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mfim
xhxi
@inc fulturgefd^ld^tlidöe Uuterfud^ung
üon
®btvU\)v^v ^v. ^Xbi^vl ^iife.
Sud^l^anblung ©uftao gocf, ®. m. b. $,
1902.
$an^ in &vfnvt
Oberlehrer Dr. mUxt pttf. ')
9Bir feinten tl&n alle, ben 5D?ann mit ber l^ol&en S)enlerftirn,
mit ben traurig unb trofeig jugleid^ bareinfd^auenben Slugen unb
bem raftloS nad& neuer, gel^eimnigüoKer ©rIenntniS [trebenben
©eifte. S)iefe8 3[ntli^, baS gar fel^r abtoeid^t öon ben älteren
SBilbniffen beö 2)oftor Sauft, erfd^eint, »ie aie;ranber SiKe^) fagt,
3uerft in ber SSignette ju Älinger'8 Sfioman ^Sauft'S Seben,
Saaten unb ^öttenfal^rt' (1794), tritt bann in einigen ber Silber
gu ben SRabgiwiU'fd&en gauft^'J^ompoptionen beutlid&er l^eröor,
toirb öon Äaulbad^ inö Slonbe, ©ermanifd^e überfe^t unb öon
©eiber]^ 3U bem ei'neS ftarlen ?lRanne8 ber Sl^at auägebilbet.
SBir l^aben il^n jeitmeife bemunbert, l^aben bann »obl audE)
geldd^elt über ben ©eift, ber alle SBiffenfd^aften »burd^ftubiert mit
') ^en S^ern ber Dorfiel^enben Slb^anblung. btibet ein Vortrag, ben
ber SScrfoflet im ,,^crcin für ®efc^td(|te unb fflltcrtumölunbe Don ©rfurt"
om 17. 92obember 1893 gel^aüen l^at, unb ber bann erweitert im ,,(Srfurter
(£4o" Cöciblatt aur „XPringcr 8"tunfl") 2. Sa^rflonfl ^t. 30-32 unb
3. Softrg <«r. 1-3. - Dom 25. «Roü. 1893 bi« jum 3. gebr. 1894 — ^um
tnbbrucfe gelangte. @d fct)ten angezeigt, bie 9lrbeit bur^ ben üorliegenben
rebibierten ^bbrutf ben wiffenfc^aftlid^en ISretfen jugdnglic^ ju matten.
») Sriejonber Sitte, S)r. Souft ouf alten ©ilbern. (SJom gel«
aum SWeer. 18. go^rg. [1899], 26. fieft, 6. 642-651.)
]^ei§em Semül^en^, unb ber au8 feinem laiiöldl^rlgen Umgange
mit ber ©elel^rfamleit nid&tg baüongetragcn al8 einen Überbru§
an bem überlieferten SBiffenöftoffe, an ber »granen 5j;i^corie\ unb
eine ftitrmifd&e Segel^rlid^feit nad^ aKjeit unbefriebigenbem ©enuffe.
SBir lennen il^n, ben ^immelöftürmer, ben ^erfuleS, ber am
@d&elbeloege ftel&t jtoifd^en altitberlieferter Sl^eologie unb ©meben^
borgfd^er SKagie, ^) awifd^en ber l^eiligen ©d^rift nnb ben S^uber^
büdöern, giüifd^en ®ott unb bem @atan. SBir fennen ben S)oftor
Sauft aU ben ß^arafter, ber baS 3beal ber ©türm* unb ©rang«
5ßeriobe beS 18. So^rl^unbertä gewefen ift. SIbcr menn »ir bie
gro§e SWenge ber gauft^'Sidötungen beö aci^tjel^nten unb beä neun*
gel^nten 3ciW""^^rt8 burci^muftern, fo werben »ir bei allem
©enialen, »aä au8 ber Älinger^fd^en ©id^tung, maä auä ben baS
gleid^e Sl^ema bel^anbelnben @d&opfungcn ®. g. ß. SRitllerö, be8
©rafen öon ©oben, ©d^infö, *) ©rabbeä, ßenauö, Sed^fteinö, ©tolteö
unb mand^er anberen unä entgegen bli^t, nid^tä Seffereö ftnbcu
al8 iai S)rama be8 SBeimarifd^en Dl^mpierö. Sa» ober allen
jenen teils l^alb, teil? ganj üergeffenen S)id&tungen tl^ront auf ein*
famer, unerreid&ter |)öl^e baS ewige Sieb üom ftrebenben unb
irrenben SKeufd^en, baS un8 ©oetl^e gefungen. ©ein , Sauft' ift,
um mit einem geiftreid^en ©fanbinat)ier, ^jalmar ^jort^ SBo^efen,
3U fpred^cn, ^al8 intefleftueKe ßrfdöeinung betrad&tet', »eine @n*
c^flopäbie »eifer unb geiftuoller 2luöfprnd^e\ ,@r l^at aber
gleid^ ben l^eiligen ©d^riften ber Stationen nod& einen tiefern f^m*
bolifd^en ß^arafter; er umf daließt einen gel^eimen ©d^a^, ein auf*
gefpeid^erteS ©el^eimniS, lüeld&eö nur el^rfurdötSöollem unb teil«»
nel^menb mitfül^lenbem ©tubium ftd& erfd&liefet.* —
5Wan lönnte unfd&wer einige tt)al)rfd&einlidE)e ©inwirfungen
6rfurt8 auf ©oetl^e al8 ben ©id^ter beS Sauft anfül^ren. ©o
Wnnten ttjir moglid^er SBeife mit Sfted^t bie einfüge Umgebung
^) Ueber ben Sinflug bon Smebenborgig ^^arcana coelestia^^ auf ©oetl^e
t)g;iMa^Wtoxtx9, 9J2epl^ifto^^etej3, ®oet^e*3a^Tbud)XXII. $b. (1901) 8. 150^.
*) So^onn Sauft. ®ramatif4e $^antafte, na4 einer @age bed
fed^jel^nten Sfal^ri^unberiS, bon S- S- ®4tnl. — 'S)a9 idnd) »urbe aleid^
beim (£cf4einen in ben ,,$erltnifc^en 92a4rt4ten bon @taatiS* unb gelehrten
©ac^en" (3nt ISerlage ber ^aube« unb 8penerf4en ^uc^Iianblung) 3lx, 69,
^onnerftag, ben 17. Tlai 1804, abfällig beurteilt^ inbem ber Siejenfent j^tuar
bie gefc^äftige $(antafte beiS äutord anerfonnte, ober bie S)i4tung i|rem
SBefen nad^ afd abgefd^madft bezeichnete.
biejcr ©tobt, inöbcfoubere bie ©egenb Dor bem »^ßförtd&en^, atö
©ceneric für Sauftä ©pajiergang am Dftermorgen begeid^ncn:
»Slu8 bem l^ol&len, finftern 2;i)or
35rängt ein biinteS ©eiüimmel l&eruor; —
Slug iiiebriger |)dufer bumpfeu ©emfid^ern,
3[u8 ^anbtoerK* iinb ©ewerbeöbanben,
Slu8 bem ©rucf öon ©iebeln unb ©dd^ern,
3[u8 ber ©trafeeu qiietfd&enber 6nge,
Sluö ber Äird^en el^mitrbiger ^iad^t
©inb fte alle ang ßld&t gebrad^t/
SBir mären öieUeid^t imftanbe, jeneS SRötfel, an bem [x^
bie Siterarl&iftorifer abmitl^en, ju löfen, tüeöl^alb ndmlid^ Ooetl^e
ben 3ol^anne8 Sauft in feiner 2)icl^tung ^einridö nennt, unb
jroar burdö ben ^intoeiä barauf, baß nacft ber ©rfurter Unitjer*
fttät8=''2Ratrifel au Dftern 1522 unter bem 3fieftorate be8 ^m^
ninguä Slomberg ein ^enricuS ^a\x\t beö ©roneberg *) bort im»
matrifuliert worben ift, eine SKotij, bie ©oetl^e gar leidet auä bem
©alberg'fd^en Äreife gugegangen fein fann.
3nbeffen brandet niemanb mit SBejug auf bzn öorlicgenben
S3erfudö jid^ berartigen SBefürd^tungen l^inaugeben. 35er SSerfaffer
l^at nid^t bie Slnmaßung, einen neuen Kommentar gum ©oet^efd&en
?5auft ober aud^ nur Seiträge gu einem fold^en liefern gu looKen.
ßinen anberen Sauft fül^rt er feinen ßefern üor, ben ge»
fd&id^tlid&en, — ein üielgeioanbert feltfam SKännlein, an bem
t)om et]&ifdt)en ©tanbpunfte ani faum üiel gu rül^men fein loirb;
einen abenteuerlidöeu ©ol^n beö abenteuerlid^en 16. Sal^^^lftunbertg,
ben aber fein @d^icffal einft burd^ biefelben alten ©rfurter ©äffen
geführt l^at, burd^ bie ber Strom ber l^eutigen 3Kenfdöen jtd^ er^
gießt. £)arum möge man bem SiU)rer getroft auf feinem fritifd^en
@ange burd^ 3)oftor Söwftö Seben folgen, ber bie Sefer nad^
einem fieinen Ummeg in befannte ©egenben geleiten foH.
Sunädöft aber empfiel^lt e8 ftd&, auf einige @rfd&einungen
ber Sciup*ßiteratur einen Slicf ju werfen. Siir ein genauere^
©tubium fei Dermiefen auf (Sari 6ngel8 Bibllotheca Faustina, — bie
giteratur ber gauftfage öon 1510 big 5Ritte 1873, Dlbenburg 1874. —
') ticta bec Erfurter Untoecfttät. ^erauiSgegeben t)on ber ^tftorifd^en
ffommiffton ber $rot)inA ©ac^fen, bearbeitet t>on Sr. 3. @. ^ermann
SBeißenborn. II. Seil, ©oüe, 1884. 4°. ©. 324.
3n äl^nlid&cm Sinne »ic ba8 16. Sal^rl^unbcrt einzelne
Sanbfal&rcrgcfcl^tclötcn auf bcn ©ulenfptegel, 5Rarren*
gefd^idgten auf ben Drt @d^ilba Dereinigte, mürben bamalS
aud^ Diele feit alter 3^it umge^enbe SQ^bererjäl^Iungen auf ben
$Ramen eineS SDr. 3ol&anne8 Sauft fonjentriert. ©iefeö fogenannte
Sauftbud^ erfd^ien juerft 1587 gu granffutt a. 2K. unter bem
Sitel: ^^iftoria öon 5)r. Sol^ann gauften / bcm toeitbcfd&re^tcn
Sauberer unb @dött>örfefünftler / SBie er pd& gegen bem Seuffel
auff eine benanbte geit öerfd&rieben / SBaä er l^ierawifc^en für
jeltaame abentl^emr gefeiten / felbä angerid&tet önb getrieben / bi§
er eubtlidö feinen »oberbienten Sol&n empfangen. SKel^rertl^eilö
au§ feinen eigenen l^interlaffenen ©(Triften / allen l^od&tragenben /
fürmifeigen önb ©ottlofen SRenfdöen gum fd^recflid^en Sc^fpiel /
abfd&eütolid&en ©yempel / önb treuml&er^iger SBarnung / gufammen
gegogen ünb in ben / 35rucf üerfertlget. 3cicobi IUI. @et)t ®ott
untertl^ftnig / »iberftel^et bem Seuffel / fo fleul^et er üon eud^.
Cum Gratia et Privilegio. ©ebrucft ju granffurt am 5Wa^rx
burd^ Sol^ann ©pieg.* S)ie Siterarl^iftorifer nennen biefe 8luö*
gäbe: A.*). 3n ben näd&ften Sö^ren folgten 9 Sluögaben beg
SSolKbud^eö rafd& aufeinanber; 1588 erfd^icn ju Sübedf eine
nieberbeutfd&e Sluögabe, in bemfelben Sö^re ein gereimte^ ?5auft*
budö, bie Seiftung jtoeier Sübinger ©tubenten, bie bafür mit
Äargcr beftraft »urben. ©döo« 1587 »ar ein ertoeiterter 9lad&«
brudf beä SBolfäbud^eS erfd&ienen, ber nod& öerwanbte Sagen ben
fiberlieferten l^injuffigte, — angeblid^ ebenfalls bei @pie8 in %xanh
fürt gebrudft, »al^rfdöeinlicl^ aber in Ulm, •— ausgäbe C. —
ffiid^tiger für unä ift bie neue, ftiliftifd& überarbeitete unb üer=»
meierte Sluögabe beS alten SSolföbud^eS, »eld^e 1590 in ®erHn
l&erauSfam. Unter ben fed^ö in biefer SluSgabe neu l^ingugefügten
Kapiteln nämlidö, toeld^e beutlid^ auf ßofaltrabitionen berul^en,
beflnben ftd^ beren fünf, bie in ©rfurt fpielen, unb über bie fpater
augfül^rlid^er gu reben fein mirb. 3)er SSerfaffer beS ftlteften
SBolföbud^eg mu§ ein proteftantifdöcr SS^eologe gemefcn fein, ein
eifriger ÜKann, ber eä |td^ guv Slufgabe mad^te, ben nie rul^enben
Unglauben gu befämpfen. @in üorgüglid^er 5Reubrudf ber erften
*) Obige« cntfpredftenb ber ^^adftbUbung be« %\\eU ber 9Iuflagc üon
1688 in m. Slönigd b. l^iteraturgefdjic^te, 19. Slufl., hinter @. 236.
SlugßaBe beS »SSolKbud^cS öon 25r. Sauft', bem aucfe aI8 stocitcr
Shil^anfl bie [ogenannten , Erfurter ©cfcfeid^tcn' beigegeben ftnb,
ift öon 28. ©raune beforgt unb bei Sliieme^er in ^aKe in ber
©ammlung ber 3leubrudfe ber beutfd&en giteratur beö 16. unb 17.
Sal^rl^unbertS (al8 $Rr. 7/8) üeröffentUdöt. SBalb erfd^ienen
Überfc^ungen inö §ofldnbifd&e, aSlämifd^e, granjöftfd&e unb gnö«-
lifcfte. aiucft baS l^ollänbifd^e unb baS Dlämijd&e SSoIfSbudö "«nnen
bie Erfurter Äapltel. 3ot S^btc 1599 erfd^icn ju Hamburg
eine »eitfd&meifige , mit moralifd^en Setrad&tungen öerfel^ene unb
burd^ ®eorg Sfiubolf SBibmann öeranftaltete Sluggabe, öermel^rt
burdö 3. 91. ^Pfeer gu 5»ürnberg 1674; 1728 eine öerfürate 8lu8»
gäbe ju Sranffurt unb ßeipßig, »eld^e bie ©runblage beS fpftteren
3abrmarftöüolf8bucl&c8 geworben ift.
^nxij bie üon gllingerg gorfd^w^fl^n auSgel^enben epod^e«»
mad&ehben Unterfud&ungen ©uftao 9Kild^facf8 *) ift feftgeftellt
tüorben, bag alö eine ^aupf quelle für baS in giemlidö funftlofer
SBeife fompilierte alte gauftbud^ iaä 1493 bei anton Äoberger
ju 5Rflrnberg mit trefflid&en ^olafdönitten erfdöienenc ,©ud& ber
ßronidfen Dnb gebdd&tnug »irbigern gefd^id^ten' ,g). ©d^ebelS ju be*
trad&ten ift, inbem ber QSerfaffer beö SSolKbud^eö öoniel^mlid^
feinen geograp]^ifd&*]^iftorifd&en Stoff barauö entlehnte.
8[uf einer englifd&en Uberfe^ung beö ©pie^'fd^en gauftbud&eg
üon 1587 fugt e^riftopber 3KarIon)e8 35rama: The Tragical
History of Doctor Faustus, »eld^eö um 1588 3um erftenmalc
aufgeführt »orben ift. 2)a8 englifd&e 5)rama geigt un8 fjauft
aI8 Sauberer, nad^bem er mit ?lRepbiftop]^eIe8 einen ^aft ge*
fd^loffen l^at, unb fd^liegt mit bem fd^redtlid&en gnbe beä 3Kanne8.
$ier ift juerft bie ©runbibee ber tiefftnnigen beutfd&en ©age
ridötig gefaxt »orben; bod& fonnte SRarlome nid^t Jeneä SKeifter»
»erf barauS bilben, bai unfcr ®oetbe jmei gab^bunberte fpäter
barauS gefd&affen bot. Stumerbin »irb unä ber ßnglänber al8
erfter bramatifd^er Bearbeiter ber Sauftfagc mert bleiben. 35aä
fd&on f rüber entftanbene ^^Puppenfpiel gauft* l^at gleid^ bem
SSolföbud^e t)iele Auflagen erlebt; Äarl Simrodf b^t feinen STejct
*) ©iftoria D. Johannis Fausti des Zauberers nach der Wolfen-
bütteler handschrift nebst dem nach weis eines teils ihrer quellen heraus-
gegeben von Gustav Milchsack (= Überlieferungen Zur Litteratur Ge-
schichte und Kunst. II. ©b) »olfenbüttel 1892 ©. XXII. UL.
8
mlebcrl^crgcftcnt unb 1846 l^erauSgegcben. ©Ingelnc Searbcitungeu
bcr Sauftfagc l^at ber ©tuttgarter Sud^l^dnblcr gol^önn @d&eible
in feinem ©ammelmerfc .S)aö Älofter* (12 Sbe. 1845—49)
abbrucfen laffen. @ine gute SwföntmenfteHung öon ^lotijen über
»Sowft* ftnbet fid^ in ber ^gefcöld&tlid^en Einleitung' ju 6arl
engelö ausgäbe Dorn »aSolföfd&aufpiel ©oftor 3o^ann ^Jauft'r
Dlbenburg, 1874. 6ine treffüd^ auögeftattete ©ammlung ber Jladö'*
rid^ten über Sauft ift aud^ 1893 öon 5?arl Äiefemetter unter bem
Sitel I, Sauft in ber ©efd&idöte unb SSrabition' l^erauggegeben unb
bei 5Kaj: ©pol^r in Seip3ig erfd^i^ncn. 91 cu ift an bem SBcrfe
bie offenbare Hinneigung jum ©piritiämuö. 8118 auf eine
bebeutenb ältere Seiftung fei auf ituno Sifd&erä ^Öoetl^eS Sauft*
l^ingetoiefen, beffen erfter S3anb ^©ie Sauftbid^tung Dor ©oetl^e*
im Saläre 1893 in britter Auflage erfdö'^n^n ift. ©in einaelner
geiftreid&er Sluffa^ über »Sauft unb ba8 16. Sal&rl^unbert' ift
öon grid&Sd^mibt in feinen .Söarafteriftifen' — Serlin, 1886,
@. 1—37 — öeroffentlid^t »orben. Sanier ift eine fleine, ]&ier=
l^er gel^örigc 8[rbeit beS ©el^eimen Suftijratg S- öon SSo5 gu
eriüäl^nen, »©oftor Sauft in @rfurt 1513\ bie in ber ©onntagä*
aSeilage jur »Slorbbeutfc^en Slßgemeinen S^itung' öom 1. Df tober
1893 (9ir. 40) ftel&t. Slugerbem fei auf eine Unterfud^ung »on
5)r. ^o\). 2B. Srunier aufmer!fam gemad^t: ,©a8 gngelf^e SSoIfä*
fd^aufpiel ©octor Sol^ann Sauft a\i Sölfc^Öung crmiefen.'
(Hatte a. ©., 1894.) S)a8 SBid&tigfte, toaS bie jüngften Saläre
gur Sejrtgefd&idöte beä ©oetl^efd^en 35rama8 gebrad^t l&aben,
ift: »Sauft in urfprünglid^er ©eftalt nad) ber ®5d&=
l&aufen^fd^en abfd^rlft* l^erauSgegeben oon @ridö ©d^mibt. 4.
abbrudt. SBeimar 1899. —
SBir toenben un8 nunmclör jur Setrad^tung ber eingelnen
9ladörid&ten, bie über ben gefd^id&tlidöen Sauft auf ung
gefommen ftnb.
35en Flamen SauftS al8 eineS 3Bunbermanne8 *) pnben toir
guerft in einem Sriefe beS ©efd^id^tfd&reiberä unb 2:i)eologen
Sritl^emiuS oon ©ponl^eim b. b. SBürjburg ben 20. 3lu*
guft 1507 an ben furpfdlaifd^en SWatl^ematifer unb Hofaftrologeu
*) Ä. 5Jic|etoctter, gouft in bcr ®t]6iWt unb 3:robition. Sctpjtg,
1893, ©. 3-6.
3ol)ann SBirbIng ju ^a§furt in Unterfraufeu. ^) gefeterer I)attc
ndmlld^ üiel üon ^Jauft gel^ört unb crfal^ren, ba^ biefcr nad^
»Öö^furt 311 fommen beabftd&tiße. ©eSl^alb »anbte er fid^ an
feinen %xmx\\) Sritt)cmiuö, ber ben berül^mten 2Kann perfönlldö
fennen gelernt l^atte, mit ber Sitte, il^m 8tn8funft über biefen
3u geben. S)a8 S^wflniä, »eldöeö Sritl^emiuS beut Sauft aui^
ftellt, entl^ölt wenig ©dömeidö^I^öft^ö ; man fann fid& beä 33er^
bad^teö nid&t erwel^ren, al8 »enn Srit^em, ber aud^ alä ein ber
5Wngie SBcpiffener galt, fo ettuaS mie 33rotneib babei empfunben
]&abe. 68 ]&ei§t aber barin:
,3^ner SKenfd^, Aber toeld^en bu mir fd^reibft, ®eorg
©ab ein eng, toeldöer fid^ ben dürften ber 5ftefromanten ju
nennen wagte, ift ein Sanbftreidöer, ein leerer ©döwöfeer unb
bctritgerifd&er @troId&, wfirbig auögepeitfd^t ju »erben, bamit
er nidöt ferner nod& Jffentlidö öerab[döeunnggtt)ürbige unb ber
l^eiligen ^ird^e feinblic^e 35inge ju leieren wage. ®enn maS
finb bie Stitel, Welche er fldö anmaßt, anberö al8 Slnjeidöen beä
biimmften unb unpnnigften Oeifteä, ber jeigt, ba§ er ein 5ftarr
unb fein ^^ilofopl^ ift? So mad^te er ftd^ folgenbe il^m ju*
fagenbe Sitel gured^t : 3Kagifter ©eorg ©abellicug, gauft
ber Süngere, Dueflbrunn (fons) ber 5lefromanten, 8lftroIog,
Sweiter ber 9J?agier u. f. m. ©iel^e bie l{)öridöte Sßerwegenlö^it
beö 9!Renfdöen . . . Slber mir ift feine 3}idöt?mitrbigfeit ni(f)t
unbcfannt. S[I8 id& öor einigen Salären anS ber SWarf SSranben*'
bürg surücffel^rte, (3;ritt)emiu0 war öon Soad^im 9teftor an ben
branbenbnrgifd^en ^of berufen gewefen) traf id) biefen SKenfd^en
in ber 9iä^e ber @tabt ®elnl)aufen (im ^ulbaifdöen) an, wo»
felbft man mir in ber ^perberge üicie öon ilöm mit groger
gred&l)eit auSgefül^rte D^id^tönu^igfeiten ergä^Ite. 8l(g er öon
meiner Slnwefenl^eit l^örte, flolö ^^ alöbalb awS ber Verberge
unb fonnte öon niemanb überrebet werben, fid& mir öor»
3uftcnen ... 3« Kn^t ©tabt ersdl^Uen mir ©eiftlidöe, er l^abe
in ©cgenwart SSieler gefagt, ba§ er ein fo grogeö SBiffen unb
©ebödötniö aller SBei0{)eit erreid^t l^abe, bü§, wenn alle SBcrfe
') Johanois Trithemii, abbatis Sponhemicnsis, epistolamin familiariutn
libri duo, Hagonoao ex ofFicina Potn Brubachii, 1536. 4". p. 312.
Sie SBüdjer bed Xrit^emiud traten bei bcffert gettgenoffen al9 te^erifc^ ber'
rufen, wie ein ©rief bei? Carolus Bovillus bejcuflt.
10
öon ^lato unb ariftoteleS famt aH ll^^er ^ß^ilofopl^lc üöKig
au8 ber $IMenfclö^n ©eböd^tniö verloren öeöaiißen mdren, er |tc
wie ein gmeiter — @8ra burdö f^in ®enie fdmtlidö «nb öor^
jüglidö^r Qlä tjorl^er toiebcr l^erfteHen moHe 3n ben
Saften biefeö Sa^reä fam er nad^ Äreujnad^, too er fid^ in
gleid&er gro^fpred^erifdöer SBeife ganj gemaltiger ©inge rül^mte. . .
SBfil^renb biefer S^it toax bie ©dö«liwciP<?i^ftet(e in gebadeter
©tabt unbefe^t, mläjt il^m auf SSerwenbung öon %xa\\i t)on
©idfingen, bem Slmtmann 35eincö Surften, einem für utQftifd&e
©inge augerorbentUd^e Seilnal^me l^egenben 5Wanne, übertragen
tourbe. Slber balb barauf lie^ er ftdö ©d^Icd^tigfeiten ju
fd&niben fommen unb entflol^, a\S bie ©ad&en anö Sid^t famen,
ber il)m brol^enben ©träfe. ©a8 ift eä, maä mir nad^ bem
jtdöerften 3^wö"iö ^on jenem SWenfdöen feftftel^t, beffen ^nfunft
©u mit fo großem Sßerlangen ermarteft/
Selben mir bei Sctrad^tung biefe8Seugniffc8 bcölritl&emiug üon
etmaiger perf önlidöer 2Soreingenommenl)eit ab, fo bleibt bod& ber @in*
brucf beftel^en, ba§ gauft ein fal^rcnber SKann, einÄönftler öon fel&r
jmeifellöaftem 6^arafler, auf alle gaUe aber ein Original gemefen ift.
Slnil^n erinnert baä ^anö ©ad&8'fd&e gaftnad&tfpiel öom
fal^renben ©döüler,*) ber öorgiebt, ben Stcufel bannen 311
fönnen. ©iefer rfil^mt ftd^ au^erbem folgenber i^ünfte:
©d^uler.
,68 ift Dnä auffgefefet all fanbt
3)a§ mir ftetigö im Sanb tjmbmanbern
SSon einer ^ol^en ©d^nl gnr anbern
©aß mir lel)rnen bie fd^mar^en Äunft
aSnb bergleidö anber ÄTmfte fünft
SBo man eim etmaä l^at geftoln
©a8 fönnen mir eim miber I)oln
SBen Slugenmel^ / unb 3a^nmel) frencfn
©en fönn mir ein ©egn an l^alß l)endfn
S'urä ©fd^oß / munbfegen mir aud^ l^abn
SBir lonn marfagen önb ©död^ grabn
Sludö 3U nadö auff bem S3odf anßfarn /.'
') ©in fcftön goß nad6@picl. 2)rr fa^rcnbc ©c^utcr mit bem 3:ciiffct
bannen. 3Rit üier $er{onen / Sl^är^metjlid) ^vl ^ören. ^anb ®a4{$ ®e«
brudt 5u 92ürnberg / burc^ SSalentin 9}cmber / SBo^n^offt im obern äBcl^er.
11
Sencg %au\i betreffenbe Urteil toirb bitrd^ einen jmeiten
©ewäl^rgmann bcftätigt, toeld^er unä in üiel ]ööl)erem ®rabe a\S ber
erfte interefftert. m ift bieg 6onrab SWubt, latiniftert Mu-
tianus Rufus, ein in ©otl^a lebenbcr Äanonifuö, — er ftarb
1526 — unb befannt afö einer ber ßebilbetften SRanner feiner
Beit. ©iefer fd^rieb in einem am 7. Dftober 1513 abgefaßten
imb an ^einrid) UrbanuS ju ^lofter ©eorgentl^al gerid^teten
Sricfe, aug bem tt)ir bie betreffenbe ©teile möglidöft »örtlid^ nad^
bem lateinifd^en Sefte toicbergeben, über gauft folgenbeö:
^9Sor ad^t 2;agen fam ein gewiffer 6^iromant nad& 6rf urt
mit 3ffamen ©eorg gaitftuö, ^ber ^eibelberger Halbgott*, ein
reiner ^ral&Ier unb 9iarr. ©eine ^unft ift, wie bie aller mal^r*
fagerifd^en Sluffd)neiber, eitel, unb eine fold^e ^{)^ftognomie leidster
alö eine SBafferfpinne. 2)oä ungebilbete SSolf bewunbert il^n.
®egen il^n f Otiten Rd^ bie Sl^eologen evl^eben, ftatt ba§ pe ben
^bilofopl^en 3teud&lin ju öernid&ten fud^en. ^ii l^örte il^n in ber
Verberge anffd&neiben unb l^abe feine %x^ijijdt nid^t gejüd^tigt,
benn waö fnmmert mid& frembe Sl^orl^eit?' *)
35iefe Süißerung ift für unä öon uufd^sparem SBerte; pe
ift bi8 l^cute bie einsige birefte unb ftreng l^iftorifd^e SJladörid&t
über baä Sluftaud^en beä ©oftorg gauft in Erfurt. 5Rebenbei
bemerft, cntplt pe nod^ eine nid&t mißjuDerftel^enbe Sesiel^ung
auf eine gemiffe S^ttfrage, bie bamalö bie ©cifter nid^t wenig
er{)ifete. 2Bir meinen ben befannten ©treit beö geleierten 3fieudö=»
lin mit ben Äölner 3)ominifanern, ben SBert beg überlieferten
l^ebraifdöen ©dörifttumS betreff enb, in beffen Sßerlaufe ber ^^u*
manift ßapnio — fo nannte pd^ Steudölin auf gateinifdb — eine
bnx ©ominifanern fel^r unbequeme, heftige ©treitfdörift, baö
*) Tippula. gjgt. Plaut. Pers. H, 2, 62.
') 2)er 33ciefnjcc6fel bc3 Conradus Mutianus. ®cfammcTt unb he*
arbeitet Don ^c. «fori ®Ubert. (®. O b. *Broo. ©adjjen, XVIII. ©b.)
©oHc 1890. (grfte ©älftc. @. 413. ^Jlv, 320. m. m Urbon. [©ot^o]
1513. Dftober 3. (^ut. übt Sfrttif an bem ®utad)ten ber Erfurter tl^eo-
loflifc^en gafuUät über ben 9leucölinf(ben Sluflenfpieflel). „Venit octavo
abhinc die quidam Chiromantie us Erphurdiain nomine Georgus Faustus
He[l]mitheus Hedelbergensis, merus ostentator et fatuus. Eins et om-
nium divinaculorum vana est professio et talis physiognomia ievior ty-
pula. Rüdes admirantur. In eum theologi insurgant, non conficiant phi-
losophum Capnionem. Ego audivi garrientom in hospicio, non castigavi
iactanciam. Quid aliena insania ad me ?" V. Nonas Octobris M D Xill.
12
Speculum öculare, ben ^Slugenfpieger, (jefd^riebcn l^attc. 3118 nun
Safüb ^oogftraten, ber ©ominifanerprior öon Äoln, bafür gc*
forgt l^atte, bag baö jd&limmc SReud^lin^fdöe SBud^ jur SSenüd&tung
burd&g S^uer verurteilt »urbe, traten bem Sluf läger .in bicfem öer*
»erfenben Urteile bie Uniüerfttatcn Don ßöwen, SWainj, ^ariS
unb ©rfurt mit il^rcn ©utad&ten jur Seite, »enngleid^ bie 6r»
furter tl^^ologifd&c SöfwHfit in il^rem fel^r gemunbeneu 6j:poi6 ber
^erfon 9fteudölin§ alle 8lnerfennung goUtc. ^inlänglld^ befannt
jtnb biefe SSorgänge au8 ber grünblid^en Slbl^anblung beö ^^xxm
^aftorö Dergel *) im. XY. §efte ber ,5Kitteilungen beö SSereinS
für ©efd^i^tc unb Slltertumöfunbe öon ©rfurt/ — 5Wutianu8
3fiufu8 nun meint, bie (Erfurter S^^eologen tl)dten bcffer baran,
jtdö gegen fold&e ©pottüogel, mie ben 3)oftor gauftug, gu wenben,
afö gegen ben würbigen SieudöHn.
Sritl^cmiuS unb SRutian fpred^en ganj offenbar öon ein
unb berfelben ^erfon, bie iebod^, abroeid&enb öon allen fpdteren
Süad^ricl&ten, ben SSornamen ©eorg anftatt gol&ann fül^rt.
©iefen ®eorg i5auft nennt 2Mutian ben .^eibclberger ^alb*
gott*; benn anftatt beä in ber üon Sensel felör inforreft beforgtcn
Sluögabe ftel^enben Helmitheus Hedelbergensis ift, mie fd&on
©ün^er in feiner 2lb]öoni>Iu"9 ^^^^^ »^'^^ ®^Ö^ ^om S)oftor
Sol^ann ^öuft* ^) bemerft l^at, Hemitheus Hedelbergensis gu
lefen. Hedelbergensis ift bagegen rid^tig; fo ift g. S. Hedel-
berga bie latinifterte SBortbilbung, mit meld^er audö ^Keland^tl^on,
ber bort ftubicrte, ^eibelberg begeid^net. 3n bem @pitf)eton
.^eibelberger Halbgott' l^aben loir iebenfaHö eine neue bom*
baftifd^c Sereid^erung üon gauftö Sitein ju erblidfen, bie ber
5D?ann f\6) felbft nad^ ber 8lrt öon SRarftfd&reiern beigelegt l^at.
^ierburd^ werben toir auf bie SSermutung l^i^Ö^^i^l^^f ^^B
Sauft in ^eibelberg ftubiert l^abe, unb biefe SSermutung
ermeift fid^ bei naiverer Setrad^tung al8 eine S^atfad^e. Sieidölin*
9Kelbegg l^at biefe ßntbedfung gemad^t, ol^ne il&re SBid^tigfeit ju
') ®. Oergel, Beiträge aur ®ef(f|t4te bed Erfurter ^umantiSmuS.
@. 35 ff. ®. Ö5 ff. 0,?WittcUunöcn", XV., 1892).
«) ,,S)enrt fo fllaubcit toir bie aSoctc mit leidster »erf^iebung eine«
SBudöftQbcn lefen gu muffen." ,,Xic ©agc toom S)oftor So^jann ganft."
Unterlud^t öon i&. 3)ünfeer, in 3- @*eible, 5)og Äloftcr. äScltli* unb
geiftUc^. Stuttgart, 1847, V. «b. 17.-20. geüe, @. 36.
13
al^uen. (St fagt:*) ^Sdad^ einem Snfldptiongüerjeid^iüö ber
pl^ilofop^ifdö^« Safultät ju ^eibelberg toar ein Sol^ann Sauft
im Saläre 1509 bei il&r aI8 lernenbeö SWitglieb cingefcl&r leben.
6in Sol^ann Sauft lommt in ben actis philosoph. Heidelb.
(Tom. III. Fol. 36, a) unter bem 3)efanate beä SKag. gaurentiuä
SBoIff öon ©peier im Sal^^c 1509 al§ ber erfte unter benen öor,
bie am 15. Sanuar 1509 gur SBürbe be8 SBaccalaureatö gelangt*
finb. Slu^er il^nt ftel^en in berfelben 5ßromotion nod^ 15 anbere.
Dieä ftimmt faft t)önig jur Slngabe beö SSolföbud^^ä, bemjufolge
Sauft alä ein gelel^riger unb gefd^^Jinber Äopf balb fo toeit ge*
fommen war, ba§ man il^n jum SRagifter examinierte, unb neben
il^m nod& fedöj^'Ö« SWagifter, todäjm er aüen in Sragen unb
®ef(^icni(^reit obftegte.' ^)
23ie Uniüerfttät, too biefe Promotion ftattfanb, nennt baS
alte Sauftbud^ nid^t, e8 fügt aber 3um obigen l^inau, ba§ Sauft
feine ©tubien in Ärafau fortfe^te, toomit alle S^itgenoffen, bie
Don il^m er3dl^len, übereinftimmen. 3n Ärafau lourbe wirllid^,
toie frül^er in Solebo unb ©alamanca, bie fogenannte natürlid&e
SRagie geleiert, b. i), ein ©emifd^ öon unöoKfommenen Äennt*
niffen au8 ben ®eWeten ber (S^emie, ^\)t)[\t, Dptil, m^iiamt,
beä 5Wagneti8mu8 unb ^^pnotiämug, baju Fabeleien beg 5ßli^
niug, 5ßfeubo*Sllbertu8 2Kagnu8 unb anberer. Slber nid^t uur
über ben Drt, wo Sauft promovierte, fonbern aud^ über feinen
©eburtöort giebt ung bie ^iotij ber ^eibelberger Uniöer|tidt8aften
Sluffd&lu^. 9flad& il^r ftammt Sol^ann Sauft „ex Simem". Unter
©immern l^at man, wie Äiefewetter wol^l rid&tig bemerft, nid^t
bie ©tabt ©immern im 9ieg.*a3ej. Äoblenj, fonbern bai frül^ere
Sürftentum ©immern, beaw. 5ßfal3=»©immern 3U öerftel^en. @ä
ift l^ier al[o baä SSaterlanb ftatt ber SSaterftabt angegeben, wie
bieg unter ben ©elel^rten beö 5D?ittelalter8 fel^r gewöl^nlid^ war.
4)ier fei nur an ?ßetru8 Sombarbug, S)un8 unb SWid&ael ©cotuS
erinnert. 3)a8 Sürftentum ©immern gel^örte aber feit 1436 3ur
Äurpfal3 mitfamt bem ©tfibtdöen Änittlingen unb bem Älofter
SKaulbronn. i?nittlingen aber ift nad^ ßeitgenoffen Sauftä, bie
») ©«cible, fflofter, XL, @. 330.
*) aSoI. Sauft. %)a» SBoI(d5u4 unb bad $uppenfptel. SSon Ratl
Bimtod. granlfurt a. ä^. SBerlag t)on d^^riftian SBinter. ®ebrudt in
biefem Sfal^re. @. 1.
u
il^n 311m ^eil pcrfönlid^ lanntcn, tolc Sol&anneö SBeqer unb 5We^
land&tl^on, ber ®eburt8ort beä Sol^anncS gauft. 68 Braud^t unä
nid&t 3U ftören, bag bicfer ÜRann eine Qüt lang, ba er ali iunger
aSagant in ber SBelt uml^erjog, feinen SSornamen Sol^anneä mit
®eorgiu8 öertaufd&te : ben legieren entlel^nte er tool^l ben ©eorgiciä
beä SSirfliI, um feinen 5ftimbu8 ju erl&öl^en, benn jeneö alte Sel^r«'
gebid&t ^3Som Sanbbau' fanb bamalö öielfad^ in abergldubifd^er
SBeife eine propl^etifd^^biblifd^e 8lu8legung.
@ine merfmürbige unb intereffante 9?otig beS SSoIKbud^eä
üom 2)oftor gauft lö^t bie 3Biege beö SBunbermanneS in 6r-
furtä SWad&barfd^aft geftanben l^aben. 68 l^ei^t bort:*) »SDoftor
gauftuä ift eineö Sauern ©ol^n gemefen, gu fRoba bei SBeimar
geburtig. 3" SBittenberg l&at er Diel Slutä^greunbe gel^abt ; andi
»aren feine (altern gottfelige unb d&riftlid^e Seute, unb fein Dl^m,
ber gu SBittenberg fe^l^aft unb ein uermögenber Sürger toar, ^at
gauftum aufergogen unb »ie fein Äinb gel^alten/
25a|i blefe Angabe ber l^iftorifd&en S38a]^r]^eit nid&t ent*
fprid^t, lel^rt bie ^eibelberger 3RatrifeI. SBir l^aben e8 l^ier Diel*
mel^r mit einer tenbengiöfen ßrfinbung gu tl^un. Sp Saufe ber
nad^ftel&enben ffletradötung werben toir fel&en, bag Sauft in ber
5ß^antaiie ber eine (Generation nad& ttjxn Sebenben ben SRdnnern
ber ^Reformation beigegfil)It wirb, toenn aud^ ^^W alä gro§e
Sendete, fo bod^ alS ©d^warmgeift unb 5|SIanet. ©eöl^alb »urbe
öon bem SSerfaffer beö @pieg*fd&en gauftbuc^eS, ber, wie gefagt,
ein eüangelifdöer ®eiftlid&er war, in ber 2lbfid&t, ben SRann ber 3lu8»
gangöftätte ber Sieformation, S^üringen, näl)er gu bringen, baä 3)orf
3loba bei ^ain im SBeimarifd&en al8 gauftä ©eburtSort begcid()net. *)
*) Sauft. 5Son Rarl ©imrod. @. 1.
*) @d toirb bort au4 noc^ haS angeblid^e ©eburtdl^aud f^auftd ge'
Aei^t, unb im 3rül)JQ]^r 1893 bel^auptete eine Seitungd'ißoti^, hai ^aud
fei t)on einem fpefuIatiDen SImerilaner angefauft toorben, um über ben
O^ron transportiert unb auf ber SBeUauiSfteQung ju (S^icago neu oufgebaut
ju merben, — bo4 ift nicbtd bon ber Sludfü^rung eined folgen $(ane9
belannt gemorben. ^aS Se|tere ift um fo erffdrItcDcr, aU bei bem 6öu«
figen Sorfommen be8 DrtSnomen? ;,iRobo" in ^^^ürinAen bie „Reftftellung"
beiS betreffenben ^orfed fc^miertg ift; noc^ einer Slnfic^t e^tftiert biejed
gar nic^t mel^r. SBgt. ^elene ^ö^Iau, „^m aUen 9}öb4en ^vl fBetmar",
@. 3. [^SUtweimarifc^e Stebed« u. @^egefd)id)ten. Stuttgart 1897. (Engel'
^ornd dtomanbibliot^el. XIY. Sal^rg., 16b. 3] unb ba^u SU. SBerneburg,
— bie 9{amen ber Ortfc^aften unb SEBüftungen Sl^üringend, •— i. b. Sa^r«
Büßern b. S^gl. «ifab. gemeinnfi^iger äBiffenfc^.- au (Srfurt. ^. g. $. XII.
(grfurt, 1884. ®. 123-129.
15
$n getoiffem ©inne ift biefc Senbcnj be8 SSerfaffcrS beö
Sauftbiidö^ö bered&tlgt. 2)ie Seit ber ^Reformation ift eine $e*
riobe entmicfeltfter ©ärung. £)er menf(]ölici&^ ®^ift ^'^H^ wad&
greil&eit, benn bie 6rbe ift il^m feine feftftel^enbe ©d&eibe mel^r,
fonbern nur eine fid^ um ftd^ felbft brel^enbe, um bie Sonne laufenbe
Äugel, ein 3Kinimum im unermeglid^f" SBeltaH. 6r öerfolgt ben
notmenbigen Äampf mit bem, waö il^m in ber i^ird^e öeraltet
ober abgeftorben erfd&eint. &xtlM\ä) ift'8, ba'ß je^t bie 9Rengc
nad^ neuen SBunbern »erlangt. S)en SBunbern ber ^eiligen treten
in ber Sluffaffung beö großen ^aufenS bie SBunber beg Un*
l^ciligen, beö Söfen, gegenüber, — h^m emig l&eiligen ®ott ber
ewig unl^cilige Söfe, — bem an fid^ perfönlld^ ®uten bie 5ßerfon
beS Söfen, ber ©atan (diabolus, SSernid&ter, Seufel), — ber
SSerbinbung mit ber Äird^e unb il^fen lounbertl^ätigen ^eiligen
bie aSerfd&reibung ber eigenen 5ßerfon an ben Seufel a\i (Entgelt
für bie öon biefem 3U leiftenben 3)ienfte. SBaä SBunber, bag
ein getoiffenlofer ©d^elm, wie Sauft, eine fold^e ©ad^*» unb 3Belt«»
läge benu^t, um unter ber obergläubifd&en unb lounberfüd&tigen
ÜRenge Seffikbigung feiner (äitelfeit, feiner ©elfifte unb gemi§
auc^ pnanjieße SSorteile gu erlangen? —
3m Saläre 1516 pnben mir unfern Souft, ber nun unter
feinem eigenen 5Ramen, So^anneö Sauft, auftritt, im ^lofter
SJJaulbronn loieber, loo fein einftiger ©d^ulfreunb, ber 8lbt
SolÖ^Jnneä @ntenfug, anS Unteröioiöl^eim, 2 ©tunben üon Änitt*
lingen, gebürtig, il^m eine Swflu^täftätte gemfi^rte. ©iefe %^aU
fad^e gel^t au8 einer 5Rotl3 l&erüor, meldte in einem alten SSer^
geid^niö ber SWaulbronner Slbte neben beg ©ntenfu^' Flamen ftel^t.
3fio(^ öor wenigen S^'^i'^n befanb ftd& swifd^en bem SRebentl^al
unb hem ledigen Dberamtägerid&te ju 3Kaulbronn ein jugemauerteS
Saboratorium, hai ben Flamen »Sauftlüd^e' trug; ferner wirb
ber oftlidöe 6cfturm beS bortigen ^lofterjwingerS bisweilen Söufi«»
türm genannt. SBir erblidPen in bem 5Ramen biefer Sauwerfe
leinen neuen bireKen Seweiö für %a\\\ti Slnwcfen^eit in 3Kaul*
bronn, bitten aber biefe I^atfad^e im ©ebäd^tniö 3U bel^alten,
weil fte nad&l^er bei ber ßrflärung beö 9lamen8 Dom ßrfurter
Sauftgd^d&en gebrandet wirb.
9iad^ bem Sa^re 1520 ift Sauft öieHeid^t in Erfurt wieber
aufgetaud^t, ol^ne ba^ man jebod^ baä ^a^x genau beftimmen fönnte.
16
@8 ftct)en ndmlidö in ber abfd&riftUd& auf beut ©rfurter
@tabt*8lrci^iöc ficfinblid^cn ^ogerfd&en (S^ronil fünf
fagenl^afte %an\U®z\<iix(S)Un, ble ben d&ronologif(ften 3lad&='
xii^kn jener Qc\t eingefügt |tnb. S)iefe ©efd^id^ten l^at mit jiemlicl&er
Jßollftdnbiglelt SRotfdöotann in ber Sortierung gu feiner Er-
fordia literata »iebergegeben ; augerbem finben jte jtcl& im ^SSoIfö*
budöe öom 2)oftor Sciuft*, — nid&t in ber dlteften ^uägabe (A,
Sranffurt a, 3Sl., 1587), fonbern in ber 1590 in SBerlin er*
fdöi^n^n^Hr überarbeiteten unb öermel^rten 8lu8gabe (B). SBenn
Salob 2Rinor in ber .©eutfc^en Sichtung' (Sb. III., @. 93)
fagt, bog biefe ®cfc!)id&ten au8 bem Sauftbud^e in 3Rotfd&manng
, Erfurter ß^ronlf*, foH ]^ei§en in bie ,,@rfurter ß^ronif* unb
in äKotfclömaunö „Erfordia literata" Slufnal^me gefunben l^aben,
fo toerben mir if|m barin beiftimmen muffen, »enngleid^ biefe
SBel^auptung nod^ eineä Semeifeö bebarf. 5)enu toenn aud^
gttjifd&en bem Sejrte ber Quelle ber ^ogerfdö^n ß^ronif unb bem
beg ermeiterten gSßolUhwij^S' jtd^er ein berartiger Bufammenl^öug
beftel^ti ba§ einer an9 bem anbern gcfloffen fein mug, fo »eig
man bod^ t)on uornl^erein nid^, toeld&er ber ältere ift. «^ogel
erjd^lt einfad^er, fd&mudElofer unb unter Einfügung lolaler Se*
jie^ungen; haS ,9SolKbud^' l^at einen fd^öneren, gebilbeteren Stil,
l&at mel)r ©elel^rfamfeit unb ift oft fogar ab|td^tlid& lel^rl^aft.
§aben wir eö nun l^ier mit einer gefdömadEöoUen Erweiterung
ber ^ogel'fd&en Raffung, ober mit einer SBerftümmclung unb SSer»
fd^lec^terung beö im SSolfäbud^e gebotenen Jejrteö burd^ ben un«
befannten ©etod^römann ^ogelä ju tl^un? 68 fd&eint, a\S ob
bie gauftfagcn bei ^ogel beöl^olb fpdteren Urfprungg ftnb, weil
barin ,ber 9fiat unb ble S^eologen* alö Slutoritäten für bie Uni*
öer(ttdt genannt werben, wag nur bie irrtümlid^e SWeinung eineä
nid^tjeitgenöfftfd&en ©d&riftfteKerS fein fonnte. 2)enu ber 3iat
l^atte erft feit bem Slugöburger SReligion8»5rieben etwaS bei ber
ßrfurtcr Unioerfttdt ju fagen.
3m allgemeinen ift 3Ril(^fadP0 ber anficht, ba^ bie (är-^
furter ©efd^idöten, weld&e ben l^iftorifd^en gauft im ©egenfa^e ju ben
Senbenjen ber oberrl^^inifd&en unb SBittenberger Ueberlieferung
^) «. 0. a, ©. XVII.
17
ibealifteren, in einer öerl^dltiügmäßig fpäteu ßpod^e ber ©agen*
Bilbung entflanben feien.
©ie erfte Jener ^a\x\U®z\ijiijttn nun lautet nad& ber
^ogelfd^en (Sl^ronif f olgenbermafeen :
.Sanier mag e8 awii iDol^l um biefe S^W unb S^^re
gefdö^^'^w f^^". tt>a8 pd^ gu ßrfurt mit ben (!) berufenen ©d^mar^^
fünftler unb öerjtoeifelten «^ößenbranb 5)octtor ^5auft öor ßben»
tl^cüer foH gugetragen l^aben. ©erfelbige, ttietDol^l er ju SBitten*
berg mol^nte, iebod^ toie er mit feinen (!) unrul^igen ®eifte fonften
immerbar in ber 3Be!t l^erum vagirte, alfo fanb er pd& audö 3«
ßrfurt be^ ber Universität ein, mietl^ete [sich] be^ ben (!) großen
Collegio in ber SJläl^e ein, erlangte mit feinem grogfpred&en fo
öiel, ba§ er ftd& auf öffentlid&em Catheter l^ören burfte laffen,
unb ben Oried^ifd^en Poeten ^omerum ben (Stubenten erfldliren.
Unb inbcm er l^ierbe^ beö Äßuigö gu Sroja Priamus unb ber
Äriegäl^elben ^cctorö, Ajax, Ulysses, Agamemnon unb mel^r
anbercr gu ermel^nen 8lnla^ l^atte, befd&rieb er fte jebe, toie fte
auögefel^en l^atten: SBurbe gebetl^^n, njie e8 benn t)ortt)i^ige ^urfd^e
giebt, unb tt)a§ l^i^ter ifim ftacf, nid&t gar Verborgen mar, er
toolte e8 burd^ feine Äunft bal^in bringen, bag fte fämen unb
ftdö alfo fel)en möd^ten lagen, »ie er fie i^nen gleid^fam t)or*
gemal^lt ^ätte. 2)aä fagte er il)nen gu, beftimte fte auf bie ned^fte
Seit in ba8 Auditorium unb fagte, ba bie ©tunbe gcfommen,
unb ftd& mel^r ©tubenten, afö jUDor be^ ibm eingeftelt l^alten,
mitten in feiner lection, nun |e^t folten fte bie alten griedöifd&en
gelben ju feigen befommen. Slugg rief er einen nadb ben anbern
l^inein, unb trat je^t biefer, barnad^ ein anberer, wenn jener
loieber l^inauä war, ju ibnen bal^er, fal^e jte an, unb fd^iittelte
') S)r. gouft« ®efd)id6tc. 9Kag. 8- ©ogel, ©er Söronicfen öon ber
©tobt ©rffurt^. 320-1628. ^crrmonnSbibliotöel I. 15. 5fap. XXXVII
p. 1055—1060. — 3la^ bcm crftcn Äbbrude ber üorfte^enbcn, ouf felbft*
ftänbtQem Ouellenftubium berul^enben Arbeit über ;,?fauft in Erfurt"
t)eröffentUd)te (5rtc^ ©(^mibt in ber g^i^fc^i^iH für l^iteraturgefc^ic^te
„eupöorton", 3a^r(i. 2, ©cft 1, @. 39-57, au^ bem Sßadfttaffc bc« am
14 $lug. 1894 Derftorbenen f^ocf4erd@iegf rieb ©jamatoUfi einen üon
bie(cm am 23. ganuar 1890 in ber S3crUner ©efeüfcftaft für bcutfcöe Site-
ralur gcbaltenen Vortrag ,,gaufl in Erfurt", in bem bie ©teilen au3
ber ^ogerfc^en S^ronif gleic^faniS angefül^rt finb. (Sintge SBtnfe bed £)eraud«
gebet!? finb l^ter mit SDonf benugt. SBerfel^entlic^ blieb ber2(uffai oben,
©. 8, unetmäl^nt. — (Sine neue SBergIcidjung meiner tlbfdftrift
mit ber Urfc^rift üerbanfe icf) ber ®üte beti ^errn ©tabt«
arc^ibard 2)r. Doermann in Q^rfurt.
18 •
feinen Äopf, tele toenn er nod^ öor Sroja im felbt agirte. 2)er
Ie|te unter allen mar ber 3tiefe Polyphemus, ber nur ein einig
\6)XQä\i6i gro^ Sluge mitten an feiner @tirn l^atte, trug jid^ mit
einen langen feüerrotl^en SBarte, fra^ an einem Äerl unb ließ
beffen fd^enlel gum 3Waule l^erauö goben [d. %. zoUeln], fd^redfte fte
mit feinem Slnblidfe, bag il&nen allen bie |)aare ju Serge ftunben,
unb toic D. gauft x^m l&inauS gu gelten »IndPte, tl^at er, wie
mnw ere nid^t öetftünbe, fonbern il^rer audö ein ^jaar mit feinen
3dl&nen anfaffen molte, ftieg mit feinen großen eifern @pie§ auf
ben grbboben, ba^ ftd^ bai gan^e Colleglum baüon erfd^ütterte,
unb mad^te jtd& barauf wieber baDon.'
SBir fügen glcid^ bie gtocite Erfurter f5auft*®efdöid^te,
bie ber Senbenj nad& gur erften gel^ört, mit ^ogelö SBorten l^ingu :
.Sflid^t lange brauf warb eine Promotio Magistrorum
gel^alten, unb be^ berfelben ... im SBe^fein berer öon ber
theologifd^en Facultät unb beä diattjS ©efanben, öon ber alten
5ßoeten Plauti unb Terentii Commödien discurrlret unb geflagt,
baß bererfelben fo gar Diel üor Seiten öerlol^ren toorben, berer
man pd^ bod^, ttienn man fte l&aben fönte, mit 3lu^ be^ ben
@d&ulen tool&l braud^en fönne. D. ^auft l&örte gu, l^ub aud& an,
üon be^ben ^oeten gu reben, ergel^lte etlid&e ©pritd&e, bie in il^ren
öerlol^renen Commoedien [teilen folten, unb erbotl^ |id&, wo e8
xijvx o^nt gefal^r unb ben ^errn Theologen nid&t jutoieber fe^n
folte, bie üerlol^rene Commoedien alle toieber an bai Sid&t gu
bringen unb uorgulegen auf etlid^e ©tunben lang, ba fte öon
öielen @tubenten ober @d^reibern gefd&winbe müften abgefd^rieben
werben, Wenn man fte l^aben toolte, unb nad^f olgeng möd^te man
il^rer nüfeen wie man wolte. S)ie Theologen unb Siatl^g Ferren
aber liefen il)nen fold&en SSorfd^Iag nid^t gefallen, benn, fagten
fte, ber Seüfel möd&te in fold^e neüerfunbene Commödien aUerle^
ärgerlid^e ©ad^en mit einfd&ieben, unb man tönte bod& ja aud^
ol^ne biefelben au8 benen, bie noc^ öorl^anben Wären, genug gut
latein lernen. 35orfte alfo ber SteüfeW Sanncr l^ierinnen fein
SReifter ©tüdt feigen laßen.' —
5)iefe gwei (Srgätilungen fül^ren unä unmittelbar in bie Seit
beS §umani?mu8 ein. SBar ja ber 3Rann, ber anno 1513
bie eitle ^ßral^lerei eineS Sol^anneS ^Jauft in ber Erfurter Verberge
aufgebest l^^tte, ber fd^on erwäl^nte 5Kutianug 9iufu8, einer
19
ber erftcn ^umaniften bc8 3^italter8 au8 htm Äretfe ber JReud^Iin,
@ra8mu8, Ulridö ö^n ^utten unb ÄrotuS Siubianuä, jener 2Wann,
öon bem Dergel faßt, ba§ er »ber eiflentlid^e Segrünber ber
neueren l^umaniftifd^en ©d^ule in @rfurt' getoefen fei. Sn biefem
Äreife aber war aud^ ber ÄultuS gried^ifc^^^ SBeUfd^önl^cit
l^eimifdö, *) feitbem bie erften ber fogenannten italienifd^en
»Poeten*, benen man an anbern beutfd&en UniDerjttdten mit 3Ri§=»
trauen unb SSerle^erungäfud^t entöegengetreten mar, nämlid^ ^ßetruö
SuberuS unb Safob ^{Jubliciuä SRufuS, in ben Salären 1460,
be3tt). 1466 bort mit offenen Firmen aufgenommen toorben JDaren.
@in lö^rrlid^eö ©ebilbe ber Slntife nad^ bem anbern ftieg bamalS
au8 bem umfd&attenben ®rabe empor. 2)ie ^umaniften, ober,
tt)ic man fte audö W nennt, bie §ßoeten, bie bem großen Fran-
cesco Petrarca in ber Semunberung ber ooHenbet fd^önen ©prad^e
ber 3llten nad^ftrebten, mad^ten bie alten Älafftfer in ©rfurt
l^eimifd^. 8[n il^rer ©pifee ftanb ber 1515 öon feinen Steifen
juritdgefel&rte geling ©oban ^effe, ber toeinfröl^Iid^e ,Ä5nig ber
^umaniften', beffen @d&üler nac^ fielen ^unberten jal^lten. @r
l^atte jid^ burd& feine eleganten lateinifd^en ®ebid&te fd^on in ber
Seme 3iul)m erworben unb würbe nad^malS aI8 ein üortreffHd^er
Überfefeer ber Sliaä befannt. 8ln il&n fdöIo§ ftd& als an ein ftiH»
fd&weigenb anerlannteS SDberl^aupt ein Äreiö oon Sreunben, bie
gegenüber ber fd&olaftifd&en Sarbarei eine gereinigte ©efd^madES^
rid^tung vertraten, SKdnner, bie in ber SK^tl^oIogie ^omerö,
3Sirgifö, Doibö, ßuIanS unb ^orajenä fd^welgten unb im Satein*
fpred^en bie ©leganj eineä ßicero nad^sual^men fud^ten, bie in
il^rem 6nt]^ufta8mu8 bie Sagen eineä ßioiuS für bie atterwal&rfte
©efd^id&te anfa^cn unb mit einem ©eneca »Sd^merj unb ßuft
öerlad&ten.^ 3Bir nennen öon \f)m\\ i)t\\ 6urlciu8 ßorbug,
ber fpdter, Don ber 5ß^iloIogie abgel^enb, aI3 Slrat unb SUatur*
forfc^er l^od^berül^mt würbe, — ferner baö ©reiblatt Sol&ann
ßang, SuftuS 3onaö unb Sol^ann S)rafoniteS, bie brel
eifrigen SBeförberer ber 9lef ormation ; — enblid& fei nod& 3oad6im
6amerariu8 erwdl^nt, ber Vertraute %xtu\\\) unb Slnl^önger
3D?clandöt]&on8, ber in ber pl^ilologifd&en Siteratur befonberS burd^
feine ausgaben beö ^lautuä belannt ift; befa§ er ja bodö bie 3Wei
Codices Palatini , bamalä bie wid^tigften •^anbfd^riften biefeä
*) 2)r. 3. (5. §. SBciBenborn, ^ierana. I. fficfurt 1862. @, 10.
20
lateinifdöen ÄomöbicnbidökrS. ßamcrarluä ift a\S 2oad&tm
5?ammcrmeiPer fflambcrflenpS gu Dftern 1518 unter bem Slefto*
rate beS SWatl^ia« 2Ke^ger in ©rfurt immatrifullert morben. ^
@r l^ot bann Don 1518 hiS 1521, mo er nad^ 93enebig ging, in
biefer @tabt öerweilt. Slnbere, »ie 6onrab 6elte8, übergel&en mir.
&i genüge bieg SBenige, ben ®eifi ber B^it angebeutet 3U l&aben.
8lu8 jener ^eriobe entfprangen ÜK^tl^en, »ie bie jwei öorl^in
berid&teten, bie fidö fd&neH an bie ^erfon beS SBunbermanneä
So]&anne§ Söuft l^efteten. S)a l^aben wir baä ed^t l^umanifti|döc
SJerlangen be8 Souft, bie gepriefenfte ©d^önl^eit ber gried^ifd^en
Sagenwelt, jene fogar öon ben troifdben ©raubärten betounberte
Helena, ju fd^auen, unb ju umarmen. S^^t öerftel&en »ir, wie
ein pl^antapereid&er Äopf in Erfurt jeneä ÜHfirlein aufbringen
lonnte, fjauft l^ätte ben ©tubenten bie l^omerifd&en gelben fo
lebenbig gu fd^ilbern gewußt, ba§ biefe ben l^eigen SBunfd&
gedu§ert, fold&e üon SfngePc^t gu 3(ngepd^t gu fc^anen. ©iefer
foftlid&en l&umoriftifdöen ©rgdl^Iung gegenüber, öon ber wir gar
feine gefd^id^tlid^e ^Intl^enticitdt »erlangen, erfc^eint Äiefewetterä
realiftifd^e 3)eutung, ber l^iftorifd^e 3)oftor Sauftuä l^fitte ftd& ju
feinen ®eifter»3Ranifeftationen in ©rfurt tool^l einer laterna magica
bebient, gar fladö unb tlöörid&t. 5Rein ! 3)iefe gelben lebten wirflid^
in ber $^antajte ber ©rfurter afabemifd^en Sürger, unb e8 beburfte
leiner großen i?unft in jener tounbergWubigen unb gleid&jeitig
öom ©eignen nad& ber ^Intife erfüllten ^dt, ber nad^ ^auft
lebenben ©eneration biefen SK^tl^nö üöHig plaupbel gu mad^cn. *)
SemerfenöiDert ift bie ©eftalt, meldte bie Sage öon gauftä
©eifter-SWanifeftationen bei §an8 @ad68 ®) angenommen l^at.
ßwar wirb ber 5Refromant (,3fligromant') nid^t mit 5ftamen
>) 9IIteu ber Erfurter UniDerrttat , bearbeitet Don Sr. 3. (£. 6.
SBeigenborn. II. ^alle. 1884. (©efc^.-ClueQen ber $rot>ina @ac^|en U.)
@. 302.
') 9Ran fann ^iernadft beurteilen, toad e» mit ber 99e]^au|)tung
iRobert S^oentfli^ auf [idi l^at, ber in feiner ,,^eutfcben liiiteratur»
aef*t4te" (19. «ufl., ©ielefelb u. Seipaifl. 1887, @. 237) le^rt: „3n
Ürfurt ^ielt er (b. t. Sauft) )6orIefungen aber .^omer ; in feiner @tube
Heg er bie bomerif^en gelben Dor ben @tubenten erfc^einen."
>) ^iftorio, ein tounberbarlic^ flefic^t feifer 9Ra|imiUani löblt^er ge«
be^tnud bon einem nigromanten. (2)i4tungen t)on ^and @a4d. ^totiUv
S^eil @prud)Qebid)te. ^eraudgeg. b. 3ul. Zittmann. 2tipiXQ 1870.
@. 231/236. 9ir. 46.)
21
flcnannt, uitb nid&t ift c8 bic l&ol^ß ©d^ulc ju 6rfurt, too bic
©rfd^einungen öor jid& gelten. aSielmcl^r l&at i?aifcr 5WaflmiUan
ben SBunbermann, ber an feinen ^of fam, ueranla§t, folgcnbc
©eftalteu il^m leibl^aftig üoraufülöten :
1. ben ^eftor öon %xoia, ©ol^n beö ÄönfgS ^rlamuä;
2. bie fd^öne Äönigin ^elena, beä ÄönigS SMenelai SBeib nnb
3. bie prftin 3Raria, feine — beä Äaiferö — ©emal^lin,
bie Sod&ter beS ^erjogS Äarl öon Surgunb, bie öorbem
burd^ einen Unfall auf ber Sagb umä Seben gef ommen mar. —
68 ift immerl^in möglidö, bag mir eg l^ier mit Sobeleien
3u tl&un l^aben, beren Äeime in ©d^i^iftmerfen beS flafftfd&en
8lltertum8 ju fud&en ftnb. 3" biefer äJermutung fül^rt unä ber
Sericftt Sol^ann SBe^erä (Wirus) in feinem Sud^e „De
praestigiis daemonum" Dom Sal^^^e 1566. S)arin ]&ei§t e8 : ^)
,5Bnb ift jnuermunberen / baä ber berfimbter ^l^iloftratuä ber
Don bem Slppollonio [Lib. 4 in Apollonij uita] jeuget / baS
er mit l^eimlid&en gemürmel ber mort / anff ben Sag ber l^odöjeit
ein SJlfigblein \>o\\ bea tobten ermedft / bem glauben jugeftelt
bodö Ijalt id^ e8 bafür baS er öon bem aippollonio betrogen
gemefen / ber fid^ aud^ rümet / baS er 8ld&illi8 fecl
l^erauPrad&t l^at / auff bai er im tl&one ber groffe
feineä leibS / önb jme auff feine frage oon ber
gefd^id^t beö Srojanif^en friegS antmorten folte.*) 3«
maffen ber Appion Grammaticus aud^ öon fid^ f elbft f d&reibt /
bai er bic fecl ^omeri l^erau§ geruffen / t)mb ju öer^»
ncmen/mann er mere/önb öon ma8@ltcrn er geboren/
aber eS ift afleS anberS nit / bann SeuffelS gefpenö onb betrüg /
bamit ftd& bie Slbergleubifclje Sllten / fo ben maren ®ott nit
crfent l^aben / öerfüren laffen / mic nod^ gu unfern jeiten bcQ
etlid^en gefd&el^n mad&/
*) De praestigiis daemonum. / $on 8<tubere^ too« / l^er [xt
jren orfprunfl ^ob / »le monißf cl- / tig bicf elbia f e^ / »ie fic öcfc^cl^cÄ
tvelc^e ha* / mit t)eT^afft frinbt : Dnb welcher maffen ben je' / ntgen f o \)a»
mit beflecft j^u^elffen: au4 t)on orbentUcber ftcaff / berfelben/ fe^^ ^üc^er
Don bem ^oc^gelerten ^errn So^an / SBe^er bed ^urc^Iaucbtigen ^oc^«
geborenen Surften / bnb $errn/ $errn ^il^elmen ^er|ogen ju ®\i» \ lidg
/©leue önb ©erg u. f. w. SWebico / fclb« befc^rieben in 4'*.
Anno 1666. [Sorrebe : 2)atum (SIeeff ben ecften gebcuarii.] — S)ad anbec
Söu*. @. 29, 1.
*) Sgl. Flavii Philostrati opera od. ®. S, Äfo^fcr , vol. I. Seipiig,
1870, p. 134-137.
22
©0 tocit ber l^crjoglidö iülid&'»clcüc'f(^e Selbmcbiluä SBe^er,
bcr toadPere SeWmpfer beä ^cfcntcal^nS.
Setrad^ten tt)tr ferner in unjercm ©rfurter SBerid&te baS
©tüdlein öon ben verlorenen plautinifd&en unb teren*
tianifd&en Äomöbien. 3)iefc ©rsft^Iung ift bem tiefen Se^
bauern ber ^ßl^ilologen entfprungen, baiß jene ©d^öpfungen beä
berben römifd^en SSoltetumS, fene toid&tigen Quellen beS SSulgdr*
ßateinä, untoiberbringlid^ verloren jlnb. SBarum foHte ber
STauf enbf ünftler , ber grofee ÜJJaguä, ber unfel^lbare Slrgt, ber
Srdnld^en unb SRifturen für {ebeö Selben unb ©eignen l^atte, —
loarum follte er nid^t aud^ bie ©el^nfud^t ber aitertumöfreunbe
l^aben ftlHen fönnen? —
2)ie ©rjdl^lung *) erinnert lebl^aft an eine ©teile ber
lateinifd^en ÄomÖbie beö 3fHcobemu8grifd&lin, ,3uliu89flebit)it)u8/ *)
[9Kit Swliuä ift ßaefar gemeint] . 3n ber erften ©cenc beä
britten Slfteä treten ber ©rfurter ©elel^rte 6obanu8 ^effuä unb
ber alte römifd&e Stebncr ßicero auf, beffen ©eift vom ©id^ter
au8 ber Unterwelt l^eraufbefd^tooren ift; 68 entfpinnt pd^ nun
folgenber ©ialog:
Eo. Quid vero operis tui Volu-
mina, ut placent?
Ci. Sane optime, nisi quod
lacunae displicent.
Eo. Da quaeso operam, ut
dum commoräxis hie apud
DOS Superos, illas lacunas
librorum expleas:
Et mendas, si quae olim
irrepsere, detrahas.
@o. SBie aber gefallen 2)ir bie
[gebrudften] Sftnbe ©einer
SSerle?
6i. greilid^ red&t gut, nur ba^
mir bie ßüdfen barin mig^
fallen.
eo. Sitte, gieb ©ir bod& 2Kfi^e,
ba§ S)u, tod^renb 5)u bei
un8 l^ier oben vertoeilft, jene
Süden ber Sucher augfüllft
unb bie fjel&ler, wennftd&el^e^'
mal8 loeld^e eingefd^ltd^en
l^aben, entfernft.
Scrßl. ®ri4 @*mibt, Sauft unb ba« 16. gol^r^unbert. ©^a*
roftcriftifcn. Söcriin, 1886, @. 33.
*) Nicodemi Frischlini Julius redivivus. Operum Poeticorum Nico-
demi IVischlini Poetae, Oratoris et Philosophi pars scenica etc. Cum
Privilegio Caesaris. Excudebat Beruhardus John. Auno MDLXXXIX.
p. 217 sq.
23
GL Ah mi Eobane isthuc fa-
cilius peti potest,
Quamimpetrari. namque
omnem veterem memo-
nam
?
Qua conscripsi hos li-
bros, lethaeum poculum,
Quod ante multa secula
bibi apud inferos,
Oblivione deleuit.
Eo. verisimile est.
6i. adö, mein ©oban, baS ld§t
jtdö leid&ter erbitten , aI8
auäfübren. 35enn baö gange
frül^ere ©ebftd^tnig, mit bem
\6) biefeSSüdö^rnieberf einrieb,
l^at ber ffled&er mit Seilte,
mliSi^n ii) t)or öielen ^a^x^
l^unbcrten in ber Untere
tt)elt leerte, SSergeffen be«»
»irfenb, jerftort.
eo. JDaä lägt ft^ benfen.
Sllfo anii l^ier ber unerfüllte 3Bunfd& ber ,f)umaniften, bie
alten Älafpfer in il^^^er einfügen SJleinl^eit unb SSollftdnbigfeit ju
bepfeen! —
SBir gelten nunmel&r ju ber folgenben iJauftgefd^jid&te ber
^ogerfd^en ßbronif über.
^©onften pflegte er ftd^ bie 3^it über, ba er ju ßrfurt
war, öiel unb oft in ber ©d^löger ®a§en jum Slncfer be^
Suncfer .... (der Name fehlt bei Hogel wie im Volksbuche, er
soll heissen von Dennstedt) aufgul^alten unb il^n famt feiner ®efeH»»
fd^aft mit feinen ©bentl^^ueren ju beluftigen, ©r war aber einö^
mal8 gen ^rag in 33öbmen gefal^J^en, unb nid^tö beftoweniger
l^atte il^ttt feine gefeUfd&aft, ba fte inmittelft be^fammen war, gern
Ut) |id& gel^abt, ber SBirtb mochte gleid^ jagen wo er wäre, unbt
rief il&n einer fd&ergweife mit Sial^men, unb batl^ il^n, er wolte
fte nid^t öerlagen: Snbem Ilopfte jemanb auf ber (Sage an bie
Sl^ür, ber ^auöfned^t lauf an8 fenfter, gudCt unb fragt, wer ba
fei)? Siebe ba fte^t D. %aii\t m ber S^ür, bält fein g5ferb
be^ ber $anb. Wie Wenn er erft abgeftiegen wäre, unb fprid^t:
fenneft S)u mid^ nid^t? id& bin eä, ben jte je^t gerufen baben.
©er Äned&t lauft in bie Stube unb fagtS. S)er SBirtb Willä
nid^t glauben, benn D. 3=auft fe^ ja ju 5ßrag. 3nbem pod^t er
noc^ einmal an bie Zf^üx, ba lauft ^m unb Äned&t wieber anS
Senfter, feigen i^n, mad^en auf unb wirb er fd^on empfangen unb
balb 3um ®äften geführt. 2)eö SBirtbS Sobn nimt feijn $ferb
unb fagt, er woKe il^m fd^on futter genung geben unb führte in
ben ©tan. D. iJauften fragt ber Si^^cfer balb, wie er fo
24
öefd^toinbe toieber fommcn je^? 3)a ift mein 5ßferb gut barju,
fagt D. Söwft, ö)ell mid^ bie l&erren ®d[ie fo fel^r öerlangt itnb
mitiÖ Ö^^wf^"» l^^^l^^ i^ i'Ö"^^^ toillfaliren unb erjd)einen mollen,
»iettjol^l td& nod& öor SRorgen iDieber ju ^Prag fe^n mu§. 35rauf
trinfen ftc il^m einen guten SRaufd^ ju, unb wie er jte fragt, oi
fte oudö gern ein frembten SBein mögten trinfen ? jagten jie ja.
@r fragt, ob eö SRl^^infaU, 5WaIh)after, ©^^anifc^er ober granj
SBein fe^n foHe ? 3)a fprid&t einer, fte ftnb alle gut, balb forbert
er einen Sörl (d. i. Bohrer), nta(]&t bamit in baS Slifd&blatt
4 Södö^^r Popft pe äße mit ^flödlein gu, nimmt frifd^e ©läfer,
unb 3a))ft au8 ben Sifd^blatt jenerle^ 3Bein l^inein, toeld^en er
nennet, unb trincft mit ilinen baröon luftig fort.
3nbe§en lauft ber ©ol^n öon .^auge in bie ©tube, fprid^t
$err 2)octor! euer ^ferb fri§t toie loennö toll wäre, e8 l^^t mir
fd^on etlid^e fd^effel ,&aber öerfdöl^cft, ftel^t unb ftel&et ftetS, wo
"be^en mel^r fe^, id^ will il^m bod^ nod& mel^r geben, ba^ e8 fatt
l^abe. 2a§t haS bleiben, fagt ber Doctor, e8 l^at genug befommen,
e8 frd§e eud^ alle euer futter üom SSoben, el^e e8 öoH würbe.
3ur ÜJJitternadöt aber tl^ut baS ^ferb einen l^ellen fd&rei), ba§
man eS burdö ba8 gan^e $au^ l^ört. 3d& mug . fort, . fagt ber
Doctor, Idgt fid& bod& Italien ein wenig, big eä jum anbern unb
le|t 3um brittenmal fd^retiet. ©rauf gel&t er fort, nimt brausen
feinen 8lbfd&ieb oon i^nen, fe^t ftdö aufg 5ßferb, reitet bie Sd^löger
®a§e l&inaufwdrtö. 2)a8 $ferb aber fd^wingt ftdö jufel&enö eilenä
in bie l^ö^e unb fül^rt i^n burd^ bie Suft gen 5ßrag wieber ju.'
SSBaS l^aben wir oon biefer ©efd^id^te ju Italien, bie un8
ben 35oftor gauft al8 im SBefi^e übermenfdölid^er Gräfte, alö mit
ber pHifd^en 9Kadöt, bem Sieufel, im Sunbe fd&ilbert? —
Sludö l^ier fd^einen altllaffifd^e Sagen ben ®runb«
ton angegeben gu l^aben. 9Kit gauft'ä gauberl&aft
fd^nellem ©rfd^einen oergleid^en wir, wa3 SBe^er Don ber^-
artiger Ueberwinbung beö SRaumeö berid^tet:*) ,35iefe SJeuffelä^
fenger . . . nemen fid^ aud& an / baj fte burd^ ireö ©octorä l^ilff /
gar ialbi t)on einem ort jum anberen nad^ jrem willen öerfürt
werben fönnen. SBie man oon bem ^^tl^agora : 2)aö er in einem
^) gauftbuc^: 3fJe:p^ot; üieHeic^t ift gi^cinpfolä gemeint.
«) SBe^er, o. a. D., @. 23, 1.
25
augeublidC in Sl^urlen önb SKetapontfen öetocfcn fein foltc. 25er«»
gleidÖ^n baö bcr SlppoKoniug eilenbtä öon ©d^i^otna (d. i. Smyrna)
3U @p]&efen gefürt flarlid^ beftnbet/
Burücffel^renb ju unferem SEejrte, motten mir unS nunmel^r
über baä ©rfurter 8ofal beS üorliegenben Serid^tS öerftdnbigen.
2)a8 alte, breiftödfige ^aug @d&Iöfferftra§e 5lr. 19 — früher
Sftr. 1668 — , genannt ,3wm großen unb Ilelnen 8lnfer\ ift nad^
^artungä ^aufer • ß^ronil *) feit bem 3ö^re 1509 SBoIfgang
öon ©ennftebtö gemefen, ber einer alten, in ber Erfurter
Unioerfttätömatrifel me^rfad^ vertretenen unb in ber ©tabt einl^ei«
mifdöen ^ßatrisierfamilie angel^ört, unb ber felbft 1539 unb 1544
afö SRatömeifter bort öorfommt. @r mar einer öon benjenigen
bürgern, meldte jur Seit ber Unrul^en im 3al)re 1510 au8 ber
©tabt flüdöteten. 68 ift nid^t ol^ne Sntereffe für unö, ba§ baei
3auberifd^e hervorrufen üon SBein au8 einer l^oljerner Sifd^platte,
baö ©oetl^e in Sluerbad^ä i^etter ju Sei^jjig öor fid^ gelten lägt,
eigentlid^ in Erfurt gefd&el^en fein fott. 3n biefen ©rjäl^lwi^g^n
feigen mir übcrl^aupt munberbare ©inge gefd&el^en, bie aber nid&t
im Flamen ©otteö, fonbern in bem be8 Teufels öor ftd^ gelten.
SBir l^aben l^ier mieber eine d^aralteriftifd^e, fojufagen patl^ologifd^c
©rfd^einung beö SReformationSjeitalterä vor un8, bie oben fd&on
flüd()tig berül^rt morben ift. S)ie öorl^in literarifd^ gu Slage
tretenbe Übergeugung von bem mirflid^en Uml^erfpufen unb
©döabcrnadPtreiben ber Oeifter entfprid&t Dottfommen jener S^^t.
@o l^eigt eä jum Sage Petri et Pauli Anno 1530 im S^age»
bud[)e beä ©rfurterg SBolf 3Bambad&: ^^Stem eä l^at fid^ ein gefpenft
gelÖ^ben in ber SBebergaffe, baß ftd& Viel 3Solf8 gefammelt l&atte,
ift einer gemeft, man meifi aber nid^t mo ober mer er ift, l^at
pdö funnen verbergen unb l^at mit fteinen gemorffen unb viel
fdöabenS gctl^an. 3)er SRatl^ mu§ bie nad^t fd^ilbmad^ gelten/
SltteS Unerflfirlidöe mirb auf teuflifd^en (Sinflug gurüdfgefülirt.
3n feinen Sifd&r eben*) erfldrt ÜKartin gütiger, ^SBol^er
eä fomme, ba^ bie Seutc beä Sftad^tä aufftel^en, unb im ©d^laff
^) ®ie ^äufer-6)^ronif ber ©tobt Erfurt, herausgegeben bon Sern«
l^orb 4)Qrtung. Erfurt 1861. @. 189—192.
■) CJoUoquia, ober Xifcfi-^eben unb onbere G^ftriftlicfie fejr erboulicftc
®efprä(be bed jooc^ecleucbteten SJ^anneS ©otted D. ^aitin fiutl^erd u. f. tv.
üeipjtg, Anno MDCC, (£Q^)itelIX: ;,^on bem Xeuffel, unb feinen SBerfen'%
©. 153 a.
26
uml^crgel^cn', f olgcnbcrmagcn : ,©cr ©atan ffil^rt aud& bie 2eute
beS 5Ra(i&t8 im ©d^Iöff I^itt i^nb toicber, ba^ fte atteS tlö""r ^l^
toenn (te toad^ten, tocld&eä, ob eä tool^l ein 5Dlangel unb ©ebred^en
mit 3u ift, nodö ift c8 ScufclStocrl. SSorjciten jagten aber«»
gldubifd^e Seute, bag fold^e aRenfd^en nid^t folten red^t getaufft
fe^n, irgenb öon einem trunfenen 5ßfaffen/ Següglid^ berartiger
Scfeffener fielet am Sianbe: ,6in fold^er ift getoefen gu ©rffurt)^,
ein $au8fned&t, im ©d^Iel^enborn/
Sllfo für ßutl&er unb feine ß^itgenoffen ejriftierte ber Seufel
fo leibl&aftig wie für %avi\t Slllerbingg öerfd^rieb ftd^ 'if)m ber
9ieformator nid&t burd^ irgenb einen SSertrag mit feinem eigenen
ffllute, fonbern fd^leuberte mutig baä Sintenfag gegen il^n unb
Derfd&eud^te »ben alten, b6[en Seinb' burd& ein inbrünftigeä, jum
jpimmel empor gefanbteS ©ebet. 63 ift beöl&alb eine fd^öne
©^mbolif, ba§ ber ^iftorienmaler ®buarb Äaem))ffer, beffen
SWeifterl^anb einft ben glur im gtoeiten ©todftoerfe beä ©rfurter
Statl&aufeg mit lebengöollen Sutl^erbilbern fd^müdfte, banad^ für
ba8 Sreppenl^auS, baö man burd&fd^reiten mu§, um ju jener
gleiten @tage ju gelangen, brei gewaltige gauftbilber
gefd^affen l^at.
SBic ber i?ünftler bem ffierfaffer ber öorliegenben Slb*
l^anblung unterm 4. SJloöember 1893 au8 3Künd&en fd^rieb, ftnb
bie 2Kotiöe 3U biefen 33ilbern bem JBSibmannfdöen Sauftbud^e ^)
entnommen. 3)a8 er fte Silb jeigt un8 ben Sauft, wie er bie
©ro^en biefer SBelt betrügt. 6r Id§t oor Äarl V. bie @rfd&einung
Sllefanberö b. ©r. unb ber SRofane auftaud^en, loorauf ber Äalfer,
jtd& al8 unfähigen ©döioddöling ffil^lenb, inS Älofter @t. Suft gel^t.
SweiteS SBilb: gauft betrügt bie SBIffenfd&aft. (är erfc^redft
bie Stubenten burd& bie ©rfd^einung beö 5ßol^p]^em. ©ritteäSilb:
©ein ßnbe. S)er Seufel l^at il^m ben ^a\S umgebrel^t, unb feine
©d^üler pnben il^n am SKorgen nad^ bem lej^ten ©elage tot auf
bem ©üngerl^aufen.
Sie SRäume, toeld^e mit biefen Silbern gejiert ftnb, liegen
ganj nal)e beim @tabt*8lrd&iüe. 2)iefe Sl^ötfadöe fül^rt un8 lieber
auf bie im Slrd&it) aufbeioal^rte ^ogel'fd^e ß^rouif jurüdf, beren
3tt)ei nod& erübrigenbe St^iiftgefc^id&ten nunmel)r folgen mögen.
^) SBol^rl^aftige ^tfiorten t)on benen gräulidgen ®ünben S)r. Sol^ann
gouft'5. 3 g3lie. Hamburg, 1699.
27
2)ic öicrtc ßrjalölunß, gleld&fallä in %em gnl&atte burd^auS
toimbcrbar, lautet:
g^laü) etlid^cn SBod^en fomt er toieber öon 5ßraß gen ©rfurt
mit l^erlid^cn il^m bort öerel^rten Praesenten, bittet jene ©efeH«
fd^aft 3U ^6) bei @. SO'iid^Qel (d. h. angeblich nach dem jetzt mit
Nr, 38 bezeichneten Hause in der Michaelisstrasse) gu @afie.
@ie fommen, unb fielen ba nun in ber Stuben, ba ift aber feine
Sufd&idfung nid^t. @r aber floi)ft mit einem me^er an ben tifd&,
balb trit einer l^inein, unb faßt, ^err, toaä »olt il^r? 6r fraßt,
ti)ic bel^enbe bift bu? 3ener antwortet, toie ein ^feil. D nein,
faßt D. Sauft, bu bienft mir nid^t, ßel^e toieber l^in too bu bift
l^erßefommen. S)arnad& flo^)ft er ttciter, unb töie ein anberer
©teuer Ijinein tritt unb ßefraßt toirb, toie bel^enbe bu bift? fprid^t
er, tt)ie ber SBinb. gg ift »ol^l dtoai me^r, fprid&t D. fjauft,
lägt il^n aber aud& toieber l^inauS gelten. SBie er aber gum
britten mal flo^)fte, ba trat einer l^inein unb faßte, a\i er aud&
fo ßefraßt »urbe, er »dre fo ßefd^toinbe, alä ber SKenfd^en
©ebanlen toftren. S)a red^t, faßte D. fjauft, bu toirftö tl^un,
flinß mit l^inaug, befal^l il^m, toaS er ll^un foHte, ßinß »ieber gu
feinen ®dften, lieg |te SBager nel&men, unb ftd^ fe^en. Salb
brad&te ber biener felb britte, ein ieber 3 ßebecfte ©d^ügeln öoH,
unb bai ßefd&al^e Viermal, tourben alfo 36 ßerid&te ober @d&ügeln
aufßetraflen mit SBilbprett, SSößeln, ®emügen, 5ßafteten unb
anbern Sleifd&e, ol^ne beö DbftS, Confect, lud&en ic. SlUe SSed^er,
®ldfer unb Äanbeln würben leer auf ben S;ifd& ßefe^t, balb fraßte
D. Sauft, loag einer »oltc trinfen üon S3ier ober Söein, fefete
brauf bai ©efd^irr üorä Senfter, unb balb nal^m erä »ieber öoH
^U\\ be8 ©etrdndfö, meld^eä man l^aben toolte. ®ie Music, fo
einer feiner 2)iener fpielte, mar bet)be8, fo lieblidö, ia% berßleid&en
Don ben ©dften nie ßel^ort toorben, unb fo lounberli^ toie menn
il^rer etlid&e auf Positiven, Querd^ pfeifen, 3i"cfen, Sauten,
Warfen, ^ofaunen :c. gufammen ftimten. @o maren fte biS an
ben l^eKen SWorßen luftiß/
Setrad^ten mir nun biefen Serid^t ndl^er. 68 mar in
3)eutfd&tanb, mo man aUeä ßrünblid^ unb f^ftematifd^ betreibt,
nur eine natürlidöe Äonfequeng beS Seufelößlaubenä , ba§ man
bie l^öflifdöc Äraft in öerfd^iebene, eingelne Seufel gerleßte, jeben
mit befonberer SKad^tbefußniS auSßeftattet. SRatürlid^ fel^lte babei
28
aud& ein S^uberteufcl itld^t. 3Wüd&facf l^at nun aK chic
mittelbare ÖueHe beä SJolföbud^eS öom ©oftor §auft ben juerft
1565 in S^anffurt am 50la^n bei Sodann Sed^Ier gebrucftcn unb
bei Sigmunb Seierabenb unb Simon ^üter öerlegten »Söuber^»
teufel' beö im Säger ber SWeland^t^onianer ftel^enben SuboDicuS
ÜKilidÖ^iiä nad^getoiefen. SBenn jener fjorfdöer ben .Dbftsauber'
im ,3?olfgbu(i&e' *) ^ap. 44, ben ber SBunbermann im SBinter
am ^ofe beö dürften ju ainl^alt auöfül^rt, alä burdö baS amangigfte
Äapitel beä 3owberteufetö öeranla^t l^infteKt, fo bfirftc eS un8
geftattet fein, in ber %Mc ber üon %au\t feinen ©rfurter ©äften
üorgefe^ten ©peifen unb ©etrftnfc mannigfad^er Slrt loenigfteng
Slnfd&auungen, bie benen SKilid^S Dertoanbt jtnb, gu erblicfen.
S)ie feltfame Setoirtung ber ®dfte burd^ ??a-iift
erinnert ferner an eine ©teile bei SBeijer: *) „&i fd&reiben audö
bie ©ried&en tele ein berümbter 3öuberer ^ßafetl^eg feinen geften
ein tt)ol bereiten önb gugerfiften Sifd^ mit allerlei öberpfftger
föftlid^er fpei§ ppege öor äugen gu fteflen. / SBeld^S barnad^ feineä
gefaHenS er toiber üerfd^minben laffen fünbte / haS nid&t baöon
öberig verbleibe / t)nb e8 fd&eint alä ob nid&tö jugerid^t gemefcn
toere / barburd^ bie geftc mit l^unger ünb borft betröge '. . .
Sttt 2)rama toaren enblid^ 5Eeufel8fcenen beliebl, fomifd&e
unb ernfte, unb ben großen ^anbel jtoifdöen Fimmel unb ^ötte
gum SlugbrudE ju bringen, toar ein ^au^jtüortourf beS beutfd^en
©d^aufpielä im 16. Salötl^wnbert. ©in d&arafteriftifd&er 3wg in
biefem befielet barin, ba^ bie ^oHengeiftcr nad^ bem ®rabe
il^rer ®ef(^tt)in bigfeit auSgeforfd^t »erben, unb ia^ ber
fc^neBfte getoöl^lt »irb. ©iefer 3wg beö SSoIföfd&aufpielg grönbet
pd& auf bie eben mitgeteilte geiftreld&fte ber fünf ©rfurter Sauft«
gefd&id^ten. Slud& l^ier brfingt ftdö ein bumaniftifd^er ®eban!e ein,
— eine Erinnerung an ^omer. JDenn im 7. Sud&e ber Db^ffee
l^eifet e8 öon ben iai 2Reer burd^fliegenben ^al^rgeugen ber
gJ^dafen (nad& SSo^):*)
mm\ad Q. 0. D., CXVII-C XVIII.
a) iRcubrucIe bcutf^er Sitetoturwcrfe bc8 XVI. unb XVII. gal^r«
l^unbert«. S«r. 7-8. ^aüe o. @. 1878. ©. 85—86.
«) SBe^er, o. o. D„ ©. 22, 2.
*) Twv v^e^ (oxeiai wael utepov iqk voTjjxa. Hom. iq 36.
29
ff&äftitU finb ^enen ble ©dö^ff^ ö)lc Sittlgc ober ®ebaulen/
3)a »ir fo auf einen altflaffifd&en Slutor geraten jtnb,
bürfte eS gercdötfertigt erfd&einen, auf bie l&icrl&er gel^örige ©lc&«
hing eines beutfd^cn ÄlaffiferS l^injuweifen, nämlid^ auf bie
SSerarbeitung beröorliegenben Sage burd^ ©ottl^olb @:p]öi^aim
ßeffing, bie in einem im 17. Siteraturbriefe öom Februar 1759
öeröffentlid&ten %xaQmink erl^alten ift. ©enn ßefftng l^atte im
3a]^re 1753 in ber ©d^ud&'fd&en aSretterbube auf bem ©enbarmen*»
marfte 3U Serlin baS alte Sieblinggftüdt beö beutfd&en 5Solfe8
barftellen feigen unb »ar fofort jur bramatifd^en Bearbeitung beS
©toffeä angeregt morben. fieiber ging bie .^anbfd&rift ber faft
öollenbeten 3)id&tung »äl^renb Sefjtngä italienifd^er aieife burd&
einen unglficflid&en Sufött öerloren, unb eä blieb unö nur bieä
eine SBrud^ftüd übrig ; biefeö aber trägt bie ©puren Sef ftngfd^er
©enialitdt an jtd&. S)er ^umanift be8 18. gö^rl^unbertö begnügt
ftd6 nid^t mit ber ©d&ncHigfeit beS ©ebanfenö. S3om erften ®eifte, .
ber |td& feiner ©efc^minbiglett rül^üit, verlangt Sauft, ba^ er,
ftebenmal eben fo fd^neU, »ie er felbft mit bem Singer burd^ baä
brennenbe Sid^t fül^re, burdö bie ^öllenpammen fal^^^en foHe, ol&ne
Pd& gu oerfengen. S)a jener bieg nid^t leiften fann, toenbet ftd&
ber ©eifterbefd^toörer an ben Sß^citen, il&n fragenb, mie fd^neU er
fei. ,SBie bie 5{Jfeile ber 5ßeft\ antwortete ber ®eift. 3)en
©ritten tragen bie Slügel ber SBinbe, ber SSierte fdl^rt auf ben
©tral^len beä ßid&tä, ber fünfte bel^auptet fo fd^nett au fein, toie
bie ©ebanfen ber SKenfd^en. ,35a8 ift etmaö!'' fagt Sauft.
,Slber nid^t immer Pub bie ®ebanfen ber 2Renfd&en fd&neH. 5Rid&t
ba, toenn SBal^rl^eit unb Jugenb pe aufforbern. SBie trfige pnb
pe atöbann!" ©o fragt Sauft toeiter. S)er fed^öte ®eift rül^mt
pd& fo fd&neH ju fein, toie bie 3flad&e beä SRddöerö. Sluf bie S^ögc
nad& ber 5ßerfon beä SRäd^erö mirb ber Teufel bleid^. 3)a crfennt
ber. Srög^f, ia^ ber ®ine im ^immel gemeint fei, ber pd5 alle
5Rad&e oorbel&alten l^abe, unb — ^3d& lebe nod^? Unb id^ fünbige
no(^?' — ,5Rein! ©eine 3fia(%e^ ruft Sauft, .ift nid&t fd&neai'
3)er pebente ©cift enblid^ toiH nid&t meniger fd^neU fein, al8 ber
Übergang oom ®uten jum Sofen. ,$a! ©u bift mein
Seufel! ©0 fd&neU alä ber Übergang oom ©uten aum S5fen!
») Äbolf Stalle, ®. C. «cfftng. 6. «ufl. »erfin 1869, IV. »u« ®. 186..
30
Sa, ber ift fd&neK; fd^^^K^r Ift nid&tä afö ber! SBeg üou l^ier,
il^r ©d^necfen beö DrcuS! SBeg! SllS ber Übergang öom ®uten
3um Söfen! 3^ ^abe e8 erfal^ren, tote fd^uett er ift!' . . .
©ie le^te, nid^t minber bemerlenöipcrte ©rjal^Iung öom
^Söuft in ©rfurt' ift ber Serid^t öon bem aSefelÖrungäöerfud^e,
ber in biefer @tabt auf ben Slntrieb ber gal&lreid^en unb an^
gefel&enen greunbe beö 9Kaguä burd& ben berül^mten Sarfüger«'
mond^ 35 r. Älingc getnad&t mirb, unb ber an gauft toirfungöIoS
üorübergel^t. ^C^ogel erjdl^lt bie ©efd&id^te alfo:
,SBa8 folte gefd&ei^en! @8 ma^te ber 5Kann ber ^ßoffen
fo üiel, bag bie ©tabt unb baS Sanb öon il^m fd^wa^te, unb
mand&e öon 8lbel auf beut Sanbe il^m gen ©rfurt nad^jogen, unb
begunte ftd& bie ©orge gu finben, eö möd&tc ber Seufel bie garte
Sugenb unb anbere (äinfältige üerfül^ren, ba% (te aud& jur
fd^war^en Äunft 2uft befdmen unb fie öor eine ©efd^winbigfeit
nur l^alten möd^ten. 9iun jtd^ benn ber Säwberer gum Sunfer
im Slnfer, fo ein 5ßapift toar, l^ielte; alä toarb Anleitung gegeben,
ba§ fid^ bodft ber benad^barte mönd& D. Älinge an il^m öerfud&en
mod^te, ob er il^n üon Seüfel reiben unb il^n befel^ren möd^te.
©iefer Franciscaner tl^Ätö, fanb ftd6 mit ^erbe^, rebete erft
freunblidö, fo benn l^art mit il^m, erllärte il^n ©otteä 3orn itnb
emige S3erbamni8, fo il^m auf fold^en SBefen ftiinbe, fagte, er
lofire ein fein geleierter 5D?ann unb fönte fid^ mit ©Ott unb g^ren
tool^I nel^ren fonften; brum folte er ftd^ fold^er Seid^tfertigleit,
barju er üieHeid^t in feiner Sugenb gerallö^n unb burd^ ben
Seüfel ftd& ptte.bereben lagen, abtl^un unb ®ott feine ©itnben
abbitten, er folte löoffen, er toürbe alfo SSergebung feiner ©ünben
erlangen, bie ®ott feinen nod^oerfd^loffen l^dtte. D. gauft fagte:
3Kein lieber ^err, id^ erfenne, ba^ \f)xS gerne gut mit mir feigen
mod^tet, loeig aud^ bag aUeS tool^l, maö il^r mir jefet öorgefagt
l^abt: Sd^ l^^be mid^ aber fo l^od^ öerftiegen, unb mit meinen
eignen Slut gegen ben Seüfel üerfd^rieben, bai^ id^ mit Selb unb
©eel etoig fein fet)n toill, mie fan id^ benn nun jurüdf, ober toie
fan mir gel^olfen »erben? D. Älinge fprad^, bai fan »ol^l
gefd^el^en, toenn il^r ®ott um ®nabe unb Sarml^er^igfeit ernftlid^
anrufet, toal^re SReue unb S3uge tl^ut, ber 3öubere^ unb ®emein*
fd^aft mit ben Seüfeln eudö entl^altet unb niemanben firgert, nodö
Uerfül^rt: SBir tooHen in unfern Älofter oor eüd& 3Reg. Italien, .bag
31
-* ■ IT
il&r tü6f)l folt beS S^eüfelä log toerben. ÜKe§ l^ln, 9Keß l^er, fprad^
D. f5auft: meine ßwföö^ binbet mid& 3u l^art, jo l^ab id^ ©ottmutl^iplKig
öerad^tet uub bin meinet)big unb treulofe au il^m morben, ben Seufel
tnel^r getrauet unb geglaubet, bcnn il^m, barum id^ ju il^m nid&t
roleber fommen, nod& feiner ®naben, bie iä) öerfd&er^et, mid^ getröften
fann : 3"bem wäre eS nid^t el^rlid^ nod^ mir rül^mlidö nad&3ufagen,
ba^ xäi meinen S3rief unb ©iegel, bai bo(tj mit meinen Slut
gefiellet, töiberlauffen folte: fo l^at mir ber SEeüfel reblid& gel^alten,
xoaS er mir l)at gugefaget, barum miH id^ il)n aud& wieber reblid^
l^alten, toaS id^ il^m l^abe gugefagt unb öerfd&rieben. @q! fagt
ber üKondö, fo fal^^e immer l^in, S)u öerflud^teg Steüfelä Äinb,
toenn bu bir nid&t »ilt l^elfen lagen unb eö nid&t anberg »ilft
l^aben. ®ieng barauf öon il^m jum Eectore Magnifico unb
geigte e8 il&m an. hierauf warb ber Siatl^ aud^ Don ber ©ad^e
berid&tet, unb öon il^m SSerfd^affung getl^an; bag D. gauft ben
©tab fürber fejjen mufte, unb warb alfo ©rfurt bzn böfen
SRenfd^en log. 3)od^ mag fid& biefeö mit fold^en Sauberer in
biefen Sal^r, ober lur^ öorl^er ober l)ernad& be^ D. Älingenä
gebjeiten, nod& jugetragen l)aben/
Über ben l&ier genannten ®eiftlid&en, Gonrab i?linge,
einen gu feiner 3^^ fel^i^ bebeutcnben ÜKaun, wiffen wir auä
Motschmanns*) Erfordia literata, au8 ber UniDerfttfitg'SKatrifel^)
unb au8 anbercn Quellen genug, um unä ein ©ilb feiner geiftigen
^ßerfonlid^feit gu mad^en. @r ftammte au8 SKorbl^aufen unb war
bei ber ©rfurter UniDerfttät Dftern 1518 unter bcm 3ficftorate
beä aWatl^iaä SWe^ger immatrifuliert worben. 8lm 15. S)f tober
1520 erlangte er bei einer öffentlid^en ^Promotion nebfl nod^ brei
^anbibaten bie 35oftor*2Sürbe in ber S^eologie. Sllä balb barauf
bie Seigre Sutl^erS in ©rfurt faft allgemein angenommen würbe,
nämlid^ 1522 unb in ben folgenben Salären, fd&eute ftd^ in biefen
crregteften Sitten jener mutige Sarfügermönd^ nid&t, ben jurüdf^
gebliebenen Slnl^ä^Ö^^n ber alten Seigre in ber ^o8pitalfird&c gu
') 3uft. S^rifto^]^ SJ^otfdimanniS / ®ek) ber $^tIofopl^if4en gfacultät
Assessoris Extr. unb Professoris Publici / Erfordia / Literata / Continuata /
ober / gortfegung / bed / ®ele^rten Stffurtl^d /u. f. tt). S)ntte Sortierung.
(Siffurtl^ be^ bem Autore unb iüeipjig be^ Sol^. @)^riftian £angen^eim
1735. @. 369/370.
>) iSften ber d^rfurter Uniberfttät, Bearbeitet bon 2)r. 3. (S. &.
äBeiBenborn. H. ^aUe 1884. (®e{4 «jQu. ber $rob. ©ac^fen. YU.) @. 303.
^)rebigen. $)er Si^I^uf 3^ i^m toax fo gro^, ba§ her Äird^löof
joiDol^I, a(8 aud^ baö an bie Äird&e ftogenbe fogenannte alte
©teinl^auö ganj öolll üou Seuten »ar. 3m 3ö^te 1554 erfranftc
5SHnge l^eftig, unb e8 verbreitete ftd^ ba§ ©erüd^t, biefer l^abe
ftd& ber SÜeformation gugctöenbet. hierüber berid^tet ber Gl^rönift
Briefe*) in giemlid^ beftimmter gorm folgenbeö: ^3« ßrffurtl^
mar fonft lein ^Pfibftlid^er $rebiger mel&r alS biefer einzige Sar*
fü§er 2Rönd& D. ßonrab Älinge, gu bem ging S)octor SKartin
gütiger in fein ^lofter unb befprad^ fid^ mit bemfelben megen ber
©uaiigelifdöen ße^re, barauf D. Älinge: Sieber SSruber ba l^aftu
meine ^anb brauf , bafi id)8 mit 3)ir unb ©einer ßel&re • l^alten
toin, betl)eurte fold^eä aud^ mit einem @^be, Slßein faum mar
D. ßutl^er Don il^m l^inmeg ba befud&ten xijn bie ^at^olifd^en unb
trunfen 3"fööittien gute Slftufd^e, unb blieb mie er üor^in mar
ein Seinb Lutheri, ber miber Sl^n fd^rieb unb lel^rete/
SBiemeit biefer Serid^t auf SBal^rlieit berul^t, muß bal^in
gefteHt bleiben ; j[ebenfall8 f ül^lte Älinge pd& burd& bie SSerbreitung
ber ©efdöid^te fel^r ge!ränlt. ©eöftalb gab er gleid^ nad^ feiner
©enefung ein fpdter feinem fatl^olifd^en Äated&iömuö unb anberen
feiner SBerfe öorgebrudtteö ©laubenöbefenntniS l^eraug, in bem er
bemerfte, ba§ er bei ber Seigre, bie er 36 Saläre lang in Erfurt
gel)rebigt, unüeranbert big an feinen SSob bleiben moHe. *) ©eine
SBorte ftnb folgenbe: ,5)enn e8 l^at ftdö alfo gugetragen im jar
1554 bag id^ nad& bem mitten ©otteS mit fd^merer frandfeit
belaben / aud^ öorfel^en l^atte meiner abförberung t)on biefem jeit*
lid^en leien / meld&eö benn bie ©ecten grö§lid^ erfremet / ia^ fie
dudö nid^t l^aben ermarten mögen meineö abfd&eibeö / fonbern au8
mutmiHigem gefaxten neib miber mid& / für ber 3^it ein offentlid^
lügenl^afftig gerüdöt auffgebrad^t / mie id^ folte alle meine prebigt
önb lere / fo id& big in ba§ 36. jar a^ @rforb geprebiget önb
geleret / nad^ form ünn me^^ allgemeiner Äatl^olifd^er Ä^rd^en /
^) ©icgmunb Sricfc, ©^ronifa t)on ber ©tobt ©rffurt^. IL Xöcit.
1601—1600. Mscr. ©cfurtcr @tabt'«rcI)iD, ©crrmonn.^ibl. I, 18, @. 432.
— Über bie f^ncfle Verbreitung ber lutjerift^en Se^re in ©rfurt, Die mit
bem fflufentl^Qlte 8ut^cri8 in biejcr ©tobt öom 6. bi« 8 Slpril 1521 beginnt,
bgl. S)r. 91. »ärttjinfcl ,,(Sin ©lief in bie ÄirtftenßeWidite @rfurtg im legten
drittel begfec^gae^ntengaftrl^unbertg." Erfordiae MDCCCLXXXXIII,©.11.
«) 35ie ©äufer'^^ronif ber ©tabt (£rf urt. ^erauSflefleben bon S3ern*
l&orb Wartung. Erfurt 1861. ©. 189/190, .
S3
abg^fctttcn / mh auff jr ©cctcn mid& jubegeben. Sold&eS aUcä
bcrmaffcn / üon jenen gefd^elöen / auff ba§ |tc bic alten ^atl^o^
lifd&en ßl^riftcn auff jre feitten mod^ten bringen / ober ja aweifel*
l^afftifl mad&en.
S)kmx\ aber ®ott l^affet bie lügen / ?ßfalmo 5. Sd^ aud&
nie in mein gemüt genommen / mid^ 3^ begeben auä ber 8111^»
gemeinen S^riftlid&en Ä^rd&en einigfeit : ©onbern mein ftette bitt
ift ju bem öater ber barmber^igfeit / t)mb ß^rifti toiHen feineS
lieben @one8/önn meines Ferren önb erlöferS / mid^ 3U bel^ötten
für aller fecten lere önb freuel / ^ab idö be fad&e / önb fold^eS
falfd^en gerüd^teä tid&ter / ®ott befolgen.
SBegeuge aud& oor ®ott önb aUer melt / ha^ id& mit ©otteS
^ilff gebendfe be^ ber einigfeit allgemeiner Ä^rd&en 311 bleiben /
onb mid^ feiner ©ecten lere önb glaubeng / ©acramenten önb
ßeremonien teill^afftig 3U mad^en / jte billid^en / öil »eniger 3U
in 3U tretten/ *)
aWöglid^ermeifc ift baS öon Äatl^olifen geglaubte ®erüd&t
t)on ÄlingeS Übertritt 3ur neuen ßel&re baburdö entftanben, ba§
biefer ®uarbian. beS SarfftßerflofterS tbatffid&lid& bem bamalä über*
toiegenb au8 ßulberanern 3ufammenge{ej^ten SRate ber ©tabt ©rfurt
ein Segat öon fünfbunbert Sl^alern auägefe^t l^at, »eld&eö aud^
nad& Älingeg äbleben öon beffen 9lad&[olger, bem ®uarbianu8
Safob ©d^iKing, rid^tlg be3a]ölt worben ift, »ie ber nod6 öor*
banbene SEeyt ber Quittung beloeift. 2)od& bot 35r. Älingeä
greigebigfeit il^ren guten ®runb in ben beftdnbigen ®efabren,
benen er wie feine geiftlid&en 33?itbrüber ftetö feitenä einer auf*
geregten 3Wenge auögefe^t war. ^ei§t eS bod^ in ber ©mpfangä*
befd^einigung ber ,9latl^8meifter unb beg SRatl^eö ber@tabterfurbt'
mit a3e3ug auf jene ®elbfumme: ,fo weilanbt ber ©bwöfbige
unb ^od&gelarte ^err Conrad Klinge, ber ^eil. ©d^rift Dr.,
*) Locicommunes theologici pro ecclesia catholica. In Quibus
sedulo ti-actantur ao discutiuntur articuli christianae nostrae religionis.
nostris temporibus maxime controuersi etc. etc. Diuini Verbi ministris ad
sectas horum temporum remouendos scitu cum primis vtiles & necessarjj.
D. Conrado Clingio Theologo, Minoritanim Erfordiensium dum vixit
Guardiano, Authore. Coloniae. Apud haeredes Arnold! Birckmanni, Anno
MDLX., pg. a, 2. fßtx^l. au4 bedfelben SBerfafferd Confessio Catholicae
doctrioae, fidei et religionis t>or feinem Catecbismus Catholicus summam
Christianae institutionis IV. libris succinotam complectens. Item Authoris
eiusdem aliud insigne volumen inscriptum Summa Theologica etc. Coloniae.
Apud Heredes Amoldi Byrcmanni. Anno Christi nati MDLXU.
34
voriger Guardianus gottfeltfler, un8 unb ßemeiner Stabt nm
bc§tt)itten legiert unb bcfd&clben, bog ®r, Doctor, in 3^it feineS
2eben8 mit fammt feinen SBrübern unb bem ^onüent in il^rem
Älofter üon unfern SSorfal&ren unb un8 gefd&ü^t unb öertl^elbigt
worben, unb fürtl^er t^un foKen unb »ollen.' *)
Snbeffen lonnte Äonrab iflinge mit feiner ated^tgldubigleit,
fo fel&r er ben SBerbad^t einer Slnnfi^erung an bie ^©ecten* »on
P(J& »ieS, bod^ öor ben ortl^obojcen St^eologen ber alten Älrd^c
nidöt beftel^en, benn mir flnben, ia^ feine ©d^riften Dorlfiupg,
fi\S jte Don ben il^nen anl^aftenben Srrtümem befreit würben",
in iai ^SBerjeid^niS ber öon ber Äird^e verbotenen 33üd&er' —
ben Index librorum prohibitorum *) — gefegt worben ftnb.
Sn einer in Stallen befiublid^en l&anbfd&riftlidö^n S^ronil
flnbet ftd^ bie folgenbe I)ierauf bejitglld^e SRotij: ,@einc SSerfe,
bie er in S)rucf verfertigt, pnb jmar uon ber fatl^olifd&en Äird&e
big 3ur SSerbeff erung verboten ; aber bie gel^ler l^at entroeber fein
fetteä ®el)irn ober viel glaublidö^^^ f^lne SBiberfad&er felbft ein^»
gerüdft, bamit ffe il^n verbunden/ ^)
Älinge ftarb al8 ©uarbian feineS DrbcnS unb 2)om*§ßrebiger
am S)ien8tage nad& Dculi im Sö^re 1556,* b. 1^. am 10. SWÄrj,
nad^bem er nod& ben Sonntag juvor im 33om geprebigt l^atte,
too er aud^ begraben »urbe, unb ivo fein ©rabbenfmal, baä aud^
3Wotfd&manu *) gefeiten l^at, l^eute nod^ vorl^anben ift. 5Rad&
Älingeö Sobe ging baä SSarfflger^5Slofter völlig ein.
^) 3. g. SRöHcr, SBcitrdöe jur ®cf4i*te ber ©arfüBcr-Jltr^e p
(Srfurt als ba§ fed^igl^unbertiä^nfle gubiläum berfelben begongen mürbe,
am 18. aWoi 1882. (grfurt @. 26-27.
*) CÜDgius seu Klingius Conradus. Opera omnia. Donec corrigantur.
App. Ind. Trid. p. 95. — Index Librorum Frohibitorum. Sanctissimi Do-
mini Nostri Gregorii XVI. Pontificis Maximi Jussu Editus. Romae
MDCCCXLI. Cum Summi Pontificis Speciali Concessione Moedoetiae
1850 ßecusus. Ex Typographia Instituti Paulinorum a P. Aloysio Aug.
Cbmagga Bamabita directi. s. v. Clingius.
') ,,^reifa(^e (S^ronif t)on bem breifa^en Geben bei^ großen % @e«
ro^lfttf^en OrbeniSftifterd granctfci in Ober« unb Unter«^eutf(blanb'' von
$. gortunotu j ^uebe, ST^üncben 1886. SJ^anuffcipt in Ouarac^i bei gloren^.
— - ^eföHige SRitteilung bed $errn $farrerd Dr. theol. ©dauerte in (Scfurt.
*) „€etn Epitaphium ift ollba ber (Sänket gegenüber nac^ ber Orgel
fu nod) 5U feigen, unb fein Stlbni^, auf einen @tein ^el^auen, um »elcbeiS
olgenbe SEBorte ju (efen: Anno Domini 1556 sexto idus Martii obiit Re-
verendus Pater ordinis Minorum Conradus Clingius Sacro sanotae Theologiae
Doctor eximius et in hac ecclesia praeco verbi divini yigilantissimus cuius
35
SRotfd^mann bringt aud^ bag ©efprdd^ a^if^ett. %an\t unb
S)r. Ällnge unb Infipft baron bic ©rjdl^lung bcr übrigen
fjauftfagcn.
,S)octor Sunrab ^ling gu ben SBarfügern l^at man l^etgen
auff ]^5rcn mit prcbigcn auf bic fd&otten firmcg Dicr ttod&eu lang,
banac^ mieber angel^aben 1529 \ fagt 3Bolf Sambad^ in feinem
]^anbfd6riftlid^ auf bem Erfurter ©tabtard^iö aufbewahrten
Sagebud&e. *)
Sn feiner (Srfurter Silberd^ronil l^at $einrid& ÄruSpe un8
f?auft8 5ßorträt — nad6 SRembranbt — , ferner bie @rfd&clnung
beS 5ßol9p]6em in ber Slula be8 CoUegium maius unb cnblid^ bie
©i8|>utation atoifd&en S)r. gauft unb 2)r. Älingc leibhaftig bar*
gefüellt. SBenn mir ed l^ier nidgt mieber nur mit einem fitnftlid^
gefd^affenen ©egenfa^e gmifd^en einem gl&ubigen ©ottedmanne,
biegmal einem Slnl^dnger ber alten Äird&e, unb bem Steufefölned^te
f^auft ju tbun baben, fo mdren unS in bem 99eginnc Don
3)r. Ältngeö ämtgtbfttlgleit — 1520 — unb bem üermutlid&cn
Sobegjabre Sauft« — 1539 — amei gefd^idötlid^c anbaltSpunIte
für einen a^eitcn äufentbalt gauftä in ®rfurt gegeben. 3)amlt
bdtten toir mieber biftorifcben Soben unter ben 9ü§en.
3)er 33oDftdnbigfeit bölber ift au ermdbnen, ia^ ^Pa^r, ber
angeblld^ au8 Elften ober ©riefen auö %a\x\ii 3^it fd^öpfte, in
feiner Umarbeitung oon 3Bibmann8 Söuftbud^ — SRürnberg, 1695 —
behauptet, gauft b^bc feinen greunb, ben 3Magifter ßagpar SWoir,
bei feiner Serfe^ung an bie Unioerptdt Erfurt begleitet. 8lber
e8 ift biäber nl^t möglld^ gewefen, blefen ßaäpar SWolr in grfurt
nad^awjpcifcn. —
Über %a\x\ii toeitere SebenSjabre, toeld&c bic ©tabt Erfurt
nld^t ndber angeben, glauben tolr un8 füraer f äffen au bürfcn.
SBlc ber proteftantlfd&c SEbcoIogc SobanneS ®aftlm2.
Sanbc feiner ,Slfd&gefprdcbe' (Convivalium Sermonum tomo II)
anima in Christo roqviescat" .... ^cr Stein, über ben man lange gcit
l^ingfgangen fein mni, mie fein »ugered bemeift, unb ber bann »o^( eine
teit lang Dermauect gewefen ift, fte^t je|t an ber füblic^en SBanb bed
»omed. ^ aRdfler a. a. D. ®. 25 überliefert und au4 no4 ein einfimald
am d^pitop^ bor^anben gemefened 3)tfti4on:
Ergone sie aufert Clingum mors invida, Tuti
Temporibus duris cujus eramus ope.
') aSoIf 38ambo4, Slufaeic^nungen, 1607—47 (^anbfArift). (Erfurter
6tabtar(|»it), ^erm. SBibl. 1, 104, gol. 12b.
36
Bcjeuflt, l^ielt j1d& bcr Sauberer 1525 in SBafel auf, unb in bem*'
felben Saläre mar er aud6 — nad^ bcn fieipjiflcr ännalen beS
SWaflifterg golö^nn ga'ob SSogel — in ßeipaig. S)amal8 foß er
bort auf einem ^affe au8 bcm Heller l^erauögeritten fein; bod^
fann baö Sofal, an bem biefe ©age urfprünfllid^ l^aftete, nid^t
Sluerbad^g ÄeHer gemefen fein, ber erft, »ie mir wiffen, im Saläre
1530 erbaut worben ift. SDrei Saläre fpftter »urbe gauft aller
SBal&rfci&einUd&feit nad& an ben ,g)of beä Äönigö Sr^nj I. üon
granfreicft berufen, um auf magifd&e SBeifc bic franjöpfdöen
^ßrinjen auS ber ®efangenfd&afl beö beutfdöen Äaiferg ju befreien.
S)ie Öuelle l&ierffir ift bie ^Mitteilung aigrippaö üon SRetteöl^e^m,
bie fid& im fünften Sud&e feiner Sriefe finbet. 2Bol&I gu Anfang
ber breigiger Saläre beö 16. Sa^rl&wnbertä oeripeilte %an\t längere
3eit in 3Bittenberg, ol&ne lebpd^ in Sejiel^ungen jur Unioerfltdt
ju [teilen, biö il^n ein ^aftbefel&l So^annö beö SBeftfinbigen jur
gludöt nötigte. au8 fpftterer 3eit mirb unS no^ Sauftö auf»
entl^alt in 5Rürnberg unb fobann aud^ in Sattenberg öerbürgt, —
bcr im gule^t genannten Drte burd^ ben oben mel^rfad) erwdl^nten
3ol&ann SBe^er. fjauft ftarb um 1539 in einem württem'»
bergifd^en ©orfe, mal^rfd&einlid^ bem l^eutigen babifd&en Drtc
©tauffen in ber 5Rdl^e üon Sreiburg im Sreiggau, unter Der*»
mutlid^ abenteuerlid^en Umftänben, um meldte ftd^ balb bie @age
ranfte.
5)a %an\ii Sob ein üielbefprod&eneg Sl^ema bilbet, unb ba
il^n auc^ bog britte ^aempffer'fdöe gauftbilb im ßrfurter diaU
l^aufe jum SSormurfe nimmt, f o möge l^ier ber auf feinen ®eringeren
alä SWelandötl^on jurürifgel^enbe SBericftt beä Sol^ann SRanlluö
(5Kennel auS Slngbadö) *) über %a\x\U @nbe folgen:
,3Sor wenig ^ai^xm fag biefer Soi^önneS Sauft an feinem
legten Sage fel^i^ betrübt in einem ©orfe beö ^erjogtumö SBürttem*
berg. 3)er SBirt fragte il^n, marum er fo betrübt fei »iber feine
Sitte unb ©emol^nfteit, benn er war fonft ein fd&dnblid^er
©d&elm .... ©arauf ermiberte er bem SBirt in jenem ®orfe :
»erfdöridf biefe 9iad&t nid^t!' 3» ber SRitternad^t mürbe baä
*) Locoram communium collectanea: A Johanne Manlio per multos
annos, tum ex Lectionibus D. Philippi Melanchthonis, tum ex aliorum
doctissimorum viroram relationibus excerpta etc. Budissinae, Per Joannem
Wolrab. Anno MDLXV p. 38—39.
37
$ait8 erfd&fittert. S)a SauftuS am SWorflen nid&t dufgeftanben
unb faft ber SKitttag gefommeu mar, ging bcr SBirt mit anbern
^injugerufenen in fein 3iiwmer iinb fanb il^n neben bem Sette
liegen mit iimgebrel^tem ©eftd^t, fo l&atte il^n ber Seufel getötet/
3)a§ eine t)om antäglid^en ßaufe ber 3)inge abweid^enbc
SobeSart, n)ie »ir fte bei %avi\t a\S tJ^atfadöli^ eingetreten an^
nel^men, im SReformationöaeitalter gar leidet auf bie Sl^fitigfeit
ber l^öüifdö^« ÜBadöt jurücfgefül^rt mürbe, bemeift eine ©efd^id^te,
bic nad^ gutI)erS ^Siifd^reben*^) auf ti^ttringifd^er @rbe üor*
gefommen fein foH:
,3« aWoIburg* [b. i. üWiiPerg], ^eigt ei ba, ;im Sanbc
ju Sl^ßnngen / nid^t weit öon ©rffurtl^ »ar ein 5ßfeiffer / ber
ftd^ auf ben ^od&jeiten / aI8 ein ©pielmann gebraud^en Iie§ / ber
Ilaget bem ^ßfarrl^errn ba§ / er öom Seufel täglid^ angefod&ten
mürbe / unb l^atte il&m gebrduet / er molte il^n megffil^ren / barum /
ia^ er etma in einer ®efellfd&aft l^atte getrunfen . . . baä märe
il^m l^er^lidö leib. 35a tröftet il^n ber ^ßfarrl^err / bat für il^n /
unb unterrid&tet il^n mit fielen ©prüd^en auS ber l^eiligen ©d&rifft /
miber ben Seuffel; barauö er nun fo öiel lernte / ba§ er an
feiner Seelen ©eeligfeit gar nid&t gmeifelte / unb fprai^: ©er
Seelen mirb ber Seufel feinen ©döaben t^un / aber meinen 8eib
mirb er megfül^ren / unb bai mürbe il^m niemanb fönnen meieren /
empfing barauff gu einem gemiffen 5Pfanb bai ^eil. ©acrament
beS maleren ßeibeä unb SBluteö (S^rifti.
©er Seufel aber jeiget il^m an / menn er fommen unb il^n
Idolen molte / ba öerorbnete man il^^ SBäd&ter gu / bie il^n öer*
maleren folten in bem ©emad^ / ba er mar / bie mit il^iii beteten /
unb lafen au8 ©Dtteö SBort. ^auffen aber maren etlid^e mit
^arnifdö unb SBel^ren befteHet / ba8 mäl^rte unb üergog pd& etlid^e
Sage / bag man feiner alfo märtet* Sluff ben ©onnabenb gu
3Witternad&t / faffen bie SBäd&ter / unb etlid&e bet) il^m mit Sid&tern :
ba fam ein ©turmminb / unb bließ bie Sid&ter alle au8 / nat)m
il^n / unb fül^r^t xi)n 3ur ©tuben l^inauä / bie bodö üerfd&loffen
mar / burd& ein Kein enge ^J^nfterlein / l^inauö auf bie ©äffe /
') Colloquia ober Xif(6*9{eben unb anbere S^riftUd^e fe^r erbautid^e
(Hefpräc^e bed ^o^erleu^teten "SRanmi ®otted D. maxt'm Sut^eriS u f tu.
iüetp^tq. ©ebrudt unb berleat t)on ^nbread geiblern. Anno MDCC.
©. 170 b, 171a.
38
ba toax ein gro§ ®e))raffel itnb ©etümmel tDorben / gleid^ alS
toenn Diel gel^Qtnifd^ter Seute einanber gefd^Iogett l^&tten; j(am
alfo iDeg / unb marb üerlol^ren / bog niemanb muft mol^in.
3)e8 9Rorgen8 fuci^ten fte il^u l^ln itnb l^er / unb funben
tl^n 3ule|t liegenb Sreu^meig / mit auSgeftrecften SIrmen / in
einem SBftd^Iein ober SBäfferlein / bai ))on ©leid^en l^erunter nad^
ajlölburg fleufft / tobt unb lol^Ifd&war^. S)lefe ^iftoria ift geioi^
flefcl^el^en / faßt 3)r. 501. ßutl&er / toie mir $err 5riebri(i& SKeeum /
^ßfarrl^err in ©otl&a anzeiget / unb er e8 oon ^errn So^nn
Sedfen / bamal&Ig ^ßfarrl^errn ^u SWölburg gel)öret l^atZ
@ine poetifd^e 93erlläning berartiger @eelen))ein, toie fie
biefer bem Steufel Derfattenc tpringifd^e »^ßfeiffer* empfanb, bietet
aWarloweä %an\t^) in bem legten SKonologe be3 gelben:
(S)ie ®locfe f^Iftgt eilf U^r.)
Sauft.
.£), 5auftu8,
Sefet l^aft bu nur ein ©tünblein nod& gu leben,
Unb bann bift bu oerbammt in ©mlgleit.
@tel)t ftin, il^r nimmermüben ^immel^fpl^ären,
Unb l&emmt ben Sauf ber B^it, el^' gmölf pe fd&ldgtl
5Ratur, fd^lag* loieber auf bein fd^öneS aiug' unb gieb
Uni eto'gen Siag! SD la^ gum Sal^r bie @tunbe merben,
1) ^oftor Sfauftud. Xrogöbie bon (S6rtfiopl^ SOi^arlotoe. Vtud bem
(Snfiltf^en überfe|t t)on USill^elm VtüIIer. Vtit einer Sorrebe bon Subwig
»(^tm t)on 9lrnim. (@d)eibled ftlofter. Y. 93b., 2. 8lbt^.) Stuttgart unb
2t\pm. 1847. ®. 1008. — S)er englif^e Ze^t ber oben angeführten
93er{e lautet:
(Faustus alone. The clock strikes eleven.)
„Faust. Faustus,
Now hast thou but one hour to live,
And thea thou must be damn'd perpetually.
Stand still, you ever moving spheres of heaven,
That time may cease, and midnight never come.
Fair Nature's eye, rise, rise again, and make
Perpotual day : or let this hour be but
A year, a month, a natural day,
That Faustus may repent and save his soul.
lente, lente currite, noctis equi.
The Stars move still, time runs, the clook will strike,
The devil will come, and Faustns must be damn'd?
I will leap to heaven, who pulls me down?
And see, a threat'ning arm, and angry brow.
Mountains, and hüls, come, come, and fall on me,
And hide me from the heavy wrath of heaven."
'39
3um 5Konb, jur SBod&e, nur ju etncm SSag,
35a§i5öwft bereu* unb feine Seele rette!
lente, lente currite, noctis equi!
Sort gel&n bie ©teru, eä rinnt bie 3eit, ber ^enbel fdöwingt,
S)er Teufel nal&t, bie ^oöe tl&ut ft^ auf.
£), auf 3um ^immel, §auft! — SBer reigt mid^ nieber? —
Unb Pe]&, ein bräuenber ^xm, ein ftnftrer S3raun.
D, SBerg* unb ^ügel, fommt, fommt, fallt auf mid^,
Unb bedft mid^ öor beö ^immelö fd^werem 3^^^«!' • • •
2lu§er bem rein ®efd6id6tlid&en, »aö in gauftö ßeben nad&*
jumeifen möglid^ ift, giebt e8 aud^ 3ciubergefdöid&ten, bie il^n
betreffen unb bie ber l^iftorifd&en ©runblage entbel^ren. 3n einige
t)on il^nen f:pielt, mie mir fallen, Icife bai ^ringip ber 9tenaiffance
l^inein; bie meiften gel^ören iebod^ in ben Sereid^ ber fiber^»
natürlid&en ©rfd^einungen, bie baä d^riftlid&e SKittelalter au8 ber
l^eibnifd&en SSorjeit iiberfommen unb bem ©eifte ber 3eit gemd§
auggebilbet l^at.
3)a nun @rfurt -fd^on öor ber ©infül^rung be8 Gl^riften*»
tumö in Sl^üringen ein öolfreid^er Drt unb eine angefel^ene Äult^
ftdtte geioefen ift, fo bürften mand&e bort im Sd^wange befxnblid^e
SBunbererjäl^lungen öom S)oftor gauft al8 [Refte uralten ®ötter»
glaubeng angufeljen fein. S33ir treffen in biefer Sluffaffung mit ^errn
Dr. 3ofef ©ödfeler jufagjmen, ber bie m^tl^ologifd&en
Überrefte auf ©rfurter SBoben^) bel^anbelt l^at. — 3)er
oberfte ber ©ötter, Dbin, SB ob an, ber SBinbgott, ber ^eute nod6
im 58olKglauben afö .»Über Säger' uml^erfpuft, l^atte nad^ bem
©lauben ber alten ©eutfd^en ein ad^tfügigeg 3io§, genannt
©leipnir, bem nid^tä an ©d^nelligfeit glid^. SBir l^aben barin
eine ^erfonififation beä ©turmeg ju erblidten unb »iffen nun,
toaS e8 mit bem 3ctuberro§ beö ©oftor Sauft für eine Sewanbtniä
l^at, baS feinen |)errn in furser 3eit üon ^rag nad^ ßrfurt trug.
^t. @. ©ö^tnger, 9{ealIe;t!on ber beutfdgen ^Itertfimer. 2. ^ufl.
Setpaig, 1885, ©. 179.
>) ^v. jfiixl 3ofef SB. ®5cfeler {^athnt^), ,,S92bt4oloaifd^e Über«
refle auf Erfurter $oben/' aRitteilungen DeiS ^ereind für bie ®efcf)ic!)te
unb ^(tertumi^funbe t)on (Scfurt. Sün(ae^nteiS $eft. Erfurt, 1892.
®. 193-198.
40
Äarl ©imrocf *) erinnert, tnbcm er öon ObinS 9fio§ f)>rid^t, an
bie S3raunfd&meiger @age Don ^einrid^ bem Sduen, ber mit
^ülfe bei 2;eufel aug bem l^eiligen Sanbe burd^ bie Suft nad^
.^aufe fdl^rt.
Selannt ifi un9 allen ber SBunfd^, toeldgem in ©oetl^eS
S)id^tung t^auft auf bem ©pagiergange mit Sßagner 3Borte Derlei^t:
»So, toftre nur ein Söubermantel mein,
Unb trüg* er mid^ in frembe ßdnber,
3Wir fönt' er um bie föftlid&ften ©emänber,
SRid&t feil um einen Äönigömantel fein/
S)en »SöuBermantel* öerleil&t bie Sage bem 3)oRor
?5auft nid^t au8 eigener ©rfinbung. S)ie SW^t^oIogie fennt il&n:
©er 3Kantel DbinS ift be8 ^ImmeK ®em5lf. 3» ber Sage öom
SBartburgfriege fül)rt Älingfor ben ^einrid^ Don Dfterbingen mit
$ülfe einer lebernen 2)edfe, alä »eld^e ber S38unfd&mantel DbinS
l^ier erfd&eint, in einer 3}ad&t Don Ungarn nad& Springen.*)
SBie Dcrl^filt e8 fid& nun mit bem aSünbniS, bai Sauft
mit bem Seufel fd&Iie|it? — 3m beutfd^en aitertume »ar e8
Sitte, pdö 3eittt)eife bem ©d&u^c SBuotanS ju meilö^n, um feine
®unft 3u erl^alten. ©ie gel^eime Sebingung biefer ©elbftweil&e
tt)ar ein Sob nad^ einer beftlmmten SReil^e Don Sal&^^n. •)
@ine 3eitlid^ weniger l^od^ l^inaufreid^enbe @rT(ärung ber
^SeufelSbünbniffe* glebt ©d^lnbler, *) ber bie ©ntftel^ung
blefeä SlberglaubenS in bie §ßeriobe ber ©infülöi^ung beö ßl^riften«'
tumö in ©eutfd^lanb oerlegt. &x erinnert baran, baft bie erfteu
G^riften bie alten ®ötter, benen Pe entfagen mußten, nld^t al^
blo§e ^l^antapegebilbe, fonbern a\S »irllid^e göttlid^e SBefen einer
nieberen Drbnung angefel^en l^Ätten, beftrebt, bie SWenfd&en Don
ber Slnbetung beS toal^ren unb ][)5d^ften ©otted abjugielien unb
jum ©ö^enbienfte ju Derfül^ren. SBie nun ^ßlutard^ folc^eö Don
') ft. ©imrod, ^Qnbbu4 ber beutf^en aR^tlgoIoflie. 3. Vlufl. SBonn,
1869. @. 177.
«) ©imrod a. a. D., @. 177—178.
') ©imtoct a. a. D., @. 182.
«) 2)r. ^txnixdi iBruno @4inbler, ^er 9(berglaube bed WiMaittt»,
(Ein Beitrag 5ur iTuIturgef^ic^te. »re^Iou, 1858. @. 276-278. «[jpf
@. 278 fte^t ouc^ ber Sßortlaut beiS ongeblic^ bon gfauft mit bem Xeufel
ab8e{d)Iof[enen $6ünbnif(e9. .
41
ben gried^ffd^ctt ©öttcrn berld^te, bte nad^ il^m 3)ftmoncn fcfcn,
fp mad^e @a;to ©rammaticud bte alten norbifc^eu ©ötter ju
Seufeln. . . . @o fei jeber angebetete ®ott, ber nid&t ber »a^re
®ott »dre, ber SEeufel, . . . unb »enn ein (S^rift »ieber jum
^eibentume abfiele, fo »fire ba8 ein ©rgeben an ben 3;eufel. —
SBir Italien eä bei aller 8![nne]^mbarfeit:ber jule^t angefül^rten
ßrfldrung nid^t für auSgefd^loffen, bag aud^ bic ©rinnerung an
bie alte SBuotand^SSeil^e gur äuSbilbung ber Sl^eorie t)on einem
Verträge mit ber l^öttifd^en TOad^t beigetragen l^abe, »ie fa %ai\\ti
5ßaft mit bem Seufel, ber nad& einer beftimmten fjrift abläuft,
gerabe in biefer Sejiel^ung fi(^ an baS ©elilbbe ber Reiben jeit
angufd&lie§en fd^eint. — ?[uger unferem Sauft unb feinem
SamuluS SBagner »erben nod^ öiele ^iftorifd^ befannte
^erfbnlidöfeitcn Don ber Sage atö fold^e bejeid&net, bie einen
burd^ S3lut beftegclten 5ßaft mit bem Seufel abgefd^loffen l^dtten,
barunter ®regor VII., ^aul IL, Äarbinal SrojetuS, ,§einrid&
ßorneliuä ^etteä, ber ffiilbtfemr öon Jlorbl^aufen, Sol^ann S£eu^
tonicuä, ©rjbifdöof SaurentluS unb ein ^ergog öon ßujremburg.
Mt biefe SRänner »aren {ebenfaHä im Sep^e augerorbentUd^er
©eiftegfrdfte.
Slnbere fünfte in ben ©rfurter gauftfagen laffen ftdö mit
größerer Seftimmtl^eit auf baä fortleben altl^eibnifdöer
SSorftellungen in ber SSoltefeele auriidtföl^ren.
3)ie mftnnlid&e ^auptgottl^eit, beren i?ult in l&eibnifd&er S«t
3u ©rfurt auf bem ^ßeteräberge in Übung toar, ift nid^t Dbin,
ber oberfte ®ott, fonbern beffen ©ol^n, ber einen Seil ber SBefeU'»
l^eit jenes ^immeWgotteg barfteHt, — 35onar, altf. Sftunar,
agf. Sl^unor, altnorb. S^orr genannt. @r ift ber Irdftigfte
unter ben germanifd&en ®öttern: er gebietet über Siegen unb
SBolfen unb fünbigt jtd& burd^ rollenben 2)onner an. 35a nun
baä ®eraffel unb Ärad&en be8 ©onnerS bem %diiXQn eineS SBagenä
über ein ®e©olbe am ndd^ften lommt, fo toirb öon 3)onar gefagt,
er liebe e8, auf einem öon jmet S3ödfen gegogenen SBagen ju
futfdöieren. 3)e8 ®otte8 Äinn um»allt ein feuerroter Sart ; *) in
ber 3fled&ten trdgt er ben ©onnerfeil, ber, wenn er geworfen »irb,
>) @imro(f a.a,0, @. 230. — Solob ®rimm, ^eutfdfte SR^t^ologie.
(Sldttingeii, 1835. »ap. 3, ®. 112 ff.
42
burdö bic Süf te f dl^rt unb tief in bic @rbe einf d&Iägt ; nad& anberet
Sluffaffung fd^toingt er ben Jammer ÜRlöhür, ber, fo oft er aud^
geiüorfen »Irb, immer »ieber in beö Ferren ^anb . jurficffel^rt.
^fianjen unb Siere, an benen eine bli^dl^nlidöe tote ober blaue
Sarbc gu finben ift, jlnb il^m l^eilig, fo bie SSogelbeere, bcr fjud^ö
unb ber rotbeinige ©tord^.
®ödteler *) fragt nun, inbem er ben 5)onar mit gauft ju**
fammen bringt : , Sollte nid&t ber rotl&aarige 9iiefe, ben^auft
in ©rfurt ^,ben ©tubenten l^at fürgeftellet•^ urfprünglid& auf
ben riefenl^aften roten ^Donnergott gelten, ber erft nad^l&er, al8
ber ^umaniömuö in ©rfurt blühte, auf ben ^omerifd&en ^ol^pl&em
gebeutet loarb?' — JDiefe Srage mug bejal&t »erben, benn im
Stiroler SWfird&en erfd&cint ein JRiefe mit rotem §aar unb feurigem
Sart, ber an feinem golbenen SBagen unb ben baoor gefpannten
Södfen mit golbenen Römern unfd&mer alä ber ^Donnergott
erfannt »irb. ^)
SBir gelangen nun ju einer anberen ?5auft[age, beren Stuf*
beioal^rung ^einrid^ i?ru8pe ^) oermittelt ^at, unb bie, mie ©ödfeler
rid&tig bemerlt, o^ne m^tl^ologifd&en ^intergruub ganj un*
öerftönblidö, ja albern flingen loürbe.
,@in anbereö ÜRal*, fo l^eigt e8 ba, »begel^rte baS SSolf
öon 3)oftor gauft loieber ein S^uberftüdElein, al8 biefer eben mit
einigen ©tubenten über ben ©raben ging. 3)er ©d&warjfünftler
tt)ar bagu bereit, unb auf feinen SBinI erfd^ienen jioei ^^ne, bic
in il^ren ©d&näbeln eine gewaltig gro§e unb fd&ioere SWü^lrabg*»
SBellc leid&t unb jierlidö, al8 menn eö ein SReiö wdre, einl^ertrugen.
3?un aber lam öom Slnbreaötl&ore eine SWagb bal^er, bie eine Srad^t
®raö nad^ ^aufe bringen tooHte. @ic »ar ein ©onntagöfinb
unb erfal^ auf ben erften ffllidf, ba§ bie ^dl^ne nid^tö anbereö, al8
einen ©trol^l^alm im @d&nabel l^atten. Sie ladete laut auf unb
bemül^te ftd&, baö öerblenbete aSolf gu enttdufd^en. 2)a8 oerbrog
aber ben S^i^berer fel&r, unb er befc^log, ftd^ für ben ©d&impf
an ber SKagb gu rdc^en. 2)a8 gefd&al^. @ogleid& gauberte gauft
*) ®ö(fcCcc a. a, D, ®. 197.
*) $rofcffor 3)r. @e^)p, 5)ic SRetigton bcr aCtcn S)cutf(6en unb i^r
Sfortbeftanb in Solf^fagen, ^ufaügen unb geftbrau^en h\§ ^ur ®egentuart
aJ^find^en, 1890. 6. 144, kap. 52.
») §. Ärulpe, ^ic ©ogen ber ©tobt Erfurt. 1., ©. 52— ö3.
43
eine gro^e SBafferPutl^ auf bcn 5ßla^, bie mit iebem Slugenblicf
l^ai^er unb Ijbijtx ftieg. 5)a8 3Rdb(ften crfd&raf imb »oHte eilig
baöon, aber nirgenb« toar nod& ein trodfen ^Wfecfeen ju finben,
unb um i^re Äleiber nid^t naß »erben gu laffen, raffte pe bie*
Reiben gufammen — unb lourbe öon bem SSoIfe, bai üon ber
flegauberten SBafferflutl^ nid&tg merfte, tüd^tig auägelad^t/
SBaS ergäl< biefeä fonberbare ÜRfirlein? — 3)ie beiben
^äl&ne, toeld^e bie ÜKü^Ientoelle tragen, ftnb SieblingöDögel beä
rotl^aarigen S)onar; ßleld^geitig ftnb jle Symbole ber Äraft, 3Ser«»
treter beä ®otte8 felbft, — unb mie bei §omer ^ßaHaS at^ene
a\S @ule aus bem Sflaud^fange fliegt, \o mag ber @turmgott boi)
aud^ mol^l in ^algnengeftalt erfd^einen. Slber S)onar mirb im
5Kittelalter gum Seufel, toie fd&on barauS ^ert)orgel)t, baß ber
Seiname beö bofen ©eifteä »SReifter Kämmerlein* (malleolus)
nid^tä »eiter ift aI8 eine ^ßcrfonififation beö SieblingSmaffe SDonarS,
beö gewaltigen ^ammerS, eine ^Benennung, bie nad^ bem Unter*
gange beg ^cibentumä ^la^ griff. ^ @r a!fo öermirrt nad&
d^riftlid&er Suffaffung bie Slugen ber 3Renfdöen burd^ Slenbmerf,
unb nur ©onntagöfinber, benen, »ie ber Sonne, an beren Sage
pe geboren pnb, nichts öerborgen bleibt, erlennen ben Srug.
Slrgerlidö über baä Sad^en ber 2Ragb, Ifißt fjaup, alias ber Seufel,
alias ©onar, ber mit feinem SBlifeftra^l bie SBoIfenfßl)e melft,
eine große SBafferPut erfd^einen, öor ber pdö bie finge 5D?agb
fürd&tet, — »dl^renb bie gaffenbc SKcnge bauon nid^tö fpürt.
3e^t oerftel^en »ir aud& haS Sod& im S)ad&e beS 3)ennftebt'fd^en
Kaufet, burd^ baö Saup l^inburd^ gefal^ren fein foU, unb baS
nid^t mit Qki^ln gugelegt werben fann. *)
35onar8 fflli^pral&l mag wol&I mel&r afö einmal baSfelbe
crl^abene 2)ad& unb blefelbe ]6ol)c ©teile getroffen liaben, unb
balb bürfte ber ©laube entftanben fein, ber ^Donnergott, begiel^wnö^*
weife ber Seufel, forbere bie Dffenl&altung biefeS gelöcimnlööollen
S38ege8. 2)a8 würbe aud^ gang gut gu bem mittelalterlid&en
Aberglauben 1)affen, baß bie ®eifter nur auf eben ben SBegen,
auf weld^en Pe in bie SSol^nungen ber 3Wenfd&en gelangt feien,
L, @. 66.
') SaYob ©rirnm, S)eutf4e SR^tl^oIogie. @. 124.
■) 92a4 ®räffeiS Sagenbuch eraäl^U t)on ^einti^ Stxnipt, ©agen.
44
tolcbcr l^inauSfal^rcn bürften, mie SWepl^iftopl^elcg bei ©octl^c
belennt:
,'i ift ein ®efe| bcr Seiifel nnb ©cfpcnftcr:
SBo pc l&creingefdöJöpftr ^<^ muffen jie l^inaug.
2)a8 ßrfte fielet «nS frei, beim S^zxkw ftnb mir Äned&te/
9Son blefer ©ebunbenl&elt ber ©elfter, »Ic f!e ber SSolK*'
fliaubc annimmt, glebt eS Selfplele genug, ©rlnnert fei nur an
ble Sage Dom 3awberer SSlrgllluä, ber einen einfältigen ®elft,
nad^bem blefer ll^n feine Äünfte geleiert, In einen S5aumftamm
gebannt l&aben foH.*) 3[ucl& ble ^ej:en, loeld^e nad^ mittelalter^'
lid^er S[nfd&auung be8 5Rac^t8 ll^re luftigen Serfammlungäortc
auffud^en, pnb in ber SBa^l ber SBegc, ble Pe Inö grele fnl&ren,
bcfd&rfinft. @o erjäl^It Sufcj^,*) ba§ ein paar junge Sauern m^
mal befd^Ioffen gei^abt l^ätten, ble ^ej:en ll^reö Otteö 3U belaufd^en.
@le ptten beSl^ölb ieber feine 5|Sferbe öor eine geerbte @gge
gefpannt unb »dren bamlt auf ber einen Seite beä S)orfe8
l^lnauggeaogen, worauf ber eine pd6 red^tä, ber anbere pcft llnfä
geioenbet l)abe. 3)ann feien pe um baS 2)orf l^erum gefal^ren,
blö pc pd6 auf ber anberen ©eltc mleber bereinigt l^ätten. 3)en
ÄrelS, ber um baS 35orf gebogen »orben fei, l^dtten ble ^eyen
nld&t überfdörelten bttrfen; bod^ wftre öon ben Sauern ein fd^maler
Sluägang frelgelaffen »orben, »0 Pe, pd^ l^lnter ll^ren Sggen
jufammenfauernb, ble ^eyen erwartet l^dtten.
8lud^ ble oon Sefflng benu^te Erfurter fjauftfage, ble
ble ©d&nelllgfelt ber ©elfter betrifft, fann einen m^tl^ologlfd&en
.plntergrunb l^aben. S^orr Ift nad& einer norblfd&en Sage beim
rlepgen ^önlg Utgarblofl 3um 33efud&; S^orrä Safd^e trägt
S^iälp, ber fugrüftlgfte aßer 3Känner. S)er Sßlrt fcftlftgt gur
Unterl^altung feiner ©dfte Bettfplele oor; unter anberem migt
pd& St^iälp mit ^ugl Im SBettlaufe, wirb aber bepegt. S^iälp
ift ber SSlij^; bod^ fd^neüer aI8 ber 3311^ ift $ugi, ber ©ebanfe.^)
SRunme^r fommen wir auf ben wunberbaren, gefpenftlfd&en
junger beö Söuftlfd&en Sftoffeö, baä Im Stade beö Swn^tö
öon ©ennftebt nld^t gefattlgt werben fonnte. @8 Ift In blefem
') $. 93. (Bd^xnWx, 3)er Slberglaube beiS mitizlalin». @. 33.
«) SR. «uf4 S)eut[d6cr ^olU^lauht. 2. «ufi. Seidig, 1877. ©. 62.
8) ©imrod 0. a. D., @. 247 unb 250.
45
SJppetit eine ßlgenftftaft Sljorrä ju erfennen, bie auf beffen 9fio§
übertragen ift. 2118 einft, fo ergfi^lt bie 2ieber*@bba,*) bem
S^orr fein Jammer öon ben 3iiefen geraubt war, befd^ioffen bie
3[fen, bieg Symbol ber $errfd&aft burd^ eine 2ift aurüdfaugeminnen.
Sl^orr wirb al8 Sre^a brautlidö aufgepu^t unb bem um fie wer«»
benben SRiefenfürften üom f(ftlauen ßofi jugefül^rt. ©aftfreunblid^
aufgenommen, ifet bie öermeintlid&e Sraut einen Ddöfen, ad^t
Sad&fe unb afle Sedferfpeifen. bie für bie grauen beftimmt ftnb;
pe trinft brei Sonnen ÜMet, fo ba§ ber Sräutigam ftd^ üerwunbert.^)
2lu(^ fouft leert S^orr, feine Ueberfraft bewä^renb, in feiner
^alle ober auf Dbl^inS SSanfen in aSaH^öK ftfeenb, -fo mfic^tige
©dualen, wie niemanb, unb einmal foQ er fogar baS l^albe SBelt»
meer auögetrunfen l^aben. ^^nlidöeö erjdlölt Segner in feiner
grit^joföfage, jwar nid^t öom Sl^orr, aber bod& Don beffen SSater
Dbin. 8[uf bem Armringe Srit^jofä nömlidö wirb ber ®ötter^
öater bargefteHt, wie er, im ©aale ber ©efd^idötögöttin fifeenb-,
feinen ©urft ftittt:
,35ann folgt ©ßquabafS ©aal, wo Dbin fi^et bei ©aga,
Srinfenb ben SBein ani golbnem ®efa§, baä ®efäg ift ba3
SBeltmeer.')
@S bleibt und nun nod^ bie Setrad^tung ber ©efd^id^te bom
^©rfurter gauftgdfed&en* übrig, einer ganj fd^malen ©äffe,
bie 3Wifd&en ben ^dufern 5Rr. U unb 15 ber ©cftlöfferftrage i)\\\^
burdö na^ber ^ kleinen SBorngaffe' fül^rt. Äruäpe*) erjd^lt batjon
folgenbeS: ,8118 3)oftor fjauft feinen Sreunb, ben 3"nfer 35enn'»
ftebt, im .änfer' befud^t unb Diel 3SoIf öerfammelt war, fu^r er
mit einem mdd^tigen i^uber ^eu, an weldbem ein paar ftarfe
5ßferbe gogen, auf befagteö ©dgd^en lo8. ©ie SKauern wid&en,
unb ol)ne ben geringften Slnftofe ging bie Sal^rt burd^ baö Wlnaige
©dgd^en. 8118 nun alled SSolf in groger SSerwunberung b^i
9Rirafel8 war, lam ein 3Rönd^ be8 SBege8 bal^er. S)er nal^m ein
') 3n bem (S)efange „^ammnS ^tinif^olun^/' )BgI. S)t. 9i. Stiele,
3)ie Snfel ^dlanb unb i^re ^ebeutung für ba9 gernianii^e Altertum,
«rfurt, 1894. @. 21.
*) äBil^elm a^ann^arbt S)te ®dtter ber beutf^en unb norbifc&en
Söller, »erlin, 1860. @. 212—213, 209.
') 8rrttMofd'@age. 93on (Sfaiad 2:egner. 9Iu^ bem ©d^mebifc&en
ton ®. »erger. 11. «ufl. ©tuttgart. ©cfang 3, @. 29.
«} Serudpe, @agen. I., ®. Ö2.
46
ärgcrniö am ®rduel bcr l^önifd&cn SSerblcnbung, fprod^ citictt
ejrorciftifd^cn Sannfprud^, unb aföbalb Derfd^toanb baS gubcr $eu
famt ben ^ferbcn. Sediere öemanbciten pd^ in jmcl rote ^dl^nc,
meldte einen ©trol^^alm jogen unb ftd& mit großer ©efd&winbigfeit
unter bem SSoIfe öerloren. S)er 9Rönd^ aber foH fein anberer
gettjefen fein, afö ©ruber SWarlin (Sutl^er), ber au ©oftor gauft«
Seit nod^ aI8 @ufto8 im auguftinerlloper ju Erfurt lebte. 2)en
5ftamen JDoftor gauft»®d^d6en fül^rt ber Drt nod^ l&eutigen SageS/
©omeit ^rug^e, mit melc^em 9ftobert j^oenig in ber (Sxxo&f)^
nung be8 Sauftgä^d^cnö flbereinftimmt. *) @ä fei un8 gcftattet,
bie Sage jir anal^peren. 3)er Sauft, toelc^er einen .^eunjagen
fül^rt, ift ber ®ott 33onar auf ber fegenbringenben SRegenwolfe.
SBir erinnern an ben tpringif(i)en Aberglauben, ba^ man ®Jüdf
Igabe, toenn man beim SluSgeben einem belabenen SBageu
begegnet. *) SIber ©onarä SBeg ift öielfad^ gel^cmmt, 3. 35. burd^
bie SHauer, »eld&e bie Swfiriefen im SBinter errid^ten. fßox bem
gen}altigen, ben Jammer merfenben unb adlige fd^Ieubernben
®emittergotte, ber am ^immel unb auf ber @rbe aufräumt,
tt)eid&en bie oon ben neibifd^en SWad^ten errid&teten ©d^ranfen, bie
fd^warjen SBolfen unb bie giftigen 5ftebel, auf beiben Seiten
jurfidC, unb eg öffnet Pd& il^m eine ®affe, »enn er auf
rollenbem SBagcn bal^er ffil^rt. 2)a6 e8 ber ®ott mit bem
feurig«roten S3art ift, ber in ber Sage öom Sauftgfißd&en
erfd^eint, haS bemeifen bie nad^l^er jum SSorfd^ein fommenben
^fil^ne, bie bie gieblingSfarbe beä ®otte8 tragen, greilid^ ift ber
|)al)n a\i 93erförperung be3 J^^iwoilif^^tt %m^xi in ber SSolfäfage
ein Unglüdtöuogel gemorben; in ©dölepen unb Öftcrreidö bebeutet
eg Unl^eil, menn er inS ^aixi l^inein Iräl^t, unb nur bie äSegegnung
mit einem »ei^en ^abne, bem alfo bieominöfe f^arbe feblt, ift auf
®efd&dftägfingen, bem Siroler SSolfäglauben nad6, fegenüerfitnbenb. ')
©in nodb treffenberer SeweiS bafür, ba^ 35onar l^ier bcr
Erfurter ©tragenermeiterer ift, bürfte in einer ©teile beS an ben
33onnergott gerid()teten eftl^nifd&en Stegengebeteä 3U ftnben fein, baS
') m. König, ®eutfd|e Sitteratutaef^i^te. 19. «ufl. »telefelb nnb
Sctp5tg, 1887. @. 237.
*) ^c. 9Cbolf f&nttU, ^er beutfcfie fßolHqUiVthtn ber ®egenloart.
2. Bearbeitung, »erlin, 1869. 6. 196.
») SWorift fflttlc^ a. o. D., @. 207.
4?
tto(]& im n.Sal&rl&unbert ein literarifdö gebllbeter Wann (©utälaff)
öon einem alten Sauern fpred^en ]&örte: »ßieber ©onar, mir
opfern ©ir einen SDd^fen, ber jmei ,&örner unb üier Alanen l^at,
itnb wollen 35idö bitten um unfer ^pttflen unb ©aen, bag unfer
©trob fupferrot, unfer ©etreibe golbgelb toerbe. ©toge anberg*
tool^in alle fd^marjen, biden SBolfen über gro§e ©ümpfe,
^o^t SBälber unb breite SBüften/
2)od^ bie aw^tl^enbilbung fcftreitet meiter. @8 fommt baä
6^riftentum unb tl^wt bie alten ©ötter in ben Sann. S)er
©eiftlidö^ fpncbt ein eforciftifd&eg SBort, unb ba8 SBunber alä
fold&eö Derfd^minbet. Se^t ftnb bie ©onaröoögel nur nod^
aKtöglicbeö ^eberüiel^. 9hm tritt fernerl^in bie 9fteformatlon ein
unb nimmt Don ber alten ©age Söefi^. 8lber jte »iH llö^en
Slebllng bei biefem alten, ftegreld&cn Äampfe ber Älrci^e beteiligt
fel^^n : ©er SKöncb barf alf o fein anberer gemefen fein alä Sruber
3Wartln, b. ]&. 3Rartln ßut^er al8 8luguftlnerm5n4 (Snbllcb tritt
ber Erfurter fiofalpatrlot l^injw i^"^ überträgt baä ©tücf auf ben
©o!tor Sciuft, inbem er barin olö"^ »eltereö einen 33eleg für ben
Urfprung ber Segeld&nung »Sduftgdgd^en* erbllcft. 8lber biefem
beginnen ruft bie Ärltll ein lauteä §alt ju.
©le ®affe l^leg In filterer Qüt nld&t 5öuftgä§d^en, fonbern
©perllngögägd^en, »le %xe\ijQxx Don 5£ettau In feiner , Dergleld^^n^
ben Sopograpble unb ©tatlftlf Don ©rfurt'*) le^rt. 9lun märe
eine mgt^ologlfclöc ©eutung beä ©perllngg al8 ©Innbllbä ber
Srud&tbarfelt (DleHeldöt al8 SSogelö Dblnö ober Sre^aö) nldöt un*
möglldö; JdIi^ lämen Don im alten ©ittern loleber auf ben Sieufel
unb Don biefem auf ben ©r. iJauft. SBlr fönnten aud& auö bem
^uppenfplel Don ©r. So^anneä gauft 'j beö foutlfd^en ÄaSperleä
SBorte anführen, bie blefer fprld^t, a\i il^n auf feineg ^errn,
nämli(^ Sauftä, Sefel^l ein feuriger ©rad^e Don SWalnj nad&
Stallen abl^olen »lU: ,8luf bem l^öllifd&cn ©perling foll ld&
nadö $arma reiten?'
') Saf ob ®rtmm, »cutf^e SK^t^ologic. ®. 116 unb 119. — 3)cr
Ittt^auif^e, tetttfc^e unb Qlt))reu6if4e S)onnerQOtt $ec(unad entf4)rtc6t bem
norbifc^en X^orr.
>) ai^itteirunaen bei? Seretnd für ®e{4i4te unb SCUertumiSfunbe bort
(Brfurt. Xn. (1886). @. 64.
') 3n bler 9(ufaügen. grauft bon St. @imrod ®. 168.