-
gekommen, nur in ganz seltenen Fallen mussten vier Tee-
lbffel gegeben werden. Besonders wertvoll war das Pr&-
parat bei der Behandlung blutarmer junger M&dchen.
Wenn sich Yerf. auch nicht ganz zu der drastischen
These verstehen kann, das Rizinusbl als ein Spezifikum
bei An&mie und Chlorose anzusehen, so ist es doch zweifellos,
dass die Regulierung der Verdauung eine der wesent-
lichsten Sch&digungen, die Autointoxikation vom Darrae
her, bei Blutarmen hinwegraumt. Es hat sich daher be¬
sonders erfolgreich erwiesen, diese Regulierung mit dem
neuen, zugleich krftftigenden und nahrhaften Mittel zu er-
reichen, so dass zwei Indikationen Rechnung getragen
wird, der Regelung der Abfuhr und der Hebung der
Ernahrung. (Die Tlierapie der Gegenwart, Dez ember 1911.i
— Rheopnrgin. Von Dr. J. Baedeker (Berlin). Nachdem Verf.
sich tlber die Wirkung von Rhabarber und Phenolphthalein
geaussert, fahrt er fort: „Hiemach konnen wir uns kaum
ein zweckmassigeres Aperitivum denken, als die Kombination
von Radix Rhei, in einer als Stomachikum und Aperitivum
wirkenden Dosis, und Phenolphthalein es uns darbietet.
Ein solches Aperitivum ist tatsftchlich kiirzlich von der
Firma: Rhabarberwerke Dr. Paul Bruch in Wiesbaden
hergestellt worden unter dem Namen Rheopurgin. Rheo-
purgin ist in kleinen, bequem zu nehmenden und nicht
unangenehm schmeckenden Tabletten in drei verschiedenen
Stfirken hergestellt. Die meist in Betracht kommende Nr. II
enthalt die Zusammensetzung Radix Rhei pulver. 0,2,
Phenolphthalein (Dioxyphthalophenon) 0,1 pro Tablette.
Hiervon nimmt man bei chronischer Obstipation abends
zwei Tabletten, bei hartnSckigem Leiden drei Tabletten.
Nach dem Lehrbuch fiir Arzneimittellehre von Tapp einer
tritt die Wirkung des Stomachikums bei Radix Rhei am
gtinstigsten ein bei Dosen von 0,1 bis 0,6, also bei der
hier tatsachlich in der ublichen Abendgabe des Rheopurgins
enthaltenen Dosis: Die zum Hervorrufen der aperitiven
Wirkung hinzugesetzte Dosis Phenolphthalein, pro Tablette
0,1, ist etwas geringer als der sonst bei alleiniger Phenol¬
phthalein - (Dioxyphthalophenon -)Verabreichung ublichen
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Obstipatio — Prostatahypertrophie.
Dosierung entspricht, da ja gleichzeitig auch noch etwas die
aperitive Wirkung der Radix Rhei selbst in Betracht zu
ziehen war. Nicht nur nach den wissenschaftlichen Ge-
setzen <Jer Arzneiverordnungslehre aber, sondern auch nach
den tatsachlich mit Rheopurgin gemachten praktischen Er-
fahningen zeigt sich, dass wir in demselben ein geradezu
ideales Abfiihrmittel haben. Mit der Regelung des Stubl-
gangs, der bei abendlichem Einnehmen allmorgens nach
dem ersten FrtlhstQck leichj; und natiirlich eintritt, zeigt
sich gleichzeitig ein Rotwerden der meist belegt gewesenen
Zunge, Zunahme des Appetites und Verschwinden der
sonst bei Gebrauch von Abfdhrmitteln vormittags vor-
handen gewesenen Mattigkeit. Gewdhnung habe ich nie
beobachtet, im Gegenteil meistens bemerkt, dass Pat., die
anfangs abends drei Tabletten nehmen mussten, nach zehn-
tfigigem Gebrauch mit zwei, ja einer Tablette auskaraen.
So kann denjenigen Aerzten, die bis jetzt noch kein so
vortreffliches AbfQhrmittel kennen, dass sie nicht mitunter
doch ein besseres haben mOchten, nicht dringend genug
' geraten werden, es mit Rheopurgin einmal zu versuchen.
Sie werden im Interesse ihrer Klienten, bei denen gerade
das allt&gliche Leiden der chronischen Obstipation und der
durcli unzweckmfissige Mittel bewirkten nervSsen Zer-
schlagenheit solch grosse Rolle spielt, dieses Versuchs einst
sich freuen.“ (Allgem. med. Zentral-Ztg. 1911 Nr. EO.)
Prostatahyperirophie. Behandlung der F. durch
Prostatadehnung. Von Dr. Felix Kraemer in Frank¬
furt a. M. Seit Einfiihrung der suprapubischen Prostatek-
tomie durch Freyer hat die operative Behandlung der P.
einen wesentlichen Fortschritt erfahren, Die Erfolge
dieser Operation sind derart, dass im grossen und ganzen
die anderen operativen Massnahinen zurzeit weit seltener
als in frtlheren Jahren in Frage kommen. Immerhin ist
die Mortalit&tsstatistik der Freyerschen Operation noch
eine recht erhebliche (sechs, meist zehn Proz.) und besagt
uns, dass trotz der technisch meist leicht ausfOhrbaren
Enukleation der Prostata der Eingriff doch ein recht
schwerer ist. Es ist daher gewiss der Standpunkt ge-
rechtfertigt, zunftchst die konservativen Behandlungs-
methoden in Erwftgung zu ziehen. Nach wie vor wird
mit Recht dem aseptischen Katheterismus sowie dem
Verweilkatheter als Palliativum eine grosse Bedeutung
zur Beeinflussung der Stbrungen der P. in selbst vor-
ge8chrittenen Stadien zugesprochen. Jedoch bleiben immer-
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Prostatabypertropliie.
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hin noch eine Reihe von Fallen fib rig, wo die Katheter-
behandlung nicht den gewfinschten Erfolg hat, der Resturin
hoch und die Beschwerden erhebliche bleiben. Ausserdem
sind die Pat. meist fur lange Zeit auf den Katheter an-
gewiesen, ein Zustand, der sich sehr haufig mit den
sozialen Verhaltnissen vieler Prostatiker nicht vertragt.
Eine weitere konservative Behandlungsmethode, die Deh-
nung der Pars prostatica urethrae, die schon von Mitte
des vorigen Jahrhunderts mit allerdings recht ungeeigneten
Instrumenten geiibt wurde, hat neuerdings Bayer mit
Erfolg in die Praxis eingeftihrt. Inzwischen hat derselbe
Autor bei zwfilf durchwegs schweren Fallen sechsmal
vollen Erfolg erzielt, zweimal wesentliche Besserung, fiber
zwei Falle fehlten weitere Nachrichten, ein Fall musste
prostatektomiert werden und ein Fall kam durch Urosepsis
ad exitum, aber nicht im Anschluss an die Dilatation.
In dem Falle, den Verf. zu veroffentlichen Gelegenheit
hatte, war die Wirkung der Dehnung unverkennbar.
Der Prostatiker, der im Anschluss an eine etwa ffinf
Tage lang bestandene Ischuria zirka ffinf Wochen lang trotz
Verweilkatheter und Katheterisation nicht imstande war,
auch nur einen Tropfen Urin zu entleeren, erlangte die
Fahigkeit der spontanen Urinentleerung wieder, und zwar,
wie Verf. heute mitteilen kann, befindet sich der be-
treffende Pat. seit jener Zeit nach ca. 1 8 / 4 Jahren voll-
kommen wohl und hat keines Katheters mehr benfitigt.
Unterdessen hatte Verf. Gelegenheit, drei weitere Falle
erfolgreicli mit Prostatadehnung zu behandeln. Wenn wir
bedenken, dass nach den Ergebnissen der Statistik Guyons
und den Erfahrungen Thomsons fast die HSlfte der
Falle von P. wahrend des Lebens frei von alien Be¬
schwerden sind und wir haufig Gelegenheit haben, bei
Sektionen ganz erhebliche P. als Nebenbefund festzu-
stellen, ohne dass bei Lebzeiten irgendwelche Erscheinungen
hervorgetreten waren, so kann man unmfiglich die P. an
und ftir sich als Krankheitszustand ansprechen. Zuerst
Anomalien im Harnabfluss, bedingt wie im sogen. ersten
Stadium durch venfise Stase, in den folgenden Stadien
durch Deformierung der Harnrfihre, Bildung von Mittel-
lappen und Barriere musculaire durch ungleichmassiges
Wachstum, lfisen die Symptome der P. aus. Durch die
venfise Stase wird die Harnrfihre temporar verengert,
Dilatation mit Bougies wirkt in diesem Stadium vorzOglich.
Der in den vorgeschrittenen Stadien gefibte Katheterismus
so wie der Verweilkatheter ist sensu strictiore nichts anderes
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300
Prostatahypertrophie
A
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als ein Dilatationsverfahren, das den Harnrbhrenkanal
wegsam macht. Dass die Prostatadehnung mit dem Bayer-
schen bzw. mit dem Kollmannschen Dilatator (Dittel
KrQmmung) weit wirksamer ist, zeigen die von Bayer
und Yerf. verOffentlichten Fftlle. Das Yerfahren ist dem
aseptischen Katheterismus sowie der Wirkung des Ver-
weilkatheters tiberlegen; es ist noch wirksam, wo letztere
versagen, und bewirkt rascher bei Dehnung bis mindestens
32 Charriere eine Abnahme des Resturins derart, dass
hftufig vom Katheterismus Abstand genommen werden
kann. Bei gewissenhafter Beachtung der Asepsis ist das
Yerfahren gefahrlos, bei eintretender Blutung lftsst man
mehrere Tage Verweilkatbeter mit gleichzeitigen Blasen-
sptllungen liegen. Wenn diese Verbffentlichung dazu
beitr>, die Skepsis, die selbst auch noch in spezialistischen
Kreisen diesem Verfahren entgegengebracht wird, zu be-
seitigen und zur exakten NaehprOfung auch von anderer
Seite anregt, so wird sicherlich dem von Bayer neuer-
dings eingefQhrten Verfahren als konservative Behandlung
der P. die ihr gebGhrende Wtlrdigung zuteil werden.
Trotz der grossen Erfolge der Prostatektomie sollte man
in Anbetracht der eingangs gemachten Ausftlhrungen erst
dann zur Operation schreiten, wenn auch diese konser¬
vative Therapie versagt hat.
(MUnoh. med. Wochenschrift 1912 Nr. 3.)
Yohimbin bei prostatiachen Beech werden. Von Dr. W. Karo
(Berlin). Verf. hat das Yohimbin-Spiegel in einer Reihe
von Fallen mit bestem Erfolge angewandt, und zwar im
Gegensatz zu der sonst fiblichen Anwendung von Tabletten
als intraglut&ale Injektion. Alle diesbezQglichen Fftlle
— im ganzen bisher acht — waren Pat., die das klinische
Bild des Prostatismus boten: es bestand also Polyurie,
hftufige, mitunter mehr oder minder schmerzhafte Miktion,
namentlich in der Nacht, kein oder nicht in Betracht
kommender Residualharn, die GrOsse der Prostata war
variabel. Das Alter der Kranken schwankte zwischen
54 und 67 Jahren. In alien Fallen wurde die Diagnose
Prostatismus auf Grund genauester Untersuchung, nach
Ausschluss aller anderen in Betracht kommenden Affek-
tionen, gestellt und zystoskopisch gesichert. Die spezifische
Wirkung des Yohimbins auf die MiktionsstOrungen war
augenfftllig. Die Pat., die Qber das angewandte Medika-
ment, um Suggestion auszuschliessen, nicht orientiert
waren, gaben prompt an, dass die Pausen zwischen den
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Prostatahypertrophie — Schwaogerschaft, Geburt, Wochenbett. 301
Miktionen sich verlilngerten; nach lftngerer oder kOrzerer
Dauer horten die n&chtlichen Miktionsstdrungen in sechs
von den acht Fallen vollstfindig auf. Anfangs verabfolgte
Verf. eine Injektion t&glich, in der zweiten und den fol-
genden Wochen jeden zweiten Tag. Jede andere Medikation
unterblieb; die durcbschnittliche Bebandlungsdauer betrug
etwa sieben Wochen. Irgendwelche nachteilige Wirkungen
des Yohimbins kamen nicht zur Beobachtung. Bemerkens-
wert ist tlbrigens noch, dass fast alle Pat. einen gilnstigen
Einfluss des Yohimbins auf den Stuhlgang konstatierten.
(Zeitachrift f. ftrztl. Fortbildung 1912 Nr. 4.)
Schwanger sell aft, Geburt, Wochenbett. Zur
Schxnerzlindemng normaler Geburten. Yon S. Wein-
mann (Hebammenlehranstalt Mainz). Aus der Arbeit
sind folgende Abschnitte far den Praktiker von Wichtig-
keit. „Fraher waren Chloroform und Aether die souve-
rfinen Mittel, die in der geburtshilflichen Praxis Verwen-
dung gefunden. So unentbehrlich sie auch jetzt noch fOr
die operative Geburtshilfe sind, far den physiologischen
Geburtsakt haben sie sich keine besondere Bedeutung er-
ringen kbnnen. Jede vollstandige Inhalationsnarkose be-
deutet eine Gefahr far Mutter und Kind und setzt ausserdem
oft die Wehent&tigkeit in hohem Masse herab. Im Gegen-
satz dazu ist der schon in fraheren Zeiten verwandte
,Chloroformhalbschlaf‘ neuerdings wieder zu Ansehen ge-
kommen. Die Methode, auch ,Chloroformierung k la reine 4
genannt, da sie zum ersten Male von Simpson im Jahre
1853 gelegentlich der Entbindung der Kbnigin von Eng¬
land verwandt worden war, fand besonders durch Spie-
gelberg 1856 in Deutschland weitere Verbreitung und
Anwendung. In Amerika und England spielt sie heute
noch in der geburtshilflichen Praxis des Arztes eine grosse
Rolle, in Deutschland hat sie nie festen Fuss fassen kOnnen,
bis neuerdings wieder Stimmen lebhaft far sie eintraten
und besonders Hallauer, Georghin, Eisenberg und
Ehrlich sie zur erneuten und ausgiebigsten Anwendung
w&rmstens empfahlen. Wir haben in unserer Anstalt an
einigen Fallen die Methode nachgepraft und sind mit den
erzielten Resultaten nicht unzufrieden. Das Verfahren
verfolgt den Zweck, die Wohltat der Narkose besonders
Erstgebarenden im letzten Stadium der Geburt, dann wenn
die letzten Wehen und das Durchschneiden des Kopfes,
die Starke Dehnung des Dammes die Schmerzen bis auf
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302
Schwanger6chaft, Geburt, Woohenbett.
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das Unertraglichste steigern konnen, angedeihen zu lassen.
Die Technik ist sehr einfach: Mit Beginn des letzten Sta¬
diums der Presswehen, der sogen. ,SchGttel wehen 1 , lasst
man die Kreissende 10—15 Tropfen Chloroform, also
ausserordentlich geringe Mengen, einatmen und wieder-
holt dieses Vorgehen am Anfang jeder Wehe bis zur end-
gGltigen Geburt des Kindes. Nach Eisenbergs Ver-
suchen hat sich gezeigt, dass oft schon nach den ersten
15 Tropfen ein Zustand eintritt, in dem bei vbllig erhal-
tenem Bewusstsein, bei erhaltenen Reflexen die Schmerz-
empfindung stark herabgesetzt, gelegentlich ganz aufgehoben
war; Eisenberg fuhrt diese Wirkung des ,Chloroform-
halbschlafes 1 auf die, spezifisch narkotische Wirkung des
Chloroforms zurGck, das von alien Empfindungen fast
regelmassig zuerst die Schmerzempfindung auslOsche, und
er sttitzt seine Behauptungen durch Yersuche, die nach-
gewiesen haben, dass nur Chloroform, nicht Aether, Eau
de Cologne und andere narkotische Mittel bei Kreissenden
Hyp- bzw. Analgesie bewirken kann. DemgegenGber ist
der durch die ,Chloroformierung a la reine‘ hervorgerufene
Zustand von Hallauer in Anbetracht der so verschwin-
dend kleinen Chloroformmengen als reine Suggestivnarkose
aufgefasst worden. Nach den Erfahrungen in unserer
Anstalt spielt die Suggestion auch wirklich eine nicht un-
wichtige Rolle. Ueble Folgeerscheinungen haben wir
nicht gesehen. Die Wehentatigkeit des Uterus blieb un-
vetftndert, ebenso wurde die Bauchpresse stets in Aktion
gesetzt, wenn auch manches Mai nur auf dringende Auf-
forderung hin, nicht spontan. Bei manchen Frauen war
ein Zustand leichter Benommenheit, ein ,Chloroform-
halbschlaf* eingetreten, der aber nie so tief war, dass
man sich mit der Pat. nicht h&tte verstandigen, sie zur
selbstandigen Mitarbeit hatte aufriltteln kOnnen. Die
Wehen wurden regelmassig und kraftig verarbeitet, die
Wblbung und Dehnung des Dammes ging langsam von-
statten, und gerade auf diese allmahliche Dehnung der
Dammgegend fiihrt man einen weiteren Vorzug der Me-
thode zurtick, die Verminderung der Zahr von Daram-
rissen auch bei Erstgebarenden. Ueble Nebenwirkungen
auf das Kind blieben unbeobachtet, ist doch auch die Nar-
kose nur so oberflachlich, dass jede Gefahr f&r Mutter
und Kind ausgeschlossen sein diirfte. u
„Nach Grafenberg hatte die Injektion von 1 ccm
2° oigem Pantopon bei Mehrgebarenden meist vollen Effekt;
bei Erstgebarenden waren zwei Spritzen nOtig, im Inter-
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Schwangerschaft, Geburt, Woohenbptt.
803
vail von zwel Stunden gegeben, um die heftigsten Geburts-
schmerzen zu beseitigen. Er beobachtete keine Verlfin-
gerung der Geburlsdauer, keine Schfidigung des Kindes.
O. Jiiger empfiehlt auf Grund seiner gfinstigen, in der
Kieler Universitats -Frauenklinik gemachten Erfahrungen
das Pantopon zwecks Herabsetzung schmerzhafter Geburts-
wehen weiterer NachprQfung. Auch Aulhorn kann von
durchwegs guten Erfolgen aus der Leipziger Frauenklinik
berichten und empfiehlt die Methode besonders zur Verwen-
dung im Privathause, ebenso v. Deschwanden besonders
zur Verwendung ffir denLandarzt. Wir haben uns in hiesiger
Anstalt in 40 Fallen der Injektionsmethode bedient, und
wenn auch 40 Fiille keine Statistik ausmachen, so reicht
dieser gesammelte Erfahrungsschatz doch hin, ein ziemlich
sicheres Urteil tiber die Wirksamkeit des Pantopons zu
gewinnen. Zur Injektion verwandten wir die von der
chemiscben Fabrik Hoffmann-La Roche (Basel-Grenzach)
in den Handel gebrachten Ampullen, enthaltend 1 ccm der
2 ’oigen sterilen Pantoponlfisung, die uns die Firma in
iiebenswfirdiger Weise zu unseren Versuchen zur Verftlgung
gestellt hatte. Als Zeitpunkt der Injektion wahlten wir
in den meisten Fallen die Er&ffnungsperiode, dann wenn
gute und regelmassige Wehen eingesetzt batten. Wurde
das Mittel in der Austreibungszeit verabreicht, so war die
Wirkung der Injektion eine viel ungleichmassigere; eine
merkbare Schmerzlinderung war in dieser letzten Geburts-
periode nur selten zu erzielen, aber unserer Erfahrung
nach ist bei normaler Geburt die Dauer dieser Geburts-
periode auch oft so gering, dass eine Schmerzherabsetzung
gar nicht notwendig ist. Die 40 Injektionen verteilen sich
auf 24 mit Pantopon allein, auf acht mit Pantopon-Skopo-
lamin, einmal ausgefQhrt, und acht zweimal gemachte
Injektionen mit Pantopon bzw. Pantopon-Skopolamin.
Es sei zuerst fiber die mit Pantopon einmal behandelten
Falle berichtet: Die Wirkung der Einspritzung machte sich
meist nach 15—20 Minuten, in seltenen Fallen ’/a Stunde
geltend und hielt durchschnittlich 2—3—4 Stunden an,
selten kfirzere Zeit. Auf drei Kreissende war die Injektion
ohne jeden Einfluss; aber dieser negative Erfolg zeigte
sich nur dann, wenn die Yerabreichung des an8sthesie-
renden Mittels zu spat, zu kurz vor der Geburt, geschehen
war. In acht Fallen war eine nur massige Schmerzlin¬
derung eingetreten, subjektiv hatte die Wehentatigkeit an-
geblich nur Avenig ah ihrer Schmerzhaftigkeit eingebfisst,
die objektive Beobachtung der Kreissenden bewies dagegen.
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304
Schwangerscbaft, Geburt, Wophenbett.
dass eine gewisse Anfisthesierung sich eingestellt haben
musste, nach dem viel ruhigeren Verbalten zu schliessen,
das die Frauen nach der Injektion boten. In 16 Fallen
war eine deutlich schmerzstillende Wirkung des injizierten
Mittels unverkennbar; in einigen Fallen wurden zwar die
Wehen noch deutlich empfunden, doch hatte ihre. Schmerz-
haftigkeit bedeutend abgenommen: die Uteruskontraktion
wurde oft nur noch auf der H6he ihrer Wirkung als
schmerzhaft empfunden, ihr An- und Abklingen gar nicht
gespfirt. Bei anderen Kreissenden ging die anasthesierende
Eigenschaft des Pantopons noch weiter; das Gefiihl f(lr
die Wehentatigkeit der Gebarmutter war bei diesen so
vollstandig geschwunden, dass die Frauen angaben, die
Uterusarbeit sistiere nun vollstandig, obwohl objektiv mit
der auf das Abdomen aufgelegten Hand deutlich eine Zu-
sammenziehung der Gebarmutter zu konstatieren war. Nie
warden Klagen tiber unangenehme Nebenwirkungen, fiber
Eopfschmerz, Uebelkeit, Brecbneigung, SchwindelgefOhl,
laut, nur bot sich bald nach der Einspritzung fast immer
das gleiche Bild: die Frauen wurden mfide und schlfifrig
und ffihlten sich am ganzen KOrper wie zerschlagen. In
den Wehenpausen bestand dann meist ein schlaffihnlicher
Zustand; er war aber nie so tief, dass die Frauen nicht
fflr fiussere Eindrficke zugfinglich gewesen waren; sie
reagierten auf Anrede, verfielen aber bald wieder in diesen
Halbschlaf, um nur wahrend der Wehe wieder wach zu
werden. Yorher laut schreiende und sich unruhig im Bett
herumwerfende Kreissende wurden nach der Injektion
vielfach viel ruliiger, nur ein leises Stfihnen und Wimmern
verriet die Wehe auf der Hfilie ihrer Wirkung. Eine
Mehrgebarende gab sofort spontan zu, dass diese ihre letzte
Geburt viel weniger schmerzhaft als die frflheren gewesen
sei, und sie, die sich anfangs aus Angst vor dem Stich
der Nadel gegen die Injektion straubte, war spater voll
Lob und Dankbarkeit fiber die ihr gebrachte Hilfe. In
drei Fallen war die Wirkung der Pantoponinjektion vor-
fiber, ohne dass die Erfiffnung der Geburtswege ihr Ende
erreicht hatte, und wir wiederholten deshalb beim Wieder-
einsetzen schmerzhafter Wehen die Einspritzung mit Pan¬
topon noch einmal, einmal mit geringem Erfolg (zu kurz
vor der Geburt des Kindes!), in den zwei anderen Fallen
mit recht befriedigendem Resultat. In ffinf Fallen ver-
suchten wir nach negativem Ausfall der ersten Pantopon¬
injektion Schmerzlinderung dadurch zu erreichen, dass wir
bei der zweiten Injektion das Pantopon mit einer kleinen
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Schwangerachaft, Geburt, Wochenbett. 305
Dosis Skopolarain (0,01 Pantopon ~r 0,0015—0,003 Sko-
polamin) kombinierten, und samtlichen Frauen konnten
wir durch die zweite lnjektion eine wesentliche Erleich-
terung der Geburtsarbeit verschaffen." (SchluaB folgt.)
(Miinoh. med. Wochenachrift 1911 Nr. 50.)
— TTeber die Anwendung von Fituitrin bei Abort. Von Dr.
L. Hell (Frauenhospital Basel). Verf. gelangt zu folgen-
dem Schluss: Entsprechend der geringeren Reizbarkeit des
Uterus in den ersten Schwangerschaftsmonaten sind auch
• die Erfolge der Pituitrininjektionen viel schlechter als
bei der Anwendung am normalen Geburtstermin. Die
Wirkungen sind nicht besser und nicht sicherer als die
von Sekale, von heissen und kalten Scheideduschen und
stehen in keinem Verhfiltnis zu dem Preise des Pr¶tes.
Es empfiehlt sich darum, bei der Abortbehandlung die
alten Mittel beizubebajten.
(Munch, med. Wochenschrift 1911 Nr. 50.)
— Vit Fferdeserum geheilte Scbwangerschaftstoxikose. Von
Prof. Dr. R. Freund (Univ.-Frauenklinik der Charite in
Berlin). In einem Falle von echter Schwangerschafts-
dermatose griff Verf. auf das normale Pferdeserum zurfick,
welches gegenfiber dieser Toxikose die gleichen wert-
vollen Eigenschaften bekundet hat wie Schwangerschafts-
serum. Die 21jahrige I-para kam am 2. November 1911
mit Zwillingen im achten Monat spontan nieder; einen
Tag vor dem Partus erkrankte sie an einem juckenden
Hautausschlag an Bauch und Unterarmen, der durch die
Entbindung nicht kupiert wurde, sondern sich im Wochen¬
bett in stetig wachsender Intensitat fiber Hfiften, Extremi-
taten, Rficken, schliesslich fiber den ganzen Rumpf bis
zum Hinterkopf in Gestalt von Flecken, Knotchen und
Blaschen ausbreitete und von so heftigem Juckreiz be-
gleitet war, dass die Pat. vollig des Schlafes beraubt
wurde und sehr herunterkam. Die Diagnose seitens der
Dermatologischen Klinik der Kgl. Charite lautete: Multi¬
formes toxisches Schwangerschaftsexanthem. Als am
sechsten Wochenbettstage (also am achten nach Auftreten
der Affektion) das Exanthem nicht zum Stillstand ge-
kommen, sondern in eklatanter Progredienz begriffen war,
wurden der Pat. 25 ccm frischen Pferdeserunis in die
linke V. mediana injiziert. Sie reagierte darauf, wie viele
der so behandelten Pat., mit Schtittelfrost, Fieber bis 39,5°
und Kopfschmerzen; doch dauerte dieser Zustand nur
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306
Schwangerechaft, Geburt, Wocbenbett — Syphilis.
einen halben Tag, w&hrend dessen der Juckreiz sich
nahezu vollkommen verlor und nur noch in den beiden
folgenden Tagen in ganz geringem Masse vorhanden war.
Das Exanthem aber kam nicbt allein sofort zum Stillstand,
sondem heilte, schon nach 24 Stunden wahrnehmbar, unter
Abflachung der Kndtchen und Eintrocknung der Bl&schen
so rapide ab, dass am siebenten Tage nach der Injektion
nur noch an den am schwersten befallenen Stellen kon-
fluierte, blasse Rfitungen bestanden. Am 15. Wochen-
bettstage wurde Pat. entlassen. Zwei Wochen nach der
Injektion sind keine Spuren der Erkrankung mehr nach-
zuweisen. (Deutsche mod. Wocheneohrift 1911 Nr. 52.)
Syphilis. Die Syp hi l i sbehandltmg mit Salvarsan. Von Re-
gierungsrat Prof. M. v. Zeissl (Wien): ,,Im Frfihling
des Jahres 1910 kamen die ersten Nachrichten fiber die
Behandlung der S. mit 606, jetzt Salvarsan genannt,
in die Oeffentlichkeit. Wenn auch die Gewissenhaftigkeit
und Gelehrsamkeit Ehrlichs die Praktiker zur Einffihrung
und zur Anwendung dieser neuen Behandlungsmethode
dr&ngen musste, so wurden die Erwartungen, die man an
Ehrlichs Entdeckung kntipfte, zum grossen Teile erfttllt,
und heute, nach relativ kurzer Zeit, wird jeder Arzt, der
sich nicht durch Voreingenommenheit irreffibren lfisst,
sagen mfissen, dass der Vorteil in der Syphilistherapie,
der durch Ehrlichs Entdeckung erzielt wurde, ein unge-
heurer ist und dass die Wahrscheinlichkeit, dass die
S. immer mehr und mehr eingeschrankt werden wird,
eine bedeutende Aussicht hat. Der wichtigste Punkt
der Salvarsanbehandlung ist, dass, wenn sie zu einer Zeit
angewendet wird, wo nur der Primaraffekt vorhanden
ist und noch keine Allgemeinerscheinungen bestehen, es
mit ihr gelingt, eine Sterilisatio magna zu erzielen, das
heisst, durch eine einmalige Einverleibung des Salvarsans
eine Heilung fttr immer zu erzielen und das Auftreten
von Allgemeinerscheinungen bintanzuhalten. Unter den
283 bisher von mir mit Salvarsan behandelten Kranken
habe ich 20, die mit dem Medikamente Ehrlichs zur Zeit
des Primaraffektes behandclt wurden und die in der Zeit
eines Jahres, ohne dass Hg und Jod angewendet wurden,
frei von Konsekutiverscheinungen blieben und bisher bei
der vorgenommenen Blutuntersuchung nach Wassermann
einen negativen Befund ergaben. Sind zur Zeit, in der
der Kranke zur Behandlung kommt, schon Allgemeiner¬
scheinungen der Lues vorhanden, so ist die Heilwirkung
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Syphilis.
307
des Salvarsans dem Hg und Jod gegenfiber weit iiber-
legen und ist auch in solchen Fallen das Auftreten von
Rezidiven weit seltener als bei einer Quecksilber- und
Jodbehandlung. Besonders rasch bilden sich zerfallende
Papeln und Gummen nnter dem Einflusse des Salvarsans
zuriick, wahrend bei Anwendung von Ehrlichs Mittel
trockene Papeln, kleine papulose Syphilide und Psoriasis
palmaris und plantaris langsamer schwinden, wie die ge-
nannten Erscheinungen ja auch dem Quecksilber und Jod
langsam weichen. Was Kranke mit Allgemeinerschei-
nnngen des papulOsen Stadiums anbelangt, so ist auch
bei diesen das Auftreten von Rezidiven seltener, wenn
sie mit Salvarsan behandelt wurden, als wenn sie einer
Quecksilbei*-Jodkur unterzogen wurden. Was die Er-
krankungen des Zentral- und peripheren Nervensystems
anbelangt, so werden auch bei den schon von Ehrlich
angegebenen Vorsichtsmassregeln giinstige Erfolge erzielt.
Bisher habe ich mich ausschliesslich auf die Injektion von
monaziden LOsungen in die GlutSalmuskulatur beschrankt
und noch keine intravenOsen Injektionen geiibt, weil ich
bis jetzt die Kranken nicht im Spitale aufnehmen konnte,
sondern sie meist ambulatorisch oder in Privatpflege, wo
sie nicht unter konstanter Ueberwachung waren, behandeln
musste. Das Wichtigste ist die strengste Aseptik bei Zu-
bereitung der LOsung, und soli auch, wie ich schon im
Juli 1910 angab, das destillierte Wasser, das zur LOsung
verwendet wird, ebenso wie die ^prozentige Normal-
natronlauge, vor dem Gebrauche sterilisiert werden. Die
Spritzen, die man verwendet, mtkssen vor dem Gebrauche
sterilisiert werden und die Injektionsnadeln vor der In¬
jektion in absoluten Alkohol eingelegt und vor dem Ein-
stich mit steriler Gaze, die mit Schwefel&ther befeuchtet
wurde, abgewischt werden. Dass das Ges&ss vor der
Injektion gehOrig gereinigt und, wie vor jeder Operation,
so steril als mOglich gemacht werden muss, ist selbst-
verstSndlich. Die Erfolge scheinen, wie durch DOrrs,
Duhots und meine Erfahrungen hervorgeht, giinstiger zu
sein, wenn die aseptischen SalvarsanlOsungen schwach
sauer reagieren. Ausser der Aseptik ist es noch von
Wichtigkeit, den Kranken nach der Injektion durch acht
Tage das Bett htiten zu lassen, weil die Schmerzen bei
Bettruhe gering sind, sehr oft fast ganz ausfallen. Stellen
sich Schmerzen ein, so appliziere man feuchtwarme Ueber-
schl&ge, sind sie stark, so verabreiche man eine Morphium-
injektion oder ein Morphiumzlipfchen. Wichtig ist die
21 *
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308
Syphilis.
Regelung der Di&t, das heisst, Ausscbaltung von sauren
Fruchtsfiften, ferner Regelung des Stuhles. Dass die von
einzelnen Seiten mitgeteilten Nervenaffektionen, besonders
des Acusticus, Facialis, Oculomotorius etc., durch S. und
nicht durch Salvarsan bedingt sind, wurde durch Benarios
letzte Publikation, sowie durch Freys und meine Mit-
teilungen endgGltig festgestellt. 1st doch zur GenQge
bekannt, dass Erkrankungen der Nerven im FrQhstadium
der S. auch unter Quecksilberbehandlung oder ohne jeden
tberapeutischen Eingriff vorkommen kbnnen. Diese kurze
Skizze mag den praktischen Arzt anspornen, so frQh als
mbglich monazide Salvarsanlbsung unter strenger Aseptik
anzuwenden, dieselbe, wenn Spitalsaufenthalt nicht m5glich,
nur intramuskular zu injizieren und die genaue Unter-
suchung des Herzens, des Auges vor der Injektion vor-
zunehmen, mit einem Worte strenge die von Ehrlich
angegebenen Kautelen einzuhalten. Wer Ehrlichs Vor-
sichtsmassregeln beobachtet und stets strenge Aseptik ein-
halt, wird nur gute Erfolge mit dem Salvarsan erzielen
und zu seiner Freude erfahren, dass die sogenannten
Neurorezidive Syphiliserscheinungen und keine Wirkungen
des Salvarsans sind. Zum Schlusse will ich noch be-
merken, dass ich unter 283 Injektionen keinen einzigen
Abszess zu beobachten Gelegenheit hatte und dass die
vier bei meinen Pat. vorgekommenen Nervenerscheinungen
auf Syphilis oder andere Ursachen, nie aber auf das
Salvarsan zurQckzuftthren waren.“
(Osterreichische Arzte-Ztg. 1912 Nr. 1.)
— Embarin, ein nenes Antisyphilitikom. Von Dr. H. Loeb
(Stadt. Erankenhaus Mannheim). Embarin ist nach Mit-
teilungen der Fabrikanten Chem. Fabrik Heyden, Radebeul,
eine 6*/s°/oige Losung von merkurisalizylsulfonsaurem
Natrium und enthalt ausserdem noch ’ s% Akoin. Da
das merkurisalizylsulfonsaure Natrium zirka 44°/o Queck-
silber entlialt, ist der Quecksilbergehalt des Embarins
3°/o, so dass in ein ccm Embarin 0,03 g Quecksilber ent-
halten sind. Unangenehme Ne’:enerscheinungen traten,
abgesehen von zwei Fallen von Idiosynkrasie, nicht ein.
Kleine Temperatursteigerungen, die besonders bei sensiblen
Pat. nach der Einspritzung beobachtet wurden, ver-
schwanden rasch wieder. Infiltrate und sonstige Reiz-
erscheinungen, Schwellungen, Abszesse wurden in keinem
Falle beobachtet. Schmerzen stellten sich nicht oder nur
in ganz geringem Mass ein. Die Reizlosigkeit Hess sich
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Original frn-rri
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Syphilis.
309
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auch daraus beweisen, dass nicht nui* in Rticken und
Gesftss, sondern versuchsweise auch unter die Brusl, in
die Klavikulargegend, Oberschenkel, Arme ohne starkere
lokale Reaktion injiziert werden konnte. Im allgemeinen
erfolgten die Einspritzungen in das Unterhautzellgewebe
der Gesass- oder RQckenhaut. Als Dosis wurde nach
anfanglich tastendem Vorgehen mit kleineren Mengen 1,2 ccm
in ein- bis zweitagiger Anwendung gewahlt. Bei I'rauen
und Mannern fand dieselbe Quantitat Anwendung. Die
durchschnittliche Zahl der Injektionen betrug 15. Doch
wurden ohne Schaden 20 appliziert. Von Schwangeren
wurden die Injektionen gleichfalls gut ertragen. Stomatitis
trat selten und nur in schwachem Grade auf. Nieren-
reizung oder Albuminurie wurde in keinem Falle beobachtet.
Intestinale Storungen, Diarrhbe, Erbrechen, Kolik usw.
wurden nie notiert. Der Heileffekt war in den meisten
Fallen gut. Sklerosen, Exantheme, Papeln usw. bildeten
sich rasch zuruck. Auch Falle, die gegen andere Behand-
lung resistent blieben, konnten mit'Embarin zur Heilung
gebracht werden; doch gab es auch immerhin Falle, die
durch Embarin weniger gut beeinflusst wurden und noch
weitere Behandlung erforderten. Auch RQckfalle wurden
nach kiirzerer oder langerer Pause konstatiert. Die vor-
her positive Wassermannsche Reaktion war wiederholt
nach 16 Injektionen negativ befunden worden. Verf. ersah
aus seinen Untersuchungen, dass die Hg-Ausscheidung
sofort kraftig einsetzt, nach einigen Tagen ziemlich kon-
stant wird, um nach Beendigung der Injektion rasch auf
ein relatives Minimum herabzusinken. Das nicht im Urin
abgehende Hg dOrfte in Faeces, Speichel, Atmung zur
Ausscheidung gelangen, in geringeren Mengen auch im
Organismus fixiert bleiben. Jedenfalls geht aus den
Untersuchungen herror, dass Hg gelbst in grbsseren
Mengen den Organismus durchstrbmt, ohne im allgemeinen
toxische Wirkung zu entfalten. Seit langerer Zeit wendet
Verf. Embarin kombiniert mit Salvarsan an in der sich
auch anderwarts immer mehr Anerkennung verschaffenden
Absicht, durch gleichzeitige Anwendung von Quecksilber
plus Salvarsan um so schneller und sicherer zu heilen.
Embarin schien fftr diese Kombination um so geeigneter,
als damit, wie oben ausgefQhrt, eine rasche und intensive
Durchtrankung mit Hg ermogliclit und es erreicht wird,
in den kurzen Zeitraum von drei Wochen eine energische
Hg - Kur und zwei Salvarsaninjektionen zusammenzu-
drangen. Die Salvarsaninjektion wurde in alkalischer
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810
Syphilis.
LSsung, in Dosen von 0,5 bis 0,55 intravenos vovge-
nommen. Zunachst konnte Verf. feststellen, dass die An-
wendung beider Mittel in kurzer Aufeinanderfolge anstands-
los ertragen wurde, und zwar in gleicher Weise, ob Salvarsan
vor oder nach Embarin gegeben wurde. In einigen Fallen
Hess Verf. zum Schlusse noch einige kleinere Injektionen
01. ciner. folgen. Damit sah er die Erscheinungen rasch
schwinden und die positive Serumreaktion, auch bei
sekundArer Lues, negativ werden. Am augenfalligsten
war aber der Erfolg bei der Abortivbehandlung der S.
im Stadium des Primaraffekts, vor Auftreten der sekun-
dftren Symptome. In alien diesen Fallen ging der Be-
handlung die Exzision der Sklerose voraus, auf die Verf.
zur Erreichung des Abortiverfolges grOssten Wert legt.
Der Exzision schloss sich sofort eine Salvarsaninjektion
und vom nachsten Tag ab eine Embarinkur von 7 bis
16 Injektionen an, der dann eine zweite Salvarsaninjektion
folgte. Nach zwei bis drei Wochen wurde haufiger eine
dritte Salvarsaninjektion nackgesandt. Zehn Pat., die in
dieser Weise behandelt unter Beobachtung blieben, sind
bis jetzt vollig symptomfrei geblieben und zeigten von
der ersten Injektion ab stets negative Wassermannsche
Reaktion. Die verflossene Zeit betragt einmal neun,
zweimal sechs, dreimal vier Monate, bei den fibrigen drei
bis zwei Monate. Wenn also die Falle auch noch weiterer
Beobachtung bedilrfen, so ist der bisherige Erfolg ausserst
beachtenswert. Wenn Verf. die Hauptwirkung an diesen
Resultaten dem Salvarsan einraumt, so ist doch anzu-
nehmen, dass die intensive Hg-Ueberschwemmung den
Erfolg der Vernichtung der Spirochaten vervollstandigt
und sichert. Yerf. mdchte auch nicht unerwahnt lassen,
dass er durch Kombination von Salvarsan mit andern
loslichen und unldslichen Hg-Praparaten nicht minder
gute Resultate erreicht hat. In Zusammenfassung der
bisherigen AusfOhrungen diirfte sich Embarin als Praparat
fftr den praktischen Arzt eignen. Die klare, hellgelbe
LSsung ist in Ampullen von 1,2 ccm abgefallt. Es muss
sowohl der AmpullenkOrper als auch die ausgezogene
Spitze mit der Nadel leer gesaugt werden, um die voile
Dose auszunutzen. Die Injektionsspritze bewahrt Yerf.
in Alkohol auf, wodurch jede weitere Desinfektion entfallt
und die Beimischung von desinfizierenden Ldsungen,
welche das Embarin trhben konnten, vermieden wird.
Die Injektionen werden, wenn die individuelle Ertraglich-
keit durch erstmalige Einspritzung einer halben Dos is
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Syphilis — Tumoren.
311
festgestellt ist, in der ersten Woche taglich, dann alle zwei
Tage, am beaten ins Unterhautzellgewebe des Ruckens oder
Gesasses vorgenommen. Gewbhnlich werden 15 Injektionen
verabreicbt. Yerf. mbcbte die Nachprbfung des Mittels,
welches eine energische Kur mit grossem Hg-Gehalt in
kurzer Zeit ohne Stbrung f(ir den Pat. ermoglicht, weiteren
Kreisen empfehlen. (Medina. Klinik 1911 Nr. 48.)
Tumoren. Dauererfolge bei der Rftntgentherapie von Sar-
komen. Yon Prof. Dr. Max Levy-Dorn (Berlin). Autor
schreibt: „Wahrend die Tatsache, dass die Rbntgenstrahlen
auf die Sarkome meist gOnstig einwirken, keinem Zweifel
unterliegt, genbgen keineswegs unsere Erfahrungen liber
die Bestandigkeit der erzielten Erfolge. Nach der von
Kienbbck am 28. Marz 1906 in den Fortschritten auf
dem Gebiete der Rbntgenstrahlen verdffentlichten kritischen
Zusammenstellung von 90 Fallen fahren die Rbntgenstrahlen
bei 18% der Sarkome vollst&ndigen Schwund herbei, weitere
57°/o werden deutlich zum Schrumpfen gebracht und nur
25% bleiben unbeeinflusst. Die meisten Beobachtungen
der von Kienbbck zitierten Autoren erstrecken sich aber
nur auf kurze Zeit. Die grbsste Beobachtungsdauer be-
trug zirka zwei Jahre. Sie betrifft je einen Fall von Spindel-
zellensarkom der Haut, von denen der eine von Coley
und Skinner, der andere von Sjbgren beschrieben
wurde. — In der in diesem Jahre erschienenen dritten
Auflage des Gochtschen Handbuches der Rbntgenstrahlen
finde ich nur einen, und zwar von Gocht selbst, langer
beobachteten Fall von geheiltem Sarkom angefahrt. Es
handelte sich um ein nicht vollstandig durch die Operation
entferntes Melanosarkom des Auges, das durch Rbntgen¬
strahlen geheilt und vier Jahre ohne RQckfall geblieben
ist. Jch bin nun in der Lage, uber zwei mit Rbntgen¬
strahlen behandelte Sarkomkranke zu berichten, die bereits
fast sechs Jahre in meiner Beobachtung stehen:
Eine heute 34 Jahre alte Frau war am 1. VII. 1904
wegen rechtsseitiger Halsdriisengeschwulst, die sich in
einem Jahre langsam entwickelt hatte, operiert worden.
Die mikroskopische Untersuchung ergab Lymphosarkom.
In der ersten H&lfte des Novembers 1905 begannen die
Drilsen der bis dahin gesunden linken Seite von der Supra-
klavikular- bis Submaxillargegend zu schwellen. An dem
oberen Ende der Operationsnarbe entstand ebenfalls eine
neue Driise; Narbe wie Drlisen zeigten sich gegen Druck
empfindlich. Das Allgemeinbefinden hielt sich gut, das
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Go^ gle
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UNIVERSITY OF MICHIGAN*
312
Tumoren.
Blot blieb normal. Der fibrige Teil des Korpers zeigte sich frei
von Drflsen. Trotz Behandlung mit Arsen and Priessnitz-
schen Umschl Sgen vergrOsserten sich die T. Vor einer zweiten
Operation scheate man wegen Ausbreitnng des Leidens zu-
rQck. DieR5ntgenbehandlung begann am 30. XII. 1905, also
sechs Wochen nach dem Rezidiv and der Aasbreitang des
Leidens auf die linke Halsseite. Die linke Halsseite erhielt ini
Jan., Febr. and April jedesmal in 6—7 Bestrahlungen 10 X.,
die rechte Seite dieselbe Dosis einmal in drei Sitzungen. Schon
nach der ersten Behandlung gingen die DrQsen etwas zurfick.
Im April konnte eine wesentliche Besserung bemerkt werden.
Im Dezember desselben Jahres stellte sich aber Pat. wieder
vor, well seit einigen Wochen die Schwellungen am linken
Unterkiefer and hinter dem Obre wieder zunahmen. Durch
elf Bestrahlungen wnrde bald wieder eine wesentliche Ver-
kleinerung erzielt, die allmahlich znm vollstandigen Schwund
der DrOsen fQhrte. Ira Herbst 15)09, also fast drei Jahre
spater, schwollen die LeistendrQsen an, w&hrend der llals
gat blieb. Trotz Bettruhe und UmschlSgen nahm das
Leiden ca. *U Jahr zu, dann traten Schmerzen auf, und
die Haut entzOndete sich; gleichzeitig bestand Fluor.
Nachdem dieser Zustand drei Wochen ohne Neigung zur
Eiterung bestanden, erinnerte man sich der frOheren Erfolge
der Rontgenstrahlen. Bereits 14 Tage nach Beginn der
Rontgentherapie hatten Schwellong und Empfindlichkeit
wesentlich nachgelasseit und hOrten bald vollstftndig auf.
Der Sicherheit wegen wurde aber drei Wochen spater die
Behandlung noch einmal wiederholt. Beide Male wurde die
Dosis zehnmal in je drei Sitzungen for die rechte und die linke
Leistengegend verabfolgt. Seitdem ist Pat. nach ihren An-
gaben und wie ich mich kQrzlich (am 28. XI. 1911) tkberzeugt
habe, von ihrem DrQsenleiden g&nzlich befreit geblieben.
Der zweite Fall betraf ein periostales Sarkom des
Oberscbenkels: Der heute 23 Jahre alte Pat. kam im
Marz 1906 in meine Behandlung. Er litt seit zirka zwei
Jahren an Schmerzen im linken Oberschenkel, welche von
ihm auf ein Trauma zurOckgeftihrt werden. Nach ein6r
Bergtour im Herbst 1904 steigerten sich die Beschwerden
so sehr, dass tftglich Narkotika verabfolgt werden mussten
(Aspirin, Pyramidon). Eine ROntgenuntersuchung ergab
damals keine abnormen Befunde. Trotz energischer An-
wendung der physikalischen Heilmethoden und antineoral-
gischer Kuren, unter anderem Aufenthalt in fOnf Sanatorien,
stellte sich keine Besserung ein. Im April 1906 wurde
zuerst eine Auftreibung des linken Femurs festgestellt.
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Tumoren.
313
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Eine AutoritSt diagnostizierte ,periostales Sarkom‘ und
schlug die Exartikulation vor. Die von mir im Mai vor-
genOmmene Rdntgenuntersuchung ergab: Um die obere
H&lfte des Femurs zahlreiche unregelmassige, zum Teil netz-
f&rmig angeordnete, zum Teil mit dem Knoehen parallele
Schattenlinien. Darin sind einige Schattenfleeke einge-
streut. Das Periost ist verdickt, der Enochen spindel-
fSrmig aufgetrieben. Der Markkanal scheint nicht ver-
Sndert zu sein. Die Operation wird nicht zugelassen. Ich
begann eine Rdntgenbestrahlung und fdhrte sie folgender-
massen durch: Yom 26. IV. bis 7. V. 1906 je eine
Erythemdose in drei Sitzungen von vorn nach hinten und
von den Seiten. Wiederholung des Verfahrens vom 29. V.
bis 1. VI. 1906. Vom 25. VI. bis 5. VII. 1906 wurden noch
ffinf Bestrahlungen hinzugefiigt. Die Rbntgenuntersuchung
am 19. XI. 1906 bewies, dass der Tumor etwas zusam-
mengeschrumpft war. Die Bebandlung wurde wiederholt,
und zwar wurden vom 19. XI. bis 8. XII. 1906 im ganzen
zehn Begtrahlungen vorgenommen. Zuletzt erhielt der Pat.
im Februar 1907 (vom 4.—22.) noch neun Bestrahlungen.
Zugleich mit den Rbntgenstrahlen wurde eine Arsenkur
gebraucht (Atoxylinjektionen). Der Pat. wagte bereits
September 1907, sich die Antineuralgika entziehen zu
lassen. Obwohl hierbei schwere Abstinenzerscheinungen
auftraten, schritt doch die Besserung sichtlich fort. Im
FrOhjahr 1908 waren alle Beschwerden fast ausnahmslos
geschwunden, Pat. konnte ohne Nachteil Bergtouren machen
und sich seitdem unggstbrt seinen Studien widmen. Die
am 25. XI. d. J. vorgenommene Rbntgenuntersuchung
ldsst noch eine spindelfQrmige Schwellung des Femurs er-
kennen. Die Trabekel ausserhalb des Periosts sind bis
auf einen kirschkerngrossen Rest, der als isolierte Knochen-
insel erscheint, vollstandig geschwunden. Die Verdickung
des Knochens kommt auf Kosten des Periosts bzw. der
Corticalis zustande. Scit Beginn der Behandlung sind flber
fttnf Jahre und sieben Monate vergangen. —
Dass die beiden mitgeteilten Krankheiten unter die
Rubrik fallen, die wir heute mit ^arkom 1 bezeichnen,
kann keinem Zweifel unterliegen. Im Fall 1 besteht eine
mikroskopische Kontrolle, im Fall 2 spricht unter anderem
der eigenttlmliche facherformige Bau des Tumors fiir die
Diagnose. Diesem Urteil entsprachen auch die drako-
nischen Mittel, welche von den behandelnden Aerzten
angewandt resp. empfohlen wurden (I. Operation, II. Ex-
artikulation).“ (Berliner klin. Woohensebrift 1912 Nr. 1.)
Go^ 'gle
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314
Vermi6chte9.
Vermischtes.
Nochmals Aegypten and seine Indikationen. Von Dr. H. Engel
(Heluan). In dem Artikel heisst es:
„Ich mbchte die Indikationen des agyptischen WGsten-
klimas zunSchst ganz allgemein dahin formulieren: Jeder,
der aus chronischen Krankheitsgrttnden dem europ&ischen
Winter und seinen Sch&dlichkeiten aus dem Weg gehen
soli oder will, passt nach Aegypten, sobald sein Leiden
niclit zu yorgeschritten, sein allgemeiner Ernfihrungs- und
Kr&ftezustand ein gtlnstiger ist und seine Verdauungs-
organe funktionstftchtig sind. Die Sehnsucht nach dem
Sommer und seinen mit ilim verbundenen klimatischen
Vorteilen kann jedem chronisch Kranken dort gestillt
werden.
Spezielle Indikationen aufzustellen, ist heute nur fCLr
vier Erankheiten mbglich:
1. Chronischer Rheumatismus und Gicht. Hier kommt
die Trockenkeit des WQstenklimas zu roller Geltung und
Wirkung. Die betreffenden Kranken bessern sich sehr
h&ufig oder das Leiden bleibt doch wfthrend des Aufent-
halts stationer, die Anf&lle werden seltener oder ver-
schwinden. Die Heluaner warmen Schwefelquellen stellen
bier gewiss ein sch&tzbares Adjuvans dar.
2. Nephritis. Ich habe schon frfiher versucht, tlber
diese Indication Spezielleres auszuarbeiten. Heute stehe
ich, da bei der Mannigfaltigkeit und dem Ineinander-
greifen der einzelnen Krankheitsformen eine exakte Aus-
arbeitung differentieller Indikationen doch kaum erzielt
werden kann, mehr auf dem etwas resignierten Standpunkt,
der mit der obigen Indikationsdefinition im allgemeinen
korrespondiert: Jeder nicht zu schwer Nierenkranke mit
guter Verdauung und gutem Ern&hrungszustand passt
nach Aegypten. Ob die Trockenheit des Wtkstenklimas
bei der sogenannten ,Entlastung der Nieren durch vermehrte
Hautatmung 1 eine wirklich bedeutende therapeutisch-
spezifische Rolle spielt, ob nicht vielmehr die gQnstige
Beeindussung in erster Linie der Vermeidung des Winters
und der Wintersch&dlichkeiten Europas zu verdanken ist,
ist noch nicht entschieden. Was erzielt wird und wieviel
erzielt werden kann, ist schon oben betont. Es sind
'auch dieser Therapie Grenzen gesetzt. Von den einzelnen
Formen hat die Schrumpfniere die geringsten Erfolge
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Vermischte8.
;i 15
aufzuweisen, eben weil sie ein hoffnungsloser und meist
schwerer Krankheitszustand ist. Besserungen naraentlich
subjektiver Natur sind immerhin zu verzeichnen. Die
anftmische Form der Schrumpfniere passt nach meinen
Erfahrungen am wenigsten nach Aegypten. Plethoriker
mit Schrumpfniere dflrfen nur von Ende November bis
Ende Mftrz in Aegypten bleiben, ebenso Nephritiker mit
labilem Herzen. Ein guter Indikationsindex ist nach
meinen Erfahrungen der Blutdruckmesser: Nephritiker
mit sehr erhbhtem Blutdruck (aber 180 mm Hg)
passen nicht melir nach Aegypten. Schieffer hat neuer-
dings die Forderung aufgestellt, dass nur Nephritiker
nach Aegypten gehen sollen, bei denen die funktionelle
Nierendiagnostik normale Verhaltnisse ergeben hat.. Diese
weitgehende Forderung bedarf gewiss noch der PrQfung.
3. Lungentuberkulose. In erster Linie gilt hier die
oben aufgestellte allgemeine Forderung: guter Kr&fte- und
Ern&hrungszustand, gute Verdauungsorgane. Da nun
gerade bei Lungenkranken diese Vorbedingungen oft fehlen,
namentlich im sekundaren und terti&ren Stadium, so er-
gibt sich von selbst, dass eigentlich nur die leichten,
afebrilen und unkomplizierten Falle nach Aegypten passen.
Die Ern&hrungsverh<nisse — das muss betont werden —
sind in ganz Aegypten nicht so ganstige wie z. B. in den
Hochgebirgskurorten der Schweiz usw. Namentlich die
animalischen Produkte (Milch, Eier, Fleisch) sind kaum
in erster Qualit&t zu haben. Nur in den erstklassigen
Hotels kann der far Lungenkranke so wichtigen Forderung
kr&ftiger Ern&hrung einigermassen entsprochen werden.
Ein mit reichlich guter Verpflegung und auch sonst gut
gefahrtes Lungensanatorium, dessen notgedrungen hohe
Preise allerdings sein Fortkommen erschweren warden,
hfitte sicher — daran zweifle ich nicht — ebenso gute,
wenn nicht bessere Behandlungsresultate aufzuweisen wie
die europ&ischen Sanatorien. Solange es nicht existiert,
werden die Vorteile des Klimas, die namentlich auch bei
den katarrhalischen Formen der Lungentuberkulose zu
grosser Geltung kommen kSnnten, durch die speziell far
Lungenkranke bedeutsamen ausseren Nachteile aufgehoben.
4. Blasen - und Nierentuberkulose , die meist nicht den
konsumptiven Charakter zeigen wie Lungentuberkulose,
passen gut nach Aegypten, besonders ihres grossen WSrme-
bedarfnisses wegen. Heilungen habe ich — im Gegensatz
zu Schieffer — noch nicht gesehen, dagegen weitgehende
Besserungen.
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31G
Vermischtes.
D. Hygiene. Wir wissen, dass je weiter sttdlich, urn so
schwerer m’oderne sanitftre und hygienische Forderungen
erfQllbar sind. In der Wtiste ist die Gefabr infektiQser
Krankheiten aber doch so gering, dass sie von einem
dortigen Aufentbalt nicht abschrecken darf. Ich habe in
acht Jahren nur einmal einige Typhusinfektionen in He-
luan mit erlebt, in Assuan sind kleine Dysenterie- und
Anginaepidemien in diesem Zeitraum vorgekommen. Im
ganzen aber haben die gesundheitlichen Verh<nisse der
Wiistenkurorte sicher eine bessere Si at ist ik aufzuweisen
als mancher italienische Fremdenplatz. Immerhin ist eB
gut, wenn jeder, der nach Aegypten reist, von seinera
Hausarzt und gleich nach „ Ankunft von seinem dortigen
Arzt auf die einzelnen hygienischen Vorbeugungsmass-
regeln aufmerksam gemacht wird.“
(Zeitachrift f. physik&l. u. difttet. Therapie 1911 Nr. 11.)
— Bemerkenswerte physiologische Untersuchungen fiber die natQr-
lichen Staatsbrunnen zn Fachingen and Niederselters,
welche fQr das Verstandnis der Wirkungen dieser Brunnen
von hoher Wichtigkeit sind, wurden im Kftnigl. Patholo-
gischen Institut der Berliner Universitfit gemacht. Prof.
Dr. A. Bickel, Yorsteher der experimentell-biologischen
Abteilung des obengenannten Institutes, verOffentlicht in
der neuesten Nummer der „Zeitschrift fQr Balneologie“ die
interessanten Ergebnisse dieser Experimente.
— Hebei Gelonida, eine neae Tablettenlorni» und ihre Wirkung
bei Nerven- und GemQtskrankheiten. Von Oberarzt Dr.
MOrchen. (Aus Dr. v. Ehrenwalls Sanatorium fftr Nerven-
und GemQtskranke in Ahrweiler.) Die Dispensierung weit-
aus der meisten festen Medikamente in Tablettenform ist
wegen mannigfacher VorzUge dieser Darreichungsart ge-
radezu ein modernes BedQrfnis geworden. Ein nicht zu
unterschatzender Nachteil liaftete jedoch bisher fast alien
Tabletten an: schwere Zerfallbarkeit. Diese bewirkte bei
manchen bestimmten Medikamenten eine so betr&chtliche
VerzOgerung und Verlangsamung der Wirkung, dass der
therapeutische Effekt dadurch nicht selten erheblich beein-
trachtigt, bisweilen sogar aufgehoben wurde, abgesehen da-
von, dass oft die Tablette selbst die Magenw&nde oder
sogar den Darmtraktus reizte. Es ist deshalb von nicht
geringer praktischer Bedeutung, dass der Firma Goedecke
& Co., Berlin, die Darstellung einer neuen Tablettenform —
Gelonida — gelungen ist, die von diesem Nachteil voll-
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Vermisohtes.
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kommen frei ist, wie die Versuche des Verf. anschauiich
zeigen. Es handelt sich bei den Gelonida um ein beson-
deres patentiertes Verfahren, welches die Tablette in FlOs-
sigkeiten, also auch im Magensaft, gewissermassen „sprengt“,
so dass selbst bei stSrkster Komprimierung ein schneller
Zerfall der Tablette gewahrleistet ist. Bei vergleichenden
PrQfungen von Rheum, Pyrenol, Veronal (Di&tylbarbitur-
s&ure), Opium, Morphium usw. als Gelonida und in ge¬
wohnlichen Tabletten in Wasser und einer Art kOnstlichem
Magensaft zeigte sich, dass bezOglich der Erweichung und
Zerfallbarkeit die Gelonida den anderen Tablettenformen
weitaus (iberlegen sind. Bei AzetylsaiizylsSUre, Sulfonal
in Gelonidaform sowie bei den Gelonida antineuralgica
ist die Ueberlegenheit in der Schnclligkeit des Zerfallens
sogar eine ganz verblGffende. In gewohnlichem Wasser
zerfielen die Gelonida teilweise in einer geradezu explo-
sionsartigen Weise; Verf. empfiehlt deshalb das Nachtrinken
von Wasser bei dem Einnehmen von Tabletten jeder Art.
Abor auch in schleimhaltigem kOnstlichen Magensaft waren
die Gelonida schon vollstandig zerfallen, wenn die ge-
wohnlichen Tabletten noch gar nicht oder doch nur zur
Halfte erweicht waren. Auch zeigte es sich, dass die
letzteren selbst nach ziemlich vollst&ndigem Erweichen,
was meist erst nach einer halben Stunde bis zur Leicht-
zerdrilckbarkeit geschehen war, noch eine etwas klebrige
kleisterartige Masse bildeten, die an den Wlinden des
Glases haftete, wahrend die Gelonida ein feinkOrniges
Pulver darstellten, sobald sie zerfallen waren. Besonders
beachtenswert sind die klinischen Ergebnisse bezOglich der
Gelonida im Vergleich zu gewohnlichen Tabletten. Einen
guten Prtifstein bilden hier vor allem Veronal (Diatyl-
barbitursaure) 'und Sulfonal. Es ist bekannt, dass ge-
wohnliche Tabletten dieser Schlafmittel oft gar nicht oder
erst am nachsten Tage sedativ bzw. hypnotisch wirken,
wegen der ausserordentlich verzogerten Resorption. Bei
Verwendung von Gelonida Sulfonali bzw. acid, diaetyl-
barbituric. trat der hynotische Effekt bedeutend schneller
ein, und zwar in derselben Weise, als wenn Sulfonal bzw.
Veronal inPulverform gereicht wurde. Bei Sulfonal schien
sogar eine gewisse Ueberlegenheit der Gelonida gegen-
uber dem Pulver zu bestehen, auch bezOglich geringerer
Nachwirkungen am nSchsten Tage. Dabei wurde nie fiber
eine Bel&stigung des Magens geklagt, auch wenn die
Tabletten im ganzen verschluckt wurden. Diese augcn-
fdllige Ueberlegenheit der Gelonida gegeniiber den gewohnlichen
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318
V ermifichtes.
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Tabletien , gemessen an der leicht kontrollierbaren klinisch-
therapeutischen Wirkung von Sulfonal und Veronal, ist
der anschaulichste Beweis fur die praktische Bedeutung dieser
neuen Tablettenfonn. Bei einigen Medikamenten liegen,
wie Verf. hervorhebt, in der Tat die Dinge so, dass fOr
ihre Verwendung als Tabletten die Gelonidaform die Sicher-
heit der Wirkung bedeutend erhaht und die Gelonida
deshalb vor den bisherigen Tablettenformen den Vorzug
verdienen. (Berliner klin. Woobenaehrift 1911 Nr. 62.)
!
Ueber die Kombination von Lnft- and Sonnenb&dern mit
Seebadern. Von Dr. P. Grabley (Berlin). Autor kommt
zu folgenden Schliissen:
1. Therapeutisch sind Luft- und Sonnenbad nach
Technik und Indikation scharf zu trennen.
2. Das Luftbad abt eine milde roborierend-tonisierende
Wirkung aus.
Indikation: Chlorose, Anamie, Neurasthenic.
3. Das Sonnenbad ist bei korrekter Technik eine
intensiv schweisstreibende Prozedur.
Indikation: Gicht, Rheumatismus, Nephritis, alte
Malaria, Lues III. Intoxikationen, chronische
Hautkrankheiten.
Kontraindikation: Neurasthenie, fortgeschrittene
Arteriosklerose.
4. Filr gesunde Menschen wirkt das Luftbad vor einem
kurzen Seebade durch seine Wftrmestauung in der Haut
gilnstig.
5. Zu kombinieren sind daher Luftb&der mit See¬
badern nur far organisch und nerv&s Gesunde. Das
Luftbad ist das adequate und mildere Tonikum.
6. Sonnenbad und Seebiider sind in Kombination
nicht zu verwenden, wegen der H&ufung intensiver Stoff-
wechsel- und Organreize.
(Zeitschrift fiir Balneologie 1911 Nr. 15.)
Ein billiges HOrrohr znr Verwendung bei ansteckenden
Erankheiten empfiehlt Dr. H. Betz (Heilbronn). Das
sehr vereinfachte Instrument ist im Preise so gestellt,
dass es nur bei einer Krankheit verwendet zu werden
braucht, es bleibt im Hause des Kranken in Sublimat-
losung gelegt oder in einem Handtuch verpackt liegen
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Original frn-rri
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VermiBchtes —, Bucherachau.
319
und wird am Ende der Behandlung vernichtet. Das
HOrrohr ist, damit sich der Preis nicht hoch stellt, denk-
bar einfach gefertigt, es hat die Masse eines gewohnlichen
Horrohrs und besteht aus gut schalleitendem Holz, und
zwar besteht es, wie auch sonst viele HOrrohre, aus zwei
zusammensetzbaren Teilen, dem Rohr und der Ohrplatte,
nur dass letztere nicht durch Schraubung, sondern durch
einfache Aufsteckung dem einfach gestalteten, leicht konisch
sich unten verbreiternden Rohr angepasst wird. Diese
Einfachheit bedingt den billigen Preis. Die HOrrohre
werden in Originalschachteln von 10 Stock zu 5 M. von
der Firma Julius Hankh in Stuttgart verkauft. Der
billige Preis bedingt und ermOglicht die hygienische
Forderung: BenOtzung des Horrohrs nur bei einem Krank-
heitsfall und Vernichtung des Instruments nach Ablauf
desselben. (Muncb. med. Wochenschrift 1912 Nr. 4.)
Biicherschau.
Die GrnndzOge der Hygiene von MOiler und Prausnitz (Verlag
von J. F. Lehmann, MQnchen, Preis: 9 M.) sind ein
Buch, das keiner weiteren Empfehlung mehr bedarf. Auch
braucht wohl kaum erw&hnt zu werden, dass bei jeder
neuen. Auflage — uns liegt jetzt die neunte vor — die Verf.
ihr Buch dem gegenw&rtigen Stande der Wissenschaft ent-
sprechend umarbeiten; so ist auch jetzt kein Kapitel un-
ver&ndert geblieben. Auch sonst ist der Inhalt wiederum
vermehrt worden, sowohl der Text wie die Abbildungen —
das Buch enthSlt deren jetzt 278 —, die sehr instruktiv
sind. So wird auch diesmal das beliebte Werk den Kol-
legen hochwillkommen sein. — Im gleichen Verlage er-
scheinen bekanntlich „Lehmanns Medizin. Handatlanteri “.
Wir bemerken, dass neu herausgekommen sind: L. GrOn-
wald: Krankheiten der Mundhflhle, des Rachens und
der Nase, 3. Aufl. Teil II (Atlas) und Lehmann-
Neumann: Bakteriologie, 5. Aufl., Teil II (Text).
— FOr diejenigen Kollegen, die gern in ihren Mussestunden zu
Hause oder auf dem Wege zur Landpraxis ein gutes Buch
in die Hand nehmen oder ein solches den Ihrigen schenken
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
320
Biicherschau.
wollen, sollen vier aus dem Verlage von L. Staackmann
in Leipzig stammende Bficher genannt sein, welche die
Leser durchaus befriedigen werden. In der Sammlung
„Vom freudigen Schaffen", eine Anthologie aus unseren
Tagen, findet man von 20 Diclitern — darunter Otto Ernst,
Greinz, Ostini, SchGnherr, Rosegger—Proben ihres Schaffens
vereinigt. „Die Novelle und Skizze herrscht in dem Bande
vor. Heimatkunst und Humor, Schalk und Laune, Ge-
mGtstiefe und feine Stimmungsmalerei, Lebenswahrheit,
Mark und Kraft gehen durch dieses Buch. Es ist ein ge-
sundes. Buch, ein mannhafter gemeinsamer Aufstieg zu
den wahren HGhen der Drchtkunst“, heisst es im „Deutsch.
Literaturspiegel“, und weiter: „Diese Amthologie ist wie
selten eine berufen, ein Volksbuch zu werden, wozu ja
auch der staunenswert billige Preis (1.80 M. for den
hGbsch gebundenen umfangreichenBand) beitragen wird“. —
„Die Liebe h&ret nimmer anf“, eine Tragikomddie aus
der Boheme von Otto Ernst, in der eine Gberaus sym-
pathische.Frau, eine Martyrerin der Liebe, im Yordergrunde
steht, wird lebhaftes Interesse von Anfang bis zu Ende er-
wecken, ebenso ein Roman Roseggers „Die beidenH&nse“,
ein tief ergreifendes Buch, das die Schicksale zweier Freunde
schildert, eiries Theologen und eines Mediziners. — End-
lich Spielhagens Selbstbiographie: „Ermnertwgen ana
meinem Leben", von Dr. H. Henning herausgegeben.
Alle Freunde Spielhagens werden sich Gber dieses Buch
freuen, Gber dies Buch, das man am liebsten in einem
Zuge auslesen mochte.
Notiz.
Die heutige Nummer unseres Blattes enthalt eine Beilage,
und zwar von der Firma:
Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin N 4, fiber
ff Digistrophan <c y
auf die wir besonders hinweisen.
FiLr den redaktionellen Teil vorantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlln.
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Original frn-rri
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Eracheint am ]\/q O PreU des Jahrgangs 6 Mk.
Anfanff etnas jeden Monats. a/ T— o> exkl. Porto.
ESxcerpta medica.
Kurze monatllohe Joumalausxiige
aua der gesamten Fachliteratu/
znm Gebrauch fUr den praktischen Arzt
Herauggegeben von Dr. med. Eugen Graetxer in Friedenau-BerHn.
Yerlag to» Carl Sallmau, Leipzig.
Mil. XXI. Jilrgmg 1912
Agrypnie. Klinische Erfahrnngen mit Codeonal. Von
Dr. G. Beyerhaus. (Aus der Rheinischen Prov.-Heil- und
Pflegeanstalt Grafenberg.) Auf Grund seiner Beobach-
tungen halt Verf. das Codeonal fftr geeignet, Ausreichendes
zu leisten bei Schlaflosigkeit im Gefolge der verschiedensten
Psychosen, sobald sie leichteren Grades ist. Es wirkt
dabei aber nicht mit der gleichen Zuverliissigkeit wie die
Oblichen Dosen der bekannten Schlafmittel Trional (1 g),
Chloral (2 g) und Veronal (0,5 g). Bei der Schlaflosig-
keit von schwer erregten Geisteskranken versagt es haufig;
seine Anwendung ist daher hier nicht zu empfehlen. Bei
geistig normalen Pat. lieferte das Codeonal gute Ergeb-
nisse. Es beseitigte prompt die Schlaflosigkeit, die infolge
starker Hustenanfalle und kOrperlicher Schmerzen bestand.
Es ist das Hauptindikationsgebiet fbr die Anwendung des
Codeonals die Bekilmpfung der Schlaflosigkeit, die bedingt
ist dureh Schmerzen, nachtlichen Husten oder andere kOr-
perliche Beschwerden, und Verf. glaubt, dass das Codeo¬
nal in diesen Fallen durchaus Gutes leisten wird.
(Deutsche med. Wochenschr. 1912 Nr. 9.)
— E. Kobrak (Berlin). Das Sedativnm und Hypnotikum Ada-
lin in der Einderprazis nnter Berdcksichtignng seiner
Verwendbarkeit bei der Therapie des Kenchhustens.
K.s Erfahrungen basieren auf 35 mit Adalin behandelten
Kindern. 24 waren Sauglinge unter zwei Jahren. 14 unter
diesen unter ein Jahr, ein Kind hatte erst ein Alter von
drei Tagen. Geschadet hat die Therapie keinem Kind.
Behandelt wurden Kinder mit nervoser Schlaflosigkeit und
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322
Agrypnie.
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Uebererregbarkeit, unruliige Kinder mit Ernahrungssto-
rungen sowie mit Infektionskrankheiten, solche mit Krampfen
und mit Keuchhusten. Was den letzteren anbelangt, so
zieht K. aus seinen Erfahrungen den Schluss, dass das
Adalin als Sedativum gegen die nervose Komponente des
Keuchhustens wohl brauchbar ist, dass es aber von Eula-
tin wesentlich tibertroffen wird. Auch von den Chinin-
praparaten Euchinin, Aristochin sowie von Bromoform
sah K. in dieser Beziehung frtiher viel Besseres als von
Adalin. Sehr brauchbar dagegen ist das Adalin oft bei
mittelschweren Fallen, um den durch die nachtlichen An-
falle um den Schlaf gebrachten Kindern jede zweite oder
dritte Nacht mehr Ruhe zu verschaffen. K. rSt daher ftir
alle Falle mit stark betonter nervoser Komponente am
Tag als Sedativum Eulatin (3 — 4mal 0,15—0,25 fur
Alter von drei Monaten bis zwolf Jahre) oder Aristochin,
Euchinin und dergleichen zu geben, vor der Nacht aber
jeden zweiten oder dritten Tag Adalin in Dosen von 0,2
bis 0,6 ftir Alter von 1—12 Jahren anzuwenden. Sftug-
linge unter einem Jahre bedtirfen auch dieser Dosis 0,2,
wenn man hypnotischen Effekt erzielen will. Man scheue
sich also nicht vor den scheinbar ftir das frtihe Lebens-
alter hoch erscheinenden Dosen. Bei Stiuglingen von
\i Jahr ist 0,15 durchschnittlich erforderlicli, bei einem
dreitagigen SSuglinge wirkte 0,08 in wtinschenswerter
Weise. Schwcrere Falle scheinen von Adalin, wenn man
die Dosis nicht tibertreiben will, wenig Erfolg zu haben.
In solchen wird man Chloral oder Kombinationen leichter
Hypnotika mit Narkoticis wie Codein verwenden miissen.
Die Thymianpraparate (Extr. Thym. sacharat., Pertussin,
Thymanin) haben ihre Domarie filr starker katarrhalische
Formen. Sie bewahrten sich zur Losung recht gut, haben
aber auf die Htiufigkeit der AnfM,lle keinen Einfluss. Eben-
falls gut losend fand K. reichliche Wasserdampfinhala-
tionen mit Inhalierapparat. Zustltze ausser Emser Salz
oder Kochsalz erschienen zwecklos. Ein Kupieren der
einmal erworbenen Keuchhusteninfektion ist durch keins
der Mittel mbglich. S$ine gesamten Erfahrungen fasst K.
dahin zusammen, dass Adalin ein fftr Kinder unsch&dliches
Beruhigungsmittel igt, das als Sedativum und Hypnotikum
verwendet werden k^jin:
1. Ftir unruhige, nervose Kinder.
2. Ftir erregte und schlaf lose dyspeptische und tiber-
haupt ernahrungsgestorte kranke Kinder und erleichtert
das Hungerregime.
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I
Agrypnie.
323
3. Fur Kinder mit Infektionskrankheiten, denen Nacht-
ruhe nottut, gpeziell fur Pneumonien der Kinder, um dem
Herzen liuhe zu schaffen, ais Ersatz der tiblicben Mor-
phiummedikation bei Erwachsenen in solchen Fallen.
4. Bei leichteren Krampfzustiinden aus den verschie-
densten Ursachen. Fiir schwerere Falle empfiehlt sich
mehr das Chloral*Brom. Eine Phosphormedikation und
vor allem Diat behalten selbstverstandlich ihre Wichtigkeit.
5. Beim Keuchhusten als Mittel fiir die Nacht, jeden
zweiten bis dritten Abend, in solchen Fallen, in denen
die Anfalle die Nachtruhe sehr stbren und die Kinder
dadurch nervbs sehr herunterkommen.
(Medizio. Klinik 1911 Nr. 49.)
— TJeber Veronazetin, ein aus mehreren Komponenten zu-
sammengesetztes Hypnotiknm und Sedativum. Von
Dr. med. Max Baer. (Aus dem stfidt. Siechenhause zu
Frankfurt a. M.) Das Veronazetin ist ein auf die An-
regung v. Noordens hin zusammengestelltes Hypnotikum
und Sedativum in Tablettenform. Es soil damit den Aerzten
ein Pr¶t in die Hand gegeben werden, das dem Vero¬
nal vollig entsprechende schlaferzeugende'' Wirkung hat,
ohne dessen oft beklagte Nebenwirkungen — Mbdigkeit
und Eingenommensein des Kopfes, leichtes Kopfweh, wie
nach Alkoholgenuss — zu besitzen. Die chemische Zu-
sammensetzung des Mittels ist. folgende: Zwei Tabletten
entsprechen:
Natrium diaethylbarbituricum 0,3
Phenacetin 0,25
Codeinum phosphoricum 0,025.
Im Veronazetin ist also die Hiilfte der vollwirksamen
Veronaldosis vereinigt worden mit Phenazetin und Kodein,
ausgehend von der Absicht, die Wirkung eines Schlaf-
mittels durch Kombiriation mit anderen von gleiehen Eigen-
schaften zu steigern, gestfltzt dabei auf Buergi, nach
dessen Ansicht die Zelle in der Zeiteinheit aus zwei ver-
schiedenen Medikamenten mehr als aus einem Mittel auf-
nehmen kann, weil sie fiir jedes einen eigenen Rezeptor
hat. Das Prilparat wird dargestellt von der Fabrik Dr. R.
und (). Weil, Frankfurt a. M. Im Laufe der letzten Mo-
nate hat Verf. im Siechenhause 23 Pat. Veronazetin ver-
ordnet, durchgehends nur MSnnern. Er Hess sich dabei
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A
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324
Agrypnie.
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von vornherein von dem Plane leiten, die verschiedenen
Arten der Schlaflosigkeit in den Bereich der Untersuchung
zu ziehen und neben der Wirkungsbreite auch die Art
der Wirkung und ihre Dauer festzustellen. Das Mittel
wurde angewandt bei einfacher Schlaflosigkeit, bei leich-
teren und stttrkeren Erregungszustanden, wie sie bei Epi-
lepsie z. B. vorkommen, bei den starken rootorischen
Erregungen der arteriosklerotischen Demenz und des Se-
niums, sowie bei durch Schmerzen verursachter Schlaf¬
losigkeit. Recht gute Erfolge zeigten sich bei einem Pat.
mit rheumatischer Polyarthritis; wenn seine Schmerzen
so stark waren, dass er keinen Schlaf linden konnte, erhielt
er eine Tablette Veronazetin und schlief dann prompt die
ganze Nacht durch; die gGnstige Wirkung hat hierbei nie
versagt. Weniger gut war der Erfolg bei Schlaflosigkeit
wegen tabischer Krisen; bei einem Pat. liess sich keine
Wirkung bemerken, ein anderer mit tabischen Krisen schlief
wenigstens einige Stunden. Durchaus befriedigend war
das Ergebnis bei sieben weiteren Kranken, die wegen
Schmerzen bei Herzleiden, Oppression und asthmatischer
Beschwerden schlaflos waren. Sobald sie Veronazetin
erhielten, gewohnlich eine, bei schwereren Fallen zwei
Tabletten, konnte stets eine sichere, schlaferzeugende Wir¬
kung beobachtet werden. Einer dieser Pat. mit starkster
Oppression und so starker Atemnot, dass selbst die Mor-
phiumspritze versagte, erhielt zu seiner Injektion noch
eine Tablette Veronazetin und schlief dann fast die ganze
Nacht ununterbrochen. Diesem Pat. gab Verf. auch
wegen seines Hustens morgens eine Tablette Veronazetin
als Sedativum mit dem Erfolge, dass er den ganzen
Morgen tiber viel weniger belastigt war als sonst; am
Nachmittag war dann der frtihere schlechte Zustand
wieder da. Bei einem Fall mit mittelschwerer epilep-
tischer Erregung trat nach 1—2 Tabletten vbllige Be-
ruhigung ein. Sehr h&ufig angewandt wurde das Veron¬
azetin bei Pat. mit arteriosklerotischer Demenz und bei
erregten Senilen, die nachts sehr unruhig waren, im Saal
umherwanderten, sich zu anderen Pat. ins Bett legen
wollten, usf. Sie bekamen je nach dem Grade ihrer mo-
torischen Erregung 2—4 Tabletten. Bei zwei Tabletten
zeigte sich oft keine Wirkung, dagegen waren die meisten
Kranken nach drei Tabletten die Nacht i\ber bis zum
frdhen Morgen rubig; andernfalls wurden vier Tabletten
gegeben, die stets den gewflnschten Erfolg hatten. Ein
Pat. mit stfirkster nSchtlicher Unruhe wurde durch Veron-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Agrypnie — Anasthesie, Narkose.
325
azetin, wie vorher durch Morphiumchloral, nicht beein-
flusst; grossere Dosen als vier Tabletten wurden von uns
nicht gegeben. Bei wenigen Pat. machte sich nach einiger
Zeit eine verminderte Wirksamkeit bemerkbar, doch war
die. Wirkung immerhin meist noch so stark, dass eine
wesentliche StOrung der Nachbarpat. nicht stattfand; die
nSchsthbhere Dosis brachte dann wieder ruhigen Schlaf.
In alien Fallen erfolgreich erwies sich Veronazetin bei ein-
facher Schlaflosigkeit, bei der eine besondere Ursache des
mangelnden Schlafes nicht zu erkennen war. Hier ge-
niigte meist schon eine Tablette Veronazetin, um den
Kranken die erwiinschte Ruhe zu verschaffen. Schadliche
und unangenehme Nebenwirkungen hat Verf. bei der Ver-
wendung des Veronazetins nie beobachtet. Ivlagen uber
Mttdigkeit, Kopfschmerzen und ahnliches sind von unseren
Kranken, auch nach Verordnung unserer bisherigen Maxi-
maldosis von yier Tabletten, nie geiiussert worden. Die
Pat. erhielten das Schlafmittel gewbhnlich mit etwas Wasser
abends gegen 8 Uhr; die Wirkung trat durchschnittlich
nach 2—3 Stunden ein. Als Sedativum — 1—2 Ta¬
bletten — wurde Veronazetin friih morgens gegeben; eine
besondere Rucksichtnahme auf die Zeit vor oder nach der
Mahlzeit erschien nicht erforderlich. Dass das Veron¬
azetin relativ billig ist, — 200 Tabletten kosten nach den
Angaben der Fabrik 16 Mark —, scheint uns ein er-
wiilmenswerter Vorzug des Mittels zu sein. Zusammen-
fassend kann sich Verf. dahin iiussern, dass das Veron¬
azetin, in geeigneter Dosierung, ein wirksames Hypnotikum
und Sedativum ist, von relativ niedrigem Preis, ohne schad¬
liche und unangenehme Nebenwirkungen — also ein Mittel,
das berufen erscheint, in Zukunft weitere Verbreitung als
Schlaf- und Beruhigungsmittel zu linden.
(Munch, med. Wochenscbr. 1912 Nr. 9.)
Anasthesie, Narkose. Chinin als Lokalan&sthetikuin.
Von Dr. E. Schepelmann (Halle). Zahlreiche Ver-
suche, die Verf. anfangs an Tieren sowie an sich selbst,
spiiter an Pat. anstellte, bewiesen die absolute Unsch&d-
lichkeit der zur Verwendung kommenden Dosen sowohl
beziehungsweise der lokalen wie der toxischen Allgemein-
wirkung; unangenehm war im ersten Moment der kurz
dauernde, brennende Schmerz an der Einstichstelle, den
er jedoch spater zu vermeiden lernte durch den von Mar¬
tinet empfohlenen Zusatz von Antipyrin. Das Rezept
lautet:
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«
l
Digitized fr.
326 Anasthesie, Narkose.
Kp. C’hinin. muriatic. 0,3
Antipyrin 0,3
Aq. destill, ad 10,0.
. M. D. ad vitr. steril. cum collo ample.
S. Zur Infiltrationsanasthesie.
Je nach Grosse des Operationsfeldes verwendet Verf.
l U bis 1—2 Spritzen oder mehr; es ist klar, dass von
einer schfidlichen Chininwirkung bei diesen kleinen Dosen
iiberhaupt keine Kede sein kann. Die Unempfindlichkeit
tritt nach l /a —1 Minute ein; sie lasst sich etwas beschleu-
nigen und nach der Peripherie hin erweitern durch Bei-
mischung von Adrenalin*), das zugleich (fihnlich dem
Antipyrin, aber weniger intensiv) den brennenden Schmerz
im Moment des Einspritzens lindert. Die A. ist eine voll-
stfindige, so dass alle Oberflfichenoperationen durchaus
schmerzlos auszufuhren sind; dabei fehlt das beim Ivokain
zu beobachtende Gefiihl des Taubseins oder Abgestorben-
seins. Die Dauer der Operation ist belanglos; oft hat
Verf. noch nach sechs Stunden bei sich selbst totale Un¬
empfindlichkeit bemerkt, nach 10—12 Stunden starke
Hypasthesie bei massiger Einengung des Wirkungsgebietes,
nach 24—48 Stunden noch eben nachweisbare Hypasthesie.
(Die Therapie der Gegenwart, Dezember 1911.)
— Notizen fiber die Anwendung des Anasthesins. Von Dr.
Hubner (Stettin). Anfisthesin hat sich ihm seit dahren
bewahrt als nachhaltig schmerzlinderndes Mitt el in der Zu-
sammensetzung von Anasthesin 1,0, Alcohol, abs. 10,0,
Liquor Aluminii acetici 2,0, Glycerini 30,0 in vitro nigro.
bei der Otitis media acuta und der beginnenden Furun-
kulose des Geh6rgangs. Man fuhrt einen sterilen Band-
gazestreifen getrankt mit der erwarmten Losung in den
Geliorgang bis an das Trommelfell, lasst drei- bis ffinf-
mal taglich die Gaze durch Aufgiessen der Fltissigkeit
anfeuchten und legt auf das kranke Ohr einen Priess-
nitz-Umschlag. Die Schmerzen lassen bald nach, es gibt
keine Vergiftungen, die bei Ivokain nicht ausgeschlossen
sind, und keine Veratzungen des Trommelfells, wie sie bei
10°/oigem Karbolglyzerin vorkommen. Desgleichen ist
Anfisthesin mit Jodol. cristallisatum anaund l°/oigem Menthol,
*) Chinin. mur. 0,3
Adrenalin. 0,0005
Aq. dest. ad 10,0.
Google
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Anastliesie, Narkose.
327
dreimal taglich in den Ivehlkopf geblasen, geeignet zur
Selbstbehandlung, sehr schmerzlindernd bei der Dysphagie
der tuberkulosen Larynxprozesse und gleichzeitig heilend
bei Geschwfiren in der Verbindung mit Jodol.
(Therapeutische .Monatshefte, Februar 1912.)
—- Ein nener Handgriff znr MT. Von Dr. Gonterraann, Chirurg
in Spandau. Autor schreibt: „Zu dem unentbehrlichen
Rfistzeug des Narkotiseurs gehoren Mundsperrer und
Zungenzange, letztere in Form von breitfassenden, stumpfen
oder scharfzahnigen, kugelzangen&hnlichen Instrumenten.
"Welch unangenehme Emplindungen die Anwendung einer
Zungenzange nach dem Erwachen aus der N. auslosl,
braucht nicht erortert zu werden. Auch die Klagen fiber
Schmerzen an den Kieferwinkeln nach lSngerem ,Kiefer-
vorhalten 1 sind bekannt. * Diese beiden Manipulationen,
das Vorziehen der Zunge mit der Zange und das Kiefer-
halten, soil der hier zu beschreibende Handgriff nach
Moglichkeit ersetzen und ihre Nachteile ffir den Pat. aus-
schalten. Vorweg ist zu bemerken, dass derselbe vor-
zugsweise sich anwenden lasst bei Kopftieflage. Nach
Oeffnen des Mundes mit dem Sperrer wird ein breit-
gefasster, 3—4 cm dicker, fester, runder Stieltupfer von
der anderen Seite in den Rachen eingeffihrt. Um die
zurfickgefallene Zunge durch das Einffihren nicht noch
mehr zuruckzudrangen und um sie gleichzeitig schon nach
vorn zu heben und sp&ter halten zu konnen, ist es erfor-
derlich, dass das Einffihren des Stieltupfers unter rotie-
renden Bewegungen geschieht, und zwar so, dass die Zunge
durch die Drehungen nach vorn gehoben wird. Diese
Drehungen des Stieltupfers sind also verschieden, je nach
der Seite, von der man mit demselben in den Mund ein-
geht. Man rollt nun einfach den Tupfer auf der Zungen-
oberflache bis auf den Zungengrund vor die Epiglottis
und hat nun die. Zunge auf dem Stieltupfer ruhen. Durch
Vordrficken desselben in der Richtung nach der Regio
submentalis — nicht nach der Mundoffnung, weil er dann
abgleiten wurde — l&sst sich die Zunge nach vorn heben.
Die Epiglottis folgt dieser Bewegung, und so wird der
Ivehlkopfeingang frei. Es ist leicht, wfihrend der ganzen
N. auf diese Weise das Instrument zu halten. Man er-
leichtert sich das Festhalten, indem man den Handgriff
gegen die seitliche obere Zahnreihe stfitzt, und kann man
so die Zunge bequem nach vorn hebeln. Da der Tupfer
sich allmahlich voll Schleim saugt, wird er schlfipfrig und
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328
Anasthesie, Narkose — Diabetes.
muss dalier gewechselt werden. In dem Aufsaugen des
Schleimes liegt ein zweiter Nutzen des Tupfers. Nach
dem Einlegen des Stieltupfers ist der Mundsperrer nicht
mehr erforderlich. Wie erwfthnt, ist dieser Handgriff vor
allem bei Kopftieflage anwendbar, weil dann die Zunge
am sichersten auf dem Tupfer rulit. Nach einiger Uebung
ist der Handgriff leicht auszuftihren. Das Auflegen der
Narkotisierungsmaske wird durcli ihn nur wenig beein-
trachtigt. Ich habe den Handgriff in zahlreichen Fallen,
darunter bei einer Reike mehrstQndiger N., angewandt und
ihn als Erleichterung der letzteren empfunden.“
(ZentralbJatt f. Ohirargie 1911 Nr. 50.)
Diabetes. Eine Fehlerquelle bei Anwendung der Nylan¬
der schen Zuckerprobe. Yon Dr. E. Strauss. (Aus dem
Laboratorium der Privatklinik fOr Zuckerkranke und diate-
tische Kuren von Sanit&tsrat Dr. Eduard Larape in
Frankfurt a. M.) „Wie notig es ist, die Nylandersche •
Zuckerprobe stets noch durch eine andere Probe zu kon-
trollieren, soli die folgende Notiz dartun. Eine zufallige
Beobachtung hat gezeigt, dass es gewisse Substanzen gibt,
welche durch ihre Gegenwart im Harn des Diabetikers
das Eintreten der cliarakteristischen Reaktion (Schwarzung
oder schwarzes Sediment) durch Reduktion der alkalischen
Wismutlbsung zu metallischem Wismut hindern. — Der •
Harn eines mit Jothioneinreibungen behandelten Diabe¬
tikers zeigte seit mehreren Tagen keine positive Nylander-
reaktion mehr. Trotzdem ergab eine quantitativeBestimmung
mittels Fehlingscher Losung (Methode von Lehmann)
sowie die Polarisation noch reichliche Mengen ausgescJiie-
denen Zuckers. Der Harn zeigte nach AnsSuern, Ver-
setzen mit einigen Tropfen Chlorkalklbsung und Ausschfitteln
mit Chloroform eine Starke Jodreaktion. Ftigte man nun
zu irgendeinem Diabetikerharn oder auch zu einer starken
Traubenzuckerlosung eine (etwa 3°/«ige) -\vassrig-alkoho-
lische Lbsung von Jothion (Dijodoxypropan), so blieb auch
liier die Reaktion aus, bzw. sie trat nur in Form einer
Rotffirbung auf, wenn zu der zu prOfendeu Losung im
Verhaltnis zum Jothiongehalte ein Ueberseliuss des Ny-
landerreagens zugesetzt wurde. Ein Zusatz von Jodkali-
losung oder von Jodlbsung hemmte die Reaktion nicht.
Es scheint also sicher zu sein, dass das Jothion als solches
in den Harn iibergekt und mit dem Wismutsalz eine kom-
plexe Verbindung einzugehen vermag, welche das Wismut
vor der Reduktion durch den Zucker schtitzt. Diesen
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Diabetes.
329
Einfluss besitzt das Jothion aber nicht auf das Kupfer der
Fehlingschen Lbsung. Wahrscheinlich dQrfte das Jothion
nicht das einzige ,schtitzende‘ Medikament sein, welches
bei alleiniger Anwendung der Nylanderprobe ein Freisein
von Zucker vortauscht.“
(Mtlnch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 2.)
— Eine Fehlerqnelle bei der Trommerschen Zuckerprobe.
Von Prof. Fr. N. Schulz (Jena). Autor schreibt: „Es
ist schon oft genug darauf hingewiesen worden, dass die
Trommel*Sche Probe in der Hand des Ungeubten leicht
zu Irrtiimern Anlass geben kann. Nach der Trommer¬
schen Vorschrift soil man Harn mit reichlich starker
Natronlauge versetzen und dann vorsichtig Kupfersulfat
hinzugeben, solange sich das entstehende Kupferoxydliydrat
noch auflost. Der Geiibte wird sich dessen bewusst sein,
dass er bei Anstellung der Reaktion die Reagentien in
der vorgeschriebenen Reihenfolge anzuwenden hat. Es
ist das aber gerade bei dieser Reaktion selir wesentlich.
Versetzt man Harn, der sicher zuckerfrei ist, zuerst mit
Kupfersulfatlosung und dann mit Natronlauge, so werden
grosse Mengen von Kupferoxydhydrat mit blauer Farbe
in Losung gehalten. Die Menge des losbaren Kupfer-
oxydhydrats schwankt (anscheinend nach der Konzentration
des Harns). 5 com Harn sind etwa imstande, die aus
5—10 Tr. konzentrierter Kupfersulfatlosung stammende
Hydroxydmenge (bzw. die aus 20—30 Tr. der zur Feh¬
lingschen Mischung verwandten Kupfersulfatlosung) in
Losung zu halten. Worauf dieser wesentliche Unterschied
im Verhalten des Harns beruht, je nachdem man das
Kupfersulfat zuerst hinzugibt oder nach der Natronlauge.
kann ich nicht angeben. Es liegt aber gerade hierin fur
den Arzt die Gefahr. Denn man sagt im allgemeinen,
ein starkeres Losungsvermogen des Harns fiir Kupfer¬
oxydhydrat lege den Verdacht nahe, dass abnorme Zucker-
mengen im Harn vorhanden seien. Kocht man nun einen
solchen normalen, in der verkehrten Reihenfolge mit den
Reagentien versetzten Harn, so bemerkt man schon bei
kurzem Aufkochen, dass die blaue Farbe nachlasst und
sich ein rotlicbgelber Farbenton beimengt. Hat man nicht
sehr viel Kupfersulfat hinzugegeben, so .verschwindet die
blaue Farbe bei kurzem Sieden vollstandig. Kocht man
einen mit reichlich Kupfer versetzten Harn etwas langer,
so tritt bei geeigneten Mischungsverh<nissen nach V;—1
Minute ziemlich plotzlich eine intensive Reduktion ein.
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330
Diabetes.
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so dass sich ein dicker Niederschlag von Oxydul bzw.
Oxydulhydrat abscheidet, wie man ibn bei richtig ange-
stellter lieaktion in Harnen mit mehreren Prozent Zucker
zu sehen gewohnt ist. Besonders schon verl&uft diese
Reduktion, wenn man im richti^en Moment mit dem Sieden
aufhort, so dass die eigentliche Abscheidung des Oxyduls
erst wiihrend des Erkaltens vor sich geht. Wesentlich
dafQr, dass der Vorgang sich so abspielt, wie es hier be-
schrieben wurde, ist, dass sowohl das Kupfersulfat als
auch die Natronlauge in bestimmten Mengen zugegeben
werden. Nimmt man zu wenig Kupfersulfatlosung, so
tritt nur Entf&rbung ohne nachherige Abscheidung von
Oxydul ein. Nimmt man zu viel Kupfersulfat, so dass
nicht alles Kupferoxydhydrat sich l6st, so tritt die Re¬
duktion ebenfalls nur undeutlich zutage. Aueh die Menge
der Natronlauge ist nicht gleichgiiltig. Verwendet man
5 ccm Harn, versetzt man dann mit (je nach der Kon-
zentration) 5—10 Tr. konzentrierter Kupfersulfatlosung
und dann mit 15—20 Tr. ca. 30%iger Natronlauge, so
wird man die Erscheinung mit jedem normalen Harn sich
vorfuhren konnen. Weshalb ich hier etwas ausfiihrlicher
auf diese Dinge zu sprechen komme, das ist der Umstand,
dass ich glaube, dass es durchaus im Bereiche der Wahr-
scheinlichkeit liegt, dass Praktiker, die keine grossere Er-
fahrung in chemischen Untersuchungen haben, durch Nicht-
beriicksichtigung dieser Fehlerquellen dazu kommen, Zucker-
harne zu diagnostizieren, wo es sich um nicht diabetische
Hame handelt. Allerdings mOssen ja zwei Fehler be-
gangen werden. Erstens der Zusatz der Reagentien in
der falschen Reihenfolge und zweitens das l&ngere Sieden.
Aber nachdem der erste Fehler begangen ist, wird 'das
auffallende Losungsvermogen des Harns im Kupferoxyd¬
hydrat und dann die Farbenveranderungen beim Erwarmen
leicht dazu veranlassen, den zweiten Fehler anzuschliessen.
Es lautet ja die Yorschrift, man solle den Harn nur bis
zum Sieden erwarmen, und es wird ausdrOcklich vor lan-
gerem Sieden gewarnt. Aber trotzdem geschieht das in
praxi h&ufiger. Bei richtiger Anstellung der Trommer-
schen Probe wird das im allgemeinen harmlos sein, weil
wegen des geringen Losungsvermogens fur Kupferoxyd¬
hydrat nur wenig Kupfersulfat hinzugegeben wird. Gibt
man dagegen einen betrachtlichen Ueberschuss von Kupfer
hinzu, etwa 5 Tr. konzentrierte Kupfersulfatlosung auf
5 ccm Harn, und kocht nun unbekOmmert um den Nieder¬
schlag von Kupferoxydhydrat langere Zeit (1—2 Minuten).
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Diabetes.
331
so bekommt. man ebenfalls energische Reduktion, so dass
sich ein dicker Oxydulniederschlag bildet. In praxi wird
dieser Fehler aber wohl selteri begangen werden. Bei
Zusatz der Reagentien in verkehrter Reihenfolge sind dem-
nach zwei Momente geeignet, T&uschungen zu veran-
lassen: erstens das grosse Lbsungsvermbgen des Harnes
fOr Kupferoxydhydrat und zweitens das nach verhaltnis-
m&ssig kurzer lvochdauer sich bemerkbar machende starke
Reduktionsvermogen. Es sei daher ausdrucklich davor
gewarnt, bei der Trommerschen Probe die Reagentien in
umgekehrter Reihenfolge anzuwenden. Ueberhaupt ist es
zweckmilssig, dem praktischen Arzt statt der Tromraer-
schen Probe in der alten Form die Verwendung der
Fehlingschen Mischung zu empfehlen. Die kleine Un-
bequemlichkeit, dass man die Kupfersulfatlbsung und die
alkalische Seignettesalzlosung getrennt aufbewahren muss,
um kurz vor dem Gebrauch gleiche Teile miteinander zu
vermischen, kann man ruhig mit in Kauf nehmen, wenn
man dadurch zu praktisch einwandfreiern Resultaten
kommt. Diese kleine Unbequemlichkeit ist bei der neuer-
dings vielfach empfohlenen Hainesschen Mischung ver-
mieden. Meine Erfahrungen mit der Hainesschen Mi¬
schung sind gute; es ist namentlich angenehm, dass man
nach der Hainesschen Vorschrift gleich eine meist aus-
reichende Schatzung fur die vorhandene Zuckermenge be¬
kommt. Die Haltbarkeit der Hainesschen Mischung
(2 g Kupfersulfat werden in 15 ccm Wasser gelbst, dann
mit 15 ccm Glyzerin und 150 ccm 5%iger Kalilauge
hinzugegeben) ist aber auch keine unbegrenzte. Nach
einiger Zeit scheidet sich spontan in der Kalte etwas
Oxydul ab. Man muss dann naturlich sich frische Mi¬
schung herstellen. Ich mache mir eine Losung von 20 g
Kupfersulfat in 150 ccm Wasser und eine grossere Menge
5°/oiger Kalilauge, so dass ich in kurzer Zeit die Mischung
erneuern kann, wenn die alte Mischung verdachtig ge-
WOrden ist. w S (Miinch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 5.)
_TJeber neurogenen D. ^'on Prof. C. v. No or den (Wien). Verf.
berichtet fiber folgenden interessanten Fall: „Der Pat. ist
ein 40jiihriger Handlungsgehilfe, aus neuropathisch stark
belasteter Familie stammend. Ein Bruder litt an Epilepsie
und starb an den Folgen einer schweren Verletzung, die
er sich im Anfalle zugezogen hatte. Der Yater war mehr-
fach wegen psychischer Depressionszustiinde in Nerven-
heilanstalten, verfiel dann, nachdem er im .Tahre 1907 als
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332
Diabetes.
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Jude von den Pogromen in Kussland schwer mitbetroffen
und finanziell ruiniert wurde, einer schweren Melancholie
und endete durch Selbstmord. Zwei Briider der Mutter
waren zuckerkrank; ob in schwerem oder leichtem Grade,
weiss der Pat. nicht anzugeben. Sie starben beide an der
Cholera. Der Pat. selbst war von Jugend auf neurasthe-
nisch; anfangs traten Herzbeschwerden in den Vordergrund,
mit 18 Jahren gait er als herzfehlerkrank. Doch zeigte
der Verlauf (das restlose Verschwinden aller Herzsymptome),
dass jene Annahme falscli war. Zwischen dem 23. und
28. Jahre war er ,magenkrank‘; er verlor stark an Korper-
gewicht. Vielfache Untersuchungen stellten wohl einen
leichten Grad von Magenatonie und etwas verringerte
Salzsaureproduktion fest, aber die ilbereinstimmende Dia¬
gnose der vielen Aerzte, die er konsultierte, lautete stets
,nerv6se Dyspepsie‘. Ich sah ihn damals, im Jahre 1900,
zum ersten Male, und es gelang durch sechswOchige di&-
tetische Behandlung, die Magenbeschwerden zu beseitigen
und gleichzeitig das Korpergewicht um zirka 8 kg zu
heben. Die Verdauungswerkzeuge blieben in vollerOrdnung,
und, von gelegentlichen Migr&neattacken und Perioden von
•schlechtem Schlaf abgesehen, erfreute sich der Pat. unter
behaglichen Lebensverhaltnissen, bei leichter Arbeit, die
er durch hguiige Erholungsreisen unterbrach, bis zum
Jahre 1907 einer befriedigenden Gesundheit. Als dann
mehrere Freunde unter den unsicheren heimischen Zu-
standen schwer zu leiden batten, kam es zu schwerer
Schlaflosigkeit, Appetitmangel, Abmagerung, hartnfickiger
Obstipation. Man untersuchte den Harn und fand 1,5%
Zucker. Der Pat. kam kurze Zeit darauf zu mir mit der
Diagnose der in der Ileimat konsultierten Aerzte, dass es
sich bier nach Massgabe der ganzen Anamnese und des
gegenwartigen sehr erregten Zustandes des Pat. zweifellos
um einen rein neurogenen D. handle. In der Tat
zeigte sich bei meinen Untersuchungen, dass eine stark
neurogene Komponente die Glykosurie beherrschte. Die
nachfolgende Tabelle belehrt ttber den Gang der Toleranz-
bestimmungen, fiber die Art der Ern&hrung und das Ver-
halten des Harnzuckers.
Erltiuterungen zu der Tabelle. Die Toleranz
ft\r Kohlehydrat erwies sich anfangs als betrachtlich. Erst
180 g Brot, auf dreimal verteilt, brachten eine leichte
Glykosurie (achter und neunter Tag), die am ersten Tage
der Brotverminderung wie gewohnlich noch nachschleppte
(zehnter Tag) und dann versehwand. Zwei Tage ohne
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Diabetes.
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Brot wurden eingeschaltet, und dann beschrankte sich die
Brotmenge auf 60 g, wovon der Pat. die H&lfte mittags,
die Halfte abends verzehrte, eine Anordnung, die ich bei
geringer Brotzufuhr in der Regel treffe, um den Organismus
mbglichst lange (vom Abend bis zum nSchsten Mittag)
vor Kohlehydrat zu bewahren. Das Allgemeinbefinden
war recht gut, das Kdrpergewicht stieg innerhalb der
ersten zwei Wochen von 62,3 kg auf 64,5 kg. Der Pat.
wiederbolte t&glich, dass seine nervose Erregtheit im
Schwinden sei und dass er ausgezeichnet schlafe.
Tag
Diat
Zuckermenge
im Tagesharn
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Strenge Di&t und dreimal 30 g Schrotbrot . .
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„ (4 g Bromkali)
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27.
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Azeton war
sich auch an
in kaum nachweisbaren Spuren vorhanden und erhob
den kohlehydratfreieo Tagen nicht iiber physiologische
Werte hinaus (Maximum 0,28 g Azeton).
Am Abend des 16. Tages hatte der Pat. einen leichten
Migraneanfall und darauf eine vOllig schlaflose Nacht.
Der Nachturin blieb frei von Zucker, aber der Vormittags-
liarn des folgenden Tages enthielt 3,6 g, ohne dass der
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Pat. Kolilehydrat verzehrt hatte. Sein Frfihstfick best and
aus einer Tasse leeren Tees und zwei Eiern; um 11 Uhr
hatte er eine Tasse Bouillon mit Knochenmark genommen,
der Nachmittagsharn war zuckerfrei; also eine Glykosurie,
die man schlechterdings nicht auf aliment&re Einflfisse
zurtickftihren konnte. Der Pat. hatte erst kurz vorher
Proben einer recht ansehnlichen alimentaren Toleranz ab-
gelegt. Es folgten wieder nach dem 18. und 19. Tage
zwei schlaflose Nachte ohne erkennbare Ursache, und beide
Male wiederholte sieh die Erscheinung einer Vormittags-
glykosurie ohne morgendliche Kohleliydx*atzufuhr. Am
19. Tage war der Nachmittagsurin vollig zuckerfrei, am
20. Tage enthielt der Nachmittagsurin noch quantitativ
nicht bestimmbare Spuren. Die schlaflosen Nachte hatten
den Pat. stark mitgenommen, der Appetit verminderte sich,
das Gewicht sank um l /s kg, er klagte fiber Durst und
gab an, er mfisse sicher wieder Zucker ausscheiden, er
habe dieselben Empfindungen wie frfiher zu Hause. Er
wusste nicht, dass seine Vermutung richtig war. Obwolil
ein alimentftrer Faktor bei diesem Anfall von Glykosurie
nicht mitzuspielen schien, verordnete ich der Vorsicht
wegen vom 22. Tage an vfillig kohlehydratfreie Diat; der
Zucker verschwand. Die Massregel schien gfinstig zu
vtirken, wenigstens war der Pat. sofort viel weniger erregt
und hatte zwei gute Nachte. Am Morgen des 24. Tages
erhielt er die ersten beunruhigenden Nachi’ichten aus seiner
Vaterstadt, er kam in grfisster Erregung und in Sorge um
das Schicksal seiner Familie zu mir gestfirzt. Eine sofort
untersuchte Harnprobe erwies sich als zuckerfrei (vor-
mittags 9 Uhr), dagegen wurde um 12 Uhr eine kleinc
Menge Harn mit l,2°/'o Zucker ausgeschieden, und diese
Glykosurie bestand trotz ganzlicher Kohlehydratentziehung
zwei Tage lang fort. Am 20. Tage liess ich ihn, um so
mehr als er inzwischen Nachricliten erhalten hatte, die
seine Befttrchtungen bestatigten, 4 g Bromkali nehmen.
Er schlief einen grossen Teil des Tages und ebenso in
der folgenden Nacht. Der Zucker verminderte sich schon
am Tage und verschwand in der Nacht vollstfindig. Auch
am 27. Tage, an dem er gleichfalls unter Bromkaliwirkung
stand, war kein Zucker im Harn. Am Abend dieses Tages
reiste er nach Hause ab. Aus dieser Beobachtung lernen
wir vor allem zwei Tatsachen:
1. Schlaflose Nachte kfinnen bei neuropathisch ver-
anlagten Diabetikern eine in weiten Grenzen von der
Nahrungunabhangige Glykosurie nach sich ziehen. Dieser
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Fall stellt keineswegs eine seltene Ausnalime dar. Ich
bin der gleichen Erscheinung oft begegnet, und man wird
sie leicht bestatigen konnen, wenn man den Harn lifters
am Tage untersucht. In der 24sthndigen Tagesmenge
des vereinigten Harns konnen kleine Zuckermengen, die
nur in einer oder zwei Harnportionen enthalten waren,
der Analyse leicht entgehen. Zum mindesten wird man
aus der Analyse des ganzen Tagesharns nicht erkennen,
ob im besonderen Falle neben der Ernahrungsform noch
andere Faktoren die Glykosurie beherrschen. Bemerkens-
wert ist, und auch dies wiederholt sich in zahlreichen
Fallen meiner Beobachtung, dass der in der schlaflosen
Nacht produzierte und morgens entleerte Urin vollig zucker-
frei sein kann und dass der Zucker erst in den darauf
folgenden Stunden auftritt. Ich kenne viele Diabetiker,
die mittags und abends ganz ansehnliche Mengen von
Kohlehydrat vertragen, morgens und vormittags aber auf
die kleinsten Mengen von Kohlehydrat mit Glykosurie re-
agieren. Das waren alles schlechte Schlafer.
2. Eine starke psychische Erregung erzeugte bei dem
Pat., der kurz vorher noch 150 g Brot ohne glykosurischen
Effekt vertragen hatte, trotz volliger Entziehung von Kohle¬
hydrat eine betrachtliche Zuckerausscheidung. Der neur¬
ogene Faktor war bei diesem Diabetiker starker als der
aliment are. Ich habe schon in meiner Monographic liber
Zuckerkrankheit, in Erganzung alterer Beobachtungen,
mehrere solcher Falle aus eigner Erfahrung erwahnt.
Aber war der Pat. iiberhaupt ein Diabetiker im eigent-
lichen Sinne des Wortes? Es. erhoben sich dariiber sofort
Meinungsverschiedenheiten. Als ich dem Hausarzt des
Pat. uber die oben mitgeteilten Beobachtungen schrieb,
antwortete er mir, dass dieselben seine Diagnose, es handle
sich nur um eine nervose Glykosurie und man habe keinen
echten D. zu befiirchten, glanzend hestaligen. Ich war
anderer Ansicht, denn:
Erstens hatte sich doch eine von nervosen Einflussen
anscheinend unabhangige Verminderung der normalen
Toleranz nachweisen lassen. Allerdings hatte es ziemlich
grosser Kohlehydratmengen bedurft, um sie zu erkennen
(achter und neunter Tag). Eine solche Verminderung
der alimentaren Toleranz ist aber stets verdachtig, auch
wenn sie noch so unbedeutend ist. Sie wird, wenn gering,
in der Praxis leider oft ubersehen, da sie nur unter
systematischer, scharf kontrollierter Beobachtung nacli-
Gck 'gle
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zuweisen ist. Die T&uschung racht sich meist bitter in
der Zukunft.
Zweitens stehe ich, wie ich an anderer Stelle begrtin-
dete, durchaus auf dem Standpunkt, dass es zwar gelegent-
liche neurogene Glykosurien bei Leuten gibt, die niemals
echte Diabetiker werden, und dass in manchen Fallen von
D., wie z. B. hier zu gewissen Zeiten der neurogene Faktor
der Glykosurie starker hervortritt als der alimentare.
Wenn es aber nicht bei einer nur einmaligen transitorischen
neurogenen Glykosurie bleibt, sondern wenn immer aufs
neue psychische Alterationen Zucker in den Harn treiben,
hat man nicht poehr das Recht, zu glauben, dass nur der
Nervenreiz (beziehungsweise Erregung des chromaffinen
Systems, Adrenalinwirkung) eine sonst vollig normale
Zuckerbildung zur Ueberproduktion steigere, sondern es
muss dann schon Abschwachung der physiologischen Kon-
trolle fiber die Zuckerbildung des Organismus vorhanden
sein. Nach dem heutigen Stand der Kenntnisse haben
wir die Ursache hierffir stets in Insuffizienz des Pankreas
zu suchen, eine Insuffizienz, die vielleicht auf die Dauer
sehr gering und fast gleichgttltig bleiben kann, die aber
auch die Gefahr der Yerschlimmerung in sich tragt. Ich
habe von jeher den angeblich rein neurogenen Glykosurien
die grosste Aufmerksamkeit geschenkt und muss leider
sagen, dass in einer erschreckend grossen Zahl von Fallen
aus der ,neurogenen Glykosurie 1 spater ein echter D. wurde.
Yon diesen Gesichtspunkten aus gab ich dem Pat.
den Rat, die Kohlehydrate wesentlich zu beschranken. Ich
erlaubte ihm taglich 100 g Schrotbrot und verordnete ihm
in jeder Woche einen strengen, kohlehydratfreien Tag.
Der Pat. befolgte dies etwa ein Jahr lang gewissenhaft;
es wurden in dieser Zeit keine Harnuntersuchungen gemacht.
Der Pat. hatte seiner veranderten finanziellen Verhaltnisse
halber und infolge des Todes seines Yaters eine bescheidene
Stellung als Handlungsgehilfe annehmen mfissen. Das
Allgemeinbefinden war aber gut, und auch die nervfise
Erregtheit war wesentlich gebessert. Nach einem Jahre
ergaben zwei Harnanalysen vollig zuckerfreien Harn. Auf
Rat seines Hausarztes ging der Pat. jetzt wieder zu ge-
mischter Kost fiber und nahm auch Zucker in massigen
Mengen. Weitere Harnuntersuchungen wurden ffir unnotig
erklart. Er gait als vollig genesen. Ende 1909 meldeten
sich ziehende Schmerzen in den Waden, bald darauf
starker Durst. Im Januar 1910 ergab eine Analyse des
Urins 5,6°/o Zucker; das Kfirpergewicht war inzwischen.
Go^ 'gle
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Diabetes.
337
ohne dass der Pat. darauf geachtet hatte, um 4 kg ge-
sunken. Der Versuch, durch eine ahnliche Kostordnung,
wie er sie im Jahre 1907 unter meiner Aufsicht durch-
gemacht hatte, zu Hause einen Erfolg zu erzielen, brachte
zwar Sinken des Zuckers auf 2—3°/o, erzeugte aber auch
Starke Azetonurie, so dass man die Kohlehydrate bald
wieder steigerte und nun mit alien mdglichen Tranken,
Pillen, Tabletten, die sich gegen D. in den Zeitungen
anpriesen, der Sache Herr zu' werden suchte. Natilrlich
ohne Erfolg. Vor kurzem kam der inzwischen stark ab*
gemagerte Pat. hierher, und jetzt haben wir einen typischen
Fall von schwerem D. vor uns. Bei einer Kost,
die neben kohlenhydratfreien Speisen zweimal am Tage
je 30 g Schrotbrot zuffihrte, war er vor vier Jahren zucker-
frei geblieben; jetzt scheidet er bei gleicher Diat zwischen
80 und 90 g Zucker aus. Einfache Entziehung der Kohle¬
hydrate vermindert den Zucker nur auf 20—30 g, an
Gemtisetagen werden noch 8 —12 g ausgeschieden. Im
Harn finden sich 1—2 g Azeton. Oxybuttersaure ist leicht
nachweisbar. Dieser Gang der Dinge bestatigte durchaus
die im Anschluss an die fr&here Beobachtung geausserte
Befiirchtung, dass es sich schon damals um einen keimenden
echten D. handelte. Ob jetzt neben dem die Zucker-
produktion zweifellos beherrschenden alimentaren Faktor
ein neurogener Faktor auf die IlOhe der Glykosurie ein-
wirkt oder nicht, lasst sich kaum mehr nachweisen. Wir
achteten darauf, ob Schlaflosigkeit die Zuckerausscheidung
beeinflusst. FrOher war dies recht deutlich, jetzt nicht
mehr; denn an den Yormittagen nach schlaflosen Nachten
haben wir bald mehr, bald weniger Zucker gefunden als
unter gleicher Diat nach guten Nachten. Dies stimmt mit
der gewbhnlichenErfahrung, dass die neurogene Komponente
der Glykosurie um so undeutlicher wird, je mehr die
Krankheit voranschreitet. Was hat hier die Verschlimmerung
verui’sacht? Handelte es sich nur um eine vereinzelte
Beobachtung, so konnte man es vielleicht als Zufall be-
zeichnen, dass der Ausbruch des typischen D., nach
langem Wohlergehen, dem unbedachten Preisgeben aller
diatetischen Yorsichtsmassregeln folgte. Aber dem einen
Beispiel liessen sich gar viele an die Seite stellen, und
angesichts der gehauften Erfahrung ware es eine unrichtige,
den unzweckmassigen arztlichen Rat nur beschbnigende
Ausrede, wenn wir den Gang der Dinge als Spiel des
Zufalls deuteten. Es ist hier ein Irrtum begangen worden,
der in der Praxis ausserst haufig vorkommt. Es ward
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Diabetes.
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ohne jede weitere Kontrolle, nur weil einige zudkerfreie
Analysen vorlagen, alle Vorsiclit iiber den Haufen ge-
worfen. Vor Erweiterung der Kost batten sorgfaltige neue
Toleranzbestimmungen gemacht werden mQssen. Man
glaubte sich um so mehr zur Gestattung der gewbhnlichen
gemischten Diat berechtigt, ' als man irrtumlicherweise
von der vorgefassten Meinung ausging, dass die fruhere
Glykosurie nur eine „nerv6se“ gewesen sei. Natiirlich
kann niemand behaupten. dass der Pat. bei vorsichtigerer
Diat auf die Dauer vor Yerschlimmerung der Glykosurie
und vor dem Uebergang der anfangs transitorischen Zucker-
ausscheidung in echten D. bewahrt geblieben ware.
Ich halte es in diesem Falle sogar fttr unwahrscheinlich;
aber ein starkes Hinauszogern der Versclilimmerung und
wohl auch des Ueberganges in die schwere Form hatte
sich durch vorsichtige diatetische Massregeln doch wohl
sicher erreichen lassen. Ich kann, nach meiner Kenntnis
des wirklichen Ganges der Dinge, nur raten:
1. Jede sogenannte neurogene Glykosurie als Vor-
boten und Warnungssignal eines spateren echten D.
dringend verdachtig zu halten.
2. In jedem derartigen Falle genaue Kenntnis Tiber
die wahre Toleranzgrenze »fiir Kohlehydrat sich zu ver-
schaffen und jeder diatetischen Ueberschreitung vorzubeugen.
Ein Regime, das keine wesentlichen Opfer verlangt, lasst
sich in jedem solcher Falle leicht. finden.
Wenn man sich diesen Standpunkt aneignet, wird man
vielleicht einzelnen Personen grossere Kostbeschrankungen
auferlegen, als unbedingt nbtig ist; man wird ihnen aber
nicht schaden und man wird eine grosse Menge von
Personen vor den Folgen einer durch allzugrossen Optimis-
mus verursachten Naclilassigkeit bewahren. Aber auch
jenes, das heisst unnbtige Kostbeschrankungen lassen sich
vermeiden, wenn man die Pat. zu sorgfaltigen, 6fters
wiederholten Toleranzbestimmungen anhalt.
(Medizin. Kliuik 1912 Nr. 1.)
— Ueber Diabetikerbrote schreibt Prof. Dr. H. Strauss (Berlin):
„Von der Redaktion dieser Zeitschrift auf Grund einer
an sie ergangenen Anfrage aufgefordert, micli hier Ober
Diabetikerbrote und ihre Herstellung zu aussern, kann ich
mein Urteil kurz in den Satz fassen: Spezielle Diabetiker¬
brote sind fiir die Mehrzahl der Falle nicht notwendig
und auch nicht immer zweekmassig. Sie sind nicht not¬
wendig, falls man Schwarzbrot (bzw. Kommissbrot oder
Go^ 'gle
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Diabetes.
339
Pumpernickel) statt Weissbrot verabfolgt, denn das Schwarz-
brot enthalt im Durchschnitt etwa 50% Kohlehydrat,
wahrend das Weissbrot im Durchschnitt etwa 10% mehr
Kohlehydrate enthalt. Ausserdem wird es — was ffir den
vorliegenden Fall gar nicht unerwtinscht ist — sclilechter
resorbiert als das Weissbrot. Dazu kommt noch, dass die
Mehrzahl der Pat. fiber kurz oder lang an dem eigen-
artigen Geschmack der meisten Diabetikerbrote Anstoss
nimmt und wieder zum gewohnlichen Brote zurfickkehrt.
Diabetikerbrote sind auch nicht immer zweckmassig, weil
der Ausdruck Diabetikerbrot bei vielen Pat. die Vorstellung
erweckt, als wenn diese Brote absolut kohlehydratfrei waren
und infolgedessen in beliebiger Menge genossen werden
dtirften. Letzteres ist aber keineswegs der Fall, denn
zahlreiche Diabetikerbrote besitzen einen Kohlehydratgehalt,
der nicht gar zu viel hinter demjenigen des Schwarzbrotes
zurficksteht. Die Angaben der Fabrikanten sind nicht
immer zuverl&ssig, und auch die Analysen, die von ver-
schiedenen Autoren voi'genommen wurden — Janney
(Untersuchung einiger Diabetikergebftcke des Handels.
Mfinch. med. Wochenschr. 1910 Nr. 40) hat zuletzt fiber
solche Analysen berichtet und fiber die einschlSgige Literatur
referiert — haben nicht immer zu gleichlautenden Ergeb-
nissen geffihrt. Immerhin konnen wir so viel sagen, dass
Diabetikerbrote, wie z. B. das Kleberbrot, das Doppel-
porterbrot, das Conglutinbrot sowie KleberzwiebScke,
Doppelporterzwiebacke, Rademann’s Diabetikerzwiebacke
und Diabetikerkakes auch nach den Analysen arztlicher
Autoren (v. Noorden, Magnus-Levy, Janney) mehr
als 30°/o Kohlehydrate enthalten. Einen geringeren Gehalt
sollen das Aleuronatbrot von Ebstein (27°/o), das Doppel-
Roborat-Diabetikerweissbrot von Gumpert (27°/o), das
Dreifachporterbrot von Gericke (20°/o), das Doppel-
Roborat-Diabetikerschwarzbrot von Gumpert (18°/o), das
Lithonbrot von Rademann (18°/o), das Lithonbrot von
Fromm (15%), das Sifarbrot von Gericke (12%), sowie
ferner das Roborat-Ultrabrot von Gumpert (7%) haben.
Von den Luft- und Mandelbroten soli hier nicht die Rede
sein, ebenso auch nicht von den Diabetikerzwiebacken,
Diabetikerstangen und Diabetikermakronen, da sich diese
in ihrem Geschmack vielfach zu weit von dem entfernen,
was man Brot zu nennen gewohnt ist und infolgedessen
im allgemeinen nur ffir relativ kurze Zeitperioden in Frage
kommen kfinnen. Vor die Alternative gestellt, fiir die
Dauerernahrung entweder ein Diabetikerbrot oder das
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
340
Diabetes.
Schwarzbrot zu wahlen und sich bei der Wahl-des letzteren
mit einer geringeren Brotmenge zu begnugen, entscheidet
sich erfahrungsgem&ss die Mebrzahl der Diabetiker fQr
das Schwarzbrot. Die Entscheidung fQr das Schwarzbrot
fellt den Pat. in der Regel um so leichter, je mehr sie
sich daran gewOhnt haben, mit der Verwendung des Brotes
okonomisch umzugehen, d. h. das Brot nnr in dOnnen
Scheiben zu geniessen. Denn es ist eine alte Erfahrung.
dass beim Genuss des Brotes nicht nur der Gaumen,
sondern auch das Auge mitspricht, insofern al$ das Geffihl
der Befriedigung des „Brothungers“ oft mehr von der
Ausdehnung der Brotscheiben in der Richtung der Breite
als in der Richtung der Dicke abhSngt. Diabetiker brot*
sind von den verschiedensten Quellen leicht zu beziehen
(Rademann-Frankfurt bzw. Berlin, Gumpert-Berlin.
Gerick e-Potsdam, Fromm-KOtzschenbroda u. a.), und es
ist heutzutage nur selten notig, dass Diabetikergebacke im
Haushalt des Pat. hergestellt werden. Far den letzteren
Fall dOrften folgende Y orschriften einer Empfehlung wert sein:
Schwarzbrot I (nach v. Winckler). 500 g Aleuronat-
mischung (gleiche Teile von Aleuronat und Roggenmehl)
gibt man in eine erwarmte SchOssel, macht in der Mitte
des Mehles eine Vertiefung, in der man mit sechs Ess-
lOffel voll aufgeloster Presshefe und % Liter lauwarmer
Milch raittels eines kleinen HolzlOffels einen feinen Teig
anrOhrt, ohne das Mehl ringsherum hineinzuarbeiten.
Wenn nun diese Hefe auf dem warmen Herd aufgegangen
ist, gibt man zwei ganze Eier, drei Kaffeeldffel voll Salz
und einen gehSuften Kaffeeldffel voll gestossenes Brot-
gewllrz — Piement, Koriander und Fenchel — in den
Teig, klopft ihn mit ' 4 Liter lauwarmer Milch tQchtig ab
und lasst ihn in der Rube des warmen Ofens noch recht
gut aufgehen. Alsdann formt man zwei gleichgrosse
Wecken daraus, streicht diese mit kalter Milch und b§ckt
sie im gutgeheizten Rohre auf einem gewachsten Kuchen-
blech ungefahr 30—50 Minuten. Wahrend des Backens
muss das Brot wiederholt mit kalter Milch bestrichen werden.
Schwarzbrot H (nach v. Winckler). Ingredienzien:
acht EsslOffel voll Aleuronatmischung (gleiche Teile von
Aleuronat- und Roggenmehl), ein Packchen Oetkers Back-
pulver, ein Kaffeeloffcl voll Salz, zwei Eier, ein Xaffee-
l 5 ffel voll gestossenes BrotgewOrz (cf. oben) und kaltes
Wasser oder kalte Milch. (Behandlung wie nachstehend.)
Weissbrot(nachv.Winckler). AchtEssldffelAleuronat¬
mischung (gleiche Teile Aleuronat und Weizenmehl), ein
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Original fro-rri
wji vtK L .ii 1 Vdftttcfit
Diabetes — Gonorrhoe.
341
P&ckchen Oetkers Backpulver und einen schwachen Kaffee-
lOffel voll Salz mischt man gut durcheinander, gibt zwei
ganze Eier darunter und klopft diese Masse mit etwas
kalter Milch gut ab, gibt den Teig auf ein Brett, arbeitet
ihn noch durch und formt acht gleichgrosse runde BrSt-
chen davon. In den acht Rundungen einer Ochsenaugen-
pfanne l&sst man je einen Essloffel voll zerlassener Butter
heiss werden, gibt die Brbtchen hinein und biickt sie in
gutgeheizter Bratenrohre auf beiden Seiten schbn braunlich.
Will man fiir eine gewisse Zeit oder fttr gewisse
Zwecke so z. B. als eine Art Teegeb&ck Mandelbrot ver-
abreichen, so dQrfte sich folgende Vorschrift empfehlen:
Mandelbrot (nach Seegen). 125 g geschalte und
fein zerriebene Mandeln werden in einen Leinenbeutel getan
und */i Stunde lang in siedendem Wasser gebrQht, dem
man noch einige Tropfen EssigsSure zugesetzt hat. Das
letztere geschieht, um den in den Mandeln enthaltenen
Zucker noch mbglichst zu entfernen. Hierauf vermischt
man die Masse innig mit 125 g Butter und zwei ganzen
Eiern. Hierzu fflgt man das Gelbe von drei Eiern und
etwas Salz und rGhrt lange und kraftig um. Yon dem
Eiweiss der drei Eier wird feiner Schaum geschlagen und
derselbe ebenfalls an den Teig gerOlirt. Das Ganze kommt
in eine mit Fett gutausgestrichene Form und wird bei
massigem Feuer gebacken.
FQr die Herstellung von Schwarzbrot empfiehlt es
sich, reichlich von KOmmel und ahnlichen auf den Geschmack
wirkenden Substanzen Gebrauch zu machen, die uns intensiv
an das gewohnte Brot erinnern und dadurch einen fremd-
artigen Geschmack bis zu einem gewissen Grade zu ver-
decken vermogen. Weissbrot kann man durch Bestreuen
mit Mohn zuweilen schmackhafter machen. “
(Zeitschrift f. arztl. Fortbilduug 1911 Nr. 24.)
Gonorrhoe. Znr Behan dlung der Cystitis mit Diplosal.
Von Dr. A. Schwenk. Verf. hat das Medikament bei
Pyelitis, Cystitis, Urethritis nichtgonorrhoischen und gonor-
rhoischen Ursprunges, im akuten wie im chronischen Stadium
angewandt. Ueber Stbrungen von seiten des Magen- und
Darmkanals, wie Uebelkeit, Erbrechen oder Diarrhoe,
hatten die Pat. nicht zu klagen; sie nehmen Diplosal gern
ohne jeden Widerwillen. Schadliche Nebenwirkungen auf
Herz und Nieren hat Verf. nicht beobachtet. In Fallen
von chronischer Cystitis bei Prostatahypertrophie, wo die
anderen gebrauchlichen Antiseptika im Stiche liessen, half
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342
Gonorrhoe.
Diplosal sehr hliufig in frappanter Weise. Unter dem
Gebrauche klarte sich der vorher sehr stark getrllbte Urin
zusehends; Hand in Hand damit ging die snbjektive
Besserung im Befinden der Kranken. Ebenso empfehlens-
wert scheint das Praparat bei akuter Urethrocystitis gonor-
rhoica; der lastige Harndrang l&sst bald nach, und der
Urin wird nach nicht langer Zeit klar. Sehr gern gab
Verf. bei akuter Gonorrhoe der vorderen Harnrohre
prophylaktisch das Diplosal, urn ein Weiterfortschreiten
des gonorrhoischen Prozesses auf die oberen Partien des
Harnapparates zu verhindern. Chronische, nichtgonor-
rhoische Urethritiden, Kolipyelitis und Kolicystitis, ja sogar
tuberkulOse Cystitiden wurden von Diplosal Susserst gQnstig
beeinflusst. Das Praparat verdient das Interesse der
Urologen. (Dermatolog. Wochenschrift 19X2 Nr. 3.)
— A. Hbrder, Frophylaxe und Therapie der Ophthalmo-
blennorrhoe der Neugeborenen. (Aus der geburtshilfl.
Abteilung des stadt. Krankenhauses Charlottenburg.) Man
verwendete das Sophol in den letzten Jahren, und zwar
seit dem 1. Dezember 1907, und hat mit ihm recht gnte
Resultate erzielt, wie sie durch folgende Zusammenstellung
erlautert werden:
Zeit
a
©
00 ®
tSJO
u
©
■H •
H ® .
©
■dop
afw
%
£
%
©
• ,x3
p
M
°/o
Spatii
spe-
zifisch
°/o
ifektion
nicht
spe-
zinsch
°/o
Summe
*
°/o
1. XII. 07—31. XII. 08
518
498
0=0
12=2,4
3=0,6
24=4,8
39=7,8
1. I. 09—81. XII. 09
663
624
0=0
10=1,6
1=0,1
26=4,1
37=5,8
1. I. 10-31.XII. 10
672
635
0=0
17=2,6
3=0,4
26=4,1
46=7,1
Summe
1 1853 1757
o=o|
39=2,2|
7=0,3
76 4,4
122=6,9
Unter den 1757 mit 5%igem Sophol prophylaktisch
behandelten Kindern wurde also nicht ein einziger Fall
von Friihinfektion beobachtet. Behandelt wurden die
Konjunktivitiden mit der seinerzeit von Adam empfohlenen
Blenolenizetsalbe, einer Verbindung von Lenizet und
Euvaselin in 10- und 5°/oiger Konzentration. Die 10°/oige
Salbe wurde anfangs in zweistGndlichen, bei Nachlass der
Sekretion in dreisttindlichen Intervallen unter die Lider
gebracht. In der Zwischenzeit erfolgten Kuhlungen mit
kalten Borlappchen. Handelte es sich um Gonokokken-
infektion, so kam hierzu noch ein ttigliches Eintraufeln
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Gonorrhoe.
343
einer 2°/oigen Arg. nitr.-Lbsung, das beim Nachlass der
Sekretion einen ilber den anderen Tag und mit schw&cheren
(l°/oigen, V*%igen) Lbsungen fortgesetzt wurde.
(Mttnch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 31.)
— TTeber eine nene Behandlnngsart der Epididymitis and Ar¬
thritis gonorrhoica. Yon Dr. E. Braendle. Durch die
Beobachtungen'von Asch, Gemmerich und Hammonic
angeregt, hat man an der Dermatologischen Abteilung des
Allei’heiligenhospitals zu Breslau bei Komplikationen im
Yerlaufe der G. Injektionen mit elektrischen Kolloid-
metallen — Elektrargol *) und Fulmargin v ) — versucht.
Die Beobaehtungen erstrecken sich auf 73 Falle. 56 Falle
von Epididymitis und 17 Falle von Arthritis gonorrhoica.
Das Elektrargol beziehungsweise Fulmargin wurde teils
subkutan, teils intramuskular, teils in den Ki’ankheitsherd
selbst injiziert. Es sei betont, dass die intramuskulftren
Injektionen am meisten zu empfehlen sind. Yon den sub-
kutanen Injektionen wurde ganz abgekommen, da sie etwas
schmerzhafter sind als die intramuskulflren und da in
einem Fall Nekrosen an den Injektionsstellen resultierten.
Was zunachst die Resultate bei der Behandlung der Ar¬
thritis gonorrhoica anbelangt, so wurden vor allem bei
den akuten Formen des gonorrhoischen Gelenkrheuma-
tismus gute Erfolge von den Injektionen mit Elektrargol
gesehen. Man injizierte bei diesen Fallen intraglut&al 10 ccm
der Fltissigkeit. Die Injektionen werden nach Bedarf bei
etwas hartnfickigeren Fallen jeden zweiten bis dritten Tag
wiederholt, sie sind schmerzlos und werden gut vertragen.
Schadliche Nebenwirkungen wurden nie beobachtet. Was
die Wirkung der Injektionen anbelangt, so ist bei vor-
handenem Fieber gewohnlich eine deutliche Temperatur-
abnahme zu konstatieren. Bei den akuten Formen des
gonorrhoischen Rheumatismus ist auch sehr haufig ein
eklatanter Riickgang der Gelenkschwellung und Abnahme
der Schmerzen zu verzeichnen. Ist der Ruckgang der
Erkrankung nicht so prompt, so konnen die Injektionen
je nachdem jeden zweiten bis dritten Tag wiederholt werden.
NatGrlich geht neben dieser Injektionsbehandlung eine
lokale Behandlung der erkrankten Gelenke einher. Bei
Epididymitis gonorrhoica wurde ebenfalls das Elektrargol
beziehungsweise Fulmargin angewandt, und zwar in
*) Firma Clin in Paris.
*) Chem. Laboratorium Rosenberg in Charlottenburg.
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344
Gonorrhoe.
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56 Fallen. Die Anwendungsart war folgende: Bei akuter
Epididymitis gonorrhoica mit Temperatursteigerungen wurde
zunachst 5 ccm, in letzter Zeit immer sofort 10 ccm Elektrar-
gol intramuskul&r in die Glutaen injiziert. Die Injektionen
sind fast ganz schmerzlos. Empfindliche Pat. klagen fiber
geringe Injektionsschmerzen, die aber nur wenige Minuten
anhalten. Daraufhin ist gewohnlich ein Ruckgang der
Temperatur zu beobachten. Sehr haufig tritt auch eine
Abnalime der entzfindlicben Schwellungen und ein RGck-
gang der Schmerzhaftigkeit ein. Diese Abnahme der
Sehmerzhaftigkeit tritt schon nach wenigen Stunden ein.
Die Pat. gaben in der Mehrzahl an, dass sie einige Stunden
nach der Einspritzung einen deutlichen Ruckgang der
schmerzhaften Spannung im Hoden bemerkt batten. Diese
intramuskul&ren Injektionen konnen eventuell tags darauf
noch einmal wiederholt werden. Bei zu langsamem Rflck-
, gange der Epididymitis wurde auf die gfinstigen Erfah-
rungen von Asch und Hammonic hin noch in die
Substanz des Nebenhodens selbst eine Elektrargolinjektion
gemacht, und zwar gewfihnlich 1 ccm. Die Technik der
Injektion ist einfach. Die Skrotalhaut fiber der Cauda
des Nebenhodens wird mit Jodtinktur eingepinselt. Die
mit einer feinen, kurzen Kanfile armierte Pravazsche
Spritze wird mit einem kurzen Stosse — LokalanSsthesie
ist unnfitig, da der Einstich nicht besonders sclimerzhaft
ist — in die Cauda des Nebenhodens eingestochen, die
Lfisung wird ganz langsam injiziert. Die Pat. geben
grdsstenteils an, dass die mSssigen Schmerzen nach der
Einspritzung, die sich vor allem durch ein Ziehen im
Hoden und Samenstrang fiussern, 2—3 Stunden anhalten;
daraufhin tritt aber ein deutlicher Rfickgang der Schmerz¬
haftigkeit ein. Der rasche Rfickgang der Schmerzen be-
ruht wohl zum Teil auf einer durch den Einstich bedingten
Entspannung der im entzfindlichen Stadium prall gespannten
Tunica vaginalis. Gfinstiger als die Punktion allein wirkt
nach den neueren Beobachtungen die naclifolgende Injektion
von 1 ccm Elektrargol in die Substanz des Nebenhodens.
Dadurch wird die Resorption des pathologisclien Infiltrats
im Nebenhoden beschleunigt. Kurz, der ganze Krankheits-
prozess wird abgekfirzt, und die Pat. sind viel frfiher
wieder arbeitsf&hig.
Auch Yerf. konnte diese gbnstige Beeinflussung der
Epididymitis gonorrhoica beobachten, aber nur bei den
akuten Formen mit stark entzfindlichen Erscheinungen, bei
den chronischen Formen war eine derartig gunstige Be-
Got igle
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■‘ SR5 I T¥ - 9 F-MHE
Gonorrhoe.
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einfluasung, wie sie Asch beschreibt, nicht zu beobachten.
Immerhin war auch hier noch in manchen Fallen eine
raschere Resorption des Infiltrats zu konstatieren, als wir
sie bei unsern sonstigen therapeutischen Massnahmen zu
sehen gewohnt sind. Einige Falle waren zu beobachten,
die weniger gtlnstig' auf diese lokale Elektrargolinjektion
reagierten. Die Ursache konnte man sich nicht erklaren.
Es bedarf wohl kaum der Betonung, dass sofort nach der
Injektion die sonSt (ibliche Therapie der Epididymitis vor-
genommen wird. Als bestes Therapeutikum erweist sich
auch hier die Hitze. An der Dermatologischen Abteilung
des Allerheiligenhospitals bekommen die Pat. japanische
Warmedosen aufgelegt, die sehr praktisch sind und die
sich sehr bewahrt haben. Eisbeutel wendet man gar nicht
mehr an. Zur rascheren Resorption des Infiltrats wird
das Skrotum noch ausserdem mit Unguentum Kalii jodati
eingerieben. Mit diesen Mitteln kommt man im allgemeinen
vollstandig durch. Es sei betont, dass man bei akuter.
Epididymitis jede Lokalbehandlung der Urethritis unterlasse
und nur interne Mittel gebe: Gonosan, Capsulae olei san-
tali geloduratae. Es ist bekannt, dass bei der Epididymitis
die Reglung des Stuhlgangs nicht ausser acht gelassen
werden darf. Infolge des raschen Rttekganges der Epidi¬
dymitis, wie 'Yerf. sie jetzt haufig auf die Elektrargol¬
injektion hin beobachtet, sind die Pat. viel weniger lange
beziehungsweise tiberhaupt nicht bettlagerig. Diejenigen
Pat., die aus ausseren GrOnden nicht der Bettruhe pflegen
konnen, erhalten einen Suspensoriumverband, der folgender-
massen angelegt wird: Zunachst wird die Skrotalhaut
messerrflckendick mit einfacher Vaseline oder Naftalan
eingefettet; in das Suspensorium kommt eine fingerdicke
Lage Schafwollwatte. Nun wird das Suspensorium dem
Pat. stramm angezogen. Wird dieser Verband richtig an¬
gelegt, so sind selbst Pat., die noch starke Sclimerzen in-
folge ihrer Epididymitis hatten und bettlagerig waren,
imstande aufzustehen und zu leichter Arbeit faliig. Resume:
In jedem Falle von akuter Arthritis und Epididymitis
gonorrhoica sind intramuskulare Elektrargol- beziehungs¬
weise Fulmargininjektionen in der Menge von 10 ccm zu
empfehlen. Bei hartnackigen Fallen von Epididymitis kann
eventuell noch in die Substanz des Nebenliodens selbst
1 ccm Elektrargol injiziert werden. Chronische Falle von
Arthritis gonorrhoica lassen sich teilweise durch Rdntgen-
strahlenbehandlung giinstig beeinflussen.
(Melizin. Kliuik 1912 Nr. 11.)
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Gonorrhoe — Mastitis.
— Ueber den Wert dee Allosans in der Praxis. Von Dr.F.Wolff
(Berlin). Das Auffalligste bei alien Fallen war, dass bei
keinem der Pat. infolge des Allosans unangenehme Neben-
erscheinungen auftraten. Es fiel ferner auf, dass sich bei
der Behandlung mit Allosan die Dauer des Ausflusses und
der TrQbung des Urins wesentlich verkttrzte und dass
Schmerzen bei der Miktion und bei den nachtlichen Erek-
tionen fast stets wenige Tage nach dem Gebrauch des
Allosans aufhbrten. Nach alledem kann Yerf. aus seiner
Erfahrung heraus die Behandlung der akuten und sub-
chronischen Gonorrhoea ant. und post, mit Allosan aufs
wfirmste empfehlen, zumal wir bisher trotz der Ueber-
schwemmung des pliarmazeutischen Marktes mit antigonor-
rhoischen Mitteln mit der internen Medikation keine allzu
grossen Erfolge aufzuweisen hattep.
(Die Therapie der Gegenwart, Febraar 1912.)
Mastitis. Ein Beitrag znr Behandlung der Brostdrtlsen-
entzdndnng mit Bierscher Sangglocke. Von Dr.Wacla v
. v. Biehler, Ordinarius der chirurgischen Klinik im Kindlein-
Jesu-Krankenhaus in Warschau. Autor schreibt: „Seit
dem Jahre 1906 habe ich, genau den Vorechriften von
Klapp folgend, 89 F&lle von Brustdrilsenentztindung mit
Bierscher Saugglocke behandelt. Wie allgemein bekannt,
unterscheiden wir folgende Formen von Brustdrhsen-
entziindung. Wenn die Brustdriisenhaut gerbtet ist, sehr
empfindlich auf Druck und die Achseldriisen geschwollen
sind, wenn die Krankheit nur kurze Zeit dauert und aus
der Warze sich reine Milch herauspressen lasst, dann
haben wir es mit einer oberflachlichenLymphwegeentzftndung
zu tun. Diese Form finden wir am meisten vor bei Erst-
gebarenden, und sie wird hervorgerufen durch Risse an
der Warze. Die zweite Form ist die tiefe Lymphwege-
entzQndung, welche am h&ufigsten, als eine Komplikation
der ersten, auftritt. Durch die Lymphwege, welche sich
um die Warze befinden und die tiefen mit den oberfl&ch-
lichen verbinden, gelangt die Entzundung weiter in die
Tiefe. Weiterhin unterscheiden wir eine reine Entzundung
der Milchwege ohne Eiterabsonderung; dieselbe fSngt
plbtzlich mit alien Symptomen einer Infektion an. Bei
der Untersuchung finden wir einen sehr schmerzhaften
Tumor, so dass die Kranken kaum gehen kbnnen. Wird
hier nicht schnell Abhilfe gegeben, dann kann die Ent-
zfindung eitrig werden. Beide Formen sind oft kompliz.iert
mit gleichzeitiger LymphwegeentzQndung. Weiterhin kann
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Mastitis.
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es zur Vereiterung der ganzen Drlise kommen. Ich will
hier nur der Vollstandigkeit wegen der Cliassaignacschen
Brustdrfisenentzundung erwahnen, welche sich im unter
der DrGse gelegenen Gewebe abspielt. Diese Form kann
nur durch Operation geheilt werden, hier hilft die Gloeke
wenig. Urn nun zu entscheiden, wann man die Saug-
glocke anwenden soli und was man von ihr erwarten kann,
muss man sich klar und deutlicli machen, mit welcher
Form von DrQsenentzOndung man es zu tun hat. In
jedem Falle, mit Ausnahme der Chassaignac schen
Form, hilft die Saugglocke — der Erfolg hangt nur von
der Zeit und der Geduld des Arztes als auch der Pat.
ab. Von den Yorztigen der Saugbehandlung gegenfiber
der Operationsmethode will ich nicht weiter reden, denn
sie sind allgemein bekannt. Ich will nur erwahnen:
Schmerzstillung, Erhaltung der Driise, schnelles Heilen
und keine Entstellung der DrGse. Haben wir es mit der
ersten Form zu tun, mit der oberfliichlichen Lymphwege-
entzQndung, dann hilft die Saugglocke schnell und gut;
ebenso hilft sie auch bei der Milchwegeentztindung durch
aseptische Entfernung der Milch. Bei der Behandlung
der tief gelegenen Lymphwege und der eitrigen Milchwege-
entzGndung erlangt man gute Iiesultate, nur dauert die
Behandlung linger — 3—4 Wochen — und oft muss
man zur Oeffnung des sich gebildeten Abszesses schreiten,
was aber auf die definitive Heilung keinen Einfluss hat.
Oft kommen die Kranken mit schon gebildeten Eiter-
abszessen, mit langen Fistelg&ngen, das wSren die sehr
vernachlfissigten, veralteten Falle, aber auch hier hilft die
Gloeke, indem sie den Eiter aspiriert, die Fistelgange durch
die Hyperamie belebt, heilt. Die DrGse kann noch gerettet
werden, dieses hangt aber vom Zustande, in welchem die
Kranken in unsere Behandlung kommen, ab. Diesen
pathologischen Auseinandersetzungeri folgend, habe ich
auch meine 89 Falle in drei Gruppen geordnet.
I. Gruppe: In diese gehoren 14 Falle, sie entsprechen
der ersten pathologischen Gruppe., Es waren hauptsachlich
intelligente Frauen, welche sehr frGhzeitig zur Behandlung
kamen. Die Behandlung dauerte 8—14 Tage. Der
Allgemeinzustand der Kranken besserte sich sofort. Die
Kranken hatten vor 8 —10 Tagen eine Geburt durch-
gemacht. Alle Kranken konnten nach der Kur die Kinder
weiter stillen.
II. Gruppe: In diese gehOren 38 Falle, dieselben
entsprechen vollkommen der zweiten pathologischen Gruppe
Go^ 'gle
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348
Mastitis.
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h.
der tiefen Lymph- und MilchwegeentzQndung. Auch hier
erfolgte die Heilung im Laufe von 20—30 Tagen, in drei
Fallen dauerte die Behandlung bis 32 Tage, es hatten
sich drei Abszesse gebildet; in 14 Fallen musste ich Eiter-
herde eroffnen. In zwei Fallen hatte ich eine Erysipel-
komplikation, welche aber unter dem Einfluss der Saug-
glocke in 7—8 Tagen abgelaufen war. In der Intervall-
zeit hatten die Kranken eine Kompresse auf der Drtise
aus zwei Grunden, erstens um zu verhQten, dass die Pat.
die Driise berOhren, und zweitens, weil die Heilung und
das Schmerzgefuhl unter der Kompresse sich gut verhielten.
Auch hier konnten die Kranken ihre Kinder weiter stillen
und die Brustdruse war wenig entstellt, denn die Narben
nach der Oeffnung der Abszesse waren nicht gross.
III. Gruppe: In diese Gruppe gehbren 32 Falle,
welche ich im Ambulatorium des Kindlein-Jesu-Hospitals
behandelte. Es waren alles veraltete, vernachlassigte Falle.
Die Kranken waren meistens sehr wenig intelligent und
hatten schon alle ihre Hausmittel erschbpft. Die Brust-
drusen waren fast immer in einem trostlosen Zustande,
mehr oder weniger Eiterabszesse, welche sofort geSfihet
werden mussten und viele Fistelgange waren vorhanden.
Auch in diesen Fallen hatte ich gute Erfolge nach der
Behandlung mit Bierscher Saugglocke erzielt. Nur dauerte
dieselbe lange, 3—5 Wochen, in einem Fall sogar 40 Tage.
Diese Falle verlangen eine gute Portion Geduld von beiden
Seiten. Die Brustdruse konnte fast immer vor ganzlichem
Untergange gerettet werden, nur in acht Fallen konnten
die Kranken nicht weiter stillen. In vier von diesen
Fallen dagegen konnten sie dennoch weiter stillen, aber
nach Ablauf der nachsten Schwangerschaft. So sehen wir,
dass auch hier die Saugglocke Grosses leistet und auch
den kleinsten vorhandenen Rest der Milchdriise retten
kann. In der Intervallzeit legte ich auch hier auf die
Brustdrtise Kompressen, je nach Bedflrfnis.
Die Behandlung meiner Falle fuhrte ich mit Aus-
nahme einiger ambulatorisch und setzte sie konsequent
so lange fort, bis jede Schwellung verschwunden war und
die DrOse ihre normale Form angenommen hatte. Die
Saugglocke applizierte ich genau nach den Vorschriften
von Klapp einmal taglich, ausnahmsweise auch zweimal
im Laufe von 45 Minuten; dabei blieb die Glocke 5—10
Minuten stehen, und es erfolgte eine Pause von 3—5 Minuten.
Den Rand der Saugglocke beschmierte ich der Dichte
wegen mit Vaselin. Die Brustdrtise wurde vor und nach
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Mastitis — Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. 349
der Manipulation mit Seife und warmem Wasser und darauf
mit Benzin gewaschen. Selbstverstfindlich wurde die Saug-
glocke jedesmal vor dem Gebrauch gut ausgekocht. Zum
Saugen benutzte ich eine gewfihnliche Spritze, welche
auch ausgekocht wurde. Die sich bildenden Eiterabszesse
wurden unter aseptischen Kautelen erSffnet, dabei wurde
die Oeffnung so klein als nur mdglich gemacht und der
Eiter sofort aspiriert. Wie aus meinen 89 Fallen ersichtlich,
besitzen wir in der Bierschen Saugmethode eine tadellose
Behandlung der BrustdrfisenentzOndungen, welche bis jetzt
fast alien Forderungen entspricht: sie stillt den Schmerz
fast sofort, rettet die Brustdrilse, heilt in kurzer Zeit und
roacht die schmerzhafte, lang dauernde chirurgische Be¬
handlung mit Gazetamponade und Drainage unnfitig und
entstellt nicht die Brustdruse, was aus asthetischen Grfinden
sehr wichtig ist. Was nun die Meinungsverschiedenheiten
fiber diese Behandlungsweise in der Literatur anbetrifft,
so glaube ich dieselben darauf zu beziehen, dass man bei
der Behandlung erstens nicht genau den Vorschriften
Klapps gefolgt ist, zweitens wenig Geduld gehabt hat
und drittens zuviel von derselben verlangt hat, was die
Zeitdauer der Behandlung und der Erfolge derselben an¬
betrifft. Rezidive habe ich niemals beobachtet.“
(Wiener klin. Rundschau 1911 Nr. 51.)
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. Seka-
kornin Oder Fituitxiin unter der Geburt? Von Prof.
Dr. O. v. Herff und Dr. L. Hell (Frauenspital Basel).
In seiner geburtshilflichen Operationslehre hat v. H. be-
reits 1903 nachdrttcklichst empfohlen, vor alien Eingriffen,
die trotz bestehender Wehenschwache ausgeffihrt werden
mfissen, vor der Operation — z. B. Zange — Ergotin
zu geben. Ferner verlangt er heute noch, dass das Gleiche
bei alien Fallen geschehe, die erfahrungsgemMss zu Atonien
neigen, und ebenso als erste Massregel bei alien Nach-
geburtsblutungen, gleichgultig ob die Plazenta schon ent-
fernt worden ist oder nicht. Gegeben wurde frfiher Ergotin
Nienhaus, spater Fromme, jetzt seit Jahren nur Sekakornin
Hoffmann-La Roche, das Verf. ganz besonders warm emp-
fehlen muss. Er kann die Zahl dieser Ffille heute nicht
nennen, er kann nur schatzungsweise angeben, dass sie
in die Tausende geht. Nie hat er irgendwelchen Schaden
ffir Mutter und Kind gesehen, nie eine Inkarzeration der
Plazenta erlebt, wie er denn in seinem Leben noch nie
einen sogen. Krampf des Muttcrmundes beobachtet hat.
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbctt.
Wenn eia soldier tats&chlich einmal nur durch Secale
cornutum ausgelfist worden ist, welche Mogiichkeit Ubrigens
sehr gering erscheint, wenn iiberhaupt diese gegeben ist,
so kann Verf. nur annehmen, dass entweder zu hohe
Dosen gegeben worden sind oder dass ein ungeeignetes
Praparat angewandt wurde. Auch wire an eine aller-
dings sehr seltene Idiosynkrasie zu denken. Und in der
Tat lehren dies die wenigen in der Literatur niederge-
legten Beobachtungen. Ein Tetanus uteri ist um so we-
niger zu erwarten, als bekanntlich Kehrer in Mtinchen
gezeigt hat, dass Sekakornin normale Wehen kaum zu ver-
sUirken vermag, jedenfalls keinen Tetanus auslfist. Auf
Grund dieser Beobachtungen, der in der Literatur ent-
haltenen Yersuche und Erfabrungen und- anderer gelegent-
licher Erfahrungen, die Verf. bei praktischen Aerzten
gesehen hat, hat er seit zwei Jahren nur gegen schwere
Wehenschwilchen prinzipiell Sekakornin anwenden lassen.
Anfangs wurde eine halbe Spritze = 0,5 g gegeben, bald
jedoch nur ein Viertel = 0,25 g, welche Dosis im all-
gemeinen ausreicbt. Diese kann gegebenenfalls gut wieder-
holt werden, wenn die Wehen wieder nachlassen sollten
oder nur ein ungenugender Effekt erreicht worden ist.
Zurzeit verfOgt Yerf. fiber 100 Ffille. Sie wurden unter
rund 3100 Geburten ausgesucht = 3,2% schwerer und
schwerster Wehenschwache. Von diesen entfallen 63 auf
die Erdflhungszeit und 37 auf die Austreibungsperiode.
Bei noch erh^iltener Zervix wurde zehnmai Sekakornin
gegeben mit zwei Versagern, die einzigen, die beobachtet
wurden. Eine ungenugende, d. h. zu schwache Wirkung
wurde viermal verzeichnet, d. h. in etwa 5—6% hat man
mit Versagern oder mit ungenugender Wirkung, die fibrigens
durch Erhfihung der Dosis auf % Spritze vermieden werden
kann, zu rechnen. Gewiss ein sehr gfinstiges Ergebnis,
mit dem man alien Grund hat sehr zufrieden zu sein,
zumal in alien diesen 100 Fallen die Plazenta spontan
t gekommen ist, nur einmal eine Atonie eingetreten ist. Trotz
dieser pathologischenVerh<nisse wurden 84 Spontangeburten
ex*zielt, dreizehnmal musste die Zange angelegt werden,
einmal wurde die Hysterotomia anterior ausgeftihrt. Als
Anzeigen ffir die Zangen, unter welchen sich zehnmai
tiefer Querstand vorfand, gait von seiten der Mutter:
ffinfmal protrahierte Austreibungsperiode bei guten Herz-
tfinen der Frucht. In alien diesen Fallen hatte Sekakornin
zunfichst gut gewirkt, einmal in Kombination mit Pituitrin,
aber die Wehen wurden wieder schwScher, Verf. wollte
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Sellwangerschaft, Geburt, Wochenbeti. 351
die Sekakorningaben nicht wiederholen. Die mittlere Dauer
der Austreibung betrug 4 ‘ 4 Stunden, also gewiss nicht za
kurz. Verf. gibt zu, dass man noch linger hatte warten
konnen, aber scliliesslich Oberwog das Mitleid. Wegen
Druckerscbeinungen (blutiger Urin) musste zweimal die
Zange angelegt werdeln, einmal wegen drohender Uterus-
ruptur und einmal bei einer Sterbenden wegen schwerster
Staphylokokkamie nach einem Ruckenfurunkel. Die Mutter
wie das Kind starben bald nach der Geburt an der gleichen
Infektion. Yon seiten der Kinder bedingte viermal Asphyxie
die Zange, darunter bei einem Kinde, an dem bereits
ausserhalb Zangenversuche (hintere Hinterhauptslage) ge-
macht worden waren, dieses- starb an Gehirnblutung. In
keinem dieser Falle war etwa ein Tetanus uteri an der
Asphyxie schuld gewesen, wie denn Uberhaupt von diesen
13 Kindern zwei gestorben sind, das eben erwfihnte und
ein weiteres, bei dem die um den Hals geschlungene
Nabelschnur von einer Zangenspitze erfasst und gedrQckt
worden war. Yon den 100 M Cittern sind zwei gestorben.
Eine ftinf Stunden nach der Geburt an Infektion, eine
andere kurz nach der Geburt an Herzschwache, akute
Dilatation des Herzens. Beide Todesfalle konnen nicht
im gcringsten den geringen Sekakorningaben zur Last ge-
legt werden. Yon den 100 Kindern gingen acht bis zum
Entlassungstage verloren. In alien diesen Fallen konnte
klinisch wie durch die Sektion der voile Beweis gefiihrt
werden, dass diese Kinder nicht an den geringen Seka¬
korningaben gestorben sind. Nur in einem einzigen Falle,
bei dem nachher Pituitrin gereicht wurde, kam es zu einer
Atonie in der Nachgeburtsperiode, sehr bezeichnend: In
keinem der anderen 99 Falle hatte man irgendwelche
Schwierigkeiten mit der Nachgeburtszeit — das sei ganz
besonders, im Gegensatz zu den Erfahrungen mit Pituitrin,
hervorgehoben. Verf. stehen dafiir voll ein, dass in keinem
dieser 100 Falle die Mutter oder das Kind irgendwelchen
Schaden erlitten haben. Wie denn die geringe Gabe von
Vi—‘/a Spritze Sekakornin schon von Haus aus ganz harm-
los erscheint. Wahrend dieser Untersuchungen kam Pi¬
tuitrin auf. Verf. wollte seine Sekakorninreihen nicht
unterbrechen, und so hat er dieses Mittel fast nur bei
Aborten versucht. In etwa 30 Fallen hat es nicht mehr
geleistet als Sekakornin, es hat sich ebenso unzuverlassig
wie dieses erwiesen. Verf. kbnnen Pituglandol zur Be-
forderung eines drohenden, selbst eines schon im Gange
befindlichen Abortes nicht besonders empfehlen, es wirkt
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
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selbst in Kombination mit anderen Mitteln und Methoden
zu unsicher. Zweimal nahmen Yerf. die Gelegenheit wahr,
Fituitrin in Abwechslung mit Sekakornin zu geben. Beide
Mittel wirken ungefahr gleich, und zwar in Fallen ganz
besonderer schwerer Wehenschwache. Aber ein grosser
Vorteil, ausser dem der grossen Billigkeit, kommt dem
Sekakornin zu, namlich jener, dass es keine Atonien be-
gtinstigt, im Gegenteil diese erst recht verhindert oder
einschrankt. Sekakornin entfaltet seine Wirkung allmah-
lich, die Akme wird meist erst in der dritten halben Stunde
erreicht, dafOr halt sie aber langer an, bis zu drei Stunden.
Pituitrin hingegen wirkt rasch, aber die Wehenverstarkung
halt nicht solange an wie bei Sekakornin, daher auch
die nicht seltenen Atonien, die beobachtet werden. Unter
den bisherigen sehr wenigen Pituitrinanwendungen unter
der Geburt trat zweimal eine Atonie ein. Gerade diese
Sicherheit gegen Atonien lassen das Sekakornin dem
Pituitrin weit bevorzugen. Leider ist die Hoffnung, die
Zahl der Zangenentbindungen noch weiter herabzusetzen,
als es bis dahin der Fall gewesen war, nicht in ErfGllung
gegangen. Die Haufigkeit der Zange stellt sich nach wie
vor auf rund 1,6°«. Yerf. zweifelt, dass es bei dem liie-
sigen Materiale mit verhaltnismassig vielen alteren Erst-
gebarenden tiberhaupt mbglich sein wird, diese Ziffer noch
mehr zu drGcken, zumal in einer Anstalt, die zugleich
Lehrzwecken dient. Wenn auch diese Erfahrungen die
Zahl 100 eben erreichen, so glauben Verf. dennoch, die
Anwendung des Sekakornins gegen Wehenschwache aller
Art sehr warm empfehlen zu dilrfen, um so eher, weil
es bei grosser Sicherheit in der Wirkung unsch&dlich und
obendrein recht billig ist.
(Mttnch. med. Wochengchrift 1912 Nr. 3.)
Hypophysenextrakt als Wehemnittel. Yon Dr. F. Jaeger
(Kgl. Univers.-Frauenklinik Erlangen). Autor fasst seine
Erfahrungen wie folgt zusammen:
1. Das Hypophysenextrakt wirkt in der Erdffnungs-
periode am besten, wenn der Muttermund bei Erstgebftrenden
ungefahr kleinhandtellergross, bei Mehrgebarenden fQr zwei
Finger durchgangig ist. Solange noch keine Wehen vor-
handen sind, ist die Wirkung nur eine kurzdauernde und
unzulangliche.
2. In der Austreibungsperiode lasst sich in vielen
Fallen durch das Hypophysenextrakt der Forzeps vermeiden.
Google
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
353
3. Seine Anwendung ist daher angezeigt bei sekund&rer
Wehenschwache, bei schlechten Weben infolge starker Aus-
dehnung der Geb&rmutter durch Hydramnion oder Gemini,
bei Fieber.
4. Ist eine Stbrung in der Nachgeburtsperiode zu
erwarten, so lasst sich diese unter UmstSnden vermeiden
durch eine Injektion kurz vor der Geburt des Kindes.
5. Erfolgt die Geburt des Kindes ungefahr eine Stunde
nach der Injektion, so muss man auf eine Blutung gefasst
sein. Die Nachgeburtsperiode ist in diesem Falle besouders
genau zu beobachten.
6. Fur die Behandlung von Atonien besitzen wir auch
andere Mittel, die dem Hypophysenextrakt gleichstehen,
wenn nicht gar ihn iibertreffen.
(MuDch. med. Wochenscbrift 1912 Nr. 6.)
— Zur Schmerzstillnng normaler Geburten. Von S. Wein-
mann. [Schluss.] „In den mit Pantopon-Skopolamin-
Lbsung schon von vornherein behandelten Fallen war bei
zwei Frauen eine absolute Schmerzlinderung zu konstatieren,
bei den anderen wurde die Schmerzhaftigkeit der Wehen
zwar nicht vollstandig herabgesetzt, doch so vermindert,
dass nun dem Ende der Geburt viel ruhiger und gefasster,
viel weniger verzweifelt entgegengesehen wurde. Immer
wurde auch hier in den Wehenpausen ein schlafahnlicher
Zustand beobachtet, der sich aber sehr wohl von dem
Morphium-Skopolamin-Dammerschlaf unterscheidet: die
Schlafenden sind schon durch blosses Anrufen zu erwecken
und erwachen aus diesem Narkosenschlaf in vollstem
Bewusstsein. Eine Amnesie fiir die Geburt war durch
die Injektion nicht zu erreichen, die Kreissenden waren
sich nach dem Partus wohl der ausgestandenen Schmerzen
bewusst, aber auch voll Anerkennung und Dankbarkeit
fGr die durch die Anasthesierung bewirkte Schmerzlinderung.
Auch die ungGnstige Beeinflussung der Wehentatigkeit,
wie sie durch die Morphium-Skopolamin-Narkose geschieht,
haben wir bei unseren Injektionen nur selten gesehen; nur
in zwei Fallen ist eine VerzGgerung der Geburt der kom-
binierten Morphium-Skopolamin-Narkose zur Last zu legen:
nach anfangs sehr kraftigen ErGffnungsweben sistiert nach
der in beiden Fallen kurz vor dem Beginn der Austreibungs-
zeit verabfolgten, wiederholten Pantopon-Skopolamin-Dosis
die Wehentatigkeit des Uterus fast vollstandig, und auch
die Bauchpresse wird nur ungenOgend auf dringende Auf-
forderung hin in Aktion gesetzt. Auch diese ungGnstigen
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354
Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
Erfahrungen dflrften ein Warnungszeichen sein, die Injektion
des Prfiparates nicht zu spat, nicht zu kurz vor dem Be¬
gum der Presswehen auszufilhren. In alien anderen,
besonders mit Pantopon allein behandelten Fallen hatten
wir einen ahnlichen schadlichen, wehenherabsetzenden
Einfluss nicht zu verzeichnen. Die Intehsitat und Dauer
der einzelnen Wehe erlitt zwar in einigen wenigen Fallen
eine geringe Einbusse, aber diese Schadigung war dann
nur eine vorQbergehende und ohne wesentlichen Effekt
fQr die Dauer der Geburt. Eine nachteilige Wirkung auf
Nachgeburts- und Wochenbettsperiode bestand niemals:
der Verlauf des Puerperiurns war stets ganz normal, die
Involution der Genitalorgane ungestOrt, der Lochialabgang
ungehemmt. Ebenso ist die Injektion, wie schon oben
bemerkt, von unangenehmen Neben- und Nacherscbeinungen
vbllig frei; abgesehen von der allgemeinen Ermtidung, die
die Injizierte befallt, waren subjektiv und objektiv keine
Veranderungen des somatischen Zustandes zu konstatieren,
keine Alteration in Respiration und Kreislauf, keine
motorischen und psychischen Erregungszustande, im gbn-
stigen Gegensatz zur Morphium-Skopolamin-Narkose; nach
den Versuchen von Wertheimer-Raffallovich wird ja
durch das Pantopon das Atemzentrum viel weniger beein-
flusst wie durch das Morphium, dessen lahmendem Einfluss
ja, wie bekannt, auch die bei dem Morphium-Skopolamin-
Dammerschlaf vielfach beobachtete Oligo- bzw. Apnoe
zur Last zu legen ist. Die standige Kontrolle der kind-
lichen HerztQne ergab bei uns nie eine auffallende
Aenderung in Schlagfolge und Dauer, nie waren wir, um
das kindliche Leben zu retten, zur kiinstlichen Beendigung
der Geburt genbtigt; die Kinder kamen alle, mit einer
Ausnahme — die Injektion mit Pantopon-Skopolamin ge-
schah kurz vor Beginn der Austreibung, das Kind wurde
mit den Zeichen des Skopolaminrausches geboren — lebens-
frisch zur Welt, auch bei wiederholter Dosis. Abgesehen
von dieser rein geburtshilflichen Anwendung des Pantopons
ist seine Verwendung auch bei vielen schmerzhaften
Attacken in Schwangerschaft und Wochenbett angebracht
(Mastitis, Pyelitis, hysterische Aufregungszustande); ebenso
setzt es vor Beginn kleinerer Operationen (Kurettage etc.)
das Schmerzgefilhl gtinstig herab und Gbt in Kombination
mit Skopolamin, wie Morphium-Skopolamin, vor grftsseren
geburtshilflichen Operationen seine beruhigende Wirkung
aus und ,benimmt so den letzten Schrecken vor dem
Eingriff* (Th. Johannsen). Legte man uns die Frage
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
355
vor, welcher Anasthesierungsmethode wir auf Grund unserer
Erfahrungen den Vorzug gaben, so wiirden wir filr den
Fall, dass nur filr die letzte Periode der Geburt (Schiittel-
wehenperiode) Schmerzlinderung gewQnscht wQrde, die
,Chloroformierung a la reine‘ zum Versuch empfehlen;
wird aber, wie es haufiger geschieht, schon um eine
Anasthesierung schmerzhafter Eroffnungswehen gebeten,
so wiirden wir der Pantoponnarkose, in sehr schmerzhaften
Fallen kombiniert mit Skopolamin, das Wort reden. Fiihrt
sie auch nicht immer zu vollem Effekt, zur absoluten
Schmerzbet&ubung, so hilft sie doch schwere Geburtsarbeit
wesentlich erleichtern und gew&hrt so dem meist in der
Aussenpraxis allein auf sich angewiesenen ftrztlichen
Geburtshelfer eine Unterstiitzung, die nicht gering ein-
zuschatzen ist. Sehr leicht, auch Von der ungeschultesten
Hand ausfuhrbar, gefahrlos fGr Mutter und Kind, kann
jeder Praktiker damit manchen Segen stiften, wird er doch
dadurch instand gesetzt, schon ante partum dem drohenden
Gespenst einer schmerzhaften Geburt seinen Schrecken zu
nehmen, und dass Frauen, auf die ein schweres Geburts-
trauma nicht selten ungilnstig psychisch nachwirkt, ihm
fQr seine Hilfe Dank wissen werden, ist wohl begreiflich.“
Schliesslich sei noch folgender Passus wiedergegeben:
„Die Schmerzlinderung heftiger Uteruskontraktionen von
der Nase aus durch Anasthesierung der Nasenschleimhaut
hat sich bei uns in den wenigen Fallen, in denen wir
uns der Methode bedienten, als recht wirksam, wenn auch
nur fur kurze Dauer, erwiesen. Durch Bepinselung der
Nasenschleimhaut mit fiinf Tropfen einer 5°/oigen Kokain-
lQsung konnten wir fur kurze Zeit ("s—1 Stunde) den
Kreissenden eine auffallend schmerzlose, dabei aber regel-
massige Wehentatigkeit verschaffen. Oft wurde die Be¬
pinselung mehrere Male wiederholt und entfaltete dann
immer wieder ihre Wirkung.“
(Munch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 50.)
— Ueber Schwangerschaftsstreifen und ihre Verhfitung. Yon
Dr. W. Barfurth (Univers.-Frauenklinik Rostock). Verf.
hat als Assistent dergeburtshilflichenAbteilung derRostocker.
Frauenklinik Versuche angestellt, die den Zweck hatten,
durch Massage die Bildung von Schwangerschaftsstreifen
zu verhiiten. Die Resultate der allerdings nur kleinen
Yersuchsreihe entsprachen durchweg den Erwartungen und
sind geeignet, gewisse Schlusse daraus zu ziehen, wenn
sie auch nicht beweiskr&ftig sind. Die VerhSltnisse bringen
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
es mit sich, dass es schwierig ist, in einer Sffentlichen
Entbindungsanstalt grosseres Zahlenmaterial vorzuftihren.
Diese Behauptung mag widersinnig erscheinen, entspricht
aber den Tatsachen insofern, als die Mehrzahl der Schwan-
geren erst zu Ende der Graviditat in die Anstalt kommt.
Selbstredend kommen auch nur Erstgebarende fiir die Ver-
suche in Frage. Die Massage wurde von den Hebammen-
schtilerinnen, also ungeschulten Kraften, ausgeflihrt. Die
Pradilektionsstellen der Striae wurden mit Strichmassage
behandelt, jedoch so, dass auf die zwischen Daumen und
die tibrigen Finger eingeklemmte Hautfalte zugleich ein
leichter Druck ausgeiibt wurde. Die Haut des Abdomens
wurde radiar und zirkular vom Nabel massiert, in ahn-
licher Weise wurde die Brust behandelt, Oberschenkel und
Hiiften in verschiedenen Richtungen. Yor der Massage
wurde die Haut eingeolt, das Oel nachher durch Waschung
beseitigt. Es braucht kaum darauf hingewiesen zu werden,
dass eine gute Hautpflege das Yerfahren wesentlich unter-
stiitzt. In den meisten Fallen genQgte eine einmalige
Massage am Tag von 15—30 Minuten Dauer, bei sehr
straffer Haut wurde zweimal taglich massiert. In der
ersten Zeit muss die Behandlung moglichst schonend aus¬
geflihrt werden, da sie, zumal bei wenig lockerer Haut,
sonst 8chmerzhaft empfunden wird. Zunehmende Weich-
heit und Verschieblichkeit gestatten, immer energischer
vorzugehen. Es ist wichtig, dass man die Haut in Falten
abhebt, wahrend sie durch die Finger gleitet. Die ersten
Unannehmlichkeiten des Verfahrens wurden von den Frauen,
wenn sie liber den Zweck desselben aufgeklart worden
waren, ohne Murren ertragen. Aus den Versuchen glaubt
Verf. mit Recht schliessen zu kbnnen, dass die Bildung
von Schwangerschaftsstreifen durch Massage verhdtet werden
kann. Je frOher die Behandlung einsetzt, um so leichter
wird ein gQnstiges Resultat erzielt werden. Bei schon
vorhandenen Streifen, d. h. beginnender Elastizitatsinsuf-
fizienz, bedarf es grosster Sorgsamkeit, um weiteren Striae
vorzubeugen. Ein schadigender Einfluss auf die Graviditat
wurde nicht beobachtet, die Geburten traten am normalen
Ende der Schwangerschaft auf. In der allgemeinen Praxis
liesse sich das Verfahren durch den Hausarzt wohl ein-
fGhren; in den Kreisen, wo der Wert einer exakten Kbrper-
pflege in weitestem Masse gewurdigt wird, diirfte es nicht
ohne Zukunft sein. (Zentralbl. f. Gyn&kologia 1911 Nr. 51.)
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Tabes.
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Tabes. Die Jod- and Arsentherapie beiT. Von Dr. J. Schmelz
(Nervenabteil. der Poliklin. in Wien). „Die Jodtherapie,
die Einverleibung von, Jod in gebundenem Zustande, bei
metaluetischen Erkrankungen des Zentralnervensystems ist
eine althergebrachte und sehr beliebte; sehr wenig wird
das Arsen in solchen Fallen angewendet, wiewohl es sich
als ein hochwirksames Tonikum und Nervinum bei Nerven-
erkrankungen, die mit allgemeiner Schwache und Er-
schopfung einhergehen, bewahrt. Da das eine Mittel spe-
zifisch, das andere mehr symptomatisch wirkt, habe ich
es mir seit nahezu einem Jahre zur Aufgabe gemacht,
beide Mittel zugleich Tabikern, die in recht ansehnlicher
Zahl unsere Abteilung frequentieren, zu verabreichen, und
wahlte hierftir die in Tabletten im Handel vorkommenden
Jodglidine und Arsan. In jedem Falle von T. wurde auf
Lues inquiriert und die Wassermannsche Prtifung an-
gestellt und, sofern nur ein Verdacht auf Lues bestand,
die entsprechende Hg-Kur eingeleitet. Nach ca. 6—12
Wochen wurde mit der kombinierten Jod-Arsen-Therapie,
mit Jodglidine und Arsan begonnen. Die Pat. erhielten
in den ersten zwei Wochen je eine Tablette Jodglidine
(0,05 g Jod enthaltend) nach dem FruhstGck und Abfend-
essen und eine Tablette Arsan (0,002 g As enthaltend)
nach dem Mittagessen, durch weitere 4—6 Wochen stei-
gend 3—4 Jodglidine- und 2 Arsantabletten taglich. Die
beiden genannten Mittelj sind Verbindungen des Jods resp.
Arsens mit einem nukleinfreien, reizlosen Pflanzeneiweiss,
bei denen der Eiweisscharakter mhglichst wenig verandert
wird. Die Abspaltung des J resp. As vom Eiweiss ge-
schieht allmahlich und kontinuierlich, die Resorption ist
nicht schwankend, sondern konstant und langsam. Daraus
erklart sich, dass die charakteristischen Symptome des Jo-
dismus, wie sie sonst nach l&ngerer Darreichung von Jod-
kali oder Jodnatrium und ahnlicher Praparate auftreten,
ilberhaupt nicht vorkamen, ebenso auch nicht Erschei-
nungen wahrzunehmen waren, welche auf die Abspaltung
von arseniger Saure zurilckzufiihren gewesen wSren. Trotz-
dem Jodglidine in Kombination mit Arsan in mehrwochent-
lichen Unterbrechungen monatelang genommen und in ver-
haltnismassig ansehnlicher Menge verbraucht wurde, konnte
gar keine nachteilige Wirkung konstatiert werden. Die
Mittel wurden stets gem genommen und gut vertragen,
selbst von solchen, die eine Aversion gegen JK und JNa
besassen. Der durch die Einnahme von Jodglidine und
Arsan erzielte therapeutische Effekt ist jedenfalls in nicht
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Tabes.
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geringem Grade der glQcklichen Komposition, der Bindung
von J und As an Pflanzeneiweiss, zuzuschreiben, wodurch
der Organisinus unter einer anhaltenden gleichm&ssigen
Wirkung rait verhaltnismSssig kleinen Dosen von J und
As gehalten wird, ohne dass sich stdrende Nebenwirkungen
geltend machen. Das Pflanzeneiweiss wird dem Kbrper
zweckdienlich zugefGhrt, denn nur so l&sst sich die fast
durchwegs konstatierte Gewichtszunahme, das relativ gute
Aussehen und das subjektive Wohlbefinden der Tabiker
erklaren. In gleichem Masse, als sich der somatische Zu-
stand bessert, gehen Hand in Hand damit die zablreichen
Beschwerden der Tabiker, wie z. B. die lanzinierenden
Schmerzen, das Gflrtelgefiihl und ahnliche ParSsthesien,
betrfichtlich zurQck. Infolge des Schwindens oder Ab-
flauens der Schmerzen werden auch die Gehstbrungen
gebessert, die Ataxien schwinden fast ganz. Allerdings ’
treten nach vielen Wochen und Monaten, wenn langere
Zeit mit den Mitteln ausgesetzt wurde, Riickfalle bezOg-
lich der Ataxien und Schmerzen ein, docli die Pat. schbpfen
wieder Hoffnung und Mut, dass ihnen die neuerliche Ein-
nahme der Mittel Besserung bringen werde. Bei einem
so langwierigen und chronischen Uebel, wie es die T.
ist, das derzeit einer Dauerheilung unzug&nglich ist, muss
es unser Bestreben sein, die armen Pat. recht lange we-
nigstens in dem Status zu erhalten, in dem wir sie zur
Behandlung Gbernommen haben; wenn aber der Prozess
sich progredient erweist, all das zu tun, um sein Fort-
scbreiten aufzuhalten, damit es nicht zu den schweren
Ataxien komme. Fur alle diese Falle empfehle ich neben
leichter physikalischer Therapie — denn nichts ist schad-
licher in der Behandlung der T. als die Polypragmasie —
die rechtzeitige und haufige Anwendung von Jodglidine
in Kombination mit Arsan.“
(Wiener med. Wochenschrift 1911 Nr. 62.)
T. dorsalis im sp&teren Alter anf der Basis heredit&rer
Lues. Yon R. v. Hbsslin in Mtinchen-Neuwittelsbach.
Den in der Literatur niedergelegten Fallen von T. im
spateren Lebensalter, die sich auf der Grundlage einer
hereditaren Lues entwickelten, mochte Verf. einen weiteren
Fall anreihen. Am 5. Juni v. J. wurde eine 52jahrige
unverheiratete Dame aus bester Familie aufgenommen; sie
erkrankte vor drei Monaten mit zunehmender Schwache
der unteren Extremitaten, die sich rasch so weit steigerte,
dass die Pat. vollig gehunfahig wurde. Bis zum Marz v. J.
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Tabes — Tumoren.
359
hatte Pat. sich ganz wohl geffihlt bis auf zeitweise auf-
tretende Schmerzen in den Beinen, die auf Aspirin regel-
mSssig verschwanden. Seit einiger Zeit Druck gegen den
After und Gfirtelgeffihl. Die Untersuchung ergab das
Bestehen einer T. mit hochgradiger Ataxie der unteren
Extremitftten: Mittelweite, lichtstarre Pupillen. Sehnen-
reflexe der unteren Extremitaten fehlen. Kaltehyperasthe-
siezone am Rumpf, Berfihrungsempfindlichkeit an den Ober-
und TJnterschenkeln herabgesetzt, an den Ffissen aufge-
hoben. Leiclxte Herabsetzung der Schmerzempfindlichkeit
abwarts vom dritten Dorsalsegment, an den unteren Ex¬
tremitaten starkere Analgesie, Stfirungen des Temperatur-
sinns an den Ffissen. Das Lagegeftihl in Zehen-, Fuss-,
Knie- und Hiiftgelenken aufgehoben. Pat. hat keine
Abnung fiber die Lage und Stellung ihrer unteren Extre¬
mitaten. Gehen und Stehen infolge hochgradiger Ataxie
unmoglich. Papille frei. Wassermann stark positiv (PIaut).
Die Anamnese ergab nun, dass der Vater mit 36 Jahren
an Paralyse gestorben war, dass die Mutter vor der Ge-
burt der Kranken drei Aborte hatte. Ein Bruder, von
Kindheit an an Krampfen leidend, war mit sieben Jahren
gestorben. Als die Kranke zehn Jahre alt war, lfiste sich
am Hinterkopf ein dreimarkstfickgrosses Knochenstfick
unter Eiterung ab. Nocli heute ist der entsprechend grosse
kreisrunde und tiefe Defekt deutlich zu spfiren. Die
Kranke hat nie sexuellen Verkehr gehabt, die Untersuchung
ergab auch, dass das Hymen intakt, kaum ffir den kleinen
Finger durchgangig war. Da die Ffille, in welchen die
T. bei hereditar Luetischen sich in so spaten Jahren ent-
wickelt — die Kranke war, abgesehen von den lanzinie-
renden Schmerzen, bis zu ihrem 53. Lebensjahr ganz ge-
sund gewesen —, immerhin recht selten sind, wollte Verf.
den Fall in Kfirze mitteilen. So gut sich in diesem Falle,
in welchem die hereditare Lues nachweisbar war, eine T.
entwickelt hat, dfirfen wir auch in manchen anderen
Fallen, in welchen weder von einer erworbenen noch von
einer hereditaren Lues etwas bekannt ist, an eine heredi¬
tare Lues denken, sogar wenn die T. erst in spateren
Lebensjahren auftritt. Die Kranke ging wenige Monate
spfiter zugrunde, die Autopsie bestatigte die klinische
Diagnose. (Neurolog. Zentralblatt 1912 Nr. 1.)
Tumoren. Frim&rer latent verlanfender SpeiserShrenkrebs.
Metastase am Sch&deldache ale Un fall frige. Yon Dr.
Max Strauss (Nfirnberg). Der 40jahrige Arbeiter L. Sch.
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360
Tumoren.
stiess beim Oeffnen eines Tores in der Dunkelheit gegen
einen in Kopfhohe stehenden Riegel so heftig, dass er
beinahe umgefallen ware. Am nachsten Tage war der
Schmerz vorbei, so dass der Verletzte den Unfall nicht
weiter beachtete, bis sich nach einiger Zeit ein kleiner
schmerzhafter Knoten an der Stelle des Stosses entwickelte.
Wegen dieses Knotens, der spater angeblich nicht grosser
wurde, suchte der Verletzte seinen Hausarzt auf, durch
den der Pat. Verf. zur Operation viberwiesen wurde. Die
weitere Anamnese ergab nichts Besonderes, hereditare Be-
lastung irgendwelcher Art, Potus und Lues werden negiert.
Pat. will fruher immer gesund gewesen sein, bis er vor
einem halben Jahre wegen eines chronischen Magen-
geschwurs langere Zeit arbeitsunfahig war. Bei der Unter-
suchung zeigte der Verletzte schlechtes, fast kachektisches
Aussehen, Blasse der Haut und sichtbaren Schleimbaute,
geringes Fettpolster, massig gut entwickelte Muskulatur.
Drusenschwellungen irgendwelcher Art fehlen. Korper-
temperatur 36,9. Die inneren Organe lassen keinen krank-
haften Befund erkennen, insbesondere fehlt jede Anfeutung
einer Erkrankung des Magens. An der rechten Kopfhalfte
befindet sich oberhalb der Stirnhaargrenze, nahe der Mittel-
linie, unter unveranderter Haut eine halbnussgrosse, halb-
kugelige Geschwulst, die weiche elastische Konsistenz zeigt,
auf Druck nicht besonders empfindlich ist und sich nicht
von der mit hartem, scharfem Rand abgrenzbaren Unter-
lage verschieben lasst. Die bestimmten anamnestischen
Daten machten die Diagnose eines periostalen Hamatoms
wahrscheinlich. Bei der Inzision fand sich ein solider,
weicher, vom Periost ausgehender T., dessen Schnittflache
einen sarkomartigen Eindruck machte und der daher weit
im Gesunden exstirpiert wurde. Naht der Wunde. Heilung
per primam. Die histologische Untersuchung der exzi-
dierten Geschwulst ergab zahlreiche, sehr dicht angeordnete,
verschieden grosse, z. T. rundliche, z. T. laogliche, solide
Zellnester. Sie bestehen aus meist grossen polymorphen
Zellen mit blaschenformigen Kernen und grossen, Kern-
korperclien. Innerhalb der Zellnester befinden sich kleinere
Herde mit polyedrischen Zellen in konzentrischer, zwiebel-
schalenartiger Anordnung. Das bindegewebige Stroma ist
in Form von schmalen, bindegewebigen Septen auf ein
Minimum reduziert. Somit handelte es sich um einen
epithelialen T., der bei seiner Lokalisation als metasta-
tischer, sekundarer aufgefasst werden musste. Mit diesem
Befunde kam die zuerst in Aussicht genommene Radikal-
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Tumoren.
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operation (Trepanation) nicht weiter in Betracht. Der
Pat. war zun&chst ohne Schmerzen, and Verf. nahm mit
RGcksicht auf die in der Anamnese ^ngegebene Magen-
erkrankung an, dass der primtire T. im Magen sitze, ob-
wohl alle Symptome eines Magenkrebses bis dahin fehlten.
Im weiteren Verlaufe kam es nach acht Wocken zum Er-
brechen kaffeesatzartiger Massen und zum Blutabgang im
Stuhle. Pat. wurde bettlSgerig und starb nach weiteren
neun Tagen unter den Erscheinungen der zunehmenden
Entkraftung. Lungenerscheinungen traten erst kurze Zeit
ante exitum auf. (Hustenreiz und zeitweise Atemnot.)
Zu derselben Zeit kam es zu Fieber und langsam starker
werdenden Kopfschmerzen. Die Autopsie ergab einen Speise-
rGhrenkrebs in der Mitte der Speiserohre, der zirkular die
ganze Schleimhaut in einer Langsausdehnung von 10 cm
geschwiirig zerstort hatte und zu einer Perforation in das
rechte Mediastinum fOhrte. Die rechte Lunge war inten-
siv mit der Speiserohre verwachsen. Magen und sonstige
Organe fanden sich frei von Krebsmetastasen, bis auf die
bereits operierte Schadelmetastase, die rezidivierend die
Schadelknochen perforiert und zu einer der Dura auf-
sitzenden Metastase gefuhrt hatte. — Kurz zusammen-
gefasst handelte es sich um einen vGllig latenten Oeso-
phaguskrebs, der im Anschluss an einen Unfall zu einer
Metastase am Schadel gefuhrt hatte. Erst durch diese
Metastase, die zun&chst als prim&rer T. auftrat und nur
durch die mikroskopische Untersuchung als metastatische
Geschwulst t erkannt werden konnte, wurde die Auf-
merksamkeit auf die primare Geschwulst gelenkt. Fur
die Gutachtertfttigkeit war die histologische Untersuchung
von ausschlaggebender Bedeutung. Es war unzweifelhaft,
dass die Metastase als Unfallsfolge betrachtet werden musste.
Dies wurde auch von der Berufsgenossenschaft ohne wei-
teres anerkannt. Anderseits musste der Gutachter in seinem
ersten Gutachten bereits darauf hinweisen, dass auf Grund
des histologischen Befundes ein weiteres Leiden vorliege,
das fiir den eintretenden Todesfall verantwortlich zu machen
sei, und dass zur Feststellung dieses Leidens die Sektion
nGtig sei. Dementsprechend wurde die Sektion angeordnet
und auf Grund des Befundes jeder Rentenanspruch ab-
gewiesen, weil die Todesursache durch das perforierte
Oesophaguskarzinom gegeben war und die Unfallfolge den
Eintritt des Todes nicht beschleunigt hatte. Nur noch
wenige Worte Ober die klinischen Besonderheiten des Falles,
die vor allem auf dem Gebiete der Symptomatologie liegen
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362
Tumoren.
und die Fehldiagnose erklSrlich macben. Hierher gehOren
das Fehlen aller Schluckbeschwerden und Schmerzen trotz
‘der grossen Ausdehnung des Karzinomgeschwiirs, das offen-
bar mehr infiltrierend als obstruierend wirkte. Beacljtens-
wert ist weiterhin das wiederholte Bluterbrechen und der
Blutabgang im Stuhle, welche Symptome wohl mit dem
geschwurigen Zerfall des Karzinoms zusammenhingen.
Besonderes Interesse verdient endlich noch die Metastase
im Perioste des Schadels. Metastasen finden sich zwar
beim Oesophaguskarzinom ziemlich hftufig (in 60 °/« aller
FSlle nach Petri und Zenker). Meist sind aber hierbei
die Drtlsen befallen. Hautmetastasen sind ausserordentlicli
selten. Die hier vorliegende Metastase des Periostes findet
sich in der Literatur nicht erw&hnt. Sie ist wohl durch
das stattgefundene Trauma mit Sicherheit veranlasst und
gestattet so weite Ausblicke auf die Genese der malignen
T. und der Metastasen. Die einwandfreie Sachlage legt
den Gedanken einer Karzinom- und Metastasen genese durch
lebende Zellen nahe, die bakterien&hnlich im Blute kreisen.
Endlich zeigt der Fall die Bedeutung der exakten histo-
logischen Untersuchung, die der Gutachter in keinem Falle
von traumatischer maligner Geschwulst versiiumen soil,
um den Fall einwandfrei zu klaren.
(Munch, med. Wochcnschrift 1912 Nr. 7.)
— Beitr&ge sum Problem: Geschwfllste von der Blntbabn aus
therapeutisch. zu beeinflnssen. Vpn Geh. Med.-R. Prof.
Dr. A.v.Wassermann, Dr.F. Keysser u. Dr. M.Wasser-
mann. (Aus dem Institut fur Infektionskrankheiten in
Berlin.) Verf. sind nach vielen ilber lange Zeit sich er-
streckenden Yersuchen zu einem Pr¶t gelangt, das
sich aus Eosin und Selen zusammensetzt, aber zur Ent-
faltung seiner vollen Wirkung noch einer Susserst subtilen
chemischen Behandlung bedarf. Das Mittel lost sich leicht
in Wasser. Wenn man diese Substanz einer gesunden
Maus in die Schwanzvene injiziert, so vertragen Durch-
schnittsm&use von 15 g davon 2,5 mg. Als auffallendstes
Symptom zeigt sich sofort eine ungemein starke ROtung
des gesamten Tieres, die scbon vor Beendigung der In-
jektion beginnt und, stfirker werdend, namentlich die
Schnauze, die Augen und die Pfoten lebbaft rot erscheinen
lasst. Spritzt man nun einer tumorkranken Maus diese
Menge ein, so zeigt sich nach den beiden ersten Injektionen,
die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen vorgenommen
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Tumoren.
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werden, kaum eine Ver&nderung. Erst nach der dritten
Injektion konstatiert der palpierende Finger eine deutliche
Erweichung des T.; diese Erweichung wird nach der vierten
Injektion noch deutlicher, so dass man nunmehr schon
nicht mehr das Gefiihl eines festen T., sondern das Gefuhl
einer fluktuierenden Zyste hat. Sofern das Praparat che-
misch gut ist, macht sich nun nach der dritten, besonders
aber nach der vierten Injektion eine Resorption des ver-
flttssigten Tumorinhalts bemerkbar: Der weiche, fluktuierende
Sack wird kleiner, die Tumorkapsel wird schlaffer, zu
gross fiir den Inhalt, und bei m&ssig grossen T. hat man
bereits nicht mehr die Konfiguration eines zirkumskripten
T., sondern es ist nur ein langlicher Odematoser Strang
zu fiihlen. Als Fol'ge der funften und sechsten Injektion
nimmt bei giinstigem Heilverlauf die Resorption und Yer-
kleinerung weiter zu, man bekommt das Gefuhl des „leeren
Sackes“, und falls nicht interkurrente Krankheiten da-
zwischenkommen, resorbiert sich auch der letzte Rest,
und das Tier wird innerhalb etwa zehn Tagen unter Ver-
schwinden jeglichen Tumorrestes vbllig geheilt. Allerdings
geht diese ungestorte, glatte Heilung durchaus nicht stets
so vor sich, sondern hftufig, besonders bei grbsseren T.,
die etwa PflaumengrQsse haben und bei denen die Ver-
fl&ssigung und Erweichung des Inhalts sehr schnell und
stdrmisch vor sich geht, werden die Tiere nun allgemein
schwer krank, fiihlen sich kalt an und gehen zugrunde.
Dieses Vorkommnis ist so haufig und regelmassig, dass
kein Zweifel dariiber sein kann, dass diese Erkrankung
mit der Resorption des verfliissigten Tumorinhalts in Zu-
sammenhang steht. Die Tiere erliegen in solchen Fallen
der Toxizitat ihrer resorbierten Tumormassen. Was die
Frage des Rezidivs bei den geheilten Tieren angeht, so
haben Yerf. geheilte Tiere monatelang in Beobachtung,
ohne dass ein Rezidiv aufgetreten ist. Sie kbnnen also
sagen, dass, sofern es gelingt, bei den Tieren alle Tumor-
zellen zu zerstOren, kein Rezidiv mehr eintritt. Umgekehrt
haben sich Yerf. aber auch iiberzeugt, dass, wenn auch
nur geringe Reste von Tumorgewebe tibrigbleiben — was
besonders dann der Fall ist, wenn sich aus technischen
Griinden nicht geniigend intravenose Injektionen ausfiihren
lassen — ein Rezidiv meistens sehr rasch auftritt. Ob-
duziert man eine Maus in dem Stadium, in dem man das
Gefuhl der Erweichung und Verflussigung des T. hat, so
zeigt sich makroskopisch der sonst solide und grauweisse
T. intensiv rot gefarbt gegenGber der entweder farblosen
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Tumoren.
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oder nur schwach rot gef&rbten Umgebung. Es hat sich
also das Mittel elektiv in dem T. aufgespeichert. Man
kann ferner beobachten, dass der T. mehr oder weniger
zerfallen 1st und aus brockeligen Massen besteht, die zum
grbssten Teil frei beweglich dem Kbrper aufliegen, also
aus ihrer Yerwachsung gelost sind. Obduziert man Mause,
die in der Heilung sehon weiter vorgeschritten sind, bei
denen man also das Gefiihl des „leeren Sackes“ hat,
d. h. fiir den Finger kein T. mehr zu konstatieren ist,
so findet man makroskopisch an Stelle des T. eine speckige
Detritusmasse, die, je nachdem nach der letzten Injektion
mehr oder weniger Zeit verflossen ist, mehr oder weniger
rot gef&rbt ist und in nichts mehr dem friiheren Tumor-
gewebe ahnlich sieht. Man kann also sehon makroskopisch
den ungemein starken therapeutischen Effekt dieses Mittels
konstatieren. Auf Grund der wiedergegebenen Tatsachen
kbnnen Verf. behaupten, dass es mbglich ist, mittels eines
geeignet hergestellten Eosinselenpraparates von der Blut-
bahn aus bei Mausen in voller Entwicklung befindliche
T. infolge Zerstorung ihrer Zellen zur Erweichung, zur
Resorption und, wenn die T. nicht im Verhaltnis zum
Korpergewicht des Tieres bereits allzu gross sind (bis
Kirschgrosse), zur Heilung zu bringen, ohne dass Rezidive
auftreten. Damit ist naturgemass nur eine prinzipielle
wissenschaftliche Tatsache festgestellt, n&mlich das Faktum,
dass die bisherige Anschauung, wonach es nicht moglich
sei, mit chemischen Mitteln von der Blutbahn aus elektiv
in einen T. hereinzugelangen und ihn zu zerstoren, un-
haltbar ist. Yerf. mochten aber ganz besonders, um falsche
Hoffnungen und Aufregung unter den tumorkranken
Menschen zu verhiiten, ausdrticklich darauf hinweisen,
dass sie vorlaufig keinen Anhaltspunkt dafiir besitzen,
dass dieses Mittel auch bei - tumorkranken Menschen in
ahnlicher Weise wirken wird. Verf. sind dieser Frage bis
jetzt noch nicht nahergetreten. Wohl diirfte es nicht
aussichtslos erscheinen, da jetzt ein prinzipieller An-
fang gemacht und fester Boden gewonnen ist, durch kon-
sequentes Fortarbeiten auf diesem Wege Fortschritte
auch fiir die menschliche Therapie zu erzielen. Nach¬
dem nunmehr im Selen und Tellur Mittel erkannt sind,
welche Tumorzellen im lebenden Zustande zerstoren
konnen, und nachdem festgestellt ist, dass man auf ge-
eignetem chemischen Wege diese Substanzen an die Tu-
morzelle von. der Blutbahn aus heranbringen und so
Heilungsvorgange bei Geschwtilsten ausldsen kann, wird
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Tumoren — Vermischtes.
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es nun selbstverst&ndlich die Aufgabe kanftiger inten-
siver chemisch-biologischer Arbeit sein, dieses hierdurch
neu erschlossene Gebiet weiter auszubauen.
(Deutsche med. Wochensohrift 1911 Nr. 51.)
Vermischtes.
Zur Frfiftmg der Fnpillarreaktion. Von Dr. Helm bold (Danzig).
Autor schreibt: „Es gibt F&lle, bei denen man auch unter
genauester Befolgung der bislier ublichen Untersuchungs-
methoden ilber noch vorhandene oder bereits erloschene
Pupillarreaktion im Zweifel bleibt. Im folgenden will ich
eine Priifungsart beschreiben, welche die Unsicherheit heben
und vSllig exakte Resultate erzielen kann. Dieselbe be-
dingt allerdings auch eine gewisse EinschrSnkung in ihrer
Anwendung, beruht sie ja hauptsachlich auf der Beobachtung
des Untersuchten durch sich selbst. Aber wie die grosse
Reihe der von mir Untersuchten, unter denen sich viele
Kinder, Arbeiter usw. befanden, deren Intelligenz oft recht
erheblich zu wilnschen tibrig liess, beweist, lSsst die Me-
thode fast niemals im Stiche. In einem vollig verdunkelten
Zimmer schaut der Pat. auf eine 5—6 m entfernte Licht-
quelle, am besten eine Lampe, die durch eine runde Oeffnung
von zirka 5 cm Durchmesser ihre Strahlen austreten lasst
und im tibrigen moglichst ausgiebig abgeblendet ist. Der
Pat. erhalt in einem Brillengestelle vor jedes Auge zirka
-T-40 Dioptrien gesetzt; jetzt erscheint ihm die Flamme
als runde leuchtende Scheibe. Verdunkelt man sie durch
die vorgehaltene Hand, einen Pappdeckel usw. und lSsst
sodann das Licht wieder ungehindert passieren, so ver-
engert sich die Scheibe in ihrem Durchmesser oder sie
bleibt in ihrer Grosse unverandert. Durch diese Versuchs-
anordnung bleibt eine etwaige Warmewirkung der Licht-
strahlen auf die Reaktion ausgeschlossen. Die allerfeinste
Bewegung des dunklen Scheibenrandes wird von dem Un¬
tersuchten sofort bemerkt. Dabei ist er zugleich imstande,
Ober die §chnelligkeit der Schwankung sowie aber die
Form der Scheibe, ob sie rund, oval, ausgezackt usw. ist,
Auskunft zu geben. Durch allm&hliche Verminderung
der Lichtintensit&t l&sst sich die Grenze der eben nocli
wahrnehmbaren Reaktion feststellen. Ist die Hornhaut so
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Vermischtes.
stark getrtibt, dass man den Pupillarrand bei fokaler Be-
leuchtung nicht mehr sicher unterscbeidet, so leistet die
obige Methode immer noch zufriedenstellende Resultate.
Will man erfahren, ob die wahrgenommenen Scheiben der
beiden Augen an Grosse und Form differieren, so setzt
man vor das eine Auge noch ein starkeres Prisma mit
der Basis nach oben oder unten; es erscheinen dann die
Scheiben tibereinander und kbnnen. verglichen werden.
Refraktionsunterschiede mtissen hierbei natOrlich berQck-
sichtigt und eventuell korrigiert werden. Die PrOfung der
direkten, indirekten sowie der durch sensible Reize hervor-
gerufenen Reaktion gelingt ohne Schwierigkeiten. Bei
Konvergenz- und Akkommodationsreaktion muss schon
etwas mehr Mtihe verwendet werden, ausserdem ist hier
in ErwSgung zu ziehen, dass durch die Akkommodation
selbst die geiinderte Linsenwolbung die eintretenden Licht-
strahlen konvergenter macht wie im Ruhezustand und
dadurch das Scheibenbild verkleinert. Der Leser hat in-
zwischen herausgefunden, dass das oben beschriebene
PhSnomen seine eiofache ErklSrung durch den Gang der
Lichtstrahlen findet. Durch Yorsetzen von—40 Dioptrien
vor das emmetropische Auge werden die eintretenden Licht¬
strahlen divergent gemacht und sodann, sobald sie in das
nicht akkomodierende Auge kommen, derart gebrochen,
dass sie annahernd parallel bis zur Netzhaut gelangen und
dort der Pupillengrosse entsprechend eine Fl&che beleuchten.
Bei vorhandener Myopie ist deren Wert zu der obigen
Dioptriehzahl hinzuzufiigen, bei Hypermetropie in Abzug
zu bringen. Man kann an Stelle der Konkavgl&ser auch
starke Konvexgl&ser verwenden; dieselben entwerfen durch
Zerstreuungskreise die leuchtenden Scheiben, bereiten aber
wegen der schwierigeren Zentrierung grossere Hindernisse
und vermindern die Genauigkeit der Resultate."
(Medizin. Klinik 1911 Nr. 47.)
— Eine Wnndklammer-Zange. Das neue Instrument dient zum
Einsetzen und Entfernen der von Michel angegebenen
kleinen Wundklammern. Das Zangenmaul ist so einge-
richtet, dass mit Hilfe der auf der einen Seite vorgesehenen
Krallen die Metallklammern eingesetzt werden, wfthrend
die ineinandergreifenden Vorsprunge der andern Seite dazu
dienen, die in der Wunde befindlichen Klammern zu
fassen und aufzubiegen, worauf deren Entfernung leicht
bewerkstelligt werden kann. Das Instrument vereinigt in
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Vermischtes.
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sich verschiedene erhebliche Vorteile. Der erste besteht
in seiner doppelseitigen Anwendbarkeit, sowohl zura Ein-
setzen als zum Entfernen der Wundklammern. Sodann
kann die Entfernung der Klammern hiermit geschehen,
ohne die bei andern diesem Zwecke dienenden Instru-
menten so sehr geftirchteten Zerrungen und Schmerzen
zu verursachen. Ein dritter Vorteil besteht darin, dass
die betr. Wundklammer bei der Entnahme wieder ge-
brauchsfahig gestreckt wird. Das Instrument ist gesetzlich
geschtitzt und kostet M. 10. Es ist zu beziehen dureh
den Fabrikanten H. Windier, Instrumentenfabrik, Berlin N.,
Friedrichstrasse 133 a. ( Arztli;he Polytechnic 1911 Nr. 11.)
— Eine Bade-HAngematte. Die neue Bade-Hangematte, welche
insbesondere ftir die Pflege geisteskranker und gebrech-
licher Personen Bedeutung haben dQrfte, besteht aus einem
entsprecbend zugeschnittenen Sttick haltbaren, gutgewebten
Nesseltuchs von hellgelber Farbe, an welches am Rande
zehn Gurtbftnder angenaht sind. Zum Anbringen bzw.
Einhangen der Matten sind extra hierzu gefertigte Haken
aus Eisen bestimmt, welche je mit einer Oese verbunden
sind. Die Haken sind derart praktisch konstruiert, dass
sie spielend an jeder vorhandenen Badewanne, selbst an
Kinder-Badewannen, angebracht werden ktinnen. Das
Durchziehen der an der Matte angenahten Gurte ist sehr
einfach, und durch das doppelte Einziehen bzw. Retour-
einziehen derselben ist ein Gleiten absolut unmSglich. Die
Oesen sind also keine sogenannten Schnallen, da der Stift
an ihnen ganz entbehrlich ist; daher ist eine Yerletzung
oder Bescliadigung der Kranken undenkbar. Die Matte
ist eine besondere Sache ftir sich und mit keinem Metall-
stdck in Verbindung, kann also jederzeit einer griindlichen
Reinigung unterzogen und wie jedes Waschesttick fQr sich
erneuert werden. Auch ist sie ftir Privathau9halt, Hotels
und Bader zu empfehlen, da bei ihrer Verwendung gegen
ansteckende Krankheit besserer Schutz gewahrleistet ist.
Vorgesehen ist schliesslich noch ein Liegekissen, welches
ohne jede Weiterung angebracht werden kann. Weitere
Auskunfte durch Gottlieb Biihler, Jacquard-Weberei in
Ileidenheim a. d. Brenz (Wurttemberg).
(Ebenda.)
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Biicherschau.
Biicherschau.
Caspers Handbnch der Cystoskopie (Leipzig, G. Thieme,
Preis: M. 25) ist in 3. Auflage erschienen. Das will ffir
ein Buch, das einem so speziellen Gebiete gewidmet und
so umfangreich ist, sehr viel bedeuten. Ein solcher Er-
folg macht eigentlieh jedes empfehlende Wort uberflfissig.
Erwahnt sei nur, dass der Verfasser vieles umgearbeitet
and hinzugeffigt hat, so dass ffir die Besitzer frfiherer
Auflagen die Notwendigkeit besteht, sich die neue dafilr
anzuschaffen. — Auch ein anderes — im gleichen Verlage
erschienenes — Buch empfiehlt sich selbst. v. Ziemssens
Rezepttaschenbucb, bearbeitet von H. Rieder, das in
9. Auflage vorliegt (Preis: M. 3.60), ist den meisten
Praktikern als zuverlassiger Fiihrer bekannt. Wer fiber
ein Arzneimittel Auskunft haben, wer zweckentsprechende_
Rezepte (mit Preisangabe) verordnen will, der kaufe dieses
Bttchlein.
— Weber Neurorezidive nach Salvarsan- nnd Quecksilber-
behandlung unterrichtet das gleichnamige Buch Bena-
rios (Mfinehen, J. F. Lehmann), dem Ehrlich selbst
ein empfehlendes Vorwort gewidmet hat. Es ist fiberaus
dankenswert, dass Benario dieses — jetzt so viel erfir-
terte und wichtige — Gebiet monographis’ch bearbeitet
hat, und wer mit Salvarsan arbeitet, wird gut daran tun,
das Buch eingehend zu studieren.
— Weyl, Handbnch der Hygiene. Leipzig, Joh. Ambr. Barth.
Das weitverbreitete Handbuch, das in der Kritik und bei
den Aerzten allgemeine Anerkennung gefunden hat, er-
scheint in zweiter Auflage, von der die ersten beiden
Lieferungen vorliegen. Lieferung 1 (Preis: M. 9) enthalt
aus der Feder F. Eulenburgs: „Bedeutung der Lebens-
mittelpreise fttr die Ern&hrung w und A. Stutzer: „Nah-
rungsmittel“, zwei hygienisch eminent wichtige Kapitel,
deren Studium warm zu empfehlen ist. Noch mehr In-
teresse verdient die zweite Lieferung: „Schulhygiene“ von
Bargerstein und Netolitzky (Preis: M. 25), worin
ganz eingehend alle Einzelheiten dieses Gebietes erfirtert
werden; ein Handbuch, das auf dem Tische jedes Prak-
tikers dauernd liegen und studiert werden mfisste. 196 Ab-
bildungen begleiten den Text und tragen zum Verstand-
nisse wesentlich bei.
Ffir den redaktionellen Toil verantwortlicb:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
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L
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Brscheint am
Anfang elnes jeden Monatg.
M 9 .
Frels des Jabrganga 6 Mi.
ezkl. Porto.
Excerpta medioa.
Kurze mon&tllohe Journ&l&nsz&ge
aua der gesamten Faohliteratur
znm Gebrauch far den praktischen Arzt.
Herauagegeben von Dr. med. Eugen Oraetxer in JFriedenau-Berlin.
Taring ron Carl Sail maun, Leipzig*
Jail. XXI. Jairtm 1912
AnSmien. H. Finkelstein. Ueber die A. des frfihestsn
Kindesalters. In diesem „klinischen Vortrage“ bespricht
F. zunficlist die „Scheinan&mien“, wie sie besonders bei
pastfisen und erethischen Kindern so wie als Folge un-
zweckmfissiger Ernahrung zu beobachten sind. Dann geht
er auf die wahren A. fiber, die entstehen, wenn die Kinder
zu geringen Eisenvorrat mit auf die Welt bringen oder
dieser sich durch zu lange eisenarme Ern&hrung erschfipft.
Er-erortert die A. auf Grund konstitutioneller SchwSche
der blutbildenden Organe, die Anaemia pseudoleucaemica
infantum, die sekund&ren A. Zum Schluss wurdigt er
die Behandlung der einzelnen Formen. Sehr dankbare
Objekte ffir die Therapie sind mit Ausnahme der A. auf
Grund konstitutioneller Schwfiche der Blutbildung alle auf
angeborenen Verh<nissen beruhenden A. Bei Storungen
infolge zu lange fortgesetzter eisenarmer Nahrung wird
die Diat eingreifend ge&ndert. Es genfigt nicht etwa, bei
andauernder reichlicher Milchkost einfach eisenhaltige Bei-
nahrung zuzulegen, sondem der Milchanteil ist energisch
zu beschrfinken, daffir entsprechend mehr Kohlehydrat in
Form von Suppen, Breien, wenn irgend angSngig auch
schon Semmel oder Brot, zu verabfolgen und farbige Ge-
mfise, Gemfisesuppen, Obst, Fruchtsfifte zweimal taglich
in nicht zu kleinen Mengen beizugeben. Dabei braucht
man mit etwas grfiberen Speisen nicht allzu fingstlich zu
sein, im Gegenteil scheinen solche oft ganz besonders gut
zu bekommen. Um eine bei starker Beschrfinkung der
Milch drohende Eiweissarmut der Kost zu verhOten, soli
t&glich ein Teelfiffel Fleischpfiree oder Fleischsaft, etwas
25
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Au&mien.
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weisser Kase, bei solchen, die es vertragen, auch ein halbes
Ei verordnet werden. Bei Scheinan&mien pflegt diese Kost-
anderung allein zu gentigen,. um in wenigen Wochen eine
sinnfallige Aenderung im Wesen und Aussehen des Kindes
za bewirken, bei Oligosideramie dagegen ist die medika-
mentbse Eisenzufuhr nicht zu entbehren. Bei den A. in-
folge angeborenen Eisenmangels wirddas gleiche diatetische
Verhalten angezeigt sein, mit den durch das geringere
Alter der Kinder gebotenen Modifikationen. ZweckmSssiger-
weise erhalten alle jenen Kinder, die far die A. vorbestimmt
erscheinen, schon vom vierten oder fQnften Monat ab,
wenn mffglich schon fruher, etwas Fruchtsaft und moglichst
bald GemOsebeikost. Die A. zu verhtiten oder zu be-
heben, ist auf diese Weise allein aber nicht sicher mbg-
lich. Die Kinder bleiben vielmehr fast immer Mass und
schlaff, auch wenn die Pflege und Lebensverhaltnisse tadel-
los sind. Dm hier zu helfen, bedarf es wiederum der
Eisenmedikation, die sich als Tonikum ersten Ranges be-
wahrt. Schon nach einer Woche pflegt die Besserung der
Farbe, die Zunahme der Agilitat, die gQnstige Beeindussung
der Stimmung deutlich zu werden. Untersucht man nach
2—3 Wochen yviederum das Blut, so zeigt sich allerdings
das ftberraschende Ergebnis, dass im Gegensatz zu der
Besserung des Aussehens und des Allgemeinbefindens Zell-
zabl und Hamoglobingehalt noch keine oder eine nur sehr
geringe Zunahme aufweisen. Um diese zu erreichen, ist
eine erheblich langere Eisendarreichung erforderlich. Danach
darf die Dauer der Eisenbehandlung nicht unter einem
Vierteljahr betragen; far die Beantwortung der Frage, ob
spater Wiederholung notig ist, reicht F.s Material gegen-
wartig nicht aus. Der Yerwendung der teuren, kompli-
zierten, auf ihre Yerwertbarkeit im KOrper zum grosser)
Teile noch nicht genOgend gepraften und zum Teil wohl
auch wegen ihrer sonstigen Bestandteile far den Saugling
nicht ganz gleichgaltigen Spezialitaten kann das Wort
nicht geredet werden. Die mit dem einfachen Ferrum
carbonicum saccharatum, Ferrum oxydulatum saccharatum
solub. erzielten Ergebnisse sind so ghnstig, dass anderes
kaum ndtig ist; allenfalls kdnnte noch zu Eisenalbuminat*
verbindungen, wie Ferratin, Carniferrin und Triferrin, ge-
griffen werden. Als Dosis verwendet man zweimal tSglich
eine kleine Messerspitze. Far die Heilung sekundfirer A.
ist naturgem&ss die Beseitigung der prim&ren Ursache die
erste und wichtigste Vorbedingung. Am schlagendsten
beweisen das die Fftlle syphilitischer Aetiologie, die sich
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An&mien.
371
bei energischer spezifischer Behandlung nicht eelten ohne
weiteres Zutun bessern. Aehnlich wirkt, um einige wenige
Beispiele anzufQhren, die Behebung einer Ernahrungs-
stbrung, einer Furunkulose, eines Ekzems, einer Zystitis.
Eine der wichtigen Ursachen der sekundaren A. im SS,ug-
lingsalter, die chronisch rezidivierenden Respirationskatarrhe
weichen bekanntlich h&ufig nicht eher, als bis die Kranken
eine staub- und bakterienfreie Luft atmen. Daher ver-
spricht in diesen und alien ahnlich gelagerten Fallen eine
Freiluftkur um so mehr Erfolg auch far die Heilung der
A., je gOnstiger die neuen Verhaltnisse sich gegen die
frUheren abheben. (Berliner klin. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
— XTeber nnsere Misserfolge mit der Blnttransfosion bei perni-
zibsen A. Von Privatdoz. Dr. Bennecke (Medizin. Klinik,
Jena). Fasst man das aus den mitgeteilten Kranken*
geschichten sich ergebende Urteil kurz zusammen, so lasst
sich sagen, dass eine uber jeden Zweifel erhabene Besse-
rung des Blutbefundes in keinem Falle beobachtet wurde,
Nur nach einer der fanf Transfusionen fand sich eine
geringe Vermehrung von Hb und roten Blutkbrperchen.
Auch die subjektiven Besserungen halten einer objektiven
Kritik nicht stand; denn die Besserung der Symptome
kann auch spontan sich entwickeln, da monate- und jahre-
lange Remissionen der pernizidsen A. selbst bei desolaten
Fallen als unberechenbarer Faktor auftreten konnen. Der
Eingrifif ist — darin sind sich alle Autoren einig — nicht
gleichgiiltig, auch dann, wenn keine Hamolyse eintritt.
Die Transfusionen waren als ultimum refugium meist in
den terminalen Stadien der Krankheit ausgeftihrt. ^
(Manoh. med. Wochenschrift 19X2 Nr. 11.)
— TJeber Frothaemin. Von Dr. Paul Korb. (Aus dem Diako-
* nissenkrankenhaus „Bethanien“ in Liegnitz.) Das neue,
von Geheimrat Salkowski (Berlin) zuerst zur Darstellung
gebrachte Bluteiweisspraparat, unter dem Namen Prothae-
min eingefQhrt, ist ein trockenes Pulver, staubfein, schoko-
ladenbraun, frei von Ei^engeschmack und -geruch. For
seine Stellung unter den Nahrpraparaten ist von Wichtig-
keit, dass es einmal die gesamten Eiweisskbrper des Blutes
und ferner, was ganz besonders hervorgehoben werden
muss, seinen gesamten Gehalt an Eisen sowie reichliche
Quantitaten organisch gebundenen Phosphors enthalt. Der
Eisengehalt des Prothaemins betragt etwa 0,2%, ist also
fGnfmal so hoch wie der Eisengehalt frischen Blutes. Da
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372
An&mien.
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gemass der Darstellang fdnf Teile Blut einen Teil Prot-
haemin ergeben, 1st die St&rke des Prothaemins dem
FQnffachen der bekannten vielen HSmatogenprfiparate ent-
sprechend. Die Resorbierbarkeit des Prothaemins ist eine
ausserordentlicb rasche. Verf. hat in einer grossen Reihe
von Fallen das Prothaemin angewandt und nur Gutes
von iktn gesehen. Die Resultate, die Yerf. an zwQlf im
Krankenhaus genau beobacbteten Pat. gewonnen hat, hat
er der besseren (Jebersicht wegen in einer Tabelle zu-
sammengestellt; bei den ftbrigen Kranken war teijs die
Dauer der Beobachtung zu kurz resp. die Beobachtung
selbst, da die Kranken ambulant mit dem Mittel behan-
delt wurden, nicht so genau durchfuhrbar wie bei den
Krankenhauspat., so dass er die an ihnen gewonnenen
Resultate nicht in die Tabelle aufgenommen hat. Aber
auch bei ihnen alien waren, was er ausdrCteklich hervorheben
mOchte, die Resultate recht zufriedenstellend und zur weiteren
Verwendung des neuen Mittels ermutigend. Als Resultat
seiner Beobachtungen mOchte Verf. zun&chst hervorheben,
dass irgendwelche unerwflnschten Nebenwirkungeh nicht
aufgetreten sind. Gelegentlich war eine deutliche Anre-
gung des Appetits zu konstatieren. Das Allgemeinbefinden
hob sich, die Zahl der roten Blutkbrperchen und der Hftmo-
globingehalt des Blutes gingen in die H5he. Das Pr&-
parat wurde im allgemeinen gem genommen und in keinem
einzigen Fall zurtickgewiesen. Durchgefflbrt wurde die
Kur in der Mehrzahl der F&lle bei Chlorosen, A. und
Schw&chezust&nden verschiedener Art, femer bei Lungen-
tuberkulose in den Anfangsstadien und einem bereits ziem-
lich fortgeschrittenen Fall. Dabei mSchte Verf. bemerken,
dass in keinem der zwolf Falle das Kfirpergewicht stehen
blieb oder abnahm. Ja, besonders zu betonen ist, dass
auch in Fallen von beginnender Phthise, selbst bei
dem nach dem objektiven Befund bereits ziemlich vor-
geschrittenen Fall, ein deutlicher Gewichtsansatz zu er-
zielen gewesen ist. Auch bei schweren A., Zustfinden,
bei denen im allgemeinen schwer eine Zunahme des
KOrpergewichts zu erreichen ist, wurde unter Zuliilfenahme
des Prothaemins eine solche erzielt, in einem Falle sogar
von 4 x / 2 kg innerhalb von vier Wochen. Als Darreichungs-
weise hat sich am besten die Auflbsung in Milch oder
Kakao bewShrt, und zwar wird das Pulver zuerst mit
etwas kaltem Wasser angerQhrt und dann, wenn es voll-
kommen geldst ist, was ziemlich schnell der Fall ist,
warme Milch od. dgl. nach Belieben zugesetzt. Es
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Anarnioa — Antisepsis, Asepsis, Desrafektion. 373
kommt auch als Prothaemin- Kakao reap. Prothaemin-
Schokolade in den Handel, die genau ebenso zubereitet
werden wie sonst Kakao oder Schokolade. Letztere kann
auch roh genossen werden. Es empfiehlt sich, das Mittel,
das Verf. meist dreimal tSglich 1—2 geh&ufte Kaffeelbffel
voll (vereinzelt auch etwas mehr) nehmen liess, einige
Zeit, etwa eine Stunde nach der Nahrungsaufnahme, zu
geben, da einige besonders empfindliche Kranke meinten,
unmittelbar nach dem Essen genommen, verursache es
ihnen geringe Magenbeschwerden, eine Stunde nach dem
Essen jedoch nicht. Aber auch diese Klagen waren nur
sehr geringfugiger Natur und nur ganz vereinzelt, bei ein
oder ''zwei Lungenkranken, vorhanden.
(Deutsche med. Wochenechrift 1912 Nr. 11.)
Antisepsis! Asepsis, Peeinfektion. FraktUche Er-
ftthrnng liber Sterilisiernngsmethoden von Gnmmi-
handschuhen. Yon Dr. Bronislaw Kozlowski. „Heut-
zutage stimmt wohl die Mehrzahl der Chirurgen dahin
(iberein, dass zu Zwecken der Asepsis das Operieren mit
Handschuhen das geeignetste Mittel ist. Nur handelt es
sich darum, dass die Handschuhe haltbar und nicht lbcherig
sein sollen. Die Erfahrung hat mich nun gelehrt, dass
die unten angegebene Behandlung der Gummihandschuhe
besser ist als alle bisnun angegebenen Methoden, und des-
halb empfehle ich dieselbe zur allgemeinen Anwendung.
Eine Lbsung von 5 g Sapo viridis oder 10 g Spiritus sapo-
natokalinus auf 1 1 Wasser wird in einem beliebigen Ge-
fftss zum Sieden gebracht. Mit der bereits gekochten
Lbsung wird der Handschuh vollgefQllt und in obiges
Gefftss zurftckgelegt. Vermbge seiner jetzt erlangten Schwere
schwimmt der Handschuh nicht mehr an der Oberfl&che
der Flfissigkeit, sondern taucht unter, wodurch seine beiden
Flftchen von der sterilisierenden FlOssigkejt bespQlt werden.
Nach 15—20 Minuten Sterilisierungsdauer kann der Hand¬
schuh, infolge der Seifenlbsung schlQpfrig gemacht, ohne
vorheriges Absptllen oder Trocknen leicht auf die Hand
gezogen werden. Will man das Schliipfrige der Aussen-
seite beseitigen, dann genilgt einfaches Absptllen mit
destilliertem Wasser oder einer DesinfektionsflQssigkeit,
z. B. Sublimat. Falls man beim Anziehen des Hand-
schuhes bemerkt, dass das Wasser durch eine kleine Ritze
im Finger durchsickert, verwende ich einen der Finger-
linge, die stets mit den Handschuhen mitgekocht werden.
Nach vollendeter Operation wSscht man die Handschuhe,
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374
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
ohne sie von der Hand zu ziehen, mit Bfirste und Seife,
stfilpt sie, noch mit Seifenschaum bedeckt, um, spiilt mit
reinem Wasser durch und lasst sie mit der Innenseite
nach aussen 'auf einer schiefen Glasplatte in einem gut
durchlfifteten Raume trocknen. Nach einigen Stunden
werden die Handschuhe vom Wartepersonal, ohne einge-
pudert zu werden, auf ihre Aussenseite gewendet und bis
zum vollstandigen Trocknen liegen gelassen. Der Vorteil
dieser Methode liegt im Wegfall stundenlanger Dampf-
sterilisation, die gewiss von Nachteil ftir das Material ist,
wie auch in Ersparung miihevoller Yorbereitungen, wie
z. B. Aufspannen auf Drahtgestelle, Einpudern, Fiillen
der Finger mit Watte usw.“
(Mtinch. med. Wochensohr. 1911 Nr. 51.)
— Ueber die desodorisierende nnd desinfizierende Wirkung
des Albinpuders. Yon Dr. med. vet. Stolpe (Hamburg).
Yerf. hat mit dem Praparat Versuche angestellt. Der
Albinpuder besteht nach Angabe der Firma aus Zink-
superoxyd, Bors&ure, Talkum und etwas gereinigter, feinst
geschlemmter Kiesels&ure. Die bakterizide Kraft des Albin-
puders soil auf der Wirkung freiwerdenden SauerstofEs
beruhen, dessen TrSger das im Albinpuder unter anderm
enthaltene Zinksuperoxyd, ZnO a , ist. Die Ergebnisse der
Yersuche lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Der
Albinpuder ist vollst&ndig keimfrei. 2. Er wirkt desodo-
risierend. 3. Er entfaltet eine Starke Desinfektionswirkung.
4. Er besitzt eine grosse Aufsaugeftihigkeit.
(Mediiin. Klinik 1912 Nr. 10.)
— Ueber die Gefahren der Wnndinfektion durch das Sprechen
bei Operationen. Von Dr. Mendes de Leon, Privat-
dozenten in Amsterdam. „Seit der Veroffentlichung unserer
experimentellen Untersuchungen fiber die Gefahren einer
Wundinfektion bei Operationen durch Sprechen, im Archiv
f. klin. Chirurgie, Bd. 72, H. 4, habe ich eine Reihe von
Chirurgen in Berlin, Paris, Dfisseldorf, Hamburg usw.
operieren sehen. Hierbei fiel mir auf, dass zwar wohl
der Mund des Operateurs und seiner Assistenten w&hrend
der Operation bedeckt wird, aber in einer Weise, die
durchaus nicht die Gefahr einer Infektion ausschliesst-
und die tiberdies zweifellos ffir den Operateur hfichst un-
angenehm sein muss. Statt des von mir empfohlenen
Mundapparates werden Mund und Nase durch eine Gaze-
maske bedeckt, die ausserdem den ganzen Kopf umhfillt
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion — Asthma.
375
and nur die Augen frei lasst. Aus unseren Untersuchungen
hatte sich aber zweifellos ergeben, dass eine Gazemaske
durchaus keinen bakteriendichten Mundverschluss darstellt
und dass dadurch also die Gefahr einer Wundinfektion
durch feine Speicheltropfchen nicht aufgehoben wird. Wir
konnten feststellen, dass bei alien Maskenversuchen stets
noch eine grOssere Anzahl Bakterien durch einfache und
auch doppelte Gaze-Mull-Masken hindurchgingen. Die Fest-
stellung dieser Tatsache brachte uns dazu, einen kleinen
Mundapparat zu konstruieren, der mit absoluter Sicherheit
alle beim Sprechen aus dem Munde austretenden Keime
zurQckh< und dessen Zusammenstellung und Wirkung in
obiger Arbeit n&her besprochen ist. Bei diesem Apparat
bleibt die Nase frei und darf auch frei bleiben, weil von
dieser Seite aus die Gefahr einer Wundinfektion nicht zu
befQrchten ist und das Freibleiben der Nase fQr den Ope-
rateur selbstverstandlich besonders angenehm ist. Lanz,
der die Gesichtsmaske zur YerhQtung der Sprechluftinfek-
tion wohl zuerst getragen (Mdnch. med. Wochenschr. 1900,
Nr. 15), hat mir persOnlich mitgeteilt, dass er dieselbe
wegen Yerschlechterung der Respirationsluft und deren
unangenehmen Folgen (Benommenheit) bei grQsseren Ope-
rationen seit Jahren wieder verlassen hat. Ich operiere
nun schon seit einer Reihe von Jahren ausschliesslich mit
meinem ,SpeichelfSnger‘, ohne jemals irgendeine BelSsti-
gung empfunden zu haben. Diese meine Beobachtungen
bei Operateuren verschiedener Lander hinter ihren warmen,
hinderlichen Kopfverbftnden, welche dabei die beabsich-
tigte Wirkung nicht einmal erreichen, sowie die Veroffent-
lichungen von Guttmann in der Deutschen Monatsschrift
fQr Zalmheilkunde 1910/11 gaben mir Veranlassung, die
Fachkollegen noch einmal auf die eingangs erwiihnten
experimentellen Untersuchungen und den auf Grund der
Yersuchsresultate konstruierten Mundapparat (erhaltlich
bei Gudendag in Amsterdam und A. G. Hausmann in
St. Gallen) aufmerksam zu machen. u
(Munch, med. Wochenachrift 1911 Nr. 59.)
Asthma. Die Behandlung dee A. bronchiaJe und verwandter
Zust&nde mit Kalziumsalzen. Yon Dr. C. i Kayser.
(Aus der Mediz. Univers.-Poliklinik in Strassburg.) Aus
Verf.s Beobachtungen geht hervor, dass in einem Fall von
Heuasthma und in 13 Fallen von toils typischem A. bron-
chiale teils von asthmatischen ZustSnden durch Darreichung
von Chlorkalzium eine prophylaktische Wirkung erzielt
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376
Asthma.
werden konnte. Die Anffille nahmen nach 3—4tfigigem
Gebrauch einer 5%igen Lbsung von Chlorkalzium ab und
kehrten in einigen Fallen mebrere Monate lang nicbt mehr
wieder. Die Pat. gaben an, dass sie bald nach Verbrauch
der ersten 100—200 ccm der Medizin freier atmen konnten,
dass sich der Schleim lbse und die Nachtruhe ungestort
blieb, bis schliesslich ein anfallsfreier Dauerzustand ein-
trat. In einigen Fallen war das Mittel anderen Medika-
menten durchaus fiberlegen, in anderen wirkte es, nachdem
eine Entfernung von Nasenpolypen erfolglos geblieben
war. Es bandelte sich bei den Fallen um Pat. der ver-
schiedensten Altersklassen, der verschiedensten Berufe und
um Personen, die verschieden lange Zeit schon an ihrem
A. laborierten. Die Wirkung trat fast durchweg erst am
dritten Tage der Medikation ein. Es erwies sich als vor-
teilhaft, die Darreichung des Ealziums auf zirka acht
Tage auszudehnen, in denen das Mittel regelmassig ge-
nommen werden musste, und fQr diese Zeit zu ordinieren:
Rp. Calcii chlorat. (CaCl a ) 20,0
Sirup, simpl. 40,0
Aq. dest. ad 400,0.
MDS. 2sttindl. 1 Esslbffel
in Milch, lmal zu erneuern.
Irgendwelche schadlichen Nebenwirkungen wurden yon
dieser Medikation, die nebenbei den Vorzug der Billigkeit
hat (1 Flasche 20,0:400,0 kostet ca. 1 M.), nie beob-
achtet. (Therap. Monatshofte, Mftrz 1912.)
— Pathologie und Therapie des kardialen A. Klinischer Vor-
trag. Von Prof. Dr. H. Rosin (Berlin). Es sei hier das
fiber die Behandlung Gesagte wiedergegeben: Der typische
Anfall von Herzasthma erfordert raschwirkende, intensive
Behandlung. Unter den Medikamenten werden diejenigen
Herztonika bevorzugt, die rasch in die Blutbahn gelangen.
Deshalb empfiehlt sich die parenterale, d.«h. die subku-
tane, intramuskulfire oder intravenose Injektion; die per
os eingefuhrten Mittel storen nicht nur die Atmung, sondern
werden schlecht resorbiert, weil die Zirkulationsverhfi.lt-
nisse im Verdauungsapparat im Anfalle ungflnstig sind.
Auch im besten Falle wirken sie verhftltnismassig spfit.
Seit langem eingefuhrt ist die subkutane Injektion von
Kampfer und Koffein. Der Kampfer in oliger Lbsung,
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Asthma.
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zu 10®/o, wirkt reizlos auf die Haut, ist experimentell als
wirksam befunden und hat sich klinisch sicher bew&hrt.
Er ist ein unentbehrliches Mittel im AnfalJe. Da er vollig
ungiftig zu sein scheint, so sollte man mit den Einspritzungen
nicht sparen; alle Viertelstunde sind sie zu verabfolgen.
Auch dem Koffein ist eine gute herztonische Wirkung
zuzusprechen; soweit experimentell festgestellt ist, setztf
seine Wirkung nicht wie beim Kampfer am Herzmuskel
an, sondern am Tonus der Gefftsse und am Blutdruck.
Man gibt es am besten in 2°/oiger Lbsung, versetzt mit
ein wenig Karbol, da die Lbsungen leicht schimmeln und
ohnehin schon etwas reizen und schmerzen, also leicht
unter der Haut den N&hrboden fiir Keime abgeben kbnnen.
Auch hier empfehlen sich bei lang andauernden schweren
Anfallen mehrere Spritzen, in der Stunde allenfalls bis
zu drei. In neuerer Zeit btirgert sich anstatt der subku-
tanen Injektion immer mehr die intramuskulSre und intra¬
venbse (Mendel, Essen) ein. Die intramuskul&re Injektion
eignet sich besonders fiir Substanzen, die subkutan allzu-
sehr reizen. Schon das Koffein kann man intramuskul&r
schmerzloser einverleiben als subkutan. Die GlutSen, der
beste Ort far die Injektion, kommen freilich im asthma-
tischen Anfalle nicht immer in Betracht. Man nimmt dann
am besten die dicke Muskulatur an der Aussenseite des
Oberschenkels und spritzt unter denselben Kautelen ein
wie bei Injektionen in die Glut&en (Asepsis, Entfernung
der Spritze von der eingestochenen KanOle zur Prafung,
ob ein Gef&ss getroffen ist). Far solche intramuskularen
Injektionen eignen sich auch weiterhin gewisse Digitalis-
prSparate, die in Wasser lbslich sind, die aber subkutan
allzusehr irritieren. Vielfach verwendet ist bereits das
Digalen, dem auch eine grosse Zahl von Erfolgen zur
Seite steht. Man nimmt eine voile Spritze einer frischen
Flasche oder auch zwei und kann die Einspritzung inner-
halb einer Stunde ev. noch einmal wiederholen. Digalen
ist gelbstes Digitoxin. Auch das Digipurat, ein dialysierter
Trockenextrakt der Digitalisblatter, ist in neuester Zeit in
loslicher Form zu gleichem Zwecke eingefahrt worden.
Die Dialysate eignen sich sonst nicht zur parenteralen
Verabfolgung. In sehr bedrohlichen Fallen empfiehlt sich
endlich die intravenbse Injektion. Hierfar ist bis jetzt
fast ausnahmslos Digalen verwendet worden. Strophanthus-
praparate sind far die intravenbse Injektion zu giftig; aber
Digipurat liegt zurzeit keine Erfahrung vor. Die intra¬
venbse Injektion erfolgt in der Regel in die Aderlassvenen
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378
Asthma.
der Kubitalbeuge, nach Anlegung einer Staubinde am
Oberarm. Eine gewbhnliche Pravazsche Spritze ist vftllig
ausreichend. Nach der Einfdhrung der Kandle . in die
Vene, die man luftfrei mit Digalen gefallt hat, zieht man
zun&chst den Kolben der Spritze, far den man noch einen
kleinen Spielraum in der Spritze ubriggelassen hat, erst
ein wenig an, um zu sehen, ob Blut kommt, last dann
die Staubinde und spritzt ganz langsam, etwa innerhalb
einer Minute, die FlQssigkeit ein. Am vorsichtigsten ver-
f&hrt man, wenn man die Flassigkeit zentrifugal gegen
den Blutstrom injiziert. Einige Autoren sind fQr Ein-
fahrung von Adrenalin. Bei den widerspruchsvollen Re-
sultaten, die bisher in der Literatur dardber niedergelegt
sind, ist es ratsam, von dieser Medikation nur dann Ge-
brauch zu machen, wenn alles andere bis dahin versagt
hat. Man gibt eine Spritze der konzentrierten Ldsung
intraglut&ai, in der Absicht, den Gefasstonus und Blut-
druck zu heben, womit freilich auch die Widerstande far
das Herz sich erhdhen mdssen. Natdrlich kann man auch
Suprarenin oder Epinephrin in entsprechender Dosis ver-
wenden. Von einigen Autoren wird neben den Herzmitteln,
ja sogar an deren Stelle, zur Morphiuminjektion geraten.
Der Bronchialkrampf, der ahnlich wie beim asthmatischen
den Anfall begleiten soli, soli dadurch aufgehoben werden.
Es ist bekannt, dass Morphium vielfach bei schweren Herz-
erkrankungen sich als vorteilhaft erweist, und dass eine
Schadigung der Herzarbeit nicht nur nicht erfolgt, sondern
dass eine Besserung der Zirkulationsverhaltnisse auftritt.
Es existiert eine Reihe von eklatanten Wirkungen von
Morphium nach vergeblicher Verabfolgung von Herzmitteln.
Doch sind die Anschauungen der Autoren, wie es sich
vor etwa einem Jahrzehnt auf dem Wiesbadener Kongress
far Medizin bei der Debatte aber die Behandlung der
Angina pectoris gezeigt hat, durchaus geteilt. Es empfiehlt
sich jedenfalls, beim kardialen Asthmaanfall zur Mor-
phiumspritze erst dann zu greifen, wenn reichlich Herz-
mittel gegeben worden sind. und der erwanschte Erfolg
ausbleibt. Die medikamentosen Massnahmen sind zwar
die allein wesentlichen im Anfalle, doch gibt es einige
Unterstatzungsmittel pliysikalischer Natur. Hierher geh5ren
vor allem die irritativen Massnahmen. Bekanntlich ist die
Eisblase, auf das Herz gelegt, als Kaltereiz recht wirksam.
Sie vermindert und reguliert die Zahl der Herzkontraktionen.
Zuweilen aber wirken die thermisch entgegengesetzten
Umschl&ge, nftmlich die heissen, auf das Herz gelegt, besser;
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Asthma.
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heisse Wasserumschlgge,. so warm wie ertr&glich, sind oft
dem Kranken willkommen. Man verspricht sich auch von
heissen Wasserbgdern der Hande und Unterarme eine
gQnstige Reflexwirkung auf den gesamten Gefassapparat.
Endlich sind Sinapismen in Gebrauch, Senfpflaster oder
Einreibungen mit Senfspiritus auf die Herzgegend. Wenig
empfehlenswert sind Einatmungen von Riechstoffen. Eine
wirksame Massnabme ist der Aderlass. Er ist weniger
allgemein eingefuhrt, als er es verdient. Die Scheu des
Praktikers beruht hierbei durchaus nicht immer auf einem
Mangel an Uebung und Erfahrung bei dieser so einfachen
Manipulation. Es ist vielmehr die Sorge, dass bei un-
gilnstigem Ausgange des Leidens der Aderlass als Ursache
beschuldigt werden konnte, die den Arzt haufig davon
abhg.lt. Aber man sollte von derartigen Rhcksichten beim
Herzasthma sich nicht beeinflussen lassen. Denn eine
grQndliche Blutentnahme — nicht unter 200 g — bringt
oft grosse subjektive und objektive Erleichterung. Bei
Wiederholung der Anfalle braucht man vor oftmaligem
Aderlasse nicht zurtlckzuschrecken; das verlorene Blut
wird rasch ersetzt. Eine wichtige Erleichterung f(ir den
Pat. bildet im Anfalle die geeignete Lagerung. Das Bett
ist nicht der passende Ort far den Anfall. Der Pat. ge-
hort vielmehr in einen mit Kissen gutgepolsterten Lehn-
stuhl, vor dem man einen mit Kissen versehenen kleinen
Tisch aufstellt, damit der asthmatische Pat. seine Arme
aufstfitzen kann. Beengende Kleider sind sogleich zu ent-
fernen. Die Zimmer miissen durch Oeffnen der Fenster
ventiliert werden, riechende Stoffe sollen mSglichst beseitigt
werden. Ein wichtiges Hilfsmittel ist endlich der Sauerstoff,
der durch einen der bekannten Apparate nach Bedarf dem
Pat. zugefOhrt wird. Die vorstehende Darlegung der Thera-
pie betrifft im wesentlichen nur ausgesprochen schwere
Anfglle von kardialem A. Die leichteren, oft nur ange-
deuteten, die oft inmitten scheinbarer Gesundheit sich ein-
stellen oder schon vorhandene Herzbeschwerden kompli-
zieren, erfordern entsprechend weniger intensive Massregeln.
Auch kann man in milden Fallen ohne Einspritzung und
nur mit innerlich verabfolgten Herzmitteln auskommen.
Das Herzasthma ist am Ende nur ein Symptom, ein
symptomatischer Zustand, der auf der Basis seines Grund-
leidens zur Entwicklung kommt. Will man den ersten
Anfall oder wenigstens seine Wiederkehr verhiiten, so ist
dem Grundleiden vor allem Rechnung zu tragen. Denn
die beste Prophylaxe des Anfalles ist die Behandlung des
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380 .
Asthma — Combustio.
jeweiligen Herz- und Geffissleidens, und zwar nach
Grundsfttzen und Massnahmen, die aus der Pathologie
der Krankheiten des Zirkulationsapparates fiberhaupt zu
8ch6pfen sind. (Deutsche med. Wocheuschr. 1912 Nr. 16.)
Combustio. Der Maatiaolverband bei Verbrennungen. Von
Dr. O. Neugebauer (Ambulator, f. Haut- u. Geschlechts-
krankheiten von Privatdoz. Dr. M. Oppenheim in Wien).
Man zog zur Mastisolbehandlung die unkomplizierten Pfille
von C. zweiten und dritten Grades sowie ebensolche Caute-
risationes heran und traf hierbei die Auswahl, dass man nur
diejenigen mit Mastisol behandelte, welche erstens nicbt
zu ausgedehnt waren und die sicb zweitens an einer all-
seits gut zug&nglichen KOrperregion vorfanden. Darum
hat man z. B. solche Giesserverbrennungen, die sich vom
Fussrficken zwischen die Zehen hinein erstreckten, in der
bisher getibten Weise mit Borsalbe usw. verbunden, da-
gegen andere, die am Fussrficken melir proximal lokalisiert
waren, mit Mastisol, das hier eine vollst&ndige Abgren-
zung gegen die Umgebung bewirken konnte. Die Technik
war bei den ersten Fallen die, dass man den ganzen Krank-
heitsherd samt dessen Umgebung mit Mastisol bepinselte
und hierauf mit einem ziemlich dicken Wattegazebauscb
bedeckte. Die Abnahme erfolgte nach 2—3 Tagen, mit-
unter auch frtlher, wenn die Pat. fiber Schmerzen klagten
oder wenn dasSekret an denRandpartien desGazebausches —
dieser war anfangs manchmal der Flftche nach zu klein
genommen worden — hervorzutreten begann. Spfiter &n-
derte man das Verfahren in der auch von anderen ge-
flbten Weise ab, indem man nur die engere Umgebung
des eigentlichen Krankheitsherdes einpinselte. sich also
z. B. eng an die Konturen der zweit- oder drittgradig
verbrannten Partie hielt, hierauf ca. Va —1 Minute wartete
und dann das Ganze mit einer Schichte mehrfach gelegter
weisser Gaze bedeckte. Zum Schlusse ftthrte man noch
einige wenige Bindetouren fiber den Krankheitsherd. Selbst-
verstftndlich wurde der Pat. angewiesen, den Verband
nicht zu entfernen. Der weitere Yerlauf der Behandlung
war dann folgender: Die Pat. wurden, wo dies leicht ge-
schehen konnte (Hand- oder Armverbrennungen usw.)
tilglich revidiert, Fussverbrennungen u. dgl. kamen seltener.
War der Yerband in Ordnung, so wurde gar nichta ge-
macht, hfichstens wurde die Binde abgenommen und durch
eine neue ersetzt. Zeigte sich das Durchdringen des Se-
kretes durch die oberen Gazeschichten, wobei aber die
Combustio.
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Randpartien der Gaze gewOhnlich noch sehr fest hafteten,
so warden nur einige neue Gazeschichten auf die alten
gelegt, damit das Sekret weiter aufgesaugt werden konne,
dann kam wieder zum Abschluss der leichte Kalikover-
band, und so war eigentlich alles in Ruhe gelassen worden.
Bestanden etwas heftigere andauernde Schmerzen oder
sonst welche ungewbhnlicheren Symptome (Schwellung,
Hitzegeffihl usw.), so nahm man selbstverstfindlich den
Verband ganz ab, um nach der Ursache zu suchen, konnte
ihn aber fast immer wieder ruhig erneuern. In dieser
Weise' verging bis zur Lockerung des Mastisolverbandes
eine Woche, mitunter aucb mehr, und erst jetzt crfolgte
normalerweise die Abnahme. Dann verfuhr man, wenn
es noch notwendig war, in der gleichen Art bis zur Hei-
lung. Durch dieses Verfahren war grbsste Schonung der
erkrankten Partie moglick, und man war mit dem Krank-
heitsverlaufe in fast alien Fallen zufrieden. Ausser den
Schmerzen, die man nur zweimal als Nebenerscheinungen
durch die Mastisolbehandlung auffassen konnte, hat man
kaum Reizung gesehen. Ekzeme in der Wundumgebung
traten nicht auf, einmal waren ein paar kleine Pusteln
da, die aber oline weitere Ausdehnung wieder vertrock-
neten. Hiervon abgesehen, zeigten die Wunden oft nach
nicht zu tiefen Verbrennungen dritten Grades schon beim
ersten Verbandwechsel ein frischrotes Aussehen, waren
nahezu trocken und durch manchmal weit vorgeschrittene
Epithelialisierung vom Rande her in schflnster Heilung.
Speziell das frischrote Aussehen und der Mangel an $tar-
kerer freier Sekretion sind direkt aufgefallen. Die Sekret-
bildung ist natfirlich starker als ’ es den Anschein hat,
denn erstens saugt die Gaze viel auf und dann ist auch
der Herd mit Krusten, allerdings noch mehr mit dicken
Schuppen bedeckt. Wenn es irgend angangig ist, lasst
man alles in Ruhe und kann dann am Ende Krusten und
Schuppen leicht entfernen, worauf man an diesen Stellen
eine weitgehende Verkleinerung des ursprilnglichen Krank-
heitsherdes oder sogar vollstandige Heilung wahrnimmt.
Aufgeben musste man die Mastisolbehandlung nur in jenen
zwei Fallen, in welchen die Pat. fiber heftigere Schmerzen
klagten, die nicht bald an Intensitat nachliessen und bei
welchen dann unter Salbenverband Linderung empfunden
wurde, ausserdem auch dort, wo sich die Granulationen
spaterhin zu tippig entwickelten. Man wird diese Indi-
kation aber nicht als Fehler des Mastisols bezeichnen
kftnnen, denn dieses hatte die gute Granulationsbildung
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Combustio — Hfimorrhoiden.
ermbglicht, und nur dadarch, dass jetzt rasch nacheinander
Lapisieren notwendig war, wurde eine Hauptbestrebung
beim Mastisolverband, die voile Ruhigstellung, vereitelt.
Mitunter konnte man aber auch in diesen Fallen im L&ufe
der weiteren Behandlung wieder auf das Mastisol zurQck-
greifen und damit diese zu Ende fiihren. Beziiglich der
Zeitdauer sah man mancbmal nach aberraschend wenigen
Tagen Heilung eintreten; natiirlich kam auch lange Be-
handlungsdauer vor, im allgemeinen hatte man den Ein-
druck, dass die mit Mastisol behandelten F&lle eine gute
Heilungstendenz und demzufolge rasche Restitutio auf-
wiesen. Vorteile, welche die Mastisolbehandlung darge-
boten hat: 1. Die Wunde wird mehr geschont, als dies
bei taglich ein- bis zweimaligem Verbandwechsel auch
unter grOsster Yorsicht mbglich ist. Ein Abreissen fest
haftender Verbandstoffe, Bluten, Schmerz gibt es weit
seltener als sonst. Die Wundsekrete saugen sich in die
Gaze ein, statt wie etwa bei einem seit zwei Tagen nicht
gewechselten Salbenverband eine Obelriechende schmierige
Schichte an der Oberflftche der Wunde zu bilden. 2. Ausser-
dem kommt in Betracht, dass die neue Mastisolanwendung
fast immer erst nach ein paar Tagen notwendig wird,
dazwischen seitens des Arztes eine kurze Revision gentigt,
um festzustellen, dass alles in Ordnung ist. 8. Endlich:
eine minimale Menge Mastisol, welche ein ein- bis zwei-
mal eingetauchter kleiner Haarpinsel aufhimmt, ein viel-
leicht 1 dm* grosses Stack weisse Gaze sowie ein paar
Bindentouren genagen oft zum Verband far mehrere Tage.
Diesen sich dem Arzte nach kurzer Zeit darbietenden Vor-
teilen gesellt sich noch der weitere hinzu, dass Sekundar-
infektionen aberhaupt nicht so leicht entstehen konnen als
dort, wo eine Wundflache einem oftmaligen Verbandwechsel
ausgesetzt ist. An und far sich unterdrackt ja das Masti¬
sol dank seiner spezifischen Eigenschaften das Zustande-
kommen einer Infektion.
(Wiener klin. Wochensohrlft 1912 Nr. 10.>
Hfimorrhoiden. TJeber die extraanale (nnblutige) Be-
handlong der H. Yon Prof. I. Boas in Berlin. Es ist
jedem erfahrenen Arzte bekannt, dass bei H&morrhoida-
riern die Natur sich mitunter dadurch hilft, dass die
Knoten allm&hlich tiefer und tiefer heraustreten und dann
langsam einem Schrumpfungsprozess anheimfallen. Man
sieht dann um den Anus herum zahlreiche L&ppchen, die
nichts anderes sind als einstige Hftmorrhoidalknoten, die
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H&morrhoiden.
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im Laufe der Jahre ganz den Charakter epidermisartiger
Gebilde annehmen. Freilich bringt die Natur das nicht
immer zustande: die Knoten bleiben in der Rima ani
stecken und konnen auch dann no’ch zu Blutungen, na-
mentlich zu Exkoriationen und Ulzerationen, Veranlassung
bieten. Wo es aber vflllig gelingt, da epidermisieren sich,
wie gesagt, die Knoten, werden allm&hlich kleiner, harter
und fester und verlieren vollkommen den Charakter von
Varizen. Die Tatsache, dass die Natur selbst zuweilen
auf ungefahrliche Weise mit den Varizen fertig wird, weckte
Zweifel an der Richtigkeit der geheiligten LeHre von der
Gefahr der prolabierten Knoten. Von diesen Zweifeln
beherrscht ging Verf. vor vier Jahren zuerst dazu fiber,
in einem Falle von prolabiertem Solitarknoten diesen
extraanal zu lassen und zu versorgen. Auf Grund der
seit dieser Zeit gemacbten Erfahrungen kann er heute den
Satz aufstellen, dass die alte Lehre von der Gef&hrlichkeit
der prolabierten Knoten ein grundsatzlicher Irrtum war,
ja, dass umgekehrt die Reponierung vorgefallener Varizen
das geeignetste Mittel darstellt, das nattirliche Heilbestreben
zu verhindern. Der Prolaps der Knoten, der bisher immer
als unerwfinschte Komplikation und als Grund fflr die
gar nicht schnell genug zu bewerkstelligende intraanale
Reponierung betrachtet wurde, bedeutete von jetzt ab fflr
Verf. geradezu den Weg zur Heilung. Endlich kam noch
ein drittes Moment hinzu, das ihm bewies, dass die natflr-
lichen Heilfaktoren einer grosseren Entwicklung und Aus-
gestaltung fahig sind: das sind die Erfahrungen mit der
vielfach in Deutschland, zuletzt noch von Eh rich ernpfoh-
lenen Ligatur. Durch die akute Ligatur wird eine plOtz-
liche Abschnttrung der Blutzufubr zu den Knoten bedingt,
die dann einer mehr oder weniger schnellen Thrombosie-
rnng und schliesslich ganzlicher Verfldung anheimfallen.
Wenn es mflglich ware, so sagte sich Verf., dieses immer-
hin gewaltsame und, wie einzelne Falle zeigen, nicht
immer ungefahrliche Verfahren zu einem langsamer wir-
kenden und schonenderen umzugestalten, so hatten wir
eine ebenso einfache wie gefahrlose Methode, auf unblu-
tigem Wege eine Heilung der H. zu erreichen. Auf diesen
drei Gesichtspunkten baut sich das von Verf. seit drei
Jahren geflbte Verfahren auf. Er hat im ganzen 30 Falle
mit der neuen Methode behandelt und ist, von einigen
Misserfolgen abgesehen, zu recht befriedigenden Resultaten
gelangt. Voraussetzung fflr die Anwendbarkeit der Me¬
thode ist der Umstand, ob die Knoten von selbst oder
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H&morrhoiden.
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durch leichtes Pressen prolabieren, oder endlich ob sie auf
kGnstlichem Wege zum Prolabieren gebracht werden konnen.
1st ersteres del* Fall, so bedarf es keiner weiteren Pro-
zeduren. Nur-hat man darauf zu achten, dass die Knoten
nicht bloss prolabieren, sondern auch (was nicht immer
der Fall ist) prolabiert bleiben. Falls die Knoten nicht
prolabieren, so kann man Glyzerin- oder Kochsalzklystiere
anwenden — und auch Verf. hat sich im Beginne seiner
therapeutischen Versuche vielfach dieser Hilfsmittel be¬
dient. Indessen hat er, seitdem er sich der auch von
Strauss, allerdings mehr zu diagnostischen Zwecken, ver-
wendeten Bierschen SaugnSpfe bedient, in der Applika-
tion dieser ein so ausgezeichnetes und wirksames Ver-
fahren kennen gelernt, dass er seit mehr als zwei Jahren
sich ausschliesslich der Saugnapfbehandlung bedient. Er
verwendet Saugn&pfe von etwa fGnfmarkstGckgrossem Durch-
messer, bestreicht das Innere mit einer die Glaswand nicht
beschlagenden Substanz („Okulustro“), fettet den Rand
mit Borvaselin ein und setzt den Saugnapf fest um die
Gegend des Anus auf. Sitzt der Saugnapf fest auf, so
treten sofort oder innerhalb kurzer Zeit die Knoten her-
aus, und man kann durch das Glas die Zahl, Grosse, ihr
Yerhalten zur Schleimhaut, etwaige Ulzerationen genau
besichtigen. Treten bei Saugnapfbehandlung nach lan-
gerem Saugen keine oder nur sehr kleine Knoten auf, so
empfiehlt Verf. eine Behandlung mit seinem Yerfahren
nicht, da es kaum zum Ziele fGhren wOrde. Etwaige in
solchen Fallen bestehende Blutungen, die auch bei kleinen
Knoten gelegentlich in sehr umfangreichem Masse auf-
treten kGnnen, behandelt er ausschliesslich mit Chlorkal-
ziuminjektionen (5°/oig), die ihn nur in seltenen Fallen im
Stich gelassen haben. Das Prolabieren der Knoten allein
bietet noch keineswegs eine sichere Gew&hr, dass die
extraanale Behandlung von Erfolg begleitet ist, Mass-
gebend hierfur ist vielmehr, ob sich um die Knoten ein
diese abschnurendes perianales Oedem entwickelt. Lasst
man namlich den Saugnapf langere Zeit, d. h. etwa 30
bis 60 Minuten, einwirken, so tritt zugleich mit dem An-
schwellen und Blauwerden der Yarizen ein perianales
Oedem auf. Je schneller und intensiver sich das Oedem
entwickelt, um so grosser ist die Aussicht, dass die Knoten
von der Zirkulation abgeschnitten werden und einer all-
mahlichen VerSdung anheimfallen. Das Oedem hat aber
noch eine weitere Bedeutung. Es werden namlich durch
dieses die Knoten fixiert und in der fixierten Stellung
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Hamorrhoiden.
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erhalten. Daher muss unser Bestreben darauf gerichtet
sein, das Oedem von vornherein so intensiv als mbglich
zu gestalten (nftmlich durch fortgesetzte Stauung) und so-
lange als mbglich zu erhalten. Die besten Erfolge hat
Verf. dementsprechend da beobachtet, wo sich ein schnell
entstehendes und tagelang anhaltendes Oedem entwickelt
hatte. Tritt ein Oedem nur in unbedeutender und schnell
vorObergehender Ausdehnung auf, so sind die Aussichten
fOr eine AbschnOrung und extraanale Fixierung weit ge-
ringer. Zwar kann man durch fortgesetztes Stauen den
Versuch einer starken Anschwellung und BlutfOllung der
Knoten machen, meistens ist aber der Versuch ohne we-
sentlichen Erfolg. Die Ursache der mangelnden Oedem-
bildung ist in der Verbindung der Knoten mit der Schleim-
haut zu suchen. Ist diese n&mlich eine breitbasige, so
findet, selbst wenn die Knoten prolabieren, eine Unter-
brechung der Zirkulation nicht statt, die Knoten schwellen
nicht an, es bildet sich auch kein Oedem. Solche Falle
bilden die Versager der Methode und erfordern entweder
ein operatives Verfahren oder aber die von Verf. seifr Jahren
gleichfalls mit gutem Erfolge getibte Behandlung mit Kar-
bolinjektionen, auf deren Technik er hier nicht eingeht.
Bei gut ausgebildetem Oedem entwickelt sich der weitere
Verlauf folgendermassen: Die Knoten schwellen infolge
der Fixierung durch das Oedem mehr und mehr an, es
bildet sich h&ufig ein mehr oder weniger starkes serOses
Transsudat, ab und zu kommt es auch zu (meist gering-
fiigigen) Blutungen. Nach- ca. 24 Stunden tritt dann eine
Ver&nderung auf, die sich schon bei oberflachlicher Be-
sichtigung zu erkennen gibt. Die Knoten, die anfangs
hochrot oder livide aussehen, beginnen missfarbig zu werden,
zeigen an einzelnen Stellen schw&rzliche Verfarbung oder
leicht blutigen Belag; zugleich damit beginnt eine Schrump-
fung und vermehrte, durch Thrombusbildung bedingte
Konsistenz. Damit ist die ZurOckbildung der Knoten ein-
geleitet. Von Tag zu Tag nimmt nun der Schrumpfungs-
prozess zu, an einzelnen Knoten starker, an anderen lang-
samer, so dass am 3. — 5. Tage eine bis auf die Halite
und noch mehr erfolgende Reduktion konstatierbar ist.
Schliesslich sieht man nur noch kleine erbsen- bis linsen-
grosse rotliche, allmahlich mehr und mehr einen epidermo-
idalen Charakter annehmende Knbtchen, die schliesslich
vollig epidermisartige Gestalt erhalten. In besonders gQn-
stigen Fallen sind tiberhaupt Residuen von Knoten nicht
mehr sichtbar. Obwohl die Oedembildung fOr die Fixierung
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Hamorrboiden.
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and spatere Thrombusbildung von grosser Bedeutung ist,
so bildet sie keineswegs eine absolute Vorbedingung for
den naturgemassen. ROckbildungsprozess. Es gibt vielmehr
einen zweiten, wenn aucb selteneren Modus der spontanen
Heilung, einen Modus, der mit der akuten Ligatur grosse
Aebnlichkeit aufweist. In diesen Fallen prolabieren nam-
lich die Knoten bei fortgesetzter Stauung, viellejcht auch
schon spontan derart, dass sie in ihrem ganzen Umfange
extraanal zu liegen komraen. Dann schliesst sie der
Sphincter ani derart von der Zirkulation ab, dass die Blut-
zufuhr vom Beginne des Yerfahrens ab vollkomtnen unter-
brochen wird. In einem dieser Falle erfolgte innerhalb
14 Tagen eine glatte Heilung. Sehr viel einfacher ist
der Verlauf bei Solitarknoten. Tritt hierbei der Knoten
vOllig extraanal heraus und bleibt extraanal, so erfolgt
die allm&hliche Thrombosierung in fthnlicher Weise wie
oben geschildert, nur, dass naturgemass der Prozess in
meist kdrzerer Frist vollkoramen beendigt ist. Tritt er
nicht -ganz heraus, so bildet sich in der Regel ein Oedem,
das den Knoten fixiert halt. Der Knoten -schwillt zuerst
an, dann erfolgt, wie bereits geschildert, das Stadium der
Abschwellung, das bei Solitarknoten schon innerhalb drei
bis vier Tagen erfolgt; zugleich wird der Knoten kleiner,
verOdet ganz oder bekommt ein hahnenkammformiges Aus-
sehen, wird dichter und fester und bleibt in dieser Form
in der Rima ani stecken, ohne aber den Pat. in irgend-
einer Weise bei der Defakation zu stbren. Wenn man
nochmals zusammenfasst, so eignen sich fttr die extraanale
Behandlung in erster Reihe die Falle, bei denen die Knoten
nicht auf der Schleimhaut aufsitzen, sondern pilzartig aus
dem Anus spontan oder nach gehbrigem Saugen prola¬
bieren, ferner Falle, bei denen die Yarizen nur in geringem
Masse flachenartig auf der Schleimhaut aufsitzen, und end-
lich Solitarknoten. Es hat sich nun bei zunehmender
Erfahrung herausgestellt, und darin scheint mit ein sehr
wesentliches Moment zu liegen, dass das Verfahren die
besten Chancen bei weit vorgeschrittenen solitaren oder
multiplen Varizen hat. Unter anderem hat Verf. einen
vorzbglichen und dauernden Erfolg bei einer Pat. erzielt,
bei der ein Solitarknoten von dem Umfang einer grossen
Pflaume bestand. Ganz ahnliche Erfahrungen hat Verf.
immer von neuem gemacht. Die ausschliesslich breitbasig
auf der Schleimhaut aufsitzenden Knoten lassen bei der
Saugbehandlung jene kongestive Neigung vermissen, das
Oedem bleibt auch bei starkem Saugen aus. In diesen
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Hamorrhoiden.
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Fallen ist du'rch das neue Verfahren, wie bereits erwahnt,
ein grosser- Erfolg nicht zu erwarten. Man konnte nun
einwenden, dass es vom Standpunkt des Praktikers piisslich
ist, erst zu probieren, ob ein Fall sich fiir die extraanale
Behandlung eignet oder nicht. In der Wirklichkeit ist
aber die Beurteilung der Behandlungsart meist einfacher,
speziell bei einiger Uebung, als man anfangs denkt. Bei
geeigneten Fallen beginnt namlich die Oedembildung oft
schon innerbalb einer Stunde oder noch weniger. Nimmt
man dann den Saugnapf ab und bemerkt, dass die Knoten
prolabiert bleiben, dann kann man die Behandlung ruhig
beginnen; findet man dagegen, dass ein Oedem innerhalb
einsttindigen'Saugens ganz ausgeblieben ist, die Knoten
auch nach Sistieren der Aspiration wieder intraanal zuriick-
schldpfen, dann sind die Aussichten ungQnstig. Innerhalb
V*—1 Stunde kann sich demnach jeder Arzt ein Urteil
liber die Anwendbarkeit und Aussichten des Verfahrens
bilden. Was zunachst den Yerlauf der Behandlung mit
dem. neuen Verfahren betrifft, so ist in erster Linie die
Frage zu beantworten, inwieweit es etwa gemass den frliheren
Befdrchtungen (Gangr&n der prolabierten Knoten u. a.)
mit Gefahr verbunden ist. Diese Frage kann kurzerhand
verneint werden. Yerf. hat nach vierjahriger Erfahrung
mit der Methode keinen Fall gesehen, der zu Komplika-
tionen auch nur der geringsten Art Yeranlassung gegeben
hatte. Ein fiir die Bewertung der Methode wichtiger Ge-
sichtspunkt ist ferner der damit verbundene Schmerz. Er
ist bedingt durch das sich im Anschluss an den Prolaps
der Varizen entwickelnde Oedem. Auch auf Druck sind
nur die bdematbsen Hautpartien empfindlich, nicht aber
die Knoten selbst. Was nun die subjektive Schmerzempfin-
dung betrifft, so fehlt sie selten vbllig. Aber sie ist in
ihrer Intensit&t sehr verschieden und h&ngt naturgemass
auch von der individuellen Schmerzempfindlichkeit ab.
Im ganzen kann Verf. nach langerer Erfahrung sagen,
dass der Schmerz von ertraglichd!* Hbhe ist. Am besten
kann man sie dadurch beurteilen, inwieweit etwa zu nar-
kotischen Mitteln, speziell zu Morphiuminjektionen, die
Zuflucht genommen werden musste. Es war das nur selten
notwendig. In manchen, aber auch keineswegs hSufigen
Fallen erwies sich EinfGhrung von schmerzstillenden Sup-
positorien (Kodein, Belladonna) als vbllig hinreichend. Es
ist ferner zu bemerken, dass der Schmerz nur wahrend
der ersten 24—48 Stunden einigermassen in die Erscheinung
tritt, schon am zweiten oder dritten Tage wieder wesentlich
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H&morrhoiden.
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geringer wird, um mit dem allmahlichen Schwinden des
Oedema ganz aufzuhdren. Wo etwa die Schmerzen langere
, Zeit anhalten, liaben sich Umschlage mit essigsaurer Tonr
erde, ev. auch eine kleine Eisblase, als zweckmassige und
auf der Hand liegende Massnahmen nutzlich erwiesen.
Doch pflegt Verf. das Oedem in den eraten Tagen nicht
gem zu bekSmpfen, da es sonst leicht vorkommen kann,
das8 die Knoten aus der Strangulation schnell gelSst,
aehr bald von neuem durchblutet und an ihrer Schrump-
fung verhindert werden. Etwaige oberfl&chliche Exko-
riationen der Knoten pflegt Verf. mit Airol, Xeroform
oder Vioform zu bestreuen. In der zweiten Woche haben
aich Sitzbader mit Lyaol oder auch Tannin ala vor-
teilhaft erwiesen. Im weiteren Verlaufe der Behandlung
i hat Verf. auch ab und zu von Pinselungen der Knoten
mit Lugolscher Lbsung Gebrauch gemacht. Selbatver-
stfindlich kann man statt dieser Mittel auch andere ahnlich
wirkende anwenden, ohne dasa hierdurch der Effekt we-
sentlich geandert werden dflrfte. Ein wesentlicher Yorteil
der Methode ist ferner der Umstand, dasa die Darmtatig-
keit vom Beginn der Behandlung an nicht unterbrochen
zu werden braucht und weiter, dasa die Stuhlentleerung
als solche absolut schmerzlos zu sein pflegt. Leichte
Koproataae wird mit einfachen Abftthrmitteln bek&mpft.
Zweckmassig, ja, in den eraten Behandlungstagen notwendig,
ist Bettruhe der Kranken. Hierbei hat sich in der Mehr-
zahl der Falle die Seitenlage zweekmassiger als die Riicken-
lage erwiesen. Nur in einigen wenigen, und zwar leichten
Fallen hat Verf. die Pat. schon in den ersten Tagen kurze
Bewegungen im Zimmer, ev. auch Lage auf der Chaise-
longue gestattet. Bei seinen ersten tastenden Behandlungs-
verauchen hat Verf. naturgemass die Krank-en langer im
Bett behalten, als es notwendig gewesen wire. In der
letzten Zeit und mit ausgedehnteren Erfahrungen hat es
sich gezeigt, dass namentlich in leichteren Fall^P schon
nach 4—5 Tagen die Bettruhe mit der Chaiselongfueruhe
vertauscht werden konnte. Ja, in einigen Fallen konnten
die Kranken schon nach kurzer BehandlungsdaueV ohne
Beschwerden herumgehen und aitzen. Im Durch\«chnitt
betragt die Behandlungsdauer 8—14 Tage. Nach jdieser
Zeit kdnnen die meisten Kranken ihrem Berufe wceder
nachgehen. Nur in einigen wenigen Fallen lasst die Voll-
standige Schrumpfung langer auf sich warten. Die Krar^ken
empfinden besonders beim Sitzen ein „wundes u GefilJil?
bisweilen treten aus den granulierenden Knoten noch kleine
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Hamorrhoiden.
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parenchymatbse Blutungen auf, die sie mehr beunruhigen
als belSstigen. Indessen macht auch in diesen vereinzelten
Fallen der Heilungsprozess, wenn auch langsame, so doch
zunehmende Fortschritte: die Knoten erhalten allm&hlich
einen epidermoidalen Charakter und damit Hand in Hand
treten die subjektiven Beschwerden mehr und mehr in den
Hintergrund. Was nun die Resultate der extraanalen un-
blutigen Behandlung betrifft, so muss man zwischen un-
mittelbaren und Dauerresultaten unterscheiden. Was die
ersteren betrifft, so sind sie ausnahmslos giinstige gewesen,
insofern die schweren Blutungen, der Prolaps und die damit
verbundenen hbchst l&stigen Beschwerden beseitigt werden.
Was die Dauerresultate betrifft, so ist es noch nicht m5g-
lich, ein abschliessendes Urteil abzugeben. In der grossen
Mehrzahl war der Erfolg bis jetzt ein dauernd giinstiger, und
nur in einer kleinen Minderzahl hat Yerf. teils direkt, teils
indirekt sich davon Oberzeugen konnen, dass Rezidive oder
gelegentlich auch Misserfolge auch hierbei nicht ausbleiben,
was tlbrigens bekanntlich auch beider operativen Behandlung
der Fall ist. Hierbei erscheint es notwendig, den Begriff
Erfolg und Misserfolg mit wenigen Worten zu erlautern.
Einen vollen Erfolg nimmt Yerf. da an, wo lfingere Zeit
nach der Behandlung wederschmerzhafter Prolaps von Knoten,
noch Blutungen, noch subjektive Beschwerden bei oder nach
der Def&kation auftreten. An diesem Massstab gemessen, hat
Verf. eigentliche Misserfolge nur dreimal beobaclitet, in den
vibrigen waren die subjektiven Beschwerden entweder voll-
kommen in den Hintergrund getreten oder wesentlich ge-
bessert. In drei Fallen hat Verf. die Beobachtung gemacht,
dass die nach der Behandlung vollkommen extraanal gele-
genen Knoten zum Teil wieder das Bestreben zeigten, in der
Nacht oder beim Liegen oder Sitzen hineinzurutschen. Da
aber die Knoten wahrend der Behandlung tbrombosiert waren,
so erfolgte das Heraus- und Hineingehen der Knoten nicht
wie fruher unter Schmerzen, sondern ganz ohne jegliche Be¬
schwerden. Inwieweit es in Zukunft gelingen wird, dieses
Vorkommnis zu verhtlten, bleibt abzuwarten. Jedenfalls hat
Verf. der Vorsicht wegen Falle, in welchen die Knoten nicht
dauernd extraanal gebliebenwaren, nichtden erfolgreichen zu-
gezahlt, obgleich die Pat. selbst mit dem Erfolg recht zufrieden
waren. Selbstverstandlich wurde nichts daran hindern, das
Verfahren bei Rezidiven wiederholt zur Anwendung zu
bringen. Bis jetzt hat Verf. dies in einem Falle auszu-
fuhren Gelegenheit gehabt, und zwar, wie es scheint, mit
dauerndem Erfolg. (Munch, med. Wochenschrirt 1911 Nr. 5.)
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H&morrhoiden — lntoxikationen.
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— Auf.eine Anfrage betreffs Behandlung der H. antworteten
Kollegen wie folgt:
a) Kraftige Abkochung von Eichenrinde, als Dampf-
sitzbad taglfch 1—2 Stunden benGtzt und l&ngere Zeit:
14 Tage bis 4 Wochen durchgefiihrt, brachte in mehreren
Fallen von H. Dauerheilung. Die Prozedur ist nicht
ganz schmerzlos, doch werden die Schmerzen nach jeder
Sitzung geringer. Dr. Wolf, Gernsheim a. Rh.
b) Es ist mir bei einem j ungen Manne gelungen,
einen Hamorrhoidalknoten durch 2—3mal w6chentlicb«
„Vereisung“ mit. dem Aethylchlorid-Spray zum Schrumpfen
zu bringen. Vielleicht lasst sich auf diesem- Wege ab-
helfen. Die unangenehmen Sensationen treten nur an-
fangs auf, spater gewdhnt man sich daran.
Dr. Salomon Lieben, Prag.
c) Ich empfehle dem Kollegen folgende Suppositorien:
Rp. Extr. Secal. cornut.
Ich thyol aa 0,25
Extr. belladonnae 0,06
Ungu. cer.
Butyr, Cacao aa 0,50.
Ich habe in schweren Fallen von H. damit sch5ne Er-
folge erzielt.
Dr. Jaroslav Kuzel, Kreisphysikus i. P., Belgrad.
d) Als bestes Mittel gegen H. und allemal bewahrt
bei dauerndem Gebrauch ist ein 10 Sekunden wahrendes
Sitzbad kalt, bevor man zu Bette geht. Grosser Wasch-
napf, passend gestellt, genOgt.
Medicus seit 1873, Dr. Gildemeister, Oelde (Westf.).
(Ara Medioi 1918 Nr. 3.)
lntoxikationen. Kasnistischer Beitrag zur Therapie der
S&arevergiftung. Von Dr. F. March and (Medizin.
Klinik, Heidelberg). Infusion grosser Mengen von Alkali in
die Blutbahn hat in einem Falle ausserordentliche Dienste
geleistet Ein 24jahriger Mann trank konzentierte Schwefel-
saure und bekam ein sehr scliweres Krankheitsbild. Es
traten die Symptome der allgemeinen Saurewirkung deut-
lich hervor. Die anfangliche motorische Unruhe und die
tiefe Bewusstlosigkeit sind als Zeichen der schweren
Schadigung des Zentralnervensystems anzusehen. Und die
auffallende Zyanose, welche vielleicht teilweise durch Glottis-
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Intoxikationen..
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Sdem bediugt war, ist wohl sicher zum Teil auf zentrale
Respirationsstbrung zu beziehen. Auf diese schweren
allgemeinen Vergiftungssymptome, die hfiufig den Tod
herbeiftlhren, mSchte Yerf. besonders aufmerksam machen.
Der beschriebene Fall zeigt ferner, dass es auch beim
Menschen gelingt, diese im hbchsten Grade bedrohlichen
Symptome durch Ersatz des dem Organismus entzogenen
Alkali erfolgreich zu bek&mpfen. Diese schon lange durch
die experimentelle Pharmakologie gut gest&tzte Behandlungs-
methode mbchte Verf. daher in empfeh'lende Erinnerung
bringen. In bezug auf die Methodik mbchte Verf. hinzu-
fOgen, dass das Natriumkarbonat in 5 °/oiger LSsung (etwa iso-
tonisch) von ihm verwendet wird. Da diese stark alkalisehe
LSsung das Kbrpergewebe schwer sch&digt, so ist intra-
venbae Anwendung durchaus erforderlich. Es geniigt auch
nicht, die Vene perkutan zu punktieren, sondern man muss
eine Kanille in die Vene einbinden; denn auch geringe
Mengen der LSsung* welche unter die Haut geraten, er-
zeugen unangenehme Nekrosen. Die Menge der infundierten
Lbsung mtt8Ste sich nach der Menge der aufgenommenen
Sfture richten. Man wil'd gewbhnlich wahrscheinlich mit
etwas geringeren Mengen als in dem vorliegenden Falle
auskommen kbnnen, wo 300 ccm infundiert wurden. Auf
einen Punkt, der vielleicht beriicksichtigt werden muss,
mbchte Verf. noch eingehen. Walter beobachtete nfimlich
bei der Infusion in die Vena jugularis des Kaninchens
mehrfach tbdliche Thrombosen im Herzen und empfiehlt
deshalb Infusion in moglichst peripher gelegene Venen,
wobei er solche Zwischenf&lle nicht erlebte. Auch in
unserem Falle erfolgte eine Thrombose der Vena basilica.
Es dbrfte also ratsam sein, zur Infusion eine mbglichst
peripher gelegene Hautvene zu w&hlen, damit nicht so
leicht eine fortschreitende Thrombose, etwa in die Vena
brachialis hinein, zustande kommt.
(Munchener med. Woohensohrift 1912 Nr. 4.)
— Ein Fall von tddlicher Bleivergiftung durch Schnupftabak.
Von Dr. E. Stadler (Kanton.-Krankenanstalt, Glarus).
33jahrige Frau unterliegt einer schweren Bleivergiftung
(Encephalopathia saturnina)* Erst wusste man sich diese
Vergiftung nicht zu erkltren, dann erfuhr man durch die
Mutter der Pat., diese schnupfe seit ca. vier Jahren leiden-
schaftlich und habe die Gewohnheit, direkt aus dem
Paket zu schnupfen. Sie riss das Paket oben an, steckte
es in die Tasche und nahm ohne Kontrolle mit dem Auge
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Intoxikationen.
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ihre „Prisen“. Yerf. erhielt das halbverbrauchte Paket,
so wie es zu Hause in der Rocktasche der Pat. gefunden
wurde. Durch das Ausklauben des Tabaks im Dunkeln
waren viele kleine Teilchen der den Tabak zunftchst um-
hiillenden Metallfolie in den Tabak hineingekommen. An
unberiihrten Stellen war die Folie arrodiert, sehr dQnn
und brtichig. Verf. vermutete, gewisse chemische Eigen-
schaften des ziemlieh feuchten Tabakes haben die Folie
aufgelbst, so dass Blei in den Tabak fibergehen konnte.
Er besorgte von der gleichen Bezugsquelle wie die Pat.
mehrere solcher Pakete und Gbergab sie dem Kantons-
chemiker, Herrn Dr. Becker in Glarus, zur qualitativen
und quantitativen Untersuchung der Folie und des Tabaka.
Nach seinem Bericht enthielt die Folie 89,9°/* Blei. Der
Tabak verschiedener Pakete zeigte einen mittleren Gehalt
von *1,75% Blei, in den ausseren Partien wurden bia
l,9°/o gefunden. Die Bleifolie war in alien Paketen stark
angegriffen, stellenweise ganz dtinn und bruchig. Der
Tabak aller untersuchten Pakete reagierte alkalisch. Eine
Nachforschung in der Verkaufsstellp dieses Schnupftabakes
ergab, dass Pat. vom 26. Februar bis 13. April sechs
Pakete, vom 27. Juni bis 14. November zwblf Pakete
a 100 g Schnupftabak fiir sich kaufte, also im Monat
durchschnittlich 300 g verbrauchte, pro Tag 10 g, ent-
sprechend einem Bleigehalt von 175 mg. Nach den
neuesten Angaben fhhren 8 —10 mg Blei pro Tag zu
chronischer Intoxikation. Beim Schnupfen geht nun aller-
dings ein grosser Teil des Tabakes durch Zerstreuen
wieder verloren, so dass wir nicht annehmen dilrfen, Pat.
habe tftglich 175 mg Blei zu sich genommen; aber bei
den grossen Quantitftten, die sie schnupfte, kam doch
genfigend Blei zur Resorption, um eine Bleivergiftung
herbeizufQhren. Dieser Yergiftungsmodus ist schon lange
bekannt. Yerf, fand in der Literatur folgende Angaben.
Tanquerel des Planches schreibt in seinem hervor-
ragenden Werk tiber die gesamten Bleikrankheiten vom
Jahr 1842: „Auch Bleiblfitter oder Bleikfisten, worin man
Tabak einpackt oder aufbewahrt, kbnnen auf die Gesund-
heit der Personen, die davon rauchen oder schnupfen,
nachteilige Folgen aussern.“’' Er hat zusammen mit seinem
Assistenten (von Stansky) experimentell bewiesen, dass
die Schleimhaut des Respirationstraktus imstande ist, Blei
zu resorbieren, indem er einem grossen Jagdhund durch
eine Tracheotomiewunde tftglich kleine Mengen von Blei-
oxyd und Mennige in die Trachea einfOhrte. Der Hund
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Intoxikationen,
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erkrankte an schwerer Bleivergiftung mit typischen
Lahmungen. Der Versuch wurde mit gleichem Erfolg
bei einem zweiten Hand wiederholt. Prof. Otto in Kopen-
hagen berichtete 1843 fiber zwei Ffille von Bleivergiftung
durch Maccuba-Schnupftabak. Einer der beiden Pat.,
Botaniker Dreger, staxb unter heftigen Koliken. Moritz
Meyer in Berlin 1857 und Prof. Ziemssen 1864 wurden
bei je einem ihrer Pat. durch Extensoren-Lahmung
der Vorderarme zur Entdeckung bleihaltigen Schnupf-
tabakes geleitet. In Caspars Handbuch der gerichtlichen
Medizin 1889 findet sich folgender Fall beschrieben:
62jahriger Mann, seit einem Jahr krank, zunSchst Schmerzen
im Unlerleib und hartnackige Obstipation, dann Lahmung
der Schultern und der Streckmuskulatur der Yorder¬
arme. Bleisaum. Langsame Besserung nach Aussetzen des
Schnupfens. Der Schnupftabak war in Metallfolie mit
95% Blei eingepackt, Sussere Tabakscbicht enthielt 0,81%,
mittlere 0,24% Blei. In obigem Falle entstammte der
Schnupftabak einer Glarner Firma und trug folgende Auf-
schrift: „Fein«ter aromatischer Augenschnupftabak. Der
Gebrauch dieser • ausgezeichneten Qualitat Schnupftabak
aus wissenschaftlich vorzfiglicher Zusammensetzung bewirkt,
dass jede Schwftche der Augen vermindert und daher
auch die Sehkraft erhfiht wird.“ Der Tabak soil beim
Volk beliebt sein, und es dr&ngt sich die Frage auf, ob
nicht weitere Erkrankungen vorgekommen sind. Verf. ist
kein weiterer Fall bekannt geworden. Offenbar konnte
nur das unmSssige Schnupfen, wie es die Pat. betrieben
hatte, zu dieser schweren Vergiftung ffihrcn. Andererseits
sind gewiss auch die kleineren Quantitfiten, die andere
Schnupfer aufgenommen haben mfigen, nicht belanglos
und hatten wohl Gesundheitsstfirungen zur Folge, die aber
niemand auf Bleivergiftung zurfickffihrte. Lewin hat in
einer sehr interessanten Arbeit fiber das toxische Verhalten
von Bleigeschossen im tierischen Kfir per darauf aufmerk-
sam gemacht, dass die Vielseitigkeit der Symptome und
die lange Inkubationszeit eines Bleileidens oft gar nicht
an Blei denken lassen. Nach ihm werden namentlich
gichtisch-rheumatische Schmerzen in ihrer Bedeutung als
Symptome von Saturnismus oft verkannt. Die lange In-’
kubationszeit lasst die Leute nicht zum Krankheitsbewusst-
sein kommen. Er sagt gewiss sehr zutreffend: „Es gibt
auch in gesundheitlicher Beziehung einen standard of life,
mit dem ein jeder auszukommen sucht. Man akkommodiert
sich, bis die Roheit der Bleiwirkung das Toleranzmass
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394
Intoxikationen — Oedeme.
tiberschreitet. 44 Da nach eidgen. Verordnungen, betr. den
Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenstanden,
vom 29. Januar 1909 Metallfolien zur Yerpackung von
Schnupf- und Kautabak hochstens 1 °/o Blei enthalten
dOrfen, ordnete der Kantonschemiker die Konfiskation des
Tabakes an. Der Fabrikant hatte keine Ahnung von der
Schadlichkeit der Bleifolie. Sofort nach ihrer Kenntnis
war er sehr besorgt, weiteren Schaden zu vermeiden.
(Correapondenmblatt f. Sohweizer Aerate 1912 Nr. 5.)
Oedeme, TJeber langdanernde Drainage der HantSdeme.
Von Prof. W. His (Berlin). „Die Punktion der Haut-
Sdeme ist auch heute noch ein ultimum refugium. Die
Gefahr, dass sich in dem schlecht durchbluteten Gewebe
der Wupde Infektionskeime festsetzen, ist nicht immer zu
1 vermeiden. Sie h&ngt haupts&chlich ab von der Beschaffen-
heit der Haut. 1st diese glatt, dann macht es keine
Schwierigkeit, sie zu desinfizieren, sei es durch Waschen
mit Alkohol, Aether und Sublimat, sei es durch Jod-
anstrich. Ist sie aber infolge Varizen oder langdauernden
Oe. schilfrig geworden, dann • ist es nahezu unmoglich,
die in den ZwischenrSumen der Epithellamellen sitzenden
Keime zu vernichten, die in dem kapillar angesaugten und
festgehaltenen Serum ausgezeichnete Existenzbedingungen
finden. Nicht mindere Bedeutung kommt der Beschaffen-
heit des Oe. zu. Der sicherste Schutz gegen Infektion
ist rasches Ausfliessen des Serums; man tut daher gut,
nicht nur die Inzision oder Punktion am hangenden Bein
vorzunehmen, wie das schon Gerhardt empfohlen hat,
sondern auch den Kranken schon vor der Punktion
12 — 24 Stunden im bequemen Lehnstuhl sitzen zu lassen
und so mbglichste Prallheit des Schenkelddems zu erzielen.
Gem lasse ich auch nach der Punktion den Kranken ganz
oder stundenweise sitzen, was den dyspnoischen Pat. meist
ganz sympathisch ist. Bringt man sie dann zu Bett, dann
nimmt der Ausfluss rasch ab und die Wunde schliesst sich
leicht. Ganz anders, wenn das subkutane Gewebe durch
langdauernde Stauung bereits elephantiastisch ver&ndert
ist. Dann sind die Lymphspalten eng, die Kommunikation
derselben ungenOgend, der Ausfluss gering und die Gefahr
der Infektion betrftchtlich. In solchen Fallen ist es besser,
die Punktion zu unterlassen. Die Punktion selbst wird
noch verschieden ausgefQhrt. Die alten, en’gen Southey-
Troikarts sind wohl allgemein zugunsten der breiteren
Curschmannschcn Hohlhadeln verlassen. Aber Cursch-
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Oedeme.
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mann selbst hat ein besseres Verfahren angegeben. Es
leuchtet ein, dass die Infektion viel leichter in einem
engen, durch Gerinnsel leicht veratopfbaren Kanal erfolgen
muss als an einer offenen WundflSche. Die von C. Ger-
hardt angegebenen tiefen Inzisionen sind zweifellos sehr
wirksam und bieten wenig Gefahr, falls die FlOssigkeit
rasch abfliesst und, sorgsame Pflege die Wunde rein erhalt.
Besser ist es jedenfalls, durch Anwendung der Cursch¬
in annschen Trichter die ftusseren Infektionskeime fern-
zuhalten. Er besteht bekanntlich aus einem kurzen, breiten
Glaszylinder, dessen Fuss mittels Pflastermasse auf die
Haut festgeklebt wird. Innerhalb des Zylinders werden
zwei bis drei Einschnitte gemacht und der Zylinder durch
eine mit Abflussschlauch versehene Kappe Iuftdicht ver-
schlossen. Es gibt jedoch Ffille, in denen dieses sonst so
sehr empfehlenswerte Verfahren zugunsten der alten Ger- ,
hardtschen Technik vertassen werden muss. Schilfernde
Haut, Neigung zur Ekzembildung durch die Pflastermasse
kann es dazu ndtigen; vor allem sind die Gerhardtschen
Inzisionen wohl das einaige Mittel, welches eine lang-
dauernde Drainage der Oe. ermbglicht. Ein soleher Fall,
in dem der Abfluss nahezu vier Mopate unterhalten wurde,
sei hier kurz besprochen: Holger, E., 6 Jahre alt, erkrankte
im Mai 1909 an Nackenschmerz und Fieber, Nacli
14 Tagen Besserung. Im' Juni 1909, nach neuer Er-
kaltung, Wiederbeginn des Fiebers, das nun bis zum Ende
unter mehrfachen Schwankungen andauerte. Oertliche
Symptome traten zunSchst nicht auf, die Diagnose schwankte.
Dezember 1909 schwoll die Leber so rasch und gewaltig
an, dass an subphrenischen oder Leberabszess gedacht und
erst, als der Knabe bereits auf dem Operationstisch in
Narkose untersucht war, von einer Operation Abstand ge-
nommen wurde. Am 31. Januar 1910 untersuchte icli
den Knaben zum ersten Male, fand doppelseitige Pleura-
exsudate, geringen Aszites, einen Puls von 110 — 120 bei
anscheinend normaler Herzdampfung; die Leber fast hand- .
breit unter den Rippenbogen vorragend, derb, aber glatt.
Hautbdeme waren nicht vorhanden, das subjektive Be-
flnden auffallend gut; das Gewicht betrug 22,9 kg. Die
Diagnose wurde auf Polyserositis gestellt; ob tuberkulos
oder rheumatisch, konnte nicht entschieden werden*.
6. Februar 1910. Punktion der r. Pleurahbhle. 400 ccm
klare Flttssigkeit vom spec. Gew. 1010 entleert, die spar-
liche Zellen, vorwiegend Lymphozyten, enthielt. Nun
wurde die FlQssigkeitszufuhr auf ca. 750 ccm reduziert,
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Oedeme.
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das Salz aus der Nahrung bis auf 3 g entfernt. Gewicht
24,2 kg. Digalen, in Verbindung mit Euphyllin und
Theozin, steigerte nur vorQbergehend die Diurese auf
770 ccm; sie sank alsbald wieder und hielt sich dauernd
auf ca. 300 ccm. Eine im M&rz vorgenommene Karell-
kur blieb gleichfalls ohne merklichen Erfolg. Es' stellten
sich rasch zunehmende Oe. der Beine und des Skrotums
ein. Am 6. Mai betrug das Korpergewicht 30 kg. Nun
wurden an beiden Beinen je zwei Einschnitte gemacht;
der Ausfluss war sehr reichlich, das Gewicht sank bis zum
11. Mai auf 27,8 kg. Die Wunden wurden geschlossen;
das Gewicht stieg rasch wieder auf 30,6 kg; am 31. Mai
Punktion von 475 ccm Aszites. 8. Juni. Nochmalige
Inzision der Beine mit rascher Gewichtsabnahme auf
26,5 kg. 23. Juli. Aszites punktiert. 23. Juli. Gewicht
31,8 kg. Nochmals Punktion der Beine. Die Wunde
wurde mit einer Kompresse von Xeroformgaze bedeckt,
dartiber eine dQnne Schicht steriler Watte mit ‘einer Binde
befestigt und das Ganze mit dichten Lagen hydrophiler
Watte umgeben. Yon nun ab blieben die Skarifikations-
wunden offen; die fiussere Watte wurde gewechselt, sobald
sie aussen feucht wurde. Der Verband unter der Binde
wurde anfangs taglich, sp&ter seltener gewechselt. Bald
zeigte sich, dass es genllgend war, einen Streifen Xero¬
formgaze mit zwei Pflasterstreifen zu be^estigen, die Um-
gebung mit Borvaseline gegen Mazeration zu schQtzen und
die Unterschenkel mit Watte einzuhQllen. Die Wunden
zeigten vorQbergehend leichte Rbtung der Umgebung, infi-
zierten sich aber nicht bis zum Tode. Der weitere Ver-
lauf war derart, dass die Oe. der Schenkel und des
Skrotums zwar nicht vQllig verschwanden, aber sich in
ertraglichen Grenzen hielten; auch die serbsen ErgQsse er-
forderten nur noch eine Aszitespunktion am 23. September.
VorQbergehend wurde eine geringe Menge eitriges Sputum
entleert, in dem nun Tb. nachgewiesen werden konnten.
Oefter traten Anf&lle von Tachykardie mit KollapszustSnden
auf. Am 20. November 1910 Hemiepilepsie links, an den
folgenden Tagen wiederholt; am 7. Dezember 1910 Exitus.
Die Sektion (Prof. Beitzke) ergab chronische Pleuritis,
Perikarditis (mit fingerdicker Schwiele) und Peritonitis,
tuberkulbse Meningitis, namentlich an der KonvexitSt, und
Durchbruch einer tuberkulbsen DrQse in einen Bronchus. —r-
Der Fall ist deshalb bemerkenswert, weil es gelang, vom
23. Juli bis zum 7. Dezember die Inzisionswunden offen
zu halten und vor Infektion zu bewahren und damit Qber
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Oedeme — Faralysen.
397
vier Monate den vorher stets rezidivierenden, auf Diat und
Arzneimittel nicht reagierenden Hydrops in ertrfiglichen
Grenzen zu halten. Dies war wohl nur mittels der ein-
fachen Gerhardtschen Inzisionen zu erreichen; es ist un-
wahrscheinlich, dass ein Troikart oder Fiirbringerscher
Schlauch so lange reizlos im Gewebe hatte verweilen oder
ein Curschmannscher Trichter so lange auf der Haut
hatte haftend erhalten werden konnen. Es ist mir nicht
bekannt, dass die Drainage der Hautdderae jemals monate-
lang unterhalten wurde, und wenn auch in diesem Falle
durch die inustergQltige Pflege seitens der Mutter die Ver-
haltnisse besonders gfinstig lagen, so glaube ich doch, dass
auch in anderen Fallen von chronischem Hydrops ein
analoges Verfahren anwendbar und von Nutzen sein kann.“
(Zeitschrift f. physikal. u. difttet. Therapie Januar 1912.)
P>raly>en» Zur Fr age der Druckl&hmungen nachEsmarch-
scher Blutleere. Yon St.-A. Dr. W. Wolf (Garnisonlaza-
rett Leipzig). Es handelte sich um einen SOjahrigen Offizier,
bei dem Verf. in Narkose am 2. XI. 1911 tfine Sehnen-
naht am vierten Finger der linken Hand vomahm. Die
Martinsche Binde, die Yerf. zur Blutleere am linken Arm
immer anzuwenden pflegt, lag im ganzen zirka eine Stunde.
Beim Erwachen aus der Narkose bestand eine fast kom-
plette Lahmung des linken Armes. Prof. Dr. K5ster kon-
statierte 14 Tage nach der Operation eine ischamische
Lahmung aller Nerven des linken Armes, besonders des
Medianus und Radialis. GefdhlsstOrungen bestanden in
alien drei Endgebieten. Entartungsreaktion bestand zu-
nachst nicht, doch hatte sich bei einer zweiten Untersu chung,
vier Wochen post operationem, eine Mittelform der Ent¬
artungsreaktion noch nachtraglich eingestellt. Jetzt, acht
Wochen nach Anlegung der Gummibinde, sind die Lfih-
mungserscheinungen zwar auf dem Wege der Besserung,
doch diirfte eine Heilung unter sechs Monaten kaum zu
erwarten sein. Verf. suchte nattirlich auf jede Weise
nach einer Erklarung fOr die fur Arzt und Pat. gleich
unangenehme Komplikation, durch die ein an sich harm-
loser operativer Eingriff zu so schweren Folgen ftihren
kann. Unter anderem forschte er anamnestisch nach Lues,
deren sch&digende Einwirkung auf das Nervensystem ja ge-
nug bekannt ist. Hingewiesen wurde er auf den Verdacht
durch den Umstand, dass eine bei demselben Offizier gleicli-
zeitig vorhandene Fingerfraktur nach drei Wochen noch
keine Spur Kallusbildung erkennen liess. In der Tat hatte
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Paralyeen.
Pat. im Jahre 1902 eine syphilitische Infektion dberstanden.
Nach einer intravenftsen Salvarsaninjektion setzte dann
auch die Kallushildung lebhaft ein, die Nervenlahmung
wurde dagegen, wie zu erwarten, dadurch kaum beeinflusst.
Verf. halt nun einen Zusammenhang der Lahmung mit
der alten Lues, durch die eine Ueberempfindlichkeit des
Nervensystems gegen aussere Schadlichkeiten verursacht
sein dtirfte, fttr wahrscheinlich und mSehte die Aufmerk-
samkeit auf diesen Punkt lenken. Ob ausser Lues noch andere
nervenschadigende atiologische Momente als lahmungsbe-
gQnstigend in Frage koxnmen kbnnen, darftber miisste erst Er-
fahrung gesammelt werden; jedenfalls mbchte Verf. davor
waraen, bei einem Pat., bei dem Lues anamnestisch vorhanden
ist, die Esmarchsche Blutleere am Arm anznwenden. Der
. Perthessche Kompressor ist ja ein vorzQglicher Ersatz for
die Gummibinde. Yielleicbt ergibt eine Revision der bis jetzt
beobacbteten Falle von Lahmung nach kunstgereo^iter
Esmarchscher Blutleere am Arme, deren Zahl versehwin-
dend ist gegendber der enorm grossen Zahl derer, in denen
die'Abschniirung selbst stundenlang ohne irgendwelche Ner-
venschadigung ertragen wurde, dass durch Aussparung der
Luetiker die Clble Komplikation der segensreichen Methode
hatte vermieden werden konnen.
(Zentralblatt f. Chinxrgie 1912 Nr. 2.)
— Zur Verkfttnng der Drnckl&hmnngen nach Esmarchscher
Blutleere, Von Prof. Dr. H. Gocht (Halle a. S.). Verf.
benutzt seit Jahren als Unterlage fiir alle Schlauchab-
schndrungen am Bauch und BindenabschnQrungen am Ober-
arm die sogenannten Factiskissen. Factis ist ein eigen-
artiges, fein zermahlenes Gummimaterial, das in der me-
dizinischen Technik u. a. zur Polsterung der Brucbband-
pelotten benutzt wird. Man erhalt Factis in jedem Ban-
dagengeschaft und naht sich die Kissen in jeder gewfinschten
Grosse aus einem festen leinenen Stoffe; diesen Stoffbeutel
fiillt man ziemlich fest mit Factis, lasst ihn dann zunahen
und noch einmal mit einem recht guten haltbaren Gummi-
stoff beziehen. Verf. halt solche Kissen in alien radglichen
GrSssen und Dicken vorratig, da er sie weitgehendst zur
Fixation einzelner Gliedabschnitte bei RedressionsmanSvem
benutzt. Uebliche Grtissen sind z. B. 20 : 16 cm und 16 : 12
cm bei 4 cm Dicke und 14:7 cm und 10:5 cm bei 2 cm
Dicke. Bei Mo mburgscher Blutleere legtVerf. ein Kissen
grbsseren Formats auf die Mitte des Bauches und fGhrt
iiber dieses hinweg die zirkularen Schlauchtouren. Am
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Paralysen — Rheumatismen.
399
Oberarm nimrat er ein Kissen kleineren Formats, legt es
auf die Partie der Nerven und Blutgeffisse und fiihrt
hierGber die Bindetouren um den Arm. Das Factiskissen
schmiegt sich fest, aber aufs hochste elastisch der Arm-
rundung an und ftigt dem normalen Fett- und Muskel-
polster ein weiteres Polster hinzu, das also keinesfalls als
Pelotte wirkt, sondern bei bester Kompression nur das
<)uetschen in der Tiefe hintanhS.lt. In der orthopfidischen
Chirurgie haben wir es naturgemass sehr oft mit atro-
phischen Extr emit fit en zu tun. Frtiher sah V erf. immer wieder
diese unangenehmen Drucklfihmungen am Arme; seit Ver-
wenduftg der Factiskissen ist keine Armlfihmung wieder
Yorgekommen, auch keine Darmblutung nach Mombnrg-
scher Blutleere. Da die Technik des Umlegens von Schlauch
und Binde in keiner Weise durch das Unterschieben des
Factiskissens kompliziert wird, empfiehlt Verf. dringend
die, Factisumschnurung. Es liegt dann kein Grund vor T
die Esmarchsche Blutleere am Oberarm wegen Druck-
gefahr zu fOrchten oder gar zu veTbieten.
(Zentralblatt f. Chirurgie 1912 Nr. 6.)
Bheumatismen. Aetiologische Beziehungen zwischen
Nase und Gelenkrheumatismus. Yon Dr. M. Senator
(Berlin). Die lfidierte Nasenschleimhaut kann gelegentlich
die Eingangspforte ftir das Virus des Gelenkrheumatismus
bilden; freilich scheint es dazu besonderer Gelegenheits-
ursachen zu bedurfen, welche die natOrliche Schutzkraft
der Nase herabsetzen, wie Operationen, Erkfiltungen usw.
Die Schutzkraft ist nicht aufgehoben, sondern nur ge-
schwficht, so dass es eben nicht zur Infektion mit voll-
virulentem Pyfimievirus kommt, sondern nur mit der
abgeschwficht pyfimischen Form, dem sogenannten Gelenk¬
rheumatismus. Die Annahme, dass der Gelenkrheumatis¬
mus eine akute Infektion mit abgeschwachter Pyfimie sei r
wird dadurch erheblich gesthtzt. Bei gentlgender Auf-
merksamkeit dQrfte sich die vorlfiufig noch kleine Zahl
der einschlfigigen Beobachtungen vergrossern.
(Deutsche med. Wochenschrift 1912 Nr. 9.)
— Die Erhaltung der E rwerbsfahigkeit bei der Behandlung
rheumatischer Erkiaukungen. Yon Dr. Hirschberg
(Berlin-Fichtenau). Die Krankheit abzukiirzen und die
Kranken sobald als mbglich der Genesung zuzufiihren und
arbeitsfahig zu machen, um eine Veranderung der befallenen
Gelenke zuriickzuhalten und Rezidiven vorzubeugen, muss
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400
Rheumatismen.
gerade bei den in dieser Beziehung pregnostisch unerfreu-
lichen Gelenk- und Muskelrbeumatismen von Anfang an
den Hauptgesichtspunkt einer zielbewussten Therapie bilden.
Hier hat sich nun dem Yerfasser das Pyrenol auf Grund
mehrjahriger Erfahrungen als ein alien Anforderungen
entsprechendes Antirheumatikum, „auch in solcben Fallen,
wo eine mehrwbchige Behandlung mit anderen Salizyl-
praparaten im Stiche liess,“ bewahrt. Eminente anti-
rheuniatische und antineuralgische Wirkung, Freisein von
alien schadlichen Nebenwirkungen, Fehlen der lastigen
Schweissbildung, zumal bei der Behandlung ambulanter
Kranker, sind die besonderen Vorztige dieses durch die
Yielseitigkeit in der Anwendung (Expektdrans, Sedativum)
auch auf anderen Gebieten geschatzten Arzneimittels.
Einige charakteristische Falle von akutem fieberhaften
Gelenkrheumatismus (anfangs zweistQndlich 0,5 g, spater
4mal taglich 1 Tablette a 0,5 g Pyrenol), subakutem
Gelenkrheumatismus (5mal taglich 0,5 g Pyrenol), chro-
nischem Gelenkrheumatismus (4 mal taglich 0,5 g), Muskel-
rheumatismus, rheumatischem Genickkrampf (3—4 mal tag¬
lich 1 g Pyrenol) werden eingehend geschildert, um das
aus einer grossen Anzahl ahnlicher Falle gewonnene Urteil
als berechtigt zu erweisen, „dass die Behandlung solcher
Kranker mit Pyrenol auffallend kurze Zeit in Anspruch
nahm und dass andererseits die Heilungsergebnisse dauernde
waren. Rezidivfreiheit zum Teil bei Beobachtungszeiten
von bereits zwei Jahren!“ Die Erwerbsfahigkeit der an
Gelenk- und Muskelrheumatismus Erkrankten wird vor
allem noch dadurch besonders gflnstig beeinflusst, dass die
im allgemeinen nach bfteren Anfallen von Gelenk- und
Muskelrheumatismus zurOckbleibenden Veranderungen bei
Pyrenolmedikation selten auftreten. Herz und Magen
werden auch bei den grbssten Dosen nicht beeintrachtigt.
Das Pyrenol ist bei alien Arten von Rheumatismus von
ausgezeichneter schmerzstillender Wirkung, es setzt die
Dauer der Krankheit herab und wirkt auch da, wo andere
Antirheumatika versagen. (Fortachritte der Medizin 1912 Nr. 6.)
— Eine nene Behandlungsmethode von schweren rheum a-
tischen Erkranknngen. Von Dr. Y. Chlumsky, Uni-
versitatsprofessor in Krakau. Es gibt Falle von sogenannten
rheumatischen Gelenk- und Muskelerkrankungen, in denen
das Leiden mit ausserordentlicher Starke einsetzt, monate-
lang anhalt und so ziemlich alien unseren Mitteln trotzt.
Diese Falle sind oft mit Angina verbunden und werden
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Rheumatismen.
401
von hohem Fieber begleitet. Die Gelenke schwellen an
und auch die Muskulatur der n&chsten Umgebung wird
teigig infiltriert. Die Schwellung betrifft ein Gelenk nach
dem anderen, die kleinsten nicht ausgenommen, und wird
sehr schmerzhaft. Schon die leiseste Erschtltterung oder
ein {, ^ringer Druck werden ale grosser Schmerz empfunden.
Verf. hat Falle gesehen, die schon beim Bertihren des
Bettes, auf dem sie lagen, aufschrien und die nicht ein-
mal den Druck einer Decke auf das kranke Glied ver-
trag n konnten. Diese Kranken lagen wie gelahrot und
konnten sich sogar im Bette nicht bewegen. Die hohen
Temperaturen hielten tagelang an, liessen manchmal auf
kurze Zeit nach, um wieder hinaufzusteigen. GewOhnlich
schwoll bei einer solchen Steigerung irgendein noch nicht
betroffenes Gelenk an. Inzwischen ging an einem oder
aucl an mehreren Gelenken die Schwellung wieder etwas
zurtick, doch in den n&chsten Tagen kam sie von neuem.
Bei einzelnen Kranken war auch das Sensorium etwas
benommen, doch nicht auf lange Zeit. Dieser Umstand —
wie gesagt — hielt manchmal monatelang an und fflhrte
bfters nach dem Abflauen der hohen Temperatur und der
stilrmischen Symptome zu Kontrakturen und Ankylosen
der betroffenen Gelenke. Die angewandte Behandlung mit
Salizylpr¶ten, Umschlagen, Salben brachte entweder
fiberhaupt keine oder nur voriibergehende Linderung der
Beschwerden. As Verf. vor einigen Jahren zum ersten-
mal einen solchen Pat. in den Anfangsstadien seines
Leidens sah und die ganze Litanei der angewandten
Mittel hbrte, geriet er in Verlegenheit. Alles, was er
raten wollte, wurde schon erfolglos probiert. Verf. ging
dann zu Umschlagen mit Kampfenol uber. Schon nach
24 Stunden liessen die intensiven Schmerzen nach, die
Schwellungen wurden geringer; am nachsten Tage fiel
auch die Temperatur, und die allgemeine Besserung schritt
so rasch vor, dass Pat. in zirka zehn Tagen aufstehen konnte.
Auch in anderen ahnlichen Fallen hat sich dann das
Mittel ebenso bewahrt. Das Kampfenol ist eine Mischung
von zwei Teilen Kampfer (Camphora trita) und einem
Teil Karbolsaure (Acidum carbol. puriss.), wozu noch
einige Tropfen von reinem Spiritus beigemischt sind (etwa
5 g auf 100 g der Mischung). Auf diese Weise entsteht
eine klare, wasserhelle, 6lige Fltissigkeit, die eigentlich
eine neue Verbindung darstellt und vor allem nicht atzt.
Sie wirkt ausserordentlich stark antiseptisch und scheint
dabei nur wenig giftig zu sein. Nach Umschlagen mit
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402
Rheumatismen — Rhinitis.
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Kampfenol hat Yerf. nur selten andere Veranderongen
gesehen als Abschuppen der ohnehin krankan Haut. In
einigen Fallen hat es aber doch — besonders wenn es
hermetisch abgeschlossen war und nicht gut verdunsten
konnte — kleine Blaaen verursacht. Verf. macht die
Yerbande in der Weise, dass er bei leichten Infektionen
(Lymphangitiden, Panaritien) die kranke Stelle nur leicht
mit Kampfenol bestreicht und dann einen einfachen Watte-
verband anlegt. Bei schwer infizierten W unden und bei
Erysipelas taucht er Stticke Watte in Kampfenol und legt
sie direkt auf die Wunde oder auf die infizierte Haut,
und erst dariiber kommt ein trockener, eventuell auch
feuchter Watteverband, aber ohne Battistemballage. Bei
Erysipelas wirkt dieses Mittel fast spezifisch — wenigstens
kein anderes Mittel hat so prompt und so schnell die ver-
schiedenen drohenden Symptome kupiert wie das Kampfenol.
Es ist sozusagen ein Streptokokkengih. Vielleieht beruht
seine Wirkung bei einigen rheumatischen Erkrankungen
gerade auf dieser Eigenschaft — es ist wohl moglich, dass
die Mikroorganismen, die diese rheumatischen Erkrankungen
hervorrufen, ebenfalls Streptokokken sind oder in eine ver-
wandte Klasse gehOren. (Zentralblatt f. inner, Medizin 1912 Nr. 10.)
Rhinitis, Ein Mittel gegen den Schnupfen empfiehlt Hofrat
Dr. Volland (Davos). Es ist sehr einfach und besteht
nur in der Darreichung von 10—15 Tropfen einer l°/oigen
LOsung von Morph, mur. Das wirkt nach gar nicht langer
Zeit wie eine Erlosung. Zuerst hQrt der unaufh&rliche
Niesreiz auf; dann nimmt die Absonderung erstaunlich
ab, und der Druck in der Gegend der StirnhOhlen ver-
schwindet. Am folgenden Tage machen sich nur noch
geringe Erscheinungen vom Schnupfen bemerkbar. Ein
so behandelter Schnupfen zieht sich keinesfalls lange hin
und wird weder den Kehlkopf noch die LuftrOhre oder
gar die Bronchien befallen. Die geringe Morphiumdosis
wirkt geradezu kupierend auf dieses Leiden, und Autor
rat dringend zur NachprOfung. Er mochte auch noch ein
Mittel empfehlen, das ihm bei einem chronischen Nasen-
katarrh, der ofter in einen akuten Schnupfen tiberging, sehr
guteDienste getanhat. EsheisstCrcmeDehne und besteht aus:
Extract. Hamamel. dest. 30,0
Acid, boric.
Anasthesin aa 5,0
Lanolin 55,0
Essenz. Heliotrop.,
Rosar. aa 1,0
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.Rhinitis.
403
Es nennt sich ein spezifisches Heilmittel gegen Heu-
schnupfen und nervOsen Schnupfen, ftir Nase und Augen
zu gebrauchen. Zweimal tSgliche Anwendung dieser Salbe
brachte Autor vollstandige Heilung. Es wurde nur eine
kleine Tube davon verbraucht. Ob es gegen Heuschnupfen
hilft, dartiber fehlt Autor die Erfahrung.
(Therap. Monatahefte, Oktober 1911.)
— Znr Behandlung der Bh. chronica atrophicans foetida, ins-
besondere mit Jodival. Von Dr. Reinsch (Hals*, Nasen-
und Ohrenklinik der Akademie DQsseldorf). Verf. berichtet
fiber seine Erfahrungen zusammenfassend wie folgt:
I. Bei der Rh. chronica atrophicans foetida, auf lue-
tischer Aetiologie beruhend, haben wir von einer antilue-
tischen Allgemeinbehandlung (Hg + Jod) ausserordentlich
gOnstige Erfolge gesehen.
II. Auch bei Fallen von Rh. chronica atrophicans
foetida auf tuberkuldser Basis sahen wir bei der Darreichung
von Jod deutliche Erfolge.
III. Jodival hat sich uns vor allem deshalb gut be-
wiihrt, weil seine Darreichung auch bei l&ngerem Gebrauch
selbst von schwftchlichen Personen und Kindern gut ver-
tragen wurde, ohne die Erscheinungen des Jodismus her-
VOrzurufen. (Zeitechrift f. ftrztl. Fortbildung 1912 Nr. 8.)
— Znr Therapie des Schnnpfens und seiner Komplikationen.
Von Dr. Joseph Lindenraayr (Pressburg): „Verf., der
seit 20 Jahren in der kalten Jahreszeit regelmSssig bei
der geringsten Erk<ung, wobei schon der Temperatur-
unterschied zwischen der Aussenluft und der geheizter
R&ume eine pradisponierende Rolle spielt, an Schnupfen
der Nase und besonders des Rachens mit qualendem
Hustenreiz, der hartnackig die ganze kalte Jahreszeit hin-
durch fortbesteht, befallen wird, hat gegen denselben die
verschiedensten Mittel, als Kokainisierung der Nase und
des Rachens, Borinsufflationen, Mentholborzerstaubungen,
Formaninhalationen usw., angewendet, ohne einen nennens-
werten Erfolg in der Verminderung der lastigen Symptome
und eine Verhinderung des Uebergreifens desselben auf
den Rachen mit seinen von ilim so sehr geffirchteten
zurQckbleibenden Hustenreizzustanden zu erzielen. Nur
die Opiate Morphin, Kodein brachten ihm Erleichterung,
indem sie die unangenehmen Erscheinungen: Eingenommen-
heit des Kopfes und die lastige profuse Sekretion ein-
sclirankten, auf die Dauer des Verlaufs aber keine Ein-
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Rhinitis — Tetanus.
wirkung ausfibten. Zur Bek&mpfung des zurfickgebliebenen
Hustenreizes, der oft bei den geringsten Temperaturunter-
schieden krampfartig auftrat, musste Morphin in Dosen
von 0,02 durch lange Zeit mehrmals tfiglich angewendet
werdeu; Kodein blieb selbst in Dosen von 0,04 hinter der
rachenhustenreizmildernden Wirkung des Morphins zurfick.
Diese protahierte Morphiumindikation hatte aber nicht zu
unterschfitzende Nachteile im Gefolge: die rauschartige
Erregung, die bis in die spaten Nachtstunden anhielt und
ihn erst den Schlaf in den Morgenstunden finden liess.
Kodein hatte nicht diese unangenehmen Nebenerscheinungen,
war aber, wie bereits erwahnt, in der Kupierung der
Hustenanfalle bedeutend unwirksamer als Morphin. Er
versuchte es nun mit Mercks Dionin und nahm zwei Tabletten
a 0,03 abends vor dem Schlafengehen — der Hustenreiz
trat besondefs heftig beim Niederlegen ins Bett auf — ein.
Er konnte nun die fur ihn hochst erfreuliche Erfahrung
machen, dass beim Niederlegen kein Hustenreiz auftrat,
der Schlaf nicht im geringsten gestort wurde und dass
• nach dreimaligem Gebrauch obiger Dosis der Hustenreiz
wie weggeblasen war und sich nicht mehr einstellte. Einen
in jOngster Zeit aufgetretenen frischen Rachenschnupfen
kupierte er mit dreimal am Tage einverleibten Dosen
a 0,03. Auf die gunstige Wirkung des Morphins bei
akutem Schnupfen hat Yolland (Davos) aufmerksam ge-
macht, der es in 1 °/oiger Losung in der Dosis von 10 bis
15 gtt. anwendete. Um wieviel mehr gilt dies nach dem
Obigen fiber die Wirkung des Dionins, das zudero auch
der den fibrigen Opiaten eigenen l&stigen Nebenwirkungen
entbehrt. Die gfinstige Wirkung des Dionins beruht zweifel-
los auf seinem Einfluss auf die peripheren Nervenendigungen
in den Schleimhfiuten, auf seiner vasokonstriktorischen, die
Hyperamie herabsetzenden Eigenschaft, wodurch Nies- und
Hustenreiz und die Sekretion herabgesetzt werden, im
Gegensatz zu Morphin, das mehr auf die zentralen Nerven-
elemente, die Ganglien, in unerwfinschter Weise einwirkt.
Nach alledem ist sohin das Dionin als souverSnes Schnupfen-
und Hustenreizmittel anzusehen.“
(Berliner klin. Woohenaehrift 1912 Nr. 17.)
Tetanus. Statistische Resnltate der Behandlxmg des T. mit
subkutanen Karbolinjektionen. Yon Prof. G. Baccelli
(Rom). Glanzende Resultate. Die schweren Kranken
zeigten eine wunderbare Toleranz selbst gegen Dosen,
welche die Maximaldosis von IV 2 g pro die bei weitem
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Tetanus.
405
tiberstiegen. Die Einzeldosis Oberstieg oft 0,1—0,15 g,
und man konnte ohne Stdrungen auf 0,75 g bei einem
Knaben von 9 Jahren steigen, dem alle 12 Stunden 12 Tage
hindurch solche Dosis injiziert wurde. Autor benutzte
eine 2—3°/oige wassrige Lfisung und begann mit Tages-
dosen, welche 0,3—0,5 nicht tiberstiegen, um zunSchst die
Toleranz gegen Phenol zu erproben; darauf wurde rasch
auf Dosen von 1;—lVa g in mehrfachen Injektionen inner-
halb 24 Stunden gestiegen. Autor sammelte von 1888 bis
jetzt 190 Falle, die so geheilt wurden. Von 94 Fallen
von schwerem T. 92 geheilt (frtlhere Sterblichkeit 100%,
jetzt 2°/o); bei sehr schweren Fallen Sterblichkeit auf
18,5% gesunken. (Berliner klin. Woohenschrift 1911 Nr. 23.1
— Ueber ein nenes Tetannsheilverfahren schreibt Dr. Kras
(Sao Joao do Montenegro, Brasilien): „Man kann es nicht
leugnen, dass die Serambehandlung des Starrkrampfes
prophylaktisch und eventuell nobh im Prodromalstadium
dei- Krankheit Gutes leistet, aber ein Heilmittel im wahren
Sinne des Wortes ist das Tetanusserum nicht und der schon
ausgebrochenen Krankheit gegentiber sind wir heute genau
so machtlos, wie man es frfther war. Die Zahl der durch
Serum geheilten' floriden Tetanusfalle ist verschwindend
klein gegen diejenigen, wo die Krankheit trotz aller ange-
wandten Mittel unbeeinflusst bis zum traurigen Ende ihren
Weg nahm. In Anbetracht dessen ffihle ich mich ver-
pflichtet, fiber einen Fall zu berichten, der Ohne Serum —
da ich keines zur Hand hatte und die Beschaffung des-
selben einen Zeitverlust von mindestens 48 Stunden ver-
ursacht hatte — durch ein von der Norm abweichendes Ver-
fahren zur Heilung gebracht wurde, und es wird mich freuen,
wenn es mir dadurch gelingen sollte, die Herren Kollegen
zu veranlassen, das von mir gefibte Verfahren in dazu ge-
eigneten Fallen — und wenn auch als ultimum refugium —
anzuwenden. Der Gedankengang, der mich dabei leitete,
war kurz folgender: Es ist eine bekannte Tatsache, dass die
Krankheitserscheinungen beim T. nicht durch die Bazillen
selbst, sondern durch deren Toxine hervorgerufen werden
und man die Bazillen nur am Orte der Verletzung vor-
findet. Die Therapie hat also zwei Indikationen zu erffillen:
erstens die Quelle der Toxine — die Bazillen — so radikal
als mfiglich zu schliessen und zweitens die im Blute und
im Liquor cerebrospinalis kreisenden Toxine mfiglichst zu
eliminieren. Wie ich das erreicht zu haben glaube, das
soil die folgende Krankengeschichte zeigen: J. I. D. O.
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406
Tetanus.
Mulatte, 25 Jahre alt, wurde mir mit der Angabe, er hatte
seit 24 Stunden Kr&mpfe, in das Konsultorium gebracht.
Er ware vor einigen Tagen im Garten ausgerutscht und
hatte sicb an einem in der Erde liegenden BlechstGcke
am Handrttcken verletzt. Die Untersuchung ergab ausge-
sprochenen T. Der Trismus war so stark, dass die Zahn-
reihen instrumentell auf knapp 4 mm auseinanderzubringen
waren, tonischer Krampf der ganzen Rumpfmuskulatur,
Bauch bretthart, starker Opisthotonus, Puls 104, Temperatur
39,8 ft , Sensorium vollkommen frei, leichte Dyspnoe, Stuhl
seit 48 Stunden angehalten, Urin angeblich nur sparlich
gelassen; die Katheterisation ergab etwas ttber 1500 gHarn.
Oberhalb des linken Handgelenks eine etwa kronengrosse,
oberflachliche, schon fast vernarbte Wunde. In der linken
Ellenbeuge eine geschwollene, auf Druck etwas schmerz-
hafte Driise tastbar. Pupillenreaktion trS,ge. In leichter
Chloroformnarkose wurde die Wunde weit in das Gesunde
umschnitten und abgetragen — die ganze blutende Flfiche
mit Paquelin ausgebrannt — die Drfisen in der Ellenbeuge
ausger&umt und die resultierende Wunde ebenfalls paque-
vlinisiert; dann wurden durch eine Yenaesectio 500 ccm
Blut entnommen und eine entsprechende Menge steriler,
physiologischer KochsalzlQsung infundiert. Nachdem das
geschehen, ^yurde die Chloroformmaske entfernt und auf
die Gbliche Weise eine Lumbalpunktion gemacht und tropfen-
weise der Liquor gftnzlich ausfliessen gelassen. Daran
wurde eine richtige Durchspfllung des Zerebrospinalkanats
mit steriler physiologischer Kochsalzlbsung mit Zusatz Yon
0,30°/pigem Zucker angeschlossen und zum Schluss —
nachdem alles wieder abgelaufen — zwei Pravazspritzen
derselben Losung langsam injiziert. Stiehoffnung mit Jodo-
form-Kollodium zugeklebt. GegenEnde der ganzenProzedur,
als eben die Nad el herausgezogen werden sollte, erlitt der
Kranke einen starken Anfall von Dyspnoe, der in kurzer
Zeit von lieftigen Brechbewegungen abgelost wurde; der
Opisthotonus wurde noch starker, und an den Extremitaten
zeigten sich starke Zuckungen. Das Bewusstsein triibte
sich, und auf Anrufen gab der Kranke nur einige undeut-
liche, rochelnde Laute aus dem fest zusammengepressten
Munde zur Antwort. Der Puls stieg auf 140. Nach etwa
zehn Minuten verlor sich langsam der beangstigende Sym-
ptomenkomplex, und der Kranke verfiel in einen ruhigen
und ans^heinend tiefen Schlaf, der von 11 Uhr vormittags
bis 5 Uhr nachmittags dauerte. Die um diese Zeit ange-
stellte Untersuchung ergab eine deutliche Herabminderung
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Tetanus.
407
des Trismus und Opisthotonus; Puls 98, Temperatur 39,6°.
Nach einem ausgiebigen Reinigungsklistier bekam der
Kranke ein Nfihrklisma, dem Wein und 3,0 Chloralhydrat
zugesetzt wurden. 2. Tag. Der Kranke hat die Nacht
schlecht zugebracht — Trismus und Opisthotonus in der
gestrigen Heftigkeit — Sensorium etwas getrQbt, starke
Mydriasis, Puls 102, Temperatur 39,8°. Es wurde wieder
eine Venaesectio gemacht und nach Abfluss von 300 ccm
Blut eine ebensolche Menge Kochsalzl&sung, der zehn
Tropfen Digalen zugesetzt wurden, injiziert. Die RQcken-
markshohle wurde wieder — nach Abfliessen der in ihr
befindlichen FlQssigkeit — mit 1 1 physio logischer, mit
0,30%igem Zucker versetzter Kochsalzlosung durchgespQlt
und zum Schluss wieder zwei Pravazspritzen derselben
Losung injiziert. Die ganze Prozedur dauerte Gber eine
Stunde, da die ganze FlQssigkeit nur langsam, fast tropfen-
weise abfliessen und auch ganz langsam zufliessen gelassen
wurde, um keine zu plotzlichen und zu grossen Druck-
schwankungen hervorzurufen. Aus demselben Grunde
wurde auch nicht mehr als eine Spritze voll einfliessen ge¬
lassen, und erst nachdem diese abgelassen, wieder frisch
injiziert. Die Reaktion war heute viel milder und Susserte
sich nur in ganz leichten Zuckungen in den Beinen. Nach
zirka einer Stunde verfiel der Kranke in einen vier Stuhden
dauernden Schlaf. W&hrend des Schlafes stellte sich eine
ausgiebige Enuresis ein. 3. Tag. Sensorium vollkommen
frei. Puls 88, Temperatur 38,2°. Opisthotonus schwach,
Trismus deutlich herabgesetzt, Bauchmuskeln beinahe normal
weich; der Kranke trank ziemlich leicht eine Tasse Milch
mit Kognak. Es wurde wieder eine Venaesectio mit Abfluss
von ca. 250 ccm Blut gemacht und die RQckenmarkshohle mit »
der Kochsalz-ZuckerlQsung durchgespiilt. Nach einem Reini¬
gungsklistier — nachmittags — wurde ein N&hrklisma mit
Zusatz von 3,0 Chloralhydrat verabreicht. Abends Kopf-
schmerzen, 0,01 Morphiuminjektion. Nachher ruhiger und
tiefer Schlaf fast die ganze Nacht. 4. Tag. Pat. fflhlt sich
bedeutend besser. Trismus nur angedeutet, Opisthotonus
vollkommen verschwunden, Bauchdecken weich. Es wird
trotzdem nochmals eine DurchspQlung der RllckenmarkshQhle
mit 8 / 4 1 Koch&alz-Zuckerlosung gemacht und dem Kranken
2,0 Chloralhydrat per os gegeben. Puls 80,Temperatur 37,9".
Nachmittags spontan ausgiebiger Stuhl. 5 Tag. Pat. fast
vollkommen wohl, Puls 78, Temperatur 37,2°. Um 5 Uhr
nachmittags zeigt sich wieder der schon fast verschwundene
Trismus, von heftigen Kopfschmerzen begleitet; es wird des-
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408
Tetanus — Tuberkulose.
halb nach einer Venaesectio mit 300 ccm Blutabgang eine
nochmalige Lumbalpunktion gemacht und die Hohle mit 1 1
Kochsalz-Zuckerlosung durchgespfilt. 2,0 Chloralhydrat per
os; 0,01 Morphiuminjektion. 6. Tag. Pat. vollkommen wohl,
bis auf leichte Kopfschmerzen; Puls 76, Temperatur 37,1°.
2,0 Chloralhydrat per os. Weitere stetige Rekonvaleszenz,
keine Spur von tetanischen Symptomen, so dass der Pat.
am zwolften Tage als geheilt entlassen wurde. — Es ist ja
selbstverstfindlich, dass die nattirlichen und individuell ver-
schiedenen Schutzkrafte des Kfirpers einereeits wie auch
die Toxizitat des Virus anderseits bei alien Infektions-
krankheiten eine nicht unbetrachtliche Rolle spielen, aber
ich glaube nicht irrezugehen, wenn ich den guten Aus-
gang dieses Falles — wenigstens zum grossten Teile —
dem Heilverfahren zugute rechne, um so mehr, da es sich
um einen ziemlich schweren Fall handelte, dessen Pro¬
gnose nach der ersten Untersuchung als absolut infaust be-
zeichnet werden musste. Ich betrachte mich des halb far
berechtigt, zur Nachprttfung aufzufordern und wenigstens
in den Fallen, die aller Voraussicht nach als schon ver-
loren zu betrachten sind, das immerhin eingreifende und
nicht ungef&hrliche Verfahren zu versuchen. Nebenbei
will ich nur bemerken, dass ich nicht anstehen wfirde, bei
schon ausgebrochener Lyssa dasselbe Verfahren anzu-
wenden — es scheint mir wenigstens eines Versuches
Wert ZU sein.“ (Wiener klin. Wochenschrift 1912 Nr. 2.)
Tuberkulose. W. van d. Sluys (Oudshoorn), Zur Be-
handlung der chirurgischen T. im Xindes alter tmd bei
Brwacbaenen. Die Sonnenbehandlung ist es, um die es
sich liier handelt. Verf. lernte sie in Leysin (Schweiz)
kennen und schatzen. Die Tuberkulosebehandlung besteht
im wesentlichen nur darin, dass man den Kranken der
guten Wirkung der Hohenluft und der Sonnenstrahlen
aussetzt. Dr. Bernhard, frOher Chirurg im Hospital in
Samaden, gebahrt das Verdienst, zuerst die Sonnentherapie
in Hbhenorten angewendet zu haben. Er berichtete in
der Jahresversammlung des Zentralvereins Schweizer Aerzte
zu Olten in einem Vortrage tlber die therapeutische Ver-
wendung des Sonnenlichtes in der Chirurgie fiber die be-
merkenswerten Resultate, die er mit seinen Methoden er-
zielt hatte. In derselben Versammlung teilte auch Dr.
Rollier aus Leysin seine Resultate mit fiber die chirurgische
und Lungentuberkulose, die mit Sonnenlicht behandelt wurde.
Ermutigt durch ausgezeichneten Erfolg, errichtete Dr. Rol-
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Tuberkulose.
409
lier-Leysin im Jahre 1903 die erste Klinik zur - systema-
tischen Behandlung der chirurgischen T. mit Hohenluft und
Sonnenlicht. Jetzt gibt es drei Kliniken, die in einer Hfihe
von 1250, 1350 und 1450 Metern gelegen sind. Das Sonnen-
bad gibt hier den Kranken eine allm&blich zunehmende
Widerslandskraft, ebenso wirkt der fortw&hrende Aufent-
halt in der Hfihenluft sehr wohlt&tig. Fehlt die Sonne, dann
geniessen die Kranken immer noch das Luftbad. Man f&ngt
allm&hlich an und beginnt mit einer lokalen Bestrahlung der
kranken Gegend von 5—10 Minuten am ersten Tag, jeden
Tag etwas linger. Man f&ngt langsam an, um zu ver-
meiden, dass die Kranken ein akutes Sonnenerythem be-
kommen. Allmahlich tritt die Pigmentierung der Haut ein.
Dies ist prognostisch von grosser Bedeutung. Je bessere
Pigmentierung, desto grSssere Widerstandskraft der Pat.
und desto schnellere Heilung ist zu erwarten. Ist einmal
die Haut gut pigmentiert, dann kfinnen die Kranken mehrere
Stunden in der Sonne verweilen. Nachteile sieht man fast
niemals davon. Anfangs soil man den Kopf und die Herz-
gegend schQtzen. Die Kranken werden ganz braun und
sehen aus wie die Araber. Ein schfiner Anblick ist es,
die braunen Kinder in der Sonne liegen zu sehen, wahrend
draussen hoher Schnee liegt. Das ist deshalb mbglich, weil
die Temperatur in der Sonne im Winter oft schon bis 40 bis
50° C steigt. Unter der Sonnenbehandlung nehmen die
Schmerzen bald ab, die Fisteln schliessen sich. DrOsen ver-
schwinden, und sehr oft werden Ankylosen beweglich. Pat.
mit Wirbeltuberkulose, Koxitis, Gonitis usw. erhalten dabei,
wenn notig, Extension oder Gipsverbande. In letzterem legt
man eine Oeffnung fiber der kranken Stelle an, damit die
Sonnenstrahlen freien Zutritt haben. Nicht nur die Knochen-
gelenk- und Drfisentuberkulose findet Heilung durch die
Sonne, sondern auch T. der Blase, der Nieren und Perito¬
nitis tuberculosa kfinnen zur Heilung kommen.
(Zeitsohrift f. ftrztl. Jb'ortbildung 1911 Nr. 17.)
— Die Guajakol-Areentherapie bei T. Von Dr. L. Nfirnberger
(Pathol. Institut in Erlangen). Es wurden umfangreiche
Versuche angestellt. Aus diesen ging hervor:
1. dass relativ hohe Zusatze von Guajakol und
Kalium arsenicosum weder ffir sich allein noch
kombiniert das Wachstum von Tuberkelbazillen
auf Glyzerinagar verhindern;
2. dass beide Mittel weder bei Kaninchen,
noch bei Meerschweinchen eine Impftuberkulose
auch nur im geringsten beeinflussen.
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4)0 Tuberkulose.
Die sinngemasse Anwendung dieser Befunde auf den
Menschen f&llt um so leichter, als Yerf.’s Resultate nur
die experimentelle Best&tigung einer schon lSngst am
Krankenbett konstatierten und entsprechend gewOrdigten
Tatsaehe darstellen, dass namlicli das Arsen sowenig wie
das Guajakol bzw. Shnliche Derivate zyklischer Kohlen-
wasserstoffe als ecbte Antituberkulosa in Betracht kommen
konnen. Zurzeit also sind wir nicht berechtigt, dem Arsen
. oder irgendwelchen Phenolderivaten einen spezifischen Ein-
fluss auf die Tuberkulose zuzuschreiben.
(M&noh. med. Woohengchrift 1911 Nr. 50.)
— Sotopan bei Lungenkrankheiten. Yon Dr. Camphausen
(Neudorf bei Gorbersdorf). Sotopan, bestehend aus Cbinin,
Brom, Calcium glycero-phosphoricum, Ferrum lacticum,
kann in flussiger und Tablettenform gegeben werden. Verf.
mochte es in erster Linie bei alien Formen von T. emp-
fehlen, da es auf eine ganze Reihe von Symptomen sowohl
wie auch auf den Prozess selbst in besserndem Sinne ein-
wirkt. Speziell empfiehlt er es bei T., die durch Diabetes
kompliziert ist, wie auch bei den Formen, die durch
Schwangerschaft resp. w&hrend des Stillens in Erscheinung
treten resp. sich verschlimmern. Sodann ist es von gxinstigem
Einfluss bei alien Zust&nden von An&mie und Chlorose
sowohl primSrer wie sekundarer Natur, bei alien Erschdp-
fungszust&nden, zehtenden Krankheiten mit MagenstOrungen,
speziell auch bei dem grossen Heer neurasthenischer Be-
schwerden. Und endlich dflrfte es im Verein mit hygionisch- '
diatetischen Massnahmen ein willkommenes Hilfsmittel sein
bei der Behandlung der Skrofulose und Rachitis, den
beiden Krankheiten, gegen die oft vergeblich so vieles ver-
sucht wird und die doch besonders in der ftrraeren Bev5l-
kerung so weit verbreitet und in ihren FolgezustUnden
so scliwerwiegend sind fiir die Befallenen sowohl wie
auch fOr die Nachkommenschaft. MOgen sich auch in dieser
Hinsicht weiterhin die Erwartungen erfullen, die Verf. an
das so einfach anzuwendende Sotopan knQpft. Die Kosten
einer Sotopankur sind nicht so hoch (t&glich ca. 20—25 Pfg.)i
dass sie nicht auch weniger bemittelte-Kreise erschwingen
konnten. (Fortschritte der Mediiiu 1911 Nr. 88.)
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Vermischtes.
411
Vermischtes.
Eine none bequeme Form der Bereitung medizinischer Tees.
Von Dr. E. Hesse, Spezialarzt fur Hautkrankheiten in
DQsseldorf. Autor schreibt: „Wer bei der Behandlung von
Erkrankungen der Blase und HarnrShre neben der ilb-
lichen lokalen Therapie zum internen Gebrauche die Tees
verordnet, denen wir seit alters einen heilsamen Einfluss
auf die Erkrankungen der Harnorgane zuschreiben, wird
oft genug damit auf Schwierigkeiten gestossen sein. In der
ambulanten Praxis wenigstens ldsst sich das ziemlich um-
standliche Bereiten einer derartigen Teeabkochung nur selten
dnrchftfhren, und ein einfacher Aufguss ist bei diesen Tees
(Folia uvae ursi, Herba herniariae usw.) ziemlich unwirk-
sam. Des weiteren haben die meisten Pat. ein grosses
Interesse daran, ihre ,Geschlechtskrankheit‘ geheimzuhalten
und alle auff&lligen, nicht unbedingt. erforderlichen thera-
peutischenMassnahmen zu vermeiden. Schliesslich schmecken
alle diese Tees bitter und unangenehm, ein weiterer Grund,
der ihrer Verordnung im Wege steht. Da ich aber ein
zweckmdssiges diuretisches Getrftnk bei der Gonorrhoe, spe-
ziell bei alien akuten und subakuten Prozessen, filr einen
wesentlichen Faktor in der Therapie halte, habe ich diese
Hindernisse zu beseitigen versucht. Es bewahrte sich mir
ein Blasentee, den ich seit drei Jahren verordne, von der
Form el:
Folia uvae ursi 70
Radix ononidis 20
Lignum sassafras 20
Herba herniariae 20
Fruct. petroselini 5
Folia menthae 15
MDS. 1 Essloffel mit */• 1 Wasser
1 lt Stunde kochen.
Es wird durch eine derartige Teemischung, die als
Corrigentia Lignum sassafras und Folia menthae enthd.lt,
zweierlei erreicht: er ist besser, beinahe angenehm zu
trinken und er wird dadurch fiir die Umgebung (Familie)
unauffdlliger. Ldstig bleibt nur das umst&ndliche lange
Kochen (Extrahieren). Ich habe deshalb diese Extraktion
vom Apotheker besorgen und aus den Extrakten Tabletten
herstellen lassen, die in einer Tasse heissen Wassers auf-
gelost werden. BezQglich der Extraktion kam es darauf
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V ermiflchtes.
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an, den Wirkungswert jeder einzelnen Droge voll auszu-
nutzen und zu dem Zwecke jede Droge gesondert zu ex-
trahieren, und zwar mit Alkohol, Aether oder Wasser.
Bei dem Folia uvae ursi-Extrakt erreicht man den grossten
Gehalt an wirksamer Substanz (Arbutin), wenn man die
klein zerschnittenen Blatter mit Alkohol anfeuchtet, erst
dann mazeriert und schliesslich abkocht. Bei Herba her-
niariae muss wegen des giftigen Parony chins die Alkohol-
oder Aetherextraktion vermieden werden. Durch genaueste
Berttcksichtigung dieser Verhaltnisse liessen sich Extrakte
herstellen, die an Wirksamkeit die gewbhnliche Teeabkochung
weit (ibertreffen. Statt des Lignum sassafras wurden die
besonders in letzter Zeit wieder hSufiger verwendeten, leicht
diuretisch und adstringierend wirkenden Folia bucco und
Folia batulae eingefiigt. Obwohl es anfangs Schwierig-
keiten machte, aus den zum Teil hygroskopischen Extrakten
ohne HinzufQgen eines unlbslichen Bindungsmittels halt-
bare Tabletten herzustellen, gelang es schliesslich, ein ein-
wandfreies PrSparat zu erzielen. In der geschlossenen
Glasrohre halten sich die Tabletten ganz unver&ndert.
Auch in einer vor einem Vierteljahre angebrochenen R6hre
waren dieselben noch von gleichem Aussehen. Das Auf-
lbsen der Tabletten in heissem Wasser vollzieht sich in
einigen Minuten; im Geschmack und Aroma unterscheidet
sich der Aufguss nicht von einer frischen Abkochung.
Zucker oder Fruchtsirupe konnen natOrlich zugesetzt werden
und verdecken den nicht unangenehmen leicht bitteren Ge¬
schmack. Die in einer Tablette enthaltene Extraktmenge
entspricht einem EsslOffel Teemischung (5 g). Meine thera-
peutischen Erfahrungen decken sich vollst&ndig mit den
guten Resultaten, die ich mit den Teeabkochungen erzielte.
Die Indikationen sind gegeben in alien entztindlichen
Affektionen der Harnwege, bei denen wir antiseptisch,
adstringierend und antikatarrbalisch wirken wollen; die
Steigerung der Diurese ist dabei von wesentlicher Beden-
tung. Inwieweit es moglich ist, durch interne Medika-
tionen bei der Gonorrhoe Komplikationen zu verhftten,
werde ich an anderer Stelle erOrtern.
Zusammenfassung:
1. Die seit alters viel benutzten Tees bei Harn- und
Blasenleiden (Folia uvae ursi, Herba herniariae, Folia
bucco) erfordern eine umsttindliche Zubereitung und
schmecken schlecht.
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V ermiachtes.
413
2. Als relativ wohlschmeckender Blasentee bewShrte
sich mir eine Teemischung von obengenannter Formel.
3. Die „Cygoteetabletten“*) stellen die bequemste Form
der Teebereitung dar und enthalten alle wirksaraen Be-
standteile aus Folia uvae ursi, Folia bucco, Folia betulae,
Radix ononidis, Fruct. petroselini, Herba herniariae in
haltbarer Form. Man l6st eine Tablette in einer grossen
TaSSe heissen WaSSerS. (Medizin. Klinik 1911 Nr. 45.)
— „Nasenlttfter", ein neues, Heines Instrument zur danernden
Beseitigung behinderter Luftpassage in der Nase. Yon
Dr. med. Pick (Charlottenburg). „Die Nase steht sehr
selten symmetrisch median. Jeder scharfe Beobacliter sieht
diese Abweichung, und die Bestatigung dieser Beobachtung
kOnnen wir taglich von jedem Portr&tmaler hbren. Die
Abweichung der Nase ist meistens nach links. Die Nasen-
schleimliaut ist am unteren freien Rande der unteren Nasen-
muschel am dicksten, dort h&ngt sie sehr oft wie ein weicher,
schlotternder Wulst herab. Dieser Wulst der Nasenschleim-
haut verengt haufig den Raum der NasenhShle, der durch
die Deviation ohnedies schon verkleinert ist. Es kommt
desbalb vor, dass bei krankhafter Lockerung und Auf-
schwellung der Nasenschleimhaut die Wegsamkeit der Nasen-
hbhle fQr die zu inspirierende Luft ganz und gar auf-
gehoben wird. Diesem Uebelstande soil das kleine Instrument
abhelfen, das, in die Nase eingefuhrt, eine dauernde Luft¬
passage schafft. Der Nasenltifter ist aus legiertem Metall
hergestellt; er besteht aus einer Rbhre — lichte Weite
2 mm — mit stabclienartigen, rundlichen Ansatzen —
Sttitz- und NasenflQgelhebeflanchen —, welche seitlich hocli-
geboben und gebogen sind und als StGtzpunkt des Nasen-
lQfters und zur Hebung des Nasenflugels dienen. Yermoge
der eigenartigen Legierung ist es moglich, dem Nasenltifter
mit leichtem Fingerdruck jede Form zu geben, ohne dass
die NasenlQfterrbhre einknickt bzw. sich abflacht oder ein
Brechen des Nasenltifters zu beftirchten ist. Auch die
Sttitz- und Nasenfltigelhebeflanche ist leicht biegsam. In-
folge der ausserordentlichen Biegsamkeit des Nasenltifters
kann man ihn sehr leicht in die Nase einfiihren. Um
eventuelle Sekrete, die durch unvorhergesehene Falle in
die Bohrung des Nasenltifters eindringen, zu entfernen,
ohne den Nasenltifter aus der Nase zu nehmen — tibrigens
*) Die Tabletten sind unter dem Namen Cygoteetabletten (Cy[stitis]
Gofnorrhoe]) in dem Handel. Fabrik: Apotheker E. Schoemann, Dortmund.
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414
Vermischtes.
eine Erscheinung, die selten beobachtet wurde —, ist zur
leichteren Vornahme einer Lufteinblasung mit einer belie-
bigen Spritze von 1 ccm Inhalt die Bohrung des Nasen-
liifters am Stfitzpunkt fttr die Nase konisch erweitert. Die
alleinige Fabrikation des NaSenlQfters, der unter Nr. 485 292
gesetzlich geschiitzt ist, wird durch den Chirurgie-Mecha-
niker Kurt Senger in Charlotteriburg, Kantstr. 107, besorgt.
Der Preis desselben betrSgt 2.25 M.“
(Allgem. med. Zentral-Ztg. 1911 Nr. 46.)
— Ueber Jodozitin, ein neues [od-Lezithin-Eiweiss-Praparat. Voiv
Dr. Chrzellitzer (Posen). Verf. kann das von der Firma
Dr. M. Haase & Co. in Berlin hergestellte Jodozitin infolge
seiner Zusammensetzung als ein wertvolles Praparat zur
Nachpriifung empfehlen, weil es vor allem bei gleicher
Wirkung wie die anderen Jodkombinationen keine Jodismus-
erscheinungen im Gefolge hat und, weil es durch den Lezi-
thingehalt ein glanzendes Tonikum darstellt, bei Arterio-
sklerose als kalklbsendes Praparat vor alien anderen
Medikamenten indiziert ist und besonders bei Lues und
ihren Nervenerkrankungen durch die infolge des Luestoxins
hervorgerufene Nerv.enschadigung sich-als wertvolles, Le-
zithin ersetzendes Kraftigungsmittel erwiesen hat. -
(Dermatolog. Wochenschrift 1012 Nr. 6.)
— Jodostarin, ein neues organisches Jodpr¶t. Von Priv.-
Doz. Dr. C. Bachem (Pharmakolog. Institut Bonn).
Ausser den Jodalkalien besitzen nur Jodival und Lipojodin
erheblichen Jodgehalt. Obwohl Jodival in den therapeu-
tisch Qblichen Gaben beim Menschen bisher keine nennens-
werten Nebenwirkungen gezeigt hat, ist seine Giftigkeit
im Tierversuch erwiesen. Es war daher berechtigt, auf
der Suche nach einem neuen Jodpraparat fortzufahren,
dem insbesondere folgende Eigenschaften zukommen:
1. relative Ungiftigkeit, 2. genhgende Verteilung in den
einzelnen Organen, 3. baldige Resorption, aber nicht zu
schnelle Ausscheidung, 4. hinlangliche Ausnutzung des
Gehaltes an freien Jodionen, 5. Geschmacklosigkeit,
6. niedriger Preis im Verhaltnis zu ahnlichen Praparaten.
Der Firma Hoffmann la Roche & Co. (Grenzach) ist es
nunmelir gelungen, ein Produkt herzustellen, welches alien
diesen Anforderungen entspricht. Es ist seiner cliemischen
Konstitution nach Taririnsauredijodid und kommt unter
dem Namen Jodostarin in den Handel. Jodostarin ist ein
weisses, in Wasser unlbsliches, geschmackloses Pulver,
das in Tabletten zu 0,25 g in den Handel kommt. Es
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Vermischtes — Bficherschau.
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enthalt 47,5 °/o Jod in fest gebundener Farm. Jodo¬
starin passiert den Magen unzersetzt und spaltet erst im
Darm und besonders erst jenseits desselben ionales Jod
ab. Nach etwa V* Stunde ist Jod im Harn und Speichel
nachzuweisen. Etwa 75—80% der eingefQhrten Jod-
menge werden durch den Harn innerhalb dreier Tage
ausgeschieden. Die Yerteilung in den einzelnen Organen
ist eine anhaltendere als beim Jodkalium und infolgedessen
die Wirkung eine. protrahiertere. Auf die einzelnen Organe
ist die Verteilung eine annahernd gleiche. Auch das Ge-
hirn enthalt ebenfalls quantitativ bestimmbare Mengen
Jod. Jodostarin*) ist billiger als einige andere organische
Jodpraparate. (Munch, med. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
Biicherschau.
Der bekannte Verfasser von „Indien und ich w , „Grotesken“, „Das
Grauen* u. a. hat einen neuen Roman verOffentlicht:
Alraane. Hanns Heinz Ewers hat sich in diesem Roman
(Verlag von Georg Muller, Miinchen), der „Geschichte
eines lebenden Wesens", wie der Untertitel lautet, wieder
als Meister in seiner Art gezeigt. Dies© w Art“, die allerdings
nicht jedem zusagen wird, die auf Freunde der Marlitt-
erzahlungen vielleicht geradezu abstossend wirken wird,
diese Art muss doch anderseits recht vielen gefallen, wie
schon der-Umstand beweist, dass das Buch in der kurzen
Zeit seit Erscheinen neun Auflagen erlebt hat. Wir wollen
absichtlich nichts von dem interessanten und eigenartigen
Inhalt des Buches verraten, der den Leser von Anfang
bis zu Ende in hohem Grade fesselt und in Spannung
erh<. Recht angenehm beriihrt es, dass der Autor, wenn
er medizinische Dinge streift, sie nicht falsch wiedergibt,
wie wir das so oft in belletristischen Werken finden, sondern
sich gut versiert zeigt. Wir konnen das Buch den Kol-
legen fiir ihre Mussestunden warm empfehlen.
*) Ein Rfthrchen mit 20 Tabletten a 0,26 g Jodostarin (mit im ganzen
ca. 2,6 g Jod) kostet in der Apotheke M. 1.60. Aaf die gleicho Menge Jod
umgerechnet, stellt sich Jodostarin in der Verordnung billiger als Lipo-
jodin und Sajodin.
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BScherschaa.
— Abh.andlxmg.en liber Salvarsan. Von P. Ehrlich. MOnchen.
J. F. Lehmann. Preis: M. 10. Eine grosse Reihe neu
erschienener Arbeiten fiber Salvarsan bat Ehrlich in
diesem IE. Bande gesammelt; der stattliche Band enthalt
viel Neues und Wichtiges (z. B. die Fragen fiber W«sser-
fehler, Neurorezidive, Frfihbehandlung der Syphilis) und
dfirfte jedem Arzte, der Syphilitiker zu seiner Klientel
z&hlt, unentbehrlich sein. Es ist dem Verlage und dem
Herausgeber hoch anzurechnen, dass sie Mfihen und Kosten
nicht scheuen, um j&hrlich eine solche Sammlung zu publi-
zieren, welcbe die neue Heilmethode nach alien Seiten hin
beleuchtet und das in sich vereinigt, was man sonst mit
grossem Zeitverlust aufsuchen mfisste.
Eingange bei der Redaktion.
Besprcchung vorbehalten. — Rucksendung ausgeschloseen.
Sammlung klinischer VOrtrage. (Leipzig, Job. Ambr. Barth.)
Nr. 645/47. Beitrage zur Physiologie des Weibes. Von Prof.
Dr. G. Ricker und Dr. A. Dahlmann.
Nr. 648. Ueber kryptogenetische Peritonitiden. Von D. G.
Zesas.
Nr. 649. Ueber Geburtsvorgang und Geburtsleitung bei engem
Becken. Von Prof. H. Sellheim.
Wurzburger Abhandlungen. (Wfirzburg, Curt Kabitzsch.) Ein-
" drficke und Erfahrungen fiber Syphilisverlauf und Behandlung.
Von Dr. Orlowski.
Glaukom. Von Privatdozent Dr. W. Lfihlein.
Gehe’S Codex. Nachtrag I. • Januar 1912.
Klassiker derMedizln, herausgegeben von K. Sudhoff. (Leipzig,
Joh. Ambr. Barth.)
Bd. 13. Ch. Bell, Idee einer neuen Hirnanatomie.
Bd. 14. A. Kussmaul, Uebei; die Behandlung der Magen-
erweiterung mittels der Magenpumpe.
Bd. 15. L. Auenbrugger, Neue Erfindung, verborgene
Brustkrankheiten zu entdecken.
Bd. 16. X. Bichat, Physiologische^ Untersuchungen fiber
den Tod.
DruckfehlePa
In Nr. 7 S. 305 soil es heissen:
0,00015—0,0003 Skopolamin.
Ffir den redaktiofiellen Teil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
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Ersohelnt am
Anfang eines jeden Monata.
M 10 .
Prels des Jahrganga 6 Mk.
exkl. Porto.
Excerpta medica.
Kurze monatllche Jburnalaussttge
au8 der gesamten Faohliteratur
zum Gebrauch far den praktischen Arzt
Herausgegeben von Dr. med. Eugen Graetzer in Ertedenau-BerUn,
Yerlag tob Carl SailmaHn, Leipzig.
XXI. Jatrim
1912
Agpypnfea Ueber ein neves Schlafmittel Luminal. Von
Dr. A. Wetzel (Psychiatr. Klinik, Heidelberg). Das Mittel
bew&hrte sich namentlich bei einer grossen Zahl von de-
pressiven Kranken (bei zirkulSren Psychosen wie bei
DepressionszustSnden' im Yexlaufe von Verblbdungspro-
zessen), aber auch sonst bei den verschiedensten psycho-
tischen Zustandsbildern. Es gelang dabei, entweder die
(iberhaupt fehlende Schlaffahigkeit herbeizufllhren oder
aber einen unruhigen, oft unterbrochenen, oberflachlichen
Schlaf ruhiger und tiefer zu gestalten. Misserfolge waren
selbstverstftndlich ebenfalls zu konstatieren, wie bei den
tlbrigen Schlafmitteln auch. Wenn in dem Symptombild
motorische Unruhe und lebhafte Affekte nicht sehr zutage
traten, waren die Wirkungen am gfinstigsten. In einzelnen
Fallen konnte Verf. das Luminal bei nicht psychotisch
bedingten Schlafstorungen, unter anderem bei Schlaflosig-
keit auf dem Boden der Neurasthenie, verwenden. Auch
da liess sich ein gutes Resultat feststellen. Hat sich das
Luminal bei der Yerabreichung per os als ein sehr ntitz-
liches Schlafmittel erwiesen, so ist die Mbglichkeit der
subkutanen Injektion gerade fur die psychiatrische Praxis
ganz besonders wichtig. Dabei erscheint namentlich we-
sentlich, dass die wirksamen Dosen des Hypnotikums nur
sehr kleine Mengen des Losungsmittels erfordern. Es ist
ohne weiteres mbglich, von dem Natriumsalz der Phenyl-
athylbarbitursaure eine 20%ige Losung herzustellen, von
der 1,5—2 ccm die Dosen 0,3—0,4 Luminal enthalten.
Die Lbsung, die sich durch Aufkochen sterilisieren lasst,
halt sich 8—14 Tage; danach trdbt sie sich gelegentlich,
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indem sich der an sich unschadliche, hypnotisch nur schwach
wirksame Phenylathylazetylharnstoff bildet und ausfallt.
Die Injektion selbst scheint ganz schmerzlos zu sein;
Nebenerscheinungen irgendwelcher Art haben sich bei den
injizierten Fallen nie gezeigt. Die Zeit bis zum Eintritt
der Wirkung ist im allgemeinen etwas lflnger als bei der
Verabreichung per os. An sich h&tte Verf. natflrlich ab-
wechselnd mit der Verabreichung des Luminals per os auch
die subkutane Injektion verwenden kbnneu, dem stand
aber einerseits in der von psychotischen Pat. geftirchteten
„Spritze w ein psychologisches Moment im Wege, dessen
Rtlckwirkung auf die Vergleichsuntersuchungen nicht zu
berechnen gewesen ware, andererseits wollte Verf. bei den
bisherigen orientierenden Versuchen der subkutanen In¬
jektion ein ganz spezielles Anwendungsgebiet umgrenzen;
er verwandte sie daher von vomherein nur in Fallen, in
denen der Kranke das Mittel nicht per os nahm. Bei
sehr lebhaften Erregungszustanden sah er von Luminal im
allgemeinen ab, da sich hier die Dosen bis 0,4 nicht als
genllgend wirksam erwiesen. Erfordert die motorische
Erregung, die Gefahr der Gewalttatigkeit, die Zerstbrungs-
sucht usw. ein medikamentoses Eingreifen, so wird, zumal
da es ja in solchen Fallen auch auf eine mbglichst rasche
Wirkung ankommt, das Skopolamin immer das souverane
Mittel bleiben. Bei manchen Erregungszustanden wird
wohl auch das Luminal gute Dienste leisten kbnnen; so
gelang es z. B. bei manischen Erregungen durch Injektion
der Qblichen Luminaldosen, die in Abstanden von mehreren
Stunden wiederholt wurden, die Erregung so weit zu mil-
dern, dass die Kranken, die vorher abstinierten, nun zum
Essen zu bewegen waren. Als ganz besonders geeignet
ftir die Luminalinjektion erwiesen sich aber diejenigen
psychotischen Zustande, bei denen die Kranken motorisch
relativ ruhig sind, aber nicht oder ungenttgend schlafen
und dabei die Aufnahme des Schlafmittels per os ver-
weigern. Bei heilbaren .Psychosen wie bei VerblOdungs-
prozessen wurden gleichgute Erfahrungen gemacht. Die
Verabreichung des Schlafmittels als Klisma ist in derartigen
Fallen nur ein sehr ungenfigender Ersatz; abgesehen da-
von, dass sich nur wenige Praparate daflir eignen, wider-
setzen sich die Kranken der geschilderten Art in der Regel
auch dem Klisma. Greift man in solchen Fallen gele-
gentlich zu Injektionen von Morphin oder von kleinen
Dosen Skopolamin, so erweist sich das erstere nicht selten
als wirkungslos und das letztere stellt immer nur einen
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Agrypnie.
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Notbehelf dar, denn das Skopolamin ist im Gegensatz zu
den Hypnoticis der Fettreihe und den Opiumalkaloiden
ein ansgesprochenes L&hmungsmittel, und die Schwan-
kungen in der individuellen Empfindlichkeit dagegen und
die unangenehmen subjektiven Nebenerscheinungen gebieten
grosse ZurOckhaltung in seiner Yerwendung. Bei dieser
zuletzt umschriebenen Gruppe psychotischer Zustande mit
Schlafstorungen erscheint das Luminal der subkutanen
Injektion geeignet, besonders gute Dienste zu leisten; in
einer Reihe von Fallen ist es gelungen, mit Dosen von
0,3—0,4 g genfigenden Schlaf herbeizuftihren. Dass auch
da Misserfolge eintraten, ist nach den sonstigen Erfahrungen
fiber die Wirkungen von Medikamenten bei Psychosen
nicht verwunderlich. (Berliner klin. Wocheneohrift 1912 Nr. 20.)
I
— Ueber Luminal macht ferner San.-R. Dr. Graeffner (Friedrich-
Wilhelms-Hospital und Siechenanstalten der Stadt Berlin)
Mitteilung. Er kommt zu folgenden Schlfissen:
1. Luminal ist ein sehr wertvolles Schlafmittel. Mit
warmem Getrfink genommen, bewirkt es meist schon nach
einer halben Stunde festeh Schlaf von vielstttndiger Dauer.
Der Schlaf der folgenden Nfichte steht noch unter der
erst allm&hlich abklingenden Wirkung des Mittels.
2. In gleicher Weise wie per os wirkt Luminal auch
in der Anwendungsform des Suppositoriums.
3. Nebenwirkungen bedenklicher Art durch Luminal-
gebrauch sind bisher nicht beobachtet worden. Massige Grade
von Benommenheit, Schwindel und verl&ngerter Schl&frigkeit
gingen spontan voriiber oder wichen harmlosen Analepticis.
4. Es empfiehlt sich, mit kleinen Dosen wie 0,2 zu
beginnen unter Yorbereitung des Pat. auf einen Misserfolg,
und dezigrammweise zu steigen bis zur wirksamen Dosis
von 0,4—0,5, des ferneren neue Darreichung erst nach
drei Tagen vorzunehmen. Kumulation erscheint nicht
ausgeschlossen, wie sich aus dem gelegentlichen Erfolg
erst der zweiten Darreichung ergibt.
5. Luminal ist ein ausgesprochenes Sedativum, kein
Narkotikum. Infolgedessen ist seine Anwendung zweck-
los, wo Schmerzen oder Reizzustfinde jedweder Art ihren
schlafstfireuden Einfluss geltend machen. (Ebenda.)
— Ueber Luminal teilt endlich Dr. O. Juliusburger (Steglitz)
die Erfahrungen mit, die in der Heil- und Pflegeanstalt
„Berolinum“ in Lankwitz damit gemacht wurden: Bei
einfachen A. kam Verf. schon mit einer Dosis von 0,2
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bis 0,3 g Luminal aus. Je nach der vorliegenden tieferen
Stfirung steigerte er bis 0,6 g Luminal, in sehr wenigen
Fallen bis 0,8 g pro dosi. Musste er einige Zeit auf der
H5he, etwa 0,6 g, bleiben, so konnte er hernach ohne
Schwierigkeit langsam wieder rfickwfirts gehen. Er hat
gelegentlich 23 Abende hintereinander 0,6 g Luminal ge-
geben, in einem anderen Falle 22 Abende hintereinander
0,6 g, in zwei weiteren Fallen 11 Abende hintereinander
0,6 g, ein andermal wieder 14 Abende hintereinander 0,6 g
und bei einem anderen Kranken 13 Abende 0,6 g Luminal,
ohne irgendeine akkumulierende Wirkung des Mittels oder
sonstige Stbrung des Allgemeinbefindens zu beobachten.
In einigen Fallen aber traten, wenn 0,6 g Luminal mehrere
Abende hintereinander gegeben wurden, leichte Beschwerden
am Morgen ein. Die Pat. klagten fiber leichten Kopf-
druck und gewisse Mattigkeit, Erscheinungen, die aber
sehr rasch wieder schwanden, ohne die geringsten Spuren
zu hinterlassen. Man konnte nach kurzem Aussetzen des
Medikaments ruhig wiederum bei denselben Personen Lumi¬
nal anwen<Jen. Yerf. mfichte schon hier hervorheben, dass
er bisher in keinem Falle eine irgendwie ernstere oder
nachhaltigere Stbrung des Allgemeinbefindens nach Lumi¬
nal gesehen habe. Bei sehr erregten Kranken, z. B. bei
den motorischen Erregungszustanden im Verlauf der Para¬
lyse oder bei anderen hyperkinetischen Zustfinden, gab er
morgens und abends je 0,6 g Luminal-Natrium subkutan.
Ueber 1,2 g Luminal-Natrium ist er bis jetzt pro Tag
nicht hinausgegangen. Nach drei Tagen schien bei dieser
Dosis eine bemerkenswerte, aber erwftnschte Akkumulation
des Mittels eingetreten zu sein; die vorher ausserordentlich
unruhigen Kranken beruhigten sich erfreulicherweise. Wje
jedes Mittel, so versagt auch gelegentlich Luminal, aber
immerhin in seltenen Fallen. Yerf. hat wiederholt ge¬
sehen, dass Luminal, wenn es gelegentlich keine brauch-
bare Wirkung erzielte, ein andermal, bei derselben Person
in Anwendung gebracht, doch einen schfinen Erfolg zeigte
Verf. hat das Luminal schfitzen gelernt bei den Erregungs¬
zustanden der Paralytiker, es scheint auch empfehlenswert
zu sein bei dem Versuch, die paralytischen Anfalle zum
Schweigen zu bringen. Wenigstens hat Verf. bisher in der
Richtung Gutes gesehen, doch ist eine Nachprfifung na-
tfirlich zu erstreben. Brauchbar hat das Luminal sich
auch gezeigt bei der Behandlung epileptischer Dftmmer-
zustftnde sowie in einem Fall von Delirium tremens. In
allerjfingster Zeit hat das Luminal sehr schfitzenswerte
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Dienste geleistet in einem Fall von Morphiumentziehung.
Yerf. hat auch in geeignet erscheinenden Fallen das Lu¬
minal mit Morphium kombiniert. Leider kann man das
geloste Luminal-Natrium nicht mit Morphium zusammen-
mischen, da es einen Niederschlag gibt. Man muss, was
ja keine weiteren Umst&nde macht, die beiden Mittel ge-
trennt subkutan anwenden, wobei es sich sehr empfiehlt,
fllr Luminal-Natrium und Morphium gesonderte Spritzen
zu benutzen, um eben jeden Niederschlag zu vermeiden.
Auch ist es ratsam, nach dem Gebrauch von Luminal die
Spritze sofort mit warmem Wasser durchzuspiilen. Luminal-
Natrium 0,3 g und Morphium 1—l 1 /* eg gab Verf. mit
gutem Erfolge bei Angstzust&nden. Sehr schbn reagierte
ein Kranker, bei dem Verf. gezwungen war, gegen die
heftigen Angstattacken Morphium -Hyoszin zu geben, auf
Luminal-Morphium, und es zeigte sich in alien anderen
Fallen, dass nach Luminal niemals so unangenehme Be-
gleiterscheinungen auftraten wie nach Hyoszininjektionen.
Verf. hat nach Luminal in keinem Fall VerSnderungen
im Verhalten der Pupillen gesehen, er hat auch stets nach
Luminal die qu&lende Austrocknung der Mund- und Rachen-
schleimhftute wie nach Hyoszin vermisst. Leider scheint,
wenigstens nach den bisherigen Versuchen, das Luminal
noch nicht berufen zu sein, das Hyoszin vollst&ndig zu
verdr&ngen, aber wir haben im Luminal einen sehr guten
Konkurrenten mit dem Hyoszin, und Verf. empfiehlt, es
zunfichst vor dem Hyoszin immer mit dem Luminal zu
versuchen, unter Umstfinden, also bei heftigen, besonders
mit Angst verbundenen Erregungszustfinden, von vorn-
herein unter HinzufQgung von 1— 1'/« eg Morphium. Freilich
scheint in der Mehrzalil der FSlle die Wirkung des Lumi¬
nals nicht so sasch einzutreten wie nach Injektion von
Hyoszin. Aber das ist ja auch nicht 'immer so dringend
erforderlich, und vielleicht wird sich herausstellen, dass
die Kombination von Luminal mit Morphium auch in den
Fallen eine sichere und raschere Wirkung herbeifiihrt, in
denen jetzt noch das Hyoszin Gberlegen ist. Hier ist Verf.
mit seinen Versuchen noch nicht zu einem definitiven
Abschluss gelangt. Wenn die Wirkung des Luminals bei
interner Darreichung auf sich warten lasst, so muss man
das Mittel naturlich um so fruher geben, was von Fall
zu Fall auszuprobieren ist, oder man entschliesst sich,
wogegen nicht das geringste Bedenken besteht, eine oder
zwei Tabletten Adalin voranzuschicken. Das Adalin wirkt,
wie bekannt, ausgezeichnet bahnend fGr den Schlaf, und
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Agrypnie.
so kann das darauffolgende Luminal um so leichter und
vielleicht auch rascher mit seiner Wirkung einsetzen. Yerf.
mOchte noch hervorheben, dass bei Erregungszustanden
verschiedenster Herkunft das Luminal nicht immer sogleich
Schlaf erzeugt. Aber es tritt doch eine wohltuende Ruhe
ein, die scbatzenswert genug ist. Wenn Verf. seine bis-
herigen Erfabrungen mit Luminal zusammenfasst, so kommt
er schon jetzt zu dem Schluss, dass wir in ihm eine wirk-
liche Bereicherung unseres Arzneiscbatzes vor uns haben.
Bisher hat Yerf. nicht die geringsten schfidlichen Neben-
wirkungen geseben, seine Wirkungen sind im ganzen sichere
und brauchbare, sowohl im Hinblick auf eintretende Be-
ruhigung des Kranken wie mit Rttcksicht auf den zu er-
zielenden Schlaf. Ein sehr hoch anzuschlagender Yorzug
des Luminal-Natriums ist es, dass es ohne die geringsten
Bedenken in der angegebenen Dosis subkutan injiziert
werden kann, so dass wir nicht mehr in der Lage sind,
immer zum Hyoszin greifen zu miissen. Das Hyoszin wird
durch das Luminal entschieden aus seiner Vorherrschaft
verdr≯ das allein durfte schon das Luminal sehr will-
kommen heissen. (Ebenda.)
— Luminal, ein neues, snbkntan anwendbares, starkwirkendes
Hypnotiknm. Yon Dr. W. Geissler in Trier. (Aus der
K5lner Akademie f. prakt. Medizin, Psychiatrische Klinik.)
Luminal (Phenyl&thylbarbitursaure) unterscheidet sich vom
Veronal dadurch, dass eine Aethylgruppe durch den Phenyl-
rest ersetzt ist.
Mit Dosen von 0,2 und 0,3 g per os hat Verf. nur
zum Teil sichere Resultate bekommen bei Frauen, M&dchen
so wie bei jiingeren und alten mftnnlichen Individuen, die
sonst gar nicht oder nur stundenweise schliefen (Hysterie,
Alkoholismus, Neurasthenie, Arteriosklerose usw.) Es
kommen hier individuelle Schwankungen vor, indes kann
man sagen, dass bei schw&chlichen Pat., namentlich weib-
lichen Geschlechts, 0,2—0,3 g die Anfangsdosis sein soil.
Der Schlaf tritt in diesen Fallen im allgemeinen nach
ca. V* —1 Stunde, mitunter noch etwas spSter, ein (bei
manchen andererseits schon nach 1 U Stunde) und halt bei
den meisten die ganze Nacht durch an, selbst bei Unruhe,
ja Lfirm der Umgebung. Nebenerscheinungen wurden bei
dieser Dosierung nicht beobachtet, insbesondere keine
Mattigkeit und kein Kopfschmer^ oder Brechreiz am an-
deren Tage, wie dies ja bei anderen starkwirkenden
Hypnoticis nicht selten vorkommt.
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Agrypnie.
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0,4 g bewirkte bei alien Pat. per os stets guten, ruhigen
Schlaf von mindestens 6—8 Stunden. Darunter waren
Pat., die schon seit Jahren einen festen, ruhigen Schlaf
nicht kannten und Trional, Chloralhydrat usw. oft und
erfolglos genommen hatten. Alle rtlhmten den stetigen
tiefen und traumlosen Sfchlaf und den freien Kopf am
nachsten Tage. Verf. hat bei einer Reihe von Pat. nach
0,4 g am nachsten Tage, zum Teil kurz nach dem Er-
wachen schon, geistige Arbeiten verrichten, stundenlang
rechnen und kombinieren lassen, keiner ermtidete schneller
als sonst physiologisch, im Gegenteil war die Leistungs-
fShigkeit grosser, eben weil das Nervensystem durch die
langersehnte Ruhe sich zweifellos krSftigen konnte
0,5 g des PrSparates bei Frauen gegeben, bewirkte
einen rauschartigen Zustand, der zum Teil nach dem sich
daran anschliessenden langen Schlaf am anderen Tage in
einer gewissen Euphorie in Erscheinung trat, jedoch keinen
Kopfschmerz. In gleicher Weise reagierten auch mittel-
krftftige und schwache Manner. FOr solche Pat. sind also
niedrigere Dosen angebracht. Bei Personen von kraftigerer
Konstitution wurde dieser rauschartige und protrahierte
Schlaf nicht beobachtet. Alle Pat. schliefen aber ruhig
und fest und hatten trotz der Qberschrittenen Dosis keine
Nebenerscheinungen und Klagen am nachsten Tage.
Die gleichen Beobachtungen wurden bei der sub-
kutanen Applikation der Lbsungen des Natriumsalzes ge-
macht, mit der Einschrankung, dass der Eintritt der Wirkung
sich um ungefahr 1 U— 1 U Stunde verzbgerte. Die Qualitat
des Schlafes hingegen erlitt bei dieser Anwendungsweise
keine Einbusse. Die Injektionen wurden schmerzlos ver-
tragen. Irgendwelche Reaktionserscheinungen in der Um-
gebung der Einstichstelle, speziell Nekrosen oder Eiterungen,
wurden bei den nach vielen Hunderten zahlenden Versuchen
nie beobachtet. BezQglich der Herstellung der Lbs ungen
verweist Verf. auf die eingangs gemachten Angaben. Weder
bei der internen noch bei der subkutanen Darreichung wurde
bei den angegebenen Dosen bei fortgesetztem Gebrauch
Abschwachung der Wirkung bemerkt, ebensowenig Kumu-
lation, selbst nicht nach chronischen Gaben von 0,4 g.
Auch zu nachweisbaren Scbadigungen der inneren Organe
fahrte die chronische Verabreichung nicht. Im Urin war
kein Eiweiss und kein Zucker nachzuweisen. Zwei Falle
von Nephritis und ein Diabetes mellitus zeigten im All-
gemeinbefinden wie im Urinbefund keine quantitative Ab-
weichung durch das tagelang gegebene Mittel (0,4 g pro
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Agiypnie.
die). Soweit die Wirkungsweise fQr die allgemeine Me-
dizin. Ffir den Psychiater trad Neurologen ergeben sich
nun noch weitere Indikationen, die das neue Mittel un-
geraein wertvoll machen. Eine Dosis von 0,4 g subkutan
oder per os vermochte bei fast alien erregten Pat. (Manie,
paralytische und katatonische Erregungszustande, epilep-
tische Erregungen, Angstzustande und selbst Delirium
tremens) auf 3—4 Stunden, naeh nochmaliger Injektion
von 0,2 g jedoch auf mindestens 5—6 Stunden ein Stadium
motorischer Ruhe herbeizufahren. Die Pat. lagen mehr
oder weniger im Schlaf. Die motorische Unruhe war ibnen
genommen. In schweren Fallen ging man mit der Dosis
aber 0,6 g hinaus, ein Versager trat bierbei nie ein, ebenso-
wenig wie able Begleit- oder Folgeerscheinungen. Der
Urin blieb eiweiss-, zucker- und zellfrei. Diese Wirkung
des neuen Hypnotikums muss. man geradezu in Parallele
mit der des souver&nen Hyoszins setzen. Das Luminal
ist ebenfalls in der Lage, da, wo alle anderen internen
Mittel versagen, als sog. medikamentose Zwangsjacke zu
wirken. Allerdings bleibt die Anwendung des lahmenden
Hyoszins mehr denjenigen schweren Erregungs(Tobsuchts-)
zustanden vorbehalten, bei welchen eine sofortige Wirkung
erzielt werden soli. Hier kommt das Luminal, das ja
erst nach 1—l 1 /* Stunden seine voile Wirksamkeit ent-
faltet, nicht in Frage. Prophylaktisch jedoch ist es wert¬
voll gegen regelmassig wiederkehrende Erregungszustande
und vor allem gegen solche mittleren Grades, also far
Kranke, die man ohne Schaden eine Stunde ihrem Zo-
stande aberlassen kann: diese Kategorie bildet die Haupt-
domane far die Anwendung des Luminals. Dieses besitzt
hier durch seine gewaltige hypnagoge Kraft eine die Mo-
tilitat indirekt lahmende Eigenschaft. Yielleicht werden
auch weitere Yersuche die MOglichkeit naherracken, bei
geeigneten, noch naher abzugrenzenden Fallen mit ein-
maligen hohen Dosen eine prompte, dem Hyoszin analoge
Wirkung zu erzielen, d. h. neben dem Schlafmittel noch
ein Lahmungsmittel zu sein. Die Wirkung auf Alkohol-
deliranten war eine frappierende. Wahrend Hyoszin-
Morpbin, Veronal usw. bei delirosen Zustanden fast v6lb’g
versagen, sah Verf. in mehreren Fallen nach 0,4 g und
nach noch einmal wiederholter Injektion von 0,2 g nach
einigen Stunden motorische Ruhe und sogar stundenlangen
Schlaf eintreten. Einem Wiederaufflackern der Erregung
am nachsten Tage wurde in gleicher Weise begegnet, es
trat darauf wiederum Schlaf ein, und nach diesem war
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Agrypnie.
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das Delirium abgeblungen. Diese Versuche an Deliranten
bedtlrfen besonders eines eingehenden Studiums. Ob es
in jedem Fall sich empfiehlt, bei einem Deliranten den
Schlaf ktinstlich herbeizufQhren, lftsst Verf. dahingestellt.
Von Wichtigkeit ist es jedoch bei solchen mit geschwachter
Herzmuskulatur, die man zur Ruhe zu bringen ver-
pflichtet ist.
Kurz zusammengefasst besteht die Wirkung und der
Vorzug des Luminals in Folgendem:
1. es besitzt eine tiberaus sichere und prompt schlaf-
machende Wirkung;
2. es verursacht keine Neben- und Folgeerschei-
nungen;
3. es reizt weder Magen noch Nieren;
4. es ist nahezu geschmackfrei;
5. es bietet, je nach Lage des Falles, die Mbglichkeit
der internen oder subkutanen Anwendung;
6. es findet seine besondere Indikation in der Psychi¬
atric zur Bekampfung schwerer Erregungszustande.
(Miinch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 12.)
— Seine klinigchen Erfahrungen mit Luminal fasst Dr. S. Lb we
(Psychiatr. und Nervenklinik, Leipzig) wie folgt zusammen:
1. Das Luminal bewahrt sich als Sedativum und
Hypnotikum bei alien Formen der Erregung Geisteskranker
sowie bei Erregung und Schlafstbrungen von Degenerierten
und Neurasthenikern; es entfaltet eine gfinstige Wirkung
auch noch bei Nebenhergehen korperlicher Schmerzen; es ist
wirksam auch in solchen Fallen, in denen andere Hypno-
tika unwirksam bleiben oder kontraindiziert sind. Bei
Deliranten erscheint es geeignet, die kupierende Wirkung
hoher Veronaldosen bei wesentlich niedrigerer Dosierung
zu erzielen.
2. Schlaf von physiologischer Dauer wird bei Nicht-
psychotischen schon durch Dosen von 0,2 oder hochstens
0,4 prompt erzielt; bei stark erregten Geisteskranken haben
Gaben von 0,6—0,8 zum mindesten anfanglich, mit Sicher-
heit Erfolg.
3. Die Nebenwirkungen (Benommenheit, Rauschzu-
stande, Blutdrucksenkung) werden nur bei langerer Dar-
reichung beobachtet und scheinen sich von denen des
Veronals in Art und Haufigkeit kaum zu unterscheiden;
das gleiche gilt von dem in wenigen Fallen beobachteten
Exanthem.
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Agrypnie — Aortenaneurysma.
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4. In der Wirksamkeit entsprechen 0,2—0,3 g Lu¬
minal 0,5 g Veronal; ein Vorzug vor dem Veronal besteht
ferner in der Anwendungsmbglichkeit des Luminals in
Fallen, die sich erfahrungsgemass gegen Veronal refraktar
verhalten.
5. Die Darreichung des Luminals geschieht per os
entweder in Tablettenform, welche unter Umstanden Psycho-
tischen in Getranke eingerdhrt werden kbnnen, oder als
einem Getrank beizumischende Lbsung des in Wasser gut
lbslichen Luminalnatriums; diese letztere kann zweck-
massig auch per clisma verabreicht werden; besonders
gGnstig ist die Tatsache, dass sich die Lbsung des Lumi¬
nalnatriums bequem und ohne Schmerzen subkutan appli-
zieren lasst, wodurch diese Anwendung auch bei wider-
strebenden Geisteskranken ermbglicht wird.
6. In Kombination mit kleinen Morphindosen bietet
das Luminal die Mbglichkeit, das Hyoszin weitgehend
auszuschalten, insoweit nicht die sofortige Wirkung ver-
langt wird.
7. Es erscheint daher die EinfQhrung des Luminals
berechtigt, nicht nur weil es ein bei dem Wunsche abzu-
wechseln brauchbares Schlafmittel und Sedativum darstellt,
sondern besonders wegen seiner oben angeffihrten VorzOge.
(Deutsche med. Wochensohrift 1912 Nr. 20.)
Aontenaneupysma. Ein nenes Symptom des Aneurys-
mas der Aorta. Von Dr. Rudolf v. Hoesslin (Kur-
anstalt, Neuwittelsbach). „Bei einem Kranken, der infolge
eines Aneurysmas an einer langsam zunehmenden Kom-
pression des linken Hauptbronchus litt, kam es mit dem
Wachsen des Aneurvsmas zu immer zunehmender Atem-
not durch Kompression der Trachea. Gegen Ende der
Erkrankung, als schon bedrohliche Erstickungsanffille auf-
getreten waren, stellte sich ein ganz merkwUrdiger Respira-
tionstypus ein. Es kam nGmlich zu lauter stridorbser,
etwas langgezogener Inspiration, wfthrend die Exspiration
in einzelnen rhythmischen Stbssen mit kurzer Pause, eben-
falls unter rhythmischen Geriluschen erfolgte. Diese At-
mung war ausserst auffallend; sowie man das Zimmer
betrat, hbrte man die stridorbse Inspiration als ein lang-
gezogenes Gerftusch, die einzelne Exspiration als 4—5mal
abgesetzte Ger&usche. Die Erklarung war eine sehr ein-
fache; die Trachea war so komprimiert, dass zwar noch
die Inspiration erfolgen konnte, die Exspiration konnte
aber nur dann vor sich gehen, wenn w&hrend der diasto-
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Aortenaneurysma — Augenentziindungen.
427
lischen Entleerung des Aneurysmasackes der komprimie-
rende Tumor weniger prall gespannt war; wahrend der
Systole dagegen war die Expiration v5llig unterbrochen.
Es war zu einer Art Ventilbildung gekommen. Infolge-
dessen waren die einzelnen exspiratorischen Ger&usche an
Zahl den PulsschlSgen vbllig gleich. Dieser eigentQmliche
Exspirationstypus, den ich als pulsatorische oder diasto-
lische Exspiration bezeichnen mbchte, hielt ungefahr zwei
Tage lang an und hbrte erst mit dem Exitus auf. Wir
haben in diesem Symptom ein Analogon zum sakkadierten
Atmen, bei welchem nach Hensen das sakkadierte Atmen
in seinen einzelnen AbsStzen dem Puls synchron ist,
(pulsatoriscbes sakkadiertes Atmen). Nur erfolgt das sak¬
kadierte Atmen bei der Inspiration und ist synchron der
Systole gegenQber dem eben beschriebenen Atemger&usche,
das exspiratorisch und synchron der Diastole erfolgt. Es
ist mir nicht bekannt, dass dieses sehr auff&llige Symptom
bereits friiher beschrieben wurde.“
(Miinchener med. Woohenechrift 1912 Nr. 1.)
Augenentztindunqetl. Zur Therapie der Lidrandent-
zflndnngen. Von Dr. L. v. Liebermann jun. (I. Univers.-
Augenklinik, Budapest). Autor benutzte das Noviform
(Chem. Fabrik von Heyden), ein an Wismut gebundenes
Tribromphenol (Tetrabrombrenzkatechin).
Er hat mit dem Pr¶t bisher 25 F&lle der Lidrand-
entzhndung behandelt. Das Pulver wurde ausschliesslich
mit reinster Vaseline (Gloriavaseline) zu 5 — 20°/oiger Salbe
verarbeitet. Anfangs verwendete Verf. 5- und 10°/oige,
nachdem er sich aber von der vollstandigen Unschadlich-
keit iiberzeugt hatte, 20%ige Salbe.
Gegen Blepharitis ulcerosa l&sst Verf. die Salbe, nach
sorgfaltigem Aufweichen und Entfernen der Eiterborken
mit Wattekompressen, morgens und abends dbnn auf den
Lidrand auftragen. Nebenbei werden, wenn die Conjunc¬
tiva gerotet ist und sezerniert, einige Tuschierungen mit
2%igem Argentum nitricum gemacht. Wenn ausgebildete
Follikelabszesse vorhanden sind, so werden sie epiliert
und ausgedrQckt. Verf. konnte auf diese Weise wesent-
liche Besserung bereits nach wenigen Tagen und Heilung
in einer bis zwei Wochen erzielen.
Die Blepharoconjunctivitis erfordert selbstverstandlich
in erster Reihe die Behandlung des Konjunktivalkatarrhes
mit Zincum sulfuricum, und zwar kann man ausser der
Anwendung von 2—3 %oigen Tropfen in hartnackigen
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428
Augenentzfindungen.
Fallen auch noch Pinselungen mit 0,5—l°/oiger Losung
machen. Zur Behandlung der LidrandentzDndung leistet
auch in diesen Fallen die Noviformsalbe mindestens ebenso
gute Dienste wie Bor- oder Quecksilberprazipitatsalbe und
ist dabei vollkommen frei von der Reizwirkung derletzteren.
Es ist auch hier wichtig, erst f&r mdglichst vollkommene
AblOsung der Schuppen durch nasse Kompressen zu sorgen,
die Wirkung ist dann stets viel prompter. Verf. beob-
achtete in fast alien Fallen ein sehr rasches Zurfickgehen
der ROtung des Lidrandes und der Seborrhoe und ein
Schwinden der subjektiven Beschwerden, doch ffihrt meistens
nur eine wochen-, oft monatelang fortgesetzte Behandlung
zur definitiven Heilung. Rezidive konnte er nach zu baldigem
Aussetzen mancbmal beobachten. Es gentkgen offenbar einige
der desinfizierenden Wirkung widerstehende. Bakterien, am
die Bindehaut immer wieder neu zu infizieren. In einigen
Fallen gelang es, sehr rasche Besserung und auch voll¬
kommene Heilung damit zu erzielen, nachdem verschiedene
der oben angefQhrten Mittel Monate hindurch vergeblich
versucht worden sind.
Bei reiner Blepharitis squamosa oder Seborrhoea sicca
des Lidrandes, ohne nachweisbare Erkrankung der Con¬
junctiva, sah Verf. von der Noviformsalbe bessere Wirkung
als von den bisher gebrauchten Mitteln. Yon acht Fallen
heilten vier in wenigen Tagen, langstens zwei bis drei
Wochen, drei waren in kurzer Zeit wesentlich gebessert,
einer rezidivierte, nachdem mit der Behandlung nach be-
deutender Besserung zu frQh ausgesetzt wurde.
Seine bisherigen Erfahrungen kann Verf. dahin zu-
sammenfassen, dass wir im Noviform ein Mittel besitzen,
das bei vdlliger Reizlosigkeit gegen die meisten Lidrand-
erkrankungen sehr wirksam ist.
(Deutsche med. Woohenschr. 1912 Nr. 11.)
—- Syrgol in der Angenheilknnde. Von Sanitatsrat Dr. Wolff-
berg (Breslau). Verf. hat mit dem Praparat sehr schdne
Erfolge erzielt. In folgendem sind die Falle aufgezahlt,
bei denen er Syrgol verwendete, und auch die Ldsungen
dabei angegeben, welche sich als wirksamste ergaben. In
alien diesen Fallen wurde das Syrgol auch filr die haus-
liche Behandlung mitgegeben. Reizerscheinungen oder
Komplikationen traten niemals ein; der Heileffekt machte
sich ausnahmslos sofort nach den ersten Instillationen
bemerkbar. 1) Blennorrhoea neonatorum: 8 Falle. (3%ige
Ldsung; daneben Bleno-Lenicet-Vaseline.) 2) Blennorrhoea
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.
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Augenentzundungen — Chorea.
429
adultorum: 2 Falle. (Wie unter 1.) 3) Conjunctivitis
follicularis acuta (trachomverdachtig): 15 Falle. (2°/oig.)
4) Conj. follic. acuta simplex: 20 Falle. (1—2°/oig.)
5) Blepharoconjunctivitis chronica: 18 Falle. (l°/oig.)
6) Dacryocystoblennorrhoe: 19 Falle. (l°/oig.) Es sei
noch besonders erwahnt, dass sich Syrgol ausserordentlich
leicht lbst; eine Lbsung von 2:1000 ist schwach rbtlich
opaleszierend und leicht schaumig. Selbst in dieser hoch-
gradigen Yerdtinnung zeigte sich das Mittel bei einfachen
Bindehautkatarrhen noch dem Zink ebenbftrtig, wobei Verf.
flbrigens nicht verfehlen mochte zu bemerken, dass eine
1 °/oige Lbsung von Zinc. sulf. fiir die meisten Augen ganz
erheblich schmerzhaft wirkt. Yon der angegebenen Syrgol-
■ lbsung hat Verf. noch nach Jahresfrist mit Erfolg Gebrauch
gemacht; sie zeigte auch hinsichtlich derFarbe und schwachen
Opaleszenz keine Aenderung. Nach allem diesem ist das
Syrgol ein klinisch fiir die Augentherapie hinreichend er-
probtes Mittel, dessen besondere Vorz&ge in der eminent
starken Desinfektionskraft, in der Reizlosigkeit, Billigkeit
und Sauberkeit liegen.
# (Wochenacbrift f. Therapie n. Hygiene des Augea 1912 Nr. 29.)
Chorea. Ueber Behandlnng der Ch. minor / gibt Privat-
dozent Dr. Rob. Bing (Basel) folgende Yorschriften:
„Entsprechend dem ganz iiberwiegenden Auftreten des
Leidens bei Kindem zwischen sieben und fiinfzehn Jahren
fassen wir im folgenden nur diese spStinfantile und Puber-
tatschorea ins Auge. Die Dosierung der medikamentbsen
Verordnungen werde ich fQr die mittlere Altersklasse jenes
Sexenniums, also ftlr Kinder von 10—12 Jahren, angeben;
daraus lasst sich unschwer die Dosierung for jtingere und
altere Pat. umrechnen.
1. Lebensweise und Didt. Jede, auch die leichteste
Ch. m. ist fQr die ganze Dauer der Erkrankung vom Be-
suche von Schulen, Krippen usw. fernzuhalten. Auch zu
Hause oder im Spitale soli auf mbglichste Isolierung ge-
drungen werden, der Pat. allein im Zimmer schlafen, an
keinen gemeinsamen Mahlzeiten oder Spielen teilnehmen
und in intensiveren Fallen, abgesehen vom Arzte, nur ein
und dieselbe Warteperson zu Gesichte bekommen. Als
Unterhaltung kbnnen in der Regel Bilderbtlcher, Lege-
spiele, Puppen usw. gestattet werden, ebenso nichtauf-
regende Lekttire (am besten vorgelesen), alles aber nur
in kleinen ,Portioned und unter Eihschiebung langer
Pausen vollstandiger Ruhe. Ein reichliches Mass von
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430
Chorea.
Bettruhe ist auch in ganz leichten Fallen dem Kinde zu
gewahrleisten; z. B. von 8 Uhr abends bis 10 XJhr mor¬
gens und von 2—4 Uhr nacbmittags = 16 Stunden Bett¬
ruhe. In schwereren Fallen verordnen wir bis zur deut-
lichen Besserung ganzliche Bettruhe, in sehr schweren
Fallen wird ausserdem das Krankenzimmer dauernd ver-
dunkelt und durch geeignete Polsterung dafOr Sorge ge-
tragen, dass sich das choreatiscbe Kind nirgends anschlagen
oder verletzen kann.
Der Kostzettel soli rein ovo-lacto-vegetarisch sein.
Ueberdies Verbot von Alkohol, Kaffee, Tee, GewOrzen,
stark gesalzenen Speisen. Zur Verhtitung von Obstipation
Schrotbrot, viel Obst. Mogliclist reichlicher Milchgenuss,
z. B. stundlich eine halbe Tasse. Eventuell Yoghurt, Kefir,
Sauermilch usw. Wo pure Milch unangenehm abfiihrend wirkt,
empfiehlt sich Zusatz von 40 g reinsten gepulverten Gummi
arabicum pro Liter (zuerst mit etwas kalter Milch ver-
rllhren, dann die Obrige Milch zugiessen und das ganze
kochen).
2. Hydrotherapie. Non nocere! Keine kalten Duschen
und dergleichen! Gfinstig wirken dagegen tagliche l^uwarme
Bader von 20 Minuten Dauer und Abreibungen mit Wasser
von 22—25° C.
3. Medikamentose Behandlung. Unter der gewaltigen
Zabl von Arzneimitteln, die in die Therapie der Syden-
hamschen Ch. eingefiihrt worden sind, scbeinen mir nur
drei eine spezifische Wirksamkeit zu entfalten: Arsen,
Antipyrin, Cannabis indica.
Arsen ist unbestritten das zuverlassigste dieser phar-
makologischen Agentien und soil darum im Vordertreffen
stehen. Dabei empfiehlt es sich, nach bekannten Grund-
satzen mit kleinen Dosen zu beginnen und allmahlich zu
grbsseren bis sehr grossen anzusteigen. Ch.-Pat. sind
Qberaus arsentolerant, und man wird kaum jemals durch
Verdauungsstbrungen, Herpes oder Conjunctivitis zu einem
therapeutischen Rtickzuge veranlasst werden. — Auch dem
Antipyrin wird, namentlich von seiten franzbsischer Pa-
diater, eine grosse Wirksamkeit nachgertlhmt. Allerdings
soli es, wo als einziges Medikament verabreicht, in so
exorbitanten Dosen gegeben werden (3,0—4,0 pro die bei
6 - lOjahrigen, 5,0 - 6,0 bei 10—15jahrigen Kindern!),
dass wir diese Methode als zu gefahrlich durchaus verwerfen
mtissen. Anders liegen jedoch die Dinge bei der Kom-
bination mit Arsenpraparaten, wobei kleine und unbedenk-
liche Antipyrindosen als gutes Adjuvans des Hauptmedi-
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Chorea.
431
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kaments wirken konnen. — Noch bessere Resultate gibt
oft die Verbindung von Acidum arsenicosum und Ex-
tractum Cannabis indicae (vorausgesetzt, dass man ftir
Verwendung eines guten und frischen Extrakts Sorge trfigt!).
Zahlreiche Yersuche, die icb einerseits mit den von mir
seinerzeit fQr MigrSne empfohlenen ,Pilulae cannabinae
compositae 1 (unter allmahlicher Steigerung des Gehalts an
arseniger Saure), anderseits mit ,Pilulae asiaticae‘ von
entsprechender Starke angestellt habe, sind durchaus zu-
gunsten der ersteren ausgefallen.
Arzneiverordnungen
1. Up. Sol. arsenicalis Fow-
leri gtts. XXX—L.
Aq. menth. pip. 80,0
Sir. simpl. 20,0.
MDS. Dreimal taglich ein
Kinderloffel in Wasser zu
nehmen, nach den Mahl-
zeiten.
2. Rp. Sol. arsenicalis Fow-
leri 10,0
Spirit, melissae com¬
pos. 30,0.
MDS. 10 Tropf. in Milch zu
nehmen, ein-, spater zwei-,
dreimal taglich usw. nach
Bericht.
3. Rp. Natrii arsenicici 0,01
bis 0,03
Antipyrini 5,0
Sic. cort. aurant. 50,0
Aq. dest. ad 150,0.
MDS. Dreimal taglich ein
Kaffeelbffel nach den Mahl-
zeiten (Tagesmenge 0,001
bis 0,003 Natrium arseni-
cicum + 0,5 Antipyrin).
4. Rp. Extract. Cannabis in¬
dicae 0,3
Acidi arsenicosi 0,04
bis 0,12 (0,15!)
Chinini sulfur. 1,0
Extract. Valerian, q. s.
ut f. pil. Nr. XXX.
DS. Dreimal taglich nach
dem Essen eine Pille zu
nehmen (Tagesmenge 0,03
Extr. Cannabis und 0,004
bis 0,012 [ev. 0,015] Acid,
arsenicos.).
Neben diesen Medikamenten wird man vielfach in
die Lage kommen, ffir kurzere oder langere Zeit Schlaf-
mittel zu verabreichen, da es von grosster Wichtigkeit ist,
dass die Pat. lange und tief schlafen; nattirlich sucht man
mit mdglichst harmlosen Hypnoticis auszukommen und,
um Angewohnung zu vermeiden, einen haufigen Wechsel
eintreten zu lassen, z. B. zwischen Adalin, Bromural, Vero¬
nal und Trional. Gelegentlich kommt man auch mit einer
abendlichen Dosis von 2,0 Bromalkali aus. — Salizyl-
therapie ist nur bei Ch. mit rheumatischen und kardialen
Komplikationen am Platze.
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432
Chorea — Dermatitis.
4. Gymnastischc Uebungen. Man htite sich vor Ueber-
treibungen in dieser Hinsicht und beginne mit dem Ein-
Gben rhythmischer und langsamer Extremitfitenbewegungen
auf Kommando erst dann, wenn die choreatiscben Reiz-
erscheinungen bereits deutlich im Abklingen sind (und
zwar zunfichst im Bette). Schon in den Frtihstadien, aber
auch auf der Hdhe der Erkrankung ist die Yomahme
einer rationellen Atemgymnastik sehr zu empfehlen, da
viele Choreakinder schlecht und oberflfichlich atmen. Ich
laase zu diesem Zwecke den flach hingelegten Xindern ein
Rollkissen unter das Kreuz schieben und sodann fflnf bis
sieben Minuten lang tiefe, rhythmische Aus- und Ein-
atmungen mit ihnen einQben. Dies ein- bis zweimal tfiglich.
5. Nachkur. Wo immer mOglich, nach der Heilung
und vor Wiedereintritt in die Schule vier- bis sechswdchigen
Aufenthalt in einem ruhigen Luftkurorte. Bei anfimischen
oder grazilen Xindern ist Verbindung mit einer Soolbad-
oder Eisenkur zweckmfissig.“ (Median. Kiinik 1912 Nr. 5.)
Dermatitis. Ueber akute D. schreibt Privatdoz. Dr. F. Pinkus
(Berlin):
1. Stadium. Symptoms: Rotung, Schwellung,
hbchstens diffuse Eruption kleinster Blfischen, ganz dicht
gedrfingt.
Aetiologie: Fast stets toxisch (medikamentOs oder
von pflanzlichen Schfiden ausgehend), seltener kalorisch,
oft nicht auffindbar. Bekannte Aetiologie (Chinin, Anti¬
pyrin, Salizyl, Primeln, Scilla, Arnica, Rhus, Holzstaub,
Spargel, verdachtige Haar- und Mundw&sser) ist zu ent-
fernen.
Therapie: Einpudern mit Talkum oder Vasenolkinder-
puder, kui;zdauernde Umschlftge mit 3°/oigem Borwasser
oder l°/oiger Bleiessiglosung (alle Minuten zu wechseln,
nicht linger als '/a Stunde im ganzen, 1—2mal tfiglich),
gegen die lfistige Spannung weisse amerikanische Vaseline.
Gegen heftiges Jucken ist die Anwendung von 50°/oigem
Spiritus obne Zusatz als Abwaschung erlaubt.
Cave: Wasser, Seife, meistens sogar essigsaure Ton-
erdelbsung und deren Ersatzprfiparate, jede Form von
Salben, besonders die zur Juckstillung empfohlenen Salben
(Naphthol, Menthol usw. enthaltend), vor allem, wenn die
D. das Gesicht betrifft.
2. Stadium. Symptome: Blfischenbildung deutlicher,
stellenweise stfirker entwickelt, zum Teil Nfissen und
gelbliche Sekretion, honiggelbe Xrustenbildung.
/
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Dermatitis.
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Therapie: SchQttelmixtur:
Zinci oxydati
Talci oder Amyli
Glycerin
Aq. destillatae oder Plumbi aa 12,5
mit Wattestabchen umzuriihren und einzupinseln. Wird
dieser schnell antrocknende kreideweisse Ueberzug zu hart
und spannt oder reisst er ein, dann ist er durch auf-
getragene weisse amerikanische Vaseline geschmeidiger zu
gestalten. >
Zugleich weiter Borwasser- oder Bleiwasserumschlage,
die aber oft Brennen verursachen und dann besser fort-
gelassen werden. Auch die Abwaschung mit 50%igem
Spiritus brennt jetzt und erhQht das Nassen. Oft wird
jetzt Umschlag oder Verband (ohne Gummipapier, all-
stiindlich zu erneuern, mit Resorcin V&oo, Zinc, sulfur. 1 Uoo,
Liq. alumin. acet. 16 / 5 oo besser vertragen, meist auch schon
Salbe, aber nur die milde Grundsalbe:
Zinci oxydat.
Bismuth, carbonic, aa 1,5
Unguent, cerae albae f Eucerin. anhydr. 5,0
Unguent, lenient, aa 13,5 0 ei [ Vaselin. flav. 22,0.
Bei sehr starker Krustenbildung ist Hydrarg. praecip.
alb. zu versuchen (sehr haufig besteht gegen dieses Mittel
eine Idiosynkrasie: dann sofort auslassen!), aber nie in
Form der offizinellen weissen Prazipitatsalbe, sondern
Hydrargyri praecip. alb. 0,5—1,5
Zinci oxydat. 2,5—1,5
Unguent, cerae alb.
■ Unguent, lenient, aa 13,5
oder billiger:
Hg praecip. alb. 0,5—1,5: Ungt. lenient. 30,0,
oder noch billiger:
Hg praecip. alb. 0,5—1,5: Adip. Suill. 30,0.
Sehr empfehlenswert ist es, die krustige und nassende
Flache mit Sol. argenti nitrici 0,25—1,0:100,0 abzu-
wischen (f&rbt!).
Cave: Wasser, Seife, jade medikamentose Salbe.
3. Stadium. Abnahme der Schwellung, geringeres
Nassen, stellenweise schon Schuppung: Zinkpasta in der Form
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Dermatitis.
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Zinci oxydat.
Talci
Adip. benzoat. aa 12,5
Vaseline 12,5—25,0;
wird diese vertragen, so ist oft ein Zusatz yon Ichthyol
bis 2,5: 50,0 oder das fertige Mattan erlaubt.
Das Ichthyol kann in diesem Stadium auch der
SchQttelmixtur zugesetzt werden.
Allgemeine Regeln: 1. Am empfindlichsten ist die
Haut des Gesichts. Auf diese beziehen sich alle oben
angegebenen Vorschriften.
Der Gesichtshaut folgt an Empfindlichkeit die der
Hande, doch ist fttr diese neben der Zinkwismutsalbe (die
hier fast immer 3 Naftalan auf 30 Salbe enthalten darf)
oft die alte Hebrasche Salbe in der Modifikation Neissers
Emplastr. lithargyri
Vaselin. flay, aa 20,0
Adip. Ian. c. aq. 10,0
von Nutzen und, falls vertragen, schneller wirksam.
2. Die Haut der Extremit&ten und des Rumpfes ist
weniger empfindlich. An dieser kann man aber weit
l&nger (weil hier weniger lSstig als Salben und auch an
diesen bekleideten Stellen unsichtbar) die SchQttelmixtur,
nach Nachlass der akutesten Erscheinungen mit Zusatz
von Liq. carbonis detergens 2,5 zu SchQttelmixtur 50,0
verwenden, meistens bis vQllige Heilung eingetreten ist.
Die meisten nicht allzu akuten Dermatitiden bessern sich
auch rasch durch Einpinslung mit gewdhnlichem rohen
Steinkohlenteer, zweimal wftchentlich. Die Teerkruste
bleibt drei Tage unangerQhrt darauf. Man kann der Salben
ganz entraten. Lasst das NSssen nach, so beginnt alsbald
wieder die Abwaschung mit 50°/oigem Spiritus vini oder
Thymol 0,25
Menthol 1,0
Spiritus ad 100,0, 1—2mal taglich.
Waschen mit Wasser und Seife ist immer verboten;
bei ausgedehnten Dermatitiden des Kdrpers mit heftigem
Jucken (sehr oft bei Diabetes) sind Vollb&der, X U Stunde,
37° C, mit Zusatz von Kleieabkochung (Kleiolin), sptlter
Flasche Thiopinol, oft von einschneidender Wirkung.
3. Die Haut des behaarten Kopfes nasst bei akuter D.
meist ausserordentlich stark. Sie vertrSgt von Anbeginn
die Teermischungen
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Dermatitis — Gonorrhoe.
435
01. Rusci 0,5
01. olivar. ad 100,0
u-nd andere fQr die tibrige Haut viel zu scharfe Salben,
vornehmlich
%
Acid, carbol. liquefact. 0,3
Balsam, peruviatl.
Hydrarg. praecip. alb. aa 0,3—1,5
Yaselin. flav. ad 30,0.
4. Salben werden an alien Korperstellen entweder
nur mit Watte oder mit benzindurchtrankter Watte entfernt.
5. Neben der medikamentbsen Therapie wirkt aus-
trocknend und namentlich juckstillend die Bestrahlung mit
der Quarzlampe. (Medizin. Klinik 1911 Nr. 51.)
Gonopphoe. KHnische Beitrage znr Kollargolbehandlung
des Tripperrhenmatismus und anderer akuter Folge-
zust&nde der O. Von Mar.-St.-A. Dr. Gennerich. Die
Heilwirkung taglicher intravenbser Kollargolinjektionen
stellte sich bei frischen Tripperrheumatismen und Neben-
hodenentzundungen als so gOnstig heraus, wie sie noch
bei keiner anderen Behandlungsmethode beobachtet wurde.
Die Technik der intravenosen Kollargolbehandlung ist
denkbar einfach. TSglich wird eine l°/oige Kollargol-
lbsung (Verf. benutzte stets das billigere Argent, colloidale)
mit frisch destilliertem Wasser neu angesetzt und */« Stunde
im Wasserbade von 100° sterilisiert. Der Oberarm wird
mittels Handtuch abgeschntirt, so dass der Radialpuls eben
noch zu fQhlen ist. Nach mehrfacher krSftiger Faust-
bildung treten die Hautvenen strotzend hervor. Beim
Entrieren der Yene mit der halbaufgefttllten 20-ccm-Re-
kordspritze hebt sich sofort der Stempel, worauf augen-
blicklich die Umschnttrung des Armes fallen gelassen wird.
Zur Injektion von 10 ccm sind 2—3 Minuten Zeit zu
verwenden. Bei Gebrauch konzentrierterer Kollargol-
losungen muss die Injektion noch langsamer erfolgen.
Verf. hat anfangs auch st&rkere Konzentrationen versucht,
glaubt jedoch, dass sich die l°/oige Lbsung fur die Dauer-
behandlung besser eignet. Als grbsste Einzeldosis wurden
bisher 15 ccm der l°/oigen Lbsung gegeben. Die hbhere
Dosierung hat zwar den Vorteil grbsserer Wirksamkeit,
strengt aber auch den Organismus mehr an, teils durch
die eigene Giftigkeit des PrSparates, teils durch die Toxin-
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436
Gonorrhoe.
anhSufung reichlicher zerfallender Krankheitserreger. Eine
Beseitigung des Krankheitsvorganges durch eine einzige
grbssere Injektion konnte Verf. bisher noch nicht be-
obachten. Wir miissen daher zurzeit eine gewisse Dauer-
behandlung mit Dosen, die sich fOr den Organismus als
unschadlich erwiesen haben, fur das zweckmS-ssigste halten.
Die Behandlungserfolge sind ja auch so gute, dass ein
BedQrfnis zu einer weiteren Verbesserung der Behandlungs-
raethode kaum vorliegt. Die Jnjektionen von 8—10 ccm
der l%igen Losung miissen so lange taglich fortgesetzt
werden, bis nicht nur mehrere Tage kein Fieber mehr
vorhanden ist, sondern auch nach dem Lokalbefunde (Ver-
schwinden der EntzCindungserscheinungen und Schmerzen)
eine Abtbtung der lokalisierten Krankheitserreger anzu-
nehmen ist. Bei kleineren und schwachlichen Individuen
kann natiirlich auch eine Dosis von 6—7 ccm ausreichen.
Ein Aussetzen der Behandlung ist erforderlich, wenn der
Pat. nach Ofteren Injektionen mit Uebelbefinden reagiert.
Die Kollargolbehandlung des Tripperrheumatismus wie der
anderen Tripperkomplikationen hat ihre bestimmte Indi-
kation; sie ist anzuwenden, solange die vorhandenen Ent-
zundungserscheinungen das Forth estehen virulenter Krank¬
heitserreger am Krankheitsherd anzeigen. Bei ganz frischen
Gelenkschwellungen geniigt die Kollargolbehandlung allein,
um eine vollige Wiederherstellung in kurzer Zeit zu
erzielen. Die Erfolge der Abortiv-Kollargolbehandlung
werden jeden, der das Verfahren nachprQft, fiberraschen.
Da beim Tripperrheumatismus alles darauf ankommt,
moglichst frQhzeitig die GelenkentzOndung zu heilen, um
der Destruktion von Gelenkteilen vorzubeugen, so miissen
alle Hilfsmittel herangezogen werden, die eine Kollargol-
wirkung noch unterstiitzen konnen. Dies gilt besonders
filr die Biersche Stauung. Eine griindliche Kollargolkur
ist aber auch in den alteren Fallen von Tripperrheumatismus
zur Einleitung der Behandlung von grbsstem Nutzen.
Sie beseitigt zwar nur die entzilndlichen Erscheinungen,
ebnet aber gerade dadurch sehr friihzeitig den Weg zu
energischer Weiterbehandlung. Die RQckbildung der mehr
oder weniger fortgeschrittenen Gelenkveranderung kann
natiirlich nur durch medikomechanische Behandlung und
resorptionsbefbrdernde Massnahmen erfolgen.
(Mttnch. med. Woobensohr. 1912 Nr. 15.)
— Blenotin, ein nenes reizloses Antigonorrhoicnm. Von Stabs-
arzt Dr. F. Berger (Kbln). Das Praparat kommt in
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Gonorrhoe.
437
Kapselform*) in den Handel unter der Bezeiehnung „Ble-
notin“.
Die einzelne Kapsel enthalt:
0,16 g 01. Santali,
0,02 „ Myrrha,
0,02 „ Camphora,
0,12 „ Hexamethylentetramin,
0,11 „ Bors&ure,
0,02 „ Champignonextrakt.
Was die Wirkung des neuen Mitt els auf den Krank-
heitsprozess anlangt, so ist bei der akuten G. der vorderen
Harnrohre der entztindungswidrige Einfluss ein eklatanter.
Die Sekretion wurde in einzelnen Fallen schon am zweiten
bis dritten Tage, meist aber nach Ablauf der ersten
Wocbe geringer; sie versiegte haufig in 10—14 Tagen
ganz; dass sie in einem Falle schon nach fflnf Tagen
ganzlieh aufhorte, ist eine erfreuliche Ausnahmeerscheinung,
mit der freilich im allgemeinen nicht gerechnet werden
darf. Etwa zu dem gleichen Zeitpunkte (10—14 Tage)
waren auch, mangels Sekretion und Faden, Gonokokken
nicht mehr nachweisbar. Eine vollige Klfirung der ersten
Urinportion wurde in gtinstigen Fallen schon vom zehnten
bis z^blften Tag an beobachtet. Mit Absicht ist vom
Verf. bei den Versuchen mit Blenotin jede lokale Therapie
unterlassen worden, um seine alleinige Wirkung fest-
zustellen. Es liegt auf der Hand, dass Blenotin, wenn
es erst neben lokaler Behandlung gegeben wird, ftir diese
ein ausserordentliches Adjuvans und zugleich wegen seiner
prompten Wirkung ein Prophylaktikum gegen das Ueber-
greifen des Prozesses auf die Pars posterior sein wird.
Der beste Prtifstein fOr das Heilvermogen eines internen
Mittels sind bekanntlich die Falle mit Beschwerden und
objektiven Krankheitserscheinungen an der Blase infolge
G. Selir deutlich nun war bei den mit Blenotin be-
handelten Kranken zu sehen, wie der sehr lastige und
qualende Hamdrang, der von Brennen und Tenesmen
begleitet war, schon in meist 4—5 Tagen nachliess. Die
schnelle Besserung subjektiver Erscheinungen ging immer
gleichen Schritt mit der Abnahme des eitrigen Boden-
satzes und der Klarung des zweiten Urins, welche durch-
schnittlich am vierten Tage nach Beginn der internen
Kur einsetzten. Es muss als ein besonders glanzender
*) Bergestellt von JKrewel & Co., G. m. b. H., KOln-Raderberg.
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Gonorrhoe.
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Erfolg bezeichnet werden, wenn in einem Falle nach zwei-
t&giger Einnahme von zweimal vier Kapseln der Urin-
drang von ca. 40mal innerhalb 24 Stunden auf nur neun-
mal herabsank. Eine vollige Klarung des frOher stark
eitrigen Urins war durchschnittlich schon in zwblf Tagen
erreicht. Wenn wir endlich ftir die Behandlung der
kindlicheif G. ein neues Praparat von der heilsamen
Wirkung, wie sie das Blenotin in einem Falle zeitigte,
erwerben, so konnen wir das nur als eine wertvolle Be-
reicherung unseres Arzneischatzes bezeichnen, zumal wenn
das Mittel ohne jedwede Belastigung vom kindlichen Or-
ganismus vertragen wird. Auf Grund der guten Er-
fahrungen, die er mit dem Blenotin gemacht hat, kann
Yerf. dasselbe zur Nachprufung und Behandlung bei
akuter G. und den aus derselben hervorgehenden Blasen-
schleimhauterkrankungen warmstens empfehlen.
(Mediein. Klinik 1912 Nr. 17.)
Die Behandlung der insbesondere mit einer wasser-
haltigen Gleitmasse als Vehikei fftr Antigonorrhoica.
Von Dr. Carl Schindler (Berlin). Als eine in-
differente Gleitmasse kann Verf., nachdem er 3 U Jahr mit
ihr gearbeitet hat, einen sterilisierten V8%igen Wasser-
agar empfehlen. Dieser Wasseragar, von E. Merck in
Darmstadt sterilisiert, bleibt steril. Er hat, nur 1 / 9 °/oig,
die Konsistenz eines Gelees, das, erkaltet, sich gut mit
der Tripperspritze aufsaugen lasst. Auf diesen Wasser¬
agar wird das Protargol, wie auf Wasser, oben auf-
geschtittet. Nachdem das Protargol sich von selbst in
den oberen Schichten dieses Agars gelbst hat, ruhrt man
die Masse mit einem Glasst&bchen etwas um, damit das
Protargol in dem Gelee gleichmassig verteilt wird. Auch
in die Urethra posterior kann dieses Agargelee mit der
Tripperspritze leicht eingespritzt werden. Der Arzt ver-
schreibt auf ein Rezept:
Rp.: Agar sterilisat. (Merck) 2,5 °/o 40,0
Massae leni calore liquefactae adde
Aq. dest. 160,0
Post refrigerationem consperge recenter
Protargol 1,0
(oder Albargin, Ichthargan etc.)
DS. Aeusserlich. Protargolgleitmasse.
Der Apotheker muss diesen Agar Merck vorr&tig
halten und braucht denselben nur zu verdttnnen. Dieses
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Gonorrhoe — Helminthiasis.
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Agargelee eignet sich tlberhaupt als Konstituens fQr Des-
infizientien,. und. man wird unter Zusatz von Dextrin oder
Gummi (wasserloslich) mit diesem Agar auch Protargol-,
Argentumstabchen herstellen konnen. Die intensivere
Wirkung einer Protargolgleitmasse beruht vielleicht darauf,
dass 1. die Hamrbhre mebr ausgedehnt wird, 2. ein Teil
der Gleitmasse auch nach dem Herauslassen derselben auf
der Harnrohrenschleimhaut zurtkckbleibt und diese mit
einem feinen Ueberzug bedeckt. Infolgedessen tritt durch
die langandauernde Wirkung des Protargols eine nach-
haltige Verschlechterung des N&hrbodens ein. Besonders
empfehlenswert ist, neben der Vakzinebehandlung, die
Injektion dieses Protargol-Agargelees bei der vaginalen
Kindergonorrhoe. Man injiziert mit der Tripperspritze
mbglichst viel, so dass die Vagina gut entfaltet wird. Am
besten ist es, den Introitus ftlr mehrere Stunden durch
einen festen Verband zu schliessen, tiber einem Watte-
bausch, welcher auf der dem Introitus zugekehrten Flache
von Guttaperchapapier bedeckt ist.
(Mftnoh. med. Wooheniehrift 1912 Nr. 18.)
Helminthiasis. Drenkhahn (Detmold), Die Verordntwg
▼on Extract. Filicis Maris. Verf. schreibt: „Bei der
Durchsicht des Deutschen Arzneibuches von 1910, 5. Auf-
lage, gewahrte ich mit einem gewissen Schrecken, dass
die Einzeldosis und die Tagesdosis von Extractum Filicis
Maris auf 10,0 g festgesetzt ist, denn ich habe bisher Er-
wachsenen stets 15,0—20,0 und Eindern 8,0—12,0 ver-
ordnet, also zu ungebhhrlich hohen, anscheinend gef&hr-
lichen Dosen gegriffen. Trotzdem habe ich bei zahlreichen
Bandwurmkuren niemals Vergiftungserscheinungen, ja nicht
einmal das leichteste Uebelbefinden oder Unwohlsein beob-
achtet. Das mag ein Zufall sein. Vielleicht ist es aber
auch dem Umstande zuzuschreiben, dass ich den giftigen
Bestandteil des Pr¶tes, die Filixs&ure, nach dem Prinzip:
,corpora non agunt, nisi soluta‘ vom Organismus fern-
zuhalten, das heisst, seine Resorption im Magendarmkanal
zu verhindern versucht habe. Die Filixs&ure ist in Wasser
wenig, in Alkalien und Fetten leicht lbslich. Man muss
daher den Magendarmkanal von Alkalien und Fetten nach
Mbglichkeit frei halten, wahrend die Filixs&ure ihn passiert.
Es ist ein altes Prinzip, die Kur zu einer Zeit vorzu-
nehmen, in der grossere Ketten von Proglottiden abgehen,
und den Bandwurm wahrend derselben auf jede Weise zu
schwhchen und zu peinigen. Ihn hungern zu lassen, ist
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Helminthiasis.
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aber unzweckmassig, ja gefahrlich, wie namentlich Grawitz
hervorgehoben hat, da der menschliche Organismus, durch
die Nahrungsentziehung in derselben Weise geschwacht
wie der Bandwurm, far die Giftwirkung der Filixsaure um
so empfenglicher wird. Der saure Hering mit Zwiebeln,
der dem Bandwurm eine unangenehme Speise ist, bekommt
nicht jedem Menschen gut und enthalt ausserdem Fett.
Ich habe ihn daher vermieden und die Kur folgender-
massen durchgefiihrt. Bei Stuhltragheit ein leichtes Ab-
fahrmittel, eine Tasse Faulbaumrindentee oder Rhabarber-
pulver (kein Rizinusbl [Fett!] oder Pulvis aerophorus
laxans [Alkali!]). Yerbot jeglicher Fettzufuhr bei sonst
ausreichender und schmackhafter Nahrung far den Tag,
an dem die Yerordnung geschieht, und fiir den folgenden;
am Abend dieses Tages eine grbssere Portion frischer oder
eingemachter Himbeeren. Am n&chsten Morgen eine Tasse
sussen scbwarzen Kaffee ohne Brot, eine Stunde darauf
Extractum Filicis Maris in Kapseln a 3,0, alle 10 Minuten
eine Kapsel mit gezuckertem verdiinnten Zitronensaft oder
Zitronensaurelbsung hinunterzuschlucken, oder in Er-
mangelung von Gelatinekapseln (Pharmacopoea pauperum)
viertelstttndlich 5,0 Extractum Filicis Maris und danach
einige Schluck Zitronenwasser. In einer Stunde sind dann
18,0—20,0 g Extractum Filicis Maris genommen, und der
Bandwurm befindet sich in einem s&uerlichen Gemisch
derselben, denn der Kaffee regt bei den meisten Menschen
die Magenschleimhaut zur Salzsauresekretion an, und
Zitronensaure ist in reichlicher Menge zugefahrt. In der
Regel verspOrt der Pat. bald nach der letzten Dosis Stuhl-
drang. Bleibt dieser im Lauf der nachsten Stunde aus,
erhalt er 0,6 g Kalomel, und nun lassen die Darment-
leerungen regelmassig nicht mehr lange auf sich warten.
Der Pat. wird angewiesen, einen Eimer mit lauwarmem
Wasser zu benutzen; das Ziehen am Bandwurm wird
strengstens untersagt; der Pat. hat auf dem Eimer sitzen
zu bleiben und zu pressen, bis der Stuhldrang aufhbrt.
Mit grosser Sicherheit findet man dann den Bandwurm
mit Kopf in den Entleerungen. Ich erinpere mich keines
Fehlschlagens bei Fallen, ifl denen ich den Kopf selber
suchte. Einen UngeObten damit zu beauftragen, empfiehlt
sich nicht; hat man selbst keine Zeit dazu, tut man besser,
dem Pat. die Kur als unfehlbar hinzustellen und den
Bandwurm gleich vernichten zu lassen; denn wenn der
Kopf gesucht und nicht gefunden wird, behalt der Pat.
leicht seine Hypochondrie und empfindet weiter alle mog-
Helminthiasis.
441
lichen Unbequemlichkeiten im Unterleibe, auch wenn der
Bandwurm g&nzlich abgetrieben ist. Der theoretische Ein-
wurf, den man machen kfinnte, ungelfiste FilixsSure mfisste
auch ihre Wirkung auf den Bandwurm verfehlen, ist nach
meinen praktischen Erfahrungen hinfallig, denn ich hatte
Offer Erfolg in Fallen, bei denen schon mehrere andere
Kuren vergeblich angewandt waren. Man kOnnte nun
glauben, meine Ausffihrungen seien nicht zeitgemass, weil
mit der Festsetzung der Maximaldosis von 10,0 g die
Gefahr der Yergiftung mit Extractum Filicis Maris be-
seitigt sei. Es sind aber selbst bei Dosen von 4,0 g schon
schwere Yergiftungserscheinungen bei Erwachsenen beob-
achtet, so dass nicht die Dosis, sondern die Nebenumstande
bei der Kur die Gefahr bedingen. Die verschiedene Wirk- '
samkeit der Droge wird in den Abhandlungen uber Filix
Mas am meisten betont, dann wird Idiosynkrasie vermutet.
Mir ist aufgefallen, dass bei alien schwer verlaufenen
Fallen, die ich verfiffentlicht fand, Rizinusol verabreicht
war. Ich glaube daher, dass man gut tut, auch bei kleinen
Dosen alle von mir gefibten Vorsichtsmassregeln innezu-
halten und auch nach der Kur noch fiir einen Tag Alkalien
und Fette zu verbieten.“
(Mtinch. med. Woohenschrift 1911 Nr. 38.)
— Zur Behandlnng der Oxyuriasis schreibt Dr. H. Stettiner
(Berlin): „Ein mir verwandtschaftlich nahestehender Pat.
litt seit frfiher Kindheit an Oxyuren. Alle moglichen
Kuren wurden angestellt, Autoritaten befragt, immer ver¬
geblich. Schon wahrend meiner Studienzeit studierte ich
eifrig die Literatur und riet dem Pat., alle vorgeschlagenen
Mittel, sei es per os, sei es per anum, zu probieren. Die
Kuren wurden in regelmassigen Intervallen wiederholt,
aber stets nur mit vorfibergehendem Erfolge. Wie qualend
der Pruritus ani werden kann, wie er die Nachtruhe stOren
und so das Nervensystem erschfittern kann, das brauche
ich nicht naher auszuffihren. Im ffinften Lebensdezennium
des Pat. entwickelte sich ein Diabetes mellitus. Derselbe
wurde daher fOr einige Zeit auf kohlehydratfreie, spater
auf kohlehydratarme Kost gesetzt. Und siehe da! was
mit alien Kuren nicht erreicht war, wurde ohne Kur allein
durch die Diat erzielt. Pat. war von den Oxyuren befreit
und ist seitdem frei geblieben. Nachdem ich in frfiheren
Zeiten offers Gelegenheit gehabt hatte, Kinder und Er-
wachsene mit Oxyuriasis zu behandeln, und mich des
Ofteren fiber die Hartnackigkeit des Leidens. geargert,
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Helminthiasis — Oateomalazie.
beschloss ich", die in dem oben erzahlten Falle gemachte
Erfahrung bei weiteren Fallen zu benutzen. Ich batte
seitdem Gelegenheit, fiinf Pat., zwei Dienstmadchen und
drei Kinder, mit Oxyuris vermicularis zu behandeln. Ich
bin in gewbhnlicher Weise — Santonin, AbfQhrmittel,
Klistiere — vorgegangen und habe ausserdem den Pat.
, eine kohlehydratarme Kost verordnet. In yier von den
fiinf Fallen bin ich sehr schnell, d. h. nach zwei- bis drei-
maliger Wiederholung der Kur, zur endgiiltigen Yertreibung
des Schmarotzers gelangt. Bei dem einen Kinde bin ich
bisher noch nicht zum Ziele gelangt, doch habe ich das
kleine Madel in dem Verdachte, dass es eine Naschkatze
ist und die diatetischen Verordnungen nicht innehalt.
Bei zwei der Pat., dem einen Dienstmadchen und dem
einen Kinde, waren bereits vorher wiederholte Kuren von
anderer Seite angestellt, welche jedoch nur einen vor&ber-
gehenden Erfolg gehabt hatten. Die Wirkung mdchte ich
auf folgende Weise erklaren, dass die in den menschlichen
K&rper gelangten Eier zu ihrer Entwicklung oder die ent-
wickelten Tierchen zur Erhaltung des Lebens eines kohle-
hydratreichen Nahrbodens bedarfen. Ob diese Vermutung
eine richtige ist, nachzuprafen, mochte ich anderen iiber-
lassen. Jedenfalls ware es mit Freuden zu begrassen,
wenn die mitgeteilten Erfahrungen von anderer Seite Be-
Statigung fanden.“ (Berliner klin. Wochenechrift 1912 Nr. 19.)
Osteomalagie. O. und Dementia praecox. Daraber schreibt
Oberarzt Dr. Klewe-Nebenius, Grossh. Bad. Heil-
und Pflege-Anstalt bei Emmendingen: „Der Aufsatz von
Curschmann in Nr. 41 dieser Zeitschrift und seine
sich daran anschliessende Diskussion mit B e r b o gibt
mir Anlass zu einer kurzen Mitteilung des in unserer
Anstalt in dieser Sache Beobachteten. Wir hatten allein
in den letzten drei Jahren 15 Falle von O. Die klinischen
Erscheinungen entsprachen durchaus der schbnen von
Curschmann gegebenen Darstellung, wenngleich natGr-
lich die Symptome in den einzelnen Fallen in verschiedener
Mischung und Intensitat auftraten. Achtmal konnte die
Diagnose durch die Sektion bestatigt werden. Es handelte
sich durchweg um Frauen im mittleren und hOheren Lebens-
alter — etwa vom dreissigsten Jahr ab, und zwar aus-
schliesslich um Krajike in vorgeschrittenen Stadien der
Dementia praecox, die bei Beginn der Knochenerweichung
schon mehrere, zum Teil viele Jahre in Anstaltspflege
q£anden, so dass ein Zusammenhang mit Generationsvor-
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Osteomalazie — Parotitis.
443
g&ngen sicher ausgeschlossen werden kann. Unsere Frauen-
abteilung ist mit 600 bis 700 KOpfen belegt bei etwa
150 j&hrlichen Zugangen, also ein Material, das durch
das von Curschmann in zehn Jahren beobachtete an
Zahl zweifellos weit iibertroffen wird. Ich glaube daher
doch der Annahme recht geben zu mfissen, dass der
Prozentsatz der nicht puerperalen O. unter den Geistes-
kranken, speziell unter den FrtthverblOdeten, ungleich
grbsser ist als unter der geistesgesunden BevOlkerung und
dass es kein Zufall ist, wenn gerade in Irrenanstalten die
Aufmerksamkeit sich besonders auf die nicht puerperale
O. gelenkt hat. Worauf die H&ufigkeit des Zusammen-
vorkommens von Dementia praecox und O. tarda beruht,
das bedarf wohl noch der weiteren Aufkl&rung. Immer-
hin liegt es nabe, an eine gemeinsame Krankheitswurzel
zu denken, wenn man berhcksichtigt, dass die O. in ihrer
puerperalen Form so nahe Beziehungen zur T&tigkeit der
Keimdrilsen besitzt und dass die Hypothese, welche der
inneren Sekretion ursfichliche Bedeutung in der Patho-
genese der Dementia praecox zuspricht, eine gewisse
Wahrscheinlichkeit fur sich hat. Dass auch Manner der
Erkrankung an O. unterliegen, best&tigt tlbrigens der letzte
Jahresbericht der Elsftssischen Pflegeanstalt HOrdt, in dem
zwei Todesf&lle infolge von O., darunter der eines mfinn-
lichen Geisteskranken, angefiihrt werden. “
(Medisin. Klinik 1911 Nr. 52.)
PaPOtitis. R. Neurath, Abdominelle, auf Pankreatitis
hinweiaende Symptome bei Mumps. GestOtzt auf seine
eigenen Beobachtungen und auf die bisher vorliegenden
Falle anderer Autoren, kommt N. zu folgenden Schlflssen:
Im Verlaufe der epidemischen P. kommt es mitunter, und
zwar meistens zwischen dem zweiten und achten Krank-
heitstage, zu einem Symptomenbilde abdomineller Er-
scheinungen, das klinisch als sekund&re akute Pankreatitis
imponiert, jedoch mangels autoptischer Befunde und ohne
positive Resultate der Funktionsprftfung des Pankreas
nicht mit Sicherheit zu verifizieren ist. Mit oder ohne
Fiebertemperatur setzen plOtzlich, meist unter Uebelkeit
und Erbrechen, heftige Bauchschmerzen ein, die oberhalb
des Nabels zwischen Epigastrium und linkem Hypochon-
drium lokalisiert werden. Dieser Gegend entspricht auch
eine ausgesprochene Druckempfindlichkeit, manchmal eine
perkutorische oder auch palpatorisch nachweisbare, diffuse
Resistenz. Das vlbrige Abdomen ist schmerzfrei, eine
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Parotitis — Pruritus.
Defense musculaire besteht nicht. In einer Zahl von
Fallen findet sich eine ausgesprochene Bradykardie. Der
Urin ist immer frei von Zucker, die Stuhluntersuchung
auf tryptisches Ferment wurde bisher in einem Falle mit
negativem Erfolg vorgenommen. Mancbmal kommt es zur
Entleerung von Blut, manchmal zum Abgang von fettigen
und olartigen Massen mit dem Stuhl, dem Ausdruck ge-
stbrter Fankreasfunktion. Die Dauer dieser Komplikation,
die immer eine gute Prognose gibt, betragt gewbhnlich
wenige Tage. Auch Falle von primarer oder isolierter
Pankreatitis als Ausdruck der Mumpsinfektion kommen —
nach- der Literatur zu schliessen — vor, sind jedoch nur
bei bestehender Epidemie und nacbgewiesener Infektions-
gelegenheit deutbar. Die mancherseits ausgesprochene
Annahme einer atiologischen Bedeutung der Mumps-
pankreatitis ffir einen spater folgenden Diabetes mellitus
ist bisher nicht gestutzt.
(Wiener med. Wocbenschrift 1911 Nr. 19.)
Pruritus, Zur Behandlung des F. ani mit Bdntgenstrahlen.
Von Dr. Werner Rave. (Aus der Rontgen-Abteilung des
St. Hedwig-Krankenhauses in Berlin.) Yerf. schreibt:
„Wenn auch der P. ani kein lebenbedrohendes Leiden
ist, so gehort er doch immerhin zu den Erkrankungen,
welche dem Pat. recht lastig und qualend werden. Jene
Falle des Leidens, welche atiologisch durch Diabetes,
Ikterus, Wtirmer, Hamorrhoiden, Proctitis usw. veranlasst
sind, mochte ich heute nicht in den Kreis der Betrachtung
ziehen, sondern nur jene Falle, fiir die man eine Ursache
nicht auffinden kann. Symptomatisch haben die Pat. ein
heftiges Jucken am After und in dessen nachster Umgebung,
das sie zum Kratzen zwingt und recht peinliche Situationen
dadurch hervorrufen kann. Namentlich des Nachts in der
Bettwarme steigert sich das Jucken oft bis zur Unertrag-
lichkeit. Kein Wunder, dass viele der Kranken durch
dieses Leiden ,nerv6s‘ werden. Durch das Kratzen ent-
stehen dann oberflachliche Hauterosionen, Fissuren des
Anus und Ekzem. Durch die ortlichen Verhaltnisse, durch
Schweiss und Stuhlgang begiinstigt, wird das Ekzem oft
recht ausgedehnt und gibt selbst wieder Grund zum Kratzen.
Die Behandlung dieses Leidens war bisher recht unfrucht-
bar. Die meisten Falle konnten trotz aller Behandlung
nicht zur Heilung gebracht werden, oder wenn ein Erfolg
erzielt war, trat bald Rezidiv auf. Es ist daher kein
Wunder, dass bald nach dem Bekanntwerden der thera-
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Pruritus.
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peutischen Wirkung der Rontgenstrahlen diese auch beim
P. ani in Anwendung gebracht wurden. Ich habe nun
im St. Hedwig-Krankenhause seit 1908 zehn Falle von
P. ani mit Rontgenstrahlen behandelt. Bei der jetzt vor-
genommenen Revision der Falle ergab sich das erfreuliche
Resultat, dass acht Falle vbllig geheilt waren, einer nach
l 1 /* Jahren ein leichtes Rezidiv bekommen hat, aber in
so geringem Grade, dass er selbst eine nochmalige Be-
handlung vorderhand nicht far nbtig eracbtet, und einer
ungeheilt blieb. Dieser Pat. hatte sich nach drei Bestrah-
lungen der weiteren Behandlung entzogen. Far alle diese
Falle war ein atiologisches Moment nicht zu finden. Sie
waren teils von anderen Aerzten, teils von mir schon
langere Zeit mit Salben, Aetzungen usw. ohne Erfolg be¬
handelt worden; bei einem Pat. war auch schon eine
Exzision der juckenden Partie vorgenommen worden, auch
dieses ohne Erfolg. Bei der Behandlung nimmt der Pat.
entweder Knieellbogenlage ein oder beugt den Rumpf stark
vorwarts und zieht mit den Handen die Nates weit aus-
einander. Die R5ntgenr6hre wird nun dem After moglichst
nahe gebracht, am besten unter Verwendung der Bleiglas-
ansatze. Die Stellung ist far den Pat. ja nicht gerade
bequem, doch lasst sie sich far die paar Minuten der Be-
strahlung ganz gut aushalten. Die ROntgenrbhre soli weich
bis mittelweich sein; welches Fabrikat benutzt wird, ist
der Erfahrung des Arztes anheimgestellt, ich personlich
benutze fast nur die ,Bauer-R6hre‘. Durchschnittlich habe ich
1—lVa Dosen nach der Kromayerschen Milliampere-Zenti-
meter-Methode gegeben, welche ungefahr v /s— 1 Dosis nach
Sabouraud-Noire entspricht. Diese Dosis habe ich in
3—4 Teildosen zerlegt und einen um den anderen Tag
eine Bestrahlung vorgenommen. Dann trat eine drei-
bis vierwbchige Pause ein, und nach dieser Zeit habe
ich den Turnus in gleicher Weise wiederholt. Auf diese
Weise ist jede Schadigung des Pat. vermieden worden;
es tritt hbchstens ein leichtes Erythem ein, das bald spon-
tan oder unter Anwendung von Zinkol verschwindet.
Schon nach den ersten Bestrahlungen gaben die Pat. fast
regelmassig an, dass ein Nachlassen des Juckreizes ein-
getreten sei. Wichtig ist, dass man bei hartnackigen Fallen
nicht nach wenigen Bestrahlungen schon aufhort, eondern
ruhig die Behandlung fortsetzt. So habe ich bei einem
Pat. — bei einem Arzte, einem meiner ersten Pat. — die
Behandlung etwa zehn Monate mit gutem Enderfolge
durchgefQhrt. Selbstverstandlich ist es unbedingt notwendig,
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Pruritus — Sepsis.
fur einen absoluten Schutz des Pat. zu sorgen. Dieses
geschieht durch Lagerung der Rontgenrohre in einen mit
Blei ausgeschlagenen Schutzkasten, durch Anwendung des
Bleiglastubus und durch Abdeckung der Umgebung des
Afters, speziell der Hoden, mit Blei. Eine Schadigung
der Potenz, speziell der Potentia generandi, ist bei keinem
der behandelten Pat. aufgetreten, soweit dariiber Auf-
klSrung erlangt werden konnte. Eine anderweitige Be-
handlung neben derjenigen mit R&ntgenstrahlen ist nicht
zur Anwendung gekommen, nur habe ich in der ersten
Zeit und wenn ein Erythem der Haut aufgetreten war
Zinkbl und auch zuweilen Kleien- oder Kamillensitzbader
anwenden lassen, welche aber bald in Fortfall kommen
konnten. Etwaige Fissuren des Anus und Ekzem kamen
auf diese Weise schnell zur Abheilung. Zur Prophylaxe
mtissen die Pat. fur weichen Stublgang sorgen, nach jedem
Stuhl After und Umgebung mit Wasser reinigen und wenn
mbglich vor dem Stuhl den After mit Vaseline einfetten.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen stehen wir nicht
an, die Behandlung des P. ani mit Rontgenstrahlen als eine
anscheinend sicher wirkende Methode zu bezeichnen. Da
sich diese indes bisher auf eine geringe Zahl von Fallen
erstreckt, so wollen wir uns vorsichtig ausdrQcken und
hoffen, dass weitere Erfahrungen unsere Hoffnungen nicht
enttauschen.“ (Deutsche med. Wochensohrift 1919 Nr. 16.(
Sepsis. Das Silberatozyl, ein wirksames Mittel snr Be-
k&mpfung der S. Von Dr. H. Eisenberg (Berlin). In
einem sehr schweren Falle, der im fiinften Schwanger-
schaftsmonate ohne deutlich nachweisbare Ursache entstanden
war, wandte Autor sechs Wochen nach Beginn der Erkran-
kung, nachdem die erprobten Mittel versagt hatten, dasSilber-
atoxyl an, und zwar mit eklatantem Erfolg. Silberatoxyl
(Vereinigte Chem. Werke, Charlottenburg) enthalt 33%
Silber und 23% Arsen und wird wie folgt appliziert:
Rp. Silberatoxyl 1,0
01. Olivar. 10,0
M. f. emulsio.
S. 3—4 ccm intramuskular in Zwischenraumen
von 24—48 Stunden zu injizieren.
(Berliner klin. Wochensohrift 1911 Nr. 86.)
— TJeber die Behandlnng des Wocbenbettfiebers mit einem
Silberarsenpr¶t (Argatozyl). Von Dr. J. Hirsch
(Israel. Krankenheim in Berlin). Das angewandte Silber-
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Sepsis — Tuberkuloae.
447
arsenpr¶t enthalt 33°/o Silber und 23 °/« Arsen. Es
ist das Monosilbersalz der p-Amidophenylarsinsaure. Das
unter dem Namen Argatoxyl in den Handel kommende
Pr¶t stellt eine 10°/oige Aufschwemmung des Salzes
in OlivenOl dar, d. h. also in lccm der Flussigkeit ist
0,1 des Salzes enthalten. Es ist daher unter einer In-
jektion von 0,3 resp. 0,4 Argatoxyl eine solche von 0,3
resp. 0,4 Trockensubstanz des Salzes zu verstehen. Es
sind im ganzen zwblf Falle mit Argatoxyl behandelt worden,
von denen einer tQdlich endigte. Die tibrigen Falle sind
geheilt. Da aber auch schwere Falle von Wochenbett-
fieber meist zur Heilung kommen, so liegt der Einwand
nahe, dass die Heilung nicht auf die Therapie zu beziehen
sei. Es ist jedoch zu bedenken, dass die verzeichneten
Falle zum Teil sehr schwere Formen von puerperaler
Allgemeininfektion darstellten, dass ferner in den meisten
Fallen der Abfall der Temperatur unmittelbar innerhalb
zwblf Stunden nach der Einfiihrung des Praparats erfolgte.
Bis auf einen Fall, den Yerf. als Misserfolg der Behandlung
bezeichnen mbchte, ist in den elf gtinstig verlaufenen
Fallen die Wirkung der Therapie nicht zu verkennen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1912 Nr._12.)
Tubepkulose. TTeber die Heilbarkeit der tnberknlbsen
Hirnhantentzhndnng. Yon Ober-Stabsarzt Dr. Hoch-
stetter (Stuttgart). Fall bei einem 21jahrigen Soldaten.
Pat. hat eine sehr schwere Hirnhautentztlndung mit Lah-
mungserscheinungen und langdauernder TrQbung des Be-
wusstseins flberstanden, deren tuberkulbse Natur durch
den Nachweis von Tuberkelbazillen in der Zerebrospinal-
flttssigkeit sicher erwiesen ist. Diese Diagnose wird da-
durch nicht erschOttert, dass die Tierversuche negativ
ausgefallen sind; da die Tuberkelbazillen in der FlQssigkeit
jedenfalls nur sehr sparlich waren, so kann man hierdurch
das Ausbleiben der tuberkulbsen Erkrankung der Tiere
nach den Einspritzungen wohl erklaren. Dass die thera-
peutischen Massnahmen den unerwartet gQnstigen Erfolg
herbeigefQhrt haben, lasst sich nicht von der Hand weisen,
da jedesmal nach der Lumbalpunktion eine wesentliche
Besserung eintrat und nach Anwendung der protahierten
lauwarmen Bader sich eine erheblich gtinstige Wendung der
Krankheit geltend machte. Auf die, wenn auch oft nur
voriibergehende, gGnstige Wirkung der wiederholten Lumbal¬
punktion ist schon mehrfach aufmerksam gemacht worden.
(Deutsche med. Wochenschrift 1912 Nr. 12.)
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Tuberkulose.
— Die Beziehungen zwischen menschlicher nnd tieriscker T.
Bericht, erstattet auf dem VII. Internat. Tuberkulose-
kongress zu Rom, von Prof. Dr. H. Kossel (Heidelberg).
Verf. gelangt zu folgenden SchlGssen:
1. Die Bestimmung des Typus der Tuberkelbazillen
in einem gegebenen Falle von T. kann dazu dienen, die
Quelle der Ansteckung zu ermitteln.
2. Die Lungenschwindsucht des Menschen ist mit
Susserst seltenen Ausnahmen auf eine Infektion mit Tu¬
berkelbazillen des Typus humanus zuruckzufuhren.
3. Die Quelle der Ansteckung bei der Lungenschwind¬
sucht ist fast ausschliesslich im tuberkuldsen Menschen zu
suchen.
4. Die Aufnahme von Tuberkelbazillen des Typus
bovinus mit der Milch oder dem Fleisch tuberkulOser Tiere
spielt f(ir die Verbreitung der T. unter den Menschen eine
untergeordnete Rolle.
5. Bei der Bek&mpfung der T. ah Volkskrankheit
ist ein Erfolg nur zu erwarten von Massnahmen, die ge-
eignet sind, die Ansteckung von Mensch zu Mensch zu
verhtiten oder zu beschr&nken.
(Deutsche med. Wochenschrift 1912 Nr* 16.)
— Znr FrtLh diagnose der Nierentuberkulose. Von Prof. Dr.
C. Hirsch. (Aus der Medizinischen Universitatsklinik in
Gottingen.) Wenn wir von der sekundSren metastatischen
Miliartuberkulose absehen, so kann die Nierentuberkulose
entweder als selbstandige, in den Nieren „primar u lokali-
sierte kasige T. oder als Teilerscheinung einer sogenannten
Urogenitaltuberkulose auftreten. Die Urogenitaltuberkulose
(Ureter, Blase, Prostata usw.) kann bekanntlich eine de-
szendierende oder aszendierende sein. Voraussetzung einer
aszendierenden T. ist natQrlich ein gewisser Grad von
Harnstauung infolge der Ureter- und Blasenerkrankung.
Die Analogie mit dem Infektionsmodus der Galleng&nge
ist auch bei der Infektion der Harnwege in dem Moment
der Stromverlangsamung, der Stauung gegeben. Nun gibt
es aber auch sicher eine zun&chst ganz isolierte T. der
Niere. Das haben uns vor allem die Erfolge der Chir-
urgen gelehrt. Ja, man darf vielleicht sogar eine wirklich
prim&re Nierentuberkulose annehmen, wenngleich aus be-
greiflichen Grtinden die Erfahrungen auf dem Sektions-
tische nicht ohne weiteres dafiir sprechen. Konnen wir
klinisch keine Lungentuberkulose als primaren Herd ver-
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Tuberkulose.
449
antwortlich maehen, so bleibt natOrlich imraer noch die
viel zitierte Mbglichkeit einer verkasten Bronchialdriise.
Die Tatsache aber, das9 nach Exstirpation einer tuberku-
lbsen Niere dauernde Gesundung eintreten kann, spricht
doch eindringlich fCir die Mbglichkeit einer prim&ren
Nierentuberkulose, wenn man nicht annebmen soil, dass
zugleich auch der andere sogenannte primare Herd zur
Ausheilung gelangte. Als wichtigstes klinisches Symptom
der Nierentuberkulose gilt mit Recht die spezifische Ver-
anderung des Harns. Blut, Eiter, Tuberkelbazillen werden
in vorgeschrittenen Fallen (bei bfter wiederholter Unter-
suchung) sicher gefunden. Die eitrige Beschaffenheit des
Harns fordert ja oft ohne weiteres den Verdacht einer
tuberkulbsen Erkrankung heraus. Mit Hilfe unserer ver-
besserten diagnostischen Methoden (Antiforminmethode,
Tierversuch) werden die Tuberkelbazillen heutzutage leicht
nachgewiesen. Die Ureterenkatheterisierung hilft dann
die Frage zur Entscheidung bringen, ob nur eine ein-
seitige, durch Operation zu heilende oder eine doppel-
seitige Nierentuberkulose vorliegt. Die moderne Nieren-
chirurgie hat bekanntlich auf diesem Wege ihre schbnsten
Erfolge erzielt. Erfahrungen in der Praxis haben Verf.
aber gelehrt, dass man auch dann mit der Mbglichkeit
einer Nierentuberkulose rechnen muss, wenn der Ham
makroskopisch wenig oder gar nicht verandert erscheint.
Albuminurien zweifelhafter Entstehung, Leukozytenreich-
tum des Sediments sollten stets zur Untersuchung auf
Tuberkelbazillen ve’ranlassen. Verf. hat hierbei auch die
neuerdings so schematisch als „orthotische“ oder „zy-
klische“ Albuminurie gedeuteten Falle im Auge. Sicher
wird man in der Mehrzahl der untersuchten Falle den
Yerdacht nicht bestatigt finden, aber wenn es gelingt, den
einen oder andern Fall sehr frOhzeitig sicherzustellen, so
wird die Mfthe nicht umsonst aufgewendet sein. Verf.
unterschreibt daher die beherzigenswerten Worte, die
Sahli auf dem Kongresse fur innere Medizin im Frtih-
jahr 1910 sprach: „Wenn man sich daran erinnert, dass
eine Urogenitaltuberkulose unter dem Bild einer einfachen
chronischen Nephritis auftreten kann, wenn man infolge-
dessen seine diagnostischen Krafte besser anspannt, den
Urin bei alien Albuminurien auf Tuberkelbazillen unter-
sucht, so wird man sehr haufig in den Fall kommen, Uro¬
genitaltuberkulose zu linden." Ob es freilich dann ge-
lingen wird, eine grbssere Zahl von Fallen mittels der
von Sahli besonders warm empfohlenen Tuberkulinbehand-
30
ty Google
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450
Tuberkulose.
lung zu heilen, wird weiteren Erfahrungen vorbehalten
bleiben. Jedenfalls aber gewinnt man bei einer moglichst
frhhzeitigen Diagnose Zeit. Und das heisst bei einem so
heimtflckischen Leiden sehr viel gewonnen. Ob man diese
gewonnene Zeit nun zu einer kombinierten Behandlung
(klimatische und Tuberkulinkur) benutzen darf oder ob
man. den Fall sofort dem Chirurgen Oberweisen soli, damit
jede weitere Infektionsmbglichkeit der Hamwege radikal
-ausgeschaltet wird, diese Frage wird erst nach Sammlung
weiterer Erfahrungen entschieden werden konnen. Eins
m&chte Verf. noch hervorheben. Trotzdem es ihm in einem
Falle gelang, durch eine probatorische Tuberkulininjektion
auf Grand der Reaktion (Fieber und starke Schmerzen
in der rechten Nierengegend) die kranke Niere festzustellen,
so mbchte er doch die diagnostisehe Anwendung des Tu-
berkulins gerade bei der Urogenitaltuberkulose auf Grund
anderer Erfahrungen nicht empfehlen. Sind Tuberkel-
bazillen im Harn festgestellt, dann erscheint die Ureteren-
katheterisierung als die einzig richtige Methode zur loka-
listischen Diagnose. Bei jeder unklaren Albuminurie, bei
Leukozytennachweis im Harn, aber wird in Verf.s Klinik
sorgfaltig auf Tuberkelbazillen gefahndet.
(Medlsia. Klinik 1911 Nr. SO.)
— Tanargentan, era neu.es Darmdesinfisiens and -adstzingens.
Yon Dr. M. Mandelbaum. Das Praparat*) enthalt un-
geffthr 6°/o Silber und 25 % Tannin an Eiweiss fest gebunden;
es ist unloslich im Magensaft, schwer lbslich in alkalischem
Darmsaft. Es kann daher in grSsseren Dosen lingere
Zeit gegeben werden. Yerf. hat bei Brechdurchfallen gute
Erfolge davon gesehen. Dann hatte Verf. Gelegenheit,
das Pr¶t zu verschiedenen Malen bei Typhus abdo-
minalis mit sehr heftigen dOnnfl&ssigen, erbsenbreifOrmigen
Darmentleerungen anwenden zu kbnnen. Er gab dreimal
0,5 g fQnf Tage lang. Die Durchfalle sistierten, der Ty¬
phus nahm in der Regel einen milden Verlauf. Ob post
hoc ergo propter hoc kann Verf. bei der kleinen Anzahl
von Fallen natQrlich nicht entscheiden. Das grdsste In-
teresse jedoch hatte Yerf. an der Wirkung des Tanar-
gentans bei Darmaffektionen tuberkulosen Ursprungs. Es
zeigte sich hier manchmal von geradezu eklatanter Wir¬
kung. Verf. ist besonders lebhaft ein Fall von ziemlich
progredienter Phthise mit T. des Darmes in Erinnerung,
*) flergestellt von der Firma Dr. R. und 0. Weil, Frankfurt a. M.
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Tuberkulose — Typhus.
451
der durch die unaufhorlichen heftigen diinnflussigen Darm-
entleerungen, die auf alle gebrauchlichen Medikationen
nicht standen, fOrchterlich gequalt wurde und aufs Susserste
herunterkam, Der Pat., der zwei Tage lang dreimal 0,5 g
Tanargentan bekam, konnte nach dieser Zeit zum ersten
Male wieder aufstehen. Nicht verhehlen mbchte Verf.,
dass bei langer, fortgesetzter Darreichung des Praparates
dessen prompte Wirksamkeit Einbusse leidet. Er gibt
deshalb Tanargentan in der Weise, dass es so lange ge-
nommen wird, bis die Wirkung eintritt; dann wird mit
der Medikation aufgehbrt. Erst bei Wiedereintritt von
Durch fallen wird es wieder gegeben. Oder aber, wenn
standige Darreichung von Adstringentien geboten erscbeint,
so wechselt Verf. mit anderen Praparaten ab. Bei Fallen
von nervSsen Darmkatarrhen versagt das Mittel. Aber
ebenso wie es Falle gibt, wo Tannigen, Tannalbin usw.
nicht mehr wirkten, Tanargentan jedoch prompt die er-
wiinschte Wirkung entfaltete, genau ebenso sah Verf.
Tanargentan versagen und z. B. Tannigen wirken. Alles
in allem kann Verf. das PrSparat Tanargentan' als wirksam,
besonders aber bei Da'rmtuberkulose, empfehlen; es wird
sich als brauchbar in vielen Fallen auch dann noch er-
weisen, wenn die (Sbrigen Mittel versagten; es ist aber
ebensowenig ein Heilmittel fiir alle Falle wie die tlbrigen
Praparate. (Therap. Monatshefte, April 1918.)
Typhus- Znr Frage fiber Mittel der Bekfimpfang des T.
'*’* recnrrens. Von Th. N. Remesow (Moskau). Autor
kommt zu folgenden Schliissen:
1. Das Salvarsan offenbart ersichtlich bei Feiner anderen
Krankheit seine spirillentbtenden Eigenschaften in so hohem
Masse wie beim T. recurrens.
2. Das Salvarsan, dem Rekurrenskranken injiziert,
bricht den Anfall ab. Die Wirkung tritt je nach Art und
Zeit der Einfiihrung der therapeutischen Dosis im Verlaufe
von 6—48 Stunden ein. In der grossen Mehrzahl der
Falle werden Ritckfalle nicht beobachtet.
3. Das Salvarsan, subkutan oder intramuskular ein-
gefllhrt, verursacht stets eine je nach Art der Einfiihrung
grOssere oder geringere Reizung der Gewebe.
4. Die Methoden von Kromayer und von Taege
mQssen fOr die am wenigsten zur Behandlung des T.
recurrens geeigneten angesehen werden.
5. Die beste Methode der Behandlung des T. recurrens
ist die intravenose Applikation des Salvarsans-; doch muss
30*
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452
Typhus.
dieselbe unter strengster Beobachtung aller Regain der
Aseptik, wie bei der Zubereitung der Lbsung, so aueh
w&hrend des Injizierens, ausgeftihrt werden.
6. Das Salvarsan, in therapeutischen Dosen bei Kranken
angewandt, welche keine Kontraindikationen zur Anwendung
desselben aufweisen, offenbart keine toxischen Eigenschaften.
7. Der Befund von geringen Mengen Eiweiss im Urin
der Rekurrenskranken (eine Wirkung der Infektion auf das
Nierenepithel) verhindert die Behandlung der Kranken mit
Arsenobenzol nicht.
8. Die Behandlung des T. recurrens mit Salvarsan
muss den Zemstwo-, den Fabrik- und Stadtarzten grosse
Dienste nicht nur als Heilmittel, sondern auch als pro-
phylaktisches Mittel leisten.
/
(Munch, med. Wochenschrift 1911 Nr. 49.)
— Die Anwendnng des Salvarsans bei Febris recurrens. Von
Dr. P. P. Smirnoff (Stadt. Hospital in Moskau). Sal¬
varsan hat sich bei der intravenbsen Behandlung als.
sicheres Mittel erwiesen und entfaltet bei keiner anderen 1
Krankheit eine derartige schnelle bakterizide Wirkung wie
beim Rlickfalltyphus. (Deutsche med. Wochenschrift 1912 Nr. 18.)
— Zur Behandlung der Typhusbasillentr&ger. Yon Oberarzt
Dr. Dehler (Kreis-Kranken- und Pflege-Anstalt inFranken-
thal). Die vom Yerf. genauer verbffentlichten vier F&lle
erg&nzen und bestatigen die neuen bakteriologischen
Forschungen fiber die Bazillentr&ger und illustrieren die
Wi^htigkeit der Beziehungen zwisehen T. und Gallen-
blasenchirurgie. Wenn auch im allgemeinen ein operativer
Eingriff an der Gallenblase bei Typhusbazillentrhgerinnen
nur bei akuten Symptomen von Cholezystitis vorgenommen
werden dfirfte, so sind doch Falle denkbar, wo einer
Bazillentr&gerin auch ohne dringende Indikation eine
Cholezystektomie vorgeschlagen werden darf und sollte:
z. B. bei in der Nahrungsmittelbranche Besch&ftigten, bei
einer Mutter, die bereits eines ihrer Kinder tfidlich infiziert
hat und die anderen Kinder vor Anstecbung, sich selbst
vor eventuell plbtzlich auftretender Verschlimmerung (Chole¬
cystitis typhosa) schfitzen will, u. a. m. Denn: ein operativer
Eingriff, d. i. eine Cholezystektomie mit mfiglichst lange
durchgeffihrter Hepatikusdrainage ist berechtigt und an-
gezeigt bei Typhustr&gern, bei denen durch wiederholte
Untersuchung mit Anreicherungsverfahren Typhusbazillen
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Typhus.
453
im Blut und dem (bei weiblichen Pat. mit Katheter ent-
leerten) Urin nicht, wohl aber noch Monate lang nach
ilberstandenem akuten T. im Kot Typhusbazillen nach-
gewiesen werden, berechtigt und angezeigt, solange ihnen
nicht durch erbbhte Immunisierung auf serotherapeutischem
Wege oder durch andere Mittel radikale Heilung verschafft
werden kann. (Mttnch. med. Wochengchrift 1913 Nr. 16.)
— Zur Pyramidonbehandlung des T. Von Dr. M. J o h n (St. Marien-
Hospital, MOllieim a. d. Ruhr). Man hatte jm ganzen 54
Kranke in Behandlung, von denen 38 schwerer Erkrankte
Pyramidon erhielten. Schon einer der ersten Falle doku-
mentierte ganz besonders tiberzeugend den schbnen Effekt
der Pyramidonbehandlung. Bei diesem Pat. hatten acht Tage
hindurch mehrmals tSglich verabreichte Bader weder die
schwere Benommenheit noch die bedenkliche Kreislauf-
schwache irgendwie ersichtlich beeinflussen k6nnen. Aber
nachdem er zwei Tage lang dreistflndlich 0,15 Pyramidon
bekommen hatte, hellte sich das Sensorium auf, und es
trat deutliche Besserung des Zustandes ein. Der gleiche
Effekt wurde bei neun anderen delirierenden, vbllig bewusst-
losen Pat. meist schon nach zwei- bis dreitagiger Verab-
reichung des Medikamentes erzielt. Nur in einem einzigen
Falle blieb der Erfolg aus, was indes nach dem aut-
optischen Befunde nicht gut anders erwartet werden konnte.
Es fanden sich namlich fast im ganzen Ileum und Zoekum
ausserordentlich zahlreiche, zwei- bis dreimarkstflckgrosse
Ge8chwiire, eines neben dem anderen, in einer Ausbreitung,
wie Verf. sie noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Von
einer so ausgedehnten GeschwOrsflache aus musste durch
Resorption aller hier entstehenden Giftstoffe eine unbedingt
todliche Intoxikation erfolgen. Ausser diesem verlor man
von den 38 mit Pyramidon behandelten Kranken noch drei,
und zwar eine Pat. an Kreislaufschwache, einen Pat. an
Perforationsperitonitis und eine Pat. an Darmblutung. Was
die Dosierung des Medikamentes anbelangt, so begnugte
man sich meist mit kleinen Dosen von 0,1 zweisttindlich
oder 0,15 dreistQndlich so lange, bis nach versuchsweisem
ein- bis zweitagigen Aussetzen der Pyramidonmedikation
Kdrpertemperatur und Allgemeinbefinden sich nicht wesent-
lich anderten. Es kam ja nicht darauf an, die Temperatur
a tout prix auf die Norm herabgedriickt zu sehen, sondern
man wollte lediglich den Yerlauf leichter gestalten. Und
in der Tat verliefen die meisten Falle auffallend leicht,
auch in den Rezidiven, die sechsmal auftraten. Trotz der
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Typhus — Vermischtes.
niedrigen Dosierung begegnete man doch hin und wieder
Temperaturstiirzen von 2,5—4°, im iibrigen blieb in der
Regel eine massige Erhbhung der Korpertemperatur bis'
auf 37,5—38,5° bestehen, die meist nur wenige Tage, in
elf Fallen allerdings liber zwanzig Tage andauerte. Wohl
infolge dieses durchschnittlich milderen Yerlaufes der Er-
krankung kam es niemals zu einem Dekubitus. Vor allem
aber, was als ein ganz erheblicher Yorzug der Pyramidon-
behandlung anzusehen ist, gestaltete sich die Pflege und
Versorgung der Kranken tiberaus einfach und machte
weniger Pflegepersonal erforderlich, als wenn gleichzeitig
zwanzig Kranke zweimal taglich hatten gebadet werden
mftssen. Nacb diesen kurzen Ausffihrungen kann wohl
kein Zweifel dariiber bestehen, dass die Pyramidonbehand-
lung, ganz abgesehen von dem recht wesentlichen Vorzug
idealer Einfachheit, zum mindesten dasselbe, wenn nicht
mehr leistet als die Baderbehandlung und besonders dann
ihre Triumphe feiert, wenn es gilt, die toxischen Wirkungen .
der Erkrankung auszuschalten.
(MUnch. med. Wochenschr. 1912 Nr. 18.)
Yermischtes.
Ergotin-Koffein gegen Myokarditis, Arteriosklerose und Herz-
neurose. Von Dr. L. Weile in Bad Elster. Ausgehend
von der kraftigen Wirkung des Ergotins auf die unwill-
kiirlichen Muskelfasern, hat Verf. in Fallen von Myokar¬
ditis, Arteriosklerose und Herzneurose, wo die Digitalis
und deren Derivate versagen, mit Erfolg das Koffein-
Ergotin angewandt (Koffein zur Erzielung der erhbhten
Kombinationswirkung). In einer Anzahl von Fallen, in
denen das Herz nach einer Reihe von Schlagen aussetzte,
ist es ihm gelungen, die Intervalle zwischen den ein-
zelnen Deviationen bedeutend zu verlangern. Bei der
Ueberempfindlichkeit mancher Pat. fllr subkutane Beibrin-
gung des Ergotins wird das Ergotin-Koffein-Praparat
ausser in Ampullen noch in Tabletten zur internen Dar-
reichung hergestellt, welche, wenn auch etwas langsamer,
doch genau ebenso gttnstig wirkt.
(Miinch. med. Woehemohrift 1912 Nr. 19.)
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VermischteB.
455
— Entstehung von Fanaritien. Von Medizinalrat Dr. Hansen
in Hadersleben (Schleswig). „Ein junger, kr&ftiger Jager
nimmt zwei vor acht Tagen geschossene Enten a us, geht
an den Brunnen, spfllt sich die Hande, ergreift dann das
Beil, um Holz zu hauen. Nach drei Tagen raerkt er
Schmerzen in der Hand, die sich verschlimmern, nach
sieben Tagen kojnmt efr zu mir. Es fand sich Schwellung
und Rotung am Endgelenk des Daumens, am Grundgelenk
des Zeige- und Mittelgelenks des Ringfingers sowie in der
Mitte der Hohlhand vor deni Ringfinger, Oberall bei vollig
gesunder und heiler Haut. Im Aetherrausch wurde sofort
eingeschnitten, tiberall fand ich Eiter. Die Untersuchung
desselben im Hygienischen Universitatsinstit ut in Kiel er-
gab Staphylokokken und kleine Gram-positive Stabchen.
Die Heilung erfolgte glatt. Die EntzOndungen fanden
sich gerade an den vier Stellen der Faust, die beim Greifen
um einen Beilgriff am st&rksten gedrflckt werden. Die
Beobachtung hat den Wert eines Experiments, dass fau-'
lige pathogene Substanzen bei Druck auch durch heile
Haut eindringen kOnnen.*
(MtLnch. med. Wochenscbrift 1912 Nr. 19.)
— Henfieberkranken empfiehlt Dr. R. Hoffmann (Munchen)
acht Tage vor dem vermutlichen Eintritt der Gr&serbltlte
dreimal taglich einen Esslbffel von der Losung
Calc, chlorat.
Calc, lactic, aa 15,0
Spir. simpl. 50,0
Aq. dest. ad 500,0
zu geben und die Dosis bei Eintritt von Heufieber-
symptomen zu verdoppeln, bis dass der Pat. zwei Flaschen
verbraucht hat. (Therap. Monatshefte, Mai 1912.)
—- Die Arsneivernebler. Von Dr. Fellerer (Freising). Die
Apparate bringen jedes Medikament, mag es in wfissriger,
spirituOser oder 5liger Lftsung sich befinden, in eine Yer-
teilung, wie sie ein Sprayapparat bzw. ein Heissinhalator
nicht erreicht. Das Prinkip des Arzneiverneblers beruht
darauf, dass die fein verstfiubte, das Medikament ent-»
haltende FlOssigkeit an eine Glaswand geworfen wird,
dort wiederholt zerstaubt wird und mit Hilfe des mittels
Gummigeblases erzeugten Luftstromes in einen Nebel auf-
gel5st wird. So kdnnen durch tiefe AtemzQge Medika-
mente direkt in die Bronchien geschafft werden. Die
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456
Vermiflchtes.
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Arzneiveraebler erscheinen in zwei AusfQhrungen. Die
einfache zeigt eine Ausflussoffnung mit Inhalationstrichter
und durfte gewohnlichen Anspriichen genOgen. Die zweite
mit AnsatzstQcken fQr Nase. und Mund und einer doppelten
AusflussOffnung kommt dem Bedtxrfnisse der Spezialbehand-
lung entgegen. Sie ermdglicht direkte Applikation von
Medikamenten in Nase und Mund und lSsst die Anwen-
dung verschieden feuchter Nebel zu. 1st das MundstQck
an die obere Ausflussrohre angeschlossen, so strdrat ein
nasser, FlOssigkeitstropfchen enthaltender Nebel aus. Wird
mit der unteren Ausflussrbhre verbunden, so ist der Nebel
trocken, was durch Annebeln einer Glasflache leicht zu
konstatieren ist. Der Arzneiveraebler ist stets gebrauchs-
fertig. Der Preis fQr den einfacben Apparat betr>
5 Mk., der fQr den Apparat mit AnsatzstQcken 7 Mk.
ab Hofapotheke Freising. Die Apparate sind in den Apo-
theken erhaltlich zu obigen Preisen zuzuglich der Post-
Spesen. (Zeitschrift f. ftrztl. Fortbildung 1912 Nr. 1.)
— Beitr&ge znr Kasuistik der neuen Eiweisspr¶te Bdba
und Ribamalz liefert Dr. Braitmaier (Kiel). Er hat
die Pr¶te in zirka 250 Fallen, Schwachezustanden
aller Art, angewandt und war mit den Erfolgen sehr zu-
frieden. Es handelt sicb um ein aus Fischfleisch gewon-
nenes Albumosenpraparat, dessen hervorragende Eigen-
schaften in vollkommener WasserlOslichkeit, in auffallend
hohen Resorptionswerten und in reizloser Annahme durch
Magen und Darm bestehen. Selbst bei hoher Dosierung
hat Verf. nie andere Beschwerden auftreten sehen als
zweimal leichten Durchfall unter zirka 250 Fallen. Bei
samtlichen Formen von Erkrankungen des Magens und
Darms wurden Riba und Ribamalz ohne Beschwerden ge-
nommen und vertragen. Der anfanglich stfirende, unan-
genehme Geruch ist in letzter Zeit bei Riba und auch
bei Ribamalz fast ganz verschwunden, so dass bei ge-
eigneter und abwechslungsreicher Zubereitung nur ganz
selten Widerwillen gegen das Praparat auftritt. Die Art
der Darreichung unterliegt dem individuellen Geschmacke.
Wahrend die einen Wasser, Milch, KafFee oder Tee ala
gQnstigsten Trager ausprobiert haben, ziehen andere Hafer-,
Reis-, Gersten- und andere Suppen vor. Auch in GemQse
und Pudding lasst sich das Mittel gQnstig unterbringen.
Durchweg hat Verf. die Erfahrung gemacht, dass es so-
wohl fQr den Geschmack als auch fQr die Resorptions-
fahigkeit wichtig ist, das Mittel vor dem Genuss vollstandig
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Vermischtes.
457
in Ldsung zu bringen. Empfindlichen Pat. rSt Verf.
durchweg, die Zubereitung nicht selbst zu besorgen, sondern
sie in der Kfiche etwa eine Stunde vor dem Gennss vor-
nehmen zu laasen. In den meisten Fallen liess Verf. bei
Erwachsenen dreimal tfiglich einen Essldffel, bei Kinderh
dreimal t&glich einen Teeldffel nehmen; in geeigneten Fallen
hat er diese Mengen je nach Bedttrfnis fiber- oder unter-
schritten. Wenige Male war er gezwungen, das Prftparat
entweder per rectum einzuschmuggeln oder aber in 10—15
kleinen Dosen im Laufe des Tages zu verabreichen.
Erw&hnen mdchte Verf. noch eine von den Ribawerken
neueingeffihrte Form, die Ribaschokolade, von besonders
gutem, kraftigem Geschmack und voller Ribawirkung.
(Die Therapie der Gegenwart, November 19X1.)
— Arsenh&motose bei nervfiser und psychischer Erschfipfong.
Darfiber schreibt Prof. Dr. H. Gudden (Psychiatrische
Poliklinik der UniversitSt in Mfinchen): „Von den neueren
Eisenpraparaten, die zuraeist in organischen Verbindungen
verbreitet werden, erachte ich die Arsenh&matose als be¬
sonders erwShnenswert. In der Psychiatrischen Poliklinik
benutze ich das Eisen und Arsen in den mannigfachsten
Darstellungen und Kombinationen mit Erfolg. Bei ner-
vfisen Schw&chezustftnden liegt das Hauptgewicht in den
Ern&hrungsverh<nissen. Es bestand daher von jeher der
Wunsch, durch Hebung des Ern&hrungszustandes direkt
auf die Ursachen dieses Leidens einzuwirken und zumeist
die erheblichen Stdrungen der Ernahrung des Gesamt-
organismus im allgemeinen und der Blutzusammensetzung
im speziellen zu beseitigen. Wir mfissen trachten, die
Appetenz zu heben; es muss also ein leicht resorbierbares,
den Magen nicht beschwerendes PrSparat sein, dasselbe
muss den Tonus der Nerven steigern, dabei aber darf die
Kombination keinen schlechten Geschmack haben. Unter
verschiedenen Pr¶ten hat sich besonders auch die
Arsenh&matose sowie die Guajakolarsenhtimatose bew&hrt.
In der Arsenhamatose dient die Chinarinde als appetit-
anregendes und stimulierendes Mittel, das Eisen und der
Phosphor sind in eine leicht resorbierbare Form gebracht,
das erstere als glyzerophosphorsaure Verbindung, das zweite
ebenfalls in glyzerophosphorsaurer Natriumverbindung, das
ein direkt assimilierbares Nerventonikum darstellt. Durch
den Arsengehalt (zehn Kubikzentimeter Arsenh&matose
entsprechen einem, ein Likfirgl&schen voll aber zwei Tropfen
Fowlerscher Ldsung) eignet es sich besonders zur Ein-
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Vermi8Chto8.
verleibung kleiner und mittlerer Arsendosen, da es den
Vorteil des Wohlgeschmacks mit jenem der leichten Do-
sierbarkeit verbindet. Wie bei jedem Arsenprfiparat kann
auch die graduelle Dosierung eingehalten werden, doch
ist dies nicht unbedingt notwendig, und die Arsenhama-
tose kann daher an Pat. geringeren Intelligenzgrades,
welche mit einer Flasche auf einmal in Besitz einer
grosseren Dosis gelangen, ohne Gefabr abgegeben werden.
Bei nervbsen und psychischen Erschopfungszustanden hat
sich diese kombinierte Eisenarsenwirkung gut bewahrt
und die Vereinigung der therapeutischen Wirkung dieses
Mittels als zweckmassig erwiesen. Selbst bei protrahierter
Anwendung wurde Arsenhamatose ohne jede lastige Neben-
wirkung vertragen. Yon seiten des Magens und des Darm-
traktus wurde nie ein unangenehmer Einfluss wahrgenommen.
Bei neurasthenisch veranlagten sowie bei nervOs oder
psychisch erschOpften Pat. haben sich die Reizerschei-
nungen vermindert, und objektiv war die Hebung des
Allgemeinbefindens konstatierbar, somit die Steigerung so-
matischer und psychischer Leistungsfahigkeit. Ich liess
von der Arsenhamatose nach jeder Mahlzeit einen Ess-
lOffel voll nehmen und habe mit dieser Verabreichung
gute Erfahrungen gemacht.“
(Deutsche med. WOohenschrift 1911 Nr. 45.)
— Aderlass and Kochsalzinfasion in der Dermatologic. Von
Dr. J. Simon. (Aus der Univers.-Hautklinik in Heidel¬
berg.) Aus der Arbeit seien folgende Stellen wieder-
gegeben: „Der Aderlass ist ja schon lange in der Derma-
tologie verwendet worden, die Kombination von Aderlass
und Kochsalzinfusion ist zuerst von Bruck in der Der-
matologie erprobt worden, und zwar berichtete dieser Autor
vor kurzer Zeit liber acht Falle von verschiedenen Toxiko-
dermien, bei denen er durch Aderlass und Kochsalz¬
infusion hberraschende Erfolge erzielt hat. Ich habe diese
Ergebnisse an einem grosseren Material nachgepruft und
bin, urn das gleich vorwegzunehfnen, ebenfalls zu so
gOnstigen Resultaten gekommen, dass ich die Methode
hier zu empfehlen fflr tviirdig halte. Die Technik genau
zu beschreiben, dllrfte wohl jetzt, in der Aera der intra-
venbsen Therapie, OberflOssig sein. Wir entnehmen durch
Yenenpunktion 100—200 ccm Blut und lassen gleich durch
dieselbe Kanlile 3—700 ccm 0,9°/oiger steriler Kochsalz-
lOsung einfliessen. Wir haben aus theoretischen Erwft-
gungen keinen geringeren Konzentrationsgrad als 0,9°/o
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Vermischtes.
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angewendet und haben auch absichtlicb keine sehr grossen
Quantitaten Blut entnommen und Kocbsalzldsung infun-
diert, weil wir der Meinung sind, dass keinesfalls der
tberapeutische Effekt in direktem Verhaltnis steht zur
Quantitat des Blutes und der SalzlSsung. Nach unserer
Ansicht kann man ja vom Aderlass und der Kochsalz-
infusion Qberhaupt nicht mebr als eine Anregung auf die
Aenderung des Stoffwechsels erwarten. Wir wiederholen
die bescbriebene Therapie, je nach dem Grade des bereits
erreichten Effekts, 3—6 mal oder noch Ofter in Zwischen-
rftumen von filnf oder sechs Tagen. Irgendeine unan-
genehme Nebenwirkung auf die Nieren oder das Gefhss-
system haben wir nie beobachtet, so dass wir kein Bedenken
getragen haben, selbst Greise bis zu 73 Jabren mit un¬
serer Methode zu behandeln. Auch Fieber haben wir nie
auftreten sehen. Wir konnten deshalb unsere Therapie
nicht nur bei klinischen Pat., sondern auch in ambulanten
Fallen verwenden, und wir halten diese letzteren Falle
sogar fttr die beweiskraftigeren bei Beurteilung unserer
Resultate, weil eben bei ihnen alle gilnstigen Momente
des klinischen Aufenthalts fortfallen. Zur Behandlung
gelangten bei uns Pruritus universalis, lokalisierter Pru¬
ritus, Pruritus senilis, verschiedene Formen von Urticaria
und Oedema fugax, gewisse Formen von chronischem
Ekzem, Psoriasis, chronisch-rezidivierende Furunculosis
und ein Fall von Pemphigus chronicus, im ganzen sind
es etwa 50 Falle. Die besten Erfolge hatten wir bei
Pruritus. Gerade bei dieser Krankheit wird man ja gegen
die Deutungen gQnstiger Erfolge Einwande erheben kOnnen,
weil eben psychische Momente mitspielen kSnnen und
Oberhaupt der Yerlauf schwankender ist. Wir haben aber
deshalb noch die Yorsicht gebraucht, unsern Pat. nicht
vorher zu sagen, dass es sich um einen therapeutischen
Eingriff handelt, sondern haben sie in dem Glauben ge-
lassen, dass die Blutentnahme zu Untersuchungszwecken
geschehe. In alien unseren Fallen von Pruritus trat nun
fast unmittelbar nach AusfQhrung der Therapie ein auf-
falliges Nachlassen des qualenden Juckreizes auf; in vielen
Fallen verschwand das Jucken tlberhaupt ganz. Dieser
Erfolg hielt 3 j —4 Tage an, dann kamen allerdings oft
Rhckfalle, und zwar mit Vorliebe an den Beugeflachen
der Arme und den Adduktionsflachen der Beine. Durch
Wiederholung des Eingriffs trat jedesmal wieder derselbe
gQnstige Effekt auf, und allmahlich blieb das Jucken
ganz fort. Selbstverstandlich haben wir nicht in alien
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Vermischtes.
Fallen von Pruritus einen derartig eklatanten Erfolg er-
zielt, es scheint vielmelir, als ob bei lokalisiertem Pruritus
und Pruritus senilis eine wesentlich langere Bebandlung
notig ist, um einen gttnstigen Erfolg zu erzielen; es ist
aber doch auffallig genug, dass sich in alien Fallen we-
nigstens eine Besserung eingestellt hat. Nachst dem Pru¬
ritus hat sich uns unsere Methode in vielen Fallen von
Urticaria gut bewahrt, wahrend manche Falle allerdings
vollig im Stiche liessen. Wir sahen oft, dass sofort nach
dem Eingriff die Quaddeln einsanken und verschwanden.
In einem Teil der Falle sahen wir aber wieder, wie beim
Pruritus, in 3—4 Tagen Rezidive auftreten. Dennoch
glauben wir, dass bei genQgend langer Behandlung, viel-
leicht in entsprechend kQrzeren Intervallen, dauernde
Erfolge erreicht werden kbnnen. Bei Psoriasis haben wir
keinen Einfluss unserer Therapie bemerken kdnnen, da-
gegen liaben wir in einem Fall von chronisch-rezidivie-
render Furunculosis des Nackens anscheinend einen guten
Erfolg erzielt. Bei gewissen Formen von konstitutio-
nellem Ekzem hatten wir recht gute Resultate. Wir sahen
einige verzweifelte Falle von ausgebreiletem chronischen
juckenden Ekzem, bei denen schon alle mbglichen Thera-
pien, einschliesslich Rontgen, versucht worden waren,
nach mehrmals wiederholtem Aderlass und Kochsalzinfu-
sion in so tiberraschend schneller Zeit heilen, dass wir an
der Wirksamkeit der Therapie nicht zweifeln konnten.“
(Deutsche med. Wochenachrift 1911 Nr. 48 )
— Die Anwendungvon TiodineinderUrologie. VonDr.J.H.Brik
in Wien. Tiodine, Thiosinaminaethyljodid, wurde 1907
von Dr. Max Weiss (Wien) in die Therapie eingefuhrt.
Weiss wollte das Indikationsgebiet des Allylsulfocarbamids
(Thiosinamin) durch Kombination mit einem nach be-
stimmter Richtung speziflsch wirkenden Mittel erweitern
und gab dig Anregung zur Herstellung des neuen, von
A. Cognet in Paris dargestellten Praparates, welches er
alsbald auch therapeutisch in Anwendung zog. Tiodine
entfaltet, ahnlich wie Thiosinamin, eine erweichende Wirkung (
auf das fibrose Gewebe von Narben und sonstigen Binde-
gewebswucherungen. Diese Erweichung dtirfte durch seine
spezifische lymphagoge Beeinflussung des Narbengewebes
zustande kommen. Tiodine ist im Wasser sehr leicht 16s-
lich und wird zur subkutanen Injektion an einer beliebigen
Kbrperstelle oder auch intramuskular (Glutaen oder Delta-
muskel) nach vorheriger Desinfektion mit Jodtinktur ver-
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Original fro-m
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wendet. Die Injektionen sind schmerzlos, an der Ein-
stichs'telle sieht man alsbald eine leichte Rdtung und nach
einigen Stunden eine leichte Schwellung, die bei Druck
etwas empfindlich ist und sehr bald wieder verschwindet.
Jodreaktion im Speichel durch St&rkekleister und einige
Tropfen HNOj, und im Harne schon nach 5—10 Minuten
deutlich, beweist die ungemein rasche Resorbierbarkeit.
Es fbrdert erheblich die Diurese und wirkt im allgemeinen
tonisierend, indem es das subjektive Befinden der Kranken
hebt; das Kbrpergewicht steigt. v. Hebra beobachtete
# ausser der Einwirkung des Thiosinamins auf Narbengewebe
auch eine Yerkleinerung von chronisch - entzundlichen
Drtisentumoren, die schliesslich zum Schwunde gebracht
wurden, aber er warnt ausdrOcklich, bei Vorhandensein
irgendeines EntzOndungsherdes Thiosinamin anzuwenden,
da sonst Fiebererscheinungen und Steigerung der Ent-
zflndung und Eiterung auftreten kbnnen. Bei der Tiodine-
behandlung besteht diese Gefahr nach Verf.’s bisherigen
Erfahrungen nicht, allerdings hat Yerf. Tiodine bei akuten
EntzQndungen nicht benlltzt. Bei chronischer Zystitis,
chronischer Prostatitis wurde keine Steigerung der Ent-
ztindungsprozesse beobachtet. Nebenerscheinungen, ausser
sparlicher, in seltenen Fallen auftretender Jodakne, traten
nicht auf. Durch die ghnstigen Resultate von Weiss,
A. Zweig und Patschke in Kbnigsberg ermutigt, hat
Verf. in geeigneten Fallen in seiner urologischen Praxis
das Tiodine angewandt. Zunachst waren es Narben und
die hierdurch bedingten Schadigungen, welche zum Ver-
suche fhrmlich einluden. Bei Harnrohrenstrikturen ist es
nur selten wtinschenswert, bei der Dilatationsbehandlung
eine Beihilfe zu haben, und so hat Verf. nur in zwei
Fallen das Tiodine benfttzt, wobei es sich als sehr wirk-
sames Mittel erwiesen hat. Einmal bei einer sehr schweren,
sehr engen und harten „Narbenstriktur“ in der Pars bulbosa,
wo durch das Tiodine die Striktur passierbar und dilatations*
fahig wurde. Im zweiten Falle bei einer Striktur der Pars
pendula, wo die Dilatation trotz vieler Mflhe und Geduld
nur bis zu einem gewissen Grade durchgefiihrt werden
konnte (Nr. 14 Charriere). Hier hatte sich eine Indikation
fQr die innere Urethrotomie ergeben, doch zog Verf. es
vor, einen Versuch mit Tiodine zu machen. Nach acht
Tiodineinjektionen gelang es, die Striktur anstandslos auf
Nr. 23 zu erweitern. Bei der Behandlung der Strikturen
mit Tiodine und Thiosinamin soil das treffende Wort von
L. Teleky beherzigt werden, dass durch die genannten
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462
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Mittel die Narben zwar dehnbar gemacht, aber nicht ge-
dehnt werden. Bei Epididymitis im subakfiten und chro-
nischen Stadium sollen die Knoten und Infiltrate des
Nebenhodens. zur Resorption gebracht werden, um eine
Yerlegung der SamenkanSlchen moglichst zu verhindern;
hierbei sind durch die Tiodinebehandlung sowohl auf das
Schwinden der Infiltrate als auch funktionell auf das
Wiedererscheinen von Spermatozoen im Ejakulat glfinzende
Erfolge erzielt worden. Natfirlich geben frischere Falle
(bis zu sechs Monaten seit Beginn der Epididymitis) ein
gfinstiges Resultat. Aeltere Indurationen werd^ wohl
beeinfiusst, werden kleiner und schwinden sogar, aber die
Azoospermie wird in solchen Fallen nicht behoben. Auch
bei chronischer Prostatitis und Spermatozystitis konnte nach
Tiodineinjektionen eine Erweichung der derben Schwielen
konstatiert werden. Bei Hypertrophie der Prostata worde
die Tiodinebehandlung versuchsweise in Anwendung ge¬
bracht. Es ist wohl eine missliche Sache, fiber den Wert
einer medikamentosen Beeinfiussung einer Affektion zu
sprechen, die manchmal auch ohne nachweisbare Ursache
einen Stillstand, ja, eine Besserung zeigt. Noch grfissere
Schwierigkeiten ffir die Beurteilung einer Einwii*kung eines
Mittels bieten sich dar, wenn man bedenkt, dass gerade
bei der Prostatahypertrophie gewisse physikalische Ein-
wirkungen, z. B. Nussbaums aufsteigende Douche oder
Rontgen-Bestrahlungen oder operative Eingriffe, wie
Kastration oder Resektion der Vasa deferentia usw., oft
eine geradezu wunderbare, allerdings nicht lange anhaltende
Besserung zur Folge haben. Trotz dieser Erwfigungen
und stronger kritischer Beurteilung sind die durch Tiodine¬
behandlung gewonnenen Resultate derart, dass sie der
Mitteilung wert erscheinen. Es hat sich nur um Falle
des sogenannten zweiten Stadiums gehandelt. Jedesmal
trat eine Besserung in dem Sinne auf, dass das Harn-
lassen schon nach der ersten oder zweiten Injektion leichter,
in starkerem Strahle erfolgte, dass endlich die Pausen
langer wurden und die Residualmenge geringer wurde.
Objektiv wurde stets eine deutliche Konsistenzabnahme der
Drfise konstatiert. Von einer Verkleinerung der hyper-
trophierten Drfise konnte nichts wahrgenommen werden.
Ebensowenig wie eine Harnrbhrenstriktur durch Thiosinamin-
oder Tiodinebehandlung allein erweitert wird, ebensowenig
wird eine hypertropbierte Prostata durch die genannte
Behandlung zur Norm gebracht. Das Tiodine ist nach
Verf.’s bisherigen Erfahrungen ein vorzQgliches Mittel
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463
teils zur Bekampfung, tells zur Beseitigung verschiedener,
durch die Hypertrophie def Prostata bedingten Stbrungen
und eine zweckmSssige Unterstutzung fftr eine weitere
Katbeterbehandlung. (Wiener med. Woohenaohrift 1911 Nr. 48.)
— Ein Symptom ffLr Salpingitis. Von Dr. Walter Ktihl (Altona).
Autor scbreibt: „Bei einer Reihe von plbtzlich einsetzenden,
fieberhaften Erkrankungen des Unterleibes ist mir schon
After ein Zeichen zur Diagnose der Salpingitis behilflich
gewesen, die sich durch den weiteren Verlauf der Krank-
heit — z. B. Auftreten einer Parametritis, besonders linker-
seits, da sich ein rechtsseitiges Exsudat auch auf eine
Perityphlitis beziehen liesse — oder durch Nachunter-
suchung von anderer Seite stets bestatigen liess: es ist
das ein zur Hohe des Fiebers auffallig langsamer, kraf-
tiger Puls. — Das Zeichen ist wichtig zur Differential-
diagnose gegen Perityphlitis, fehlt aber oft bei einer Kom-
bination mit dieser. Es ist After auch vorhanden bei
einer Infektion von den Gallenwegen aus, die sich aber
durch die Lokalisation der Schmerzen, durch das h&ufige
Ausstrahlen dieser nach den Schulterblfittern zu, durch
die Anamnese und die anderen bekannten Symptome aus-
schliessen lSsst. Dass diese Verlangsamung des Pulses
durch die Resorption einer den Vagus beeinflussenden
Substanz hervorgerufen wird, ware vielleicht denkbar.
Praktisch wichtig war das Symptom ftir mich insofern,
als ich mich bei seinem Vorhandensein stets abwartend
verhielt, besonders wenn der Allgemeineindruck der Kranken
dem nicht widersprach, — wahrend ich mich selbst bei
Verdacht auf Perityphlitis zu dem radikalen Standpunkt
bekenne, der zur baldigen Probelaparotomie mit eventuell
anschliessender Appendektomie rat.“
(Mtinch. med. Woehensehrift 1912 Nr. 8.)
— In bezug auf die Lfislichkeit der Azetylsalizyls&ure schreibt
v Dr. F. Fenger (Norden): „Seit Jahren habe ich in meiner
Praxis das Aspirin und Salipyrin (beziehungsweise deren
chemische Substitute, das Acid, acetyl, salicyl. und Pyra-
zolon dim. ph. sal.) besonders in der Kinderpraxis aus-
schliesslich in LOsung verordnet. Ich bediene mich dabei
als Losungsmittel des alten Spiritus mindereri — Liqu.
ammon. acetici —, der jedoch, worauf ich besonders auf-
merksam mache, absolut neutral reagieren muss, soli nicht
spater ein Ausfall von kristallinischen Massen stattfinden.
Eine Abschwachung der Wirkung der Originalpraparate
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464
Vermischtes.
ist mir niQht aufgefallen, nur zuweilen sind Durchf&lle
beobachtet worden. Ich habe seit Jahren die Verordnungs-
weise Salz.: zu Spiritus mindereri = 1 : 5,0 angewandt,
habe aber nie einen Mediziner, Chemiker oder Apotheker
gefunden, der diese LSslichkeitstatsache kannte. Auch in
Leverkusen, wo ich vor zwei Jahren gelegentlich der Teil-
nahme an Fortbildungskursen der Akademie in Kfiln mit
mehreren Chemikern der Bayerschen Farbenfabriken fiber
diese mir gelaufige Tatsache sprach, konnte mir nichts
Naheres mitgeteilt werden. Da jetzt durch das Hydro-
pyrin-Grifa die Loslichkeitsfrage der Azetylsalizyls&ure usw.
neu in Anregung gebracht ist, mochte ich mir gestatten,
die Herren Kollegen darauf aufmerksam zu machen, dass
schon seit langem die ,L6slichkeitsfrage‘ gelfist ist, zu-
gleich aber darauf hinweisen, dass ich nicht der Entdecker
dieser Tatsache bin, sondern dass ich es selbst einmal
irgendwo gelesen habe. Ffir jede Rdckausserung in dieser
Angelegenheit bin ich schon im voraus dankbar.“
(Medizin. KUnik 1911 Nr. 51.)
— Neuritis optica retrobnlbaris senilis. Von H. Higier
(Warschau).- Es lasst sich aus der grossen Gruppe der
retrobulbaren Neuritiden eine Greisenform ausscheiden, eine
Neuritis retrobulbaris senilis: sie befallt ohne bestimmte
Ursache Sltere Leute, die nahe der 70 Jahre stehen, be-
sitzt samtliche Zeichen der retrobulbaren NervenentzQnduflg,
erreicht im Laufe des ersten Tages ihren HOhepunkt, ist
doppelseitig, fQhrt rasch zur vollstandigen Blindheit und
langsam zur Atrophie der Nerven und ist auch bei ener-
gischer und systematischer Beliandlung nicht zu beeinflussen.
(Neurolog. Zentralblatt 1912 Nr. 3.)
Notiz.
Die heutige Nummer unseres Blattes enthalt eine Beilage,
und zwar von der Firma:
Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin N 4, fiber
yy Gelonida Aluminii subacetici",
auf die wir besonders hinweisen.
Far den redaktionellen Toil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlin.
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Erscheint am
Anfang eines jeden Monats.
A? 11
Prels des Jahrgangs 6 Mb.
exki. Porto.
Excerpta medica.
Kurze monatllehe Joornalauszttge
aus der gesamten Fachliteratur
zum Gebrauch far den praktischen Arzt.
Herausgegeben von Dr. med. EugeH Graetzer in Friedenau-BerUn.
Yeriag ron Carl Sallmann, Leipzig*
August. XXL Jutrgaug 1912
Anthrax. Zur Behandlung des dussereu Milzbrandes schreibt
Dr. E. Graf (Frankenhausen): „Als ein brauehbares, in
Frtihffillen sicheres und von den Gefahren blutiger Ein-
griffe freies Verfahren kann ich mit gutem Gewissen die
einfache Aetzung mit dem Kalistift empfehlen, da ich sie
genugend erprobt habe. Bei der geringen Beachtung,
welche sie bisher in der Literatur und in den Kliniken
gefunden hat, ist es wohl nicht liberfliissig, sie eingehend
zu beschreiben. Im Jahre 1855, in einer von Milzbrand
haufig heimgesuchten Gegend Nordthiiringens in die Praxis
tretend, fand ich dieses Verfahren als das gebrauchliche
vor, von den Aerzten allgemein geilbt und von den Be-
troffenen allgemein verlangt. Diese, meist Schafer, Gerber
oder Schlachter, liefen alsbald zum Doktor, um sich ,aus-
brennen 1 zu lassen. Und wenn dies sofort grundlich ge-
schah, so blieb in der Regel jede Allgemeinerkrankung
aus, war die verrufene ,schwarze Blatter 1 in einen einfachen
Brandschorf verwandelt. Das ist aber allerdings die un-
erlassliche Bedingung des Erfolges: zeitiges und griind-
liches Aetzen. Sobald sich die fur Milzbrand charakte-
ristischeForm zeigt; die anfanglich einem Furunkel ahnliche,
aber durch ihre Unempfindlichkeit gegen Druck sofort davon
zu unterscheidende gerbtete Anschwellung, deren eingesun-
kene, dunklbre, auch gegen Nadelstich unempfindliche
Mitte — der nekrotische Kern — von einem blaschen-
bedeckten hartlichen Wall umgeben ist, dessen Harte in
das pralle, doch immer noch elastische Oedem der Urn-
gebung ttbergeht — sobald sich dies unverkennbare Bild
zeigt, was meist am dritten Tage nach der Infektion ge-
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466
Anthrax.
schieht, muss durchgreifend ge&tzt werden. Das geschieht
am besten mit stumpf abgebrochenem, nicht spitzem Kali-
stifte, der, mit Watte umwickelt gefasst, fest und mit
stetigem Reiben aufgedrfickt wird, bis die HSrte des Kerns
und seiner Umwallung eingeschmolzen, nicht mehr dureh-
zuftthlen ist und der Grund der ge&tzten Flftche rfitlich
durch die brfiunliche Aetzffirbung durchschimmert. Dies
beansprucht meist eine voile Minute, nur bei besonders
tiefem und starkem Kerne mehr; was aber dadurch ab-
gektirzt werden kann, dass man denselben mittels eines
durchgezogenen kraftigen Fadens etwas vorzieht und mit
einer spitzen Cooperschen Schere im Toten vorsichtig
flach abtr>. Immer fliesst bei der Aetzung schmierige,
atzende Lauge ab, gegen deren unliebsame Weiterwirkung
die Umgebung geschtitzt werden muss; was am sichersten
durch einen vorher aufgeklebten, den Umfang der beab-
sichtigten Aetzung einkreisenden Ring yon mehrfach auf-
einandergelegtem Heftpflaster — weniger sicher durch um-
gebende Watte — geschieht. Trotzdem wirkt die Aetzung
immer einige Millimeter fiber den von ihr direkt getroffenen
Umkreis hinaus; ein bei dessen Bemessung zu berficksich-
tigender Umstand, der aber hier gegen die scharfbegrenzte
Wirkung des gltthenden Paquelin eher ein Yorteil als ein
Nachteil ist. Dies moderne Glfiheisen hat ja neuerdiugs
bei Ortlicher Behandlung der Milzbrandpocke reichliche
Anwendung gefunden; nachdem die Bramannsche Schule
die tfidliche Gefahr der blossen In- und Exzision nach-
gewiesen hatte, haben die Chirurgen, welche auf die rasche
Wirkung des Messers nicht verzichten mochten, damit den
Paquelin verbunden. So Lejars in seinen ,Dringlichen
Operationen 4 (Art.: Pustula maligna), indem er ihn den
Schnitten folgen l&sst, sie verschorfend, und Barlach,
indem er ihn vorausgehen lfisst, durch verschorfende Stiche-
lungen das Gebiet des Schneidens einkreisend und wie
mit einem Grenzkordon absperrend. In der Kompliziert-
heit dieser beiden Methoden wird aber schwerlich jemand
einen besonderen Yorzug und eine Ueberlegenheit fiber
die einfache Aetzung erblicken, welche das gleiche Ziel
mit den denkbar einfachsten Mitteln erreicht, die jeder
Landarzt mit sich ffihren kann, die, ich als solcher stets
mitgehabt habe und so oft genug onne Verzug benutzen
konnte. Der Schmerz bei der Aetzung ist allerdings auch
lebhaft, aber docli wohl ertraglicher, als der vom Glfih¬
eisen oder Paquelin, die ohne Chloroform nicht wohl ge-
wagt werden konnen, das ich bei der Aetzung, auch bei
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Anthrax — Blutungen.
467
empfindlicheren Personen, nie ndtig gehabt habe. Den
nachdauernden Schmerz lindert am besten eine Eisblase.
Hat die Aetzung Erfolg, so zeigt sich das spatestens in
24 Stunden durch Absinken des Oedems, durch Weicher-
werden der Umgebung des Aetzschorfs. Etwaige Schwel-
lung zustfindiger Lymphdriisen hindern ihn nicht; sie
gehen allmahlich zuriick, wenn nur das Oedem sinkt. Fieber
und sonstige Zeichen einer Allgemeinerkrankung bleiben
aus. Zeigen sich in den ersten 24 Stunden in der CTm-
randung des Schorfs wieder blfisclienbedeckte Harten, so
gibt eine Nach&tzung dieser Stellen mitunter noch Erfolg.
Wenn nicht, so ist die Infektion ortlich nicht mehr zu
fassen und die Allgemeinerkrankung nicht mehr aufzuhalten.
Die Aetzung war dann ohne Nutzen, aber auch ohne anderen
Schaden als vielleicht den eines etwas vergrosserten Brand-
schorfs. Yon 75 im Laufe der Jahre von mir so behan-
delten Fallen hatten 14 diesen Misserfolg, vier davon mit
tbdlichem Ausgange; die tibrigen zehn - genasen nach
schwerer Allgemeinerkrankung. 61 aber hatten den be-
schriebenen vollen Erfolg: 24 Stunden nach der Aetzung
die bedrohliche Milzbrandpocke in einen ungefahrlichen
Schorf verwandelt, ohne jedeStbrung des Allgemeinbefindens,
auch mit alsbald wiedererlangter Arbeitsfahigkeit, wenn
die Stelle des Schorfs dem nicht hinderlich war. Gleiche
Erfolge bei gleichem Verfahren haben mir auf meine An-
frage die Nachbarkollegen Klemm I und II aus Ebeleben,
Klemm und Nicolai aus Greussen berichtet: auf 309
Falle nur 13 todliche. Wie viele von den 296 Geheilten
den sofortigen vollen Erfolg hatten, daruber fehlten die
Angaben." (Miinch. med. Wochenechrift 1912 Nr. 16.)
Blutungen. Eine spontane Rttckenmarksblntung. Yon
Dr. Becker (Bad Salzschlirf). 33jahrige Frau, kraftig
gebaut und gut gen&hrt, ist frtiher niemals krank gewesen
und stammt aus gesunder Familie. Sie ist seit sieben
Jahren kinderlos verheiratet, hat keine Aborte durch-
gemacht. Objektive Zeichen fur Lues nicht vorhanden,
auch seitens des Ehegatten wird sie negiert. Am 17. Juni
abends treten beim Coitus, der seit drei Monaten nicht
stattgefunden, plotzlich heftige Schmerzen im Abdomen
und Kreuz auf. Die Schmerzen treiben die Frau aus dem
Bette. Sie kann jedoch nur mit grosser Miihe, von ihrem
Manne gesttltzt, einige Schritte im Zimmer machen. Ueber
die plbtzliche Bewegungs- und Empfindungslosigkeit aufs
heftigste erschreckt, wird sofort nach Srztlicher Hilfe ge-
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468 Blutungen.
schickt. Die Untersuchwig ergibt eine vollstandige moto-
rigche und sensible Lahmung vom Nabel abwarts.
gynakologische Befund ist negativ. Am folgenden Morgen
1st die Blase stark gefQllt und kann nicht willkOrlich ent-
leert werden, es besteht also auch Blasenlahmung, des-
gleichen tritt vollkommene Stuhlverhakung ein als Zelcben
der Darmlahmung. Temperatur SB 0 C. An der Diagnose
Riickenmarksblutung (Apoplexia spinalis) konnte bei dem
plbtzlichen Auftreten der Symptome kein Zweifel bestehen.
Eine aussere Ursache fiir das Eintreten der B. war nicht
vorhanden. Die Lendenwirbelsaule zeigte Druckschmerz-
haftigkeit, aber keine sonstige Veranderung. Spat ere
Rbntgenbilder ergaben auch kein Abweichen von dem nor*
malen Zustande der Wirbelsaule. Desgleichen ergab eine
Blutuntersuchung negative Wassermannsche Reaktion.
Die genaue Gesamtkorperuntersuchung brachte nichts Krank-
haftes zum Yorschein, speziell keine Anzeichen fiir Ar te-
riosklerbse, Nephritis oder Tuberkulose. Fiir das spontane
Auftreten des Blutergusses ins Riickenmark muss man
danach wohl eine Gefassanomalie (Yarixbildung) annehmen.
Die Therapie bestand in Morphiuminjektionen zur psy*
chischen Beruhigung und Schmerzlinderung sowie in La-
gerung auf Wasserkissen zur Verhiitung des Dekubitus.
In den ersten Tagen trat mehrfach Erbrechen auf, der
Leib war tympanitisch gespannt und schmerzhaft. Stuhl-
gang konnte anfangs nur mittels digitaler Ausraumung
und hohen Einlaufen, kombiniert mit grossen Dosen RizinusOl
erzielt werden. Aueh spater waren lange Zeit starkere
Abfiihrmittel und Klistiere erforderlicb, wenn es auch be-
deutend leichter ging. Drei Wochen lang musste taglich
morgens und abends katheterisiert werden, bis die Detrusor-
liihmung von einer Sphinkterlahmung abgelost wuirde,
wodurch die Harnverhaltung in stetiges Urintraufeln iiber-
ging. Die Temperatur schwankte wochenlang zwischen
37° und 38° C. Im Beginne bezog ich’ die erhblite
Temperatur auf die Resorption des Blutergusses, spater
glaubte ich dieselbe mit einem entziindlichen destruie-
renden Prozess im Riickenmark erklaren zu dQrfen. Thera-
peutische Versuche mit Quecksilber und Jod waren er-
folglos. Die Hautsensibilitat kehrte sehr langsam zurQck,
blieb aber unvollstandig, so lange ich die Kranke zu be-
obachten Gelegenheit hatte. Spuren aktiver Bewegungen
liessen sich nach zirka vier Wochen feststellen, machten
aber nur sehr langsame Fortschritte. Als die Pat. seel
Wochen nach dem Auftreten der B. in die Heimat.transJ
Google
Origir djfj
UNlVERSITY'i
469
Blutungen.
portiert wurde, war der Prozess naturgemass noch lange
nicht abgesehlossen. Wie Yerf. nach etwas mehr als einem
halben Jahre hort, sind die Blasen- und Darmstorungen
geschsvunden und vermag die Pat. jetzt auf den Beinen
zu stehen, aber nur rait Unterstiitzung. Ein weiterer
Rttckgang der Lahmung der Beine ist wohl zu erwarten,
wenn sich auch fiber den endgfiltigen Zustand nichts Be-
stimmtes sagen lflSSt. (Die Therapie der Gegenwart, M&rz 1912.)
— Wilh. Schilling, TTeber die Behandlung der Hamophilie.
(Aus dem st&dtiseh. Krankenhaus Bayreuth.) „Es handelte
sich um einen fiinfjahrigen Knaben, dessen Bruder kurz
zuvor wegen der gleichen Erkrankung ebenfalls bei uns
in Behandlung war. Dieselbe trat bei ihm in Form von
ausgedehnten Blutextravasaten unter die Haut, speziell auf
Brust und Rficken, auf. Von den tibrigen Familienmit-
gliedern, besonders den miLnnlichen, konnte anamnestisch
keine Disposition zu derartigen B. festgestellt werden, nur
die Mutter des Pat. soil vor Jahren infolge Platzens einer
Hamorrhoidalvene beinahe verblutet sein. Der Pat. selbst
hatte sich anfangs Juli zufallig eine minimale Verletzung
am Zahnfleisch des Oberkiefers zugezogen. Da es aus der
Wunde unaufhorlich langsam weiterblutete, machte die
Mutter des Pat. zuerst selbst den VersuCh, mit Hilfe von
Essigaufschlfigen und blutstillender Watte dieselbe zum
Stillstand zu bringen. Doch umsonst! Er wurde hernach
ins Krankenhaus verbracht, und hier wurde es anfanglich
versucht, durch lfiffelweise Verabreichung von Kochsalz
und von Calcium chloratum in 4 °/o iger Lfisung, durch
Adrenalintamponade und Dauerkompression mit Hilfe eines
Gummischlauches, durch Einspritzung von Diphtheriehcil-
serum und steriler I0°/oiger Gelatine, durch Auflegen von
Penghawar Yambi und Kauterisation den Tod durch Ver-
bluten hintanzuhalten. Alle diese unsere Bemtihungen
waren vergebens, es blutete langsam und unaufhorlich
weiter. Der Hamoglobingehalt des Blutes ging mehr und
mehr bis auf 25 0/ o zurtick. Das Kind wurde von Tag
zu Tag matter, es nahm keine Nahrung mehr zu sich,
nur Milch und tiberhaupt Flfissigkeit wurde noch gierig
aufgenommen. Dabei wurde das Kind ziemlich unruhig
und stiess besonders nachts haufig einen Schrei aus ahnlich
dem Cri hydrencephalique bei der Meningitis cerebrospinalis
epidemica (vielleicht infolge von Gehirnanfimie). Als
interessant mochte ich hervorheben, dass das Kind bei
dem immer mehr zunehmenden Blutverlust und der geringen
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
470
Blutungen.
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Fullung des Gefasssystems ganz instinktiv standig das
Deckbett wegstrampelte und die Beine hoch auf dasselbe
hinauflegte, gleichsam um dadurch eine Autotransfusion
herbeizufflhren. Da bereits alle Mittel, die Blutung zu
stillen, fehlgeschlagen batten, machten wir den Yersuch,
ihm Blut von einem gesunden Individuum in das Gef&ss-
system Gberzufiihren. Wir entnahmen zu diesem Zweck
einem nur mit einem Fussleiden behafteten, sonst aber
vollstandig gesunden Pat. aus der gestauten Kubitalvene
unter streng aseptischen Kautelen 200 g Blut, dieses wurde
mit einem Glasstab defibriniert, filtriert, mit steriler physio-
logischer Kochsalzlbsung innig gemengt und 750 ccm ver-
dunnt. Nattirlich wurde darauf gesehen, dass diese Mischung '
die Kbrpertemperatur beibehielt. Inzwischen war bei dem
Kinde wie zur intravenosen Kochsalzinfusion die Kubital¬
vene freigelegt worden, und wir liessen die Mischung ohne
jeglichen Druck langsam einlaufen, eine Prozedur, die
nahezu 3 U Stunden in Anspruch nahm. Der Puls, der
vorher ausserst frequent (160 Schlage pro Minute) und
klein war, wurde noch wahrend der Infusion voll und
kraftig. Am Tage nach der Infusion antwortete der Pat.
auf diese Einverleibung von fremdartigem Blut zun&chst
mit einer hohen Fiebersteigerung bis zu 89,6°, die aber
sofort wieder zuriickging und am dritten Tag nach der
Infusion die Norm erreichte. Aus dem Zahnfleisch des
Oberkiefers trat nach der Infusion nur noch zweimal in
viel geringerem Masse eine Blutung auf, wahrend es aus
der kleinen Inzisionswunde in der Ellenbeuge, die nach
der Infusion durch vier dunne Katgutnahte und einen
kleinen Druckverband geschlossen war, Gberhaupt nicht
blutete. Der Puls blieb von da an gut. Yom fiinften
Tage an nach der Infusion versuchten wir es ausserdem
noch in dreitagigen Pausen mit Rontgenbestrahlungen, in-
dem wir die Milz und die langen Rohrenknochen je funf
Minuten wie bei der Leukamie belichteten. Seit der ersten
Rbntgenbestrahlung hat Pat. keine Blutung mehr gehabt,
sein Befinden wurde von Tag zu Tag besser, die Augen
blickten viel munterer, er antwortete auf Fragen und
unterhielt sich mit den Gbrigen Kindern. Die hochgradige
Blasse, vor allem des Gesichtes und der Lippen, machte
einem zarten Rot Platz, die Nalirungsaufnahme hob sich,
und die Untersuchung des Blutes ergab nach der dritten
Bestrahlung einen Hamoglobingehalt von 60 °/o. Die
mikroskopische Blutuntersuchung lasst aus den massenhaft-
vorliandenen kernlialtigen roten Blutkorperchen auf einen
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Blutungen — Frakturen und Luxationen.
471
m&chtigen regenerativen Prozess schliessen. Der Puls ist
voll und kraftig, und der Pat. wird in den nachsten Tagen
aus dem Krankenhaus entlassen werden. — Wenn wir
die angewandten Mittel nochmals ftberblicken, so bin ich
der Ueberzeugung, dass wir den Erfolg in der Behandlung
lediglich der intravenfisen Blutinfusion und den Rontgen-
bestrahlungen zu verdanken haben, und glaube, dass man
in jedem Falle von HSmophilie, besonders wenn es sieh
um solche schweren Formen handelt, diese Methode
wenigstens versuchen sollte.“
(Munch, med. Wochenschr. 1911 Nr. 44.)
Frakturen und Luxatiowew. Einige Bemerkungen
liber Halswirbelbriiche. Von Prof. E. Sonnenburg
(Berlin). „Ich bin bei der Lektfire des ausgezeichneten
Werkes des bekannten Strassburger Chirurgen Jules
Boeckel, das er mit seinem Sohne Andre gemeinschaft-
lich verfasst hat und in d^m die F. der HalswirbelsSule
ohne Symptome von seiten des Rfickenmarks behandelt
werden, wieder lebhaft an eine Zeit erinnert worden, wo
man diese Formen von F. noch gar nicht kannte, sie jeden-
falls stark anzweifelte. Ich habe in der Sitzung der
Berliner medizinischen Gesellschaft am 28. Januar 1889
die Aufmerksamkeit auf diese Formen von F. gelenkt,
fiber derartige Falle berichtet und ihr Yorkommen durch
ein PrSparat bestatigen kfinnen. Der Vortrag, den ich
damals hielt, war im Anschluss an einen gerichtlichen
Fall entstanden, bei dem eine derartige F. angenommen
war. Die Ansichten der Sachverstandigen fiber das Yor¬
kommen derartiger Verletzungen gingen weit auseinander,
so dass es damals zu einem non liquet kam. Einige Jahre
spater liatte ich nochmals Gelegenheit, Ffille von Hals-
wirbelbrfichen ohne medullSre Symptome vorzustellen und
zu veroffentlichen. Aber alle diese Mitteilungen wurden
damals nicht sehr beachtet, da die meisten Chirurgen immer
noch auf dem Standpunkte v er liar r ten, dass die Verletzung
des Rfickenmarks bei den F. der Wirbel, speziell der Hals-
wirbel, unbedingt eintreten mfisste und dass ohne gleich-
zeitige Lahmungserscheinungen der Halswirbelbruch nicht
vorkSme. ,Wer sich den Hals briclit, stirbt‘, das war so
die gangbare Auffassung, die bis zur Entdeckung Rontgens
auch unverandert blieb. Nun hat das Rfintgenverfahren
endlich das Yorkommen dieser F. definitiv bestatigt und
in den Anschauungen Wandel geschaffen. Heute sind
diese Formen von F. alien Aerzten bekannt, und die von
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472
Frakturen und Luxationen.
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mir damals vertretene Ansicht ist zur vollen Geltung durch-*
gedrungen. Keine Form von Wirbelbruch bleibt heutzu-
tage unerkannt; das Rontgenbild erlaubt uns, eine absolut
siehere Diagnose zu stellen.' Die Kenntnis von den Ver-
letzungen der WirbelsSule ist daher in ein ganz anderes
Stadium getreten. Auch filr die. gerichtsfirztliche Be-
urteilung und ftir die Behandlung solcher Falle im Rahmen
der Unfallgesetzgebung haben sich ganz neue Gesichts-
punkte ergeben. Hinter den sogenannten Kontusionen,
Yerstauchungen der Halswirbelsaule sind sehr oft sol die
F. verborgen. Die Literatur enthalt jetzt viele Beob-
acbtungen, in denen derartige Fehldiagnosen vorlagen.
Diese Pat. waren frfihzeitig entlassen, kamen aber immer
wieder und klagten fiber Kopfschmerzen und Schmerzen
in den Armen, wurden aber als Simulanten oder wenigstens
als Pat., die ihre Leiden fibertreiben, angesehen, bis
scliliesslich durch irgendwelchen Zwischenfall paralytisclie
Erscheinungen der Blase oder auch der Extremititten auf-
traten und nach einem verhfiltnismassig schnell erfolgten
Tode eine F. der Wirbel bei der Sektion konstatiert wurde.
Diese Falle sind auch heute noch — wenn auch besser
bekannt als frtther — fttr den SachverstSudigen vor
Gericlit schwierig zu beurteilen. Aber die vielen Gut-
achten, die ich darfiber im Laufe der Jahre in Hfinden
gehabt oder selber abgegeben habe, betonen jetzt doch
ausdrficklich, dass, wenn auch die Symptome einer Ver-
letzung der Wirbel fehlen, eine solche nicht ausgesclilossen
werden kann und dass das Rfintgenbild auf alle Falle
gemacht werden mttsste, weil es allein fiber den Zustand
Rechenschaft geben kfinnte. Ist nun eine derartige F.,
welche von seiten des Rfickenmarks keine Symptome
machte, vorhanden gewesen, so ist es ffir den Arzt schwierig,
zu bestimmen, welche Rente seinem Pat. zukommt. In
richtiger Beurteilungspaterer Folgen derartiger Verletzungen
tut der Arzt immer gut, selbst da, wo eine sorgf<ige und
richtige Behandlung stattgefunden hat, die Erwerbsffihig-
keit als noch langere Zeit vermindert anzuselien und den Pat.
nicht aus arztlicher Behandlung und Beobachtung zu lassen.
Ich habe gerade in den letzten Jahren noch zwei derartige
Falle von F. der Halswirbelkorper in Behandlung gehabt,
die durch die Radiographie festgestellt werden konnten.
Trotzdem hier von Anfang an infolge der richtigen Diagnose
eine entsprechende Behandlung, die auf Wochen sich er-
streckte, stattgefunden hatte, wurden doch noch fiber ein
dahr Klagen fiber Beschwerden aller Art geaussert, die
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Fralcturen und Luxationen.
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durcliaus nicht als simuliert oder tibertrieben angesehen
werden konnten und 1 sicher zu einem chronischen Leiden
ausgeartet waren, wenn nicht eine weitere arztliche B$-
handlung richtig eingegriffen hatte. So ist es in den
beiden Fallen gelungen, die Pat. dauernd wieder arbeits-
fabig zu machen und die ihnen zukommenden Renten all-
mahlich zu verkleinern. Auch Stem pel betont, dass Ober
ein Jahr lang Rente gezahlt werden mtisste. Es sind Falle
bekannt, wo die Rente dauernd gezahlt werden musste,
weil infolge zu frdhzeitiger Reduzierung der Rente die zu
frith aufgenommene Arbeit zu einer Verschlimmerung der
Symptome gefQhrt hatte Meines Erachtens wird die Rente
nach Heilung eines derartigen Halswirbelbruches sich
langere Zeit noch zwischen 30 und 40 % bewegen mtissen.
Noch schwieriger ist die Situation, wenn ein derartiger
Bruch verkannt wurde und erst nach einigen Monaten
mittels der Radiographie richtig diagnostiziert wird. Hier
kann es dazu kommen, dass — da gerade bei diesen ver-
kannten Halswirbelbritchen weitere Folgen sich viel mehr
bemerkbar machen als bei den richtig erkannten und sach-
gemass behandelten — der Pat. anf Schadenersatz zu
klagen sich berechtigt filhlt. Es ist daher sehr dankbar
anzuerkennen, dass in einem Werke von Jules Boeckel
gerade fiir die Unfallverletzten wie auch fiir die gericht-
lichen Falle an der Hand einer fleissigen und sorgfaltigen
Zusammenstellung der hierher gehbrigen Falle die Klinik
dieser Halswirbelsaulenbriiche ohne Rtickenmarkerschei -
nungen ausfiihrlich besprochen wird. Es sind im* ganzen
95 Falle aus der Literatur und 14 noch nicht publizierte
zusammengestellt. Vor alien Dingen ist das Studium der
21 Rontgenbilder von grosser Wichtigkeit und jedem Arzte
zu empfehlen, weil man aus diesen auch die hier in Be-
tracht kommenden Arten der F. am besten erkennen kann.
Die Ursachen der Wirbelfrakturen, besonders der Hals-
wirbelfrakturen, kbnnen direkte und indirekte sein. Die
letzteren sind aber die haufigeren; sie entstehen durch
Hyperflexion und Hyperextension der Wirbelsaule und
bilden sich mit. Vorliebe da, wo ein beweglicher Teil der
Halswirbelsaule mit einem unbeweglichen zusammentrifft.
Die isolierte F. des Kbrpers ist die haufigste, diejenige,
die sich bei meinen Beobachtungen am meisten vorfand.
Unter 37 Fallen, die z. B. Boeckel in seinem Werke
zusammengestellt, sind 26 isolierte F. der Korper auf-
gefOhrt. Durch den Umstand, dass in einer grossen An-
zahl von Fallen ein Fragment des verletzten Halswirbel-
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Frakturen und Luxationen.
korpers nach dem Pharynx zu vorzuspringen pflegt, kann
man es vom Munde aus fuhlen; unter bestimmten Yer-
haltnisfeen (Lange des Halses) kOnnen diese Yorsprunge
sogar bis an die Grenze des 5. Halswirbels geflihlt werden
(Sonnenburg, Chipault). Wahrend man also frGher
als unbedingt notwendige Begleiterscheinung der Hals-
wirbelbrflche das Vorhandensein von Lahmungen und
anderen Rhckenmarksymptomen und infolge davon auch
mit Sicherheit den Tod erwartete, haben zahlreiche Be-
obachtungen, besonders seit dei* Anwendung des ROntgen-
verfahrens, uns gezeigt, dass BrQche der Halswirbelsaule
ohne jede Beteiligung des RGckenmarks vorkommen kOnnen
und dass man diese BrOche richtig erkennen und auch
heilen kann. Interessant ist es auch, dass durch den mit
der F. gleichzeitig entstehenden Bluterguss Kompressionen
des Riickenmarks auftreten kOnnen, die vorObergehende
Lahmungen hervorrufen; gerade auf diese habe ich schon
damals aufmerksam gemacht, und dieselben sind seitdem
bei Halswirbelbriichen oft beobachtet worden. 'Vt'er sich
fur diese Falle interessiert, wird in dem trefflichen Buche
von Boeckel Gelegenheit genug linden, sich naliere
Kenntnisse zu holen. Mir hat das Buch Veranlassung
gegeben, an fruhere Zeiten und Anschauungen micli zu
erinnern und diese wenigen Bemerkiingen im Anschluss
an das Studium des Werkes zu verOffentlichen, weil es
mir eine gewisse Genugtuung ist, die damals unter
schwierigen Umstanden vertretene Ansicht liber diese Art
von Bruchen jetzt als eine unumstossliche Wahrheit an-
erkannt ZU sehen. u (Berliner klin. Wocbenschrift 1912 Nr. 8 .1
— Luxation der Halswirbels&nle. Yon Stabsarzt Dr. Rommel.
(Aus der II. Medizin. Klinik der Charite in Berlin.) Am
21. Oktober 1911 fiel Pat. von einem Wagen (ca. 1 m hoch)
riicklings herab, wobei er mit dem Hinterkopf auf den
Boden schlug. Er zog sich eine leicht blutende "Wunde
am Hinterkopf zu und verspiirte sofort Schmerzen im
Nacken und in den Schulterblattern, konnte aber ohne
Beschwerden allein nach Hause gehen. Dann aber musste
er sich wegen „grosser Schwache im ganzen Kbrper“ zu
Bett legen. Das Gehen sowie Bewegungen der Arme
fielen ihm schwer. In beiden Handen verspiirte er Kribbeln
und Ameisenlaufen. Am 8. November wurde er wegen
Verdachtes einer traumatischen Hysterie der Klinik ilber-
wiesen. Die subjektiven Beschwerden bestanden bei der
Aufnahme in Schmerzen in Nacken und Scliultern sowie
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.Frakturon und Luxationen.
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Kraftlosigkeit und Parasthesie der Hande. Kopf wird
vielleicht etwas vornfiber geneigt getragen. Am Hinter-
kopf sind keine Residuen einer Wunde mehr zu finden.
Die Halswirbels&ule ist ungefahr in der Hohe des 4. bis
6. Dorns klopfempfindlich. Bei Betastung der Dome kommt
man ungefahr in Hohe des 4.— 5. Dorns auf eine Unter-
brechung (Grube), auf welche ein stark prominenter
Dorn, der anscheinend als 6. anzusprechen ist, folgt. Die
Beugung der Halswirbels&ule nach vorn ist nur wenig
beschrSnkt, nach hinten nahezu vfillig aufgehoben und
schmerzhaft. Rotation des Kopfes gut ausfiihrbar, seitliche
Beugung (Abduktion) der Halswirbelsaule beschrankt. Die
Palpation der Halswirbel vom Pharynx aus ergibt, soweit
dies ausftihrbar, nichts Abnormes. An den Organen der
Brust- und Bauchhfihle finden sich keine Abweichungen
von der Regel. Die Arme konnen im Stehen nur etwas
fiber die Horizontale gehoben werden. Samtliche Bewe-
gungen der oberen Gliedmassen sind im fibrigen gut aus-
ffihrbar, aber in ihrer groben Kraft stark herabgesetzt
(Parese). Fingermuskulatur frei, aber auch in alien Kraft-
ausserungen stark vermindert. Handedruck, dynamometrisch
gemessen, rechts und links = 0. Geringer Tremor manuurn.
Untere Gliedmassen in bezug auf Motilitat und Kraft intakt.
Im Bereich des fibrigen Nervensystems war noch bemer-
kenswert: auffallend weite, aber gut reagierende Pupillen.
Lidflattern. Lebhafte Arm- und Kniesehnenreflexe. Ivein
Babinski. Beiderseits deutlicher Fussklonus. Vasomotorische
Erregbarkeit in Form von Schwitzen der Hande und
starkem Nachroten der Haut des Rumpfes bei Streichen.
Die Sensibilitat war am ganzen Korper intakt. Es wurde
tiberall Spitz und Stumpf, Warm und Kalt sowie feine
Berfihrung richtig angegeben. Schmerzempfindung unge-
stort. Blasen- und Mastdarmfunktion in Ordnung. Eine
Lumbalpunktion ergab eine unter geringem Druck stehende
klare, kein Blut oder sonstige pathologische Elemente ent-
haltendd Flfissigkeit. Die Atmung war nicht behindert
und von hauptsachlich thorakalem Typus. Elektrische
Erregbarkeit der Schulter- und Armmuskulatur normal. —
Man hatte es also mit einem Pat. zfi tun, der 18 Tage
vor seiner Aufnahme in die Klinik aus massiger Hohe auf
den Nacken gefallen war und ausser lokalen Schmerzen
zunachst keine besonderen Beschwerden hatte. Erst zu
Hause setzte „eine grosse Schwache im ganzen Korper“
ein. Dann fallen Bewegungen aller Extremitaten schwer,
und in den Armen stellt sich Parasthesie ein. In der
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476
Frakturen and Luxationen.
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Klinik findet man nur noch Symptome einer motorischen
Parese beider Arme bei intakten unteren Gliedmassen.
Sensibilitats- sowie Blasen- und Mastdarmstorungen fehlen.
Die Atmung (Nervus phrenicus) ist frei. An der Hals-
wirbelsaule ist ein bestimmter palpatorischer Befund zu
erheben. Der Kopf nimmt eine leichte Zwangsstellung ein.
Alles dies bereehtigte, von der Annahme einer einfachen
traumatischen Hysterie abzusehen und vielmehr eine gleich-
milssige Kompression des Halsmarkes und seiner Wurzeln
in Hohe des 5.—7. Halssegments anzunehmen. Als Ur-
sache konnte eine Verletzung der Halswirbelsaule (Frak-
tur, Luxation) mit oder ohne Blutung in Betracht kommen.
Hauptsachlich wies neben den nervbsen Symptomen der
palpatorische Nackenbefund und die Zwangsstellung des
Kopfes auf eine Wirbelverletzung hin. Eine Blutung
starkeren Grades konnte beim Fehlen charakteristischer
Symptome und bei dem schon lange^ zurtlckliegenden Un¬
fall jetzt keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Es hatte
daher die Annahme einer Luxation oder Fraktur eines
Halswirbels — in letzterem Falle gleiehmiissige Kom¬
pression des Halsmarkes durch ein Knochenfragment —
die grbsste Wahrscheinlichkeit ftir sich. Eine daraufhin
vorgenommene seitliehe Aufnahme der HalswirbelsSule
mit Rontgenstrahlen ergab eine symmetrische Beugungs-
luxation des 5. Halswirbels. Man sieht die Diastase
zwischen 5. und 6. Dorn, die bei der Palpation als Grube
imponierte, und den nach vorn gerutschten 5. Halswirbel,
der mit den vier oberen Wirbeln in Kontakt geblieben
ist. Eine sogenannte Yerhakung der Gelenkforts&tze hat
nicht stattgefunden. Auf der Rbntgenplatte sind keine
Anhaltspunkte fur gleichzeitige Knochenabsprengungen
starkeren Grades zu finden. In den chirurgischen Lehr-
buchem wird die Luxation zwischen 5. und 6. Halswirbel
als die hSufigste unter den Halswirbeln angesprochen.
Der Pat. wurde nach gestellter Diagnose der chirurgischen
Klinik der Charite Qberwiesen. Von einer Reposition
der nicht mehr frischen Luxation in Narkose wurde
hier Abstand genommen, da man bei Lbsung schon ein-
getretener Yerwachsung eventuell schwere Schadigungen
des Halsmarkes ftirchten musste. Dagegen kam Pat. mit
gutem Erfolg l&ngere Zeit in das Streckbett. Die Parese
der Arme und die Pariisthesien gingen sichtlich zurflck.
Eine Reposition des Wirbels wurde allerdings nicht erzielt.
Bei der Entlassung erhielt Pat. noch einen festen Gips-
kragen mit, mit der Weisung, sich in einigen Wochen wieder
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Frakturen und Luxationen — Furunkel — Morbilli.
477
vorzustellen. Am 24. Januar 1912 erschien Pat. wieder
zur Kontrolle. Er hat nach Aussage sich dauernd wolil
gefiihlt und ohne Beschwerden seinen Beruf austiben
kbnnen. Das einzige, was ihm noch auffiel, war ein un-
bedeutendes Kribbeln an der Yolarseite der Fingerspitzen
beider Hande, der Gipskragen konnte entfernt werden.
Der palpatorische Nackenbefund war der gleiche; aucb
im ROntgenbild hatte sich nichts geandert. Die grobe
Kraft beider Arme und HSnde war eine rqpht gute. Hande-
druck dynamometrisch rechts 75, links 70. Die lebhaften
Extremitatenreflexe waren noch vorhanden. Sensibilit&t
tlberall v&llig intakt; auch an den Fingerspitzen. Bei
Prtifung des Fussklonus war ein soloher nur noch ange-
deutet und zeigte schnelle Erschbpfung. — Der Fall ist
noch dadurch bemerkenswert, dass bei nicht erfolgter Re¬
position der Luxation das funktionelle Resultat ein gutes
geworden ist. (Berliner klin. Wochenschrift 1912 Nr. 10.)
Furunkel. Zur Behandlung des Gesichtsfnrunkels kann
Dr. Stroll (MQnchen) folgende Salbe empfehlen:
Rp. Acid, salicylic. 2,0
Mellis crud. 20,0
Extract, arnic. flor. 10,0
Farin. tritic. qu. s. ut ft unguent.
Diese Salbe wird, aufBorlint gestrichen, aufgelegt; daruber
ein grosser Bauschen Brunsscher Watte. Alle 24 Stunden
muss diese erneuert werden; dabei erfolgt die Reinigung
mit Watte, befeuchtet mit Karbolwasser, wie auch mit
Watte hierauf wieder abgetrocknet werden muss. Jedes
Ausdriicken des Furunkels ist absolut zu unterlassen.
Schliesslich geschieht die Zuheilung mit Borsalbe.'
(Munch, med. Wochenschrift 1912 Nr. 12.)
Morbilli. M. Feibelmann, Ein Masernrheumatoid im
S Anglings alter. (Aus dem Gisela-Kinderspital Mtinchen.)
Bei einem 6 monatigen Kinde rbteten sich zahlreiche Gelenke
und schwollen an. Um was bandelte es sich? Syphilis,
Tuberkulose, Gonorrhoe usw. waren auszuschliessen; ein
Fall von' Masernrheumatoid im Sauglingsalter ist bisher
nicht bekannt. Auch der echte akute Gelenkrheumatismus
gehbrt im Sauglingsalter zu den allergrbssten Seltenheiten,
ja, es wird in der Regel tiberhaupt bestritten oder bezweifelt,
dass er bei Sauglingen vorkommt. Schlossmann hat im
Jahre 1903 die hierhergehorigen Beobachtungen aus der
Literatur zusammengestellt, und aus seinen Mitteilungen
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478
MorbillS — Neuralgien.
ergibt sich, wie wenig Sicheres hiertlber bekannt ist; seine
eigenen Fftlle betreffen Kinder des zweiten Lebensjahres.
F. trftgt um so mehr Bedenken, den Fall als echten Ge-
lenkrheumatismus aufzufassen, da auch der klinische Ver-
lauf keineswegs dem typischen Bilde des kindlichen Ge-
lenkrheumatismus entsprach. Nach Ibrahim ist speziell
charakteristisch fflr den akuten Gelenkrheumatismus im
Kindesalter der in der Regel mildere und kOrzere Verlauf
der eigentlichen Polyarthritis, w&hrend eine Beteiligung
und eine nachhaltige Sch&digung des Herzens noch hfiufiger
ist als bei Erwachsenen. Bei obigem Fall blieb das Herz
unbeteiligt, wahrend die lokalen entztlndlichen Symptome
an den Gelenken sehr intensiv ausgepr> waren; dazu
kommt noch, dass ein sprungweises Wandem des Prozesses
von einem Gelenk zum anderen ebensowenig beobachtet
wurde wie eine ausgepragte Heilwirkung des Salizyls auf
die Gelenkerscheinungen. Nur das Fieber wurde durch
das Aspirin gGnstig beeinflusst, die Gelenk ver&nderungen
bildeten sich erst innerhalb 8 Tagen zurftck. So ko'mmt
T. zum Schluss, der an und ftir sich bei dem Verlauf der
ganzen Erkrankung sich dem Beobachter aufdrSngte, dass
ein atiologischer Zusammenhang zwischen den multiplen
Gelenkerkrankungen und den fQnf Tage zuvor ausge-
brochenen Masern best'ehen musste, dass also ein echtes
Masernrheumatoid vorlag.
(Munch. med. Woohemchrift 1912 Nr. 29.)
Neuralgien. Behandlung der Neuralgien. Von Priv.-Doz.
Dr. Rob. Bing (Basel):
1. Allgemeines. Bei jeder frischen Neuralgie von nam-
hafter Intensitat ist korperliche Ruhe ein dringendes Er-
fordernis. Fflr Trigeminus- oder Interkostalneuralgien ge-
nQgt in der Regel Zimmerarrest (wobei Besuche usw. tun-
lichst fernzuhalten sind), bei Ischias soli sofort auf Bettruhe
gedrungen werden. Dabei wird das schmerzende Bein sorg-
faltig in eine solche Stellung gebracht, die den kranken
Nerven mbglichst entspannt (Rolle aus Tafelwatte unter
die Kniekehle! Festhalten der Extremit&t in mittlerer Ab-
ductionsstellung durch Sands&ckchen!); es empfiehlt sich
auch manchmal (bei Ischias varicosa z. B.), das Fussende
des Bettes zu erhbhen. — Kausale Behandlung (Eisen,
Chinin, Quecksilber, Jodkali usw.) darf nicht vernach-
l&ssigt werden. Arsenkur bei alien senilen Formen zu
versuchen. Kostwechsel (ovolakto-vegetarische DiSt) kann
von Nutzen sein.
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Neuralgien.
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2. Antineuralgica. Bei Ischias versuche man stets
zuerst das Natrium salicylicum, das eine entschieden
energisehere Wirkung entfaltet, als das Aspirin, beziehungs-
weise Acidum acetylosalicylicum. Letzteres ist nur bei sehr
empfindlichem Magen vorzuziehen. Keine zu angstliche Do-
sierung! Urn Magenbeschwerden zu vermeiden, kann man
eine Losung von 2—3 g Natr. bicarbon, nachtrinken lassen.
Rp.: Natrii salicyl. 20,0
Sir. cort. aurant. 40,0
Aq. menth. pip. ad 300,0.
MDS. Vier-, sp&ter drei- und zweimal t8glich v l E^gloffel
(=1,0 Natr. salic.) in 1 i 2 Glas Wasser nach dem Essen.
Die sonstigen Antineuralgica kbnnen nicht alle hier
angeftibrt werden; im allgemeinen bevorzuge ich das Pyr-
amidon (0,3 bis 0,5 pro dosi) und die phenacetin- und
lactopheninhaltigen „Mischpulver“, z. B.:
Rp. Aspirin. Rp. Acetanilidi 0,2
Lactophenin. aa 0,5 Phenacetin 0,1
Coffe'in. citric. 0,1. Chinin. valerian. 0,05.
Rp. Exalgin. 0,1 Rp. Phenacetini 0,6
Coffeini citric. 0,05 Acetanilidi 0,3 ,
Phenacetin. 0,2 Codeini 0,04.
Antipyrini 0,4.
Speziell fiir Trigeminus- und Okzipitalneuralgien ge-
eignet: Migraenin (Antipyrin, coffe'inocitric.) a 1,0 pro dosi;
das Butylchloral oder dessen Additionsprodukt mit Pyr-
amidon, das Trigemin (muss vollkommen weiss aussehen!)
a 0,5 pro dosi, das Atropin oder das Methylatropin (Atro-
pinum methylobromatum), ersteres zu 0,0005, letzteres zu
0,002pro dosi; dieTincturaGelsemii(Einzeldose20Tropfen).
Aconitin ist ebenfalls ein oft sehr wirksames Mittel gegen
Prosopalgie, namentlich wenn man es l&ngere Zeit unter
gleichzeitiger Verabreichung eines salinischen Abffthrmittels
nehmen ltisst. Einzeldose 0,0001 (‘bo mg) unter Verwen-
dung eines zuverlassigen Prliparats (Aconitin. ex aconito
feroci Merck, granules d’aconitine cristallisee Clin).
Hypnotisch-antalgetische Kombinationen:
Rp. Pyramidon. 0,3 Rp. Kali bromati 10,0
Veronal. 0,5 Chloral, hydrati 5,0
Antipyrini 3,0
Rp. Lactophenin. Codeini phosph. 0,4
Trional. aa 0,5. Aq.menth. pip. ad 150,0.
MDS. Abends 1 EsslOlfelz.n.
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Neuralgien.
3. Thermotherapie . Je nach der Legalisation des Pro-
zesses, seiner Ausdelinung, dem Allgemeinzustande des
Pat. usw.: Biersche K&sten, Phenix a air chaud (Dia-
phorese!), feuchtwarme Umschlage, Leinsamenkataplasmen,
Thermophorkompressen, elektrische Lichtbader, Heissluft-
duschen, Dampfduschen, Fangopackungen, heisse Bader usw.
Kalte wird im allgemeinen nur bei frischen Fallen von
Trigeminusneuralgie wohltatig empfunden und vermag da
vielleicht auch kurativ zu wirken (grosse individuelle Ver-
schiedenheiten! Ausprobieren!).
a 4. Revulsiva. Die Durchfrierung der Haut an den
Valleixschen Druckpunkten mittels Chlorathylsprays kann
bei alien Neuralgieformen mit deutlicher lokalisierter Druck-
empfindlichkeit versucht werden (in der Nahe der Augen
grosse Yorsicht am Platze! Man decke sie sorgfaltigst mit
Watte zu!). Um nicht zirkumskripte Hautnekrosen zu
riskieren, durchfriere man nur wenige Sekunden lang; der
Eingriff wird erst wiederholt, wenn die Rotung, die zu-
weilen an der chlorathylisierten Partie langere Zeit be-
steht, wieder dem normalen Aussehen Platz gemacht hat.
Far Rumpf- und Extremitatenneuralgien geeignet: Em-
. plastrum oxycroceum, Emplastrum mediolanense (=Empl.
cantharidat. perpet. = „Mouches de Milan“), Jodanstrich,
trockene Schr5pfk5pfe, Senfpapier, die verschiedenen per-
forierten Kapsizinpflaster, Bftrstenfaradisation, Pointes de
feu usw. (Doch hate man sich davor, durch zu energische
Revulsion die Haut fur spatere EJektrotherapie ungeeignet
zu machen!)
Lok'ale Blutentziehung: Blutige Schropf kbpfe, Blutegel.
5. Galvanotherapie. Stabile AnodenbehaAdlung der
Druckpunkte (talergrosse Elektrode, 3 — 5 MA bei vor-
sichtigem Ein- und Ausschleichen, 3—5 Minuten lang).
Bei inveterierten Neuralgien kann dann die „DurchstrOmung“
des kranken Nerven angeschlossen werden, 5—10 Minuten
lang, 5 MA, Ein- und Ausschleichen, Stromrichtung gleich-
gaitig.
6. Massage und Mechanotlierapie. Bei frischen Fallen,
abgesehen von ganz leichter Vibrierung der Druckpunkte,
zu unterlassen. In alteren Fallen: Petrissage der erkrankten
Region und sorgfaltig ausgefahrte Vibrationsmassage des
Nervenstamms. — Far Ischias ist ferner die „unblutige
Dehnung“ des Nerven sehr empfehlenswert: Man erhebt
das im Knie gestreckte Bein des liegenden Pat. bis zum
Eintreten eines leichten Schmerzes von der Unterlage auf
und halt es 2—3 Minuten in dieser Lage fest; zum Schlusse
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Neuralgien.
dehnt man noch etwas starker und legt das Bein wieder
vorsichtig hin. Oft nimmt dabei von einem Male zum
andern die schmerzlose Exkursionsfahigkeit des Beins zu.
7) lnjektionsthcrapie.
a) Langesche Methode. Beim Trigeminus werden an den
Valleixschen Punkten des kranken Astes einige Kubikr
zentimeter einer der folgenden Losungen (oder aucb blosser
physiologischerKochsalzlbsung ohneAnastheticum) injiziert:
Rp. Euca'ini 0,1 Rp. Stovaini 0,1—0,2
Sol. Natrii chlorati Sol. Adrenalini (l°/oo)
(8°/«o) ad 100,0. gtts. V—X
Sol. Natrii chlorati
(8°/oo) ad 100,0
Beim Ischiadicus werden grossere Mengen (70—100 ccm)
injiziert: Schleichsche Quaddel in der Mitte der Verbin-
dungslinie zwisclien Trochanter major und Tuber ischii;
vorsichtiges Eindringen mit 10 cm langer Kaniile bis zum
Nerven (bei Beruhrung desselben Schmerz und Zusammen-
ziehen im Beine!); dann Injektion mittels Spritze oder
Irrigators; aseptische Kautelen!
b) Neurolytische lnjektionen. Cave; Deren Anwendung
bei gemischten Nerven, z. B. dem Ischiadicus (Lahmungen!),
sowie deren Vornahme im Canalis supraorbitalis (bei
eventueller Kommunikation mit der Orbita Schadigung
des Sehnerven!!). — Aether, Karbolsaure, Argentum
nitricum, Chloroform usw. usw. sind heute mit recht ver-
lassen zugunsten der l°/oigen Ueberosmiumsaurelosung,
sowie des 80°/oigen Alkohols mit Zusatz eines Anastheti-
cums („Schlossersche lnjektionen"). • Empfehlenswerte
Vorschriften:
Rp. Alcohol. (80°/o) 20 ccm Rp. Alcohol. (80°/o) 20 ccm
Stovaini 0,2. Menthol 0,4
Novoca'ini 0,2.
Bei Trigeminusasten injiziert man 1—1 Va ccm mdg-
lichst in den Nerven oder mindestens in seine nachste
Nahe. Die Methoden, ihn an der Schadelbasis aufzusuchen
(vom Mund aus nach Ostwald, von der Wange aus nach
Levy-Baudouin), sind nur bei spezialistispher Schulung
^ausfhhrbar. Bei jeder Injektion differenter Losung tiber-
zeuge man sich durch vorheriges Einstechen der blossen
KanQle und Ansaugeh, dass in kein Gefass gespritzt wird!
8. Chirurgische Therapie. Neurektomie bei schweren
Okzipital- und Spermatikusneuralgien, Radicotomia poste¬
rior (Durehtrennung hinterer Rtickenmarkswurzeln) bei
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JJeuralgien — Paralysen.
schwerer Interkostalneuralgie, NeurexSrese (Nervenaus-
drehung nach Thiersch-Witzel) bei schwerer Neuralgia
trigemini. Wo der neuralgische Reiz im intrakranialen
Trigeminus seinen Sitz hat, bleibt als Ultimum refugiom
die Krausesche Operation (Exstirpation des Gasserschen
Ganglions).
* 9. Balneotherapie fur Rekonvaleszenten. Einfache oder
kohlensaure Solbader; indifferente, Kochsalz- oder Schwefel-
thermen; Schlamm-, Fango- und Moorbader.
(Meduin. Klinik 1913 Nr. 13.)
Paralysen. Zur Frage der Vermeidung von F. nach der
Esmarch’schen Blntleere. Von Oberarzt Dr. C. Lauen-
stein (Hamburg). Auf dem Chirurgenkongress 1905 hat
Verf. ein einfaches Verfahren angegeben und praktisch
vorgefOhrt, das sich ihm sicher bewahrt hat, um Lahmun-
gen nach der Anwendung der Esmarch’schen Blutleere
am Oberarm zu verhindern. Es besteht darin, dass man
vor der Konstriktion an die Stelle der Arteria brachialis,
in ihrer LSngsrichtung, unter die elastische Binde eine fest
aufgerollte Binde einschaltet. Diese Bindenrolle gleicht
der Pelotte an dem alten Tourniquet, ist aber wesentlich
wirksamer. Sie schrfinkt den Druck der elastischen Binde
auf die Gegend des Verlaufes der Arterie und verhindert
die unnStige gleichm&ssige Einschntirung der abrigenWeich-
teile, insbesondere der Nerven. Die von Gocht empfoh-
lenen Factiskissen, so zweckmSssig das Material an sich
auch ist zur Polsterung f(ir orthopfidische Zwecke, halt
Verf. deshalb nicht far so brauchbar als Unterlage der
elastischen Binde, wie eine fest aufgerollte Binde, weil diese
sich noch mehr auf den Verlauf der Arterie beschrankt,
auf die ja der Druck in erster Linie wirken soil.
(Zentralblatt f. Ohimrgie 1912 Nr. 21.)
— TJeber postdiphtherische F. Von Dr. E. Dr an sfeld (Hannover).
Verf. ist zu folgender Ueberzeugung gelangt:
1. Die beste Behandlung postdiphtherischer Lfihmun-
gen besteht in Einspritzung von Heilserum, je schwerer
die Lahmung, um so hOher sei die Anzahl der I.-E., eine
schadliche Wirkung ist nicht zu erwarten, und
2. diphtherische L&hmungen lassen sich mit Wahr-
scheinlichkeit vermeiden, wenn frahzeitig genhgend I.-E.
zur Einwirkung kommen.
(Miincb. med. Wochensohrift 1912 Nr. 25.)
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.Rheumatismen.
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Rheumatismen. Ueber phenyldimethylpyrazolonamido-
methansulfonsaures Natrium, ein nenes Antipyreticum
and Spezifikam gegen den akaten Gelenkrb eamatismns.
Von Priv.-Doz. Dr. Loening (Innere Abteil. der Diakon.-
Anst. zu Halle). In dem Bestreben, den guten thera-
peutischen Kern des Antipyrins zu verwerten und ein
Praparat zu finden, welches die Wirkungen des Antipyrins
zeigt ohne dessen Nebenwirkungen zu besitzen, haben die
Farbwerke vorm. Meister Lucius & Bruning, Hochst a. M.,
eine Anzahl Abkommlinge des Antipyrins hergestellt, von
denen ein methansulfonsaures Salz eines dieser Antipyrin-
derivate ganz besondere Eigenschaften in therapeutischer
Beziehung zeigte, die Verf. veranlassten, dasselbe in weit-
gehendstem Masse anzuwenden und seine Wirkung klinisch
zu beobachten. Wahrend das Antipyrin folgende Kon-
stitutionsformel hat
c«h 6
I
N
/\ = Phenyldimethylpyrazolon
CO N • CH 3
I I
CH = C • $H 3
hat das in Frage stehende Salz die Konstitutionsformel
c 6 h 5
N
/\
CO N • CH S
I I
c = c . ch 3 +h 2 o
I
NH • CH 2 0 • S0 2 Na
= phenyldimethylpyrazolonamidomethan-
sulfonsaures Natrium.
Es ist also in diesem Praparat, wie man sieht, der
Antipyrinkern vollstandig erhalten geblieben und nur an
Stelle des einen verfttgbaren Wasserstoffatoms im Pyrazolon-
ring amidomethansulfonsaures Natrium getreten. Das Pra¬
parat, welches als feines Pulver auskristallisiert, lost sich
in Wasser im Verhaltnis 1:1, in warmem Wasser noch
leichter; in Methylalkohol im Verhaltnis 1:10. In alien
anderen gebrauchlichen Losungsmitteln ist es fast unloslich.
Das neue Mittel wird in Ktirze unter einer gesch&tzten
Handelsmarke von den Farbwerken vorm. Meister Lucius
& Briining, Hochst a. M. in den Handel gebracht werden.
Nachdem die neue Verbindung in Tierversuchen in den
pharmakologischen Instituten zu Freiburg (durch Prof.
Straub) und in dem Breslauer Institut (durch Prof. Biber-
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Rheumatismen.
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feld) geprfift worden war und Giftwirkungen nicht be-
obachtet wurdee, konnte an eine klinische Prufung desselben
gegangen werden. Das Mittel, welches Yerf. als Antipy-
retikum (iberlassen worden war, priifte er zuerst auf seine
Wirksamkeit in dieser Hinsicht. Er konnte feststellen,
dass es in Dosen von 0,5 bis 1,0 g gut wirkte und die
Temperatur auf mehrere Stunden um ein bis zwei, oft auch
drei Grad herabsetzte. Man erzielt damit in den meisten
Fallen eine gute und milde Entfieberung, deren Starke
sich allerdings nach der Art der Erkrankung verschieden
verhalt. Wir kennen aber auch bei anderen Antipyretika
eine verschiedene Wirksamkeit den verschiedenen Infektionen
gegeniiber.. Die Wirksamkeit eines Fiebermittels ist nicht
allein abhangig von derTemperaturhohe oder derTemperatur-
phase (ansteigende oder absteigende Kurve), sie ist ferner
nicht allein von der Individualitat des Pat. abhangig, sondem
vor allem in ganz ausgesprochenem Masse auch von der
Art der Infektion. • So zeigte auch das Prliparat in den
verschiedenen Krankheiten, in denen wir es als Antipy-
retikum verwandten, eine verschieden Starke Wirksamkeit.
Besonders beim Typhus, der allerdings auch sonst der
Antipyrese leichter als apdere fieberhafte Krankheiten zu-
ganglich ist, erwies sich das Pr¶t wirksam. Die Wirk¬
samkeit war mit der eines abkiihlenden Bades oder mit
der des Pyramidons zu vergleichen. Ebenso wirkt es vor-
ztiglicb fieberherabsetzend beim akuten Gelenkrheumatismus.
Merkwtirdig gut reagierten einige Pneumoniker auf das
Pr¶t; ja Yerf. hat einige Falle beobachtet, wo nicht
nur die Temperatur prompt herabsank, sondem auch die
iibrigen Krankheitserscheinungen zurtickgingen, so dass er
versucht war, an eine spezifisch ahnliche Wirkung zu denken.
Bedeutungsvoll waren die beim akuten Gelenkrheumatismus
gemachten Beobachtungen. Es zeigte sich, dass in alien
Fallen von Polyarthritis acuta mit Ausnahme des Rheuma¬
tism us gonorrhoicus die Wirkung eklatant war, so dass
Verf. im letzten halben Jahr Salizylpraparate beim akuten
Gelenkrheumatismus tiberhaupt nicht mehr angewandt hat.
Unter den beobachteten Fallen befindet sich auch eine
Polyarthritis scarlatinosa, die sehr gut reagierte. Die Wir¬
kung auf die Temperatur zeigte sich besonders deutlich
in den Fallen 13, 23, 24, 29, 34, 35 und 42, die Tem¬
peratur sank in alien diesen Fallen schon im Laufe des
2. resp. 3. Tages zur Norm herab, in anderen Fallen hielt
sich die Temperatur noch einige Tage in massiger HOhe
(bis 38°), um am 4. und 5. Tage herunterzusinken. Der
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Rteumatismen. 485
Fall der Temperatur geschah ohne unangenehmen, plotz-
lichen Schweissausbruch, im Gegenteil setzte bei der Wir-
kung ein allmahliches Schwitzen ein. Die Haut wurde
langsam ahgefeuchtet, Schweissperlen traten in geringem
Grade auf, und das angenehme Gefiihl, welches die Pat.
durch diese Art der Entfieberung empfanden, bestand in
dem wesentlich freieren Sensorium. Einen scliroffen Wieder-
anstieg der Temperatur, insbesondere einen Schfittelfrost,
hat Verf. nicht beobachtet.. Gleichzeitig mit der Wirkung
auf das Fieber trat auch der deutliche Einfluss des Pra-
parates auf die Gelenkschwellungen und die BeweglichkeiK
zutage. Oft im Laufe von wenigen Stunden waren die
Gelenkschwellungen zuriickgegangen, die Schmerzhaftigkeit,
die teilweise vorher mit Kodein unterdriic^t werden musste,
vollig geschwunden und die Beweglichkeit freier, so dass
man oft den Patienten davon abhalten musste, seine Gelenke
wieder zu viel zu gebrauchen. Freilich dauerte die Wir¬
kung, wenn das Praparat in den ersten Tagen zu friih
ausgesetzt wurde, nicht immer an. Es zeigten sich ofters
geringe Nachschiibe, indem die Gelenke, sei es beim vblligen
Aussetzen des Pr¶tes, sei es wahrend der Nacht, wieder
empfindlich und weniger beweglich wurden. Diese Er-
scheinungen verschwanden vollstandig bei Weitergabe des
Praparates nach 4—5 Tagen, wo mit der Entfieberung
die Gelenke wieder gebrauchsfahig waren. Doch wurde
darauf gehalten, dass die Patienten nicht leichtsinnig den
Erfolg aufs Spiel setzten. Yerf. liess sie deshalb noch
8 Tage nach der volligen Entfieberung unter Weitergabe
von 1 — 3 g des Praparates im Bett liegen, eventuell mit
Watteverbanden. Auch Bewegungen der Hande liess er
in stfirkerem Masse vermeiden. Verf. kommt zu folgenden
Schliissen:
1. Das Praparat ist ein Antipyretikum, welches in
Dosen von 0,5—1,0 g wirksam ist und noch in Dosen
von 8 g taglich (4mal 2 g tfiglich) ohne irgendwelche
Nebenerscheinungen vertragen wird. Bei Kindern und in
der ambulanten Behandlung sind die Dosen, bis weitere
Beobachtungen vorliegen, etwas kleiner (bis zu 5 g) zu
nehmen. Die Wirkung des Praparates ist besonders bei
geschwachten Patienten zu kontrollieren, ehe man zu den
hohen Dosen iibergeht. Intoxikationsersclieinungen, wie
sie beim Antipyrin beobachtet werden, kamen in keinem
Falle zur Beobachtung.
2. Das Praparat wirkt auf den akuten Gelenkrheuma-
tismus spezifisch, wie das Salizyl, wenn es 3—4mal tag-
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486
Rheumatismeu.
lich in Dosen von 1 — 2 g gegeben wird. Ein Eintiuss
auf das Herz liess sich nicht konstatieren, insbesondere
war keine Pulsbeschleunigung zu bemerken. Auch bei
Endokarditis kann das Mittel verabreicht werden.
3. Eine unangenehme Schweissekretion wurde nicht
beobachtet, dieselbe war in alien’Fallen bedeutend geringer,
als sie bei Salizyldarreichung gewesen ware.
4. Das Praparat wirkte ferner giinstig bei clmmischem
Gelenkrheumatismus, bei Myositis und bei schwerer Ischias.
5. Rezidive kommen in einzelnen Fallen von akutem
Gelenkrheumatismus vor, jedoch sind sie, soweit dies sich
bis jetzt beurteilen lasst, seltener als beim Natrium sali-
cylicum. Wenn die gewiinschte Wirkung eingetreten ist,
ist es beim schweren Gelenkrheumatismus notig, noch 8 bis
10 Tage den Pat. im Bett zu halten und kleine Dosen
des Mittels weiter zu verabfolgen (3mal 1 g), und auch
nach dieser Zeit Vorsicht walten zu lassen. Die Behand-
lungsdauer erschien uns in alien Fallen ktirzer als bei
entsprechender Salizyltherapie.
(Milnch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 9—11.)
Phenyldimethylpyrazolonamidomethansnlfonsaures IT atrium
wurde auch, wie Dr. M. Krabbel mitteilt, im St. Johannes-
Hospital in Bonn versucht. Yerf. hat Gelegenheit gehabt,
das Praparat 844 in den letzten Wochen bei einer ganzen
Anzahl von rheumatischen und andern Erkrankungen an-
zuwenden, und hat durchweg so gute Resultate gesehen,
dass er sich berechtigt glaubt, auf das Mittel aufmerksam
zu machen, um eine weitere klinische DurchprOfung an-
zuregen. Die Anwendungsweise des Mittels ist die iibliche;
es wird in Pulver- und Tablettenform hergestellt; es l5st
sich in Wasser im Verhaltnis von 1:1, ist geschmacklos
und wurde von den Pat. gem genommen. Das Anwen-
dungsgebiet waren vor allem rheum atische Erkrankungen:
Polyarthritis rheumatica acuta, subacuta und chronica;
Muskelrheumatismen (Lumbago usw.); ferner Influenza
und influenzaartige Erkrankungen; Verf. hat das Praparat
auch bei hochfiebernden Phthisen und auch in einem Falle
von Pneumonie gegeben. Bei akutem Gelenkrheumatismus
erwies sich das Mittel als den Salizylpraparaten gleieh-
wertig; der Fieberabfall erfolgte schnell, ohne dabei profuse,
lastige SchweissausbrOche zu veranlassen; die Schwellung
und vor allem die Schmerzhaftigkeit der erkrankten Gelenke
schwanden in kurzer Zeit. Die Dosis muss nach indivi-
duellen Gesichtspunkten bemessen werden; Yerf. hat bis
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Rheumatismen.
487
zu 8 g p. d. gegeben. (In diesem Fall, der durch eine
Endokarditis kompliziert war, trat allerdings am sechsten
Behandlungstag ein dem Antipyrinexanthem durchaus
ahnliches Arzneiexanthem auf; nach zwei Tagen war der
Ausschlag wieder vollstandig abgeblasst; sonstige Schadi-
gungen wurden nicht beobachtet.) Sehr Gutes sah Verf.
in einem Falle von Polyarthr. rheum, recidiv. Es handelte
sich um einen j ungen Menschen, der einen ausserordentlich
hartnackigen Gelenkrheumatismus durchgemacht hatte; trotz
Salicylbehandlung, spater intravenSsen Kollargolinjektionen
trat erst nach mehrwochiger Krankheitsdauer Entfieberung
und Nachlassen der Schmerzen ein; nach einer kurzen Zeit
volligen Wohlbefindens setzten plotzlich wieder Schmerzen
in den Handgelenken mit leichter Temperatursteigerung (38°)
ein; aufVerabreichung von PrSparat 844, 4g p.d., schwanden
Schmerzen und Fieber in zwei Tagen; neue Attacken sind
nicht mehr aufgetreten. Das Mittel wurde bei einer ganzen
Reihe von chronischen und subakuten Muskelrheumatismen
angewandt, durchweg mit zufriedenstellendem Erfolge; die
Pat. erhielten neben den Oblichen physikalischen Mass-
nahmen (Bader, Heissluftbehandlung, Einreibungen) 4 bis
6 g 844 p. d. und man hatte den Eindruck, dass die Be-
handlungsdauer dadurch abgektirzt wurde. Die wechselnde
Witterung der Frtihjahrsmonate bot reichlich Gelegenheit,
das PrSparat bei rheumatoiden und katarrhalischen Influenza-
formen anzuwenden; immer war das Resultat: baldige, das
subjektive Befinden nicht beeintrSchtigende Entfieberung,
schnelles Abklingen der entziindlichen Erscheinungen, vor
allem rasches Nachlassen der Schmerzen. Heftige Tem-
peratursturze oder spfiteres plotzliches Ansteigen der Korper-
wSrme mit SchtittelfrOsten usw. hat Verf. nicht beobachten
konnen. Jahen Abfall der Temperatur sah er in zwei
Fallen von fortgeschrittener Phthisis pulmonum. In einem
Falle trat nach Verabreichung von 1 g (!) ein Temperatur-
abfall von 2 0 ein, im andern Falle bei 2 g ebenfalls ein
Sturz der KQrperwarme um 2°. In beiden Fallen wurde
aber dadurch das subjektive Befinden der Kranken absolut
nicht ungiinstig beeinflusst; es trat im Gegenteil eine auf-
fallige Euphorie ein, die Kbrperwarme hielt sich dann eine
Zeitlang in normalen Grenzen und stieg erst allmahlich
wieder zu der frtiheren Hbhe an. Wie schon oben gesagt,
hat Verf. das Praparat auch bei einem Falle von Pneumonia
crouposa gegeben; durch Verabreichung von taglich 1 g
erzielte er zwei Tage lang ein Absinken der Temperatur
um 1 0 ohne Schweissausbruch und eine bemerkenswerte
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Rheumatismen. ■
Besserung des subjektiven Befindens; das Eintreten der
Krisis am vierten Behandlungstage machte eine weitere
Anwenduog des Mittels iiberflussig. Irgendwelche Schad-
lichkeiten sind wahrend der Beobachtungsdailer an dem
Praparate nicht aufgefallen; vor allem hat Verf. keine
Einwirkungen auf den Zirkulationsapparat (auch nicht in
Fallen, die mit Endokarditis kompliziert waren) oder auf
die Yerdauungsorgane gesehen. GestOtzt auf die dargelegten
Beobachtungen, koinmt Verf. zu dem Schlusse, dass das
Praparat 844 ein Antipyreticum darstellt, das nach dem
jetzigen Stande unserer Arzneikunde hdchstgesteigerte
Wirksamkeit .mit nahezu ganz vermiedener Intoxikations-
moglichkeit verbindet. Das Mittel verdient in der Reihe
unserer Gelenkrheumatismus-Specifica und Antineuralgica
einen hervorragenden Platz. (Medizin. Kiinik ma Nr. 16.)
— Ueber das neue Praparat, das jetzt Melubrin genannt wird,
schreibt ferner Dr. R. Riedel (Krankenhaus Charlotten-
burg-Westend): „Wjr haben es in Dosen von 1,0 g 3 bis
4mal taglich gegeben, und zwar anfangs nur so lange,
bis der Effekt, Entfieberung, Schmerzlosigkeit, Abschwel-
lung der Gelenke, erreicht war. Da jedoch bei vorzeitigem
Aussetzen des Praparats in melireren Fallen Rezidive auf-
traten, gaben wir es spater noch 5 — 7, Tage nach dem
gewftnschten Erfolge weiter; die Rezidive blieben dann in
der Regel aus. . Zun&chst die Wirkung als Antipyretikum:
Wir hatten Gelegenheit, das Praparat bei fieberhafter
Bronchitis, Influenza, Pneumonie, Pleuritis (dabei einmal
auf tuberkulbser Grundlage), Perikarditis und Endokarditis
zu geben, und zwar bei all diesen Fallen mit promptem
Erfolge. Die Wirkung war eine angenehme insofern, als
die Temperatur nicht jah abfiel, sondern langsam inner-
halb 6—8 Stunden zur Norm zuriickkehrte. Wurde das
Praparat nur einmal gegeben, dann stieg die Temperatur
wieder langsam in die Hohe, gaben wir es in den oben
angegebenen Dosen einige Tage hindurch, so blieb die
Temperatur in der Regel afebril. Bei der tuberkulosen
Pleuritis gelang es uns allerdings nur, die Temperatur von
39,5° auf 38° herunterzudriicken ohne stSrenden Schweiss-
ausbruch. Jedoch auch damit war schon dem Pat., der
vorher trotz Pyramidon, Aspirin und Antipyrin dauernd
gefiebert hatte, ein Dienst erwiesen, den er sehr angenehm
empfand. Sehr bemerkenswert war die Wirkung bei einer
schweren verrukosen* Endokarditis mit Milzinfarkten nach
Polyarthritis rheumatica. Auch hier sank die Temperatur,
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Rheumatiamen.
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die vorher mit abendlichen Remissionen bis 40 ° gestiegen
war, sofort zur Norm, um bei Weitergabe des Praparats
auch tief zu bleiben. Gleichzeitig fiihlte sich der Pat.
subjektiv wohler, seine Beschwerden, die ihm das Herz
verursachte, besserten sich so, dass Pat. direkt nach dem
Praparat verlangte. Objektiv war mit Ausnahme der
Temperaturerniedrigung in den beiden letztgenannten Fallen
kein Erfolg zu konstatieren, wohl aber hatte es bei Bron¬
chitis, Influenza, Pneumonie, Pleuritis nach Pneumonie
den Anschein, als ob solche Falle einen leichteren Verlauf
nahmen und schnellere Tendenz zur Heilung hatten. Als
Analgetikum und Antipyretikum wandten wir das Praparat
bei Polyarthritis rheumatica acuta an, und zwar mit recht
gutem Erfolge. Nach 2—4 Tagen ging die Temperatur
auch bei schweren Polyarthritiden herunter. Gleichen
Schritt damit hielt die Abnahme der Schwellungen und
der Schmerzen. Gaben wir, wie schon oben erwahnt, nach
Beseitigflng alley Krankheitserscheinungen das Praparat
noch mehrere Tage hindurch weiter, so fehlten auch die
Rezidive. Dabei hatten wir den Eindruck, dass man durch
eine Kombination von Melubrin (1,0) und Acid, acetylo-
salicyl. (0,5) mehr leistet als mit jedem der beiden Mittel
allein. Diese Kombination scheint vor alien Dingen die
arthritischen Beschwerden noch schneller zu beseitigen.
Auch bei chronischen Arthritiden hatten wir Gelegenheit,
das Praparat anzuwenden, hier mit dem Erfolge, dass die
Temperatur, soweit sie vorhanden war, herunterging und
die Schmerzen nachliessen. Die Schwellungen und die
Beweglichkeit der Gelenke blieben in solchen Fallen un-
beeinflusst. Erwahnenswert ist noch ein Fall von Tuber-
kulose des linken Fussgelenks mit starker Schwellung und
Schmerzhaftigkeit. Die Pat. erhielt im ganzen 52 g
Melubrin in 18 Tagen. Es trat eine Linderung der
Schmerzen ein, wahrend objektiv kein Erfolg festzuhalten
war, wohl aber ging ein interkurrenter Erguss im linken
Kniegelenk unter der Melubrinbehandlung prompt zuriick.
Schadliche Nebenwirkungen, wie wir sie zuweilen bei den
Antipyrin- oder Salizylpraparaten sehen, Kollapserschei-
nungen, Exantheme, Nierenreizungen konnten bei Melubrin
nicht beobachtet werden. Wohl sahen wir in einem Falle
bei sehr schwerer Endokarditis wahrend der Yerabreichung
des Praparats Eiweiss im Ham auflreten, diese Erschei-
nung wurde jedoch von uns als Stauung in den Nieren
gedeutet, zumal noch andere Zeichen der Stauung in der-
selben Zeit auftraten. Bei fiinf anderen Fallen, die schon
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Rheumatismen — Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
vorher Eiweiss im Urin hatten, wurde eine nachteilige
Wirkung nicht beobachtet. Bei samtlichen ftbrigen Fallen
waren, wie schon erwahnt, trotz genauer regelmassiger
Kontrolle des Harns auf Eiweiss und Formbestandteile
Nierenschadigungen nicht nachzuweisen. “
(Therapie der Gegenwart, Mai 1912.)
Schwangerachaft, Geburt, Wochenbett. Pituitrin
in der Geburtshilfe. Yon Dr. E. Hirsch (Hebammen-
schule Strassburg). Das Resultat der Beobachtungen kann
in folgenden Satzen zusammengefasst werden.-
Mit Pituitrin allein den Abortus oder die ktinstliche
FrQhgeburt einzuleiten ist nicht moglich, es ist kein direkt
Wehen anregendes Mittel. Es kann jedoch die durch
Metreuryse oder Zervixtamponade angeregten Wehen in
ausgezeichneter Weise verstfirken. 1st die Geburt bereits
im Gange (Eroffnungsperiode), dann vermag es, in den
meisten Fallen wenigstens, sistierende Wehen wieder an-
zuregen oder zu schwache Wehen zu verstarken und zu
verlangern, um dann in der Austreibungsperiode seine
grosste Wirksamkeit zu entfalten. Die Anwendung des
Pituitrins empfiehlt sich vor der Sectio caesarea wegen
seiner gtinstigen Wirkung auf die Kontraktionsfahigkeit
der Uterusmuskulatur. F&r die Nachgeburtsperiode be-
sitzen wir im Sekakornin ein verlassliches und dem Pitui¬
trin liberlegenes Mittel. (Mtinoh. med. Woohen.chrift 1912 Nr. 18.)
— Erfahrangen mit Pitaglandol. Yon P. Schafer. Aus der
Universitats-Frauenklinik der Kgl. Charite Berlin. Die in
letzter Zeit aus verschiedenen Kliniken veroffentlichten
Erfolge mit Pituitrin konnte Verf. bestatigen. An Stelle des
Pituitrins wurde auch das Pituglandol „Roche“ versucht,
ein sterilesExtrakt aus deminfundibularenTeilderGlandula
pituitaria (Hypophyse), von dem 1 ccm 0,1 g frischen
infundibularen Teil enthalt. Verf. hat das Praparat bei
24 Kreissenden verwendet. Nach seinen Erfahrungen steht
es dem Pituitrin an Wirkung in keiner Weise nach. „Wenn
wir die Wirkung des Pituglandol auf die Mutter im all-
gemeinen betrachten, so finden wir in den Fallen, in denen
darauf geachtet wurde, eine deutliche, mehr oder minder
erhebliche Pulsverlangsamung, die kurze Zeit nach der
Injektion auftritt und sich im Laufe der Geburt oder kurz
danach wieder ausgleicht. Der Blutdruck wurde nicht
bestimmt; doch ist schon langer bekannt, dass die Hypo-
physenextrakte bei intaktem Herzen Steigerung des Blut-
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett. 491
druckes zur Folge haben. Die Nachgeburtsperioden zeig-
ten keine Abweichung von den ublichen. Die Temperaiur
der Mutter blieb stets unbeinflusst. Ueble Nebenwirkungen
auf die Mutter habe ich nicht beobachtet. Bemei’ken muss
ich aber, dass die Injektionen, auch wenn die Kantile vor-
her mit Kochsalzlbsung durchgespritzt ist, als brennender
Schmerz empfunden wurden, der jedoch schon nach kurzer
Zeit wieder verschwindet. Die Injektion wurde nur sub-
kutan gemacht und das Augenmerk besonders darauf ge-
richtet, dass nach Einstechen der Naflel kein Blut aus der
Kantile tropfte, dass also die Injektion nicht intravenbs
gegeben werden konnte. Ich glaube namlich, dass die
von anderer Seite beobachteten Kollapse nach Injektion
von Hypophysenextrakt damit zusammenhangen konnen,
dass durch eine beabsichtigte oder unbeabsichtigte intra-
venbse Injektion das Mittel zu rasch in den Kreislauf ge-
bracht ■wurde. Die Wochenbetten der mit Pituglandol be-
handelten Frauen verliefen samtlich normal. Niemals wurde
von Frauen tiber erhebliche Nachwehen, wie wir das nach
SekaleprtLparaten bisweilen sehen, geklagt. Auch sonst
wurden keine Stbrungen im Wochenbett, die man auf die
Injektion schieben kbnnte, beobachtet. Wenn auch teil-
weise hochgradige Pulsverlangsamungen der Mutter be¬
obachtet wurden, so wurden die kindlichen HerztOne durch
das Mittel nicht beeinflusst. Eine gleichzeitige Verlang-
samung der kindlichen Herztone als Folge der Injektion
trat niemals in Erscheinung. Es kann zwar vorkommen,
dass durch die gesteigerte Wehentatigkeit, durch die kurzen
Wehenpausen, die Blutzufuhr zum Kinde verringert wird,
und dass das Kind mit Abgang von Mekonium und
Schlechterwerden der Herztone reagiert, wie wir es in Fall
Nr. 19 beobachtet haben. Eine wirkliche Schadigung der
Kinder aber wurde niemals beobachtet. Mit Ausnahme
von Fall Nr. 2 wurden samtliche nicht mazerierten Kinder
lebend und lebensfrisch geboren. In diesem Fall ist der
Tod des Kindes nicht auf das Mittel zuriickzufuhren. Aus
unseren Fallen sehen wir, dass durch Injektion von Pitu¬
glandol die Wehentatigkeit angeregt, bei Wehenschwache
der Uterus zu neuen Wehen gebracht werden kann. Bei
jungen Graviditaten (Fall 8 und 9) wirkt das Mittel ebenso-
wenig wie das Pituitrin. Bei abgestorbener Frucht gelang
es einmal (Fall 12) den Uterus durch die Injektion zur
ergiebigen Wehentatigkeit anzuregen, so dass nach zwblf
Stunden der mazerierte Fotus ausgestossen wurde. In
Fall 13 brauchte ich 5 ccm Pituglandol, um den Partus
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Schwangerechaft, Geburt, Wochenbett.
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in Gang zu bringen. Wenn tiberbaupt noch keine Wehe
vorausgegangen ist, gelingt es zeitweise nicht, den Uteras
zu einer geregelten Wehentatigkeit zu bringen. Nach der
Injektion treten zwar Kontraktionen des Uterus auf, die
jedoch nach kurzer Zeit an Wirkung verlieren, allmahlich
schwacher werden und schliesslich verschwinden. Auch
durch wiederholte Injektionen gelingt es dann nicht, eine
geregelte Wehentatigkeit hervorzurufen (Fall 14). Am
physiologischen Ende der Schwangerschaft ist die Wirkung
ebenfalls zweifelhaft. Besser liegen die Yerhaltnisse dann,
wenn die Wehen schon angefangen haben, wenn sie aber
nur schwach sind und in langen Zwischenraumen kommen
oder aber wenn nach vorausgegangenen Wehen die Geburt
wahrend der Eroffnungsperiode wieder stillsteht. Dann
gelingt es fast in alien Fallen durch eine einmalige In¬
jektion die Wehen zu bessern und die Geburt rasch zu
Ende zu fiihren. Einzelne Falle, bei denen wir das Mittel
anwendeten, gaben zwar keinen Erfolg. Ich glaube aber,
dass man durch wiederholte Gaben, vor denen wir uns
anfangs scheuten, ein Erfolg noch hatte erzielt werden
konnen. Spater, als wir die fliichtige Wirkung des Pitu-
glandols und seine Ungefahrlichkeit auch bei wiederholten
Injektionen erkannt hatten, versagte uns das Mittel nur
noch in einem Fall. Man ist also, wenn man durch eine
Injektion eine kraftige Wehentatigkeit hervorgerufen hat,
haufig gezwungen, wenn entsprechend der bestehenden ge-
ringeren Erregbarkeit die Wehen wieder aufhoren, eine neue
Injektion zu machen. Yor allem wird das dann eintreten,
wenn durch die erste Injektion der Muttermund erweitert
ist und dann, wie man es auch sonst haufig erlebt, die
Wehen danach fiir langere Zeit aussetzen. Es gelingt
dann durch eine erneute Injektion in ganz kurzer Zeit,
die Austreibungsperiode zu Ende zu bringen. Eine kumu-
lierende Wirkung haben wir nicht beobachten konnen.
Nach anderen experimentellen Arbeiten scheint sie auch
bei Hypophysenextrakten nicht einzutreten. Ganz besonders
' giinstig wirkt das Pituglandol bei Wehenschwfiche in der
Austreibungsperiode. Schon kurz nach der Injektion traten
stets sehr kraftige Wehei^ auf, wie ich es zweimal beob-
achtete, eine Dauerkontraktion mit grosser Schmerzhaftig-
keit (Fall 18 und 22). Dann lfiuft die Wehentatigkeit in
physiologischer Weise ab, nur werden die Wehen langer,
die Wehenpausen kurzer. Es scheint auch so, als wenn
die Schmerzhaftigkeit der Wehen an Intensitat zunimmt.
Fast in alien meinen Fallen fiel mir auf, dass von den
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett.
Pat. die Wehen nach der Injektion als viel schmerzhafter
geschildert warden, als die Wehen yorher. Ich kann mir
denken, dass vor allem bei sensiblen Frauen die Wehen
mit solcher Kraft einsetzen kbnnen, dass man zu Morphin-
gaben greifen muss, um den uberm&ssigen Schmerz zu
dampfen. Yon anderer Seite wurde empfohlen, Hypo-
physenextrakt vor J£aiserschnitten zu geben, um durch die
Injektion vor einer atonischen Nachbhitung geschiitzt zu
werden. Nach Fall Nr. 4 kann ich mich mit dieser Therapie
nicht befreunden. Wollen und khnnen wir doch durch die
Injektion des Pituglandols keine Dauerkontraktionen des
Uterus, wie wir sie in der Nachgeburtsperiode brauchen,
hervorrufen. Gerade Fall 4 zeigt, dass subkutane Injek-
tionen von Pituglandol bei einem zur Atonie neigenden
Uterus diese nicht verhiiten kann, und dass femer eine
Injektion von Pituglandol nach Entleerung des Uterus
entweder zu sp&t zur Wirkung kommt oder iiberhaupt
nicht wirkt. In solchen Fallen wird man wohl am besten,
wie man es schon bislang getan hat, nach Entleerung des
Uterusinhaltes mit PrSparaten des Mutterkornes eine Dauer-
kontraktion zu bewerkstelligen suchen, ein Mittel, das diese
Eigenschaft nachgewiesenermassen hat. Nach unseren Er-
fahrungen sind weder Pituitrin noch Pituglandol zur Ein-
leitung von Abort und Friihgeburt brauchbar. Bei Wehen-
schw&che" in der ErSffnungsperiode miissen haufig wieder-
liolte Dosen gegeben werden, bis die erwartete Wirkung
eintritt. Besonders zu empfehlen ist das Pituglandol bei
Wehenschwache in der Austreibungsperiode, wo der Erfolg
stets ein gl&nzender war.“
(Miinch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 2.)
— Zur Behandlung der Eklampgie schreibt Hofrat Dr. Y oil and
in Davos-Dorf: „W. Zangemeister hat in einem Vor-
trag, den er auf der Naturf. Vers. 1911 gehalten hat,
und der in der Deutsch. Medizin. Wochenschr. Nr. 41, 1911
abgedruckt ist, bei drei an schwerster puerperaler E. post
partum Leidenden die Trepanation gemacht und dabei ge-
funden, dass bei alien eine Starke Druckerhbhung im
Schadel bestand, die sichtlich durch ein hochgradiges
Oedem des Gehirns bedingt war. Alle drei waren in
hoffnungslosem Zustand, aber zwei wurden wieder gesund,
nachdem sich massenhaft Serum aus der Trepanations-
wunde ergossen hatte. Als ich das las, ging mir ein Licht
auf fiber folgenden Fall, der mich immer beschaftigt hat,
so oft mir etwas fiber die Behandlung der E. vor Augen
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Schwangerschal't, Geburt, Wochenbett.
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kam. Nie fand ich aber etwas darunter von der Beband-
lupg, unter der die damalige Pat. mit dem Leben davon
kam. Leider ist es der einzige Fall von E. geblieben,
der mir vorgekommen ist, so dass ich das damalige Ver-
fahren nicht selbst nachpriifen konnte. Er liegt nun schon
25 Jahre zurtick. Ein Landwirt hier fand eines Morgens
seine Frau, die den Tag vorher noch vollstandig wohl
gewesen war, tot neben sich im Bett. Die Sektion ergab
ein ausgetragenes Kind im Uterus, sonst keine Ver-
anderungen, die einen so plbtzlichen Tod hatten erklaren
konnen. Die Schadelhbhle wurde nicht ge5ffnet. Die
Verlegenheitsdiagnose den Angehbrigen gegenuber war
also Herzschlag. Der Mann heiratete dann wieder, und
die zweite Frau erkrankte am Ende der ersten Schwanger-
schaft an schwerer E. Die heftigsten Krampfe, vdllige
Bewusstlosigkeit, keine Wehen, keine Erbffnung des Mutter-
mundes. Was tun? An gewaltsame Entbindung war
nicht zu denken. Um sie unter Chloroform zu halten,
hatte ich Tag und Nacht dabei sitzen mtissen, auch gait
das nur als ein Palliativmittel gegen die Krampfe, gegen
den schlimmen Ausgang sollte es auch nur selten etwas
ausrichten. Man hatte damals die Ansicht, dass die E.
auf Uramie beruhen kbnnte, und so glaubte ich, dass
durch ein energisches Schwitzmittel der uberreichlich vor-
handene Harnstoff aus dem Blut entfernt werden kbnnte.
Als das kraftigste Diaphoretikum war damals das noch
ziemlich neue salizylsaure Natron bekannt. Da der
Kranken durch den Mund nichts beizubringen war, wurden
ihr 5 Gramm Natr. salicyl. auf einmal mit Klystier bei-
gebracht. Es dauerte gar nicht lange, da kam es zu
einem kolossalen Schweissausbruch, wie ich ihn noch nie
gesehen hatte, und wie er mir auch bis heute nicht wieder
vorgekommen ist. Die Frau triefte fbrmlich, und Bett
und Matratze wurden vbllig durchnasst. Zugleich aber
horten die Krampfe ganzlich auf und die Kranke lag zwar
vollkommen bewusstlos, aber ruhig atmend in ihrem
Schweisse da. Nun stellten sich allmahlich Wehen ein,
und am Nachmittag des folgenden Tages konnte ich die
Zange anlegen. Wahrend der Operation war die Frau
noch vbllig bewusstlos und zeigte nicht die geringste
Schmerzreaktion. Erst nach der Entfernung der Nach-
geburt kam sie wieder zu sich. Sie geriet aber alsbald
in einen hochgradig aufgeregten Zustand, der als richtiger
maniakalischer, mitldeenflucht und unaufhbrlichem Sprechen
vier Tage lang anhielt, bis die letzte Spur von Salizyl-
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Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett — Syphilis.
495
saure-Reaktion aus dem Urin verschwunden war. Von
da an war sie normal und ist es auch gebliebep. Sie lebt
heute noch, und der damalige Neugeborene kann nun bald
selbst heiraten, wenn er es nicht schon getan hat. Durch
die wertvolle Mitteilung Zangemeisters ist mir dieser
Fall nun erst verstandlich geworden; Wenn die E. durch
Hirnbdem entsteht, so ist es begreiflicb, dass man auch
dabei, wie auch bei alien anderen Oedemen, die sich
irgendwo im Kftrper gebildet haben, mit der Erregung
starker Schweisse etwas erreichen kann. Es ist kein
Grund zu der Annahme vorhanden, dass es mit dem
Hirnodem eine andere Bewandnis habe. Ehe man also
sich mit den Narkotizis aufhalt oder sich zur gewaltsamen
Entbindung entschliesst, an die sich manchmal sogar die
Entfernung des Uterus anschliessen soil, ehe man zur
Dekapsulation der Nieren schreitet, da dtirfte doch zu-
nachst ein Versuch mit dem salizylsauren Natron an-
gebracht sein. Der ist nicht eingreifend, und es kann
danach hbchstens eine vortibergehende Salizylsaurepsy chose
entstehen. Es ist sehr wohl anzunehmen, dass der Tod
der ersten Frau auf einen oder mehrere heftige eklamp-
tische Krampfanf&Ue zurQckzufQhren ist. Ich bedauere
sehr, dass ich nicht wenigstens mit einem halben Dutzend
derartiger gliicklich verlaufener Falle aufwarten kann.
Aber man kann manchmal doch schon aus einem einzigen
Falle etwas lernen.“ (Ther*p. Monatahefte, Mai 1912.)
Syphilis. Ueber Gelenkerkranknngen bei erworbener S.
Von Priv.-Doz. Dr. Fr. Behring. (Aus der Universitats-
klinik far Hautkrankheiten in Kiel.) Bei der erworbenen
Syphilis kommen Gelenkerkrankungen vor, die weder der
FrQh- noch der Spatsyphilis zuzurechnen sind. In einzelnen
Fallen treten die Erscheinungen akut auf, in der Mehrzahl
ist der Verlauf chronisch; es bilden sich im Verlauf von
Wochen unter nur geringen subjektiven Beschwerden
Schwellungen der Gelenke aus. Wahrscheinlich hat die
Gelenklues ihren primaren Sitz in der Gelenkkapsel. Die
Diagnose ist nicht immer leicht. Wird sie frOhzeitig ge-
stellt, so ist die Prognose ghnstig. Unbehandelte Falle
enden schliesslich mit schweren Gelenkstorungen.
(Deutsche med. Wooheuschrift 1912 Nr. 9.)
— Klinische Erfahrnngen mit Neosalvarsan veroffentlicht
Dr. A. Stuhmer (Krankenhaus Magdeburg-Sudenburg)
und kommt zu folgenden Schlbssen:
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496
Syphilis.
1. Das Pr¶t ist Susserst leicht lbslich, die Her-
stellung der Losung daher wesentlich vereinfacht.
2. Der Fortfall der Natronlauge schaltet eine ganze
Reihe Gefahren aus.
3. Das Neosalvarsan wird in den vom Altsalvarsan
her bekannten Dosen besser vertragen, DarmstOrungen und
Kollapse fehlen fast ganz.
4. Das Mittel l&sst eine Steigerung der Dosen auf das
Doppelte der friiher gebr&uchlichen Salvarsanmengen zu.
(Die dabei etwas haufiger beobachteten Arzneiexantheme
verliefen durchweg obne dauernde Schadigung.)
5. Die Wirksamkeit des Mittels'beim Menschen komrat
der des Altsalvarsans mindestens gleich, im Tierversuch
ist sie gesteigert.
6. Die intramuskulare Injektion scheint wesentlich
geringere lokale Reizerscheinungen zu machen und die
Resorption ganz erheblioh schneller vor sich zu gehen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1912 Nr. 21.)
— Einstweilige Erfahrungen fiber Neosalvarsan publiziert ferner
Dr. Bernheim (Breslau, Dermatolog. Klinik) und schliesst
aus ihnen: 1. Das Neosalvarsan scheint als Heilmittel in
entsprechender Dosis dem Altsalvarsan gleichwertig zu
sein. 2. Die leichte Loslichkeit, der Fortfall der Alkalisierung
sowie des Kochsalzzusatzes erleichtern die Anwendung des
Prftparates. 3. Bei zweckm&ssig gewahlter Dosierung und
Yermeidung der Kumulierung ist die Infusion ftkr den
Kranken ohne Gefahr. Die von Schreiber empfohlene
Methode, viermal alle zwei Tage je eine Infusion zu
machen, scheint bedenklich. Es werden grbssere Intervalle
zwischen die Injektionen einzuschieben sein.
Wir sehen auf Grund unserer bisherigen klinisclien
Beobachtung in dem Neosalvarsan eine Verbesserung des
alten Medikaments und gedenken es unter Einhaltung
grbsserer Intervalle zwischen den einzelnen Infusfonen und
unter Kombination mitHg-Praparaten (Asurol, 01. cinereum)
weiterhin analog dem Altsalvarsan klinisch zu erproben.
(Deutsche med. WochenBchrift 1918 Nr. 22.)
— Eine Salvarsanreaktion an den Z&hnen. Yon Dr. F. Zimmern.
(Aus der dermatologischen Klinik des stadtischen Kranken*
hauses Frankfurt a. M.) Neisser erw&hnt als Kuriosum,
dass manche Pat. nach einer Salvarsaninjektion Starke
Schmerzen an den Z&hnen empfinden. E. Hoffmann hat
diese Erscheinung bestatigen kbnnen. Verf. konnte diese
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Syphilis.
497
Salvarsanreakfion an den Zahnen schon seit langerer Zeit
beobachten und feststellen, dass sie meist bei Pat. auftritt,
die eine mehr oder minder starke Stomatitis haben. Es
bandelt sicb haufig um Prostituierte, die viel karibse Zahne
haben, und bei denen trotz sorgfaltiger Mundpflege oft
schon nach geringen Dosen Hg eine Stomatitis auftritt.
Die Schmerzen treten ganz plbtzlich auf, oft schon, wenn
die Pat. eben erst den Operationstisch verlassen haben.
In manchen Fallen treten sie schon wahrend der Injektion
in Erscheinung. Der Schmerz wird teils an einzelne
Stellen lokalisiert, einerlei ob hier besonders starke
stomatitische Veranderungen vorhanden sind oder nicht,
und wird teils als ein Bohren und Ziehen, als bin Brennen
angegeben, das von einem zum anderen Kieferwinkel fort-
schreitet, um dann plbtzlich auf den anderen Kieferwinkel
iiberzuspringen. Die Schmerzen klingen meist in 1—2Stunden
vollig ab. Verf. glaubt diese Erscheinung vielleicht auf
einen plotzlichen .Zerfall von Zahn- und Mundspirochaten
und Freiwerden von Toxinen unter dem spirilloziden Ein-
fluss des Salvarsans zurflckf&hren zu dflrfen. Da bei
einer Stomatitis diesen Lebewesen ein sehr gQnstiger Nahr-
boden geboten wird, erklart es sich auch, dass er eine
derartige Reaktion niemals bei Lueefallen, die rein mit
Salvarsan behandelt waren, gesehen hat. Eine verminderte
Beweglichkeit der Zahnspirochaten im Dunkelfeld nach
einer Injektion hat Yerf. nicht feststellen kbnnen.
(Berliner klin. Wochenachrift 1912 Nr. 23.)
— Merjodin bei der Heilung von S. Yon Dr. A. Erdos (Nagy-
varad). Die Anfangsdosis des Merjodins ist gewbhnlich
taglich dreimal je eine Tablette, die gut zerschnitten ge-
schluckt wird. In schweren Fallen kann jedoch gleich
rpit taglich 4—5 Tabletten begonnen werden. In mittel-
schweren Fallen kann nach ein paar Tagen — voraus-
gesetzt, der Pat. vertragt das Merjodin gut — die Dosis
sogar auf taglich dreimal drei Tabletten erhdht werden,
die der Pat. nach jeder Mahlzeit nimmt. Sollten unan-
genehme Begleiterscheinungen (Durchfall und Darmreiz)
auftreten, so hOrt man ein paar Tage auf. Dieser letztere
Fall kommt jedoch bei Individuen von normaler Konstitution
nicht vor. Selbstverstandlich ist, wie bei jeder anderen
Kur, so auch bei der Merjodinkur die sorgfaltigste Mund-
toilette notwendig.
Verf. kommt zu folgenden SchlGssen:
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Syphilis.
1. Das Merjodin ist ein verl&ssliclies Antisyphiliticum,
auf dessen unfehlbare Wirkung sowohl bei sekundarer als
tertiarer Lues gerechnet werden kann.
2. Bei metasyphilitischen Symptomen, bei der Syphilis
des Nervensystems oder dort, wo eine recht energische
Quecksilberkur notwendig wird, ist es besser, die Anwendung
des Merjodins auch mit anderen Mitteln oder Kuren zu
kombinieren, wenngleich nicht geleugnet werden kann, dass
in mdnchen Fallen das Merjodin auch alfein jeder Erwar-
tung entspricht.
3. Sowohl der Magen als auch der Darm vertragen
das Merjodin sehr gut. Es schadet der Verdauung nicht,
. sondern ist vielmehr durch seine milde, abfiihrende Wir¬
kung von giinstigem Einfluss auf die Funktion der Ver-
dauungsorgane.
4. Der Gebrauch des Merjodins ist (lberaus einfach,
beqnem und gerade deshalb f(ir den Kranken angenehm.
Da es auch nicht so umstandlich ist wie die Inunktion,
wird das Einnehmen recht selten verskumt, wahrend die
Inunktion im Gegenteil infolge Zeitmangels oder Bequem-
lichkeit sehr oft vernachlassigt wird. Schon dieser Um-
stand allein macht die Anwendung von Merjodin erapfehlens-
wert.
5. Im Anfangsstadium so wie bei der chronischen,
intermittierenden Behandlung tut das Merjodin denselben
Dienst wie die Inunktion oder Injektion.
6. Die durchschnittliche Merjodinkur dauert 4 bis
6 Wochen, wahrend welcherZeit der Pat. 120—l50Tabletten
verzehrt.
7. Das Merjodin ist infolge seiner Billigkeit geeignet,
auch bei den Krankenkassen weiteste Verbreitung zu finden.
Die tagliche Merjodinkur kostet den privaten Pat. 20 bis
40 Heller, und es ist wahrscheinlich, dass dieser Preis
fQr die Krankenkassen sogar noch reduziert wird.
Auf Grund des Gesagten kSnnen wir im Merjodin
nur einen grossen Gewinn ftir unseren Medikamentenschatz
erblicken und hoffen, dass es recht bald einen Platz unter
den popularsten Antisyphilitica einnehmen wird.
(Deutsche med. Wochensohrift lyii Nr. 18 .i
—• Tardive syphilitisohe erosive Papeln an den Genitalien
eines Weibes fast 24 Jahre nach der Infektion. Von
Dr. med. Ludwig Nielsen (Friedrichsberg-Hospital,
Kopenhagen). Marie F., jetzt 42 Jabre alt, mit einem
Arbeiter verheiratet, wurde im Februar 1888 im Vestre-
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Syphilis
499
Hospital wegen des ersten Ausbruches von Syphilis mit
30 Schraierkuren A 5 Gramm behandelt. Laut Mitteilung
aus diesem Hospital geht hervor, dass die Symptome,
welche drei Monate frtiher angefangen hatten, folgende
waren: Oedema durum labii maj. sin., Papulae mucosae
labb. maj. et min. et femorum, Adenitis universalis,
Syphilides papulatae et annulatae, Prodromata. — Pat.
hat spater keinen Ausbruch bemerkt, ist auch nicht be¬
handelt worden. Verheiratet seit elf Jahren, niemals Partus,
aber dreimal Abortus, das erstemal vor ungefahr elf Jahren,
spater zweimal in den folgenden sechs Jahren. Ende
August dieses Jahres (1911) kam Pat. wegen einer Ge-
nitalaffektion, die sich 14 Tage frtiher gezeigt hatte.
Es fand sich auf dem linken Lab. maj. nach oben und
auf dem rechten Lab. maj. in der Mitte eine ungefahr
erbsengrosse, flache, leicht hyperSmische und erodierte
Papel, die in alien Beziehungen den Charakter der ge-
wbhnlichen sekundaren syphilitischen Papeln darbot. In
der rechten Leiste eine kleine, erbsengrosse, indolente Drttse,
eine ahnliche in der Regio submandibularis und eine etwas
grbssere in der linken AchselhQhle. Uebrigens fand sich
kein anderes Zeichen von Syphilis, weder an der Haut,
noch an den Schleimhiiuten, kein Leukoderma, wie auch
die ilbrige Organuntersuchung negativ war. Urin ohne
Eiweiss. Abgesehen von etwas Mtidigkeit war Pat. sonst
vollkommen gesund. Im Abschabsel aus den Papeln
wurden zahlreiche Spiroch. pall, nachgewiesen, und die
Wassermann-Reaktion war stark positiv. Durch Ein-
l’eibungskuren mit Ung. hydrargyri und Kalomelpuder ver-
schwanden die Papeln schnell. Der Gatte der Pat., welcher
frtiher venerische Krankheiten verneinte, gab an, vor un¬
gefahr einem Jahre wegen eines Genitalgeschwiires, welches
nicht von generellen Symptomen gefolgt wurde, lokal be¬
handelt zu sein (verneint Coit. extramatrimon.). Die
Wassermann-Reaktion soil ungefahr zehn Wochen
spater und wiederum drei Monate spater negatives Resultat
gegeben haben. Bei einer Untersuchung Ende August d. J.
in der Poliklinik fand sich nur eine unbedeutende, nicht
infiltrierte, oberflachliche Narbe am Praputium, keine her-
vortretenden Driisenschwellungen und im ganzen kein
Zeichen von Syphilis. Wassermann —. Es lasst sich
also hier dokumentieren, dass Pat. wirklich zu Ende 1887
Syphilis erworben hat, und fast 24 Jahre spater werden
erodierte syphilitische Papeln an den Genitalien von dem
ganz gewbhnlichen sekundaren Typus mit Spiroch. pall.
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500 Syphilis — Tumoren.
und von positiver Wassermann-Reaktion begleitet,
nachgewiesen, so dass man glauben sollte, einer ganz
frischen Infektion gegenfiberzustehen. Aber ausser diesen
unbedeutenden Papeln, deren geringe Zahl (im ganzen
zwei) eben bei den tardiven sekundaren Syphiliden nicht
ungewohnlich ist, kein anderes Zeichen von dieser Krank-
heit, wenn man nicht hierzu die ganz vereinzelten und
sehr unbedeutenden Drfisenschwellungen und einiges Ge-
ffihl von Miidigkeit rechnen will. Was ebenfalls Interesse
. darbietet, ist, dass sich — wenigstens nach der eigenen
Aussage der Pat. — niemals frtiher ein Rilckfall gezeigt
hat, obgleich sie nur ein einziges Mai eine antisyphilitische
Behandlung durchgemacht hat, so dass 23 l /a rezidivfreie
Jahre vor diesem, also dem ersten, ROckfalle verlaufen
Sein sollen. (Dermatolog. Wochenschrift 1912 Nr. 3.)
✓
v
Tumoren. Ueber die Wirkung von Thyrochromtabletten bei
Krebsen desVerdaunngstr aktns. V on Prof. Dr. G.Kelling
(Dresden). Verf. hat die Tabletten (dreimal taglich zwei
Stfick) bei mehreren Fallen versucht. Seine Schlfisse lauten:
1. Die Thyrochromtabletten wirken bei Krebskranken
sicher nicht schadlich und werden ohne Stfirungen ver-
tragen. Ich habe sogar den Eindruck, dass sie den All-
gemeinzustand giinstig beeinflussen.
2. Irgendeinen Einfluss aber auf den lokalen Befund
der inoperablen Krebse habe ich nicht beobachten kOnnen.
(Medizin. Klinik 1912 Nr. 16.)
— XTeber Bdntgen-Behandlnng von Sarkomen. Von Privatdoz.
Dr. Robert Kienbbck. (Aus dem Radiologischen Institut
der Wiener Allgemeinen Poliklinik.) „Zuerst berichteten
amerikanische Autoren, namentlich Ricketts, K. Beck,
Coley und Pusey, in den Jahren 1900 und 1901 fiber
die gfinstige Beeinflussung von Sarkomen durch Rfintgen-
strahlen. Aber erst mehrere Jahre spftter wurde das Ver-
fahren bei diesen Geschwtilsten in Europe angewendet. Im
Februar 1905, also kurze Zeit nach Erfiffnung des Radio*
logischen Institutes der Poliklinik, wurde mir ein Fall zur
Behandlung Oberwiesen, welcher durch das vorhandene
Symptomenbild mit bedrohlichem Zustand und durch die
bald erkennbare Wirkung unserer Rontgen-Beha,ndlung be-
sonderes Interesse verdient. Es handelte sich um einen
grossen Mediastinaltumor; die mikroskopische Untersuchung
einer exstirpierten Halsdrtise durch Paltauf ergab: Lymph-
drtisensarkom mit alveoljirem Bau. Schon nach den ersten
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Tumoren.
501
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Bestrahlungen besserte sich das subjektive Befinden des
Pat., die Schmerzen, Schling- und Atembeschwerden liessen
nach, die abnorme Vorwfilbung an der Brust schwand
nach der sechsten Sitzung, bald verkleinerte sich der grosse,
bei der Durchleuchtung erkennbare Tumor, Pat. nahm
wieder an Gewicht zu. Ich habe fiber diesen Fall bereits
seinerzeit berichtet. Pat. lebt im Ausland, und auf meine
briefliche Anfrage erhielt ich am 27. Juni 1910 die Mit-
teilung, dass auch in den letzten Jahren von seiten des
ehemaligen Tumors keinerlei Beschwerden bestehen, also
fiber ffinf Jahre nach der Rfintgen-Bestrahlung. — Falle
von Sarkom mit demselben Sitz und mit den verschiedensten
anderen Lokalisationen, welche denselben grossartigen Er-
folg zeigten, wurden im Laufe der letzten Jahre wieder-
holt beschrieben. tleber einen weiteren neuen Fall von
Sarkom mit Rfintgen-Behandlung mfichte ich hier kurz
berichten. Es liandelt sich um einen 48jShrigen Mann,
welcher mir am 6. November 1911 zur Rfintgen-Behandlung
fiberwiesen wurde. Zu Ende des Jahres 1910 begann am
rechten Oberarm, vorne unterhalb des Schultergelenkes,
ein Tumor erkennbar zu werden; die Geschwulst war an-
fangs gegen' den Knochen verschieblich, spfiter nicht mehr.
Schmerzen oder Oedeme bestanden nicht, auch war die
Haut nicht ergriffen. Da der Tumor immerfort an Grfisse
zunahm, wurde im Juni 1911 von einem Chirurgen eine
Operation vorgenommen; zuerst wurde der Versuch einer
Exstirpation gemacht; da sich aber die Geschwulst mit den
Geffissen verwachsen erwies, konnte keine vollstandige Aus-
raumung stattfinden. Die mikroskopische Untersuchung er-
gab Spindelzellensarkom. Zwei Tage wurde ein Konsilium
abgehalten und entsprechend dem Ergebnis desselben gleich
eine zweite Operation vorgenommen, diesmal eine Enuklea-
tion des Oberarmes im Schultergelenk gemacht; die Wunde
heilte prompt. Aber Ende September 1911 wurde wieder
ein Anwachsen des Tumors unter der Narbe konstatiert,
und die Geschwulst vergrfisserte sich weiterhin. Als ich
den Mann am 6 November 1911 zum erstenmal unter-
suchte, war in der Gegend der vorderen Achselfalte, nahe
derOperationsnarbe, ein nussgrosser, harter Tumor zu ffihlen,
welcher gegen die Unterlage nicht verschieblich war, die
Haut war nicht vertindert, auch die Narbe war normal.
Ferner zeigte die daran anstossende vordere Deltoideus-
region eine flache, pralle Anschwellung. Der Stumpf
konnte in geringem Umfange bewegt werden, Schmerzen
bestanden nicht. Der Mann war mager und blass. Es
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502
Tumoren.
wurde nun sofort die RSntgen - Behandlung begonnen;
sehon nach wenigen Tagen wurden die Geschwulste kleiner
und die Beweglichkeit besser. Bald war die pralle An-
schwellung in der Deltoideusgegend ganz geschwunden,
die Geschwulst in der Axilla bis auf einen an der Rippe
festsitzenden, nur mehr linsengrossen Hocker zuruckge-
gangen. Um sicherzugehen, wurde die Behandlung bis
zum 21. Dezember 1911 fortgesetzt. Am 14. Februar 1912
wurde der Mann zur Nachuntersuchung bestellt. Der All-
gemeinzustand hat sicb ungemein verbessert. Das Gewicht
hat bedeutend zugenommen, auch die Hautfarbe ist wieder
gesund, der Mann hat guten Appetit und guten Schlaf.
Vom Tumor ist auch jetzt als einziger Rest der linsen-
grosse Hbcker an der Rippe zu ftlhlen. Der Stumpf kann
nach alien Richtungen in grossem Ausmasse passiv und
aktiv bewegt werden. Die letzte Untersuchung am 16. April
1912 ergibt denselben gQnstigen Befund, der Mann scheint
also — soviel man bei der kurzen Zeit der Naehbcobachtung
sagen kann — geheilt zu sein. Es ist nicht unmQglich,
dass eine frtih eingeleitete ROntgen-Behandlung allein den
Tumor zum Verschwinden gebracht und daher dem Pat.
die Amputation erspart hatte. — Dieser Fall weist neuer-
dings darauf hin, dass man in mbglichst vielen Fallen von
Tumoren, bevor man zur Operation, namentlich eingreifender
Art sclireitet, die ROntgen- Behandlung versuchen solle.
Wenige Tage nach Beginn derselben kann man oft schon
beurteilen, ob sie guten Erfolg verspricht. GeschwQlste,
welche durch Fortsfttze, die sie in die Umgebung aussenden,
oder durch Verwachsungen mit wichtigen Organen, sei es,
dass diese durch Tumorgewebe selbst oder durch region&re
Entzttndung erzeugt sind, mit dem Messer nicht radikal
exstirpiert werden kbnnen und — an Extremit&ten — zur
Amputation Veranlassung geben warden, lessen sich durch
Rontgen - Behandlung nicht weniger gut beeinflussen als
gut abgegrenzte Tumoren. Yermutet man die Anwesenheit
eines im genannten Sinne malignen Tumors, so ist es be-
sonders wichtig, zuerst die ROntgen-Behandlung einzuleiten.
GeschwQlste, die sehr rasch wachsen und daher, wenn
Operationen vorgenommen werden, immer wieder rasch
rezidivieren, sind far Radiotherapie besonders geeignet. u
{Wiener med. Wocbentobrift 1912 Nr. 19.)
— Drei interessante Fehldiagnosen anf malignen Tumor. Yon
Dr. Richard Fabian. (Aus der Poliklinik fUr Magen-
und Darmkrankheiten von Prof. Albu in Berlin.) „Das
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Tumoren.
503
Vorkommen nichtmaligner Geschwiilste an den Orgarien
der Bauchhbhle ist im allgemeinen selten; jedoch gibt es
zuweilen Verwechselungen palpabler Tumoren mit tuber-
kuldsen oder syphilitischen GeschwGlsten; auch kallOse
Narbentumoren kbnnen Veranlassung zu solchen IrrtGmern
in der Magen- und Darmpathologie geben. Es ist auch
bekannt, dass selbst nach ErOffnung der BauchhOhle der
Chirurg'zuweilen nicht imstande ist, den Charakter einer
freiliegenden Geschwulst, z. B. am Magen, zu erkennen.
Oft sichert erst die mikroskopische Untersuchung die Dia¬
gnose. Mancher Tumor, der als Karzinom imponierte,
hat sich dabei als gutartige Neubildung erwiesen, und
manche seheinbare Karzinomheilung, die in der Literatur
berichtet wird, ist sicherlich auf einen solchen diagnostischen
Irrtuiti zuriickzufiihren. Der Begriff des Karzinoms hat
sich mit der Yorstellung eines Tumors im allgemeinen so
innig verknilpft, dass man beim Nachweis einer Geschwulst
oft an gar nichts anderes denkt als an eineil Krebstumor.
Im nachfolgenden sollen drei F&lle angefiihrt werden,
welche s&mtlich als ihoperable, bbsartige Geschwiilste von
autoritativer Seite angesprochen worden waren und sich
l&nger als fiinf Jahre am Leben erhielten. Alle drei F&lle
befinden sich jetzt in einem wesentlich gebesserten Er-
n&hrungs- und Krftftezustande, bei zweien sind alle sub-
jektiven und objektiven Krankheitssymptome vOllig ge-
schwunden. Alle drei Pat., die von uns als langst ge-
storben angesehen wurden, sind nur dadurcli wieder in
unsere Beobachtung gelangt, dass sie w^egen anderer harm-
loser Beschwerden nach Jahren unsere Hilfe aufsuchten.
Fall 1. Der 44jahrige Sattler Ch. kam September
1905 in die Poliklinik. Es bestanden kolikartige Schmerzen
in der rechten Oberbaucbgegend. die verschiedenartigsten
Verdauungsbeschwerden, wie Aufstossen, Erbrechen und
Stuhlverstopfung. Daneben eine erhebliche Gewichts-
abnahme. Als Vermutungsdia^nose wurde ein Earzinom
der Flexura coli hepatica angenommen. Pat. wurde in-
folgedessen einem hiesigen Krankenhause zur Operation
ttberwiesen. Hierbei wurde in der rechten Oberbauch-
gegend ein mannsfaustgrosser, hOckriger Tumor gefunden,
der anscheinend aus einem Konglomerat von Darmschlingen
und der rechten Niere bestand, die miteinander untrenn-
bar fest verwachsen waren. In der in toto gesenkten Leber
zeigten sich mehrere kirsch- und erbsengrosse hellere Knoten,
die als Metastasen eines prim&ren karzinomatOsen Tumors
angesehen wurden. Nach dem Operationsjournal begnOgte
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504
Tumoren.
man sich wegen der Inoperabilitat des Tumors mit der
Probelaparotomie. Der Pat. wurde drei Wochen nach
Heilung der Operationswunde aus dem Krankenhause ent-
lassen. ZunSchst trat unmittelbar nach der Operation in
dem Allgemeinbefinden des Pat. eine Besserung ein. Aber
bald traten von neuera kolikartige Schmerzen im Leibe
auf, Erbrechen und Stbrungen in der Darmtatigkeit. Nach
Angabe des Pat. hat er trotz dieser Besckwerden seine
Berufstatigkeit als Sattler dauernd ausgeiibt, wenn auch
bisweilen eine vollige Kraftlosigkeit vorhanden' war. Seit
der Entlassung aus dem Krankenhause, Oktober 1905,
war der Pat. unseren Augen vbllig entschwunden, und
erst Anfang Dezember 1910 kam er r in schwerkrankem
Zustande wieder in die Poliklinik zur Behandlung Aus
dem damaligen Status mochte ich nur die wesentlichsten
Punkte hervorheben: Grosser, abgemagerter Mann mit
schlaffer und atrophischer Muskulatur, Fettpolster fast vbllig
geschwunden. Am Nacken, in der Gegend des rechten
Brustwirbeldorns, bestand eine pflaumengrosse, fluktuierende
Vorwblbung, die stark druckempfindlich war und dem Pat.
bei Bewegungen grosse Schmerzen verursachte. Ueber der
rechten Lunge hinten oben ged&mpfter Schall mit broncho-
vesikularem Atmungsger&usch. Herzaktion frequent, Tbne
rein. Im Abdomen fuhlt man unterhalb der stark ptotischen,
derben Leber, nur durch eine Furche getrennt, rechts vom
Nabel einen mannskopfgrossen, derben, hockrigen, bei der
Respiration verschieblichen Tumor, in welchem einige
weichere Stellen durchzufiihlen sind. Palpation druck¬
empfindlich. Urin frei von Albumen und Saccharum.
Der Tumor entsprach in seiner Lage genau dem vor fflnf
Jahren bei der Operation beobachteten, nur scheint seine
Grbsse in der Zwischenzeit noch zugenommen zu haben. —
Bei dem ganzen Yerlauf des Falles konnte es sich nur
um einen chronisch entzttndlichen Prozess luetischer oder
tuberkulbser Natur handeln, der durch Yerwachsungen
von Darmschlingen untereinander mit dicken Schwarten-
bildungen den Tumor erzeugt hat. Wenn auch in der
Anamnese ft\r Lues keine Anhaltspunkte zu finden waren,
so sprechen doch weiter gewichtige Zeichen fiir diese An-
nahme. Eine serodiagnostische Untersuchung des Blutes
nach Wassermann ergab eine sehr stark positive Reaktion.
Die empfindliche Vorwolbung am Nacken, in der Gegend
des 1. Brustwirbeldorns, ging unter Behandlung mit einer
Jodkalisalbe vbllig zurtick. Als Therapie wurde eine
energische Jodbehandlung eingeleitet, in steigenden Dosen
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Tumoren — Vermischtes.
505
bis drei Esslbffel pro die einer I0°/oigen JodkalilOsung.
Der Effekt war ein sichtbarer. Die Schmerzen kolikartiger
Natur, das Erbrechen usw. liessen bald an Intensitat nach.
Der Tumor wurde kleiner und verschieblicher, die weicheren
Partien liessen sich nicht mehr nachweisen. Gewiehtszunahme
neun Pfund. Retrospektiv lasst sich wohl sagen, dass es
sich auch schon vor fiinf Jahren sicher urn einen tertifir
syphilitischen Tumor gehandelt hat, in welchem neben
den chronisch peritonitischen Adh&sionen auch Gdmmata
enthalten waren. Als solche sind insbesondere mit Sicher-
heit die damals beobachteten Leberknoten jetzt anzusehen.
Der Pat. stellt sich uns haufiger vor. Wenn er auch an
Gewicht .nicht weiter zugenommen hat, so ist sein Aus-
sehen gut. Im ttbrigen ist er vollig beschwerdefrei und
dauernd arbeitsfahig. (Schluss folgi.)
Vermischtes.
Ein nener Frottierstoff. Von Dr. F. Lots, Nervenarzt in Fried-
richsroda. „Es ist eine unleugbare Tatsache, das in neuester
Zeit die Hydrotherapie bei der Behandlung nervbser Er-
krankungen mehr und mehr eine untergeordnete Rolle
spielt. Allerhand andere physikalisch-therapeutische Mass-
nahmen treten niit der Hydrotherapie heutzutage in erfolg-
reichen Wettbewerb, taglich tritt etwas Neues in den
Gesichtskreis, besonders seit sich die Grossindustrie der
Sache bemachtigt hat. Die Kuranstalten, die sonst so
fleissig die Hydrotherapie pflegten, folgen dem Zuge der
Zeit. Schon in ihrer Bezeichnung macht sich das geltend.
Es gibt jetzt nur noch „Sanatorien“, nur selten findet man
eine „Wasserheilanstalt“. Was frtiher so wirksam war,
zieht heute nicht mehr so recht. Alle diese Dinge geben
zu denken. Eine reine Modesache kann es nicht sein, es
muss dem Umstande etwas Greifbares zu Grunde liegen.
In der Tat gibt es Falle, in denen mit Hydrotherapie
nichts zu erreichen ist. Entweder ist dann das Wasser
nicht kraftig genug, oder aber es kann aus irgend einem
Grunde seine voile Wirksamkeit nicht entfalten. Ein
Nervoser, der zu Erk<ungen neigt und vielleicht gar
„schwache Lungen“ besitzt, darf unmbglich intensiv mit
kaltem Wasser behandelt werden, sonst kOnnte man sehr
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schlechte Erfahrungen machen, ebenso ein solcher, der eine
schwache Herztatigkeit zeigt, vielleicht blutarm und ab-
gemagert ist, oder auch ini hftheren Lebensalter steht.
Uni die Lilcke, die hier zweifellos in der Therapie ner-
vbser Erkrankungen besteht, auszufQllen, dazu eignen sich
in ganz vortrefflicher Weise die mechanischen Hautan-
regungen und zwar in Form von trockenen Frottierungen
mit einem rauhen Stoffe. Alle physikalische Therapie
l&uft ja im Grunde genommen auf eine Anregung und Be-
lebung der Haut hinaus, und da ist es offenbar gleichgGltig,
in welcher Weise dies geschieht. Man ist durchaus nicht
an den ^hermischen Reiz gebunden, sondern kann jeden
anderen anwenden. Voraussetzung ist nur, dass er un-
gefahrlich ist und andererseits aber auch so intensiv und
so lange und so oft angewendet werden kann, als nQtig
ist, um die nervdsen Stbrungen zu beseitigen. Und das
ist, wie ich aus langjahrigen Erfahrungen versichern kann,
bei den mechanischen Hautanregungen der Fall. Der
Frottierstoff, wie ihn die Firma Hahlo & Co. in Hamburg,
Gothenstrasse 10—16, liefert, ist nach meiner Ansicht das
Vollkommenste, das in dieser Beziehung hergestellt werden
kann. Es ist ratsam, auf die Siegelmarke zu achten. Er
ist weitmaschig gewebt, so dass zwischen den einzelnen
Faden mindestens ebenso breite Luftraume liegen, was ja
fiir gewbhnlich mit dem geschmackvollen Namen „por6s“
bezeichnet wird. Je drei Faden gezwirnter Baumwolle
und ein dicker Wollfaden aus Spiral-Kammgarn sowohl
in der Kette als im Schuss geben dem Gewebe ein eigen-
artiges Aassehen und eine beinahe unverwftstliche Halt-
barkeit. Dabei ist der Stoff rauh, ohne zu kratzen, frottiCrt
stark, ohne wund zu machen. Er hinterlftsst im Gegenteil
nach dem Gebrauch ein warmes und frisches Geffthl auf
der Haut, genau so als ob man nach einem kalten Bade
wieder warm geworden ware.“
(Arztliche Polytechnik 1911 Nr. 12.)
— Einfaches Verfahren zur Ermittelung von Linksh&ndern.
Von Dr. August Brilning, Privatdozent ftir Clfirurgie
in Giessen. Verf schreibt: „Jedem ist es bekannt. dass
es uns ohne lftngere Uebung schwer f&llt, mit beiden
HSnden verschiedene Bewegungen auszuftthren. Je S,hn-
licher die Bewegungen sind, desto schwieriger ist es, die
rechte und linke Hand unabh&ngig voneinander zu ge-
brauchen. Es ist ein beliebtes Spiel der Kinder, mit der
einen Hand einen Kreis auf sich zu, mit der anderen von
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sich fort zu schlagen. Bei langsamer AusfQhrung und bei
grosser Aufmerksamkeit pflegt es gewQhnlich ftir einige
Sekunden zu gelingen, die beiden Kreise in entgegen-
gesetzter Richtung mit den • Zeigefingern zu beschreiben,
sobald man aber die Bewegung beschleunigt, wird die eine
Hand unsicher, sie fQhrt unregelmassige Bewegungen aus
und folgt schliesslich der anderen Hand. Eine Reihe von
Versuchen haben mir nun gezeigt, dass bei einem Rechts-
hander stets die linke Hand der Bewegung der rechten
folgt, w&hrend bei einem Linkser immer die linke Hand
die FQhrung behalt und die andere sich ihr anschliesst.
Einen Herrn, den man wegen der gleichmassigen Aus-
bildung und Geschicklicbkeit beider Hande wohl als Ambi¬
dexter bezeichnen mQsste, konnte ich durch das beschriebene
Experiment als Rechtshander erkennen. Auch bei einem
Kunstlinkser, der durch eine Verletzung des rechten Armes
veranlasst war, vorwiegend die linke Hand zu henutzen,
zeigte sich bei einem Yersuch sofort die hQhere „motorische
Intelligenz u (Stier) der rechten Seite. Achtet die zu
prilfende Person genau auf sich und beschreibt mit den
Handen die Kreise nur langsam, so kann sie es manchmal
vermeiden, dass die Bewegung der einen Hand ganzlich
umgekehrt wird. In solchen Fallen sieht man nur ein
kurzes Stocken in der FQhrung der Hand, die sich eigent-
lich der Bewegung der anderen anpassen wollte. Die Er-
klarung fQr diese Unbeholfenheit ist darin zu sehen, dass
die von Jugend an mehr'geubte Hand leichter innerviert
wird, so dass bald eine Automatic der Bewegung eintritt,
wahrend es fQr die andere Hand stets neuer, bewusster
Willensimpulse bedarf. Was nun diesem kindlichen Spiel
praktische Bedeutung verleiht, ist der Umstand, dass man
mit ihm Linkser sicher erkennen kann. Bei der Unter-
suchung von Unfallpatienten trifft man bei Leuten mit
Yerletzungen der linken Hand haufig auf die Angabe, dass
sie Linkser seien. Schadigungen der linken Seite mQssen
aber bei solchen Patienten so bewertet werden, als ob sie
sich auf der rechten befanden. Das Nachfragen bei Ar-
beitskollegen und der bekannte Versuch des Nagelein-
sclilagens lasst leider gewohnlich im Stich. Hier kann
man durch die oben angegebene Methode sich leicht Klar-
heit darOber verschaifen, ob man wirklich einen Linkser
vor sich hat. Stier erwahnt in seinem Buch „Unter-
suchungen Qber die Linkshandigkeit“ kein Erkennungs-
beispiel, das so wenig durch Erziehung und bewusste Ver-
stellung beeinflusst werden kann, wie das angefQhrte
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VermiBchtes.
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Experiment. Einen Vorteil sehe ich auch noch darin,
dass eine Verletzung, ein Verband, ja sogar der Verlust
der Hand die AusfOhrung der Untersuchung nicht un-
moglich macht.“ (Mlinch. med. Wochenschrift 1911 Nr. 41.)
Ueber den Bakteriengehalt des in Apotheken erhaltlichen
destillierten Wassers. Von Prof. P. Th. Mfiller (Hygien.
Institut der Universitat Graz). „Ich stelle in folgender
Tabelle die Werte > zusammen, die sich bei 16 in ver-
schiedenen Apotheken von Graz eingekauften destillierten
Wassern sowie bei 4 im Institut aufgestellten Proben er-
geben haben. Dabei sei noch bemerkt, dass unsere
Methode nicht nur die lebenden Bakterien bestimmt, die
im Wasser enthalten sind, sondern auch die Bakterien-
leichen, soweit sie nicht bis zur Unkenntlichkeit zu Detritus
zerfallen sind, und dass daher unsere Bakterienzahlungen
eine Vorstellung davon zu geben vermfigen, wie gross die
Mengen von Bakteriensubstanz sind, die mit dem destillierten
Wasser einverleibt werden, was die tlbliche Gelatineplatten-
methode, die nur auf die lebenden Bakterien, und auch
hier nicht einmal auf alle im Wasser gedeihenden Arten,
Riicksicht nimmt, nicht im gleichen Masse zu leisten im-
stande ist.
Nr
Keimzahl
im ccm
Nr.
Keimzahl
im ccm^
1
Apotheke 1
742000
11
Apotheke 11
566000
2
y)
2
126 000
12
1)
12
68000
3
3
1 166 000
13
jj
13
588 000
4
)•)
4
764 000
14
n
14
660 000
5
j?
5
368 000
15
»
15
88000
6
Yi
6
165 000
16
n
16
6050 000
7
n
7
242000
17
Institut 1
254 000
8
v
8
247 000
18
n
2
84 000
9
n
9
276 000
19
y)
3
288 000
10
n
10
907 000
20
r >
4
144000
Wie man sieht, bewegen sich die Keimzahlen bei der
flberwiegenden Mehrzahl der untersuchten Wasser zwischen
100 000 und etwa 700 000; nur drei Proben zeigten
weniger als 100 000 Bakterien im Kubikzentimeter, wfihrend
zwei weitere Proben einen Keimgehalt von fiber 1 Million
aufwiesen. Es sind dies wohl ganz enorme Zahlen, die
aber erst dann voll in ihrer Bedeutung gewfirdigt werden
kfinnen, wenn man bedenkt, dass bei der intravenfisen
Salvarsaninjektion 200—800 ccm Fltissigkeit in das Venen-
system eingeffihrt zu werden pflegen. Dies wflrde bei dem
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Vermiechtes.
509
niedrigsten von uns beobachteten Keimgehalt des destillierten
Wassers einer eingespritzten Menge von etwa 6 Millionen
Keimen, bei dem hochsten Keimgehalt dagegen einer Menge
von 1500 Millionen Keimen entsprechen. Um eine Yor-
stellung von der Grosse dieser Bakterienmengen zu geben,
mdchte ich nur hervorheben, dass Hehewjerth bei seinen
sorgf<igen Bakterienz&hlungen mit der A. Kleinschen
mikroskopischen Methode gefunden hat, dass in 5 ccm
24stOndiger Kultur von Bact. coli ca. 600—1000 Millionen,
in 5 ccm 24st(Jndiger Typhuskultur ca. 300—900 Millionen
Keime enthalten sind, dass also, mit anderen Worten, bei
der intravendsen Einverleibung des keimreichsten der von
uns aus einer Apotheke bezogenen destillierten Wasser in
der bei der Salvarsanbehandlung fiblichen Menge yon 200
bis 300 ccm mebr Bakteriensubstanz in den Kbrper ein-
gefuhrt wtirde, als in 5 ccm Bouillonkultur enthalten zu
sein pflegt. Aber auch wenn man einen mittleren Keim¬
gehalt von nur 500 000 Keimen im Kubikzentimeter an-
nimmt, wtirde die Gesamtmenge der einverleibten Bakterien
noch immer 125 Millionen oder soviel, als etwa in 1 ccm
Bouillonkultur enthalten sind, betragen. Dass dies nicht
gleiehgftltig fiir den Organismus sein kann und daher die
dringende Forderung rechtfertigt, dass zur intravenosen
Injektion stets nur frisch destilliertes und sofort sterilisiertes,
bis zum Gebrauch steril aufbewahrtes Wasser bentitzt
werden soli, bedarf wohl keiner n&heren BegrOndung.
Die von Ehrlich angenommene, durch Wechselmann
zuerst ausgesprochene Vermutung, dass der Bakterien-
gehalt des destillierten Wassers die Ursache der bei Sal-
varsaninjektion gelegentlich aufgetretenen Storungen ist,
hat durch die vorausgehende Untersuchung an Wahrschein-
lichkeit sehr gewonnen.“
(Munch, med. Wochenschrift 1911 Nr. 51.)
— Ein Venenkompressor. Zur Technik der venbsen Stauung.
Von Dr. E. Treibmann (Leipzig). Der Kompressor be-
steht aus zwei Branchen, welche durch ein Scharnier ver-
bunden sind. Diese Branchen sind entsprechend der
Rundung des Oberarms geschweift, da die Kompression
wohl fast ausschliesslich am Oberarm vorgenommen wird.
Die Branchen tragen zu beiden Seiten des Scharniers je
einen Handgriff. Zwischen den beiden Handgriffen be-
findet sich eine Feder, die die Handgriffe auseinander
drangt, Ueber dieser Feder befindet sich eine Schraube,
welche, je nach Bedarf gedreht, entweder die Handgriffe
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nocl) liber die Wirkung der Feder hinaus auseinander
dr&ngt und so die Branchen immer fester scbliesst oder
umgekehrt die Branchen offnet, bis nur noch die Feder-
wirkung sie um den Arm schliesst. An diesem Punkte
hort dann die Wirkung der Schraube auf. Bevor man
nun das Instrument auf den Arm setzt, lege man um die
Aufsatzstelle eine gewOhnliche Kompresse um den Arm.
Auf diese Weise kommt nicht das kalte Metall des In-
strumentes direkt auf die Haut, anderseits gestaltet die
Kompresse den Druck angenehmer und gleieht ihn aus.
Schliesslich erleichtert die Kompresse bei dlinnem Arm
das Anlegen des Instrumentes. Man setzt dann das durch
Zusammenziehen der Handgriffe geOffnete Instrument an
der von der Kompresse umschlossenen Stelle des Armes
auf, lSsst die Handgriffe allm&hlich los, sie werden durch
die Feder auseinander gedrangt, und die. Branchen schliessen
sich um den Arm. Man achte jetzt darauf, dass keine
Hautfalte eingeklemmt ist, eventuell drehe man das ge-
schlosserie Instrument bin und her um den Arm, um sich
so zu vergewissern, dass nirgends eine Einklemmung vor-
liegt. Dann bleiben die Handgriffe nach oben und aussen
gerichtet, und man zieht die Schraube an, bis man bei
erhaltenem Puls gute Schwellung der Venen erhall. Hat
man dann diet Injektionsnadel in die Yene eingefubrt, so
halt man mit der linken Hand die Nadel in ihrer Stellung
und schraubt mit der rechten Hand die Schraube zuriick
bis an ihr Ende, zieht die Handgriffe zusammen und,
ohne dass der Arm und somit die eingefQhrte Nadel der
geringsten Bewegung ausgesetzt sind, hebt man den Kom-
pressor nach oben ab. Die Handhabung des Instrumeiites
ist ausserordentlich einfach. Das Instrument ist nicht um-
fangreich, und seine Benutzung bietet mancherlei Vorteile
gegentiber fruheren Verfahren.
1. Wie oben auseinandergesetzt, bleibt bei intravenosen
Injektionen der Arm nach Einflihrung der Nadel vollig
ruhig liegen, die Nadel bleibt mit Sicherheit im Geffiss,
die Stauung wird durch einfaches Zurtickschrauben und
Abheben des Kompressors aufgehoben.
2. Anlegen und LOsen des Apparates sowie eventuell
feinere Dosierung der Kompression geht schnell und sehr
einfach vor sich.
3. Jede Assistenz ist iiberfliissig.
4. Das Verfahren ist sehr sauber, da das Instrument
ganz aus Metall besteht, geputzt und im Bedarfsfalle aus-
gekocht werden kann.
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Vermischtoa — Bflcherschau.
511
5. Das Instrument ist sehr haltbarund widerstandsfahig.
6. Infolge der leichten Dosierbarkeit des Stauungs-
grades eignet es sich auch zur Bierschen Stauung.
7. Im Notfalle kann das Instrument, das z. B. der
Landarzt wegen des geringen Umfanges leicht bei sich
ffihren kann, durch Anziehen der Schraube bis zur Kom-
pression der Arterien zur Blutleere verwendet werden.
Das Instrument eignet sich nattirlich auch zur Be-
nutzung bei Blutentnahmen und alien anderen im Anfange
genannten Eingriffen, bei denen es gilt, eine venbse Stau¬
ung zu erzielen. Das Instrument ist nicht nur von mir,
sondem auch von einer Reihe von Kollegen erprobt worden
und hat sich bew&hrt. Der Kompressor wird von der
Firma Bernhard Schfidel, Leipzig, Georgiring 6 b, hergestellt.
(Deutsche med. Wochemchrift 1911 Nr. 50.)
Biicherschau.
Prof. Dr. A. Bielschowsky hat ein Repetitorinm der Aogen-
heilknnde geschrieben (Breitensteins Repetitorien Nr. 12,
Verlag von Joh. Ambr. Barth, Leipzig. Preis: M. 1,80),
und das Btichlein diirfte in den Kreisen, fiir die es be-
stimmt ist, bald zahlreiche Freunde linden. Ganz knapp
gefasst, aber vollstSndig bringt das Repetitorium die wesent-
lichen Daten der Funktionsprufung und der klinischen Krank-
heitsbilder, deren Aetiologie, Yerlauf und Therapie, die
wichtigsten Operationen usw., kurz, ftihrt uns alles wieder
ins Ged&chtnis zurflck, was wir in Yorlesungen, Klinik
und Kursen gehort und gesehen haben. Eine solche
Repetition ist jedem nbtig, und man wird das Biichlein
daher dankbar begrhssen.
— Arme Komddianten nennt A. Mtiller-Guttenbrunn ein
BSndchen Novellen, die es wohl verdienen, gelesen zu
werden. In seiner gemtitvollen Art erz&hlt der Verfasser
Wiener Geschichlen, deren jede den Leser fesselt und er-
greift. Man folgt mit grossem Interesse seinen Worten
und legt das Buch, das einen ein paar Stunden recht an-
genehm unterhalten hat, befriedigt weg. - Auch eine im
gleichen Verlage (L. Staackmann, Leipzig) erschienene
Gedichtsammlung, Hochsommer von A. de Nora, ist warmer
Empfehlung wert. Unser Kollege, der unter diesem
Pseudonym schreibt, ist uns aus der „Jugend“ bekannt,
die seit Jahren seine witzigen, pointereichen Gedichte
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512
Bacherschau.
bringt. In „Hochsommer“ tritt er uns als ein anderer
entgegen. Gefilhlsschwere, einfache, tiefempfundene Verse
sind es, die er uns gibt; Althergebrachtes, Liebgewordenes
besingt seine Feder, und es tut wohl, naeh den modemen
lyrischen Modetorheiten hier wieder einen deutschen Dichter
zu linden, der klar und schlicht zu uns spricht. Wer „so
etwas w noch mag — und es wird wohl glficklicherweise
noch eine ganze Anzahl solcher altmodischer Kauze geben —
wird seine Freude an dem Biichlein haben.
Eingange bei der Redaktion.
Besprechung vorbehalten. — Buckscodung ausgeschlossen.
Die PrOStatahypertrophie. Von Dr. W. Karo (Berlin, Oskar
Coblentz, Preis: M. 1,60).
Gehe & Co.s Handelsberlcht 1912.
E. Mercks Jahresbericht. 25. Jahrgang.
Formulae magistrates Germanlcae. Von Prof. Dr. Lew in.
(Deutscher Apothekerverein).
Sammlung klinischer Vortr&ge. (Leipzig, Joh. Ambr. Barth.)
^Jr. 650. R. Hadlich, Spontane HarnrShrenblutung.
Nr. 651. F. Ahlfeld, Inwieweit hat bisher die Einffihrung
der Asepsis und Antisepsis die puerperale Infektions-
mortalitat ganzer Lander beeinflusst?
Nr. 652/53. C. Klieneberger, Diagnose des Carcinoma
_ ventriculi.
Nr. 654/55. W. Bick, Untersuchungen fiber den Stoffwechsel
des neugeborenen Kindes.
Nr. 656/57. E. Ihm, Myomnekrose wahrend der Schwanger-
schaft.
Nr. 658. A. Gig on, Aus der Geschiclite der Respiration
und der Ernahrung.
N o t i z.
Die heutige Nummer unseres Blattes enthalt eine Beilage, und
zwar von der Firma:
Goedecke & Co., Leipzig u. Berlin N 4, fiber
,,DigiBtrophan“ und 99 Ppothaemin if f
auf die wir besonders hinweisen.
Far don redaktionellen Toil verantwortlich:
Dr. E. Graetzer in Friedenau-Berlln.
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Erschelnt am 1\/q 4 O Frets des Jahrgangs 6 Mk.
Anfang eines jeden Monats. . v exki. Porto.
Exoerpta medica.
Kurze monatllche Journalatigz&ge
aus der gesamten Fachliteratur
zum Gebrauch far den praktischen Arzt
Heramgegeben von Dr. med. Eugen Qraetzer in JFriedenau-Berlin.
Yerlag von Carl Sallmann, Leipzig*
September. XXI. Jebrgm
An unsere Leser.
Mit dem heutigen Tage geht der Verlag unseres Blattes an die
. altrenommierte Firma BentlO Schwabe & Co. in Basel und
St. Ludwig im Elsass fiber.
Gleichzeitig tritt eine Vergrfisserung des Blattes und eine
Vermehrung seines Inhalts ein. Jede Nummer wird,
ohne dass der Abonnementspreis erhoht wird,
um einen Bogen vergrossert, und unseren Lesern werden ausser
den Referaten auch ausgewfihlte Originalarbeiten sowie Sammel-
referate fiber wichtige Themata geboten werden.
Redaktion und Verlag
der „Excerpta medica".
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514
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
Antisepsis, Asepais, Desinfektion. Ueber Ver-
ordnung von Wasserstoffsuperoxydlosungen. Yon Ober-
apotlieker Dr. Philipp Fischer (Niirnberg). „Das
Wasserstoffsuperoxyd, welches sich infolge seiner Wirkungen
als gutes und starkes Antiseptikum bei Fehlen giftiger
Eigenschaften in den letzten Jahren eine sichere Stelle
unter den Arzneimitteln errungen hat, kommt in zwei
verschiedenen Losungen in den Handel. Erstens als Hydro-
genium peroxydatum medicinale mit drei Gewichtsprozenten
H. 2 0.>, welches Praparat im Deutschen Arzneibuch, fiinfte
Ausgabe, aufgenommen wurde, und zweitens als Perhydrol
mit 30 Gewichtsprozenten H.j 0 2 . Ganz reines Wasser¬
stoffsuperoxyd ist nicht als Handelsware zu erhalten, da
es sich sehr leicht zersetzt. Dasselbe bildet eine sirup-
artige, geruchlose Fliissigkeit, welche in dicker Schicht
blaugefarbt erscheint, und zerfallt schon bei gewbhnlicher
Temperatur bald in Wasser und Sauerstoff, welche Zer-
setzung bei raschem Erwarmen auf 100° sogar unter Explo-
sionserscheinung eintritt. Das Perhydrol ist eine wassrige
Losung des reinen Wasserstoffsuperoxyds, welche in 100
Teilen 30 Gewichtstcile H 2 0 2 enthfilt. Es wird nach
einem patentierten Verfahren von der Firma E. Merck in
Darmstadt hergestellt und bildet eine absolut chemisch reine,
saurefreie Wasserstoffsuperoxydlosung. Dieselbe vermag
das Hundertfache ihres Volumens an gasformigen Sauerstoff
abzuspalten, weshalb sie auch als 100 volumprozentig
bezeichnet wird, obwohl im allgemeinen unter dem Begriff
^olumprozent 1 etwas anderes zu verstehen ist. Denn bei
Angabe von Volumprozenten wird man diese zun&chst auf
den gelosten Stoff und nicht auf einen ganz anderen be-
ziehen. Ferner wird auch meistens die Prozentzahl dahin
verstanden, dass soviel Volumteile (Kubikzentimeter) als
angegeben gelost sind. Das Hydrogenium peroxydatum
medicinale des Arzneibuches enthalt in 100 Teilen drei
Gewichtsteile H,0 2 . Es ist eine klare, farb- und geruch¬
lose, schwach bitter schmeckende Fliissigkeit, die sich bei
Zimmertemperatur sehr langsam, beim Kochen oder beim
Beriihren mit Braunstein sehr rasch unter Entbindung von
Sauerstoff zersetzt. Es vermag das Zehnfache seines Vo-
lumens an gasformigen Sauerstoff abzuspalten und wird
daher auch als 10 volumprozentig bezeichnet. W&hrend
das Perhydrol vollkommen saurefrei und sehr gut haltbar
ist, miissen dem Hydrogenium peroxydatum medicinale
stets geringe Mengen an freier Shure zugesetzt werden,
um eine bessere Haltbarkeit zu erzielen. Es darf die
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion. 515
zuzusetzende Menge Siiure einerseits nicht zu gross sein,
damit keine iibien Nebenerscheinungen bei der Verwendung
des Praparates auftreten, andererseits aber aucli nicht zu
klein, damit die Losung langere Zeit gut haltbar wird.
Das Arzneibuch setzt die Aziditatsgrenze folgendermassen
fest: 50 ccm sollen hoclistens 2,5 ccm ’/ioNKOH zur Neutra¬
lisation verbrauchen, was einem Gehalt von ca. 0,02 %
Siiure (auf HC1 berechnet) entsprechen wlirde. Heine
Ausftthrungen sollen jedoch heute hauptsiichlich bezwecken,
die vielfach geiibt^ unklare Ausdrucksweise beim Verordnen
der Wasserstoffsuperoxydlosungen etwas zu erlautern and
auf die Folgen von derartigen Verordnungen aufmerksam
zu machen. Anlasslich der Herausgabe eines neuen Haus-
arzneibuches fur das hiesige Krankenhaus sollten auch
einige Vorschriften von Wasserstoffsuperoxydlosungen auf-
genommen werden. Es stellte sich dabei heraus, dass die
einfache Verschreibweise nach Prozenten (z. B. Sol. Hydrog.
pei’oxyd. 15%ig) von den Aerzten ganz verschieden ge-
deutet wird, und auch von Apothekern, welche ich hier-
uber befragte, bekam ich voneinander abweichende Aeusse-
rungen zu horen. Auf eine Anfrage im Fragekasten einer
Fachzeitung, ob man bei Anfertigung eines Rezeptes ,Sol.
Hydrog. peroxyd. 3°/oig 300,0‘,dasPraparatdes Arzneibuches
unverdiinnt abgeben soil oder eine 3%ige Losung desselben,
erhielt ich ebenfalls eine unklare Antwort, ein.Zeichen,
dass mit der Moglichkeit der beiden in der Frage ange-
gebenen Auffassungen gerechnet werden muss. Eine andere
Fachzeitung, der dieselbe Frage vorgelegt wurde, entschied
sich fur die erst ere Auffassung. Auf Veranlassung von
Herrn Prof. Dr. Muller wandte ich micli um Auskunft
an die Firma E. Merck in Darmstadt, welche bekanntlich
das Perhydrol in den Handel bringt. Ich erhielt als Ant¬
wort die Mitteilung, dass die Firma aus ihren eigenen
Erfalirungen nur bestiitigen konne, dass in arztlichen Kreisen
hinsichtlich der Konzentrationsverhiiltnisse von Wasser-
stoffsuperoxydlosungen grosste Verwirrung herrscht und
dass man gut tun werde, nach Moglichkeit bei den Aerzten
aufklarend zu wirken und sie zu bestimmen, sich bei Ver-
ordnung solcher Losungen recht prazis auszudrucken. Sucht
man nun nach dem Grund, auf den diese verschiedenen
Auffassungen zuriickzufilhren sind, so ist zunachst anzu-
geben, dass von der chemischen Industrie sowohl in Bro-
schQren als auch auf den Etiketten neben der Deklaration
des Wasserstoffsuperoxyds in Gewichtsprozenten diejenige
in sogen. Volumprozenten aufgefiihrt und bald die eine,
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516
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
bald die andere Methode gebraucht wird. Es gibt sowohl
Aerzte wie Apotbeker, die gar nicht anders als mit Volum-
prozenten hiebei rechnen. Bei Bereitung einer verordneten
5°/oigen Lbsung wird das 10°/oige (d. h. das volumpro-
zentige) Pr¶t mitWasser zu gleichen Teilen verdilnnt
abgegeben. Andere wieder und wohl die meisten fassen
den Prozentgehalt als Gewichtsprozent auf. Ich bin iiber-
zeugt, dass sehr haufig der Arzt eine viel schw&chere
Losung erhalt, als er bei der Yerordnung beabsichtigte,
woran nur diese Doppelbezeichnung nach Volum- und
Gewichtsprozenten schuld ist. In vielen Fallen wird man
ja wohl mit dem Arzt eine Verst&ndigung vorher herbei-
zufbhren suchen; oft ist diese jedoch nicht mbglich, dann
gibt der Apotheker doch vorsichtshalber die schw&chere
Losung ab, ganz abgesehen davon, dass oft auch der Arzt
den gewfinschten Aufschluss nicht zu erteilen vermag.
Glticklicherweise ist die chemische Industrie bereits selbst
auf diese irrefbhrende Doppelbezeichnung aufmerksam ge-
worden und gibt den Gehalt der Losung meistens nur
noch nach Gewichtsprozenten an; denn dass die Angabe
der Konzentration in Gewichtsprozenten viel pr&ziser ist,
unterliegt wohl kaum einem Zweifel; auch das neue deutsche
Arzneibuch gibt fiir das dort aufgeftihrte 3°/oige Pr¶t
nur den Gehalt an Gewichtsprozenten an. So steht
zu hoffen, dass mit der Zeit diese Unklarheit aus dem
Wege geschafft wird. Aber es ist noch ein weiterer Anlass
zur falschen Auslegung des Prozentgehaltes einer Wasser-
stoffsuperoxydlbsung gegeben. Derselbe liegt in den beiden
verschiedenprozentigen Handelswaren. Bei vblliger Ausser-
achtlassung der Frage der Volumprozente ist es immer
noch nicht klar, worauf man die Prozentzahl beziehen soil,
wenn z. B. eine 10°/oige Lbsung verordnet ist. Man kann
sie auf das Pr¶t des Arzneibuches beziehen, was wohl
seltener vorkommen durfte, da dann viel zu schwache
Lbsungen erzielt wtirden. Man kann sie auf das Per-
hydrol beziehen, welches als reinstes Wasserstoffsuperoxyd
in den Handel kommt, und man kann sie schliesslich auf das
im Handel nicht erb<liche ganz reine Wasserstoffsuper¬
oxyd beziehen und dann aus der angegebenen Prozentzahl
sich erst die Mengen Perhydrol oder Hydrogenium per-
oxydatum medicinale, die zur Bereitung erforderlich sind,
berechnen. Wenn, wie bereits erw&hnt, von der ersten
Auffassung wegen der resultierenden zu schwachen Lb¬
sungen wohl selten Gebrauch gemacht wird, so ist die
zweite Auffassung, den Prozentgehalt auf das Perhydrol
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
517
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zu beziehen, schon haufiger. R. Hauke macht in einer
Abhandlung ,Zur Abgabe von Wasserstoffsuperoxydlbsungen
in den Apotheken 4 folgenden Vorschlag. ,Bei Verschrei-
bung von Wasserstoffsuperoxyd mit Angabe eines be~
stimmten Prozentgehaltes ist stets das chemisch reine Wasser¬
stoffsuperoxyd, das Perhydrol, zu verwenden, und zwar
sind so viel Gramme Perhydrol auf 100 g der vorgeschrie-
benen Menge zu nehmen, als Prozente verordnet sind. 1.
Also eine deutliche Bezugnahme auf das 30%ige PrSparat.
Meiner Ansicht nach dilrfen die Bezeichnungen Hydro-
genium peroxydat. pur. und Perhydrol nicht ftir ein und
dasselbe Praparat gebraucht werden, da dies nur neue
Verwirrungen scliafft. Wenn der Arzt verordnet ,Sol. Per¬
hydrol. 10°/oig l , so wird er zwar jeden Zweifel bei der An-
fertigung eines solchen Rezeptes ausschliessen, er darf
aber nicht verlangen, dass er eine 10%ige Wasserstoff-
superoxydlbsung erhalt, da Perhydrol wohl das reinste
Wasserstoffsuperoxyd des Handels ist, jedoeli nur 30 Ge-
wichtsprozente H. 2 0 2 enthftlt. Die Bezeichnung des Pro¬
zentgehaltes einer Wasserstoffsuperoxydlosung sollte sicli
stets auf das reine, als solches im Handel nicht befindliche
Wasserstoffsuperoxyd (reines H^O.,) beziehen und jede zur
Bereitung einer solchen Losung verwendete Wasserstoff¬
superoxydlosung, sei es nun das Perhydrol oder das Hydro-
genium peroxydat. medicinale, muss nach ihrem Gehalt an
Gewichtsprozenten H 2 0 2 entsprechend verdiinnt werden.
Die Volumprozente sind bei der Angabe des Prozent¬
gehaltes vollig ausser acht zu lassen. Die Herren Aerzte
mbgen jedoch, da zurzeit, wie im obigen ausgefQhrt, mit
den verschiedenen Auffassungen gerechnet werden muss,
diese Tatsachen bei Verordnung solcher Rezepte beriick-
sichtigen und ein Rezept verschreiben, welches nur eine
einzige Auffassung zulftsst. Nur so wird es moglich werden,
allmahlich die einzig richtige Bezugnahme der Prozentzahl
auf Gewichtsprozente reinen Wasserstoffsuperoxyds durch-
zufuhren. Da die Losungen farb- und geruchlos sind, ist
kein ausserliches Erkennungszeichen vorhanden, welches
den Arzt auf eine zu schwache oder zu starke Losung
aufmerksam machen konnte. Er muss also voile Garantie
fur die richtige Anfertigung seines Rezeptes haben, und
dies kann unter den obwaltenden Umstanden nur durch
eine ganz priizise Ausdrucksweise bei der Verordnung ge-
schehen. Im allgemeinen werden wohl, wie ich aus der
Literatur festgestellt habe, 1- oder 3°'(ige Losungen ver¬
ordnet werden. So ist eine Losung mit drei Gewichts-
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Antisepsis, Asepsis, Desinfeklion.
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prozenten H. 2 0 2 einer 1 prom. Sublimatlosung in wassrigen
Flilssigkeiten an bakterizider Kraft gleich und in orga-
nisclien, eiweissreichen und zellarmen Medien der 1 prom.
Sublimatlosung entschieden iiberlegen. Man wird bei Yer-
ordnung einer l” ( 'igen Wasserstoffsuperoxydlosung, urn
jeden Zweifel auszuschalten, am einfachsten verschreiben:
,Solutio Hydrogen, peroxydat. 1 Gewichtsprozent H t Oj 11 ,
denn die beigefugte Formel kann sich nur auf das reine,
wasserfreie Wasserstoffsuperoxyd beziehen. Der Apotheker
kann zur Anfertigung dieses Rezeptes entweder 3,3 g Per-
liydrol oder 33 g Hydrogen, peroxydat. med. auf 100 Teile
mit Wasser verdiinnen. Will der Arzt eine vollig saure-
freie Lbsung, so muss er den Zusatz machen (Aus Per-
liydrol zu bereiten), will er dagegen, der besseren Haltbarkeit
wegen, geringen Saurezusatz liaben, so muss er hinzufugen
(Aus Hydrog. peroxyd. med. zu bereiten). Wird eine
.‘>°/oige Lbsung gewQnscht, so ware zu verordnen: ,Solutio
Hydrogen, peroxydat. 3 Gewichtsprozente H 2 0 2 k Hier
kann auch bei Berucksichtigung des minimalen Shure-
gelialtes des Praparates des Arzneibuches, welches 3ge¬
wichtsprozent ig ist, einfacli ,Hydrogen, peroxydat. med.‘
verordnet werden. Starkere Lbsungen als 3°/oig, .welche
besonders in der Chirurgie .und Gynlikologie empfolilen
werden, sind aus Perhydrol Merck zu bereiten, da ja das
Prfiparat des Arzneibuches nur 3°/oig ist. Aber auch hier
gilt es zu beriicksichtigen, dass das Perhydrol nur 30 Ge¬
wichtsprozente H,Oj enthlilt, so dass also bei Verordnung
von .Sol. Hydrog. peroxyd. 10 # /oig‘ entweder der Zusatz
,10 Gewichtsprozente H a ().,‘ gemacht oder ,Perhydrol 33,0,
A(ju. dest. ad 100,0 1, verschrieben werden muss, um jede
Unklarheit zu vermeiden.“
(MUnch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 20.)
— I)azu schreibt Dr. Althoff (Attendorn i. W.-): „In Nr. 20
dieser Wochenschrift vom 14. Mai 1912 berichtet Ober-
apotheker Dr. Fischer in Niirnberg in anschaulicher Weise
<lie herrschende unklare Ausdrucksweise bei der Rezeptur
von Wasserstoffsuperoxydlbsungen. Er schlsigt vor, naeh
Gewichtsprozenten zu verordnen. Als Arzt mftchte ich
folgendes erwidern. Zur Herstellung von Wasserstoffsuper-
oxvdlbsungen stehen zwei Stammpraparate zur VerfOgung:
das Hydrogenium peroxydatum des Arzneibuches, welches
in 100 Teilen 3 Gewichtsteile II.,0 2 enthiilt, und das vbllig
saurefreiePerhydrolmit 30GewichtsteilenH 2 0 2 inlOOTeilen
Flussigkeit. Das Perhydrol ist also zelinmal konzentrierter
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
519
als das Hydrogenium peroxydatum des Arzneibuches. Dem
Arzte liegt es nun am ntichsten, bei der Verordnung von
Wasserstoffsuperoxydlosungen anzugeben, wieviel von diesen
bekannten Stammpr¶ten und wieviel Aqua destillata
der Apotheker zur Bereitung des arztlichen Rezeptes
nehmen soli. Eine solche Verordnungsweise ist uns Aerzten
jedenfalls gelaufiger als die nach Gewichtsprozent en, wie
z. B. Solutio Hydrogen, peroxyd., 1 Gewichtsprozent H,G. ; ,
Avobei 33 g Hydrogen, peroxyd. auf 100 Teile Fliissigkeit
zu nehmen sind. Als Mund- oder Gurgelwasser verordne
man z. B. folgendermassen:
Rp. Perhydrol 2,0—3,0
Aq. dest. ad 300,0
MD. ad vitr. nigr.
S.: Gurgehvasser.
<>der
Rp. Hydrogen* peroxyd. 20,0—30,0
Aq. dest. ad 300,0
MD. ad vitr. nigr.
S.: Gurgehvasser.
oder
Rp. Hydrogen, peroxyd. 200,0
D. ad vitr. nigr.
S.: 1 Tee- bis V* Essloffel voll auf
1 Glas Wasser zum Gurgeln.
Als Mund- oder Gurgehvasser ist die vorgenannte
Losung stark genug; will man zu anderen Zwecken starkere
Losungen haben, so rezeptiere man demgemiiss. Bei dieser
VerordnungSAveise ist jede Verwechslung seitens des Arztes
bei der ltezeptur und seitens des Apothekers bei der Zu-
bereitung unnioglich. Die AusdrucksAveise nach Prozent-
gehalt lasse man besser ganz fallen, namentlich Avenn man
sich nicht absolut klar dariiber ist, dass z. B. bei einer
3°/oigen Wasserstoffsuperoxydlosung (nach Gewichtsprozent)
das unverdiinnte Hydrogenium peroxydat. des Arzneibuches
vom Apotheker abgegeben Avird. Als Gurgelwasser ist
eine solche Losung viel zu stark; es wurde ein kolossales
Aufschaumen im Munde infolge Sauerstoffbildung eintretcn
mit Entstehen von Brechreiz oder Erbrechen.“
(Mtinch. med. Wochenschrift 1912 Nr. 26.)
— Einfache Methode der Sterilisation des Eat guts durch
trockene Hitze. Von K. J. We der hake (Augusta-Klinik
in Dusseldorf). Verf. gebrauchte zu seinen Versuchen den
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520
Antisepsis, Asepsis, Desinfektion.
Katgutsterilisator nach Foderl, welcher von der Firma
Rudolf Ivutill, Wien, hergestellt wird. Dieser Apparat
ist sehr zweckmassig. Er besteht aus einem Behalter,
welcher aus Phosphorbronze massiv gedreht ist, einen fest
schliessenden Deckel hat, welcher auch Gase bei hohem
Druck nicht durchlasst. Den Behalter ftillte Verf. zur
Halfte mit einer Losung von Jodtetrachlorkohlenstoff
(Rp. Jodi puri 0,1, Carbon, tetrachlorat. ad 100,0) und
beschickte dann den Apparat mit dem zu sterilisierenden
Katgut. Er gebrauchte gewohnlich die Sternpackung nach.
Kuhn. Dann wurde der Apparat mittels der beigegebenen
Schraube fest geschlossen und in den gebrauchlichen mit
Wasser gefullten Instrumentensterilisator gelegt. Nun wurde
das Wasser zum Kochen gebracht und der Katgutsterili¬
sator '/« Stunde in dem sredenden Wasser gelassen. Nach-
dem man den Apparat dem Instrumentensterilisator ent-
nommen hatte, wurden die unter hohem Druck in dem.
Katgutsterilisator befmdlichen Gase mittels eines Ventils
herausgelassen, der Katgutsterilisator geoffnet und das nun.
sterile Katgut in einem sterilen GlasbehSlter, auf dessen
Boden man eine kleine Menge Jodum purum geworfen
hatte, aufbewahrt. Das so gewonnene Sterilkatgut hat
ausserordentlieh schatzenswerte Eigenschaften: Es ist, wie
viele Yersuche gezeigt haben, sicher steril, hat keine rei-
zenden Eigenschaften wie das Jodkatgut; auch ist ein
Teil der darin enthaltenen Toxine unschadlich gemacht.
Es ist nur leicht gelb gefarbt, ist sehr geschmeidig und
schmiegsam und hat im Vergleich zu anderen Katgutarten
eine sehr grosse Festigkeit. Dazu kommt, dass die Me-
thode ausserordentlieh sauber arbeitet, die Hande durch
den Gebrauch des Katguts nicht verfarbt und angegriffen
werden; es heilt vollstandig reaktionslos ein und ist ziemlich
schwer resorbierbar. Gebraucht man dieses Katgut, so
sind viel schwachere Nummern notig als bei Gebrauch
irgendeines anderen Katguts. Ausserdem ist die Methode
billig. Die oben beschriebene Sterilisation des Katgut, die
das Katgut unter ausserordentlieh hohem Druck (ca. zwei
Atmospharen) einer Hitze von iiber 100 Grad aussetzt,
kann an dem Katgut sogar ofters wiederholt werden, olme
dass die guten Eigenschaften des Katguts irgendwelchen
Schaden leiden. Eine Bedingung, um gutes Katgut zu
bekommen, muss erfiillt werden: das ist die, dass das zu
sterilisierende Katgut trocken sein muss, wie man es ge-
wbhnlich als Rohkatgut von den Fabriken zu beziehen
ptlegt. Eine Vorbereitung des Katguts durch Aether oder
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Antisepsis, Asepsis, Desinfektion — Arzneiexantheme.
521
Alkohol ist in keiner Weise zu empfehlen. Ein Yorteil
der Methode liegt noch darin, dass aie von jedem Arzt
in der Sprechstunde ausgeubt werden kann und dass man
mit den Instrumenten jedesmal das Quantum sterilisieren
kann, welches man gerade far die Operation glaubt notig
zu haben. Auf eine Vorsichtsmassregel muss Yerf. noch
besonders hinweiseif, und zwar, dass der Katgutsterilisator
nur zur HSlfte mit der Jodtetrachlorkohlenstofflosung ge-
fallt wird. (Zentralblatt f. Chirurgie 1912 Nr. 20.)
Arzneiexantheme. Bin durch Eukalyptnsbonbons her-
vorgerufenes Exanthem. Von Privatdoz. Dr. M. Oppen-
heim (Wien). E. P., 36 Jahre alt. An der Haut des
HandrOckens, der Handgelenke, der Flachhande und der
Finger sowie an der Haut der Fasse bis oberhalb der
Sprunggelenke finden sich hirsekorn- bis erbsengrosse, hell-
rote, kirsch- und braunrote, scharfbegrenzte Flecke,
Knotchen und Papeln, die an alien Stellen, speziell an
den Fingerenden und Zelienracken, zu hellergrossen Plaques
konfluieren, wobei jedoch die Zusammensetzung aus klei-
neren Effloreszenzen erkennbar bleibt. Besonders dicht
finden sich die roten Fleckchen an Flachh&nden und Fuss-
sohlen, wodurch die Haut dieser Stellen ein rotgespren-
keltes Aussehen gewinnt. Die Knotchen fahlen sich
ziemlich derb an und blassen bei Glasdruck nicht ab.
An manchen Stellen erlialt man den Eindruck kleiner
Hautblutungen. Die Oberflaclie der Effloreszenzen zeigt
keine Schuppen. Die Haut des abrigen Korpers sowie
die Schleimhaute sind vollig frei. Im weiteren Verlaufe
andert sich das Exanthem innerhalb der ersten Woche
nicht; es trat nur ein wenig Jucken auf. Spater zeigte
sich eine gelbbraune Farbung der Effloreszenzen, doch sind
sie bis heute, zwolfTage nach dem Auftreten, nicht vbllig
geschwunden. — Differentialdiagnostisch kamen, als Pat.
sich zum ersten Male vorstellte, Erythema exsudativum
multiforme, Cheiropompholyx und Erythema papulatum
toxicum in Betracht. Die Lokalisation, das Freibleiben
der abrigen Anteile der ExtremitSten und des Gesiehtes,
die Gleichartigkeit der Effloreszenzen liessen Erythema
multiforme, die Abwesenheit von Blaschen, das geringe
Jucken liessen Cheiropompholyx ausschliessen. Als Ur-
sache des toxischen papulosen Erythems ergab sich fol-
gendes: Pat. hatte zwei Tage vor Ausbruch des Exanthems
Hustenbonbons, die unter dem Namen „Huste nicht“ ver- *
kauf't werden und Eukalyptusol enthalten, genommen.
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522
Arzneiexantheme.
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Anliinglich nahm er nur einige wenige; am zweiten Tage
nahm er etwa 20 Sttick auf einmal. Zwei Stunden spater
fiihlte sich Pat. miide, unbehaglich, wie als weiin er Fieber
liatte. Abends war er appetitlos und sclilief schlecht. Die
ersten Flecke am Handrilcken bemerkte er abends; in
der Friihe, beim Erwachen. waren beide Hande und Filsse
iibersat mit den oben beschujebenen Effloreszenzen. Er
nabm dann keine Bonbons mehr, da er den Ansschlag
mit ilmen in Znsammenhang brachte. Es ist also klar,
dass es sich in diesern Falle um ein Eukalyptusexanthein
handelte, das nach dem Genusse von Hustenzeltchen, aller-
dings in grosseren Quantittiten, aufgetreten war. Klinisch
glich der Ansschlag am mei-ten den toxisehen Erythemm,
die nach Kopaivbalsam und Santalbl auftreten konnen;
ein Unterscliied zeigte sich nur in der ausschliesslichen
Lokalisation an Handen und Fiissen und der starken Be-
teiligung der Flachhiinde und Fusssohlen. Diese Aehnlich-
keit hat niclits Auffallendes, da das Eukalyptusbl dem
Kopaivbalsam, Santalol und anderen narkotisch wirkenden
Oelen, wie Terpentin-, Thymian-, Nelken-, Anisol usw.,
sowolil in bezug auf chemischen Bau als auch auf physio-
logische und toxische Wirkurigen nahesteht.
(Dcrmatolog. Woclieuschrift 19X2, Nr. 8.)
Generalisierte Jodakne und makuloses Jodexanthem nach.
dreimaliger Anwendung von Jodtinktur und Bedecken
der eingepinselten Stellen mit Wachstuch. Yon Dr.
Menahem Hodara (Konstantinopel). Der Fall betrifft
einen 67jahrigen Mann, Arthritiker und Kheumatiker, aber
sonst von kraftiger Konstitution. Nach seinen und seiner
Umgebung Angaben warden ihm einige durch eine Inter-
kostalneuralgie bedingte schmerzhafte Stellen, abgesehcn
von verschiedenen anderen ausseren Medikationen, an drei
aufeinanderfolgenden Tagen mit Jodtinktur eingepinselt
und dann mit Wachstuch bedeckt. Nach einigen Tagen
trat fast auf einmal ein Exanthem am ganzen Ivorper auf,
das aus akneabnlichen Knotchen bestand, die kleine, mit
triibem, eitrigem Inhalte gefullte Pusteln trugen und von
einem roten Hofe umgeben waren. Diese akneformige
Eruption verbreitete sich fiber den ganzen Ivorper, bedeckte
das Gesicht, den Ivopf, in geringerem Masse die Brust,
die Ober- und UnterextremitSten, den Bauch und die Geni-
talregion. Yor Auftreten des Exantheras liatte der Kranke
kein Fieber, und er blieb auch wahrend des ganzen Ivrank-
heitsverlaufes fieberfrei; ferner liatte er kein Erbrechen,
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Arzneiexantheme — Endometritis.
523
kein$ Riicken- und heftigen Kopfschmerzen. Er hatte nur
geringes Gefiihl von Unwohlsein. Am neunten Ivrank-
heitstage bestand die Eruption aus akneiformen Efflores-
zenzen, die von verschiedener Grosse, kleinlinsen- bis zehn-
l'rankstiickgross, waren, im Zentrum PusteJn trugen, die
zum grossten Teile zu einer sclnvarzlichen Kruste einge-
trocknet und von einem derben, roten Infiltrationssuume
unigeben Avaren. Nirgends besianden Efflorcszenzen mit
einer zentralen Delle, Avie man es bei Variola oder Vario-
lois sieht. Die Knotchen im Gesichte, auf dem Kopfe und
dem Stamme standen disseminiert, nirgends konfluierend.
Ausserdem sah man auf den Gliedern und dem Stamme
zwdschen die AkneknotClien eingestreut ein makuloses
Exanthem, das aus roten, runden oder unregelmassigen
Fleckbildungen bestand. Die Schleimhaute Avaren und
blieben vollig frei von kranklmften Erscheinungen. Im
Urin fanden sich 0,03 °/«o Eiweiss; im iibrigen zeigte der
Pat. ausser dem besagten Exanthem keine Besonderheiten.
Der Ausschlag, der gleichsam explosionsformig am ganzen
Korper aufgetreten AA'ar, Avurde von keinerlei Nachschiiben
gefolgt. Nirgends konnte man im Beginne, A r or EntAvick-
lung der Akneknotchen, Blaschen mit serosem, klarem,
durchscbeinendem Inhalte feststellen, Avie sie fur Varizellen
charakteristisch sind. An einigen Stellen in den Leisten-
beugen und in den Genitokruralfalten AA^aren die Krusten
durch die permanente Transpiration und den standigen
Kontakt mazeriert, und es hatte sich eine intertriginose
Entzundung entwickelt. (Dermatolog. Wochenschrift 1912 Nr. 10.)
Endometritis. Die akuten und chronischen Erscheinungs-
formen der Zervikalkatarrhe. Von Privatdozent Dr. B.
Zoeppritz (Gottingen). Autor gibt folgende Uebersicht:
/. Akuter Zervikalkatarrli.
Symptome: Rotung, ScliAvellung und Druckempfind-
lichkeit der Portio vaginalis, eitriger Fluor, Schmerzen bei
der Kohabitation und den Menses, Rotung von Scheide
und Introitus, Pruritus, Intertrigo, Gefiihl von Druck im
Abdomen, Appetitlosigkeit, allgemeine Mattigkeit. Aetio-
logie: Meist Gonorrhoe-GonokokkennacliAveis im Urethral-
und Zervixsekret oft leicht, Aveniger im Vaginalsekret. —
Im Puerperium auch andere Bakterien: Streptokokken,
Staphylokokken, Bacterium coli usaa\ Differentialdiagnose
durch die bakteriologische Untersucbung, Intrauterinpessare.
Thei’apie: Lauwarme (31—35° C) reinigende Scheiden-
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524
Endometritis.
spulungen, die im Liegen vorzunehmen sind, mit reinem
Wasser oder mit Zusatz von Alsol, essigsaurer Tonerde,
Holzessig. Reinhalten der ausseren Genitalien durch tag-
liche vorsichtige Waschungen oder besser lauwarme Sitz-
bader. Kohabitationsverbot — bei Gonorrhoebehandlung
des in Frage kommenden Mannes — korperliche Ruhe,
am besten Bettruhe, fleischarme, reizlose Kost, keine Alko-
holika, Rege lung der Darmtatigkeit durch Diat (cf. unten)
oder milde Abfuhrmittel. Bei Intrauterinpessaren Entfernen
des absolut zu perhorreszierenden Instruments. Cave jede
eingreifende lokale Therapie, Sondierung oder Aetzung
von Cervix oder Uterus, heisse Spulungen.
2. Chronischer Zervikalkatarrh.
a) Infektibser Natur.
Symptome: Dbnnflussiger, eitriger Fluor, Rotung ev.
Erosion.am Os externum, Hypertrophie der Portio, Ovula
Nabothi, Schleimhautpolypen. Geftihl von Voile und Druck
im Unterleib, Kreuzschmerzen, haufig Appetitlosigkeit, all-
gemeine Abgesclilagenheit, Ivopfschmerzen, nervbse Erschei-
nungen. Aetiologie: Dieselbe wie bei 1. Gonokokkennach-
weis hiiufig schwierig, am leichtesten noch nach Ablauf der
Menses im Zervikalsekret, ausserdem tiefe, nicht verheilte
Zervixrisse. Therapie: Neben den wie im akuten Sta¬
dium der Erkrankung anzmvendenden Scheidensptilungen,
Sitzbadern und diatetischen Massnahmen lokale Behand-
lung von Portio und Zervikalkanal. Nach griindlicher
Reinigung der Portio mit Wasserstoffsuperoxyd Aetzung
des Zervikalkanals mit in 30—50%ige Formalinlosung
getauchten Ilartgummistfibchen nach Menge oder Play-
fairschen Sonden zweimal Avochentlich. Bei sehr engem
Zervikalkanal mit Eiterretention Diszision, docli ist diese
nach Moglichkeit zu vermeiden. Erosionen der Portio
werden entweder nach Einstellen im Spekulum mit Tinctura
Jodi oder 50°/oigein Formalin geatzt oder nach Einstellen
der Portio im Rbhrenspekulum mit konzentriertem Holz¬
essig, der in das Spekulum gegossen wird, bis er die ganze
Portio bedeckt, gebadet. Nach 3—5 Minuten entleert
man den Holzessig durch Senken des distalen Endes des
Spekulums. Diese Prozedur wird ein- bis zweimal wbchent-
lich vorgenommen. Exzision der Erosion lasst sich auf
diese Weise in den moisten I'"allen vermeiden. Bei grosser,
x plumper hypertrophischer Portio einmal wbchentlich Stiche-
lung derselben mit einem spitzen, zweischneidigen Messer
nach vorhergesehicktcr grCindlicher Reinigung. Eventuelle
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Endometritis.
525
Nachblutung! Einlagen eines sterilen Wattetampons. Ovula
Nabothi werden mit dem Skalpell gespalten, Zervixpolypen
werden abgetragen. Tiefe Zervixrisse werden nach An-
frischen der Wundflachen vernaht. (Emmetsche Ope¬
ration.)
b) NichtinfektiOser Natur.
Symptome wie bei a. Aetiologie: Chlorose; AnSmie;
Zirkulationsstorungen im Becken durch chronische Obsti¬
pation, Lageanomalien, Tumoren; Onanie; Coitus inter¬
rupts. Therapie. Nicht lokal mit Ausnahme der Tumoren,
di^ einer operativen oder konservativen Behandlung zu-
gefiihrt werden miissen, und manche Falle von Lageano¬
malien. Cf. Allgemeine Regeln. Lokal werden nur bei
starkem Fluor die oben beschriebenen lauwarmen Spu-
lungen und Sitzbader zu Reinigungszwecken angewandt.
Bekampfung der zugrunde liegenden Erk'rankung. Bei
Chlorose viel Aufenthalt in freier Luft mit mSssiger Be-
wegung, Sport in geeigneten Grenzen, Tennis, Radfahren
usw., jedoch keine grbsseren kQrperlichen und geistigen
Anstrengungen, eiweissreiche Kost. Yon Medikamenten
Arsen in Form der Diirkheimer Max quelle, beginnend mit
dx-eimal taglich 20 ccm, langsam steigend bis dreimal tag-
lich 100 ccm, das drei Wochen lang genommen wird, dann
langsam fallend. Der bei Chlorotischen haufig bestehenden
Obstipation ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Bei der Behandlung mit Diirkheimer Maxquelle wirkt meist
der hohe Kochsalzgehalt der Quelle (13,8 °/oo) gtinstig in
dieser Richtung, wenn nicht, ist durch entsprechende dia-
tetische Massnahmen die Obstipation zu bekampfen, ebenso
wie in den Fallen, wo wir nur eine chronische Obstipation
und dadurch bedingte Zirkulationsstbrungen im Becken
als Ursache fiir den Zervikalkatarrh finden konnen. Bei
hartnackiger Obstipation sind Oelklisraen von ausgezeich-
neter Wirkung. 100—250 ccm Oel — die Menge je nach
dem Vermogen der betreffenden Pat., denEinlauf zu halten—
werden abends als Klisma gegeben und morgens mit einem
Wassereinlauf wieder zusammen mit dem weichen Stuhl
entfernt. Nach einigen Tagen erfolgt der Stuhl morgens
ohne Wassereinlauf. Bei Onanie und Coitus interruptus
sind die notwendigen Belehrungen zu geben.
Allgemeine Regeln: Fiir alle Formen der E. gilt,
wie iiberhaupt fur samtliche gynakologischen Leiden, als
oberster Grundsatz, die lokale Therapie auf das absolut
notwendige Mass zu beschranken. Besonders gilt dies fiir
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52 G
Endometritis.
die chronischen Endometritiden, die ja, wie oben gesagt,
in den moisten Fallen auf Allgemeinerkrankungen beruhen
und die deshalb durch lokale Behandlung, besonders rei-
zende Auspulungen und dergleichen, in ihren lokalen
Symptomen nur gesteigert werden konnen durch vermelirte
Sekretion aus den kiinstlich hyperamisierten Organen.
Durch Hebung der Blutzirkulation in der Haut und den
Extremitaten soil vielmehr die Hyperamie des Beckens
behoben werden, und es sind deshalb kiihle Vollbader,
Uebergiessungen,am besteninFormder englischenSchwamm-
bader, Moor- und kohlensauren Bader, anzuwenden. Die
letzteren konnen bei wohlhabenden Pat. an den fc>etreffenden
Badeorten genommen wei*den, wobei neben der Wirkung
der Bader noch die veranderten Lebensverhaltnisse, der
Ivlimawechsel als Heilfaktoren fur das lokale Leiden und
fiir die haufig die Zervikalkatarrhe begleitenden nervosen
und psychischen Storungen sehr ins Gewicht fallen. Dazu
kommt noch, dass es leichter ist, in einem Badehotel eine
bestimmte Diat, die wir unsern Pat. wegen der meist be-
stehenden Obstipation vorschreiben mussen, exakt durch-
zufiihren, als in einem Privathaushalt. Als Obstipations-
diat bei gynakologischen Affektionen ist folgende zu
empfehlen: Morgens nilchtern ein Glas Wasser. Erstes
Friihstuck: leichter Tee mit Milch, Graham- oder Simons-
brot mit Butter, Honig oder Marmelade. Zweites Friih¬
stuck: ein Glas Milch, Sauermilch oder Buttermilch. Mittags:
keine Suppe, wenig Fleisch oder Fisch, viel Gemiise,
Salat, Kompott mit einem Esslbffel Milchzucker, Mehl-
speisen mit siissen Fruchtsaften, Himbeer usw., Obst. Nach-
mittags: Tee oder Kaffee mit Milch, Graham- oder Simons-
brot mit Butter oder Marmelade. Abends: Eier, wenig
kaltes oder gebratenes Fleisch, Gemuse, Kompott, Salat,
Obst, Graham- oder Simonsbrot mit Butter. Getranke:
Apfelwein oder Limonade. Beim Schlafengehen zehn
Minuten lang den Leib mit einer Massagekugel massieren.
Kein Abfuhrmittel nehmen, hochstens, wenn n5tig, einen
Einlauf. Jeden Tag zur bestimmten Stunde aufs Klosett
gehen, auch wenn kein Drang zum Stuhl besteht. Lage-
veranderungen des Uterus, die bei Nulliparen besonders
meist nur ein von der E. unabhangiger Nebenbefund sind,
erheischen deshalb nur selten eine operative oder ander-
weitige Behandlung. Nur in seltenen Ausnahmefallen,
bei denen der Zervikalkatarrh jeder anderen Behandlung
trotzt, ist eine Lagekorrektur notwendig.
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(Medizin. Klinik 1912 Nr. 11.)
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Intoxikationen.
527
Intoxikationen. A. Friediger (Mttnchen). TJeber eine
akute B enzinvergiftan g beim Singling. Die Vergiftung
kam bei eineni sechs Wochen alten Kinde dadurch zu-
stande, dass zum Lbsen von wegen einer Hautaffektion
applizierter Pflaster Benzin verwandt wurde. Das bewirkte
eine sehr schwere Vergiftung, doch wurde das Kind ge-
rettet. Der Fall lehrt, dass man auch mit der technischen
Verwendung von Benzin bei jungen, schwachlichen Kindern
sehr vorsiehtig sein muss, da deren Organismus schon
durch kleine Mengen von eingeatmetem bzw. von der Plaut
resorbiertem Benzin in grbsste Lebensgefahr geraten kann.
(Munch, med. Wocbenschrift 1912 Nr. 5.1
— Ein Fall von Skopomorphinismus wird von Dr. Franck
(Hamburg) wie folgt beschrieben: „32jfthriger, ziemlich
kraftig gebauter Mann, neurasthenisch veranlagt, gelangte
infolge eines kleinen operativen Eingriffes, bei welchem
Anasthesie durch einmalige subkutane Injektion einer Lo-
sungScopomorphinum hydrochloricum 0,0006—Riedel—,
Morphium muriaticum 0,01 erzielt wurde, dahin, dieses
Mittel zirka ein Jahr lang taglich zu gebrauchen. Wahrend
anfangs nur eine Injektion abends gemacht wurde, gelangte
Pat. bald dahin, taglich drei Ampullen der starkeren Lo-
sung Scop. 0,00012, Morph. 0,03 zu verbrauchen. Die
Folge waren sehr starke Abmagerung, starke Schweisse,
allgemeiner Tremor, maximale Mydriasis, Appetitlosigkeit,
Obstipation, kolossale Steigerung der Reflexe, besonders
der Patellarreflexe, Impotenz. ’ An der Medialseite des
Daumens sowie der zweiten und dritten Phalanx des Zeige-
tingers bestand Anasthesie fiir feinere Beruhrungen soAvie
das Gefilhl des Taubseins. Auch ohne vorhergegangene
Injektionen traten ofters Dammerzustande ein. Die In-
jektionen wurden schliesslich wahllos untertags gemacht,
in Restaurants, Eisenbahn, Theater, alle Mahlzeiten wurden
dartiber vernachlassigt oder vergessen. Wahrend der Dam-
merzustiinde wurden die notigen Handlungen, wie Bezahlen,
Aus- und Einsteigen usw., automatisch gemacht, obgleich
vollstiindige Amnesie und Desorientierung bestand. Wtihrend
anfangs nach den Einspritzungen noch ruhiges Schlafen
bestand, kam es nach einiger Zeit zu triebartigen Hand¬
lungen, wie Verlassen des Zimmers, Suchen nach angeb-
lich verlorenen Gegenstanden usw. Vielfach wurden tat-
saclilich viele Sachen und Geld verloren. In Laden wurden
Einkaufe und Bestellungen gemacht, iiber welche Hand¬
lungen Pat. sich nachher keine Rechenschaft mehr geben
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528
Intoxikationen.
konnte. Das Aeussere wurde vernachlassigt, geschaftliche
Dinge nicht mehr erledigt. Interesse war fur nichts mehr
vorhanden, Suizidgedanken standen stets im Vordergrunde.
Bemerkenswert ist noch, dass fiir reine Morphiumdosen
Idiosynkrasie bestand: alsbaldiges Erbrechen, Sclilaflosig-
keit, Niedergeschlagenheit, gestortes Allgemeinbefinden. Die
Entziehung gelang innerhalb einiger Wochen raseh und
ohne grosse Beschwerden. Puls blieb stets normal, Herz-
tbne rein.“ (Miioch. mad. Woohenschrift 1912 Nr. 14.)
— N o n n e: Hinterstrangserkranknng bei Alkoholismus. N o n n e
zeigt eine 38jahrige Frau. Sie kam November 1908 auf
Nonnes Abteilung in Eppendorf. Seit 14 Tagen litt sie
an Schmerzen und zunehmender Schw&che in den oberen
und unteren Extremitaten. Bei der Aufnahme fand sich:
hochgradige Ataxie aller vier Extremitaten; in noch st&r-
kerem Masse an den oberen Extremitaten. Die Sehnen-
reflexe an den oberen und unteren Extremitaten fehlten.
An alien vier Extremitaten bestand, distal am starksten
ausgesprochen, Hypalgesie mit Verlangsamung der Schmerz-
leitung, Astereognosie und StSrung des Lagegeftihls
bei erhaltenem Lokalisationsvermogen und erhaltenem
Temperatursinn. Vbllige Astasie, massig starke Hypo-
tonie. Keine Hitzigsche Zone, keine Kalte-Hyperasthesie
am RQcken. Keine okulopupillaren Anomalien. Alle
Hirnnerven intakt. Auf psychischem Gebiete keine Ano-
malie. Die inneren Organe waren normal, jedoch be¬
stand starke Abmagerung und ein leicbter Grad von
Macies; keine Anamie. Die Anamnese auf Lues fiel ne-
gativ aus. Alle „vier Reaktionen“ negativ. FQr eine
Infektion oder I. ergab sich in Anamnese und Status eben-
falls kein Anhalt. Die Diagnose wurde gestellt auf eine
atypische Hinterstrangserkrankung, unklare Aetiologie. Im
Laufe des nachsten Jahres bildete sich die Ataxie sowohl
wie die Sensibilitatsstdrung bis auf Reste zurGck. Auch
jetzt besteht noch restlich eine geringe ataktische Stbrung
in Fingern und Handen sowie Fehlen der Achillessehnen-
Reflexe. Die Aetiologie wurde erst vor zwei Monaten
klar, als Pat. gelegentlich eines dreitfigigen Urlaubs sich
intensiven Alkohol-Exzessen hingab. Eine erneute Nach-
frage bei den Hausgenossen der Pat. ergab jetzt, dass sie
jahrelang starken Alkohol-Abusus getrieben hatte. Es
handelt sich somit bei der Pat. um eine Hinterstrangs¬
erkrankung, wie man sie seit einigen Jahren als bei Alko-
holisten vorkommend kennt, und zwar um eine ^Myelitis
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Intoxikationen.
529
intrafunicularis" (Henneberg). Ungewbhnlich ist die
Beschr&nkung der Erkrankung auf die Hinterstrfinge. Falle,
in denen leichte Ataxie in Verbindung mit Babinskischem
und Oppenheimschem Zeichen oder auch mit Andeutnng
von Fuss-Klonus bei Alkoholisten sich flndet, sind weniger
selten. In solchen Fallen handelt es sich eben urn eine
kombinierte Erkrankung in Hinter- und Seitenstrangen.
Durch mehrere Erfabrungen weiss man, dass diese Erkrankung
an sich heilbarist (Nonne u. a.). Nonne weist darauf hin,
dass die Ataxien der Trinker zunSchst als spinal bedingt
angesehen wurden, dass sie spater unter dem Einfluss der
Lehre von der peripherischen Neuritis als peripher-neuri-
tisch zustande gekommen erachtet wurden und dass auf
Grund der neueren Erfahrungen man jedenfalls in einer
Reihe von Fallen wieder auf die spinale Genese des kli-
nischen Bildes zurftckkommen muss. Es wird kein Zufall
sein, dass gerade bei dieser Form von Nervenerkrankung
bei Alkoholisten Nonne sonstige Symptome von Alcoho-
lismus chronicus nicht fand; es handelt sich offenbar urn
ein elektives Befallensein des Zentral-Nervensystems, spe-
ziell des Rdckenmarks, um eine „besondere Disposition"
des Erkrankten. (Aerril. Verein i. Hamburg, 87. II. 12.)
— Geistesstbrung als Folge chronisohen Chiosalmissbranohs.
Von Dr. T. Frbhlich in Wien. Der vom Verf. hier ge-
schilderte Fall ist nach zwei Richtungen hin sehr interessant.
Zunachst handelt es sich um die seltene Form einer
chronischen Chloralhydratvergiftung, hervorgerufen durch
eine im Publikum leider viel verbreitete und als Spezifikum
gegen Nervenstbrungen aller Art gerfihmte Zubereitung.
Die Bromidia ist amerikanischen Ursprunges, wird von
der Apothekerfirma Battle & Co. in St. Louis erzeugt und
enthalt nach der Bereitungsvorschrift: Chloralhydrat 250.0,
Kal. brom. 250.0, Extract. Cannab. Ind. 2.0, Extract.
Hyoscyami 2.0, Spiritus 60 ccm, Tinct. Quillajae 65 ccm,
Aqu. q. s. ad 1 1. Das Mittel, ein Gemenge von keines-
wegs indifferenten Arzneistoffen, kom mt in ca. 150 g fassenden
Flaschen zum Verkauf mit der Verordnung: 2—3mal tftg-
lich 'h bis 1 Teelbffel zu nehmen. Ein Teeldffel enthalt
somit 1,25 Chloralhydrat, 0,01 Extract. Cannab. ind. und
ebensoviel Extract. Hyoscyami. Die Kranke hat nach An-
gabe ihrer Mutter und, wie sie spater in der Klinik selbst
zugab, bis zu zehn Teelftffel, in der letzten Zeit fast eine
halbe Flasche Bromidia pro die genommen, also eine
Chloralhydratmenge, welche die maximale Tagesdosis (6 g)
85
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530
Intoxikationen.
betrfichtlich ttbersteigt. Ein noch grbsseres Interesse be-
ansprucht jedoch die Entwicklung und der Verlauf dieses
Vergiftungsfalles. Die Vergiftungserscheinungen, fiber
welche im Verlaufe der seltenen Intoxikation bei habituellem
Gebrauche von Chloralhydrat berichtet wird, charakterisieren
sichhaupts&chlich alsHaupterkrank ungen derverschiedensten
Art: Erytheme, Urticaria, ausgedehnte Oedeme und In-
filtrationen der Haut; sogar: Ulzerationen an den Fingern,
Petechien und Purpura haemorrhagica sind danach be-
obachtet worden. Yon schlimmeren Symptomen, die sich
nach chronischem und unm&ssigem Chloralgenuss eingestellt
haben, sind hervorzuheben: Gelenkschmerzen, Neigung zu
Diarrhben, hochgradige Dyspnoe mit Pr&kordialangst,
wirkliche Asphyxie, Sensibilitats- und Motilit&tsstbrungen,
endlich Geistesschw&che, Marasmus. Von alien diesen Er-
scheinungen ist bei dieser Kranken trotz der langen Dauer
des Chloralmissbrauches nichts aufgetreten. Als einzige
Folge stand eine Psychose im Yordergrunde, die in vielen
Punkten jener haufigen Geistesstbrung gleicbt, welche im
Verlauf des chronischen Alkoholismus aufzutreten pflegt.
Die abnorme Reizbarkeit, die sich bis zu pathologischen
Aufregungszustanden steigert, der Eifersuchts- und Ver-
folgungswahn, der 6ich in dem Falle in Ermangelung eines
geeigneteren Objektes gegen den jeweiligen Leiter der
Anstalt richtete, sind die markantesten Symprtome dieses
Krankheitsbildes. Die Aehnlichkeit mit der Geistesstbrung
der chronischen Alkoholiker wurde noch eine vollkommenere,
als sich nach erfolgter Internierung die typischen Abstinenz-
erscheinungen mit den charakteristischen Gesichts- und
Gehbrshalluzinationen einstellten. Dieser wenn auch
ungemein seltene Verlauf der chronischen Chloralintoxikation
mit dem Ausgang in eine dem SSuferwahnsinn gleichende
Geistesstbrung lasst sich vielleicht durch die Liebreich-
sche Theorie erklaren, dass das Chloral in alkalischen Fltts-
sigkeiten, also auch im zirkulierenden Blute, durch das freie
Alkali desselben in Chloroform und Ameisens&ure gespalten
werde und dass das allmahlich frei werdende Chloroform
die graue Substanz des Gehirns und RQckenmarks sowie
die Herzganglien beeinflusse. Diese Annahme findet
eine weitere Stfltze in der Beobachtung, dass bei Anwen-
dung zu kleiner Chloraldosen oder bei schw&chlichen Indi-
viduen, namentlich bei nervenschwachen Frauen, dem Chlo-
ralschlaf ein mehr oder minder heftiger Aufregungszustand
mit Rotung des Gesiehtes, Jaktation, Delirien und Hallu-
zinationen mannigfacher Art vorausgeht, wie er beim
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531
Intoxikationen — Pediculosis — Phlegmonen.
akuten Alkoholismus und beim Chloroformrausch vor-
zukoramen pflegt.
(Amts&nt 1912 Nr. 4. — Deutsche Medisinal-Ztg. 1912 Nr. 29.)
Pediculosis. ITeber eine fdr F. capitis charakteristische
Hauterkrankung berichtet Dr. Oskar Salomon (Koblenz
a. Rh.): So, wie uns die Taches bleues auf das Vorhanden-
sein von Filzl&usen hinweisen, wie das impetiginbse Ekzem
der Nackengegend uns sofort auf Kopflause fahnden lasst,
so gibt es noch eine zweite Hauterscbeinung, die ffir diese
cbarakteristisch ist. Die Affektion ist meist an den End-
phalangen der Finger, seltener an den anderen Phalangen
und in der Handflache lokalisiert und besteht aus Blasen,
die mit serbsem, blutig tingiertem oder dflnnflbssig eitrigem
Inhalte gefttllt sind. In den 35 Fallen, die Yerf. im Laufe
der Jahre beobachtete und bei denen er stets gleichzeitig
das Vorhandensein von Kopflausen konstatieren konnte,
kamen ihm teils schlaffe, teils prall gespannte Blasen, bis
zu Zweimarkstiickgrbsse, mit einem Flilssigkeitsinhalte bis
zu 4 ccm zu Gesicht. Hervorstechend ist, dass die Er-
krankung absolut schmerzfrei ist und sich dadurcb sowie
durch die Multiplizitat und den oberflachlichen Sitz von
Panaritien unterscheidet. Die stete Koinzidenz mit Kopf¬
lausen scheint auf diese als Erreger hinzuweisen, wobei
es vorlaufig dabingestellt bleibe, ob das schadigende Agens
in einem Sekret derselben oder in ihrem Leibe enthalten
ist. Der Gedanke liegt natbrlich nahe, dass wir eventuell
dieselbe Aetiologie fiir das bekannte Ekzema e pediculis
capitis geltend zu machen hatten. Dass es sich um eine
blosse Staphylokokkeninfektion handelt, dagegen spricht
wohl die tagliche Erfahrung, dass wir bei den zahlreichen
anderen juckenden Dermatosen, die von dem kratzenden,
Staphylokokken bergenden Fingernagel bearbeitet werden,
nicht dasselbe Krankheitsbild finden.
(Miinch. med. Wochensohr. 1912 Nr. 4.)
Phlegmonen. Fhlegmonenbehandlung der oberen Eztre-
mit&ten mittels Zirknmzision. Yon Marineoberstabsarzt
Dr. Knoke (Kiel-Wik). Die Vielseitigkeit in der Be-
handlung von P., speziell derjenigen der Extremitaten, ist
wohl der beste Beweis, dass es eine ideale und alien An-
forderungen genOgende Therapie bis jetzt leider noch nicht
gibt. Die Zeit, in der man sich von der Bierschen
Stauung so gut wie alles versprach, ist vorQber; vielfach
ist man wieder zu der alten Methode der Inzision mit
35*
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532
Phlegmonen.
nachfolgenden feuchten oder trockenen Verb&nden znrfick-
gekehrt. Aber hier wie dort lassen die Erfolg© dock
haufig zu wunschen tlbrig, und es ist deswegen im IntereSe
der Rranken, jedes neue Verfahren, das die Result&te zt
verbessern verspricht, mit Freuden zu begrfissen und der
Nachprfifung zu unterziehen. Ausgehend von der Er-
wagung, dass bei P. die Weiterverbreitung der Krankheits-
stoffe in der Hauptsache durch die Lymphgef&sse vor sich
geht, hat Nfisske bei P. der oberen Extremitat empfohlen,
das Fortschreiten des Prozesses dadurch zu verhindem,
dass die Lymphgef&sse hoch oben am Oberarm, dicht
unterhalb der Achselhohle an der Innenseite, wo sich die
G-efasse vom Rficken her bereits mit denen an der Beuge-
seite vereinigt haben, durch einen etwa 5 cm langen Haut-
schnitt, der bis auf die Oberarmfaszie reicht, durchschnitten
werden. Mit diesem einfachen und hinsichtlich des Erfolges
ja auch einleuchtenden Yerfahren hat Nosske sehr gute ,
Resultate erzielt, und auch Verf. hat bereits Gelegenheit I
gehabt, dasselbe zum Wohle der Pat. anzuwenden. Ein
in letzter Zeit behandelter Fall hat ihm nun Gelegenheit j
geboten, zu zeigen, dass die Nosskesche Methode noch j
weit mehr zu leisten vermag, als der Autor wohl seiner-
zeit selbst angenommen hat, und dass sie nicht nor sis
prophylaktische Massnahme, sondern auch als rein thera- 1
peutische eine grosse Rolle in der Behandlung von !P. zu )
spielen verspricht. Ende vorigen Jahres kam ein Matrose
in Zugang mit einer progredienten Faszienphlegmone am
rechten Arm, ausgehend von einer beim GeschQt/exerzieren
zugezogenen kleinen Fingerverletzung. Derselbe war bereits
an Bord zwei Tage lang sachgemass mit Inzision am (
Finger, Verbanden und Ruhigstellung des Armes behandelt
worden. Da der Prozess aber unaufhaltsam weiterging,
erfolgte die Ueberweisung in das Lazarett. Es handelte
sich um eine schwere Phlegmone der Hand und des Yorder- I
armes. Yerf. hat damals sofort und am folgenden Tage
bis weit ins Gesunde inzidiert, ohne hierdurch den Krankheits- |
verlauf, abgesehen von momentanen Besserungen, irgend-
wie zu beeinflussen: die diffuse ROtung und Schwellung j
war am nachsten Tage fiber die Schulter hinaus vor-
gedrungen, die Klavikular- und Spinallinie der Skapula i
waren verstrichen, die Temperatur schwankte rwischen I
38 und 40° bei dauernd erhfihter Pulsfrequenz; im Urin
reichlich Eiweiss; bakteriologisch waren Streptokokken im
Eiter nacbgewiesen; Allgemeinbefinden sehr schlecht. Yerf.
stand vor der Frage der Amputation des Armes. Als ( j
Phlegmonen.
533
letztes Mittel der konservativen Therapie wandte er nun
die Durchschneidung der Lymphgef&sse an. Da sich die
Schwellung und Rdtung in dem vorliegendem Falle aber
in der Hauptsache auf der Aussen- und Streckseite des
Oberarmes befand, versprach er sich von der von N. an-
gegebenen medialen Durchtrennung der Lymphbahnen
allein nicht viel und machte deswegen, allerdings mit einer
gewissen Sorge ob der Folgen, die totale Zirkumzision,
wie er sie nennen m6chte. In der Hohe, wie sie von N.
empfohlen, durchschnitt er die Haut des Oberarmes rings-
um, bis tiberall die Oberarmfaszie vorlag; die grosseren
Yenen wurden unterbunden, die Blutung im (lbrigen durch
Tamponade gestillt. Das Abfliessen trfiber Lymphe wurde
bei dem Schnitt auch hier beobachtet. Der Erfolg des
operativen Eingriffes war geradezu dberraschend und
gl&nzend: am n&chsten Morgen war die entztlndliche
Schwellung zentral der Wunde so gut wie vollst&ndig zurGck-
gegangen; auch peripher trat, wie sich dann beim n&chsten
Yerbandwechsel zeigte, das befQrchtete und erwartete Stau-
ungsbdem nicht nur nicht ein, sondern die Entztindungs-
erscheinungen gingen auffallend zuriick. Schon nach kurzer
Zeit konnte Verf., die Wundverhaltnisse nicht weiter be-
riicksichtigend, mit vorsichtiger Bewegungstherapie beginnen.
Die Temperatur, die bald zur Norm gefallen war, wurde
allerdings in der Nachbehandlungsperiode fflr kurze Zeit
durch eine Erysipelkomplikation wieder fieberhaft erhoht.
Erwahnt sei ferner noch, dass im Laufe der Behandlung
einmal das Handgelenk in Narkose mobilisiert wurde. Das
Endresultat nach mehrmonatiger Lazarettbehandlung war
folgendes: vollst&ndig freie und schmerzlose Beweglichkeit
im Schulter- und Ellbogengelenk; auch die Bewegungen
im Handgelenk und in samtlichen Fingergelenken konnten
gut ausgefuhrt werden, nur bei gebeugten Fingern war
die Volarflexion im Handgelenk selbst noch etwas beein-
ti’&chtigt; die grobe Kraft der Hand war nicht mehr herab-
gesetzt. — NaturgemSss ist es ganz ausserordentlich schwierig
zu sagen, dass nur durch diese Zirkumzision der Arm
gerettet worden ist; der ganze stttrmische Verlauf berech-
tigt indessen zu der Annahme, dass das Leben des Kranken
in hOchster Gefahr geschwebt hat und dass ihm durch
diesen Eingriff nicht nur das Leben iiberhaupt, sondern
auch der Arm erhalten geblieben ist. Jedenfalls beweist
der Fall, dass die Durchschneidung der Lymphbahnen nicht
nur prophylaktisch zu wirken vermag, sondern auch im-
stande ist, bei bereits vorgeschrittenen Prozessen erhebliche
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534
Phlegmonen — ftheumatismen.
Dienste zu leisten; die totale Zirkumzision wird nur bei
besonders schweren, diffusen Fallen indiziert sein; aus
diesem Fall l&sst sich aber ersehen, dass sie dann auch,
ohne Schaden for den Pat. befGrchten zu mtissen, in aus-
gedehntester Weise vorgenommen werden darf. Dass man
im tibrigen bei diesen und ahnlichen Verletzungen oder
Erkrankungen im Hinblick auf das funktionelle Endresultat
baldmoglichst und ohne allzu grosse ROcksicht auf die
bestehenden Wundverh<nisse mit den bewegungsthera-
peutischen Massnahmen zu beginnen hat, sei nur noch der
VollstSndigkeit halber hiermit erwahnt.
(Mtinoh. med. Wochenschr. 1913 Nr. 3b
Rheumatismew. Azetylkresotins&ure als Antirheuma-
tikum. Yon Prof. Dr. E. Rautenberg (Innere Abteil.
d. Kreiskrankenhauses, Gr.-Lichterfelde). Autor hat seit
September 1911 auf seiner Abteilung die von Goedecke
(Leipzig) hergestellte Azetylkresotins&ure („ Ervasin*) in ihrer
Wirkung auf rheumatische und neuralgische Affektionen an
45 Pat. studiert. Das Pr¶t wird nach Angabe der Fabrik
hergestellt aus der Kresotinsfture, einem Homologon der
Salizylsaure, durch AnfQgen der entgiftenden Azetylgruppe
und stellt somit eine Azetylkresotinsaure dar. Es ist, wie
ein Bericht aus dem Laboratorium des Herrn Dr. P. Jese-
rich besagt, eine einheitliche Yerbindung, die in viersei-
tigen Prismen kristallisiert und einen Schmelzpunkt von
140—141° hat, in Aether, Alkohol und Chloroform loslich,
in Wasser unloslich ist. Tierversuche an Kaninchen haben
ergeben, dass das Praparat etwas weniger giftig als
das Aspirin ist. Die auf seiner Abteilung erprobten Re-
sultate sind folgende: Das Ervasin wurde ihm in Tabletten-
form a 0,5 zur Verftigung gestellt und wurde in zerbrdckeltem
Zustande mit einer kleinen Wassermenge nach den Mahl-
zeiten genommen. Ohne geringste Vergiftungserscheinungen
hat man einigen Pat. 8—10—12 g tftglich langere Zeit
hindurch geben kOnnen. — Der Geschmack des PrSparats
ist nur ein leicht sauerlicher, angenehmer als der des
Aspirins. Das Mittel wurde von den Pat. mit nur zwei
Ausnahmen gut vertragen, das heisst, Autor beobachtete
keine Storungen des Appetits, keine Uebelkeit, nur zwei-
mal bei Dosen von 5,0 pro die die Neigung zum Erbrechen.
GefOhl von Ohrensausen wurde nicht beobachtet, die Nei.-
gung zu Schweissbildung war bei gleichen Versuchsmengen
von Aspirin und Ervasin in gleicher Weise vorhanden.
Wenigstens gaben zwei Pat., die ohne ihr Wissen ab-
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Bheumatiemen.
535
wechselnd Aspirin und Ervasin in Mengen von 3,0 in
Oblaten erhielten, an, dass in dieser Beziehung ein Unter-
schied nicht vorhanden sei. Die Resorption des Ervasins
ist augenscheinlich eine sehr schnelle, denn nach Einnahme
von 1,0 konnte Autor die charakteristische violette Eisen-
chloridreaktion im Harn bereits nach 25—80 Minuten
darstellen. Vier Stunden nach der Einnahme klang die
Reaktion im Harn bereits ab. Wiederholte Untersuchungen
des Urins haben weiterhin die Gewissheit gegeben, dass
das Prfiparat in der fiblichen Menge von 4—6 g keine
Nierenschfidigung hervorruft, das heisst, es trat weder
Albuminurie noch Ausscheidung von Nierenelementen oder
Blut auf. Bei Dosen von 10 g — durch acht Tage hin-
durch gegeben — beobachtete man Auftreten leichtester
Eiweissausscheidung mit Beimengung von einigen Leuko-
zyten, bei vierzehntfigiger Behandlnng mit 12 g (schwere
subakute Polyarthritis rheumatica) sah Autor geringe Albu¬
minurie mit sehr geringer Zahl von roten BlutkOrpern
auftreten. Mit Verringerung dieser Dosis auf tfiglich 8 g
verschwand dieseReizerscheinung. Autor behandelte 30 Ffille
von akutem und subakutem Gelenkrheumatismus, neun
Ffille mit neuralgischen Beschwerden, sieben Ffille mit
Muskelrheumatismus. — Besonders dOrfte die Wirkung
des Pr¶ts auf den Gelenkrheumatismus interessieren,
da sich aus ihr die therapeutische Wirksamkeit des Prfi-
parats am leichtesten beurteilen Ifisst. Die Erfolge waren
anfangs ausserordentlich befriedigende und gunstige, so
dass sich das Prfiparat auf der Abteilung sehr schnell
einbGrgerte. Erst spfiterhin bei Einlieferung sehr schwerer
Erkrankungsfalle wurde die Wirkung etwas in Frage ge-
stellt insofern, als das Natron salicylicum sich bei ihnen
als das sicherer wirkende Mittel erwies. Dennoch hat
Autor in einem Falle von sehr schwerer Polyarthritis an
Stelle des salizylsauren Natrons zeitweise Ervasin gegeben,
um die von dem Salizyl hervorgerufene Reizwirkung auf
die Nieren zu umgehen. — Wenn also in einer Zahl (6)
von sehr schweren Erkrankungen das Mittel zugunsten
des Salizyls versagte, so sah Autor doch anderseits zwei
Ffille, bei denen 6 g Natron salicylicum zunfichst ebenso
wirkungslos waren wie die gleiche Menge von Ervasin. —
Dem Aspirin dagegen konnte die Wirksamkeit des Prfi-
parats durchaus gleichgestellt werden, denn 22 Ffille von
Gelenkrheumatismus wurden in zufriedenstellender Weise
beeinflusst. So wurde das Ervasin etwa in der Weise wie
ein Aspirinersatzmittel verordnet und von den Pat. geme
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536
Rheumati8men.
genommen. — Auch bei den obengenannten andern rheu-
matischen Erkrankungen (Neuralgien, Myalgien) war die
Wirkung des Ervasins eine durchaus befriedigende. Zu-
sammenfassend l&sst sich sagen: Das Ervasin, eine Azetyl-
kresotins&ure, ist ein Arzneimittel, welches in therapeu-
tischer Wirkung dem Aspirin zum mindesten gleichkommt,
wenig Magenstbr ungen macht und in den (iblichen Dosen
bis zu 6 g keine Reizerscbeinungen an den Nieren her-
vorraft, ja selbst in hohen Dosen von 8—10—12 g lange
schadlos verabfolgt werden kann.
(Medisin. KUnik 1912 Nr. 14.)
— Znr Behan diung des Gelenkrhemnatisnms mit Atophan.
Von Dr. A. Bendix (St&dt. Krankenhaus Moabit, Berlin).
Seine Erfahrungen mit Atophan bei Gelenkrheuma-
tismus mdchte Yerf. in folgende Satze zusammenfassen:
1. Die Wirkung des Atophans ist der der Salizyl-
priiparate ausserordentlich ahnlich und steht nur wenig
hinter ihr zurtick. Die Aufkl&rung des Wirkungsmecha-
nismus bleibt ferneren Untersuchungen vorbehalten.
2. Das Atophan ist selbst bei hdheren Dosen und
selbst bei wochenlangerVerabreichungfrei vonunangenehmen
und sch&dlichen Nebenwirkungen auf den Organismus.
3. Es genfigen meist 3 g pro die in verteilten Tages-
dosen. Es ist anzuraten, wenn die Beaktion nicht schon
frQher eintritt, mindestens sechs Tage nacheinander Atophan
zu verabreichen.
v 4. In mehreren Fallen, die sich gegen Salizyl re-
fraktar verhielten, wurde durch Atophan vdllige Heilung
oder Besserung erzielt. Es ist deshalb in solchen Fallen
stets ein Yersuch mit Atophan empfehlenswert.
Im Anschluss an diesen klinischen Bericht mSchte
Verf. mitteilen, dass er in der Folge auch die Ester des
Atophans und seine Derivate, welche von der Schering-
schen Fabrik zur VerfGgung gestellt wurden, klinisch ge-
prCLft hat. Die Untersuchungen bezogen sich besonders
auf den Aethylester des methylierten Atophans, welchen
die Scheringsche Fabrik als Novatophan bezeichnet. Dies
Novatophan hat den grossen Vorzug vollkommener Ge-
schmacklosigkeit. In den bisherigen Versuchen hat es
sich sowohl bei Gelenkrheumatismus als auch bei Gicht
in derselben Weise wie das Atophan bewahrt.
(Die Therapie der Gegenwart, Juli 1912.)
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Original frn-rri
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Rheumatismen.
537
— F. Hoppe (Stadtisches Krankenhaus Friedrichshain in Berlin)
schreibt fiber Melnbrin: „Das • Hauptanwendungsgebiet
bildete auch fOr uns naturgemass der akute Gelenkrheu-
matismus, for den nach den bisherigen Berichten das
Melubrin ein Mittel von der prompten Wirkung des Salizyls
sein sollte. Die von uns bei dem akuten Gelenkrheuma-
tismus beobacbtete Wirkung war nun zwar, um dies zu-
sammenfassend vorauszuschicken, recht gut, aber doch nicht
so glanzend, wie vor allem der Bericht Lttning’s es uns
erwarten liess. Die antipyretische Wirkung zunachst war
unverkennbar. Nach eintagiger, hochstens dreitagiger Dar-
reichung war die Temperatur in fast alien Fallen zur
Norm abgefallen, meistens unter Ausbruch eines mitunter
recht starken Schweisses, der aber nie, mit Ausnahme der
unten zu erwahnenden Falle, von den Pat. als besonders
unangenehm empfunden worden ist, wohl auch geringfiigiger
als nach Salizylpraparaten war. Auch die Gelenkerschei-
nungen selber waren in der Mehrzahl der Falle am Ende
der ersten Woche deutlich in ghnstigem Sinne beeinflusst.
Die Schmerzen waren entweder verschwunden oder doch
wesentlich gebessert, Schwellung und Rdte der Gelenke
abgeklungen und nur eine gewisse Steifigkeit noch tlbrig
geblieben. Rezidive sind nach Aussetzen des Mittels trotz
strenger Bettruhe der Pat. haufig aufgetreten, aber schliess-
lich durch erneute Darreichung des Mittels beseitigt worden.
Aehnliches erleben wir ja bekanntlich in gleicher Weise
auch von den Salizylpraparaten haufig genug. So etwa
war der Verlauf der durch das Praparat 844 erfolgreich
behandelten Falle, die allerdings, wie erwahnt, die Mehr-
.heit ausmachen. Die Dosen, mit denen wir dies erzielten,
waren je nach der Schwere des Falles verschieden. Ge-
wohnlich gaben wir dreimal oder viermal 1,0 g pro die,
waren aber auch gezwungen, zu Dosen von 6—8 g pro
die zu greifen. Hier soli gleich etwas bemerkt werden,
was auch ftir die Anwendung des Mittels bei anderen
Krankheiten gilt: Das Praparat ist, auch in den hochsten
Dosen, ausnahmslos in der besten T^eise vertragen worden.
Wir haben nie das Auftreten von Stbrungen des Allgemein-
befindens, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Ohrensausen,
Exanthemen usw. zu verzeichnen gehabt. Abweichend
nun von dem oben geschilderten gflnstigen Verlauf haben
wir eine Reihe von Fallen (etwa 6) beobachtet, in denen
das Praparat versagte, und zwar betraf das Versagen vor-
nehmlich die Beseitigung der Gelenkerscheinungen, in einem
Falle sogar auch die Bek&mpfung des Fiebers. In alien
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538
Rheumatismen.
diesen Fallen konnten wir, nachdem wir das Praparat 844
mitunter bis zu 14 Tagen vergeblich gereicht hatten, durcb
zwei- bis dreitagige Yerabfolgung von 3—4 g Acid, salizyl.
oder Aspirin die Heilung herbeiffthren. Einen heilenden
Einfluss auf die Endokarditis haben wir nicht festgestellt,
haben aber andererseiis auch bei bestehendem Yitium cordis
ohne jeden Schaden hohe Dosen verabfolgen kSnnen. Es
ist wohl eigentlich kaum ndtig, zu bemerken, dass das¬
set be auch von den Salizylpraparaten gilt, dass es auch
so manchen Fall von akutem Gelenkrheumatismus gibt,
der sich von den Salizylpraparaten nicht giinstig beein-
flussen lasst. Die Darreichung des Mittels bei den freilich
nur sparlich in Behandlung gekommenen Fallen von chro-
nischem Gelenkrheumatismus hat, unseren Erwartungen
entsprechend, keine nennenswerten Erfolge nach sich ge-
zogen. Eine voriibergehende, nach Aussetzen des Mittels
immer wieder nachlassende Linderung der Schmerzen war
das Einzige, was wir erreichen konnten. Salizylpraparate
wirken hier nicht besser. Erfolglos war femer die Dar¬
reichung bei der Arthritis urica. Das Melubrin war nicht
imstande, die Schmerzen und EntzQndungserscheinungen
in den kranken Gelenken zu beseitigen. Es ist bekannt,
dass hierbei auch die Salizyltherapie selten Nutzen bringt.
Die Zahl der behandelten Falle war allerdings nur sehr
gering. Dagegen hat sich das Praparat durchaus bei der
Ischias bewahrt. Hier konnten wir, ebenso wie bei dem
akuten Gelenkrheumatismus, eine ziemlich prompte schraerz-
stillende Wirkung konstatieren, die die Pat. instand setzte,
bald das Bett zu verlassen. Um die rein antipyretische
Wirkung zu studieren, gaben wir das Mittel zunAchst in
den obengenannten Dosen bei einer Anzahl von Pneumonien,
doch liessen wir bald von diesen Versuchen wieder ab.
In einigen Fallen namlich blieb die Hdhe des Fiebers
vOllig unbeeinflusst, in anderen wurde sie zwar auf etwa
38° (nie zur Norm!) herabgedrftckt, doch verloren wir
damit einen wichtigen Faktor for die Beurteilung des
Krankheitsverlaufes, und endlich konnten wir nie, im
Gegensatz zu Lbning, eine gtlnstige Wirkung auf die
Prozesse in der Lunge oder auf das Allgemeinbeiinden
beobachten. Lohnend dagegen schien uns ein Versuch,
die konsumierenden Fieber chronischer Erk rank u ngen
herabzusetzen. Wir gaben deshalb bei drei Fallen von
Lungentuberkulose dreimal taglich 1,0 g. Die Folge war
ein rasch vordbergehendes starkes Absinken der Temperatur,
verbunden mit einem derartig heftigen Schweissausbruch
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Rheumatism en.
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und Frost, dass alle Pat. das weitere Einnehmen des
Pulvers verweigerten, und wir uns, im Gegensatz zu den
bisherigen Beobachtem, von der Unmbglichkeit dieser Dar-
reichungsweise Oberzeugen mussten. Wir versuchten daher
durch kleinere aber hSufigere Gaben in einer fftr den Pat.
angenehmeren Weise ein allm&hliches Absinken der Tern-
peratur herbeizufflhren und diese auf niedrigerer HShe zu
erhalten. Zu diesem Zwecke stellten wir uns eine Lbsung
des Mittels im Verh<nis von 5—6 : 200 her, von der wir
gewbhnlich siebenmal am Tage einen KinderlOffel bis Ess-
lOffel gaben. Unsere Versuche waren in vier Fallen von
deutlichem Erfolg gekrOnt. Es handelte sich um Pat., die
morgens eine Temperatur von etwa 36° und abends eine
solche von 39° aufwiesen Nach kurzer Darreichung des
Mittels in der oben angegebenen Weise remittierte das
Fieber nur noch zwischen 37° und 88° und hielt sich im
Mittel auf 37,5° bei allgemeinem Wohlbefinden der Pat.
Auch in den Fallen, in denen eine anhaltende Temperatur-
erniedrigung nicht erreicht wurde, war ein Sinken der
Durchschnittstemperatur um etwa 1 0 trotz der Remissionen
wohl erkennbar. Es scheint, dass sich damit ein vielver-
sprechender Anwendungsmodus des Mittels gefunden hat,
der weitere Versuche in dieser Hinsicht rechtfertigt. Da
das Medikament, wie oben erwahnt, in wasseriger LSsung
nicht gut haltbar ist, empfehlen wir, es in Form von
Pulvern zu reichen und etwa 5 — 6—7 mal 0,3—0,5 g pro
die zu geben. So wenden auch wir es jetzt an. Bei dieser
Verordnungsweise blieben die obengenannten sttirmischen
Erscheinungen aus. Die Pat. klagten nicht mehr Qber
Schweissausbriiche. Ein ungttnstiger Einfluss auf den
Appetit konnte selbst nach wochenlanger Verabreichung
des Mittels nicht beobachtet werden, ebensowenig stellte
sich Widerwillen gegen das Medikament ein. Die Wirkung
des Melubrins auf die verschiedenen Krankheiten zusam-
menfassend, kdnnen wir nach alledem sagen, dass es ein
gutes Antipyretikum darstellt, und dass es als Antirheuma-
tikum dem Salizyl an Wirksamkeit nahekommt, an Be-
kbmmlichkeit ihm weit Qberlegen ist. Es wird wahrschein-
lich immer einige Falle geben, in denen das Melubrin
versa gt, und in denen man deshalb zum Salizyl wird
greifen mOssen. Auch das Umgekehrte wird sich wohl
ereignen. Fraglos bildet aber das Melubrin wegen seiner
Bekbmmlichkeit fQr die F&lle eine willkommene Bereicherung
unseres Arzneischatzes, in denen Salizylpraparate nicht
vertragen werden, und in denen wir dann zu anderen
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540
Rheumatismen — Seekrankheit.
Mitteln, wie Antipyrin, Antifebrin, Pyramidon, greifen
mussten. Die absolute Ungiftigkeit und die gute Bekomm-
lichkeit des Melubrins dOrfte Veranlassung sein, es vor
den genannten Mitteln zu bevorzugen. Allerdings wird sein
hoher Preis — das Kilo kostet vorlaufig noch 57,50 M. —
es ihm schwer machen, das Salizyl zu verdr&ngen. Zum
Schluss noch eine Bemerkung liber den Urinbefund. Neben
der bereits von anderer Seite raitgeteilten Violettfarbung
des Urins nach Zusatz von Eisenchlorid fanden wir in
einer grossen Zahl von Fallen, nicht in alien, stark redu-
zierende Eigenschaften. Bei Anstellung der Nylander’schen
Probe trat Schwarzfarbung auf, und auch die Trommer'sche
Probe fiel deutlich positiv aus. Die von Herm Prof.
Boruttau auf unsere Bitte vorgenommene Untersuchung
des Urins ergab in einigen Fallen eine Linksdrehung, die
beim Kochen mit Salzsaure geringer wurde und schliess-
lich in Rechtsdrehung Qberging. Diese Erscheinung zu-
sammen mit dem positiven Ausfall der ebenfalls vorge-
nommenen Tollens’schen Proben (Phloroglucin undNaphtho-
resorcin + HC1) wies Glykuronsaure als reduzierende
Substanz nach. Die meisten Urine enthielten die Glykuron¬
saure gepaart mit dem aromatischen Kbrper des Pulvers,
einige besonders stark reduzierende neben der gepaarten
auch noch freie. Es scheint eine Ausscheidung von Gly¬
kuronsaure stattzufinden, wie sie in der Starke bei anderen
Mitteln noch nicht beobachtet ist. Eiweiss und Zylinder
haben sich in den Urinen nie gefunden, so' dass eine
Nierenreizung auch nach Verabfolgung grosster Dosen und
nach langer Zeit der Anwendung nicht aufzutreten scheint,
ein nicht unwichtiger Vorzug des Mittels vor den Salizyl-
praparaten.“ (Berliner klin. Wochensohrift 1912 Nr. 22.)
Seekpankheit* s. und Bromural. Yon Dr. Reinsch
(Breslau). Bromural ist kein eigentliches Heilmittel gegen
S. Es ist aber ein Medikament, welches, richtig, das
heisst frOh genug, prophylaktisch angewendet, so gut wie
immer seine Schuldigkeit tut und in den meisten Fallen
die S. unterdrtlckt. Sodann ist Bromural selbst bei aus-
gesprochener S. offenbrir von gutem Erfolg, da es stets
einen Teil der lastigen Erscheinungen nimmt, so dass die
Beschwerden wenigstens ertraglich werden. Endlich hat
Verf. wiederholt feststellen konnen, dass Bromural, selbst
auf der Hohe der S., diese zum vblligen Schwinden bringt,
wenn es gelingt, dem Pat. mOglichst hohe Dosen wirksam
beizubringen. Die Darreichung des Bromurals bei S. weicht
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Seekrankheit — Tabes.
541
etwas von der sonst Gblichen Medikation dieses Pr¶ts
ab, da man verhaltnismassig hohe Dosen gibt. Moglichst
wurde Bromural prophylaktisch gegeben. Bei Passagieren,
die durch friihere Reisen bewiesen hatten, dass sie see-
krank werden, wurden mehrmals am Tage Tabletten a 0,3 g
bis zu vier Tabletten gegeben. Besonders nutzbringend
und vorteilhaft erwies sich dies Mittel, wenn es bei stiir-
mischer See bzw. solcher See, die mit „Dunung“ be-
zeichnet wird (unruliige See nach Sturm), etwa eine halbe
Stunde vor dem Aufstehen gegeben wurde. In diesen
Fallen gab Verf. mit recht gutem Erfolg zwei Tabletten
auf einmal und liess den Passagier eine halbe Stunde
spSter aufstehen. Mit gutem Appetit wurde zumeist ge-
fruhstbckt, und das Allgemeinbefinden war ein recht gutes.
Auf diese Weise wurde in einer ganzen Reihe von Fallen
die S. vdllig unterdrtickt. (Zentralblatt f. Therapie, 1913 Juli.)
Tabes. Die Behandlnng der Schmerzen bei T. Yon Dr.
Kurt Singer (Berlin). „In alien Stadien der T. spielen
die Schmerzen und Schmerzanfalle eine grosse Rolle. In
frtihen Stadien besonders die momentanen, ,blitzartig‘
durch die Beine schiessenden, bohrenden oder schneidenden
Schmerzen; dann die in inzipienten und vorgeschrittenen
Fallen gleich haufigen, unter heftigen Schmerzen auftretenden
Brechanfalle: Magenkrisen. Aehnliche, ausserst schmerz-
hafte Anfalle betreffen auch, allerdings seltener, den Darm,
die Blase, den Larynx, die Nieren, die Klitoris usw. Meist
sind motori8che, sensorische und sekretorische Reizerschei-
nungen bei den Krisen kombiniert vorhanden, doch iiber-
wiegen die neuralgischenSymptome. Die ttbrigen Schmerzen
der Tabiker, Giirtelgefiihle, Parasthesien zwingen nur selten
zu einem augenblicklichen Eingreifen; ihre Behandlung
fallt mit der Therapie der T. als Gesamtkrankheit zu-
sammen.
i. Spezifische Ruren.
Sie sind im allgemeinen nur bei beginnenden Tabes-
fallen anzuraten. Dann leisten die alten Schmier- und
Injektionskuren, besonders die Kalomelkur, gerade so viel
wie die Salvarsanbehandlung, die in den letzten zwei
Jahren mit besonderer Emphase empfohlen worden ist.
In weit vorgeschrittenen Fallen, im ataktischen Stadium,
soli Gberhaupt keine aussere spezifische Kur versucht werden;
• Jodgebrauch reicht da vollkommen aus. Bei den Kranken
aber, bei denen lanzinierende Schmerzen und Krisen im
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542
Tabes.
Vordergrunde des Krankheitsbildes stehen (T. dolorosa),
kann eine regelrechte spezifische Kur vorgenommen werden,
wenn die Lues serologisch-zytologisch festgestellt und friiher
spezifische Kuren ungenfigend gemacht worden sind. Seb-
nervenerkrankung und Kachexie sind Kontraindikationen
gegen Hg-Kuren. Was in der Literatur an Erfolgen bei
der Quecksilber- und Hatabehandlung verzeichnet ist, be-
zieht sich fast ausschliesslich auf die Reizerscheinungen
des sensiblen Neurons. Diese sind aber auch ziemlich
konstant im gfinstigen Sinne beeinfiussbar.
2. Medikamente.
Ohne interne Mittel kommt man nie aus bei den
Schmerzanfallen der Tabiker, besonders bei den Erisen
und Blitzschmerzen. An der Spitze dieser Medikamente
stehen noch immer das Aspirin und Pyramidon, bei deren
Verabfolgung auch die Gefahr der Gewfihnung sehr gering
ist. Helfen Einzelprfiparate nicht mehr, so empfiehlt sich
eine Kombination zweier oder mehrerer Prfiparate: Pyra¬
midon 0,3 + Phenazetin 0,5; oder die Mischung eines
Salizylprfiparats mit einem Narkotikum der Fettreihe: Anti-
febrin + Kodein usw. Aus der grossen Reihe der Anti-
neuralgika, die alle gelegentlich ihre erfolgreiche Anwen-
dung finden kfinnen, nenne ich hier noch: Analgen, Cbinin,
Trigemin, Methylenblau (0,1—0,5), Natrium salicylicum.
Morphium gebe man nur im Sussersten Falle; es ist nicht
unmfiglich, dass erst durch langeren Morphiumgebrauch
Krisen erzeugt werden. Ein Versuch mit Pantopon ist
da immer noch empfehlenswerter, weil die Gefahr der
Gewfihnung geringer ist. Bei den gastrischen Krisen gebe
man intern Eispillen, ein paar Tropfen Kokainlosung,
mehrmals tfiglich 0,05 Cerium oxalicum oder 0,5 Orexin.
tannicum. Sehr gQnstig wirkt gelegentlich Einfiihrung von
Chloralhydrat per klisma oder, besonders bei Darm- und
Blasenkrisen, ein Suppositorium aus Opium und Bella¬
donna.
j. Physikalische Therapie.
Gegen die lanzinierenden Schmerzen und schmerz-
haften Parasthesien wirken lokale heisse Packungen, Ther¬
mophore, SandsScke gut; ebenso l°/oige Soolbader von 35°C,
10—30 Minuten lang, Bader mit hautreizenden Ingredi-
enzien, wie Fichtennadeln. Daneben kann die schmerz-
hafte Partie (Bein, Arm) massiert werden. Fttr die Krisen
wurde der heisse Magenschlauch fiber einer feuchten Kom-
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Tabes,
543
presse bei kiihler Einwicklung des dbrigen Kbrpers emp-
fohlen (22—24° C). Nachts soil eine Leibbinde getragen
werden. Gegen Blasen-, Klitoris-, Anal-, Hodenkrisen
wirken warme, langdauernde Sitzb&der von 34—40° C,
eine viertel bis eine Stunde lang gegeben, sehr gfinstig.
Eine Kombination von Massage und Hitzezufuhr in Form
der Thermomassage oder Glfthlichtmassage wirkt ebenfalls
momentan ziemlich gut auf die sensiblen peripheren Reiz-
symptome. Bei Pat., die in regelm&ssig wiederkehrenden
Intervallen Blitzschmerzen oder Krisen bekommen, leisten
die indifferenten oder die koblensauren Thermalbader, von
denen Oeynhausen, Gastein, Nauheim einen besonderen
Ruf haben, oft ausgezeichnete Dienste. Heisse Thermen
schw&chen den Pat. und vergrobern die Ataxie, sind daher
zu verbieten.
4. Elektrotherapie.
Sie leistet bei den Schmerzparoxysmen wenig. Man
mache bei schmerzhaften Parasthesien und lanzinierenden
Schmerzen einen Versuch mit der faradischen Bflrste. Die
Beobachtungen von erheblichen Besserungen der Krisen
mittels Applikation von Hochfrequenzstrbmen gestattet die
Empfehlung dieser Behandlung. Doch sind da noch wei-
tere Erfahrungen abzuwarten. Ganz unsicher sind die
Erfolge bei Bestrahlung mit Radium oder ultravioletten
Strahlen. Bei den Krisen ist jede energischere elektrische
Prozedur besser zu vermeiden; vorsichtige Galvanisation
(Kathode auf der Wirbelsftule, Anode auf Magen, Blase usw.,
10 Minuten lang, 3—5 MA) schadet jedenfalls nie etwas.
j. Chirurgische Behandlung.
In sehr langdauernden und heftigen Fallen von kri-
tischen Schmerzen wirkt oft das Ablassen einiger Kubik-
zentimeter von Liquor cerebrospinalis Wunder. Eventuell
kann der Eingriff im Lauf einiger Tage zwei- bis dreimal
wiederholt werden. Bei haufig wiederkehrenden Blitz¬
schmerzen ist die vorsichtige unblutige Nervendehnung im
Anfall und systematische Dehnung in der anfallfreien Zeit
anzuraten. Sind alle Mittel (auch subdurale oder epi-
durale Kokain-Adrenalin-Injektionen) versucht, stellt der
Status criticus, die Inanition, der Morphiumabusus eine
Lebensgefahr dar, so ist die Fbrstersche Operation, die
Durchschneidung der hinteren Wurzeln (YII.—IX. Dorsalis)
die letzte Zuflucht. Doch ist die Mortalitat bei der Radico-
tomia posterior noch eine sehr grosse.“
(Medizin. KJinik 1912 Nr. 24.)
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544
Tuberkulose.
Tuberkulose. „Tanargentan“ alt Antidiarrhoicum. Yon
Fritz Hoppe, Medizinalpraktikant. (Aus der I. medi-
zinischen Abteilung des stadtischen allgemeinen Kranken-
hause9 im Friedrichshain in Berlin). „Das grosse Material
der Anstalt an Lungentuberkulose aller Stadien ermoglichte
es uns, das uns von der ,Fabrik chemisch-pharmazeutischer
Pr Spar ate Dr. R. und Dr. O. Weil, Frankfurt a. M.‘ zur
VerfGgung gestellte Darmadstringens ,Tanargentan‘ in seiner
Wirkung auf die bei der Lungentuberkulose recht Mufigen
tuberkulSsen Enteritiden zu beobachten. Wir gaben dag
Mittel am so unbedenklicher, als wir bereits vor einigen
Monaten mit ihm bei einer allerdings nicht systematischen
Anwendung bei akuten Enteritiden verschiedener Arten
die besten Erfolge erzielt und ein Versagen in keinem
Falle zu verzeichnen hatten. Es handelt sich bei dem
Mittel um ein Tanninsiiberalbuminat, das etwa 6°/o Ag
und 20°/o Tannin, an Eiweiss chemisch gebunden, enthalt.
Es passiert den Magen unverSndert, um erst im alkalischen
Darmsafte gel5st zu werden, und l&sst neben der adstrin-
gierenden Tanninwirkung noch eine desinfizierende Wirkung
der Silbereiweisskomponente erwarten. Um ein reines Bild
seiner Wirkung zu erhalten, wurde es nur bei Diarrhoen
gegeben, die auf eine rein diatetische Bebandlung hin nicht
standen. Ausserdem war eine erfolgreiche Darreichung
bei solchen Fallen besonders beweisend, da diese doch als
nicht leicht angesehen werden mussten. Gegeben wurde
taglich dreimal 0,5 g vor dem Essen. Trotz der recht
haufigen Anwendung ist kein Misserfolg beobachtet worden.
Gewohnlich war die Wirkung so, dass nach zwei bis drei-
tagiger Darreichung die Leibschmerzen, soweit sie bestanden,
aufhOrten, die Zahl der StGhle auf eins, hochstens zwei,
reduziert wurde, und ihre bis dahin dttnnflttssige Beschaffen-
heit einer festen, zum mindesten aber breiigen Konsistenz
wich. Die angegebenen Dosen haben stets genttgt, um
in einigen Tagen die Durchfalle zu beseitigen; nur in
einem besonders hartnackigen Falle war es ndtig, zu grdsseren
Gaben zu schreiten. Hier gelang es, nachdem mehrere
Tage lang taglich dreimal 0,5 g ohne Erfolg gereicht war,
durch Steigen auf taglich viermal 0,5 langsam die Besse-
rung herbeizuffihren. Das Tanargentan hat ferner, wie
durch Versuche festgestellt werden konnte, auch in solchen
Fallen seine Schuldigkeit getan, wo andere Mittel ver-
sagten. So waren wir mehrmals in der Lage, durch Tan¬
argentan einen raschen und vollen Erfolg zu erzielen,
nachdem wir Mittel wie Tannalbin, Wismut, Pantopon usw.
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Tuberkulose.
545
langere Zeit hindurch vergeblich verabfolgt batten. In
mehreren Fallen, bei denen wir die Wirkung des Tanar-
gentans mit der anderer Mittel vergleichen konnten, erwies
sich das Tanargentan als fiberlegen, jedenfalls hat es nie-
mals weniger prompt gewirkt als diese. Hervorzuheben
ist endlich seine gute Bekfimmlichkeit. Es ist stets von
den Pat. gern genommen worden und hat niemals auch
nur zu den geringsten Stbrungen im Allgemeinbefinden
Anlass gegeben. Selbst in Fallen, in denen es langere
Zeit hindurch gegeben werden musste, sind nie Uebelkeit
oder. Erbrechen aufgetreten. In einem progressen Falle,
in dem Tanargentan und Tannalbin des Vergleiches wegen
abwechselnd gegeben wurden, zeigte es sich, dass Tanar¬
gentan jedesmal die immer wiederkehrenden Durchfalle in
der ftir den Pat. angenehmsten Weise beseitigte, wahrend
Tannalbin zwar auch die Diarrhoen zum Stehen brachte,
aber Uebelkeit hervorrief und sthliesslich sofort nach dem
Einnehmen wieder erbrochen wurde. Man kann nach alle-
dem wohl sagen, dass sich das Tanargentan bei den schweren
chronischen Diarrhoen der Phthisiker durchaus bewahrt
hat, und man darf deshalb eine gleich gtinstige Wirkung
bei akuten und subakuten Enteritiden mit Sicherheit an-
nehmen. Wir selbst haben es, wie schon oben erwahnt,
vielffiltig auch bei diesen Erkrankungen mit gutem Nutzen
verordnet. Nach unsern Erfahrungen ist demnach das
Tanargentan ein recht sicher wirkendes, gut bekfimmliches
Antidiarrhoikum. “ (Median. Kiimk 1912 Nr. 27.)
— Legal (Breslau): Beurteilnng dcr Erwerbsf&higkeit bei der
chronischen Lnngentnberknlose.
Berichterstatter erltiutert zunachst den Begriff der Er-
werbsfahigkeit auf Grund der bezuglichen Rechtsprechung,
zeigt, inwieweit Arbeitsgelegenheit, Ausschluss vom Ar-
beitsmarkte, rasche Gesundheitsverschlimmerung bei augen-
blicklich noch moglicher Arbeitsleistung hierbei zu beriick-
sichtigen sind, und legt die Arbeitsf&higkeit als den
einfacheren Begriff seinen weiteren Bemerkungen fiber den
Einfluss der chronischen. Lungentuberkulose auf die Er-
werbsfahigkeit zugrunde. Die Arbeitsfahigkeit sei erstlich
geschmalert durch die Beschrfinkung auf minder anstren-
gende Arbeit. An Beispielen aus der Praxis, auch aus
der nicht versicherten Arbeiterbevfilkerung, wird die nur
• relative Leistungsf&higkeit chronisch Lungenkranker dar-
gelegt, welche hftufig auch zeitlich begrenzt sei und mit
den Jahreszeiten sich wechselnd verhalte, im Spatwinter
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546
Tuberkulose.
und Fruhjahr, sowie bei anhaltender Hundstagshitze ab-
nehme, zur Herbstzeit sich meist bessere. Die notwendige
Schonung masse sich besonders auf das erkrankte Organ
und dessen Funktionen, die Atmung erstrecken, sie mache
endlich die Arbeit unter hygienisch glinstigen &usseren
Arbeitsbedingungen notig. Deren Aufsuchung durch Yer-
treter hoher gelohnter, gesundheitsschadlicher Berufe sei
freilich selten. Bei Beurteilung des Einzelfalles ist eine
sehr ausgeprSgte erbliche Belastung, noch mehr ungQnstige
Kbrperanlage zu beachten, sei es, dass sie in dflrftigem,
fehlerhaftem Brustkorbbaue oder in einem unzul&nglichen
Kreislaufs- oder Assimilationsapparate begrflndet sei. An-
scheinend kraftige Konstitution kann ttber die Arbeitsf&hig-
keit tSuschen, falls Anzeichen der Neigung zu schnell
fortschreitendem Verlaufe, wie andauerndes Fieber, nicht
genug bewertet werden. Ein gQnstiges Allgemeinbefinden
trotz langdauernder Erkrankung ist umgekehrt Beweis einer
relativen Arbeitsfahigkeit. Wiederherstellung derselben,
also gute Erholungsfahigkeit steht in Aussicht, wenn nur
vorttbergehende Ursachen die Widerstandskraft eines Or-
ganismus vermindert hatten und Charakter, Intelligenz
und aussere Lebensverhaltnisse des Kranken eine sp&tere
zweckmSssige Lebensftthrung erwarten lassen. Alkoholis-
mus, Syphilis, chronische Vergiftungen anderer Art, Kom-
bination mit Hysterie und seelischer Depression mit son-
stigen konstitutionellen Leiden wirken umgekehrt. Die
Zerstbrung eines grbsseren Lungenabschnittes schafft meist
dauerndes Siechtum, aber auch Anfangsf&lle sind bei Nei¬
gung zu akutem Verlaufe Anw&rter auf baldige Invaliditftt;
fur die Falle mit klingenden Rasselgerftuschen und dauernd
bazillarem Auswurfe aus der Klasse der Lohnarbeiter ist
dies durch statistische Nachweisungen von Rumpf und
Stauffen festgestellt. Der Lungenbefund allein kann sich
auffallend bessern, wenn die T. an einer anderen Kbrper-
stelle sich, zun^chst in der Stille, verderblich ausbreitet.
Das ist bei beabsichtigten Rentenentziehungen wichtig.
Eine positive Tuberkulinherdreaktion ist Beweis einer noch
vorhandenen, wenn auch latenten Aktivitat des Prozesses.
Der bisherige Yerlauf, Neigung zu haufigem Blutspucken,
oft wiederkehrende Influenza, der Einfluss schon stattgefun-
denen Heilverfahrens auf die Dauer der ferneren Arbeits¬
fahigkeit, die Abstammung der Eranken aus einem zu
gutartigem oder rasch tbdlichem Yerlaufe disponierenden
BevOlkerungsanteil, das Lebensalter beeinflussen schliesslich
unser Urteil. Falle von beschrankter raumlicher Ausdehnung
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Tuberkulose.
547
der Erkrankung, ohne Neigung zu schnellem Umsichgreifen
derselben, ohne die vorgenannten ungiinstigen Neben-
umstfinde sind in ihrer Arbeitsfahigkeit nicht hochgradig
beschrfinkt und zum Gliick zahlreicher als man meinen
kQnnte, wenn man die zwar stark gesunkene, aber immer
noch absolut hohe Ziffer ungfinstiger Falle ins Auge fasst.
Eine weitere Abnahme derselben ist durch fortgesetzte
planvolle Arbeit wahrscheinlich.
v. Golz (Berlin): Der Begriff der Erwerbsfahig-
keit ist kein medizinischer, sondern ein wirtschaftlicher,
und der Arzt nimmt als Gutachter keine andere Stellung
ein, als die der gerichtliche Sachverstandige vor den or-
dentlichen Gerichten bekleidet. Die Losung der Frage:
wie soil bei der Beurteilung der chronischen Lungentuber-
kulose, das die Erwerbsunfahigkeit behandelnde arztliche
Gutaehten aussehen? — muss darin gipfeln, objektiv den
korperlichen Zustand des Lungenkranken zu schildern und
denselben zu der Betatigung im Erwerbsleben in Bezieh-
ungen zu bringen. Bei der chronischen Lungenschwind-
sucht lassen sich weder die pathologisch-anatomische Unter-
scheidung in offene und geschlossene T., noch die klinische
Einteilung nach Stadien im Verlauf der Krankheit und
die Ausdehnung des Krankheitsprozesses als Massstab fflr
die generelle Beurteilung der Erwerbsfahigkeit verwenden.
Eine generelle Definition dieses Begriffes ist bei der chro¬
nischen Lungentuberkulose tiberhaupt unmiiglich. Es kommt
also nur die Beurteilung des Einzelfalles und zwar haupt-
sfichlich in prognostischer. Beziehung in Betracht. Es
handelt sich um eine Prtlfung der Widerstandsfahigkeit
des KOrpers gegen Einfliisse, welche die Betatigung im
Erwerbsleben ausfibt. Das Urteil hierfiber ist nur mbglich,
wenn neben der Beachtung der Krankheitsbegleiterschei-
nungen eine eingehende WOrdigung anderer Verhaltnisse
statt hat, des Allgemeinzustandes, des Verhaltnisses von
Atmung zur Herztatigkeit, der vegetativen Funktionen in
bezug auf Stoffwechsel-Gleichgewicht und nicht zuletzt
des Verhaltens des Nervensystems und Seelenlebens, wobei
natttrlich die subjektiven Angaben — auch von Zeugen,
z. B. Mitarbeitern und Arbeitgebern — berticksichtigt
werden mvissen. Eine wesentliche Rolle fiir das Fort-
bestehen der Arbeitsffihigkeit spielt der Beruf mit seinen
gesundheitsschadlichen Momenten. Arzt und Yersicherungs-
leiter tibernehmen mit der Begutachtung der Erwerbsfahig-
keit eines chronisch Lungenkranken eine grosse verant-
wortliche Aufgabe von bedeutender Tragweite.
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548
Tuberkulose — Tumoren.
In der Diskussion betont Geh. Regierungs-Rat Meyer
(Berlin) die entscheidende Bedeutung des Srztlichen Gut-
achtens filr die Landesversicherungsanstalt,' welches be-
sonders dem fortschreitenden Zustande des Kranken we*
sentliche Beachtung zu schenken habe. — Wolff (Rei-
boldsgrtin) empfiehlt Vorsicht im Gebrauch der Stadien-
einteilung. Die Erwerbsfahigkeit richtet sich nur zum
kleinen Teil nach dem Stadium des Lungenbefundes. Nicht
nur das Stadium ist zu bestimmen und darnach etwa die
Lungen zu behandeln, sondem vielmehr die Individuen -
v sind zu behandeln, und das macht unsere Arbeit zu einer
unerschbpflich schonen und gibt immer wieder Anregungen.
Bei der Beurteilung der Erwerbsfahigkeit muss zunachst
studiert werden: wie war der bisherige Verlauf?, dann
der Charakter des Kranken und die Erholungsffthigkeit,
endlich der Beruf und die h&uslichen Verhaltnisse. Hier-
tiber sollte sich ein dem Kranken bei der Entlassung
aus der Anstalt mitzugebendes Zeugnis aussprechen. —
Reche (Breslau): Den aus den Heilstatten entlassenen
Pat. ist passende Arbeit zu liefern; hierbei entsteht die
Frage des Berufswechsels. Die Arbeitsvermittlung lfisst
sich vielleicht in Angliederung an die Ftirsorgestellen be-
werkstelligen. Sie wflren im Kampfe gegen die T. die
dritte Etappe, wenn man als erste die Heilstatten, und
als zweite die Ftirsorgestellen ansieht. — Mug dan
(Berlin) hebt hervor, dass, der Begriff „Erwerbsfahigkeit“
nur ftir die Unfallversicherung reserviert ist, und dass
nach dem Wortlaut des Gesetzes „Invaliditat“ dann vor-
liegt, wenn der Betreffende nicht imstande ist, durch seine
Tatigkeit etwas zu verdienen, aber nicht in dem Falle,
wenn er durch seine Mitarbeit seine Umgebung durch
Ansteckung gefahrdet. In letzterem Falle ist er nicht
unfahig zu arbeiten. Der Arzt hat sich lediglich nach'
diesem Wortlaut des Gesetzes zu richten. — Lenn-
hoff (Berlin) wtinscht neben der Berticksichtigung der
Anamnese, die der Arzt zu erheben imstande ist, beson-
dere Bewertung der sozialen Anamnese, die die Versiche-
rungsanstalt hierz.u liefern muss; dabei ist mit der grtissten
Sorgfalt das bisherige Arbeitsverhaltnis und der Yerdienst,
bzw. sein Heruntergehen zu erforschen.
vDeutachea Zentral-Komitee z. Bek&mpfung d. Tuberkulose, Berlin 13. VI. 12.)
Tumoren. Drei interessante Fehldiagnosen auf malignen
Tumor. Yon Dr. Richard Fabian. [Schluss.] „Der
zweite Fall betraf eine 47jahrige Arbeiterfrau, bei der
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Tumoren.
549
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im Jahre 1905 in unserer Poliklinik ein faustgrosser
Tumor in t der Gallenblasengegend festgestelit wurde.
Die Pat. wurde deshalb einem hiesigen Krankenhause zur
Operation Qberwiesen. Die Beschwerden, tiber welche
die Pat. klagte, bestanden in anfallsweise auftretenden
,Magenkoliken ; mit Uebelkeit und Erbrechen; ferner soil
nach Angabe der Pat. langere Zeit eine ikterische Ver-
farb ung der Haut vorhanden gewesen sein. Bei der Ope¬
ration (pararektaler Schnitt) wurde ein birnenformiger,
derber, hhckriger Tumor in der Gallenblase gesichtet, der
durch zahlreiche derbe, feste Bindegewebsstrange mit der
unteren Leberflaclie und dem Pylorusteil des Magens in
Verbindung stand. Bei der Ausbreitung des Tumors stand
man von einer Resektion ab und begnftgte sich mit einer
Probelaparotomie. Die Pat. wurde spater nach Heilung
der Bauchwunde aus dem Krankenhause entlassen. Seit-
dem war die Pat. unserem Gesichtskreis entschwunden,
und erst im Januar 1911 kam sie wegen Magenbeschwerden
von neuem in die Poliklinik zur Behandlung. Ein Tumor
in der Gallenblasengegend oder im Abdomen (lberhaupt
ist nicht mehr nachzuweisen. Objektiv bestand nur eine
m&ssige Anamie und eine Gastritis chronica subacida.
Unter der Behandlung (Regelung der Diat, Eisen und
Amara) trat eine allmahliche Besserung ein,. das Kbrper-
gewicht hob sich, und im Laufe der Zeit wurde Pat. vbllig
beschwerdefrei. Das letztemal zeigte sich uns die Pat.
im November 1911, ohne dass eine Aenderung in dem
Befinden eingetreten war. Ein Tumor war nicht nach-
weisbar. — Auch in diesem Falle muss es sich um einen
diagnostischen Irrtum gehandelt haben; denn die seinerzeit
gestellte Diagnose ,maligner Tumor in der Gallenblase 1,
dtirfte sich jetzt nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Frei-
lich fehlt uns hier jeder sichere Anhaltspunkt, welcher
Natur der damals bei der Operation festgestellte Tumor
gewesen ist. Die Annahme, dass auch hier ein luetischer
Prozess eine Rolle gespielt hat, schwebt vdllig in der Luft,
weil sowohl die Anamnese wie die negative Wassermann-
sche Blutprobe dagegen sprechen. Welcher Genese der
Tumor auch gewesen sein mag, sicherlich ist ein Karzinom
auszuschliessen,nachdem diePat.sechs Jahre postoperationem
nicht nur den Tumor nicht mehr hat, sondern auch, von
leichten Verdauungsbeschwerden abgesehen, vbllig gesund
geblieben ist. In den beiden berichteten Fallen haben wir
selbst die Fehldiagnose gestellt, die dann spater durch die
Autopsie in vivo wiederliolt wurde.
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550
Tumoren.
Noch interessanter dtirfte der dritte Fall sein, bei
welchem 1906 der Primartumor operativ entfernt worden
war. Durch die mikroskopische Untersuchung wurde dieser
als ein Sarkom des Ovariums gedeutet, so dass die im
Jahre 1907 auftretende Geschwulstbildung als Metastasen-
bildung von dem Gynftkologen angesehen wurde, der uns
die Pat. zur Behandlung in die Poliklinik schickte. In
diesem Falle ist uns allerdings aus klinischen Erwflgungen
heraus sofort ein Yerdacht gegen die Richtigkeit der Dia¬
gnose wach geworden, wie denn aucb der unter der ein-
geleiteten Therapie sich einstellende gunstige Yerlauf
unserem Zweifel Recht gab. Es handelte sich um eine
25jahrige Werkmeistersfrau in einem m&ssigen Ernahrungs-
zustande, bei der eine anamische Verfarbung der Haut und
der sichtbaren Schleimhaute zu konstatieren war. Brust-
organe ohne pathologischen Befund. Keine Drftsenschwel-
lung. Untersuchung des Blutes ergab keine Leukozytose.
In der linken Oberbauchgegend fand sich ein mannskopf-
grosser, derber Tumor, der perkutorisch bis in das linke
Hypochondrium hinauf festzustellen war und nach abwarts
bis zur Nabelhcrizontalen reichte. Die Oberflache des
Tumors war hockrig, der Tumor selbst zeigte geringe
respiratorische Yerschieblichkeit. Was die Diagnose be-
trifft, so tauchte bei uns sofort der Verdacht einer tertiar-
luetischen Erkrankung auf, um so mehr, als die Pat. auf
eindringliches Befragen zugab, vier hintereinander folgende
Aborte gehabt zu haben. Unser Yerdacht wurde dann
einige Zeit spater durch den stark positiven Ausfall der
Wassermannschen Reaktion noch bekraftigt. Pat. erhielt
therapeutisch 20 subkutane Injektionen von Atoxyl, 0,2 g
pro dosi, jeden zweiten Tag unter genauer Kontrolle der
Augen; ausserdem jeden zweiten Tag eine RSntgenbestrah-
lung des Tumors. Der Erfolg dieser Behandlung war ein
sichtbarer. Auffallende Besserung des Allgemeinbefindens.
Der Tumor wurde in seiner Konsistenz weicher und ging
allmahlich in seiner Ausbreitung zurtick. Auch in den
nachsten Monaten, nach Aussetzen der Behandlung, hielt
der gtinstige Status an. Nach 1 / 2 Jahr war der Tumor
nur noch drei Querfinger unter dem Rippenbogen zu pal-
pieren, so dass noch einmal eine Atoxylkur (wiederum
20 Injektionen a 0,2 g), diesmal ohne Rontgenbestrahlung,
eingeleitet wurde. Am Ende der Kur konnte der Tumor
nicht mehr nachgewiesen werden. _ In den seitdem ver-
flossenen drei Jahren haben wir die Pat. in Zwischen-
raumen von einigen Wochen oder Monaten immer wieder
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Tumoren — Vermischtes.
551
zu beobachten Gelegenheit gehabt. Der Emahrungszustand
und das Korpergewicht haben sich bestandig gehoben; nur
eine leichte Anomie ist zuriickgeblieben. Diese besteht
zurzeit noch, ein Tumor ist weder durch Perkussion noch
durch Palpation festzustellen. — Bei der Beurteilung dieses
Falles bleibt zu erwfigen, ob es sich um ein Sarkomrezidiv
in der BauchhOhle oder um einen luetischen Prozess ge-
handelt hat. Was die erstere Annahme betrifft, so sind
Rfickbildungen von Sarkomen unter Atoxyl erst in der
letzten Zeit wieder in der Literatur bescbrieben worden.
Wenn man jedoch in unserem Falle die vier aufeinander
folgenden Aborte in der Anamnese, den stark positiven
Ausfall der Wassermannschen Reaktion des Blutes be-
rttcksichtigt, so dilrfte es wohl eher berechtigt sein, einen
luetischen Krankheitsherd anzunehmen, zumal die mikro-
skopische Untersuchung zwischen kleinzelligen Sarkomen
und gumm&sen Bildungen haufig auf Schwierigkeiten stosst.
Aus .diesen Fallen entnehmen wir die Lehre, dass
man doch immer gut tut, selbst bei grOsseren Tumoren
der Bauchhbhle die Mijglichkeit einer nichtmalignen Genese
in Erwagung zu ziehen und vor alien Dingen an einen
syphilitischen Ursprung zu denken. Es empfiehlt sich des-
halb dringend, in solchen Fallen die Anamnese so sorg-
faltig als m5glich aufzunehmen und niemals die Yornahme
der Wassermannschen Reaktion zu versftumen.*
(Berliner klin. Wochenachrift 1912 Nr. 21.)
Vermischtes.
TJeb«r Deflorationspyelitis. Von Privatdoz. Dr. H. Windbolz
(Bern). Auf den Zusammenhang zwischen Defloration und
Pyelitis wurde Verf. aufmerksam gemacht durch die Be-
obachtung von drei Fallen akuter Pyelitis bei frisch ver-
heirateten, frtther von ihm wegen Tuberkulose nephrek-
- tomierten Frauen. Bei diesen Kranken waren die Harn-
organe seit der Operation stetsfort genau tiberwacht worden,
und die Heirat wurde erst erlaubt, als sich der Urin
dauernd als normal und keimfrei erwiesen hatte. Die
gleich nach der Heirat auftretenden Symptome der Pyelitis
enveckten natiirlich trotzdem vorerst den Gedanken an ein
Rezidiv der Tuberkulose, ausgehend von einem latenten
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552
Vermischtes.
Tuberkuloseherd der Harnorgane. Jedesmal erwies aber
die genaue bakteriologische Untersuchung, gleicb wie der
klinische Yerlauf, die Grundlosigkeit dieses Yerdachtes.
Immer bandelte es sich am eine reine Coliinfektion der
.. Blase und des Nierenbeckens, die nach ktirzerer oder
lingerer Zeit zu vollkommener Heilung kam. Von den
Ehem&nnern dieser Kranken litt keiner an Urethritis. Das-
selbe Krankheitsbild, akute Pyelitis kurz nach der Deflo¬
ration,- beobachtete Verf. im Laufe der letzten Jahre auch
bei' fftnf andern Frauen, die bis zu ihrer Verheiratung nie
unter Harnbeschwerden gelitten hatten. Mit Ausnahme
eines einzigen Falles, bei dem die Infektion durch einen
nicht naher bestiraraten gram-positiven Diplokokkus bedingt
schien, fanden sich im eitrigen Urin dieser Kranken immer
Colibakterien in Reinkultur. Gonorrhoische Infektion war
jedesmal mit Sicherheit auszuschliessen; keiner der Gatten
litt an Urethritis. Bei drei der Pat., die zystoskopisch
untersucht werden konnten, zeigte die Blasenschleimhaut
nur im Bereiche des Trigonums eine Mitbeteiligung an
dem Entziindungsprozesse. Die Pyelitis war immer ein-
seitig, viermal reehts-, nur einmal linksseitig. Einen sichern
Beweis dafflr, dass in diesen Fallen von Pyelitis die Ein-
gangspforte der Infektion in den Hymenalrissen lag, kann
Verf. nicht erbringen. Aber das wiederholte Zusammen-
treffen von Pyelitis mit der Defloration liess bei Mangel
eines andern erkennbaren Stiologischen Momentes einen
Kausalnexus zwischen Hymenlasion und Pyelitis doch fur
sehr wahrscheinlich halten. Die Kenntnis dieses Zusam-
menhanges zwischen Defloration und Pyelitis hat auch
praktisches Interesse. Sie wird uns davon abhalten, bei
akuter Infektion der Harnwege einer Neuvermahlten trotz
Fehlens von Gonokokken stets in erster Linie an gonor¬
rhoische Infektion zu denken. Wir werden gleich eine
energische Lokaltherapie einleiten, wenn interne Harn-
antiseptika nicht sehr rasch die Infektion zu unterdrCicken
vermOgen. Die Kenntnis der Deflorationspyelitis wird mis
ferner dazu veranlassen, auch den scheinbar unbedeutenden
Zystitissymptomen frisch verheirateter Frauen mehr Be-
achtung, zu schenken als bisher und ihre Behandlung nicht
auszusetzen, bis wir Keimfreiheit des Harns erzielt haben.
Denn der Gedanke liegt nahe, dass die Pyelitis gravidarum,
welche ja vorzugsweise in der ersten Gravidit&t sich ein-
stellt, sehr h&ufig ihren Ursprung nimmt in einer bei der
Defloration erfolgten Coliinfektion der Harnwege.
(Correspondenzblatt f. Sohweizer Aerate 1912 Nr. 1)
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VermischteF.
553
— Adpmon, ein neues Sedativum. Von Dr. Fr. Bogner (Mi'tnchen).
^Die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & .Co., Elberfeld,
stellen unter dem Namen Adamon ein neues Sedativum
her, das nach raeinen Beobachtungen wohl geeignet ist,
die Brom- und Baldrianpraparate zu ersetzen. Bevor icli
iiber die Wirkung des von uns 9eit zirka einein Jahre bei
geeigneten Fallen verwendeten Mittels Naheres berichte,
sei es mir gestattet, iiber seine chcmische Zusammensetzung
das Folgende mitzuteilen. Adamon ist ein Dibromdihydro-
zimtsaureborneolester von der Formel C fl H 5 *CHBr-
CHBr’CO'O’CjoHj,. Es enth< je zirka 35% Brom
und Borneol in leicht abspaltbarer F'orm und bietet fur
den Arzt sckon dadurcli Interesse, weil es den ersten be-
kannten, festen, brombaltigen Ester des Borneols darstellt.
Sein Schmelzpunkt liegt bei 73°. Der Ester stellt ein
weisses, fast geruch- und geschmackfreies Kristallpulver
von neutraler Reaktion dar. Er ist unloslich in Wasser,
dagegen leicht loslich in Aether, Chloroform und Tetra-
chlorkohlenstoff. Adamon wurde von uns bis jetzt an
zirka 40 Pat. verabreicht, und zwar bei leichteren Erregungs-
zustanden, nervoser Tachykardie und bei nervdsem Herz-
klopfen Die Erfolge Avaren durchweg gute. Hypnotische
Wirkung konnte nicht erzielt Averden, doch gaben die Pat.
einstimmig an, dass sie wenigstens ruhig im Bette liegen
konnten und sich nicht, wie vor der Adamon-Medikation,
von einer Seite auf die andere werfen mussten. Bei Herz-
klopfen nahmen die subjektiven Beschwerden rasch ab.
Pulsbeschleunigungen konnten in geeigneten Fallen sehr
giinstig beeinllusst werden. Eine wesentliche Beeindussung
des Blutdrucks, das heisst eine nennenSAverte Herabsetzung
desselben, war dagegen nicht festzustellen. Das Praparat
wurde von alien Pat., auch empfindlichen, gerne genommen,
da es fast v6llig geschmack- und geruchlos ist. Vor allem
klagte keiner der Pat. Gber das sonst bei alien Mitteln
aus der Baldriangruppe storende Aufstossen nach dem
Einnelimen. Auch wurde das Medikament von seiten des
Magens und des Darms ausgezeiehnet vertragen. Ich habe
Adamon zum Teil in Pulver- oder Tablettenform a 0.5
nehmen lassen. Die Tabletten wurden von den Pat. aus
rein praktischen Grilnden bevorzugt. Gegeben Avurden
pro die 3 — 5 Dosen a 0,5. Ueble Nebenerscheinungen
konnten in keiner Weise verzeichnet werden. Bekanntlich
ist an rein sedativ Avirkenden Mitteln im Arzneischatze
kein Ueberfluss vorhanden. Da das Adomon, ganz ab-
gesehen von seiner Geschmack- und Geruchlosigkeit auch
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554
Vermischtes.
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hinsichtlich seiner therapeutischen Wirkung nichts zu
wunschen tibriglasst, kann dieses neue unschadliche
Sedativum auf Grund unsrer bisherigen Erfahrungen zu
weiterer Nachprhfung und Verwendung in der Nerven-
praxis nur empfohlen werden.“
(Medizin. Klinik 1912 Nr. 2.)
Die snbkntane Digaleninjektion. Von Dr. L. Silberstein
(Berlin). Die Wirksamkeit dieser Therapie illustriert fol-
gender Fall: Es handelte sich um eine 76j&hrige Pat.,
Frau v. L., die, mit allgemeiner Adipositas behaftet, vor
vier Jahren eine Apoplexie mit linksseitiger Lahmung
hatte, deren Erscheinungen allmahlich zuruckgingen. Nach
einem schon drei Stunden w&hrenden Herzanfall fand Verf.
nachts 3V« Uhr die Pat. rbchelnd, kaum vernehnjbare
Laute stammelnd, mit sehr beschleunigter Atmung und
starkgespanntem Puls von ca. 140 in der Minute vor. Sich
keinen grossen Hofi’nungen hingebend, injizierte Yerf. von
3 '/a —4 Uhr 5 ccm 01. camphorat. forte und applizierte
daneben heisse Herzkompressen und lieisse Hand- und
Fussabreibungen. Oft schon hatte er in ahnlichen Fallen
leider die Aussichtslosigkeit dieser Manipulation kennen
gelernt. Er wollte jedoch nichts unversucht lassen und
liess noch Digalen holen, von dem er um 4 Uhr 2 ccm
in die Ellenbeuge subkutan einspritzte. Sichtbar war der
sofortige Umschwung: das Rocheln liess unter wieder-
holtem Aufhusten nach, die Atmung wurde ruhiger, die
Sprache deutlicher, die Pat. zeigte wieder Teilnahme. Um
6 Uhr konnte Verf. nach Verabreichung von 15 Tropfen
Digalen die Pat. beruhigt verlassen. Sie erhielt an diesem
Tage noch 5mal 10 Tropfen,
5. und 6. XT. 7 mal taglich 10 Tropfen
/. „ 8. XI. 3 „ „ 10 r
9. „ 10. XI. 2 „ „ 10 „
vom 11. XI. an 2 „ „ 8 „
„ 28. XI. „ 2 „ „ S
Die Mitteilung des Falles geschieht in der Absicht,
die Kollegen zu veranlassen, Digalen in Ampullen stets
bei sich zu fi'ihren, um in geeigneten Fallen keine Zeit
zu verlieren.
(Therapeutische MoDatehefte, Februar 1912.)
Erfahrungen mit Fergenol. Von Dr. Korte, Ohren-, Hals-
und Kehlkopfarzt in Danzig. Seit ungefahr zwei Jahren
verwendet Verf. in seiner Praxis die verschiedenen Per-
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Vermiscktcs.
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genolpraparate. Pergenol ist bekanntlich ein PrSparat,
das beim Losen in Wasser sofort Wasserstoffsuperoxyd
und Natriumborotartrat liefert. Bei Rachenkatarrhen, Hals-
entztindungen bakterieller Art lfisst Verf. gurgeln mit Per-
genol-Mundwassertabletten, eine Tablette auf ein halbes
Glas warmen Wassers, und verordnet den Pat. ausserdem,
in der Zwischenzeit Pergenol-Mundpastillen ira Munde
langsam zergehen zu lassen. Die Erfolge sind durchaus
befriedigend. Pat., die h&ufig an* Mandelentziindungen
litten, empfanden speziell die Pergenol-Mundpastillen sehr
angenehm. Ein besonders vom Verf. geschatztes Praparat
ist das Pergenol medicinale pulverisat. Er hat es zun&chst
angewandt nach Operationen in der Nase und im Hals
zur Befbrderung der Blutstillung, ferner pflegt er die
Operationswunden an den folgenden Tagen tSglich mit
Pergenol medicinale pulverisat. einzupudem. Das Auf-
schaumen des frei werdenden Sauerstoffs Qbt eine sehr
energische Desinfektion der Wundflache aus, besonders
nach Tonsillektomie werden die manchmal etwas schmutzi-
gen, belegten Mandelstfimpfe nach der Pergenol-Einpuderung
sehr bald zu reinen, granulierenden Wunden. Die Per-
genolwirkung wird durch die oben erwahnte hausliche
Anwendung der Pergenol-Mundpastillen wesentlich unter-
stiitzt. Ein weiteres Gebiet, auf dem sich das Pergenol
medicinale pulverisat. nach Verf.s zweijahrigen Erfahrungen
sehr gut bewahrt hat, sind die ulzerativen Formen der
Tuberkulose und auch der Lues des Kehlkopfes. Verf.
blast das Pergenolpulver auf mittels eines sehr einfachen
Pulverblasers, den er sich selbst konstruiert hat. Er be-
steht aus einem Glasrohr, ca. 20 cm lang, welches auf
einer Seite eine Biegung fast bis zu einem rechten Wink el
hat. Die umgebogene Stelle ist ca. 1 cm lang. Beim
Biegen ist darauf zu achten, dass die Einknickstelle mog-
lichst keine Verengerung bekommt, damit dort das Pulver
nicht haften bleiben kann. Das andere Ende des Rohrs
versieht. man zweckmassig mit einer kleinen schaufelformigen
Abschragung, die zur Aufnahme des Pergenolpulvers dient.
Das Rohr hat die lichte Weite der gewohnlichen Rohre
an Pulverblasern. Dieses Rohr wird am hinteren Ende
mit einer ca. 1 cm langen Schicht Pergenolpulver beschickt
und dort mit einem Gummiballon, der in einem ca. 30 cm
langen Gummischlauch endigt, verbunden. Daumen und
Zeigefinger fixieren die Stelle, wo der Gummischlauch uber
das Glasrohr greift, und die letzten zwei Finger driicken
den Ballon zusammen, wenn man unter Kontrolle des
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556
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Kehlkopfspiegels den Kopf des Rohrs auf die zu pudernde
Ulzeration eingestellt hat. Man wiederholt dieses Verfahren
drei- bis viermal hintereinander. Bevor man den Druck
des Ballons aufhebt, muss man den Gummischlauch vom
Glasrohr ziehen, um ein infolge des entstandenen luftver-
dOnnten Raumes mogliches Aufsaugen von Schleim* usw.
zu vermeiden. Nach mehrmaliger Wiederholung der Ein-
puderung l&sst man den Pat. den Hustenreiz unterdrOcken
durch tiefes ’Atmen, was ttbrigens gar nicht scliwerfallt.
Wenn man ihn dann abbusten lasst, ist mit dem sehr
reichlichen Schaum gleichzeitig der ganze Schleim und
schmutzige Belag der Geschwiire des Kehlkopfes entfernt
worden, so dass man ein fiir kaustische Operationen oder
Aetzungen usw. vorziiglich vorbereitetes Feld hat. Leicbtere
oberflachlichere Erosionen heilen ganz allein nach der be-
scbriebenen Pergenolbehandlung ohne weiteres glatt ab.
Pat., die ausserhalb ibrer Wohnung ibrem Beruf nachgehen,
ljisst Yerf. dann neben der Behandlung mit Pergenol
medicinale pulverisat. morgens und abends gurgeln und
wahrend des Tages Pergenol-Mundpastillen nehmen. Die
Ueberlegung, die Yerf. zur Anwendung dieser Methode
veranlasste, war die, durch stSndige, abwechselnd starkere
(beim Einpudern) und schwachere (beim Gurgeln mit
Mundwassertabletten und Zergebenlassen der Mundpastillen
im Munde) Sauerstoffdesinfektion des Scbleimes eine Re-
infektion des Kehlkopfes zu verhbten, wobei die Einpuderung
in erster Linie vorbereitend fur etwa notwendige stSrkere
Eingriffe vorztigliche Resultate liefert.
(Die Therapie der Gegenwart, Januar 1912.)
Far den redaktionellen Teil verantwortlich:
Or. E. Graetzer in Frledenau-Berlin.
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Verzeichnis der Stich- und Schlagworte.*)
Agrypnie 1, 3, 7, 8, 10
Akne 4
Alopecia 3, 6
An&mien 2, 9
AnSsthesie, Narkose 4, 8
Angina 1
Anthrax 11
Antisepsis, Asepsis, Desinfek-
tion 2, 3, 4, 9, 12
Aortenaneurysma 10
Appendicitis 5
Arteriosklerose 2
Arthritis arica 1, 5, 6
Arzneiexantheme 4, 12
Asthma 3, 7, 9
AugenentzQndungen 1, 10
Blutungen 1, 3, 11
Bronchitis 2
*) Hier bezeichnen die Zahlen
ubrigen ftegistern die Seiten.
Cholelithiasis 5
Chorea 10
Combustio 9
Dermatitis 10
Diabetes 1, 4, 8
Ekzem 6
Endometritis 12
Epilepsie 3
Erysipelas 3
Fissura ani 5
Fluor albus 7
Frakturen u. Luxationen 2, 4,
6 , 11
FremdkOrper 1
Furunkel 11
Gonorrhoe 2, 6, 8, 10
die Nummern des Blattes, bei den
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IV
Haemorrhoiden 9
Helminthiasis 6, 10
Herzkrankheiten 7
Hysterie 4
Intoxikationen 1, 5, 9, 12
Ischias 2
Lupus 3
Magen- und Darmaffektionen
3, 6
Mastitis 8
Morbilli 11
Neuralgien 11
Neuritis 4
Obstipatio 6, 7
Oedeme 9
Osteomalazie 10
Paralysen 5, 9, 11
Parotitis 10
Pediculosis 12
Phlegmonen 12
Pleuritis 4
Pneumonie 1
%
Prostatahypertrophie 7
Pruritus 10
Retroflexio uteri 5
Rheumatismen 2, 9, 11, 12
Rhinitis 9
Scabies 3, 5
Schwangerschaft, Geburt,
Wochenbett 1, 2, 3, 5, 6,
7, 8, 11
Seekrankheit 6, 12
Sepsis 10
Syphilis 1, 2, 3, 5, 7, 11
Tabes 8, 12
Tetanus 9
Tuberkulose 1, 2, 4, 9, 10, 12
Tumoren 2, 5, 7, 8, 11, 12
Typhus 10
Ulcus cruris 3
Vitia cordis 4
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I n halts verzei c h n is.
A
Abort, Pituitrin bei 305
Acne rosacea, Augenerkrankung
bei 6
— necrotica, Fibrolysin bei
Narben nach 129
Adalin als Sedativum und Hyp-
noticum 90, 274, 275
—, Wirkung 197
— zur Entziehung von Mor-
phium und Alkohol 196
—, zur Ungiftigkeit des 273
— bei Kindern 321
Adalinvergiftung, Fall 195
Adamon 276, 553
Aderlass in d. Dermatologie 458
Aegyptenund seine Indikationen
314
Agrypnie, Aponal bei 1
—, Adalin bei 90, 274, 275,
321
—, Adamon bei 277
—, Codeonal bei 278, 321
—, Yeronazetin bei 323
—, Luminal bei 417, 419, 422,
425 i
Albinpuder, desodorisierende
und desinfizierende Wirkung
374
Albuminurie, Simulation einer
153
Alkoholismus, Hinterstrangs-
erkrankung durcb 528
Allokain 130
Allosan, Wert in der Praxis 346
Alopecia, Sulfoformol bei 91
— im Anschluss an operative
Nervenverletzung 225
Amaurose, zwei F&lle hyste-
rischer 150
Amylencarbamat s. Aponal
AnSmien, anteoperative Vorbe-
handlung durch intramusku-
lare Injektionen von Men-
schenblut 103
—, Misserfolge der Bluttrans-
fusion bei pernizibser 371
— des friihesten Kindesalters
369
—, Prothaemin bei 371
AnSsthesin, Notizen tiber 326
Angina, Diplosal bei 3
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VI
Antimeristem, Misserfolge mit
70
Antipyrinexanthem 142
Aortenaneurysma, neues Symp¬
tom 426
Aperistoltabletten, missbr&uch-
licher Genuss von 260
Aponal bei Agrypnie 1
Appendicitis, tratimatische 177
—, indirekter Druckschmerz
bei 178
—, Koprostase- 180
Argatoxyl bei Wochenbettfieber
446
Arsenh&matose bei nervOser
und psychischer ErschOpfung
457
Arsenik, Rolle bei Behandlung
der Chlorose 41
Arsenmetaferrin 42
Arteriosklerose des Nerven-
systems, Behandlung mit
Tiodine 44
Arthigon bei Gonorrhoe 245,
250
Arthritis gonorrhoica, Behand¬
lung mit Injektion von Jod-
, tinktur 54
-, neue Behandlungsart 343
— urica, Eusemin bei 4
Badehangematte 367
Badewannensitz 33
Beckenerkrankungen, neue Be¬
handlungsart chronischer 123
Arthritis urica, Diagnose durch
Atophan 182
-, Wesen und Behandlung
183
-, Atophan bei 230, 231
Arzneiexanthem, Fall von 143
Arzneivernebler 455
Asphaltd&mpfe bei Lungen-
erkrankungen und Bronchi-
tiden 30
Aspirin als Hustenmittel 47
Asthma, Behandlung 99
—, Behandlung mit Kalzium-
salzen 375
— und Koprostase 100
— cardiale, sukutane Heroin-
einspritzungen bei 281
— —, Pathologie und The-
rapie 376
Astmatherapie, endonasale 280
Atophan bei Arthritis urica
230, 231
— bei Gelenkrheumatismus 536
Auge, Kalkverletzung 16
Azeton bei inoperablem Uterus-
karzinom 71’
Azetylkresotinsfture bei Rheu-
matismen 535
Azetylsalizylsaure, Loslichkeit
463
Benzinvergiftung beim Saugling
527
Bleivergiftung durch Schnupf-
tabak 391
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VII
Blenotin bei Gonorrhoe 436
Blepharitis, Noviform bei 427
Blutgef&ssklemme, Blunksche
101
Bolus alba, therapeutische Ver-
wendung 81
-zur Wundbehandlung 93
Chinin als Lokalan&stheticum
325
Chloralmissbrauch, Geistesstd-
rung als Folge chronischen
529
Chloreton-Inhalant in der La-
ryngologie 48
Chlorose, Rolle des Arseniks
bei Behandlung der 41
Chocolin bei Obstipatio 261,
295, 296
Dampfsterilisator zum Sterili-
sieren kleiner Mengen Ver-
bandmaterial 96
Deflorationspyelitis 551
Dementia praecox, Osteomalazie
und 442
Dermatitis, akute 432
Diabetes, Einfluss des Santonins
auf die Zuckerausscheidung
bei 13
—, Bromuralwirkung bei einem
Falle von 13
—, Lakton der a-Glykohepton-
sfiure bei 147
Bromkalzium-Hamstoff bei Epi-
lepsie 104
Bromural in der Bfihnenpraxis
91
— bei Seekrankheit 540
Bromuralwirkung bei Diabetes
13
Cholelithiasis, Chologen bei 193
Chorea minor, Behandlung 429
Codeonal, ein neues Schlaf-
und Beruhigungsmittel 278,
321
Combustio, Mastisolverband bei
380
Cyclorenal bei rektalen Er- •
krankungen 193
Cygoteetabletten 413
Cystitis, Diplosal bei 341
Diabetes, Magnesiumsuperoxyd
bei 147
—, neurogener 331
Diabetesazidose, behandelt mit
Zuckerinfusionen 145
Diabetiker, Sammel- und Mess-
geffiss fQr 13
—, inulinreiche GemQse bei 14
Diabetikerbrote 338
Digaleninjektion, die subkulane
554
Digalenvergiftung 17
Digipuratum, Erfahrungen mit
292
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vrn
Digipuratum solubile „Knoll“
166
Digityl 164
#
Dioninwirkung am Auge 8
Diphtherieserum bei Erysipel
105
Diplosal bei Angina 3
— bei Cystitis 341
Eklampsie ohne Krfimpfe 214
—, Behandlung 493
Ektropianator 5
Ekzeme, Behandlung der hart-
nackigen, n&ssenden 231
—, Gewerbe- 234
Embarin, ein neues Antisyphi-
liticum 308
Epididymitis gonorrhoica, neue
Behandlungsart 343
Epilepsie, Epileptin bei 104
—, Bromkalzium-Hamstoff bei
104
Epileptin bei Epilepsie 104
Erbrechen der Schwangeren,
Therapie 64
Ergotin-Koffein gegen Myo-
karditis, Arteriosklerose und
Herzneurose 454
Fachingen und Niederselters,
Untersuchungen tiber die
Brunnen 316
Fibrolysin bei Narben nach
Akne necrotica 129
Dornfortsatzfrakturen 239
Dsahtpessar zur Beseitigung be-
weglicher Geb&rmutterver-
lagerungen 207
Druckl&hmungen nach Esmarch-
scher Blutleere 397, 398
Durchfall, Beitrag zum ner-
vdsen 257
E.
Ervasin bei Bheumatismen 535
Erysipel, Diphterieserum bei 105
—, afebril verlaufendes 105
Esmarchsche Blutleere, Druck-
lahmungen nach 397, 398
Essgeschirre als Infektionsver-
breiter 98
Eukadol 85
Eukalyptusbonbons, Arznei-
exanthem durch 521
Eurespirantabletten bei Asthma
99
Eusemin bei Arthritis urica 4
Extensionsschiene ftir die Ober-
extremitat, Universal- 148
Extractum hypophysis zur An-
regung der Wehent&tigkeit 63
— Filicis Maris, Verordnung
von 439
F.
Fibrolysininjektionen, Purpura
haemorrhagica nach 9
Filmaron bei Bandwurm 250
Fluor albus, Leukrol bei 283
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IX
Fluor albus, troqkene Behand-
lung 286
Formaminttabletten zur Thera -
pie und Prophylaxe der
oberen Luftwege 3
*
G.
Geburt, Schmerzstillung bei der
21
—, Schmerzlinderung normaler
301, 353
Geburtszange fiir Steisslage 21
Gelenkrheumatismus und Nase
399
Gelonida, eine neue Tabletten-
form 316
Gesichtsfurunkel, Behandlung
477
Gewerbe-Ekze.me 234
Gipsverbandtechnik, Winke zur
240
Glutannin bei DiarrhOen 69
Glyzerinverbfinde bei infizierten
W unden, Panaritien und
Adenitiden 126
H.
Haarpflege, Emulsion aus Seife
zur 226
Hamophilie, Behandlung 469
Hamorrhoiden, extraanale Be¬
handlung 382
—, Behandlung 390
Halswirbelbrdche,Bemerkungen
tiber 471
HalswirbelsSule, Luxation 471
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Frakturen, Transport-Notschie-
nen fiir 54
Fremdkorper im Halse 16
Frottierstoff, neuer 505
Furunkel des Gesichts, Be¬
handlung 477
Gonojodin bei Gonorrhoe 244
Gonorrhoe, Behandlung 55
—, Gonojodin bei 244
—, Arthigon bei 245, 250
—, Blenotin bei 436
—, Behandlung mit einer was-
serhaltigen Gleitmasse als
Vehikelfur Antigonorrhoica
438
—, Kollargolbehandlung des
Tripperrheumatismus und
anderer akuter .Folgezu-
stftnde der 435
Guajakol-Arsentherapie bei Tu-
berkulose 409
Gummihandschuhe, Sterilisie-
rungsmethoden 373
Gynoval 7 9
Hautodeme, langdauernde Drai¬
nage 394
Hepin-Sauerstoffbader 221
Heroineinspritzungen b. Asthma
cardiale 281
Herzfehler s. Yitia cordis
Herzklopfen 33
Herzkrankheiten, Zuckernah-
rung bei 289
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
X
Heufieber, Behandlung 455
HochfrequenzstrOme und ihre
Indikationen 169
Hdhenschielen und Stirnkopf-
schmerz 85
Hdrrohr bei ansteckenden
Krankheiten 318
Ikterus, Behandlung 252
Injektionen, Technik der intra-
venbsen 80
Jodfieber 38, 171
Jodival 46
— in der dermatologischen
Praxis 268
— bei Rhinitis chronica atro¬
phicans foetida 403
Jodostarin 414
Kacepe-Balsam. 62
Kaffee, besondere Eigenarten
desselben und das Thum-
sche Verfahren zur Kaffee-
reinigung 87
Kalkverletzung des Auges 16
Kalziumsalze bei Asthma und
verwandten Zust&nden 375
Kampfer in der Gynfikologie 173
KampferOl (10%) bei Tuber-
kulose 163
Katgut, Sterilisation durch
trockene Hitze 519
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Hydropyrin Grifa und seine
Wirkung auf die Nieren 62
Hypophysenextrakt als Wehen-
mittel 352
Hysterische Amaurose, zwei
Fftlle 150
Ischias, Selbstbehandlung der
58
Jodozitin 414
Jodtinkturdesinfektion, Notver-
_ band f(lr 43
Jodtinkturinjektion bei gonor-
- rhoischer Gelenkentzhndung
54
Jotbion bei tuberkuldsen Ge-
lenkentzhndungen 28
Eochsalzinfusion in der Derma-
tologie 458
Kohlen8&ure8chnee, therapeu-
tische Verwendung 81
Kollargolbehandlung des Trip-
perrheumatismus und anderer
akuter Folgezustande der
Gonorrhoe 435
Kontusionspneumonie 18
KopfstQtze 32
Koprostase u. Bronchialasthma
100
— -Appendicitis 180
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XI
L.
Lahraung s. Paralyse
Lakenspannung im Kranken-
bett 86
Lakton der a-Glykoheptonsfiure
bei Diabetes 147
*
Leukrol in der gynfikologischen
Praxis 283
Linkshftnder, Ermittelung von
506
Lipomatose, akute schmerzhafte
symmetrische 70
Luminal als Schlafmittel 417,
419, 422, 425
«R.
Magistralformeln, Berliner 87
Magnesiumsuperoxyd bei Dia¬
betes 147
Maretin, Warnung vor 16
Masernrheumatoid im Saug-
lingsalter 477
Mastisolverband in der Wund-
behandlung 135
— bei Verbrennungen 880
Mastitis, Behandlung mit Bier-
scher Saugglocke 346
Melubrin 483, 486, 488, 537
Lungenblutung, zur Erkennung
der 12
„Lungenheil“, neuer Respirator
174
Lungensaugmaske von Kuhn
127
Lungentuberkulose, Beurteilung
der Erwerbsf&higkeit bei 545
Lupus vulgaris, Behandlung 105
— — im Gaumen, behandelt
mitWasserstoffsuperoxyd 106
Luxation der Halswirbels&ule
474
Meningitis tuberculosa, Heil-
barkeit 447
Menthol bei Lungentuberkulose
29
Merjodin bei Syphilis 497
Metaferrin 42
Metallkatheter, elastische 79
Milzbrand, Behandlung des
ausseren 465
Morphium, Toleranz des Sfiug-
lings gegen 198
Mullzellstoff 37
Nachwehen, Behandlung 213
Nadelhalter, neuer 124 '
Naphthalinvergiftung, Fall 194
Narkose, neuerHandgriff zur 327
Nase und Gelenkrheumatismus
399
Nasenltifter 413
Natrium, phenyldimethylpyra-
zolonamidomethansulfonsaur.
s. Melubrin
Neb ennierenprfiparate, wirksa-
mes Prinzip in Verbindung
mit Lokalan&stheticis 130
Digitized
bv Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XII
Neosalvarsan, Erfahrungen mit
495, 496
Neuralgien, Behandlung 478
Neuritis multiplex cutanea 155'
— optica retrobulbaris senilis
464
Neutral on bei Hyperazid it&ts-
zustSnden des Magens 109
Nierentuberkulose, zur Frflh-
diagnose 448
o
Oberarmbruch im Sauglings-
alter, Behandlung 149
Obstipatio, Aperitol bei 260
— Chocolin bei 260, 295, 296
—, Rheopurgin bei 297
Oculomotoriusl&hmung, einsei-
tige komplette, nach Trauma
203
Oedeme, langdauernde Drainage
394
Oleokranonfraktur, kombiniert
mit typischer Radiusfraktur
237
Panaritien, Entstehung 455
Pantoffel zur Erleichterung des
Treppensteigens 269
Paralysen,Vermeidungnach der
Esmarchschen Blutleere 482
—, postdiphtherische 483
Parotitis epidemica, abdomi-
nelle, auf Pankreatitis hin-
weisende Symptome bei 443
Notschienen, Transport- 54
Notverband fOr Jodtinkturdes-
infektion 43
Noviform bei Blepharitis 427
Novojodin, Erfahrungen mit
42
— bei chirurgischer Tuberku-
lose 69
— bei der Wundbehandlung 92
Qleum cinereum, Lungen-
schmerzen nach Injektionen
115
Onotoxin s. Gonojodin.
Ophthalmoblennorrhoea neona¬
torum, Prophylaxe und The-
rapie 342
Orthonal 131
Osteomalazie und Dementia
praecox 442
Ovarialsubstanz, klinische Ver-
suche mit 33
Oxyuriasis, Behandlung 441
Oxyuris vermicularis 251
Pediculosis, charakteristische
Hauterkrankung bei 531
Pemphigus syphiliticus adulto-
rum 219
Pergenol, Erfahrungen mit
554
Pertussis, Adalin bei 321
Perubalsam in der Wundbehand-
lung 132
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Original frn-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XIII
Phlegmonen der oberen Extre¬
mist , Behandlung mittels
Zirkumzision 531
Pituglandol 490
Pituitrin, Wehenverst&rkung
und Wehenerregung durch
22, 114, 210, 211
— in der geburtshilf lichen Pra¬
xis 25, 212, 262, 490
— als gynakologisches Stypti-
cum 10
— bei Abort 305
— oder Sekakornin unter der
Geburt? 349
Pleuritis, Diagnose der Kinder-
158
Podagra, Arthrektomie bei 4
Radialislahmung nach Hand-
verletzung als Unfallsfolge
199
Radiusfrakturen, Behandlung
typischer 53
Rektalern&hrung, zur Praxis
der 34
Retroflexio uteri und Unfall 87
Rheopurgin 297
Rheumatische Erkrankungen,
Erhaltung der Erwerbsfahig-
keit bei Behandlung von 399
— —, neue Behandlungsme-
thode schwerer 400
Rheumatismen, Melubrin bei
483, 486, 488, 537
Postoperative Gefahren, Ver-
fninderung 223
Prostatahypertrophie behandelt
mit Prostatadehnung 298
Prothaemin 371
Pruritus, Mittel gegen 79
—r ani, Behandlung mit Ront-
genstrahlen 444
Puerperalfieber, Argatoxyl bei
446
Pupillarreaktion, zur Prtifung
der 365
Purpura haemorrhagica nach
Fibrolysininjektionen 9
Pyelitis, Deflorations- 551
Pyramidonbehandlung des Ty¬
phus 453
Rheumatismen, Atophan bei
536
—, Azetylkresotinsfiure bei
534 .
Rhinitis chronica atrophicans
foetida, Jodival bei 408
— s. a. Schnupfen
Riba und Ribamalz 456
Ristin bei Scabies 110, 208
ROntgenbehandlung bei Sarko-
men 311, 500
— bei Pruritus ani 444
Rflckenmarksblutung, spontane
467
Rfiekflussgl&ser 222
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
XIV
Sfiurevergiftung, kasuistischer
Beitrag 890
Salizylprfiparate, Nierenreizung
durch diese und Alkalizufuhr
zur Aufhebung 61
Salpingitis, ein Symptom fQr
463
Salvarsan bei Syphilis 306
—, schwerer Zufall nach 27
— bei Schwangeren und WOch-
nerinnen 68
—, Nebenwirkungen bei intra-
ven&sen Injektionen, be-
dingt durch KochsalzlOsun-
gen 114
—, Indikation und Wirkung
kleinster Dosen 217
—, Verhalten des Zuckers im
Urin bei Behandlung mit
267
—, Rektalmethode der An-
wendung 267
— bei Typhus recurrens 451,
452
Salvarsanreaktionan denZ&hnen
496
Santonin, Einfluss auf die
Zuckerausscheidung bei 18
Santyl Knoll 57
Sarkome, Rdntgenbehandlung
311, 500
Scabies, zur Diagnose 109
—, Kleiderdesinfektion bei 109
—, Ristin bei 110, 208
Scharlachstomatitis, Behand¬
lung 174
Schmerzstillung bei der Geburt
21
Schnarchen, Verhfltung 123
Schnupfen, ein Mittel gegen402
—, Therapie 403
Schnupftabak, Bleivergiftung
durch 391
Schultergelenksluxationen,
neues Verfahren der Repo¬
sition frischer 49
Schutzpocken-Virus als schmerz-
linderndes Mittel 270
Schwangerschaft und Herzfehler
290
Schwangerschaftsstreifen und
ihre VerhCitung 855
S chwangerschaftstoxikose,
behandelt mit normalem
Schwangerschaftsserum 112
— geheilt mit Pferdeserum 305
Secacornin bei puerperalen Blu-
tungen 10
— oder Pituitrin unter der
Geburt? 349
Seebftder, Konjbination von
Luft- und Sonnenb&dern mit
318
Seekrankheit, Veronalnatrium
bei 266
—, lokale Anaesthetica bei 266
—, Bromural bei 540
Sepsis, Silberatoxyl bei 446
Silberatoxyl bei Sepsis 446
Simulation einer Alburainurie
153
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
XV
Skopomorphinismus, Fall 527
Sondenern&hrung u. S&ttigungs-
geftthl 175
— durch mehr als zehn Jahre
173
Sotopan bei Lungenkrankheiten
410
Speiserbhrenkrebs, primfirer,
latent verlaufender 359
Sprechen bei Operationen, Ge-
fahren der Wundinfektion
durch 374
Stauung, Bier’sche 73, 121
Steisslage, Geburtszange fiir 21
Stirnkopfschmerz, Htihenschie-
len und 35
Sublaminseife 93
Sudian bei Skrofulose und Tu-
berkulose 28
Tabes, Syphilis&thiologie der
Frauen- 118
—, Jod- und Arsentherapie bei
357
— im sp&teren Alter auf der
Basis heredit&rer Lues 358
—, Behandlung der Schmerzen
bei 541
Tanargentan als Darmdesinfi-
ziens und -adstringens 450
— als Antidiarrhoicum 544
Tees, Bereitung medizinischer
411
Tetanus, Behandlung mit sub-
kutanen Karbolinjektionen
404
Sulfoformdl bei Alopecie 91
Suspensorium mammae 168
Syphilis, Bedeutungder Wasser-
mannschen Reaktion fGr die
Therapie der 26
—, Fall von Ill-syphilitischer
Autoinokulation durchKon-
takt 64
—, Gelenkerkrankungen bei er-
worbener 495
—-, erosine Papeln, 24 Jahre
nach der Infektion 498
—, Salvarsan bei 267, 306
—, Neosalvarsan bei 495, 496
—, Jodival bei 268
—, Merjodin bei 497
Syrgol in der Augenheilkunde
55, 428
Tetanus, neues Heilverfahren
405
Tyrochromtabletten bei Krebsen
’des Verdauungstraktus 500
Tinct. Jodi, Arzneiexanthem
durch 522
Tiodine bei Arteriosklerose des
Nervensystems 44
— in der Urologie 4.60
Tuberkulin, stomachale An-
wendung 163
Tuberkulose, Prophylaxe 31
—, Novojodin bei chirurgischer
69
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XVI
Tuberkulose, 10°/oigesKampfer-
51 bei 168
—, tierische, und menschliche
Lnngenschwindsucht 164
—, Beziehungen zwischen
menschlicher und tierischer
448
—, Behandlung der chirurgi-
schen 408
—, Guajakol - Arsentherapie
409
—, Sotopan bei 410
u.
Ulcus cruris, zur Behandlung
119
— venereum, zur lokalen The-
rapie des 26
Unguenta abhaesiva 232
Ureabromin bei Epilepsie 104
Tumoren von der Blutbahn aus
therapeutisch zu beeinflussen
362
—, drei Fehldiagnosen auf
maligne 502, 548
Typhus, Pyramidonbehandlung
453
— recurr4ns,Salvarsan bei 451, v
452
Typhusbazillentrfiger, Behand¬
lung der 452
Uteruselevator 207
Uteruskarzinom, Behandlung
mit Azeton 71
Uzara, ein neues Antidiarrhoi-
cum 107
Valid 37
Vaiylperlen 3
Varizen des Unterschenkels,
mechanische Behandlung 119
Vasotonin, zur Wirkung des 39
Venenkompressor 509
Venenpunktion, Methodik 80
Venenpunktionsinstrument 87
Veronalnatrium bei Seekrank-
heit 266
Veronazetin 323
Verrucae, spontanesVerschwin-
den 72
Vitia cordis und Schwanger-
schaft 290
Vulvakarzinom, zwei geheilte
Falle 219
Vulvovaginitis gonorrhoica klei-
ner Madchen, Arthigon bei
250
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XVH
Wasser, Bakteriengehalt des in
Apotheken erhaltlichen destil-
lierten 508
Wassermannsche Reaktion, Be*
deutung fiir die Therapie der
Syphilis 26
Yohimbin, bisher unbeachtete
Verwendung von 84
Zementpaste 86
Zervikalkatarrhe, Erscheinungs-
form 523
Zucker im Urin, Yerhalten bei
Salvarsanbehandlung 267
yfr asserstoffsuperoxyd in Salben-
form 38
W asserstoffsuperoxydlosungen,
Yerordnung von 514, 518
Wundklammer-Zange 366
Yohimbin bei prostatischen Be-
schwerden 300
Zuckemahrung bei Herzkrank-
heiten 289
Zuckerprobe, Fehlerquelle bei
der Nylanderschen und Trom-
merschen 328, 329
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Biicherschau.
Barth, E., Einffihrung in die .
Physiologie, Pathologie und
Hygiene der menschlichen
Stimme 272
Benario, Neurorezidive nach
Salvarsan- und Quecksilber-
behandlung 368
Berwald, Kompendium der
Kinderheilkunde 40
“Bielschowsky, A., Repetito-
rium der Augenheilkunde 511
B o as, J., Diagnostik und Thera-
pie der Magenkraakheiten 6
le Boucher u. Gieb y Bul-
lon, Spanisch f. Mediziner 39
Casper, Handbuch der Cysto-
skopie 368
Ehrlich, P., Abhandlungen
fiber Salvarsan 416
Eisner, H., Die Gastroskopie
224
Ernst, 0., Die Liebe hfiret
nimmer auf 320
Ewers, H. H., Alraune 415
Grawitz, E., Pathologie des
Blutes 40
— Methodik der Blutunter-
suchungen 40
Grfinwald, L., Krankheiten
der Mundhfihle, des Rachens
und der Nase 319
Lehmann-Neumann, Bakte-
riologie 319
Lungwitz, H., Ftihrer der
Menschheit 224
Medizinalkalender 88, 176
Mfiller u. Prausnitz, Grund-
zfige der Hygiene 319
Mfiller-Guttenbrunn, A.,
Arrr\e Komfidianten 511
de Nora, A., Meine K&fer-
sammlung 88
— , Hoohsommer 511
Preiswerk, Lehrbuch und
Atlas der Zahn&rzt lichen
Technik 128
Rosegger, Die beiden HSnse
320
Schmidt, Friedheim, Lam-
hofer,Donat, Diagnostisch-
. therapeutisches Vademecum
39
Spielhagen,Erinnerungen aus
meinem Leben 320
Sudhoff, K., Klassiker der
Medizin 128
Weyl, Handbuch der Hygiene
368
v. Ziemssen, Rezepttaschen-
bvich 368
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Original frn-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Mamenverzeichnis.
A.
Albu (Berlin) 175
Althoff (Attendorn) 518
Aronsohn, 0. (Berlin) 79
Ass my, H. (Berlin) 64
B.
Bab, H. (Wien) 10
Baccelli, G. (Rom) 404
Bachem, C. (Bonn) *414
Baedeker, J. (Berlin) 297
Baer, M. (Frankfurt a. M.) 323
Bagger-Jorgensen (Lund) 114
Bagrow, S. L. (Moskau) 267
Balint, R. (Budapest) 145
Barfurth, W. (Rostock) 355
Barth, C. (Kislowodsk) 206
Becker (Salzschlirf) 467
Beeck (Buenos Aires) 13
Beer, C. (Ntirnberg) 266
Behring, Fr. (Kiel) 495
Bendig, P. (Stuttgart) 267
Bendix, A. (Berlin) 536
Bennecke (Jena) 371
Berg (Dortmund) 193
Berger, F. (KOln) 436
Bernheim (Breslau) 496
Betz, H. (Heilbronn) 318
Beyerhaus, G. (Grafenberg))621
Bickenbach, A. (Bonn) 214
v. Biehler, W. (Warschau) 346
Bing, R. (Basel) 429, 478
Blumm, R. (Bayreuth) 21
Boas, J. (Berlin) 382
BOrner (Leer) 135
Bogner, F. (Mhnchen) 553
Bohac, C. (Prag) 42
Bondy, 0. (Breslau) 25
Braendle, E. (Breslau) 87, 343
Braitmaier (Kiel) 292, 456
Brann, 0. (Steglitz) 3.
Brexendorf, C. (Hamburg) 46
Brik, J. H. (Wien) 460
Brfining, A. (Giessen) 506
y. Budberg, R. (Charbin) 173
c.
Camphausen (Neudorf) 410
Chalupecky (Prag) 16
Chlumsky, V. (Krakau) 400
Chrzellitzer (Posen) 414
Citron, H. (Berlin) 266
Citron, J. (Berlin) 26
v. Czyhlarz, E. (Wien) 18, 105
Dannehl (Frankfurt a. M.) 58
Deutsch, F. (Mdnchen) 230
Devaux (Frankfurt a. M.) 69
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XX
Diruf, E. (Kissingen) 3
Doutrelepont (Bonn) 105
Drachter (Mfinchen) 69
Dransfeld, E. (Hannover) 482
Drenkhahn (Detmold) 439
Dreuw (Berlin) 36, 232
E.
Ebstein, W. (Gfittingen) 47,100
Ehringhaus, O. (Berlin) 238
Eisenberg, H. (Berlin) 446
Engel, H. (Heluan) 314
Erdfis, A. (Nagyvarad) 497
Escb, P. (Marburg) 103, 130
Ewald, C. A. (Berlin) 295
F.
Fabian, R. (Berlin) 502, 548
Fackenheim (Eisenach) 16
Falkenstein (Gr.-Lichterfelde) 4
Feibelmann, M. (Mfinchen) 477
Fellerer (Freising) 455
Fenger, F. (Norden) 463
Finkelstein, H. (Berlin) 369
Fischer, Ph. (Nttrnberg) 514
Fischer, Ph. (Uchtspringe) 104
Foerster, R. (Berlin) 64
Fr&nkel, A. (Berlin) 62, 281
Franck (Hamburg) 527
Franke, F. (Braunschweig) 4
Freund, R., Berlin) 305
Friedemann, M. (Langendreer)
53
Friediger, A. (Mfinchen) 527
v. Friedl&nder, F. R. (Wien) 92
Friedmann, K. (Posen) 9
Fries, H. (Greifswald) 211
Fritsch, G. (Berlin) 84
Fritsch (Bonn) 87
Frfihlich, T. (Wien) 529
Fromm, W. (Zillerthal) 197
6 .
Galewski (Dresden) 114
Gaupp, O. (Dresden) 278
Geissler, W. (Wien) 422
Gellhom, G. (St. Louis) 71
Gennerich 435
Gerson, K. (Schlachtensee) 168
Gildemeister (Oelde) 390
Glaesgen jun, (Mfinster a. St.)
61
Glombitza, E. (Berlin) 274
Gocht, H. (Halle) 398
Gfippert, F. 149
Gfirges (Berlin) 261
Gfischel (Heilbronn) 91
Goldstein, O. (Berlin) 223
v. Golz (Berlin) 547
Gontermann (Spandau) 327
Grabley, P. (Berlin) 318
Grfi,f, E. (Frankenhausen) 465
Graeffner (Berlin) 419
Gudden, H. (Mfinchen) 275,
457
Gfirber, A. (Marburg) 107
H.
Hamburger, F, 158
Hansen (Hadersleben) 455
Harnack, E. (Halle) 87
Hasse (Diedenhofen) 123
Haun, H. (Gladenbach) 148
Hauser (Karlsruhe) 28
Hegner, C. A. (Jena) 55
Heimann, E. A. (Charlotten-
burg) 35
Hememann, W. (Berlin) 162
Hell, L. (Basel) 305, 349
Helmbold (Danzig) 365
v. Herff, O. (Basel) 349
Hertzell, C. (Bremen) 5
Herxheimer, K. (Frankfurt a.M.)
234
Herz, M. (Wien) 33
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
XXI
Hesse, E. (DOsseldorf) 411
Heubner, W. (Gottingen) 17
Heydner, F. (Obernzenn) 17
Higier, H. (Warschau) 464
Hilbert, R. (Sensburg) 6
Hildebrand, O. (Berlin) 54
Hifose, M. (Tokio) 147
Hirsch, I. (Berlin) 446
Hirsch, C. (Gottingen) 448
Hirsch, E. (Strassburg) 490
Hirschberg (Berlin) 399
His, W. (Berlin) 394
Hochheim (Halle) 260
Hochstetter (Stuttgart) 447
Hodara, M. (Konstantinopel)
522
HOrder, A. (Charlottenburg) 342
v. Hoesslin, R. (MOnchen) 221,
358, 426
Hoffmann, E. F. (Dtisseldorf)
115
Hoffmann, R. (MOnchen) 455
Hoffmann, L. (Stettin) 199
Hoppe, E. (Berlin) 537
, Hoppe, F. (Berlin) 544
Hoppe J. (JJchtspringe) 104
Hoppe-Seyler (Kiel) 252
Huber, O. (SchOneberg) 1
v. Hueber, E. (Salzburg) 195
HObner (Stettin) 326
I.
Igel (Berlin) 153
Ilse, P. (Issum) 193
J.
Jaeger, F. (Erlangen) 352
Januskiewicz, L. (Wien) 42
Jaquet, A. (Basel) 250
Jenny, H. (Bern) 48
Jodicke, P. (Stettin) 251
Digitized by Gougle
John, M. (MOlheim a, d. Ruhr)
453
Juliusburger, O. (Berlin) 196,
419
Kahane, M. (Wien) 169
Kantorowicz E. (Berlin) 164
Karo, W. (Berlin) 300
Kayser, C. (Strassburg) 375
Kelling. G. (Dresden) 500
Kerl, J. (Graz) 37
Keysser, F. (Berlin) 362
KienbOck, R. (Wien) 500
Klewe - Nebenius (Emmendin-
gen) 442
Klinkowstein, J. (Berlin) 34, 70
Klotz 81
Knoke (Kiel) 531
Kobrak, E. (Berlin) 321
KOnig, H. (Kiel) 90
Konried, A. (Edlach) 38
Korb, P. (Liegnitz) 871
Korte (Danzig) 554
Kossel,H. (Heidelberg) 164,448
Kozlowski, B. 373
Krabbel, M. (Bonn) 486
Kraemer, F. (Frankfurt a. M.)
96, 298
Kras (Sao Polo do Montenegro)
405
Kretschmer (Berlin) 198
Ktihl, W. (Altona) 463
Kuzel, J. (Belgrad) 390
L.
Langes, E. (Kiel) 68
Lauenstein, C. (Hamburg) 482
Legal (Breslau) 545
Leistikow, L. (Hamburg) 55
de Leon (Amsterdam) 374
Levy-Dorn, M. (Berlin) 311.
Lewandowski (Berlin) 296
Lieben, S. (Prag) 390
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XXII
y. Liebermann, L. (Budapest)
427
Liermann, W. (Dessau) 93
Lindenmayr, J. (Pressburg) 403
Linnartz (Oberhausen) 124
Loeb, H. (Mannheim) 308
Loening (Halle) 483
Lb we, S. (Leipzig) 425
Loewenberg, R. (Berlin) 222
Loewenheim (Berlin) 3
Lots, F. (Friedrichsroda) 505
Loth, W. (Thorn) 26
Machenauer (Darmstadt) 219
Maier, G. (Freiburg) 180
Malaniuk (Stanislau) 132
Mandelbaum, M. 450
Mann, C. (Dresden) 27
Mann (MQnchen) 12
Marchand, F. (Heidelberg) 390
v. Marenholtz (Nilmberg) 150
Mayer, A. (Ttibingen) 112
Mehlhom, W. (Berlin) 57
Mendel K. (Berlin) 118
Meyer, L. (Berlin) 237
Michalski, J. (Wetzikon) 73,
121
Miller, J. W. 79
Mbllers (Berlin) 162
Mbrchen (Ahrweiler) 316
Mosberg, B. (Bielefeld) 28
Moses, B. (Berlin) 131
Moszeik, O. (Weimar) 31
Mailer, P. Th. (Graz) 508
Nerking, J. (DQsseldorf) 99
Neuberger, J. (Nttrnberg) 110
Neugebauer, O. (Wien) 380
Neurath, R. 443
Nielsen, L. (Eopenhagen) 498
Nonne (Hamburg) 528
v. Noorden, C. (Wien) 381
Ndrnberger, L. (Erlangen) 409
o.
Offergeld, H. (Frankfurt a. M.)
33
Oppenheim, M. (Wien) 521
Orth (Grfifenberg) 8
P.
Partenheimer (Ebln) 203
Patschke, F. (Ednigsberg) 45
Paul, E. (Olmtltz) 244
Payr, E. (Ednigsberg) 43
Pels-Leusden (Greifiswald) 240
Perman, E. S. (Stockholm) 178
Peters, M. (Berlin) 37
Philip, C. (Hamburg) 109
Philippson, A. (Hamburg) 257
Pick (Charlottenburg) 30, 413
Pinkus, F. (Berlin) 432
Piorkowski (Berlin) 93
Plehn (Berlin) 231
Podzahradsky, O. (Wien) 213
Pohl (Berlin) 226
Pohlmann (Frankfurt a.M.) 268
Polak, O. (Bbhmisch-Brod) 105
Pringsheim, J. (Breslau) 147
Prochownik (Posen) 194
Pulvermacher, D. (Charlotten¬
burg) 10
R.
v. Rad (Nlirnberg) 276
Raschkow, H. (Berlin) 273
Rautenberg, E. (Berlin) 534
Rave, W. (Berlin) 444
Reichert, L. (Berlin) 207
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xxni
Richter, P. F. (Berlin) 183
Reinsch (Breslau) 540
Reinsch (Dtisseldorf) 403
Remesow, Th. N. (Moskau) 451
Riedel R. (Charlottenburg) 488
Ritschl, A. (Freiburg i. B.) 98
Rommel (Berlin) 474
Rose, C. (Strassburg) 166
Rosenberg A. (Berlin) 109
Rosenthal, Th. (Breslau) 290
Rosin, H. (Berlin) 376
Ross, A. (Cranenburg) 63
Rusca, F. (Bern) 126
Rygier, St. (Breslau) 250
s.
Sachs, E. (Konigsberg) 80
Salomon, O. (Koblenz) 531
Schafer, P. (Berlin) 490
Schattenstein, J. (Wilna) 39
Schaumann, J. (Stockholm) 106
Schepelmann, E. (Halle) 325
Scheuer, O. (Wien) 219
Schiffmann, J. (Wien) 210
Schill (Dresden) 123
Schilling, W. (Bayreuth) 469
Schindler, C. (Berlin) 438
Schlechtendahl, E. (Barmen) 101
Schlesinger, J. (Berlin) 109
Schlesinger, H. (Wien) 155
Schmelz, J. (Wien) 357
Schneider, W. (KOnigsberg) 91
Schtttz, F. 143
Schultz, J. H. (Breslau) 244
Schulz, N. (Jena) 329
Schurig (Berlin) 269
Schwenk, A. 341
Seebens, P. 127
Seifert (Wtirzburg) 142
Seiler, F. (Bern) 41
Selig, A. (Franzensbad) 289
Senator, M. (Berlin) 399
Sick, P. (Leipzig) 70
Silberstein, L. (Berlin) 554
Simon, J. (Heidelberg) 458
Singer, K. (Berlin) 540
van d. Sluys (Oudshoorn) 408
Solger, F. B. (Rostock) 79
Solmsen (Danzig) 171
Sonnenburg, E. (Berlin) 471
Sprengel (Braunschweig) 177
Stadler, E. (Glarus) 391
Stepp (Ntlmberg) 29
Stern, R. (Breslau) 22
Stern, H. (New York) 270
Stettiner, H. (Berlin) 441
Stolpe (Hamburg) 374
Strassmann, P. (Berlin) 21
Strauss, H. (Berlin) 14, 388
Strauss, E. (Frankfurt a. M.)
328
Strauss, M. (Nflrnberg) 359
StrOll (Mflnchen) 477
Sttihmer, A. (Magdeburg) 495
Sylla, B. (Bremen) 38
T.
Thomae, C. (Giessen) 13
v. Tippelskirch (Altona) 62
Tobias, E. (Beilin) 118
TOrOk, L. (Budapest) 85
Tollens, C. (Kiel) 208
Tomaschny (Treptow) 173
Trautmann, G. (MQnchen) 225
Treibmann, E. (Leipzig) 509
V.
Vogt, E. (Dresden) 212
Voigts (Berlin) 262
Volland (Davos) 163, 402, 493
Vorschulze (Leipzig) 104
w.
Waelsch, L. (Prag) 72, 217
Wagner, A. (Stettin) 49
Walterhofer, G. (Berlin) 13
v. Wassermann, A. (Berlin) 362
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XXIV
Wassermann, M. (Berlin) 280,
362
Wedehake, K. J. (DQsseldorf)
519
Wehner (Berlin) 231
Weile X. (Elster) 454
Weinmann, S. (Mainz) 301, 353
Wenzel, E. (Berlin) 130
Wetzel, A. (Heidelberg) 417
Wichura, M. (Heilbronn) 198
Wilcke (Genthin) 119
Wille, O. (Braunschweig) 286
Windbolz, H. (Bern) 551
Wockenfuss (Berlin) 129
Wolf (Gernsheim) 390
Wolf, W. (Leipzig) 397
Wolff, F. (Berlin, 346
Wolffberg (Breslau) 428
Wolfram (Erfurt) 119
z.
v
y. Zeissl, M. (Wien) 306
Zimmern, F. (Frankfurt a. M.)
496
Zoeppritz, B. (Gottingen) 528
Zuelzer, G. (Berlin) 182
4
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3 9015 05976 9540
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