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898352
FELDZÜGE
i)i-:s
PRINZEN EUGEN
VON SAVOYEN.
iGESCHICHTE DER KÄMPFE ÖSTERREICHS.)
Herausgegeben von der
AlDtheilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegs-Archivs.
X. BAND.
(MIT SIEBEN KARTENBEILAGEN.)
WIEN 1885.
VERLAG DES K. K. GENERALSTABES.
IN COMMISSION BEI C. GEROLD'S SOHN.
^
SPANISCHEM
SÜCCESSIONS-KRIEG.
FELDZUG 1708.
Nach den Feld-Acten und anderen authentischen Quellen
bearbeitet in der
Abtheilung für Kriegsgeschichte
ALEXANDER KIRCHHAMMER
K. K. MAJOR DES GENERALSTABS-CORPS.
II, SERIE, — I, BAND.
WIEN 1885.
VERLAG DES K. K. GENERALSTABES.
IN COMMISSION BEI C. GEROLD'S SOHN,
DRUCK VON R. v. WALDHEIM.
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Inhal t.
y
Seite
3Iilitärisch-politische Einleitung 1
Rückblick auf die Ereignisse des Jahres 1707 1. — Friedens-
Anerbietungen Lxidwig's XIV. 2. ■ — Gegenforderungen
Hollands 3. — Entscliluss Ludwig's XIV., den Krieg fortzu-
setzen 3.
Kriegslust Englands 3- — Verhandlungen des Parlaments 4.
— Sturz von Harley, St. John und Simon Harcourt 4. —
A'^erhältnisse in Schottland 5. — Anschlag Frankreichs
auf dieses Königreich 5. — Haltung der Parlamente von
Grossbritanuien und Irland 5. — Krise der Bank von
England 6. — Schluss des Parlaments 6.
Der Wiener Hof und die Fortsetzung des Krieges 6- — Verhält-
nisse der Erblande 7. — Die ungarische Empörung 8.
— Der Pressburger Reichstag 9.
Das heilige Römische Reich deutscher Nation: Innere Wii'ren 11.
— Stellung zum Auslande 12. — Preussens Politik 12.
— August IL von Sachsen und die polnische Krone 13- —
Der deutsche Nordwesten 13. — Verhältnisse in Bayern 13.
— Die vier associirten Kreise 13. • — Joseph's I. deutsche
Politik 14. — Readmission Böhmens in das churfürstliche
Collegium 14. — Annäherung an Preussen 14. — Introduction
Hannovers im churfürstlicheu Collegium 14. — Ansprüche
Johann Wilhelm's von der Pfalz 15. — Verstimmung des
Landgrafen von Hessen -Cassel 15. — Wiederbelehnung
des Bischofs von Münster 15. • — Streit zwischen dem Her-
zoge von Mecklenburg und seiner Ritterschaft 15. — Ham-
burger Wirren 15. — Verhandlungen des Regensburger
Reichstages 16.
Die Schweiz und der Streit um Neufchatel-Valengin 17. —
Die Toggeuburger Religionshändel 18.
Kaiser Joseph's I. italische Politik 19. — Wiederbelebung
der kaiserlichen Lehensherrlichkeit 19. — Eroberung
II
Seite
Ncapols 20. — Veihältiiissc in Obcr-ltalieii 20. Diftcren-
zen mit Karl III. 20. — Gemin. Panna. Vcncilii:, Florenz "i^.
— Dor Streit mit lioin 22.
Kaiser Josejib 1. und Schweden 23. -— Versuelie Peter'y 1.
lind Augusts II. Oesterreich in den nordiscli(!ii Krieg zu
verwickeln 24.
Die Kriegsrüstungen der Pforte gegen Oesterreich 26. Ein-
stellung derselben. — Die Affaire von Durazzo 28- — Die
syrmisohe Grenzfrage 28. — Die Kecskemeter AfFairc 28.
Karl III. in Spanien 28. — Die Hülfsaction des Grossen Bun-
des 30. — Savoyen 3l. — Portugal 32.
Krieg.spläue und Wahl der Feldherren 33
Der Kriegsplau für Ungarn und Siebenbürgen 33. — Siegbert
Heister Oberbefehlshaber in Ungarn, Georg Kriechbaum in
Siebenbürgen 34. — Theilnahme des Kaisers am Coalitions-
kriege 34. — Memoire des Prinzen Eugen 34. — Sclnver-
puuct der Kriegshaudlung 35. — Die Seemächte verlangen
Prinz Eugen's Entsendung nach Spanien 35. — Guido
Starhemberg, Oberbefehlshaber in Catalonien 36. — Der
Operations - Entwurf des Herzogs von Savoyen und der
Wiener Ilof 37. — Wirich Dann, Befehlshaber der Kaiser-
lichen in Piemont und Prinz Philipp von Hessen-Darmstadt
in Neapel 38. — Prinz Eugen in Dresden und in Han-
nover 39. — Die Haager Conferenzen 39. — • Die Ver-
handlungen über den iberischen Kriegsschauplatz und ilie
Dififerenzen zwischen Wien und Turin 39- — Die Aufgaben
der verbündeten Mittelmeerflotte 41. — Die Operations-
Entwürfe für die Feldzüge am Rhein und in den Nieder-
landen 42. — Verhandlungen zu Düsseldorf, Cassel und
Hannover 45. — Uebersicht der verbündeten Heere 46.
Kriegs-Lage Frankreichs 46. --- Kriegs-Programm des Hauses
Bourbon 46. — General-Entwurf 47. — Anschlag auf
Schottland 47. — Vertheilung der Armee-Commanden 49.
— Kriegsplan für den Feldzug in den Niederlanden und
für jenen in Spanien 49.
Kriegsplan Franz II. Rakoczi 50.
Itiistiinifen des Kaisers und seiner Alliirten.
a) Des Kaisers.
Die Geldbeschaffung 53. — Der kaiserliehe Kriegsstaat in
Italien 57.
Das Heer :
Fusstruppen 60. — Keit(!rei 60. — Recrutirung 60. — Remon-
tirung 61. — Werbung 61. — Recruten- und Remonten-
Transporte 62. — Neuformationen 65. — Miethtruppen :
a) ganz in kaiserlichem Solde 66. - hj theihveise in kaiser-
lichem Solde 66. — Artillerie und Mineure, Zeugswesen,
ITT
Seite,
Armatur und liiistiuig, li(;klci(hing, Naturiilieii-ln'.scIiafVuiig,
Feld-Proviant-Fuhrwesen, Kricgsbrückeuwesen und Sfliiffs-
Arraemeiit, Sauitätsweseii, Fortificationeu 66.
Die Arinoc in Ungarn: a) Hauptarmec jenseits (hn-
Donau 70- — h^ Corps diesseits der Donau 70. — Das
Corps in Siebenbürgen 70. — Die Armee im Kömischen
Reiche 70. — Das Corps in Bayern 70- — Die Armee in
der Lombardie 71. — Die Armee in Neapel 71. — Das
Corps in Spanien 71.
/^ ) D e s R ö m i s c h e n K (M eil e s 71
f ) G r o s s b r i t a n n i e n s 73
c/) D er G e n er als t aa t e n 77
e'lSavoyens 79
/) Spaniens (Karl III.) 80
//) Portugals 84
Aj D er d eu t s c h en F ü r s t e n 85
^") D ä n e m a r k s 92
Rüstungen des Hauses Bourbon 94
Rüstungen der ungarischen Conföderation 100
Der Feldzug in Ungarn und Siebenbürgen.
Ereignisse vor Beginn der grösseren Operationen . . . . 102
Eröffnung der Operationen seitens der Kaiserlichen . . . . 112
Die Schlacht von Trencsin, 4. August 1708 116
Die Belagerung von Neutra. — Ereignisse auf dem rechten
Donau-Ufer. — Das Treffen von Kölesd 124
Die Belagerung von Neuhäusel 130
Die Mission Gabriel Tolvay's. — Vormarscli der Kaiserlichen
an die Gran und in's obere Waag-Thal. — Heister's drittc-r
Zug in den Bakonyer-Wald. - — Winterquartiere . . . . 132
Ereignisse in Ost-Ungarn und Siebenbürgen in der zweiten
Hälfte des Jahres 1708 137
Ereignisse in Neapel und Spanisch-Toscana 144
Wer Feldzug in den West- Alpen 154
Aufmarsch der beiderseitigen Streitkräfte an der Grenze . . 157
Eröffnung der Operationen seitens der Verbündeten. — Vor-
marsch bis la Chambre. — Conceutrirung der Franzosen
an der Isere 164
Umkehr der Verbündeten. - — Operationen zur Isolirung von
Exilles und Fenestrelle. — Vormarsch der Franzosen . . 170
Einschliessung von Exilles. — Gefecht von Cesanne am
11. August 175
Einnahme von Exilles und von Perosa 179
Belagerung und Einnahme von Fenestrelle 182
Diversion der Alliirten gegen das Thal von Barcelonette. —
Schluss des Feldzuges 186
a*
IV
Seite
Die Occupjitioii des Kircheiislajites.
Die Besetzung von Comaccbio. — Die Ereignisse des Sommers 191
Verhältnisse im Neapolitanisclien 107
Vollendung der iiäpstliclien Rüstungen. — Ausbruch der
Feindseligkeiten 199
Besetzung der Legationen Ferrara und Bologna durch Daun's
Trui)pen. - - Ihr Vormarsch an den Eubicon 202
Die Mission des Marijuis Prie. — ^'orriickung Daun's und
Hesscn-Darmstadt's. — Der Viutrag vom 15. Jänner 1709- 210
Der Feldzug in Cataloiiieii 222
Eröffnung der Operationen. — Ereignisse im nordöstlichen
Catalouien 229
Orleans' Marsch nach Tortosa. — Starhemberg's l'arallcl-
marsch. — Wegnahme des französischen See - Transports 232
Die Belagerung von Tortosa 240
Orleans' Marsch von Tortosa nach Agramunt. — Starhemberg's
Marsch nach Cervera. — Ereignisse im nördlichen Catalonien 2J:9
Die Einnahme Sardiniens durch Admiral Leake. — Stanhopc's-
Expedition nach Minorca 256
Ereignisse im nordwestlichen Catalonien. — Winterquartiere 258
Der Verlust von Deuia. — Der Ueberfall von Tortosa. —
Der Fall von Alicante 261
Der Feldzug in Estremadura 269
Der Feldzug am Rhein 275
Winterquartiere. — Der Anschlag auf Freyburg. — Linien-
Arbeiten 275
Versammlung der beiderseitigen Streitkräfte 281
Formirung der Mosel-Armee. — Saint-Fremont's Entsendung
nach Homburg. • — Max Emanuel's Lagerung bei Lichtenau 285
Abbruch des Lagers von Lichtenau. — Besetzung der Lauter-
Linie. — Verstärkung Saint-Fremont's 290
Die Concentrirung der Mosel-Armee. — Ihr Abmarsch nach
Maastricht. — Berwick's Parallelmarsch gegen Namur . . 295
Max Emanuel's Rückkehr an den Rhein. — Die Brücke von
Neuburgweiler. — Unthätigkeit der Reichs-Armee . . . 300
Schluss des Feldzuges. — Winterquartiere 308
Der Feldzug in den Meder landen 316
AutTjruch aus den Winter((uartieren. — Marsch der Fran-
zosen auf Braine-rAlleud. - Parallelmarsch der Verbün-
deten auf Löwen 316
Der Fall Gcnt's, Brüggc's und Plasschendaele's 325
Prinz Eugen's Eintreffen bei der grossen Armee. — Der
Flankenmarsch nach Audenarde 330
Der Tag von Audenarde.
Da» Schlachtfeld 339
Einhiitungsgefechte. — Aufmarsch <ler Heere zur Schlacht . 342
Der Verstoss des rcclitcüi fVanzösiseluüi Flügels. — Die
Massenschlaclit 349
Die Umfassung des äussersteii rechten Flügels der Franzosen. ■ —
Der Eutscheidungskarapf 354
Der Rückzug des französischen Heeres 360
Von Audenarde bis Lille.
Berwick's Eintreffen auf dem Kriegsschauplatze. — Die Stellung
von Gent. — Vormarsch der Mosel-Armee auf Ath. —
Marlborough's Vorrückung gegen Wervicq. — Einbrüche
in das nördliche Frankreich 364
Der Entschluss, Lille zu belagern. — Die Heranziehung der
Belagerungs- Artillerie 375
Lille.
Der Waffenplatz. — Seine Besatzung und seine Ausrüstung 385
Erste Belagerungs-Periode.
Die Berennung 391
Zweite Belagerungs-Periode.
Die Eröffnung der Laufgräben 395
Ereignisse im Felde.
Berwick's Vereinigung mit der Hauptarmee. — Ihr Vor-
marsch auf Mons-en-Pevele ■ . . 405
Dritte Belagerungs-Periode.
Der Sturm auf die Contrescarpe. — Ereignisse bis zum
Abende des 11. September 415
Ereignisse im Felde.
Die Kanonade von Ennetieres. — Der Abzug der franzö-
sischen Armee auf das rechte Scheide-Ufer . . . . 422
Die letzte Belagerungs-Periode.
Die Stürme auf das Brillenwerk 426
Ereignisse im Felde.
Erle's Ausschiffung zu Ostende. — Eröffnung der Nach-
schublinie Ostende-Lille.' — Das Treffen bei Wynendaele.
— Marlborough's Marsch auf Oudenbourg. — Der Fall
von Leffinghe 436
Der Sturm auf das Ravelin. — Die Capitulation . . . 448
Ereignisse im Felde.
Stillstand in den grösseren Operationen. — Das Requi-
sitioDS-System der Verbündeten 458
Der Anschlag Max Emanuel's auf Brüssel. — Die Forci-
rung der Scheide durch die Verbündeten. — • Die Auf-
lösung der französischen Armee • • 465
Die Belagerung der Citadelle von Lille 486
G e n t u n d B r ü g g e 496
Ergebnisse und Ausblicke 512
VI
Seite
A n li a 11 1;-.
1. VtTZiMchuiss iKt kaiserlichen l'u.ss- und Kt'iter-Koginientev nnil der
Mii'tlitrnppen im kaiserliclifn Sulde .aus dem .Talire 170K .... ;)17
Uoliersicht dor Hnndestruppen auf dem catalonisrhen Krieosscliau-
plat/.e :
'2 a. Stand der verl>ündeten Truppen in Catalunien am 17. März 1708.
-2 I'. .Spei-ifitatiiin des fjms.seu und kleinen (ieneralstal>es des Feldniarsidialls
(iraf Guido St-arlieinherg 521
2 c. Stand der lur Catal<mieu ein<jescliitften Truppen, 15. -Juli 1708 . . 522
2 d. Au.szug^ aus der „Tabia General" vom 12. Xuvember 1708 .... 523
3 a. Ordre de bataille der Armee beider Kronen in Spanien, conimandirt
vom Herzog von Orleans 524
3 b. « >rdre de bataille der Armee von Roussillou, commandirt vom Herzog
Von Noailles 525
4 a. Specification der am Ober-Khein unter Cummando Sr. iliurfürstlichen
Durchlaucht zu Braunschweig: und Lüneburg zu stehen kommenden
Regimenter 526
4 b. Ktlectiv-Stand der Reichs-Armee am 17. August 1708 527
5. Die Mnsel-Armoe 528
G. Stand der Truppen, welche die französische Rhein-Armee bilden
sollen 530
7. «Jrdre de bataille des seemächtlichen Heeres im Lager von St. Reueide,
30. Mai 1708.
8. Ordre de bataille der Infanterie der Armee von Flandern, commandirt
von dem Herzoge von Burgund. 16. Mai 1708 531
5». Ordre de bataille der Cavallerie der Armee von Flandern, connnandirt
von dem Herzoge von Burgund. 16. Mai 1708 532
10. Stand der Trappen, welche am 29. .Juli 1708 die Besatzung der
Stadt und der Citadelle von Lille bildeten 533
1 1 . Winterquartiere der Bundestruppen in den Niederlanden nach Beendi-
gung des Feldzuges 1708 534
U«'nut/.t«' Qin'llni 535
N;mi('ii-I{«'i;i>1<'i' 541
Militäi'isclie Correspondeuz des Prinzen Eugen
von Savoyen.
(S u 1» p I «* iii «' II t - H e f t.)
1707.
1. An den Ffddmarschall (Jrafen Heister. Wien, 28. December 1707 . 5
•J l'.ericlit an den Kaiser. Wien, 28. Decend)er 1707 5
1708.
.3. Hericlit an den Kai-^er. Wien, f) .Jäiiner 1708 6
4. An den G. d. ('. Mar<inis Visconti. Wien, 7. .länuer 1708 .... 8
Seite
i). Schreihell hi adiiiinistrativeu Sachen. Wien, 10. Jämier 1708 ... 10
6. An den GWM. und I-Iofkrieo;sratli Grafen Lambero-. Wien,
21. Jänner 1708 , 11
7. An den G. d. C. Grafen Johann Pälffy. Wien, 25. Jänner 1708 . . 11
8. An den Herzog Friedrich von Sachsen-Gotha. Wien, 25. Jänner 1708 12
9. An den Freiherrn von Zinzerling. Wien, 25. Jänner 1708 .... 12
10. Bericht an den König von Spanien. Wien, im Jänner 1708 . . 1.5
11. An den Grafen Trauttmansdorff. Wien, 1. Februar 1708 16
12. An den GWM. und Obrist-Kriegscommissär Freiherrn von Martini. Wien,
4. Februar 1708 IG
13. An die kaiserl. Administration in Bayern. Wien, 4. Februar 1708 . 19
14. Bericht an den Kaiser. Wien, 5. Februar 1708 19
15. Während des Druckes ausgescliieden worden 20
16. Referat an den Kaiser. Wien, 11. Februar 1708 20
17. An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 11. Februar 1708 ... 25
18. An den GWM. Martini Freiherrn von Martinsberg. Wien, 11. Februar 1708 26
19. An den Grafen Trauttmansdorff. Wien, 11. Februar 1708 .... 32
20. An die kaiserl. Administration in Bayern. Wien, 15. Februar 1708 . 32
21. An den englischen Gesandten Chetwynd. Wien, 15. Februar 1708 . 33
22. An Don Juan Antonio Romeo. Wien, 20. Februar 1708 34
23. Bericht an den Kaiser. Wien, 23. Februar 1708 35
24. Au den General-Quartiermeister Elster. Wien, 25. Februar 1708 . . 38
25. An den G. d. C. Marquis Cusani. Wien, 25. Februar 1708 .... 39
26. An den Grafen Trauttmansdoi-ff. Wien, 25. Februar 1708 .... 40
27. An den Feldmarschall Freiherrn von Thüngen. Wien, 25. Februar 1708 40
28. An den Obristlieutenant Tillier. Wien, 25. Februar 1708 .... 41
29. An den Obristlieutenant Dominique. Wien, 25. Februar 1708 ... 41
30. An den Grafen Hamilton. Wien, 25. Februar 1708 42
31. Au den G. d. C. Grafen Latour. Wien, 25. Februar 1708 .... 43
32. An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 29. Februar 1708 ... 43
33. An den GWM. Freiherni Martini von Martinsberg. Wien, 29. Februarl708 45
34. Anfragepuncte, beti-effend die im Reich und in den Niederlanden vor-
zunehmenden Kriegs-Operationen und die mit England und Holland
zu pflegenden Verhandlungen (ohne Datum) 46
35. An den G. d. C. Marquis de Visconti. Wien, 1. März 1708 .... 51
36. Bericht an den König in Spanien. Wien, 7. März 1708 52
37. An den GWM. Freiherrn von Martini. Wien, 8. März 1708 ... 57
38. Referat au den Kaiser. Wien, 14. März 1708 57
39. Bericht an den König von Spanien. Wien, 22. März 1708 .... 59
40. An den Feldmarschall Grafen Daun. Wien, 22. März 1708 .... 60
41. Bericht an den Kaiser. Hannover, 3. April 1708 61
42. Bericht an den Kaiser. Haag, 12. April 1708 63
43. Bericht an den Kaiser. Haag, 17. April 1708 65
44. Bericht an den König von Spanien. Haag, 17. April 1708 .... 78
45. Relation über die vorgeweste Unterredung in Haag, Düsseldorf und
Hannover. Wien, 8. Mai 1708 81
46. An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 16. Mai 1708 84
47. An den GWM. Freiherni von Martini. Wien, 16. Mai 1708. ... 88
VII
Seiti"
48. Au den Feldmarscliall Grafen Dann. Wien, IG. Mai 1708 .... 91
49. Bericht au deu Kaiser. Wien, 17. Mai 1708 93
50. An deu Feldmarschall Grafen Dann. Wien, 20. Mai 1708 .... 97
51. An die Gräfin Starlieniberjr. Wien, 26. Mai 1708 98
52. Au den GWM. Grafen Harrach. Wien, 26. Mai 1708 98
53. An deu GWM. Freiherrn von Martini. Wieu, 26. Mai 1708 ... 99
.'')4. Au den GWM. Freiherrn von Martini. Wieu, 30. Mai 1708 ... 100
55. An den Feldiuarsrhall Grafen Dann. Wien, 30. Mai 1708 . . . . 100
56. Au deu Feldmarschall Grafen Herbeville. Wien, 2. Jtuii 1708 , . . 101
57. Au deu FML. Freilierrn von Wetzel. Wien, 2. Juni 1708 .... 102
58. Au den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 2. Juni 1708 102
59. Au deu GWM. Freiherru von Martini. Wieu, 2. Juni 1708 .... 103
60. Au deu Laudmarschall Grafen Traun. Wien, 2. Juni 1708 .... 104
61. Au deu G. d. C. Grafen Pal%. Wien, 2. Juni 1708 104
62. Au deu Feldmarschall Grafen Guido Starhemberg. AVien, 2. Juni 1708 105
63. Bericht au den König von Spanien. Wien, 3. Juni 1708 .... 105
64. Bericht au den Kaiser. Wien, 5. Juni 1708 107
65. Au deu Prinzen von Holstein. Frankfurt, 10. Juni 1708 .... 108
66. Au deu Obristen Dessöfty (Dessewfty). Frankfurt, 10. Juni 1708 . . 108
67. Au den Churfürsten von der Pfalz. Frankfurt, 10. Juui 1708 . . . 108
68. Au den Hofkriegsrath. Frankfurt, 11. Juni 1708 110
69. Bericht au den Kaiser. Frankfurt, 11. Juni 1708 112
70. An den GWM. Freiherrn von Fecheubach. Frankfurt, 11. Jtini 1708 115
71. Au den Churfürsten von der Pfalz. Frankfurt, 14. Juui 1708 . . . 116
72. Bericht au deu Kaiser. Frankfurt, 15. Juni 1708 117
73. Au den Feldmarschall Freiherrn vonThüngen. Frankfurt, 15. Juni 1708 118
74. An deu Cardinal Laml)ero-. Frankfurt, 15. Juui 1708 119
75. Au die kaiserl. Administration (in Bayern). Frankfurt, IG. Juni 1708 120
76. Bericht au den Kaiser. Schlangenbad, 18. Jimi 1708 120
77. Au deu Landgrafen zu Hessen. Schlaugenbad, 18. Juni 1708 . ■ 123
78. An den Churfürsten von der Pfalz. Schlaugenbad, 18. Juni 1708 . 123
79. An die kaiserl. Administration in Bayern. Schlangenbad, 22. Juni 1708 125
80. Bericht an den Kaiser. Schlaugeubad, 22. Juni 1708 125
81. Bericht an deu Kaiser. Ehreubreitstein, 24. Juni 1708 127
82. An den Hofkriegsrath. Ehreubreitstein, 24. Juni 1708 129
83. An den Churfürsten von der Pfalz. Ehreubreitstein, 25. Juni 1708 . 131
84. An deu Erbprinzen Friedrich von Hessen. Ehreubreitstein, 25. Juni 1708 134
85. An deu Landgrafen von Hessen. Ehreubreitstein, 25. Juni 1708 . 134
86. An den Churfürsten von Mainz. Ehreubreitstein, 26. Juni 1708 136
87. Au deu Erbprinzen Friedrich von Hessen. Ehreubreitstein, 27. Juni 1708 137
88. Bericht 'an den König von Spanien. Ehreubreitstein, 28. Juni 1708 . 138
89. An den Churfürsten vou Hanuove)'. Ehreubreitstein, 28. Juni 1708 . 141
90. An deu GWM. Freiherrn von Martini. Ehreubreitstein, 28. Juni 1708 142
91. Au deu Hofkriegsrath. Ehreubreit.stein, 28. Juni 1708 143
92. Bericht an den Kaiser. Ehreubreitstein, 28. Juni 1708 144
93. Au den Fcldmarschall Grafen Dann (ohne Datum) 14G
94. Bericht au den Kaiser. Elirenbreitstein, 1. Juli 1708 147
95. Au den Hofkriegsrath. Eluvubrcitstciu, 1. Juli 1708 148
IX
Seite
9G. Bericht an den Kaiser. Brüssel, 9. Juli 1708 149
97. Bericht au den Kaiser. Hauptquartier Oudenarde, 12. Juli 1708 . 151
98. An den Cardinal Fürst Lamberg. Lager bei Werwick, lö. Juli 1708 152
99. Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Werwick, 18. Juni 1708 . 152
100. Bericht an den König von Spanien. Lager bei Werwick, 18. Juli 1708 157
101. An den Ilofkriegsrath. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 . . . 158
102. An den Bischof von Würzburg. Werwick, 18. Juli 1708 158
103. An den Feldinarschall Grafen Herbeville. Lager bei Werwick, 18. Julil708 159
104. An den Grafen Trauttmansdoi-ff. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 159
105. An den General-Lieutenant Grafen Wackerbart. Feldlager bei Werwick,
18. Juli 1708 IGO
106. An den Grafen Gallas. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 160
107. An den Fürsten Liechtenstein. Lager bei Werwick, 18. Juli 1708 . 161
108. An den GWM. Plischau. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 . . 161
109. An den Grafen Trauttmansdorff. Feldlager bei Werwick, 20. Juli 1708 162
110. Au den Feldmarschall Grafeu von Nassau. Werwick, 20. Juli 1708 162
111. An den Obristen Bärthel (Bartels). Lager bei Werwick, 20. Juli 1708 163
112. An die schwäbische Ritterschaft. Lager bei Werwick, 20. Juli 1708 164
113. An den GWM. und Artillerie-Obristen Grafen Berzetti. Feldlager bei
Werwick, 20. Juli 1708 164
114. An den Churfürsten zu Hannover. Lager bei Werwick, 20. Juli 1708 165
115. Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 22. Juli 1708 .... 165
116. An den kaiserl. Gesandten Heems im Haag. Lager bei Werwick,
22. Juli 1708 166
117. An den G. d. C. Marquis Visconti. Feldlager bei Werwick, 22. Juli 1708 168
118. An den Feldmarschall Grafen Dann. Lager bei Werwick, 22. Juli 1708 169
119. An den Obristen Livingstein. Feldlager bei Werwick, 22. Juli 1708 170
120. An den FML. Grafen Königsegg. Feldlager bei Werwick, 22. Juli 1708 170
121. An den GWM. Grafen Bonneval. Feldlager bei Werwick, 25. Jiüi 1708 171
122. Bericht au den Kaiser. Lager bei Werwick, 25. Juli 1708 .... 171
123. An den kaiserl. Gesandten Heems im Haag. Lager bei Werwick,
26. Juli 1708 172
124. An den Churfürsten von Braunschweig und Lüneburg. AVerwick,
28. Juli 1708 174
125. Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 .... 174
126. Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 .... 175
127. Bericht an den König von Spanien. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 180
128. An den Hofkriegsrath. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 .... 180
129. An den GWM. Freiherrn von Martini. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 181
130. An den GWM. de Wandt. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 ... 182
131. Au den kaiserl. Gesandten Heems im Haag. Feldlager bei Werwick,
29. Juli 1708 182
132. An den Feldmarschall Grafen Dann. Werwick, 29. Juli 1708 ... 183
133. Au den euglischen Gesandten Chetwynd. Lager bei Werwick,
29. Juli 1708 188
134. An den Landgi-afeu von Hessen. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 184
135. Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 1. August 1708 . 184
136. An den Grafen Wratislaw. Werwick, 1. August 1708 185
Seite
137. All deu Obristeii Bärtlifl ( H;iitcls\ Fcldlao-«-!- bei Werwick, 1. Au-
gust 1708 1^!'>
138. All den kaiseil. (Jesaudtcu IIihihs im Haa<r. Lap;or bei Wenvitk,
1. August 1708 186
139. Au deu Grafen Ciallas. FeUllagcr bei Weiwiok, 1. August 1708 . . 186
140. Au deu Grafeu Trauttuiausdt)rff. Feldlager bei AVerwick, 1. AVgustl708 187
141. Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 4. August 1708 . . . 187
142. All den GWM. de Weudt. Feldlager bei Werwick, 4. August 1708 . 188
143. An deu FML. Freilierrn von Zumjungen. Lager bei Werwick, 12. Au-
gust 1708 188
144. Au den Hofkriegsratli. Feldlager vor Lille, If). Aui^ust 1708 ., . . 189
145. Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 15. August 1708 . . . 189
146. Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille, 19. August 1708 190
147. An deu Chevalier Croissy. 20. August 1708 192
148. An den Grafen Gallas. Hauptquartier Loos vor Lille, 21. August 1708 192
149. An den GWM. Freiherru von Martini. Loos, 21. August 1708 . . 193
150. An deu Grafen Trauttinausdorff. Hauptquartier Loos vor Lille,
21. August 1708 195
151. An den Hofkriegsrath Thiell. Haui)tquartier Loos vor Lille,
21. August 1708 196
152. An den dänischen Gesandten Friedrich Freilierrn von Weyberg.
Hauptquartier Loos vor Lille, 21. August 1708 197
153. Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille, 22. August 1708 197
154. An den Hofkriegsrath. Hauptquartier Loos vor Lille, 22. August 1708 198
155. An den FML. Grafeu Joseph Philipp Harrach. Hauptquartier Loos
vor Lille, 22. August 1708 200
156. An den GWM. Plischau. Hauptquartier Loos vor Lille, 22. August 1708 200
157. An den G. d. C. Grafen Johann Pdlfty. Hauptquartier Loos vor
Lille, 22. August 1708 200
158. An den FML. Freiherrn von Kriechbauiu. Hauptquartier Loos vor
Lille, 22. August 1708 201
159. An den Hofkriegsrath Locher. Loos vor Lille, 22. August 1708 . . 202
160- An den FML. Grafen Mercy. Hauptquartier Loos vor Lille,
22. August 1708 202
161. An den FML. Grafeu Köuigsegg. Hauptquartier Loos, 22. Augu.st 1708 203
lü2. An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Lille, 22. August 1708 203
163. An den Feldmarschall Grafen Dann. Loos vor Lille, 22. August 1708 204
164. An den Feldmarscliall Grafen Guido Starheinberg. Hauptquartier
Loos vor Lille, 22. August 1708 205
165. An den Grafen Maflei. Hauptquartier Loos vor Lille, 22. Augu.st 1708 206
166. An den Bischof von Tuurnay. Abtei von Loos, 23. August 1708 . 206
167. Bericht au den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille, 26. August 1708 207
168. Bericht au den König von SpaniiMi. lianptquartier Loos vor Lille,
26. August 1708 208
169. An den Hofkriegsrath. Hauptquartier Loos vor Lille, 26. August 1708 209
170. Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille, 29. August 1708 209
171. Au den Prinzen Philii)p von Hessen-Dannstadt. Feldlager vor Lille,
31. Augu.st 1708 210
XI
Seite
172. All den Hofkriegsratlis-Vice-Präsidenteii FeldiiiarscLall Graf Leojxild
Herberstein. Feldlao-er vor Lille,. 2. September 1708 210
173. Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille, 2. September 170H 211
174. An den Clmrfürsteu von der Pfalz. Vor Lille, 2. September 170S . 212
175. An den FZM. Gscliwind. Vor Lille, 2. September 1708 213
17G. Au den G. d. C. Grafen Johanu Pälffy. Vor Lille, 2. September 1708 213
177. An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Lille, 2. September 1708 214
178. Au den Grafen Fanz Karl Kaunitz. Vor Lille, 2. September 1708 . 214
179. Au den Cardinal Johanu Pliilipp Grafen Lamberg. Feldlager vor
Lille, 2. September 1708 215
180. Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 5. September 1708 . . 215
181. Au den GWM. Freiherru von Heiudl. Loos vor Lille, 7. September 1708 21G
182. Au den Hofkriegsrath Locher. Loo.s vor Lille, 7. September 1708 21G
183. Au den Freiherru von Heems. Lager vor Lille, 7. September 1708 217
184. An deuGrafeu Johann Wenzel Galla.s. Loos vor Lille, 7. September 1708 218
185. Bericht au den Kaiser. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 . 218
186. Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 219
187. Au den Marquis Prie:. Feldlager vor Lille 9. September 1708 . . . 221
188. Au den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 221
189. An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Feldlager vor Lille,
9. September 1708 222
190. Au den FML. Grafen Königsegg. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 222
191. An den Feldmarschall Freiherru von Thüugeu. Lager vor Ryssel,
15. September 1708 223
192. Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 16. September 1708 . . 224
193. Bericht an deu Kaiser. Feldlager vor Lille, 16. September 1708 . . 224
194. Au deu Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 16. September 1708 . . 226
195. Au den Feldmarschall Grafen Herberstein. Feldlager vor Lille,
16. September 1708 227
196. Au deu Priu^n Carl von Neuburg. Feldlager vor Lille, 16. Sep-
tember 1708 229
197. An den Obristeu Grafen Lamberg. Feldlager vor Lille, 16. Sep-
tember 1708 229
198. An den Grafen Gallas. Vor Lille, 16. September 1708 230
199. An den FML. Grafeu Königsegg. Feldlager vor Lille, 18. September 1708 230
200. Bericht au den Kaiser. Vor Lille, 19. September 1708 230
201. Bericht an deu Kaiser. Feldlager vor Lille, 19. Septemlier 1708 . . 232
202. An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 19. September 1708 . . 232
203. An deu Prinzen Philipp von Hessen-Darmstadt. Feldlager vor Lille,
19. September 1708 237
204. An den Chuiiursten von der Pfalz. Feldlager vor Lille, 19. Sep-
tember 1708 237
205. • An den Feldmarschall Grafen Herbersteiu. Feldlager vor Lille,
19. September 1708 238
206. Au deu Feldmarschall Grafeu Gronsfeld, Feldlager vor Lille, 19. Sep-
tember 1708 238
207. An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille, 19. September 1708 239
208. An deu GWM. Tige. Feldlager vor Lille, 19. September 1708 . . . 240
XII
Seite
209. Au den Feldmar-sthall Cirafeii Dann. Feldlafror vor Lille, lij. Sep-
tember 1708 240
210. Au deu GAVM. Grafcu Alo.xauder Bouueval. Feldlager vor Lille,
19. September 1708 241
211. Au deu GWM. Frcihcrni y«n Martini. Foldlager vor Lille, 19. Sep-
tember 1708 241
212. An den Hofkriegsrath Locher. Feldlager vor Lille, 19. September 1708 242
213. Au deu Ober-Quartiermeister Nicolotti. Feldlager vor Lille, 19. Sep-
tember 1708 242
214. Bericht au deu Kaiser. Lager vor Ryssel, 23. September 1708 . . 243
21Ö. An den Churfürsten von Hannover. Loos, 21. September 1708 . . . 244
216. An deu Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 23. September 1708 . . 24G
217. Au deu Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Ryssel, 25. Sep-
tember 1708 246
218. Au den kaiserl. Gesandten iu Graubüudeu, Johann Baptist Weuser
von und zu Freien thuru. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 . 247
219. Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 . . 248
220. An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 . . 248
221. An deu FML. Freiherrn vou Krieclibaum. Feldlager vor Lille, 26. Sep-
tember 1708 250
222. Au deu Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 250
223. An den Hofkriegsrath Locher. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 251
224. An deu übristlieuteuaut Grafen Ottokar Starhemberg. Feldlager vor
Lille, 26. September 1708 252
225. An den FML. Grafen Königsegg. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 252
226. An den Grafen Gallas. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 . . 253
227. Bericht an den Kaiser. Feldlager vou Ryssel, 30. September 1708 253
228. An den GWM. und Hofkriegsrath Grafeu Lamberg. Feldlager vor
Ryssel, 30. September 1708 254
229. An deu Churfürsten von Mainz. Feldlager vor Lille, 30.^eptember 1708 254
230. An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille, 30. September 1708 255
231. An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager vor Lille, 30. Sep-
tember 1708 255
232. An den Freiherrn vou Heems. Vor Ryssel, 30. September 1708 . . 257
233. An deu Freiherrn von Weyberg. Feldlager vor Lille, 30. September 1708 258
234. An den FML. Grafen Königsegg. Feldlager vor Lille, 1. October 1708 258
235. Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 3. October 1708 259
236. Bericht an deu Kaiser. Vor Ryssel, 3. October 1708 263
237. Bericht an deu Kaiser. Lager vor Ryssel, 3. October 1708 .... 264
238. An deu Hofkrieg.srath. Feldlager vor Lille, 3. October 1708 ... 264
239. Au den Grafen Gallas. Feldlager vor Lille, 3. October 1708 ... 267
240. An den G^VM. Grafen Brenner. Feldlager vor Lille. 3. October 1708 268
241. An den Grafen Wackerbart. Feldlager vor Lille, 3. October 1708 . 268
242. Au den Grafeu Georg Adam Martiuitz. Feldlager vor Lille, 3. Oc-
tober 1708 269
243. An den Freiherrn von Heems. Vor Ryssel, 6. October 1708 . . . 269
244. Bericht an deu Kaiser. Vor Ryssel, 7. Octol)er 1708 270
245. Au den Hofkrieg.<*rath. Feldlager vor Lill.3, 7. October 1708 ... 270
XTTT
Seife
246. Au den Ubristeii Grafeu Frauz Gjulai. Feldlager vur Lille, 7. October 1708 273
247. An den Fürsten Anton Florian von Liechtenstein. Vor Ryssel, 7. Oc-
tol.er 1708 274
248. An den Graten 'i'arini. Feidlao-cr vor Lille, 7. October 1708 . . . 275
249. An den französischen Obersten und Commandanten zu Bethune,
Chevalier de Giraud. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 .... 275
250. An den Herrn Charrier. Vor Eyssel, 7. October 1708 276
251. An den Grafen Frauz Ehrenreich 'J'rauttniausdorff. Feldlager vor Lille,
7. October 1708 276
252. Au den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 . 277
253. Au den Hofkriegsrath Locher. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 . 277
254. An Herrn Mayer. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 278
255. An den G. d. C. Grafen Johann Palffy. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 279
256. Au den GWM. Freiherrn von Martini. Vor Kyssel, 7. October 1708 . 280
257. Bericht an den Kaiser. Vor Kyssel, 10. October 1708 281
258. An das Dom-Capitel zu Hildesheim. Vor Ryssel, 10. October 1708 . 284
259. Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 14. October 1708 285
260. Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 14. October 1708 285
261. An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 14. October 1708 . . . 286
262. An den GWM. Freiherru von Martini. Feldlager vor Lille, 14. October 1708 287
263. An deu Cliurfürsten von Hannover. Feldlager vor Lille, 14. October 1708 287
264. An den FML. Grafen Harrach. Feldlager vor Lille, 14. October 1708 288
265. An den Freihei-rn von Heeuis. Feldlager vor Lille, 14. October 1708 288
266. Bericht au deu König von Spanien. Vor Ryssel, 14. October 1708 . 289
267. An den Marquis Prie. Feldlager vor Lille, 14. October 1708 ... 292
268. An den Grafen Maffei. Vor Ryssel, 15. October 1708 293
269. Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 17. October 1708 293
270. An deu Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 17. October 1708 . . . 294
271. Au den Feldiuarschall Grafen Danu. Feldlager vor Lille, 17. October 1708 295
272. An den FML. Grafen Roccavione. Feldlager vor Lille, 17. October 1708 295
273. An den Cliurfürsten von Hannover. Feldlager vor Lille, 17. October 1708 296
274. Au den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Feldlager vor Lille, 17. Oc-
tober 1708 296
275. Au deu Grafen Gallas. Feldlager vor Lille, 17. October 1708 ... 297
276. An den Obristen Johann Anton Baron Buol. Feldlager vor Lille,
17. October 1708 297
277. Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 21. October 1708 . . . 298
278. Au den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 21. October 1708 . . . 299
279. An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager vor Lille, 21 . October 1708 300
280. An den Feldmarschall Grafen Dann. Vor Ryssel, 21. October 1708 302
281. Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel, 24. October 1708 . . 303
282. Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 25. October 1708. . . . 304
283. An den Churfürsten von der Pfalz. Loos, 26. October 1708. ... 304
284. Bericht au deu Kaiser. Loos, 28. October 1708 305
285. Bericht an den Kaiser. Loos, 31. October 1708 ... 306
286. An den König von Preussen. Feldlager vor Lille, 2. November 1708 306
287. Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 4. November 1708 . . . 307
288. Bericht au deu König von Spanien. Bei Ryssel, 4. November 1708 . 309
XIV
Seite
280. Au den H;niiitm;nm Konitli.il. Ft'li1l;i}rcr vor Lille, 4. November 1708 310
•J90. An den Fi-Idmarsiliall GralVii Dann. Vor K\v,sscl, 4. Noveniher 1708 310
•»n. An den Grafen Galias Vi.r Kv.><s.d. .'>. NovcmlKr 1708 311
2'.>2. An di-n FML. Grafen Könijr.sogjr. Fcddlaj^er vor Lille, 6. November 1708 313
293. An den GWM. IMi.sohan. Feldlager vor Lille, 6. November 1708. . 313
294. Horitlit an den Kaiser. Lager vor Lille, 7. November 1708. , . . 313
295. An den Hofkriegsratli. V..r Lille 7. Novemljer 1708 314
296. .\n den Feldniarseliall iiml llofkriegsratbs-Vice-Präsideuten Grafen
von Herborstein, V..r Lille, 7. November 1708 315
297. An den Bischof zu Wiir/.bnrg. Vor Lille, 7. November 1708 ... 316
298. An den General-Lieutenant Grumbkow. Vor Lille, 7. November 1708 316
2''9 An den Erzlii.-scbof von Mecbeln (Maliues). Lager vor Lille, 7. No-
vember 1708 317
,")UO. An den TTofkriegsratb Thiel). Feldlager bei Lille, 7. November 1708 317
301 An der GWM. Freilierrn von Martini. Feldlager bei Lille, 7. Novem-
1m. r ITO.K 318
302. An den Fcldmarsihall Grafen Dann. Vor Lille, 7. November 1708 . 320
303. An den G. d. C. Marquis Visconti. Vor Lille, 7. November 1708 . 321
304. An den Grafen Jo.se)di Rcipio Ca.stelbarco. Vor Lille, 7. November 1708 322
30."i. An denselben. Bei Kyssid, 7. November 1708 323
306. An den Grafen Franz Carl K;nniit/,. Feldlager vor Lille, 7. Novem-
ber 1708 323
307. All den FML. Grafen Köuigsegg. Feldlager bei Lille, 7. November 1708 324
308. An den s]>anischen Gesandten Don Franc-i.sco Bernardo de Quiros.
Lager bei Lille, 7. November 1708 324
309. Au den Herzog von Savoyen. Bei Lille, 8. November 1708 ... 325
310. An den Marschall Vendome. Loos, 10. November 1708 326
311. Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 11. November 1708 . 326
312. An den kaiserlichen Gesandten in Granbünden, Johann Baptist Weuser
von und zu Freientlinrn. Feldlager bei Lille, 11. November 1708 327
313. An den Churfürsten vnn Hannover, Feldlager vor Lille, 11. Novem-
ber 1708 328
314. Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Kyssel, 11. November 1708 329
315. An den F.ML Bürkly. Feldlager bei Lille, 11. November 1708 . . 330
316. An den Feldmarscliall Grafen Guido Starhemberg. Vor Lille, 11. No-
vendjer 1708 331
317. Bericht an den Kaiser. Lager l>ei Lille, 14. November 1708 . . . 332
318. An den Feldmarschall Grafen Dann. Vor Lille, 14. November 1708 333
319. An den FML. Grafen Königsegg. Feldlager bei Lille, 14. November 1708 334
320. An den GWM. de Wendt. Feldlager bei Lille, 14. November 1708 334
32L An da» Domcapitel zu Hildesheim. Vor Ryssel, 14. November 1708 335
322. An den General-Kricgscommissär Grafen Schlik. Feldlager bei Lille,
14. November 1708 335
323. An den Hofkriegsrath. Vor Ryssel, 14. November 1708 336
324. An .len Hofkri.'g.srath Thiell. Feldlager bei Lille, 14. November 1708 . 336
325. An den Grafen Galias. Vor Ryssel, 14. November 1708 337
32'i .\n den französisciien Commandanten in Marchiennes. Lager bei
Ryssel, 18. November 1708 338
XV
Seite
327. Bericht an den Kaiser. lia^jer bei Ryssel, 18. Noveml)er 170S . . , 338
338. An den Hufkriegsratli. ßei Ryssel, 18. Nüveini)er 1708 338
329. An den Genoral-Kriegscominissür Grafen Sclilik. ljau;er lici Ivy.sscl,
18. November 1708 339
330. An den lianquier Rost in Frankfurt. Feldla<;:er l)ei l^ille, 18. No-
vcinl)Pr 1708 340
331. Horieht au den Kaiser. Vor Rys.sel. 21. November 1708 340
332. Au den GWM. Freiberrn von Martini. Feldlager bei l.ille, 21. No-
vember 1708 341
333. Hericlit an den Kaiser. Bei Ryssel, 25. November 1708 342
334. An den Hofkriegsratli. Feldlager bei Ryssel, 25. November 1708 . 343
335. An den llofkriegsrath. Feldlager bei Lille, 25. November 1708 . . 346
336. Au den FML. Grafen Harrach. Bei Ryssel, 25. November 1708 . . 347
337. An Freiherrn vim Ziuzerling. Feldlager bei Lille, 25. Novem])er 1708 348
338. An den Geueral-Kriegsconimissär Grafen Schlik. Vor Ryssel, 25. No-
vember 1708 350
339. An den Feldmarschall Grafen Maximilian Ludwig Brenner. Bei
Ryssel, 25. November 1708 354
340. An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager bei Lille, 25. November 1708 354
341. Bericht au den Kaiser. Oudenarde, 28. November 1708 355
342. An den Hofkammer-Präsidenten Grafen Gundacker Thomas 8tarhem-
berg. Feldlager bei Lille, 29. November 1708 356
343. Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel, 30. November 1708 . 357
344. An den Hofkriegsrath. Lager bei Lille, 30. November 1708 . . . 360
345. Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 2. December 1708 . . . 361
346. An den Feldmarschall Dann. Lager bei Ryssel, 2. December 1708 . 364
347. An den GWM. Freiherrn von Martini. Lager bei Ryssel, 2. De-
cember 1708 365
348. An den Hofkriegsrath. Lager bei Ryssel, 2. December 1708 . . . 365
349. Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel, 2. December 1708 . . 365
350. Bericht an den Kaiser. Bei Ryssel, 5. December 1708 ..... 366
351. Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Lille, 5. December 1708 . . 368
352. Au den GWM. Freiberrn von Martini. Feldlager bei Lille, 5. De-
cember 1708 368
353. Bericht au den Kaiser. Feldlager bei Ryssel, 9. December 1708 . . 370
354. Bericht an den Kaiser. Bei Ryssel, 9. December 1708 370
355. An den Hofkriegsrath. Lager bei Lille, 9. December 1708 .... 372
356. Au den Feldmarschall Grafen Guido Starhembei'g. Feldlager bei
Lille, 9. September 1708 378
357. An den Grafen Gallas. Bei Ryssel, 9. December 1708 379
358. Bericht an den Kaiser. Lager bei Lille, 10. December 1708 383
359. An den Churfürsten von Mainz. Lager bei Lille, 10. December 1708 383
360. An den Hofkriegsrath. Lager bei Lille. 10. December 1708. . . . 384
361. An den Herzog von Savoyen. Lager bei Ryssel, 10. December 1708 384
362. An den General -Kriegscommissär Grafen Schlik. Lager bei Ryssel,
12. December 1708 385
363. Bericht an den Kaiser. Oudenarde, 16. December 1708 387
364. Bericht an den Kaiser. Brüssel, 20. December 1708 388
XVT
Soito
o6f>. An deu Hot'krietjsratli. Biüssel, 20. December 1708 391
366. An deu Churtnrsten v..u der Pfalz. Brüssel, 20. December 1708 . . 392
367. An den lIofkrie«r.>*ratli. r.aprer bei Gent, 26. December 1708 ... 393
368. An den General-Krieo-sc()ninii.><s;ir Grafen Sclilik. Vor Gent, 26. De-
cember 1708 394
369. Bericht an deu Kai.ser. Laj^jer zu Midie, uuweit Gent, 27. December 1708 396
370. Bericht au den Kaiser. Laprer bei Melle, 27. December 1708 ... 398
371. Au deu Churfürsten von der Pfalz. Lap:er bei Gent, 27. December 1708 399
372. Au deu Feldmarschall Freilierrn von Thüncjeu. Feldlajjer bei Gent,
27. December 1708 399
373. An deu Feldmarschall Grafen llerberstein. Lager bei Geut, 27. De-
cember 1708 400
374. An den Hofkriejrsrath Thiell. Lager vor Geut, 27. December 1708 . 401
375. An deu FML. Freiherru von Kriechbatira. Lager vor Geut, 27. De-
cember 1708 402
376. Au deu GWM. de AVendt. Lager bei Gent, 27. December 1708 . . 403
377. Au den FML. Grafen Königsegg. Lager bei Geut, 27. December 1708 403
378. Au deu Herzog P^rnst zu Sachsen-Hildburgliaiisen. Im December 1708 403
379. Au deu G. d. C. Marquis Viscouti (oliue Datum) 404
380. Au deu Feldmarschall Grafen Nassau. Wien, 1. Juni 1708 .... 405
381. An deu FML. Marchese de Vaubonne. Im Juni 1708 405
382. An den GWM. Freiherrn von Martini. Im Juli 1708 406
N a c h t r a g.
383. Au den Freiherru von Heenis. Feldlager vor Lille, 3. October 1708 407
Namcn-Re^ister 1—10
Grapliisclie Beilagen.
Tafel I. Uebersiciits-Karte zu d(;ii Freiguissen in Neapel und tS])auiscli-Tosc^nia und
zur Occupation des Kirchenstaates. — Der oberungarische Operations-Schaii-
]datz. — Neuhäusel. — Neutra. — Das Schlachtfeld von Treutschin.
II. Febersichts-Karte zum .,Feldzuge iu den West-Alpen." — „Vue du Fort
de Fenestrelle. — Die Belagerung von Feuestrelles nach deu „Memoires
militaires" (Pelct) VIII. — „Forte di Fxiles" und „Forte della Perosa".
III. Alicante. — Die Umgebung von Agramunt. — Uebersichts-Karte des Kriegs-
scliauplatzes 1708 in Catalonien. — Tortosa. (Ansicht von Westen). — Zur
Belagerung vf)n Tortosa. — Denia. —- Feldzug in Estremadura.
„ IV. Uebersichts-Karte zu den Feldziigen am Rliein und iu den Niederlaudeu. —
„Plan of the Operations to cover the siege of Lille."
V. Das Schlachtfeld von Audeuarde. — „Plan de la bataille d'Oudenarde du
11 Juillet 1708." — Das Schlachtfeld von Audeuarde. (Special-Karte von
Belgien.) — Rückzug des bourbonischen Heeres auf Gent. — Zum Treffen
von WjTiendaele.
„ VI. „Plan de la ville de Bru.xelles avec les attaques." — „Plan de La Ville
et Citadelle De Gand."
„ VII. „Plan des attaques de la ville de Lille" etc. — Profile der Augrififsfronten. —
Umgebungs-Plan von Lille. - Plan der „Citadelle de Lille" (von Brüchmau).
^iy
BerichtkiinReu.
Seite 8, Zeile 10 v. ii. nach „Kaiser«" setze einen Pnnct.
34
40
46
48
48,
76
110
117
142
242
242
261
334
335
336
340
340.
341
346
349
356
374
375
379
379
379
381
392
393
406
412
413
413
Aumerkung" 1, statt:
Zeile 17
2
o. statt :
u. statt:
o. statt:
Aumerkung- 2, 1. Zeile v. o. statt: „1704" lies: „1708^
Zeile 3 V. o. statt: „River's" lies: „Rivers".
Zeile 8 V. u. statt: „Friedricli„ lies „Philipp".
3 V. o. statt: „Forbin" lies: „Fourbin".
„Girardort" lies: „Girardot".
„Schottland" lies: „Holland'-.
„Puckel" lies: „Gükhl".
15 Y. o. statt: „nehmen, der" lies: „nehmen. Der".
5 V. u. statt: „Glücksfiüle" lies: „Glücksfälle".
„ 1 V. 0. statt: „Rnstro" lies: „Rastro".
„ 2 V. o. statt: „festzuhalten" lies: „festhalten".
12 V. o. statt: „Pratsy" lies: „Prats y".
Aumerkung 4, statt: „Lamberti" lies: „Lamberty".
Zeile 7 und 8 v. u. statt: „der General-Lieutenante Cadogan und Ranzau"
ies: „des General-Lieutenants Cadogan und des General-Majors Rantzau".
Zeile 8 V. o. statt: „Ranzau" lies: „Rautzau".
„ 12 V. u. statt: ^Mooreghem" lies: „Moeregheui''.
., 13 V. u. statt: „zwingt" lies: „zwängt".
„ 7 V. o. statt: „Müllern" lies: „Mulleni",
„ 6 V. o. statt: „Undle Kyuhuysse" lies: „und Kleyuhuysse".
statt: „Fenclon. Oeuvres VII. 276" lies: „Oeuvres de Feuelun
Anmerkung 2
. 247".
Zeile 19 V, n
„ 11 V. u
7 V. o.
1
„ 13
3
n. statt: „Week" lies: „Weck".
u. statt: .,Mortane" lies: „Mortany".
o. statt: „kühner Gedanke" lies: „kühneu Gedanken".
o. statt: „Audnearde, ..." lies: „Audenarde".
0. statt: „Laleck's . . . ." lies: „Lalek's".
u. statt: „Alexander" lies: „Karl Rudolf".
Anmerkung 2, Zeile 3 lies: „die Nachwelt etc Wahrheit ist".
Zeile 5 V. u. statt: „de Vennes (Devne?) lies: „de Veyne".
., 5 V. o. statt: „brachten schlug" lies: „beachten, schlug-'.
„ 11, 13 und 14 V. u. „von Burgund" kommt hinter „Herzog" zu lesen.
„ 11 V. o. statt: „letzteres" lies: „den Wald von Charembault-Phalempin".
9 V. o. statt: „lObis 12^ Dicke" lies: „10bisl2T (3'14bis3-76'») Dicke".
., 10 V. o. statt: „5^ " lies: „5^ (1-57 "')"
b
XVIII
Seite 413, Zeile 10 v. o. statt: ^121" lies: ^121 (3•76'")^
„ 413, . 10 V. o. statt: „61" lies: „ßl (ISS'")".
., 4Ut, „ 14 V. o. statt: „sei" lies: „ist".
419, „ 25 V. II. statt: „lliirnwerke" lies: „Ilonnverke luid der Teiiaillmis'
477, „ 13 V. (I. statt: „am" lies: „auf dem".
,, 481, - 4 V. u. statt: .,C'astan" lies: Casteaii".
n 487, „ 11 V. 11, statt: „sieh weise beim" lies: „sich lieim'.
500, .. 15 V
503, ..
V. ... i
/statt: „Alexander" lies: „Karl Kiidolt"
V. o. j
Supplement-Heft.
Seite 37, Zeile 0 v. o. statt: „Molinaiy" lies: „M<diiiari".
72, „ Itj V. n, statt: „riinkeustrom" lies: „Plinkenstrniu (Kliiiknwströiu)".
74, „ 1 V. 11. statt: (Fiigger?) lies: (Txieher)".
„ 94, „ <S V. u. statt: ,,L<)\ve.uberg" lies: „Löwenburg".
„ 100, .. 17 V. o. statt: „FML." lies: „Feldniarseliall".
„ 112, „ 4 V. 0. hinter: „„Elberthhauseu" sehalte ein: „(Hildburghausen)".
„ 112, „ 15 V. u. statt: „Krfurt" lies: „Frankfurt".
„ 120, „ 4 V. 11. statt: „Au die kaiserliehe Adininistraticni" lies: „an die
kaiserliche Administratinu in Uayern".
„ 131, Anmerkung 2, Zeile 2 statt: „Torbart" lies: „Terbanek".
134, Zeile -1 V. u. hinter: Wersehur" sehalte ein: ,,fWersiers?)".
„ 142, „ 10 V. (I. statt: „Wien" lies: „Ehrenbreitsteiu",
„ 147, „ 6 V. o. statt. „Obrist Seidlitz" lies: „Ol.ristlieutenant Seidlitz",
„ 152, „ 5 V. u. statt: „Gereral" lies: „General".
- 153, Anmerkung, Zeile 4 v. o. statt: „2" lies: „3".
„ 155, Anmerkung, letzte Zeile statt: „2000 ;i 3000" lies: „2000 und 3000".
„ 202, Zeile 5 v.u. statt: „General-Feldmarsehalls" lies: „General-Feldmarsehall-
Lieiiteuants".
. 244, Zeile 6 v. u. statt: „21." lies: „23. September".
„ 266, „ 6 Y. ü. statt: „Sie" lies: „sie".
„ 312, „ 7 V. u. statt: „zwe" lies: „zwei".
„ 316, - 4 V. u., Grumbkow, .statt: „General-Lieutenant" lies: „General".
\
Militäriscli-politiselie Eiuleitiiiig.
Das Jahr 1707 hatte die grossen Erwartungen nicht ert'UUt,
welche das gegen Frankreich verbündete Europa nach den Siegen
von 1706 gehegt hatte.
Auf dem niederländischen Operationsschauplatze war es weder
zu einer Schlacht, noch zu einer Belagerung gekommen. Marl-
b o r 0 u g h hatte sieh auf die Behauptung des im Vorjahre Errungenen
beschränken müssen. Vendome an der Spitze einer der verbündeten
ebenbürtigen Armee, am Schlüsse der Campagne unter den Kanonen
von Lille und hier unangreifbar, hatte das Haupt-Heer des ,, Grossen
Bundes", während des ganzen Feldzuges im Schach zu halten vermocht,
— ein Erfolg, den Frankreich nicht hoch genug veranschlagen konnte.
Auch am Rhein hatten sich die^ Verhältnisse für Ludwig XIV.
günstig gestaltet. Hatte Karl XII. dem „Grossen Bunde" auch nicht
durch offene Feindseligkeit geschadet, so war doch die Anwesenheit
von 50.000 Schweden im Herzen von Deutschland, im Rücken der
Reichs- Armee, Frankreich sehr zu Statten gekommen. Nach der raschen
Einnahme der StoUhofeuer Linien hatte Villars Schwaben, Württem-
berg und Franken unermessliche Contributionen abgepresst. Nach
dem Elsass rückgekehrt, war er Meister der Rhein-Linie geblieben.
Die Invasion der Provence, in der Belagerung von Toulon
gipfelnd, hatte mit dem Rückzuge der Verbündeten nach Piemont
geendet. Die ganze Hochgebirgs - Barriere der West- Alpen war hie-
durch wieder in Frankreichs Machtbesitz gekommen. Leicht hatte
Ludwig XIV. diesem Erfolg gegenüber den Verlust von Susa ver-
schmerzt, durch dessen Wegnahme allein Prinz Eugen das Erbe
von Turin zu mehren vermocht. Der Siegeszug nach Neapel, wie
sehr derselbe Kaiser Joseph I. auch befriedigen mochte , hatte
eigentlich eine militärische Schwächung des „Grossen Bundes" involvirt.
Feldzüge des Priuzuii Euguu v. Savoyen. II. Soriu, I. P.aud 1
2
Den grösston Triumph aber hatte Frankreich in diesem Jahre
auf der Iberischen Halbinsel gefeiert. rhili})p von Anjou, 170(5
gezwungen, auf französischen Boden zurückzukehren, war durch den
entscheidenden 8ieg von Almansa neuerdings Herr des weitaus grüssten
Theiles von Spanien geworden. Nur Catalonien und selbst diese Provinz
nicht ganz, die Städte Denia und Alicante waren Karl III. verblieben.
Ungeheuere Verluste endlich hatte Frankreich in dem, haupt-
sächlich gegen den Handel und das Eigenthum gerichteten Seekriege
den Verbündeten und namentlich den Briten beigebracht.
Dieser glückliche, überraschende Umschwung in der Kriegslage des
Hauses B o u r b o n war gleichwohl nicht von jener Folge begleitet, Avelche
dessen Oberhaupt erhofft hatte. Der erwartete Zersetzungs-Process
im ,, Grossen Bunde" trat nicht ein. Enttäuscht und durch die ver-
zweifelte Finanzlage Frankreichs gedrängt, beschloss Ludwig XIV.
mit neuen Friedens - Anerl)ietungen das Grefüge der Coalition zu
lockern. Also ging sein handelspolitischer Unterhändler am Madrider
Hofe, Herr Menager, zu Beginn des Jahres 1708 dorthin, wo
Friedenslockungen am ehesten Gehör finden mochten, nach dem Haag.
Von den früheren Offerten gänzlich absehend, sollte jede der krieg-
führenden Mächte behalten, was augenblicks in ihrem Besitze '). Der
grösste und vornehmste Theil der spanischen Monarchie verblieb hie-
nach Philipp von Anjou'^). Eine gewisse Nachgiebigkeit auf handels-
politischem Gebiete sollte diese Grundlage den Holländern annehmbar
erscheinen lassen. Mit dem Handel nach Westindien, schlug Lud-
wig XIV. vor, solle es wie zu Lebzeiten Karl IL gehalten, den drei
nach Westindien handeltreibenden Nationen Cadix als Entreput einge-
räumt werden und sollen England und Holland insbesondere in den
Genuss der früheren Handelsfreiheiten treten.
Hatte Ludwig XIV. gehofft, dass die Eröffnung dieser handels-
Yiolitischen Perspectiven der starken Friedenspartei in Holland das
Uebergewicht verschaffen werde, so erfuhr er alsbald grausame Ent-
täuschung. Wie mächtig die Friedenssehnsucht auch war, welche
das Volk Hollands erfüllte, — mächtiger noch war das Misstrauen
in die Loyalität von Ludwig XIV. Versprechungen. Die Mehrheit der
') Hcems an Kaiser .Joseph I. llaa^j. 3. .läiincr 1708. Haus-, Hof- und Staats-
Arrhiv.
2) Heeins an K. Josej)!! I. Haa^r, ö. März 1708. H. H. u. St. A.
Man vorgleiche hiemit die Aeusseruug Chamillart's gegen Amelot vom 25. Juni 1 707
(Girardot [Noorden III. 460]), wonach Ludwig XIV. auf der Meinung beharrtc, dass
man dio italisclicu Landschaften dein Habsburger, die belgischen Provinzen der
Republik Holland überweisen könne.
mit Spanien handeltreibenden Gross-Kaufleute Amsterdams erklärte,
das Verbleiben Pliilipp's von Anjou auf dem spanischen Throne
mache nicht nur alle Zusagen illusorisch, sondern Aviirde gewiss den
völligen Ruin der Handelswelt, demnach früher oder später des
ganzen Landes, zur Folge haben '). Zudem eröffnete die erstaunliche
Kraftentfaltung Frankreichs nach den Katastrophen von Ramillies
und Turin die trübsten Ausblicke in die Zukunft, gab man ihm
jetzt Gelegenheit sich zu erholen, zu sammeln. Der Zweck des
Krieges: dauernde Schwächung Frankreichs, war noch nicht erreicht,
also musste man den Kampf fortsetzen, wie unerträglich die Lasten
auch schienen, die er auferlegte.
Die öffentliche Stimmung in Holland, die Aussichtslosigkeit,
England zu einem Frieden auf der von Frankreich proponirteu Basis
zu gewinnen, die Unmöglichkeit der Loslösung vom „Grossen Bunde"
und eines Separat-Friedens mit Ludwig XIV., dictirten dem Raths-
Pcnsionär eine AntAvort, welche das Oberhaupt des Hauses Bourbon
nicht erAvartet hatte,
Holland verlangte, dass L u d w i g XIV. selbst seinen Enkel
Philipp von Anjou zwinge, der spanischen Krone zu entsagen,
Alles in Europa wie in Indien zu ihr Gehörige abzutreten, ausge-
nommen die Königreiche Neapel und Sicilien, welche man ihm über-
lassen wolle, wenn der „Barriere", Avelche Holland zu seiner Sicherung
in den spanischen Niederlanden heischte, die Plätze Ypres, Menin,
Condc und Maubeuge beigefügt würden.
Entschlossen, sich diesen Forderungen nicht anzubequemen,
betrieb Ludwig XIV. mit grösster Kraft die Rüstungen zu nach-
drücklicher Fortsetzung des Krieges *).
Der Entschluss Hollands, den Kampf gegen Ludwig XIV.
fortzusetzen, war zum Theile ein Abglanz jener Kriegslust, welche die
massgebenden Factoren des britischen Staatslebens erfüllte.
Wohl hatten in England Ursachen allgemeiner Art eine
Unzufriedenheit gezeitigt, welche der Fortsetzung des Krieges leicht
gefährlich werden mochte. Die iu's Ungeheuere wachsende Summe der
Staatsschulden und der fühlbar zunehmende Druck der Steuerlasten
erregte die grössten Besorgnisse. Die unter der Regierung der Königin
*) Heems au K. Joseph I. Haag, 3. Jänner 1708- H. H. u. St. A. Hullandica.
*) lieber Meuager's Mission siehe, ausser den Berichten von Heems an
K. Joseph I. (H. H. ii. St. A.), Torcy's Memoiren, aus welchen auch Pelet geschöpft
hat ; Noorden HI.
1*
Anna eingerissene Corruption erschreckte clurcli ihre Dimensionen
die Vaterlandstreunde aller Parteien. Für die Ursachen des allge-
meinen i\Iissvcrgnügens wurde die herrschende, d. i. die Kriegspartei,
von der Opposition laut verantwortlich gemacht. Die Erfolglosigkeit
des Feldzuges in Flandern, das Scheitern des Angriffes auf Toulon,
die Katastrophe von Almansa, die im Laufe des Jahres zur See
erlittenen Verluste wurden bei Whigs und Tories zum Gegenstande
eines grenzenlosen Geschreies und eines solchen Sturmes im Parla-
mente, dass das Ministerium an nichts, als an seine Behauptung denken
konnte ').
Es gelang, den Sturm zu beschwören. Nachdem M a r 1 b o r o u g h
über den Feldzug 1707 dem Oberhause Bericht erstattet und
unter Anderem zu erwägen gegeben hatte, wie gefährlich es wäre,
der Forderung der Tories entsprechend , die Armee in Flandern
zu einer Zeit zu schwächen, da eine starke Partei in IloUand
nur nach einem Verwände suche, Frieden zu machen um jeden
Preis, — bat das Oberhaus in einer an die Königin gerichteten
Adresse, dass der Kaiser den Prinzen Eugen, diesen „grossen und
glücklichen General", mit einem mächtigen Succurs nach Spanien
sende. Es sei dann die sicherste Aussicht, die Sache der Verbündeten
in diesem Lande wieder herzustellen^). Und am 22. December 1707
a. St. (2. Jänner 1708) sammelte sich das Oberhaus zur weiteren
Botschaft: dass kein sicherer Friede gemacht werden könne, bevor
nicht die ganze spanische Monarchie wieder unter das Erzhaus
(Jesterreich gebracht ^). Das Unterhaus stimmte diesem scharf accen-
tuirten Kriegs-Programm bei. Ohne Zeitverlust und formelle Schwierig-
keiten votirte das Erste Parlament von Grossbritannien die zur Fort-
setzung des Krieges erforderlichen Mittel in einem bisher unerreichten
Ausmasse.
Nun, da die Fortsetzung des Kampfes für das laufende Jahr
gesichert, that das Ministerium einen letzten entscheidenden Schritt,
jenen gefährlichen Einfluss des Staats-Secretärs Harley unschädlich
zu machen, der in den Gemächern der Königin durch Abigail llill
wirksam unterstützt, seit Jahresfrist die Pläne des Cabinets gekreuzt,
die Whigs veruneinigt, Marlborough und seine Freunde bei der
eigenen Partei verdächtigt, im Volke und am Hofe discreditirt hatte.
Der Unterstützung der Parlaments-i^Iajorität sicher, drohten zunächst
Marlborough und Godolphin, dann andere hervorragende Wil-
') uud *) Ilüflmauu au K. Josupli 1. Luuduu, ;j. Jäuucr 1,()H. H. 11. u. .St. A.
■^) HofFinann au K. Joseph I. London, G. Jänner 1708. H. II. u. St. A.
glicder des Cabinets zu demissioniren, falls Harley nicht entlassen
würde. Die Königin schwankte, aljer MarlL orough's, dos Unersetz-
lichen, Festigkeit entschied. Kummervollen Herzens Hess Anna den
Staats-Secretär endlich fallen (22. Februar 1708). Sein Sturz stellte
das gute P^invcrnehmeu zwischen der herrschenden Partei und dem
Ministerium vollends wieder her, zumal die Resignation der Freunde
Harley's, des Kriegs-Secretärs St. John und des Attorney-General
Simon Harcourt dem Cabinet Gelegenheit bot, seine Anhänger in
Amt und Würden zu bringen '). Dass aber mit diesem Siege jenes
lierzliche Verhältniss, mit welchem Königin Anna das Ehepaar Mar 1-
borough in einstigen schöneren Tagen begnadet hatte, nicht wieder
erneut worden, konnte ein so gründlicher Kenner der Welt und des
menschlichen Herzens, Avie der ruhmreiche Herzog, sich nimmer
verhehlen.
Der kriegerische Geist Grossbritanniens wurde mächtig angefacht
durch das gefährliche Absehen Frankreichs auf Schottland. Der allge-
meine Zustand dieses Königreichs war nichts weniger als befriedigend.
Nur ein Drittel der Schotten sei wohlgesinnt; die zwei anderen seien
entweder Jacobiten oder der Union halber Unzufriedene — versicherte
ein britischer Minister den kaiserlichen Residenten Hoffmann-). Von
der dem Laude drohenden Gefahr am 15. März, zwei Tage vor dem
Auslaufen des Prätendenten, in Kenntniss gesetzt ^), antwortete das
Parlament schon am folgenden Tage mit dem einmüthigen Entschlüsse :
der Königin mit Leib und Leben, Gut und Blut beizustehen, ihr unbe-
streitbares Recht auf die Krone gegen den sogenannten Prinzen von
Wales und seine inneren und äusseren Anhänger zu wahren. Es
ergreife diese Gelegenheit, Ihrer königl. Majestät und aller Welt öffentlich
zu bezeugen, es wolle und werde durch keine solche Unternehmung
sich abwendig machen lassen, den Krieg fortzusetzen, bis die spanische
Monarchie dem Hause Oesterreich abgetreten und die Freiheit Europa's
völlig hergestellt sei. — Den gleichen Eifer für die Königin und
die Aufrechthaltung der inneren Ruhe äusserte das Parlament von
Irland.
Die Nachricht von dem thatsächlich erfolgten Auslaufen der
feindlichen Escadre provocirte in Ijeiden Häusern womöglich noch
kräftigere Versicherungen der Ergebenheit gegen den Thron und des
Willens zur allgemeinen Fortsetzung des Kampfes. Dass der Feind es
') Hoffmann an K. Joseph I. Loudou, 24. Februar 1708. H. H. u. St. A.
■•*) Hoffmaiin an K. .To.seph I. London, (3. März 1708. H. H. n. St. A.
^j Hoffmanii an K. .Joseph I. Loiulon, IG. März 170S. II. II. u. St. A.
gewagt, königliches Gebiet mit so geringer Macht anzugreifen, besagte
die Adresse des Oberhauses, lasse erkennen, dass er sich auf geheime
Einverständnisse im Lande verlasse. Auf H a r 1 e y und St, John
anspielend, bat das Oberhaus, die Monarchin möge derlei gefährlichen
Leuten nimmermehr Zutritt zu ihrer Person gewähren, dagegen volles
Vertrauen Denen schenken, welche unter König Wilhelm, wie unter
der gegenwärtigen Regierung ihren Eifer und ihre Treue bethätigt. Das
Unterhaus erklärte sich überdies zum pünktlichen Ersatz aller Unkosten
bereit, welche die Königin aus diesem Anlasse als nothwendig erachtete.
Diese Adressen, ein vollständiger Triumph Marlb or ough's und
seiner Freunde, die Antwort der Königin und die zur Sicherung des
Landes getroffenen Massnahmen stellten das Ansehen des Herzogs und
seiner Gesinnungsgenossen bei der Nation wieder völlig her.
Gefährlicher als der kriegerische Anschlag auf Schottland, war,
in Folge falscher Nachrichten über seinen Verlauf, eine acute Krise
der Bank von England. Der Ansturm theils übelgesinnter, theils ein-
geschüchterter Gläubiger war ein so plötzlicher und gewaltiger, dass
der sichere Bankbruch drohte, wenn nicht das königliche Schatzamt
und die Spitzen der Whigs sofort mit bedeutenden Summen beige-
sprungen wären.
Nach dem gänzlichen Sehwinden der Invasionsgefahr wurde das
Parlament am 12. April geschlossen. Im Laufe des Sommers sollte es
neugewählt werden und die Regierung hoffte das Beste. Der Invasions-
Versuch hatte auf den gesunden Sinn der Nation einen so mächtigen
Eindruck geübt, dass man mit Sicherheit erwarten konnte, sie Averde
behutsam und nur regierungsfreundlich wählen ').
Die Nothwendigkeit kräftiger Fortsetzung des Krieges gegen
das Haus Bourbon wurde nach dem Ausgange der Campagne von
1707 nirgends lebhafter gefühlt, als in der Kaiserburg zu Wien.
Die Ehre des Hauses Habsburg gebot, den einmal aufgenom-
menen Kampf um sein Recht und die Freiheit Europa's fortzukämpfen
mit jener Bundestreue und jener Kraft, die es seit Beginn des Krieges
bethätigt hatte. Ungeheure Lasten hatte Joseph I. seinen Erb-
landen auferlegt, Frankreichs Uebermacht zu brechen, den spanischen
Thron seinem Hause wieder zu gewinnen ■ — und er hatte das Maass
seiner Hülfe abermals erweitert, als der Unglückstag von Almansa
die Person und die Sache König Karl III. in äusserste Gefahr ge-
bracht. Das Ziel, das der ..Grosse Bund" anstrebte, war, wenn über-
haupt, nur zu erreichen durch erneute heroische Anstrengungen.
'j ll.jffmaiiii an K. .Josc'iili I. London, 13. April 17(18. II. H. u. St. A.
Dringendor aber als diese Gründe allgemeiner inid Familien-
Politik, erheischte die eigene Lage des Kaisers eine kräftige Fort-
setzung des Krieges gegen Frankreich. Die Ereignisse des Jahres 1707,
insbesondere der französische Einbruch in Süd-Deutschland, der Alt-
ranstädter Vertrag, die Landtage von Maros - Vasarhely und Unod
hatten das kaiserliche Ansehen unendlich geschädigt und die Haupt-
zielpuncte von Joseph's Politik: Zusammenfassung und einheitliche
Ausgestaltung seines Hausbesitzes, dann Sammlung und Führung des
deutschen Reiches, wieder in weite Ferne gerückt.
Was half es, dass mau auf italischem Boden abermals Vortheile
errungen, wenn man dort, wo mau vor Allem stark hätte sein sollen,
sich so schwach erwiesen! Nur durch grosse und rasche Erfolge
konnte jenes Ansehen wiedergewonnen werden, dessen man bedurfte,
wollte man jene Zielpuncte nicht gänzlich aufgeben. Joseph L und
sein grosser Staatsmann und Feldherr, Prinz Eugen, waren sich klar,
dass solche Erfolge nur mit dem Degen in der Faust zu erringen
seien. Also Fortsetzung des Kampfes auf allen Linien !
Die Ausführung dieses heroischen Entschlusses begegnete den
grössten Widerwärtigkeiten. Seit 24 Jahren seufzten die Erblande unter
den schweren Lasten des Krieges, der jene Landstriche, welche an das
in vollen Flammen stehende Ungarn grenzten, immer wieder verheerte.
Handel und Gewerbfleiss lagen gänzlich darnieder. Die Einnahmen,
welche der Kaiser seit Kurzem aus Bayern und Italien zog, reichten
nicht hin, den Ausfall zu decken, welchen die Rebellion in Ungarn
und der „theuere" Krieg auf der Apenninischen Halbinsel verursachten.
Der Staatsschuldenstand hatte bereits eine solche Höhe erreicht, dass
seine vertragsmässige Verzinsung jährlich nahezu ein Sechstel der
gesammten Einkünfte forderte, welche letztere zum grossen Theile auf
Jahre hinaus verpfändet waren. In dem Maasse, als der Schuldenstand
gestiegen, war der Credit gesunken. Zu einer Zeit, da Holland und
England noch beliebige Summen zu vier und fünf Percent erhielten,
zahlte der Kaiser bis zu dreissig! — Der Krieg, welcher jährlich eine
Armee verschlang, — die Ergänzung des Fussvolkes allein erheischte
durchschnittlich 20.000 Mann — hatte die Erblande allmälig so ent-
völkert, dass das vorgeschriebene Recruten- Quantum nur mit Mühe
und nicht mehr ganz vollzählig gestellt werden konnte.
Die politische Organisation des habsburgischen Hausbesitzes in
Ländergruppen und der ihr angepasste Verwaltungs-Apparat waren
zudem nicht darnach, die immerhin noch vorhandenen Hülfsquellen
des Staates für dessen äussere Action zu erschliessen und nuizl^ar zu
machen. Die Verhältnisse hatten bisher nicht erlaubt, das von Joseph I.
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angestrebte Reformwerk in «i^rüssem Style zu verwirkliclieu. Ein Fort-
schritt war nur in!>ot"ern wahrnehmbar, als das ciue und das andere
Rad der Staaismasehine durch ein zweckmässigcres neues ersetzt
worden war, und als zur »Staatsleitung an Stelle ignoranter, dünkel-
hafter und selbstsüchtiger Figuranten, Miinnor von Geschäftskeuntniss,
Umsicht und Selbstlosigkeit berufen worden Avaren. Freilich erschöpften
diese ihre beste Kraft im Kampfe gegen die ererbten Uebelstände.
Auch persönliches Eingreifen des Kaisers vermochte den schAverfälligen
Gang der Staatsmaschine nur w^enig zu beschleunigen. Statt sofort
au die Berathung und Beschliessung der kaiserlichen Postulate zu
schreiten, ergingen sich die Stände in langathmigen „Repliken, Depre-
cationen und Beschwerden''. Als eine Conferenz unter Salm's Vorsitz
jMitte August 1708 an die Berathung des Kriegs-Erfordernisses für
das nächste Jahr ging, waren mehrere Landtage von 1707 noch nicht
geschlossen. Die zum Kriege unerlässlichen Mittel wurden nicht nach
dem Erfordernisse des Staates, sondern nach dem Belieben der Stände
beschaft't. Der Mangel genügender und rechtzeitig bewilligter und be-
schaffter Geldmittel verzögerte und schwächte die Staatsaction derart,
dass, was in Einem Feldzuge hätte gerichtet werden können, auf
mehrere vertheilt werden musste ').
Neben den schweren Sorgen um die Aufbringung der Mittel für
die kräftige Fortsetzung des Krieges, beschäftigte eine Reihe wich-
tigster inneren und äusseren Fragen die kaiserliche Regierung.
Noch immer schlugen die Flammen der ungarischen Empörung
über die östlichen Grenzen von Mähren, Nieder-Oesterreich und Steyer-
mark. Sengen und Brennen, Rauben und Morden überall, wo Streif-
parteien der Rebellen auftauchten! Gräulich hausten diese namentlich
in dem unglücklichen Stammlaude der Monarchie, in Nieder-Oester-
reich und, ärger denn je, am 19. März, am Namenstage des Kaisers
Wenig fehlte und sie drangen über die Liuienwälle in die Vorstädte
der kaiserlichen Residenz.
Aber als ob in dem Vierteljahrhundert unaufhörlichen Kriegens
der Krieg seine Schrecken verloren hätte, fertigte man in der Wiener
Hofburg, deren Räume buchstäblich im Feuerscheine der ungarischen
Rebellion erglühten. Befehle aus zur Verstärkung der in Neapel, in
Catalonien und am Rhein stehenden Truppen. Man betrachtete eben
die ungarisciie Empörung nicht mehr Avie eine gefährliche acute
Ki-ankheit, die rasches Eingreifen erheischt, sondern wie ein unbe-
') liogistr.'itiir (k's Hcichs-Krie},'.sniiiii.stcriiuii.s 1708; ATiorust, Nr. 208, Octol)er,
Nr. ll). Aicliiv ilus Miiiistf'iiiiiiis dos Iniicni. Xiidci-Ocstfinicli 1707, IV. 11. 3.
quemes chronisches Leiden, dem mau stille Resignation entgegenbringt.
Man hatte sich daran gewöhnt, zwei Fünftel der gesammten kaiser-
lichen Streitmacht in Ungarn und Siebenhürgen gebunden zu sehen
und erwartete nicht weniger von dem Wirken der Zeit, als von dem
Gebrauche der Waffen. Die Truppen-Anerbietungen des Zaren-Reiches,
wie Chur - Sachsens, welche die Aussicht eröffneten, die Rebellion
vielleicht in Einem Feldzuge niederzuwerfen, schlug man aus, Aveil
man fremde Hülfe in dieser inneren Frage grundsätzlich perhorrescirte
und überzeugt war, des Aufatandes mit der Zeit allein Herr zu
werden.
Es fehlte nicht an Anzeichen, welche für einen nicht zu fernen
Erfolg solcher Politik sprachen. Das Jahr 1707 hatte den Aufstän-
dischen nur Misserfolge und Enttäuschungen gebracht. Zeichen begin-
nender Zersetzung der Conföderation waren nicht mehr zu verkennen.
Mit allen Mitteln des Terrorismus nur hatte R ä k 6 c z i auf dem
< )noder Landtage die Absetzung des Hauses Habsburg erzwungen.
Der Erfolg entsprach nicht seinen Erwartungen. Statt den Zaghaften
und Unentschiedenen den Rückzug abzuschneiden, die Friedens-
Partei unmöglich zu machen, hatte er viele der gemässigten Theil-
nehmer an den Onoder Beschlüssen viehnehr erschreckt und ver-
bittert, als zu fernerem Widerstände ermuthigt und begeistert. Die
kriegerischen Misserfolge, das Schwinden der Hoffnung auf werkthätige
Unterstützung von Seite SchAvedens und der Türkei, das Erbleichen
des Sternes Ludwig XIV. und das Gefühl, von ihm getäuscht und
missbraucht zu werden, thaten das Uebrige. Solcher Stimmung glaubte
man in Wien entgegenkommen zu sollen. Ein Reichstag zu Pressburg,
auf welchem der Kaiser persönlich zu erscheinen versprach, und an
welchem Theil zu nehmen auch Rtikoczi aufgefordert ward, sollte
den Frieden herbeiführen helfen *). Aber an demselben Tage, an welchem
der ungarische Hof-Stallmeister Graf Johann Kery nach Pressburg
abging, um dort Anstalten für den Hofstaat zu treffen, berichtete
der kaiserliche Gesandte im Haag nach Wien : die Generalstaaten
erwarteten von diesem Reichstage nicht viel, da sie aus Frankreich
Nachrichten hätten, dass dieses entschlossen sei, durch seine Creaturen
und Adhaerenten das Aeusserste zu thun, diesen Frieden zu hinter-
treiben-). Das Ergebniss entsprach solcher Erwartung. Von den acht
Deputirten, welche die Häupter der Rebellen nach Pressburg zu senden
*) Protocoll der Registr. des R. Iv. M. Horvätli, Geschichte der Uugani. II. —
F. Kroues, Die Gescliichte Ungams im Zeitalter Franz II. Räbuzi. Archiv für ö.ster-
rcichische Geschichte. 42. Baud.
■^) Heems au K. Joseph I. Haag-, 17. Jänner 1708. H. H. u. St. A.
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versprochen, um dort vom Primas Regui, dem Cardinal von Sachsen-
Zeitz, Propositionen für ihre Gesinnungsgenossen entgegenzunehmen,
erschien nicht Einer. Hatte man sich doch auf Seite Rc'iköczi's
nicht gescheut, die Berufung nach Pressburg als tückische Falle zu
charakterisiren !
Die zu Pressburg versammelten Stände, die kleinere Hälfte der
ungarischen Gesammtheit, baten selbst den K a i s e r, seine Reise nach
Pressburg aufzuschieben und zu gestatten, dass einige Deputirte sich
zu den Abtrünnigen begäben, sie zum Erscheinen auf dem Landtage
zu vermögen.
Die Propositionen, welche die kaiserlichen Commissäre Fürst
Liechtenstein und Graf Traun Anfangs April nach Pressburg
brachten, sicherten dem Königreiche Ungarn den Fortbestand der
überkommenen Verfassung, den Protestanten freie Religions - Uebung
auf Basis des Oedenburger Recesses vom Jahre 1681, den getreuen
Magnaten die höchsten Reichs-Aemter. Die Gravamina der Stände
sollten wohlwollend untersucht, Missbräuche nach Thunlichkeit behoben
werden *). Gleichwohl antworteten auf die Aufforderung der kaiser-
lichen Commissäre : man möge endlich wirksame Mittel ergreifen, in den
treugrebliebenen Comitaten alle Mannschaften vom 18. bis zum 40. Jahre
aufbieten, die Malcontenten mit Feuer und Schwert zu Paaren treiben,
den Besitz der hingerichteten Rebellen aber unter die Treugebliebenen
vertheilen — beide Parteien des Reichstages, die protestantische, wie
die katholische, nur zögernd und ausweichend. Die Protestanten, als
j\Iinorität, Hessen sich über eindringliche Erinnerung des Primas Regni
cndHch vernehmen: Sie hofften von Sr. Majestät Gerechtigkeit liebendem,
billigen Gemüthe, dass ohne Absehen auf das Verschulden ihrer
Landsleute, die Ursachen alles Missvergnügens aus dem Wege geräumt,
d. h. dass die ihnen entzogenen Kirchen, Kirchengüter und Rechte
restituirt würden. Was die, beiden Religionen gemeinsamen, politischen
Gravamina anlange, würden die Protestanten von den Katholiken sich
nicht trennen, wenn diese zur Herstellung des Friedens dienliche Mittel
vorschlügen. — Die katholische Majorität erklärte, den Forderungen der
Protestanten, sofern sie weder den Gesetzen, noch der katholischen
Religion zuwider, nicht entgegen sein zu wollen. Im Uebrigen sei
sie nur instruirt, den Frieden herstellen zu helfen. Wegen des von
den kaiserlichen Commissären vorgeschlagenen Ernstes der Waffen
müssten sie von ihren Committenten erst weitere Instructionen ein-
') BartlioMi .'ins Wien, 3. Krlnuar 1708- I'reu.ssistlies .Staats-Aicliiv. Uei Xourdcn
III. 422.
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holen. — Diese Erklärungen einer durchaus königstreuen Versammlung
manifestirten vor Allem den in ihr herrschenden religiösen Gegensatz.
Was die Protestanten verlangten, war paritätische Ordnung der Keli-
gionsverhältnisse im Königreiche auf Basis des Pressburger Abschieds
vom Jahre 1647, ein Verlangen, dem weder die katholische Majorität,
noch der Kaiser zu gewähren Willens waren *). — Ueber die Natur
der politischen Gravamina aber gab des Reichstags Verfassungs-Ent-
wurf, welcher Anfangs Mai zu Wien einlief, sattsam Aufschluss. Wahl-
freiheit nach dem Aussterben des habsburgischen Mannesstarames,
periodische Wiederkehr der Reichstage, Vorbehalt aller geistlichen
Pfründen, militärischen Würden und bürgerlichen Aemter für eingeborene
Ungarn, Wegfall deutscher Zwangseinquartierung und unbewilligter
Contributionen, waren die wichtigsten Forderungen. Ueberschritten
schon sie das Maass dessen, was der Kaiser zu concediren gewillt war,
so forderte das Verlangen, das gleichfalls zu Pressburg laut wurde,
das Verlangen nach ausländischer Bürgschaft, den berechtigten Un-
willen Joseph I, heraus. Eine königliche Botschaft untersagte Anfangs
Juni jede Erörterung über habsburgisches Erbrecht, über Abberufung
der deutschen Truppen, über Einverleibung Siebenbürgens.
Die Verhandlungen des Pressburger Reichstages hatten klar und
deutlich dargethau, dass die Stunde des Friedens noch nicht gekommen
sei. Zwischen dieser königstreuen Versammlung und der überwiegen-
den Mehrheit der königsfeindlichen Malcontenten bestand im Grunde
genommen nur verschiedene Anschauung über die Wahl der Mittel,
die zum Ziele führten. Der Pressburger Reichstag musste in der
Kaiserburg, wie im Lager Räkoczi's, zur lebendigen Ueberzeugung
führen, dass nur das Schwert die Frage der Lcisung näher zu bringen
vermöge. Insofern kam sein negatives Ergebniss zunächst der Sache
Kaköczi's zu Gute. Die Stellung, welche Kaiser J o s e p h I.Ungarn
gegenüber eingenommen, hatte engeres Zusammenschliessen der Mal-
contenten nothwendig zur Folge gehabt, dem Kampfe der Unabhängig-
keits-Partei neuen Inhalt und neues Leben gegeben.
Im heiligen Römischen Reiche deutscher Nation
der alte Jammer! Das Sonder-Interesse im siegreichen Kampfe gegen
das der Allgemeinheit! Nach wie vor stehen sich nicht nur einzelne
Häuser, sondern ganze politische Körper rivalisirend gegenüber. Der
alte Gegensatz zwischen Katholiken und Protestanten, der niemals
1) Bartlioldi aus WIoii, U. April und 23. Mai 1708- Bei Noorcleu III. 422.
12
«^^esc'hwuiuloii. trat m'Uor(linj;ü immer scliäri'er zu Tji<i;o '). JSo hoch
,i,'in,L!:ou die Woij^cu roliii^iöser Krri'ü^iiiii:;, dass nicht ühcvaiigstHclio
Ik'ohachtur einen neuen Kelii^ionskrii««;- im Anzui^e wähnten. Aber
nicht hh»s zwischen KathoHken und Protestanten, unter den Aufi^s-
hurji^or Confessions -Verwandten selbst herrsehte eine Eitersucht, die
häutic; offen ziun Ausdrucke kam. Älit den s^eistlichen Zwistiti^kcitcn
i^leichen Schrittes j;ini::cn die welthchen ; beide, wie unbedeutend die
einzelnen FäMc auch scheinen mochten, zehrten an dem Älark der
Nation, halten mit das ailjjemeine ]\Iissbeha,ü:en zu nähren, den natio-
nalen (uMst zu schwächen, die nach Aussen zu richtende Kraft zu brechen.
Pie Stellunff des deutsehen Keiehes zum Auslande war durch
die Kreignisse des Jahres 1707 i'ine noch klä.ü:lichere geworden.
Abermals hatte sich gezeigt, dass es nicht einmal fähig sei, seine
Grenzen zu schützen; freilich hatten die besten Contingente deutscher
Fürsten auf fremdem Boden und in fremdem Solde gefochten. Statt
die Keiehsglieder fester zusammenzuschliessen, hatte das nationale Un-
glück Grossen wie Kleinen nur die erwünschte Gelegenheit gegeben,
den reichsstaatlichcn Zusammenhang noch mehr zu lockern.
Allen voran ging in diesem Streben wie bisher der preussisehe
Hof. Der zerstückte und im ganzen Reiche zerstreute Länderbesitz
gab ihm überall Puncto, seine politischen Hebel anzusetzen. Seine reichs-
ständischen Verprtichtungeu völlig ignorireud — stellte Preussen weder
sein Contingout zur Keiehs-Armee, noch zahlte es seine Quote zur
Keichs-(^perations Cassa — bethätigte es ostentativ und ganz nach dem
Vorbilde Schwedens, in allen Keichssachen eine möglichst selbstherr-
liche Politik. Gegen Gewährung des Wappens und Titels von Mecklen-
burg, als Bekräftigung preussiseher Anwartschaft , stellte es dem
gleichfalls in Opposition gegen das Reichsoberhaupt stehenden Herzog
von ^[ecklenburg im Streite mit seiner Ritterschaft militärische Hülfe.
In einem geheimen Tractat mit Schweden verpflichtete sich der König
von Preussen, im Falle das Pfalz-Neuburg"sehe Churhaus ohne Succes-
siou abgehen sollte, Schweden zur Chur und den zugehörigen Landen
zu verhelfen, wogegen der König von Schweden dem Kihiigc in
Preussen zu der mecklenburgischen Suceession behültlich sein wollte,
wenn dieser seinen Ansprüchen auf Wismar und die zugehörigen
Lande entsagte*). Auch den Titel „Herzog in Schlesien" legte sich
') Nitlit nur in deu sihlisisilu'U Keli<;i«>usliiinJehi, welche mit dt'in Altran-
stiidtur Vi-rtrago kciueswi'p.s ihr Ende defiiudeii ; im Salzlnirgischcn, in Sehw.nben,
zu Worms, im Sii'jren'srhon, k.im es im Jahre 170S zu Keil)uiip:en /wischen ivatho-
likou und l'rotestnnten.
•) Seliünl...rn au K .l..s,|.li I llaml.inu'. 1>< Aj.ril ITDS. II. U. u St A.
13
Preussons Köni;j; Itci. All<; Ivclif^ionHliiindcl im IJc.irlic Im. Ich ilmi, wie,
öclion erwähnt, crwiiiiöclile Gclc^goiilioil, /iii' intürvciiilinii.
(jänzlicli vorlorcii für die Sache den Iieiehes war die, KuiCi, (\t>n
AVcttiners Friedrich Auj^ust. Trotz der l'inchthareii IOrKchö|)runj(
Cluir-tSachsens, dum Hchwederi iui;^H;uil)lirIic SuirniMsn ali^eprcjHHt hatt»;
und dem Friedrich Aii^UHt de.sH(;iiiiii^ea(;ht(;t für (hiH .I;ihr 17«)H
1,200. DUO Thaler vorschriel), bcHcliäftigte den Cliiii'fürHten, unter ahen
teuerlichcn Entwürfen verschiedener Art, weHcntHcdi nur Ein 0«;(hitdt(;:
Wiedergewinnung den polniHclieri Thrones.
Zeigte der ganze Nordosten DeutschlandH keinen Sinn und
kein Gefühl für die Ehi'c und Macht «les ileiehcH, ho ntand ch nicht
viel Ijcsser iiri ganzen Nordwesten. Die mächtigsten T(5nitoriaIfUrHt«;ri,
wie jene von Dänemark ffür Oldcinliurg und Holstein), Ifannov(5r, (Jhur
pfalz, Hessen-Cassel, fuhren fort, ihre Contingente ganz od(;r grössten
theils in den Dienst der Seemächte zu stellen. Von schwedisdier
Keichspflicht war natürlich keine llede,
]3ayern, imter kaisei-licher ^Militär- und Civil-Vei waltiuig Htehend,
war durch die Verwüstungen des Jahres 1704 und die bisherigen
Landes) eistungen so erschöpft, dass die „Imare Landes- Prästation ",
obwohl für 1708 Ijcdeutend niedrigei* als für das Vorjahr bemessen, der
drückenden Geldnoth wegen, mittelst ^Militär-Execution eingetrieben
werden musste *). Von gänzlicher P^ntlastung konnte bei der Lage
des Kaisers und seiner Erbländer natürlich keine liede rcin. Zwölf
Werbe])lätze und die dänische l^inquartierung hatte das Land nebenb(;i
zu tragen. Wiewohl die kaiserliche Administration seit rlem Aufstande
des bayerischen Landvolkes im Winter 170o — 1706 gelindere Saiten
aufgezogen, musste sie doch immerfort auf der Ifuth bleiben: in d<;r
ersten Hälfte des Jahres 1708 umsomehr, als der kaiserlicli«; Admini-
strator Graf Löwen st ein Kunde erhielt, der Ex-Cliurfürst JSJax
Emanuel sammle alle bayerischen Truppen am Ober-Jlhein in der
Absicht, eine „Reprise-^ Bayerns zu unternehmen und er erwarte, <iass
das Landvolk ihm zufallen werde ").
So ruhte die Last der Keichsvertheidigung beinahe ganz allein
auf den vier associirten Kreisen. Die ihnen auferlegten ungelieuren
'J Memoire der Landschaft in Bayern, Müijchen, 12. Oct<jbcr 17<)H. Uni^inir. iIhh
li. K. M,, November 1708, 212. — BericLte der Adraiuixtration au deji Kaiser vom
10. Jänner 1708, IL H. u. St. A,; vom aO. Jänner, Hofkammer-A. ; vo;ri 17. Mai ]7(fH,
Krieg«-A., Bömisclieis Reich 17^>8; Fa»c, VIL ti'j.
*> Graf Löwenstein an K. Joseph I. Bchwalbach, 2f}. Mai 1708, 11. li. u. Ht, A.
Dass franjsösiiicherÄeitis an einen Einfall ir, huvirj, wirklich g<;dac-ht wurde, Wutütiven
auch Berwick'ß Memoiren von 1708
14
Brandschatziiugen, im Vereine mit den Lasten der eij^-enen Kriegs-
rüstung, hatten Frankreich hoffen maclieii, die ohnedies schon einmal
in Anregung gebrachte Neutralitäts-Erklürung des fränkischen und
schwäbischen Kreises •) werde 1708 zur \Virklichkeit werden.
Die Aufgabe , wehdie sich Joseph I. als lleichsoberhaupt
gestellt: Sammlung und Führung der deutschen Nation, schien nach den
Schädigungen, welche das kaiserliche Ansehen im Jahre 1707 erlitten,
eine unhisbare. Gleichwohl behielt der Kaiser sein Ziel unver-
rückt im Auge. Sich als Reichsstand wirksam geltend machen zu
können, betrieb er die „Readmission" Böhmens in das churfürstliche
Collegium ^). Vor Allem aber galt es ihm, durch militärischen Erfolg
das kaiserliche Ansehen wieder zu heben. Welchen Preis er für dessen
Sicherung bezahlte, wo er denselben erzielte, war augenblicks eine
secundäre Frage. So wünschenswerth es gewesen wäre, dass die Reichs-
Armee als solche entscheidende Schläge führte, — der Hoffnung, des
Reiches Kraft in ihr zu vereinigen, konnte sich Niemand hingeben,
der die Verhältnisse kannte; man musste sich glücklich schätzen,
letztere überhaupt zur Wirkung zu bringen, wenn auch vertheilt auf
den einzelnen Operations-Schauplätzen. Ohne Preis Hess sich aber
auch dieses Resultat nicht erzielen und Joseph I. war bereit, ihn
zu zahlen.
Gleich zu Beginn des Jahres 1708 ergab sich Gelegenheit, eine
theilweise Besserung des Verhältnisses anzubahnen, das in den letzten
Jahren zwischen dem österreichischen und dem preussischen Hofe
platzgegriffen. Die französische Diplomatie Avar bemüht gewesen, glauben
zu machen, der Kaiser liabe nur ungern gesehen, wie Preussen Herr
von Neufchätel geworden. Alle Zweifel zu beheben, musste der
kaiserliche Gesandte in der Schweiz, Graf Traut tm ans dor ff, am
25. Jänner 1708 in einem Manifeste die Preussen entschieden freund-
liche Stellung des Kaisers documentiren. Auch in der Frage der
Abtissen - Walil von Quedlinburg entschied Joseph I. im Sinne
Preussens.
Wärmeres AVohlwollen braclite der Kaiserhof dem Churfürsteu
Georg von Hannover, dem muthmasslichon Erben des britischen
Thrones, entgegen. Die Introduction Hannovers mit Sitz und Stimme
im churfürstlichen Collegiuni sollte das durch die hannoverische
Gemalin Joseph I, nahestehendi! AVelfeidiaus noch mehr ver-
pflichten •*). B r a u n s c li w e i g-W o 1 i'i'a n b ü 1 1 e 1 ward durch die bovor-
*) Ziuzoinlorrt's Boricbt au K. Joseph I. vom 20. JHunor 17U8. II. II. u. St. A.
*) Die formelle Iteadmissioii erfolgte am 7. September 1708.
^j Die formelle Introductiou erfolgte am 7. September 170S.
15
stehende Verniäluug Karl ITI. mit der Prinzessin Elisabcitli
Christine von Wol ff e n h ütt e 1 - B hin kenb u r g für das Kaiser-
haus gewonnen.
Der Mitwirkung von Cluir-Pfalz sich zu versichern, niusstc die
Verstimmung behoben werden, welche Churfürst Johann Wilhelm
gegen die Vormächte des „Grossen Bundes" und namentlich gegen den
Kaiser — des Vorenthaltes der Ober-Pfalz und des ehemaligen Ranges
im churfürstlichen CoUegium wegen — im Herzen trug. Gerechtfertigte
Bedenken hatte der Kaiserhof gegen die Loslösung der Ober-Pfalz
von Bayern. Die rechtskräftige Abtrennung einer ganzen Provinz vtm
dessen Territorium mochte das Friedensgeschäft dereinst ganz wesentlich
erschweren. Zudem hatte Karl XII. sich für die Erhaltung der Intregrität
Bayerns angelegentlich verwendet*), widerstrebten Brandenburg und
Hannover der Bereicherung des katholisirenden Pfälzers, heischte die
►Stimmung des bayerischen Volkes Berücksichtigung. Die Erfüllung
seiner Wünsche zu erzwingen, verbot Johann Wilhelm im Früh-
jahre 1708 seinen Generalen die Vereinigung mit den seemächtlichen
Truppen. Dass mit Rücksicht auf das Ganze nichts erübrigen werde,
als diesem Drucke nachzugeben, war jetzt schon vorauszusehen.
Die Verstimmung des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel
zu beheben, musste der Wiener Hof wesentlich den Seemächten
überlassen.
W^ie frech der Bischof von Münster zu Anfang des Jahres 1708
gegen den kaiserlichen Gesandten sich auch geberdete -), er empfing
nach formeller Aussöhnung mit dem Kaiser sein Lehen wieder.
Indem Joseph I. sich durch Zugeständnisse der kriegerischen
Mitwirkung der mächtigeren Reichsstäude versicherte, versäumte er
nicht, jene zu stützen, welche von jeher treu und fest zum Kaiser-
throne gehalten: die kleineren und kleinsten Reichsglieder.
Glücklicher als in dem Streite zwischen dem Herzoge von
Mecklenburg und seiner Ritterschaft, welch' letztere sich nach
Wien gewandt, war des Kaisers Intervention in den H a m b u r g e r
Wirren.
Das ordnungsmässige Verhältniss der Bürgerschaft zum Rathe, schon
längst untergraben, war seit Neujahr in förmliche Pöbelherrschaft
ausgeartet. Die rasche Herstellung der guten Ordnung war von
*) Pastor (franz. Agent) aus Wicu. Jäuiier 1708. Äff. etraiig. liei Noordeu III. 408.
*) Barou Tassinigen an den Keichs-Vicekanzler 14. Jänner 1708. H. H. u. St, A,
1<>
Wichtigkeit wegen der vielfachen, verscliiedenartigen und schwer
wiegenden Interessen, welche an der ^lündung der Elbe ihren Con-
vergcnzpunct hatten. Der Kaiser wollte seine Autorität sichtbar zur
Geltung bringen und, wie England und Holland, verhindern, dass irgend
eine Macht in Ilanibui-g sieh testsetze. Während aber der zum
kaiserlichen Gesandten bei dem niedersächsischen Kreise ernannte
Grat' Damian Hugo Schön l)orn angewiesen Avard, die Hamburger
Wirren Avomöglich ohne Zuziehung des Kreis-Directoriums beizulegen,
war das letztere (Hannover, Wolflfenbüttel, Schweden und Preussen)
bereits einig geworden, denselben aus eigener Machtvollkommenheit
durch Militär-Execution zu steuern. Ernstere Verlegenheiten als das
Kreis-Directorium, das sich zu einer gemeinsamen Behandlung der
Sache schliesslich doch bequemen musste, bereitete der König von
Dänemark. Sich als Hamburgs legitimer Oberherr gerirend, protestirte
er gegen die Aufnahme fremden Kriegsvolkes in diese Stadt, traf
Anstalten zur Sicherung seiner angeblich bedrohten Lande und gab
seinen im Solde des Kaisers und der Seemächte stehenden Truppen
Haltbefehl. Eheste Austragung dieser Frage heischten daher die
Weisungen des Kaisers an S c h ö n b o r n. Nachdem die Stadt sich
Ende l^Iai zur Aufnahme von 2500 Mann Executions-Truppen bequemt,
einigte man sich, wiewohl das eigentliche Pacifications-Geschäft kaum
von der Stelle rückte, im Juni dahin, die ausserhalb der Stadt liegen-
den Executions-Truppen heimzusenden. Erst als dies geschehen, Ende
Juni , liess der König von Dänemark seine im Holsteinischen
versammelten Truppen auseinandergehen und seinem in Bayern
liegenden Corps Befehl zukommen, den Marsch nach Ungarn anzu-
treten ').
Neben unmittelbarem Einwirken auf die einzelnen Stände und
die inneren Angelegenheiten des Reiches durfte der Kaiser den grossen
liath der Nation, den Kegensburgcr Reichstag nicht vernach-
lässigen. So wenig Fruchtbares sich von dessen Verhandlungen auch
erwarten liess, wenn irgendwo, so musste das Reichsoberhaupt seine
Stimme hier kräftig ertönen lassen.
Also trat der kaiserliche Gesandte, von den Vertretern der See-
mächte nachdrücklichst unterstützt, schon am 23. Jänner mit bestimmten
Vorschlägen hervor und versicherte, „der Kaiser AVoUe mit Hintan-
setzung der ihm zustehenden Befreiung nicht nur das Seine pro rata
beitragen, sondern aueh dafür sorgen, dass Jjayern für seine Quote
•) Weisungen K. Jortcpli I. an Srliöiilfnni, «los Letzteren Diarium und Berielite,
endlich die Relationen Kurtzrock"«, »iimnitlieh im II. II. u. .St. A. 170(S.
17
{lufkomnie, Avenu nur (lurcliaus das Gleiche geschehe," Dank der
patriotischen Unterstützung durch Chur-Mainz einigten sich zwar die
meisten Stiiumen im churfürstlicheu Collegium über die Stellung der
Contingente, Eintreibung der Rückstände, Erlag einer Million Thaler
für die Reichs-Operations-Casse, Uebernahme von 3000 chursächsischen
Reitern, Herstellung der ober- und niedersächsischen Kreistage ');
auch Avurde aus den Schlüssen der drei Reichs-Collegien Ein Reichs-
gutachten, das mit dem churfürstlichen Conclusum im Wesentlichen
übereinstimmte und vom Kaiser am 9. März ratilicirt wurde ; aber
die Reichsschlüsse gelangten auch diesmal nicht zur Ausführung. Die
Contingente wurden nicht vollzählig gestellt, die Reichs-Operations-
Casse blieb nahezu leer, die sächsischen Reiter wurden nicht erhandelt,
die Kreistage nicht hergestellt. Erneutes Betreiben des holländischen
Gesandten und Georg Ludwig's von Hannover führte nur zu
neuem fruchtlosen Berathen.
Seit dem Beginne des spanischen Erbfolgekrieges war das
strategisch hochwichtige Zwischenland der Schweizer Eidgenossen-
schaft neutral geblieben. Wäre es Ludwig XIV. Staatskunst
gelungen, bei Ausbruch des Kampfes auf Grund eines Allianz-Vertrages
das Gebiet der Schweiz miHtärisch nützen zu können, die imposante
Offensiv-Stellung Frankreichs hätte damit die bedeutungsvollste Er-
weiterung erfahren. Anders lagen die strategischen Verhältnisse nach
den Siegen der Alliirten von 1706. Aus dem Augriffe in die Verthei-
digung zurückgeworfen, hatte Frankreich das höchste Interesse, dass
der Schweizer Neutralitäts-Vertrag, welcher im Jahre 1702 mühsam zu
Stande gekommen, von Seite des „Grossen Bundes'' in allen Stücken
respectirt wurde.
Von diesem Gesichtspuncte konnte es Ludwig XIV. nicht
gleichgültig sein, dass das allezeit als souverain und unabhängig
anerkannte oberste Tribunal von Neufchatel in der Streitfrage um
diese Grafschaft und Valengin, unter Verwerfung der französischen
Ansprüche am 3. November 1707 zu Gunsten des Königs von P r e u s s e n
entschied, beide Grafschaften sonach in die Hände eines selbstständigcn
Theilnehmers an der „Grossen Allianz"' gelangten. Er drohte daher nicht
nur mit der Occupation dieser Gebiete, sondern setzte zu Beginn
*) Die Herstellung der sächsischen Kreistage war darum von Belang, weil
ilmen die Sub-Repartition der Kriegssteuern zukam. Dass sie nicht bestanden, diente
als Vorwand, sich jenen Vorschreibungen ganz oder theilweise zu entziehen.
Feklziigc Ues Prinzen Eugen v. Savoyeu. II. Serie, I. IJaud. '^
18
des Jiihrcä 1708 selbst Truppen gegen deren Grenze in Bewegung.
Die angetragene Neutralität von Neufchatel und Valengin verwerfend,
verlangte Ludwig XIV., dass die Schweiz bis zum allgemeinen
Friedensschlüsse beide Oratschafteu sequcstrire, die preussischeu Otticiere
und Beamten aber aus dem Lande weise. Gegen diesen Vorschlag, als
eine Verletzung der Rechte Preussens, erhob der Vertreter Englands,
Stanian, Einsprache. Fürchtend, Preussen könnte zu einem geheimen
Vertrage mit Frankreich gedrängt und veranlasst werden, seine Truppen
ganz zurückzuziehen, forderte Stanian den kaiserlichen Gesandten
Grafen Trau ttman sdorff auf, mit ihm in gleichem Sinne vorzu-
gehen'). Als überdies der Vertreter Preussens, Metternich, erwies,
dass die preussischen Truppen nicht nur in Italien verblieben, sondern
noch um 4000 Mann verstärkt würden '^), erliess, wie oben erAvähnt,
Trauttmans dorff am 25. Jänner ein Manifest, welches erklärte,
der Kaiser werde den König von Preussen im Besitze des Neuf-
chatel und Valengin mit allen Mitteln unterstützen und der von
Frankreich vorgeschlagenen Sequestration wirksamst entgegentreten'').
Inzwischen hatten über Metternich's Intervention Bern und
die zu Chur versammelten Häupter der drei Bünde beschlossen, Neuf-
chatel durch bundesmässigen Succurs gegen eine Invasion zu schützen *).
Bern Hess in der That 4000 ]\Iann ausrücken, und Stanian eröffnete
diesem Canton am S.Februar, Königin Anna wolle durch Subsidien
beitragen, Gewalt mit Gewalt zu begegnen, wenn Frankreich Neufchatel
angreife *). Sofort verlangten die Neuenbui'g'schen Abgeordneten von
dem zu Aarau versammelten protestantischen Congresse eine feierliche
lind öffentliche Erklärung, dass Neufchatel ein integrirender Theil der
Schweiz sei ®).
Unter diesen Umständen kam Ende April zwischen Frankreich
und der Schweiz ein Neutralitäts - Vertrag zu Stande , in welchem
letzterer unter ungestörter Kühe der freie Handel mit Neufchatel,
Valengin und Annexen garantirt wurde, die Eidgenossenschaft aber
versprach, nicht zu dulden, dass Frankreich von den beiden Gebieten
aus angegriffen werde.
Ungleich bedenklicher als die Neuenburger Frage waren für
die Schweiz und alle an der Aufrechthaltuncr der Ruhe in derselben
') Tranttmansflorff an K. .losepli I. ISandcn, K!. Jänner 1708. II. H. u. St. A.
'') Metteruicli an Trauttmansdorrt', 24. .Jännir 1708. H. 1{. u. St. Ä.
•\) IL H. u. St. A. 170S. Iklvctif.i.
■') Mütterukira Nute vom 31. Jännor 1708. II. II. und 8t. A. 1708. Holvutica.
'j Memoire Stanian's. II. H. u. St. A. 1708. Helvetica.
'•) n U. u. St. A. 1708. Helvetica.
19
iiitcrcsäirten Staaten die T oggeiib urger Rol i giou tiliii iide 1. lu's
achte Jahr schon zogen sich dieselben, die religiöse Spaltung im
Schoosse der Eidgenossenschaft immer mehr erweiternd. Wie in der
Neufchateler Frage gegen Preiissen, hatte der päpstliche Nuntius
in der vorliegenden das arme Volk durch Vorspiegelung grosser
Religionsgefahr wider die Toggenburger und ihre Gönner verhetzt,
indess die Vertreter der Seemächte zu Gunsten der Protestanten
wirkten und die katholische Religion herabsetzten. Besonders schAvierig
war die Lage des Kaisers. Als Reichsoberhaupt in der Sache Toggen-
burgs, das Reichslehen war, direct betheiligt, konnte er den gut
kaiserlich und österreichisch gesinnten Bischof von St. Gallen ange-
sichts der ihm drohenden Gefahr nicht trost- und hiilflos lassen.
Kam es zwischen Katholiken und Protestanten zu oflfenem Kampfe,
zu Avelchem beide Theile rüsteten, ja sogar die Aufgebote erliessen,
dann stand man vor Unabsehbarem. Auf Erhaltung des Gleich-
gewichtes zwischen beiden Confessionen war daher die kaiserliche
Politik gerichtet. Die Differenzen zwischen beiden auf gütlichem
AVcge austragen zu helfen, ward Trauttmansdorff angewiesen*).
Freier als in Deutschland bewegte sich Joseph I. auf dem
Buden Italiens. Eugen's glorreicher Sieg unter den Mauern
Turins hatte ihm eine Macht überantwortet, die sich weder durch
den Einspruch der Seemächte, noch durch die Eifersucht der italischen
Fürsten und Staaten beirren Hess, Seit jenem Tage lag der Garten
Europa's in Wahrheit zu den Füssen des Kaisers und dieser hatte
nicht gesäumt, die Gunst des Augenblickes zu nützen.
Dem Abzüge der Franzosen aus Italien, bedingt durch den
Vertrag vom 13. März 1707, war nicht blos die Ausbreitung der
Kaiserlichen im Po-Thale, nicht blos eine formelle Wiederbelebung
der historischen Lehensherrlichkeit gefolgt. Die Erschöpfung der Erb-
lande, die sich im Kampfe gegen die Macht des Sultans und des
allerchristlichsten Königs verblutet , hatte es Joseph I. zur Pflicht
gemacht, einen Theil der erdrückenden Kriegslast auf die Schultern
seiner italischen Lehensleute zu übertragen, Avelche bisher offen oder
verdeckt zum Hause B o u r b o n gestanden hatten. Was sie früher
seinen Feinden freiwillig gewährt, Quartiere und Contributionen, heischte
jetzt der Kaiser von ihnen. Die Republik Genua, die Herzogthümer
*) Kaiserlicbu lustructiou für Tniuttmausdoiff. Wieu, 10. ^lai 1708. H. H.
St. A.
20
Parma und Piacenza, Modcua und Guastalla, die Legationeu Ferrara
und Bologna, das Grossherzogtlium Florenz und die kleineren Lehens-
träger alle wurden zu Kriegssteuorleistungen verhalten. So massig
waren aber die Forderungen, dass alle diese kSummen, vereint mit
den Erträgnissen des reichen JMailand und des Ilerzogthums Mantua,
nicht genügten, die in Ober-Italien stehenden kaiserlichen Truppen
regel- und ordnungsmässig zu verpflegen.
Des Kaisers Machtgebiet war auf Nord-Italien nicht beschränkt
geblieben. Feldmarschall Daun war im Jahre 1707 nach dem Süden
gezogen. Sein Weg hatte über den Kirchenstaat geführt, der Papst
nicht gewagt, den erbetenen Durchzug zu verweigern. Hasch war das
Königreich Neapel erobert worden und auch das spanische Toscana
bis auf wenige feste Puncto. Von den eisstarrenden Firnen der
savoyischen Alpen bis hinab zu den lachenden Gestaden der Scylla
und Charybdis waren Oesterreichs Fahnen geflogen, in allen Theilen
Italiens eine neue (Jrdnung der Dinge verkündend.
Das bisher auf italischem Boden Gewonnene zu sichern, was
zum Vollbesitze des Anthciles der spanischen Krone noch fehlte, in
die Gewalt der habsburgischen Waffen zu überführen, war die Aufgabe,
welche das Jahr 1708 in Italien der kaiserlichen Staats- und Kriegs-
kunst stellte.
Dass Joseph I. vor Allem bemüht war, seine eigene Haus-
macht zu vergrössern, war vom österreichischen Standpuncte voll-
berechtigt. Dem vertragsmäsöig zugesicherten, wenngleich nominell
noch immer König Karl III. gehorchenden Mailand das Reichslehen
Mantua anzugliedern, war ein nächstes Ziel des Wiener Hofes.
Trotz seemächtlicher und piemontesischer Unterstützung, verzögerte
sich die Aechtung des franzosenfreundlichen Herzogs Karl IV. von
Gonzaga-Nevers in Folge Widerstandes deutscher Reichsfürsten bis
30. Juni 1708. Der mantuanische Antheil von Montferrat fiel nunmehr,
lothringischer Erbansprüche ungeachtet, vertragsmässig dem Herzoge
Victor Amadeus zu, dem auch die mailändischon Gebietsthcile
Alessandria, Valenza und die Lomellina nicht vorenthalten werden
konnten. Des Herzogs von Guastalla Ansprüche auf das erledigte
Mantua Avurden mit Bozzolo und Sabionetta abgefertigt. Der Rest
ward dem Grafen Castelbarco als Verweser anvertraut.
Gelang es dem Wiener Hofe, wenn auch nicht ohne empfind-
liche Opfer, in Ober-Italien allmälig tiefer Wurzel zu fassen, so schei-
terte der Versuch, kaiserliches Regiment in Unter-Italien einzubürgern,
an dem entschiedenen Widerstände Karl III. Je drückender das
Abhängigkeits- Verhältniss zu den Vormächten des „Grossen Bundes"
n
in Barcelona g-ef'iililt wurde, je düsterer die Aussiclit auf den einstig-en
Besitz des spanischen Thrones sich gestaltete, desto lebhafter ward natur-
gemäss das Bestreben nach Sicherung einer letzten Zuflucht, wenn
der „Grosse Bund'' das Hauptziel jahrelangen Ringens nicht erreichte.
Die ganze italische Politik seines kaiserlichen Bruders erregte
Karl III. lebendigstes Misstrauen. Sich als Herr und König zu be-
thätigen, war nicht blos sein menschliches, sondern auch politisch
berechtigtes Verlangen. Nominell Herr der wichtigsten spanisch-euro-
päischen Aussenlande, aber in den Niederlanden durch die Rücksicht
auf die Seemächte, in Mailand durch den Familienpact lahmgelegt,
wollte Karl IH. seine königlichen Rechte, in Neapel wenigstens,
nicht verkümmern lassen.
Seit Eroberung dieses Königreiches durch Feldmarschall
Daun war das Bestreben des Hofes von Barcelona auf die Ein-
setzung einer königlich spanischen Verwaltung in Neapel gerichtet
gewesen. Zunächst vergebens. Joseph I. hatte vorerst den Grafen
Martinitz mit dem Civil- und Militär -Gouvernement in Neapel
ad interim bestallt, später als dieser sich als unhaltbar erwiesen,
im Einvernehmen mit seinem Bruder Karl HL, Feldmarschall Daun
mit dem schwierigen Posten betraut. Dass das Decret, welches Daun
zum „Maestro del Campo" ernannte, von Karl HI. selbstherrlich aus-
gestellt ward, beleuchtete unzweideutig die Strebungen des Hofes zu
Barcelona. Einen entschiedenen Schritt that der König, als zu seiner
Kenntniss kam, Feldmarschall Daun sei bestimmt, im Feldzuge als
Befehlshaber der Kaiserlichen an die Seite des Herzogs Victor
Amadeus zu treten. Im Februar 1708 ernannte er den um die
politische Vorbereitung der Eroberung Neapels hochverdienten, seiner
Sache unbedingt ergebenen Cardinal Grimani, einen geborenen
Venetiauer, zum Statthalter ad interim in Neapel, ein Act der Sou-
veraiuität, den der Wiener Hof, innersten Widerstrebens ungeachtet,
nicht gut für ungültig erklären konnte.
Die Ernennung G r i m a n i's änderte vorläufig freilich nichts an
der schwerwiegenden Thatsache, dass 10.000 Mann Kerntruppen unter
kriegserprobten Führern das kaiserliche Banner in Unter-Italien hoch-
hielten. Dass aber der Gegensatz jener dynastischen Interessen den
auf italienischem Boden noch zu lösenden militärischen Aufgaben,
der vollständigen Bezwingung des spanischen Toscana und der
Eroberung von Sicillen, nicht zu Gute kommen könne, war voraus-
zusehen.
Die Sicherung der jungen Machtstellung des K a i s e r s in Italien
n()thigte dazu, alle Ansätze zu offener Feindschaft scharf zu über-
22
wachen und wo möglich im Keime zu ersticken. Keiner der italischen
Staaten, Modena ausü'enommen, war der neuen Ordnung der Dinge hold.
Frankreichs allmäliger Niedergang steigerte naturgemäss ihre Besorgniss
vor des Kaisers wachsender Macht, Sie erkannten aber auch die Un-
möglichkeit, im Augenblicke gegen letztere anzukämpfen und verstanden
es, sich in die Lage zu schicken.
Die Republik Genua, von den Waffen des „Grossen Bundes" zu
Land wie zur See umgeben, durfte es nicht Avagen, gegen dieselben
sich aufzulehnen, wollte sie nicht die Beute ihres ländergierigen Nach-
bars Victor Amadeus werden. Das Herzogthum Parma lag ganz im
Schatten kaiserlicher Bajonnete. Der altersschwachen Republik Venedig
bangte trotz einer Landmacht von 20000 Mann gewaltig vor den
kaiserlichen "Waffen. Zudem war sie bei stets drohender Türkengefahr
auf das Wohlwollen des Kaisers angewiesen. Der Grossherzog von
Floren z, welcher noch im Jänner einen Plan gemeinsamen Wider-
standes angeregt hatte, hoffte bei kaiserlicher Nachsicht am besten
zu fahren.
Nicht so Rom. Auf Frankreichs Hülfe zählend, überzeugt, dass
die gemeinsame Gefahr die Staaten Italiens, wie schon oft, zu einer
widerstandsfähigen Liga verbinden müsse, vertrauend auf des Hauses
Uabsburg historische Frömmigkeit, welche es vor dem Aeussersten
werde zurückschrecken lassen, und voll des Glaubens an die Allgewalt
seiner geistlichen Mittel, hatte der Papst gewähnt, dem Hause 0 e s t e r-
reich offen entgegentreten zu können.
An äusseren Anlässen war kein Mangel. Der Herzog von Parma
und Piacenza hatte, um die ihm vorgeschriebene Kriegssteuer von
90.000 Doppien zu beschaffen, die todte Hand besteuert, welche den
dritten Theil des Gesammt-Areals seiner Lande ihr Eigen nannte.
Der Papst, welcher an der Besteuerung des Clcrus im Gebiete des
Hauses Anjou keinen Anstoss genommen, protestirte gegen die
Belastung der Geistlichkeit in den HerzogthUmern Parma und Piacenza,
angeblicli weil sie päpstliche Lehen wären. Da dieser Protest frucht-
los verhallte, liatte der Papst am 27. JuU 1707 eine Bulle erlassen, eine
Nichtigkeitserklärung der zwischen dem Kaiser und dem Herzoge
von Parma geschlossenen Verträge, durch welche er alle Jene mit
dem Banne belegte, welche in jenen Herzogthümern eingerückt waren
und von der Geistlichkeit Contributionen eingetrieben hatten. Die
päpstlielu! „Declaratio nullitatis ejusdem conoordia" etc. prätcndirte für
den Kirchenstaat nicht allein die „Jura temporalia" und das „directum
et supremum dominium" bezüglich der beiden Herzogthümer, sondern
auch anderer im Kii-ciicnstaate gelegenen Keichslehen, z. B. Com-
23
nicaccliio's, womit dvv Kaiser jüii<i;.st das Haus Este l)cl(jlint liatte.
Noch mein- als die Brandscliat/ung- Parma's und Piaecnza's erbitterte
den Papst die Belastung der Legatiouen Ferrara und Bologna.
Zu hoch dachte Joseph I. von seiner kaiserlichen Würde, um
sich als Gebieter Italiens den Prätensionen Roms zu beugen. Dazu
gesellte sich persönlicher Groll. Von An])eginn des spanischen Successions-
Krieges hatte das Papstthum sich den Feinden des Hauses Habsburg
nicht nur wohlgeneigt erwiesen, es hatte dieselben unter dem Deck-
mantel der Neutralität allezeit wirksam unterstützt. Das sollte, das
musste anders werden. Was Rom der kaiserlichen Diplomatie versagte,
gewährte es vielleicht der Drohung mit kaiserlichen Waffen. Erst mit
der Beugung des Pa])stes war Joseph I. völlig Herr Italiens.
Schwere Bedenken mochten aufsteigen gegen solch' kühne Politik.
Offener Bruch mit dem Papstthum mochte nicht ohne gefährliche Rück-
wirkung sein auf die katholischen Erblande und das katholische Süd-
Deutschland, auf die Volksstimmuug in Italien, vor Allem aber in
Spanien, wo die ketzerischen Bundesgenossenschaften Karl III. dem
Hause Bourbon willkommenen Anlass gegeben hatten, die religiösen
Vorurtheile der Nation wider den habsburgischen Prätendenten auszu-
spielen, — Wie altersschwach, morsch und hinfällig die italischen
Staaten auch waren, immerhin mochte es römisch-französischer Politik
gelingen, einen Bund zu Stande zu bringen, dem Schweizer und
Franzosen-Söldlinge kriegerische Widerstandsfähigkeit gaben. Zu ernsten
Misshelligkeiten mit den Vormächten des ,, Grossen Bundes" gab ein vom
Kaiser heraufbeschworener Zusammenstoss mit Rom voraussichtlich
Anlass. War es doch ein Cardinalpunct seemächtlicher Politik, ängstlich
zu wachen, dass keine neue Verwicklung die Wucht des Schwertes
mindere, das Joseph I. in die Wagschale des spanischen Erbfolge-
Krieges geworfen. Die gewichtigste Stimme im Rathe des Kaisers,
Prinz Eugen, sprach gegen den Bruch mit Rom. Aber Joseph I.
blieb fest. Vom Herzoge von Modena um lehensherrlichen Schutz
angerufen, verfügte er im Frühjahre 1708 die Besetzung Commacchio's.
Mit der Anerkennung des Königs Stanislaus und dem for-
mellen Abschlüsse der Altranstädter Convention im Herbste 1707 war
die Gefahr eines Zusammenstosses zwischen Oesterreich und Schweden
zwar für den Augenblick beseitigt, die schlesischc Religionsfrage aber
damit noch nicht von der Tagesordnung abgesetzt worden. Die Aus-
führung des Vertrages hatte neue Weiterungen zur Folge. Die „Refor-
rairten" behaupteten, dass die Altranstädtcr Convention, als auf dem
westpluilischen Frietlen berubeucl, nicht blos den „Lutheranern'', sondern
auch ihnen zu Gute komme. Diese Forderung fand bei den prote-
stantiifchen Staaten die bereitwilUgste Unterstützung ').
Ihre Fürbitten hatten nicht den gewünschten Erfolg. Nicht vom
kirchlichen Standpunete aus, sondern vom vollberechtigten seiner staat-
lichen Souverainität, in Avelehe jene Convention bedenklich eingegriffen,
war Joseph I. dagegen, jenem Vertrage eine weitere Auslegung
zu geben, als der Wortlaut verlangte. Indess die kaiserlichen Com-
missäre erklärten, was in Liegnitz, Brieg, Wohlau und anderen Orten
geschehen, involvire eine vollständige Erfüllung der Convention^), gab
sich der schwedische Plenipotentiär damit keineswegs zufrieden ; er
formulirte eine Reihe von Forderungen zur gänzlichen Erfüllung des
Vertrages. Unwillig und drohenden Tones behauptete er, weder die
Convention sei bisher erfüllt, noch das lutercessionsrecht seines Königs
beachtet worden.
Die Verschleppung der schlesischen Religionsfrage und die tiefe
Verstimmung des Wiener Hofes gegen Schweden ermunterte Peter I.
und August II. zu erneuten Versuchen, den Kaiser in den nordischen
Krieg zu verwickeln. Eine Tripel- Allianz zwischen dem Kaiser, dem
Zar und dem Könige von Polen, welcher eventuell auch Dänemark
beizuziehen wäre, wurde als das geeignetste Mittel gepriesen, den
Gefahren vorzubeugen, welche aus Schwedens steigender Macht
erwüchsen. Joseph I. für dassell^e Zugewinnen, wollten P e t e r I. und
August IL behülflich sein, zunächst die ungarische Rebellion endgültig
niederzuwerfen. Zwölftausend Mann und eine Million Thaler, letztere
freilich gegen gute Hypotheken in Schlesien oder Böhmen, bot der
Z a r, zwölf Reiter-Regimenter der W e 1 1 i n e r an. Dagegen sollte der
Kaiser sich in aller Form verbindlich machen, dem Letzteren seinerzeit
bei Wiedergewinnung des polnischen Thrones behülflich zu sein,
dem Ersteren aber verbürgen, dass er in den allgemeinen Friedens-
schluss direct aufgenommen werde, dass er aus diesem Kriege mit
Vortheil hervorgehe, d. h., dass ihm mindestens ein Fuss am
Baltischen Meere gewahrt bleibe. Der Kaiser sollte sich im Besonderen
verpflichten, nach Beendigung des Krieges in Ungarn oder Spanien
eine „wirksame" Vermittlung anzubieten und im Falle der Ablehnung
Schwedens gegen dieses mit allen Kräften einzuspringen.
Am AViener Hofe trug man nichts weniger als das Verlangen,
die Zahl der Schwierigkeiten, mit denen mau zu kämpfen hatte, um
'j Du Hamel IJrnyiiiiix uii K. .Jusüjili 1. ."U. •läiiin r 1708. — H.nrtlioldi aii den-
sellK-u 20, Februar 1708. I5ei<lu II. H. u. St. A.
•) Zinzendorff'.s Boricht an K. Jost-pli I. vom 20. Jänner 1708. H. H. u. St. A.
25
eine der bedenklichsten Art zu vermehren. Das Schwedt-'nlieer hig
um die Jahreswende noch in Quartieren an der Weichsel; Grund
genug-, sorgfältigst Alles zu vermeiden, was zu Verwicklungen
führen konnte. — Der Vorschlag wäre zu beachten, erklärte Prinz
Eugen dem sächsischen Unterhändler Grafen Wackerbarth,
wenn man jemand Anderen, als Karl XII. vor sich hätte; von ihm
müsste man aber gewärtigen, dass er, den geringsten Verdacht
schöpfend, vom Zaren sich abwende, in Polen Alles liegen und stehen
lasse und den Kaiser in seinen theils von inneren Kriegen beunruhig-
ten, theils von Truppen entblössten Landen überfalle ; seine Meinung
gehe dahin, mit den Unterhandlungen zu warten, bis man im Stande
sei, Schweden thatsächlich anzugreifen, oder bis man es wirklich
schon angegriffen. Mit Moskau sich früher zu engagiren, sei gefährlich.
Vor gänzlicher Pacificirung Ungarns könne der Kaiser sich in die
schwedischen Händel unmöglich einmischen •).
Weder die eindringlichsten Vorstellungen P e t e r I. und August IL
noch das Versprechen ausgiebigerer Hülfe zur Besiegung der ungarischen
Kebellen, endlich kräftigster Unterstützung gegen einen eventuellen
Angriff Karl XIL, vermochten diesen Standpunct des Wiener Hofes
zu verrücken.
Das Temporisiren In der grossen Frage des europäischen Nor-
dens war kaiserlicherseits durchaus gerechtfertigt. Zu Anfang 1708
durfte sich noch Niemand vermessen, die Lösung dieses grossen
Räthsels zu schauen. Ausserordentliches hatte Karl XII. an der
Spitze seines Heeres vollbracht. Ausserordentliches war noch zu
erwarten. Der ganze Tenor der russisch - sächsischen Allianz-Aner-
bietungen zeugte von nichts weniger als von absoluter Siegeszuversicht.
Gleich unberechenbar waren die Verhältnisse in Polen, wo Frank-
reichs Botschafter B o n a c eifrigst bemüht war, die auf der Sandomir'-
schen Conföderation beharrenden Senatoren und Magnaten und damit
die conföderirte Armee*) auf die Seite Karl XII. und St anislaus'
zu ziehen. Die Rücksicht auf den Krieg des „Grossen Bundes" und
') lieber das Verhältniss des Kaisers zum nordischeu Kriege, speciell zum
Zar und August II.: die Acten des H. H. u. St. A. Für obige Darstellung mass-
gebend das Protofüll vom 1. März 1708, Conferenz Eugens und Wratislaw's mit
dem Grafen AVackerbartli. Des Letzteren „Informations-Puncte" vom 22. März und
Wratislaw's Antwort vom 31. d. M. (Saxonia, Fase. 14). Für die Verhandlungen
mit dem Zar ein französisch ausgefertigtes Memoire ohne Datum und Unterschrift.
Ebendort: „Reflexiones", gleichfalls ohne Datum und Unterschrift.
-j Die sogenannte „Kron-Armee" wurde nur durch die moskowitischen Sub-
sidien und die von dort erwartete Hülfe bei der Conföderation erhalten. Zinzendorff
an K. Joseph I. Breshiu, 17. September 1708.
26
auf die Rebellion in Ungarn erlieisclite gebieterisch Vermeidung neuer
Verwicklungen mit Sclnvedcn. Andererseits repräsentirte der Zar ein
Gegengewicht zu Schweden, eine Hülfe im Kriegsfälle mit der Türkei
und, brüskirt, vielleicht sogar einen Feind, der die ungarischen Rebellen
moi'alisch und materiell unterstützen mochte. Sich mit dem Zar zu über-
werfen, war also gleichfalls nicht rathsam. Durch geschicktes Temporisiren
allein mochte es gelingen, die beiden Kriegs-Actionen des europäischen
Westens und Ostens auseinander zu halten. Von diesem Gesichtspuncte
musste das erneuerte Verlangen des Zars um Zulassung zur ,. Grossen
Allianz" beurtheilt werden. Daher wies auch Kaiser J o s e p h I. seine
Vertreter bei den Seemächten, Gallas \ind Heems, an, „dieses Werk
so zu tractiren, damit, es komme selbes zu Stande oder nicht, Uns so
wenig die Beförderung, als dessen Unterlassung beigemessen werden
könne" ').
Kaum war durch die Altranstädter Convention der Sturm be-
schworen, welcher vom Norden her über die kaiserlichen Erblande
loszubrechen gedroht hatte, als neue Gewitterwolken über dem
südöstlichen Horizont aufstiegen. „Friedliebend und von Natur
etwas furchtsam" schildert der kaiserliche Resident in Constantinopel,
Tal man, den regierenden Sultan; um so kriegerischer und kühner
war sein Grossvezier Ali Pascha. Unablässig rüstete dieser im
Herbste 1707 zum Kriege. Wohin dies abzielte, ob auf das Zaren-
reich, auf Ungarn oder auf Morea, wussten nur Wenige. Die wahre
Absicht ging dahin, Peterwardein wegzunehmen und vor Ofen zu
rücken, dessen man sich bei dem schlechten Stande der Befestigungen
leicht bemächtigen zu können schmeichelte. Die türkische und tata-
rische Reiterei sollte Steyermark, Oesterreich und Mähren durch-
streifen und die Landesbewohner wegschleppen. Von Ofen aus ge-
dachte man die Verbindung mit Belgrad und Temesvar zu Wasser
und zu Lande herzustellen und Siebenbürgen, Avie den an der Theiss
und Maros gelegenen Grenzplätzen, allen Succurs abzuschneiden.
Die grossen Vortheile darlegend, welche dem Grossherrn die
gegenwärtigen (,'onjuncturen gegen den Kaiser böten, drängte Ali
Pascha zur Entscheidung.
Dem scharfen Auge des kaiserlichen Residenten Talman waren
weder die Vorbereitungen zum Kriege, noch dessen Ziele entgangen.
Mit der Hand im Beutel f^clang es ihm, den Z a gar dschi - Ba schi
V K. .los.pli 1. an Gm11:is (Heems). Wim, 1. F<1.ni;ir 170K. II. IT. ii. St. A.
27
(OLerstjägermeistor) , und durch dessen und des grosslierrlichen
Leibarztes Vermittlung; den Kislar Agassi (Oberaufselier der
Eunuchen), der bei dem Sultan stündlich Zutritt hatte, zu gewinnen.
Eine Stelle des Koran, den Türken prophezeiend, ein Selbstherrscher
mit blonden Haaren werde ihnen das griechische Reich sammt Con-
stantinopel wieder abnehmen - - mit einem Bilde Joseph I. geschickt in
Verbindung gebracht, tliat ein Uebriges, Die hingeworfene Bemerkung:
wie Kara Mustapha's Friedensbruch der Türkei Ungarn, Sieben-
bürgen und Morea gekostet, so könne der jetzige Grossvezier leicht
ganz Rumehen und Constantinopel in Gefahr bringen, da der Kaiser
mit Frankreich, wann er wolle, Frieden schliessen und mit ganzer
Macht der Türkei auf den Hals fallen könne — die Erinnerung an
Prinz Eugen und den Tag von Zenta — wirkten. Auf ähnliche
Weise gelanges dem kaiserlichen Residenten, sich der Hülfe des Kul-
Kiajassi, Commandanten der Janitscharen, zu versichern. Talman
hatte sein Spiel gewonnen, als der Grossherr des Kaisers Bildniss
zu sehen verlangte. Vergebens war das Schreiben R ä k 6 c z i's, das am
8. Jänner 1708 zwei von ihm Abgesandte dem Chihaia des Gross-
veziers überreichten, des Inhaltes: „er halte nun zum letzten Male
bei der Pforte um Schutz an ; sollte er, wie bisher, verweigert werden,
dann sei zu besorgen, dass seine vornehmsten Adhaerenten die vom
Kaiser angebotene Gnade und Amnestie annähmen und die Pforte die
so gewünschte Conjunctur auf ewig verliere". — Umsonst. Der Friede
zwischen dem Kaiserhofe und der Pforte, ,, welcher eine Weile nur
an einem Haare gehangen", war gerettet. — Alsbald stellte der Gross-
vezier die Vorbereitungen zum Landkriege ein, und völlig beruhigt
vermochte Talman am 19. Jänner 1708 dem Hofkriegsrathe zu
berichten: des Grossveziers gefährlicher Anschlag gegen den Kaiser
sei hintertrieben und von der Türkei für die Campagne von 1708 nichts
Feindliches zu besorgen '). Nur die Rüstungen zur See wurden fortgesetzt
zur nicht geringen Besorgniss Venedigs; aber venetianisches Gold, vor-
nehmlich zur Bestechung des türkischen Admirals verwendet, und die
beständigen Versicherungen des venetianischen Bailo, der Kaiser würde
sich im Falle eines Bruches Venedigs unzweifelhaft annehmen, brachten
die Pforte auf andere Gedanken. Kaum zehn Kriegsschiffe wurden aus-
gerüstet; genug, die Küsten Calabriens und Apuliens zu gefährden^).
*) Michael Talman's Bericht an den Hofkriegsrath. Constantinopel, 19. Jänner
1708. 11. H. n. St. A. Dieses wichtige Schriftstück ward zu Wien am 12. Fehruar
präsentirt.
^) Tahiiau's Bericiit an den Hofkriegsrath. Constantinopel, 4. März 1708. II. H.
u. St. A.
28
Hatte die Thätigkeit und Gewandtheit Tahnau's, begünstigt
durch einen Aufstand der Krim-Tartaren und die Empörung eines
oreorofi sehen Fürsten, die Gefahr eines offenen Bruches in weitere
Feruen gerückt, so fehlte es doch nicht an ,, Fragen", welche die
Keime zu weiteren Zusammenstössen bargen. Die Affaire von Durazzo,
wo die sogenannte Fiumaner Galliota vor Jahren ein franzi'jsisches Schiff
entführt hatte, war noch nicht ausgetragen. Nicht darum handle es
sich, die Franzosen in Schutz zu nehmen, sondern für die Verletzung
der Würde der Pforte Genugthuuug zu erhalten, hatte der Gross-
vezier geäussert. Ein kaiserliches Rescript vom 21. April 1708,
ordnete endlich an, jenes nun zu Buccari liegende Schiff zur Abfuhr
segelbereit zu machen. — Die syrmische Grenzfrage — es handelte
sich um die Grenze von Szlankamen bis zum Triplex Confinium —
war gleichfalls nicht geregelt. — Das schlimmste Ansehen aber
hatte die sogenannte Kecskemeter Affaire. Türkische Kaufleute, welche
zu Szegedin kaiserliche Schutzbriefe erkauft hatten, waren zu Kecske-
met von raizischer Grenzmiliz überfallen, geplündert und vierzig
Türken getödtet worden *j. Wenn in dieser Affaire nicht volle Genug-
thuung gegeben werde, hatte I b r a h i m Pascha von Belgrad sich
geäussert, werde er einen Rachezug nach Slavonien unternehmen.
Die gleiche Drohung Avard zu Belgrad von den Türken offen aus-
gesprochen. Die genaue Kenntniss des traurigen Zustandes unserer
Grenze mache die Türken so insolent, bemerkte K e h e m, welcher mit
Ibrahim Pascha über die genannten drei Fragen zu verhandeln
beauftragt war *).
Die Schlacht von Almansa am 25. April 1707 hatte die Sache
Karl III. in Spanien zu einer fast hoffnungslosen gestaltet. Die
Königreiche Murcia , Valencia und Aragon waren in Folge dieses
einen grossen Schlages den siegreichen Waffen des Hauses B o u r-
b o n anheimgefallen. In Estremadura war Ciudad Rodrigo, in Cata-
lonien waren Lerida, Balagucr und Rosas in die Gewalt Philipp's
von Anjou gekommen. Karl HI. war sonach nur der grösste Theil
des Fürstenthums Catalonien mit den festen Plätzen Gerona , Bar-
celona, Tarragona und Tortosa, weiters vom Valencianischen nur
Denia und Alicante, endlich von den Inseln nur Mallorca, Iviza und
'j Talman's Roriclit. vom 10. .länncr 170S.
*) Ncliem's Hericlit .in rieii Hofkricpsr.itli. Pctcrw.nrdein, o. uud 4. .I.-iiiner 1708.
II. II. u. St. A.
29
Formentera verblieben, d. i. von dem ausgedehnten iberischen Gebiete
der spanischen Krone, dem Flächenraume nach etwa der fünfzehnte,
der Bevölkerung nach ungefähr der dreizehnte Theil. Dieses Vcr-
liältniss der Territorial- und Bevölkerungsbestände entsprach aber
auch — nach dem grossen Umschwünge, der im Vorjahre in der
politischen Anschauung der Mehrheit des spanischen Volkes ein-
getreten war — dem moralischen Machtgebicto der königlichen
Rivalen. So schien das Haus Bourbon nur noch Eines glückliclien
Feldzuges zu bedürfen, um den Krieg auf der Iberischen Halbinsel zu
beenden.
Wiewohl die siegreichen Waffen der Verbündeten bereits den
grössten Theil der spanischen Niederlande, Mailand und Neapel, der
l^Iacht des Hauses Bourbon entrissen hatten, war Karl IH. in Ver-
fechtung seiner Sache, in seiner- selbstständigen Kriegsfähigkeit, doch
wesentlich auf die bescheidenen Mittel beschränkt, welche das Fürsten-
thum Catalonien für den Krieg gewähren konnte. Die spanischen
Niederlande seufzten unter der drückenden VerAvaltuug Hollands und
trugen zum Ki'iege in Spanien nicht das Geringste bei. Mailand, nur
nominell und tictiv noch ein Theil der spanischen Monarchie, musste
die in Italien stehenden Kaiserlichen mit unterhalten. Das von der
früheren Regierung völlig erschöpfte Neapel endlich beschränkte sich,
zunächst wenigstens, auf die freiwillige Lieferung von Getreide nach
Catalonien. Dieses Fürstenthum, von jeher die gewerbfleissigste Pro-
vinz der Halbinsel, hätte unter gewöhnlichen Verhältnissen und unter
einer redlichen und zielbewussten Verwaltung immerhin nennens-
Averthe lebende und todte Kriegsniittel zu liefern, und unter An-
wendung geordneter Verpllegsmassnahmen allein die Ernährung der
Truppen der Verbündeten sicherzustellen vermocht. Jetzt aber lagen
Handel und Industrie in Folge des Krieges gänzlich darnieder. Die
Felder konnten nur zur Noth bestellt werden. Unter der erbärmlichen
Verwaltung des Staats-Secretärs Don Ramon de Vilaua Per las,
der seine ämtliche Stellung vorzugsweise zu seiner eigenen Berei-
cherung und zu der seiner gleichgesinnten Verwandten missbrauchte,
versiegten selbst die wenigen, für den Krieg benutzbaren Hülfsquellen.
Schon im Jänner 1708 war die materielle Noth in Catalonien
gross. General Stauhop e erklärte den verbündeten Höfen, dass man
unausweichlich verhungern werde, wenn mau noch einen Winter in
Catalonien verbringen müsse. Der Hof selbst befand sich in solcher
tinanziellen Verlegenheit, dass man nach des Fürsten Anton Florian
von Liechtenstein Zeugniss „für das, so des Königs Tafel er-
forderte, mit harter Mühe von einem Tage zum anderen den Cicdit
30
mehr uut'zutreilxii" wiisste'). Was der Fürst aber weiölicli nicht l^e-
richtete, war, dass er als königlichür Obersthofnicister durch seine
Verschwendung bei Bestreitung" der Aushv,c;en des Hothaltes, die mit
den sj);irlichen finanziellen llültsmitteln Karl's seltsam contrastirten,
/,u den tausend Verlegeidieiten wesentlich beitruij; , in welche der
König des steten Geldmangels wegen gerieth '').
Unter diesen Umständen, da man weder Keeruten und llemonten,
noch Geld und Credit hatte und aller Subsistenzmittel baar war,
konnte nur ein Appell an die Vormächte der „Grossen Allianz" aus der
Hülflosigkeit erretten, in der Alles unterzugehen drohte ^).
Keinen Geringeren als den Sieger von Turin an der Spitze aus-
giebigen Suceurscs, heischte Karl III. von seinem kaiserlichen Bruder.
Die Seemächte „zu zeitlichem und nachdrücklichem Beistande aufzu-
fordern", sandte er seinen erprobten Agenten, den Hofrath Baron
Zinzerling, nach Holland und England*).
Konnte Joseph I. seines Bruders Verlangen auch nicht in vollem
Umfange nachkommen, der Schwierigkeit seiner eigenen Lage ungeachtet
versprach er doch (nebst der für die Dauer des Krieges Karl III.
ausgeworfenen Subsidie jährlicher 300.000 11.) ^) einen ausgezeich-
neten Feldherrn und erneute ausgiebige Truppenhülfe. — Die General-
staaten erklärten zwar, des spanischen Krieges wegen neue Lasten
nicht übernehmen zu können, doch den eingegangenen Verpflichtungen
auch im Jahre I708 nachkommen zu wollen. — Grossbritannien
bewilligte für den spanischen Krieg eine Million Pfund Sterling.
Ob Karl III. auf spanischem Boden sich werde behaupten können,
hing voraussichtlich nur davon ab, dass der versprochene Succurs
rechtzeitig eintraf. Ueberschwenglichen Hoffnungen durfte man sich nach
den bisherigen Erfahrungen freilich nicht hingeben. Die Verhand-
lungen des grossbritannischen Parlaments und der Generalstaaten der
Vereinigten Niederlande, der Notenwechsel zwischen Wien, dem Haag
und London, die grossen Entfernungen, im Vereine mit den schlechten
Landverbindungen und dem unberechenbaren, weil von Wind und
Wetter abhängigen Seewege stellten eine Welt von Verzögerungen
vor. Dazu gesellte sich die schwerfällige, rascher Bewegung feindliehe
Orffanisation des internationalen Geldmarktes und die Kleinlichkeit von
') Liechteustein an K. Jo5ui)li I. I!;iicc,!i)ii;i, 16. April 1708. Kricgs-A. uud
H. 11. u. St. A.
'^) Arueth, Das Leben iles GratVn (JuIiId Starln;iiili(.'r<;.
^) Zinzerling an Wratislaw. llaaj,', 1. Mäiz 17()S. II. II ii. St. A.
*) Zinzerlinp an Prinz Eupjen. Mailand, G. Jänner 17(J8. Krieps-A., Spanien 170S.
*j H.,fkamnier-A.. 11 Oetol»nr 170,S.
31
Englands Finanzmännern, welche durch verspätete Annzahlung der
bewilligten Summen zu |)rofitiren meinten ').
Die Gesammtheit dieser Verhältnisse lastete wie ein uner-
träglicher Alp auf dem Hofe von Barcelona. Indem Karl IIT. sieh
einerseits als die wahre Verkörperung des Princips, das der „Grosse
Bund" auf seine Fahnen geschriehen, als den wahren Mittelpunct einer
ungeheueren Kriegsaction betrachtete, fühlte er sich andererseits als ein
zu absoluter Ohnmacht und Abhängigkeit Verurtheilter, Tiefe Miss-
stimmung erfüllte seine stolze Seele. Sein Unniuth galt vorwiegend
dem Wiener Hofe. Die Selbstsucht seemächtlicher Politik mochte
Karl HL begreiflich linden. Dass aber der durch die lebendigsten
Bande des Blutes nahe Wiener Hof statt sein Bestes an die Verthei-
digung spanischen Erbrechtes zu setzen, eine auf das eigene Inter-
esse gerichtete kühle Realpolitik verfolgte, dünkte ihm mehr als ein
Fehler.
Dank den grossen Subsidien, welche Victor Amadeus von
Savoyen von den Seemächten und insbesondere von England bezog,
und den Vortheilen, welche ihm aus der Theiluahme an der „Grossen
Allianz" bisher erwachsen; Dank der ungeduldigen Erwartung, noch
im Laufe des Jahres 1708 in den Besitz des Montferrat- und der ihm
vertragsmässig cedirten Theile des Mailändischen gesetzt zu werden;
Dank endlich der Hoffnung auf weiteren Gewinn, den nur treues
Ausharren an der Seite seiner bisherigen Verbündeten zu verbürgen
vermochte: versprach Victor Amadeus dem „Grossen Bunde" bis
zum Ende des Krieges treu zu bleiben -). Für die Campagne von 1708
waren die Vormächte der Coalition der savoyischen Mitwirkung
absolut sicher. Was vermochte Frankreich dem Herzoge jetzt zu
bieten? Tractatmässig zugesichert waren ihm dagegen alle jene
territorialen Errungenschaften, welche den Verbündeten im weiteren
Kampfe von Savoyen, der Dauphine und der Provence zufielen. Da
galt es, mit dem äussersten Aufgebot an Kraft einzugreifen. In der
That kam auch Savoyen jetzt zum ersten Male seit Beginn des Krieges
seinen vertragsmässigen Verpflichtungen in vollem Umfange nach.
Um aber der Mitwirkung der kaiserlichen Streitkräfte im grössten
Umfange sicher zu sein , bestürmten Savoyens Vertreter die See-
mächte mit Klagen über die Saumseligkeit und Unvollständigkeit
der kaiserlichen Rüstungen in Italien.
') Gallas au Prinz Eugeu. Luudon, 7. December 1708. Krieg's-A. ; Fase. XII. 5.
-) Hcunis au K. .Joseph I. Haag 1. Februar 1708. H. H. u. St. A. llullaudica.
— Graf Castelbarco an K. Josepli I. Mailand, ij?. November. Krieg.s-A., Italien 1708:
Fase. :XI. ad 48-
32
Auch der Treue Portugals ward der „Grosse Bund'' für das
Jahr 1708 sicher, wiewohl Frankreich diesem Köuigreiclu! als Preis
dafür, dass es aus der Coalition trat, dieselben Platze in Castilien
zusagte, welche jene ilnn versprochen. Wiewohl Frankreichs Vorschlag
durch Vermittlung des päpstlichen Nuntius sogar vor den Staatsrath
gelangte und das portugiesische Ministerium mit Paris und j\Iadrid
über diesen Gegenstand offenen Verkehr unterhielt, blieb Portugal dem
„Grossen Bunde" treu. Zu den namhaften Vortheilen, welche das König-
reich als Vermittler scemächtlich - spanischen Handels genoss , den
bedeutenden Subsidien, welche der portugiesische Hof bezog, gesellte
sich ein weiteres Bindeglied. Der junge K(3nig Philipp stand eben
im Bcgriflfe, sich mit der Erzherzogin Maria Anna, Schwester
Kaiser Joseph I. zu vermählen. Alan versprach in Lissabon für den
Krieg die äusserstcn Anstrengungen zu machen. Glücklicherweise
täuschte man sich weder in London, noch im Haag, noch auch in
Wien über die praktischen Consequenzen solchen Versprechens *).
*) Cietifuej!:os an Wiatislaw. Lissabou, 22. März 1708. H. H. u. St. A.
Kriegspläne und Wahl der Peldlierreu.
Mit dem Entschlüsse, den Kampf gegen das Haus B o u r b o n
mit aller Kraft fortzusetzen, war die „Grosse Allianz" in das siebente
Jahr ihres Bestandes getreten. Nun galt es, das Triebrad dieser schwer-
fälligen Maschine über den todten Punct hinweg und in SchAvung
zu bringen.
An den Schwierigkeiten dieses Problems hatte keine der Vor-
mächte der Coalition so grossen Antheil, wie Oesterreich. Kein Kleines
war es, inmitten der Gefahren, welche dem Kaiserstaate von den
äusseren Mächten Europa's, insbesondere von Schweden und der Türkei,
drohten, der zweifachen Aufgabe des Krieges in Ungarn und gegen
das Haus B o u r b o n zu obliegen, die Pflichten des Verbündeten mit
denen der Selbsterhaltung in Einklang zu bringen. Kein Kleines war
es, in der Fülle von Combinationen und Consequenzen, welche für
den Staatsmann, wie für den Krieger, in Betracht kamen, Zweck, Ziel
und Mittel wohl zu erwägen, das Richtige zu erfassen, das Mögliche
auszuführen.
Nicht nur das Unvermögen, der ungarischen Rebellion mit zer-
schmettei'nder Energie entgegenzutreten, ihr Gebiet in Einem Zuge
zu erobern, sondern auch das ganze politische Verhältniss des Kaisers
zu diesem Lande, behauptete einen entscheidenden Einfluss auf die
für das Jahr l708 zu fassenden Entschlüsse. In dem Stadium des
Verhandeins, in welchem man sich befand, konnte der Krieg in der
That nur eine kräftigere Art von Diplomatie sein. Ein ermässigendes
Moment machte sich umsomehr geltend, als die Rebellion ihren
Höhepunct bereits überschritten hatte, ein Aeusserstes nicht mehr
zu befürchten stand. Der Kriegsplan gegen Ungarn steckte sich
hiernach für das Jahr 1708 beschränkte Ziele: die Erblande gegen
die Einftille der Rebellen besser zu verwahren, das Land diesseits
Feklzüge des Priuzcu Eugen vou Savoyen. II. Serie, I. Baiifl. O
34
der Donau und diesen Strom sülbst vom Feiade gänzlich zu l)efreien^
in das Herz des Landes tiefer einzudringen, für den Winter ein
grösseres Gebiet für die Subsistenz der Truppen zu gewinnen und
die Verbindung mit Siebenbürgen allezeit offen zu halten '). Mit dem
Befehle in Ungarn ward an Guido S t a r h e nib er g's Stelle Feld-
marsehall Graf Siegbert Heister betraut, ein General, thätig, tapfer,
thatkraftig, auf vielen Schlachtfeldern erprobt, zum selbstständigen
Führer aber so wenig berufen, dass Prinz Eugen ihn nur in Ermang-
lung einer geeigneteren Persönlichkeit in Vorschlag gebracht hatte.
Das Schlimmste befürchtend, drang der Prinz wiederholt darauf,
dass man dem Feldmarsehall ganz bestimmte Instructionen gebe ^).
Für das Commando in Siebenbürgen, dessen Feldmarschall Graf
Rabutin krankheitshalber enthoben werden musste, wurde FML.
Georg Freiherr von Kriechbaum bestimmt; ein General, welcher
in den letzten Jahren in Italien gedient und dort des Prinzen Eugen
Vertrauen gewonnen hatte ''). Er sollte in Siebenbürgen festen Fuss
behaupten, mit seiner Hauptkraft aber ausserhalb des Landes, und
zwar im Einklänge mit der kaiserlichen Armee in Ungarn operiren.
Wenn dies unthunlich, hatte er an der Theiss und der Maros wenigstens
drei Regimenter zu verwenden, welche die Verbindung mit den Erb-
landen offen halten, nach Umständen aber auch zuHeister's Armee
stossen sollten *).
Ungleich verwickelter, schwieriger und grösser war die Auf-
gabe, des Kaisers Mitwirkung in dem Coalitionskrieg gegen Lud-
wig XIV. planmässig festzustellen. Sie konnte niemand Anderem
zufallen, als dem Sieger von Turin, dem Prinzen Eugen von
S a v 0 j e n.
Wolle man in Deutschland angriifsweise auftreten, was er befür-
worte, äusserte der Prinz in seinem Memoire vom 20. October 17()7,
müsse man zwei Armeen aufstellen, eine am < )ber-Rhein und eine an
der Mosel. Letztere Armee müsse dann dort agiren, wo man es im
') Instruction für den FuldinarscliaU Graf Heister. Wien, 4. April 1708. Registr.
des K. K. 31. 1708, Ai)ril, Nr. 4G, dauu Mai, Nr. 411.
^) l'iiu/. Eu-^eii an den Kaiser, 27. Juni 1704. Sein Gutachten aus dem
Monate Jänner und .seine JJriefe an lliicll. Kriepjs-A., Unj^aru 1708; Fase. I. G,
IX. 'J6 und X. 7.
Uioprapliisclie Skizze Heister'«, Hand II, Seite Gl dieses Werkes.
3) K. Josf-idi I. an lialiutin, 11. K(d)ruar 1708. Kegistr. des K. K. M.,
Felnuar 1708, Nr. 201.
*J Instruction für Kahntin. Re^nstr. des R. K. M., Fel)ruar 1708, Nr. 204,
und Instruction für FMIi. Kriechl>auni. Wien, 4. März 1708. Registr, des R. K. M.,
März, Nr. ,ö2.
35
Einvernehmen mit den Verbündeten als den Verhältnissen am besten
entsprechend erachten werde *). In den Niederlanden sei der Krieg
vertheidigungsweise zu tiihren, doch würden weder England noch die
Gencralstaaten hiefür zu gewinnen sein. Würde beschlossen, in den
Niederlanden angrifFsweise zu verfahren, müssten Anstalten getroffen
werden, welche einen durchschlagenden Erfolg verbürgten. In Italien
befürworte er die Offensive, Avenn die Operationen in Spanien und
im Reiche sie nicht verhinderten ; dann müsste aber das in Italien
stehende Fussvolk vermehrt werden. Wolle man sich aber auch auf die
Defensive beschränken, so sei es, solle Italien wirklich gesichert sein,
unzulässig, viel Truppen herauszuziehen. Die Eroberung von Sicilien
und von Sardinien sei jedenfalls anzustreben. An ein offensives
Auftreten auf der Iberischen Halbinsel könne nur dann gedacht
Averden, wenn die Verbündeten, ausser den Besatzungstruppen, in
Catalonien bis Ende März eine vollkommen ausgerüstete Feld-Armee
von 35.000 Mann, in Portugal ein Corps von 15.000 bis 18.000 Mann
wirklich aufzustellen vermöchten *).
Dieser Entwurf entsprach, abgesehen von den militär-technischen
Motiven , durchaus den politischen Interessen Kaiser Joseph I.
Indem der Schwerpunct der ganzen Kriegshandlung des „Grossen
Bundes" in die beiden deutschen Armeen am Rhein und an der
Mosel verlegt wurde, erschien der Kaiser endlich wieder dort stark,
wo er es immer hätte sein sollen. Wie der Sieg von Turin auf
italischem Boden, mochte ein entscheidender Erfolg, an Deutschlands
Westgrenze eiTungen, die alte Kaiserherrlichkeit im Reiche neu be-
leben. An die Haupthandlung schloss sich allenfalls ein Offensivstoss aus
Piemont nach Burgund fördernd an, indess die Eroberung von Sicilien
und Sardinien die kaiserliche Machtstellung in Italien vervollständigte.
Au Spanien und den Niederlanden hatte der Kaiser nur ein Interesse
zweiten Ranges, jedenfalls ein geringeres, als die Seemächte.
Weder Joseph I. noch Prinz Eugen verhehlten sich, dass die
Durchführung dieses Entwurfes, was zum mindesten die Haupthandlung
betraf, an den Verbündeten entschiedene Widersacher finden werde.
Beide Seemächte wollten die Hauptmassen auf dem Schauplatze
der spanischen Niederlande concentrirt sehen. Der gesunde Sinn des
*) Dieser Gedanke, im Jalire 1708 eiue selbstständige Armee au der Mosel
zusammenzuziehen, um sie nach Erforderniss der Umstände entweder am Ober-l?hein,
oder in Flandern mitwirken zu lassen, kommt bereits in dem Schreiben zum Ausdrucke,
welches Prinz Eugen am 31. August 1707 von St. Laureut aus an Marlborough
richtete. Coxe, Memoirs, vol. II, pajr. 405.
'■*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. Xlll. 6 a und ad 6 a.
3*
36
englischen Volkes fand in der möglichsten Vereinigung der eigenen
Streitkräfte nahe dem Mutterlande eine IJürgsehaft für dessen Kühe und
Sicherheit. Die Regierung meinte dieser Forderung der Nation Rechnung
tragen zu müssen. — Aus anderen Gründen war Holland für den flan-
drischen als Haui)t- Kriegsschauplatz. Jede Errungenschaft hier kam der
angestrehten ,.Barriere" zu Gute, vergrösserte das der holländischen
Verwaltung überantwortete Ausbeutungs-Object. Zudem sicherte die
Versammlung grosser Heeresmassen in Flandern den holländischen
Lieferern reichen Gewinn. Dass endlich Frankreich, Avie man wusste,
seine Hauptkraft auf die Niederlande zu werfen beabsichtige, musste
die Seemächte vollends bestimmen, diese zum Haupt-Kriegsschauplatze
zu wählen.
So gross die Interessen waren , welche beide Seemächte an
Spanien hatten, der Gedanke: das Schwergewicht des Krieges dahin
zu verlegen, war ihnen zu Anfang des Jahres 1708 gänzlich ferne.
Wohl hatte sich das britische Cabinet der Forderung Karl IH., nach
dem Prinzen Eugen als Ober-Befehlshaber in Spanien, auf das
Wärmste angenommen und dadurch auch Holland mitgerissen, aber
man hatte die Sache selbst in England niemals ernst genommen.
Man kannte zu St. James den Wiener Hof zu gut, um anzunehmen,
dass derselbe diesem Verlangen jemals entsprechen werde. Die
Entsendung Eugen's nach Spanien wäre vom Standpuncte des Kaisers
in der That ein nicht wieder zu verbessernder Fehler gewesen. Der
Prinz, als Präsident des Hofkriegsrathes der wahre Mittclpunct des
kaiserlichen Kriegswesens, als Feldherr und Staatsmann gleich unent-
behrlich, konnte unmöglich an einer Stelle Verwendung finden, Avelche
von jedem Gesichtspuncte kaiserlicher Politik als eine secundäre sich
darstellte. Dem Feldherrn Eugen hätte zudem ein ansehnlicher
Bruclitheil des kaiserlichen Heeres Folge geben müssen, eine
weitere Zersplitterung der Streitkräfte, geeignet, Joseph I. Abhängig-
keit von den Seemächten noch mehr zu gewährleisten. Schon am
28. December 1707 hatte daher der Kaiser über Vorschlag des Prinzen
Eugen entschieden, dass Feldmarschall Guido Starhemberg den
Befehl in Catalonien führe.
Wie wenig diese Entscheidung in London und im Haag auch
übcrraschon konnte, gab sie den Seemächten doch Stoff zu einer
Hochfluth von Klagen. In England hatte man mit dem Verlangen nach
Prinz Eugen der Nation die Aussicht eröffnet, das Hauptgewicht
des spanischen Krieges, wenn auch nicht finanziell, so doch militärisch
auf die Schultern des Kaisers zu übertragen. Die Entsendung Prinz
E u g 0 n's nach Catalonien erschien als eine sichere Bürgschaft des
37
Erfolges; für diesen aber öffnete das Parlament williger und freigebiger
den Staatssäckel. Sowie das Mittel seinen Zweck erfüllt hatte, wickelte
die britische Regierung langsam ab. „Roden wir nicht weiter von
der Sache," äusserte j\I a r 1 b o r o u g h gegen W r a t i s 1 a w, „gegenwärtig
kommt es darauf an, dass der General (Guido Starhemberg) sich
binnen Kürzestem an der Spitze der spanischen Armee befindet und
hoffentlich schon auf dem Wege ist ')." Auch die Holländer fügten
sich angesichts der bedeutenden Persönlichkeit S t a r h e m b e r g's dem
kaiserlichen Beschlüsse, aus dem übrigens wieder andere Schwierig-
keiten erwuchsen.
Abgesehen davon, dass Karl III. sich durch diese Lösung tief
verletzt fühlte, fachte die voraussichtHche Verwendung Prinz E u g e n's
auf dem deutscheu Kriegsschauplatze die Eifersucht des Churfürsten
Georg Ludwig von Hannover zu heller Flamme an. Der mächtige
deutsche Reichsstand, noch mehr der voraussichtliche Thronfolger
Grossbritanniens erheischte weitgehende Rücksichten. Kaiserliche und
seemächtliche Bestrebungen mussten sich vereinigen, den zürnenden
Weifen zu beschwichtigen.
Die Verhandlungen über italische Kriegsfragen wurden wesentlich
erschwert durch das Misstrauen , mit welchem England und Holland
die kaiserliche Politik in Italien verfolgten und welches sie bestimmte,
dem Herzog Victor Amadeus jede erdenkliche Förderung ange-
deihen zu lassen. Als der Kaiser im Herbste 1707 fünf seiner
Regimenter aus Italien zog und an die Königin von England das
Verlangen stellte, sie möge die dort in ihrem Solde stehenden
hessischen und sachsen-gotha'schen Truppen zum Dienste am Rhein
bestimmen, antwortete das Cabinet von St. James mit einem förmlichen
Protest gegen solches Ansinnen und gegen jede Schwächung der dem
Befehle des Herzogs Victor Amadeus unterstellten Truppen über-
haupt. Später hatte auf der im November 1707 im Haag stattfinden-
den Conferenz, welche den Kriegsplan für 1708 erörterte, freilich
anerkannt werden müssen, dass es mimöglich sei, von Piemont aus
mit mehr als 35.000 bis 40.000 Mann zu operiren, dass diese Truppen-
macht al)er auch hinreiche, eine beträchtliche Diversion zu machen'').
Darüber, dass von Piemont aus offensiv operirt werden müsse,
war man allerdings einig, nicht so bezüglich der Operationsziele und
der nach ihnen führenden Wege. Da territoriale Errungenschaften im
1) Noorrlen UI. 250.
'■') Memoire P. Medow's , Wien, 16. November 1707, und die bezügliclie
Antwort des kaiserlichen Cabinets, Wien, 1. December 1707; beide H. H. u. 8t. A. 1707;
Fase. Entrland.
38
Delphinat vertragsraässig Victor A ni aJ e u s, solche in Burgund dem
Kaiser zufielen, war in dem Operations-Entwurfe, mit welchem zu
Beginn des Jahres 1708 der erstere den Oberst Marchese de Cour-
tau ce nach Wien sandte, auf die Invasion des Delphinats abgezielt.
„Da Savoyen einen guten Theil seiner Truppen in den Festungen
belassen müsse," hiess es weiter, ,,künne es statt 15.000 nur 8000 Mann
ins Feld stellen. Den Ausfall hätte der Kaiser zu decken. Das
gesammte Verpllegs- und Transportswesen wäre in der Hand des
Herzogs zu vereinigen, welchem das volle Dispositionsrecht eingeräumt
werden müsse.-*
In "Wien war man nichts weniger als geneigt, auf diese Vorschläge
in allen Stücken einzugehen.
Im Gegensatze zu des Herzogs Vorschlägen beantragte der
Hofkriegsrath die Operation durch Savoyen als die entscheidendste.
Von Savoyen aus könne man sich gegen das Delphinat oder gegen
Lyon, oder auch gegen Burguud wenden. Der Genfer See und die
Schweiz erleichterten wesentlich die Verpflegung. Nur wenn diese
Operation zu schAvierig, könne man sich mit der Eroberung von
Exilles, Fenestrelles und Briancon begnügen. Von einer Vermehrung
der in Italien stehenden kaiserlichen Truppen sei abzusehen. Das
Ober-Commando komme wohl dem Herzoge Victor Amadeus zu;
ihm aber nebenbei noch alle Subsistenz- und Geldmittel anzuvertrauen,
wäre für das gemeine Wesen allzu gefährlich und auch sonst nicht
räthlich.
Im Sinne dieses Referates entschied sich Joseph I. schon am
24. Februar für die Operation durch Savoyen und auf Briancon*), eine
Entscheidung, welche nunmehr auch Victor Amadeus für seinen
Detail-Entwurf als Grundlage annahm.
Zum Commandanten seiner zur Armee in Piemont bestinnntcu
Truppen ernannte Jose[ih I. am 31. Mai den Statthalter von Neapel,
Feldmarschall Graf Wirich Dann. Er wurde angewiesen, sich so
geschwind als möglich nach Piemont zu begeben, „weil kein Augen-
blick zu versäumen, dass der Herzog von Savoyen einen General
an der Seite liabe, der ein wenig auf sein Thun und Lassen Achtung
gebe^)-*.
Das Commando der Kaiserlichen in Neapel übcrnalun Feldmar-
schall Prinz P h i 1 i }) p von H e s s e n - D a r m s t a d t.
') Registr. des R. K. M., Februar 1708, Nr. 149 und 437.
^) K. .Joseph I. an Feldmarsdiall Dann, 31. Mai 1708. Kriegs-A., Neapel 1708;
Fase. V. 1-J.
39
Die zwischen den Vormächten des „Grossen Bundes" ]>estehenden
Differenzen möf^-lichst auszugleichen, für die Kriegshandlung eine feste
Gruudhige zu schaffen, hatten Prinz Eugen und der Herzog von
Marlborough persönliche Begegnung herbeigewünscht. Sie sollte
ursprünglich zu Frankfurt ötatthal)en ; die Rücksicht auf Holland
Hess die Wahl auf den Haag fallen.
Prinz Eugen erreichte denselben am 10. April. Am 2(J. März
war er von Wien aufgebrochen. Seinen Weg über Dresden und
Hannover nehmend, hatte er von August II. die Zusicherung erhalten,
dass er nichts unternehmen werde, was dem Kaiser „präjudicirlich"
sein könnte. An der Alle vorsprechend, hatte der Prinz einerseits
der Empfindlichkeit Georg Ludwig's gefröhnt, andererseits ihn auf
die Entscheidungen vorbereitet, welche die TIaager Conferenzen bringen
sollten.
Die letzteren kamen mitMarlborough's Eintreffen, wahrscheinlich
am Morgen des 12. April, rasch in vollen Gang'), Nachdem beide
Helden am Abende dieses Tages den versammelten Generalstaaten über
Umfang und Ziel der Rüstungen ihrer Souveraine berichtet, wobei
aber nur im Allgemeinen und von jenen Puncten gesprochen wurde,
welche von keiner besonderen Consequenz und kein Geheimniss *),
begannen folgenden Tages die massgebenden Conferenzen des Trium-
virats, Avclchen ab und zu die hervorragendsten Staatsmänner Hollands
beigezogen wurden.
Die erste dieser Berathungen galt den spanischen Angelegen-
heiten. Die Instruction, welche Guido Starhemberg am 22. Februar
vom Kaiser erhalten, hatte die Aufgabe des Feldmarschalls, im Geiste
des von Prinz Eugen vorgelegten Entwurfes, ganz allgemein dahin
formulirt, dass er noch vor Eröffnung der Feindseligkeiten eine
Stellung beziehe, welche der Verbindung mit Barcelona , d. i. mit
dem Meere, sicher, und in welcher er bis zum Eintreffen des Succurses
auszuharren vermöge. Die weiteren Operationen waren ganz seinem
Ermessen überlassen ^). Dass es gelingen werde, zu behaupten, was
K a r 1 III. an spanischem Boden noch besass , war , wenn überhaupt,
nur dann zu hoffen, wenn alle Truppen der Verbündeten in Spanien
dem Oberbefehle S t a r h e m b e r g's unmittelbar unterstellt wurden.
Schon vor Mar Iborough's Eintreffen im Haag war es I*rinz Eugen
gelungen, den Rathspensionär für diesen Gedanken zu gewinnen.
') Kriegs-A., Nietlerlande 1708; Fase. XIII. 27.
■^) Prinz Eugen an K. Jusepli I. Krieg.s-A., Niederlnnfle 1708; Faric. XIII. 18.
^) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. II. 17, 18 und 19.
40
Graf NoyeUes war von den Generalstaaten bereits aus Spanien
abberufen worden. Als Gesandter und Befehlshaber der britischen
Truppen dortsclbst, an Lord R i v e r"s Stelle , ward S t a n h o p e
designirt. Die gleichen Functionen in l^ortug-al auszuüben , war
Lord GaUway bereits in Lissabon eingetroffen. Als nun das schon
früher an den Kaiser gestellte Verlangen , einen neuen Succurs
nach Spanien zu senden, zur Sprache kam , und der Prinz die
Bereitwilligkeit hiezu äusserte, bestätigte sich, was er befürchtet hatte.
]N[ ar Ib 0 r o ugh gestand, jenes Verlangen sei nur des Parlaments
wegen gestellt worden ; man habe aber nicht geglaubt, dass der
Kaiser darauf eingehen könne. Schliesslich einigte man sich dahin,
dass von den in Italien stehenden Kaiserlichen 4000 Mann nach
Catalonien überschifft und dort auf Englands Kosten unterhalten
werden sollten ').
Wiewohl die (falsche) Nachricht, dass der Feind auf der Iberischen
Halbinsel seine ganze Macht gegen Portugal wende, den Seemächten
nicht geringe Verlegenheiten bereitete, ward dem Prinzen Eugen, da
er darauf drang, eine grössere Truppenzahl dahin zu überschiffen,
erwidert, es sei im Augenblicke unthunlich. Die in Portugal stehenden
britischen Bataillone könnten vor Juni kaum ergänzt und in Stand
gesetzt werden, auch fehle es an Schiffen. Im Vertrauen eröffnete
Marlborough dem Prinzen, man beabsichtige, die nach Portugal
bestimmten Truppen auf 5000 bis 6000 Manu zu bringen, denselben etwas
Reiterei zuzutheilen und mit ihnen vorerst gegen die Küste Frank-
reichs zu operiren. Gegen den August zu sollten sie nach Portugal
gesandt werden.
Schon in einer der ersten vertraiüichen Unterredungen mit
M a r 1 b o r o u g h und H e i n s i u s nahm Prinz Eugen die Gelegenheit
wahr, im Sinne seiner Instruction dem Drängen des Herzogs von
S a v o y e n — ehestens in den Besitz des Montferrat und der ihm ver-
tragsmässig cedirten Theile von Mailand gesetzt zu werden — ent-
«reirenzutreten und die Politik der Seemächte: Victor Amadeus
auf Kosten des Kaisers zu heben, grell zu beleuchten. Das Schäd-
liche dieser Politik an der naheliegenden Möglichkeit einer abermaligen
Schwenkung des Herzogs gegen Ludwig XIV. rückhaltslos klar-
legend, betonte der Prinz, wie ungereimt und den Interessen der
Seemächte zuwider es wäre, Victor Amadeus abermals ein Stück
des ohnehin schon so selir verstümmelten Ilerzogthums Mailand abzu-
treten. Von Seite des Kaisers sei Alles geleistet worden, was möglich
M Marlborouf,'li <aii Buyle, 17. April, 1. Mai; au Snu.lrrlaiul, 4. Mai. Murray III.
41
und wozu er durch die Vcrträii;e verpflichtet. — M ar 1 1) o r ough
zeigte sicli ängstlich bemüht, zwischen beiden Theilen ausgleichend
zu vermitteln; handelte es sich doch seines Erachtcns um das Gelingen
des italischen Feldzuges. Zu gleichem Zwecke sei bereits General
P a 1 m e s von England nach Wien und Turin entsandt worden 5 seine
stärksten Hoffnungen aber setze er — Marlborough — in Prinz
Enge n's Einfluss und Vermittlung *).
Trotz ihrer unbestrittenen Seeherrschaft hatten England und
Holland im Laufe des Successionskrieges aus ihren Mittelmeer- Flotten
nicht jenen Nutzen gezogen, welcher im Interesse des Landkrieges
erwartet worden war. Widerhaarigkeit , namentlich der britischen
Flotten- und Schiffs-Commandanten, und die alljährliche Räumung des
Mittelmeer-Beckens zu Beginn des Winters, hatten die Interessen der
Alliirten nicht wenig geschädigt.
Mannigfach waren die Aufgaben, welche der verbündeten Mittel-
raeer-Flotte 1708 harrten. Einerseits sollte durch sie die Südküste Frank-
reichs beständig bedroht, sollten die Bourbons verhindert werden, nach
Sardinien, dem spanischen Toscaua und Sicilien Verstärkungen zu werfen ;
galt es den Kirchenstaat, Toscana und Genua abzuschrecken, sich unter-
einander und mit Frankreich zu verbünden; andererseits sollte sie dem
an Cataloniens Felsgestade sich klammernden Karl IH. einen sicheren
Rückhalt bieten, ihm rechtzeitig Truppen und Kriegsbedarf zuführen,
endlich die Expeditionen gegen Sardinien und Sicilien, diese Korn-
kammern Cataloniens und Neapels, ausführen helfen.
Ueberzeugt, dass die beiden letzteren Unternehmungen nur
gelingen könnten, wenn die Action der Flotte einem einzigen Willen
untergeordnet würde, drang Prinz Eugen darauf, dass man die
Admirale anweise, den Befehlen Karl III. absolut nachzukommen.
Man erwiderte mit allen erwünschten Zusicherungen. Mit welchem
Eifer die Seemächte der gemeinen Sache zugethan seien und wie
sehr sie deren Nutzen ihren eigenen Interessen vorzögen, möge man
') W. Coxe's Memoirs, vol. II, pag. 404 — 405. Man vergleiche damit Marlborough's
Schreiben au Victor Amadeus (Haag, 17. April 1708. Murray III.), und da.s fortge-
.setzte Drängen der Seemächte zu Gun.sten der Aussprüche, de.s Herzogs von Savoyeu.
Diese eifrige Verwendung, gibt Daniel Dolfiu zu versteheu, habe Victor Amadeus
eigentlich durch Bo.stechuug des Herzogs von Marll)orough zu erlangen gewusst, welchem,
nachdem er einmal gewonnen war, es nicht schwer fiel, bei den Seemächten der
Meinung Eingang zu verschaffen, es liege in ihrem Vortheil, Oesterreich zu Gunsten
eines Staates zu schwächen, der sich immer in einem gewissen Verhältnisse der
Abhäugigkeit zu ihnen liefinden werde. Arneth: Die Relationen der Botschafter
Venedig.s ül)er Oesterreich im 18. .Jahrhundert. Seite XX und XXI. Fontes rerum
austriaciruni. XXTI. Band.
42
daraus erkennen, dass der französiselien Expedition gegen Schottland
ungeachtet, Admiral Leake nicht nur nicht aufgehalten, somlern
angewiesen worden sei, seine Fahrt fortzusetzen * ). Die Flotte habe
bereits Befehl, Alles zu thun, was Seine katholische Majestät verlange.
— Dass trotzdem Alles dem Ermessen der Admirale anheimgestellt
blieb, erhellt aus der ( )rdre, welche nach dem Beschluss der General-
staaten vom 16. April dem holländischen Vice-Admiral von Wasscnaer
zukam. Falls die Eroberung von Sardinien und Sicilien vom König
von Spanien verlangt werde, hiess es da, habe er die Durchführbarkeit
im Einvernehmen mit dem Flotten-Commandanten Ihrer Majestät der
Königin von England zu prüfen und, Ijei erzielter Uebereinstimmung,
zur Durchführung beizutragen, ohne dass andere, wichtigere Unter-
nehmungen hiedurch vernachlässigt Avürden -).
Da ]\[ar Iborough auch im Haag von den politischen Vor-
gängen in England fast ganz absorbirt wurde, fiel die Aufgabe, die
Grundlinien des Haupt-Operations-Planes festzustellen, wesentlicli dem
Prinzen Eugen zu. Hatte sich dieser schon zu Wien nicht verhehlen
können, dass die Seemächte für seinen ersten Entwurf — Verlegung des
Schwerpunctes der Kriegshandlung auf den deutschen Kriegsschauplatz
— kaum zu bestinnnen sein würden, so überzeugte ihn der persönliche
Verkehr mit den Führern seemächtlicher Politik, dass an dessen
Realisirung gar nicht gedacht werden könne •*). Dank der Kascliheit,
') Prinz Eugen an Karl III. Haag, 17. Ai.ril 1708. Kriegs-A., Spanien 1708
Fase. IV. 11.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 22 a.
^) „Sie können sich denken," .schreibt Marlborougli am Tage nach der Conferenz
an Royle, „dass die Geueralstaaten niclit geneigt sind, darauf einzugehen. Ich selbst muss
bekennen, dass es mir in der gegenwärtigen Lage sehr nothwendig erscheint, dass wir
in der Lage seien, auf dieser Seite offensiv aufzutreten, damit wir gleichzeitig unsere
Angelegenheiten in England im Auge behalten und den Feind verhindern und abschrecken
mögen, an eine noclimalige luva.sion zu denken, wozu er wohl Lust verspüren könnte,
wenn wir uns in Flandern zu sehr schwächten." Murray III, 698. — Wie man in
England über Eugen's Entwürfe, von der Mosel aus in Frankreich einzudringen,
dachte, l)ezeugt eine charakteristische Stelle aus Godoljjhin's Briefe, aus Newniarket,
19. April, welche zudem ein interessantes Streiflicht auf das Verhältniss Englands
zum Kaiser wirft. „Die Entwürfe des Prinzen Eugen missfallen mir durchgelien<ls,
sell)st wenn sie die Wahrscheinliclikeit des Gelingens für sich hätten. Man betrachte
nur, was geschah, als der Wiener Hof Herr von ganz Italien war. Ist es nicht un-
überlegt, ihm ähnliche Macht auch am Rhein und an der Mosel zuzuwenden und
die Gelegenheit zu versäumen, endlich einmal alle unsere eigenen und die Soldtrnppen
näher an der Heimat beisammen zu haben, was unseren Landsleuten gcwis.-i viel
Freude machen würde? Ich wünsche daher ernstlich, dass Sie dem Prinzen andere
Ansichten beibringen, allein nicht auf Unkosten der zwei Churfür.stcn" (von Hannover
und von der Pfalz). Co.xe, Memoirs, U, pag. 407.
43
mit welcher der Prinz die Situation überblickto und vcrwcrtlicte,
wurde schon am 16. Aj)ril bezüglich der wesentlichsten Puncte eine
völlige Einigung erzielt. Einstinnuig ward nämlich anerkannt, dass es
zweckmassig, neben der Armee am Ober-Rhein und jener in den
Niederlanden, an der Mosel eine dritte unter des Prinzen Eugen
Befehl zusammenzuziehen. Sie solle 40.000 Mann stark '), mit einer
Feld- Artillerie von 25 bis 30 Geschützen, einem Belagerungspark
von 118 Stücken, einem Ponton-Train und sonstiger vollständiger Aus-
rüstung versehen sein. Diese Armee habe sich um Castellaun zu sammeln.
Zu St. Goar und Rheinfels sollten Verpflegsmagazine errichtet, das
Hauptverpllegsmagazin , sowie die Belagerungs - Artillerie, aber zu
Cobleuz auf Schiffen etablirt werden, um sie von dort leicht nach
Trier schaffen zu können. Für die zum Schiffszuge erforderlichen
Pferde, für die Ei'richtung eines Feldspitals und einer Kriegscassa von
50.000 Thalern für ausserordentliche Fälle ward vorgesehen.
Die Reichs- Armee unter dem Oberbefehle des Churfürsten Georg
Ludwig von Hannover sollte, wiewohl sie Truppen an die Mosel-
Armee abgeben musste, doch stark genug bleiben, um eventuell, gleich
der Armee in den Niederlanden, angriffsweise auftreten zu können. Sie
ward mit 42.939 Mann eingestellt, in welcher Ziffer jedoch die Schweizer
im kaiserlichen Dienste, die Reste der Regimenter Baden-Baden und
Thüngen, endlich das Regiment Hildesheim nicht begriffen waren ').
Die Bildung der Mosel-Armee konnte nicht nur kein Geheimniss
bleiben, sie sollte allbekannt werden, da man mit Recht voraussetzte,
dass sie auf die Entschliessungen Ludwig XIV. rückwirken werde.
Tiefstes Geheimniss aber musste bleiben, was die beiden Feldherren
am 17. April beschlossen: die Vereinigung ihrer beiden
Heere in den Niederlanden*).
Von der Ueberzeugung durchdrungen, „ dass sich ohne eine
furchtbare Armee nichts ausrichten lasse", hatte der Gedanke: mit der
projectirten Mosel-Armee zu jener Marlb o r ough's zu stossen, den
Prinzen schon zu Wien fast ausschliesslich beschäftigt. Die Erfolge
des Feldzuges 1704 in Bayern, welcher bewiesen hatte, „ wessen
zusammengesetzte Kräfte fähig seien", schwebten dem Prinzen sichtlich
vor Augen. Im persönlichen Verkehre mit dem Waffenbruder und Mit-
sieger von Hochstädt trat der langgehegte Gedanke im Haag der
Verwirklichung näher.
*) 14.400 Kaiseiiiclie, 10.000 Pfälzer, 10.400 Hessen, 4400 Sacliseii, der Rest
sollte im Reiclie aufg-ebracht werden. Kriegs-A., Niederlande 17()H; Fase, XIII. 4.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 4, 20, ad 24 a.
•^) Kriegs-A , Niederlande 1708 ; Fase. XIII. 21.
44
Nach diesem Plane sollte die zwischen dem 20. und 25. Mai
um Castellaun versammelte Mosel-Armee am 14. Marschta«;e zu
Tongres eintreffen ') und von hier über Tirlemont die Vereinigung mit
Marlborough's Armee bewerkstelligen, welche bis dahin eine zu-
wartende Haltung zu beobachten hatte. Wenn es zweckmässiger
erschiene, sollten die Hessen, statt von ihrem Sammelplatze Nastetten
nach Castellaun gezogen zu werden, am dritten Marschtage zu Coblenz
den Rhein und die Mosel passiren und über Andernach und Sinzig
am sechsten Marschtage in Rheinbach zum Gros der Armee stossen.
Schon zu Wien hatte Prinz Eugen hervorgehoben, wie wichtig
im Falle der Vereinigung seiner Armee mit der Marlborough's
die grösstmögliche Concentration der Machtbefugnisse in den Händen
der beiden Oberbefehlshaber sei. Die Stärke Frankreichs, hatte der
Prinz ausgeführt, sei vorwiegend in seiner Actionsfreiheit begründet.
Sie zu paralysiren sei unerlässlich, dass sich die General^taaten
ganz auf die Treue und die Fähigkeiten der beiden Chefs verliessen.
Die Generalstaaten-Deputirten bei der Armee wären keine geborenen
Generale; sie Hessen sich vielmehr durch einige eifersüchtige und im
Kriegshandwerke unerfahrene subalterne Generale leiten. Berathungen
mit ihnen führten nicht blos Verzögerungen herbei, sondern auch
Preisgebung des Geheimnisses.
Marlb orough hatte unter dem Drucke der holländischen Feld-
Deputirten zu oft und zu schwer gelitten, um nicht jetzt, wo dieser
Gegenstand im Haag zur Sprache kam, dem Prinzen Eugen kräf-
tigst zu secundiren. So fand diese wichtige Frage ihre Lösung ganz
im Sinne der beiden Feldherren. Zu Deputirten bei der Armee in
Flandern mit der ausschliesslichen Aufgabe, die Operationen thunlichst
zu fördern, wurden bestimmt: Ferdinand van Collen, G. van
Rossum d'Ar denbroeck, S. van Goslinga und van Zallich;
als Deputirter des geheimen Rathes: Adrian van Borselle de
G e 1 d e 1* m a 1 s o n * ).
Der vereinbarte Operationsplan koimte voraussichtlich niir dann
zur Ausführung gebracht werden, wenn es gelang, die deutschen
') 1. Marschtag, I^ngcripLity. Alknii. 2. und 3. Münster. 4. Mßyen. 5. Aldciialir.
ß. Zülpich. 7. mid 8. Düren. 0. Escliweiler. 10. Aaclien. 11. G.ilniipo. 12. mul 13.
Maastricht oder Vise. 14. Marschtag, Lagerplatz Tongres
Da die Einhaltung dieser Marschroute von den Wittcrnngsverliältnisseii ahliiug,
blieb es dem Prinzen Eugen überlassen, die Tagesleisluiigcn mid die Rasttage dar-
nach zu bemessen.
Bei der lirücke von Alken sollte Brod für den 3. bis 7., zu Düren für den
8. bis 12., zu Maastricht für den 13. bis 17. Marschtag gefasst werden.
^) Lamberti V., 110 Tlieatrum EurcipaeMni (J. 144.
45
Kek'hsf'iirsten zu rechtzeitiger Stellmii;- ihrer Contingente und baldiger
Erstattung ihrer Geklquoten zu bestimmen. Dazu bedurfte es aber
ki'ättigster Eiuflussnahme seitens der iSeemächte. Dank der Bemühungen
des Prinzen Eugen, delegirten die Generalstaaten hiezu einen ihrer
angesehensten Staatsmänner, den Grafen Rechteren, und Hess
M a r 1 b o r o u g h sich bestimmen, den P r i n z e n nach Hannover zu
begleiten, wo sein Eintluss überwog. Dagegen hatte Prinz Eug en die
Verpflichtung übernehmen müssen, am Kaiserhofe Alles aufzubieten,
auf dass gehalten werde, was dem Churfürsten von der Pfalz
versprochen worden. Marlborough hatte übrigens nicht unter-
lassen, Wratislaw und Zinzendorff zubeschwören, in gleichem
Sinne thätig zu sein *).
Durch die im Namen des Kaisers ausgesprochene Annahme der
churfürstlichen Bedingungen ^), erreichte der Prinz zu Düsseldorf die
Zusage, dass das churpfälzische Contingcnt zwischen 20. und 25. Mai zur
Mosel- Armee stossen werde ^). — Nachdem er zu Cassel den Landgrafen
von Hessen zu baldiger Truppcnstellung angeeifert, eilte er nach
Hannover, im Vereine mit Marlborough und Rechteren den grollen-
den Churfürsten der gemeinsamen Sache zu gewinnen. Der Umstand,
dass die Aufstellung einer dritten Armee an der Mosel im Haag ohne
sein Zuthun förmlich zum Beschlüsse erhoben worden, schien des
Churfürsten Empfindlichkeit besonders erregt zu haben. Entrüstet ob
dieser Zurücksetzung und der Zumuthung, zum Heere Eugen's von
den ihm unterstehenden Truppen einen beträchtlichen Theil abgeben
zu sollen, wollte er den Oberbefehl über die Rhein-Armee niederlegen.
Mit Mühe nur gelang es beiden Feldherren, ihn von diesem Vor-
haben abzubringen. Prinz Eugen musste im Namen des Kaisers
versprechen, dass alle Hindernisse beseitigt würden, welche der Ein-
setzung Hannovers in die neunte Chur noch entgegenstanden. Die
kaiserlichen Reiter-Regimenter Mercy und Lobkowitz wurden zu des
Churfürsten Armee geschlagen *) und ein weiterer Zuschub von
5000 Mann aus den Niederlanden in Aussicht gestellt. Dagegen wil-
ligte Georg Ludwig ein, dass in der Gegend von Coblenz unter
Prinz Eugen's Oberbefehle eine dritte selbstständige, nach dem Haager
Entwürfe gebildete Armee zusammengezogen und von ihm nach Er-
messen der Umstände verwendet werde. Die Mosel-, wie die Ober-
') Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. XIII. ad 24 a.
-) .Siehe die militär-politische Eiuleituiig. Seite 15.
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 32.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 36 (Scliriftliclies Concert vom
29. April 1708) und 31.
46
Rhein-Armfe sollten sich zwischen dem 20. und 25. Mai, jene zwischen
Coblenz und Rheintels, diese am Ober-lihein versammeln. Mündlich
ward dieser schriftlichen Vereinharung noch beigefügt, dass die drei
Armeen allezeit bereit sein müssten, sich gegenseitig zu unterstützen.
In den Plan der Vereinigung der Armeen E u g e n's und Marl-
borough's wurde der Cliurfüist nicht eingeweiht'), wie denn die
Verhandlungen an den deutsehen Höfen überhaupt so gefilhrt wurden,
als denke man an keine andere Operation, als an jene an der Mosel.
Wenn die Abmachungen zwischen den Gliedern des „Grossen
Bundes" zur That wurden, standen zu Beginn des Sommers 1708
folgende Armeen operationsbereit :
Die englisch-holländische Armee in den Niederlanden unter den
Befehlen INIar 1 bor ough's und Overkirk's in der Gegend von
Brüssel.
Die Mosel -Armee unter Prinz Eugen in der Gegend von
Castellaun.
Die Reichs - Armee unter Clmrfürst Georg Ludwig von
Hannover hinter den Ettlinger Linien.
Die Armee von Piemont unter Victor Amadeus von Savoyen,
mit Feldmarschall D a u u zur Seite, am Fusse des Mont-Cenis.
Die Armee von Catalonien unter Feldmarschall Guido Starhem-
berg's Befehl in der Gegend von Cervera.
Die Armee von Portugal unter F r o n t e r a's Führung nächst Badajoz.
Das kaiserliche Corps in Neapel unter dem Befehle des Feld-
marschalls Prinzen F r i e d r i c h von Hessen-Darmstadt,
Hiezu sind noch die Besatzungs-Truppen von England, Schott-
land und L'land, dann jene von Holland zu zählen, und endlich die
Kaiserlichen, in Ungarn unter Feldmarschall Graf Siegbert Heister,
in Siebenbürgen unter FML. Baron Kriech bäum.
Der Umschwung, welcher im Jahre 1708 in der allgemeinen
Kriegslage zu G unsten des Hauses B o u r 1) o n eingetreten war, hatte
doch im Grossen und Ganzen an dem Verhältnisse der Defensive
*) „Wir liielten iiiclit für rilthlicli," sclirciht Maillxirougli am 3. Mai an Godol-
phiu, „Seiner churfürstliclien üurehlauclit zu oröfTnen, dass in der Folge der Opera-
tionen des Prinzen Engen nnd mein Heer zusamnienstosseu sollen. Kommt es
sodann dazu, so sehe ich von Seite jenes Fürsten einem Sturm entgegen. Allein
das H<;il d(;s Feldzuges hängt vom Oclioimniss al) ; wir iiiiisscn daher jetzt schweigen
und naclilier mit Geduhl di-n Aushrucli seines Zornes abwarten." Coxo, Herzog von
Marlhorongh's Leben nii<l I >i nUwürdigkeitcn, IV, 71.
47
nichts ändern können, in welclies Lndwig XIV. dnreli die Schlachten
von Turin und Kamillies ^•eworl'eu worden war. Seit jenen Unglücks-
tagen war das Streben Ludwig XIV. auf Erhalten der eigenen
Kraft, Ermüden der Verbündeten gerichtet. Bei der Halbheit, welche
jedem Coalitionskrieg mehr oder weniger anhaftet, mochten solcher
Zweck und solches Ziel in der That nicht ganz unerreichbar erscheinen.
Der Kampf der politischen Parteien in England, die Friedensschn-
sucht Hollands, der Umschwung der spanischen Angelegenheiten,
die noch immer ausstehende Entscheidung des nordischen Krieges,
die Haltung der Türkei, die Rebellion in Ungarn, die Avachsende
Eifersucht der italischen Staaten gegen den Kaiser, — alle diese
Umstände Hessen der Hoffnung einer Verbesserung der Lage Frank-
reichs von Aussen Avohl Kaum.
Aber nicht im blossen Abwarten, in kraftloser Unthätigkeit,
erblickte Ludwig XIV. sein Heil und das seines Enkels Philipp
von A n j 0 u ; seine Mittel waren noch immer grossartig genug, um
bei Festhaltung des allgemeinen Defensivplanes an einen bedeutenden
Rückstoss denken zu können.
Ungeachtet der Erschöpfung der Finanzen sollten fünf Armeen
in's Feld gestellt und selbe, insbesondere jene am Rhein und in den
Niederlanden, stärker gemacht werden, als sie seit Beginn des Krieges
jemals gewesen waren.
Nach dem von Ludwig XIV. angenommenen General-Entwürfe
sollte in den Niederlanden mit grösster Kraft offensiv aufgetreten
werden, indess man sich am Rhein und in den West- Alpen auf
Diversionen beschränkte.
Der Offensive in den Niederlanden sollte ein Anfall Schottlands
vorhergehen. Der allgemeine Zustand dieses Königreiches, das den nach
Versailles gelangenden Berichten zufolge, zum Empfange seines legitimen
Herrn, des Prätendenten Jacob S t u a r t, ganz bereit wäre, hatte auf
den Gedanken geführt, Kräfte, welche nach Beendigung der Campagne
von 1707 frei werden mochten, einer Expedition nach Schottland
zuzuwenden. Diese Unternehmung versprach bei einigem Erfolge
bedeutende feindliche Kräfte von dem niederländischen Schauplatze
abzuziehen. Da alle Welt in Paris die schottische Expedition verlangte,
gab Ludwig XIV. nach längerem Zögern seine Einwilligung. Gegen
Schluss des Jahres 1707 erging Befehl zur Ausrüstung eines Geschwaders,
das den Prätendenten mit 6000 Mann französischer Truppen an die
schottische Küste bringen sollte. „Kein anderes Unternehmen," schrieb
Ludwig XIV. seinem Botschafter in Madrid, „könnte, Avenn das
Glück uns gewogen, gleichgradige Verwirrung in den feindlichen
48
Reihen erzeugen, darum mit ahnliclicr Gewissheit den Frieden herbei-
führen« ').
Als das von F o r b i n geführte Geschwader, drei Wochen nach
seinem Aushiufen, ohne auch nur einen Landungsversuch gewagt zu
haben, nach Düukirchcn zurückkehrte, dachte man zu Versailles nur
daran, wie man sich für den auf dem Meere erlittenen Misserfolg zu
Lande schadlos halten küune. Der Kriegsminister Chamillart eilte
nach der Nordgrenze, die festen Plätze zu besichtigen und für die
Bedürfnisse und die Sicherheit der Haupt-Armee persönlich alle
Vorkehrungen zu treffen. Dem Wunsche seines Enkels, des Herzogs
von Burg und, Folge gebend, hatte Ludwig XIV. diesem das
Commando in den Niederlanden anvertraut und ihm den Herzog von
V e n d 6 m e und den Marschall von M a t i g u o n zur Seite gestellt.
Der Ex-Churfürst von Bayern, mit dem Herzoge von Berwick als
Berather, ward zum Befehlshaber der Rhein- Armee ernannt. An die
Spitze der Armee des Delphinats ward Marschall V i 1 1 a r s berufen.
Der Herzog von Orleans, mit dem Grafen Bozens zur Seite,
sollte die Haupt - Armee in Spanien commandiren ; der Herzog von
Noailles die Armee von Catalonien, der General-Lieutenant Marquis
de Baye die Armee von Estremadura.
Solche Besetzung der obersten Commandostellen widersprach fast
durchaus der Staats- und Kriegsraison. Das Hauptheer Frankreichs
dem muthmasslichen Thronerben anzuvertrauen, war an sich ein
schwerer Fehler. Allerdings hatte der bisherige Befehlshaber, Ven-
dome, es selbst gewünscht, doch wie Berwick treffend bemerkt:
„vermuthlich in der Hoffnung, er werde unter einem jungen, uner-
fahrenen Prinzen mehr Gewalt haben, als unter dem Churfürsten
(von Bayern), der sein ganzes Leben im Dienste und seit vierund-
zwanzig Jahren an der Spitze von Kriegsheeren war -j". Zwischen dem
sittenstrengen Herzoge von B u r g u n d und dem frivolen Herzoge von
Vendome war aber jene volle Harmonie, welche in jedem Haupt-
(|uartier herrschen muss, ganz undenkbar. Den Churfürsten von Bayern
zu bestimmen,. Flandern zu verlassen und das Commando am Rhein
zu übernehmen, hatte der Hof von Versailles sich einer Finte bedient.
General-Lieutenant St. Fremont hatte den Auftrag erhalten, dem
Churfürsten einen phantastischen Entwurf C li a m i 1 1 a r t's beliebt zu
') Ludwig XIV. an Anielot, 8. März 1708. «ürardort, NoordLU III.
^) D<?r Cliurfürst von liayrjin fiin;j^irte in d(!U spanisilien Niederlanden als
beständiger Statthalter und Arnice-Olier-Commaudant beider Kronen.
Memoire» du marrclial de 13erwick, itafj. 394 in der „Nouvelle culkction des
UK-inoires pour servir ä Vlii.stoire de France". Troisicmc serie, V^U.
49
machen : mit einem furchtbaren Kriegsheei'e in Deutscliland einzu-
dringen, Bayern zu empören und sich des ganzen Landes zwischen
München und dem Elsass zu bemeistern. Der Churfürst hatte sofort
angenommen; da es aber durchaus an Mitteln gebrach, jenen Entwurf
auszuführen, konnte grausame Enttäuschung nicht ausbleiben. Da der
Churfürst sich mit dem Marschall Vi 1 lars, welcher bisher am Rhein
commaudirt hatte, nicht vertragen konnte, musste der Letztere eine
Grenze verlassen, die er eben in Vertheidigungsstand gesetzt hatte
und deren Schwäche und Stärke Niemand besser kannte, wie er;
der gewiegte Kenner der Rheinlande und Süd-Deutschlands musste
kummervollen Herzens das Commando in der Dauphine übernehmen,
ein Operations-Schauplatz, den er gar nicht kannte '). Da endlich
Marschall Be rwi ck dem neuen Ober-Commandanten in Spanien, dem
ehrgeizigen Herzoge von Orleans, missfiel, ein erspriessliches Zu-
sammenwirken Beider nicht zu hoffen war^), wurde der Sieger von
Almansa von dort abberufen, was Montesquieu zur Bemerkung
Anlass gab: „II sauva l'Espagne et tut rappele!'' Anfänglich für die
Dauphine bestimmt, wurde Berwick nunmehr dem Churfürsten von
Bayern untergeordnet.
Die Armee in den Niederlanden sollte den Verbündeten
überlegen sein. Man gedachte mit den Belagerungen von Huy und Lüttich
zu beginnen, welchen jene von Mustricht folgen sollte. Indess dem
Marschall von M a t i g n o n die Aufgabe zufiel, mit einem Theile der
grossen Armee diese Plätze zu belagern, sollte der Herzog von
Burgund die Verbündeten beobachten, um diese Unternehmungen zu
decken. Indem man den Krieg an die Maas verlegte, entlastete man
Flandern und zog die Verbündeten in ein Terrain, wo man von der
Ueberlegenheit der eigenen Cavallerie Gebrauch machen konnte, ein
Vortheil, den das Gelände zwischen Lys und Scheide nicht bot, da
es zu sehr durchschnitten war. Um im Stande zu sein, den Verbün-
deten zuvorzukommen, traf man Anstalten, die Armee in verschie-
denen Corps unter den festen Plätzen des Hennegau zu versammeln.
Von hier konnten sie, sowie das Gras es erlaubte, rasch an die Maas
rücken ^).
Auch in Spanien sollte der Krieg angriffsweise geführt werden.
Moralisches Uebergewicht und numerische Ueberlegenheit berechtigten
vollauf hiezu. Man trug sich zu Madi-id anfangs mit dem Gedanken,
den Schwerpunct der Kriegshandlung nach Portugal zu verlegen, um
') Memoires militaires, VIII. pag. 307.
^) Memoire.s du Duc de Noailles, 1708, pag. 420.
^) Memoires militaires, VIII. pag. 7.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band .
50
diesen Staat von der „Grossen Allianz- abzuziehen. Nach reiflicher
Ueberlegung glaubte man aber diese Idee aufgeben zu sollen. Da
man wohl wusste, dass man von den Portugiesen so gut wie nichts
zu fürchten habe, bestimmte man für die Operationen gegen dieselben
nur 8000 Manu Infanterie und 4000 Mann Cavallerie. Der Herzog:
von Ossuna, in Andalusien 3000 Milizen befehligend, und der General-
Lieutenant Marquis B ran ca s mit etwa 5000 Irregulären in Galicien
stehend, vervollständigten die strategische Front gegen Portugal.
Die Hauptkraft beschloss man auf Catalonien zu werfen, das
concentrisch angegriffen werden sollte. Der Herzog von Noailles
hatte mit 15.000 Mann aus Roussillon über den Col de Boulon
gegen Gerona vorzugehen, durch diese Diversion einen Theil der Ver-
bündeten an der Fluvia und am Ter festzuhalten und in der Folge
sich eine Verbindung zur Armee Orleans' zu eröffnen 'j. Dieser sollte
mit 22.000 Mann von Lerida gegen Tortosa rücken und es belagern,
wobei ihm General-Lieutenant d'Asfeldt, der im Königreiche Valencia
15.000 Mann befehligte, mit 7000 Streitern zu unterstützen angewiesen
war. — Ein Corps von 3000 bis 4000 Mann war bestimmt, die Alliirten
in der Front, d. i, längs des Segre, zu beschäftigen und die Korn-
kammer Cataloniens, die fruchtbare Gegend um Lerida und Balaguer,
zu verwüsten.
Die beabsichtigte Offensive bewegte sich hiernach in Spanien
innerhalb verhältnissmässig enger Grenzen. Vermochten die französisch-
spanischen Heerführer selbst auf iberischem Boden zum Glauben an einen
durchschlagenden, entscheidenden Erfolg sich nicht aufzuschwingen, so
lastete auf den Befehlshabern, welche Frankreichs Armeen in den "West-
Alpen, am Rhein und selbst auf jenen, welche in den Niederlanden
C(jmmandirten, das dunkle aber unabweisbare Gefühl: kein Aeusserstes
wagen zu dürfen, die Verpflichtung: die ihnen anvertrauten Wehr-
kräfte möglichst intact in die Winterquartiere zu bringen.
Kriegsplan Franz Räköczi's.
Wiewohl Franz R ä k •'> c z i über die militärische Lage der Kaiser-
lichen genau unterrichtet und demnach versichert war, dass er in der
ersten Hälfte des Jahres von ihnen nichts zu befürchten habe, beschloss
er dennoch, zunächst und während des ganzen Sommers eine zu-
wartende Haltung zu beobachten, jedem grösseren Zusammenstosse
auszuweichen und nur einen Theil seiner Cavallerie zu Einfällen in
'; Memoires du Diu- de Noailles, 1708, pag^. 420.
51
die Erblande zu verwenden. Im Herbste erst sollte die Hauptmaeht
der Conföderation in Schlesien einrücken und dort Winterquartiere
beziehen *).
Dieser Gedanke ward auch von R a k 6 c z i's ungarischen Rath-
gebern gutgeheissen. Während sie aber die günstige Zeit, da die
Conföderation mehrfacher numerischen Ueberlegenheit sicher, nützen
und, statt den Sommer verstreichen zu lassen, sofort an die Waag
rücken wollten, ja selbst eine Vereinigung mit den Franzosen in der
Gegend von Linz ventilirt Avurde, glaubte der französische Gesandte,
des Allen rs, vor jeder Uebereilung warnen zu sollen.
Ueber die letzten Gründe des R a k 6 c z i'schen Kriegs-Programms
für 1708 lassen sich nur Vermuthungen aussprechen. Die zuwartende
Haltung, für welche das Haupt der Conföderation sich entschieden,
findet ihre natürliche Erklärung in dem Zusammenhange zwischen
dem spanischen Erbfolgekriege und jenem in Ungarn.
Die Berichte seines Pariser Agenten, V e t e s, stellten unzweifel-
haft fest, dass selbst im günstigsten Falle an eine directe militärische
Hülfe Frankreichs im Laufe des Feldzuges 1708 nicht zu rechnen sei*).
Erfolge der französischen Waffen kamen unter diesen Umständen
der ungarischen Conföderation erst mittelbar zu Gute; Misserfolge
der ersteren Hessen schon jetzt Räköczi darauf Bedacht nehmen,
das eigene Interesse zu wahren, was durch nichts so sicher geschah,
als durch Zusammenhalten und Conserviren der Streitkräfte. Dass
Rakoczi jedem grösseren Zusammenstosse ausweichen wollte, erklärt
sich aus Vorstehendem und der richtigen Werthschätzung der Feld-
tüchtigkeit seiner Streitkräfte. Im letzteren Puncte dürfte er sich mit
des A 1 1 e u r s begegnet haben. Sieherlich war es nur das geringe
Vertrauen des französischen Gesandten in die Schlachtentüchtigkeit
der Conföderirten, das ihn bestimmte , statt auf eine im Interesse
seines Souverains gebotene, kräftige Diversion, auf kluge Zurückhaltung
zu dringen. Das Verlangen der ungarischen Rathgeber, sofort an die
Waag zu rücken, ist einerseits durch die daraus erwachsenden Vor-
theile, anderseits durch die verhältnissmässig geringe Gefahr und die
Möglichkeit des Ausweich ens, militärisch genügend motivirt.
Schwerer zu ergründen ist das geplante „grosse Unternehmen"
der Invasion Schlesiens. Ob Rakoczi dabei auf eine Unterstützung
seitens des dortigen protestantischen Adels rechnete, wie seine
Memoiren andeuten, oder ob er damit Ludwig XIV. zu grösseren
*) Memoires du priiice Frauijois Eaköczi, pag. 385.
^) Siehe insbesondere Vetes' Bericht vom 1. Februar 1708. Actenstücke zur
Geschichte Franz Käköczi's etc.
4*
52
Anstrengungen am Ober-Rhein und in Bavcrn veranlassen wollte
wie ein Brief an Vetes') vermuthen lässt; ob die Vorbereitungen
zu diesem abentcuerliehen Zuge ernst gemeint oder der Gedanke
nur zu dem Zwecke propagirt wurde , R a k 6 c z i's Ansehen bei
der Nation aufzufrischen, was dringend Noth that, bleibt dahin-
gestellt.
') Kaköczi au Vctcs. 10. .hili ITdS. Kiiegs-A., Uufrani 1708; Fase. Xlll. 15.
Rüstniigeii des Kaisers und seiner Alliirten.
a) Des Kaisers.
Die Gr eldbeschaffung.
Das finanzielle Kriegserforderniss des Militärjahres 1708 war
vom General - Feldkriegs - Coramissariat auf 24 Millionen Gulden
veranschlagt worden *). Wiewohl dasselbe gegen das Vorjahr um
2,381.955 fl. niedriger gestellt war, reichten die ordentlichen Staats-
Einnahmen doch weitaus nicht hin, es zu bedecken ').
Die wichtigste Einnahme des Militär-Etats, die Länder-Contri-
bution, blieb wie alljährlich, so auch 1708 weit hinter den Regierungs-
Postulaten zurück.
Die Erblaude Nieder- und Ober-Oesterreich, Steyerraai'k, Kärn-
ten, Krain, Böhmen, Mähren und Schlesien contribuirten statt
10,190.000, beziehungsweise 9,506,666 fl. (restringirte Vorschreibung),
zusammen nur 8,116.827 fl. ^)
Die Hybernal-Prästationen von Vorder-Oesterreich
betrugen 270.000 „ *)
Ungarns und Siebenbürgens Prästationen in Naturalien 2,000.000 „ ^)
Die Jahresbeiträge der Hansestädte und der Reichs-
ritterschaft 300.000 „
Fürtrag 10,686.827 fl.
*j lutimation an die österreicliische Hofkanzlei. Wien, 10. October 1707.
Reiclis-Finanz- (Hofkamnier-) Archiv.
^) Da im Gegensatze zu den meisten früheren Jahren für das Kriegserforder-
niss von 1708 ein eigener Bedeckungs-Voranschlag im Hofkammer-Archive nicht
vorkommt, ist man auf die Zusammenfassung der einzeln und zerstreut vorfiudlichen
Daten angewiesen.
') Hofkammer-A. vom 14. Oetober 1707 und vom 11. Jänner 1710. Beilage.
*) Registr. des R. K. M., Decemher 1708, Nr. 238.
^) Diese Ziffer ist dem Bedeckungs-Voranschlage für das Jabr 1709 entnom-
men. Hofkammer-A. 1708.
54
Uebertrag 10,686.827 fl.
Bayerns 1,200.000 „ ')
Die Einkünfte, welche die Heeresverwaltung aus Italien
zog, rund 5,000.000 „
das sind zusammen 16,886.827 fl.
Die Bedeekuner des hiernach rund 7 Millionen Gulden be-
tragenden Abganges durch Inanspruchnahme des Staatscredits stiess
auf sehr bedeutende Hindernisse. Die Schwierigkeiten in der Aufnahme
von Darlehen waren mit jedem Kriegsjahre gewachsen. Da man
fortwährend neue Anlehen aufnahm, die alten aber nicht einmal regel-
mässig verzinste *), geschweige denn rechtzeitig zurückzahlte, stieg der
Stand der Staatsschuld unausgesetzt. Lässt sich die genaue Ziffer
desselben bei der ganz unvollständigen Verbuchung nicht feststellen ^),
so kann doch durch Combinationen aus späteren Daten die Höhe der
Militär-Schulden zu Beginn des Jahres 1708 auf circa 29'5 Millionen
Gulden, jene der Cameral- (Civilverwaltungs- und Hof-) Schulden auf
circa 25'ö Millionen Gulden veranschlagt werden, Ziffern, welche dem
wahren Stande jedenfalls sehr nahe kommen*), in welchen aber die
„Hofzahlamts-Schulden", welche sich, wie Starhemberg bemerkt,
nicht berechnen lassen, nicht begriffen sind. Erscheint schon die
absolute Höhe dieses Schuldenstandes in Anbetracht des damaligen
Geldwerthes als nicht unbedeutend, so lässt dessen relative, d. i. das
Yerhältniss desselben zum Jahres - Einkommen, umsomehr erkennen,
wie schwer eine weitere Anspannung des Staatscredits möglich
war. Der Jahres - Reinertrag aller Cameral-Gefälle war im Durch-
') Registr. des R. K. M., November 1708, Nr. 212. — H. H. u. St. A. Bavaria
u. s. w. In dem Vortrage de.s Hofkammer-Präsidcuten Graf Gundaker Starhemberg
vom 17. April 1711 sind die Beiträire der Hansestädte, der Reicbsritterschaft und
Bayerns zusammen mit etwa V/^ Millionen Gulden eingestellt.
*) In dem Vortrage Gundaker Starhemberg's vom 17. April 1711 wurde das
Erforderniss für Verzinsung und Tilgung von Kriegsschulden mit 2 bis 3 Millionen
berechnet. Da die durchschn ttlich O^/oige Verzinsung der damaligen Kriegsschulden
allein circa 2,100.000 fl. beanspruchte, erübrigten für Rückzahlungen ungefähr
500.000 fl. Wie aus den bezüglichen Acten des Hofkammer-Archivs hervorgeht, wurden
in dieser Zeit ausser den ausländischen (besonders englischen, wo man den Verpflich-
tungen pünktlich nachkam) nur kleine Darlehen getilgt. Wenn aber eine Rück-
zahlung stattfand, war die Schuldentilgung meist nur eine scheinbare; „man machte",
wie es in einem Keferate heisst, „ein neues Loch auf, um das alte zu ver.stopfcn".
Mensi-Klarbach, Creditgescliichte.
') Erst gegen Ende des Krieges findet sich eine Uebersicht der Staatslasten.
*J Meusi-Klarbach, Creditgescliichte.
55
schnitte der Jalire 1708 bis 1710 circa 6*5 Millionen Gulden').
Diesem Reinertrage standen gegenüber: die Ausgaben für den Hof,
für die Civilverwaltung, Pensionen u. dgl. , die Verzinsung der
Cameralschulden , zusammen etwa 6,825.000 H. Bei einer effec-
tiven, übrigens zum grösstcn Theile bereits auf viele Jalire hinaus
verpfändeten Gesammt - Einnahme von ungefähr 23,386.827 fl. er-
gibt sich hiernach ein Deficit von 0*5 Million im Civil- und von
7*0 Millionen im Militär-Etat, dabei ein Schuldenstand von solcher
flöhe, dass allein die vertragsmässige Verzinsung circa 3'5 Mil-
lionen , jährlich nahezu ein Sechstel der Staats - Einnahmen , ver-
schlungen hätte , ganz abgesehen von der Capital - Rückzahlung,
welche bei Einhaltung der bezüglichen Verpflichtungen jährlich mehr
als die Hälfte des gesammten Staats - Einkommens erheischt haben
würde ^).
Unter diesen Verhältnissen für die Bedeckung des Kriegs-
Erfordernisses sorgen zu müssen, war keine leichte Aufgabe. Die hiezu
unter dem Präsidium des Prinzen Eugen eingesetzte Commission
fand, dass der Credit des Staates nicht mehr ausreiche, dass man
daher jenen der 1706 gegründeten Wiener Stadt - Bank zu Hülfe
nehmen müsse*). Durch sie solle man ein Anlehen von 3 Millionen
aufnehmen , zu dessen Verzinsung und Tilgung dem Banco auf
zehn Jahre ein jährlicher Fundus von 400.000 fl. aus den Contri-
butionen der österreichischen und böhmischen Erbländer anzuweisen
sei. Diesen Vorschlag bezeichnete der Hofkammer - Präsident Graf
Gundaker S t a r h e m b e r g als kaum durchführbar , da — unter
anderen Gründen — die Stadt-Bank ihre „Consistenz" noch nicht
bewiesen und einen so grossen Betrag noch nicht verfügbar habe*).
In der That kam dieses Anlehen auch nicht zu Stande. Da man aber
zur Bestreitung der an Dänemark zu zahlenden Subsidien, der Recru-
tirung und Remontirung der Reiterei und der Ausrüstung des öster-
reichischen Kreis-Contingents 600.000 fl. dringend benöthigte, wurde
über S t a r h e m b e r g's Rath bei dem Bankhause W e r t h e i m e r
vorläufig ein Darlehen von 800.000 fl. gegen directe Anweisung
auf Contributionen Böhmens, Mährens und Schlesiens für 1709 und
*) Hofkammer-A. vom 28. Jänner 1713.
*) Da die Darleheusfristen im Durclisclinitte 4 bis 5 Jalire waren, wurden
1708 mindestens 13 Millionen fällig ; übrigens war damals schon der grösste Theil
der Schulden längst zahlbar geworden. Freiherr von Mensi-Klarbach.
3) Hofkammer-A., Referat vom 16. Februar 1708.
'*} Hofkaninier-A., Vortrag vum 24. April 1708.
56
1710, und zwar zu 1 per mese für Zinsen und Provision aufge-
uommeu *).
Von anderen Vorschüssen auf die erbländischen Militär-Contri-
butionen sind hervorzuheben :
a) Darlehen zu 6 Percent gegen kaiserliche Obligation rückzahl-
bar in 3. 4 und 5 Jahresraten. Sie ergaben zusammen 430.000 fl.
b) Darlehen meist zu 6 Percent gegen Amts(iuittung (Bestäti-
gungen ohne die Förmlichkeit einer kaiserlichen Obligation) auf die
böhmischen und mährischen Coutributionen von 1709 bis 1712 und
die schlesischen Accisen. Unter ihnen sind beraerkenswerth : jenes von
Lefmann Bern atz & Söhne in Hannover zu 200.000 fl. *), jenes
des Juden Hirse hl zu 88.200 fl. ^), jenes der böhmischen Juden-
schaft*), u. s. w.
Dass sich die Credit-Operationen zur Deckung des Militär-
Deficits auf vorstehende kaum TS Millionen betragende und ähnlich
fundirte kleinere Darlehensposten nicht beschränkten, ist selbstver-
ständlich. Wahrscheinlich nahm man auch im Jahre 1708 auf Cameral-
Gefälle Darlehen zu Kriegszwecken auf.
Von den Anlehen auf das Prager Deputirten-Amt, das nieder-
österreichische und mährische Salz-, dann auf verschiedene Mauth-
imd Aufschlags- Gefälle, welche im Jahre 1708 allein über 1,300.000 fl.,
d. i. etwa das Dreifache des Civil-Deficits betrugen, dürfte ein beträcht-
licher Theil für Kriegszwecke verwendet worden sein^).
Eine allgemeine Anlehen-Operation, wie sie in den Zwangs-
darlehen früherer Jahre zum Ausdrucke kommt, wurde 1708 nicht
versucht. Der geringe Erfolg solcher Massnahmen 1702, 1703 und
1705 musste von einer Wiederholung abschrecken, so lange nicht alle
anderen ausserordentlichen Mittel erschöpft waren.
Ein solches war z. B. ,.der unentgeltliche Zwangsbeitrag des
Clerus", — subsidium necessarium defensivum — welcher freilich auch
nur in kleinen Beträgen und äusserst langsam einging. Beizusteuern
•) Diese 800000 fl. waren übrij^eus uur zum Theile eiu Baar-Dailelieii. Es
wurden darein nämlich die Assij^nationeu per 324.740 fl. auf die Coutributionen
des Jahres 1708 eingerechnet, welche Wertheimer zurückgab, worauf die hiedurch
freigewordenen Contributionsbeträge zur Ablösung anderer Schuldposten und Be-
streitung von Subsidien verwendet wurden. Hofkammer-A. vom 21. Juli 1708.
^) Hofkammer-A. vom 26. December 1708.
3) II(.fkammer-A. vom 8. März 1708.
*; Hufkamiuer-A., Böhmische Acten vom 1. April 1708.
*) Mensi-Klarbach, Credit-Geschichte
57
hatten der Säcular-Clerus, die Klöster und Kirchen-Stiftungen '). Das
Postuhit betrug für
Nieder- und Ober-Oesterreich zusanimmen 110.850 11.
für Inner-Oesterreich 120.000 ,,
für die böhmischen Länder 223.250 „
zusammen 454.100 fl. ")
Die Geldfrage beeinflusste in solchem Masse die Kraftentfaltung
der Monarchie, dass Prinz Eugen dem Kaiser erklärte: „wenn es
nicht gelinge, bei den Seemächten beträchtliche Anlehen zu realisiren,
werde es unmöglich sein, den Krieg fortsetzen zu können und sei
es besser, an den Frieden zu denken, ehe die Geschäfte des Kaisers
noch mehr zerrüttet" ^). Des Prinzen eindringliche Vorstellungen ge-
legentlich der Haager Conferenzen führten aber bei den Seemächten
zu keinem greifbaren Ergebniss und als der kaiserliche Gesandte
in London im September angewiesen wurde, einen Versuch zu machen,
ein „Anticipations negotium" von 250.000 Pfund Sterling, in Schlesien
assignirt, abzuschliessen, erwiderte Graf Gallas: dieser Versuch
wäre zur Zeit ein vergeblicher*). Bei aller Pünktlichkeit, welche
bei der Zahlung von Capital und Interessen des Anlehens von 1706
beobachtet worden, boten die Gläubiger ihre Obligationen mit 10
bis 12 Percent Verlust aus, ohne Käufer zu finden. Es genüge nicht,
an Einer Stelle pünktlich zu sein, man müsse es überhaupt sein ^).
Der kaiserliche Kriegsstaat in Italien.
Die eigenthümliche Stellung, welche in der Gesammt-Wirthschaft
des kaiserlichen Heeres dem Kriegsstaate in Italien zukam, war eine
Folge des in Wien aufgestellten Grundsatzes, dass Italien für die Kosten
desselben allein aufzukommen habe. Konnte derselbe auch bisher niemals
*) Hofkammer-A., Böhmische Acten vom l(j. Juni 1708.
2) Hofkammer-A, vom 18. Februar und 30. September 1708, und böhmische
Acten vom 16. Juni 1708. Diese Abgabe scheint besonders in Inner-Oesterreich,
dessen Prälatenstand immer die grössten Schwierig-keiten machte, sehr unpopulär
gewesen zu sein, da im September 1709 noch 70.000 fl. und 3 Monate später noch
50.000 fl. rückständig waren, so dass man mit der Temporalien-Sperre drohen musste.
Hofkammer-A. vom 25. September und 28. December 1709.
') Aiifragepuncte etc. Prinz Eugen an den Kaiser. März 1708. Kricgs-A.,
Niederlande ; Fase. HI. 6.
*) Gallas an K. Joseph I. London, 28. September 1708. H. H. u. St. A.
Gallas' Anlehens-Project vom 27. September. Kriegs-A., Nie;lerlande 1708; Fase, IX. 59-
*) Gallas au Prinz Eugen. London, 21. December 1708, Kriegs-A., Nieder-
lande 1708; Fase, IX. 48.
58
vollkommen durchgeführt werden '), so ergibt sich doch anderseits,
dass eine Nachhülfe aus den Erhhmden — abgesehen von der Lieferunjr
von Ergänzungs - IMannschaften, Remonten und Ausrüstungs- Gegen-
ständen — im Jahre 1708 nicht erfolgte.
Im Winter 1707 — 1708 hatte Italien für den Unterhalt von
36 Regimentern, d. i. die volle Hälfte des kaiserlichen Heeres, ganz,
für jenen der fremden Micthstruppeu (Preussen, Sachsen-Gothaer,
Pfälzer, Hessen etc.) überdies theilweise aufzukommen.
Für das Jahr 1708 bezifferte das General-Kriegs-Commissariat
das P^rforderniss der kaiserlichen Truppen in Italien mit 10 Millionen
Gulden. Für 1707 hatte man nicht die Hälfte dieser Summe in Italien
selbst aufgebracht*); für 1708 versprach man sich noch weniger.
Glücklicherweise gestattete die politisch-militärische Lage zu Beginn
dieses Jahres eine theilweise Entlastung des italischen Budgets durch
die Abgabe bedeutender Truppen - Contingente nach Spanien und
Deutschland-Flandern, welche Entlastung auch dem Gesammt-Budget
des Kaisers zu Gute kam, da diese Contingente ganz oder theilweise
in die Verpflegung der Seemächte traten.
Als vornehmste Einnahme für Kriegszwecke muss der tägliche
Beitrag (Dataria) von 22.000 Lire, welchen der mailäudische Staat
leistete ^), angesehen werden. Dieser pünktlich erfolgende Eingang war
aber bereits zu zwei Drittheilen verpfändet.
Das Cameral-Gefälle des Herzogthums Mantua warf netto
26.000 Doppien oder 156.000 fl. ab und berechnete das Kriegs-Com-
missariat die in den 6 Winter-Monaten 1707 — 1708 von diesem Herzog-
thume meist im Wege der Militär-Execution abgestattete Verpflegung
mit 447.309 fl.*).
Von den Contributionen jeuer Lehens-Staaten, welche keine
Quartierlast trugen, wie Florenz, Genua, Lucca, Massa, flössen nur
81.000 Doppien oder 486.000 fl. in die Kriegscassa ^).
Parma und Piacenza, Modena, Ferrara, Mirandola, Guastalla
trugen Quartierlast. Zur Charakteristik ihrer Beiträge mag dienen,
dass Parma die Gesammt-Consumtion statt auf 390.000 fl. auf 637.500 fl.
veranschlagte und restituirt haben wollte, was es über 240.000 fl.
geleistet *).
♦) Hofkammer-A. 1708. Referat vom 28. September.
*) Registr. des R. K. M., März 1708, Nr. 187.
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. II. V/^.
*j Relation Königsegg's. Registr. des R. K. M., März 1708, Nr. 187.
•''j Kriegs-A,, Italien 1708; Fase VI. 19.
«j Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VII. 2
59
Von den mit 375.760 fl. eingestellten Contributionen der Luneggiana
und anderer Lehen ist zweifelhaft, ob der grösste Theil wirklich ein-
gegangen *).
Die Leistungen des Königreiches Neapel für die daselbst stehenden
kaiserlichen Truppen blieben hinter dem Voranschlage weit zurück.
Die Ausgaben überstiegen die aus den königlichen Gefällen fliessenden
Einnahmen um 1 Million Scudi. Die Geldverpflegung der Truppen
hörte fast ganz auf. Erst im December 1708 erhielten letztere auf Grund
einer 13monatUchen Guthabung ein doppeltes Monatsgeld ausgezahlt.
Eine ausserordentliche Einnahme resultirte 1708 aus der vor-
übergehenden Occupation des Kirchenstaates und der bleibenden Be-
setzung Commacchio's.
Von dem Kaufschilling für die Virgilianischen Güter flössen
nur 140.000, beziehungsweise gar nur 104.000 fl. in die Kriegscassen ^j.
Da alle diese Einnahmen, selbst wenn sie ganz und voll einliefen,
— was aber keineswegs der Fall *) — kaum für die Hälfte des Vor-
anschlages Bedeckung boten und zudem noch zur Begleichung der
Rückstände aus dem vorhergegangenen dienen mussten, hatte die
Kriegsverwaltung die grössten Schwierigkeiten, die Bedürfnisse der
Truppen auch nur nothdürftigst zu befriedigen.
Das Kriegs-Erforderniss des laufenden Jahres musste auch in
Italien zum Theile durch Anlehen gedeckt werden. Um die in Ober-
Italien stehenden Reiter- Regimenter recrutiren und remontiren und
die Brodverpflegung sicherstellen zu können, musste gleich zu Beginn
des Jahres eine Anticipation von 100.000 Pistolen realisirt werden*).
Eine ähnliche Operation im Februar ergab für die in Neapel stehenden
Reiter-Regimenter 70.000 Scudi ^). Im Juni anticipirte Baron Gamba
80.000 Doppien und im August der Bankier Charrier auf den
Fundus der Mailänder Dataria weitere 45.000 zu 24 Percent ^).
Vor seiner Abreise zur Armee in Piemont wurde der kaiserliche
General - Kriegscommisär Baron Martini von den Impresarien zu
') Krieg-s-A., Italien 1708; Fase. VII. ad 2.
2) Hofkammer-A., 7. April 1708. — Kegistr. des R. K. M., October 1708,
Nr. 310.
^) So musste der mit der Regelung des gesammten Coutributionswesens in
Italien betraute Marquis Prie zu Genua und Florenz mit militärischer Occupation
drohen, diese säumigen Zahler zur Contributionsleistung zu veranlassen. Prie an Prinz
Eugen, Mailand, 10. Mai 1708. Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. V. 1.
*) Registr. des R. K. M., März 1708, Nr. 187.
^) Dann an Prinz Eugen. Neapel, 2. Februar 1708. Kriegs-A., Neapel 1708;
Fase. II. 7.
«j Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VI. 12 und Fase. VIIl. 37.
60
einem verzweifelten Schritt gedrängt. Da jene erklärten, nicht eher
abzulassen, als nicht ein Theil ihrer Forderungen beglichen, der Rest
sichergestellt, gab er ihnen Assignationen auf bereits verpfändete
Datarien von Mailand ').
Die ökonomisch-administrative Verfassung des kaiserlichen Kriegs-
staates in Italien musste nothgedrungen auf eine bessere Grundlage
gestellt werden.
Am 22. October bestellte der Kaiser zu Mailand eine Deputation,
welche „einerseits die Kräfte der Contribuenten nach der Prudenz und
Aequität — anderseits die Beschaffenheit der Cameral fundorum et
proventuum im Mantuanischen und Mailändischen dergestalt unter-
suchen und überschlagen solle, damit was sie ertragen, man exacte
wissen könne" ^). Zum Präsidenten ward Prinz Eugen von Savoye n,
zu seinem Stellvertreter Feldmarschall Graf Daun ernannt"'). Von
einer Wirksamkeit dieser Deputation konnte im Jahre 1708 keine
Rede melir sein.
Das Heer.
Fusstruppen:
35 deutsche, 2 Hayducken-Regimenter, mit einem Sollstande von
79.820 Mann; die „Wiener Stadtguardia", dann eine nicht genau zu
ermittelnde Zahl von Croaten- und Frei-Compagnien, welch' letztere,
principiell in der Auflösung begriffen, noch Besatzungsdieuste machten.
Reiterei:
20 Cürassier-, 12 Dragoner-, 5 Huszaren-Regimenter, mit einem
Sollstande von 37.8G0 Manu; ungarische, croatische, rascianische, bul-
garische und walaehisehe Feld- und Greuz-Miliz-Abtheilungen *).
Wie bedeutend die Standesabgänge der kaiserlichen Regimenter
zu Ende des Feldzuges 1707 gewesen, erhellt aus den Anstalten zu
ihrer Ergänzung.
Für das Jahr 1708 war den kaiserlichen Erblanden, wie im
Vorjahre, die Stellung von 20.000 Recruten und 6000 Remonteu vor-
geschrieben. Diese Gesammtleistung war auf die einzelnen Länder
wie folgt vertheilt:
<) Martini au Prinz Eugen. Turin, 7. Juli 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. VII. 3.
^) Hofkamnier-A., 1708.
^) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. .09.
*j iJa.s gesauiuite Greuz-Autgeb<jt Croatiens inul Slavcjniens zu Fuss und zu
Pferd dürfte sich 1708 auf etwa 6000 Manu belaufen haben.
61
Remoiiten-QiiantitiTi
L a u fl Recruten- Cürassier- Drairouer-
QuaBtuni Pferrle rt'crdt;
Nieder-Oesteneich 2314 463 233
Ober-Oesterreidi 1158 232 115
Steyermark 1736 347 174
Käruten 1013 208 104
Kraiii 723 139 69
Böhmeu 6528 1306 653
Mähreu 2176 435 217
Schlesien 4352 870 435
Totale 20.000 4000 2000')
Der Hüfkriegsrath betonte die Nothwendigkeit, die Recruten von
den Ländern in natura zu erhalten, da die Ofticiere im Wege der
Werbung erfahrungsgemäss nicht aufzukommen vermochten. Die Recruten
sollten Avohlmontirt und mit dem Obergewehr (Flinten) ausgerüstet ge-
stellt werden, und zwar in zwei Terminen, deren erster die Zeit vom
1. December 1707 bis Mitte Jänner 1708 umfasste, indess der zweite
auf das Ende des Februar fiel. Für jeden tauglich befundenen Recruten
wurden dem Lande 25 fl. in der Repartition gutgeschrieben; für jede
wohlbeschafFene und probirte Flinte 4 fl. 15 kr. Auch die Verpflegung,
welche, solange die Recruten im Lande, diesem zukam, wurde bonificirt.
Für die Rcmonten-Stellung war der 15. März als letzter Termin
angesetzt. Die Remonte, ihre Verpflegung, Sattel und Zeug wurden
dem Lande gleichfalls gutgeschrieben ^).
Im Verlaufe des Recrutirungs- und Remontirungs-Geschäftes traten
wie alljährlich, so auch 1708 sehr bedeutende Verzögerungen ein.
Die Naturaisteilung und die Werbung lagen insbesondere in Steyer-
mark, das die Regimenter in Unter-Italien ergänzen sollte, stark auf,
da die Stände sich im April zu den schuldigen Prästationen nicht
hatten bequemen wollen. Mitte August fehlten auf das in natura zu
stellende Recriiteu-Contingent nicht ganz 1000 Mann, die Remonten
waren um diese Zeit bereits vollzählig geliefert ').
Die Werbung, welche als wichtige Nebenquelle der Heeres-
Ergänzung diente, — so sollten im Römischen Reiche deutscher Nation
allein für die in Italien stehenden kaiserlichen Reiter-Regimenter
3200 Recruten geworben werden *J — lieferte sehr wenig befriedigende
») Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XIII. 15.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 5 und 15.
*) Kriegs-Ä., Niederlande 1708; Fase. VIII. 56.
*) Jedes der 16 Reiter-Regimenter .sollte 150 hisi 200 Manu recrntiren und
350 bi.s 450 Pferde im Römischen Reiche remoutireu. Hot'krieg.srath au die Reichs-
Hofkanzlei. Wien, 1. Jänner 1708. H. H. n. St. A.
62
Ergebnisse. Es fehlte vor Allem zur rechten Zeit an dem erforder-
lichen Geldo. So wurden auf diesem Wege von allen in Unter-Italien
stehenden Regimentern nur für das Daun'sche 30 Mann gewonnen.
Die auf llecrutirung und Werbung Commandirten dieser Regimenter
blieben unter solchen Umständen gleich zur Besorgung der Ergänzung
pro 1709 auswärts. Die Werbung für die in Ober-Italien stehenden
Regimenter ward im August gänzlich eingestellt, um die Comman-
dirten von ihren Stammabtheilungen nicht noch länger fernzuhalten ').
Zu den Verzögerungen in der Stellung der Ersatzmannschaften
kamen in Folge besonderer Verhältnisse ausserordentliche auf dem
Wege von den Sammelplätzen zu den Regimentern.
Anfangs April war alles Erforderliche verfüf^t, um die nach
Neapel bestimmten und von Inner-Oesterreich zu stellenden 3500 Re-
cruten') aus den innerösterreichischen Seehäfen an ihren Bestimmungs-
ort zu bringen. Mitte August Avar von den Recruten des Fussvolkes
ein Theil bereits dahin überschifft, der Rest, transportbereit, konnte
aber nicht abgelassen werden, da französische Corsaren auf der Höhe
von Ragusa kreuzten. Aber auch die Recruten der Reiterei konnten
nicht zu ihren Regimentern. Die Zwistigkeiten mit dem päpstlichen
Hofe sperrten den Weg zu Lande, wie die Corsaren jenen zur See.
Zu allem Ueberflusse protestirte die Republik Venedig fortgesetzt
gegen den See-Transport, pochend auf ihre angebliche Herrschaft in
der Adria. welche freilich weder von jenen Corsaren, noch von anderen
Seefahrern respectirt wurde ^ ).
Die im Königreiche Neapel stehenden 5 Infanterie-Regimenter
Dann, Gschwind, Wetzel, ^^'^allis und Heindl wiesen in der Haupt-
tabelle pro Juni 1708 einen Abgang von 2656 Mann aus und die
3 Reiter-Regimenter Caraffa, Vaubonne und Battc *) einen solchen von
656 Mann und 850 Pferden. Fussvolk wie Reiterei war demnach
bisher fast gar nicht ergänzt worden, und so blieb es bis über den
Jahresschluss hinaus.
Nach der „Austheilung der Recruten pro anno 1708''''*) sollten
die 10 kaiserlichen Fuss-Regimenter, welche in diesem Jahre zur Armee
'j FML. Graf Harrach /,. B. umsste die Wcrbuu<^ für sein RegimeBt aus Geld-
mangel einstellen. Sein Bericht au Kw^eu, ddo. 12. Juli. Kriegs-A., Niederlande
1708; Fase. VII. 61.
2) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VI. 8'/,.
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 9.
*) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 3d und Registr. des R. K. M.,
August 1708, Nr. 304.
5) Kriegs-A., 1708; Fase. XI. 38.
J
63
iu Picmont bestimmt waren, im Ganzen 52(il Kccruten, und zwar 4261
aus Böhmen und 1000 aus Kärnten und Krain erhalten. Wiewohl
Böhmen seiner zeitgerechten Landesleistungen wegen als eine besonders
verlässliche Quelle angesehen werden konnte, fehlten der Armee in
Ober-Italien Ende Mai noch 2079 Kecruten'). Es ist übrigens mit
Sicherheit anzunehmen, dass die für diesen Operations-kScliauj)latz be-
stimmten Kecruten des Fussvolkes im Laufe des Sommers 1708 dort
ziemlich vollzählig eintrafen.
Die im Winter 1707 — 1708 in Italien stehenden 17 Keiter-
llegimentor — die Hälfte der kaiserlichen Cavallerie — sollten sich, wie
bereits erwähnt, mit je 150 bis 250 Mann und je 350 bis 450 Pferden
im Römischen Reiche rccrutiren und remontiren. Diese Recrutirung
und Remontirung von im Mittel 3200 Mann und 6400 Pferden wurde,
was die in Italien bleibenden Regimenter betrifft, im Laufe des Jahres
zum grössten Theile realisirt.
Der Transport der nach Catalonien bestimmten Ergänzungs-Mann-
schaften musste von englischen Schiffen oder doch unter deren Schutz
geschehen; ihr Eintreffen war monatelang abzuwarten. Der Umstand,
dass die Kosten des Transports und der Verpflegung von England
getragen werden sollten, führte zu weiteren Verzögerungen '). So ging
der Ergänzungstransport für das Regiment Reventlau, erst am 15. Juli
von Vado ab ■''). Recruten der Regimenter Guido Starhemberg und
Osnabrück gelangten im December erst nach Catalonien. Ein weiterer
Recruten-Transport verliess gar erst am 25. November Mantua*). Da
die nach Spanien bestimmten Recruten schaarenweise entlaufen wären,
wenn sie ihre Bestimmung gekannt hätten, Hess man sie von den
Recrutirungs - Officieren anderer Regimenter übernehmen und auf
deren Namen zunächst nach Italien bringen ^). — Der Bitte des Feld-
marschalls Starhemberg, 200 Huszaren und ebenso viele Hayducken
nach Catalonien zu senden, konnte nicht entsprochen werden. Obrist
Gyulai stellte nämlich vor, „wasmassen die Hay ducken ganz nackt
und bloss, die meisten auch ohne Gewehr, dazu noch unbezahlt seien,
also dass sie nicht einmal im Stand wären, aus ihren Zimmern zu
') Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. V. 8.
2) Siehe diesbezüglich z. B. Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. VIII. 48 (Chetvvyudj,
und X. 17.
^) Chetwynd an Eugen. Genua, 10. Juli 1708. Kriegs-A., Spauieu 1708;
Fase. VIII. 31.
*) Kriegs-A., Spauien 1708; Fase. XII. 2.
^) Eugen au Starhemberg. Lille, 9. December 1708. Kriegs-A., Spauien 1708 ;
Fase. XII. 8.
64
zu gehen, zu geschweigen in das Feld ziehen oder sich ins Hispanische
zu begeben. — Eine gleiche Bewandtniss hat es mit den Huszaren,
welche schon seit des ganzen wällischcn Krieges nicht recnitirt, noch
rcmoutirt oder ordentlich montirt werden"' ').
Die kaiserlichen Fuss-Regimenter im Römischen Reiche deutscher
Nation. Baden und Thüngen, hatten zu Beginn des Jahres 1708 einen
Abgang von 1955 Mann. Zur Mosel-Armee bestimmt, vermochte jedes
derselben aus der ganzen Mannschaft kaum zwei Bataillone mit dem
Sollstand zu formircn. Die beiden kaiserlichen Schweizer-Regimenter
waren noch schwächer. — Die Cürassier -Regimenter Mercy und
Lobkowitz zählten Anfangs Mai 360, beziehungsweise 601 ausrückende
Reiter. Falkenstein- imd PalfiS'-Cürassiere, Fels- und Reising-Dragoner,
welche aus Ober-Italien, wo sie überwintert hatten, nach Deutschland
bestimmt wurden, konnten erst Mitte des Jahres ihre Recruten und
Remonteu an sich ziehen ■ ). — Den Huszaren Regimentern Kollonits,
Eszterhäzy und Lehoczky fehlten am 30. April nicht weniger als
1860 Mann und 2472 Pferde. Nur Kollonits- und Splenyi-Huszaren,
welche letztere aus Italien kamen, erreichten später den halben Soll-
stand an Berittenen und konnten dem Prinzen Eugen nach den
Niederlanden folgen ^ ).
Die Truppenkörper in Ungarn waren zu Beginn des Jahres aus-
nehmend schwach; manche Regimenter zählten kaum 300 Älann.
Wiewohl ihre Ergänzung um so dringender war, als ihnen die schwere
Aufgabe zukam, Mähren, Nieder-Oesterreich und Steyermark gegen
die Einfälle der Rebellen zu schützen, eine Aufgabe, die sie den
ganzen Winter über in Athem erhielt, schritt ihre Recrutirung und
Remontirung doch so langsam vor, dass sie Anfangs Juli die Hälfte
ihres Sollstandes schAverlich erreicht hatten*).
Das Corps in Siebenbürgen zählte Anfangs 1708 etwa 8000 Mann,
das ist weniger als die Hälfte seines Sollstandes. Statt Ende Juni
an der Grenze Siebenbürgens zu stehen, sammelten sich die Ergän-
') Referat des Hofkriegsratlies. M'ieu, 18. April 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
f^asc. IV. 15.
^) Nur riicksiclitlicli des Kcgiinents Falkeusteni tiiidot sicli eine Zahleiiaiiga})e.
Dasselbe hat uacli Eiiitlieilun<r der Kecrnteii Tind KenKjiiteu am 6. Jimi einen Stand
von 808 Köpfen. Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 3.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 3, 16, 77, 99 und 101; VII. 93;
VIII. 18; XL ad 40; XTII. 3d. Römisthes Reich; Fase. II. ad le; IV. 2; V. 4.
Italien ; Fase. X. 35.
*) Genaue Ziffern lassen .sich nicht geben, da die auf Ungarn und Sieben-
bürgen bezüglichen Feldacteu des Jahres 1708 nicht eine einzige Standestabelle
enthalten.
J
65
zungs-Transporte dahin erst im Laufe des October zu Peterwardein
und Essegg. Ihren Marseh nach Siebenbürgen aber verhinderten zu-
näehst 8000 bis 10.000 Kuruczen in der Hahnägy, dann schlechtes
Wetter und einreisseude Krankheiten, so dass der Hoflcriegsrath sich
schliesslich mit der HoflFnung trösten rausste, wenigstens die Recruten
und Remontcn der Reiterei im Laufe des Winters 1708/9 an den Ort
ihrer Bestimmung zu bringen 'j.
N e u f ü r m a t i o n e n.
Am 10. Jänner 1708 erging an sämmtliche in Ungarn stehenden
Fuss-Regimenter, welche noch keine Grenadier-Compagnien hatten, die
Weisung, eine solche zu 100 Mann zu errichten^).
Am 17. Mai beantragte Prinz Eugen, dass die kleine Walachei
bestcändig von 20 Familien einen Mann stellen solle. Das ganze Con-
tingent sollte sich auf 1200 Mann belaufen^).
FML. Franz Grraf N a d a s d y sollte 1 Huszaren - Regiment
errichten *).
Nach der am 14. April 1708 mit Grossbritannien geschlossenen
Convention, hatte der Kaiser die nach Catalonien bestimmten Regi-
menter binnen vier Monaten durch ein neu zu recrutirendes Corps von
4000 Mann zu ersetzen. Da die Werbegelder hiefür aus England nicht
früher als im November flüssig wurden ^), konnte erst gegen Jahres-
schluss an die Errichtung geschritten werden. Eines erhielt Christ
Baron S eckender ff, mit dem auch am 20. November die Cupitu-
lations-Puncte vereinbart wurden ^); das andere wurde für den Prinzen
von B e V e r n bestimmt '). Die Absicht, diese Regimenter aus den in
Bayern gestandenen 4 fränkischen Kreis - Regimentern zu formiren,
erwies sich als unausführbar.
Das im Jahre 1708 in Böhmen und Bayern Besatzungsdienste
versehende Fuss-Regiment Guttenstein errichtete 4 neue Compagnien,
welche Ende Juli fertiggestellt waren *).
') Registr. des R. K. M., FeViruar 1708, Nr. '204, März Nr. 52, September
Nr. 166 und December Nr. 127.
2) Registr. des R. K. M., Jänner 1708, Nr. 135 und 154.
3) Registr. des R. K. AI., Mai 1708, Nr. 41 und 300. Unter „Kleine Walachei"
wurde damals der westliche Theil des heutigen Slavoniens, weil von „Wlacheu*-, d. i.
griechisch-uichtuuirten Serben bewohnt, verstanden.
*) Registr. des R. K. M., März 1708, Nr. 76.
5) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. 11, und Römisches Reich 1708;
Fase. XI. 7.
*>) Registr. des R. K. M., December 1708, Nr. 270.
^) Registr. des R. K. M., December 1708, Nr. 260.
8) Kriegs-A., 1708; Fase. V. 10 und VII. 119.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyeu. II. Serie. I. Band. •)
6«
Das in kaiserlichem Solde stehende, 1704 geworbene Bataillon
Graubündner -ward 1708 auf 12 Compagnien augmentirt, welche
ein Regiment von 1600 Mann Sollstand bildeten. Es wurde im
November nach Catalonien eingeschifft').
Endlich wurden in Bayern 2 Invaliden-Compagnien aufgestellt,
welche Anfangs October formirt waren").
Die im Jänner 1708 beabsichtigte Acquisition des in Ungarn
stehenden churmainzischen Dragoner-Regiments Schönborn, beziehungs-
weise dessen Umwandlung in ein kaiserliches Regiment, wurde erst
im Jahre 1710 realisirt.
]^I i e t h - T r u p p e n.
a) ganz in kaiserlichem Solde:
Von Würzburg: 2 Regimenter zu Fuss, 1 Regiment Dragoner;
von Chur-Mainz : 1 Regiment Dragoner; von Chur- Pfalz : 2 Regimenter
zu Fuss, 2 Regimenter zu Pferd; Schweizer: 2 Regimenter zu Fuss;
Graubündner: 1 Bataillon zu Fuss; Dänen: 4 Regimenter zu Fuss,
2 Regimenter zu Pferd.
h) theil weise in kaiserlichem Solde:
Von Preussen: 11 Bataillone zu Fuss; von Sachsen - Gotha :
2 Regimenter zu Fuss, 2 Regimentor zu Pferd.
Die Mieth-Truppen hatten einen Sollstand von 17.510, beziehungs-
Aveise 28.510 Mann.
Artillerie und AI i n e u r e , Z c u g s w e s e n, Armatur und
Rüstung, Bekleidung, Natur ali en -Beschaffung, Feld-
pro v i a n t-F uhrwesen, Kriegsbrückenwesen und Schiffs-
Armcment, Sanitätswesen, Fortificationen.
Nach der iVbsicht des Hofkriegsrathes sollte 1708 die kaiserliche
Artillerie in Neapel, Ungarn und Siebenbürgen im Status quo bleiben.
In Ober-Italien sollte sie 50 Stücke zählen, wovon die Regiments-
stücke mit vier, die Falkaunen mit acht Pferden bespannt werden
sollten. Nach Catalonien hatte auf Fcldmarschall S t a r h e m b e r g's
Verlangen ein Detachement von 13 Mann abzugehen. Die Artillerie
im Reiche endlich sollte auf dem Stande wie 1707 recrutirt werden.
•) H. H. u. St. A. Rhätica 1708, vom IG. Auj^ust und 17. Ucti.bür. — Kric^jjs-A.,
Röniisclios Roicli 1708; Fase. XI. 37; Italien 1708; Fase. X. ;34.
2) Krifgs-A., Röniisdif's Rciili 1708; Fase. IX. 41 nufl Fasr. X. 8; Xie<ler-
laude 1708; P\asc. VI. ad 8:3 a.
67
Da die Artillerie in Neapel ganz iinzulänglicli war, bat Feldmar-
schall Dann Mitte Mai um Zusendung der in der Lombardie zurück-
gebliebenen Artilleristen und Mineure.
Die Artillerie in Ungarn und Siebenbürgen war ohne Bespannung
und überhaupt in einer kläglichen Verfassung. Zu der 1707 projec-
tirten Aufstellung eines vollständigen Belagerungs-Parkes war es nicht
gekommen, was den belagerungsmässigen Angriff ungarischer Plätze
unausführbar machte. Später wurde die Feld - Artillerie auf 30 bis
40 Mörser und 10 bis 12 Regimentsstücke veranschlagt.
Die Artillerie in Italien wies am 26. August, einschliesslich
18 Mineure (2 Officiere), einen Stand von 699 Köpfen (6 Officiere)
aus. Die Noth war allenthalben gross. Da die Reitpferde den ganzen
Winter über nur für 22 '/^ Tage Hartfutter erhalten hatten, waren
selbe in so schlechter Condition, dass des Obristen Steinberg
Voraussage: „kaum die Hälfte werde in's Feld rücken können", in
Erfüllung ging. Die Geschütze mussten ganz oder theilweise mit Ochsen
bespannt werden, ein so wenig entsprechender Bezug, dass man
Anfangs September die Bespannung mit Pferden beantragte. Die
Festungs - Artillerie war als demontirt ausser Gebrauch gesetzt und
ermangelte überdies der unentbehrlichsten Requisiten.
Die Artillerie im Reiche hatte 1707 16 Regimentsstücke, 24 schwere
Geschütze, 566 Mann, 354 Pferde, 146 Ochsen und 454 Fuhrwerke
(einschliesslich des Proviant-Fuhrwerks) gezählt '). „Der Zustand der
Artillerie im Reiche könne niemals elendiger gewesen sein", schrieb
FZM. B ö r n e r am 26. Juni dem Prinzen Eugen. Sie aus der
„drohenden Desperation" zu erretten, wurden ihr in Böhmen 60.000 fl.
angewiesen. Gleichwohl gelang es nicht, die zur Mosel-Armee bestimmten
12 Feldgeschütze zeitgerecht zu mobilisiren. Sie konnten erst am
26. Juni vom Ober -Rhein aufbrechen. Da sie hienach die Armee
nicht mehr einzuholen vermochten, gab Prinz Eugen ihrem Com-
mandanten, Hauptmann Berneckh, Befehl, zurückzukehren.
Da Freiburg bei einer Armirung von 68 Geschützen und
12 Mörsern nur 36 Büchsenmeister und 12 Mineure, Landau nur
50 Artilleristen und 30 Mineure zählte, erklärte sich FML. Harsch
ausser Stande, dem Auftrage, nach Italien Artilleristen und Mineure
abzugeben, nachzukommen ^).
») Band IX. S. 51.
2) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. V. 7; Italien III, 5a; IV. 1; VII. 3;
VIII. 23 und 40; X. 22; Römisches Reicli IV. ad 3 a und V. 8; Niederlande IV. 4;
VI. 13 d; 20 und 73. — Registr. des R. K. M., Jänner 1708, Nr. 359 und 479. Hof-
kammer-A., 1708.
5*
68
Des Prinzen Eugen Retei'cat vom 5. Jänner 1708 behandelt
„den überaus schlechten Znstand des ganz zu Boden sinkenden Land-
und Zeughans- Amts'' *), spricht von dem „in Agonie liegenden Zeugs-
wesen" und eonstatirt, „dass alle Zeughäuser notorisch entblösst seien".
Wien Aväre wegen Mangel an Munition etc. ausser Stande, eine
Belagerung auszuhalten ; die Belagerung ungarischer Plätze müsstc
aus gleichem Grunde unterbleiben. In Begründung dieses desolaten
Zustandes führt der Prinz an, dass der Fundus nur proforma ange-
wiesen und zu anderen Zwecken verwendet werde *).
Die Lieferungen an Armatur und Rüstung, welche zum
Theile die Erbländer selbst besorgten, zum Theile von der Hofkammer
mit Industriellen abgeschlossen worden waren, deckten l708 ebenso
wenig, wie in den früheren Jahren, den Bedarf der Truppen. Von
den 2000 Gewehren l%löthigen Calibers, welche bei Spangen-
b e r g in Suhl (Bayern) für die kaiserlichen Truppen bestellt
Avorden, war Anfangs Februar die eine Hälfte fertig, die Lieferung
der anderen verzögerte sich, da der genannte Fabrikant für das
dänische Hülfscorps 2600 Flinten zweilöthigen Calibers verfertigen
musste ^ ).
Die Lieferung der vom Hofkriegsrathe geforderten 6000 Cürasse
und Casquets erklärte die Hoflvaramer am 20. April bei den „immensen
Ausc-aben" für eine Unmöglichkeit. Doch werde der Armatur-Ver-
leger S c h ö t t 1 in Steyer fortfahren, jährlich 1500 Cürasse und
ebensoviele Casquets abzugeben *j.
Nicht besser als mit der Bewaffnung und Ausrüstung war ea
mit der Bekleidung der Truppen bestellt. Auch hier blieb im
besten Falle Alles beim Alten. Soweit die Beschaffung den einzelnen
Erbländern zukam, war die Montirung von deren Willfährigkeit und
Leistungsfähigkeit abhängig, welche beide viel zu wünschen Hessen.
Die Beschaffung der Monturen im Wege der Privat-Industrie war mit
vielfachen Anständen verbunden, welche mehr oder weniger auf die
unpünktliche Zahlung zurückzuführen waren. Die schlechte und eigen-
nützige Wirthschaft juaucher Regiments -Inhaber that ein Uebriges,
den Bekleidungszustand durchaus zu einem wahrhaft kläglichen zu
gestalten. Geradezu beschämend und zu dem der Verbündeten einen
') Den Wieimr Arsouil - IjuiHeiistetmi wurde am 1). Feljnuir a routn iliriis
flreijälirijjeii Be.solduiijjjs-Aii.s.staii'lcrt eiiir; Jalires([Uutc aiigowieseii. Hufkaiumor-A., 1708.
2j Kogistr. des K. K. M., Jänuer 1708, Nr. 479.
•■') Kaiserl. Adiniiii(<trati()n in Bayern ;\u K. .rnscpli I. ^Münclion, 1. Ki-hruar 1708.
II. IJ. n. St. A. — Kriegs-A., Köini.sc-lu-.-* Kcicli 1708; Fa«f. II. 17.
») Hofkammer-A., 1708.
69
auffalleuden Gegensatz bildend, war er in den Niederlanden, wo doch
Prinz Eugen in Person befehligte.
Die Beschaffung von Naturalien geschah im Militärjaluc 17ü7/8
in ähnlicher Weise, wie bisher. In Ungarn und Siebenbürgen blieb
zwar Norm, dass das Bedürfniss an Naturalien thunlichst im Lande
selbst aufgebracht werden müsse; da aber die Staatsraison vorlangte,
die Forderungen dem heruntergekommenen Zustande des Landes
anzupassen, mussten in erster Linie Nieder- und Ober-Oesterreich, in
zweiter Bayern aushelfen. Den genannten Erbländern wurde die
Lieferung von 60.000 Centner Mehl und 30.000 Motzen Hafer, Bayern
aber jene von 100.000 Centner Mehl und 100.000 Motzen Hafer vor-
geschrieben. Dieses Land musste überdies 16.000 Centner Mehl und
14.000 Motzen Hafer nach Tyrol abgeben. Im Uebrigen figuriren
auch Schlesien und Vorarlberg unter den Ländern, welche Naturalien-
Lieferungen leisteten. Im Königreiche Neapel war die Naturalien-
Lieferung des Landes die Grundlage der Truppen-Verpflegung. In
Ober-Italien und am Rhein beruhte dieselbe auf Subarrendirung. In
Spanien und in den Niederlanden sorgten die Verbündeten für die
Verpflegung der Kaiserlichen.
Das Feldproviant-Fuhrwesen blieb 1 708 im Ganzen in
der traurigen Verfassung der früheren Jahre. Am besten war es damit
in Ober-Italien, am schlechtesten in Ungarn bestellt.
Das kaiserliche Kriegs-Brückenwesen und das Schiffs-
Armement weist gegen das Vorjahr keine nennenswerthe Verän-
derung auf. Ueber Mangel an Schanzzeug wurde namentlich in
Ungarn geklagt.
Das Sanitätswesen, im Allgemeinen noch sehr primitiv und ganz
unzulänglich organisirt, zeigt 1708 nur in Ober-Italien eine bemerkens-
werth fürsorgliche Organisation und Einrichtung, ein Verdienst des
General-Kriegs-Commissärs FML. Baron Martini.
Die ständige Geldnoth, die Ursache, dass es den Kaiserlichen
auf allen Operations - Schauplätzen an Waffen und Munition, an
Bekleidung und Ausrüstung, an Ross und Wagen mangelte, Hess auch
das Fortificationswesen von Jahr zu Jahr mehr verfallen. Am
besten stand es noch um die Plätze in den vorderösterreichischen
Landen und in Bayern. Die Festungen in Böhmen, Mähren und
Schlesien, in Inner-Oesterreich, in Ungarn und Siebenbürgen waren
baulich vernachlässigt und kaum nothdürftig armirt. Die Grenzplätze
gegen die Türkei, die Fortificationen in Unter- und Ober-Italien be-
fanden sich in einem höchst kläglichen Zustande. Dass 1708 wenigstens
für die Instandsetzung des Hauptbollwerkes in Ober-Italien, für Mantua
70
etwas geschah, dass nämlicl» für dessen bessere Instandsetzung von
dem Kaufschilling der Virgilianischen Güter 20.000 11. ausgeworfen
wurden, erscheint unter den geschilderten Verhältnissen geradezu
bemerkenswerth.
Die Vertheilung des kaiserlichen Heeres aufdem Kriegs-
Theater.
Nach dem Referate, welches Prinz Eugen am 20, März 1708
dem Kaiser erstattete, war die beabsichtigte Vertheilung der kaiser-
lichen Streitkräfte auf dem Kriegs-Theater folgende:
Die Armee in Ungarn.
a) Haupt- Armee (jenseits der Donau).
Fussvolk: Salm, d'Arnan 1 Bataillon, Deutschmeister, Tollet,
de Wendt (2 Bataillone) ; 4 dänische Fuss-Regimenter (eventuell).
Reiterei: die Cürassier - Regimenter HohenzoUern, Uhlefeld, La
Tour, Steinville ; die Dragoner-Regimenter Althann, Wolfskehl (Würz-
burg), Schönborn (eventuell) ; das Huszaren-Regiment Eszterhäzy ; das
slavonische Natioual-Miliz-Regiment Secula (leichte Reiterei) ; 2 dänische
Reiter-Regimenter (eventuell).
b) Corps diesseits der Donau.
Fussvolk: Thürheim, Sickingen, Nehem (1 Bataillon).
Reiterei: Hannover-Cürassiere ; Brenner- und Bayreuth-Dragoner;
Nadasdy-Huszaren '); Demetri-Räzen.
Das Corps in Siebenbürgen.
Fussvolk : Löffelholz *), Palffy Niclas, Neipperg, Virmont, Heister.
Reiterei : die Cürassier - Regimenter Montecuccoli ^) , Gronsfeld,
(Jung-) Darmstadt und Cusani 5 Rabutin-Dragoner -).
Die Armee im Römischen Reiche.
Fussvolk : Thüngen, Baden, 2 Würzburg'sche, 2 Schweizer Regi-
menter.
Reiterei: die Cürassier -Regimenter Lobkowitz, Mercy, Johann
Pälfiy" und Falkenstein; Reysing- und Fels-Dragoner; Eszterhäzy-, Kol-
lonits- und Lehoczky-Huszaren.
Das Corps in Bayern.
Fussvolk: d'Arnan (8 Compagnien), de Wendt (4 Compagnien),
Guttenstein (4 Compagnien).
') Sollte wohl erst errichtet wortlen.
"■*) Sollte eventuell zur Il.iuitt-Aruiec iu Ungarn gv^zugeu werden.
71
Reiterei : 400 Commaudirte von den in Neapel stehenden Reiter-
Kegimentern; 150 Huszareu.
Die Armee in der Lombardie.
Fussvolk: Herberstein, Bagni, Württemberg, Bayreuth, Kriech-
baiim, Max Starhemberg, Königsegg, Regal, Zum-Juugen, Harrach,
Gyulai-Hay ducken.
Reiterei : die Cürassier-Regimenter Visconti, Roccavione, Martigni,
Hautois, Brenner und Neuburg; Savoyen- und Vehlen-Dragoner.
Die Armee in Neapel.
Fussvolk: Gschwind, Dann, Wetzel, Wallis, Heindl.
Reiterei: Caraffa-Cürassiere ; Vaubonne- und Batte-Dragoner.
Das Corps in Spanien.
Fussvolk: Reventlau, Guido Starhemberg, Osnabrück.
Reiterei: Herbeville-Dragoner und ein aus 12 Regimentern zu-
sammenzustellendes.
b) Des Römisclieii Reiches.
Der eindringlichen Vorstellungen des Kaisers und der See-
mächte ungeachtet, blieben, wie bisher alljährlich, so auch 1708 die
Thaten des Reiches hinter den bescheidensten Erwartungen weit zurück.
Aller Orten hatte sich schon zu Beginn des Jahres die Unlust gezeigt,
die Contingente zu stellen, die Million Reichsthaler für die Operations-
Cassa aufzubringen und die chursächsischen Truppen zu acquiriren ').
Am Avenigsten war von jenen Reichsständen zu gewärtigen, welche
durch ihre geographische Lage gegen eine unmittelbare Kriegs-
gefahr gesichert waren. So stellte Chur-Brandenburg, dessen Armee-
Etat mindestens 48.000 Mann auswies ^) , zur Reichs-Armee nur
450 Reiter! Aber auch die kleineren Reichsstände waren zu Beginn
der Campagne mit einigen 1000 Mann im Rückstande. Eine rühmliche
Ausnahme statuirten wieder die schwäbischen und fränkischen Stände,
welchen die Generalstaaten das Zeugniss gaben, sie hätten sich 1707
mit ihren Reichs- und ausserordentlichen Contingenten „recht vor den
Riss gestellt und damit den sonst erfolgenden Ein- und Durchbruch
in das Herz von Deutschland abgehalten".
') H. H. u. St. A. Maiuzer Archiv. Relation vom 9. Jäuuor 1708.
«) Im Jänuer 1705 ausschliesslich der Laudesmiliz, 46.951 Mann, im August 1709
49.75(j Mann. Schöniug, Natzmer etc.
Zur Reichs-Armee stellten im -lalirc 1708 thatsächlicli bei:
Fussvolk Keitciei
Cliur-Mainz 2000 —
j Sachsen-Gotliu — 250
,-., ^ , I Saclisen-Gotha, Weimar-Eisenach, ein-
Uber-öachsen< ... ,. , n ,r ., n y -l
schliesslich der Muhlhausen sehen
[ und Goslar'schen Compaguien . 1200 —
Oesterreich, ausser den zwei Schweizer Regimentern,
■welche in den Waldstädten und zu Freiburg
Besatzungsdienste versahen 1000 2000
Franken, einschliesslich des Fuss-Regiments, welches
die Häuser Schwarzburg und Reuss stellten ,
Schwaben
Ober-Rhein
Westphaleu
Chur-Braun schweig 1400
Wolffenbüttel
Holstein
Mecklenburg
Hildesheim 1000 —
( Salzburg 1200 -
^^y^^'lKreis 600
Chur-Brandenburg — 450
20.100 9350
-, ^ - . r. ' r^ { Franken . . . 3000 —
Aus der Reichs-Üperations-Uassa . , „^^ ,_^
/, { Anspach . . . 700 150
unterhalten ,„ ,^ , . , ^
[ Wolffenbüttel . 700 —
AVürttemberg'sche Haustruppen im Solde Hollands 3200 800
Nieder-Sachsen
6400
1600
6200
1800
3600
400
800
1050
1400
1100
700
—
—
350
—
350
Totale der Reichs-Armee 33.700 lOjOO
44X)00 ')
Hievon waren aber die Festungen Freiburg, Landau und Philipps-
burg, sowie die obere und die untere Schwarzwald-Linie zu besetzen.
Wohl bestanden diese Truppen aus schönen Mannschaften, dagegen
fehlte es allenthalben an der zu Feld-Operationen erforderlichen Aus-
rüstung. Die grössten Schwierigkeiten bereitete die Aufbringung des
Artillerie-Fuhrwerkes. Schon im .länner Avar Auftrag gegeben worden,
') Beilapjf zum I'fiiilit fli-s Cliurfürstfii Gfoi-o: I.iulwiji" von Tlaimover an
Clmi-Mainz. Ilaiiii.A .-r :J0. .»äiiiicr ITOÜ. H. H. u. St. A Mainz, Camcialia.
73
12 Halb-Karthaunen von Philippsburg nach Landau zu schaffen; aber
Monate vergingen, bis der Transport zu Stande kam.
Waren die vom Reiche für das Jahr 1 707 bewilligten 300.000 fl.
tb eilweise rückständig geblieben, so kam die für die Operations-Cassa
von 1708 votirte Million Thaler schon gar nicht zu Stande. Man war
sich auch vom Anbeginne klar, dass man sich auf die Quoten von
Chur-Brandenburg, Chur-Sachsen, Stift Lüttich, Schweden, Dänemark
und Burgund, in Summe 353.350 fl., gar keine Hoffnung machen
könne '). Verschiedene „Potentiai'ii'' schlössen sich aus eigenen Stücken
von der Beitragleistung zur Reichs-Operations-Cassa aus ^).
c) Grossbritanniens.
Wiewohl S i d n e y G o d o l p h i n die Bedürfnisse des Staatshaus-
haltes nicht mehr mit jener spielenden Leichtigkeit zu befriedigen
vermochte, wie in früheren Jahren, trat Grossbritannien doch 1708 in
noch ausgesprochenerer Weise wie bisher als die führende Finanzmacht
des „Grossen Bundes" auf. Die Bedeckung des Ausgaben-Etats wurde
dem Schatzamt namhaft erleichtert durch ein Darlehen der Ostindischeu
Compagnie, im Betrage von 1,200.000 Pfund Sterling, und die Reduction
der Zinsen der nunmehr 3,200.000 Pfund Sterling betragenden Gesammt-
schuld des Staates an die Gesellschaft auf 5" „. Für den weiteren
Bedarf behalf sich das Schatzamt mit Zeitrenten, welche mit ö'/, "/q
Zinsgenuss auf 96 Jahre ausgegeben wurden. Da die als Deckung
dienenden Fonds bis zum Jahre 1712 bereits verpfändet waren, musste
die ganze Verzinsung, wie bei Anlehen früherer Jahre, vorläufig aus
dem Capital geleistet werden ^').
Der entscheidende Factor im britischen Staatsleben, das Parlament,
äusserte, wie der kaiserliche Resident in London, von Hoffmann, am
3. Jänner 1708 seinem Souverain berichtete, den „besten Verwilligungs-
Humor" und zeigte das Unterhaus sich geneigt, dem Hofe das Dispo-
sitionsrecht über die bewilligten Gelder in grösserem Umfange als
bisher einzuräumen.
Das Unterhaus bewilligte:
a) für die Flotte (40.000 Mann) 2,300.000 Pf. St.
h) für die Armee in Flandern (50.000 Mann) 1.066.112 „ „
zusammen 3,366.112 Pf. St.
') H. H. u. St. A. (Mainzer Erzkaiizler-Aieliiv, Militaria 39.)
-) H. H. u. St. A. Mainzer Archiv, Relation vom 26. April 1708.
••») Bouet, U. Februar un<l ^JO. März 1708; bei Noordeii III. 9-30 und 927.
74
In dieser Summe waren nicht begriffen die Kosten der Ergän-
zung der Truppen in Flandernj der Unterhalt der in Grossbritannien
stehenden Garden und Besatzungen •).
c) für den Krieg in Spanien 1,000.000 Pfund Sterling. Aber
kaum die Hälfte dieser Summe wurde dem benannten Zwecke zuge-
führt. Nicht nur der Unterhalt der britischen Truppen auf der Iberischen
Halbinsel (auch der in Portugal stehenden) wurde von ihr bestritten
sondern auch die Verpflegung aller in Frankreich Gefangenen, ferner
die Errichtung neuer Regimenter, welche aber in Flandern verwendet
wurden, eine Subsidie von 100.000 Pfund Sterling für ausserordent-
liche Auslagen des Herzogs Victor Amadeus von Savoy en, endlich
die Spesen für Landungsversuche in Frankreich und die Kosten der
Transporte ').
Nach der Resolution des Unterhauses betrug „die Augmentation
pro 1708" 500.000 Pfund Sterling =•). Ausserdem bewilligte es noch
nachträglich jene 100.000 Pfund Sterling, welche Victor Amadeus
von Savoyen I707 für die Expedition gegen Toulon erhalten hatte,
und endlich, gleichfalls für 1707, 100.000 Thaler für die hessischen
Truppen *).
Der Ausgaben-Etat für das Jahr 1708 belief sich auf 6,300.000
Pfund Sterling: die höchste Zumuthung, welche ein englischer Minister
bisher an die steuerzahlende Kraft des Königreiches gestellt ^).
Das von der britischen Regierung verlangte Recruten-Contingent
pro 1708 bezifferte sich mit 19.400 Mann; die Regierung hatte nicht
nur die regelmässige Ergänzung der Truppen, sondern auch die Wieder-
herstellung der 14 Regimenter im Auge, welche in der Schlacht von
Almansa grösstentheils in Kriegsgefangenschaft gerathen waren. Bei
der „gewaltigen Aversion, so diese Nation vor Kriegsdiensten hat",
fand die Regierung kein anderes Mittel, als die Mannschaft nach dem
Beispiele Frankreichs durch die Pfarreien auszuheben. Aber das Par-
lament verwarf den Aushebungsvorschlag der Regierung „als eine
Sache, wodurch die Freiheit der Nation Gefahr leiden könnte", und
beschloss, dass die Obrigkeiten, wie dies im Vorjahre geschehen „die
») Hoflfmann an K. .Joscpli 1. I.c>inluii, 11. DeiemlK'r 1708. H. JI. u. St. A.
Anglica.
■■*) Huüniaiiii .-iii K. .Josepli 1. Lomloii, 18. December 1708. 11. H. u. St. A.
Aiij,rli(.a.
^) Hortiiiariii .-in K. .To.sc])li I. London, 3. .Jämu-r 1708. H. TT. n. St. A
Anglica.
*j Tloffinauii ;tii K. Jose])!) f. London, G. Jänner 1708. H. H. u. St. A.
Ancrlica.
5j Nooiden III. (\27.
75
Vagabunden, Müssiggänger und andere Leute, so keine Profession
oder sichtbare Nahrung haben'', dazu aufnehmen sollen ').
Wie im Jahre 1707, so erscheinen auch in diesem Jahre britische
Truppen auf drei Operations-Schauplätzeu: an der spanisch-portugiesischen
Grenze, in Catalonien — Valencia, in Flandern.
d) Die Truppen in Portugal:
Sechs britische Bataillone, welchen Leake's Flotte im Februar
angeblich 2000 Recruten zugeführt hatte -). Wie schwach jene
gewesen, erhellt daraus, dass im Juni, als abermals 1200 Recruten
anlangten, einzelne Bataillone nur noch 150 Köpfe zählten *).
h) Die Truppen in Catalonien und Valencia.
7 Bataillone Infanterie 3438 Mann
6 Regimenter Reiterei 1570 „
in Summe 5008 Mann *).
Diese Truppen bestanden allerdings fast gänzlich aus altgedienten
jVIannschaften und waren in guter Verfassung, aber tief unter ihrem
Sollstande ^). Zudem betrugen die Officiere und ihre Diener gewöhnlich
den vierten Theil des Effectivs. Ausser Stande, diese Truppen zu
ergänzen, hatte Grossbritannien nach dem Unglückstage von Almansa
für Spanien 3000 Kaiserliche, 1200 Italiener und 7000 Churpfälzer
in Sold genommen.
Am Tage von Almansa waren in Spanien statt der bewilligten
29.335 Mann nur 8660 Engländer gestanden, eine Thatsache, deren
Feststellung im Parlamente das Ministerium in die grösste Verlegenheit
gestürzt und aus welcher sie nur die gute Disposition der Majorität
gerettet hatte "). Nachdem im Jahre 1708 sämmtliche auf der Iberischen
Halbinsel befindlichen britischen Truppen nur als 19 Regimenter be-
rechnet wurden, das Parlament aber 40 bewilligt hatte, fehlten nicht
weniger als 21, welche wenigstens in England sein sollten. Thatsäch-
lich wurden im Laufe des Sommers 11 neuformirte Bataillone, welche
'} Hoffmami's Berichte au den Kaiser. London, 24. Jänner nnd 3. Februar 1708.
H. H. u. St. A. Anglica.
'■') Hoffmaun's Bericht au den Kaiser. London, 3. Februar 1708. H. H. u. St. A.
Anglica, spricht wohl irrthüiulich von 2 Regimentern.
ä) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VII. ad 29.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIL 35, uud 1708; Fase. XIIL 2.
^) Moles an Guido Starhemberg. Barcelona, 10. April 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708.
*) Hoft'maun an K. .Joseph I. London, G. Jäuner, 17. Feliruar nnd G. März 1708.
H. H. St. A. Anslica.
76
einschliesslich zweier Dragoner-Regimenter nur 6000 Mann zählten,
auf der Insel Wight zusammengezogen. Nach einem schwächlichen
Landungsversuche an der Somme-Mündung wurden diese durchwegs
aus jungen und unfertigen Mannschaften bestehenden Truppeiikürper
schliesslich nicht nach Portugal gebracht, wie versprochen, sondern
am 18. September nach dem tlandrischen Kriegsschauplatze überschifft.
Sie zählten nur mehr 3000 Dienstbare.
Die Besatzung von Gibraltar bildeten zwei britische Bataillone.
c) Die Truppen in Flandern.
Nach dem vom Parlamente bewilligten Kriegs-Etat hätten die
britischen National-Truppen in Flandern 40,000 Mann zählen sollen.
Angesichts der alljährlich wachsenden Schwierigkeit der Ergänzung
und der Nothwendigkeit, in Schottland, England und Irland Besatzungen
zu belassen, dürfte das national-britische Contingent im flandrischen
Heere 1708 die Stärke von 20.000 Mann, d. i. die Ziffer des Vorjahres,
kaum überschritten haben. Den Ausfall deckten Mieth-Truppen, welche
zur Hälfte von England, zur Hälfte von Schottland bezahlt wurden *).
F 1 0 1 1 e n r ü s t u n g.
Einen besonderen Umfang nahmen im Jahre 1708 — nach einer
Hochfluth gerechtfertigter Beschwerden gegen das Flotten-Amt —
Grossbritanniens maritime Rüstungen an. Admiral L e a k e sollte im
Sommer im Mittelmeer eine Flotte von 44 Schlachtschiffen comman-
dii'en. Als er am 16. Februar St. Helena verliess, führte er Munition
und Kriegsbedarf im Werthe von 30.000 Pfund Sterling mit sich ').
Die Vorbereitungen Ludwig XIV. für die Invasion Schottlands
gaben den Rüstungen Grossbritanniens einen neuen kräftigen Impuls. Zum
allgemeinen Erstaunen wurden in weniger als 14 Tagen 20 Kriegsschiffe
ausgerüstet. Sie zu bemannen, wurden alle Kauffahrer angehalten und
selbst die Leute der Königin nicht verschont. Am 9. März schon
konnte Admiral Byngs mit 25 Kriegsfahrzeugen und 1 Brander
nach Dünkirchen unter Segel gehen"). Die Kriegstüchtigkeit dieser Flotte
•) Marll>oroufrli .-ni den Clmrfiirst.-ii vun der IMnlz. S. Kciicl.lc, .SO. Mai 1708.
Munay IV. 42.
^) Hoftmanii au K. Josepli I. London, 31. Jänner, 17. Febinar, G. und 13. März,
G. und 20. April 1708. H. H. u. St. A. Anglica 1708.
^) Das Theatrum Europaeura 1708, Seite 205b, gil)t piu nominelles Verzeicli-
niss der vom Admiral Bynp:.s befehlifjton Flotte. Dieselbe zKlilte hiernach (nelist
IG Fi-e<^atten) 40 Kriews-schifte mit 2210 Kanonen.
Heeiiis meldet am 20. März dem Kaiser: Byngs, welcher bereits mit 25 Kriegs-
schirt'en vor Dürikirclieii liege, solle durch 15 englische und ebensoviele holländische
verstärkt werden. II. H ii. St. A. Ilullaudlca 1708.
77
Hess allerdings sehr viel /u wünschen. Von den Tories nach dem
Scheitern des französischen Anschlages angeklagt, das feindliehe Ge-
schwader nicht nachdrücklich genug verfolgt zu haben, antwortete
Admiral Byngs mit Aufschlüssen hinsichtlich der Seetüchtigkeit,
Segelkraft und Ausrüstung der ihm überwiesenen Kriegsschiffe, welche
Aufschlüsse einen vernichtenden Schuldbeweis wider das Flotten-Amt
bildeten').
Im April verfügte Grossbritannien in seinen eigenen Gewässern
über 60 und, einschliesslich L e a k e's Flotte, über 90 ausgerüstete
Kriegsschiffe, eine Seemacht, wie sie England schon lange Jahre nicht
versammelt hatte. Man trug sich daher mit dem Gedanken einer Lan-
dung in Frankreich.
d) Der Generalstaaten.
Wie ausserordentlich die finanziellen Leistungen Grossbritanniens
im Jahre 1708 auch erscheinen, sie wurden in Schatten gestellt durch
die verhältnissmässig weit grossartigeren Hollands. Indess sich in
Grossbritannien die Lasten des Krieges auf eine Bevölkerung von
10 oder 11 Millionen Seelen vertheilten, trugen die 2\/^ Millionen
Bewohner der holländischen Republik — welche temporär allerdings
auch über die Einkünfte der spanischen Niederlande verfügte — ein
Kriegs-Budget, welches jenes Grossbritanniens auch ziffermässig ab-
solut übertraf. Es belief sich pro 1708 auf 70 bis 80 Millionen hollän-
dische Gulden, wovon mehr als 42 Millionen auf das Landheer ent-
fielen ^).
Angesichts dieses finanziellen Erfordernisses kann es nicht
Wunder nehmen, dass man in Holland dafür hielt, man trage verhält-
nissmässig mehr als England zum Kriege bei ; dass der Rathspensionär
constatirte, Holland sei überlastet und dass die Geueralstaaten die
Forderungen Englands und der übrigen Verbündeten nach noch
grösseren (Jpfern zurückwiesen. Es fehlten der Republik die Mittel, die
Interessen jener Capitalien zu bezahlen, welche sie für diesen Krieg
aufgenommen. Einige Staaten Hollands waren noch im September 1708
mit ihren Quoten im Rückstande und erklärten sich ausser Stande, sie
zu leisten. Nach dem resultatlosen Feldzuge von 1707 hatte das Capital
') Noorden III. 238.
*) Heems an K. Joseph I. Haag, 25. September 1708. H. H. ii. St. A.
Hollandica.
78
sich raisstrauiscli zurückgezogen'). Das Geld, das zu Beginn des
Erbtblgekrieges allen Credit-Operationen der Regierung in Fülle zuge-
strömt, war so knapp geworden, dass die Bundesfinanzbehörde es mit
neuen Anlelien nicht versuchen mochte.
Im Ganzen war doch das gute Beispiel, das Grossbritannien zur
Jahreswende gegeben, in Holland nicht ohne Wirkung geblieben. Schon
am 20. Jänner 1708 konnte Hecnis berichten, die Staaten von Holland
hätten zum dritten ]\lale den hundertsten Pfennig bewilligt und es sei zu
erwarten, die anderen Provinzen würden diesen Entschluss con-
firmiren *).
Das Eintreffen des Prinzen Eugen im Haag versetzte die
Generalstaaten in eine noch bessere Disposition. Man versicherte den
kaiserlichen Gesandten, dass sowohl die eigenen Truppen Hollands,
als auch die in seinem Solde stehenden fremden, nebst der grossen
und kleinen Artillerie ') schlagfertig ; dass die Magazine gefüllt seien
und dass nichts im Wege stehe, die Armee binnen weniger Tage in's
Feld rücken zu lassen. Sie versprachen, für den Krieg in Catalonien
300.000 fl. beizutragen, Avelche Summe für ausserordentliche Kriegs-
auslagen und zur Mobilmachung der Truppen dienen sollte *).
Im Voranschlage für das Jahr 1708 war das Landheer der Repu-
blik, wie folgt, eingestellt:
Infanterie 1159 Compagnien 92.907 Mann
Dragoner 80 „ ..... 6610 „
Reiterei 256 „ 18.879 „
zusammen 1495 Compagnien 118.396 Mann.
Dieser Sollstand dürfte indess, da Holland bezüglich der Ergän-
zung seit Jahren mit den gleichen Schwierigkeiten wie England
kämpfte, kaum zur Hälfte erreicht worden sein. Den Ausfall deckten
auch hier Mieth-Truppen, Avelche zur Hälfte von Holland, zur Hälfte
von England bezahlt wurden. Freilich klagte fast jeder der Fürsten,
von welchen Holland Truppen in Sold genommen, über das Ausbleiben
der Verpflegsgelder oder der Subsidien.
') Bei den Particuliers Hullands sei Geld geuug vorhaudeu, berichtet Heems
ain 24. Jänner dem Kaiser; die Scbwieripfkeit, die Republik zu grösseren Anstrengungen
zu bestimmen, liege in der Constitution und in der Differenz der Absichten und
An.sihauuugen ihrer zahlreichen Regenten. H. H. u. St. A. Hollandica 1708. —
Noorden III. 245-
") Heems an K. Josei)li I. Haag, G., lo. und 24. Jänner, 28. Februar, 20. März,
31. Juli, 25. September, 30. Octoher 1708. H. IL u. St. A. Hollandica.
') 100 schwere Geschütze und (30 Mörser.
*) Heems an K. Joseph I. und an Wratislaw. Haag, 13. April 1708. H. H. u. St. A.
79
Im Jahre 1708 rinden wir holländische National Truppfii nur auf
zwei Operations-Schauplät/cen : in Flandern und in Catalouien.
Die Truppen in Flandern.
Von den holländischen National-Truppen dürften 1708 60 Batail-
lone als Feld-, 38 als Besatzungs-Truppen Verwendung- gefunden haben.
Das Contiuffent der Feld-Armee mochte einschliesslich 50ÜÜ Reitern
etwa 25.000 Mann betragen haben.
Die Truppen in C a t a 1 o n i e n.
Das holländische Truppen-Corps in Catalonien bestand zu Beginn
des Jahres 1708 aus den nach der Schlacht bei Almansa verbliebeneu
Resten von 13 Bataillonen und 11 Schwadronen '). Aus diesen bildete
man im Laufe des Frühjahres :
4 Regimenter Fussvolk 1943 Mann
3 „ Reiterei 960 ,,
zusammen 2903 Mann ^).
Ausser den Kosten für die eigenen Truppen, betheiligte sich
Holland, wahrscheinlich zu einem Drittel, an der Bezahlung des von
England für Catalonien acquirirten pfälzischen Corps. Der bezügliche
Tractat mit Cliurpfalz wurde erst im Juli perfect •*).
Die Kosten der Belagerung von Lille, mindestens drei Millionen
Gulden, trugen zum grössten Theile die Generalstaaten*).
F 1 0 1 1 e n r ü s t u n g.
Die Seerüstungen der Generalstaaten pro 1708 sollten sich auf
57 Kriegsfahrzeuge belaufen. Als die französische Landung in Schott-
land drohte, rüstete Holland über Hals und Kopf 14 Kriegsschiffe
aus, d. h. 9 über seinen normirten Flottenstand. Wie im Vorjahre, dis-
ponirte die Republik auch 1708 eine Escadre unter Comraando des
Admirals Wassenaer zur gemeinsamen Mittelmeer-Flotte.
e) Savoyens.
Victor Amadeus von S a v o y e n ging zwar auf den Vor-
schlag Grossbritanniens, gegen eine besondere Jahres-Subsidie von
300.000 Scudi weitere 6000 Mann anzuwerben, nicht ein, er Avollte
*) Heems an Wratislaw. Haag, 2i. Jänner 1708. H. H. u. 8t. A. Anglica.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 2.
3) Heems an K. Joseph I. Haag, 24. Juli 1708. H. H. u. «t. A. Hollandica.
*) Heems an K. Joseph I.Haag, 30. October 1708. H. H. u. St. A. Hollandica 1708-
80
grössere Vortheilc haben •) ; aber er kam, Dank dem Drängen der
Seemächte, den grossen Zuschüssen, die er von ihnen erhielt, Dank
seinem vermehrten Territorial-Besitz und der Hoffnung auf weiteren
Gewinn, seiner vertragsmässigen Pflicht. 15.000 Alaun zu stellen,
im Jahre 1708 in vollem LTmfange nach. AVährend er bisher niemals
mehr als 9000 Mann auf den Beinen gehabt^), wiesen die savoyischen
Minister im Haag im Mai 1708 die Aufstellung von 16.532 Mann
nach '*). Bereits am 15. April standen die Truppen des Herzogs schlag-
fertig an der Grenze: bei Susa, im Thale von Aosta u. a. O. Die
Haupt-Dcpötplätze Ivrea, Turin, Avigliana, Susa und Saluzzo waren
wohl verschen; für den Transport waren 1500 Maulthiere rcquirirt;
4000 weitere contractlich sichergestellt *).
Den ganzen Winter über war an der Fortificirung und Armirung
der Grenzposten eifrigst gearbeitet worden. Auch hatte der Herzog
nicht versäumt, die „Barbets" aufzubieten, welche im Laufe des
Sommers in festen Formationen auftraten.
Zu Beginn der Operationen (15. Juli) stellte Savoyen in's Feld:
18 Bataillone Fussvolk 10.820 Mann
27 Schwadronen Reiterei 3.647 „
zusammen 14.467 Mann.
In Turin und den übrigen Plätzen Piemonts waren nur 2 schwache
Bataillone zurückgeblieben ').
f) Spaniens (Karl III.).
Zu Anfang des Jahres 1708 verfügte Karl III. in Catalonien,
Valencia und Mallorca an eigenen regulären Truppen, einschliesslich
der effectiv 1614 Pferde zählenden Reiterei, über 9778 Mann*).
Diese Truppen waren grösstentheils minderer Qualität. Das
Officiers-Corps stand zur Mannschaft numerisch in schreiendem Miss-
verhältnisse. Karl HI. hatte nicht weniger als 8 General- und
23 Flügel-Adjutanten, indess 7 Feldmarschall-Lieutenants und 23 Ge-
neral-Majore seine Truppen befehligten '). An eine Recrutirung und
') Brian^ou au Piconio. Londnu, 20. Heiituinbci- 1707, und au ßorgo. Loudou,
30. December 1707. H. H. u. St. A.
^) Heema an K. Joseph I. Haag, 1. Februar 1708. H. H. u. St. A. HoUaudica.
^) Heems an K. Joseph I. Haa?, 7. Mai 1708. H. H. u. St. A. HoUaudica.
*j Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IV. ad 3.
*) Krieg8-A., Italien 1708; Fase. IX. ad 1.
") Kriegs-A., Spanien 17C8; Fase. XIII. 2.
') Krieg8-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 3.
81
Kemontirung in Catalouien war 1708 nicht zu denken. Es fanden sich
keine Recruteu mehr ') und wiewohl man ein Dragoner-Pferd mit
17 bis 18 Pistolen bezahlte, war eine genügende Anzahl im Lande
selbst nicht mehr aufzutreiben. Die aus Deutschland eingeführten,
des Klima und der schlechten Fütterung ungewohnt, erlagen in
kürzester Zeit ^).
Zu diesen „regulirten" Streitkräften Karl III. sind noch die
MiUzen zu zählen, die Miquelets und Somatenes, „welche in grosser
Zahl unter den Waffen standen" ^) und bedeutende Summen ver-
schlangen, da ihnen, um sie zu halten, Sold und Brod gegeben
werden musste *).
Eine eigene Flotille Karl III., bestehend aus 2 Galeeren, 2 Fre-
gatten und einigen kleinen Fahrzeugen, vermittelte die Verbindung
zwischen Valencia und Catalonien, sowie den Depeschendienst nach
Italien.
Ausser seinen auf iberischem Boden stehenden Truppen, hatte
Karl III. weitere im Mailändischen, im Königreiche Neapel und in
Flandern.
a) Im M ai l an di sehen.
Compagnia delle Lanze ; Cürassier-Regiment D. Eg. Roma ; Dra-
goner-Regiment Hamilton; Spanisches Infanterie - Regiment Barbon:
Graubündner Infauterie-Bataillon Buol; 3 Compagnien deutsche Inva-
liden; 2 Compagnien Artillerie*).
b) Im Königreiche Neapel.
Die 4 Fuss- und Reiter-Regimenter, an deren Errichtung nach
Eroberung des Königreiches geschritten worden war, und wozu später
noch 10 besondere Compagnien kamen, wiesen im Februar 1708 noch
weitaus nicht den Sollstand aus. Im Laufe dieses Jahres scheint sich
dieses Verhältniss trotz der starken Desertion gebessert zu haben,
denn im August sollte das Regiment Lucci (oder Luccini) 600 Recruten
nach Catalonien abgeben "^i und im November wurde das ebendahin
') Karl III. an Prinz Eugen. Barcelona, 8. Februar 1708. Kriegs-A., Spanien 1708.
■*) Stai'hemberg an den Hofkriegsratli. Spallargas, 5. Octoljer 1708. Kriegs- A.,
Spanien 1708; Fase. XI. 19 b.
') Die verfügbare Ziffer ist nicht zu fixireu. Fischer berichtet am 5. Sep-
tember dem Prinzen Eugen, Feidma r.schall Starhemberg disponireüber 30.000 Miquelets.
Kriegs-A., Italien 1708; Fa.sc. IX. 7.
*) Zinzerling's Memoire an die Königin Anna. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VII. 65 a.
*) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IL 10.
") Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 16.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie. I. Band. O
bestimmte Regiment Faber mit 1000 Mann berechnet. Um so schlechter
stand es aber um die Bekleidung, Ausrüstung und Berittenmachung ').
c) In den Niederlanden.
Von den 4 si)anisch-niederländischen Regimentern, welche 1706
errichtet worden waren, und welche im folgenden Jahre hätten com-
pletirt werden sollen, geschieht nirgends besondere Erwähnung. M a r 1-
borough nimmt aber von 5 spanischen Bataillonen: d'Aremberg,
Sarrablanca, Davilla, Lorpin und Hartop Notiz ^), die Ordre de bataille
der Feld-Armee, St. Renelde, am 30. Mai 1708, führt das spanische
Dragoner-Regiment d'Audignics mit 4 Schwadronen an; endlich der
Gebühren-Entwurf des kaiserlichen Feld-Commissariats, Lille, 6. Öcto-
ber 1708, das spanische Regiment zu Pferd Westerloo ").
Der erste Transport der nach Catalonien bestimmten Verstärkungen
zählte statt 7000 nur 5970 Mann*). Monatelanger Bemühungen hatte
es bedurft, ihn endlich in Vado auf genuesischem Gebiete flott zu
machen. Nach einem heftigen Sturme am 5., welcher die 66 Segel
zählende Flotte zerstreute, erreichten ihre ersten Schiffe, ohne dass,
wie früher vereinbart, die Insel Sardinion unterworfen worden Avar,
am 25. Jänner die Hauptstadt von Catalonien. Die 32tägige Ueber-
fahrt und die mangelhafte Verpflegung hatten unter den zum guten
Theil schwächlichen und herabgekomraencn Leuten zahlreiche Opfer
gefordert *).
Den früheren Vereinbarungen gemäss, sollte die Flotte nunmehr
an die genuesische Küste zurückkehren, um die Reiterei nach Bar-
celona zu schajBfen. Davon wollten die Capitaine aber durchaus nichts
mehr wissen. Der Tod des Admirals Dilks hatte die Unordnung
und Disciplinlosigkeit auf der Flotte Avomoglich noch potenzirt. Man
wollte durchaus in die heimatlichen Häfen zurückkehren. Vergebens
stellten der König und die Generale der Verbündeten dem Escadre-
*) Am 6. Jänner 17()9 hericlitct der Fcldinarschall Prinz von Hessen-Darm-
stadt aus S. («erniano au den Kanzler Grafen Sinzeudorf: „Die Truppen Karl III.
sind zum gnissten Theil iiocli nicht einmal bekleidet."
2) An Pascal, Haag, 22. April 1708. Murray III. 708.
*) Krie;?s-A., Niederlande 1708; Fase. X. 38.
*) Er l>cstand aus dem kaiserlic-lum Fuss-Repiment Keventlau 1470 Mann, dem
mailändischen Kefjimeut Taatt'e 1100 Mann, und den pfälzischen Fuss-Re<;impntern:
Garde, Coppe, Barho (fast ganz aus Krief,'sgefangenen formirt) und Schönberfr, zusammen
3400 Manu. Mit dem Transporte gingen einige Munitions-Vorräthe und 6000 Scheft'el
Getreide.
^) Das Kegiment IJeventlau allein büsste an ßnrd 70 Todte ein; viele Leute
starben noch bald nach der Ausschittung. Für Vorstehendes die Berichte Chetwynd's,
Pareith's und O'Dwyer's. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. I. 4, III. 12, und II. 20.
83
Oommandanten Hicks das Gefährliche seines Entschlusses vor,
welcher die Sache Karl III. der feindlichen Uebermacht zu Land
und zu Meer preisgab '). Dem britischen Gesandten G a 1 1 w a y brannte
der Boden Cataloniens unter den Füssen und die portugiesischen
Generale Das Minas und Villaver de beriefen sich auf den be-
stimmten Befehl ihres Hofes, 1200 unberittene I^eute nach Lissabon
zurückzuführen, Hicks Hess zur Verfügung des britischen Truppen-
Commandanten nur 3 oder 4 Fregatten zurück und ging am 8. Fe-
bruar nach Lissabon unter Segel.
Da die ganze Macht der Verbündeten in Catalünicn nur unge-
fähr 24.000 Mann betrug, wovon 5000 bis 6000 auf die Besatzungen ent-
fielen, verlangte Karl III. dringend noch einige Tausend Kaiserliche.
Der heissersehnte zweite Verstärkungs-Staffel verliess Vado
am 15. Juli und erreichte die catalonische Küste erst 12 Tage nach
dem Falle Tortosa's, am 23. Juli.
Diese Verstärkung, rund 3000 Mann Fussvolk und 2000 Reiter ^),
reichte indess kaum hin, die in den letzten Monaten eingetretenen Ver-
luste zu decken*). Starhemberg bat daher um weitere 4000 Mann
alter kaiserlichen Truppen. Wiewohl Joseph I. bei den in Italien
herrschenden Verhältnissen dort kaum einen Mann entbehren konnte,
versprach er das in Neapel stehende AVetzel'sche Regiment (2000 Mann)
und einige Hundert Mann aus dem Mantuanischen *), ein Versprechen,
das 1708 nur theilweise eingehalten werden konnte, wiewohl England
') Liechteustein au Priuz Engen. Barcelona, 8. Februar 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708.
2) Karl III. an Stanhope. Barcelona, 8. Februar 1708. Kriegs-A., Spanien 1708.
— Starhemberg an Prinz Eugen. Sarreal, 5. August 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VIII. 23. Die Flotte — 22 Liaienschiffe, 8 Fregatten, 4 Brancler, 4 Bombardier-
Galioten und 50 Transportschiffe — brachte das kaiserliche Dragoner-Regiment Her-
beville, in 12 Compagnien 925 Mann, 809 Pferde; die kaiserlichen Infanterie-Regi-
menter Guido Starhemberg und Osnabrück und einen Ergänzuugstransport für Revent-
lau-Infanterie, zusammen 3000 Mann; die 4 pfälzischen Reiter-Regimenter Schellard,
General-Major Frankenberg, Spee und Obrist Frankenberg, zusammen 1067 Mann,
1012 Pferde. — Chetw;yTidan Prinz Eugen. Genua, 10. Juli 1708. Kriegs-A., Spanien 1708 ;
Fase. VII. 3. Mit den 3 kaiserlichen Regimentern allein kamen 612 Weiber und
Kinder nach Catalonieu. Wie sehr die Truppen während der Einschiffung gelitten,
erhellt daraus, dass sie einige Hundert Todte zählten.
^) Ende Juli zählten die Verbündeten in Catalonien in 32 Fuss- und 25 Reiter-
Regimentern nur 29.939 Mann, und zwar 19.445 Mann Fussvolk, 10.494 Mann Reiterei.
Es fehlten sonach auf den Sollstand nicht weniger als 11.645 Mann, fast ausschliess-
lich Fussvolk.
*) K. Joseph I. an Karl III. Wien, 29. August 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VIII. 81a.
6*
sich Ende Septembor hereit erklärte, die von Neapel nach Catalonien
bestimmten Truppen vom Einschiffunfi;stagc an in Sold zu nehmen ').
Der dritte Vers tärkungs- Staffel — 12Ü0 Älann — eines der vom
Kaiser angeworbenen Graubündner Bataillone und ErgUnzungs-Trans-
porte, verliess am 25. November Finale, geleitet von 5 britischen Kriegs-
schiffen ■).
gl Portugals.
Um die Verheissungen verwirklichen zu können, welche das
Lissaboner Cabinet für den Feldzug 1708 gemacht hatte, sollte das
portugiesische Heer vor Allem neu organisirt werden: die Reiterei in
11, das Fussvolk in 30 Regimentern. Die erforderlichen Geldmittel
sollten die Seemächte liefern, denn Portugals Gassen waren erschöpft.
Dank der 2,130.000 Cruciatcn, welche die Generalstaaten im
Laufe des Jahres für das Königreich flüssig machten, wurde mit
Londoner Kaufleuten ein Lieferungs-Contract auf 13.000 Monturen
abgeschlossen ; konnten die Magazine eingerichtet und die Grenzplätze
Castello de Vide, Portalegre und Elvas in Stand gesetzt werden.
Weder das vertragsmässige Contingent von 15.000 Mann, noch
jene weiteren 13.000, welche Portugal gegen eine holländische Subsidie
von 1 Million Patacon aufzustellen hatte, wurden wirklich auf die
Beine gebracht. Alles, was das Königreich für die Eröffnung der Cam-
pagne in Estremadura mobil zu machen vermochte, waren 24 Schwa-
dronen Reiterei und 13 Regimenter (Bataillone) Fussvolk.
Ausser dieser „Haupt-Armee" stand zu Beginn des Jahres 1708
noch ein portugiesisches Corps von 8 Reiter-Regimentern mit 3650
und 5 Fuss-Regimentern mit 1600 Mann in Catalonien. Von selbem
kehrten — wie bereits erwähnt — die Generale Das Minas und
Vi IIa verde Anfangs Februar mit 1200 Unberittenen in ihr Vater-
land zurück.
Das portugiesische Contingent in Catalonien befand sich in
einem geradezu kläglichen Zustande " ). Der Hof von Lissabon hatte
dasselbe gänzlich aufgcgelien. Seit es den Boden Cataloniens betreten,
hatte es keinen Sold mehr empfangen und ganz und gar auf Kosten
'j Gallas' uud HoHinaiiirs Hericlitc vom 2b. September 1708. H. H. n. .St. A.
AiifTÜfa.
«J Kiie<,'s-A., Spaiü(!ii 170»; l'"ase. XI. 3«, ud«1 Fase. XII. 12.
') Lieeliteustein an Schwarzeuberg. liarceloua, IG. April 1708. Krieg.s-A.,
Si.aiiieu 170K.
85
des Landes gelebt '). Montur und Beschuhung waren in Fetzen ;
Karl III. niusste 80.000 Thaler von seiner Civilliste verwenden^ um
das Contingent nicht ganz zu verlieren *). S tan hope behauptete, wie
Zinz er ling berichtet *), „diese Truppe sei ihrer schlechten Disciplin
und ihrer Excesse halber weder im freien Felde, noch in den Festungen
zu verwenden". Gleichwohl verlangten die Portugiesen bei allen Ge-
legenheiten den Vorrang, was zu vielfachen und ernsten Misshelligkeiten
Anlass gab.
Wie die Spanier, entliefen auch die Portugiesen schaarenweise,
so dass man es nicht wagen durfte, sie in die Nähe der Grenze zu
verlegen und ernstlich mit dem Gedanken umging, sie nur in den
festen Plätzen zu Stationiren, wo doch eine bessere Ueberwachung
möglich war.
h) Rüstungen der deutschen Fürsten.
P r e u s s e n.
Preussische Truppen erscheinen im Feldzuge 1708 auf drei
Operationsschauplätzen :
1. In Flandern.
26 Schwadronen und 14 Bataillone, und zwar:
a) das ursprüngliche Hülfscorps im holländ. Solde 5.000 Mann
h) das Hülfscorps unter Lottum 15.000 „
2. Im Reiche.
3 Schwadronen Reiterei (Wartensleben-Cürassiere) . 436 „
3. In Italie n.
II Bataillone Fussvolk unter dem General-Lieutenant
von Arnim 8.000 „
d. s. 29 Schwadronen und 25 Bataillone, zusammen . 28.436 Mann*).
Es standen somit nahezu drei Fünftel seiner Gesammtmacht im
Dienste der „Grossen Allianz", Der vorgeschriebene Sollstand wurde,
<) Karl III. an Prinz Eu,?pn. Barc.eloua, 12. November 1708. Kriej?s-A., Ri)anieii
1708; Fase. XI. 22.
^) Zinzerling's Memoire vom 27. Septeniher 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. IX. 82.
^) Zinzerling an Prinz Eugen. London, 10. April 1708. Kriegs-A., Spanien 1708.
*) Nach Schönberg's ,,Dnbislav Gneomar von Natzmer". Berlin 1838. — Diese
Ziffer stimmt mit der Erklärung, welche der churbrandenburgische Gesandte im
Reichsfürstenrathe abgab und welche dahinging, sein König habe auf verschiedeneu
Puncteu des Kriegstheaters, in.sbesondere aber in den Niederlanden und Italien,
28.000 bis 29.000 Mann vor dem gemeinsamen Feinde.
86
wenn nicht ganz, so nahezu vollständig erreicht. So zählte das Corps
in Italien zu Beginn der Operationen 7269, zu Ende derselben 7261 Mann.
Nur das letztere Corps stand zum Kaiser in einem gewissen
Connex, da es von ihm das Brod und die sogenannten Douceurs bezog.
Preussen hatte Miene gemacht, dieses Corps aus Italien nach Deutsch-
land zu ziehen; indess kam aber am 19. April zwischen den See-
mächten und Preussen ein Tractat zu Stande, wonach letzteres das
Hülfscorps noch ein Jahr in Ober-Italien zu belassen hatte *). Die
Ansprüche, welche der König an den Kaiser stellte, Zahlung einer
Subsidie von 100.000 Reichsthalern auf Grund des Tractats vom
Jahre 1700, wurden als nicht zu Recht bestehend zurückgewiesen*),
doch erhielt Feldmarschall Daun vom Kaiser die Weisung, den
königlich preussischen Völkern „so viel möglich, vergnüglich zu
begegnen'' ^). Der König gestattete im Spätherbst, dass sein in Italien
stehendes Hülfscorps den Operationen gegen den Kirchenstaat beige-
zogen werde, sprach aber bei dieser Gelegenheit neuerdings die
Absicht aus, dasselbe Ende des Jahres zurückzuziehen, da er bei
selbem bisher einen unschätzbaren Schaden erlitten *).
Dass diese und andere ähnliche Drohungen nicht zur Ausführung
kommen würden, war man zu Wien sicher. Die preussischen Finanzen
steckten, wie man zuverlässig informirt war, in so erschöpftem und
verwirrtem Zustande, dass, wenn der König seine Truppen, auf welche
er jetzt Subsidien zog, nur einige Monate auf seine Kosten unterhielt.
Alles über und über gehen raüsste *).
Hannover,
Hannover'sche Truppen stehen 1708 in Flandern und im Reiche.
1. In Flandern.
Zufolge der Convention vom 23. April 1701 , geschlossen
zwischen den Generalstaaten einerseits und Hannover-Celle ander-
seits, hatte letzteres zu stellen :
«) H. H. u. St. A., H..llaiidi,a 1708. C. 25,
2j H. H. u. St. A., Hollaiulica 1708. Z. 59.
3) Krie^.s-A., Niederlaiulc^ 1708; Fase. X. 45.
*) Friftihich I. au K. Joseph I. Potsdam, 9. October 1708. — Der Vertreter
des Köuif^s hatte den Seeniächteii erklärt, das Corps , da.s nun drei Jahre in Italien
stehe, habe in dieser Zeit 9000 Recruten verbraucht. (Lambert!, Tom. V.) Tliat-
sächlich liatte der Könif^ als Ersatz für die durch dcu Feldzu^ 1707 lierbeige-
lülirteu Abgänge drei frische Hataillone nach Italien gesandt. Kriegs-A., Niederlande
17U8; Fase. X. 45. — Ein im 11. II. ii. St. A. licg.Mid.T iiericlit ulnie Unterschrift
vom 25. November 1708.
*j Bericht vom 25. November. H. H. u. St. A.
87
ij Bataillone Fussvolk ä 742 Mann = 4452 Mann
4 Regimenter Reiterei a 384 „ = 1536
1 Regiment Dragoner a 498 „ = 498
zusammen 6486 Mann *).
Zufolge der Convention vom 21. Juni 1702, zwischen der Königin
von England einerseits und Hannover-Celle anderseits:
12 Regimenter Fussvolk k 775 Mann = 9300 Mann
2 Regimenter Reiterei ä 350 „ = 700 „
zusammen 10.000 Mann.
2. Im Reiche.
Hannover'sche f 2 Bataillone Fussvolk
Truppen [ 1 Schwadron Reiterei
1 Wolffenbüttel'sches Bataillon
in hanno- [ 2 Escadronen Völkerling-Dragoner
ver'schem l 2 „ Spiegel- ,,
Solde l 2 „ Bretlach-
Fussvolk 1400 Mann
Reiterei 1100
zusammen 2500 Mann ^).
Chur-Pfalz:
Der Churfürst von der Pfalz hatte versprochen, im Jahre 1708
im Reiche mit 11.000 Mann aufzutreten, jedoch nur unter der Bedin-
gung, dass er vom Kaiser die Investitur der Ober-Pfalz und der
Grafschaft Camb erhalte.
Dieses Corps sollte nach den Vereinbarungen der Haager
Conferenz einen Bestandtheil der unter Eugen's Commando zu for-
mirenden Mosel- Armee bilden. Nach den Abmachungen, welche der
Prinz im April auf der Rückreise nach Wien zu Düsseldorf pflog,
sollte dasselbe 12 Bataillone und 15 Schwadronen formiren, und zwar:
zu F u s s :
Isselbach 2 Bataillone
Sachsen-Meiningen 2 „
Grenadier-Regiment 2 „
Volkershofen 2 „
Lindenfels 2 „
Nassau und Preussen, eventuell dafür Haxthausen . . 1 „
Lübeck 1 ,,
zusammen 12 Bataillone.
') Scliwencke, Gescliiclite der liauiiover'sclieu Truppen im spauisclien p]rlj-
folgekriege. Die aiio;efilhrten Conveiitionen wurden alljährlicli erneuert.
•^) Kriegs-A., Registr. des R. K. M. 1708; Fase. VI. ad 33, und H. II. u.
St.. A. Mainz, Cameralia, Bellaije zum Voranschlag yjro 1709.
88
Zu Pferd.
Hatzfeld 3 Schwadronen
Vell (Vehlen) 3 „
Leib-Regiment 3 ,,
Wittgenstein 3 ,.
Haun-Dragoner 3
zusammen 15 Schwadronen *).
Diese Truppen sollten am 20. oder längstens 25. Mai zwischen
Coblenz und Rheinfels zur Armee stossen. Sie hatten keine Artillerie
mit sich zu führen und es sollte zu Coblenz sogleich an die Bildung
eines Magazins für sie geschritten werden *).
Die Verzögerung in der Erfüllung der Grundbedingung, d. i. der
Belehnung mit der Ober-Pfalz, hatte zur Folge, dass das pfälzische
Contingent einen Monat später, als vereinbart, zur Mosel-Armee stiess.
Der am 24. Mai 1708 formulirte Recess, betreffend die üeberlassung
von 4100 Mann in die Dienste des Kaisers, wurde in diesem Jahre
formell nicht mehr perfect. Indess scheinen die Puuctationen desselben
beiderseits erfüllt worden zu sein. Der Churfürst verpflichtete sich,
das ganze Contingent am Rhein, an der Mosel und in den Nieder-
landen verwenden zu lassen, die ganze Verpflegung, Reerutirung und
Remontirung etc. aus Eigenem zu bestreiten; wogegen der Kaiser
sich verbindlich machte, nebst der Abtretung der Ober-Pfalz und der
Grafschaft Camb, jährlich noch 150.000 fl. rheinisch zu zahlen ^). Was
die formelle Austragung verzögerte, war, dass der Kaiser die Kündi-
gung des Recesses nicht von der Willkür des Churfürsten abhängen
lassen wollte; die Pfälzer sollten gleich den Würzburgern die Pflicht-
leistung ablegen *).
Wie die Pfälzer zu Beginn des Feldzuges Schwierigkeiten ge-
macht hatten, so beendeten sie ihn auch. Kaum war die Belagerung
von Lille zu Ende — ■ die Operationen gegen Gent waren eben erst
eingeleitet — als ihr Commandant erklärte, sein Landesherr habe ihm
befohlen, mit dem ganzen Corps in die churfürstlichen Lande zurück-
zukehren. Eugen musste sie abziehen lassen.
*) Kriegs-A., Niederlauile 1708; Fase XIII. 32. Die vier au.s Italien o^ekommenen
Regimenter Isselbach, Sachsen-Meiiiingeii, Hatzfeld und Vell standen um diese Zeit im
Neuhurg'schen. da.s Bataillon Lübeck lag: ii' ■lülidi, alles Hebrige in den Aemtern
Heidelberg, Mösskircli uml Bretten.
*) Kriegs-A., Nie.lerlande 1708; Fa.sc. XIII. 32.
=") Kriegs-A., Registr. des R. K. M. 1708; Fase. V. 23.
*) Registr. de» R. K. M.. .Juui 1708, Nr. 347.
89
Ausser dem Corps, das Chur-I*falz zur Mosel-Armee stellte, hatte
es in Gemässlieit früherer Abmachungen im Jahre 1708 noch ein
aus Infonterie und Reiterei bestehendes in Catalonien. Die Pfalzer
hatten gar keine Lust, nach Spanien zu gehen, behaupteten, Marl-
borough's Versprechungen seien nicht gehalten worden und setzten
der Einschiffung grossen Widerstand entgegen. Das churpfälzische
Corps in Catalonien bestand, wie bereits erwähnt, aus folgenden Truppen :
F u s s V o 1 k : Regimenter a 2 Bataillone : Garde, Coppe, Barbo,
Schönberg.
Reiterei: General-Major Frankenberg, Obrist Frankenberg, Spee,
Schellard*), zusammen 3400 Mann, 1067 Reiter mit 1012 Pferden.
Die Infanterie war aber weit entfernt, vollzählig zu sein. Ihrer
Completirung imd dem Transporte der Recruten nach Catalonien —
deren Kosten vertragsmässig die Seemächte zu bestreiten hatten —
stellten sich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg.
Eine am 30. Juni über Prinz E u g e n's Vermittlung getroffene
Vereinbarung, welche dahin abzielte, die in Catalonien stehenden
Pfälzer im Spätherbste um fünf neuformirte Bataillone zu vermehren ^),
kam nur theilweise zur Ausführung. Statt 1500 oder 1600 Mann, welche
es versprochen, stellte Chur-Pfalz Anfangs November 1000 Recruten nach
Nymwegen "), von wo sie Ende December nach Texel gebracht wurden,
um nach Catalonien eingeschifft zu werden *). Dieses Recruten-Quantum,
aus allen Nationen zusammengeklaubt, zählte sehr viele Deserteure *).
Hessen.
Die Truppen des Landgrafen von Hessen-Cassel, welche im
Winter auf 1708 aus Ober-Italien nach Deutschland zurückkehrten,
wurden den Seemächten neuerdings zur Verfügung gestellt. Nach den
Haager Beschlüssen sollten sie einen integrirenden Theil der unter
Eugen's Commando zu formirenden Mosel-Armee bilden*). Die Bedin-
gungen, von deren Erfüllung der Landgraf die Cooperation seiner
Truppen abhängig machte, waren im Wesentlichen: Begleichung aller
Soldrückstände, Zusicherung von Vortheilen bei den Friedensverhan d-
*) Chetwynd au Prinz EugPii. Turin, 14 Jänner 1708. Krieg.s-A., Spanien 1708;
Fase I., und Genua, 10. .luli 1708. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VII. 3.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI 54.
3) Krieg-s-A., 1708; Eegistr. R. K. M., Fase. XI. 17 und 41.
*) Heems au K. Joseph I. Haag, 28. December 1708. H. H. u. -St. A. Hol-
laudica.
5) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XII. 4. Daniel Delphin beziffert die Ge-
sammtmaeht der Pfalz 1708, mit mehr als 20.000 Streitern.
*j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 4 und ad -Jl a.
90
liingeu, das Commando unmittelbar nach Prinz Eugen für den Erb-
prinzen, endlich Unterstützung in jenen Ansprüchen, welche der
Landgraf gegen den Kaiser geltend machte*).
Die hessischen Ilülfs-Truppen, 9 Bataillone und 16 Escadronen,
mit einem SoUstandc von 10.400 Mann, erreichten zwar zum festge-
stellten Termin den Versammlungsraum um Castellauu ; aber noch Mitte
Juni drohte der Landgraf, seine Truppen zurückzuhalten, wenn nicht
der Erbprinz, wie die Seemächte versprochen, ein selbstständiges
Commando erhalte.
Chur -Sachsen.
Nach dem am 20. April 1707 zwischen dem Könige von Polen,
als Churfürsten von Sachsen, und den Seemächten vollzogenen Sub-
sidien-Tractat hatte der erstere 4 Fuss-Regimenter a 12 Compagnien,
1 Regiment schwerer Reiter und 2 Regimenter Dragoner *) zu stellen.
Nach der „General-Tabelle", ddo. Bruchsal, 15. Februar 1708'),
hatten diese chursächsischen Truppen am 11. d. M. folgenden Stand:
Manu Pferde
Garde 668 —
Fürstenberg 825 —
Feldmarschall Ogilvy 775 —
Wackerbarth 777 —
Winkel-Cürassiere 456 367
Leib- Regiment-Dragoner 439 378
Milkau-Dragoner 441 409
zusammen 4381 1154
Es fehlten hiernach um diese Zeit nur 259 Mann Fussvolk
und 34 Reiter, welcher Abgang zu Beginn der Operationen jeden-
falls ersetzt war.
Im März 1708 verfügte König August in Sachsen nebst einigem
Fussvolke noch über 7 Reiter-Regimenter k 551 Mann und 6 Dragoner-
Regimenter ä 586 Mann, zusammen über 7373 Mann, Zehn dieser Regi-
menter konnten Ende Mai marschbereit sein *). Die Unterhandlungen, be-
treffend die Acquisition von 3000 churpfälzischen Reitern für die Reichs-
Armee, führten, wie erwähnt, aus Geldmangel, jene behufs Ueberlassung
eines grösseren Oontingents in kaiserliche Dienste, aus Rücksicht auf
Schweden 1708 zu keinem Resultate.
•) Der Wortlaut: Lt-tt.-r.s aud dispatclies of Marlliurougli. Miirray, Vol. IV. 1(1.
2) Lebeu uud Deuk\vürdi<rkt'it(ni ScIiulculjiuV.s. I. Theil, Seite 310.
3j Kriegs-A., Registr. des K. K. M 1708; Fase. II. 1.5.
*) H. H. 11. St. A., Wack.Tliartli's luformations-Punote vom 2.S. März 170«.
91
Der Ernülirimg- feiernder Truppen schliesslich überdrüssig, sagte
der Churfürst im Herbste 1708 den Seemächten ein Aveiteres Con-
tingent für den flandrischen Krieg zu ').
Württemberg.
Württemberg stellte 1708 nebst seinem Reichs-Contingent noch
seine Haustruppen, nämlich :
Bataillone Manu
Württembergische Garde zu Fuss : 2 = 1000
Regiment Sternfels 2 ^ 1200
Regiment Hermann 2 = 1200
Schwadronen
Helmstedt-Dragoner 4 = 600
Württembergische Garde zu Pferd 1 ^^ 120
Grenadiere zu Pferd 1 = 120
zusammen 4240
(4350 Mann im Winter). Dieses „gute und wohlgeübte Corps" war
den ganzen Winter über auf der Postirung im Schwarzwalde gestanden.
Württemberg bezog für dasselbe von Holland eine Jahressubsidie von
150.000 Reichsthalern. Das Corps wurde vom 1. Juli 1708 au bis zum
Jahresschlüsse aus den kaiserlichen Magazinen mit Brod und Fourage
verpflegt, welche Leistung von dem österreichischen Beitrage zur
Million Reichsthaler der Kriegs-Cassa abgeschrieben wurde.
W ü r z b u r g.
Im Jahre 1707 war vom Kaiser mit Würzburg sowohl der
„Haupt-Allianz-Tractat" vom 1. November 1706, als auch der Neben-
Recess vom 24. December 1706 erneuert worden 5 eine abermalige
Erneuerung, und zwar auf die Dauer eines Jahres ^), erfolgte im
Herbste 1708.
Hiernach blieben im Jahre 1708 die Fuss-Regimenter Fechenbach
und Stein (jedes zu 1600 Mann) und das Dragoner-Regiment Wolfs-
kehl (zu 800 Reiter) mit 4 ausgerüsteten Regimentsstücken im Dienste
des Kaisers. Dieser bezahlte für den Vollstand von 4000 Mann, welche
von einem würzburgischen General und 3 Obristen commandirt wurden,
jährlich 380.000 fl. Dagegen kam dem Bischof die volle Vei'pflegung,
Montirung, Recrutirung und Remontirung dieses Contingents zu ^).
') Krieo-s-A., Niederlande 1708; Fase, VIII. 76. Noorden III. 406. Daniel
Dolpliin beziffert die Streitmacht Chui'-Sachsens 1708, mit nicht viel weniger als
20.000 Mann.
'^) Krieg-s-A., Niederlande 1708; Fa.sc. X. 47.
'■") Registr. des R. K. M., Mai 1708, Nr. 292.
92
Diese Truppen hatten die Pflichtleistung gelobt und wurden in der
That wie des Kaisers eigene Truppen angesehen.
S a c h s e n - G o t h a.
Das sachsen-gotha'sche Contingeiit: 2 Regimenter Fussvolk zu
2 Bataillonen, 2 Regimenter Reiterei zu 3 Schwadronen, verblieb im
Jahre 1708 in Ober-Italien. Zu Beginn der Operationen, 15. Juli, zählte
das Fussvolk effectiv 1634 Mann, die Reiterei 751 Mann, zusammen
2385 Mann '); es gingen daher auf den Sollstand 615 Mann ab. Dieses
Contingent stand im Solde der Seemächte, erhielt aber das Brod und
die „Douceurs" vom Kaiser.
i) Dänemarks.
a) Das Hülfs Corps im Solde des Kaisers.
In Gemässheit des Tractats vom Jahre 1701 und des Recesses
vom Jahre 1704 hatte das dänische Hülfscorps im Solde des Kaisers
einen Sollstand von 6000 Mann auszuweisen, nämlich:
4 Fuss-Regimenter a 1200 Mann = 4800 Mann
1 Cürassier-Regimeut a 600 Mann = 600 „
1 Dragoner-Regiment ä 600 Mann = 600 „
zusammen 6000 Mann.
Dieser Sollstand war, dank jener 100.000 fl., welche die kaiser-
liche Administration in Bayern den Dänen zu Recrutirungs- und
Remontirungszwecken rechtzeitig flüssig gemacht hatte -), im April 1 708
erreicht; jedoch fehlten noch im Mai 500 Pferde, und wiewohl die
kaiserliche Administration in Bayern ihnen 3600 Flinten hatte aus-
folgen lassen^), 1600 Flinten. — Schon am 21. Jänner hatte der Hof-
kriegsrath den Commandanten dieses seit einem Jahre in Bayern
liegenden Hülfscorps verständigt, dasselbe werde in Ungarn verwendet
werden*). Der Marsch dahin wurde aber erst im August angetreten!
Der wiederholten und dringenden Aufforderung hiezu hatten die Dänen
eine Reihe grober Excesse und Schwierigkeiten entgegengestellt.
Zunächst mussten alle ihre Guthabungen beglichen werden. Nachdem
dies im Mai ganz oder grösstentheils geschehen war ^), erklärte ihr
') Krie?s-A., Italien 1708-, Fase. VII 43.
2j uud ä) Hofkaniiiiei-A. 1708.
*) Kriegs-A., Nic.lL'ilaiulo 1708; Fase. I. 1, und Fase. II. 1.
*) Kaiserl. Adniiuistratiou iu Bayern an K. Jo.seph I. Münclicn, 29. Mai 1708.
H. u. St A.
93
Comnianclaut, mit dem Fussvolk Bayern nicht früher zu verlassen, als
bis die Reiterei rcraontirt sei ; er könne das Corps nicht trennen.
Nachdem fast alle ihre „harten" Forderungen befriedigt waren, erklärte
der König von Dänemark, seine Truppen nicht eher nach Ungarn
rücken zu lassen, bis nicht Hamburg von den Kreistruppen geräumt
sei'). Verzichte der Kaiser auf die Dienste der dänischen Uülfs-
völker, sei der König zufrieden, wenn sie ihm in dem Stande, welchen
der Tractat vom Jahre 1701 stipulirte, an seine Landesgrenze zurück-
gestellt würden -). Am 4. August endlich wurden sie nach Ungarn
eingeschifft. Nachdem sie thatsächlich nur wenige Wochen im Felde
gestanden, verweigerte ihr Commandant, sie auf der Postirung ver-
wenden zu lassen. Die Frage der Winterquartiere erzeugte neue und
grosse Schwierigkeiten. In den Interims-Cantonnements bei Oedenburg
Eisenstadt, Rust u. a. O. wollten sie die Natural-Verpflegung den
verarmten Landesbewohnern mit Gewalt abpressen. Die Sache wurde
so arg, dass schliesslich auch der Hofkriegsrath darauf antrug, sich
der Dänen bei guter Gelegenheit völlig zu entledigen^).
b) Das Hülfscorps im Solde der Seemächte.
Nach den ursprünglichen Vereinbarungen sollte dieses Contingent
aus 8000 Fuss-Soldaten, 2000 Dragonern und 4000 Reitern, somit aus
14.000 Streitern bestehen; 1708 dürfte es die Stärke von 12.000 Mann
indess kaum erreicht haben.
*) Siehe die politische Uebersicht, Seite 16.
^) Relatio conferentiae vom 18. Juni 1708. H. H. u. St. A.
■') Referat des Hofkriegsrathes vom 20. November 1708. Registr. des R. K. M.,
November 1708, Nr. 237.
Rüstimgen des Hauses Bourl)ou.
lu ungleich liölierem Grade, als den AUiirten, gebrach es zu
Beginn des achten Kriegsjahres Ludwig XIV. an den Mitteln und
Kräften zu nachdrücklicher Fortsetzung des Kampfes '). Die durch
den pfälzischen Erbschaftskrieg herbeigeführte Verarmung des fran-
zösischen Volkes hatte durch den spanischen Successionskrieg Dimen-
sionen angenommen, welche eine Fortsetzung des Kampfes schon allein
mit Rücksicht auf die Finanzen als nahezu unmöglich erscheinen Hess *).
Die fast gänzliche Sperrung des französischen Seehandels durch die
Flotten der Verbündeten, das völlige Darniederliegen des Gewerb-
fleisses aus Mangel an Absatz und unter dem steigenden Drucke der
Abgaben, hatte zur Folge, dass von Staatswegen zu den verderblichsten
Auskunftsmitteln gegriffen wurde, um für den Unterhalt der Truppen
auch nur nothdürftigst aufzukommen. Wiederholte Veränderungen
der Münze, Anlehen mit lO^/^ Verzinsung, die Errichtung und der
Verkauf zahlreicher unnützen Aemter, ebensoviele neue Bedrückungen
des Volkes vorstellend^), die Ausgabe von 482 Millionen Livres
Schatzscheine, die man, da nicht einmal die Interessen bezahlt wurden.
') Heems au K. Josepli 1. Hnag, i. Mai 1708. H. H. u. St. A. HuUaudica.
^) „Durch alle Forscliungeu, die ich angestellt, habe ich erfahren," berichtet
Vauban im „Dixme ro^-ale", „dass fast der zehnte Theil des Volkes am Bettelstabe ist
und in der That bettelt; dass von den neun anderen Theilcn fünf nicht im Stande sind,
jenen ein Almosen zu geben; dass von den übrigen vier wieder drei ganz und gar
von Schulden und Rechtshändelu erdrückt werden und dass der Rest, unter welchen
ich einzelne Männer des Heeres, des Gerichtes und der Geistlichkeit, den Adel, Beamte,
gute Kaufleute und wohlhabende Bürger stelle, h(")chstens auf hunderttausend Familien
zu rechnen ist."
^) Nach Noordeu III. 82 hätte Chamillart während 7jähriger Amtsvcrwaltung,
vom Beginn des Erbfolgekrieges bis zum Sommer 1708, einen Erlös von 324 Millionen
aus dem Aemter-Verkaufe erzielt.
95
bald nur mit 80" „ Verlust an Mann zu bringen vermochte — charak-
terisiren die Periode, in welcher (JharaiUart neben den Geschäften
des Krieges jene der Finanzen führte.
Als das Finanzjahr 1707 zu Eude ging, stand dieser Minister
mit einer Rentenschuld von 1500 Millionen Capitaleinzahlung und mit
400 Millionen entwortheter Schatzscheine, mit einer schwebenden klag-
baren Schuld von 482 Millionen und mit 202 Millionen Rückständen
mannigfacher Art, der Wahrscheinlichkeit des demnächstigen Zusammen-
bruches gegenüber. Schon veranschlagte man, dass der muthmassliche
Verbrauch des kommenden Jahres die verfügbaren Einnahmen mit
einem Betrage von 158 Millionen übersteigen werde ').
An C h a m i 1 1 a r t's Stelle in der Leitung der Staats-Finanzen
trat im Februar 1708 als General-Controlor Desmarets, ein Enkel
des grossen C o l b e r t, ein Mann, welcher seinen Amts - Vorgänger
an Einsicht, Geschäftskenntniss und Gedankenreichthum weit übertraf.
Das Erbe, das er antrat, erheischte aber auch einen ganzen Mann.
Die Truppen waren nicht bezahlt, ja nicht einmal ihre Naturalver-
pflegung sichergestellt; bereits war es zu offenen Revolten der
Soldaten gekommen^). Desmarets begann seine Amtsthätigkeit mit
einer genauen Untersuchung der königlichen Schulden. Durch Con-
centrirung der gesammten Staats-Einkünfte in Eiuer Gasse sicherte
er sich rasch einen solchen Einfluss auf den französischen Geldmarkt,
dass er bald nach seinem Amtsantritte zum Zwecke der Expedition
nach Schottland, 8 Millionen Livres flüssig zu machen vermochte.
Es ist charakteristisch für die Finanzverhältnisse Frankreichs
zu dieser Zeit, dass auch Desmarets auf die bedenklichen Hülfs-
mittel seines Vorgängers C h a m i 1 1 a r t, auf die Errichtung und den
Verkauf neuer Aemter, nicht verzichten konnte. Ein anderes Mittel
war die Registrirung sämmtlicher Adelstitel gegen Erlag von je
20 Livres, wodurch man ohne Belastung des gemeinen Mannes einige
Millionen in die Staats-Cassen brachte. Man erhöhte die Gehalte der
Beamten, aber diese Gehaltserhöhung repräsentirte nur den Zins eines
von ihnen vorzustreckenden Capitals, das sich auf 11,400.000 Livres
belief. 33,600.000 Livres ergab ein auf den Credit des Hotel de
Ville aufgenommenes Anlehen, das man mit 2,100.000 Livres, d. i.
mit etwas mehr als 6Vo verzinste. Andere Finanz-Operationen führten
36,000.000 Livres in die königlichen Gassen. Gegen Schluss des Jahres
befreite man Jeden, der den sechsfachen Jahresbetrag in Einem erlegte,
für Lebenszeit von der Kopfsteuer (capitation) und sicherte ihm über-
1) NoorcTen I. Ahth. III. Bd. 86.
^) Memoires militaires. Pelet, Touie VIII., p. 4.
96
dies noch eiue 5" „ige Verzinsung dieses Betrages zu. Dies machte
so Vielen Lust, die Befreiungstaxe zu erlegen, dass noch vor Jahres-
scliliiss 10 Millionen Livres eingingen. Die schon zu Beginn des
Jahres angekündigte Münzverringerung kam im Jahre 1708 nicht zur
Durchführung, da die blosse Ankündigung die Besitzenden bewog,
ihr Baargeld noch zum höchsten (Airse in Umlauf zu bringen. Die
hiedurch erzielte flotte Gcldcirculation bestimmte die Regierung, die
Durchführung der Münzverringerung immer wieder zu verschieben ;
bis endlich der 1. Jänner 1709 als Reductionstermin fixirt wurde.
Kaum geringere Schwierigkeiten als die finanzielle, bot die
militärische Rüstung Frankreichs. Mit Mühe nur brachte das Land
die Mannschaften auf, die Lücken auszufüllen, welche so viele unglück-
liche Schlachten in die Ileeresreihen gerissen hatten. In Spanien allein
benöthigte man 10.200 Recruten. Sie rascher aufzubringen, ward kund-
gemacht, dass alle von Auflagen befreit sein sollten, die freiwillig auf
drei Jahre Kriegsdienste nähmen. Die im Delphinat, in Savoyen und
Nizza stehenden Truppen recrutirten sich in diesen Provinzen, indem
jedes Dorf zwei Mann zu stellen hatte. Allenthalben aber wurden die
grössten Anstrengungen gemacht, das Heer auf einen stärkeren Stand,
als je zuvor zu bringen. Es ist bezeichnend, dass, als Clemens XL,
A'om Kaiser bedroht, Anfangs Juni 1708, wie in allen Provinzen des
Kirchenstaates, auch in der Grafschaft Avignon Werbungen anordnete,
Ludwig XIV., sie aus Furcht vor Desertionen seiner eigenen Truppen,
nicht zuliess *).
Ueber Gut und Blut seiner Unterthanen unumschränkt ver-
fügend, vermochte Ludwig XIV. das fast unmöglich Scheinende
möglich zu machen, nicht nur dem Anstürme des „Grossen Bundes"
Stand zu halten, sondern sogar den Krieg in dessen Machtgebiete
zu tragen.
Mit der Vorbereitung der Landung in Schottland, welche
Grossbritanniens militärische Kraft auf allen (Jperationsschauplätzen
lahmlegen sollte, ward Chevalier Fo ur bin betraut. Alle Schiffe, deren
er habhaft werden konnte, im Februar zu Dünkirchen versammelnd,
betrieb er die Ausrüstung mit grösster Eilfertigkeit. Zwölf Bataillone
wurden bestimmt, nach Schottland eingeschifft zu werden; das Zeug-
haus von Lille musstc 60 Gesciiütze uiul 600 Musketen liefern,
indess von Paris 12.000 Flinten, 6000 Paar Pistolen und ebensoviele
Sättel kamen und die (Operations - Cassa des Prätendenten mit
900.000 Livres in Gold dotirt wurde*).
') Mcmoires militaires. Pelet, Vol. VIII., p. 101.
') Theatrum Europacum 1708, uiifl M<'inoires militaires (Pelet).
97
Wiewohl der Adel, die Geistlichkeit und das Volk Spaniens
wetteiferten, die Mittel zur Fortsetzung des Kampfes zu liefern,
reichten diese doch nicht aus, den augenblicklichen Bedürfnissen des
Staates gerecht zu werden. Das feste Einkommen Philipp'.s von
Anjou belief sich auf nur zehn Millionen und der letzte Feldzug hatte
dreissig verschluugen '). Wieder nahm Frankreich die Hauptlast auf sich.
Es rüstete zu Toulou für die See, es lieferte Recruten, Munition und
Lebensmittel und sandte eine Million Livres über die Pyrenäen. Ein
einziger See-Transport brachte 34 Kanonen, 18 Mörser, 18.000 Hohl-,
150.000 Stückkugeln und 25.000 Ceutner Pulver von Coliouvre nach dem
grossen Depotplatz Rosas. Hier und in Perpignan wurden die Magazine ge-
füllt. Von dem ausserordentlichen Umfange der französischen Rüstuno:en
für Spanien gibt auch der Convoi Zeugniss, der am 22. Mai 1708
auf der Höhe von Cambrils eine Beute der Vorhut von Leake's
Flotte wurde. Auf acht Millionen Gulden ward die Prise geschätzt ^),
Wie bedeutend die Unterstützung auch war, welche Frankreich
Spanien zuwandte, . - — die verunglückte schottische Expedition
schwächte und verzögerte diese Hülfe ^), die überdies auch nicht zu-
reichend gewesen sein dürfte. Gleich zu Beginn hiess es, der Herzog von
Orleans habe sein Silbergeschirr verpfändet, um den Truppen den rück-
ständigen Sold zahlen zu können*). In Uebereinstimmung damit berichtet
Älarquis Prie am 10. Mai 1708 aus Mailand dem Prinzen Eug en:
„Der Herzog von Orleans beklagt sich, so schlechte Dispositionen
vorgefunden zu haben und einen so grossen Mangel an Geld, Lebens-
mitteln und allen Erfordernissen, dass er lebhaft wünschte, die spanischen
Angelegenheiten und das Commando in andere Hände zu legen'-' ^).
Xach wie vor unterhielt Frankreich den Ex-Churfürsten Max
Emanuel von Bayern mit seinem aus 5 Bataillonen Fussvolk
und 20 Escadronen Cavallerie bestehenden Truppencorps ^). Auch
die Zahlung von Subsidien an R a k 6 c z i ward nicht eingestellt ').
Da man französischerseits befürchtete, die Unternehmung gegen
Toulon könnte wiederholt werden, bechloss man zu Beginn des Jahres,
diesen Punct durch Neubefestigungen uneinnehmbar zu machen.
Alle Dörfer am Rhone und zwischen Toulon und Arles mussten
') M. Amelot au deu König. 26. März uud 2. April 1708. Mcmoiies du duc de Noaüles.
^) Siehe Liechtensteins Bericht. Barcelona, 25. Mai 1708. Kriegs-A., Spauien
1708; Fase. V. 37, und Heems' Bericht vom 12. Juni 170S. H. H. u. St. A. Hollaudica.
^) Memoires du duc de Noailles.
*) Theatrum Europaeum, XVllI. Band, 1708.
^) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. V. 1.
*) Memoires militaires (Pelet) VIII. 333.
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 34.
Feklzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie. I. Band. 7
98
zum Befestigungsbau je acht Mann stellen. Noch vor Jahresschluss
war man im Bau so weit gekommen, dass an die Armirung der
Werke gegangen Averden konnte. An die Befestigung der Var-
Liuie konnte Avegen der Schwierigkeit, vom Lande die Schanzarbeiter
zu erhalten, erst am 5. Juni geschritten werden. Nach Schluss des
Feldzuges in den West-Alpen genehmigte Ludwig XIV. den Antrag,
im Frühjahre 1709 bei Briancon mit dem Baue eines verschanzten
Lagers zu beginnen, wozu im Laufe des Winters alles Erforderliche
vorbereitet werden sollte. Die im Sommer 1708 begonnenen Schanz-
arbeiten am Var wurden im Winter von 800 Soldaten fortgesetzt ').
Die Intendanten der Provence und der Dauphinc endlich sorgten
für die Füllung der in den Depotplätzen Ft. Barraux, Grenoble, Brian-
con und Antibes befindlichen Magazine, Avelche nichts zu wünschen
übrig Hessen. Weniger befriedigend war dagegen für die Geldverpflegung
vorgesorgt. So berichtet Graf Medavi am 19. Mai aus Oulx an
Chamillart: „Ich muss Ihnen sagen, dass alle hier befindlichen
Truppen seit mehr als sechs Wochen nicht bezahlt sind und dass man
den Officieren die Feldausrüstung noch grössten Theiles schuldig ist.
Ich wage es, mir zu schmeicheln, dass das Vertrauen, das sie (die
Truppen) in mich setzen, vermocht hat, sie bis zur Stunde zusammen
zu halten; es ist aber zu filrchten, dass Sie von einer schrecklichen
Desertion hören werden, wenn man sie nicht unverzüglich bezahlt ')."
Die fortificatorischc und ökonomische Instandsetzung der Rhein-
Grenze Avurde erst nach dem Scheitern der Expedition nach Schott-
land mit grösserem Ernste botrieben. Hagenau's Befestigungen, den
veränderten Umständen nach ganz ohne Werth, wurden geschleift.
Pfalzburg .*;ollte zum Depotplatze werden. Da Sa\^erne als Artillerie-
Hauptdeput nicht fest genug schien, Hess man im Mai die Vorräthe
nach i laut-Bar schaffen. Als Max Emanuel von Bayern zur Rhein-
Armee abging, wurden ihm 800.000 LiATCs Baargeld angewiesen '').
Die grösste Sorgfalt verAvandte man auf die Vorbereitung des
Feldzuges in Flandern. Alles A-creinigte sich, hier eine Armee aufzu-
stellen, welche des erlauchten Befehlshabers, des Herzogs von
Burgund, Avürdig, jener der Verbündeten überlegen war*).
*) Memoires militaiies (Pelct) VIII. 5.
2) Mt^moires niilitaires (Pelet) VIII. 186.
») Theatrum Euiopaeuni, XVIIl. Band, 1708.
*j Doch bemerkt Hecms iu seinem Berichte an K. Josoj))! I., Haag:, 4. Mai 1708,
das» es den Franzosen in Flandern und Braltant an Viehim mangeln solle und dass
die Unordnung und der Ahpanp an M.nnnschaft grösser sei, als Vendöme dem
Könige berichtet habe. II. 11. u. St. A. HoUandica.
99
Die sechs Armeen, welche das Haus Boiirbon im Jahre 1708
in's Feld stellte, zählten:
J}at;iil1oiH! E.scaflronen
1. Die Armee in den Niederlanden ... 131 216
2. Die Rhein-Armee. . . . 60 103
3. Die Alpen-Armee') 74 20
4. Die Armee von Roussillon 22 22
5. Die Armee von Spanien 36 55
Hiezu aber noch das Corps d'Asfeld's in
Valencia 26 30
6. Die Armee von Estremadura .... 18 44 '')
Totale 367 490
Hiezu kommen noch die Garnisons-Truppen in den französischen
und spanischen Plätzen zu rechnen; die Besatzung von Sicilien, welche
Feldmarschall Daun im Mai auf 5000 Mann schätzt"); das Landes-
Aufgebot in Frankreich , das im Laufe des Jahres an allen be-
drohten Puncten der Land- und Meer-Grenze in festen Formationen
auftritt; endlich das Corps des Herzogs von Ossuna in Andalusien;
3000 Milizen und 5000 Irreguläre unter General-Lieutenant Marquis
Brancas in Galicien.
') Graf Medavi g-ibt an, dass die Stärke eines Bataillons 350 Köpfe nicht
überschritt. Die gleiche Ziffer findet sich in einem Ueberschlage der Verbündeten.
Baibotet, 26. August 1708. Hier erscheint die Escadron mit 100 Pferden. Der
Stand der Alpen-Armee war hiernach 25.900 "Mann Fussvolk und 2000 Reiter.
Memoires railitaires (Pelet) VIII. 188.
*) Der kaiserl. Gesandte zu Barcelona, Herzog von Moles, schätzt die Streit-
raaclit des Hauses Bourbon in Spanien zu Beginn des Jahres 1708 auf 50.000 In-
fanteristen und 18.000 Reiter. Moles an AVratislaw. Barcelona, 12. Jänner 1708. H.H.
u. St. A. Spanien. — Noorden III. 295 beziffert die Armee des Herzogs von Orleans
mit 32.000, das Corps d'Asfeld's mit 6000, die Armee de Baye'smit 16.000; dazu kommt
noch die Armee Noailles' mit 6000 Mann.
') Kriegs-A., Neapel 1708; Fase, V. 1.
7*
Rüstungen der uugarisclien Conföderatiou.
Die kriegsmüde Stimmung der überwiegenden Mehrheit des
ungarischen Volkes musste die Kräfte -Entfaltung der Rebellion im
Jahre 1708 fühlbar beeinflussen. Der drohenden Leere der Kriegs-
Cassen vermochten weder die Beschlüsse der zu Erlau tagenden Con-
föderation, noch die rücksichtsloseste Einforderung der Steuern vor-
zubeugen. Dazu kam die Unregelmässigkeit in der Auszahlung der
französischen Subsidien '). Das wenige Baargeld, das noch aufgetrieben
Avurde, behielten die Führer für sich. Deshalb minderte sich der
Zulauf zu den Kuruczen-Regimentcrn sichtlich. Die Leute raubten,
meuterten und desertirten ^).
Zu Anfang des Jahres 1708 dürften Dank den Anstrengungen
Räknczi's die Streitkräfte der Conföderatiou nicht viel weniger als
60.000 Mann betragen haben, und zwar rechts der Donau unter Graf
Anton Eszterhazy's Ober-Commando: 8000 bis 10.000 Mann unter
Emerich Bezeredy links der Raab, 8000 bis 10,000 Mann unter
Adam Balogh zwischen Donau, Drau und Platten-See; links der
Donau, in Ober-Ungarn unter Bcrcsenyi, Pekry, Betty an und
Ocskav etwa 30.000 Manu; endlich in dem Räume zwischen der
Donau und der Grenze Siebenbürgens unter Graf Alexander Kärolyi
10.000 bis 15.000 Mann.
Der Werth dieser Truppen war sehr verschieden, erhob sich
jedoch im Allgemeinen nicht über den gewöhnlichen von Milizen,
') Aiifgefanfr''ut-'r Boriclit eines fraii/.fisisclien Agenten in Uiip:arn vom 4.' April.
Kriegs-A., Ungaru 1708; Fase. XIII. 1.
*) Die Klagen darüber erfüllen die ganze Correspondenz zwischen Rakoczi
und Vetes im Jahre 1708. Siehe insbesondere den Bericht des Letzteren. Paris,
19. Jänner 1708. (Fiedler, Fontes rerum austriacarum. 2. Abtheilung, IX. Band. Acten-
stücke zur Geschichte F. Rjiktkzi's etc. S. 82.)
101
Grosse Bedürfnisslosigkeit und daher leichte Beweglichkeit waren ihre
Hauptvorzttg-e , Mangel an guten Ofiicieren und in Folge dessen an
militärischer Schulung und Disciplin ihr Hauptgebrechen.
Nur für den besten Theil der conföderirten Streitkräfte, d. i. für
die Armee an der Waag und Neutra, liegen Daten vor, welche über
die Organisation, beziehungsweise Ordre de bataille, Aufschluss geben.
Beim Aufbruche aus den Winterquartieren wurde diese Armee in zwei
Divisionen und sechs Brigaden gegliedert,
1. Division. Johann Bottyan.
Brigade Stephan Berthoty: die Infanterie-Regimenter Nyaray
und Radics (1 Bat.); die Huszaren-Regimenter Geczy (4 Esc), Ebeczky
(2 Esc.) und Somogyi.
Brigade Stephan Balogh: die Huszaren-Regimenter Szalay,
Balogh und Bottyan.
Brigade Thomas Esze: die Infanterie-Regimenter Esze (2 Bat.),
Paul Andrassy (1 Bat.), Revay (1 Bat.) und Loczy.
2. Division. Michael Csaky.
Brigade Stephan Ebeczky: die Huszaren-Regimenter Ebeczky
(4 Esc), Barkoczy, Franz Deak, Michael Csaky, Georg Rethey, Georg
Mikhäzy und Paul Orosz.
Brigade Nicolaus Perenyi: die Infanterie-Regimenter Perenyi
(2 Bat.), Csajaghy (2 Bat.) und Czelder (1 Bat.).
Brigade Ladislaus O c s k a y : die Infanterie-Regimenter Winkler
(2 Bat.) und Revay (1 Bat.); die Huszaren-Regimenter Ocskay, Johann
Rethey und Alexander Luzsinsky *).
Zu Ende des für die Conföderation so verhängnissvollen
Jahres 1708 versuchte der zu Saros-Patak tagende Convent der ver-
zweifelten Lage durch ausserordentliche Mittel gerecht zu werden.
Er beschloss unter Anderem das persönliche Aufgebot bei Strafe der
Aechtung durch die Conföderation "). — Die Zahl der Regimenter
wurde mit 75 festgesetzt '').
') Thaly: „Ocskay Laszlo elete" , (Das Leben Ladislaus Ocskay's.)
^) Siehe Krones: „Zur Gescliiclite Ungarns im Zeitalter Franz Eäkoczi II."
Archiv für österreichische Geschichte, XLII. Band.
^) Jässay, Landtags-Ahnanach 1843. Horväth, Geschichte der Ungarn, IL 3(35.
Der Feldziig in Ungarn und Siebenbürgen').
Ereignisse vor Beginn der grösseren Operationen.
Dass die kaiserliche Regierung durch den Sieg von Turin der
schwersten Sorgen um Italien entlastet, im Jahre 1707 für die Er-
gänzung, Ausrüstung und Verpflegung ihrer in Ungarn stehenden
Truppen ein Mehres zu thun befähigt worden, hatte in den Ergeb-
nissen dieses Feldzuges seinen sichtbaren Ausdruck gefunden. Zwar
standen die Kuruczen Bottyan's auch am Jahresschlüsse theilweise
noch westlich der Raab, bereit, in Nieder-Oesterreich und Steyermark
einzufallen ; dagegen hatten aber die Kaiserlichen die Conföderirten in
Ober-Ungarn hinter die Waag gedrängt und Siebenbürgen vollständig
wiedererobert.
So namhaft dieser Erfolg auch war, er bedeutete doch nur
einen Schritt auf dem weiten und schwierigen Wege zur gänzlichen
Niederwerfung der Empörung. Die eigentliche Burg der Rebellion,
das nordöstliche Ungarn, lag noch völlig unangetastet. In den übrigen
Theilen des Landes hatten die Kaiserlichen nur die festen Plätze
inne, die Conföderirten waren allenthalben Herren des flachen Landes
geblieben.
Dass die legitime Gewalt nach 4 '/ajährigem Ringen auf kein
besseres Ergebniss zu blicken vermochte, war wesentlich in dem Um-
stände begründet, dass der Kampf gegen das übermächtige Frankreich
die Kräfte der Monarchie zum grössten Theile verschlang. Nachdem es
verabsäumt worden war, die Empörung im Keime zu ersticken, fehlte
es an Mitteln, nun da sie fast das ganze Land umfasste, jene rasche
Niederwerfung anzustreben, welche in einem Bürgerkriege die Staats-
raison doppelt zur Pflicht macht. Eine solche imponirende Action hätte
«) Hiezu Tafel I.
103
angesichts der Ausdehnung des Landes und seiner Militärkraft, des
Kaisers ungetheilte Macht herausgefordert. Jene 30.000 Mann, welche
der Löschung eines ungeheueren Brandes zugewendet werden konnten,
standen zu ihrer Aufgabe in einem um so schreienderen Missverhält-
nisse, als aus seiner Natur eine grossartige Zersplitterung jener unzu-
reichenden Kräfte mit Nothwendigkeit hervorging. Die vielfachen
Schwerpuncte des Aufstandes, die Aufgabe, die über das ganze Land
zerstreuten festen Plätze ' ) zu behaupten und die 70 Meilen lange
Grenze der Erblande gegen die räuberischen Einfälle der Kuruczen
zu schützen, hatten bisher zur Folge gehabt, dass die Kriegshandlung
sich mehr weniger in Diversionen auflöste, welche keinen Bezug mehr
zu einer Kern-Action hatten. Die verhältnissmässig geringe Dichte
der Bevölkerung, die Ressourcen-Armuth des durch die Türkenkriege
und die Rebellion verwüsteten und verheerten Landes, die Natur der
conföderirten Streitkräfte, deren Elemente heute raublustige Krieger,
morgen friedliche Landleute waren, die grosse Ausdehnung des unga-
rischen Kriegsschauplatzes, welche das Ausweichen der conföderirten
Hauptkraft gefahrlos, die Fesselung derselben auf eine beschränkte
Zone des Kriegsschauplatzes nahezu unmöglich machte, — alle diese
Momente stellten an den Feldherru und die Truppen des Kaisers
in Ungarn Anforderungen, welchen nur wahre Kriegstüchtigkeit und
echte Soldatentugend gerecht werden konnten.
Ein düsteres Seitenstück zu dem traurigen Bilde, das Ungarn
bot, bildete der Zustand der östlichen Grenz-Bezirke von Mähren,
Nieder-Oesterreich und Steyermark. Am schwersten hatte unter der
ungarischen Empörung das unglückliche Stammland der Monarchie
gelitten, dessen Stände in ihren Adressen („Erklärungen") vom
29. November und 23. December 1707 dem herrschenden Jammer
beredt Ausdruck gaben. Ausser den 1656 und 1683 ruinirten Häusern,
hiess es da unter Anderem, seien durch die ungarischen Rebellen
bereits 8000 in Asche gelegt worden. Die zwei an Ungarn grenzenden
*) Als Puncte in Ungarn, welche kaisevliclie Besatzungen hatten, bezeichnet
ein Stück in der Registr. des R. K. M., Mai 1708, Nr. 411: „Altenburg-, Arad, Schloss
Blasenstein, Essegg, Genö (Jenü) und Filialposten, Gyula, Gran, Grosswardein, lUova,
Leopoldstadt, Nagy-Magyar, Neustadtl, Oedenburg, Ofen, die Schlösser Peillenstein
und Piberspurg, Pressburg, Raab, St. Gotthard, Sarvar, Sellye, Simegh, Stuhlweissen-
burg, Szegediu, Szered, Szigeth, Schloss Theben, Totis, Treucsin". Die Zahl der festen
Puncte, welche in kaiserlichen Händen, war aber jedenfalls grösser. So erscheinen
Fünfkirchen und Komorn nicht in obiger Liste.
Als Hauptmagazin diente Pressburg. Magazine waren ferner zu Göding,
Oedenburg, Ravenspurg und Ungarisch-Brod eingerichtet. Registr. des R. K. M.,
April 1708, Nr. 46.
104
Viertel seien gänzlich ruiniit. Mehr als die Hälfte der armen Unter-
thanen sei durch das Schwert, durch Plünderung und Raub um Alles
gekommen und zu aller Contribution ganz unfähig geworden. Die
Unter thaneu an der imgarischen Grenze seien in den Auen und
Wäldern versteckt und zur Zeit nicht nach Hause zu kriegen. Zu
alldem müsste sich das aller Feindesgefahr exponirte Land durch
Linien selbst schützen, was einer ewigen Kobot gleichkäme ^).
Zu Anfang des Jahres 1708 standen kaiserlicherseits hinter den
verschanzten Linien von Oedenburg, unter dem Befehle des FML. Nä-
dasdy, das Regiment Bayreuth-Dragoner, 7 Compagnien des Fuss-
Regiments Thürheim und einige Hundert Mann Grenztruppen. — Die
steyrische Grenze bewachten unter des FML. Seyfried Graf B r e u n e r
Comraaudo das gleichnamige Dragoner-Regiment, drei weitere Com-
pagnien von Thürheim, nebst einigen Hundert Commandirten verschie-
dener Fuss- und Reiter-Regimenter. — Deutsch-Altenburg, Zaning,
Kapuvar, Raab, Sarvär, Körmend, St. Gotthard nebst einigen kleineren
Schlössern, wie Güssing, Eberau, Landsee u. a. m., waren in den
Händen der Kaiserlichen, welchen gegenüber Emerich Bezeredy in
der Gegend A^on Steinamanger und Güns einige Tausend Kuruczen
versammelt hatte.
Wie alljährlich eröffneten die Aufständischen 1708 die Feind-
seligkeiten mit Angriffen auf die schwache Postirung des Gegners.
Ueberall fast war ihnen das Glück hold. Am 8. Jänner gelang es
ihnen, ein von Oedenburg entsandtes Streif-Commando unter Hauptmann
Gross nördlich Güns, zwischen Rackersdorf und Siegersdorf in einen
Hinterhalt zu locken, wobei dieser Commandant mit 60 Reitern und
80 Fusssoldaten in Gefangenschaft gerieth. — Am 11. Februar fiel das
schlecht verwahrte, mangelhaft verproviantirte und schwach besetzte
Körmend in ihre Hände. Lieutenant Heussern übergab es gegen
freien Abzug an Bezeredy. — Nun wandte sich dieser wieder gegen
Güns, in der Absicht, Ende Februar den kleinen Krieg nach Norden
zu tragen. Nach einem fruchtlosen Anschlag auf das Schloss Lembach
bei Kirchschlag, überstieg er die in der Gegend von Forchtenstein von
den Kaiserlichen angelegten Verhaue und erschien am 2'<. Februar
vor Mattersdorf, dem er an diesem und dem folgenden Tage scharf
zusetzte. — Das Nahen einer vom FML. Nadasdy persönlich von
Oedenburg herangeführten, stärkeren Abtheilung bewog ihn zwar zu
*) Archiv des Ministeriums des Inuern 1708, Nieder-Oesterreicli ; Fase. IV,
H. .3, pag. 17.
1
\
105
fluchtartigem Rückzuge, er wandte aber seine Thätigkeit sofort einem
anderen Gebiete zu. Indess er Kapuvar aus einigen schweren Geschützen
beschiessen Hess, überstiegen seine Schaareu die noch unvollendeten
Linien zwischen Ncusiedel und Pressburg. Ueberall Schrecken ver-
breitend, drangen sie am 19. März, am Namenstage des Kaisers, bis
in die nächste Nähe von Wien '). — Erst nach dem Falle von Kapuvar,
das Hauptmann Lodesano, von der Besatzung dazu gezwungen, über-
geben musste, scheint sich B e z e r e d y mit seinem Gros in der Gegend
von Lebeny und Wieselburg eine längere Rast gegönnt zu haben.
Behaupteten auch die Kaiserlichen, Dank der Verstärkungen, welche
G. d. C. Graf Pälff y vom linken Donau-Ufer sandte, in den nächsten
Monaten auf dem rechten ihre Positionen, so konnten sie nicht ver-
hindern, dass die Kuruczeu die österreichische und die steyrische
Grenze wiederholt überrannten und zahlreiche Ortschaften brand-
schatzten. Das bei Oedenburg und am Haideboden postirte Cürassier-
Regiment Hannover verlor bei verschiedenen Zusammenstössen mit den
Insurgenten im Mai und Juni allein an Todten die Rittmeister Scheneck
und Contreras nebst 200 Mann. Dagegen gelang es dem kaiserlichen
Huszaren-Rittmeister Somody, in der Gegend von Neudorf einen
Kuruczenhaufen zu vernichten ^) und konnte N a d a s d y, wiewohl es
Anfangs Juli in der Gegend von Güns zu scharfen Scharmützeln
kam, Sarvär, ohne vom Gegner gestört zu werden, verproviantiren ^j.
Die Lage der Dinge war nördlich des Stromes, wenigstens zu
Beginn des Jahres, womöglich noch ungünstiger, als jenseits. Das
Gros der kaiserlichen Truppen stand am rechten Ufer der mittleren
und unteren Waag, und zwar von Beckov bis Szered GWM. de V i a r d,
von Tyrnau über Szered, Galantha, die Insel Schutt bis Komorn
FML. Graf Max Starhemberg und GWM. Philipp Michael von
Hartleben. Ein Theil der Reiterei war unter GWM. Graf
') Einige Hundert Kuruczen lauerten um diese Zeit im Wiener-Wald der
Bagage der Prinzessin Elisabeth Christine von Wolffenbüttel-Blankenburg, welche
eben auf der Brautfahrt begriffen war, auf und nöthio-ten sie, umzukehren. „Sollte
unser Hof," schreibt Lamberg aus Linz am 2. April 1708, „bei dieser Beschaffen-
lieit durch fleissiges Patrulliren einer regulirten Miliz den Wiener-Wald von derlei
räuberischer Canaille nicht vorher in genügsame Sicherheit setzen, dürfte ermeldete
Abreise vielleicht wohl noch auf einige Wochen ausgestellt bleiben." H. H. u. St. A.
1708, die Reise der königlich spanischen Braut. (Convolut.)
'^) Thiell an Prinz Eugen, 4. Augu.st 1708. Kriegs-A., Ungarn; Fase. VIII. —
ProtocoU.der Registr. des R. K. M. 1708.
*j Nadasdy an Prinz Eugen, 12. Juli 1708. Kriegs-A., Ungarn; Fase. VITT. 3.
106
S t e i n V i 1 1 e bei Skalitz an der Mareh , einzelne Abtheilungen
unter FML. Frieclrieh Graf Löwenburg waren in Mähren postirt.
Trencsin, Leopoldstadt, dann die festen Orte Illava, Beckov, Waag-
Neustadtl (Vag-Ujliely) und Szered, endlich Pressburg und Theben
bildeten ihre Ötützpuncte.
Ihnen gegenüber hatten die Confiiderirten folgende Winterquartiere
bezogen : Im Trencsiner Comitat, und zwar in Öillein (Zsolna), Puchow,
Bellus, Pruszka, Dubnice und Concurreuz, beiderseits der Waag,
die Infanterie-Regimenter Revay und Winkler und das Cavallerie-
Regiment Luzsinszky. Diese Truppen beobachteten die Pässe von
.laljlunka, Lisza und Wlara, hielten Illava cernirt und streiften
unablässig gegen Trencsin. — An der A^on da nach Nagy-Tapolcsan
führenden Strasse, zu Barat Lehota, Jestraby, Hornany, Ozorovce,
Banovce , Rybeny , Koros , Nitra Zabokreky und Chinoran , stand
die Brigade Ocskay. Zwei zu Banovce stationirte Cavallerie - Regi-
menter hatten die Aufgabe, einerseits über den Pass von Barat
Lehota, andererseits über jenen von Machnac beständig gegen die
Waag zu patruUiren. — In diese Postirung theilweise eingeschoben,
occupirte die Brigade Perenyi die Ortschaften an der von Warmbad
Trencsin (Teplitz) über den Pass von Machnac und Banovce in's
Neutra -Thal führenden Strasse: Petrova Lhota, Motesice, Babota,
Dezerice bis Zay - Ugrocz. Diese sämmtlichen Truppen waren 0 c s-
k a y's Befehlen unterstellt. Im Anschlüsse an sie, war die Brigade
Ebeczky von Nagy-Tapolcsan bis Neutra echelonirt. Sie unterhielt
starke Detachements zu Bajna, Radosnja und Banka zur Beobachtung
von Waag-Neustadtl (Vag-Ujhely), Hradek, Pistyän und Freistadtl
(Galgöcz). — In den Dörfern südwestlich Neutra endlich canton-
nirte die Brigade Stephan Balogh. Sie hatte über Freistadtl und
Leopoldstadt, über Schintau (Sempthe) und Szered, dann von Czabaj
und Mocsonok gegen Sellye und, Avenn der Wasserstand es gestattete,
über die Waag gegen Tyrnau und Pressburg zu streifen, beziehungs-
weise diese Districte zu überwachen.
Als Max Starhemberg im Februar in die Hände einer
streifenden Kuruczen-Partei fiel, übernahm Steinville den ]5efehl
an der Waag, Viard jenen an der March.
Nachdem während des December 1707 völlige Waffenruhe ge-
herrscht hatte, eröffneten die Aufständischen die Feindseligkeiten mit
einem Angriflfe auf die kaiserlichen Quartiere an der Waag, Am
16. Jänner erschien Ladislaus Ocskay mit 2000 Mann und einigen
Geschützen vor dem Städtchen Beckov und nüthigte die Bqsatzung,
eine kleine Abtheilung vom Fuss-Regiment Hasslingen unter Haupt-
107
maun C a s t e 1 1 i, zum Rückzug in das Schloss. O c s k a y brannte das
Städtchen nieder und begann das Castell zu beschicssen, ward aber,
ehe er durchzudringen vermocht, vom GWM. de Viard, welcher eben
mit dem Cürassier-Regimente La Tour und Secula-Huszaren einen
Provianttransport aus Mähren nach lUava gebracht hatte, angegriffen
und trotz seiner namhaften Ueberlegenheit in die Flucht geschlagen.
2 1 5 Todte und 68 Verwundete betrug sein Verlust '),
Ende Februar und Anfangs März, also zur selben Zeit wie auf
dem rechten Donau-Ufer, scheinen auch auf dem linken die Angriffe
der Aufständischen au Lebhaftigkeit zugenommen zu haben. Zahlreiche
Kuruczenhaufen überschritten die Waag, Michael Csaky erschien
vor Waag-Neustadtl, Ebeczky vor Tyrnau, Ocskay mit 6 Regi-
mentern Infanterie und Cavallerie ( 3000 Mann), über Puchow kommend,
vor Wsetin. Es gelang Ocskay, diesen Platz zu nehmen, 600 bis
700 Menschen niederzumetzeln und dem kaiserlichen Cürassier-
Regimente Uhlefeld einige Verluste beizubringen ; auf dem Rück-
marsche aber ward er zwischen dem 8. und 10. März unweit Pruszka
von dem unermüdlichen Viard eingeholt, bei welcher Gelegen-
heit seine Nachhut, die Hayducken Revay's, 400 Todte, viele Ge-
fangene und 8 Fahnen einbüsste ^). Die Einfälle in Mähren für
einige Zeit einstellend, zog Ocskay am linken Waag-Ufer nach
Banka.
Trotz des gegen Ocskay gehabten Erfolges erkannte G. d. C
Graf Palffy die Unmöglichkeit, seine weitausgedehnten Quartiere
bis zum Eintreffen der Verstärkungen zu behaupten. Zudem hatten
die Ereignisse, deren Schauplatz um die Mitte des März das rechte
Donau-Ufer gewesen, Palffy bestimmt, N a d a s d y's wiederholten
Bitten um Verstärkung endlich nachzugeben. Also zog der General
der Cavallerie die Mehrzahl seiner Regimenter auf der Schutt
zusammen. Hannover-Cürassiere und später auch Wolfskehl-Dragoner
wurden in das Wieselburger Comitat beordert. De Viard nahm
Stellung zwischen Ungarisch-Brod und Skalitz. Die Artillerie und der
Train kamen hinter die March. In diesen Positionen gedachte Palffy
*) Pi-otocoll der Registr. des R. K. M. 1708.
^J Es dürfte dies dieselbe x\.ctiuii seiu, vou der, Kriegs-A., Ungarn 1708;
Fase. XIII. 1 berichtet: „Im März machten die Rebellen einen Versuch, das Blokade-
Corps vou Treucsiu zn verstärken. Der Versuch schlug fehl und erlitten die Ungarn
einen Verlust von 600 Todten und 200 Gefangeneu."
108
den weiteren Verlauf der Dinge und die Verstärkungen abzuwarten,
um welche er in Wien dringend gebeten hatte und, sobald die Ver-
hältnisse es erlaubten, die Offensive wieder zu ergreifen.
Statt die Gunst dieses augenblicklichen Verhältnisses in grösserem
Style zu nützen, beschränkte sich die oberste Leitung der Conföde-
ration links der Donau auf eine lebhaftere Führung des kleinen
Krieges. Im Frühjahre war mit Rücksicht auf die Weideplätze eine
neue Dislocirung der conföderirten Truppen erfolgt. Ocskay, jetzt
bei Banka stehend, und Bottvan an der unteren Waag, wurden
durch je 1000 Mann verstärkt.
Die Actionen der nächsten Monate entsprangen hiernach wesent-
lich der Initiative dieser beiden an der Front stehenden Partei-
gänger.
Ocskay, an der Spitze von 4000 Reitern, fiel die Aufgabe zu, Streif-
züge nach Mähren zu unternehmen und die Einschliessung des Schlosses
von Trencsin zu decken, an welche insbesondere im Hinblick auf die
beabsichtigte Invasion Schlesiens geschritten worden war. Mitte Juni —
Viard stand um diese Zeit bei Ungarisch-Brod — blokirte O cskay
neben Trencsin auch Waag-Neustadtl und Leopoldstadt und drang
aufs Neue in die Bezirke jenseits der weissen Karpathen. Anfangs Juli
wieder in Mähren einbrechend und seinen Weg weiters über Wessely,
Skalitz und Brezova nach Verbo verfolgend, eilte er auf die Kunde
von V i a r d's Nahen nach Banka zurück, wo er eine Brücke schlug ;
befürchtend, von ihm angefallen zu werden, heischte er, Brief
auf Brief an Bercsenyi sendend, Verstärkung. Als sie ihm wurde,
versuchte er, seinen Gegner in einen Hinterhalt zu locken; aber
Viard, von Skalitz vorbrechend, entdeckte rechtzeitig die schlecht
gelegte Falle.
Thätiger noch als Ocskay, suchte Betty an sich die nothge-
drungen zuwartende Haltung der Kaiserlichen zu Nutze zu machen.
Nachdem er Mitte Mai die Verschanzungen von Karva-Neudorf hatte
erweitern und die um Neutra gruppirten Truppen am gleichnamigen
Flusse in einem Lager bei Nagy - Suräny zusammenziehen lassen,
bedrohte er Mitte Juni, bei M. Sok (so. Sellye) die Waag über-
brückend, Pressburg und traf Vorbereitungen für die Belagerung von
Szered und Sellye. — Anfangs Juli unternahm er einen Streifzug in die
grosse Schutt (Guta, N.-Megyer) und bedrohte neuerdings Sellye,
Szered und Pressburg. Nachdem sein Unter - Commandant, Oberst
Thuroczy, am 5. Juli Theben überfallen, nahm B o 1 1 y 4 n bei
109
Stampfen Stelluna: und bedrängte von hier aus Pressburj»;, Sraoleuitz
und Blasenstein.
Während dieser Vorgänge an der Front war die Armee der
Conföderation im Sinne von Kakoczi's Kriegs-Programm ziemlich
spät zu Erlau versammelt worden. Das Gerücht, die Kaiserlichen
erwarteten die Ankunft eines ansehnlichen Corps Dänen, bestimmte
den Führer der Aufständischen noch mehr in seiner Absicht, die Armee,
welche ja für die Invasion Schlesiens conservirt werden sollte, in
dieser rückwärtigen Stellung so lange zu belassen, bis er über die
Kräfte der Kaiserlichen im Klaren sein würde. Solches Verhalten
war aber dem Geschmacke der Unterbefehlshaber durchaus zuwider.
Bercsenyi insbesondere drängte energisch zur Offensive, deren
Object die Schutt sein sollte, und klagte, als Käkoczi ihm die
Erfolglosigkeit solchen Unternehmens nachwies, laut: der Fürst hindere
ihn am Handeln.
Die ausgesprochene Regungslosigkeit der Kaiserlichen und das
treffliche Aussehen der conföderirten Truppen bildeten einen solchen
Gegensatz, dass das Geschrei über Verrath immer lauter und zu
einer Gefahr wurde, der nach Räkoczi's Dafürhalten Rechnung
getragen werden musste. Wider Willen und Ueberzeugung zum Auf-
bruche gezwungen, gedachte er den Marsch der Armee so langsam
wie nur möglich einzurichten. Halben Weges schützte er zu solchem
Ende vor, die Bäder von Wyknyi (Vihnye) bei Kremnitz gebrauchen
zu müssen, und als er nach vierzehn Tagen zum Heere zurückkehrte,
geschah es nur, um erneutem Drängen Bercsenyi's, Ocskay's
und B 0 t t y a n's, neue Vorwände und Ausflüchte entgegenzusetzen.
„Ich war sozusagen auf einer gewissen Höhe," so begründet Rakoczi
sein Verhalten, „über welche hinaus ich nicht vorrücken durfte, wollte
ich nicht dem Feinde meine wahre Stärke erkennen lassen, von
deren Grösse seine Ohren widerhallten und welche nicht richtig zu
stellen, ich allen Grund hatte" ').
Bercsenyi, welcher O c s k ay verstärkt hatte, heischte, dass die
Armee sich der Brücke von Banka nähere; Betty an wieder ver-
langte, dass sie ihn unterstütze. Rakoczi wollte weder das Eine,
noch das Andere. Zeit zu gewinnen, besichtigte er zunächst das Corps
Bercsenyi's an der Gran, dann griff er zu dem bewährten Aus-
kunftsmittel aller Führer, welche nichts zu thun entschlossen, zu
einem Kriegsrath. Ocskay ward nach Neuhäusel berufen, wo ihn
Rakoczi in Gegenwart der anderen Generale in das einweihte, was
*) Memoires du prince Frau(;ois Hjikoczi, Tome V. 389.
110
er selbst sein „grosses Project"' nannte : die beabsichtigte Invasion
Schlesiens'). Ocskay fand, dass sich mit diesem Hauptiintcrnchmen
die Verwirklichung seines Lieblingsgedankens, der Angriff auf Via rd,
oder doch wenigstens der Vormarsch der Armee bis an die Brücke
von Banka ganz gut vereinigen lasse. Wenn Rakoczi schon nicht
mit der ganzen Armee auf Viard losgehen wolle, könne er ja von
der Waag aus und von jenem nur zwei Märsche entfernt, ein gut
Thoil zur Einschliessung von Skalitz entsenden. Rakoczi machte
seine Einwände : aber endlich vermochte er doch dem Gekläffe der-
jenigen nicht Stand zu halten, welche meinten, er lasse sich durch
den Rath der Franzosen verführen, welche nicht wollten, dass der
Krieg ein Ende nehme, wie es geschähe, wenn man gegen einen
schwachen und getheilten Feind operirte. Um durch sein Handeln
den Verläumdern nicht Recht zu geben, rückte er abermals vorwärts
und erreichte am 20. Juli mit der Armee Radosna-Banka. Der Lage-
ruugsverhältuisse wegen sah man sich aber genöthigt, die Waag zu
überschreiten und bis Brezova sich auszudehnen.
In allen übrigen Theilen Ungarns beschränkten sich die Auf-
ständischen in der ersten Hälfte des Jahres darauf, die von den
Kaiserlichen besetzten Festungen cernirt zu halten. Da die Besatzungen
bezüglich ihres Unterhaltes vielfach an die Ressourcen der Umgegend
gewiesen waren, ergaben sich Aviederholt Zusammenstösse zwischen
ihnen und den Kuruczen. So kam es in der Gegend von Stuhlweissen-
burg zu zwei scharfen Gefechten; im Jänner, da Obrist Brucken-
thal mit 900 i\Iann von den Garnisonen Ofens und Grans den Cer-
nirungsring sprengte und Proviant in den nothleidenden Platz brachte,
— und im April, wo der Commandant Stuhlweissenburgs, Obrist
Puckel, mit 300 Mann ausfallend, bei Pätka einen Kuruczenhaufen
vernichtete und 122 ausgerüstete Pferde erbeutete*).
') Rakoczi war zu jener Zeit, schreibt Koloman Thaly, in Bezug auf das
Project eiuer Insurgirung Schlesiens und Bölunens mit den Preussen schon völlig
im Keinen. Nach diesem sollten beträchtliche , von l>eiden Theilen zu stellende
Streitkräfte in Schlesien einfallen und sich dort die Hand reichen. „Ocskay Ljiszlo
elete" (1703—1710). Von Koloman Thaly. Budapest 1880. — Dagegen l)ehauptet
J. M. Klement in seinem Memoire an Kaiser Karl VI., Wien, 22. September 1715
(Fiedler, Actenstücke zur Geschichte F. Raköczi's, II. Band, Seite 3): „Der Berliner
Hof verschob seine Beschlussfassung bis zum Ausgange der von Fürst Rakoczi ver-
sprochenen Operationen, welche die Aufständischen durch Schlesien den Branden-
burgischen Staaten nahegebracht haben würden."
*) Protocoll der Registr. des R. K. M., .Juni 1708.
111
Indess Adam Balogh, einer der tüchtigsten Unterbefolilshaber
Rjiküczi's, von dem befestigten Simontornva aus bis Fiinfkirclien,
Essegg und Peterwardein streifen Hess, worunter das Land nicht wenig
zu leiden hatte, brannten jenseits der Donau die Kuruczen, im Ganzen
etwa 10.000 bis 15.000 Mann unter Graf Alexander Käroly i, im Mai
Szegedins Vorstädte nieder. Am 31. Juli bemächtigten sie sich einer
Tschardake in der Nähe Arads, wobei der Ober-Capitain der Kaizen,
Obrist Tököly, in ihre Hände fieP). — Ein Versuch Karolyi's,
sich der Festung Grosswardein durch Verrath zu bemächtigen,
scheiterte au der Wachsamkeit ihres Commandanten, Obrist von
B e c k h e r s. — Erwähnung verdient schliesslich, dass die Escorte
des von Siebenbürgen nach Oedenburg» bestimmten G. d. C Marchese
C u s a n i in der Nähe von Szegedin angefallen wurde, nachdem
früher schon, am 17. Juni, ein zur Deckung dieser Reise von Boros-
Jenö in das obere Körös-Thal entsandtes Streifcommando, bei Jozsas
in einen Hinterhalt gerathen und grösstentheils gefangen genommen
worden war ^).
Ungleich ruhiger verstrich die erste Hälfte des Jahres jenseits
des Kiraly-Hagö, wo das Gros der Kaiserlichen unter Feldmarschall
R a b u t i n in dem Dreiecke Mühlenbach, Klausenburg, Maros- Vasar-
hely überwintert hatte. Des Grafen Mikes Versuche, den insurrec-
tionellen Brand in Siebenbürgen neu anzufachen, hatten wenig oder
gar keinen Efolg. — Die einzelnen Banden, welche namentlich im
Osten des Landes ihr Unwesen trieben, zählten zusammen kaum
1000 Mann. Die Belagerung und Einnahme des letzten von den Auf-
ständischen noch behaupteten festen Punctes Görgeny, im obersten
Maros - Becken, war das einzige grössere Unternehmen in Sieben-
bürgen.
Obristlieuteuaut Acten vom Dragoner - Regimente Rabutin
erschien am 15. Jänner mit einem Belagerungspark von 4 Fal-
kaunen, ebensovielen Mörsern und 6 Feldgeschützen vor der Veste.
Zwar machte der Batteriebau rasche Fortschritte und fasste der
Belagerer schon am 19. Jänner 125 Schritt vor dem Thore Posto,
— aber um so langsamer gestaltete sich wegen der Schwierig-
keit des Bodens der unterirdische Angriff. Erst Anfangs März
scheint das Castell in die Hände der Kaiserlichen gefallen zu
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. VIII. 8.
*) Kriegs-A., UngaiTi 1708; Fase. VII. 2.
112
sein'). Nachdem Obristlieutenant Monticelli im Aranyos-Thale ver-
schiedene Kuruczenhaufen aufgerieben und die das ganze Land durch-
streifende Reiterei den vieltach auftauchenden Räuberbauden scharf
zugesetzt hatte, trat bald allgemein ziemliche Ruhe ein. Die Laudes-
bewohner kehrten zu ihren Hütten zurück und bestellten, in manchen
Bezirken seit Jahren das erste ]Mal, wieder ihre Felder.
Eröffnung der Operationen seitens der Kaiserlichen.
Wiewohl die ungünstigen Nachrichten aus West-Ungarn ganz
geeignet waren, in AVien die traurigen Erfahrungen der vergangenen
Jahre in die Erinnerung zurückzurufen und damit die Rüstungen für
Ungarn möglichst zu beschleunigen, nahmen diese dennoch einen so
langsamen Verlauf, dass Heister's Truppen selbst Anfangs Juli 1708
noch nicht völlig operationsfähig waren. Die Entwicklung, welche um
diese Zeit die Dinge in West-Ungarn zu nehmen drohten, bestimmte
den Feldmarschall, sich endlich persönlich auf den Kriegsschauplatz
zu begeben.
Leider hat der kaiserliche Ober - General für Ungarn nichts
hinterlassen, was Aufschluss zu geben vermöchte, wie er selbst über
die Lösung der ihm gewordenen Aufgabe dachte. Seine sehr seltenen
Berichte, im Laufe des Feldzuges erstattet, enthalten fast nie An-
deutungen über seine Absichten und nur spärliche Notizen über seine
Thaten. Die Geschichte des ungarischen Feldzuges in der zweiten
Hälfte des Jahres 1708 weiset daher sehr beklagenswerthe, Aveil unaus-
füllbare Lücken auf^).
Sein plötzliches Erscheinen in Ungarn markirt einer jener Ritte,
die sich im Laufe des Feldzuges häufig und meist ohne nennenswerthen
') Kriegs-A.. Ungarn 1708: Fast-. I. 14 und II, 8. — Protokoll der Registr. des
R. K. M. 1708.
Nach einem Aufsätze Jakob Elek's im „Szazaduk", X\'1I. Jalirjj;aug, 5. Heft:
„Görgenyvär es a görgenyi kastely a multakban" fiel Görgeny im Jahre 1708 nach
siebenmonatlicher hartnäckigeu Vertheidigung durch Stefan Ratuni, welcher .sel))st
hiebei mit vielen Getreuen umkam. Nach derselben Quelle verloren die Kaiserliilicn
bei dieser Belagerung 800 Mann und wurde das Schloss von Rabutin bis auf den
Gnuid zerstört. — „Foldmarscliail Rabutin," berichtet aber Graf Sinzendorft' schon
am 11. Juli aus Wien an Prinz Eugen, „ist endlich vor einigen Tagen in Wien
eingetroffen." Kriegs. -A., Niederlande 1708; Fase. VII. 46.
*) Ende Juli noch klagt Hofkricgsrath Thiell dem Prinzen Eugen, dass Niemand
wisse, was der Feldmarschall beabsichtige. Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. VIII. 8.
Trotz wiederholter Auffordeiningen zu eingehender Berichterstattung, blieb Heister
während der ganzen Campagne gleich wortkarg.
113
Erfolg wiederholend , can die Truppe die äussersten Anforderungen
stellen, seiner Kriegführung aber den Charakter der Unstäthcit, Ab-
gerissenheit und Zusammenhanglosigkeit geben. Nachdem er die Regi-
menter Wolffskehl, Hohenzollern, Demetri und 8 Compagnien Breuner-
Dragoner an der unteren Raab rasch vereinigt, scheint der Feldmar-
schall diesmal in die Raabau gezogen zu sein und die Aufständischen
gegen den Bakonyer Wald gedrängt zu haben *).
Während Heister auf dem rechten Donau-Ufer weilte, hatte
R a k o c z i, wegen Mangel an Kriegsmaterial ausser Stande, eine
grössere Belagerung zu unternehmen, den Oberst La Mothe mit
dem Feldbelagerungs-Park (Feldgeschütze und Mörser) entsendet, das
Schloss von Cachtitz (Csejthe) zu bezwingen, das Starhemberg im
Vorjahre weggenommen hatte. Es fiel binnen 24 Stunden. Da Waag-
Neustadtl (Vag-Ujhelj), das vom rechten Flügel seiner Armee nur
eine Stunde entfernt, sich zu stark zeigte, um mit Erfolg angegrifi'en
werden zu können, gab der Fürst, von allen Seiten zum Handeln
gedrängt, nach neuerlichen stürmischen Verhandlungen zu Verbo,
endlich dem Drängen derjenigen nach, welche für den Angriff auf
V^iard stimmten. Dass man die Stärke des Letzteren auf 4 Reiter-
Regimenter (Uhlefeld, Latour, Althan und Schönborn), zusammen
3000 Mann, einige Escadronen Raizen und 2500 Mann mährischer
Milizen veranschlagte und dieses Corps bei Strassnitz an der March
in einer sehr starken Stellung wusste, machte es gerathen, mindestens
6000 bis 7000 Manu der besten Truppen zu dem Zuge zu verwenden.
Also stellte R a k 6 c z i aus sämmtlichen Gutberittenen der Cavallerie
ein Corps zusammen und gab die Zusicherung, mit der Lifanterie, mit
Mörsern und Petarden zu folgen, wenn es gelänge, Skalitz und darin
auch V i a r d einzuschliessen. Das Ober-Commando dieses Reiter-Corps
ward über B e r c s e n y i's Fürsprache P e k r y anvertraut, dem damit
Gelegenheit geboten werden sollte, sich auszuzeichnen. O c s k a y und
Babocsay fungirten als Flügel- Commandanten.
Von seinem Ritt gegen den Bakonyer Wald am 26. Juli nach
Pressburg zurückgekehrt , scheint Heister hier von der V i a r d
drohenden Gefahr Kunde erhalten zu haben. Rasch concentrirte er
5000 Reiter, mit denen er am 27. nach Skalitz aufbrach, das er nach
einem Marsche von mehr als 80^™ am 28. erreichte.
So wie das Detachement Pekry's, das am 25. Juli von Verbo
abgerückt war, vermuthlich von Strassnitz kommend, dem Städtchen
Skalitz sich näherte, formirte sich Viard unter dessen Mauern zum
M Kriegs-A., Ungaru 1708; Fase. VII. 3.
FeldzOge des Prinzen Eugen von Savoyen. II. Serie, I. Band.
114
Geiecht. Pekry marsehirte auf, ohne aber zu beachten, dass sich
zwischen seinen beiden Treffen ein tiefer Graben hinzog. In dieser
Situation hielt man sich vom Morgen bis zum Nachmittage im Auge.
Als endlich Ocskay, welcher das zweite Treffen befehligte, Pekry
das Gefährliche jenes trennenden Grabens vorstellte, sei es, dass man
selbst zum Angriff überging, oder dass der Feind damit zuvorkam,
Hess Pekry, dies wohl einsehend, aber nicht genug würdigend, das
erste Treffen Kehrt machen und auf der Strasse defiliren. Sofort
ging Viard zur Attaque vor. Pekry, eingedenk des vom Fürsten
erhaltenen Auftrages, sich ja nicht schlagen zu lassen, dachte nur
mehr an seinen Rückzug, den er mit Aufopferung seiner Nachhut
glücklich bewerkstelligte. Der effective Verlust war sonach nicht
beträchtlich, um so grösser aber die moralische Einbusse, welche der
beste Theil der conföderirten Cavallerie durch den fluchtartigen
Rückzug erlitt.
Während dieser Vorgänge bei Skalitz-Strassnitz hatte Räkoczi
zu Brezova durch einen Deserteur von Leopoldstadt erfahren, dass
dieser Platz in üblem Zustande und von nur 200 Mann besetzt sei,
welche der angestrengte Wachdienst geradezu aufreibe. Diese Sach-
lage unverzüglich auszunützen, wollte der Fürst mit der ganzen Infan-
terie vor Leopoldstadt rücken, drei Brücken über die Waag schlagen
und noch einige Mörser von Neuhäusel heranzielien, den Platz durch
ein Bombardement zu bezwingen ; aber der Zufall wollte es, dass
Räkoczi's Haushofmeister Ottlyk und Andere, welche in Trencsin
Verbindungen unterhielten, zur selben Zeit Kunde bekamen, das dortige
Schloss sei knapp daran, sich aus Hunger ergeben zu müssen. Viard
sei beauftragt, es mit Lebensmitteln neu zu versehen; vermöchte man
dies zu verhindern, wäre der Gouverneur gezwungen, sich zu ergeben.
Diese Nachricht verdrehte alle Köpfe und machte sie zu Gegnern des
Anschlages auf Leopoldstadt. Viard könne nur mittelst einer Brücke
oder mittelst einer Furt in die Stadt gelangen, behauptete man ; die
erstere könne, weil unbesetzt, vei'brannt, die letztere verschanzt werden.
Man brauche nur dahin zu rücken, um sich des Schlosses zu be-
mächtigen, dessen Besitz die Invasion Schlesiens in jedem Bezüge
sehr erleichtern würde. Umsonst machte Rakoczi geltend, dass die
Kaiserlichen nur auf Leopoldstadt zu marschiren, Neutra zu bedrohen
und die Armee von ihren Magazinen abzuschneiden brauchten, um
die Conföderirten zum Aufgeben der Unternehmung gegen Trencsin
zu zwingen. Umsonst! Bercsenyi, an der Spitze der Officiere
dieses Comitats, glaubte sich schon Meister des Schlosses. Leopold-
stadt, ward eingewendet, habe schon zwei unglückliche Schlachten
115
veranlasst; nichts sei gewisser, als dass die Cavalleric sofort aus-
einanderlaufen würde, so wie sie von dem Plane, es zu belagern, Wind
bekäme; denn sie wolle niclit längere Zeit in Untbätigkeit verbarren.
Endlicb könnten die Leute, welcbe diese Unternehmung nabelegten,
nur vom Feinde Gewonnene sein. Da im Kriegsrathe nur Baron Vay
R ä k 0 c z i beistimmte , gab dieser nach zweitägigen stürmischen
Auseinandersetzungen endlich seine EinAvilligung zum Marsche nach
Trencsin.
Bottyan ward angewiesen, mit seinen Truppen an der Waag
zu bleiben. O cskay, mit zwei Regimentern noch jenseits der kleinen
Ivarpathen stehend, hatte den Feldmarschall Heister zu beobachten
und im weiteren Verlaufe die Verbindung zwischen der Armee und
den Truppen Betty an's aufrecht zu erhalten. Oberst La Mothe
ward mit einer Infanterie-Brigade von Verbö Waag-aufwärts entsandt,
die Trencsiner Furt zu verschanzen, die Brücke zu verbrennen und
ein Lager auszumitteln. Noch am selben Abende, 30. Juli, gewann
das Gros der Infanterie,- die Artillerie und der ganze Train mittelst
der Brücke von Banka (Pistyan-Moravan) das linke Waag-Ufer, auf
welchem es bis Luka rückte, während die Cavallerie am nächsten
Morgen eine Furt bei Csejthe benützend, einen Marsch gewann. Der
gesammte Train wurde der grösseren Sicherheit halber auf dem
weiten Umwege über Stara und Nova-Lehota, Bajna und Nagy-
Tapolcsän nach Trencsin dirigirt.
Am Frühmorgen des 31. Juli setzte die Infanterie den Vor-
marsch bis Rakolub südlich Beckov fort, das sie am folgenden Tage
stürmen wollte. Da aber die Recognoscirung ergab, dass das damit
verbundene Blutvergiessen nicht zu rechtfertigen wäre, liessRakoczi
die Truppen am 1. August rasten. Am 2., wahrscheinlich schon im
Weitermarsche gegen Trencsin begriffen, erhielt er von La Mothe
die Meldung, die Furt, welche er hätte verschanzen sollen, würde
von den rechten Thalbegleitungshöhen beherrscht; die Brücke zu vor-
brennen, könne er gleichfalls nicht wagen, denn da Viard bereits
im Anmärsche, könnte die Brigade leicht abgeschnitten werden.
Die Hoffnung, V i a r d's Proviantirungsversuch verhindern zu
können, schwand im Laufe des Tages gänzlich. Viard war in der
That am 1. August, mit einem schon seit Mitte Juli vorbereiteten Ver-
pflegstransport von 300 Wagen, von Ungarisch-Brod gegen Trencsin
aufgebrochen, das er über Banow, Hrosenkau und Drietoma mar-
schirend, am Spätabend des 2. August glücklich erreichte. Dass es
unnütz wäre, den neuverpflegten Platz zu bombardiren, ward nun im
Hauptquartier Räküczi's allgemein anerkannt. Es erübrigte nichts.
]
116
als ein Lager, beziehungsweise eine Stellung zu wählen, in welcher
man abwarten konnte, was die Kaiserlichen unternehmen würden.
Raköczi entschloss sich, die Armee nicht, wie LaMothe vor-
schlug, in der Thalniederuug, sondern der Sicherheit halber und um
mit dem Train leichter communiciren zu können, auf den sanft ab-
fallenden Begleituiigshöhen des linken Waag-Ufers und gleichlaufend
zum Flusse, das Lager beziehen zu lassen. Die Truppen hatten hienach
eine Oertlichkeit inne, welche durchzogen werden musste, ob man nach
Schlesien raarschiren oder sich mit der Bagage vereinigen wollte. Den
Schwierigkeiten des von Gräben und Schluchten allenthalben zer-
rissenen Bodens, meinte der Fürst theils durch Verbindungsbrücken,
theils durch Ausfüllungen abhelfen zu können.
Indess die Armee vor Trencsin rückte, hatte Ocskay in
Erfahrung gebracht, dass Heister sich von Skalitz gegen Ungarisch-
Brod gewandt. Sein weiteres Verbleiben westlich der kleinen Kar-
pathen für überflüssig erachtend, Hess Ocskay hier nur ein kleines
Detachement unter Blaskovich zurück, passirte bei Moravan die
Waag, entsandte S z a 1 a y in die Gegend von Neutra und rückte mit
seinem Regimente, den Train der Armee zu decken, nach Strieze
(zwischen Baan und Nagy - Tapolcsdn), in dessen Umgebung sein
Regiment bereits am 4. August cantonnirte.
Die SchlacM von Trencsin, 4. August 1708 ')•
Als Heister Kunde erhielt, dass Räk6czi Anstalten treffe, das
rechte Waag-Ufer bei Banka zu räumen, ordnete er für den 2. August
den Marsch nach Waag-Neustadtl an, das er am Abende desselben
Tages erreichte und wo er erfuhr, die Conföderirten seien einige
Stunden früher abgezogen. Sofort gab er dem G. d. C. Graf Palffy
Befehl, mit dem Dragoner-Regimente Bayreuth und den Raizen die
Waag zu durchfurten und dem Gegner zu folgen -). Palffy erreichte
noch dessen Nachhut, das Hayducken-Regiment Winkler, hieb den
grössten Theil derselben nieder und sandte 80 Gefangene nach Waag-
Neustadtl zurück. Ihre einhelligen Aussagen, Raköczi habe weder
Infanterie noch Artillerie bei sich, bestimmten Heister, in der Ab-
sicht, ,,dem Feind einen Streich anzuhängen", auch mit den übrigen
Truppen die Waag zu übersetzen imd gegen Trencsin vorzugehen.
Er rückte am 3., den Fluss durchfurtend, nach Beckov und schob am
I
») Siehe Tafel I.
*) Theatmm Europaeuin, XVIII. li<\. Kriegs-A., Uugarn 1708; Fase. VIII. 5.
117
4. seine Vorhut unter Palffy Waag-aufwärts. Dieser stiess im Defil6
der Cervena-Hora (Rother Berg) auf ein Detachement von 150Kuruczen,
das Bercsenyi hier aus Vorsicht zurückgelassen, und folgte demselben
auf dem Fusse über Rizvadlo nach Szedlicsna. Hier sah er zu seiner
Ueberraschung nicht blos die Cavallerie, sondern die ganze con-
föderirte Armee in Schlachtordnung vor sich.
Auf die Meldung, dass man aus der Richtung vom „Rothen Berge"
Schüsse höre, hatte Rakoczi, der früher schon von Heisters Ein-
treffen zu Waag-Neustadtl Kunde erhalten, sofort Generalmarsch schlagen
lassen. Die Weitläufigkeit des Lagers und die herrschende Unordnung
erlaubten indess nur mit vieler Mühe die Schlachtordnung zu formiren.
Die Armee sollte ä cheval der von Trencsin nach Barat-Lehota
führenden Strasse, und zwar mit dem linken Flügel in der Gegend
von Turna und Hamry, mit dem rechten wahrscheinlich östlich von
Bela Stellung nehmen, der Fürst beauftragte Bercsenyi, den rechten
Flügel der Cavallerie zu rangiren, er selbst besichtigte den ungleich
schwerer herauszufindenden linken. Am Fusse der Höhe, auf welcher
er Stellung nahm, lag ein Dorf (aller Wahrscheinlichkeit nach Turna),
zu welchem man, da der Hang mit Buschwerk bedeckt, leicht hinab-
steigen konnte. Auf dem Kamme dieser selben Höhe, zog sich ein
Graben hin, dessen Ende aufgezogen war und die Infanterie der Con-
föderirten gut deckte. Zur Unterstützung derselben wurde auf einer
kleinen Wiese, hinter ihr, die fremde Cavallerie postirt. Die ziemlich
breite Hauptstrasse durchschnitt das Ceutrum, wo Rakoczi seine
besten Reiter-Regimenter und 14 Geschütze Stellung nehmen Hess.
Da ausser dieser Weite der Hauptstrasse, Alles von Gräben und
Schluchten durchschnitten war, glaubte der Fürst nichts Besseres
thun zu können, als sechs seiner Carabinier-Escadronen auf einer
dahinter liegenden Anhöhe eine Reservestellung beziehen zu lassen ').
Nach den Anjjaben Georg" 0 1 1 1 v k's zählte die conföderirte Armee
reichlich 8000 Mann Infanterie, nicht viel weniger an Cavallerie und
14 Feldgeschütze *).
Indess die Vorhutspitze der Kaiserlichen dem Feinde bis Turna
nachdrängte, marschirte ihr Gros nächst Szedlicsna, Front gegen den
Wald von Hamry, auf. Von hier aus erkannte man, dass man die
Conföderirten in sehr starker Stellung vor sich habe, dass die vom
*) M^moires du priuce Frau^ois RAkoczi, Tome V, 402.
*) Tagebucli des Georg Ottlyk, „Momimenta Hungariae Historica" XXVII. Band,
108 Ijis 112. Nach audereu Qnelleu 20.000 Ijis 22.000 Manu.
118
.Tavorve-Berge gegen Sztankovszke, Szedliesua und Turna liinabstrei-
chenden Rücken für geschlossene Reiterei nicht benutzbar, dass sich
aber östlich der von Turna nach Trencsin führenden Strasse, ein für
alle Waflfen gangbares Hügelland hinziehe. Da ein Angriff der feind-
lichen Stellung unmöglich schien , ein Rückzug durch das 7000 bis
8000 Schritt lange Defilc am Fusse des ,,Rothen Berges" gefährlich
war und auf den vortrefflichen Geist der Truppe nur schädigend
wirken konnte, gedachte Feldmarschall Heister den Marsch nach
Trencsin, an der feindlichen Front vorbei, fortzusetzen. Die weitere
Bewegung in dieser Richtung führte in die etwa 5000 Schritt breite
Thalebene, welche theils bebaut, theils mit Wiesen bedeckt, für Reiterei,
aus welcher Heisters Colonne fast auschliesslich bestand, verhält-
nis.'imässig gut gangbar ist. Die geringe Manövrirfähigkeit des Gegners
Hess den Flankenmarsch ziemlich gefahrlos erscheinen. Derselbe führte
zudem nach Trencsin, wo man sich mit Viard vereinigen und wieder
verpflegen konnte.
Diese Bewegung zu erleiclitern , scheinen die Kaiserlichen aus
der Grundstellung bei Szedlicsna zunächst gegen den äussersten linken
Flügel R ä k 6 c z i's demonstrirt zu haben, denn dieser berichtet :
..Ich hatte geglaubt, der Feind wollte mich in der Flanke fassen,
indem er ein mit hochstämmigem Wald bedecktes Thal benützte. Um
mich zu sichern, detachirte ich drei Bataillone dahin."
So wie Heister annehmen konnte, dass die Demonstration
gewirkt habe , vollführte er einen Frontmarsch , wobei sein rechter
Flügel Direction auf Turna nahm. Dort angekommen , machte das
Ganze „links um" und schlug die Richtung auf Trencsin ein, ein
Manöver, bei welchem die Regimenter, in der vielfach durchschnittenen
Thalsohle längs der feindlichen Front defilireud und ihr die Flanke
bietend, etwas auseinander gekommen zu sein scheinen.
Als Räköczi solches gewahrte, glaubte er, seine Cavallerie
vom rechten Flügel könnte den Kaiserlichen, die sie vollkommen über-
ragte, durch eine Viertel-Schwenkung in die Flanke fallen, indess er
in das Dorf (Turna") drei Bataillone hinabsteigen liess, um sich in den
Hecken einzunisten und die Cavallerie, sowie sie konnten, zu unter-
.stützen. Pekry, welcher den rechten Flügel commandirte , erhielt
Befehl, dieses Manöver auszuführen. Alsbald setzte dieser seine Reiter
in Bewegung und passirte, sie einzeln defiliren lassend, einen zer-
rissenen Teich-Damm. Als er aber auf der anderen Seite aufmarschirte,
stellte ihm der Brigadier Ebeczky vor, dass Räkoczi die Boden-
beschaffenheit offenbar nicht kannte, als er jenen Befehl gab, und dass
dieser zerrissene Damm hinter ihnen sehr unvortheilhaft wäre. Pekrv,
119
liieduroli besorgt gemacht, gab rlen Angriff auf, Hess seine Escadronen
auf demselben Wege zurückgehen und dem Fürsten die Schwierig-
keiten melden, welche er in Ausführung des Befehls begegnet hatte.
Pekrv's klägliches Manöver war dem scharfen Auge des
Gr. d. C. Grafen Palffy nicht entgangen; es veranlasste ihn, gegen
Heister die Bemerkung zu machen, dass die Haltung dieser Cavallerie
keine sehr feste zu sein scheine; sie zu befühlen, könnte man ohne
Gefahr die Raizen gegen sie entsenden und sie durch ein oder zwei
Schwadronen unterstützen.
Heister stimmte bei. Indess die Raizen, gefolgt von zwei
Schwadrone«, gegen den linken, von Ebeczky befehligten Flügel
P e k r y"s vorgingen, passirte Palffy mit der Spitze des linken
Flügels der kaiserlichen Reiterei einen, die Strasse nach Trencsin
traversirenden Graben und stürzte sich, so wie zwei Compagnien Althan-
Dragoner ihn übersetzt hatten, mit solchem Ungestüm auf Pekry's
rechten Flügel, dass dieser, ohne die Attaque anzunehmen, Kehrt
machte. Nun warf sich Palffy auf die so entblösste rechte Flanke
Ebeczky's und brachte auch diesen zum Weichen'). Im Nu, die
Action hatte, nach Pälffys Bericht, kaum '/^ Stunde gewährt, war
der ganze Rücken von Räkuczi's Schlachtfront mit Flüchtlingen
bedeckt, welche theils in südlicher, theils in südöstlicher Richtung zu
entkommen suchten.
Die Kaiserlichen, über diesen Anblick nicht wenig erstaunt,
fassten hocherfreut die Fliehenden sofort im Rücken. Sie trieben zu-
nächst die conföderirte Cavallerie gegen die Hügel und Wälder von
Barat-Lehota und wandten sich dann dem Fussvolke und der Artil-
lerie im Centrum zu.
Während Heister den Flankenmarsch gegen Trencsin aus-
führte, war Raki')czi, die Verbindung zwischen seinem Haupttreffen
und der Reserve besser kennen zu lernen, auf die Höhe gekommen,
wo seine Carabiniere Aufstellung genommen hatten. Er traf hier
B e r c s e n y i , welcher bei solchen Anlässen , wie er kaustisch
bemerkt, gewöhnlich „embarrasse de sa personne-' war. Er theilte
*) Nach K<alinovics' Angaben hätte Palffy (Turch eine verstellte Flucht Pekiy
aus seiner starken Stellung gelockt und zii hitziger Verfolgung gereizt. Sowie die
Kuruczen in der Ebene, hätte Palffy plötzlich wieder frontirt und mit geschlossener
Reiterei attaquirend, die Verfolger zurückgeworfen. Koloman Thaly. Fovarosi Lapok 1864.
120
ihm die Dispositionen, welche er getroflfen, mit, dachte aber nicht im
Entferntesten daran, von den Kaiserlichen, die er auf etwa 2000 Reiter
und einige Compagnien Kaizen veranschlagte, angegriffen zu werden.
Von B e r c s e n y i auf die offensive Bewegung derselben aufmerksam
gemacht, eilte er sofort zum Centrum. Die dort aufgefahrenen Geschütze
setzten sich ins Feuer und die an der Hauptstrasse aufgestellte
Cavallerie wies zunächst einen Angriff ab. Als R a k 6 c z i sah, wie
sich der ganze rechte Flügel auflöste und zur Flucht wandte, glaubte
er derselben mit seiner Carabinier-Rerserve noch steuern zu können.
Sich ihr nähernd, nahm er wahr, wie die Tete dieses Regiments sich
eben anschickte, abzuziehen. Nun eilte er, ohne die Bodenbeschaffenheit
zu berücksichtigen und ganz seinem Pferde vertrauend, jenes aufzu-
halten. Im Begriff, einen dritten Graben zu übersetzen — zwei hatte
es schon glücklich genommen — rollirte sein Thier und brach sich
das Genick, Rakuczi hatte sich auf die Seite geworfen und war
in Folge dessen mit einer starken Contusion am linken Auge davon-
gekommen. Bewusstlos ward er von seinem Gefolge vom Schlachtfelde
weg und in einen benachbarten Wald in Sicherheit gebracht.
Im Augenblicke des Sturzes hatte ihn noch eine andere, nicht
geringere Gefahr bedroht. Joseph E s z t e r h a z y, der Inhaber des
kaiserlichen Huszaren-Regimeuts gleichen Namens, hatte Rakuczi
inmitten des verworrenen Knäuels der Kuruczen erblickt und war
Dank der ungarischen Adjustirung seiner Leute, im Augenblicke von
Raköczi's Sturz, diesem mit sechzig seiner Leute bis auf 50 Schritte
nahe gekommen. Nur der Umstand, dass die kaiserlichen Huszaren
jene zwei Gräben, welche das Pferd des Fürsten mit Leichtigkeit
genommen, nicht zu überspringen vermochten, rettete Räköczi vor
der Gefangenschaft, In dem Handgemenge, das nun folgte, entging
Eszterhazy nur durch die Aufopferung eines seiner Officiere, des
Lieutenants R e d 1, dem sicheren Tode *),
Auch das conföderirte Fussvolk hielt nur sehr kurze Zeit Stand.
Als der Schreckensruf: „Der Fürst ist gefallen!" mit Blitzesschnelle
durch die Reihen flog und allgemein dahin gedeutet wurde, dass er
todt sei, hörte jeder Widerstand auf. So kam es, dass von der bei den
Geschützen postirtcn Infanterie etwa 3000 Mann zusammengehauen,
ungefähr 500 aber gefangen genommen wurden ^).
Nicht besser erging es dem Palast-Regimente, das im Walde
von Hamry eine gedeckte Aufstellung bezogen hatte, aber von seinem
') Koloman Thaly, Fövärosi Lapok 1864.
') Ts^tsi des Jüngeren Monats-Chronik über die Ereignisse im Rakoczischen
Kriege 1703— 1709. Mouumenta Ilungariae Historica, XXVII, Band, 362—364.
121
Commanclanten, Johann Szt.-I vä,nyi, von dort herausgeführt und nun
von den Kaiserlichen zum grössten Theil niedergemaclit wurde. Der
Rest wurde als kriegsgefangen^ einer Heerde gleich, nach Trencsin
getrieben.
Nur Baron Nicolaus Perenyi und ürban Cz eider hielten mit
ihren Infanterie-Regimentern, welchen sich das dem Trencsiner Comi-
tate entstammende Reiter - Regiment Alexander Luzsinszky anschloss,
noch einige Zeit Stand, hiedurch einen Theil der Kaiserlichen fest und
von der Verfolgung ab. Schliesslich mussten auch sie erschöpft und
furchtbar zusammengeschmolzen — Kalinovics spricht von kaum
50 Mann — die Wahlstatt räumen, in den Wäldern und Bergen Schutz
und Rettung suchend*). Einzelne Abtheilungen Heisters verfolgten
die Conföderirten viele Meilen weit ^). Das Blutbad, das die Kaiser-
lichen unter den Fliehenden anrichteten, währte an drei Stunden und
war ungemein mörderisch. 6000 Mann, darunter Brigadier L a M o t h e
mit vielen Franzosen, wurden getödtet, 500 Mann gefangen, 50 Fahnen,
2 Paar Pauken, 14 Greschütze und Massen von Waffen erbeutet^),
500 Kuruczen gingen zu den Kaiserlichen über, der Rest zerstob *).
Rakoczi war, nachdem er wieder zum Bewusstsein gekommen
und erfahren, dass Alles verloren sei, mit wenigen Getreuen über die
steilen Berge im Süden der Wahlstatt gegen Zlatnik geflohen. Von
hier aus erreichte er mit einigen Hundert Versprengten, die sich
unterwegs zusammengefunden, über Nagy-Tapolcsän am Spätabende
Streda (Nyitra-Szerdahely), wo das Nachtlager aufgeschlagen ward.
Was sich hier gesammelt hatte, war von den Geschehnissen des
Tages so entsetzt und betäubt, dass an Sicherheits-Vorkehrungen gar
nicht gedacht wurde.
In solcher Verfassung fand B o 1 1 y ä n, auf dem Marsche von
der unteren Waag zur Armee begriffen, deren Hauptquartier. Bei
') Kolomaii Thaly, Fövarosi Lapok 1864.
^) Tsetsi des Jüngeren Monats-Chronik. Moniimenta Hunorariae Historica,
XXVII. Band.
^) Die verlässlichste Angabe, meint Koloman Thalv, Fövarosi Lapok 1864, dürfte
die des Pressburger „Deutschen Journals" sein, welches in seiner Nummer vom
19. August 1708 den Bericht eines vollkommen verlässlichen Zeugen, des Pfarrers
von Trencsin, anführt. Derselbe hatte die Gefalleneu selbst gesehen und beziftert
sie mit 3000 Mann. — Dass damit nur jene gemeint sind, welche das Schlachtfeld
bedeckten, nicht aber auch jene, welche in den Wäldern verendeten und während
der Verfolgung getödtet wurden, liegt auf der Hand. — Die Zahl der Gefangenen
l>etrug nach demselben Gewährsmann 400. Der Verlust der Kaiserlichen wird mit
1000 Mann, zum grössten Theile Raizen, angegeben.
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. VIII. 4, 5, 22.
122
Neutra auf die ersten Fliu'litHiio;e stossend . war er mit 600 seiner
beptberittenen Leute ohne Aufenthalt vorfi;eeilt. Sofort traf er Vor-
kehrungen zum Schutze des Ortes und der Neutra-Brücke und ent-
sandte er Streif-Commanden über Nagy-Tapolcsän gegen Trencsin,
Nachrichten über den Feind einzuholen. Inzwischen hatte aber auch
Bercsenyi, welcher Streda gegen Morgen erreichte, die Abtheilungen
O c s k a y's alarmirt und ihn von Strieze gegen Banovce vorge-
schoben, die Kaiserlichen von weiterer Verfolgung abzuhalten.
Der grösseren Sicherheit halber setzte das Hauptquartier am
5. den Rückzug, statt im Neutra-Thale, in der Richtung auf Kis-
Tapolcsan fort, wo eine grössere Zahl Versprengter zusammentraf und
dem Fürsten die geretteten Fahnen der zerstobenen Bataillone zu
Füssen legte.
In dem Kriegsrathe , welcher nun hier gehalten wurde , ward
Bottyan mit der Aufgabe betraut, mit allen noch vorhandenen Streit-
kräften — zwei Cavallerie - Brigaden , zusammen 4000 jMann — auf
Neuhäusel gestützt, einerseits die siegestrunkenen Kaiserlichen aufzu-
halten, andererseits die zerstreuten Truppen zu sammeln und zu for-
miren. Der letzteren Aufgabe sollte auch Bercsenyi zu Garam (an
der Gran) obliegen, wohin er unverzüglich zu eilen hatte. — Anton
Eszterhazy ward angewiesen, mit so viel Kräften als möglich
gegen Wien vorzustossen, überhaupt die Kaiserlichen möglichst in
Athem zu halten. In alle Comitate flogen noch selben Tages die
Staffelten mit der Ausschreibung allgemeinen Aufgebots. — Der Fürst
eilte gleichfalls am 5. gegen Erlau, wohin die Stände berufen wurden,
neue Mittel des Widerstandes zu schaffen.
Heister, am Nachmittage der Schlacht zu Banovce Halt machend
und am 5. die Verfolgung über Nyitra-Szerdahely wieder aufnehmend,
scheint über die Richtung, welche Raköczi eingeschlagen, nicht
gleich im Klaren gewesen zu sein ; denn erst am 6. August, um 2 Uhr
Nachmittags, traf er — zu spät — in Kis-Tapolcs4n ein.
Nachdem er seinen Reiter- Regimentern einige Ruhe gegönnt,
führte er sie, ohne des Gegners weiter ansichtig zu werden, über
Nagv-TapolcsAn, das Neutra-Thal abwärts nach Guta, wo sie am
10. August anlangten. Kurz vorher war sein Fussvolk und seine
schwere Artillerie in der Gegend von Sellye und Szered eingetroffen.
Das dänische Corps stand noch in Pressburg ').
Der 4. August 1708, ,,in der ganzen Periode Franz II.
Raköczi der allerunglücklichste Tag'''), hatte für die ungarische
') Theatnim Europaenni.
*j Kolonial! Thaly, Fövarosi Lapok 1864.
123
Conföcleration die schlimmsten Folo^en einer verlorenen Schlacht. Der
schmähliche Verlauf dieser Haupt-Action, die all<2;emeine Panik vor dem
Zer.stiiruno^s-Acte, die VerAvundung Rakuczi's und Bercsenyi's, der
Tod der aiisgezeichnetsten Officiere, die enorme Einbusse an Mann-
schaft — 37Vo des streitbaren Standes — der Verlust der gesammten
Artillerie und des ganzen Trains, das förmliche Zerstieben der schön-
sten Ai'mee, welche Rakoczi, nach seinem Ausspruche, je besessen;
das plötzliche Schwinden aller auf die Invasion Schlesiens gesetzten
Hoffnungen — all' dies musste die zersetzendsten Wirkungen äussern,
auf das Heer sowohl, wie auf das Volk und die Regierung der Con-
föderation. Die innere Ueberlegenheit der Kaiserlichen war an diesem
Tage als eine überwältigende anerkannt worden. Das Selbstgefühl
der Conföderirten war im Innersten gebrochen, die allgemeinste Ent-
muthigung griff Platz.
,,Nichts gedieh mehr nach diesem unglückseligen Tage," berichtet
der Fürst in seinen Memoiren. „Unsere Angelegenheiten standen
nicht so, dass man ihnen nicht hätte aufhelfen können, hätte nicht
eine Art Schwindel die ganze Nation erfasst. — Grosse, Edelleute,
Officiere, Soldaten, dachten nicht mehr an den Krieg, sondern nur
daran, ihre Habseligkeiten, ihre Frauen und Kinder zu retten."
Rakoczi's Ansehen war durch die Niederlage vom 4. August
tief erschüttert. Die geheimen Unterhandlungen B e z e r e d y's mit
Wien, seit längerer Zeit abgebrochen, kamen erneut in Gang und
rasch zum Abschlüsse. Die Geissei Mährens, Ocskay, bereitete seinen
Abfall von der Conföderation vor. Karolyi und Balassi scheinen
eine Zeit zu gleichem Schritt geneigt gewesen zu sein*). Bottyän
bat im December um Amnestie und erhielt sie ^). Die Friedenssehn-
sucht der ungarischen Nation und namentlich der Städte fand, wo sie
nur konnte, lauten Ausdruck. Die in den befreiten Comitaten von
Heister einberufenen Congregationen, der kaiserlichen Verzeihung
und allgemeiner Amnestie versichert, eilten überall willig, dem ange-
stammten Herrscherhause zu huldigen.
Kein Wunder, dass man zu Wien — wie T hie 11 an Prinz
Eugen berichtete — nicht anders sprach, „als ob man schon Meister
von ganz Ungarn und nichts mehr zu besorgen hätte ^)" und dass
derselbe Berichterstatter alsbald melden konnte: „Das ungarische
LandtagsAverk ist seit der glücklichen Heister'sdien Action bei Trencsin
völlig verlegt worden."
*) Kriegs-A., Ungarn 1708 ; Fase. IX. 6.
«) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. XII. 2.
=*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 21.
124
Die Belagerung von Neutra. — Ereignisse auf dem rechten
Donau-Ufer. — Das Treffen von Kölesd.
Wiewohl R4k6czi auch von Erlau aus nach allen Richtungen
Befehle sandte, die zersprengten Truppen in Szecseny bei Balassa-
Gyarmath zu sammeln, und von Seite He ister's nichts geschah, dies
zu vereiteln, fanden sich jene doch nur sehr langsam zusammen. Der
Werth des Kupfergeldes war fast auf Null gesunken und die Ueber-
zeugung allgemein, die Couföderation werde um so weniger im Stande
sein, den Sold in Silber zu zahlen, als die Bergstädte in Bälde in die
Gewalt der Kaiserlichen fallen würden. Also verblieben nicht nur die
bei Trencsin Zersprengten, sondern auch die Mannschaften von wenig-
stens 10 Regimentern, welche an der Schlacht gar nicht Theil genommen
hatten, aber gleichwohl auseinander gelaufen waren *), am häuslichen
Herde. Bis Ende August hatte Bercsenyi nächst Garam und Ipoly-
Sagh erst bei 5000 Mann, welche zudem noch nicht schlagfertig, zu-
sammengeraflft. Ebeusoviele standen um diese Zeit unter Bottyan
an der unteren Waag.
Die Befürchtungen der Häupter der Conföderation , dass Feld-
marschall Heister den Sieg von Trencsin auch weiters kräftig aus-
nützen, ihnen keine Zeit lassen werde, sich wieder zu sammeln und
zu ordnen, Neutra und Neuhäusel nehmen und in raschem Zuge die
Bergstädte besetzen werde, gingen nur zum Theile in Erfüllung. Die
kräftige Verfolgung am Tage der Schlacht, schwächte sich, wie bereits
erwähnt, in den folgenden Tagen zu einem blossen Nachrücken ab und
kam an der unteren Waag völlig zum Stillstande.
Ueber die letzten Ursachen dieser Erscheinung geben die Acten
keine genügende Erklärung; man ist daher auf mehr oder minder
stichhältige Vermuthungen angewiesen. Ausser Zweifel steht, dass der
physische Zustand seiner Truppen so sehr Schonung heischte, dass
selbst ein so harter General, wie Heister, dieses Moment berück-
sichtigen musste. In der That hatte die Reiterei auf den forcirten
Märschen vor und nach der Schlacht ausserordentlich gelitten •). Nicht
*) Räköczi an Alexander Karolyi, 26. Augu.st. K. Tlialy, Fövaro.si Lapok 1804.
*) So berichtete Palft'y am 13. August 1708 von Pressliurg au.s dem Prinzen
Eugen: „Die Cavallerie i.st dergestalt ermattet, das.s ich seihst kein Pferd mehr zu
reiten und die Tage Lebens keine solche Fati(|np, ausgestanden liabe." Kricgs-A.,
Ungarn 1708; Fase. VIII. 5.
125
viel besser stand es um das Fussvolk. Noch hatte sich das kaiserliche
von den Mühseligkeiten und Entbehrungen des Vorjahres nicht erholt,
und auch das dänische Hülfscorps hatte seit seiner Rückkehr nach
Ungarn durch Krankheiten stark gelitten *). Dazu gesellten sich die
Schwierigkeiten der Verpflegung, potenzirt durch den kläglichen
Zustand des Fuhrwesens und die ärmlichen Ressourcen des Landes.
Unter solchen Umständen mochten die 4000 bis 5000 intacten Reiter
Bottyän's, gestützt auf Neutra und Neuhäusel und die verhältniss-
mässig starken Bodenabschnitte der Neutra, Gran und Eipel, dem
kaiserlichen Obergeneral als eine Macht erscheinen, deren Bezwingung
im Vereine mit den Mühseligkeiten und Entbehrungen der weiteren
Verfolgung die schonungbedürftigen kaiserlichen Truppen gänzlich
aufzureiben drohte.
Es ist übrigens nicht ganz ausgeschlossen, dass der Feldmar-
schall den Erfolg vom 4. August überschätzend, seine Aufgabe auf dem
linken Donau-Ufer der Hauptsache nach für gelöst hielt und dass die
fortgesetzten Einfälle der Schaaren Eszterhazy's in Steyermark und
Nieder-Oesterreich , insbesondere aber die Gefährdung der nächsten
Umgebung der kaiserlichen Residenz, ihn bestimmten, dem Operations-
Schauplatze rechts der Donau fortan ein grösseres Maass von Aufmerk-
samkeit und Kraft zuzuwenden.
Indess der Feldmarschall den G. d. C. Grafen Pälffy anwies,
Neutra zu belagern, zog er mit den Dragoner-Regimentern Bayreuth
und Schönborn, dem Cürassier - Regiment La Tour und Demetri-
Huszaren (Raizen) nach Pressburg, um dort Anstalten für die Eröff-
nung der Feindseligkeiten rechts der Donau zu treffen.
Palffy, welcher mit 6 Bataillonen Infanterie, 3000 Reitern und
22 Mörsern am 2L August von Sopornya aufbrach, setzte sich am
22. August mit dem Dragoner - Regiment Althan vor dem Schlosse
von Neutra fest, das nördlich der Stadt auf einem isolirten Hügel
gelegen, auf drei Seiten vom Flusse umspült war. Der Zustand der
Werke, ihre Armirung und Verproviantirung scheinen befriedigend
gewesen zu sein. Als Commandant fungirte Baron Caspar Revay.
Das Bombardement begann am 23. August, 11 Uhr Vormittags,
in Gegenwart des von Pressburg zurückgekehrten Feldmarschalls
Heister und wurde durch 30 Stunden ununterbrochen fortgesetzt.
300 Bomben, welche in dieser Zeit auf das Schloss fielen, scheinen
die nicht allzugrosse Widerstandskraft der Besatzung gebrochen zu
haben, denn sie verlangte schon am 24. zu capituliren. Heister
*) Memoires du Prince F. Räkoczi. Tome V, 409.
126
bewilligte ihr den freien Abzuo;. Am 25. wurde das Schloss von
einem Bataillon des Fuss-Ref^-inientes IIasslino:en und 300 Commandirten
zu Pferd, unter Obrist T o 1 d o, besetzt. 8ie fanden nebst reicher Beute
42 meist brauchbare Geschütze. Die Einnahme hatte den Kaiserlichen
nicht mehr als 2 Todte und 14 Verwundete gekostet ♦).
Betty an, zur Zeit der Belagerung von Neutra, von Ebergenyi
und den Dänen an der unteren Waag festgehalten, AvoUte dem be-
drohten Platz, dessen raschen Fall er nicht voraussehen mochte, Hülfe
schaffen und befahl Ocskay, Pälffy mit seinem Regimente imge-
säumt anzugreifen. Aber jeuer hielt nun den Augenblick für gekommen,
den lange schon geplanten Uebertritt zu den Kaiserlichen zur Aus-
führung zu bringen. Er beeilte sich, den Banus von dem bevorstehenden
Angriffe vertraulich Mittheilung zu machen und führte sein Regiment,
eines der besten der conföderirten Armee, von Norden über Chinorau
und Nagy-Tapolcsan nach Pereszleny (nordwestlich von Elefant) mitten
in die feindliche Aufstellung. Von den Kaiserlichen umzingelt, trat es
am 28. August in deren Dienste ^).
Nun übergab Heister das Commando auf dem linken Donau-Ufer
dem G. d. C. Grafen Pälffy, der sich vorläufig darauf beschränken
sollte, die Gegend abzustreifen und das Material für die Belagerung
von Neuhäusel zu beschaffen ; er selbst, entschlossen, seine ganze
Aufmerksamkeit ausschliesslich dem rechten Donau-Ufer zuzuwenden,
ging über die grosse Schutt nach Pressburg. Bedeutende Entwürfe und
grosse Erwartungen erfüllten seine Seele. B e z e r e d y hatte zugesichert,
am 5. September mit 2000 Mann zu den Kaiserlichen überzugehen,
ein Ereigniss, das die Verhältnisse auf dem rechten Donau-Ufer völlig
zu verändern versprach. Zu diesem Ende sollte Cusani in der Nacht
zum 6. mit 1000 Pferden von Oedenburg nach Güns rücken, wohin
auch Heister an diesem Tage mit den aus Ober-Ungarn heran
geführten Truppen, den Regimentern Bayreuth, Latour, Schonborn,
Demetri und 500 Warasdiner Grenzern, zu eilen entschlossen war ^).
So wie durch Bezercdy's Uebertritt die Gefahr für die crb-
ländischen Grenzen gebannt war, beabsichtigte Heistor, mit allen
rechts der Donau verfügbaren Reiter- Regimentern über die Raab zu
gehen, Sümegh und Csobäncz wegzunehmen, die Kuruczen in ihren
•) Repistr. des K. K. M., August, Nr. 281. Kiiejr-s-A., Uugaru 1708; Fase. VIII.
1.^ uurl 16.
2) Htjister au K. .Juscph I., 27. August. Registr. des R. K. M., August 1708,
Nr. 281, und Pälöy au Priuz Eugen, 5. Septeml)er. Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX.
2 und 3; endlich K. 'I'lialy, Fövän.si Lapok 1864.
•*) Kriogs-A., Ungarn 1708; Fanc. IX. 3.
127
letzten Schlupfwinkeln autzujngen und sie hinter den Platten-See zu
drängen, wo sie einer Colonue Grenztruppen in die Hände fallen
sollten, die FZM. Nehem von Fünfkirehen über Simontornya nach
den Donau - Uebergängen Földvär und Paks zu dirigiren angewiesen
war. Zur Durchführung dieser combinirten Operation, Avelche in Wien
durchaus gebilligt wurde, glaubte Heister nicht mehr als 10 bis
12 Tage zu benöthigen *).
Ueber der Durchführung dieses weitabzielenden Planes waltete
ein unglückliches Verhängniss. Schon die wichtigste Voraussetzung
ging nicht in Erfüllung, der Uebertritt B ez er e dy's. Dieser wurde, da
der Anschlag vor der Ausführung zu Rakoczi's Kenntniss kam, von
Eszterhäzy inmitten seiner Leute verhaftet, nach Ober -Ungarn
gebracht und am 18. December 1708 zu Säros-Patak mit Adam
Botka*), einem seiner Unter-Commandanten, auf Grrund des von dem
versammelten Reichstage geschöpften Urtheiles, hingerichtet ^).
Nicht genug an dem, ereilte die von FML. N e h e m entsandte
Colonne Grenztruppen eine förmliche Katastrophe.
Diese Colonne, befehligt von Obristwachtmeister Pflueg des
Fuss-Regiments Nehem, aus 1200 bis 1300 Grenzern zu Fuss unter
') Wälirend uach den Acten des Kriegs - Archivs Heister's Erscheinen auf
dem rechten Donau -Ufer dem freien Entschlüsse des Feldmarschalls entsprang,
behauptet K. Thaly (Fövarosi Lapok 1864), derselbe habe von Wien den Auftrag
dazu erhalten. In Ausführung der Befehle, welche Eäkoczi uach der Schlacht von
Trencsin erlassen, sei Eszterhäzy ini Laufe des August, — nach einer Version mit
10.000, nach einer anderen mit 14.000 Mann — in Nieder-Oesterreich eingebrochen
und l)is in die Nähe von Schönbrunn und Simmering vorgedrungen. Alle ihm entgegen-
gestellten Abtheilungen zersprengend, habe er 1000 Mann gefangen genommen, zahl-
reiche Oi"tschaften ausgeplündert und so massenhafte Beute gemacht, dass 2000 damit
beladene Wägen und 11.000 Stück Wirthschafts-Vieh weggeführt werden konnten.
Auf dem Rückwege habe er Rust und Neusiedel überfallen, und gleichzeitig
Emerich Bezeredy unterhalb Oedenburg 500 Kaiserliche niedergemacht. Diese
Schläge hätten in Oesterreich solche Verwirrung und in Wien solchen Schrecken
hervorgerufen, dass Heister Befehl erhielt, mit einem Theile seines Heeres auf das
rechte Ufer zu rücken.
^) Beniczki naplöja. (Räk. tar I, 177.) Räkoczi nennt in seinen Memoiren,
Tome V. 410, nicht diesen, sondern den Obristlieutenaut Szegedy, welcher zwar vor
das Kriegsgericht gestellt, jedoch mit üjkeri imd Pöstyenyi begnadigt wurde.
^) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 3. und 6. — Krones, „Zur Geschichte
Ungarns im Zeitalter Franz Raknczi II." Archiv für österreichische Geschichte,
XLII. Band. — Koloman Thaly, Fövarosi Lapok 1864. Man vergleiche damit die
bezüglichen Stellen in den Briefen des Prinzen Eugen an Thiell und Locher, beide
vom 26. September 1708. Correspondenz. — Bezeredy war ein Opfer der Wiener
Plaudertaschen. — K, Thaly berichtet : Heister habe sich, freilich vergebens, bemüht,
den gefangenen Bezeredy den Händen der Kuruczen zu entreissen.
128
Obrist Hadscliija Ratkovitz, aus 1000 zu Pferd unter Capitaiii
Bischowitz, 100 jNIaun des Fuss - Regiments Neliem unter
Hauptmann Dir r her, 2 Geschützen und einigen auf Wägen ver-
hidenen Tschaikeu bestehend *), brach am 29. August von Fünfkirchen
gegen Simontornya auf und traf am 2. September, 5 Uhr Nach-
mittags, im Sj\rviz-Thale unweit des Dorfes Kölesd auf etwa 2000 bis
3000 Kuruczen. Pflueg griff sie an und Hess sie, als sie sich nach
kurzem Kampfe flüchtend gegen Simontornya wandten, verfolgen.
Plötzlich sah sich die ganze Colonne Pflueg's von 6000 bis 7000 Auf-
ständischen -) unter Adam B a 1 o g h's Führung von allen Seiten an-
gefallen. Die Reiter von Bischowitz geriethen alsbald in Un-
ordnung und wandten sich zu schmählicher Flucht. Das Fussvolk
aber wehrte sich tapfer und behauptete durch drei Stunden gegen
nahezu sechsfache Uebermacht das Feld. Schliesslich musste es auch
weichen und „floh bis an die Drau, ohne sich umzuwenden ; nur die
Handvoll Deutsche und hinter einer Wagenburg die Hayducken von
der Donau und der Save wehrten sich tapfer*'. Endlich wurden auch
sie zersprengt. — 16 Officiere, unter ihnen Hauptmann D i r r h e r,
40 Musketiere des Regiments Nehem und 250 Grenzer blieben todt
auf der Wahlstatt. Obristwachtmeister Pflueg nebst einigen Grenz-
Oflicieren und 30 Musketieren gerieth in Gefangenschaft. Geschütz
und Bagage wurden Beute der Kuruczen, welchen dieser Tag übrigens
1200 Mann gekostet haben soll").
Da auf die Mitwirkung der bei Kölesd versprengten Grenzer
für längere Zeit nicht zu rechnen Avar, Cusani's Truppen aber die
erbländischen Grenzen gegen Eszterhazy's Schaaren zu vertheidigen
hatten, verfügte Heister zur Durchführung seines Offensiv-Planes
über nicht viel mehr als die von Ober-Ungarn herangezogenen 4 Reiter-
Regimenter. Diese Streitmacht war um so ungenügender, als die Auf-
ständischen, verstärkt durch einen Theil der nach der Schlacht von
Trencsin verlaufenen Leute, diesseits der Donau 9000 oder 10.000 Mann
zählten und ihr Selbstvertrauen durch den Sieg von Kölesd nicht
wenig gestiegen war,
') Koloinan Thaly beziffert diese Colouue mit 5000 FiiMs-Soldaten mul 700 Reitern,
flas ist (las Doppelte der ()l)eu aii<?efiihrteii Stärke. Fövärosi Lapok 1864.
*) Nach Kolomaii Tlialy 3000 Heiter, 1000 Mann zu Fuss und dem Zalaer
Landsturm.
^) Kolomaii Thaly Ijerichtet : 3000 Kaizen, 300 bis 400 rejruläre Soldaten
wurden niedergemacht, 3 Kanonen, melir als ,000 beladeue Wägen und 24 Fahnen
erbeutet! Der Rest des Corps wurde theils gefangen, theils über die Donau und
Drau gejagt. Fövärosi Lapuk 1864.
129
Wiewohl die Sachlage sich sonach durchaus verändert hatte,
verharrte Feldmarschall Heister dennoch auf seineu urs|)riinolicheu
Absichten. Während Pälffy auf seinen ausdrücklichen Ücfehl an
der unteren Waag unthätig stehen bleiben musste ') und Cusani
mit einigen Tausend Pferden bei Oedenburg, wie übrist Moltenberg
mit dem Regimente Brenner an der steyrischen Grenze, sich vergeb-
lich abmühte, E s z t e r h a z y's Mordbrenner von neuen Heldenthaten
abzuhalten, ging Heister „auf die Kuruczen- Jagd". Zwischen 5. und
19. September, also volle zwei Wochen, zog er mit seinen Regimentern
in der Bergwildniss des Bakonyer Waldes herum, ohne dass man in
Wien wusste, wohin man die an ihn abgehenden Couriere dirigiren
sollte '^). Das einzige Ergebniss dieses Zuges (wenn dasselbe nicht etwa
durch Munitionsmangel veranlasst wurde ^), war, dass Adam B a 1 o g h,
welcher nach dem Gefechte am 2. September mit 4000 Mann und
5 Geschützen nach Süden gezogen war, durch Heisters Erscheinen
in der Gegend von Stuhlweissenburg bewogen wurde, die bereits
begonnene Belagerung Fünfkirchens aufzugeben und schleunigst an
die Sio-Linie zurückzukehren. — Anton Eszterhazy aber benützte
die Zeit, welche Heister auf dem linken Ufer der Raab verbrachte^ zu
einem Einfall in die Mur-Insel (Muraköz). Er zersprengte 400 Grenzer,
welche hiebei unter anderen Oflicieren den Obrist Jellaschitz
verloren, und brandschatzte alle Orte mit Ausnahme des befestigten
Csakathurn.
In Wien war man von dem Thun und Lassen des Feldmarschalls
nichts weniger als erbaut. Dass man die Regimenter „ohne einen
Kreuzer Wochengeld, die Magazine geleert wusste, die zwei schlimm-
sten Monate des Militär-Jahres und das schlechte Wetter vor der
Thüre'' sah*), trug nicht dazu bei, die Stimmung zu verbessern.
Immer lauter wurde die Klage ob der mangelhaften Benützung des
Sieges von Trencsin , über welche sich der berufenste Kritiker,
*) „Ich muss schon über 14 Tage mit 7 regulirten und 2 Huszaren-Regi-
meutern dahier gleichsam auf der Marode stehen und bedauere, die liebe Zeit so
negligiren zu müssen," schreibt Palfty am 12. September aus dem Lager von Sok
an der Waag an Prinz Eugen. Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 10, und Thiell
motivirt diese aufgedrungene Uuthätigkeit Pälft'y's damit „weil der Feldmarschall
aller Orten Alles selbst verrichten will". Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 11.
^) Nach Koloman Thaly (Fövarosi Lapok 1864) machte der Feldmarschall
einen vergeblichen Versiich, sieh der Bergfeste Csesznek (nördlich Zircz an der
Strasse Veszprim-Kaab) zu bemächtigen.
') Wie Thiell in seinem Berichte vom 12. September 1708 meint. Kriegs-A.,
Ungarn 1708; Fase. IX. 9.
*) Thiell's Bericht vom 19. September 1708. Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 14.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. J
130
Prinz Eugen, fast in jedem seiner Briefe, in unzweideutiger Weise
abfällig aussprach und der selbst so weit ging, zu erklären, es sei
besser, Heister abzuberufen, als ihm bei der Leitung der Operationen
noch länger freie Hand zu lassen ').
Die Belagerung von NeuhäuseP).
Rastlosigkeit Hess sich dem Feldmarschall freilich nicht ab-
sprechen: Kaum war er am 19. September über Päpa nach Raab
zurückgekehrt, erliess er an den Gr. d. C. Graf Pälffy Befehl, die
Belagerung von Neuhäusel zu beginnen. Kurz darauf eilte er, getreu
seinem Grundsatze, Alles selbst zu thun, in Person dahin.
Xeuhäusel, dessen Fortificationen seit 1706 mannigfach verbessert
worden, war ein regelmässiges bastionirtes Sechseck mit gemauerten
Escarpen, Wassergräben, nicht revetirter Contrescarpe, grossen Erd-
Ravelins und einem bedeckten Weg. Die Widerstandsfähigkeit des
Platzes war durch mehrere Inundations-Kessel nicht unwesentlich
erhöht*). Da die Besatzung mit Lebensmitteln und Munition wohl ver-
sehen war, präsentirte sich Xeuhäusel als ein Platz, der alle Ehren eines
regelrechten Angriffes beanspruchen konnte.
Heister scheint die Widerstandskraft der Festung unterschätzt
und erwartet zu haben, dass, wie bei Neutra, ein Bombardement hin-
reichen werde, die Uebergabe herbeizuführen. Wiewohl die Kaiser-
lichen bereits am 21. September vor dem Platze erschienen, war der-
selbe am 3. October noch nicht eng cernirt, so dass es den Auf-
ständischen gelang, eine Verstärkung hineinzuwerfen. Der belagerungs-
mässige Angriff wurde gegen die Nordost-Front geführt und insbe-
sondere gegen deren rechte Bastion gerichtet. Die erste Parallele
ward etwa 900 rheinländische Fuss vom Glacis entfernt ausge-
') Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 7 u. 8, Fase. XI. 8, dann des Prinzen
Brief an Locher vom 26. September. Correspondenz. — Bezeichnend genug schreibt
Käköczi selbst am 22. October an Vetes : „Hs m'ont doune assez de temps pour
remettre mes affaires, qui etaient au derange par les confusions, qui suivent ordinaire-
ment les pertes desbatailles." (Fontes rerum austriacarum, IX. Band.) Charakteristisch
ist ThieU's Antwort vom 6. October 1708. Er meint, dem Feldmarschall Heister
positive vorzuschreiben, was er thun aolle, wäre freilich das beste Mittel. „Allein,"
fahrt er fort, „sehe ich nicht, wer dahier derlei Vorschreibung wohl thun könne und
wolle. Zudem dahin steht, ob nicht der bekannte Humor dadurch zu einem widrigen
Effect abermals irritirt würde, ohne dass mau sich am höchsten Orte einer kräftigen
Manutenenz zu getrösten liätte." Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 6.
*) Siehe Tafel I.
131
hoben und wurden die Approchen in dem kaum 500 Fuss breiten
Raum zwischen der Capitalc des Ravelins und dem Arm der Neutra
vorgetrieben, letzterer abgedämmt und dadurch trocken gelegt. Bei
der Einlass - Schleuse des Inundations-Kessels (J) erbaute man zum
Schutze der Approche eine geschlossene Schanze und setzte die An-
griffsarbeiten bis einschliesslich der Krönung des Glacis fort. Die
Batterien wurden als Demontir-, Bresch- und Mörser-Batterien angelegt.
Ihr Feuer begann am 28. September, war aber so wenig imponirend,
dass der Belagerte „sich mit allerlei Musik lustig machte-'. Nicht nur
die Masse des Feuers der Angriffs-Batterien war unzureichend, sondern
auch die Qualität der einzelnen Schüsse. „Unser Feuerwerk ist auch
nicht alles gut, viel crepirt in der Luft oder ist sonst ohne Effect",
ward nach Wien berichtet.
Angesichts der Unzulänglichkeit der Angriffsmittel und ihrer
wenig entsprechenden Verwendung, hob sich der Muth der Besatzung
zu kräftiger Gegenwehr und zu standhaftem Ertragen der Mühselig-
keiten, welche die Grösse des Platzes ihr auferlegte. Ihr Feuer gab
dem des Angreifers an Kraft und Lebhaftigkeit nichts nach. Aber
auch die auf dem linken Neutra -Ufer stehenden Feldtruppen der
Aufständischen, welche sich anfangs darauf beschränkt hatten, die
Vorgänge bei der Belagerung aus angemessener Entfernung zu beob-
achten , wurden allmälig kecker. So versuchte Stephan M i k 1 o s s i,
Anfangs October die Fourageurs der Kaiserlichen zu überfallen, indess
gleichzeitig 4 feindliche Regimenter bei Nagy-Tapolcsan auftauchten.
Ihre Versuche, die Belagerung zu stören, missglückten allerdings
gänzlich, denn G. d. C. Graf Pdlffy warf nicht nur ziemlich mühelos
Miklossi's Leute zurück und nahm ihn selbst gefangen, sondern er
überfiel und zersprengte auch am 6. October das Kuruczen-Regiment
Bokrossi bei Nagy-Tapolcsän, das er mittelst eines Gewaltmarsches
erreichte. Die meisten Officiere dieses Regiments und 84 Mann wurden
hiebei gefangen, 10 Fahnen erbeutet. Auch Ocskay fügte den
Aufständischen bei seinen Streifungen manchen Schaden zu.
In das Lager vor Neuhäusel zurückkehrend, sah Palffy die
Geschütze aus den Batterien zurückführen. Feldmarschall Heister
war endlich, nachdem der Ingenieur -Obristlieutenant Damont ver-
wundet, Stückhauptmann Ehrenberg getödtet und über 200 Mann
kampfunfähig geworden waren, zur Erkenntniss gekommen, dass ihm
die Mittel fehlten, einen so bedeutenden Platz mit Gewalt zu bezwingen*),
und hatte beschlossen, den belagerungsmässigen Angriff in eine Blokade
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 18 und X. 9; Räkoczi an Vetcs,
22. October 1708.
9*
132
umzuwandeln. Zu diesem Ende Hess er nicht nur alle Mühlen ober-
und unterhalb der Festung zerstören, sondern auf xwei Meilen im
Umkreise Alles verwüsten '). Die Bewohner der zerstörten Dörfer
wurden einerseits hinter die Waag, andererseits auf das rechte Donau-
Ufer gebracht. Um aber der Besatzung Neuhäusels zu verwehren, sich
aus weiterer Entfernung zu verproviantiren, wurden die Garnisonen
Comorn, Neutra und Szered durch Reiter-Abtheilungen verstärkt.
Durch diese am 9. October zur Ausführung gebrachten Mass-
nahmen hielt Heister seinen Rücken für hinreichend gesichert, um an
die Gran vorgehen zu können, eine BcAvegung, welche, wie er erwartete,
einerseits den Feind abhalten sollte, Mähren und Schlesien zu inva-
diren, andererseits ihm selbst in den ressourcenreichen Bergstädten
gute Winterquartiere versprach *).
Die Mission Gabriel Tolvay's. — Vormarscli der Kaiserlichen
an die Gran und in's obere Waag-Thal. Heister's dritter
Zug in den Bakonyer Wald. — Winterquartiere.
Räköczi hatte nicht zu hoffen gewagt, dass Neuhäusel sich
werde behaupten können. Angesichts der Unmöglichkeit, zum Ent-
sätze dieses Platzes ein Corps zu formiren, und in der Voraussicht,
dass nach seinem Falle B e r c s e n y i's Truppen auseinander laufen
würden, er also, wenn die Kaiserlichen vorrückten, doch gezwungen
sein würde, zurückzuweichen, hatte der Fürst es vorgezogen, das Feld
zu räumen, sowie er erfahren, dass Neuhäusel eingeschlossen sei. Unter
dem Verwände, mit dem Corps Kärolyi's in Siebenbürgen eindringen
zu wollen, hatte er die Theiss übersetzt und Szathmar erreicht. Ausser
Stande, das weitere Vordringen der kaiserlichen Waffen mit Gewalt
zu verhindern, hatte er gleichzeitig seine Zuflucht zu den Künsten
der Diplomatie genommen. Ende September hatte er den bis dahin
als kaiserlich gesinnt in strenger Haft gehaltenen Gabriel Tolvay,
Palatin-Protonotarius mit dem Zipser Propst Brenner, nach Wien
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 15. Kakoczi an Vetes. Szatliniär,
22. October 1708.
2) Registr. des R. K. M., October 232 ; dann Kriegs-A,, Ungarn 1708; Fase. X. 15.
Nach Rj'iköczi's f?chreiben an Vetes, Szathmar, 22. October 1708 (Fontes rerum
austriacaruni, XIX. Band), wurde Neuhänsel von den Kaiserlichen am Tage des lieiligen
Michael eingeschhtsson (29. .September), indess das Boml)ardenient ans 45 Mörsern am
23. September begonnen hatte. Die am 11. October erfolgte Aufliel)ung der Belageriuig
wurde nach derselben Quelle durch Bercsdnyi's Reiterei erzwungen. — Die obige
DarstelluTig wurde aus naheliegenden Gründen auf die Quellen des Kriogs-Archivs
basirt
133
gesandt, dem kaiserlichen Hof einen Waffenstillstand anzutragen. Wie-
wohl dieser Gedanke öffentlich auf allgemeinen Widerstand stiess,
war seine Verwirklichung doch nicht ganz aussichtslos*). Da Kaiser
Joseph I., der schlimmen Erfahrungen der letzten Jahre ungeachtet,
der Politik der Versöhnlichkeit gegen Ungarn treu blieb, kam R ä k 6 c zi's
Vorschlag vor die „Conferenz", welche resolvirte: ihn uicht einftich zu
verwerfen, wenn die Rebellen „raisonable conditioues" annähmen. Be-
gründet wurde solcher Entschluss mit der Verwirrung im ungarischen
General-Kriegs-Commando, mit der Unmöglichkeit, die allzu ausgedehnte
Linie ohne Waffenstillstand zu behaupten, endlich mit der Rücksicht
auf die gebotene Schonung der Truppen-). Also proponirte der
kaiserliche Hof, den Waffenstillstand im Allgemeinen auf Basis des
uti possidetis abzuschliessen und im Besonderen nur auf dem rechten
Donau-Ufer einige territoriale Correcturen eintreten zu lassen, die
man mit Rücksicht auf die Schonung der Truppen für unerlässlich
hielt. Dieser massvolle Vorschlag wurde von den Conföderirten
mit einem Gegenantrag beantwortet, welcher nichts Geringeres
forderte, als die Herausgabe fast alles dessen, was die kaiserlichen
Waffen in den letzten zwei Feldzügen in Ober-Ungarn erkämpft. Selbst
in Siebenbürgen, wo Rakoczi kaum mehr eines Fusses Breite sein
Eigen nennen konnte, sollten nach seinen Gegenvorschlägen die Quar-
tiere der Kaiserlichen eingeengt werden. Niklas Bercsenyi soll
es gewesen sein, welcher, indem er dem Gedanken Ausdruck gab,
der Kaiser würde, wieder zur Herrschaft gelangt, alle Akatholiken
aus dem Lande jagen lassen, in erster Linie die Formulirung solcher
masslosen Forderung durchsetzte. Sie konnte nur eine Folge haben:
den Abbruch der Verhandlungen^).
Feldmarschall Heister von Anbeginn, gleich dem Prinzen Enge n,
der ganzen Friedens-Action das ausgesprochenste Misstrauen entgegen-
bringend, hatte sich durch Räkoczi's Waffenstillstands- Anerbietungeu
nicht aufhalten lassen. Am 10. October war er aus der Gegend von
Xeuhäusel gegen die Grau aufgebrochen und über Leva nach Szebekleb
gerückt, das er um die Mitte des IVIonats erreichte. Hier scheint er
seine Truppen getrennt zu haben. Indess ein Theil seines Fussvolkes
stehen blieb, FML. Freiherr von Löffelholz mit 7 Bataillonen nnd
6 Escadronen über Karpfen zur Besetzung der Bergstädte abrückte,
wandte sich Heister selbst mit dem Reste seiner Reiterei gegen
Szecseny ira Eipel-Tbale, wohin die Aufständischen unter Bercsenyi
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 11.
*j Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 17 und ad 17.
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 11 und 15, XII. 7 und 11.
134
zurückgewichen sein sollten. Sowohl dieser, als auch ein zweiter, gegen
Fülek gerichteter Versuch, den das Land verwüstenden Gegner einzu-
holen, blieb erfolglos. li e i s t e i', ohnedies mit den grössten Verpflegs-
schwierigkeiten kämpfend, kehrte von Szebeklcb nach Leva an der Gran
zurück '), übergab das Commando über sämmtliche auf dem linken
Donau-Ufer verbleibenden Truppen Pdlffy und marschirte mit den Dänen
über Neutra (4. November) nach Pressburg, wo er am 9. oder 10. eintraf.
Zur Zeit, da der Feldmarschall ander Eipel operirte, war Bottyan
an der Spitze von 2000 Pferden bis unter die Thore Pressburgs
geritten. Da au der Waag nur 100 deutsche Reiter und 200 bis 300,
meist kürzlich erst von den Aufständischen übergegangene Huszaren
zurückgelassen worden waren, fiel es ihm nicht schwer, das Land
zur Verproviautirung Neuhäusels völlig auszuräumen und diesen Platz
mit Lebensbedürfnissen für die Dauer eines Jahres zu versehen *).
P ä 1 f f y, am 5. und 6. November zu Prividgye, nützte die Zeit
bis zum Schlüsse des Feldzuges, die zahlreich auftauchenden Räuber-
banden zu vernichten, die von seinen Truppen besetzten Gespanschaften
zu pacificiren und den Aufständischen jene festen Puncte zu ent-
reissen, welche sie westlich der Neutra noch inne hatten. Mitte
November bemächtigte sich FML. Baron E b e r g e n y i des wichtigen
Waag-Thal-Punctes Zsolna (Sillein) und des diesem nahegelegenen
Schlosses Budatiu. Später fielen Väg-Bestercze und Lednitz in kaiser-
liche Hand. — Gleichen Zweck hatte ein Ritt des FML. Löffelholz in
das Thuroczer Comitat Anfangs December. Er besetzte Brezno-Banya
im obersten Gran-Thale, von wo aus die Kuruczen seine Quartiere
wiederholt beunruhigt hatten.
Gegen Jahresschluss trat auf dem linken Donau-Ufer im Grossen
und Ganzen Ruhe ein und baten Deputationen aus Landschaften, welche
die Kaiserlichen noch nicht inne hatten, um deren Schutz gegen die
herumstreifenden Kuruczenhaufen ^).
Ungünstiger als auf dem linken, war die Lage der Kaiserlichen
auf dem rechten Ufer der Donau. Zwar hatte FML. Graf Nädasdy
Anfangs October Särvar ohne Unfall verproviantirt, doch hatten
Cusani's schwache, mit Noth und Krankheiten ringende Truppen
die räuberischen Einfälle der Kuruczen in's Steyrische nicht ver-
hindern können. So gelang es E s z t e r h a z y, Neudau (nördlich Fürsten-
feld) ungestraft niederzubrennen. Um dessen einige Tausend Streiter
zählenden, um Steinamanger und Csatär concentrirten Schaaren näher
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 1.'), 18%, 1^», 21 und 24.
") Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 19.
3) Kriegs-A., Ungara 1708; Fase. XI. 6 und XII. 2 und 5.
135
zu sein, hatte zwarCusani, Mitte October von Oedenburg südwärts
marschirend, die Stellung von Gr.-Warisclidorf bezogen, — er durfte
es aber nicht wagen, jene anzugreifen, denn ein anderer bei Csepregh
stehender, von K i s befehb'gter Kuruczenhaufe lauerte nur auf die
Gelegenheit, ungestraft in Nieder- Oesterreich einfallen zu können *).
Ende October sah sich C u s a n i aus Fourageraangel genöthigt, nach
Oedenburg, später sogar nach Deutsch-Altenburg zurückzugehen. Zur
unmittelbaren Deckung der Steyermark blieb hiernach nur das Regi-
ment Breuner mit den Recruten von Darmstadt zurück, welch' letztere
den Zug nach Siebenbürgen versäumt hatten. Täglich fast machten
nun die Kuruczen Einfälle, unter welchen auch die Mur-Insel (Muraköz)
erueut litt ^).
Zu Deutsch- Altenburg traf Heister, von Pressburg kommend,
am 11. November mit Cusani zusammen. Der Feldmarschall wollte
noch ein drittes Mal versuchen, die Aufständischen in ihrem Reduit
hinter der Raab zu überfallen. Die ursprüngliche Absicht, von Oeden-
burg gegen Veszprim zu operiren, wegen Mangels an Magazinen
fallen lassend, wandte Heister sich gegen den Norden des
Bakonyer Waldes und ging zwischen dem 12. und 15. November
über die Raab. Das Ergebniss auch dieses Zuges war ein negatives.
Die Aufständischen, bald im Bauernkleide, bald im Soldatenrock,
heute nach allen Richtungen auseinanderstiebend, morgen wieder ver-
sammelt, waren und blieben unfassbar *).
Am 23. November nach Raab zurückgekehrt, entsandte Heister
den FML. Graf Nadasdy, Stuhlweissenburg zu verproviantiren und
die dortige Besatzung abzulösen. Mit dieser glücklich zu Ende ge-
führten Unternehmung und der gleichzeitigen Besetzung von Földvar
durch 600 aus Essegg dahingesandte Grenzer, schloss die Campagne
auf dem rechten Ufer der Donau.
Nachdem Heister, „um sicli zu justificiren" am 5. December
an den kaiserlichen Hof gekommen, eilte er am 13. wieder nach
Ungarn, die Postirung zu besichtigen, welche die Winterquartiere
decken sollte.
Ende December hatten sämmtliche Truppen die letzteren bezogen,
und zwar:
Links der Donau
unter Commando des G. d. C. Graf Pälffy, dessen Hauptquartier
Schloss Boinicza :
1) Registr. des K. K. M,, October 1708, Nr. 25G.
2) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. XI. 2.
») Registr. des R. K. M., November 1708, Nr. 125.
136
7 Bataillone von Salm, Neliera, Tliürlieim, ToUot und d'Arnan,
und je 6 Escadronen von La Tour, Steinville und Althan, sämratlicli
unter des FML. Löffel holz Befehl, an der oberen und mittleren
Gran, mit den Hauptstationen Schemnitz, Kremnitz, Alt- und Neusohl,
Szt. Kereszt und Szt. Benedek.
Das Regiment Uhlefeld und 6 Schwadronen Hohenzollern
zwischen der Gran und der Neutra, mit den Hauptstationen Apony
und Bodok.
7 Compagnien Sickingen, 5 Compagnien Deutschmeister, 1 Ba-
taillon Hasslingen, das Dragoner - Regiment Schönborn, nebst je
6 Schwadronen von La Tour, Hohenzollern, Althan und Ocskay,
sämmtlich unter des FML. Graf Steinville Befehl, zwischen der
Neutra und der Waag in Banovce, Nagy-Tapolcsan, Pereszleny, Neutra
und anderen Orten.
Je 4 Compagnien von Sickingen und Tollet, 5 Compagnien von
Deutschmeister und das Regiment Wolffskehl, sämmtlich unter des
FML. Ebergenyi Befehl, an der Waag, in Sillein, Trencsin, Leopold-
stadt, Galautha, Diöszeg, Sellye, Guta u. s. w.
3 Compagnien von Deutschmeister und die 6 dänischen Regi-
menter, die Artillerie und das Fuhrwesen in und bei Pressburg, dann
auf der Schutt.
Rechts der Donau
unter Commando des G. d. C. Marchese Cusani, dessen Hauptquar-
tier Ungarisch-Altenburg:
8 Compagnien Tollet, 6 von Salm und 5 von Heister, dann
Hannover-Cürassiere, Bayreuth-Dragoner und Demetri-Huszaren in den
Festungen Stuhlweissenburg, Ofen, Gran, Comorn und Raab.
Einige Compagnien von. Thürheim und Sickingen, dann Com-
mandirte in Oedenburg, St. Gotthard, S4rvar und Güssiug.
3 Compagnien von Deutschmeister, Abtheilungen der Fuss-
Regimenter Nehem und Heister, endlich 8 Schwadronen Savoyen-
Dragoner im Wieselburger Ccniiitat.
Das Dragoner- Regiment Brenner, 4 Schwadronen Savoyen-
Dragoner und mehrere Hundert Commandirte zu Fuss und zu Pferd an
der niederösterreicliisehen und steyrischen Grenze von Brück a. d. L.
bis Radkersburg.
FML. Graf Nädasdy mit seinem Huszaren Regiment und
einigen Grenztruppen auf der Mur-Insel ').
') Postiniugs-Eiitwürfe. Krifgs-A., Uugaru 1708; Fase. XI. ad 5, uud Protocoll
der Registr. des R. K. M., December 1708, Nr. 404.
137
Ereig-nisse in Ost-Ungarn und Siebenbürgen in der zweiten
Hälfte des Jahres 1708.
In Ost-Ungarn erfuhr die Kriegslage auch in der zweiten Hälfte
des Jahres keine Lemerkenswerthe Veränderung. Die Kuruczenhaufen,
welche im August vor Arad erschienen, zogen später nordwärts und
verstärkten das Blokade-Corps vor Grosswardein. Dennoch gelang es
dem thätigen Commandanten dieses Platzes, Obrist von B e c k h e r s,
dem FML, Graf Löwenburg folgte, ihn für ein volles Jahr zu ver-
proviantiren ').
Das Hauptangiiffs-Object der in dem Räume östlich der Donau
stehenden Insurgenten war Siebenbürgen.
Einige Tage vor Rakoczi's Aufbruch nach Trencsin, Mitte
Juli, begann Graf Kärolyi seine Versuche, in diesem Lande erneut
festen Fuss zu fassen. Er versammelte in dem verschanzten Lager
von Sibö (im Thale der Szamos) etwa 8000 bis 10.000 Streiter und
rückte rasch vor' das nur mangelhaft befestigte Klausenburg, dessen
Beschiessung er am 27. Juli — allerdings nur aus 2 Geschützen —
begann.
Auf die erste Nachricht von Kärolyi's Anmarsch gegen
diese Stadt, hatte FML. Freiherr von Kriechbaum, welcher das
Commando aus Cusani's Händen am 2. Juli übernommen, die Ver-
sammlung seiner Truppen bei Maros-Väsarhely angeordnet. Sowie er
— zwischen dem 21. und 25. — dort 5000 bis 6000 Mann concentrirt
hatte, setzte er sich ohne Verzug gegen Klausenburg in Bewegung. Die
Nachricht, eine 200 Mann starke Abtheilung Kaiserlicher sei von den
Kuruczen in einen Hinterhalt gelockt und aufgerieben worden, trieb
ihn zur Eile an. Konnte doch der kleinste Erfolg des Gegners die
leicht erregbare Bevölkerung jenes Landstriches veranlassen, Karolyi
in hellen Schaaren zuzulaufen.
Diese Befürchtung verwirklichte sich nicht. Karolyi rückte,
ohne FML. Kriech bäum abzuwarten, nach überstürzter Einstellung
der Belagerung über Thorda und Weissenburg (jetzt Carlsburg) nach
Mühlenbach. Dieses Städtchen, nur schwach pallisadirt und von nur
40 Kaiserlichen bewacht, fiel nach tapferer Gegenwehr, worauf die
Kuruczen die Bürgerschaft mit Weib und Kind nackt auszogen und
den Ort einäscherten. Nur die Pfarrkirche blieb erhalten -).
') ProtocoU der Registr. des R. K. M. 1708 und Kiieg's-A., Ungjii-Q 1708:
Fase. X. 5, 12 und 18, und XI. 2.
^j Kriegs-A., Ungarn 1708: Fase. VIII. 8.
138
Ohne Aufenthalt eilte Kärolyi über Deva und Brad in's obere
Thal der Weissen Koros, die Halmdgy. Ausser Stande den Flüchtigen
einzuholen, Hess Kriechbaura seine Truppen bei Mühlenbach ein
Lager beziehen; er selbst kehrte nach Hermannstadt zurück, wo sein
Aufenthalt von nur kurzer Dauer sein sollte. Wahrscheinlich um den
niederschmetternden Eindruck, welchen die Kunde der Schlacht von
Trencsin allerorts gemacht, zu paralysiren, hatte Karolyi sich ent-
schlossen, den Anschlag auf Klausenburg zu erneuern. Nachdem er
seinen gesammten Train nach rückwärts und in Sicherheit gebracht,
die Wege der Halraägy aber, etwaiges Nachdringen der Kaiserlichen
aufzuhalten, durch Verhaue gesperrt hatte, überstieg er das Gebirge
und erschien (wahrscheinlich durch das Thal der Aranyos) Ende
August abermals vor Klausenburg.
Die diesmalige Belagerung endete noch schneller, als die frühere.
FML. Kriechbaum, nach den ersten Meldungen über Karolyi's
Bewegungen, deren Ziel erkennend und hoffend, dem bis nun Unfass-
baren ,.eiuen guten Streich" anhängen zu können, war rasch nach
Mühlenbach geeilt, von wo er seine Truppen in Gewaltmärschen über
N.-Enyed und Thorda nach Norden führte. Auch diesmal gab Karolyi
auf die erste Kunde von K r i e c h b a u m's Nahen die Belagerung auf,
über Dees nach Kövar fliehend. Nur seine Nachhut ward nördlich
Szamos-Ujvar von den verfolgenden Raizen eingeholt. Sie verlor
30 Todte, 11 Gefangene und 56 Pferde. Nyuzo, welcher sich mit
2000 bis 3000 Pferden am rechten Szamos-Ufer herumgetrieben, gelang
es, ungefährdet nach Kövär zu entkommen, da plötzlich eintretende
Hochwässer den zu seiner Verfolgung entsandten General Graf
Montecuccoli Halt geboten ').
FML. Kriechbaum, welcher nach erneuter Verproviautirung
Klausenburgs dem Feinde im Szamos-Thale bis Apahida nachgerückt
war (5. September), sah sich zu seinem Verdrusse ausser Stande,
ihm an die Theiss zu folgen. Die geringe Stärke seiner noch nicht
ergänzten Regimenter — er verfügte kaum über 6000 Mann —
erlaubte ihm nicht einmal dem Befehle des Hofkriegsrathes Folge
zu geben, welcher die Regimenter Rabutin, Montecuccoli und Löflfel-
holz zum Verlassen Siebenbürgens anwies. Er musste sich begnügen,
den GW^I. von Graven mit den Cürassier-Regimentern Cusani
und Gronsfeld, 11 Conipagnien des Fuss-Regiments Löffelholz und den
Commandirten von Heister bei Szamos-Ujvar Stellung nehmen zu
lassen, um Bagosy zu beobachten, der mit einem kleinen Corps bei
*) Registr. des R. K. M., December 1708, Nr. 17.
139
Küvar stehen geblieben war. — Nachdem er das Fuss-Regiment Vir-
nioiid mit einiger leichten Reiterei nach Abrud-Banya vorgeschoben,
Hess Kriechbaum den Rest seiner Truppen bei Thorda ein Lager
beziehen (12. September).
Die mehrwöchentlicho Ruhepause, welche in Folge der Un-
thätigkeit der Aufständischen nunmehr eintrat, benützte Kriech-
b a u m dazu, die kleineren Kuruczenhaufen, welche das Land durch-
streiften , allenthalben aufstöbern zu lassen. Seine Streifparteien
arbeiteten hiebei mit soviel Glück und Erfolg, dass das Land sich
zusehends beruhigte. Die verlaufenen Bauern kehrten zurück, die
Zahl der Aufstcändischeu, welche an die Gnade desKaisers appellirten,
wuchs täglich ').
Unter diesen Umständen zog Kriechbaum das Detachement
von Abrud-Banya nach Hermanustadt, indess er ein aus den Regi-
mentern Pälffy und Neipperg formirtes von 300 Mann Szäszvaros
besetzen liess.
Das Pacifications-Werk erfuhr erneute Unterbrechung Anfangs
October. Von Norden her brach Paul B a g o s y in's Land, im Westen
tauchten, der Halmägy entsteigend, in der Gegend von Abrud Banya
die Schaaren Ladislaus Vay's, Michael Barcsai's und Valentin
Raküsi's — etwa 2000 Reiter — auf, die lebhaften Zuzug hatten.
Dieser concentrische Angriff veranlasste FML. Kriechbaum, am
4. October das Lager von Thorda nach Egerbegy zu verlegen und
General G r a v e n's Detachement an sich zu ziehen *). Doch auch
diesmal wagten die Aufständischen keinen ernsten Angriff. Paul
B a g o s y zog sich schleunigst zurück, als er erfuhr, dass nach
Klausenburg, wo bereits 11 Compagnien von Löffelholz und 40 deutsche
Reiter, noch 300 der letzteren und 100 Raizen unter General Monte-
cuccoli geworfen worden. Seine Nachhut unter Kurandi wurde
aber von einem Verfolgungs - Detachement des Letzteren eingeholt,
wobei Johann Dormay niedergehauen und eine Fahne erbeutet
wurde. Am 15. October stand Paul Bagosy in der Almas, vier
Meilen von Klausenburg.
Zu blutigeren Zusammenstössen, die aber auch meist zu Gunsten
der Kaiserlichen ausfielen, kam es in den Bergen um Abrud-Banya.
So hieb der Raizen-Capitain P i w o d a einen 100 Mann starken
Kuruczenhaufen unter Valentin Rakösi und einen 60 Mann zählenden
unter Ladislaus Vay zusammen. Obristwachtmeister Turicko und
') Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. ad 8 und Fase. X. 1.
2) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. ad 1.
140
Rittmeister Piombino wieder, zersprengteii gegen Älitte des Oetober
stärkere Kuruezenhaufen unter W e s s e 1 y und B ä n h ä z i. Der Aus-
nützung dieser Theilertolge und jeder grösseren Action trat nunmehr
die anhaltend schlechte Witterung, welche Schnee und Regen brachte,
in den Weg. Sie veranlasste den Feldmarschall-Lieutenant, die Truppen
Ende Oetober in Cantounemeuts zu verlegen. Die Regimenter Grons-
feld, Montecuccoli und Yirmond unter General von Graven kamen
nach Bistritz und Bethlen, das Regiment Darmstadt nach Szasz-Regen,
das Regiment Cusani unter GWM. Faber nach Maros-Väsärhely, das
Regiment Rabutin nach Schässburg. Szäszvaros blieb von 150 Reitern
und einiger Infonterie unter Obristlieutenant Pavlik besetzt. Die
Fuss-Regimenter Pälffy und Neipperg scheinen zum Theil die Be-
satzung von Bistritz und Hermannstadt gebildet, der Rest aber in den
wichtigeren Orten des Maros-Thales cantonnirt zu haben. Das Fuss-
Regiment Löffelholz und 400 Reiter blieben zu Klausenburg. In
Radnoth, einer Dependenz von Maros-Väsarhely und ein bei den Insur-
genten beliebter Uebergangspunct, in Mediasch und seiner Dependenz,
dem Schlösschen Baläsfalva und in Kronstadt standen Commandirte
zu Fuss und zu Pferd, zu Fogaras eine Frei-Compagnie ').
Die Truppen sollten sich ihrer Ruhe nicht lange freuen. Im
Laufe des Oetober waren die Ergänzungen der in Siebenbürgen
stehenden Regimenter endlich zu Peterwardein und Szegedin ein-
getroffen. Da ihr Commandant, General Baron Tige, es aber nicht
wagen konnte, den Marsch nach Siebenbürgen fortzusetzen, so lange
noch 8000 bis 10.000 Kuruczen in der Halmägy standen''), wies
Kriechbaum die Generale Graven und Montecuccoli an, von
Bistritz und Klausenburg gegen Sibo vorzustossen, den GWM. Faber
aber, mit Cusani- und Darmstadt-Cürassieren in's Aranyos-Thal vorzu-
rücken; unter dem Schutze dieser Diversionen sollte das Regiment
Rabutin mit einem Tlieile der Besatzung von Szäszvaros über Deva
und Körös-Bänya dem General Tige entgegengehen.
Diese Bewegungen wurden nicht eingestellt, als Tige sich durch
die unter seinen Mannschaften einererissenen Krankheiten und das
schlechte Wetter verhindert sah, nach Siebenbürgen zu marschiren.
Aber nur die nördlichste der Colonnen Kriechbaum's scheint auf
grössere Abtheilungen Aufständischer gestossen zu sein. General
') Krieg.s-A., Ungarn 1708; Fase. X. 20 und XI. 9.
-) Nacli Aus.sage eines am 7. November gefangenen Kuruczen-C'ai)itains
standen zu Magyar-Egregy unter Paul Orosz 5 Regimenter, zu Abrud-Bau^'a unter
Ladislaus Vay 1 Reiter-Regiment und 3 Fuss-Regimenter. Kriegs-A., Ungarn 1708;
Faac. XI. ad 9.
141
Graven überfiel und zersprengte in der Nacht zum 22. November
die etwa 2000 Mann starke SchaarOrosz' bei Karika, südlich Sibo,
Nach dieser letzten Action des Jahres 1708 in Siebenbürgen
bezogen die Kaiserlichen Anfangs December in dem vom Gegner
gänzlich geräumten Lande bleibend die Winterquartiere ').
Eine Störung der Winterruhe durch die Conföderirten war überall
so gut wie ausgeschlossen. Vor Allem fehlte es ihnen an Streitkräften.
Die vorhandene Infanterie reichte kaum für den Besatzungsdienst
der festen Plätze aus; nicht weniger kläglich stand es um die Cavallerie.
Die von Hause aus kleine Zahl tüchtiger Officiere, fast durchwegs
Franzosen und Schweden, war im Laufe des Feldzuges fast ganz
zusammengeschmolzen. Statt an Widerstand dachte Alles nur daran,
das Kostbarste in Sicherheit zu bringen. Unter diesen Umständen
meinte Rakoczi die Verwirrung nur zu steigern, wenn er versuchen
würde, das Feld zu behaupten; Bercsenyi mit einem Schatten von
Armee vor den Winterquartieren der Kaiserlichen belassend, nahm er
gegen Jahresschluss in Munkacs Quartier.
Ein furchtbarer Winter, unter dessen eisigem Hauche Alles
erstarrte , und die orientalische Pest , welche kurz nach der Jahres-
Avende 1707 auf 1708 an die Thore der Theiss- und Maros- Plätze
geklopft und seither schrecklich an Boden gewonnen hatte, vermehrten
die Unordnungen und die Verlegenheiten, in welche die Niederlage
von Trencsin die Conföderation versetzt hatte. Ihnen zu steuern, dem
Heer von Flüchtlingen, Weibern und Kindern aus den Comitaten
Pressburg, Neutra und Bars die geforderte Nahrung und Unterkunft
gewähren zu können und endlich neue Mittel des Widerstandes
zu schaffen, waren im November und December 1708 zu Tokay
und Särospatak Conföderations - Tage gehalten worden. Sie hatten
Räköczi Vollmacht gegeben, was Waffen tragen könne, aufzubieten.
Wer sich weigerte, ihm zu gehorchen, sollte als Feind des Vaterlandes
angesehen , wer aber gegen ihn die Waffen führte , ohne weitere
Umstände und ohne weiteren Process als Verräther hingerichtet werden.
Man könne die Freiheit , die Gesetze , Rechte und Privilegien des
Vaterlandes anders nicht, als durch Gewalt der Waffen herstellen,
argumentirten die Unversöhnlichen, Gründlichen und beständigen
Frieden zu erhalten, müsse man sich in Stand setzen, mit Macht zu er-
zwingen, was Bitten und Vorstellungen nicht zu Wege bringen könnten.
•) Kriega-A., Ungarn 1708; Fase. XI. 10., Fase. XII, 1 und 4.
142
Die Häupter Bezeredy's und Bo tk a's sollten dartbun, wie ernst
es den Secessionisten um ihre Drohungen sei. Die strengsten Zwangs-
massregeln sollten die Beschlüsse der Conföderations-Tage in die Er-
füllung überführen. Von freudiger Opferwilligkoit hatte der »Sonder-
bund in den ihm noch botmässigen Comitaten freilich nichts mehr
zu erwarten. Die Zwangsauflagen und Steuer-Executionen, die fort-
gesetzten Proviant-Ausschreibungen und Soldaten-Aushebungen, das
völlige Darniederliegen von Handel und Gewerbe, die allgemeine Un-
sicherheit und der Terrorismus der Regierungs-Mandate hatten die
längst schon verdrossene Stimmung insbesondere in Ober-Ungarn zu
bedenklicher Gährung gebracht. Der allergrösste Theil der Nation,
besonders aber die Städtebevölkerung, ersehnte heiss den Frieden.
Das Volk war es müde, sich noch weiters von einigen gewissenlosen
Führern plündern zu lassen, die durch die Pracht ihrer Tafeln und die
Schrankenlosigkeit ihrer Habsucht das Königreich erschöpft hatten *)•
Die Häupter der Secession waren sich dieser Richtung der
öffentlichen Meinung wohl bewusst. Schon Ende Mai, während des
Erlauer Conföderations-Tages, waren Stimmen laut geworden, welche
der Befürchtung Ausdruck gaben, die Nation werde sich der alten
Regierung wieder in die Arme werfen ^) und jeder Tag hatte seither
hiefür neue Belege gebracht. — Die Trostlosigkeit der militärischen
Situation lag offen zu Tage. — Der Hoffnung auf Hülfe von Aussen
endlich, auf die Hülfe Frankreichs, Peter I., der Pforte, konnten
sich nach den bisherigen Erfahrungen und den Kriegsereignissen des
Jahres 1708, die Führer des Sonderbundes um die Jahreswende nicht
mehr hingeben. Unter diesen Verhältnissen mochte die weitere Fort-
setzung des Kampfes den selbstischen Zwecken Rtikoczi's und
Bercsenyi's möglicherweise noch Glücksfülle bieten, das aus tausend
Wunden blutende Ungarn aber führte sie auf den Weg des Ver-
derbens.
Wiewohl es den kaiserlichen Waffen im Laufe des Jahres 1708
nur geglückt war, die Conföderirten in Ober-Ungarn von der Waag
') Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. II. Id und Fase. XIII. 1.,
„Graf Bercsenyi häuft für sich Gelder an. Kärolyi und die Anderen thun des-
gleichen." . . . „Alles will den Frieden und zieht die alte Unterdrückung der neuen vor,
welche der Graf von Bercsenyi tausendmal tyraiiischer au.sübt; denn das Königreich
ist ruinirt, die Truppen sind aus Mangel an Bezahlung genöthigt, zu stehluu und zu
desertiren, die Bürger und Bauern sind ihrer exorbitanten Belastung und der Noth-
wendigkeit, Alles umsonst zu liefern, überdrüssig."
»J Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. XIII. 9.
143
bis hinter die Grau zu werfen, war doch dieser Feldzug entscheidend
für den Ausgang des ungarischen Aufstandes. Von dem Tage an, da
des Prinzen Eugen Siege den Kaiserhof der Sorge um den itali-
schen Kriegsschauplatz überhoben und ihn befähigt hatten, dem
ungarischen und siebenbürgischen ein Mehr von Kräften zuzuwenden ;
von dem Tage an, da Joseph I. von den Alles verderbenden Ver-
mittlungsversuchen der Seemächte sich befreit hatte, war der unga-
rische Aufstand politisch und militärisch im unaufhaltsamen Nieder-
gange begriffen. Diese zum Gefühl gewordene Erkenntniss der Führer
wie der Masse der Confoderirten, ist als eine der Hauptursachen an-
zusehen, dass der seit 1705 erste Versuch, den Kaiserlichen im
freien Felde mit der Hauptkraft die Stirne zu bieten, am 4. August 1708
mit einer beispiellosen Niederlage endete, einer Niederlage, von
welcher die Conföderatiou sich nimmermehr erholen konnte. Dass
dieser Schlag nicht unmittelbar jene Wirkung hatte, welche der
Kaiserhof von ihm erwartete ; dass der ungarische Aufstand nicht schon
1708 vollends niedergeworfen wurde, ist weit weniger in der Wider-
standskraft Räkoczi's und seiner Partei, als in der Persönlichkeit
des kaiserlichen Feldherrn begründet.
Die vollständige Ausnützung des Sieges von Trencsin war eine
Aufgabe, welche nur ein General zu lösen vermochte, der mit allen
militärischen Fähigkeiten des wahren Feldherrn, die Talente des
Politikers, des Diplomaten und Administrators verband, — ein General,
welcher der ungarischen Frage volles staatsmännisches Verständniss,
dem unglücklichen Lande Vertrauen erzwingende Herzenswärrae ent-
gegenbrachte. Feldmarschall Heister, hart, hochfahrend, herrisch,
unfähig sich fremdem Willen zu beugen, fremdem Rathe Gehör zu
schenken, war ihr nicht gewachsen. Tapfer, thatkräftig und ent-
schlossen, nach rascher Entscheidung drängend, vermochte der Feld-
marschall an der Spitze seiner Reiter den Feind, wo er ihn fand,
niederzuschmettern, — aber auch nicht mehr.
Ereignisse in Neapel und Spaniscli-Toscana ').
Mit der Erstürmung Gaeta's am 30. September 1707 ^) war die
Eroberung des Königreiches Neapel, d. i. des dem Festlande Italiens
angehörigen Theiles des Königreiches beider Sicilien, äusserlich voll-
endet und abgeschlossen worden. Dass die Bevölkerung den Kaiser-
lichen auf ihrem raschen Siegeszuge allenthalben laut entgegenge-
jauchzt hatte, vermochte schärfer Blickende kaum zu täuschen. Das
Königreich war voll übelgesinnter Gemüther. Der Adel und der ihm
blut- und interessenverwandte Clerus war fast ganz anjouistisch, die
grosse Masse des Volkes von jenem Sinn für Veränderlichkeit
erfüllt, der ganz unberechenbar, stündlich einen Umschlag der Gesin-
nuns: befürchten Hess. Was diese Eventualität um so näher und
bedrohlicher zeigte, war die materielle Noth der Bevölkerung. Das
Königreich war von der früheren Regierung ganz unbeschreiblich
erschöpft und ausgesaugt worden. An eine baldige Erholung war
aber um so weniger zu denken, als Handel und Gewerbefleiss gänzlich
darniederlagen. Das Volk lebte elend und kümmerlich von einem
Tage auf den anderen ^}. Die politische Verwaltung, von jeher ver-
lottert, war nothgedrungen grösstentheils in den Händen geblieben,
in welchen sie vor der Eroberung des Landes durch die Kaiserlichen
gelegen hatte. Der Glaube an die neue Ordnung der Dinge war
nichts weniger als ein festbegründeter. Die hieraus erwachsende Un-
sicherheit und Unordnung aber ward gesteigert durch die Gefahren,
welche dem Königreiche von Aussen drohten. Vor Kurzem erst waren
die Türken an der Küste Apuliens gelandet, Angst und Schrecken
«) Siehe Tafel I.
2) Siehe Baud IX, Seite 191 dieses Werkes.
') Feldmarschall Dann an Prinz Eugen. Neapel, 2. Felirnar 1708; Kriejrs-A.
Neapel und Spanien 1708; Fase. II. 1.
145
verbreitend, zahlreiche Landesbewohner dem Loose der Sclaverei
überantwortend — nnd wieder ging das Gerücht von neuen türkischen
Sce-Küstiingen beunruhigend durch das Kcinigreich. — Ernster als diese
Gefahr, war jene, welche von Rom drohte. Seit Beginn des Krieges
war man in der ewigen Stadt ausgesprochen anjouistisch gesinnt
jrewesen. Mit dem Ing-rimm der Ohnmacht im Herzen hatte man hier
dem Feldmarschall Dann die Bewilligung gegeben, von Ober-Italien
über päpstliches Gebiet zu ziehen, — um Neapel zu erobern und da-
mit zugleich den Kirchenstaat vom Süden aus zu blokiren. Was man
damals der Gewalt der Waffen nothgedrungen zugestanden hatte, suchte
man jetzt durch die gefährlichere der Intrigue unwirksam zu machen.
Bald erfuhr man zu Neapel mit Bestimmtheit, dass im Kirchen-
staate geworben werde, — Gewaltsamer Angriff endlich drohte von
dritter Seite. So lange Sicilien nicht im Besitze der Kaiserlichen,
war das Königreich Neapel immer einer auf diese Insel basirten Inva-
sion ausgesetzt. Aus Intercepten entnahm Dann Anfangs April, dass
der Feind daran denke, einerseits zu Reggio mit den auf Sicilien
stehenden Truppen, andererseits zu Pescara mit den im Kirchenstaate
geworbenen zu landen. Mitte März wusste der Feldmarschall, es seien
vom Feinde 250 Officiere und 12.000 Flinten nach Sicilien gebracht
worden und zwei Kriegsschiffe zu Messina angelangt, welchen 11 andere
mit 3000 Mann in Bälde folgen sollten. Zudem war das Königreich
von Messina aus commerciell blokirt, was den Neapolitanern um so
mehr zu Herzen ging, als die Preise täglich stiegen und völliger
Mangel an den uothwendigen Lebensmitteln besorgt wurde *).
Die letzte Folge der allgemeinen Unsicherheit und Verwirrung
im Königreich Neapel war, dass dasselbe nicht einmal jene Summen
aufzubringen vermochte, welche die Erhaltung jener kleinen kaiser-
lichen Armee von 5 Reiter- und 5 Fuss-Regimentern erheischte, auf
deren Tapferkeit, Mannszucht und Ansehen allein die Behauptung
dieser Eroberung im Besitze des Hauses Oesterreich beruhte. Die
zwei Hauptgrundöätze, welche in Wien für die Apenninische Halbinsel
aufgestellt und immer wieder eindringlichst betont wurden: dass der
Krieg in Italien den Krieg ernähren und dass man die Bevölkerung
moralisch erobern müsse — diese zwei fast unvereinbaren Grundsätze
brachten den auf die Erhaltung seiner Truppen bedachten Feldmarschall
in die peinlichste Lage. Er musste sich gleichsam mit dem begnügen,
was das Volk freiwillig gab, und das reichte kaum hin, das nackte
Leben zu fristen. Von einer Auszahlung der Gagen und Wochen-
1) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. III. 3; IV. 2-
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 10
146
gelder, von einer Bedeckung der vielfachen Erfordernisse, welche die
Operations- und die Schlagfähigkeit der Truppen bedingten, von einer
Instandsetzung und Ausrüstung der gänzlich verwahrlosten festen
Plätze des Landes, endlich von einer Completirung der im Königreiche
neu errichteten vier spanischen Regimenter, ihrer Bekleidung, Aus-
rüstung und Remontirung, konnte kaum die Rede sein *).
Darum drang Feldmarschall Dann energisch darauf, dass Car-
dinal Grimani, dem Karl IIL am 6. Februar 1708 ad Interim die
Würde eines Vice-Königs und General-Capitains von Xeapel verliehen
hatte, ehemöglichst au die Spitze der Verwaltung trete, damit die
Unsicherheit der Regierung behoben, das Volk durch eine Avohlcin-
gerichtete Verwaltung zu Glauben und Vertrauen gebracht, die Tribunale
zur Erfüllung ihrer Pflicht angehalten und die Finanzwirthschaft ge-
ordnet werde — lauter Dinge, die später ungleich schwieriger zu bewerk-
stelligen sein würden *).
Schon im Jänner hatte Feldmarschall Dann dargelegt, dass
3000 Reiter im Königreiche Neapel ausreichend wären und dass es
sich hiernach empfehle, den Ueberschuss zur Entlastung des Landes
aus demselben zuziehen. Der Kaiser gab diesem Vorschlage am
22. Februar seine Genehmigung und bestimmte, dass das Cürassier-
Regiment Xeuburg und das Dragoner-Regiment Vehlen von Neapel
nach Ober-Italien zu senden seien. Der Marsch dieser Truppenkörper
gab zu neuen Reibungen mit dem Papste Anlass. Da Clemens XL
erklärte, die Passage nur auf der Route über Ascoli zu gestatten, und
sein Nuntius zu Neapel diese Erklärung dahin erweiterte, der Papst
sei entschlossen, eher zu brechen, als den Marsch über Terracina zu-
zugeben, ja sogar Anstalten getroffen wurden, den Durchzug hier
gewaltsam zu verhindern, mussteDauu, welcher über die Intentionen
des Wiener Hofes zudem nicht aufgeklärt worden, den beiden Regi-
mentern die Route über Porto Ascoli vorschreiben. Beide Truppen-
körper, welche die vornehmen Kriegsgefangenen aus Neapel nach Ober-
Italien zu escortiren hatten, brachen am 27. März auf").
Um die Küsten des Königreiches einerseits gegen die drohenden
Raubzüge der Türken, andererseits gegen die auf SiciUen basirten
Unternehmungen der Gallo - Hispanier sicherzustellen, sandte Feld-
marschall Dann Ende März den FÄIL. Grafen Caraffa mit seinem
Cürassier- und dem Wetzelschen Fuss-Regiment in die Provinzen
J
») Krieg.s-A., Neapel 1708; Fase. II. 1, G, 7 ; IV. 2.
^) Dauu an Piinz Eugeu. Neapel, 11. April 1708. Krieg.s-A., Neajjel 1708;
Fa.sc. IV. 2.
•^j Kriegs-A., Neapel 1708; Fa.sc. I. 1; II. 3 Vi; III. 3 im.l 4.
147
Calabria Ultra und Citra. Das letztgenannte Regiment sollte Reggio
am Faro di Messina besetzen, wo mau später auch ein Verpflegs-
Magazin einzurichten beabsichtigte. Nur nothgedrungen hatte Daun
dieses wichtige Commando Oaraffa gegeben. Dieser General zählte
im Königreiche zu den bestgehassten Männern. Wiederholt hatte daher
der Feldmarschall seine Versetzung auf einen anderen Schauphitz
beantragt. Der Maugel an Unter-Generalen und die militärische Tüch-
tigkeit Caraffa's nöthigten aber, den Befehl in Calabricn dennoch
ihm anzuvertrauen *).
Die Entsendung Caraffa's nach Calabrien hatte indess keine aus-
schliesslich defensive Tendenz 5 sie war gleichzeitig eine Vorbereitung
für jenes Unternehmen, durch welches, wenn rechtzeitig ausgeführt,
nach des Feldmarschalls Ansicht allen dem Königreiche drohenden
Gefahren am wirksamsten begegnet werden mochte: eine Einleitung
für die nach Sicilien zu tragende Offensive. lu der That beschäftigte
die Eroberung dieser Kornkammer Italiens nicht nur den Ober-
General und seinen Nachfolger im Befehle, sondern auch die Höfe von
Wien und Barcelona die grössere Hälfte des Jahres. In Neapel im
Besonderen war die Thätigkeit Da uns in der ganzen ersten Hälfte
des Jahres von diesem Einen Gedanken beherrscht. Als Oaraffa
nach Calabrien gesandt worden, hatte er Weisung, in Messina ge-
heime Verbindungen anzuknüpfen, um über die Vorgänge auf der Insel
stets in Kenntniss zu sein. Freilich war an die Eroberung Siciliens,
durch welche D a u n's Werk erst gekrönt worden wäre, so lange nicht
zu denken, als nicht die 3500 Recruten, welche die stark gelich-
teten Reihen der fünf kaiserlichen Fuss-Regimenter zu füllen bestimmt
waren, in Unter-Italien angelangt sein würden. Dann aber und unter
Voraussetzung des zeitgerechten Eintreffens der seemächtlichen Mittel-
meer-Flotte, glaubte sich Daun stark genug, mit Aussicht auf Erfolg
an die Ausführung schreiten zu können. Er gedachte in diesem
Falle nur die drei Castelle von Neapel, dann Gacta und Capua von
Kaiserlichen besetzt zu halten, im Abruzzo 500, im spanischen
Toscana 1000 Mann zu belassen, alle anderen Truppen aber auf
Sicilien zu werfen, dessen Besatzung angeblich aus 5000 Mann
spanischer Truppen bestand. Am 28. April war der zu Toulon vorbe-
reitete Succurs für Sicilien zu Palermo eingetroffen. Er zählte unter
Mab 0 n's Commando sechs Bataillone (Spanier und Franzosen) und
ein Dragoner-Regiment. Diese Truppen wurden in die wichtigsten
Plätze der Insel verlegt, während der Schiffs-Convoi bis auf drei
') Kiiegs-A., Neapel 1708; Fase. I. 1; III. 1 ; IV. 1 ; V. 2 uncl 3.
10*
148
Kriegsfahrzeuge, welche zu Messina Station nahmen, nach Toulon
zurückkehrte ').
Die Aussichten auf einen glücklichen Erfolg der sicilianischen
Expedition gestalteten sich im Laufe des Frühlings durch ein unvor-
hergesehenes Ereigniss günstiger, als man erwartet hatte.
Am 7. Juni, dem Fx'ohnleichnamstage, kam es in Palermo zu
einem blutigen Aufstande. Die Veranlassung war, dass der Oberst
Mahon, ein Irländcr, die Stadt Palermo mit seinen fremdländischen
Truppen besetzen wollte, wobei er die Bürger und Handwerker über-
ging, welche das Privilegium hatten, ihre Stadt, mit Ausschluss selbst
der königlich spanischen Truppen, allein zu bewachen. Da Mahon
auf den Widerstand der Bevölkerung stiess, versuchte er sich einiger
Posten mit Gewalt zu bemächtigen. Das Volk wüthend, gab auf die
Irländer Feuer. Der Vice-König Avurde in seinem Palaste förmlich
belagert. Es gelang ihm indess, nach Melazzo bei Messina zu ent-
kommen. — Neuere Berichte besagten, Palermo habe sich zu Gunsten
Karl III. erklärt. Nicht nur die gallo-hispanischen Truppen, sondern
auch die französisch Gesinnten seien niedergemacht worden. D a u n
sandte auf die erste Nachricht von diesem Ereignisse eine Feluke
nach Palermo, welche deren Bestätigung mit dem Beifügen zurück-
brachte, dass die Stadt ganz in Händen der in Waffen stehenden
Palermitaner sei. Der Feldmarschall expedirte den Bericht unver-
züglich an den Kaiser, an Karl HI. und Prinz Eugen, und legte
nahe, welche Vortheile sich aus diesem Geschehnisse ziehen Hessen,
wenn man von der verbündeten Flotte zehn Kriegsschiffe, von Neapel
3000 bis 4000 Mann dahin senden würde ').
Weder in Wien, noch in Barcelona fehlte es an Willen, auf
Daun's Vorschläge einzugehen. Am 13. Juni wies der Kaiser den
Feldmarschall neuerdings an, die Vorbereitungen zur sicilianischen
Expedition eifrigst fortzusetzen, und auch Karl III. trug sich um
diese Zeit ernster denn je mit dem Gedanken an die Eroberung der
Insel. Aber es fehlte an den hiezu unerlässlichen Mitteln. Noch Hess
sich nicht absehen, wann der so nothwendige Ergänzungs-Transport
der 3500 für Neapel bestimmten Recruten daselbst eintreffen werde,
und ebenso unberechenbar war die unentbehrliche Mitwirkung der
verbündeten Mittelmeer-Flotte. Wurde doch nicht einmal Daun's
dringende Bitte erfüllt: zur Freihaltung der Communication in der
Meerstrasse von Messina über einige Kriegsschiffe verfügen und damit
die Getreidetransporte sichern zu können, welche die Bevölkerung
') Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. IV. 2 uud 3; V. 1. — Quincy, Histoire militaiie.
*) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. V. l iiiifl 5; VI. 5 und G.
149
Neapels hungeincl erwartete. Mitte Juli antwortete Admiral Leake,
er dürfe sich nicht schwächen und habe Ordre, nach Catalonien zu
segeln. Vergebens hatte Dann in jedem seiner Berichte eine
bestimmte Entscheidung bezüglich Siciliens erbeten und dabei betont,
dass ein Vorschub derselben ihn in seiner gesammten Thcätigkeit, in
allen seinen Massnahmen, insbesondere in seinen Absichten bezüglich
des spanischen Toscana lähme *).
Im spanischen Toscana hatten die Dinge in der That
eine Entwickeluug genommen, welche dem Ansehen der kaiserlichen
Waffen nichts weniger als günstig war. Nach der Einnahme von Orbi-
tello am 21. December 1707 durch General Wetzel war auch den
Winter über keine Waffenruhe eingetreten. Ohne von Daun hiezu
ermächtigt zu sein und nach dessen Ansicht viel zu frühe, war der
Interims-Commaudaut von Orbitello, Obrist Graf Wallis, zum Angriffe
auf Piombino geschritten , das sich nach kurzer Gegenwehr am
18. Jänner 1708 ergab. Der Obrist, der auf seinen Lorbeeren nicht
ausruhen wollte, machte sich mit ganz ungenügenden Kräften an die
Belagerung Port' Ercole's, das er von der Landseite angriff. Sich der
Höhe La Tessa bemächtigend, beschoss er von hier aus das Castell
S. Felipe, ohne indess durchdringen zu können. Kläglicher noch
endete sein Versuch, durch Einnahme von Porto Longone auf Elba,
diese Insel unter die Botmässigkeit Karl III. zu bringen. Dieser
Posten, fortificatorisch viel zu stark, um mit 300 oder 400 Mann
bezwungen werden zu können, war der Schlupfwinkel aller Seeräuber
des Tyrrhenischen Meeres, die von hier aus die Verbindung zwischen
Neapel und Final di Spagna, d. h. mit Mailand, und zwischen ersterem
Königreiche und Catalonien gefährdeten, dagegen jene zwischen Frank-
reich und dem Kirchenstaate begünstigten. Wallis hatte zwar, im
Besitze Porto Ferrajo's, festen Fuss auf der Insel, aber Daun
bezweifelte doch, ob er dieselbe werde behaupten können. Darum
betrieb er Anfangs Februar eifrigst die Absendung von Verstärkungen
dahin. Das Vorausgesehene traf zu. Was die Wegnahme Port' Ercole's
imd Porto Longone's besonders erschwerte, war der Umstand, dass
die Kaiserlichen nicht zu hindern vermochten, dass der Herzog von
Tursis, welcher einige Galeeren befehligte, diesen Posten ab und
') K. Joseph I. all Uaiiu. Wieii, 13. .Juni 1708. Kriegs-A., Neapel 1708;
Fase. VI. 3' 2. — Karl III. aii Daim. Barceloua, "20. Juni 1708. Kriegs-A., Neapel 1708;
Fase. VI. 7, danii Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. I. 1; IV. 2 und 3; V. 1 ; VI. 1
und VII. 16.
150
zu kleiue Verstärkiuig-en, Älunition und Lel)ensmittel auf dem Seewege
zuführen Hess. So kam es, dass der Vertheidiger Porto Longone's
bald stärker war, als der Belagerer; dass jener Ende März die Castelle
S. Pietro und S. Marco nehmen und Anfangs Mai durch einen Ausfall
mit 400 Mann den Belagerer zu Scaporta und Bonatro zu delogiren
vermochte. Zwar verlor er diese Posten in der Nacht zum 14. Mai
wieder, aber in einem zweiten Ausfalle bemächtigte er sich des Postens
von Kiro (^S. Ilario'?\ Avorauf Wallis sich unter die Kanonen von
Porto Ferrajo zurückzog und am 26. Mai nach Piorabino zurück-
kehrte *). — Feldmarschall D a u n war über die Schlappe nicht
weniff erzürnt. Wiederholt schon hatte Wallis sich in Unter-
nehmungen eingelassen, zu welchen er weder ermächtigt, noch stark
genug war. Hatte jener Misserfolg an sich auch keine grosse Bedeutung,
so sorgte man doch feindlicherseits dafür, dass allenthalben davon
gesprochen und geschrieben wurde. Zudem lief der wichtige Gretreide-
transport Gefahr, unterbrochen zu werden. Daun sah sich genöthigt,
AV a 1 1 i s weitere Unterstützung zukommen zu lassen. Die Rücksicht
auf die beabsichtigte Expedition nach Sicilien hinderte ihn aber,
genügende Kräfte zur Wiederaufnahme der Offensive zu senden. Also
bedeutete er dem General-Feldwachtmeister am 5. Juni, dass unter
den augenblicklichen Verhältnissen an die Wiederbesetzung Elba's
weniger, als an die Behauptung Piombino's und Orbitello's gedacht
werden müsse, Wallis ward angewiesen, nach dem Eintreffen des
ilim zugedachten Bataillons vom Regiment Heindl alle dortigen Com-
mandirten der anderen Regimenter nach Neapel zurückzusenden. Im
Juli erst nahm Cavaliere Pallavicini die Blokade Porto Lon-
gone's zur See wieder auf *).
Unter diesen Umständen war die erste Hälfte des Jahres ver-
strichen, ohne dass die militärische Lage in Unter- und Mittel-Italien
eine Veränderung erfahren hätte. Kaum erfolgreicher Avar in dieser
Zeit Da uns Thätigkeit auf dem Gebiete der inneren Politik. Sie
Avar hier eine vorwiegend staatspolizeiliche. An die Abführung der
vornehmsten neapolitanischen Kriegsgefangenen gelegentlich des Aus-
marsches der Reiter-Regimenter Neuburg und Vehlen, reihte sich
die Verhaftung politisch Verdächtiger, die weder die Klostermauern
des Monte Oliveto, noch die Herzogskrone zu schützen vermochten.
Mit starker Hand griff Daun in das Treiben der neapolitanischen
Geistlichkeit, aber noch hielt er es nicht für räthlich, die Geldausfuhr
') Kriegs-A., Neaix;! 1708; Fase. I. 4; II. 1: III. G mi.l VII. 2i; «laun
Quiucy, Histoirc niilitaiie. — Wallis war Ende April zum Geueral-Feldwaditnieister
eruaunt worden.
151
nach Rom einzustellen und die Sequestration der auswärtigen Geistlichen
im Königreiche zustehenden Beneficien durchzuführen, welche Karl III.
angeordnet hatte. Erst als die Gerüchte von türkischen See-Rüstungen
verstummt waren, die Ernte vor der Thüre und die Ankunft der ver-
bündeten Flotte im Mittelmeere in naher Aussicht stand, schritt
Daun an die Republication jenes königlichen Rescripts. Seine Zurück-
haltung ward zu Wien nicht gerade billigend zur Kentniss genommen ').
So lagen die Verhältnisse , als zu Anfang Juli im Königreiche
Neapel jener Wechsel in der obersten Civil- und Militär- Verwaltung
eintrat, welcher durch Karl III. Resolution vom 6. Februar I708
inaugurirt worden war. Bereits am 30. Mai hatte J o s e p h I. an Daun
ein Handschreiben erlassen, das ihm zu wissen machte, er sei zum
Commando der in Ober-Italien stehenden kaiserlichen Truppen berufen.
Der Kaiser und Prinz Eugen hatten Alles gethan, den Feldmarschall
in Unter-Italien belassen zu können. Nachdem die Entscheidung durch
zwei Monate hinausgeschoben worden, hatte Feldmarschall Rabutin's
Erkrankung endlich zu diesem Entschlüsse genöthigt. — An die Spitze
der Civilverwaltung trat Cardinal Grimani, die Würden eines Vice-
Königs und General-Capitains in sich vereinigend, als letzterer auch
oberster Befehlshaber der im Königreiche stehenden spanischen Truppen;
das Commando der kaiserlichen Streitkräfte übernahm am 2. Juli,
dem Tage der Abreise Daun's von Neapel, der Feldmarschall Prinz
Philipp von Hessen-Darmstadt^).
War schon die Theilung der Civil- und Militär-Gewalten sehr
bedenklich, so war die Existenz zweier militärischen Befehlshaber eine
Gefahr. In richtiger Erkenntniss derselben bat daher der Prinz von
Hessen-Darmstadt schon am 3. Juli Karl IIL, ihm auch das
Commando der königlichen Truppen anzuvertrauen, wofür sich der
Wiener Hof früher schon verwendet hatte. Dank dieser Intervention
ertheilte Karl III. dem Prinzen am 4. Juli das Patent als „guber-
natore generale degli arrai" im Königreiche Neapel, ohne dass damit
in dessen Hand jene Machtvollkommenheit gelegt worden war, Avelche
die Verhältnisse erheischten. Der Cardinal war und blieb als Vice-
König und General- Capitain für die spanischen Truppen die Erste
Person im Königreiche. In seiner Machtbefugniss lag die Ernennung
und Absetzung der Commandanten aller festen Puncte des Landes.
Aus seiner kargenden Hand empfingen die kaiserlichen Regimenter
das zur Fristung ihrer kümmerlichen Existenz Nothwendigste.
Reibungen konnten da nicht ausbleiben. Im Laufe der Zeit mussten
') Kriegs-A,, Neapel 1708; Fase. V. 9; VI. 2; VII. 24.
2) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. V. 11 und 12; VII. 2 und 4.
152
die natürlichen Gegensätze zwischen dem Cardinal und dein kaiser-
lichen Ober-General immer schärfer fühlbar werden. Der letztere ver-
trat das Interesse seines Kriegsherrn, das er mit dem der ihm anver-
trauten Truppen identiücirte. Der Cardinal war berufen, das Interesse
seines Königs zu wahren, das mit dem des Kaisers nicht durchwegs
übereinstimmte. Man beschuldigte ihn unverhüllt, zwischen den
erlauchten Brüdern Misstrauen zu säen. Die kleine im Königreiche
stehende österreichische Armee betrachtete Grimani als ein noth-
wendiges Uebel, dessen man sich , um Herr des Landes zu sein,
ehemöglichst entledigen müsse, am einfachsten dadurch, dass man die
Truppen materiell zu Grunde gehen liess. Zu dem war Grimani
Italiener und — Cardinal; seine geistliche Würde legte ihm, wie das
beider Verschärfung der Beziehungen zwischen Wien und Rom, zu Tage
trat, praktisch Rücksichten auf, die sich mit seinen Pflichten gegen
Joseph I. und Karl III. kreuzten. Fast will es scheinen, dass
er den Bestand einer der Curie gefährlichen Streitmacht im Königreiche
perhorrescirte , denn mit bemerkenswerther Unparteilichkeit liess er
auch die Truppen seines königlichen Herrn materiell zu Grunde gehen.
In der ersten Zeit ihres Zusammenwirkens war das Verhältniss
zwischen Grimani und dem Prinzen Philipp indess ein erträgliches.
Der Erstere liess es an Versprechungen nicht fehlen und der Letztere
glaubte vertrauensvoll an den guten Willen, sie zu erfüllen.
Aber mit jedem Tage stieg das materielle Elend der Regimenter,
welche nach dem Rechnungsabschlüsse vom 1. Mai 1708 nicht weniger
als 388.115 fl. 28 kr., einen siebenmonatlichen Sold, zu fordern hatten.
Die A erhältuisse im spanischen Toscana überschauend, kam der Prinz
zu dem gleichen Schlüsse, Avie seine Vorgänger. Man musste sich hier
vorläufig auf die reine Abwehr beschränken. Da ein Anschlag auf
Piombino, auf Corsica basirt, ganz gut ausführbar war, erhielt Wallis
Befehl, diesen Platz nach Möglichkeit in Vertheidigungsstand zu setzen.
Von der Xothwendigkeit durchdrungen , die Verhältnisse an der
toscanischen Küste so bald wie nur möglich einer endgiltigen Rege-
lung zuzuführen, gab der Prinz indess dem General-Feldwachtmeister,
wie dem Obristen Fahre, schon am 3. Juli Weisung, die vom Feinde
noch besetzten Puncte eingehend auszuforschen und zu berichten
wie man sich derselben mit den geringsten Opfern bemächtigen
könne •).
Die wichtigste der Aufgaben, welche der Prinz von seinem Vor-
gänger übernommen hatte, war die Expedition zur Eroberung Siciliens.
*) Kriegä-A., Neapel 1708: Fase. VI. 7; VII. 7, 8 uud 12.
153
Joseph [. gab am 14. Juli die bedingungsweise Geuehmiguug zur
DiircbfiUirung dieser Unternehmung, die aber zu unterhissen wäre, wenn
sich grössere Schwierigkeiten ergäben. Eine Uebersicht der zu dieser
Operation disponiblen Streitkräfte zeigte, dass diese viel zu schwach
wären, um auf Erfolg hoffen zu können. Alles was er nach Sicilien
absenden könnte, berichtete der Prinz am 24. Juli dem Kaiser, wären
3600 Mann Fussvolk, 1000 Reiter und 1000 Mann ganz unverlässlicher
Hülfstruppen. Dieses Corps würde für das Unternehmen kaum genügen,
das Königreich Neapel aber gleichwohl bedenklich entblösst werden.
Er müsse daher um die baldige Zusendung der Recruteu und Re-
monten und zweier Fuss-Regimenter aus der Lombardei bitten. Eine
Woche früher hatte der Prinz die Forderung Da un's, für die sicilia-
nische Expedition in den österreichischen Häfen 3000 Croaten bereit
zu halten, erneuert. Da der Feind namentlich zu Messina und Melazzo
sich zum kräftigsten Widerstände eingerichtet hatte und es den in
Neapel stehenden Truppen an der erforderlichen Ausrüstung fehlte,
trat der Gedanke an die Eroberung Siciliens immer mehr in den
Hintergrund ').
Die grössten Schwierigkeiten bereitete der beabsichtigten Unter-
nehmung gegen Sicilien die Haltung Roms. Nach den Berichten des
Grafen Kaunitz und des dortigen kaiserlichen Residenten müsse
mau als gewiss annehmen, meldete der Prinz von Hessen-Darmstadt,
dass das päpstliche Absehen auf das Königreich Neapel gerichtet sei.
Dies zwinge, dessen Grenze gegen den Kirchenstaat entsprechend zu
bedecken. Geschehe dies nicht, so heisse das mit Rücksicht auf die
beabsichtigte Operation gegen Sicilien, auf Eroberung eines fremden
Landes mit zweifelhaftem Kriegsglück ausgehen, das in Händen
habende aber dem feindlichen Raube preisgeben *).
») Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VII. 13, 14, 17 und 18.
2) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 2.
1
Der Feldzng in den West- Alpen').
War das Kriegsjalir 1707 in Italien in seinen Ergebnissen auch
hinter den Erwartungen zurückgebHeben, welche die Seemächte und ihr
zweifach begünstigter Schützling Victor Amadeus von Savoyen
gehegt hatten, so war doch das Erbe des glorreichen Jahres 1706
in dem folgenden Feldzuge durch die Einnahme von Susa um ein
Wichtiges bereichert worden. Im Besitze dieses Vereinigungspunctes
der Strassen über den Mont Cenis und den Mont Genevre wäre Frank-
reich immer in der Lage gewesen, zu beliebiger Stunde grosse Massen in
das Po-Thal zu werfen, oder auf ihn gestützt, Savoyen und die Dauphine,
unter Umständen selbst Nizza und die Provence, gegen Invasions- Ver-
suche aus der Po - Ebene wirksam zu vertheidigen. Darum betonte
C a t i n a t nach Susa's Fall laut die Nothwendigkeit, es wieder zu
gewinnen ; ohne dasselbe sei weder auf die Thäler von S. Martino und
Pragelato, noch auf Fenestrelle zu rechnen, diese letzten Keste ober-
italischen Bodens, auf denen noch Frankreichs Banner wehte.
Bald nach dem Falle von Susa hatte der in den West- Alpen zeitlicli
einfallende Winter beide Theile zum Bezüge der Quartiere genöthigt.
Eine Störung der Waffenruhe war auf diesem Schauplatze des grossen
Kriegstheaters um so weniger zu befürchten, als der lange und immer
rauhe Winter die wenigen Uebergänge über das grossartige Hoch-
gebirge, das vom Simplon bis zum Col di Tenda die Po-Niederung
umspannt, gänzlich verlegt und die Debouchcen dieser gewaltigen
Barriere überdies beiderseits von festen Puncten gesperrt waren ").
>) Welle Tafel II,
^) p-raiizösischcrsi'its, al)p;e.seli('n vou Perosa, Fenestrelle niul Exilles, durcli
Briau(,on, Scliloss Queiias, Mont Danpliiu, Enibrun, Arche, Colmars, Eiitrevaux, Monaco,
Nizza, Antiltes, Toulon, Sisteron, Gap, Grenoble, Furt liarraux, Fort de TEcluse und
Lj'ou ; — verbündeterseits durcli Fort Bard, Susa, Piuerolo, Saluzzo, Cuneo und Demonte
und den Centralplatz Turin.
155
Unter diesen Umständen hatten sich die Verhüudeteii nur dem
Namen nach durch eine Postirung gegen die Ausfallspforte von Perosa
gesichert; dagegen waren zu Susa, an dessen Instandsetzung und
Erweiterung eifrigst gearbeitet wurde, von den 11 kaiserlichen Regi-
mentern etwa 1500 Mann Commandirte und 9 piemontesische Bataillone
belassen Avordeu '). Die Truppen des Herzogs von Savoyen hatten sich
im Piemontesischen ausgebreitet, die Kaiserlichen im Lombardischen und
Mantuanischen und zum Theile in Ferrara, die deutschen Hülfsvölker
aber am rechten Po-Ufer, die Preussen in und um Piacenza und
Parma, die Sachsen - Gothaer im Mantuanischen. Diese Gruppirung
ward den ganzen Winter über und bis Mitte April unverändert
beibehalten. Nur erfuhr der Truppenstaud der Verbündeten in Ober-
Italien durch das Abrücken der nach Neapel, Catalonien und nach
Deutschland bestimmten Verstärkungen eine bedeutende Verringerung.
Von den 95 Bataillonen und 60 Escadronen, welche französischer-
seits an den West-Alpen verblieben, waren 40 Bataillone zwischen
Briancon, Perosa und Exilles, der Rest aber in Savoyen, in der
Nieder-Dauphine und in der Grafschaft Nizza untergebracht worden.
Die Cavallerie und die Dragoner am Rhone. M e d a v i, an T e s s es
Stelle in der Dauphine und in Savoyen commandirend , hatte sein
Quartier zu Grenoble ; d'Artaignan, in Nizza und in der Provence
befehligend, das seine zu Grasse genommen. Briancon, Embrun, Antibes,
Fort Barraux und Grenoble dienten als Basis-, beziehungweise Depot-
Puncte. Diese Gruppirung der französischen Streitkräfte erfuhr im Laufe
des Winters nur geringe Veränderungen, wiewohl die Vertheilung der
Kräfte ständig Gegenstand lebhafter Erörterung war. Schon in diesen
Discussionen machten sich aber die grossen Schwierigkeiten geltend,
welche nach dem Verluste von Susa die Vertheidigung der Alpen-
grenze gegen Piemont bot.
Da Ludwig XIV. sich für einen Vertlieidigungs-Entwurf erst
dann entscheiden wollte, wenn Stärke und Absicht der in Italien
stehenden Verbündeten besser erkennbar, benützten die Franzosen die
Zeit zur möglichst sorgfältigen Vorbereitung des eventuellen
Operations-Schauplatzes in fortificatorischer und administrativer
Beziehung. Das feldmässig befestigte Lager von Bourg St. Maurice, die
Feldwerke von Modane, sowie jene an den Deboucheen des grossen
und kleinen Mont Cenis, Lanslebourg und Thermignon, wurden vervoll-
kommnet. Die Posten vonOulx, Exilles und Fenestrelles, Perosa, die Ver-
schanzuugen im Thale von Barcelonette, wurden theils neu befestigt,
»J Siebe IX. Band, Seite 169 dieses Werkes.
156
theils verstärkt. Die Küste vuin Var bis Marseille ward mit Posten ver-
sehen. Alle Wege, auf welchen die Verbündeten im Vorjahre in die Pro-
vence eingebrochen, wurden unbrauchbar gemacht. Sospello ward ver-
schanzt und sperrte die vom Col di Teuda herabtührunde Strasse, wie
San Martiuo und Lantosca die Verbindung über den Col delle Finestre.
Dagegen vereitelte Victor Am ade us die Absicht der Franzosen, Saorgio
und Dolceacqua zu nehmen, indem er einige Bataillone dahinwart".
Im März bekamen die Franzosen die ersten unsicheren Nachrichten
über Stärke und Absichten der Verbündeten. Sie veranlassten Medavi,
für die nächst Oulx und Perosa stehenden Truppen Marschbereitschaft
anzuordnen.
Indess auf französischer Seite die Schwierigkeit, die ausgedehnte
Alpengrenze gegen alle möglichen Angriffe zu schützen, immer fühl-
barer wurde, beschäftigte sich Victor Amadeus mit der Ueberlegung
und Vorbereitung des vom Wiener Hofe redigirten Offensiv-Planes').
Der Vorstoss über den Mont Cenis nach Savoyen versprach in
der That Erfolg. Gerade das Vorjahr hatte gezeigt, wie viel Zeit den
Franzosen die Vereinigung ihrer längs des Alpenkammes vertheilten
Streitkräfte koste. Gelang es den Verbündeten, diese Vertheidigungs-
Barriere an Einem Puncte zu durchbrechen, so erübrigte den nunmehr
getrennten Theilen nichts, als die Vereinigung rückwärts, an der
Isere, zu suchen. Auf diese Weise gelang es vielleicht, Perosa, Feue-
strelle und Exilles völlig zu isoliren und zu nehmen, ehe die Franzosen
Hülfe bringen mochten. Die Offensive durch das Are-Thal war nur in
Einem Sinne gefährlich. Im Besitze von Exilles , von Oulx , des Col
de la Roue und Mont Genevre, konnten die Franzosen dem Rücken
der Verbündeten sehr gefährlich werden, um so gefährlicher, als der
Nachschub der Verpflegung und der Artillerie der Invasion ohnedies
Verlegenheiten genug bereiten musste. Liessen die Verbündeten aus
dem Tliale von Aosta auf der einzigen noch fahrbaren Verbindung
über den Hauptkamm der West-Alpen, über den kleinen St. Bernhard,
ein abgesondertes Corps in die Tarantaise hinuntersteigen , so band
dieses nicht nur einen Theil der feindlichen Kräfte, es sicherte dem
Gros der Ai'mee einen neuen Nachschubs- und im äussersten Falle einen
zweiten Rückzugsweg. Die Durchführung dieses Operations -Planes
bedingte die Versammlung der Hauptmacht im Thale der Dora
Riparia. Die Truppen waren also auch in dem Falle, als die Fran-
zosen offensiv auftraten , auf dem rechten Platze, Die Hoffnung
auf die Wegnahme von Perosa, Fenestrelle und Exilles, durch welche
•) Siehe „Kriegspläue", Seite 37.
157
des Herzogs Besitz so schön abgerundet werden konnte, war in seinen
Augen jedenfalls ein hoclibedeutendes Moment.
Diesen Operations - Entwurf in Ausführung zu bringen , di'ang
Victor Amadeus schon zu Beginn des Februar in den Kaiser,
er möge seine italienische Armee auf einen Fuss setzen, welcher sie
befähige, offensiv aufzutreten'); gleichzeitig verlangte er, dass die Ver-
pflegung derselben ja rechtzeitig sichergestellt werde '*). Unter dem Ver-
wände, der Feind trage sich mit einem Anschlage auf Susa, wünschte
er über das kaiserliche Contingent frühzeitig verfügen zu können.
Jedem feindlichen Unternehmen sofort entgegentreten zu können,
ordnete Victor Amadeus an, dass seine in's Feld bestimmten
Truppen derart aus den Winterquartieren zu rücken hätten, um
am 15. April die ihnen bezeichneten Grenzpuncte bei Susa, im Thale
von Aosta und anderenorts zu erreichen. Gleichzeitig forderte er den
G. d. C. Visconti auf, 6000 Mann kaiserliches Fussvolk unverzüg-
lich marschbereit zu stellen und, bald darauf, sie bei Susa campiren
zu lassen. Diesem Ansinnen konnte indess nicht entsprochen werden,
da die Recruten aus Deutschland noch nicht eingetroffen und es den
Truppen an Zelten fehlte, was ihnen bei den kalten Nächten sehr
hart hätte fallen müssen. Schon im Februar hatte Prinz Eugen den
commandirenden General Visconti angewiesen, nur im äussersten
Xothfalle Mannschaften vom Fussvolk dahinzusenden; der Herzog
möge zunächst nur seine eigenen Truppen dahin werfen ^). Um so
eifriger betrieb Victor Amadeus die Vorbereitungen zur Campagne.
Ivrea, Turin, Avigliana, Susa und Saluzzo wurden als die Haupt-
Depötplätze eingerichtet und im Becken von Genf grosse Getreide-
käufe effectuirt. La Brünette (Vorwerk von Susa) ward mit Minen
versehen, seine Geschütz-Dotation um 15 schwere Stücke vermehrt,
endlich bis zum Col Montpentier eine doppelte Linie hergestellt, um
mit Turin, ohne Benützung des Thalweges, gesichert verkehren zu
können. Endlich ward zur Verbindung der Höhen von Jaillou mit
jenen von Jallas, oberhalb Susa, über die Dora eine Brücke geschlagen.
Aufmarsch der beiderseitigen Streitkräfte an der Grenze.
Die Kräfte-Verschiebungen der Verbündeten gegen Susa in der
zweiten Hälfte des April veranlassten Medavi, seine Truppen Anfangs
Mai aus den rückwärtigen Quartieren gegen die Grenze in Bewegung
«) Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. II. 1.
2) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. II. 7.
») Kriegs-A., Italien 1708; Fa.sc. II. 11.
158
zu setzen. Wiewohl die Passhöhe des Mont Genevre im letzten Drittel
des Mai noch schneebedeckt und der Weg ungemein schwierig war,
standen am 22. doch bereits sämmtlichc zur Vcrthcidigung des Del-
phinats bestimmten Truppen und 10 Geschütze östlich des Hauptkammes
der Alpen. Gleichzeitig Avurde das Gros der zur Deckung Savoyens
disponirten Kr.äfte über JSt. Jean de Maurienne nach Modane dirigirt.
So lagen die Dinge, als Ludwig XIV. Ende April den Ober-
befehl über alle Truppen zwischen dem oberen Rhone und der Küste
der Provence dem Marschall Villars') anvertraute. Ueberzeugt,
dass die Verbündeten sich durch die Entsendungen nach Catalonien
und Deutschland in Italien so sehr geschwächt hätten, dass sie sich
hier mit grossen Entwürfen wohl nicht mehr tragen konnten ; in
Kenntniss, dass Prinz Eugen in Deutschland befehligen werde, und
weit entfernt, Villars ein offensives Auftreten, eine Wiedereroberung
von Susa zuzumuthen, entzog Ludwig XIV. der Armee der West-
Alpen gleichzeitig 21 Bataillone und 40 Escadronen.
Als Marschall Villars am 7. Juni zu Grenoble eintraf, war die
Truppen- Vertheilung im Detail folgende ^) :
Balaill. Escadr.
Vou Perosa imcl dem V. S. Älar-
tino bis zum M* Genevre:
im V. S. Martiuo zu Perrero . 1 —
„ Le Glos . 1 —
zu Perosa 3 —
Zwischen Perosa und Fenestrelle :
zu Meiitoulles und Le Roux . 1 —
„ Gross- und Klein-Fayet . . 2 —
Zwischen Fenestrelle und
M* Genevre :
zu Barboti' 1 —
„ Uxeaut und Lc Lot * . . 1 —
„ Pourrieres, Freisse, Souchere
Basse und Le Luy .... 1 —
„ La Rua und Les Granj2;es de
Pragelas 1 —
„ Letures 1 —
„ Champlas, RüUieresu.Bousson 2 —
„ Sauze de Sezanno .... 2 —
lialaill. Estadr.
Sa voy en.
1
'?
In derTarantaisezu St. Maurice .
„ Hem(Aime
?)
1
—
„ Moutiers .
1
—
„ Seez . .
—
4
„ Conflans .
—
3
In der Maurienne zu Medon
1
~
„ Modane .
6
—
„ St. Andre
1
—
„ St. Jean .
1
—
12 9
Dauphin e.
Zwischen Exilles und dem
Ml Genevre:
zu Exilles und auf den benach-
barten Höhen 8
,, Salbertrand 3
„ Bardonncche 2
„ Oulx 2
„ Fcnil 2
17 —
17
') Biographische Skizze Villars' siehe Band IV, Seite 479 dieses Werkes,
') Archives du depöt de la guerre, piöcc origlualo, vol. 2099, Nr. 211, und rück-
sichtlich der Provence und der Grafschaft Nizza ergänzt nach Grignan's Bericht ddo.
Marseille, 4. Juni 1708, ebendaselbst vol. 2099, Nr. 200. Memoires militaires (Pelet).
159
Itiiliiill. Escadr. Balaill. Escadr.
},U Genevre 1 — Uebertrag 13 —
Briau<;ou 1 — In den Grenzplätzen an der Küste
Vallee de Queiras 1 — nnd auf den Inseln 50 Coni-
3 — paguien.
Im Anmärsche aus Languedoc . — 8
Im Tliale von Barc-elouette . . 3 — 12 8
Provence: G r a f s c h a f t N i z z a :
zu Cagnes 3 — zuNizza, VillaFraucaundMoutal-
,, Carros 1 — ban einschliesslich 1^00 Mann
„ Poggetto 3 — auf den vorgeschobeneu Posten
zwischen La Brague am Var und von Sospello, Castiglione, Lan-
dern Meere (Schanzarbeiter) . 2 — tosca, Utelle, Levenzo und As-
zu Toulon 3 — promonte zusammen .... 7 —
„ Sejme und Colmars ...2 — Monaco.. . . 2 —
Fürtrag 13 — Totale 73 20
Villars, der Ansicht, das Heil der Dauphine hänge von der
Vertheidigung Savoyens ab, betraute mit dieser Medavi und ver-
mehrte auf die Kunde, die Verbündeten schanzten auf dem Mont
Cenis und der Höhe von Arpon und arbeiteten an einer Communication
über La Fernere und Jaillou nach Susa, die Truppen jener Provinz
um 8 Bataillone. An der Besatzung der Provence beschloss er nicht zu
rühren, mit dem Reste aber, d. i. mit 27 oder 28 Bataillonen, zwischen
Fenestrelle und Exilles Stellung zu nehmen. Seine Aufgabe, der
grossen numerischen Ueberlegenheit der Verbündeten und ihrer cen-
tralen Aufstellung gegenüber für eine nahezu unlösbare haltend, ver-
langte er eine Verstärkung von nicht weniger als 60 Escadronen
und 30 guten Bataillonen, welche unverzügHch nach der Südostgrenze
Frankreichs in Marsch gesetzt werden müsste *).
Ludwig XIV. beurtheilte die Sachlage wesentlich anders als
Villars. „Au Euch ist es," schrieb der König an Villars, „mit
den Truppen, die Euch zugewiesen, ungeachtet jener, die ich Euch
ferner zuweisen werde, zu leisten, was möglich ist." — „Wenn Prinz
Eugen und die Kaiserlichen, zur Zeit als meine Armeen in Piemont
und der Lombardei gestanden, das Zahlenverhältniss ihrer Truppen
zu den meinen als massgebend betrachtet hätten, wäre Italien schon
längst von ihnen befreit und der König von Spanien im friedlichen
Besitze der Staaten, welche ihm daselbst gehören *)."
') Lettre de M. le marechal de Villars au roi. Vizille, 13 Juin 1708. Archives
du depot de la guerre, vol. 2099, Nr. 234 [Memoires militaires (Pelet)].
2) Lettre du roi ä M. le marechal de Villars. Versailles, 17 Juin 1708. Archives
du depot de la guerre, vol. 2075, l^e partie, 3^ section, Nr. 243 [Memoires militaires
(Pelet)].
160
Für das wahrscheinlichste Ziel der feindlichen Operationen die
ProA'ence haltend, ordnete Ludwig XIV. die Bildung eines verschanzten
Lagers zu Toulun an. Aus dem Roussilluu und Languedoc 8 Bataillone
dahin bestimmend, welche im Nothfalle durch Marine-Truppen und die
Milizen des Landes unterstützt werden konnten, hielt er dieses Corps
stark genug, sich solange zu behaupten, bis Villars weitere Ver-
stärkungen dorthin gesandt oder selbst dort eingetroffen sein würde.
Da zu den für die Provence bestimmten 8 Escadronen noch ein
weiteres Dragoner-Regiment stiess, verfügte Villars im Ganzen über
82 Bataillone und 23 Escadronen.
In dem Masse, als der Schnee geschmolzen, waren auch die Ver-
bündeten an die Besetzung der Höhenposten geschritten. Die Gruppirung
ihrer Streitkräfte war Ende Mai folgende :
Im Thale von Aosta standen 4 piemontesische Bataillone —
2282 Streiter — unter Schulenburg; zu Susa und auf den
benachbarteu Höhen 12 piemontesische Bataillone — 7279 kStreiter —
unter de la R o c q u e. Die Stellung dieser Truppen machte es den
Franzosen unmöglich, die Position von Jallas zu beziehen. Ferrieres
und die Passhöhe des Mont Cenis waren gleichfalls in ihren Händen,
wohlverschanzt und alle Truppen zur Hand , sie zu vertheidigen.
Zwischen Avigliana und Rivoli 4003 Kaiserliche — Commandirte —
unter dem Prinzen von Württemberg; zu Pinerolo 27 SchAvadronen
piemontesischer Reiterei — 3428 Säbel *). Das Gros der Oester-
reicher ^), die Preussen und Sachsen-Gothaer lagen noch in ihren Quar-
tieren. Sie sollten schleunigst gegen Piemont in Marsch gesetzt werden.
Das kaiserliche Fussvolk wurde zum grösseren Theile nach Ivrea,
wohin auch die Artillerie folgen sollte, zum kleineren nach Tricerro
(n. ö. Trino) ^), das preussische und das sachsen-gotha'sche Fuss-
volk nach Rivaita (zwischen Rivoli und Urbassano), die österreichische
und die sachsen-gotha'sche Reiterei nach Orbassano dirigirt.
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VI. 46, "ml Aicbives du de'pöt de la gueire,
vol. 2098, Nr. 185 [Meuioires militaires (Pelet)].
^) Nach Zum Juiigen's Staudeslisteu zählte das iiath Piemont bestimmte
kaiserliche Fussvolk, Ende Mai in 11 Regimentern einschliesslich 2079 Keciutcn,
13.414 statt der vcrtragsmässigen 14.000 Mann; dagegen die Reiterei 7000 statt
(iOOO. Zum Jungen an Prinz Eugen. Mailand, 30. Mai 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. V. 8. Von ersterem standen um diese Zeit, wie bereits erwähnt, 4095 Com-
mandirte zu Susa. Prinz Eugen an den G. d. C. Visconti. Wien, IG. Mai 1708;
Kriegs-A., Italien 1708; Fase. V. 2.
') Kricgs-A., Italien 1708; Fase. VI. 4 a.
161
Die Marsclibewegungcn Avurdeu indess durch das Anscliwellen
der aus dem Gebirge kommenden Gewässer und durch anlialtende
Regen sehr verzögert. Die aus ihren Quartieren aufgebrochenen
Regimenter konnten bald weder vor- noch rückAvärts. Die hieraus
erwachsende Verwirrung machte sich besonders in der Verpflegung
fühlbar ').
Der kaiserliche Obrist-Feldkriegs-Commissär Baron Martini,
angewiesen, die Campagne an der Seite des Herzogs Victor Amadeus
von Savoyen mitzumachen '*), war bereits Anfang Juni nach Turin
gekommen '), die gesammten administrativen und ökonomischen Anord-
nungen für den Feldzug zu treffen.
Mit Rücksicht auf die Offensive nach Savoyen, ward festgesetzt,
dass Martini zu Turin „als im Centro verbleibe, um den allseits auf-
kommenden Nothwendigkeiten Vorsehung thun und operiren zu können" ;
der Ober-Kriegs-Commissär Brentano aber mit den erforderlichen
Unterbeamten der Armee folgen solle, ,. damit er alldort die Amts-Vor-
fallenheiten respicire und nach den ihm von Zeit zu Zeit zu ertheilenden
Verordnungen seine Function versehe".
Bis Susa, Limon und Fort Bard waren die kaiserlichen Contra-
henten das Brod zu liefern verpflichtet*). Für den Fall, als die
Operationen über die Alpen hinüber führten, hatte Martini mit
dem piemontesischen Unternehmer Motta abgeschlossen.
Dank der Thätigkeit und Umsicht des kaiserlichen Obrist-Feld-
kriegs-Commissärs waren die Truppen, als die Operationen begannen, bis
ultimo August bezahlt ; war das Brod für die ganze Dauer des Feldzuges
sichergestellt ; waren Schuhe, Hufbeschläge, Waffen, Zelte und Trag-
thiere nach Erforderniss vorhanden; begleitete ein „fliegendes Feld-
spital" die Armee und wurde zu Pianezza ein stabiles errichtet').
') Nach Fischer's Bericht au den Prinzen Eugen, Bern, 4. Juli 1708, waren
die kaiserlichen und savoyischen Truppen am 27. Juni noch im Marsche nach
den Concentririings-Puncten.
2) Eugen an Martini. Wien, 16. Mai 1708. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. V. 3.
3) Brockhausen an Prinz Eugen. Turin, 2. Juni 1708. Kriegs-A., Italien 1708 :
Fase. VI. 1.
*) Martini an Prinz Eugen. Mailand, 13. Juni 1708. Kriegs-A., Italien 1708 ;
Fase. VI. 12.
■■*) Die Contrahenten des stahilen Feldspitals verpflichteten sich, gegen 7' '2 soldi
di Piemonte per Kopf und Tag den Kranken Betten sammt Zugehör beizustellen, dann
täglich 1 Pfund Fleisch oder andere vom Feldarzte vorgeschriebene Nahrung und
einen Boccale Wein zu verabreichen. Brod lieferten die Magazine, Stroh und Holz
gab die herzogliche Kammer. Martini an Prinz Eugen. Turin, 7. Juli 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase, VII. 3.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II, Serie, I. Band. 11
162
Am 11. Juli traf Feldmarschall Graf Dann zu Turin ^in. An
der Gicht leidend, nuisste er sich zwar sofort zu Bette legen; doch ward
im Einvernehmen mit Victor Amadeus beschlossen, den Feldzug
ohne Säumen zu eröft'ncn.
Hatte es früher nach den übereinstimmenden Aussagen der zahl-
reichen französischen Ueberläufer den Anschein gehabt, als gedeichte
Villars, den Alpen-Uebergang zu verwehren, so Hess sich nach
den jüngsten Nachrichten erwarten, die Franzosen würden die Alliirten
Torrain gewinnen lassen, um auf ihre Verbindungen zu wirken; im
letzteren Falle gedachte man sich mit der Communication über den
kleinen St. Bernhard zu behelfen.
Während die Truppen der Verbündeten dem Sammelraume zu-
rückten, unterzog Marschall Villars die zunächst bedrohten Theile
der französischen Alpengrenze einer eingehenden Besichtigung. Das
Castell von Exilles schien ihm fast uneinnehmbar. Perosa zeigte sich
zwar fähig, einen belagerungsmässigen Angriff auszuhalten, aber die
Vertheidigung erheischte 11 Bataillone, ein Aufwand, den die Vortheile
nicht rechtfertigten, die es im Allgemeinen bot. Daher gab V i 1 1 a r s
Befehl, dass Mure t, der hier commandirte, so wie die Verbündeten
auf Susa rückten, sich auf Fenestrelle repliire. In diesem Falle
waren zu Perosa nur 400, zu Fort Louis nur 80 Mann zu belassen.
Der Gedanke, ersteres zum Hauptpuncte der Vertheidigung zu machen,
war schon im Kriegsrathe, welchen Villars am 16. Juli zu Oulx
gehalten, verworfen worden. Fenestrelle hielt V i 1 1 a r s, wie V a u b a n
und Catinat, seiner zwecklos zahlreichen Befestigungen wegen für
unhaltbar. Brian9on, das nur auf der Seite der Porte d'Exilles attaquirt
werden konnte, Hess Manches zu wünschen ; das Castell aber war fast
unangreifbar.
Die Nachricht, welche Villars am 24. Juni zu Fenestrelle erhielt,
Victor Amadeus habe seine zu Susa gestandenen Truppen gegen den
Mont Cenis massirt, beunruhigte den Marschall um so mehr, als er gleich-
zeitig Gelegenheit hatte, die Schwierigkeiten einer Rokade in diesem
Hochgebirgs-Labyrinth kennen zu lernen. Er hatte Medavi neuerdings
eine Verstärkung von 2 Bataillonen zudisponirt ; aber der am 23. Juni
gefallene Schnee hatte die Ueberschreitung des Col de la Rone, im
Allgemeinen eine der gangbarsten Passagen, nicht gestattet. Früher
schon hatte V i 1 1 a r s 2 Bataillone aus dem Lager von Cagnes nach
Cesanne dirigirt, wo sie am 12. Juli eintreffen sollten; jetzt fühlte er
noch dringender das Bedürfniss, im Nothfalle aus der Grafschaft Nizza
I
163
und aus der Provence Verstärkungen heranziehen zu können. Also
gab er am 25. Juni d'A r t a i g n a n Befehl, in die Linie Entrevaux-
Colmars-Sisteron 7 Bataillone und 2 Escadronen rücken zu lassen,
die ohne Weiteres auf ihre Ausgangspuncte zurückzukehren hatten,
so wie die Verbündeten sich gegen die Provence wandten.
Angesichts der in einer einzigen Masse vereinigten nahezu
40,000 Alliirten, den Gedanken, das Gebirge im Gebirge vertheidigen
zu wollen, fallen lassend, traf Villars im Wesentlichen folgende
Vertheidigungs-Disposition :
So wie die Verbündeten von Orbassano gegen Susa auf-
brachen, hatten die zu Perosa stehenden Truppen eiligst auf Cesanne
zurückzugehen; rückten jene gegen Pinerolo, hatten diese zwischen
Perosa und Fenestrelle Stellung zu nehmen. — Medavi, zu dessen
Verstärkung 4 Bataillone in Marsch gesetzt wurden, sollte mit T h o y
(im Ganzen 19 Bataillone) den feindlichen Vormarsch möglichst zu
verzögern trachten und sich im Nothfalle auf Fort Barraux zui*ück-
ziehen. Das Schloss von Chambery sollte unverzüglich ausgerüstet
werden, um sich mit 400 bis 500 Mann einige Tage halten zu können.
— Chamarande ward mit 12 Bataillonen in dem Dreieck Exilles-
Fenestrelle-Briancon belassen; doch hatte l Bataillon zu Bardonneche,
1 zu Briancon, 1 zu Mont Dauphin stehen zu bleiben; zwei andere
aber sollten mit den Milizen des Landes, deren Einberufung eben
verfügt worden, die Uebergänge vertheidigen, welche in der Linie
Briancon-Mont de Lans-Bourg d'Oysans aus der Maurienne in die
Dauphine führen. — Die letzten 21 Bataillone unter Villars' Befehl,
in demselben Räume, also in der Mitte der ganzen Vertheidigungs-
front, sollten nach den Umständen verwendet werden. — Von der
Ai'tillerie waren 14 Stücke zu Grenoble, 10 zu Embrun und 10 zu
Cesanne.
Auch die aus dieser Disposition folgende Kräftegruppirung erlitt
noch vor Eröffnung der Operationen mannigfache Veränderungen. So
bezogen die Truppen d'Artaignan's, statt nach Barcelonette zu rücken,
wie V i 1 1 a r s wollte, über besonderen Befehl Ludwig XIV. folgende
Stellung : 2 Bataillone zu Colmars, wo auch d'A r t a i g n a n Quar-
tier nahm (15. Juli), 3 zu Thorame-Haute, 2 zu St. Laurant (19. Juli),
das Cavallerie-Regiment zu Frejus.
Le Guerchois behielt für das Lager von Tournoux und alle
Posten vom Col de Vars bis zur Brücke von Barcelonette nur
2 Bataillone.
Villars, überzeugt, dass die Offensive der Verbündeten nur
Savoyen gelten könne, wies Grignan an, die aus dem Roussillon ein-
11*
164
treffenden Truppen nach der Iscre-Mündung zu dirigiren, so wie die
Flotte iliren Curs nach Catalonien nahm; gleichzeitig schob er Medavi
abermals 2 Bataillone zu. Er Hess diesen noch weitere 2 folgen,
als er am 15. Juli Nachricht erhielt, alle zu Rivoli gelagerten Truppen
der Alliirten seien an diesem Tage nach Bussolino aufgebrochen
und die Barbets wären unter die Waffen getreten. Im Falle des Rück-
zuges auf die Linie Chambery-Fort Barraux hatte Medavi 3 Batail-
lone und 4 Escadronen nach Seyssel am Rhone zu senden, welchen
Punct Yillars besonders gefährdet hielt,
Medavi, der jetzt über 23 Bataillone und 12 Escadronen
verfügte, bestimmte 11 Bataillone und 4 Escadronen für die Vertheidi-
gung der Maurienne, Die Hauptkraft hielt im Lager von Modane,
Detachements hatten Lanslebourg, Thermignon und Bramans besetzt.
Der Rest der Truppen unter Thoy vertheidigte die Tarantaise :
6 Bataillone und 8 Escadronen standen in den Verschanzungen von
Saint-Maurice, die übrigen beiderseits dieses Lagers (Yillar Roger-
Chapiu). De Nisas nahm mit 4 Bataillonen zu Rosselin Stellung. Die
Uebergänge aus dem Thal von Aosta nach der Tarantaise mochten
erst in 14 Tagen schneefrei werden.
Eröffnung der Operationen seitens der Verbündeten. — Vor-
marscli bis la Chambre. — Concentrirung der Franzosen an
der Is6re.
Dem allgemeinen Operations-Entwurfe gemäss Avaren am Abende
des 16. Juli die iu's Feld bestimmten 38,810 Streiter der Verbündeten
an der piemoutesischen Grenze, wie folgt, gruppirt:
Am Nordfusse des kleinen St, Bernhard, unter dem piemontesi-
schen General-Feldwachtmeister Freiherrn von Schulenburg, die
Grenadiere der kaiserlichen Regimenter Bayreuth und Königsegg, 4 pie-
montesische Bataillone und 350 Reiter, zusammen 3345 Mann. Dieses
Corps hatte sich zunächst des Schlosses Seez und der militärisch
wichtigsten Puncto der oberen Tarantaise zu bemächtigen.
Zu Susa unter dem persönlichen Befehle Victor Amadeus'
von Savoven — Feldmarschall Dann lag noch krank zu Turin —
50 Bataillone Infanterie, und zwar:
die kaiserlichen Fuss-Rcgimenter Herberstein,
Bagni , Kriechbaum , Regal , Zum Jungen,
Harrach, Bayreuth, Königsegg und Gyulai
nebst 358 Commandirten des Regiments
Württemberg, zusammen 17 Bataillone . . 10,459 Mann
165
Preussen 11 Bataillone 6.978 Manu
Sachsen-Gotliaer 4 Bataillone 1.484 „
Piemontesen 18 Bataillone 10.090 „
800 Commandirte der Reiterei und 100 Eber-
genyi-Huszaren, befehligt vom kaiserliehen
GWM. Hautois 900 „
dann einige piemontesische Geschütze.
Im Ganzen ~. 29.911 Mann.
Zu Bussoleno 2 sachsen-gotha'sehe und 3 pie-
montesische Dragoner-Regimenter . . . 2.659 Mann.
Endlich zu Orbassano unter dem kaiserlichen FML. Graf Rocca viou e
die kaiserlichen Reiter -Regimenter Visconti, Roccavione, Hautois,
Brenner, Martigui und Ebergenyi, mit 12 Schwadronen piemontesischer
Reiterei, im Ganzen etwa 2810 Säbel und die kaiserliche Feld-Artillerie.
Dieses Reitercorps hatte die Aufgabe, das Land gegen etwaige, auf
Perosa basirte, Brandschatzungsversuche des Gegners zu schützen,
Turin und die Verbindung dieses Centralpunctes mit Susa zu decken.
In der Hauptstadt und in den übrigen Plätzen Piemonts waren im Ganzen
nur zwei schwache Bataillone zurückgeblieben *).
Den erprobten FML. Freiherrn von Regal mit 2500 Mann
Fussvolk und den zu Bussoleno postirten Dragonern, zum Schutze
des Haupt-Depotplatzes Susa und des Nachschubes zur Armee gegen
Unternehmungen von Exilles und Fenestrelle aus, zurücklassend ^),
brach Victor Amadeus am 18. von Susa auf, rückte mit dem
Gros der Armee bis Novalesa (803"") ^) und schob seine Vorhut,
1 kaiserliche Brigade mit 50 Reitern unter dem FML. Freiherrn von
Zum Jungen, bis Ferneres vor.
Am folgenden Tage gewann die Armee nach sehr beschwerlichem
Marsche die Höhe des damals „fast unpracticablen" Mont Cenis. Die
Preussen, die Queue bildend, erreichten erst um Mitternacht den all-
gemeinen Lagerplatz beim „grossen Kreuz" (1850'", 19''" von Susa); die
„reitende Bagage" war noch weit zurück. Als am 20. beim Aufbruche
die Meldung einlief, der Feind habe die Redoute von Lanslebourg
und die benachbarten Posten verlassen, die Brücke über das Flüsschen
») Kriegs-A., Italien 1708; Fase, IX. 1.
'ä) Feldinarscliall Dann an Prinz Eugen. 8t. Jean de Maurienuc, 28. Juli 1708.
Kiieg.s-A., Italien 1708 ; Fase. VII. 28 und Fa.-ic. VII. 15.
^) Alle in Klammem beigesetzten Zahlen bedeuten ab.sohite Höhen, bezie-
hungsweise Entfernungen. Diese Coten sind A. Joanue's „Itiueraire de la Savuie",
beziehimgsweise „du Dauphiue" entnommen.
166
Are gesprengt und sich gegen Modane zurückgezogen, stieg man rasch
die 18*"" in's Thal hinab, erreichte gegen Mittag den zerstörten Ileber-
gang (1390'") und schritt unverzüglich zum Schlagen einer Holzbrücke.
GWM. Freiherr von Hautois war mit seinen Heitern beim „grossen
Kreuz" zurückgelassen worden. Nur 150 derselben und die 100 Eber-
genyi-Huszaren waren nach Lauslebourg gekommen. In Folge der
grossen Hitze zählten alle Contingente schon jetzt zahlreiche Kranke.
Da die Proviant-Colonne und die Bagagen am 20. nicht nach-
gekommen waren, musste man am 21. rasten. Es war dies um so be-
dauerlicher, als hier von Schulenburg die Meldung einlief, er habe
sich am 19., vom kleinen St. Bernhard (2200™) herabsteigend und
die französischen Aussenposten überrumpelnd, des Schlosses von Seez
(900™) bemächtigt, der Gregner sich zurückgezogen und er seinen
Marsch fortgesetzt; — von Regal aber berichtet wurde, der Feind
habe die gegen Susa frontirenden Befestigungen zwar besetzt gelassen,
sein Gros aber nach Exilles zurückgenommen. — Nach den Aussagen
der zahlreichen Ueberläufer standen zu Modane, das stark verschanzt,
unter Medavi's Befehl 11 Bataillone und einige Artillerie, entschlossen,
die Verbündeten möglichst aufzuhalten.
In der That hatten sich Medavi's Aussenposten, alle Brücken
zerstörend, von Thermignon und Bramans in die Hauptstellnng von
Avrieux gezogen; nur 300 Mann und 1 Compagnie Grenadiere hatten
sich von Thermignon (1296™) gegen den Col de la Vanoise (2521™)
gewandt.
Feldmarschall Dann, noch immer ohne Instruction vom Hofe,
die Pläne Victor Amadeus' für sehr weitgehend und gefährlich
haltend und fürchtend, die Armee werde ihren Vormarsch überhasten
und zwecklos Leute opfern, hatte, um beim Angriffe auf Älodane
anwesend zu sein, Turin, seines leidenden Zustandes ungeachtet, am
20. verlassen. Ueber den Mont Cenis musste der Feldmarschall ge-
tragen werden '), aber noch im Laufe des 21. traf er im Hauptquartier
ein, zeitlich genug, um in die Ereignisse eingreifen zu können.
j^Ian beschloss, den Vormarsch am 22. fortzusetzen. Um Medavi
aus seiner starken Stellung sicher zu delogiren, musste der pienion-
tesische FML. Freiherr von Rhebinder mit 3000 Mann Fussvolk und
500 Grenadieren von Thermignon aus über den Col de la Vanoise
Medavi in den Rücken zu kommen trachten. Das Gros der
Armee marschirte an diesem Tage nach dem 7'^™ entfernten Sollieres,
indess FÄIL. Zum .lungen mit 6 Grenadier-Compagnien nach der
') Martini an l'riuz Eugen. Turin, 21. Juli 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. VII. 15.
167
belierrschenden Terrasse von Aussols eilte, welche man für so Avichtig
erkannte, dass man noch an demöclbcn Tage 3 Brigaden (2 kaiserliche
und 1 piemontesische) unter dem savoy 'sehen FML. St. Kemy dahin-
schob. Die Bezwingung der Befestigungen von Modane schien um so
schwieriger, als der Transport der Feldgeschütze und ihrer Munition
über den Mont Cenis, geleitet von dem kaiserlichen Artillerie-Obrist
von Steinberg, ungemein zeitraubend war. Die ersten zwei Stücke,
von den Bauern mehr getragen als gezogen, erreichten nicht früher als
am 23. Ferriüres. Am 24. hatte Obrist St ei nb er g acht Stücke nach
Lanslebourg geschafft.
Die Verbündeten sollten indess ihre Artillerie nicht benöthigen.
Medavi hatte im Laufe des 22. Nachricht erhalten, der Posten von
Vanoise sei verlassen worden und seine Besatzung habe sich nach
Pralognan zurückgezogen. Die Detachirung Rhebinder's, welche
auf St. Michel ebensogut, wie auf Moutiers abzielen konnte; die
Festsetzung der Alliirten zu Avrieux und Aussois und ihre numeri-
sche Ueberlegenheit, bestimmten Medavi, seine Stellung um Mitter-
nacht zum 23. zu räumen. Er setzte Thoy hievon in Kenntniss und
dirigirte ihn auf Moutiers und Conflans. Am Mittage des 23. zu
St. Michel stehend, wo er ncächtigeu wollte, erfuhr er, Rhebinder's
Detachement habe in der Nacht Pralognan passirt. Dies veranlasste
ihn, bis St. Jean de Maurienne zu gehen, wo er lagerte.
Kaum war am 23. der Rest der Armee der Verbündeten in der
Position von Aussois angelangt, als Bauern die Nachricht brachten,
Medavi habe die Stellung von Modane geräumt und sei mit
11 Bataillonen in vollem Rückzuge auf St. Jean de Maurienne. Un-
verzüglich liess man Modane von dem GWM. Browne besetzen und
das Gros am folgenden Tage ebendahin rücken. Graf Aspremont,
welcher mit 15 Huszaren dem weichenden Feinde nachgeeilt war,
hatte bei St. Michel und St. Julien 30 Gefangene gemacht.
Der 25. Juli verstrich mit den Vorbereitungen zum Weitermarsche.
FML. Regal hatte schon am 23. aus Susa gemeldet, was auch ander-
wärts Bestätigung fand, Villars habe fast sämmtliche Posten in den
Thälern von Exilles und Fenestrelle entblösst und ziehe alle seine
Truppen nach Fort Barraux, südwestlich Montmeillan. Also befahl man
dem GWM. Hautois, mit seinen Reitern schleunigst zur Armee zu
stossen und zog die 2 Sachsen - gotha'schen Dragoner - Regimenter
von Bussoleno nach Modane. Obrist Steinberg dagegen ward ange-
wiesen, mit der Artillerie vorläufig zu Lanslebourg zu bleiben; sie
aber im Bedarfsfalle rasch heranziehen zu können , mussten die
Gemeinden die Wege herrichten.
168
Am 26. erreichte die Vorhut der Verbündeten — FML. Conte deUa
Rocca mit einer kaiserlichen und einer piemontesischen Brigade —
nach einem Marsche von 17""" St. Michel (722'"), das Gros Orelle,
wo (wahrscheinlich auf dem hier einmündenden Weg vom Col de la
Montee du Fond) das Detachement Rhebinder wieder zu ihm stiess.
Dieses war von Pralognan am 23. nach Moutiers gerückt und hatte
dadurch T h o y den Hauptweg nach Conflans verlegt. Von Schulen-
burg frontal bedroht, musste Thoy über den Col de Cormet nach
Beaufort ausweichen. Unbehelligt, da auch Schulenburg nach
Moutiers sich wandte, erreichte er am 25. Conflans, wo Nisas, Com-
mandant seines äussersten linken Flügels, zu ihm stiess, der am 23.
einen AngriÖ" auf den Posten von Glacieres abgewiesen hatte. Am
26., an welchem Tage Schulenburg Moutiers erreichte, führte
T h o y alle seine Truppen nach St. Pierre d'Albigny. — T h o y 's Meldung
von der Räumung von Bourg St. Maurice war wieder Veranlassung,
dass Medavi mit Rücksicht auf den Col de la Colombe am 24. bis
Epierre (370"'), am 25. bis Aiguebelle zurückging.
Am 27. rückte die Vorhut der Verbündeten nach St. Jean de
Maurienne, die Hauptmacht nach St. Julien und am 28. lagerte Alles
rings um das erstgenannte Städtchen. Vom Feinde wusste man, dass
Medavi zu Aiguebelle (33'^'") Halt gemacht habe und das Detache-
ment von Bourg St. Maurice an sich ziehe; dass Villars zur
Sicherung von Exilles und Fenestrelle nur 13 Bataillone zurückge-
lassen habe und alle seine übrigen Kräfte bei Fort Barraux concentrire.
Auf die erste, noch am 16. Juli eingetroffene Nachricht von
Bewegungen der AUiirten, einerseits im Thale von Susa, andererseits in
dem von Aosta, hatte Villars, über die Absichten der Gegner nun-
mehr völlig im Klaren, Guerchois mit den im Lager von Tournoux
stehenden 2 Bataillonen und d'Artaignan mit den 5 Bataillonen von
Thorame-Haute und Colmars nach Grenoble dirigirt. — Da hiernach
Colraars, Entrevaux, Seyne und Guillaume nur von Frei-Compagnien
bewacht blieben, gab d'Artaignan den 2 Bataillonen, welche vor
wenigen Tagen nach Cagnes aufgebrochen, Befehl, wieder nach Seyne
zurückzukehren. Grignan endlich musste, wiewohl die Transport-
flotte der Verbündeten noch am 18. auf der Höhe der Hyerischen
Inseln lavirte, 5 Bataillone aus der Provence nach \'alence in Marsch
setzen.
Als inzwischen die AUiirten sich einerseits gegen den Mont
Ceuis, andererseits gegen den kleinen St. Bernhard gewandt, war
1
169
Villars eutschlossen gewesen, nur 12 Bataillone unter ISIuret zur Ver-
theidigung der Daupliino zurückzulassen, selbst aber am 20. mit der all-
o-emeinen Reserve Sayoyen zu Hülfe zu eilen. Schon zu Uulx trafen ihn
an diesem Tage die ersten Berichte von dem Einbrüche der Ver-
bündeten über den Mont Cenis, wie über den kleinen St. Bernhard.
Weitere Meldungen, die ihn auf dem Col de la Roue ereilten, be-
stimmten ihn, sofort den allgemeinen Rückzug auf Fort Barraux an-
zuordnen, um Grenobleund Lyon zu decken. Er kehrte nach Bardonneche
zurück und Hess seine Truppen — bezüglich M u r e t's verblieb es bei
der ursprünglichen Disposition — am 22. nach Fort Barraux aufbrechen.
Er konnte den 40.000 Mann, über welche der Herzog von S a v o y e n
nach übereinstimmenden Nachrichten verfügte, in der Linie Seyssel-Bar-
raux bis zum 28. zunächst nur 45 schwache Bataillone und 12 Esca-
dronen entgegenstellen. — D'Artaignan, welcher am 19. aufgebrochen
war und am 28. Vizille erreichen sollte, konnte mit seinen 5 Bataillonen
erst am 2. August bei Fort Barraux eintreffen. Angesichts seiner nume-
rischen Schwäche befahl Villars, dass Grignan Alles was in der
Provence au Truppen entbehrlich, ihm zuschiebe.
Villars erreichte mit der Tete der aus der Dauphine gezogenen
Truppen am 26. Juli Ft. Barraux, wo deren Queue am 30. eintraf. D'Ar-
taignan's 5 Bataillone, welche am 28. Vizille gewinnen sollten, wurden
angewiesen, am 30. von dort bis Mondelant (Mont de Lans) und am
2. August nach Barraux zu rücken. — Im Ganzen vermochte V i 1 1 a r s
50 Bataillone zu concentriren, wie er hoffte, noch bevor der Herzog von
S a V 0 y e n ihn angreifen konnte. Freilich durften M e d a v i und T h o y
sich von Aiguebelle und St. Pierre d'Albigny nur mit Gewalt ver-
treiben lassen. Den Letzteren wies der Marschall au, Conflans neuer-
dings zu besetzen, worauf ein Bataillon und eine Escadron dahin rückte.
Die Milizen der Hoch-Dauphine wurden unter die Waffen berufen, um
die Uebergänge zwischen Briangon und Grenoble zu bewachen. Nach
Seyssel endlich wurden unter de Prade 3 Bataillone und 4 Esca-
dronen detachirt, im Vereine mit den Milizen des Viennois und der
Umgebung, den Rhone zu vertheidigen. Di Hon, nach Lyon gesandt,
fand die Stadt gegen die Dauphine und die Bresse vertheidigungsfähig,
liess in der Vorstadt la Guillotiere eine Verschanzung für Infanterie
von der Saone zum Rhone beginnen und die 8000 Mann starke
Bürgerwehr Revue passiren.
Villars, überzeugt, der Herzog von Savoyen habe Grösseres
im Sinne, als einen blossen Streifzug, — folgten ihm doch 6000 Maul-
thiere, — verlangte vom Hofe neue Verstärkungen. Aber er durfte nur
aus der Provence Hülfe erwarten, wo Grignan die ihm gegebenen
170
Weisungen mit grösster Beschleunigung ausfühite. Schon am 25. Juli
Hess er 3 Bataillone und 3 Escadronen d'Artaignan folgen. 4 Ba-
taillone und 5 Escadronen mussten nach Gap rücken, dort weitere
Befehle Vi 11 ars' zu gewärtigen. Nach ihrem Abzüge verblieben in
der Provence nur 12 Bataillone und 3 Escadronen, in der Grafschaft
Nizza nur 3 Bataillone und 2 Escadronen. — Der Hof von Versailles
endlich gab auf die Kunde vom Einbrüche der Verbündeten Ordre,
die Armee Vi 11 ars' durch 15 Escadronen der Armee in Spanien,
10 von der Rhein- Armee und 12 aus Roussillon, Languedoc und
Guienne zu verstärken, welche Truppen mit grösster Beschleunigung
nach dem Rhone zu werfen waren.
Nachdem V i 1 1 a r s noch einen Überofticier nach dem Bugey
entsandt, dessen Milizen einzuberufen und längs des Rhone aufzustellen,
suchte er am 27. Juli eine Stellung, in welcher er Fort Barraux decken
und Chambery beispringen konnte. Er befahl, unter den Kanonen des
genannten Forts ein verschanztes Lager für 8 Bataillone zu errichten,
und Hess seine Truppen zwischen diesem imd Montmeillan lagern. Die
Befürchtung, die Alliirten möchten sich von St. Jean de Maurienne
aus zwischen Grenoble und die übrigen Plätze der Dauphine einschieben,
Hess ihn d'Artaignan, welcher am 28. zu Vizille eintraf, anweisen,
6 Bataillone daselbst zu belassen, mit zweien aber nach Mondelant
zu rücken, um im Vereine mit Mure t die Verbindung Brianeons mit
Grenoble zu decken.
Umkelir der Verbündeten. — Operationen zur Isolirung: von
Exilles und Fenestrelle. — Vormarscli der Franzosen.
Zu St. Jean de Maurienne angekommen, glaubten die Verbündeten
einen entscheidenden Entschluss fassen zu müssen. Zwei Entwürfe
wurden in Berathung gezogen. Der eine, den Vormarsch fortzusetzen,
in französisches Gebiet noch tiefer einzudringen, Avar nach Feldmarschall
Daun's Meinung ganz leicht zu unternehmen, „wann das Zurückkehren
nicht mehr als das Hineingehen dabei zu consideriren wäre". — Der
andere Entwurf verlangte, ein starkes und ausreichendes Detache-
ment „unversehens umkehren", über den Col de la Rone so schleunig
als möglich vorausgehen, die feindlichen Posten von ihm wegnehmen
und es solche Stellungen beziehen zu lassen, dass den Plätzen Exilles
und Fenestrelle jeder Suceurs abgeschnitten würde. Während dann
an die Belagerung beider geschritten würde, sollte die Armee den
Feind beobachten, — Diesem letzteren Entwürfe neigte sich nicht nur
171
Victor Amadeus entschieden zu, ei* schien auch dem Fehlniar-
schall D a u n als der räthlichere. Durch die Einnahme von Fenestrelle
und Exilles wurde einerseits Piemont gegen Frankreich besser ver-
schlossen, andererseits bekam man ein Thor desselben in die Hand,
welches ermöglichte, im nächsten Feldzuge leichter und frühzeitiger
in dasselbe einzudringen").
Man entschied sich für den zweiten Entwurf und ging ohne
Verzug an seine Ausfühi'ung.
FML. Rh eb in der erhielt zu diesem Ende Befehl, mit dem
FML. H a r r a c h, den GWM. Browne und d'A n d o u r n e, 4 kaiserlichen,
3 preussischen, 2 sachsen-gotha'schen, 4 piemontesischen Bataillonen und
dem Gyulai'schen ITayducken-Regiment um Mitternacht zum 29. Juli
gegen Modane aufzubrechen, den französischen Posten auf dem Col de
la Roue zu forciren, Cesanne zu nehmen und sich auf dem Mout Genevre
festzusetzen. Dadurch sollte Exilles und Fenestrelle jede Hülfe abge-
schnitten und zugleich das Val di Pragelato gedeckt werden. — Die
Verbindung mit Susa zu eröffnen, ward der daselbst stehende preussi-
sche General-Major von Styllen, der Nachfolger Regal's im Com-
maudo, angewiesen, auf Rh ebin d er's Verständigung mit 2000 ]\lann
seiner Besatzung auszurücken und alle Posten zu besetzen, welche
der Zweck erforderte. — Um aber den Feind in steter Sorge zu
erhalten, als ob die Verbündeten in die Dauphine einzubrechen beab-
sichtigten, musste FML. Freiherr von Zum Jungen mit 7 Bataillonen
nach dem 10*^™ entfernten La Chambre vorgehen , dort Backöfen
bauen. Brückenzeug zuführen und andere Vorbereitungen zum Scheine
treffen lassen. — Schulenburg endlich, welcher, wie bereits bekannt,
am 29. Moutiers erreichte, wurde angewiesen, über den Col de la
Piatiere (über 2000"", Moutiers-St. Jean de Maurieune lO'"") zur Armee
zu stossen, deren Gros zu St. Jean de Maurienne die Meldungen seiner
Detacheraents erwartete.
Die Aufgaben der letzteren wurden durch den Feind sehr er-
leichtert, insbesondere aber jene Rh ebi n der's, durch die Gruppirung,
welche Muret seinen Truppen gegeben hatte. Dieser, mit 12 Batail-
lonen und den Milizen des Landes zur Vertheidigung der Dauphine
zurückgelassen, hatte seine Streitkräfte, wie folgt, vertheilt:
Perosa, das Thal von S. Martine und das untere Pragelato
waren von 500 Commandirten, 1 Bataillon Mignons, 2\.'^ Bataillonen
Infanterie und 150 Milizen besetzt. — Zwischen Fenestrelle und
Sestrieres standen V/^ Bataillone, 1 Frei-Compagnie und die Miliz
') Feldmarschall Daun au den Priuzen Eugen. St. Jeau de Mauiieniie,
8. Juli 1708. Kriegs-A , Italien 1708 ; Fase. VII. 28.
172
des oberen Pragelato; zu Champlas sur Sestrieres 1 Bataillon und
150 Älann j^liliz auf Beol)aelitiing; 300 Milizen auf dem Mont Genevre,
wovon 100 gegen Servierette vorgeschoben. — 2 Bataillone und
200 Älilizen hielten Exilles; zu ihrer Unterstützung nahmen 6 Com-
pagnien Infanterie zu Salbertrand Stellung, 7 andere zu Oulx als
Reserve für den wichtigen Col de la Rone. Schon am 24. hatte Muret
einen Beobachtungsposten von 120 Mann auf demselben eingerichtet
und als Soutien 2 Bataillone zeitweise nach Bardonneche gelegt. Nach
Mass der feindlichen Vorrückung sollten die letzteren nach Guillestre
und Mont Dauphin zurückweichen. In Monetier stellte Muret
2 Bataillone auf, das Thal von Lautaret, den Col de Galibier und
die übrigen Uebergäuge zu vertheidigen.
Am 27. erfuhr Muret den Vormarsch der Verbündeten auf
St. Jean de Maurienne, unter Belassung einer Abtheilung zu Modane;
er gab hiernach den zu Bardonneche postirten Bataillonen Befehl, am
28. nach Guillestre aufzubrechen; 2 Bataillone aus der Umgebung von
Briangon mussten nach Mondelant, das Thal von Bourg d'Oysans zu
schützen.
Am Nachmittage des 30. lief von FML. Rh eb in der zu
St. Jean de Maurienne ein erster Bericht ein. Er war am Vortage in
Einem Marsche nach Modane (1078"") gei'ückt (SO'""), hatte dort sein
Gros gelagert und war selbst, begleitet vom GWM. Graf llarrach,
mit den Hayducken , den Grenadieren und den vier piemontesischen
Bataillonen bis über die ll"^"" entfernte Capelle „Unsei-er Lieben
Frau von Charmet" vorgegangen. Am Morgen des 30. hatte er, ohne
seine anderen Truppen zu erwarten, den von nur 100 Mann ver-
theidigten Passposten (2000'") angegriffen und mit einem Verluste von
nur 3 Todten und ebenso vielen Verwundeten genommen. Ohne Säumen
war hierauf der IMarsch gegen Oulx und Cesaune fortgesetzt worden.
Auf diese Meldung hin beschloss das Haiiptquartier, dem Detache-
raent Rhebinder's am nächsten Tage zu folgen. Dem Obristen
von Steinberg ward befohlen, die Artillerie nach Susa zurückzu-
schaffen, und dem GWM. von Grävendorff, die 2 Dragoner-
Regimenter über den Mont Cenis nach Bussoleno zurückzuführen.
FML. Zum Jungen sollte la Chambre am Morgen des 31. räumen^
zu St. Jean de Maurienne, jenseits des Are-Flusses, Stellung nehmen,
dann aber der Armee auf Einen Marsch Abstand nachrücken. Er selbst
in's Hauptquartiei- berufen, übergab das Comraando dem GWM. Grafen
Dann.
173
Am 31. ging das Gros, zu welchem inzwischen GWM. Schulen-
burg mit seinem Detachement gestossen war, bis St. Michel (13*"")
zurück; St, Remy aber mit 6 Bataillonen, verfolgte die Marsch-
linie R h e b i n d e r's. Dieser hatte , der Erschöpfung seiner Truppen-
ungeachtet, noch am 30. Oulx (Col de la Roue - Bardoniieche - Oulx
6 Wegstunden) erreicht, wo der Feind eben an der Zerstörung
der Brücken arbeitete. Muret, bereits auf dem Wege nach Brian9on,
war auf die Nachricht von dem Verluste des Col de la Roue sofort
umgekehrt und hatte sich mit Resten des von dort geworfeneu
Bataillons gestellt. R h e b i n d e r, rasch einen noch intacten Ueber-
gang benützend, hatte ihn zum Rückzuge gezwungen, wobei Muret
zahlreiche Todte und Gefangene zurücklassen niusste. Gegen 10 Uhr
Nachts war GWM. Browne mit den letzten Bataillonen eingetroffen,
worauf der Feind nach Mitternacht aus Oulx, das er in Brand
gesteckt, gegen Cesanne zurückgewichen war. Das Regiment Gatinais
hatte sich noch retten können ; vier Compagnien des Regiments Bresse
vermochten aber nur zum Theile Exilles zu erreichen.
Die Armee setzte hierauf am 1. August den Rückmarsch bis
Modane (17^™) fort, wo man erfuhr, dass Rh eb in der tagsvorher
Cesanne (Uulx-Cesanne 8^"") erreicht, der Feind aber sich auf den Mont
Genevre gezogen habe.
Am 2. überschritt die Armee den Col de la Roue *) und lagerte
zu Bardonneche (Modane-Bardonncche 6 Stunden 45 Minuten). Auf der
Passhöhe angekommen , überzeugte sich Victor A m a d e u s von ihrer
ausserordentlichen Vertheidigungsfähigkeit; eine Handvoll entschlossener
Leute hätte jedes Angriffes spotten können. — Die zwei piemontesischen
Bataillone, welche St. Remy hier zurückgelassen, wurden ihm nach-
gesandt und der preussische General-Lieutenant von A r n h e i m b,
der mit zehn Bataillonen zur Deckung des Magazins und des Spitals zu
Modane verblieb, auch mit der Vertheidigung des Col de la Roue
betraut. Da Muret am 31. alle seine zerstreuten Abtheilungen oberhalb
Clavieres gesammelt und, in der Furcht abgeschnitten zu werden,
am 1. August nach Brian9on geführt hatte, bemächtigte sich FML.
Rhebinder an diesem Tage ohne Widerstand des Mont Genevre
(1860™) ') und nahm nach einem Marsche von lö*"" zu Vachette, 3*""
von Briancon, Stellung; seine Hayducken verfolgten den Feind fast
bis unter die Kanonen dieses Platzes, wobei ihr Hauptmann Osani fiel.
Muret, zu dem am 1. August auch die Truppen aus dem
Pragelato stiessen, verstärkte die auf dem Col de Galibier stehenden
Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 10.
174
zwei Bataillone sofort durch ein drittes. Die Vertheilung der ihm
hieuaeh verbleibenden Trupjx'n war folojende : 8 Bataillone bei Briancon,
1 in diesem Platze, 1 zu JMont Dauphin, 500 Mann zu Exilles, (iOO
zu Fenestrelle und 500 zu Perosa. Die Commandanten dieser Plätze
waren angewiesen, sicli auf das Aeusserste zu vertheidigen.
D'Artaign an erreichte mit zwei Bataillonen am 31. Juli Bourg
d'Oysans. Seine fünf anderen Bataillone hatte er angewiesen, von Vizille
aus, wo sie am Abende eintreffen sollten, ihm zu folgen. Von Muret
über die Vorgänge am Col de la Rone benachrichtigt, eilte d'Artai gnan
ohne Aufenthalt von Bourg d'Oysans nach JMondelant und am 1. August
nach Monetier. Die ihm folgenden fünf Bataillone wurden wiederholt zur
Beschleunigung ihres Marsches aufgefordert, die nach Gap disponirten
Truppen aber nach Embrun gewiesen.
Am 3. hielt die Armee der Verbündeten zu Bardonneche Käst.
Es erging der Befehl, das Spital und das Magazin von Modane nach
Susa zu verlegen. — Gleichzeitig wurden das Bataillon Trinite aus
Valenza und das von Kitt aus Turin in das Thal von Perosa bestimmt,
im Vereine mit den Barbets die Verbindung des Val di Pragelato mit
jenem von Queiras abzuschneiden und Perosa zu belagern. — Victor
A m a d e u s und Feldmarschall Dann aber begaben sich an diesem
Tage über Oulx nach Vachette, indess FML, Zum Jungen Briangon
von allen Seiten recognoscirte.
Villars erfuhr von den Ereignissen am Col de la Rone und
von Oulx nicht früher, als am 1. August. Am folgenden Tage entschloss
er sich, Exilles und Fenestrelle mit 27 Bataillonen zu Hülfe zu eilen.
Um durch seine Bewegung dem Gegner die Gelegenheit zu benehmen,
die von ihm verlassene Stellung zu besetzen, entschied er sich, nicht nach
Briancon, sondern nach St. Jean de Maurienne zu marschiren. Er hoffte
durch diese Bewegung die Verbündeten zu veranlassen, einen Theil
der gegen Oulx und den Mont Genevre entsandten Truppen an sich
zu ziehen. In diesem Falle hatte d'Artai gnan angriffsweise aufzu-
treten. Marschirte aber der Herzog von Savoyen, bevor Villars
sich mit d'A r t a i g n a n und de Muret vereinigen konnte, gegen
diese beiden, dann hatten sie Briangon mit der erforderlichen Besatzung
zu versehen und sich mit ihren Truppen gegen den Col du
Lautaret (zwischen Lauzet und Villard d'Arenne, 2070™) zu ziehen.
— Villars beorderte das Detachement von Seyssel au die Isere,
berief Dillon von Lyon') und erlangte vom Hofe neuerdings eine
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIH. 10.
175
Verstärkung au Cavallerie. Ein von ihm nach Moutiers gesandtes
Detachement fand diesen Ort verlassen. Am 3. erfuhr er aus den Be-
richten Muret's, d'Artaignan's und de la Jave 1 liö re's, dass die
Verbündeten, zusammen 18 Bataillone und efrAvas Reiterei, seit dem Vor-
abende zu Vachette gelagert seien; dass ihnen ein gleich starkes Corps
folgen und der Herzog von S a v o y e n an demselben Tage zu Bardon-
neche eintreffen solle. — V i 1 1 a r s dachte nun nicht mehr an Exilles
und Fenestrelle, sondern nur an die Rettung Briangon's, welchem
Puncto er auf dem kürzesten Wege zu Hülfe kommen wollte. —
Medavi rückte am 3. von Rubod nach Aiguebelle und am 4. nach
Epierre (lO*"") und la Chambre (23''™), wo Thoy's Corps zu ihm stiess.
Am folgenden Tage (5.) vereinigten sich alle Truppen (einschliesslich
der von Fort Barraux gekommenen) zu St. Jean de Maurienne, wo
die Nachricht von der allgemeinen Concentrirung der Verbündeten
auf Vachette, bestätigt wurde. Der Verbindung mit Grenoble sicher,
Hess Villars am Abende des 5. August 4 Bataillone unter Maule-
vrier über den Col du Galibier (über 2500™) rücken, sich zu Monetier
(1493"') mit d'Artaignan zu vereinen*). Am Morgen des 6. schlug
Croy mit 6 Bataillonen und 3 Escadronen Dragoner den gleichen
Weg ein. Villars selbst rückte am 7. mit 19 anderen Bataillonen bis
Valloires ^). Am nächsten Tage verliessen 5 Escadronen St. Jean
de Maurienne. Die Bagagen folgten durch die Vallee d'Arve mit der
Direction auf Grave. — Medavi mit 12 Bataillonen und 7 Escadronen
verblieb in Savoyen, um gegen den Mont Cenis und Exilles eine
Diversion zu machen. Eines seiner Bataillone und 1 Escadron hielten
Conflans besetzt.
EinSchliessung' von Exilles. — Gefecht von Cesanne
am 11. August.
Da inzwischen GWM. von Styllen seinen Auftrag vollzogen
hatte, Exilles von allen Seiten berannt, die Verbindung der Armee
mit Susa aber hergestellt war, erhielt FML. Regal am 4. Befehl zur
Belagerung jenes Platzes. Das schwere Geschütz hiezu war zwar zu
Turin bereitgestellt; es aber an das Angriffs - Ubject bringen zu
können, musste die Wegstrecke Susa-Exilles erst hergerichtet werden.
— Das Hauptquartier kehrte an diesem Tage über den Mont Genevre
nach Cesanne und am 5. nach Bardonneche zurück. — Während vier
') St. Jeaii-St. Michel IS"^"", St. Michel-Cul de Galibier-Mouetier 8 Wegstunden.
^) 1 Stunde 50 Minuten von St. Michel.
176
piemontesische Bataillone an diesem Tage das Corps Rhebiuder's
verstärkten, ward General-Lieutenant von Arnheimb angewiesen, mit
seinen zu Modane verbliebenen Bataillonen sanimt Hautois' Reiterei
zur Armee einzurücken, das Dorf de la Roue mit vier Bataillonen
zu besetzen, die Sehulenburg'scben Truppen aber gegen Novalesa
Ferriere und Grand-Croix zu dirigiren.
Arnheiml) stiess am 6. zur Armee, die noch immer bei Bar-
donneche lagerte. Die Nachricbten über den Feind gingen dabin,
dass 40 Bataillone von St. Jean de Maurienne, wo Villars am 5. ge-
standen '), aufgebrochen wären und sich zu St. Magdelaine 'j gelagert
hätten; dass die aus dem Ampurdan anmarschirten 6 Bataillone bereits
bei der Armee eingetroffen wären und 15 andere aus der Provence
herankämen, sich mit Yillars zu vereinigen, der seine Armee auf
70 Bataillone zu bringen gedächte''). Da man voraussetzte, Villars
werde den bedrohten Grenzplätzen zu Hülfe eilen, zog mau das stark
exponirte Corps Rhebinder von Vachette nach Cesanne zurück und
Hess alle über die Höhe des Echelles *) führenden Wege unbrauchbar
machen.
Die Armee rückte am 8. nach Oulx; nur St. Remy blieb mit
zehn Bataillonen zu Bardonneche. — Um die Franzosen aus den Be-
festigungen auf Celle delle Finestre zu vertreiben, entsandte man
von der Armee den Kriechbaum'schen Obrist mit 400 Commandirten
und entsprechender Ausrüstung. Schon am 9. meldete derselbe, der
Feind habe bei seiner Annäherung eine Schanze gesprengt, die andere
verbraunt, eine dritte aber geräumt. — Da Kundschaftsnachrichtcn
besagten, Villars sei am 8. an der Spitze von 60 Bataillonen und
25 Escadi'onen ') zu Brian^on eingetroffen, ward St. Remy befohlen,
seine Truppen vom Col de la Roue und Bardonneche nach Oulx zu
führen, S chulenburg aber angewiesen, mit fünf Bataillonen bis nach
Exilles zu rücken und durch Besetzung der Höhen jede feindliche
Annäherung an diesen Platz zu verhindern.
*) niul ') Ffldniaiscliall Dann au (hm l'iinzcu Eu^jeu. Bardonneche,
7. August 1708. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 8.
*) Es ist hier ofieubar la Madeleiue zwischen Grave und Mnnetier gemeint.
*) Cid des Echelles (1791°) von Plan Pinet bis zum Sattel Saumweg ; von
hier bis Bardonneche Fusssteig.
■^) Nach den Informationen, wclclic .Matl'ci unterm 10. August zukamen. Kriegs-A.,
Italien 1708; P'asc. VIII. 43. — Feldmarschall Dann berichtet aus Oulx, 10. August, dem
Hofkriegsrathe von „etlich und 40 Bataillone". Kcgistr. des R. K. M., September 1708,
Nr. 34. — Feldmarschall Daun an K. .Joseph I,, ddo. Oulx, 10. August 1708. Registr.
des R. K M., August 1708, Nr. 236.
177
Die Meldung M u r e t's, die Verbündeten hätten am Abende des
5. das Lager von Vachette aufgehoben und sich in's Val des Prez
(Thal der Clairee) gezogen, bestimmte Vill ars, seinen Marsch zu be-
schleunigen, um in einer Gegeud zum Schlagen zu kommen, wo jene
ihre Reiterei nur zum Gefechte zu Fuss verwenden konnten. Am 8.
von Valloires aufbrechend, erreichte er noch an demselben Tage mit
der Spitze Brian^on '), wo die übrigen 30 Bataillone, alle den Saum-
weg über den Col de Galibier benutzend, bis zum 10. nach und
nach eintrafen.
Noch am 9. hatte der Marschall 16 Bataillone gegen den Mout
Genevre vorgeschoben, auf welchem er am 10. Alles vereinigte, was
an Truppen bereits angelangt war. Entschlossen, zur Rettung von
Exilles selbst eine Schlacht zu schlagen, rückte er am 11., ohne die
Ankunft seiner letzten Truppen abzuwarten, gegen Cesanne vor. Die
Recognoscirung der von den Alliirten bezogenen Positionen hatte
ihn erkennen lassen, dass diese sich von Moilleres über St. Siclaire
(wo 8 Bataillonen standen) und les Champlas bis zum Col de Sestrieres
erstreckten und dass das Gros von den beiden Städtchen Cesanne zu
entfernt stehe.
Am 10. war nämlich das Corps Rhebinder gegen die Höhe von
Sestrieres *) geschoben, dagegen waren aber 6 Bataillone aus dem
Lager von Oulx in Marsch gesetzt worden, den Posten von Cesanne
zu beziehen, den jenes zu verlassen hatte. Als Victor Amadeus am
Mittage des 11. vom Corps Rhebinder nach Cesanne zurückkehrte,
sah er den Feind in grosser Stärke vom Mont Genevre zu diesem
Orte herabsteigen. Villars hatte zum Angriffe auf beide Städtchen
zwei Colonnen von zusammen 2600 Mann bestimmt, welchen zwölf Ba-
taillone unter d'Artaiguan als Unterstützung folgten. Die auf dem
linken Ufer der Dora stehenden Vorposten, commandirt vom Hauptmann
Grafen Hohen fei d des kaiserlichen Regiments Kriechbaum, verstärkt
durch die eben eintreffende Ablösung, empfingen die Franzosen mit
einem sehr kräftigen Feuer und schlugen — wiewohl gänzlich dominirt
und eingesehen — wie selbst die Franzosen zugeben, mehrere Angriffe
ab. Da jene aber mit zwei frischen Colonnen, Infanterie und Cavallerie,
gegen die Flügel der Vorposten vorrückten, Hess man von den Höhen
*) Von Valloires nach Monetier sind 6 Stunden, 10 Minuten Weges ; von
hier bis Brian^on lö""". — Charakteristisch für die klimatischen Verhältnisse dieser
Gegend ist, dass es in der ersten Hälfte August zu Brian^on fingerdickes Eis gab.
Kriegs-Ä., Italien 1708; Fase. VIII. 18.
2) Von Cesanne (1358") auf den Col de Sestrieres (äeOg™) gelangt man in
2 Stunden, 20 Minuten. Die jetzige Strasse wurde unter dem ersten Kaiserreich eröffnet.
Feldziige des Prinzeu Eugen v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. 12
178
zwei preussische Bataillone unter dem General-I^Iajor Bannowitz
niedersteigen, diesen den Rückzug zu ermöglichen. Nun erst gingen
die Vorposten nach einstiindigem Feuergefechte in trefflicher Ordnung,
Schritt für Schritt zurückweichend, über den Fluss. Die Franzosen,
gegen Abend schon einige 30 Bataillone zählend und noch immer Ver-
stärkungen erhaltend, begnügten sich, am linken Dora-Ufer ihr Lager
zu schlagen *), — Das anderthalbstündige Feuergefecht hatte den Ver-
bündeten etwa 150 Mann (Todte und Verwundete) gekostet. General-
Major Bannowitz war leicht blessirt, dem General - Lieutenant
von Arnheimb, Victor Amadeus' Begleiter, war ein Pferd
unterm Leibe erschossen worden. Der Verlust der Franzosen dürfte
namhafter gewesen sein ^).
Da die Behauptung von Cesanne den Zwecken der AUiirten
weiters nicht mehr nützlich sein konnte, zog Victor Amadeus
die dortigen sechs Bataillone zur Armee. Das Rhebinder'sche Corps
aber musste um Mitternacht aufbrechen und durch das Val di Pragelato
vor Fenestrelle ^) rücken, wo es so Stellung nehmen sollte, dass es
möglichst ungefährdet war und den Rücken und die Verbindung
mit Susa sicher hatte.
Während V i 1 1 a r s seinen Marsch auf Briau9on und Cesanne aus-
geführt und in der Befürchtung, der Herzog von Savoyen möchte seine
Reiterei über den kleinen St. Bernhard in das Chablais entsenden,
die aus dem Languedoc kommende Reiterei nach Conflans dirigirt
hatte, war M e d a v i, welcher schon am 7. seine Spitze nach St. Michel
vorgetrieben, mit seinem Gros am 9. ebendahin, mit seiner Vorhut
aber bis St. Andre gerückt. Die letztere musste auf die Nachricht, die
AUiirten hätten den Col de la Roue geräumt, denselben in der
Nacht zum 11. besetzen lassen.
*) Nach der Darstellung, welche die Memoires niilitaires (Pelet) VIII geben,
zogen sich die Vortruppen der Verbündeten schliesslich in die von creuelirten Mauern
umschlossenen Städtchen, welche, eines nach dem andern, von den Franzosen mit
stürmender Hand genommen wurden.
^) Nach der übereinstimmenden Aussage der Ueberläufer betrug er 300 Mann;
ein General-Lieutenant sollte gleichfalls geblieben sein. „Das Gefecht von Cesanne,
über das man zu Turin so viel Lärm geschlagen hat, ist nicht der Rede werth, da nur
ein Vorposten von drei Grenadier-Compagnien, eine von Kriechbaum, eine preussische
und eine savoy'sche und etwa 250 Commandirte daran Theil genommen haben. Diesen
Abend werde ich den genauen Ausweis über unseren Verlust haben. Jener des Feindes
niuss grösser sein, da unsere Leute Wunder gethan und nur darum Einbusse
erlitten haben, weil sie mit zuviel Muth einer ganzen Armee haben hartnäckig
Stand halten wollen." Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. ad 13. Beilage zu Castel-
barco's Bericht an den Prinzen Eugen. Turin, 18. August 1708.
*) Von Cesanne üb(_T den Col de Sestricres nach Fenestrelle 30""".
179
Einnahme von Exilles und von Perosa ').
Die Nachricht, M e d a v i habe sich nicht, wie man vermuthet
hatte, mit Villars vereinigt, sondern sei nach Modane marschirt,
Hess die AUiirten annehmen, er beabsichtige von dort aus den Ent-
satz von Exilles. Um einem solchen Versuche, von wo immer er unter-
nommen werden mochte, wirksam entgegentreten zu können, ward
die Armee am 12. nach Salbertrand '^) geführt. Das Hauptquartier
kam nach St. Colomban, nördlich Exilles, wo es den belagerten Platz
vor Augen hatte.
Der Angriff, am 6. begonnen, war, Dank der Umsicht, Geschick-
lichkeit und Thätigkeit Regal's, der Artillerie-Obriste von Stein-
berg und Gas sei la Fiere, schon sehr weit vorgeschritten. Bereits
am 9. hatte Regal die erste Parallele gezogen, am folgenden Tage
hatten 7 Halb-Karthaunen gegen die Werke zu spielen angefangen ^),
am IL 3 Batterien aus 14 schweren Geschützen mit solchem Erfolge
breschirt, dass man an die Vorbereitungen zum Sturme schritt. Als
am Abende des 12. die um 2 Geschütze vermehrten Breschbatterien
mit gesteigerter Lebhaftigkeit zu feuern begannen, Hess der Com-
mandant des Platzes, de la Boulaye, die Chamade schlagen*). Am
folgenden Vormittage zog die 295 Mann und 25 Officiere zählende Be-
satzung als kriegsgefangen nach Turin ab '). Mit Exilles fielen den
Verbündeten 30 Geschütze, 706 Feuergewehre und bedeutende Mengen
von Munition in die Hände *).
Nicht minder glücklich waren gleichzeitig die Anstrengungen der
Alliirteu im Val di Pragelato. Der savoy'sche GWM. d'Andourne,
den FML. Rhebinder mit 1000 Mann in das Thal von Perosa deta-
chirt, hatte mit 100 Grenadieren und einigen Barbets die Schanze von
Pomaretto (nächst Perosa) mit stürmender Hand genommen und dabei
nur wenige Mann eingebüsst; was von der Besatzung nicht gefallen,
war gefangen genommen worden. — Zu Perosa fand d'Andourne
*) Hiezu Skizzen, Tafel II.
*) Von Oulx nach Salbertrand 8''".
') Nach Castelbarco's Bericht an K. Joseph I., Turin, 11. August, hatte die
Beschiessung aus sechs Stücken schon am 9. begonnen. Kriegs-A., Italien 1708 ;
Fase. VIII. 11.
*) Wortlaut der Capitulation. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. YlII. ad 13. De la
Boulaye wurde dieser Capitulation halber kriegsrechtlich degradirt, zu lebenslänglicher
Haft und Verlust seines Vermögens verurtheilt. Memoires militaires (Pelet) VIII.
5) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. ad 13.
«) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 1.5.
12*
180
den Obristen Graf de la Trinite, welcher es mit 2 piemontesisehen
Bataillonen und den Barbets blokirte, eben in Capitulations- Verhand-
lungen mit dem Coramandanten. Auf d'Andourne's Verlangen musste
sich sowohl die Besatzung Perosa's, als auch jene des Forts Louis
am 11. August kriegsgefangen geben. 500 Mann und 30 Officiere
wurden von hier nach Piemont abgeführt.
Da inzwischen FML. Rhebinder bereits alle wichtigen Höhen
rings um Fenestrello besetzt hatte, Hess man noch am 13. die Armee
nach Chiamonte ') raarschiren. — Zur Deckung Exilles' war FML.
Regal mit 10 Bataillonen daselbst belassen. Er sollte den Platz in
Vertheidigungsstand setzen, die Belagerungs - Artillerie aber zurück-
schaffen. — Die Hauptmacht der Verbündeten rückte am 14. nach
Meanne (Meanai unweit Susa. Victor Amadeus aber eilte nach
Baibotet zum Corps Rhebinder's. Die Nachricht, Villars habe
über den Col de Sestrieres ein starkes Detachement vorgeschoben,
bestimmte den Herzog, die Höhe de la Valette unverzüglich von drei
Bataillonen unter GWM. Browne besetzen und verschanzen zu lassen.
Kaum hatte die Armee der Alliirten über den Col de la
Fenestre am Mittage des 15. das Rhebinder'sche Corps erreicht') und
zu Baibotet das Lager geschlagen, als sie auch schon Villars'
Truppen sich gegenüber anlangen sah.
Nach dem Gefechte von Cesanne hatte sich Villars, obschon
mit Verpflegsschwierigkeiten kämpfend, entschlossen, die Verbündeten
neuerdings anzugreifen '). Er wollte ihnen keine Zeit lassen, die Be-
lagerung von Exilles fortzusetzen, welche, wie er wusste, am 9. begonnen
hatte. Am 13. bei Oulx lagernd, erfuhr er zu seiner Ueberraschung,
dass der Commandant von Exilles bereits am Vortage capitulirt habe.
Am 14. liefen von allen Seiten Meldungen ein, dass die Armee der
Alliirten am Vorabende zum grössten Theil über den Col de la
Fenestre nach Baibotet gerückt sei und die Besatzung der Redoute
von Laux (Leau) dieselbe aufgegeben habe. — Zu Oulx ein Corps unter
T h 0 y belassend, marschirte V i 1 1 a r s, um Fenestrelle zu retten, am
15. längs des Kammes zum Col d'Argueuil. Die Recognoscirung von
Brown e's Stellung (la Valette) belehrte aber den Marschall, dass die-
selbe unangreifbar sei.
Diese Recognoscirung war den Verbündeten, die überdies durch
Ueberläufer von einem beabsichtigten Angriffe hörten, nicht ent-
•) Salbertrand-Chiamonte (Chaumoiit) 24""".
*) Von Siisa über den Col de la Fenestre natli Fenestrelle 5 Wegstunden.
') Lettre de M. le inardchal de Villars au roi, du camp de 8t. Siclaire, 12 aoilt 1708,
Arcliives du depot de la guerre, vol. 2100; No, 343. Memoires militaires (Peletj,
181
gangen. Fürchtend, V i 1 1 a r s möchte sich über die Höhe von Argueuil
auf Chiamonte oder Exilles werfen, ertheilte man dem FML. Regal
und dem GWM. d'Audourne entsprechende Weisungen. So stiess
Givry, den Villars am 16. mit lOÜO Grenadieren, welchen drei
Brigaden als Unterstützung folgten, entsandt hatte, den Berg LIaudiez
oder den Kamm von Peine (Pelve) zu besetzen, auf eine Abtheikmg der
AUiirten und fand es unmöglich, durchzudringen. Da Ueberläufer
aussagten, Villars lasse an einem Wege arbeiten, auf die Höhen
gegenüber la Valette Geschütze zu bringen, ward Styllen, welcher
Browne am 17. ablöste, befohlen, die dortigen Verschanzungen
kanonensicher zu machen.
Auch auf der rechten Thalbegleitung waren die Franzosen nicht
glücklicher. Obrist Gyulai trieb hier die feindlichen Miquelets mit
seineu Havducken von Kuppe zu Kuppe und setzte sich bei Fene-
strelle fest.
Die Verbündeten nahmen nicht nur wahr, wie das Gros Villa rs'
im Laufe des Tages immer mehr anschwellend, bei Puy en Pragelas
sich lagerte, sondern auch, wie eine starke feindliche Colonne Nach-
mittags dieses Lager in der Richtung von Mont Albergian verliess.
Unverzüglich wurden einige Annäherungen,' welche Villars benützen
konnte, vom Lager aus besetzt und FML. Zum Jungen mit 7 Ba-
taillonen nach dem Col d' Albergian vorgeschoben. Er erreichte um
Mitternacht sein Ziel und schritt unverzüglich an die Verschanzung
desselben. — M u r e t , den V i 1 1 a r s mit 5 Bataillonen über
den Col du Pis ebendahin gesandt hatte, fand den Posten unein-
nehmbar und Villars, am 17. persönlich recognoscirend, kam zu
demselben Schlüsse. Der Marschall, welcher nach dem Falle von
Perosa alles Vertrauen auf den Widerstand isolirter Posten verloren
hatte, gab den Gedanken, Fenestrelle zu retten, auf, entschied sich
für die reine Abwehr und liess Muret deragemäss am Abende des
17. in's Lager zurückkehren. Zur Sicherung seiner Verbindung mit
BrianQon liess er am 20. den Col de Sestrieres von 5 Bataillonen
unter C a r a c c i o 1 i, den Mont Gene vre von 6 unter C h a m a r a n d e
besetzen und endlich 2 Bataillone in's Thal von Barcelonette abrücken,
wohin Guerchois schon am 19. vorausgegangen war, mehr um die
Bewegungen des Gegners zu beobachten, als um Widerstand zu leisten.
Die AUiirten mussten Villars wesentlich andere Absichten
zumuthen. Nach den Aussagen der Ueberläufer, deren täglich 20 und
mehr kamen, schwoll Villars' Armee immer mehr an; Avurdeu noch
10 Cavallerie- und 5 Dragoner-Regimenter aus Spanien, Languedoc
und Deutschland erwartet; war Villars entschlossen, die Aufhebung
182
der Belagerung Fenestrelle's zu erzwingen, sowie seine Armee auf
60 Bataillone gebracht war.
Zudem Hessen auch Regal's Meldungen aus Exilles nicht auf
defensive Absichten M e d a v i's schliessen. Dieser war zwar durch Ver-
pflegsschwierigkeiten bemüssigt worden, zu Bramans bis zum 15. stille
zu stehen; sowie aber der Brodnachschub von Fort Barraux einge-
richtet, waren ]\[edavi's Vortruppeu sofort auf dem Mont Cenis „beim
grossen Kreuz'' erschienen. Ihre Versuche, sich hier festzusetzen,
scheiterten zwar, aber Lanslebourg blieb von ihnen besetzt.
Noch war die Belagerung Fenestrelle's nicht begonnen, als Regal
von einem erneuten Versuche Medavi's berichtete. Dieser hatte das
Lager von Bramans am 21. verlassen und am folgenden Tage Schulen-
burg's Verschanzungen auf der Höhe von Arpon so übermächtig
angegriffen, dass dessen Bataillone 1000 Schritte zurückweichen
mussten. Die Franzosen zerstörten die Befestigungen, zogen sich aber
hiernach wieder in ihr Lager zurück. Gleichzeitig war M e d a v i's
Unterbefehlshaber, Grancey, mit 1000 Grenadieren und 50 Reitern
von Bessans über den schwierigen und gefährlichen Col dell' Autaret
bis Viu hinabgestiegen ; bis Lanzo vorzudringen, verhinderte ihn Brod-
mangel. Ohne auch uur auf Landesbewohner gestossen zu sein, kehrte
er einige Tage später mit 2000 erbeuteten Schafen an seinen Aus-
gangspunct zurück.
Unter diesen Umständen hielten die Verbündeten grosse Vorsicht
für geboten. Schon am 15. hatten sie das zu Chiamonte postirte
Dragoner - Regiment Savoyen angewiesen, über Pinerolo in das Thal
des Clusone zu rücken und % Stunde unterhalb der Festung Stellung
zu nehmen. — Um ihre linke Flanke wirksamer zu sichern , ward
GWM. d'Andourne mit 600 Mann in das Val di S. Martino detachirt. —
Auch der Col d'Albergian ward ungeachtet Mur et's Abzug festgehalten.
Da Zum Jungen meldete, seine Truppen vermöchten die Kälte —
das ganze Gebirge erstarrte in Eis und Schnee — auf die Dauer nicht
auszuhalten, mussten die Tragthiere des grossen Lebensmittel-Convoi,
den man ihm zuschob, fortan zum Transport von Brennmaterial benützt
werden.
Belagerung" und Einnahme von Fenestrelle ').
So nach allen Seiten geschützt, schritten die Alliirten an die
förmliche Belagerung des von ihnen cernirten Platzes. Schon am
') Siehe Tafel II. Die Skizze „Vene du Fort de Fenestrelle" wurde vom Ober-
Quartienneii^ter Nicolotti für den Priuzeu Eugen aufgenommen. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. VIII. 41.
I
183
Abende des 15. war FML. Harr ach mit etwa 5000 Mann entsandt
worden, sich am 16. mit Tagesanbruch des Castells Renaud {B der
Skizze) zu bemächtigen, das die Werke von Fenestrelle beherrschte.
Harr ach hatte aber jenes völlig sturmfrei und ohne Geschütz
uneinnehmbar befunden und sich darauf beschränken müssen, sein
Detachement nächst demselben festsetzen zu lassen. Dadurch wurden
wenigstens die Arbeiter gedeckt, welche den Weg herrichteten, auf dem
das Belagerungs-Geschütz herangezogen werden sollte.
Nachdem am 19. ein Ausfall der Besatzung von Fenestrelle nach
einem einstündigen Kampfe zurückgeschlagen worden, erhielt der Feld-
Artillerie-Obrist von Steinberg Befehl, das zur Beschiessung des
Castells Renaud erforderliche Geschütz von Perosa schleunigst zu-
zuschieben, das schwere Belagerungs-Materiale aber daselbst trans-
portbereit zu halten. Am 22. wurden die Werke des Platzes unter
Zuziehung der Feuerwerker der Belagerungs - Artillerie sorgfältig
recognoscirt und ein Theil der Truppen auf dem linken Ufer des
Clusone gelagert.
Am Nachmittage des 23. nahmen 2000 Commandirte zu Fuss unter
dem GWM. Graf von Dann oberhalb Fenestrelle Stellung. Ihnen
folgten am 24. der savoy'sche FZM. Conte della Rocca und FML.
Zum Jungen, welche mit der Leitung der Belagerung betraut
worden. Am Morgen des 23. begann die Beschiessung von Castell
Renaud aus zwei schweren Geschützen. Als die Verbündeten gegen
Abend einige Truppen gegen dasselbe vorschoben, zeigte sich, dass
der Feind es samrat der Redoute de l'Aiguille eilfertig verlassen
und sich in den Platz gezogen habe. Da man von der gewonnenen
Höhe die Werke des Hauptforts beherrschte, beschloss man die Anlage
einer Batterie auf selber. Um schweres Geschütz hinaufschaffen zu
können, was wegen der „unbeschreiblichen" Steile fast unausführbar
schien, musste man einen Weg erst aussprengen *) ; aber so kräftig
ging man an diese Arbeit, dass man schon am 26. 12 Stücke in
Batterie hätte stellen können und 2 kleine Mörser thatsächlich bereits
Haubitz-Granaten warfen.
In der Nacht zum 25. besetzten 200 Mann das Städtchen
Fenestrelle. Nachdem man am Clusone am 26. auf einem Cavalier
eine Batterie von 4 Geschützen und einen Kessel für 8 grosse Mörser
fertiggestellt, bemächtigte man sich am 27. der Redouten de la
») Feldmarschall Daun an Prinz Eugen. Baibotet, 24. August 1808. Kriegs- A.,
Italien 1708; Fase. VIII. 32.
Daun an K. Joseph I. Baibotet, 24. August 1708. Registr. des R. K. M. 1708,
Nr. 101.
184
Bergonniere, des Fours h baux und de l'Albergean auf dem recliteu
Ufer des Clusone ; eine nahmen die Dragoner des Regiments Savoyen,
die zwei anderen die Gyulai'schen Hayducken.
Die Armirung der Batterie auf der Höhe des Castells machte
ungeheure Schwierigkeiten. Wiewohl über 1000 Mann angestellt, Winden
und andere Hülfsmittel benützt wurden, konnten bis zum Abende des
27. nur 2 Halb-Karthaunen hinaufgeschafft werden. Dagegen bewarf
man am 28. aus 4 grossen Mörsern mit solchem Erfolge den Platz,
dass dessen Zeughaus in Flammen gesetzt wurde, wobei der Verthei-
diger seinen ganzen Vorrath an Kleingewehr-Munition einbüsste *).
Am 29. mit Tagesanbruch begannen endlich von der Höhe des
Castells Renaud 7 Halb-Karthaunen gegen die Bastione des Haupt-
forts zu spielen. Sie brachten bis zum Abend die Artillerie des Ver-
theidigers gänzlich zum Schweigen und konnten noch zu breschiren
anfangen. Da der Platz den ganzen Tag über aus 8 grossen Mörsern
unausgesetzt bombardirt wurde und seine kleinen Pulvermagazine in
Brand geriethen, war er bereits ungemein bedrängt.
Alles dies geschah im Angesichte der französischen Armee, die nur
y^ Stunde entfernt, ruhig lagerte. V i 1 1 a r s war am 27. durch B o u r c e t,
den Führer einer Freicompagnie, der sich aus Fenestrelle über die
steilen Felsen und durch die feindlichen Posten zu ihm gewagt, vom
Stande der Dinge bis zum 26. unterrichtet worden. Er wusste, dass
sich der Platz nicht lange halten könne, so wie einmal die Angriffs-
Batterien feuerbereit waren. Villars selbst wagte sich am Abende des
28. recognoscirend so nahe an die Vorposten der Verbündeten, dass
zwischen diesen und des Marschalls Begleitung ein Feuergefecht sich
entwickelte. Aber sein Plan, wonach Barriere, der Comraandant des
Forts, die Werke und Geschütze in die Luft sprengen und mit der
Besatzung gegen die Redoute von Laux ausfallen sollte, deren 3 Ba-
taillone Villars gleichzeitig anzugreifen beabsichtigte, kam nicht zur
Ausführung. Versuche, Fenestrelle auf Fussstcigen Hülfe zu bringen,
scheiterten. Also griff der Marschall nach dem letzten Mittel, sich aus
der Verlegenheit zu ziehen — er erbat sich vom Hofe von Versailles
weitere Weisungen. In Erwartung derselben sandte er den mit G u e r-
c h o i s nach dem Thale von Barcelonette abgerückten 2 Bataillonen
am 23. weitere 3 und auf die Nachricht von Bewegungen der ver-
bündeten Truppen gegen diesen Theil der Grenze, am 26. noch 2 Ba-
taillone nach. Guerchois war hiernach befähigt, das Lager von
Tournoux zu behaupten.
') Daun au Priuz Eugen. Fenestrelle, 28. August 1708. — Au K. Joseph I.
Registr. des R. K. M., August 1708, Nr. 297.
186
Am 30. ward die Beschiessung des Forts noch kräftiger fort-
gesetzt. Mit anbrechendem Tage donnerten von der Batterie auf der
Höhe 9, von jener am Fusse derselben 4, aus den zweien jenseits
des Clusone 6, am Nachmittag aber, im Ganzen 22 Geschütze unauf-
hörlich gegen die Wälle. Da das Mauerwerk des angegriflfenen Polygons
neu, machte das Breschiren solche Fortschritte, dass schon am Abende
ein nahezu gangbarer Wallbruch erzeugt war *). Um zu verhindern,
dass der Feind ihn säubere, wurde er die ganze Nacht unter Feuer
gehalten; kaum graute der Morgen, nahmen alle Batterien das Feuer
wieder auf. Alles ward zum Sturm vorbereitet.
Barriere, von der meuternden Garnison gezwungen ^), Hess um
6 Uhr Früh Chamade schlagen und verlangte zu accordiren. Aber die
Verbündeten wollten von einem Accord nichts hören ; die ganze
Besatzung musste sich kriegsgefangen geben.
Die rasche Bewältigung von Fenestrelle im Angesichte der feind-
lichen Armee erfüllte die Alliirten mit stolzer Freude; die Verdienste
della Rocca's, Zum Jungen's, Daun's, vor Allem aber das des kaiser-
lichen Artillerie-Obristen von Steinberg und seines savoy 'sehen
Waffenbruders Cassel la Fiere^) fanden laute Anerkennung. Der
Fall des Platzes erlöste die Truppen auf den Höhen, insbesondere jene
von La Valette und Albergian, welche von Wind und Regen, Schnee
und Eis sehr hart waren mitgenommen worden. Die Rauheit und
Unbeständigkeit des Wetters schien in der That schon jetzt den
beiderseitigen grösseren Unternehmungen ein Ende machen zu wollen*).
Am Nachmittage des 31. begab sich Victor Amadeus in den
Platz und traf die zu seiner Instandsetzung erforderlichen Anordnungen.
Die Angriffsarbeiten wurden eingeräumt, die Belagerungs-Geschütze
nach Pinerolo geschafft.
An demselben Tage, da Victor Amadeus in Fenestrelle
einzog, brach M a u r o y, welchen M e d a v i an die Spize der aus
dem Languedoc und der Guienne herabgekommenen 12 Escadronen
gestellt hatte, von Conflans auf, um über den kleinen St, Beruhard
in das Thal von Aosta einzubrechen und es zu brandschatzen. Am
1. September schon verliess er mit 800 unberittenen Dragonern und
200 Infanteristen Seez, wo seine Reiterei ein Lager aufschlug. Nur
^) Nach den Memoires militaires (Pelet) VIII. 14 bi« 15 Toisen breit.
^) Memoires militaires (Pelet) VIII.
=*) Dann au Prinz Eugen. Baibotet, 31. Auocust 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. VIII. 4G.
*) Daun an K. Joseph I. Balbutet, 31. August 1708. Registr. de.s R. K. M.
October 1708, Nr. 97.
186
auf Landesniiliz stossend, drang er bis la Salle vor. Im Begriffe naeli
Aosta zu marsehiren, hörte er, dass an demselben Tage zu Nus das
Eintreffen von Savoyen-Dragonern und 1 Bataillon Fussvolk erwartet
wurde, und bald darauf, eine Abtheilung jener Dragoner habe
St. Nicolas besetzt. Da Mauroy fürchtete, Aosta doch nicht halten
zu können, ja abgeschnitten zu werden, begnügte er sich mit einer
den Thalbewohnern abgepressten Summe Geldes und kehrte nach
Seez zurück, wo er am 4. eintraf.
Wiewohl die Verbündeten Mauroy's Expedition für viel
bedeutender hielten, als sie thatsächlich war, bereitete sie ihnen doch
nur geringen Kummer. Da die Franzosen Geschütze nicht mit sich
führen könnten, würde Fort Bard sie unfehlbar zum Stehen bringen *\
Diversion der Alliirten gregen das Thal von Barcelonette.
ScMnss des Feldzuges.
Nach der Einnahme von Fenestrelle standen die Verbündeten
vor der Frage : Was nun ?
Victor Amadeus hielt, wie die anderen massgebenden
Stimmen, eine grössere Operation angesichts der vorgerückten Jahres-
zeit und der rauhen Witterung, die so frühzeitig eingetreten, für
unthunlich. Andererseits konnte er aber auch nicht für die Auflösung
der Armee sein, so lange Fenestrelle nicht in Vertheidigungsstand
gesetzt und Villars in nächster Nähe war. Er wandte sich an den
Kaiserhof, damit dieser gestatte, dass die zur Bewachung Piemonts
nothwendigen Bataillone — 10 nach seinem Anschlage — daselbst
verblieben, und erklärte, ebensoviele von seinen 23 auf der Postirung
zu belassen*). Feldmarschall Daun war der Meinung, dass nunmehr
nichts Besseres zu thun wäre, als einige Regimenter Fussvolk und
Kelterei aus Piemont nach Ferrara zu senden , „um dadurch den
römischen Hof, wenn inzwischen die Sachen mit selbem nicht adjustirt
werden sollten, wenigstens mit so grösserem Nachdruck dazu zu ver-
mögen'^ ^). Da der Feldmarschall aber sah, dass er mit dieser Forderung
noch nicht durchzudrinijen vermöge, beantragte er, da ohnedies nichts
') Maffei an Prinz Eugen. Haap:, 10. September 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. IX. 18.
*) Victor Amadeus an Vr'my. Eugon. Mfutonlles on Pragelas, 5. .September 1708.
Kriegs-A., Italien 1708; Fa.si-. IX. G.
') Daun an Prinz Eugen. Baibotet, 31. Augu.st 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. YIII. 47.
187
mehr zu thun sei, die Truppen „die grosse Kälte in diesem rauhen
Lande" nicht umsonst ausstehen und zu ihrer besseren Consorvirung
in ihre Winterquartiere rücken zu lassen ^). Die Vertreter der See-
mächte schlössen sich, wie immer, dem Herzoge von Savoyen an,
um so mehr, als eine Auflösung der Armee ihnen mit Rücksicht auf
die anderen Kriegsschauplätze verfrüht erschien.
Dabei blieb es auch. Schon am 31. August reiste Prinz Emanuel
von Soissons im Auftrage Victor Amadeus' nach Wien, wo er
am 10. September eintraf, dem Kaiser Bericht zu erstatten und weitere
Weisungen einzuholen. Ihm folgte am 6. zu gleichem Zwecke von Seite
D a u n's FML. Graf H a r r a c h. Gleichzeitig sandte Victor Amadeus
den FML. Graf Schulenburg an Marlborough, Dann den
General-Feldwachtmeister Grafen Brenner an Prinz Eugen behufs
Information und Vereinbarung für den nächsten Feldzug *).
Da man aber wohl fühlte, dass gänzliche Unthätigkeit nur dem
Gegner zu Gute komme, schritt man nun ernstlich an die, in der
zweiten Hälfte des August vorbereitete Diversion gegen das Thal von
Barcelonette und setzte zu diesen Ende die Reiterei und bald darauf
auch einige Bataillone gegen Demonte in Marsch. Gleichzeitig breiteten
sich die Fusstruppen der Verbündeten von Fenestrelle thalabwärts
aus: die kaiserlichen und deutschen Contingente bis Pinerolo, das
Gros des piemontesischen Fussvolks um Mentoulles, wo Victor
Amadeus am 5. September sein Hauptquartier nahm. Vier Batail-
lone verblieben zu Fenestrelle, an dessen Instandsetzung, sowie an
der Herstellung der zerstörten Redoute auf dem Col de la Fenestre
emsig gearbeitet wurde.
Nach dem Falle von Fenestrelle fasste Villars die strategische
Situation als jener ähnlich auf, welche vor Beginn der Operationen
obwaltet hatte. Die Verbündeten im Besitze der Initiative und im
Mittelpuncte des Bogens stehend, welchen er zu vertheidigen hatte,
bedrohten gleichzeitig Savoyen und die Dauphine, ja selbst die
Grafschaft Nizza. Der Marschall glaubte Alles decken zu müssen.
Da Ludwig XIV. in Beantwortung seiner Anfrage ihm völlig freie
Hand gelassen, sandte Villars am 1. September Thoy mit sechs
Bataillonen über den Col de la Roue in die Maurienne, Medavi zu
verstärken. Für das von nur 50 Mann bewachte Schloss von Queiras
fürchtend, schob er gleichzeitig vier Bataillone dahin, und für das
M Dann an Prinz Eugen. Balhotet, 6. September 1708. Krieg-s-A., Italien 1708;
Fase. IX. 8 c.
2) Bericlit Daun's an Prinz Eugen. Baibotet, 31. Aug-iist 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fa.sc. VIII. 47.
188
Thal Barcelonette zitternd, tlirigirte er ein Regiment Cavallerie und
ein Regiment Dragoner nach Embnin. ISIeldungen vom Erscheinen
verbündeter Truppen im Thale der Stura veranlassten ihn, jene Regi-
menter von Embrun bis Seyne streifen zu lassen und am 2. weitere
drei Bataillone nach Embrun zu senden und diese ganze Gruppe
d'Artaignan unterzuordnen. Wiewohl noch gar kein Grund vorlag,
für Nizza besorgt zu sein, wies der Marschall doch Grignan an,
von den in der Provence stehenden Bataillonen einige dahin zu
schieben. — Die wachsenden Verpflegsschwierigkeiten und das Be-
dürfniss, seiner Haupt-Rokade-Linie näher zu kommen, bestimmten den
Marschall, sein Lager am 1. September von Puy nach Cesanne und
am 5. von hier nach Vachette zu verlegen. Noch immer hoffend, es
werde sich eine Gelegenheit ergeben, Exilles und Fenestrelle wieder
zu nehmen — wenn etwa die AUiirten sich zu weit entfernten —
liess er von Grenoble acht 24-Pfünder nach BriauQon schaffen. In
diesem Sinne remonstrirte er — und mit Erfolg — gegen die ihm
zugemuthete Entsendung eines Cavallerie- und eines Dragoner-Regi-
ments nach dem Elsass.
Nach der Disposition Villars' und den Detailanordnungen seiner
Unterbefehlshaber standen am 9. September in Savoyen. wo Me da vi
nach St. Andre zurückgegangen war, im Ganzen 18 Bataillone und
16 Escadronen; im Thale von Neuvache (Thal der Clairee) 5 Bataillone;
in jenem von Cervieres, zwischen Brian^on und Queiras, 6; 3 im
Thale von Queiras, 6 zu Guillestre und 3 zu Embrun; im Lager von
Tournoux 7 Bataillone, zu Seyne 2 Escadronen, zu Thorame-Haute
3 Bataillone und 3 Escadronen; in der Provence 13 Bataillone und
3 Escadronen, in der Grafschaft Nizza 3 Bataillone. Das zu Vachette
lagernde Gros der Armee zählte nur 19 Bataillone und 8 Esca-
dronen. Sie cantonnirten hinter Briangon. Der schlechte Ausrüstungs-
stand dieses Platzes veranlasste Villars, seine Aufmerksamkeit ganz
vorwiegend seiner Deckung zuzuwenden.
Jeder der Unter-Commandanten aufVillars' ausgedehnter Ver-
theidungsfront fühlte sich mehr oder weniger bedroht.
D'A r t a i g n a n insbesondere glaubte, keine Zeit verlieren zu
dürfen, die Grafschaft Nizza sicher zu stellen. Er verstärkte ihre Be-
satzung am 20. auf 5 Bataillone und 1 Dragoner- Regiment; Grignan
liess seinerseits 2 Bataillone von Toulon nach Grasse rücken. Alle
von feindlicher Seite auf Guillaume und Entrevaux führenden Uel>er-
gänge wurden zerstört.
So lagen die Dinge, als die Beendigung der Instandsetzungs-
Arbeiten von Fenestrelle den Verbündeten ermöglichte, das Thal des
189
Clusone auch mit dem Gros der Armee zu verlassen. Am 17. September
brach man von Fenestrelle, Mentoulles und Pinerolo auf und schlug
die Richtung auf Demonte ein, wo man bereits Verpflegsmagazine
vorbereitet hatte '). Zur Deckung von Exilles und Fenestrelle blieben
18 Bataillone zurück.
Villars erfuhr erst am 20. zu Briancon von dem am 17. an-
getretenen Abmärsche des Gros der AUiirten gegen Saluzzo. Er musste
ihnen um so ernstere Absichten zumuthen, als er hörte, es seien be-
deutende Verstärkungen bei ihnen eingetroffen. — Le Guerchois, für
das Thal von Barcelonette besorgt, berief D i 1 1 o n von Guillestre nach
Tournoux. An demselben Tage, da dieser aufbrach, am 19. September,
recognoscirten 200 Dragoner und 200 Fusssoldaten der Verbündeten
l'Arche, zu dessen Behauptung Guerchois 10 Bataillone verlangt
hatte. — Villars sandte auf die Meldung hievon eine Brigade von
4 Bataillonen aus dem Thale von Prez nach Crepin bei Guillestre, um
den zu Mont Dauphin und Tournoux stehenden 10 Bataillonen als
Rückhalt zu dienen; das zu Embrun postirte Dragoner-Regiment
musste nach Ubaye rücken. Villars beliess Chamarande mit
19 Bataillonen unter den Kanonen von Briancon, de Moutet mit
6 im Thale von Cervieres, Cadrien mit 3 in jenem von Queiras
und begab sich am 21. selbst nach Crepin, da er das Schloss von
Queiras für das eigentliche Angriffsobject hielt. D'Artaignan
musste sich etwas südlicher halten, um der Grafschaft Nizza beispringen
zu können. Am 23. begab sich dieser General nach Eutrevaux und
dirigirte 4 Bataillone von Thorame-Haute nach Nizza. Schon machten
die einfallenden Regen den Var derart anschwellen, dass die über
ihn geschlagene Brücke in Gefahr stand, zerstört zu werden.
Die AUiirten, welche durch ihre letzte Bewegung erreicht
hatten, was sie angestrebt — Villars zu verhindern, nach anderen
Operations - Schauplätzen zu detachiren — dachten um so weniger
an weitere Operationen , als ihre Armee endlich doch bedeutende
Kräfte zur Verstärkung der gegen den Papst stehenden Kaiserlichen
abgeben musste. Schon in den letzten Tagen des September hüllten
die Berge sich in Schnee. In den unteren Gegenden machten die
Regen bald alle Gewässer zu unüberwindlichen Hindernissen. Victor
Amadeus begnügte sich daher, zwischen Exilles und Susa 5, zwischen
Fenestrelle und Pinerolo 12 seiner Bataillone zu belassen, während
*) Dann an K. Joseph I. Turin, 21. September 1708. Kriegs-A., Italien 1708 ;
Fase. IX. 41.
Castelbarco an K. Joseph I, Turin, 21. September 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. IX, 46.
190
der Rest der Truppen in Piemont so cantonnirte, dass er den beiden
Grenzplätzcu im Bedarfsfalle rechtzeitig beizuspringen vermochte. Wie-
wohl der reichlich fallende Schnee gegen Ende October alle Alpen-
Uebergänge sperrte, verfügte Victor Amadeus doch die gänzliche
Auflösung der Armee erst im Laufe des November.
Villars überzeugt, dass von Operationen keine Rede mehr
sein könne, war am 26. September von Crepiu über den Col de Cer-
vieres nach Brian9on geeilt und dort am 27. eingetroffen. Da alle
Wasserläufe ausgetreten waren, hatte er sich gezwungen gesehen,
statt durch die Tarantaise über Bourg d'Uysans Grenoble zu gewinnen.
Am Tage seines Eintreffens daselbst, am 1. October, bezogen die um
diese Stadt liegenden Truppen Chamerande's enge Cantonnirungen,
alle anderen blieben noch in ihren Positionen. Der Abzug so bedeuten-
der Kräfte der Verbündeten nach Osten Hess dem Marschall den Ge-
danken, Exilles und Fenestrelle anzufallen, noch einmal in Erwägung
ziehen. Bald überzeugte er sich, dass solcher Versuch angesichts der
Gruppirung der AUiirten völlig aussichtslos wäre, Nach Inspicirung der
Tarantaise kehrte er am 18. October nach Grenoble zurück. Schon
am 19. mussten die Dragoner des Lagers von Bourg St. Maurice der
strengen Kälte wegen in Cantonnements verlegt werden, die sich bis
Chambery ausdehnten. In den letzten Tagen dieses Monats gab endlich
Ludwig XIV. Befehl zum Bezüge der Winterquartiere, die in der
Dauphine, in Savoyen, in der Provence, im Elsass und im Inneren
Frankreichs angewiesen worden waren. V i 1 1 a r s verliess Grenoble
am 6. November, um sich nach Versailles zu begeben. Er wurde durch
keinen Stellvertreter ersetzt. Der Winter bildete eine unüberwindliche
Barriere zwischen beiden Armeen. Medavi commandirte in Savoyen
und in der Dauphine, hier mit D i 11 o n, dort mit T h o y als Unter-
Befehlshaber; Grignan, mit d'Artaignan als Unter-Commandauten,
in der Provence und in der Grafschaft Nizza.
Die Occupatioii des Kirchenstaates.
Die Besetzung: von Comaccliio. — Die Ereignisse des
Sommers.
Mit der Durchführung der vom Kaiser beschlossenen Besetzung
Comacchio's *) ward der General -Feldwachtmeister Alexander Graf
Bonueval betraut und derselbe beauftragt, in der Form die weitest-
gehenden Rücksichten zu beobachten. Es ward ihm nicht nur auf
das Schärfste befohlen, gegen die päpstlichen Unterthanen keinerlei
Feindsehgkeit zu üben — er durfte selbst den Anmarsch päpstlicher
Truppen, Zuschübe von Munition, Proviant und anderen Kriegsbedürf-
nissen nicht verhindern'). Dass es dem Kaiser ferne liege, den
Kirchenstaat mit Krieg zu überziehen, zeigte deutlich die numerische
Schwäche der zur Besetzung Comacchio's bestimmten Truppen. Sie
bestanden aus den eben aus Neapel gekommenen Reiter-Regimentern
Neuburg-Cürassiere und Vehlen-Dragoner, zusammen 1]68 Mann und
1095 Pferde, 500 Commandirten der Reiter-Regimenter Hautois und
Roccavione und 488 des Fuss-Regiments Württemberg. Mit dieser
Handvoll Leute rückte B on n e v a 1 am 10. Mai in die Legation Ferrara
ein, deren Verwesung der Cardinal Casoni soeben angetreten hatte.
Auf die Meldung, 500 kaiserliche Reiter seien vor den Thoren
Ferrara's erschienen, ward zu Rom in einer Staats-Congregation der
Beschluss gefasst, den Cardinal Casoni anzuweisen, die Hauptstadt
seiner Legation unverzüglich in Vertheidigungsstand zu setzen. Da
man sich päpstlicherseits aber noch nicht stark genug fühlte, die
Kaiserlichen mit Gewalt zu vertreiben, ward dem Cardinal -Legaten
bedeutet, vorläufig noch jede Herausforderung und Feindseligkeit
') Siebe die militärisch-politische Einleitung Seite 23.
■^) H. H. u. St. A., Eumaua.
192
äDgstlich zu vermeiden. Der Cardinal zog sich in der That mit 3000 Re-
gulären in das Castell von Ferrara und besetzte die Stadt mit 5000 in
der Eile zusammengerafften Milizen.
Wiewohl Bonneval, zu Conna eingetroffen, von dem im Mailän-
dischen commaudirenden Gc. d. C. Marquis Visconti Befehl erhielt,
noch einige Tage zuzuwarten, falls er Comacchio noch nicht besetzt
hätte, glaubte er seinen Marsch dahin dennoch nicht einstellen zu
sollen. Dank dieser richtigen Würdigung von Zeit und Umständen,
konnte er, ohne den geringsten Widerstand zu finden, die durch ihre
eigenthümliche Lage und ihre Verbindungsverhältnisse interessante,
damals 8000 bis 9000 Einwohner zählende Stadt und bald darauf auch
ihre wichtigen Vorwerke Magna vacca und Torre rossa besetzen,
deren überraschte Besatzungen, ohne einen Schuss abzugeben, capi-
tulirten.
Bonneval proclamirte, die Stadt und ihr Gebiet sei als ein
altes Reichslehen eingezogen worden und versicherte die Bewohner
des kaiserlichen Schutzes '). Der Geist des Wohlwollens, welchen der
General-Feldwachtmeister der Bevölkerung ' gegenüber bethätigte, hin-
derte ihn allerdings nicht, die Einkünfte, welche der heilige Stuhl
aus Comacchio zog, mit Beschlag zu belegen. Da er in der Stadt
selbst nur über 337 Dienstbare vom Regimente Württemberg verfügte
und Magna vacca wie Torre rossa nur sehr schwach besetzen konnte,
ward mit grossem Eifer an der Vertheidigungs-Instandsetzung der
bezogenen Posten gearbeitet. Den Hofkriegsrath aber bat Bonneval,
Geschütze, Munition und eine Anzahl croatischer Milizen von Triest
aus ihm zukommen zu lassen.
Seine übrigen Truppen hatten inzwischen folgende Stellungen
genommen: Die beiden Reiter-Regimenter Neuburg und Vehlen zu
Conna nel Polesine di S. Giorgio; 150 Reiter mit den Bagagen zu
Ostellato; Obristlieutenant Graf Kufstein endlich mit den 500 Reitern
von Hautois und Roccavione zu S'^ Bianca unweit Final di Modena,
die Verbindung mit Miraudola und Mantua sichernd -).
Die Besitznahme Comacchio's war nicht blos ein hochpolitischer
Act, der kaiserlichen Autorität eine erwünschte Genugthuung bereitend,
sie war auch von eminent militärischer Bedeutung. Indem im Mün-
dungsgebiete des Po, dieses damals wichtigsten Verbindungs- und
') Bonneval liess später an der Umwalluug dur Stadt die bedeutiiugsvoUeu
Worte: „Josepho Imperatori antiqua jura Italiae repetenti" (Dem Kaiser Joseph, der
die alten Rechte Italiens zurückfordert) anbringen.
*) Alexander Graf Bonneval, Comacchio, 22. Juni 1708, an den Hofkriegsrath.
Registr. des R. K M., October 1708, Nr. 311. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VI. 29.
193
Beförderungsweges Ober -Italiens, die kaiserliche Fahne aufgepflanzt
worden, war zu der einzigen und sehr umständlichen Cummunication
Mailands mit den Erblanden nnd dem Reiche durch Tvrol, eine
zweite, ungleich bequemere, das neutrale Veuetien umgehende, mit
den österreichischen Seehäfen gewonnen. Comacchio wurde so ein
Bindeglied zwischen den ober- und unteritalischen Staaten des Hauses
Habsburg, ein Pfahl im Fleische des Kirchenstaates, ein Keil zwischen
Rom und Venedig.
Wiewohl die Feindseligkeiten thatsächlich damit eröffnet wurden,
dass der Commandant von Ferrara auf eine Partei der Kaiserlichen
Feuer geben Hess, so erfuhr doch die durch die Besetzung Co-
macchio's geschaffene Lage im Laufe des Sommers keine wesentliche
Veränderung.
Die Kaiserlichen waren ganz ausser Stande, Repressalien zu üben,
mit grösserem Nachdrucke aufzutreten, so lange das Gros ihrer Kräfte
an der Grenze Piemonts gebunden war. Erst im Spätherbste 1708
mochten dort grössere Kräfte frei werden. — Aber auch der Papst
war nicht in der Lage, oder hielt sich nicht stark genug, es jetzt schon
zu einem offenen Bruche kommen zu lassen. Der Sommer verstrich
hiernach unter einem heftigen Federkrieg, in welchem beide Theile
ihren Rechtsstandpunct zu verfechten bestrebt waren. Kaiserlicherseits
ward offen ausgesprochen, dass mau die alten Rechte des Reiches
auf Italien geltend zu machen gewillt sei. Als der Papst am 2. Juni iu
einem an Joseph I. gerichteten Breve mit den scharfen und nach-
drücklichen Verordnungen drohte, welche die heiligen apostolischen
Canones wider diejenigen gesetzt, die der Kirche und ihren Rechten
Schaden zufügen'), antwortete der Kaiser am 26. Juni in der Form
eines Manifestes mit einem Proteste gegen die vorjährige „Declaratio
nullitatis" des Papstes, welcher Protest mit den Worten schloss : „Wir
können es nicht zugeben, dass der römische Hof sich unterstehen dürfe,
das aufzuheben, was Wir vermöge Unseres kaiserlichen Amtes einmal
anbefohlen haben"*).
Joseph I. erklärte übrigens durch den Cardinal Grimani
nochmals, sein Absehen gehe noch immer nicht dahin, dem Papste
den Krieg zu erklären; er sei sogar bereit, sofern der heilige Vater
genügende Sicherheit böte, gegen die Besatzung von Comacchio nichts
Feindliches vorzunehmen, seine Truppen aus dem Ferrarischen sogleich
*) Clementis epistolae, pag. 313. Noorden III. 333.
2) H. H. u. St. A., Romana 1708.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Id
194
zurückzuziehen, auch die Gründe anzuhören, welclie der heilige Stuhl
bezüglich Comacehio's behaupte geltend machen zu können , ja das-
selbe zu räumen, wenn sich herausstelle, dass das grössere Recht
auf Seite des heiligen Vaters wäre '). Inzwischen müsse er aber die
päpstlichen Rüstungen mit grossem Befremden ansehen. In diesem
Sinne sei nicht nur der Cardinal-Legat zu Ferrara verständigt worden,
sondern es werde auch Marquis Prie nach Rom gesandt werden, um
eine Vereinbarung auf gütlichem Wege zu erzielen.
In Rom fand diese versöhnliche Sprache kein Gehör. Man
betrachtete hier die Besetzung Comacehio's als den Beginn der Occu-
pation des Kirchenstaates. Clemens XL fühlte sich als Landesfürst,
wie als Papst auf das Tiefste verletzt und Cardinal Paulucci gab
nur den Empfindungen des heiligen Vaters Ausdruck, als er das
Vorgehen der Kaiserlichen: „un attentato tanto scandaloso e cosi
alieno dalla pietä austriaca" nannte. Der Papst willigte zwar ein,
dass Marquis Prie nach Rom komme, um ihm die Vorschläge des
Kaisers zu eröffnen, gleichzeitig bemerkte er aber, diese Verhand-
lung wäre unnütz, wenn der "Wiener Hof Comacchio und das Gebiet
von Ferrara nicht räumen Hesse; wenn er die Beschlagnahme auf die
Beneficien nicht aufhöbe; die Edicte nicht annuUirte, welche gegen die
Besitzer der kirchenstaatlichen, angeblich kaiserlichen Lehen erlassen
worden ; wenn Joseph I. verlangte, dass er (der Papst) seine Rüstung
unterbreche.
Ebenso erfolglos wie zu Rom, waren die Verhandlungen in der
Villa Malsana bei Ferrara. Cardinal C a s o n i beharrte in den Con-
ferenzen, welche er hier mit dem Marquis Prie hatte, gleichfalls auf
der Räumung Comacehio's als conditio sine qua non weiterer Unter-
handlung. Prie berichtete schliesslich, diese Stadt habe in den Augen
der Curie eine solche Bedeutung, dass diese sie im Wege gütlichen
Zugeständnisses niemals aufgeben werde ").
Die Entwickelung der Verhältnisse im Königreiche Neapel nach
dem am 1. Juli erfolgten Amtsantritte des Cardinal Grimani war
nicht darnach, den heiligen Vater versöhnlicher zu stimmen. Der
Papst betrachtete als einen Eingriff in seine Rechte, dass Joseph I.
und Karl III. daran festhielten, alle geistlichen Beneficien im König-
reiche nur an Eingeborene zu verleihen. Die habsburgische Regierung
glaubte die neue Ordnung der Dinge dadurch zu festigen, dass sie
hohe und einträgliche Aemter und Würden nur an Solche verlieh,
*) H. H. u. St. A., Roinana 1708.
^) Marquis Prie an K. Joseph I. Mailaud, 2o. Juui, uud Finale di Modeiia,
12. Juli 1708. II. H. u. St. A.
195
welche sich um das Haus Oesterreich verdient gemacht hatten, da-
gegen die Güter Jener confiscirte, welche dem Hause Anjou anhingen.
Eine der ersten Regierungsmassregeln Grimani's war das Verbot
Geld oder Wechselbriefe nach Rom zu senden — ein Verbot, das
auch im Staate Mailand publicirt worden. Die Bcneficien und Ein-
künfte jener Geistlichen, welche Karl HI. nicht anerkennen wollten,
wurden mit Beschlag belegt '). Als nun der römische Hof am 7. Juli
allen Bischöfen Neapels befahl, Amtspersonen, welche auf Grund der
königlichen Edicte geistUche Einkünfte sequestrirt und eingezogen
hatten, zu excommuniciren, bedrohte die neapolitanische Regierung
Jene mit den schwersten Strafen, welche es wagen würden, die voll-
ziehenden königlichen Beamten mit dem Banne zu belegen '^).
Der Gedanke, den Kaiserlichen mit Waffengewalt entgegenzu-
treten, fasste zu Rom um so tiefer Wurzel ^), als Cardinal T r e m o g 1 i a
nicht unterliess, das Kriegsfeuer mächtig anzufachen, indem er dem
heiligen Stuhl die werkthätige Hülfe Ludwig XIV. anbot, der schon
vom Herbste 1706 ab bemüht gewesen, Papst und Kaiser zu offenem
Bruche zu treiben. Verschiedene Congregationen wurden abgehalten,
in welchen die diplomatische und militärische Mobilisirung beschlossen
wurde. Himmel und Erde wollte man in Bewegung setzen, zwischen
den Verbündeten Misstrauen säen, die Eifersucht der italischen Staaten
entflammen, in der Provinz Abruzzo, ja selbst zu Neapel Unruhen
hervorrufen; vor Allem aber 10.000 Mann anwerben und Truppen
von Avignon nach Rom ziehen *). Nicht weniger als 30.000 Mann
wollte der heilige Vater in's Feld stellen ^).
Neue Auflagen sollten die Kriegscassen füllen *),
General Marsigli, der wegen Uebergabe von Alt-Breisach l703
durch Cassation aus dem österreichischen Heere gestossen worden,
ward zum Ober-Commando der päpstlichen Truppen berufen ^). Nach-
dem sich der heilige Vater schon Anfangs Juni an die katholischen
Cantone der Schweiz gewendet, auf dass sie ihm ehestens eine Hülfe
') Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VI. 5.
2) Graf Kaunitz au Priuz Eugen. Rom, 4. August 1708. Kriegs-A., Neapel 1708;
Fase. VIII. 5. Origiual.
*) Clemens XI. an Cardinal Lamberg, 21. Juli; an Ludwig XIV., 21. Juli 1708.
Clemeutis epistolae. — Polignac, 28. Juli 1708. Cardinal Tremoille, 4. August 1708.
Äff. etrang. bei Noorden III. 337.
^) H. H. u. St. A., Romaua und Kriegs-A.
*) Noorden III. 338.
*) Kaunitz au den Prinzen von Hessen-Darmstadt. Kriegs-A., Neapel 1708;
Fase. VII. ad 14.
^) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VII. ad 14.
13*
196
von 3000 Mann zusammen brächten '), und auch die Republik Wallis
aufgefordert worden, deren 1500 zu stellen, suchte sein Nuntius
am französischen Hofe in den letzten Tagen des Juni unumwunden
um Waffen, J^lunition, französischen Truppenzuzug und unverzügliche
Entsendung eines erprobten Generals nach , wobei er den Marschall
B e r w i c k als den willkommensten bezeichnete ^). In den Provinzen
des Kirchenstaates, in Parma und Toscana, auch in Avignon ward
geworben.
Indess die Werkstätten in Rom an der Ausrüstung der Truppen
an Sonn- und Feiertagen, ja selbst am Frohnleichnamstage'') arbeiteten,
formirten aus Frankreich gekommene Officiere die geworbenen Mann-
schaften in Compagnien und Regimenter. Gleichzeitig wurde den
Landbewohnern in der Romagna gestattet, sich gegen die Parteien
der Kaiserlichen zu wehren, deren Reiter sich der Fourage halber
allerwegen ausbreiteten, im Uebrigen aber jeder Feindseligkeiten ent-
hielten.
Da die Kriegsrüstungen indess nur sehr langsam vorwärts schritten,
machte der Papst seinem Zorn in um so schärferen Worten Luft. Am
16. Juli erliess er abermals eine Bulle, welche Joseph I. offen nicht
nur mit dem Bannstrahle, sondern auch mit dem Schwert bedrohte,
falls er fortfahre, die Kirche anzugreifen *).
Thatsächlich fehlte es aber zu Rom selbst unter den Cardinälen nicht
an Stimmen, welche die parteiische Haltung des Papstes missbilligten,
sie für unanständig, hochgefähi'lich und unausführbar hielten, wenn die
letzten Consequenzen in Betracht kamen; sie fanden aber kein Gehör.
Die Ende Juli abgegebene Erklärung Joseph I., in Verfechtung
seiner Rechte den Respect gegen die Kirche nicht ausser Acht lassen
zu wollen, beantwortete nach vielen eindringlichen Berathungen —
„hitzigen und animosen Resolutionen, die Kriegsrüstungen gleichwohl
bis zum Frieden fortzusetzen" ^) — eine gemeinsame Note der Cardi-
näle am 12. August in vermittelndem Tone").
Das Gefühl der Unsicherheit, das in Rom herrschte, äusserte
sich in der rücksichtslosesten Strenge gegen Verdächtige. So wurde
*) Clemens XI. an die katholischen Cantoue der Schweiz. Rom, 2. Juni 1708.
Kriegs-A., Italien 1708; Kasc VI. 28.
2) Noordeu III. 335.
3) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VI. .5.
*) H. H. u. St. A., Romana. Noorden erklärt sie für unterschoben.
•^) Kaunitz an Prinz Eugen. Rom, 4. August 1708. Kriegs-A,, Italien 1708;
Fase. Vlll. 5.
") Xoorden III. 337, erklärt dieses bei Lamberti V. 89 angeführte Schreiben
als unterschoben.
197
der Abbe R i v a r o 1 e s, angeblich wegen eines mit dem Cardinal G r inia n i
vereinbarten Anschlages auf Rom, am 4. August 1708 öffentlich hin-
gerichtet.
Verhältnisse im Neapolitanisdien.
Der Protest der päpstlichen Regierung gegen die Besitznahme
Coraacchio's durch die Kaiserlichen und die Rüstungen Roms ver-
anlassten Joseph L, den Feldmarschall Prinzen von Hessen-
Darm Stadt am 4. August 1708 zu beauftragen, mit den verfüg-
baren Truppen, „um dem römischen Hof dadurch Furcht und Sorge
zu verursachen", an der Grenze des Kirchenstaates ein Lager zu
beziehen ').
Ehe dieser Befehl indess nach Neapel gelangte, hatte die dortige
Regierung sich veranlasst gesehen, dem „Römischen Unwesen" ihre
besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und jene militärischen Mass-
nahmen vorzubereiten, welche nothwendig schienen, die Sicherheit des
Königreiches gegen die offenen oder verdeckten Augriflte der Päpst-
lichen zu gewährleisten. Das Ausreissen der Soldaten spanischer Natio-
nalität begann plötzlich einen erschreckenden Umfang anzunehmen,
eine Erscheinung, die sich damit erklärte, dass an der Grenze des
Kirchenstaates Billete gefunden wurden, in welchen der heilige Vater
jedem, der in seine Dienste treten würde, neue Montur und gutes
Handgeld versprach ^). Solches Anbot übte angesichts der elenden
Verpflegung der königlichen Truppen, welche einen grellen Gegen-
satz bildete zu der, wie allgemein bekannt, pünktlichen und opulenten
der päpstlichen, eine starke Anziehungskraft. Alles, was der Prinz
von Hessen -Darm Stadt dagegen machen konnte, war, den
deutschen Commandanten zu empfehlen, die spanischen Truppen ,,mit
etwas mehr Glimpf und Douceur zu tractiren, weil dieselben auf die
Regierungsart unserer Truppen nicht gewöhnt" *). Bezeichnend für
das materielle Elend der kaiserlichen Soldaten ist, dass man glaubte,
es nicht wagen zu dürfen, sie den Verlockungen der Päpstlichen
auszusetzen, sie an der Grenze des Kirchenstaates aufzustellen, ob-
schon deren scharfe Ueberwachung eine Nothwendigkeit war *). Um
indess daselbst doch einige Kräfte zur Hand zu haben, auf welche
1) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 1.
2j Pi-iuz von Hessen-Darmstadt an Prinz Eugen. Neapel, G. August 1708.
Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 4.
3) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 7.
*) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. IX. 6.
198
man sich im Nothfalle verlassen konnte, ward am 6. Angust in einer
vom Cardinal Grimani präsidirten Conferenz aller Generale be-
schlossen, 8 Compaj^nien des Drag-oner-Regimentes Yauhonne, welches
znr Zeit zu Foggia und Barletta stand, gegen die Provinz Abrnzzo
zu schieben. Das wichtige Commando zu Gaeta wurde dem erprobten
kaiserlichen General -Feldwaehtmeister Baron Heindl übertragen
und dieser, wie General-Feldwachtraeister Graf Wallis zu Orbitello
angewiesen, den Vorgängen im Kirchenstaate die grösste Aufmerk-
samkeit zuzuwenden. Mehr zu thun schien augenblicks unmöglich.
Angesichts der wachsenden Gefahren, welche Neapel vom
Kirchenstaate drohten, der mit stets zunehmendem Eifer rüstete, trat
die Expedition zur Eroberung Siciliens immer mehr in den Hinter-
grund. Eine achtunggebietende Vertheidigungsstellung gegen Rom und
eine gleichzeitige Offensive gegen Sicilien waren bei den militärischen
j^Iitteln, über welche Cardinal Grimani und der Prinz von Hessen-
D arm Stadt verfügten, unvereinbar. Noch immer waren die 3500 nach
Neapel bestimmten österreichischen Recruten nicht in Sicht. Auch dem
Verlangen des Prinzen nach 3000 Croaten erklärte der Hofkriegsrath
(am 21. August) nicht entsprechen zu können. „Selbst wenn es möglich
wäre, diese Zahl aufzubringen, so würden sie sich, da sie keine
Mannszucht gewöhnt, mehr zum Rauben und Plündern, als zu einer
Operation schicken, mithin besorglich viel gefährlichen Unwillen im
Königreich Neapel erwecken ')." — Die daselbst stehenden spanischen
Fuss- und Reiter-Regimenter, einschliesslich 10 besonderen Corcpagnien,
waren Anfangs September 1708 grösstentheils noch ohne Beklei-
dung und Ausrüstung. Dazu kam überdies von Wien noch die
bestimmte Weisung, das Regiment Wetzel, auf 2000 Mann ergänzt,
nebst dem spanischen Regiment Ferrer und 600 Recruten des Regi-
mentes Lucini ehestens nach Catalonien zu senden ^), eine Anordnung,
welche imter dem Eindrucke des am 11. Juli erfolgten Falles von
Tortosa beschlossen worden war.
Unter diesen Umständen konnte man sich auch zu Wien nicht
verhehlen, dass Hess en-Darm s tadt's Kräfte für die Expedition
gegen Sicilien zu schwach seien ■■•). Ende August ward sie, als derzeit
unausführbar, fallen gelassen. Als die Hauptsache sah der Kaiser
jetzt das „Römische Unwesen" an. Darum befahl er dem Prinzen
alle zur Bewachung des Königreiches nicht unbedingt nothwendigen
Truppen an der Grenze des Kirchenstaates operationsfähig zusaramen-
\ Kriftgs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 10.
^) Kriefr-s-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 1(J.
3) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 10.
199
zuziehen und mit Feldmarschall Daun in Correspondenz zu treten, der
im Herzog'thum Ferrara ein Reiter-Corps zu formiren angewiesen sei *).
Dank der traurigen Verwaltungszustände des Königreiches und
der andere Ziele verfolgenden Thätigkeit des hier als Vice-König
fungirenden Cardinais, verstrichen volle vier Monate, bis des Kaisers
Befehl zur Durchführung gelangte. Des Prinzen von H es s en -Darm-
stadt Vorschlag, dem Papste in den militärischen Operationen
zuvorzukommen, was von Neapel aus am leichtesten zu bewerstelligen,
konnte nicht realisirt werden ^). Dank des ausgebreiteten Kundschafts-
Systems, das die Curie im Königreiche unterhielt, war man zu Rom
sicher, von dieser Seite wenigstens in der nächsten Zeit nichts be-
fürchten zu müssen.
Vollendung der päpstliclien Rüstungen. — Ausbrucli der
Feindseligkeiten.
Wiewohl nunmehr die beabsichtigten Rüstungen zu Rom fast zu
Ende geführt waren, segelten die päpstlichen Galeeren im September
abermals nach Marseille, um frische Mannschaften abzuholen.
Am 24. September ermächtigte ein vom Papste eigens zu diesem
Zwecke berufenes Cousistorium denselben mit 29 gegen nur 3 Stimmen,
dem 3 Millionen Scudi betragenden Schatze Sixtus V., welcher grund-
sätzlich nur gegen ausgesprochene Feinde der Kirche verwendet werden
durfte, 500.000 Scudi zu entnehmen ^).
Noch zwei neue Cavallerie-Regimenter begann man zu werben *).
Obwohl weder die katholischen Cantone der Schweiz , noch die
Republik Wallis dem Verlangen des Papstes entsprochen hatten ^) und
die Werbung im Avignon wenig erfolgreich war, da Ludwig XIV.
sie mit Rücksicht auf seine eigene Streitmacht nichts weniger als
begünstigte ''), war der numerische Erfolg im Ganzen ein sehr
*) K. Joseph I. au deu Prinzen Philipp von Hesseu-Darmstaclt. Wien, 29. Angust
1708. Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. VIII. 15. Original.
2) Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. X. 1, und Registr. des R. K. M.,
November 1708, Nr. 138.
3) Graf Kaunitz au K. Joseph I. Rom, 25. September 1708. H. H. u. St. A ,
Romaua.
*) Graf Kaunitz an Trauttmansdorff. Rom, 25. September 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase. IX. ad 49.
5) Graf Trauttmansdorff au Prinz Eugen. Baden, 3. October 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase. X. 7.
") Memoires militaires (Pelet) VIII. Ludwig XIV. an Tremoille, 27. Juni 1708.
Äff. etraug. bei Noorden III. 336.
200
günstiger gewesen '). Anfangs September, als der Ober - Commandant,
General Marsigli, Rom verliess, um die Garnisonen am venetianischen
Golfe zu inspiciren, und die Generale Ottam und Balbiani nacb
der neapolitanischen Grenze abgingen, wurde die päpstliche Kriegs-
macht bereits auf 25.000 Mann geschätzt. Ihre Vertheilung war um
diese Zeit etwa folgende:
zu Fort Urbano . . . 2.000 Mann,
„ Ferrara 10.000 „
,. Faenza 4.000 „
,. Rom 7.000 „
an der neapolitanischen Grenze 2.000 „
zusammen 25.000 Mann.
Die Qualität dieser zum Theile aus Ueberläufern und selbst
aus gemeinen Verbrechern gebildeten Armee Hess freilich Alles zu
wünschen übrig.
Der Papst segnete seine gegen den Kaiser ziehenden Streiter.
Indess diese Truppen sich zu Ravenna, Faenza, S. Alberto, Bologna
und anderen Orten sammelten -), forderte man die Bauern in der
Romagna, in den Legationen Bologna und Ferrara, von allen Kanzeln
herab auf, sich zusammenzurotten, wenn die Sturmglocke ertöne, und
über die deutschen Soldaten herzufallen. Selbst auf die Marketender
und alle jene, welche den Kaiserlichen Lebensmittel zuführten, sei
Feuer zu geben ').
Die Nachrichten von dem Anrücken päpstlicher Regulären und
Milizen aus der Romagna und der Besetzung der venetianischen
Grenze durch Truppen der Republik, bestimmten Bonneva 1, dessen
Truppen inzwischen eifrigst an der Instandsetzung ihrer Posten
gearbeitet hatten, seine Reiterei, welche zu Conna und S'' Biauca ge-
standen, in einem Lager zu Torre de la Fossa zu vereinigen *). Diese
Vorsicht war um so gebotener, als die nächsten kaiserlichen Truppen zu
Mantua standen und daselbst nicht einmal alle Posten besetzen konnten.
Von den 2300 Mann der dortigen Garnison waren nur 1200 gesund,
das heisst dienstbar, und die Krankenziffer fortwährend im Steigen *).
Dank jenen von den Kanzeln ergangenen Aufforderungen, ent-
brannten die Feindseligkeiten, ohne dass der Krieg formell erklärt
*) Pompoinie an Hoseiiwalil (Iiitprco]it.). Kriogrs-A , Italien 1708; Fase. VIII. 80.
2) Kegistr. des R. K. M., SeptfiiilMr 1708, Nr. f)7 und Octoher 1708, Nr. 12.
•'•; H. H u. St. A., Rumaiia.
*) Kriegs-A., .Juli 1708; Fase. VI. 6, und Köuig.segg an l'iinz Engen, Mantua,
20. Juli 1708. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VII. 13.
*) Kriegs-A., Italien 1708; Fase VII. 13.
. 201
worden wäre. Allerwegen griffen bewaffnete Landleute die fouragiren-
den Kaiserlichen an. Bauern von Longastrino verwundeten einen
kaiserlichen Cornet und tödteten vier seiner Begleiter, Cürassiere von
Neuburg. Der Cardinal-Legat von Ferrara verweigerte jede Satisfac-
tion ^). Vom Cardinal G u an ti er i, der sich dessen in seinem Berichte
nach Rom noch rühmte, angeregt, schlichen sich bewaffnete Bauern
und Banditen, welche man öffentlich pardonirt hatte, um sie als Streiter
gegen die Kaiserlichen zu gebrauchen, zu Argenta ein, überfielen auf
ein Glockenzeichen unversehens die dort postirten 100 kaiserlichen
Reiter und tödteten nicht nur den Hauptmann Grafen Desarmoire
mit ungefähr 30 Mann, sondern massacrirten auch, was ihnen von
deren Weibern und Kindern in die Hände fiel *). Einer schwangeren
Officiersfrau ward dabei der Bauch aufgeschnitten und die Frucht
herausgerissen ■'). Der zu Ostellato stehende Major G 1 o b i s verlor
seinen Lieutenant und 5 Mann und musste sich nach Comacchio
zurückziehen*). „Es scheint," schrieb Marquis Prie, welcher bisher
ängstlich darauf gehalten hatte, dass die kaiserlichen Truppen den
Päpstlichen nur ja keinen Anlass zu Klagen gäben, ,.dass der
Römische Hof uns mit Banditen und Bauern bekriegen will" ^).
Es währte indess nicht lange und auch die päpstlichen Regulären
schlugen los. Zu Pontelagoscuro, das sie befestigten, rüsteten die Päpst-
lichen zwei mit je 16 Stücken armirte Schiffe aus, den Kaiserlichen
die Benützung des Stromes unmöglich zu machen. In der That wurden
vier von Mantua gekommene und für Comacchio bestimmte Schiffe, mit
Geschütz, Munition und Schanzzeug beladen, bei Mesola (alle Papozze)
von den Päpstlichen nach vorausgegangenem Kampfe genommen und
daselbst ein Hauptmann mit 30 (16) Hayducken zu Gefangenen
gemacht^). Comacchio, nur mit schwacher Besatzung versehen —
900 statt 1500 Mann — ward von ihnen zu Land und zu See blokirt ').
') Bonnevars Bericht vom 5. Reptemher 1708. Registr. fies R. K. M., Sep-
tember 1708, Nr. 39.
2) Relation Königsegg's an Dann, 13. September 1708. Reg-istr. des R. K. M.,
Oetober 1708, Nr. 12.
*) H. H. n. St. A., Romana und Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 29a.
*) Marquis Prie an K. Joseph I. Mailand, 22. September. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase, X. 30, Copie, und Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 50.
5) Kriegs-A,, Italien 1708; Fase. X. 29.
") H. H. u. St. A., Romana und Registr. des R. K. M., November 1708, Nr. 375.
') Zum Ueberflu.-^s nahmen die Venetianer Schiffe weg, welche nach Comacchio
für die Besatzung und Einwohnerschaft bestimmte Bedürfnisse bringen sollten, und
verhinderten gleicherweise die Zufuhr nach Mantua. Referat Herberstein's, Registr.
des R. K. M., Oetober 1708, Nr. 185.
202
Die Wegnahme der vier österreichischen Schiffe, welche nicht von
bewaffneten Bauern, sondern auf ausdriicklichen Befehl des Cardinal-
Lcgaten von Ferrara durch reguläre Mannschaft geschehen war, be-
deutete soviel, als den offenen Bruch. Da das ganze Land in Waffen
stand, die kaiserlichen Reiter — nur noch etwa 1000 Dienstbare —
ausschliesslich auf die hohen und engen Dammwege beschränkt, auf Schritt
und Tritt in Hinterhalte geriethen, welche Bauern und Banditen
gelegt hatten ; Genei*al M a r s i g 1 i endlich, ausser den 4000 Mann der
Besatzung Ferrara's, noch über 8000, worunter 4000 bis 5000 Reguläre,
verfügte, fand Königs egg, welcher am 24. August das Comraando
über die in der Legation Ferrara stehenden Truppen übernommen
hatte, es gerathen, seine schwache und überdies noch zur Hälfte
kranke Reiterei von Torre della Fossa, unweit Concordia, gegen Finale
di Modena zurückzunehmen. Auf sein energisches Drängen Hess übrigens
Herzog Rinaldo von Este seine Truppen — 5000 Mann — an
der Landesgrenze Stellung beziehen *).
Prie, welcher am 19. September nach Rom abgehen wollte,
ward durch jene Zwischenfälle in die grösste Verlegenheit gebracht.
Er glaubte seine Reise so lange nicht antreten zu können, bis die-
selben nicht genügend aufgeklärt und vom Papste eine angemessene
Genugthuung gegeben worden wäre ^).
Besetzung der Leg-ationen Ferrara tind Bologna diircli
Daun's Truppen. — Ihr Vormarscli an den Rubicon.
Die kritische Lage der Dinge erfuhr indess bald eine völlige
Veränderung.
An demselben Tage, an welchem der Kaiser dem Prinzen
Philipp von Hessen-Darmstadt erneut befohlen hatte, an der
Grenze Stellung zu nehmen, um die Vorgänge im Kirchenstaate
besser beobachten, im Nothfalle aber sofort der Gewalt die Gewalt
entgegensetzen zu können — am 29. August — hatte Joseph I.
ein Gleiches bezüglich der Grenze Ferrara's angeordnet. Feldmarschall
Daun ward angewiesen, den Herzog Victor Amadeus von Savoyen
zu bestimmen, zwei Reiter-Regimenter von der Armee gegen Ferrara
abrücken zu lassen, um die zwei dort stehenden zu verstärken. Diese
*) Köuigsegg's Bericht an FeldiiiarschiiU Daun, 13. Septeniljer 1708. Regi.str.
des R. K. M. 1708.
*j Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 20 b.
203
vier Reiter-Regimenter liätten etwa hei Qnarantoli ein Lager zu
Ibrniiren 0.
Diesem Befehl war der Feldmarschall aus eigener Initiative
hereits zuvorgekommen. Ohne sieh an Prie zu kehren, welcher die
Unmöglichkeit vorschützte, die im Herzogthum Ferrara stehenden
zwei Reiter - Regimenter und die Besatzung Comacchio's aus den
dortigen Mitteln zu erhalten, hatte D a u n das Ciirassier-Regiment
Visconti derart in Marsch gesetzt, dass es am 21. September dort ein-
treffen sollte. Er gedachte ihm noch zwei Reiter Regimenter folgen zu
lassen, denn er war der Meinung: „dass nunmehr die rechte und
bequemste Zeit wäre, dem Römischen Hof bei seiner übelbeschaffenen
Aufführung nichts nachzugeben, sondern demselben mit solchem
Kachdruck in das Herz zu greifen und zur Raison zu treiben, dass
solcher sich wieder desarmiren und auf seinen vorigen Stand sich
reduciren, oder alsogleich seinen endlichen Entschluss herausgeben
müsste'"').
Auf die Nachricht von der Eröffnung der Feindseligkeiten am
Po und von dem Gemetzel von Argenta, erkannte der Feldraarschall
wohl, dass sofort und in grösserem Style gehandelt werden müsse; aber
der Herzog von Savoyen wollte von einem Abmärsche kaiserlicher
Truppen noch nichts wissen. Die Vertreter der Seemächte, noch immer
eine Detachirung Villars' nach den Niederlanden befürchtend, be-
stärkten ihn in seinem Entschlüsse, die Armee noch nicht aufzulösen.
Endlich gelang es den Bemühungen und Vorstellungen D a u n's doch,
die Dinge derart zu ordnen, dass das Cürassier-Regiment Martigui,
welchem die Reiter-Regimenter Brenner und Ebergenyi auf dem Fusse
folgten, am 21. September von Demente aufbrach. Die Fuss-Regi-
menter Kriechbaum und Regal und die Reste der Regimenter Bay-
reuth, Württemberg, Königsegg und Gyulai, welche auf der Postirung
Commandirte zurückgelassen, wurden am 22. September zu Turin
eingeschifft, um so rasch wie möglich nach Ferrara zu gelangen.
Dagegen hatte der Commandant des preussischen Contingents, General-
Lieutenant von Arnheimb, erklärt, ohne expressen Befehl seines
Königs sich in die Affaire mit dem Kirchenstaate nicht einlassen zu
können. Die Vertreter der Seemächte hatten ihm beigestimmt ^).
') K. Joseph I. an Dann Wien, 29. Auo-nst 1708. Krie^s-A., Italien 1708;
Fase. YIII. 42. Copie.
^) In.striictions-Pnncte für den FML. Grafen Harracli. Mentonlles, 6. Sep-
tember 1708. Kriegs-A., Italien; Fa.sc. XIII. 1.
*) Dann an K. Joseph I. Turin, 21. September 1708. Kriegs-A., Italien 1708 =
Fase. XIII. 1. — Dann an den Hofkriegsrath. Turin. 21. September 1708.
204
So lagen die Dinge, als am 26. September Joseph I. dem Feld-
marschall befahl, auf der piemontesischen Postirung nur 1800 Kaiser-
liche zu belassen, mit den übrigen Truppen aber, einschliesslich des
preussischen und Sachsen -gotha'schen Contingents, ungesäumt nach
Ferrara zu rücken und alle Massnahmen so zu treffen, als ob der
Bruch bereits erfolgt wäre '). Drei Tage später ward der Feld-
raarschall verständigt, Marquis P r i e sei angewiesen, sich unverzüglich
nach Rom zu begeben. Der Kaiser sei entschlossen, dieses Werk
nunmehr mit Ernst anzugehen.
„Also thuen Wir zu diesem Ende Dir auch weiters bedeuten,"
hiess es in jenem Handschreiben, „dass Du nicht allein den angeord-
neten Zug nach dem Ferraresischen und allübrigem päpstlichen Terri-
torium vornehmen, sondern auch wirklich hineinrücken, Dich postiren,
festen und sicheren Fuss dergestalt fassen sollst, dass Du auf Gut-
befinden, Anzeige und Anleitung des besagten Marchese de Prie
sogleich Deinen Zug nach Rom selbst mit guter Ordnung und ohne
Anstand vornehmen könnest, zu welchem Ende dann Du Dich auch
mit ihm, dem Marchese de Prie, genau und wohl zu vernehmen,
nebenbei indessen die Subsistenz aus dem Päpstlichen zu fordern und
zu ziehen, dabei aber in Allem gute Ordre und Mannszucht, sowohl
bei Unseren eigenen, als alliirten Truppen mit aller Schärfe zu halten
und Dich von dannen, ohne Unseren expressen Befehl keineswegs zurück-
zubegeben haben würdest. Jedoch wollest Du die Contributionen aus-
zuschreiben und einzutreiben. Dich bis auf ferneren Unseren Befehl
enthalten, ob Du zwar wider die übel Intentionirten und deren in
der päpstlichen Botmässigkeit habenden Güter, absonderlich von den
Thätern, so Unsere Schiffe auf dem Po fortgenommen, eine exem-
plarische Strafe verhängen, gleichwie Du hingegen alle Wohlgesinnten
oder so in Ruhe bei dem Ihrigen leben wollen. Unseres wirklichen
gnädigsten, kaiserlichen Schutzes allerdings vertrösten und solchen in
der That angedeihen lassen kannst, wobei aber jederzeit zu be-
obachten, dass bei Vornahme der obgemeldeten verhängenden Exe-
cutionen , nicht etwa durch die Miliz einiger Eigennutz getrieben,
sondern Alles, soviel als möglich, zum Besten Unseres Aerarii gewendet,
dabei auch Unserem Commissariat seine gehörige Activität gestattet
werde."
Im Übrigen sollte der Feldmarschall die Stadt Feri-ara ohne
ausdrücklichen Befehl noch nicht angreifen, dem Herzog von P a r m a
') K. Joseph I. an Dauu. Wien, 26. September 17U8. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. IX 50
205
bei gutem Verhalten kräftigen kaiserlichen Schutz, bei schlechtem
aber Gewalt und schwere Quartierlast in Aussicht stellen. Piacenza's
müsse man unbedingt sicher sein. Endlich sei der preussische General-
Lieutenant A r n h e i m b durch Vermittlung der Gesandten der See-
mächte zu bestimmen, den Zug gegen deo Kirchenstaat mitzumachen ').
Dem Feldmarschall Philipp von H e s s e n - D a r m s t a d t, welchen
der Kaiser bereits mit möglichster Stärke an der Grenze des Kirchen-
staates postirt glaubte, empfahl Joseph I., im engsten Einvernehmen
mit P r i e und Dann zu handeln.
Nur dem Zusammenwirken des Letzteren mit dem kaiserlichen
Gesandten zu Turin, dem Grafen Castelbarco, welche diesmal auch
von den seemächtlichen Vertretern unterstützt wurden, gelang es, dem
Herzoge von Savoy en die erforderliche Zustimmung abzuringen. Auf
wiederholtes und eindringliches Zureden liess der Herzog sich nach
einer Recognoscirung der Grenze am 15. October herbei, in den Abzug
der Oesterreicher unter der Bedingung zu willigen, dass 8 kaiserliche
und die 2 sachsen-gotha'schen Bataillone auf der Postirung, und die
preussischen Truppen so lange in Piemont verblieben, bis der Schnee
das Gebirge ungangbar gemacht haben würde ^). Dann musste, da
auch die Vertreter der Seemächte den Herzog unterstützten, nach-
geben. Dagegen wusste er den General-Lieutenant Arnheimb und
den sachsen-gotha'schen General-Major von Grävendorff durch Aus-
sicht auf die im Päpstlichen allein möglichen Douceurs zu bestimmen,
sich gegen den Kirchenstaat in Marsch zu setzen, ehe noch ein be-
sonderer Befehl ihrer Landesherren dazu eingelaufen wäre. Für den
Fall eines wirklichen Bruches aber müssten sie freilich der letzteren
Ermächtigung abwarten '').
Nachdem das Fuss-Regiment Herberstein schon am 10. October
Turin zu Wasser verlassen, die Reiterei aber einschliesslich der beiden
sachsen-gotha'schen Dragoner -Regimenter am 17. d. M. bereits im
vollen Marsche nach Ferrara begriffen war, folgten am 19. zu Wasser
der Rest des kaiserlichen Fussvolkes: die Regimenter Bagni, Zum Jungen,
Harrach und ein Bataillon Max Starhemberg. Das 2. Bataillon dieses
Regiments war schon vor einiger Zeit nach Finale di Spagna detachirt
worden *).
*) K. Joseph I. an Dann. Wien, 29. October 1708. 114. Nr. 24. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase. IX. 58, und Registr. des R. K. M., September 1708, Nr. 344.
^) Graf Castelbarco an den Kaiser. Turin, 16. October 1708. Kriegs-A., Italien
1708; Fase. X. 34 a (Copie).
*) und *) Dann an K. Joseph I. Turin, 17. Octoljer 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. XIII. 1 (Copie).
206
Der Feldniarschall eilte mit dem General-Kriegs-Commissär
FML. Baron Martini naeh Mailand, um daselbst jene Massnahmen
zu treffen, welche nothwendig waren, den fast nackten und für
October ohne Geldverpflegung gebliebenen Truppen aufzuhelfen und
damit der Desertion zu steuern, welche im Ferraresischen bereits arge
Dimensionen annahm. Nicht geringe Sorge bereitete ihm die Sicherung
seines Rückens, zu welchem Zwecke er, um im Kirchenstaat mit
genügender Kraft auftreten zu können, eine nur sehr unbedeutende
Truppenmacht hinterlassen konnte. Er betraute mit diesem wichtigen
Commando den FML. Graf Harr ach, von dessen Achtsamkeit und
Umsicht er erwarten konnte, dass er allen Gefahren rechtzeitig vor-
zubeugen wissen werde. Harr ach, dem auch der Commandant zu
Finale di Spagna und die zu Cremoua zurückgebliebene Mannschaft
der Regimenter Herberstein, Kriechbaum und Regal unterstellt wurde,
musste die benachbarten Staaten scharf überwachen, namentlich aber
Parma, dessen Herzog Francesco Farnese zwar am 16. October
seinen Minister, Conte di R o c c a, zu Dann gesandt, um seiner
unwandelbaren Treue gegen das Erzhaus Ausdruck zu geben und in
einem Handschreiben sich feierlichst verpflichtet hatte, in seine Plätze
keine fremden Besatzungen aufzunehmen '), dem aber der Feldmarschall
doch nicht recht traute. Insbesondere das wichtige Piacenza sollte
Harr ach scharf im Auge behalten. Im Falle einer feindlichen Aus-
schiöung an der ligurischen Küste, hatte H a r r a c h sowohl dem Feld-
marschall, als auch dem Herzog Victor Amadeus sofort Nachricht
zu geben und den Letzteren zu belangen, seine um Alessandria und
in Cremona stehenden Truppen gegen die genuesische Grenze rücken
zulassen. Mit dem kaiserliehen Residenten zu Genua, Graf Molin ari,
hatte Harr ach stets in Fühlung zu bleiben.
Ende September schon waren FML, Graf Königs egg und General-
Feldwachtraeister Graf Bonne val vom Hofe ausdrücklich ermächtigt
worden, inzwischen „Repressalien zu gebrauchen, die Päpstlichen als Feinde
zu tractiren, Dörfer, so sich widersetzen, zu verbrennen, die mit Gewehr
versehenen Bauern aufzuhängen und alles dasjenige, was die raison de
guerre mit sich bringt, ohne Vorschub zu bewirken '' ^). Aber die ganze
erste Hälfte des October hindurch herrschte noch völlige Stille in Ferrara.
') Francesco Faruese an D.iun. IM;iccuza, 14. Oc-tolier 1708. Kiiegs-A.,
Italien 1708; Fase. X. 25.
^) K. Josephl. au FML. Graf Königsegg. Wien, 2(j. .September 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase. IX. 57.
Derselbe an Geueral-Felilwachtmeister Graf Bunneval. Wien, 26. September
1708. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 57.
207
Da der Marsch der drei Reiter-Regimenter, welche Dann zuerst aus
Piemont hatte abrücken lassen, durch das anhaltende Regenwetter
verzögert worden war, konnte FML. Graf König s egg, der mit seiner
Reiterei nächst Finale di Modena stand, seiner Aufgabe nicht nach-
kommen, Geschütze und iSIunition, die Recruten von Württemberg-
Infanterie und von den Gyulai'scheu Hayducken nach Comacchio zu
bringen. Abgesehen von den Päpstlichen, waren die dahin führenden
Wege in Folge des anhaltenden Regenwetters grundlos. Reiterei ohne
Fussvolk vermochte hier, wo alle Gräben und Gesträuche voll bewaff-
neter Bauern waren, nichts auszurichten. Aber auch auf dem Wasser-
wege war der Stadt nicht zuzukommen, da die Päpstlichen Ponte-
lagoscuro stark besetzt und verschanzt hatten. Glücklicherweise com-
mandirte Bonneva 1, Dank der ihm vor dem 20. August zugekommenen
Verstärkungen, bei 1000 Mann, und war er durch Vermittelung des
kaiserlichen Residenten in Venedig, des Fürsten Ercolani, auf dem
Seewege mit 20 schweren Geschützen, Munition und Proviant versehen
worden '). Die Gefahr war um so geringer, als die Päpstlichen durch
den ihre ganze Aufmerksamkeit absorbirenden Anmarsch der Truppen
D a u n's förmlich gelähmt wurden ^).
Schon das Eintreffen des Cürassier-Regiments Visconti veränderte
die Lage gänzlich zu Gunsten der Kaiserlichen. Ihre Reiterei, welche
sich allein der Fourage halber ausbreiten musste, vertrieb die Päpst-
lichen von St. Agostino und Mirabello (westlich Ferrara). Scharmützel
wurden immer häufiger. Kaiserliche Truppen zeigten sich zu Cassona,
Ravalle, Vigarano della Pieve und Meirando. Bald dehnten sie sich ins
Bolognesische hinein aus , ohne dass M a r s i g 1 i ernsteren Wider-
stand wagte. Schon in den letzten October-Tagen schritt Königsegg
über D au n's Befehl, einerseits um die so wichtige Verbindung auf
dem Po zu eröffnen, andererseits um sich für die Fortsetzung der
Operationen den Rücken frei zu machen, zum Angriffe auf Stellata und
Bondeno. Der letztere Posten, zwischen zwei Wasserläufen sehr gün-
stig situirt und befestigt, ward von 2000 Mann der besten päpsthchen
Truppen — grösstentheils Franzosen, Irländer, österreichische Ueber-
*) Der Herzog von Modena war aufgefordert worden, die Besatzung Comacchio's
durch seine Ti'uppen zu verstärken. Da er aber dem päpstlichen Hof keinen otfenen
Anlass zur Eifersucht bieten wollte, stellte er 400 Manu für Mautua, 100 für Miran-
dola bei.
Königsegg's Bericht ddu. Mautua, ü. September 1708. Registr des R. K. M.,
September 1708, Nr. 57.
2) Königsegg an K. Joseph I. Finale di Mudeua, 12. October 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase. X. 22.
208
läufei* — unter Oberst M e d i c i vertheidigt '). Am 27. Oetober
eröffneten Königse gg's Batterien das Feuer und schon am folgenden
Tage ergab 2*1 e d i c i sich auf Gnade und Ungnade. Seine Leute
wurden als Kriegsgefangene nach Mirandola und Mantua abgeführt.
Auch die Besatzung von Stellata capituHrte. Sofort ging K önigs egg
auf Pontelagoscuro los, welches die Verbindung mit Comacchio sperrte.
Um nicht abgeschnitten zu werden, räumten auch die 1000 Mann,
welche die Besatzung bildeten, diesen Puuct und eilten nach Ferrara*).
Mit gleichem Erfolge operirte B o n n e v a 1 von Comacchio
aus, wo er in Befolg seiner Instruction die Einwohner, als Reichs-
vasalleu, am 8. October") den Eid der Treue hatte schwören lassen*)
und den Bischof, welcher in das Te Deum laudamus nicht hatte
einstimmen wollen, zur Wahl einer anderen Residenz gezwungen
hatte '). — Er verjagte die Schiffe, welche die Fischerei von Co-
macchio verhindern wollten, trieb den Feind aus den Verschan-
zungen von Longastrino und steckte den gleichnamigen Ort, wo
jene die Feindseligkeiten gegen die Kaiserlichen eröffnet hatten, sowie
mehrere Dörfer in Brand®). Eine Anzahl bewaffneter Bauern Hess er
erschiessen ^). Am Morgen des 16. October zu Schiff' Comacchio
verlassend, griff er mit 500 Mann Ostellato an, wo die Päpstlichen
(Grenadiere, Dragoner, bewaffnete Bauern, zusammen 2000 bis
3000 Mann) unter dem Grafen Sigismund Gavazini sich wohl ver-
schanzt hatten. Nachdem Bonneval sich unter dem Schutze seiner
Kanonen ausgeschifft, nahm er den Posten mit stürmender Hand, wobei
mehr als 200 Feinde getödtet und fünf Priester mit den Waffen in
der Hand ergriffen wurden. Der Verlust der Kaiserlichen betrug
1 Todten und 7 Verwundete. Bonneval selbst hatte vier Wunden
erhalten. Um ein Exempel zu statuiren, Hess er den Ort plündern
1
•) Köuij^.seg'g an Prinz Eugen. Boudeuo, 25. October 1708. Kriegs-A,, Italien
1708; Fase. X. 52.
2) Pomponue an Beseuwald. Venedig, 2. November 1708. Kriegs-A., Italien
1708; Fase. XI. 2. (lutereept.)
^) Bonneval an den Hofkriegsrath. Cumacchio, 7. October 1708. Registr. des
K. K. M., November 1708, Nr. 375.
*) Befehl hiezu: Registr. des R. K. M., September 1708, Nr. 3.34.
•') Bonneval verfügte zu Comacchio über eine Flotille von vier armirteu
Peota 6 Kanonen-Barken und 40 gewöhnlichen, welche Flotille stündlich auslaufen
konnte. Bonneval's Bericht vom 7. November 1708. Registr. des R. K. M., December
1708, Nr. 302.
'') Liudenheim (Locher) au Prinz Eugen. Wien, 4. November 1708. Kriegs-A.,
Italien 1708; Fase. XI. 5.
•) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. .56.
209
und einäschern, einen Geistlichen und zwei Bauern über henken.
Detachenients nahmen an den Po -Mündungen die Tluinne Vohmo,
Panfilio und di Gore weg, nur der von Primaro blieb noch in den
Händen der Päpstlichen.
Die Kunde von dem Falle Bondeno's hatte zur Folge, dass diu
Bauern haufenweise davon liefen und die Bewohner des flachen Landes
hinter den Mauern Ferrara's Schutz suchten, das Königsegg vom
General Regal alsbald blokiren liess *). — Ein vom Vice-Legaten
von Bologna nach Fort Urbauo (östlich von Modena) dirigirter Convui,
Waffen und Monturen, wurde nächst Semmoggia von den Kaiserlichen
überfallen und weggenommen.
Vor dem Anstürme der Kaiserlichen )-;iumten die päpstlichen
Regulären alle Posten, bis auf Ferrara und Fort Urbano, jenes mit 5000,
dieses mit 3000 Mann besetzt haltend. General Marsigli aber wich
mit dem Reste bis Pesaro zurück, das au Stelle Faenza's als Waffen-
platz eingerichtet werden sollte. Hier gedachte er ein Lager zu
formiren und dem Vordringen des Gegners Schranken zu setzen. In
richtiger Erkenntniss der Wahrheit, dass die allgemeine Bewaffnung-
unter den derzeitigen Verhältnissen zum gänzlichen Ruin des Landes
führen müsse, hatte er das in der Umgebung Faenza's aufgebotene
Landvolk wieder entlassen ^).
Unter diesen Umständen machten sich D a u n's Truppen rasch
völlig zu Herren des flachen Landes in den Legationen Ferrara und
Bologna, welche fortan für die Subsistenz von Mann und Pferd auf-
zukommen hatten. Die Landbewohner wurden überall entwaffnet und
ihnen bei Lebensstrafe verboten, nach Ferrara und Fort Urbano, welche
beide eng eingeschlossen wurden, Lebensmittel zu bringen. Da die
Päpstlichen die Befestigungen von Pontelagoscuro fast gänzlich ge-
schleift, ordnete Feldmarschall Dann deren Wiederinstandsetzung
und die Herstellung einer Schiffbrücke daselbst an.
Da das ganze kaiserliche Fussvolk nicht über 5000 Mann, die
Reiterei kaum 4000 Pferde zählte, so verblieb nach Abschlag der
Blokade-Corps von Ferrara und Fort Urbano nur wenig für den Vor-
marsch gegen Süden, welchen Dann am 12. November antrat und
über Lnola bis Faenza fortsetzte. Am 21. November war die Armee
wie folgt gruppirt:
*) Küriig.segg au Priuz Eugen. Cento, 3. November 1708. Kriegs-A., Italien 1708 ;
Fase. XI. 34.
^) PüDiponne an Villenians. Venedig, 23. November 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. XI. 43. (Intercept.)
Feldzüije des Prinzen Enjjeu v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. 14
210
Zu llavenna: FML. Graf Königsegg mit den Reiter-Regi-
mentern Neuburg, Brenner, Velilen und Ebergeuyi und dem Fuss-
Regimente Harrach. Dieses Corps hatte ein Detachement nacli Cervia
vorgeschoben, wo der Papst einträgliche Salzpfannen hatte.
Zu Forli: FML. Baron Martigni mit seinem eigenen Reiter-
Regimente und den Fuss -Regimentern Herberstein und Kriechbaum.
Zu Faenza: das Hauptquartier mit dem Reiter-Rcgiraente Hautois
und dem Fuss-Regimente Zum Jungen.
Zu Imola : FML. Roccavione mit dem Reiter - Regimente
gleichen Namens, dem Fuss-Regimente Regal und der Feld-Artillerie.
Um Fort Urbano, zu Pontelagoscuro , Ötellata , Bondeno und
Cento : FML. Baron Regal mit dem Cürassier-Regimentc Visconti
und den Fuss-Regimentern Bagni, Württemberg, Max Starhemberg,
Königsegg und Gyulai Hayducken.
Ferrara blokirend und in dieser Legation überhaupt: die zwei
sachsen-gotha'schen Dragoner-Regimenter und das preussische Con-
tingent ').
So gruppirt, cantonnirten die Truppen in Erwartung der Dinge
in steter Bereitschaft, nicht nur den Zug gegen Rom unverzüglich
fortsetzen, sondern auch Ferrara und Fort Urbano förmlich belagern
zu können. Kundschafts-Nachrichten besagten, die Päpstlichen hätten
alle Plätze und Posten am Adriatischen Meere bis über Ancona hinaus
verlassen, sich mit grösster Uebereilung näher gegen Rom gezogen
und auf ihrem Rückzuge das Land allenthalben sehr hart mitge-
nommen *).
Die Mission des Marquis Prie. — Vorrückting Daun's und
Hessen-Darms tadt's. — Der Vertrag- vom 15. Jänner 1709.
In der Zeit, in welcher die Truppen Daun's nach siegreicher
Beendigung des Feldzuges in den West-Alpen aus dem Quellgebiete
des Po an die Ufer des Rubicon geeilt waren, hatte der diplomatische
Vertreter des Kaisers, der Geheimrath Hercules Joseph Ludwig
Turinetti, Marquis von Prie, in der Ewigen Stadt noch kaum
Gelegenheit gefunden, die Forderungen auszusprechen, welche er zur
Eröffnung der Verhandlungen aufzustellen beauftragt war. Wenn
jemals ein Diplomat durch die allgemeine politische Lage zu einem
♦) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 40 '1. — Kegistr. des. R. K. M., De-
cember 1708, Nr. 84.
*) Dauii an Prinz Euj,^cu. Faonza, 28. November 1708. Kriegs- A. Italien 1708;
Fase. XI. .00.
I
d
211
festen, siclierou und entschiedenen Auftreten berechtigt sein konnte,
so war es Priö im Spätherbste 1708. Die allgemeine Lage war der
Sache Joseph I. in der Tliat ungemein günstig. Dank der Ent-
wickhingsphase , in welche der nordische Krieg getreten, war das
politische System des „Grossen Bundes" sicher, von dieser Seite
keine Störung zu erfahren. Was die Coalition im laufenden Jahre
in Spanien eingebttsst, hatte sie auf dem entscheidenden Kriegs-
schauplatze, in den Niederlanden, in reichem Maasse eingebracht.
In Ober-Italien hatten die verbündeten Waffen Frankreich seine
letzten Vorwerke entrissen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatten
die Seemächte schliesslich die Nothwendigkeit erkannt, die Sache
des Kaisers diplomatisch kräftig zu fördern, um dem „Römischen
Unwesen" so rasch wie möglich ein Ende zu machen. Man musste
zu Rom zittern, die im Mittelmeere und besonders an den Küsten
Italiens so häufig sich einfindenden Flotten der Seemächte könnten
eines Tages vergelten wollen, dass der Papst sich an dem jüngsten
Versuche, Schottland zu invadiren, nicht blos mit Grebeten, sondern,
wie es allgemein hiess, mit bedeutenden Summen aus dem Schatze
Sixtus V. betheiligt hatte '). Während die britische Flotte die Küsten
des Mittelmeeres bedrohte und jede Hoffnung auf eine transmarine
Unterstützung verblassen machte, cernirten die Kaiserlichen, in Ober-,
Mittel- und Unter-Italien stehend, den Kirchenstaat zu Lande. Frank-
reich war ganz ausser Stande, dem Papste greifbar zu helfen und die
italischen Staaten, soweit sie nicht ohnedies zum „Grossen Bunde"
standen, — Genua, Parma, Florenz, Venedig — verspürten nicht die
geringste Lust, sich für die päpstlichen Prätensionen in einen Kampf
einzulassen, der angesichts der imposanten Machtstellung der Coalition
mit der Vernichtung ihrer staatlichen Existenz enden mochte. Die
Wirkungslosigkeit der päpstlichen Bullen und Bannflüche selbst auf
italischem Boden, die Kaltblütigkeit, mit welcher die kaiserlichen
und königlichen Generale und Staatswürdenträger dieselben über sich
hatten ergehen lassen , musste die Curie wohl belehren, dass die
Zeiten Papst Alexander III. vorüber seien.
Wohl hatten weder Joseph I., noch sein Bruder Karl im Sinne,
gegen Rom die Gunst der Zeiten zu missbrauchen, ohne zwingendste
Noth zum Aeussersten zu schreiten — - ein Geist der Mässigung, der
*) Noorden III. 232, citirt eine Weisimg Liidwip; XIV. au Cardinal Treraoille
vom 8. März 1708. Äff. etrang., wonach der französische Geschäftsträger zu Rom
eine Beisteuer vou 100.000 Kronen flüssig zu machen hatte, welche der apostolische
Vater vor 7 .Jahren für die Heimführung des Stuart'schen Erben ausgeworfen und
bei einem Pariser Bankhause niedergelegt hatte.
14*
212
sich auch in den Prie ertheilten Instructionen wiedcrspiegelte ;
gleichwohl musstc der Curie Ernst gezeigt werden, sollte das „Römische
Unwesen" in der kurzen Spanne Zeit zwischen zwei Feldzügen zum
Austrage gelangen, um so mehr, als die üheraus mächtige französisch-
spanische Partei zu Rom in der Mission des Marschalls T e s s e einen
starken Rückhalt fand.
T esse, als Diplomat ungleich bedeutender, wie als General, war
von Ludwig XIV. mit der, wie dieser selbst urtheilte, unlösbaren
Aufgabe betraut, eine Liga der italischen Fürsten gegen den Kaiser
zu Stande zu bringen *), einen Bund, welcher mit Unterstützung Frank-
reichs ein Heer von 95.000 Mann und eine Flotte von 80 Kriegs-
schiffen formiren sollte, stark genug, die Kaiserlichen aus ganz Italien
zu vertreiben. Sobald die Liga zum Losschlagen bereit, versprach
Ludwig XIV. französische Waffenhülfe. Am 19. September war der
Marschall mit 8 französischen Galeeren unter dem Marquis de la Rone
zu Genua angekommen'). Aber diese Republik, beängstigt durch die Nähe
der verbündeten Flotte, zeigte nicht die geringste Lust, auf T e s s e's
Vorschläge einzugehen, wiewohl dieser versucht hatte, ihre Eifersucht
Savona's wegen anzuregen ^). Indess warb sie doch unter der Vorgabe,
ihre Grenzen gegen alle Eventualitäten, insbesondere aber gegen einen
Angriff Victor Amadeus' sichern zu müssen, einige Mannschaften
und hatte Anfangs October angeblich schon 7000 Mann beisammen. — -
Den Herzog von Parma glaubte Ludwig XIV. zum Kampfe bereit.
Venedig suchte der König durch das Angebot des Territoriums von
Cremona zu ködern. — Selbst Victor Amadeus sollte durch Ver-
sprechungen lüstern gemacht werden. Tesse ging am 30. Sep-
tember von Genua*) nach Livorno und von hier incognito nach Florenz,
wo der englische Gesandte soeben notificirt hatte, die Flotte des Ad-
mirals Leake werde demnächst Livorno anlaufen ,.pour y epalmcr" ^).
Der Grossherzog verschanzte sich hinter stricter Neutralität und
verweigerte aus Furcht vor den Seemächten den aus Avignon ge-
kommenen päpstlichen Truppen den Durchzug durch sein Land
nach der Romagna. Von der Ueberzeugung durchdrungen, dass die
geplante Liga als gänzlich gescheitert zu betrachten sei, eilte Tesse
') Bestätig durch Noorden III. 330. lustructiuu Tesse's vom 31. August 1708.
Aft". etrang.
2) KriefTs-A., lUlieii 1708; Kasc. X. 31.
') Pri(; au K.JosepliI. Mailaud, (j October 1708. H. H. u 8t. A. 1708. Rnmaiia.
*) J. S. Ca.stelljarco au Prinz Euf^eu. Turiu, 1. October 1708. Krieps-A.,
Italien 1708; Fase. X. 1.
*) Poraponne auBeseuwald. Venedig»-, 2[). September 1708 (lutercept.) Krieirs-A.,
Italieu 1708: Fase. IX. 60.
1
I
213
nach Rom, wo er am Abende des 12. October eintraf und von den
französisch Gesinnten mit offenen Armen empfangen wurde.
Marquis Prie, welcher am 27. September Befehl erhalten, unver-
züglich nach Rom zu gehen *), traf daselbst erst am 24. October ein
„unter grossen Acclamationen und Freudenbezeugungen des hiesigen
a£Fcctionirten Volkes'', wie Kaunitz berichtete''). Graf Gar avelli, als
Vertreter Karl IIL, folgte ihm auf dem Fusse. Dank den eifrigen
Bemühungen der anjouistischen Minister, P r i e's Mission zu vereiteln,
begann die Curie, um Zeit zu gewinnen, formelle Schwierigkeiten zu
machen. Obwohl wenige Tage später ein Courier des britischen Consuls
zu Livorno in der Ewigen Stadt eintraf, Prie zu benachrichtigen,
die 24 Segel zählende Escadre Whitaker's sei in der toscanischen
Hafenstadt eingelaufen, „und werde der Contre-Admiral nach ge-
schehener Einschiffung der nach Catalonien bestimmten Truppen die
Weisungen vollziehen, welche seine Königin ihm bezüglich des
Kirchenstaates gegeben habe" ^), nahmen die Unterhandlungen einen
ungemein schleppenden Gang. Die Curie, welche zum dritten Male
Frankreichs Waffenhülfe angerufen, stand in Erwartung des Bescheides,
Am 24. November, ein Monat nach seinem Eintreffen zu Rom, zu
einer Zeit, in welcher der französische Gesandte in Venedig, P o m-
ponne, die Lage Italiens mit den Worten schilderte: „Die Deutschen
sprechen als Herrn, die Italiener sind zum Gehorsam gebracht, die
Venetianer wagen nicht, sich ihren Absichten zu widersetzen und ich
sehe nichts, was sie aufzuhalten oder ihre Durchführung auch nur
zu verzögern vermöchte ; der Fall von Lille *) hat den geringen Muth,
der noch übrig geblieben war, erschüttert; man zieht es vor, spät
zu Grunde zu gehen, als sich blosszustellen, um sich aus der Gefahr
zu retten "*)^ — zu dieser Zeit waren Prie's Schritte noch ganz erfolglos
gewesen. Die Drohungen der französischen Partei hatten sich bisher
wirksamer erwiesen, als dessen rücksichtsvolle, ängstliche Plöflichkeit.
Die Curie erklärte sich zwar bereit, mit der Entwaffnung unverzüg-
lich den Anfang zu machen, d. h. den zu Marseille der Einschiffung
harrenden 2800 Avignesern Gegenbefehl zu senden ; das im Lande
*) K. Joseph I. an Prinz Eugen. Wien, 2. October 1708. Kriegs-A., Fase. X. 4.
2) Kannitz an Prinz Eugen. Rom, 3. November 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. XL 3.
') „Der Fall von Lille i.st für die Angelegenheiten in Italien ein grosser
Schlag, da er die Furcht vor den Verbündeten vermehrt." Pomponne an Besenwald.
Venedig, 17. November 1708. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 36. (Intercept.)
*) Pomponne an Besenwald. Venedig, 24. November 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. XL 45. (Intercept.)
214
ausgeschriebene Aufgebot (1 Mann auf je 200) zu redressii'en, die
Vertheidigungs- Instandsetzung der Engelsburg einzustellen, endlich
die dem Schatze Sixtus V. entnommenen 300.000 Scudid'oro wieder zu
restituiren ; aber Fekhnarschall D a u n fand diese Propositionen
durchaus nichtssagend, ungenügend und daher unannehmbar. Um
den in militärischen Dingen wenig versirten Diplomaten einen com-
petenten llathgeber an die Seite zu stellen, sandte der Feldmarschall
am 30. November den FML. Baron Zum Jungen nach Rom.
In die Ewige Stadt war am 30. November der Eilbote zurück-
gekehrt, Avelcher Clemens XL letztes Ansuchen um Waffcnhülfe nach
Versailles gebracht. Ein Bataillon französischer Truppen, einige über-
zählige Officiere von zweifelhafter Tauglichkeit und eine geringe
Zufuhr von Waffen, auf einer Galeere nach Civitavecchia eingeschifft,
war Alles, was der grosse König von Frankreich für den Schirm des
Heiligen Stuhles vorräthig hatte '). Auf solchen Bescheid machte die
Curie einen Augenblick Miene, einzulenken. Einen Tag vor Zum
Jungen's Ankunft in Rom, am 4. December, erklärte sich der Papst
einverstanden, unter der Bedingung zu entwaffnen, dass die Kaiserlichen
den Kirchenstaat räumten, Joseph I. sich verbürge, dass der Herzog
von M 0 d e n a gegen Ferrara nichts unternehme, und dass England,
dessen Rache Clemens XL besonders fürchtete, keine Feindseligkeiten
gegen die Küsten des "Kirclienstaates verübe^). Er wolle Karl IH.
als König, nicht aber als König von Spanien anerkennen, seinen
Gesandten zu Rom als königlichen empfangen, einen Nuntius nach
Barcelona senden und dem Könige die Vertheilung der Beneficien und
Bisthümer zuerkennen ^). — Prie glaubte seine Mission dem Ende schon
so nahe, dass er, es herbeizuführen, nur noch einen geringen Druck von
Seite Daun's für nöthig hielt. FML. Zum Jungen's Ansicht, die
Curie trachte mit diesen Propositionen nur Zeit zu gewinnen, erwies
sich als zutreffender. In der That hatte der am 23. October erfolgte
Fall von Lille zu Rom nicht jenen Eindruck gemacht, den man allent-
halben von diesem grossen Geschehnisse erwartet hatte *). Die vor
wenigen Tagen erfolgte Abfahrt der Escadre Whitaker's, welche
Karl HL, Denia zu retten, von der italischen Küste abberufen hatte,
befreite den Römischen Hof von einem drückenden Alp und gab dem-
') Noorden III. 347.
*) Prie au Prinz Eugen. Rom, 15. December 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. XII. 12.
») Kriegs-A., ItaUen 1708; Fase. XII. 8 b.
*j Kaunitz an Prinz Eugen. Rom, 1. December 1708. Kriegs-A., Italien 1708;
Fase. XII. 1.
215
selben die VerLindung mit Frankreich aufs Neue frei. Zudem arbei-
teten die französischen Diplomaten mit allen Mitteln, um die Eifer-
sucht der italischen P'ürsten gegen den Kaiser zu erregen und die
Curie von einem gütlichen Vergleich abzuhalten.
Als Versprechungen nicht mehr wirken wollten, nahmen sie zu
Drohungen ihre Zuflucht. Bald bedräute man Avignon, wenn es
dem Papste beifiele, seine Miliz zu entlassen ') ; bald gab man zu
verstehen, das Königreich Neapel werde beim Friedensschlüsse dem
Herzoge von A n j o u zukommen, der im Falle der Anerkennung
Karl III. ein gefährlicher Nachbar sein werde. IVIit dem Schisma und
dem Entzüge aller Einkünfte im Gebiete des Hauses Bourbon, mit
der Abreise der gallo-hispanischen Minister und der Heimsendung der
an den bourbonischen Höfen residirenden Nuntien ward offen gedroht.
Inzwischen hatte der Mangel an Unterhalt und die Absicht, der
Unentschlossenheit des Römischen Hofes ein Ende zu machen, zu
einer weiteren Vorrückung der Truppen Daun's geführt. Seine Vorhut
unter FML. Königsegg war bis Pesaro gerückt, FML. Martigni
nach Rimini und Concurrenz gekommen; der Rest der Truppen stand
von hier einerseits bis Ravenna, andererseits bis Imola echelonirt.
In der zweiten Hälfte des December rückte endlich auch das
im Neapolitanischen formirte Corps des Prinzen von Hessen-Darm-
stadt gegen die Südgrenze des Kirchenstaates. Von Woche zu Woche
war der Ausmarsch der Ende October noch über das ganze Land
vertheilten Truppen aus ihren Standquartieren verschoben worden. Die
Verwaltung des Königreiches hatte für eine Unmöglichkeit erklärt,
die Summen aufzubringen, welche zum Ausmarsche nothweudig waren.
Die materielle Noth hatte zu Capua Mannschaften vom Regiment
Wallis zu Ausschreitungen gegen ihre Officiere verführt, was strengste
Ahndung zur Folge gehabt. Aus Elend und Verzweiflung hatten
sich Soldaten im Volturno ertränkt, andere sich in's Meer gestürzt.
Alle Vorstellungen des Prinzen von Hessen-Darmstadt, ..der
äussersten Misere der Truppen auch nur in Etwas abzuhelfen'', waren
fruchtlos geblieben. „Es scheint auch wohl gar,'' schrieb der Prinz
dem Könige Karl, „als ob man nicht nur diesen anbefohlenen Marsch
mit Vorenthaltung der dazu gehörigen Geldmittel gleichsam vorsätzlicher
Weise hintertreiben, sondern auch die Truppen selbst zu Grunde
gehen lassen wolle."
•) Graf Kaunitz an K. Joseph I. H. H, u. St. A., Romaiia.
216
Als Cardinal Griiiiani die Nothwendigkeit erkannt, die Ueber-
schiffung der Kej!^imenter Wetzel und Ferrer nach Catalonien bis
zur Beilegung- der Diöcrenzen mit Rom zu verschieben, waren zwei
Fünftel des kaiserlichen Fussvolkes an der Siidwestküste des
Königreiches dislocirt. Erst im letzten Drittel des October war
unter diesen Umständen an das in Calabrien stehende Cürassier-Regi-
ment Caraffa Befehl ergangen, sich nach Neapel in Marsch zu setzen,
und jetzt erst an die Mobilisirung der in der mittleren und nörd-
lichen Zone des Königreiches garnisonirenden Truppen geschritten
worden.
Nicht früher als in der dritten Decemberwoche konnte Philipp
von Hessen -Darm Stadt an die Versammlung des an der päpst-
lichen Grenze aufzustellenden Corps schreiten.
General Vaubonue — die Vorhut befehligend — sollte mit
200 Commandirten seines eigenen Regiments, 100 Pferden des Regiments
Battee, den 4 Grenadier-Compagniender Regimenter Daun.Wetzel, Wallis
und Heindl und 2 Feldgeschützen am 17. December bis Capua rücken
— wo im Castell nur 100 Mann vom Regiment Dann verblieben —
am 18. zu Teano das Regiment Battee aufnehmen und über Conea
am 20. S. Germano erreichen. — FML. Graf Viremont mit 700 Mann
des Regiments Daun, dem spanischen Bataillone Fahre und der Feld-
Artillerie hatte am 19. December Neapel zu verlassen und ebenfalls
über Aversa, Capua, Teano und Conea nach S. Germano zu rücken,
wo er am 23. December eintreffen sollte. — Gleichfalls am 15. hatte
das Regiment Caraffa von Neapel, das Regiment Wallis von Capua,
das Regiment Gschwind von Gaeta aufzubrechen, um am 22., bezie-
hungsweise 21. December zu S. Germano anzulangen. — Ingenieur-
Hauptmann Montane hatte am Garigliano alles zu einem Brücken-
schlag Erforderliche vorzubereiten.
Zu S. Germano fand der Prinz zu seiner grössten Bestürzung,
dass ungeachtet aller Versprechungen des Cardinais Grimani zum
Unterhalt und zur Verpflegung der Truppen nicht das Geringste
vorgedacht war. Da auf neapolitanischem Boden höchstens für 3 Tage
Unterhalt zu finden war, sah der Prinz sich gezwungen, den nächst-
liegenden päpstlichen Communitäten die Lieferung von Naturalien —
10.000 Mund- und 4000 Brod-Portionen — vorzuschreiben und den
kaiserlichen Unterhändler zu Rom noch am 24. December durch den
Obristlieutenant Grafen Rover o zu verständigen, dass er vom 24.
ab zu 8. Germano höchstens 5 oder 6 Tage zu subsistiren vermöge.
Nach Ablauf dieser Frist werde er kaiserlichem Befehle gemäss
seinen Marsch gegen Rom fortsetzen.
217
Prie, der sclion die Ausschreibung von Naturallieferungen miss-
Inlligte, glaubte von der Einrückung in den Kirchenstaat, von dem
Bezüge einer Cantonnirung an der Grenze vollends abrathen zu sollen,
da der Papst in solchem Falle, wie er fürchtete, die Verhandlungen
gänzlich abbrechen würde. Wie alle schwachen Diplomaten, gefiel er
sich in Zweideutigkeiten. Der Prinz hiedurch in die peinlichste Lage
versetzt, sah sich veranlasst, am 30. den General Wallis nach Rom
zu senden, um Prie's wahre Ansicht zu erfahren und gegen den
durch diplomatische Verzögerungen drohenden völligen Ruin der ihm
anvertrauten Truppen feierlichst zu protestiren ').
Während der Prinz von Hessen-Darmstadt mit Prie eine
ganz resultatlose Correspondenz führte, hatte Feldmarschall Graf Dann
seine Truppen abermals eine Vorwärtsbewegung machen lassen. Theils
mit Rücksicht auf die leichtere Verpflegung, theils um den Druck
auf den Römischen Hof zu verstärken, waren Anfangs Jänner je ein
Regiment zu Fuss und zu Pferd bis Fano und Sinigaglia vorgeschoben
worden ^). Hier aber längere Zeit auszuharren, sei ganz unmöglich,
— berichtete D a u n am 2. Jänner seinem Kaiser. Das Land, zur
Linken vom Meere., zur Rechten vom Gebirge eingeschlossen, biete
nichts mehr, namentlich fehle es an Fourage. Verharre der Heilige
Vater noch länger in seiner Hartnäckigkeit und Unentschlossenheit,
so erübrige, da das Land von den päpstlichen Truppen ganz „aus-
gefressen", nichts Anderes, als entweder rasch bis Rom zu marschiren
oder den Rückzug anzutreten ^).
In dieser Stellung nun kamen dem Feldmarschall die ent-
scheidenden Entschlüsse zu, welche in der zweiten Hälfte des December
am Kaiserhofe gefasst worden. Das „Römische Unwesen" hatte hier
den Gegenstand eingehendster Verhandlungen gebildet. Nach einer
Conferenz am 12. December, nachdem Joseph I. seine ausgezeich-
netsten Staatsmänner, Eugen*) und Wratislaw, zu Rathe gezogen,
ward am 18. December vom Kaiser beschlossen, den Verhandlungen
*) Prinz Philipp von Hessen-Darmstarlt an Marquis Prie. S. Germano, 30. De-
cember 1708. Kriegs-A., Neapel 1708; Fase. XII. 14.
■) Kriegs-A., Italien 1709; Fase. I. 1.
■^) Dann an K. Joseph I. Faenza, 2. Jänner 170!>. Kriegs-A., Italien 1709;
Fase. I. 2c.
*) Ellgen an K. Joseph I. Lager vor Ryssel, 2. December 1708. H. H. u. Rt. A.,
Roiiiaiia.
218
mit Rom einen letzten Termin, den 15. Jänner 1709, zu stellen. —
Aus Neapel solle in den Kirchenstaat nur dann gerückt werden, wenn
gar keine Hoffnung auf Entwaft"iiung zu machen sei. — Der Kaiser
werde zwar nicht zulassen, dass Modena in Thätlichkeiten ausarte;
könne aber nicht hindern, dass es seine Rechte declarire *). Die Bedin-
gungen, unter welchen Prie Levollmächtigt ward, mit Rom abzu-
schliessen, dem Feldmarschall Grafen Dann in einem kaiserlichen
Handschreiben ddo. Wien, am 22. December eröffnet, waren:
1. Entwaffnung nach den vom Feldmarschall vorgeschlagenen
Modalitäten, das ist Rückkehr auf den status quo ante. Zur grösseren
Sicherheit sollte der Papst die Pferde seiner Cavallerie- und Dra-
goner-Regimenter gegen einen billigen Preis tractatmässig an die
kaiserliche Reiterei überlassen.
2. Anerkennung Karl HL als König von Spanien.
3. Anerkennung der kaiserlichen Gerechtsame hinsichtlich der
Lehensherrlichkeit von Parma und Piacenza, wie auch des Besitzes von
Comacchio.
4. Annullirung (Auflösung) aller wie immer gearteten gegen den
Kaiser und die Ruhe Italiens gerichteten Verbindungen und Ränke-
versuche.
Bis zu dem Zustandekommen eines verlässlichen Vergleiches
würden des Feldmarschalls Truppen keineswegs abziehen ; Comacchio
aber bis zur völligen Austragung der Differenzen mit Rom von ihnen
besetzt bleiben.
Vor dem 15. Jänner sollte Feldmarschall Dann den Marsch gegen
Rom nur dann fortstezen, wenn Marquis de Prie dies zur Betreibung
der Verhandlung für nothwendig erachte, oder die Rücksicht auf den
Unterhalt eine weitere Ausdehnung des Occupationsgebietes erheische.
Dann hatte auch fortan für die Truppen die Naturalien zu fordern,
ebenso auch die Begleichung aller Baarauslagen zu verlangen, welclie
seit dem Tage aufgelaufen waren, da die Kaiserlichen den Bod(Mi des
Kirchenstaates betreten hatten.
Indess der Wiener Hof einen Entschluss gefasst, der, eine strenge
Folge des bisherigen Verhaltens, dem Schwanken der Curie ein Ende zu
machen versprach, hatte deren Politik, wie bisher, plan- und ziellos
fortgetrieben. Wiewohl im Vertrauen auf die ergriffenen weltlichen
Waffen tief erschüttert, war Clemens XI. doch nicht zu bestimmen
gewesen, nach den geistlichen zu greifen, deren unfehlbare Wirkung
Frankreichs Partisane jetzt laut zu preisen begonnen. Des Papstes
') II. H. 11. St. A., Kuiiiaiia. Conterenz-rrotucoll.
219
Vorschlag, sich den Bedrängern des Heiligen Stuhles durch die Flucht
in's Ausland zu entziehen, war an dem Mangel eines entsprechenden
Refugium und an dem WiderAvillen gescheitert, welchen die JMehrheit
der Prälatur gegen die Bitternisse der Emigration hegte. Also hatte
Clemens XI. am 12. December, die bisherigen Pfade verlassend,
inständige Bittschreiben an den Kaiserhof gerichtet. Erzbischof Piaz za
war mit dieser Mission betraut worden , die schweren Herzens an-
getreten, zunächst erfolglos bleiben sollte.
Von den kaiserlich Gesinnten und von den Anhängern Frank-
reichs in die Enge getrieben, nahm der Papst seine Zuflucht zum
Gebete. Ein grosses Fasten-, Buss- und Bet-Jubiläum ward für die
ersten acht Tage des Jahres 1709 angeordnet. Nach Beendigung
dieser Andacht, hiess es, wolle Clemens XI. über die Propositionen
Prie's eine letzte Resolution fassen. Dabei setzte der Papst nicht nur
seine Rüstungen eifrig fort, zog nicht nur alle seine Feldtruppen um
Rom zusammen ; er sandte auch den General - Major B a 1 b i e r i,
einen geborenen Piemontesen, nach Ferrara, wo dieser, in der ersten
Jännerwoche eintrefi'end, die Stadtumfassung armiren Hess ').
Indess der Prinz von Hessen-Darmstadt seine Truppen in
den ersten Tagen des neuen Jahres am Garigliano cantonniren und
die Verpflegung aus dem Kirchenstaat ziehen Hess, dehnten Daun's
Truppen sich in der ersten Hälfte des Jänner bis Jesi aus. Wiewohl
sie hier, in der ganzen Marca d'Aucona und im Stato d'Urbino Natural-
und Geldlieferungen einzogen, welch' letztere ermöglichten, die Truppen
für Jänner auszuzahlen, Hess doch selbst der materielle Zustand der
kleinen Armee viel zu wünschen.
„Wir schleppen hier eine abscheuliche Verwirrung hin, welche
einen Krieg zu nennen, ich mich schäme, und welche nur darauf hinaus-
läuft, unsere Truppen, insbesondere die Reiterei, zu ruiniren," berichtet
FML. Graf Königsegg am 6. Jänner aus Sinigaglia dem Prinzen
Eugen. „Wenn man nicht einige Monate feste (Quartiere haben wird, wird
man in sehr schlechtem Zustand in's Feld ziehen. Die Noth zwingt uns
zu allen diesen Schlichen und zum Vorrücken, auf dass wir unter ver-
schiedenen zweifelhaften Rechtstiteln in Wahrheit massige Contributionen
einziehen, ohne welche man in der That gar nicht leben könnte *)."
') Feldinarscliall Dann an Prinz Eugen. Faenza, 9. Jänner 1709. Kriegs-A.,
Italien 1709; Fase. I. 9.
2) Kriegs-A., Italien 1709; Fase. I. 7.
220
Zu dem Aerger über den Verlust der kostbaren Zeit, welche
man zur Bezwingung Ferrara's und Fort Urbano's hätte nützen können ;
— zu dem Verdrusse über die in jedem Bezüge unerquickliche Lage,
— der Vormarsch nach Rom war durch die grossen Schneefälle der
letzten Tage und den vermehrten Fourage-Mangel unmöglich, der
Rückmarsch in die Lombardie ging durch ein Kothmeer — gesellte
sich noch die Besorgniss, schliesslich die Gefoppten der Römer zu
sein. Die kaiserlich Gesinnten zu Rom beklagten sich brieflich über
P r i e, weil er die Verhandlungen langsam, schläfrig und ganz ohne
Ernst betreibe, und zahlreiche intercipirte Briefe der Gegenpartei
bestätigten durchgehends die Auffassung jener *).
Am Abende des 24. Jänner traf endlich in D a u n's Hauptquartier
der Courier ein, welchen Prie mit der Nachricht von dem am 15. Jänner
abgeschlossenen Vergleich entsandt hatte ^). Erst in der letzten Stunde
des 15. Jänner, um 11 Uhr Nachts, hatte Clemens XL seine Unter-
schrift gegeben. Bis dahin hatte er auf auswärtige Hülfe gehofft. Nun,
da auch die Escadre W h i t a k e r's neuerdings an der italischen Küste
erschien, um, wie es hiess, die Weisungen des kaiserlichen Bevoll-
mächtigten zu executiren ''), erkannte er sich ganz in der Gewalt des
Kaisers, der übrigens von ihr, wie bisher, so auch jetzt, gegen das
geistliche Haupt der Christenheit den massigsten Gebrauch machte.
Der Papst musste seine Truppen auf 5000 Mann rediiciren, den freien
Durchzug kaiserlicher Truppen nach Neapel während des gegenwär-
tigen Krieges gestatten und die von Censuren Betroffenen absolviren
— dagegen versprach Joseph I. seine Truppen nach Massgabe der
päpstlichen Entwaffnung aus dem Kirchenstaate zu ziehen, das Geld-
ausfuhr-Verbot und die Sequestration geistlicher Güter aufzuheben.
Die Streitfragen wegen Parma, Piacenza und Comacchio sollten von
einer Congregation von Cardinälen untersucht und im Einvernehmen
mit dem Kaiser geschlichtet werden. Comacchio blieb einstweilen
*) „Privat-Briefe aus Rom lassen erwarten," schriel) Martini am 13. .Tänncr
vertraulich an Prinü Eugen, „dass man einem p^ütlichen Vero-leich ferner ist,
als je. Man gibt alle Schuld dem Marquis Prie, welcher den Priestern viel zu viel
Zeit gelassen hat, ihn auszuholen und die Oberhand zu gewinnen. Denn sie sprechen
jetzt lauter, als er jemals gesprochen hat, setzen in Rom die Rüstung beständig fort
und reden laut von Excommunication, vor welcher er mehr Angst hat, als die kleinen
Kinder vor einem Phantom. Wenige Tage werden uns in's Klare setzen."
■■*) Feldmarschall Dann an K. .Joseph I. Faenza, 24. .Tännor 1709, Kriegs.A.,
Italien 1709; Fase. I. 17.
') Karl in. hatte eingewilligt, dass die Flotte statt nach Alicante am 23. De-
cember nach den italischen Küsten abging. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XII. 22.
Liechtenstein an Eugen.
221
von den Kaiserlichen besetzt '). Aucli die Kernfia,j:>-e des päpstlicli-
kaiserlichen Streites, die Frage der Anerkennung K u r l III. blieb in
der Schwebe, späterer Entscheidung vorbehalten. Nur bedingungsweise
und in einem geheimzuhaltenden Artikel machte Clemens XL das
Zugeständniss der Anerkennung.
Der Vertrag vom 15. Jänner 1709 war sonach für den Heiligen
Stuhl weit günstiger, als dieser nach der Lage der Dinge hatte hufFen
können. Dass der Kaiserhof ihn guthiess, ist ein Beleg füj.' aufrichtige
Friedensliebe. Mitbestimmend aber war unzweifelhaft das unaufhörliche
Drängen der Seemächte auf Beilegung des Streites, die Eigenart und
die Schwierigkeit der Verhältnisse in den Erblanden, wie im Reiche,
und der Vortheil, welcher aus der Anbahnung eines freundlicheren
Verhältnisses zu Rom, namentlich im Hinblicke auf Ungarn winkte.
Wie wenig die Punctationen dieses Friedens aber auch den
berechtigten Forderungen Oesterreichs entsprachen, bedeutend genug
war doch der moralische Erfolg, dem er Ausdruck gab. Mit dem Ver-
trage vom 15. Jänner 1709 „bekam nun nicht allein die schieds-
richterliche Avitorität des Papstthums einen harten Stoss" sagt Ranke
mit Recht, „sondern seine politische Freiheit und Selbstbestimmung
ward ihm entrissen"^). Dass dieses Resultat in so kurzer Zeit mit so
geringen und rücksichtsvoll gebrauchten Mitteln erreicht werden
konnte, war ein vollgiltiger Beleg für die innere Schwäche des
Kirchenstaates und den schwindenden Eiufluss des Papstthums auf die
öffentliche Meinung Europa's. Der Vertrag vom 15. Jänner 1709,
diese letzte bedeutsame Frucht des Siegestages von Turiu, zeigt die
kaiserliche Autorität in Italien in ihrem Gipfelpuncte.
') H. H. u. St. A., Romaua 1709.
^) Leopold Rauke : Die römischen Päpste, ihre Kirche und ilir Staat im 16.
und 17. Jahrhundert. Berlin 18ri7.
Der Feldzug in Catalouieu ').
Nach Schluss der verhängnissvollen Campagne des Jahres 1707,
welche die Sache Karl III. in Spanien zu einer fast hoffnungslosen
gestaltete, hatten die beiderseitigen Hauptkräfte die Winterquartiere
bezogen. ludess die Verbündeten sich darauf beschränken mussten,
die festen Plätze Cataloniens: Gerona, Barcelona, Tarragona und Tortosa
sicher zu stellen, zu welchem Ende das gesammte Fussvolk in selbe
verlebt Avurde, — hatte Marschall Berwick die bourbonischen Streit-
kräfte Winterquartiere beziehen lassen, welche gut und sicher, Alles
festhielten, Avas im letzten Feldzuge errungen worden. Das Armee-
Hauptquartier war nach Zaragoza verlegt und General-Lieutenant
Legal zum Befjhlshaber für ganz Arragonien bestellt worden. Zu
Lerida, das noch in Vertheidigungsstand gesetzt worden, commandirte
M. d. C. von Louvigny, zu Monzon und Barbastro General-Lieute-
nant d'Estaing, zu Caspe und in Arragonien rechts des Ebro General-
Lieutenant d ' A r e n n e s und M. d. C. K e r c a d o. Das Königreich
Valencia und das ganze Land zwischen dem Meere und den Bergen
von Morella bis an den El)ro zu beschützen, war General-Lieute-
nant d'Asfeldt betraut, der den M. d. C. Graf Croy gegen Tortosa
vorschob und Verschanzungen herstellte, feindliche Einfälle zu ver-
hindern.
Die Blokade Cataloniens zu vervollständigen, hatte der Herzog
von N oaillcs Puigcerda und Bellever besetzen und befestigen lassen,
seine Truppen abr-r im Roussillon cantonnirt ').
Der Bezug der Winterquartiere hatte zwar die Operationen der
beiderseitigen Ilauptkräfte zu einem voiläutigen Abschlüsse gebracht;
») Sielie Tatel III.
'') ML'iuoireu des MaischallH Uurwick und Quiucy: Histnirc inilitaire. Tome V.
p. 44'J- 444.
223
der kleine Krieg aber währte in dem pyrcnäischen Thcilc Catalonicns,
in den Thälern der beiden Nogueren und um Venasque, dann am
Unterlaufe des Segre, selbst mitten im Winter fort.
Feldmarschall Graf Guido Starhemberg, berufen, unter und
nach Karl III. alle in Catalonien stehenden Truppen der Verbündeten „in
capite" zu commandiren, verliess Wien am 3. März, recognoscirte mit
Victor Amadeus von S a v o y e n Exilles und ging, nachdem er mit
Chetwynd den See-Transport der nach Spanien bestimmten Ver-
stärkungen vereinbart hatte, am 22. April zu Genua mit den Generalen
Hamilton und Belcastel an Bord einer englischen Fregatte.
Am 30. zu Barcelona landend, betrat er jenen merkwürdigen Boden,
auf welchem er in fünfjährigem Kampfe mit einer Welt von Wider-
wärtigkeiten den stolzen Spaniern den Ehrentitel eines zweiten Gon-
salvo abzwingen sollte *).
Auf einem räumlich so beschränkten Operationsschauplatze, wie
dem catalonischen, mussten die Verhältnisse am Hofe eine fast unmittel-
bare Wirkung auf die Bevölkerung, auf die Armee und die Macht-
stellung des Heerführers äussern. Diese Verhältnisse nun waren der
schwierigen und verantwortungsvollen Mission, die dem Feldmarschall
geworden, nichts weniger als günstig. Der Obersthofmeister Karl III.,
Fürst Anton Florian Liechtenstein, war ohne jedweden Einfluss; die
berufensten Rathgeber : der kaiserliche Botschafter Herzog von M o 1 e s,
der britische, Lord Stanhope, der portugiesische, Graf Assumar,
vermochten nur wenig bei Karl III., den dagegen die Grafen Stella
und Althan völlig beherrschten, indess der Staatssecretär Don Ramon
de Vilana Per las, der Kammerpräsident Pater Pozzo und der Minister
Romeo alle Staatsgeschäfte in ihren habsüchtigen Händen hatten *).
Bald sollte sich Starhemberg klar werden, dass er die ganze Integrität
seines Charakters, das volle Gewicht seines militärischen Ansehens,
die gesammte Kraft seines Willens werde einsetzen müssen, um sich
') In seinem .Stabe befauden sich FML. Freiherr von Wetzel, die GWM.
Grafen von Eck tmd von Gondrecoiirt, die General-Adjiitauten Graf Trauu-Abensberg
und Freiherr von Hasliuger, der Feld-Kriegscommissär Parreith und verschiedene
aggreg^irte Officiere Creditiv für Feldmarschall Starhemberg. Wien, 21. Fel)ruar 1708.
Ki-iegs-A.
*) Berichte des Herzogs von Moles aus 1708, H. H. u. St. A. ; Jörger's
Schreiben an Prinz Eugen, Cervera, 16. August 1708, und jenes des Marquis d'Este
an denselben, Barcelona, 27. December 1708, Kriegs-A., Spanien 1708; endlich
A. Arneth: „Das Leben des k. Feldmarschalls Grafen Guido Starhemberg".
224
die unerlässliche Freiheit des Handelns gep^en den abschwächenden
Eintluss des Hofes zu wahren , und gegen die Einschräukungsver-
suche unberufener Wortführer im Rathe zu Barcelona.
Aber auch in anderen Richtungen waren die Einblicke, welche
der Feldmarschall in den ersten Tagen gewann, keine erfreulichen.
In Folge des Ablebens von Noyelles und der Abfahrt Galway's
und D a s M i n a s' waren die für die Eröffnung der Campagne getroffeneu
Vorbereitungen ganz unzulänglich. Da nicht ein einziges Magazin ein-
gerichtet worden, war die früher schon getroffene Disposition, bereits
im April 9000 bis 10.000 Mann jenseits Tortosa zu versammeln, unaus-
geführt geblieben. Rasch traf der Feldmarschall Massnahmen, die
Truppen rechtzeitig zusammenziehen zu können. Die Feld-Armee so
stark wie möglich zu bilden, sollten die Besatzungen der festen Plätze
auf ein Minimum beschränkt werden. Sowie man sich hierüber geeinigt,
trat Starhemberg eine Rundreise an, den Zustand der Truppen und
die Beschaffenheit des Operationsschauplatzes durch den Augenschein
kennen zu lernen.
Einem General von dem militärischen Blicke S t a r h e m b e r g's
musste sich die ausserordentliche Vertheidigungsfähigkeit Cataloniens
auf Schritt und Tritt offenbaren. Von welcher Seite man es betreten
mag, überall ist es voll rauher Felsen und bewaldeter Berge, voll
enger Thalschluchten und steiler Uebergänge. Selbst die wenigen,
in diese Bergwelt hineingelagerten kleinen Ebenen sind durch die
zahlreichen künstlichen Bewässerungs-Anlagen, die vielen Umzäunungen
der Gärten, der Obst- und Oliven-Pflanzungen in durchschnittenes
Terrain verwandelt. Die oft und plötzlich anschwellenden und dann
unpassirbaren, weil brückenlosen Bergströme, die Lage und Bauart der
Wohnplätze, deren Häuser und Umfriedungen durchwegs aus Stein;
die zahlreichen Meiereien, Klöster, Warten, Burgen und festen Schlösser,
die über das ganze Land zerstreut sind ; die geringe Zugänglichkeit
von Aussen, die beschränkte Wegsamkeit im Innern — Alles erschwert
den Angriff, begünstigt die Vertheidigung.
Die umfassende Basirung des Feindes, der von Roussillon,
Arragon und Valencia gleichzeitig auf Barcelona, den gemeinschaft-
lichen Convergenzpunct des ganzen Strassensystems von Catalonien
operiren konnte , nöthigte Starhemberg, alle Fronten in's Auge
zu fassen.
Die zahlreichen natürlichen und künstlichen Sperren, welche sich
auf der aus dem Nordosten auf Barcelona führenden Hauptverbindung,
225
der von Bellegarde (Perpignan) aus über Gerona ziehenden Künigs-
strasse (7 Märsche), wie auf ihrem wichtigsten Parallelwcge, Camino
de la Marina, finden, mochten S t a r h e m b e r g das Vordringen gegen
Barcelona auf dieser Operationslinie nur bei grosser, materieller und
intellectueller Ueberlegenheit ausführbar erscheinen lassen. — Die
zweite mögliche Einmarschlinie aus dem Nordosten auf Barcelona über
Vieh (Vique) und durch das enge und steile Thal des Congost dahin
führend (von Vieh nach Barcelona drei Märsche), ist als Operations-
linie, ihrer ganzen Natur nach, höchst bedenklich. Sie und die vor-
genannten waren übrigens seit Schluss des Feldzuges 1707 durch
Linien gesperrt worden, die sich von Pte Cabriana nach Vieh und
über Hostairich nach Blancs an der Küste zogen. — Die von Urgel
über Manresa in sieben Märschen nach Barcelona führende Com-
munication konnte ihrer Schwierigkeit halber nicht in Betracht
kommen.
Von grösster Wichtigkeit dagegen war die Chaussee, welche, die
Fortsetzung der grossen Heerstrasse von Madrid über Zaragoza nach
Lerida bildend, von diesem Platze über Cervera, Igualada, Martorell
in sechs Märschen nach Barcelona führt. Auch sie bietet günstige
Aufstellungen, so bei Cervera, das eine alte Mauerumfassung und ein
Castell hatte, und das durch seine erhöhte Lage die Strasse nach
beiden Seiten vollständig beherrscht — und das vertheidiguugsfähige
Igualada. — Gleichwohl konnte diese Hauptoperationslinie, deren
natürlicher Sperrpunct gegen Arragon, Lerida, in Feindeshand war,
doch nur mit der Hauptmacht, in einer Aufstellung jenseits des Küsten-
gebirges, gedeckt werden.
Die Einmarschlinie Lerida, Margalef, Vinaxa, Momblanch, Valls,
Tarragona (3 Märsche) führt durch das schwierige Defile von Ribas,
das nur mittest der Pässe von Lilla und Cabra umgangen werden
kann. Diese letzteren Pfade fand Starhemberg bereits durch Be-
festigungen gesperrt. Der Wafi'enplatz Tarragona bot der Vertheidigung
mit Rücksicht auf die freie See- Verbindung einen uneinnehmbaren
Stützpunct.
Noch weniger entscheidend als diese aus der Flankenstellung
von Cervera zu vertheidigende Einmarschlinie, musste die von Lerida
auf dem linken Ebro-Ufer in vier Märschen nach Tortosa führende
dem Feldmarschall sich darstellen. Denn nach Ueberwindung dieses
Waffen platzes, hatte der Angreifer die Vertheidigungslinien des Francoli,
der Gaya, Foix und Llobregat, die schwierigen Defileen des bereits
fortificirten Col de Balaguer und Col d'Ordal und das Schloss von
Hospitalet zu forciren, den Waffenplatz Tarragona aber in der Flanke
Feldzüge des Prinzen Eugen v, Savoyen. II. Serie, I, Band. 15
226
liegen zu lassen, um schliesslich auf den starken Centralplatz Cata-
luniens, auf Barcelona, zu stossen.
Die Herrichtung des Landes in fortificatorischer Beziehung Hess
freilich im Einzelnen noch Manches wünschen, denn die vom engli-
schen Parlamente für Befestigungszwecke bewilligten 10.000 L. St.
reichten um so weniger für die Vertheidigungs-Instandsetzung der zahl-
reichen festen Puncte hin, als das bedrohte Tortosa allein den
grössten Theil verschlang. Ueber die Haltbarkeit dieses Punctes und
Tarragona's war Starhemberg allerdings beruhigt. Da er für den
ersteren Platz indess noch eine Summe verlangte, wies ihn Karl HI.
am 16. Mai an, sich an den britischen General Carpenter zu
wenden, „denn wenn dieser nicht helfe, wisse er nicht, wo etwas zu
nehmen sei" ^).
Mit besonderer Aufmerksamkeit soll Starhemberg die wilden
Felsenthäler des Congost und des Francoli untersucht haben. Nichts
konnte wohl geeigneter sein, den Blick des Feldmarschalls dem wich
tigsten Kampfmittel Cataloniens, den Landesbewohnern, zuzuwenden.
In den wilden Defileen von Ribas, Vilavert und Momblanch, in den
Schluchten von La Garriga und Aiguafreda musste es ihm vollends
klar werden, welcher Nutzen sich hier aus der Landesbewaffnung,
aus den „Miquelets" und „Somatenes" ziehen liess, den terrain-
kundigen, unermüdlichen, verschlagenen, im Angriffe kühnen, in der
Vertheidigung hartnäckigen Guerilleros *). Als Starhemberg auf
seiner Rundreise alle Annäherungen von feindlicher Seite von
Miquelets oder Somatenes bewacht fand, mochte seine sorgenvolle
Stirne sich wohl aufhellen ^) und sein kritisches Auge die Mängel und
Schwächen der regulären Vertheidiger milder streifen, als es anders
der Fall gewesen wäre*).
*) Karl III. an Starhemberg:. Barcelona, 16. Mai. Kriegs-A., Spauieu 1708;
Fase. V. 19.
*) Miquelet's sind regelmässig organisirte, ausgerüstete und bezahlte Milizen,
bestimmt im beständigen Contact mit den regulären Truppen zu kämpfen; Somatenes
sind Laudsturmleute, bewaffnete Bauern, unter Führung von Prie stern, Alcalden etc.,
aus eigenen Mitteln mit Waffen und Verpflegung versehen, sicli in Haufen von
unbestimmter Stärke zu einem localeu Vertlieidigungszweck sammelnd und ebenso
rasch zu Hof und Herd wieder zurückkehrend.
*) „II Maresciallo viene in questo punto da me e mi ha coufidato ch'egli avendo
visitata buona parte della Catalogna lia concepita miglior speranza di quella ne
avea prima " — Moles an Wratislaw. Barcelona, 20. Mai 1708. H. H. u
St. A.
'*) „Die meisten," sagte er, „wurden nach der Schlacht bei Almansa erst wieder
zusammengeklaubt und daraus neue Bataillone und Escadi'onen formirt, also wenig
227
Da nicht nur die spanischen, sondern auch die anderen Truppen
wegen Unrichtigkeit der Wechsel den letzten Winter über keine
Bezahlung erhalten — jene hatten 8 und 9 Monate und darüber und
selbst die Briten 5 Monate kein Wochengeld gesehen — waren die
Mannschaften sehr herabgekoramen. Noch schlechter stand es mit den
Pferden, die fast ausschhesslich mit Stroh gefüttert wurden, da Eng-
land für den monatlichen Unterhalt eines Reiters sammt Pferd nur
1 L. St. bewilligt hatte. Die Monturen waren in Fetzen, die Waffen-
bestände nicht vollzählig. Von einem geordneten Sanitätsdienst war
keine Rede, da es für Apotheken und Feldspitäler keinen Fond gab.
Am 19. Mai ward endlich Ein Feldlazareth mobilisirt. Auch für das
Trainwesen gab es keinen Fond. Die Transportmittel, als Landesleistung
nicht aufzutreiben, mussten gedungen werden. Da fast Alles (Proviant,
Munition, Zelte) auf Maulthieren fortgeschafft werden musste und die
Fourage sehr theuer war, erheischte der Traindienst in Catalonien
«rrössere Summen, als anderwärts. Wiewohl selbst die aus 20 Geschützen
bestehende Feldartillerie des verbündeten Heeres erst im Wege der
Unternehmung bespannt werden sollte, erklärten die Briten anfäng-
lich sich nicht ermächtigt, die erwarteten Gelder für die Pferde der
Artillerie und des Trains zu verwenden. Endlich Hess sich aber
General Carpenter doch herbei, diesem Zwecke 40.000 Patacas
zuzuwenden *).
Die Nothwendigkeit, die Mannszucht strenger zu handhaben,
hatte Starhemberg schon im ersten Augenblicke erkannt und
darnach seine Massnahmen getroffen ^).
alter Fuss mehr vorhanden; sondern auch die Apprehension der vorhergegangenen,
unterschiedlichen Unglücksstreiche Manchem noch vor Augen schwebt, und wann
es klar zu melden mir erlaubt, so zweifle, dass bisher jemals unter diesen Triippen
eine Ordnung und Regel oder nöthige Kriegs-Diseiplin gewesen, welches Alles
um so härter auch einzuführen sein wird, da selbe so vielerlei Herrn zugehören
und jede besondere Sentiments, Bräuche und Ideen von dem Militär sich formiren,
auch gar wenig erforderliche Commandanten dabei." Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VI. ad 6 a.
') Starhemberg an Prinz Eugen. Barcelona, 3. Mai 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. V. 2. Desselben Specification etc. Momblanch, 20. Mai 1708, ebendaselbst
Fase. VI. ad 6. Derselbe an den Hofkriegsrath, 5. October 1708. Fase. XI. 19b. —
Zinzerling an Prinz Eugen. London, 20- Juli 1708. Fase. VII. 65 und 65 a — endlich
Fase. XIII. 8. und 14.
*) Wie kräftig Starhemberg da eingegriffen haben muss, erhellt daraus,
dass Obrist Schober schon am 20. Mai aus Benavarre an Prinz Eugen schreiben
konnte :
„Die Ankunft Sr. Excellenz des Herrn Generalen Grafen Guido von Starhemberg
hat eine solche Veränderung verursacht, dass man unseren Hof fast nicht mehr kennt
15*
228
Als ob die Kangsstreitigkeiten der Generale und Truppen ver-
schiedener Nationalität, welche der gemeinen Sache bisher so sehr
zum Schaden gewesen, aufhören wollten, baten die Generale den
Herzog von M o 1 e s am 7. Mai, er möge S t a r h e m b e r g eröffnen,
sie hätten — General Carponter als Erster — eine Erklärung
unterschrieben, sich von ihm ganz nach Kriegsraison verwenden zu
lassen ').
Im Ganzen war Starhemberg, wie bisher, auch diesmal be-
stimmt, unter widrigen persönlichen Verhältnissen mit unzureichenden
Mitteln das Schwierigste durchführen zu müssen. Wieder war seine
Rolle die des Abwartens und Abwehrens, und zwar die reinste Defen-
sive ; denn von einer activen Vertheidigung konnte so lange keine Rede
sein, als nicht die aus Italien erwarteten Verstärkungen eingetroffen.
Deckung des empfindlichsten Punctes war des Feldmarschalls nächste
Aufgabe. Er entschied sich für die Stellung von Cervera, welche die
wichtigste Annäherungslinie deckte.
Zu Anfang des Monats Mai 1708 waren die Kräfte der Ver-
bündeten in Catalonien wie folgt gruppirt:
Auf dem äussersten rechten Flügel der strategischen Front, am
Ter, waren unter des Prinzen Heinrich von Hessen -Darmstadt
Befehl 10 Bataillone und 12 Schwadronen, etwa 5000 Mann, nebst
Miquelets und Somatenes, in der Versammlung begriffen.
Ober-Catalonien zu decken und zu verhindern, dass der in der
spanischen Cordana stehende Feind mit Arragonien und den Segre
abwärts mit Lerida in unmittelbare Verbindung trete, war General-
Major Moregas mit einer kleinen Abtheilung zu Seu d'Urgel ver-
blieben.
An der Nordwestgrenze Cataloniens stand Obrist D. F. Schober
mit seinem Regimente (450 Streitbaren), 100 Reitern und 2000 cata-
lonischen Bauern. Veuasque, Castell Fandova, Ville Roda, Castell
Aren, P"" Montanana und die Passage von der Valle de Ager waren
in seinen Händen. Zu Cardona, wo die Einwohner geneigt waren, sich
wegen der vorigen Dis-Ordiiung und jetzt guter Einriclitung, und steht nunmehr
Alles auf einem andern Fuhs. Den spanischen Officioren und Generalen kommt das
deutsche Commando in etwas wunderlich vor, aus Ursache, deren Manier, den Krieg
zu führen, sich mehr mit den Moscowitem, Polaken und Tataren confondirt, als
mit den Deutschen. Es wird sich aber Alles schicken," Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. V. 26.
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. V. .5. Moles an Starhemherg.
229
für Karl III. zu erklären, wenn die Alliirten daselbst verstärkt
würden, hielt Übrist S a 1 a z a r mit 3U0 Fiisssoldaten und einigen
Reitern.
Die Hauptmacht der Verbündeten, etwa 13.000 Mann, sammelte
sich in der Stellung von Cervera. Vor dem rechten Flügel, zu Pons,
Agramunt und Belpuig standen Reiter-Abtheilungen zur Beobachtung
des Feindes, indess Obrist Prats y Bertram mit seinen Füsilieren
in Mayals den gleichen Dienst vor dem linken Flügel besorgte.
Die Artillerie sollte am 10. Mai nach Cervera aufbrechen.
Zu Barcelona und Tarragona standen nur schwache Garnisonen ;
zu Tortosa aber, am äussersten linken Flügel der Alliirten in Cata-
lonien, 8 Bataillone *).
Eröffnung- der Operationen. — Ereignisse im nordöstlichen
Oatalonien.
Die grösseren Operationen wurden erst im Mai 1708 wieder
aufgenommen. Sei es, um Arragonien gegen Einfälle wirksamer zu
schützen; sei es, um mit dem Herzog von Noailles, der um diese
Zeit in das Arapurdan einbrechen sollte, über Urgel in Verbindung
zu treten 5 sei es auch nur, um Starhemberg irre zu führen —
General-Lieutenant d'Estaing rückte am 1. Mai gegen Castello de
Farfana (nordöstlich Lerida), verbrannte am 2. die Brücke von Bianca-
fort, vermochte aber jene von Fraga nicht zu zerstören; Guerilleros
hinderten ihn daran. — M. d. C. Fomboissard versuchte vergebens,
sich mit 500 Mann Infanterie und einem Cavallerie-Regiraent der
verschanzten Brücke von Montanana zu bemächtigen. Der erfolglose
Versuch, bei Biancafort über die Noguera zu gehen, kostete ihm 50
bis 60 Mann. Auch die Absicht, mit Hülfe des Bischofs von Lerida
von Venasque aus durch die oberen Pyrenäen-Thäler in Catalonien
einzubrechen, scheiterte. Obrist Schober zeigte sich überall ent-
schlossen, sich auf das Aeusserste zu wehren. Fomboissard
sammelte nun seine Abtheilungen hinter der Essera bei Grans und
Monzon und führte sie dem General-Lieutenant d'Estaing zu, der
am 6. Mai bei Almenara, am 7. bei Balaguer lagerte. Nachdem
d'Estaing hier 1000 Mann und 200 Pferde stationirt, Monzon mit
400 Mann besetzt und ein Detachement Cavallerie nach Barbastro ge-
schoben, stiess er zur Armee Orleans', der sich eben anschickte, die
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. V. 10; Fase. XIII. G, 7 und 9.
230
Operationen ges:en Tortosa zu beginnen. — Oberst Schober aber
besetzte hierauf sofort Grans und Benavente *).
Gleichzeitig mit der Haupt- Armee unter Orleans setzte sich
die „Armee von Roussillon", welche, wie schon erwähnt, zu Gunsten
der ersteron eine ausgiebige Diversion zur Aufgabe hatte, in der
Richtung auf Gerona in Bewegung. Noailles sammelte seine etwa
15.000 Mann starken Truppen am 7. Mai zu Boulou. In der rechten
Flanke durch den spanischen Brigadier Gandolfo gedeckt, der
Ft Louis (Montluis), Puigcerda und Bellever besetzt hielt, rückte
Noailles am 8. bis la Junquera. Nur die vierpfündige Gebirgs-Artil-
lerie ging mit der Armee ; das schwere Positionsgeschütz aber zur See
nach Rosas. Am 9. die Bewegung fortsetzend, trieb er die schwachen
Vortruppen der Verbündeten vor sich her und bemächtigte sich noch
au diesem Tage, nach kurzem Kampfe mit den Miquelets, der
Uebergänge über die Muya bei Figueras. Prinz Heinrich von Hessen-
D arm Stadt, dessen Artillerie wegen mangelnder Bespannung noch
zu Barcelona stand, wich am 10. vor dem fast dreifach überlegenen
Gegner hinter die Fluvia zurück. Seine Hauptmacht bei Bascara
zusammenhaltend, verschanzte er die Einsiedelei an der Strasse und
hielt mit seinen äussersten Spitzen el Angel, Pontons und San Eularia.
Wiewohl Noailles am 11. nur recognoscirte, am 12. und 1.3.
aber ganz unthätig blieb, hielt Prinz Heinrich es gleichwohl für ge-
rathen, um nicht abgeschnitten zu werden, am 14. unter die Kanonen
Gerona's zurückzugehen; doch beliess er auf dem Col d'Oriols einen
Beobachtungsposten'). Noailles, obschon noch an demselben Tage
genau unterrichtet, dass sein Gegner hinter dem Ter über nicht
mehr als 3000 Mann Fussvolk und 2000 Pferde verfüge''), nahm
seine Vorwärtsbewegung doch erst am 22. wieder auf. Er lagerte
am Abende bei S. Miguel, seine Spitze bereits jenseits der Fluvia.
Am 23. rückte er an den Ter. Hier liess er seine Hauptmacht zwischen
S. Jerdi und Servia Stellung nehmen, gleichzeitig aber Medina und
Santa Julia de Ramis durch Detachements besetzen. Prinz Heinrich
«) KriegB-A., Spanien 1708; Fase. V. 26.
*) Prinz Heinrich von Hessen an Starhoinlieip;. Gerona, 15. Mai 1708, nnd Star-
hemberg an Prinz. Eugen. Momblancli, 19. Mai 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. V. 16. — Das Landvolk wartete in grosser Zahl die Gelegenheit al), sich an
dem Kampfe gegen die Eindringlinge hetheiligen zu können, wagte es aber noch
nicht, loszuschlagen. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII 12.
') Starhemberg weiset am 20. Mai 1708 die Streitkräfte der Verbündeten im
Ampurdan wie folgt aus: 8 spanisclie BatniHone und 1 lioUändisehes an Fussvolk;
2 spanische, .3 holländische Regimenter und 1 portugiesisches an Reiterei. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Faac. VI. ad 6.
231
hatte indess seine Truppen, zu denen am 24. eine Verstärkung von
900 Mann') stiess, knapp am rechten Ufer Stellung nehmen lassen:
das Fussvolk zwischen Gerona und dem Ter, die Reiterei bei Bordils,
200 Mann bei Flassa; die Furt von Congost vertheidigte eine Schanze.
Am 24. kam es anlässlich einer von Noailles vorgenommenen
Recognoscirung zu einem Scharmützel. Am 28. aber ging Noailles
mit 2400 Mann Infanterie, 1000 Pferden und 10 Geschützen zum
Angriffe vor. Er hoffte, den Feind zu falschen Massnahmen zu ver-
leiten; die Verbündeten zeigten aber eine so feste Haltung, dass die
Action in eine blosse Kanonade ausartete. Am Nachmittage nahmen
sie (grösstentheils Miquelets) sogar den Posten Santa Julia, mussten
ihn aber allerdings bald wieder aufgeben. Gleichzeitig Hess der Prinz
Heinrich von Hessen-Darmstadt 4 Schwadronen in der Richtung
auf Medina über den Ter setzen; „alles Volk von den Bergen folgte
ihnen". Nachdem Noailles' ganzes Lager alarmirt worden, zogen
die Verbündeten sich wieder zurück ^). Mit dem missglückten Versuche
vom 28. Mai hielt Noailles seine Offensivkraft für erschöpft; noch
einmal demonstrirte er gegen Gerona, Orleans' Marsch zu erleichtern,
im Uebrigen beschränkte er sich darauf, das Land auszufressen. Dies
benützte der General-Major Nebot am 5. Juni, dem Tage da Feld-
marschall Graf Uhlef eldt von Barcelona in Gerona eintraf, zu einem
Ueberfall des feindlichen Magazins zu la Escala. 300 Säcke Mehl und
andere Lebensmittel fielen ihm zur Beute ^).
Als Noailles vermuthete, dass Orleans Tortosa erreicht habe,
zog er, um Servia nichts mehr zum Leben findend, in der Nacht zum
7. Juni nach S. Pedro Pescador, die Gegend zwischen Ter und Fluvia
verwüstend. Nur die Generale Drymborn und Nebot hielten den
Prinzen Heinrich von Hessen-Darmstadt ab, die feindliche
Nachhut anzufallen *). Von S. Pedro Pescador rückte Noailles,
*) De la Porta mit <leii Reojimentern Ferrer, Riibi uud Noyelles. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. V. 34. — Schon am 12. Mai hatte Perlas dem Feldmarschall
mitgetheilt, der König halte für gut, die catalonische Leibwache, die Regimenter
Deputacion und Barcelona zur Deckung des Ampurdan, auf dessen Ernte man nicht
verzichten könne, dem Prinzen von Darmstadt zu senden (Fase. XIII. 9) und am
15. Mai meldete Perlas dem Feldmarschall, der König habe den Abmarsch der Regi-
menter Barcelona und Deputacion nach dem Ampurdan befohlen. „Die Ernte scheint
so üppig zu werden!" (Fase. XIII. 11.)
2) Prinz Hessen-Darmstadt an Starhemberg. Lager bei Puente Mayor, den
29. Mai 1708. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. V, 46, und Nebot an Starhemberg.
Gerona, 30. Mai 1708; Fase. V. 41.
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 16 und 18.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 17 und 21.
232
das Land gänzlich auszusaugen, nach Poralada. Er gedachte, wenn
Orleans in die Ebene von Urgel zurückkehren würde, ihm durch
die Oerdana, wie vereinbart, entgegen zu gehen und mit ihm Cardona
zu belagern. Aber am 23. Juni erhielt er Befehl, 6 Bataillone und
3 Dragoner-Regimenter an Villars in die Dauphinc abzugeben*).
Da ihm hiernach nur 1 1 Bataillone und 15 Escadronen verblieben,
womit er 11 Plätze, 1 Citadelle und 5 Schlösser behaupten musste,
hielt er sich bis auf Weiteres für actionsunfähig.
Auf Seite der Verbündeten hatte inzwischen Feldmarschall Graf
Uhlefeldt den Oberbefehl am Ter übernommen, der Prinz von
Hessen-Darm Stadt aber, von dem Wunsche erfüllt, unter S t a-r-
hemberg zu dienen, mit 3000 Mann den Marsch zu diesem ange-
treten *).
Orleans' Marsch nach Tortosa. — Starhemberg's Parallel-
marsch. — Wegnahme des französischen See-Transportes,
Während dieser Vorgänge im nordöstlichen Catalonien, hatte die
franco-hispanische Hauptarmee sich gegen Lerida in Marsch gesetzt.
Der anhaltende Regen, der alle Gewässer schwellte und alle Wege
verdarb, hatte endlich nachgelassen. D'E s t a i n g rückte am 8. Mai
auf Torre del Segre, den bei Escarp beabsichtigten Brückenschlag
über den Segre zu decken. Er gelang des hohen Wasserstandes halber
erst am 9. Orleans brach an diesem Tage von Candacnos auf und
bezog am Mittage des 10. das Lager bei Fraga. Das Gros rückte
am folgenden Morgen nach Caspe, wo es übergehen sollte ; da aber
der Cinca so anschwoll, dass die Brücke nicht zu benützen war,
sandte der Herzog am 11. 4 Dragoner-Regimenter und 14 Bataillone
von hier nach Alcaras, wohin auf anderem Wege das Gros dirigirt
ward. Am 12. überschritt die Armee zu Lerida den Segre und lagerte
zu Albatarrech, südwestlich Lerida, nur 40*""' von Starhemberg
entfernt.
Der Feldmarschall hielt mit ungefähr 13.000 Mann im wohl-
verschanzten Lager zu Cervera. Er erwartete hier seine letzten am
14. Mai eintreffenden Truppen. Schon am 10. wusste man im Haupt-
quartier der Verbündeten, dass Orleans in der That ernste Absichten
auf Tortosa habe und d'Asfeldt zur Cooperation aus Valencia heran-
1
') M<5moires du (lue de Noailles 1708, 432.
*) Am 18. .Juni schätzt Uhlefeldt den Feind auf 8100 Mann, und zwar:
2500 Schweizer, 2400 Franzosen, 100 Neapolitaner, 2500 Mann Cavallerie und
600 Miquelets. Kriega-A., Spanien 1708; Fase XIII. 25.
233
gezogen werde. Andere Berichte besagten, der Herzog wolle gegen
Tarragona operiren. Bewährte sich die Position von Cervera als reine
Vertheidigungsstelliing insofern, als der Feind, sie anzugreifen, nicht
für gerathen fand, so benahm ihr andererseits das ungünstige Stärke-
verhältuiss allen aggressiven Charakter. Zählte Orleans' Armee nicht
35.000 Mann, wie das Gerücht besagte, oder 28.000, wie Obrist Prats
y Bertram meldete, sondern nur 22.000, so war sie doch jener
S t a r h e m b e r g's so sehr überlegen, dass sie volle Operationsfrei-
heit genoss, indess der Feldmarschall grosse Vorsicht auch dann
noch beobachten musste, als der Feind in Verfolg seines ursprüng-
lichen Planes sich gegen Tortosa wandte.
Zur Deckung seines Rückens und seiner Verbindungen mit
Arragonien beliess der französische Feldherr unter den Befehlen des
M. d. C. F o m b o i s s a r d und des Brigadiers Marquis de Saint
G e r m a i n B e a u p r e in einem abgesonderten Lager eine Cavallerie-
Brigade, zu Monzon als Brückenwache ein Infanterie-Detachement
und beauftragte die Besatzung von Lerida mit der Bewachung des
Segre bis zu dessen Mündung bei Mequinenza.
Am 13. Mai — der Segre zerstörte an diesem Tage die Kriegs-
brücke bei Escarp — rückte Orleans' Vorhut, 5000 Mann unter
General-Lieutenant d'Estaing, bis Llardecans, am 14. bis gegen-
über von Flix. Das Gros folgte im Abstände eines Tagmarsches und
erreichte am 16. den Ebro bei dem letztgenannten Orte. Hier trafen
gleichzeitig auf dem Strome 75 Barken mit Brückengeräthen und Lebens-
mitteln, am rechten Ufer aber das Truppencorps unter d'A r e n n e s
ein, welches über Caspe, Mequinenza und die Castellanei von Amposta
den Ebro entlang marschirt war und von Fraga ab einen Convoi
von 300 Maulthieren mit Lebensmitteln geleitet hatte. In vier Tagen
hatte die französische Armee kaum 30^^'" hinterlegt.
Obrist Prats y Bertram hatte Orleans' Armee seit dem 8.
nicht mehr aus den Augen gelassen ; er war au diesem Tage bis
Escarp vorgegangen, wo er den Brückenschlag mit Erfolg beschossen
hatte. Am 12. von Mayals auf Bayle de Cerozo und Granadella zurück-
weichend, hatte er den Marsch des Feindes von Parteien ununter-
brochen seitlich begleiten lassen. Bis Mayals, Llardecans und La
Granja streifend, beunruhigten sie nicht selten das feindliche Lager und
sandten vortreffliche Meldungen in Star hemberg's Hauptquartier').
Der Feldmarschall, zu schwach, die Vortheile seiner Flanken-
stellung zu einer Operation gegen Orleans' Rücken auszunützen,
*) Dn A. Prats y Bertram an Starhemberg. Granadella, 12. Mai 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. V. 13 und Fase. XIII. 49.
234
welches Befj^innen zur Schlacht geführt hätte, die er vorläufig ver-
meiden musste, konnte durchaus zufrieden sein, dass sein Gegner in
Verfolg einer falschen Operationslinie sich in ein höchst unwegsames
Terrain verlor. Er beschloss, um Tortosa und Tarragona näher zu
kommen, Orleans mit einem Parallelmarsche zu folgen. Am 15. Mai
Hess er den Gencral-Feldwachtmeister Ares de Villa maneOssorio
nach Verdu rücken und am 16. auch den FML. Puebla mit der
Vorhut-Reserve dahin folgen. Das Fussvolk von F e r r e r und S i g i s-
raon Torr es und alles übrige an der Grenze stehende ward auf
Molins dirigirt, da man möglichst viel Fussvolk zur Vertheidigung
des Ebro zur Hand haben wollte*). Starhemberg selbst kam mit
dem Gros am 17. nach Verdu, am 18. nach Momblanch. Die Füsiliere
des Obersten Prats j Bertram, der am 17. in Figuera stand und
den Feind unausgesetzt im Auge behielt, und das Fuss - Regiment
Castiglioni (810 Mann) deckten Starhemberg's Bewegung. Wie-
wohl der General-Lieferant die strengsten Weisungen hatte, immer
für vier Tage Brod vorräthig zu halten, und General Carpenter
zu Tan'agona Zwieback genug besass, den zweitägigen Vorrath daran,
den die Armee haben sollte, zu decken, machte sich Verpflegsmangel
recht fühlbar ^). Auch fehlte es noch an Schiessbedarf.
Die gesammte reguläre Streitmacht der Verbündeten in Catalonien
bestand um diese Zeit aus 6550 Reitern und 13.000 Fusssoldaten.
Diese 19.650 Mann waren wie folgt gruppirt:
im Ampurdan 6 Reiter - Regimenter und 9 Bataillone,
zu Seu d'Urgel 1 Bataillon,
,, Tortosa 8 Bataillone,
,, Tarragona 1 Bataillon,
„ Barcelona 2 Bataillone.
Der Rest: 4000 Pferde, 5000 Fusssoldaten und 20 noch unbespannte
Feldgeschütze, sammelte sich in einem Lager zu Momblanch. Es gab
bis jetzt weder ein stabiles, noch ein mobiles Verpflegsmagazin. Alle
Hoffnung war auf das Eintreffen der Flotte gerichtet^).
In dieser Lage erhielt man die Nachricht, dass die Verbindung
Tarragona's mit Tortosa nicht mehr frei sei. Zwei Transporte dahin
waren bei Perello angefallen worden. In S. Matheo, jenseits des Ebro,
hiess es, ständen unter d'Asfeldt 3000 Feinde mit 7 Kanonen und
3 Mörsern, ihre Vorhut-Cavallerie aber zu Ulldecona.
') Kriegs-A, Spanien 1708; Fase. V. 17 und 18, dann Fase. XIII. 14.
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. V. 21 und 29, dann Fase. XIII. 11.
*) Specification Starhemberg's. Momblanch , 26. Mai 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. VI. ad 6.
235
Indess Orleans' Armee bei Garcia Halt machte, d'Asfeldt's
Cavallerie bis Perello streifte und Starke m b e r g sich bei Mom-
blanch concentrirte, trat zur See ein Ereigniss ein, das im ersten
Augenblicke geeignet schien, Orleans' Pläne auf Tortosa auf das
Empfindlichste zu stören. Die Flotte des Admiral Leake, welche am
8. Mai den Hafen von Lissabon verlassen, kreuzte am 20. auf der
Höhe von Altea, während ihre Vorhut Catalonien's Hauptstadt bereits
erreicht hatte. Auf die Nachricht, ein für Spanien bestimmter starker
Convoi sei von Toulon ausgelaufen, verliessen drei britische Kriegs-
schiffe mit mehreren anderen ausgerüsteten Fahrzeugen am Abende
des 21. Mai die Rhede von Barcelona. Am folgenden Tage schlössen
sich ihnen noch zwei königliche Galeeren und einige Küstenfahrer an.
Nach wenigen Stunden stiessen sie auf der Höhe von Cambrils (süd-
westlich Tarragona) auf den französischen Convoi und griffen ihn
augrenblicklich an. Von den vier Schiffen der Escorte wurden drei
genommen, das vierte ward von der eigenen Bemannung in die Luft
gesprengt '). 80 Tartanen mit Korn, Gerste, Mehl, Munition, 16 Kanonen,
6 Mörsern und 10.000 Monturen — eine Prise im Schätzungswerthe
von acht Millionen Gulden — war dem Sieger in die Hände gefallen.
Im Vereine mit dem Getreide und den 80.000 L. St., welche Leake's
Flotte überbrachte, half jene Beute der drückendsten Noth auf einige
Zeit wenigstens ab. Starhemberg, durch Erfahrung gewitzigt, drang
trotzdem schon jetzt auf die Einleitung weiterer Sendungen^).
Orleans Hess sich durch den Verlust des Touloner Convoi nicht
irre machen. Sein Intendant Meliand machte zum Theile mittelst
der Intendanten von Guienne und Montauban, zum Theile durch Aus-
nützung der Hülfsquellen von Arragon, Valencia und selbst Murcia,
alles Erforderliche rechtzeitig vor Tortosa eintreffen.
Starhemberg, zu schwach, Orleans den Weg dahin mit
seiner Armee zu verlegen, musste sich darauf beschränken, ihn nach
Möglichkeit zu erschweren und zu verzögern. Das beste Mittel hiezu
war die Belebung des Volkskrieges. Also sandte er den Obrist O'Dwyer
mit 800 Mann des Regiments Reventlau und 160 Pferden nach
Falset, ,,um sich daselbst vortheilhaft zu postiren und allein eine
Ostentation einiger Gegenwehr zu machen, damit die Landleute und
sogenannten Miquelets in etwas dadurch animirt würden, dabei aber
') Liechtenstein an Prinz Engen. Barcelona, 25. Mai 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. V. 37 nnd H. H. u. St. A., Holland 1708. — Heems' Bericht vom
12. Juni 1708.
2) Starhemberg an Prinz Eugen. Barcelona, 2. Juni 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VI. 2.
236
selber die ausdrückliche Ordre hatte, sich in gar nichts mit dem Feind
einzulassen und keinen Älann in Gefahr zu setzen" '). Am 28. schob
man O'Dwyer noch ein Regiment Miquelets zu, das er zu Tivisa
postirte *).
Inzwischen hatte Orleans am 17. vergebens versucht, den Ebro
nächst Flix zu übei'brücken. Sturm und Hochwasser vereitelten auch
in den folgenden Tagen jeden Brückenschlag. Am 18. rückte der Herzog
nach Vinebre, gegenüber Flix, wo er am 22. durch Landesbewohner
erfuhr, S t a r h e m b e r g sei ausser Stande zu operiren, da es ihm an
Allem mangle. Die Nachricht, der Feldmarschall beabsichtige, in das
ungenügend versehene Tortosa einen Lebensmittel-Convoi zu werfen,
mag mitbestimmend gewesen sein, dass die Armee sich am 23. neuer-
dings in Marsch setzte, um Mora gegenüber das Lager zu beziehen.
Am 25. gelangte sie nach Ginestar. D'A r e n n e s aber, von dessen
Corps im Laufe der letzten Woche mehrere Bataillone nach dem
linken Ebro - Ufer überschifft worden, rückte auf dem rechten auf
Benifallet. Streifparteien drangen an diesem Tage bereits bis an
die Strasse Tortosa-Tarragona vor. Als am 26. eine Brücke über den
Strom endlich fertig gestellt wurde, ging ein Theil der Infanterie von
d'Arennes am 27. über. Verpflegs-Schwierigkeiten, Mangel an Brod,
Wein und Fourage und die übergrosse Bagage der gallo-hispanischen
Armee *) verzögerten deren Vormarsch ganz ungemein. Fortwährende
Beunruhigung durch Detachements von Regulären und Miquelets der
Verbündeten thaten ein Uebriges.
Am 1. Juni entsandte Orleans 3000 Mann Infanterie und
800 Mann Cavallerie unter dem Befehle des Marquis von G a e t a n o,
den Obrist O'Dwyer in Falset aufzuheben. Das Unternehmen hatte
den gewünschten Erfolg. Der Weisungen S t a r h e m b e r g's unein-
gedenk, hatte O'Dwyer sich ganz auf das eben erst eingetroffene
Regiment Miquelets verlassen, gar keine Vorposten ausgestellt und
sich am Frühmorgen des 3. Juli im Schlafe überraschen lassen. Von
allen Seiten umzingelt, musste er mit seinen Leuten nach einem
Kampfe, der ihm 40 Todte kostete, die Waffen strecken *). Nur seine
Reiter und 150 Mann von Reventlau entkamen. Ueber 500 Mann
kostete OD w y e r's Nachlässigkeit die Verbündeten. Was den Gallo-
Hispaniern von Miquelets in die Hände fiel, wurde auf der Stelle
*) Starhemberg an Prinz Engen ans dem Lager vor La Graiixes bei Vnlls,
23. Juni 1708. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 37.
*) und ») Krieg8-A., Spanien 1708; Fase. V, 38.
*) Starlieuiberg an Prinz Engen, 23. Juni 1708. Krieg.s-A., Spanien 1708;
Fa.sc. VI. 37.
237
niedergemacht; aber die entkommen waren, nahmen schon am folgen-
den Tag den Guerillakrieg nächst Monroig wieder auf.
Starhembcrg, durch die vorgeschobenen Miquclets über die
Fortsetzung der feindlichen Bewegung gegen Tortosa wohl unterrichtet,
verhielt sich zuwartend. Ueber die eigentlichen Absichten Orleans'
war er noch Anfangs Juni nicht ganz im Klaren *), da der Verlust
des Touloner Convoi seine Pläne gänzlich verändert haben konnte.
Um Tortosa und der Flotte näher zu sein, schob der Feldmarschall
seine Hauptkraft nach Mass der feindlichen Vorrückung allmälig in
die starke Stellung von Valls. Den gi'össten Theil seiner Reiterei ver-
legte er in den Campo de Tarragona (bis Cambrils). Die Portugiesen
aber beliess er vorläufig zu Espluga, wo sie am 19. und 20. Mai ein-
getrofi"en waren.
Orleans behielt sein Ziel uuverrückt im Auge. Dom Valejo,
den er am 4. Juni mit einem Cavallerie-Geschwader bis Tortosa vor-
gehen Hess, trieb 2000 Stück Vieh weg und brachte diese Beute, wie-
wohl von Regulären und Miquelets der Besatzung Tortosa's auf der
Stelle verfolgt, in Sicherheit. An demselben Tage erreichten die Schiffe
mit Geschützen und Lebensmitteln Flix. Am 7. schob Orleans seine
Spitzen zwei Stunden weiter vor. Allen Colonnen-Teten gingen Arbeiter-
Abtheilungen voran, die Wege herzurichten. Folgenden Tages den
Marsch fortsetzend, musste man sich mit dem Degen in der Faust
Bahn brechen ; überall hatte man den Widerstand catalonischer Banden
zu brechen. Orleans verliess am 9. mit seinem Stabe Ginestar bei
Miravet und vereinigte sich mit Bezons. Indess die Vorhut am 10.
über Bitem bis in die Nähe von Tortosa rückte und 1 5 Escadronen unter
d'Estaing noch an demselben Tage vorauseilten, mit d'Asfeldt in
Verbindung zu treten, folgte das Gros in drei Colonnen. Längs des
rechten Ebro-Ufers das Regiment de Sourches mit einigen anderen
Truppen ; die Grenadiere und die Bagagen längs des linken und knapp
an selbem; während die Infanterie über die rauhen Bergfüsse hinweg,
über Hohlwege imd Schluchten, über Felsen und Wildbäche und durch
dichtes Gesti'üpp sich mühsam einen Weg bahnte. Die Transportschiffe
folgten in gleicher Höhe. Infanterie und Bagagen nächtigten zu Beni-
fallet, die Cavallerie, die Grenadiere und die Flotille zu Tibens (^Tivens).
D'Estaing hatte, des Widerstandes der Miquelets, die von Tortosa aus
unterstützt wurden, ungeachtet, seine Aufgabe erfüllt, d. h. die Verbin-
dung mit d'Asfeldt hergestellt. Am 11. folgten ihm zunächst 12 Ba-
taillone und dann unter Zurücklassung von Besatzungen in den zur
*) Starhemberg an Prinz Eugen. Barcelona, 2. Juni 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VI. 2.
238
Sicherung der Ebro-Iänic angelegten Schanzen von Ginestar und
jMirans, das Gros der Armee. Eine kleine Wegstunde von Tortosa
machte man Halt.
Dreissig Tage hatte Orleans gebraucht, seine Armee von Lerida
nach Tortosa zu bringen. So sehr hatten die Schwierigkeiten des
Weges, der Widerstand der Miquelets und die Besorgniss vor Starhem-
b e r g seinen Marsch verzögert. Nun aber war endlich doch die Ver-
einigung mit d'Asfeldt hergestellt und der schiffbare Ebro durch
Besetzung und Befestigung seiner wichtigsten Puncte zu einer Etapen-
Linie gemacht, auf welcher alle Bedürfnisse des Belagerungsheeres
herangezogen werden konnten.
S t a r h e m b e r g, am 2 1. Mai von Karl III. nach Ba rcelona
berufen, war in den ersten Tagen des Juni mit der Absicht nach
Tarragona *) und Valls zurückgekehrt, seine Truppen mehr zu con-
centriren. Er verfügte hier nach Abschlag der nothwendigen Entsen-
dungen kaum noch über 10.000 Mann. Damit liess sich in der nächsten
Zeit um so weniger etwas von Bedeutung unternehmen, als er nicht
nur die doppelt so starke Armee Orleans' (die Starhemberg auf
25.000 Mann schätzte), im Auge behalten musste, sondern auch das
Corps d'Asfeldt's und endlich auch Noailles' „Armee von Roussillon".
Er konnte diese letztere um so weniger ganz unbeachtet lassen, als sich
innerhalb der ungenügenden Kräfte, welche er ihr entgegenzustellen
hatte, soeben erneute Personal- Veränderungen und wichtige Kräftever-
schiebungen vollzogen. Den kränklichen Feldmarschall Graf Uhlefeldt
abzulösen, ging FML. Puebla nach Gerona, von wo General de la
Porta auf des Königs ausdrücklichen Befehl mit dem Fuss-Regi-
ment Zaragoza (Arragonien) in die Grafschaft Ribagorza (jenseits
und an der Noguera Ribagorzana) marschiren musste. Er erreichte
am 23. Juni Benavarre. Nach Cardona, wo früher das Regiment
Zaragoza gestanden, kam eine Abtheilung von Ferrer; dagegen
befahl Karl III. Anfangs Juni dem Obristen Schober, mit seinem
Regimente aus der Gegend von Benavarre und Tremp nach Valls
zu rücken; aber Schobers Abmarsch erfolgte, da de la Porta
wegen Bedrohung jener Gegenden Vorstellungen machte, erst am
22. Juli*).
2000 Pferde, 1000 Mann reguläres Fussvolk') und die Milizen,
welche Prinz Heinrich von Darm Stadt im Juni dem Feldmarschall
zuführte, vermochten das Zahlenverhältniss auch nicht derart zu
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 27, dann Fase. XIII. 15, 16, 17, 22, 27.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VII. 69 nnd XIII. 17.
^) Kriegs-A., Spanien 1708; Fa.se. VI. 37 und VII. 71.
239
ändern, dass der Feldmarschall zu grösseren Unternehmungen befähigt
worden wäre ').
Also erübrigte nichts als der kleine Krieg gegen die Haupt-
verbindungslinie des Feindes: den Ebro. Allenthalben durchstreiften
die Miquelets die wilden Ufergebirge des Stromes, die Felsklüfte der
Plana de Burga. Am hellen Tage griffen ihrer 400 mit 60 Heitern
den Posten von Perello an, dem der M. d. C. Z e r e z e d a wieder Luft
machen musste, und am 28. Juni nahmen catalonische Guerilleros
zwischen Vinebre und Asco , ein von Mequinenza kommendes, mit
Bomben befrachtetes Schifft). Im Ganzen hatten alle diese kleinen
Unternehmungen doch kein anderes Resultat, als dass der Feind
beständig in Athem gehalten wurde. Dagegen glückte diesem ein
grösserer Beutezug. Zu spät erhielt Starhemberg die Nachricht,
Orleans habe (wegen Mangel an Fourage) 8 oder 9 Cavallerie-Regi-
menter (5000 bis 6000 Mann) mit dem Auftrage Ebro-aufwärts gesandt,
von Lerida aus in die Ebene von Urgel einzubrechen. Der Feld-
marschall entsandte zwar sofort den General-Lieutenant Grafen Atalaya
aus dem Lager von Riudosas mit 1500 Pferden zur Deckung dieser
Landschaft ''), verstärkte ihn zunächst noch durch eine Reiterabtheilung
unter General-Major C a r p e n t e r und (am 14. Juli) noch durch
die Regimenter Garde und Clariana — es war zu spät. Cervera
hatte nicht mehr gerettet werden können. 3000 Quarteras Getreide
fielen in die Hände des Feindes, der auch die ganze Ernte ver-
*) Wie dieser die Saclilage auffasste, geht aus dem Schreiben hervor, das er
am 23. Juni an den Prinzen Eugen richtete: „Die Fortification an der Festung
(Tortosa) ist noch in keinem vollkommeneu Stand. Ihre Garnison, so vor meiner
Ankunft schon allda bestimmt gewesen, besteht zwar in 8 Bataillonen, unter Com-
mando des churpfälzischen GWM. Grafeus von Efferen ; mir aber ist weder des
gemeinen Mannes, noch des Officiers Valor und Kriegserfahruug dermal bekannt. Und
gleichwie mit unseren wenigen, auch sonst nicht darnach beschaffenen Truppen
keineswegs diese Entreprise (den Marsch Orleans' und die Belagerung Tortosa's) zu
verhindern gewesen, also kann noch weniger ein wirklicher Entsatz oder eine dazu
dienliche Diversion vorgenommen werden, sondern beruht Alles auf der baldigen
Ankunft und Beschaffenheit des aus Italien erwarteten Succurses. Da nun solcher zu
spät anlangte und nicht stark genug wäre, mit dessen Hülfe etwas gegen den Feind
auszuwirken, %vürde er uns hier um so beschwerlicher sein, als die Subsistenz, vor
allem die Fourage, in dem kleinen übrigen Lande, wo man allezeit enger zusammen-
gedrängt war, gänzlich abgehen wird; zumal auch das fruchtbare Ampiirdau von
dem Duc de Noailles ganz ausfouragirt und verwüstet worden, welcher sich mit seinem,
wie man dafürhält, über 10.000 Mann bestehenden Corps in etwas zui'ückgezogen,
ohne dass sein weiteres Dessein sich äussert." Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 37.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 44.
^) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 49.
240
niclitete '). Dagegen gelang es Atalaya, am 8. Juli bei Tarrega
500 Iranzösisclic Reiter zu überrumpeln, wobei ihr Oberstlieutenant
und 200 Mann niedergehauen wurden *) ; ein unbedeutender Erlolg,
der aber das Gute hatte, in der Reiterei der Verbündeten das Gefühl
der Ueberlegenheit neu zu beleben.
Die Belagerung- von Tortosa^).
Die gänzliche Cernirung Tortosa's erfolgte am 12. Jvmi *).
Orleans' Truppen schlössen den Platz auf dem linken Ebro-Ufer ein,
jene General - Lieutenant d'Asfeldt's (^12 Bataillone und 18 Esca-
dronen) auf dem rechten. Vier Bataillone besetzten die südlich der Stadt
gelegene Höhe oberhalb des Kapuzinerklosters und Avarfen in der
Nacht eine Redoute auf, deren Feuer die Strasse nach Tarragona be-
strich. Zur Verbindung beider Armeetheile ward ober- und unterhalb
Tortosa je eine Brücke geschlagen; beide waren am 21. Mai herge-
stellt. Orleans nahm sein Quartier an der nach Tarragona führenden
Strasse, im Kloster ,, Unserer lieben Frau von Adolos'' (Nuestra S* de
la Aldea), das stark verschanzt Avurde.
Als Hauptzuschubslinie diente der Ebro, dessen wichtigste Puncte
Caspe, Mequinenza, Flix, Mora, Miravet und Xerta man nebst Alcanniz
besetzt und befestigt hatte ^). Xerta, von Tortosa nur zwei Stunden
entfernt, war zugleich Endpunct einer zweiten Etapenlinie: Zara-
goza, Caspe, Batea, Gandesa, Pinell. Als dritte Verbindung diente
d'Asfeldt's Anmarschlinie, die von Valencia nach Amposta führende
Heerstrasse. Noch am 1 2. sandte Orleans zur wirksameren Deckung
seines Rückens 2000 Pferde und einige Infanterie unter General-
Lieutenant d'Estaing im Ebro-Thal aufwärts der Segre-Mündung zu.
Die Belagerungs-Armce zählte 52 Bataillone Infanterie ^), 48 Com-
pagnieu Grenadiere, 2 Compagnien Sapeure und ebensoviele Mineure;
*) Liechtenstein an Prinz Eugen. Barcelona, 9. Juli 1708. Kriegs-A., Spanien 1708 ;
Fase. VII. 26.
*) Starhemberg an Prinz Eugen. Coustantiu, 22..Juli 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VII. 73.
3) .Siehe Tafel III.
*) Ebenso Noailles' Memoiren 1708.
*) Das Theatrum Europaeum beziffert die zur Sicherung der Ebro-Linie be-
stimmten Truppen mit 6000 Mann.
*) Nach den Aussagen der Officiere der Besatzung hatte das Belagerungs-
heer am 15. Juli aus 52 Bataillonen und 22 Kegimuntern zu Pferd bestanden, durch-
wegs „gute und schöne Leute".
241
75 schwere Geschütze und 28 Mörser bildeten den Belagerungspark.
Als Ingenieur-Chef fungirte Brigadier L an grüne, als Artillerie-Chef
General-Lieutenant St. Pierre.
Tortosa liegt am linken Ufer des Ebro, der ober der Stadt
600 Schritt breit, bei der Brücke sich auf 150 Schritt verengt und
sich unter ihr wieder bis über 1000 Schritt erweitert. Der Strom ist
hier ziemlich tief, besonders wenn heftige Ostwinde seinen Abfluss
in's Meer verhindern. Die schmale Thalsohle wird rechts von sanft
ansteigenden Hängen, links von den steil abfallenden Ausläufern der
hochaufragenden Bergkuppe N'^ S*"^ de Alba begleitet. Diese Ausläufer
bilden zahlreiche Schluchten, welche durch ihre Breite und Tiefe und
die Steilheit ihrer Ränder die Bewegung ungemein erschweren und
beschränken. Die Stadt, zum grössten Theil in der ebenen Thalsohle,
zum anderen auf der unteren Terrasse des steilen und felsigen Thal-
hanges erbaut, hat etwa 1000 Schritt Längen- und höchstens
500 Schritt Breitenausdehnung, ist unregelmässig und mag 1708 etwa
10.000 BcAvohner gezählt haben. Der ausgezeichneten Cultur und
üppigen Fruchtbarkeit wegen, kommt ihrer Umgebung die Bezeichnung
„Garten von Tortosa" zu. Als die Stadt im Spätherbste 1705 sich
Karl in. unterwarf, war ihre mittelalterliche Umfassung halb ver-
fallen. Die Ringmauer, von Thürmen und Rondellen ungenügend
flankirt, war nur zum Theile durch einen schwachen Erdwall ver-
stärkt. Wo flaches Terrain vorlag, deckte sie ein breiter und tiefer
Hauptgraben, der gänzlich fehlte, wo der Boden steil abfiel. Das
Reduit dieser veralteten Stadtumfassung bildete das Castell, eine fast
unersteigliche , düstere Felsenburg, deren maurische Thürme weit
hinauf- und hinabschauen in's Ebro-Thal. Ein starker Thurm mit vor-
liegendem gemauerten Ravelin auf dem rechten Ebro-Ufer deckte die
150 Schritt lange Schiffbrücke.
Seit 1705, namentlich aber seit dem Unglückstage von Almansa,
hatten die Ingenieure der Verbündeten unaufhörlich an der Befestigung
Tortosa's gearbeitet, freilich mit so beschränkten Mitteln, dass das Noth-
wendige noch nicht hergestellt war, als Orleans vor den Thoren
stand. Nach wie vor machte wesentlich der Ebro die Stärke der
Wasserfront aus, die nur zum Theile durch eine flüchtig hergestellte
Faschinenbrust gebildet wurde, indess im Uebrigen die Häuser frei
an den Strom traten. Der sehr schwachen Nordfront lag 1708 auf
felsiger Kuppe das Fort Tenaxa, ein schlechtes Hornwerk mit thurm-
artigem Reduit, vor. Die Ostfront war 1707 von britischen Ingenieuren
durch ein Hornwerk verstärkt worden, welches, gleichsam ein Vor-
werk des Castells, enge und theil weise eingesehen war. Auf dem nord-
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. lo
242
wärts zum Barranco dcl Rustro abfallenden Rücken, war eine grosse
Erdflesche angeordnet worden. Die bedeutendsten Anstrengungen hatte
man der Südfront zugewendet und ganz besonders der Bergplutte, die,
unmittelbar über die Dächer der Stadt aufsteigend, das geräumige
Carmeliterkloster trug. Hier erhob sich das „Retrancheraent del Carmen",
ein Kronwerk, dessen Kehle eine starke Mauer mit Wallgang schloss.
Eine bastionirte Front bildete den Anschluss an den Strom ; aber nur
die Bastion S. Christofe war vollendet, die Courtine nur eine einfache
Mauer, der 15™ breite Graben nur theilweise aus dem Ebro zu
füllen. Der bedeckte Weg hatte einen gemauerten Abschnitt; das
Glacis war breit, doch von fehlerhaftem Aufzuge. Ein bastionirter
Abschnitt trennte die Alt- von der Neustadt. Die halbverfallenen,
alten Ringmauern waren thunlichst ausgebessert und die wichtigsten
Zugänge aus den Schluchten der Sierra de Alba waren gesperrt
worden.
Mit einer ausreichenden Besatzung bedacht, welche den Kampf im
fi'eien Felde und Ausfälle nicht scheute, artilleristisch und ökonomisch
wohl ausgerüstet, mochte Tortosa immerhin bedeutende Streitkräfte lange
Zeit festzuhalten, um so mehr als das Vorterrain fast überall mit dem
Krampen aufgebrochen werden musste und die eigenthümliche Boden-
plastik die lineare Entwicklung der Laufgräben sehr erschwerte, das hori-
zontale und verticale Defilement derselben aber stellenweise unmöglich
machte. Der Belagerer, durch den breiten Strom in zwei Theile getrennt,
war zudem auf allen Seiten von unwegsamen Gebirgen umschlossen, in
deren Schluchten zahlreiche Guerillabanden lauerten, die Zufuhren zu
erschweren. Diesen die Vertheidigung begünstigenden Momenten standen
fühlbar nachtheilige zur Seite: vor Allem die geringe Ausdehnung,
welche zur Folge hatte, dass es bei einer Beschiessung von beiden
Ufern her, in der Stadt keinen Punct gab, welcher der feindlichen
Geschützwirkung entzogen gewesen wäre; die auffallende Schwäche
der Wasserfront und des Brückenkopfes; das mangelhafte Defilement
der Hauptumfassung und namentlich der Umstand, dass die Südfrout
von der Höhe „el Barranco" auf 400 Schritt Entfernung völlig ein-
gesehen wird; endlich jene eigenthümliche Beschaffenheit des Vorfeldes
auf dem linken Ufer, welche stellenweise die gedeckte Annäherung
bis an den Fuss des Glacis ermöglichte, Ausfälle aber erschwerte.
Wiewohl nur sehr knappe Mittel zur Verfügung gestanden,
scheint die Ausrüstung des Platzes in artilleristischer und ökonomischer
Beziehung im Ganzen eine befriedigende gcAvesen zu sein. Der Gouver-
neur hatte zwar wiederholt und vergebens um Geschütze und Reserve-
laffeten gebeten, indess wurde später ein Mangel in dieser Richtung
243
nicht geltend gemacht. In ökonomischer Beziehung war Tortosa wohl
versehen, zumal man so vorsichtig gewesen, die zahlreichen hier intcr-
uirten Kriegsgefangenen als „unnütze Esser" rechtzeitig aus dem Phitz
zu schaffen. Da es kein Spital gab, mussten die Kranken und Ver-
wundeten in Privathäusern untergebracht werden ; für den Fall, als
die Schiffmühlen den Dienst versagten, war die Veste mit Handmühlen
ausgerüstet.
Das Commando von Tortosa war vor Kurzem erst dem chur-
pfälzischen General-Feldwachtmeister Graf Efferen anvertraut worden,
den Karl III. als für diesen Posten besonders geeignet bezeichnet hatte ').
Als Ingenieur en chef fungirte Obrist Petit. Die Besatzung bestand
aus 3 holländischen und 4 pfälzischen Bataillonen (darunter eines aus
französischen Emigranten formirt), 1 britischen, endlich aus 2 catalonischen
Miliz-Bataillonen und 300 Reitern. Der Gesammt-Dienststand überstieg
nicht 3800 ^) Mann, entsprach also, da die Werke über 3000 Schritte
Entwicklung hatten, der gewöhnlichen Sicherheitsbesatzung.
Die Belagerung wurde von Seite der Franco - Hispanier mit
grosser Umsicht eingeleitet und mit besonderer Kraft durchgeführt. Nach
einer eingehenden Recognoscirung der Befestigungswerke entschied sich
Orleans, gegen den Brückenkopf und den unteren Ebro-Anschluss
nur Scheinangriffe zu richten, den entscheidenden aber gegen das
„Retranchement del Carmen" und insbesondere gegen die linke Front
dieses Kronwerkes.
Ein General-Lieutenant, ein Marechal de Camp, ein Brigadier
und ein Adjutant des Herzogs hatten täglich in den Tranchee-Dienst
zu treten. 6 Bataillone bezogen die Laufgrabenwache. 7 Brigaden,
jede von einem Brigadier oder Unterbrigadier und 4 Officieren geführt,
leisteten den eigentlichen Genie-Dienst. Alle 24 Stunden erfolgte die
Ablösung.
Nachdem d'Asfeldt in der Nacht zum 20. die Laufgräben
gegen den Brückenkopf eröffnet, schritt man am 21. um 8 Uhr Abends
mit 1200 Arbeitern zur selben Operation auf dem linken Ebro-Ufer'').
Da der Belagerer hier kühn auf 250 Schritt an den Platz heranging
und die Besatzung sofort kräftig Feuer gab, erlitt jener namhaften Ver-
») Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 10 nnd 11.
2) Noailles' Memoiren 1708, Seite 421, beziffern sie mit 3700 Mann.
äj Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VII. 41. Fischer berichtet am 11. Juli aus
Bt;rn dem Prinzen Eugen, dass nach Pariser Briefen vom 3. die Laufgräben gegen
Tortosa in der Nacht zum 21. eröffnet worden seien.
16*
244
lust. Am 23. vereitelte er einen Versuch des Vertheidigers, die obere
Ebro-Brüeke zu zerstöieu. Am 24. waren die Augriffsbatterien 1, 2
und 3 mit zusammen 16 scchzehnpfündigen Kanonen feuerbereit').
Sie ricochetirten den bedeckten Weg und schössen das Carmeliterkloster
in Brand, das am folgenden Tage (25.) nur noch ein rauchender
Trümmerhaufen war. Gleichzeitig ward auch die Bastion Ridotto umfasst
und gegen ihre rechte Face eine Breschbatterie angelegt. Der Verthoi-
diger erwiderte das Feuer kräftigst und machte am Abende des 26.
mit 6 Freiwilligen von jeder Compagnie und 400 Miquelets einen
Ausfall, drang bis zu den Angriffsbatterien und wich erst nach Zer-
störung einiger Belagerungsarbeiten in den Platz zurück. Nur wenige
Stunden später brach er mit 800 Mann neuerdings heraus, trieb nach
einem erbitterten Kampfe die Tranchee- Wache zurück und konnte
erst durch 1500 Mann frischer Truppen zum Stehen gebracht werden.
Gleichzeitig fielen kleinere Abtheilungen gegen beide Flügel der
Angriffsarbeiten auf dem linken Ebro-Ufer aus. 140 Mann des Be-
lagerers blieben auf dem Kampffelde '^).
Da die Annäherungen des Hauptangriffes fast ausschliesslich über
Felsboden vorgetrieben, die Sape-Körbe mit Steinen gefüllt werden
mussten und das Wurffeuer der Festung bei der grossen Nähe schon
bedeutenden Schaden anrichtete, schritten die Sapen sehr langsam
vor. Am 27. und 28. Mai gewann der Angreifer fast keinen Schritt
Terrain und er bedui'fte mehrerer Tage, 40 Schritt vor dem bedeckten
Weg einen Laufgraben-Cavalier herzustellen. In der Nacht zum 29.
vermochte man hier nur 6 Körbe zu setzen, wobei 3 Sapeure getödtet,
1 Hauptmann und 10 Sapeure verwundet wurden. Aus denselben
Gründen machte auch der Batteriebau nur langsame Fortschritte. Erst
am Morgen des 29. eröffneten weitere 2 Batterien, Nr. 4 und 5, ihr
Feuer und wurde der Mineur angesetzt. Ein Ausfall der Besatzung
an diesem Tage ward zwar zurückgewiesen, aber erst nachdem die
Ausfallenden zwei Kanonen vernagelt und einen Theil der Arbeiten
zerstört hatten. So kräftig war das Feuer der Festung, dass die Soldaten
sich weigerten, weiter zu arbeiten und die Officiere mit gutem Bei-
spiele vorangehen und zu Krampen und Schaufel greifen mussten. Der
Vertheidiger war guten Muthes und Alles zu kräftiger Abwehr ver-
') Liechtensteiu an Prinz Eugen. Barcelona, 0. Juli 1708. Kriegs - A.,
Spanien 1708; Fase. VII. 26.
*) Wahrscheinlich hierauf bezieht sich Fischer's Bericht, Bern, 25. Juli 1708:
„Man hört aus Zaragoza unterm 3., dass die Besatzung Tortosa's mit 3000 bis
4000 Manu ausgefallen sei, um die Belageruugs-Artillerin wegzunehmen, ohne aber
ihren Zweck zu erreichen." Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VII. 26.
245
anstaltet ' ). Unter solchen Verh.ältnissen ward in der Nacht zum 3. Juni
die zweite Parallele vollendet. Am Morgen des 4. eröffnete die Bresch-
batterie Nr. 6 ihr Feuer, am 5. folgten ihr die Breschbatterien Nr. 7 und 8.
In der Nacht zum 5. ward aus der zweiten Parallele mit der doppelten
Sape mit doppelt umgangenem Querwalle ausgebrochen; das Erdreich
wurde nun besser, so dass man sich, des starken Feuers ungeachtet,
schon in der Nacht zum 6. dem Glaciskamme näherte.
Am Abende des 5. Juli lag bereits ein ziemlicher Theil der
Scarpe in Schutt; in der folgenden Nacht wurde im Feuer des Ver-
theidigers eine weitere Breschbatterie erbaut. Schon am 6. erreichten
alle Sapespitzen den Fuss des Glacis und schritt man an den Bau der
Batterie Nr. 10, welche bestimmt war, das Feuer des Castells während
des Sturmes auf den bedeckten Weg zum Schweigen zu bringen. Tags-
darauf erweiterte sich die Bresche bedeutend, da ganze Flächen des
Mauerwerks, welches schlecht hergestellt war, in den Graben stürzten.
Aber auch der Vertheidiger blieb nicht müssig. Er säuberte seine Wall-
brüche, traf Anordnungen zu Abschnitten hinter denselben und über-
schüttete die Angriffsarbeiten vom Castell und der Bastion Carmen derart
mit Hohlkugeln, dass etliche Geschütze des Belagerers demontirt wurden.
Am Morgen des 8. standen 27 schwere Kanonen in den Bresch-
batterien. Der Vertheidiger, dem die Vorbereitungen zur Krönung des
bedeckten Weges nicht entgangen waren, fiel in der Nacht aus, ward
aber zurückgeschlagen, worauf der Belagerer seine Sapespitzen bis
auf 22"" gegen den Glaciskamm vortrieb. Der Geschützkampf wüthete
in gleicher Heftigkeit fort. Während die Kanonen der Festung 4 Stücke
der Batterie Nr. 6 demontirten. flog im Platze in Folge des Wurffeuers
des Belagerers ein Pulvermagazin auf.
Der Sturm des bedeckten Weges ward am Abende des 10. mit
Einbruch der Dunkelheit von 10 Bataillonen (nahezu 5000 Mann)
ausgeführt. Auf das festgesetzte Signal, .S Bombenwürfe, brachen diese
Truppen in zwei Colonnen vor, die Grenadiere an der Spitze. Sie
stiessen auf den entschlossensten Widerstand. Der Vertheidiger hatte
den bedeckten Weg mit .300 Mann besetzt und richtete von den
Wällen herab ein mörderisches Feuer auf die Stürmenden; Pech und
Schwefel, Steine, Rollbomben, Handgranaten und andere Feuerwerks-
körper prasselten auf sie nieder. Dennoch übersprangen die Franzosen
die Pallisaden. Ein und eine halbe Stunde währte der Kampf mit
der blanken Waffe im bedeckten Weg, Als seine Besatzung endhch
den beispiellos erbitterten Kampf erschöpft abbrach, öffneten sich
') Liechtenstein an Prinz Eugen, 9. .Juli 1708.
246
plötzlich Thor und Sperrp^atter zu eiuem wUthendon Ausfalle, indess
gleichzeitio; z-\vei unter dem Glacis angelegte Minen aufflogen, zahllose
Feinde begrabend. Eine weitere Stunde währte noch der Kampf. Mit
der äussersten Anstrengung nur behaupteten die Fi'anco-Hispanier den
bedeckten Weg. Orleans selbst führte frische Truppen heran — das
entschied. Nur wenige der Ausgefallenen gelangten wieder in den Platz.
Während dieses Kampfes ward in der Stadt die Sturraglocke
gezogen. Alles griif auf Befehl Efferen's zu den Waffen. Fackeln
und Lichter erhellten das nächtliche Dunkel der Strassen, in welchen
das Knattern der Flinten und der Donner der Geschütze das Wimmern
der Sterbenden und das Wehklagen der bestürzten Einwohner über-
tönte. Der junge Tag fand Tortosa in einer verzweifelten Lage. Die vom
langen Wachen erschöpfte Besatzung, namentlich aber ihr Officiers-
Corps war stark zusammengeschmolzen, der Munitionsvorrath gering, die
Breschen waren gangbar und keine Hoffnung auf Entsatz, denn Star-
heraberg hatte Efferen's Nothsignale unbeantwortet gelassen. Also ent-
schloss sich der wackere Commandant, die Reste der Besatzung zu retten
und der königstreuen Bürgerschaft die Schrecken eines letzten, hoffnungs-
losen Kampfes zu ersparen. Mit grauendem Morgen berief er einen
Kriegsrath, worin man sich für die Uebergabe entschied. Am IL Juli, um
7 Uhr Früh, ward ein Officier mit Capitulations vorschlagen zu Orleans
gesandt, der nur wenig daran änderte. Nachmittags ward das Ueber-
gabs-Document unterzeichnet, die Auswechslung der Geiseln vollzogen.
Die wesentlichsten Bestimmungen der Capitulation waren: „Die
Garnison zieht am 15. mit allen Kriegsehren über den Wallbruch frei
nach Barcelona ab, wohin sie 6 Kanonen, 2 Mörser und per Geschütz
zwei Schuss , dann 6 verschlossene Wagen mitnimmt. Drei Thore
werden dem Sieger sofort übergeben. Officiere und Militärparteien
können Schuldenhalber nicht zurückgehalten werden, falls sie Caution
leisten, binnen 6 Monaten zu zahlen. Die Franzosen verlangen die
ihren Ueberläufern abgenommenen oder von selben erkauften Pferde
und Maulthiere nicht zurück. Niemand wird politischer Meinungen
wegen verfolgt; Leben und Eigenthum der Einwohner und aller in
Tortosa sich aufhaltenden Fremden bleiben unangetastet ')."
Auch bestand Orleans darauf, dass Graf Efferen der kleinen
Besatzung des an Cataloniens Südwestgrenze gelegenen Schlosses
Arnes befehle, die Thore zu öffnen. Dasselbe diente nämlich den
Guerillas, welche die Verbindung zwischen Arragon und Valencia be-
ständig unsicher machten, als Schlupfwinkel.
') Krie^s-A., Spanien 1708; Fase. VII. .30.
247
Um das Unglück zu krönen, bemächtigten sich um dieselbe Zeit
drei von Cartagcna kommende spanische Galeeren des Hafens und
des Thurmes San Juan de los Alfagues an der Ebro-Müudung.
Am 15. zog die noch ungefähr 2000 IVIann zählende Besatzung
Tortosa's ab. Dabei wurden aber über 1000 Mann gezwungen, in fran-
zösische Dienste zu treten') und das Officiersgepäck geplündert").
Diese Treulosigkeit und Wortbrüchigkeit veranlasste die , durch
mehrere ähnliche Fälle gereizten Verbündeten zu dem Beschlüsse,
Repressalien zu üben. Die feindlichen Befehlshaber wurden hievon
verständigt.
Zweihundert französische Cavalleristen (4 Escadronen) gaben
Efferen das Geleite'). Da Starhemberg am 16. den General-
Feldwachtmeister Villa mane Ossorio von Cambrils auf Hospitalet
gesandt hatte, wo er am Fusse des Felsens von Balaguer eine drohende
Stellung bezog*), fand die Escorte es nicht gerathen, weiter zu gehen.
Auf ihrem eiligen Rückmärsche nach Tortosa nahmen ihr auch die
Miquelets des Obristen Prats einige Gefangene ab. Am 21. stiess
General-Feldwachtmeister Efferen mit nur mehr 1200*) Mann, dem
Reste von 3800, zu dem im Lager von Riudosas stehenden S t a r h e m-
berg. Seine in der Capitulation inbegriffenen 8 Geschütze waren
inzwischen nach Barcelona eingeschiift worden.
Der Fall von Tortosa, von Arnes und San Juan de los Alfagues
erzeugte zu Barcelona tiefe Niedergeschlagenheit. Die Desertion wurde
wieder lebhafter; vom Cürassier-Regimente Cordova in Lascuarre allein
entlief die Hälfte ''). Wie immer im Missgeschick wurden anklagende
und verurtheilende Stimmen laut. Mau warf Efferen vor, er hätte
sich bis zum Eintreffen der aus Italien erwarteten Verstärkungen wohl
zu halten vermocht ') — und Starhemberg, er hätte nichts unter-
nommen, den Platz zu retten. Der Feldmarschall hatte sich aber in der
That mit der Rettung Tortosa's eingehend beschäftigt. Immer hatte er
*) Das Theatnim Exiropaeiim berichtet: „und wiisste man zu sajjen, dass beim
Auszug; der Garnison auf die 1500 Mann von selbigrer zu dem Feind mit klin^-endem
Spiel üliergegangen".
-) Starhemberg an Prinz Eugen. Coustantin, 22. Juli 1708. Krieg.s-A., Spanien 1708 ;
Fa.sc. VII. 73.
3) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 6-
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VII. 46.
5) Noailles' Memoiren 1708, Seite 422.
«) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VII. 88.
') ZwY Beurtheilung dieses Vorwurfes können in einem gewissen Sinne die
Ereignisse des Jahres 1810 dienen. Zu dieser Zeit war Tortosa mit Vori-äthen aller
Art reiclilich versehen, mit 170 Geschützen armirt vmd durch eine tapfere, ja enthusias-
248
gehofft, der aus Italien erwartete Succurs werde rechtzeitig eintreffen
und seine Armee auf Ki.OOO bis 17.000 Mann bringen. Freilich war
der Erfolg eines Entsatzversuches bei der Ueberlegenheit des Feindes
auch dann noch problematisch. Die Anordnungen hiezii waren gleich-
wohl schon getroffen. Mit der Hauptkraft seiner Armee gedachte
Starhemberg längs der Küste an den Ebro zu rücken. So viel
bewaffnete Bauern (Somatenes), als nur immer aufzutreiben waren,
unterstützt durch einiges reguläre Fussvolk, sollten in's Gebirge geworfen
werden, die Armee in der rechten Flanke zu decken und beim Angriff
auf Orleans von den Höhen herunter mitzuwirken. Die Flotte
endlich sollte im Valencianischen die Gutgesinnten durch eine Landung
unterstützen. So hoffte Starhemberg, wenn schon nicht Tortosa
zu entsetzen, so doch einige Hülfe in selbes zu bringen *).
Aber der Succurs traf nicht rechtzeitig ein und statt sich zu
verstärken, musste der Feldmarschall sich noch schwächen. Ueber
ausdrücklichen Befehl des Königs musste Starhemberg am I.Juli
das Regiment der catalonischen Garde (260 Mann) und das in der Er-
richtung begriffene, unberittene Cürassier-Regiment Clariana (376 Mann)
nebst etwas Reiterei zum Schutze des Llano de Urgel über Martorell,
Piera, Igualada und Moumaneu, dahin in Marsch setzen ^).
So musste Starhemberg jedem ernsten Versuch, die Ebro-
Veste zu retten, entsagen. Mit Tortosa ging nicht nur der wichtigste
Grenzplatz , es ging die ganze Linie des unteren Ebro verloren.
Karl HL hielt in Catalonien nur noch Barcelona eines festen Wider-
standes fähig ''). Man hatte um so mehr Grund, Schlimmes zu befürchten,
als nach dem frühen Falle jenes Platzes die Gegner noch volle vier
Monate Zeit für die Operationen im freien Felde behielten. Tarragona,
nach Tortosa's Falle Grenzfestung geworden, wurde nun über Hals
und Kopf in Vertheidigungsstand gesetzt, wobei auf S t a r h e m b e r g's
Rath die Truppen selbst Schanzarbeit leisten mussten *). Das Regiment
Neapolitaner verstärkte die Besatzung ^).
rairte Garnison von 11.000 Mann vertheicli^t, von denen mehr als 8000 tleni stehenden
Heere angehörten. Sucliet'.s Armee-Corps überstieg dagegen kaum 10.000 Manu. Auch
er eröffnete die erste Parallele nur 200 Schritt vom bedeckten Weg und brachte in
der Zeit zwischen dem 15. December 1810 und 1. Jänner 1811 Tortosa zum Falle.
Memoires du mareclial Suchet. Tome premier, Paris 1828.
') Starhemberg au Prinz Eugen. Constautin, 22. Juli. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VII. 73.
») Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 32.
^) Karl III. an Prinz Eugen. Barcelona, 11. Juli 1708. Kriegs-A.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 48.
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. .50.
249
Die Aiiffassun«^ des Hofes zu Barcelona kam deutlich genuj2^ in
der Sendung des Grafen de la Corzana zum Ausdrucke. Dieser
Cavalier, die Stelle eines Kriegsministers bekleidend, hatte, wie
Karl in. selbst dem Feldmarschall schrieb, „durch seine Conferenzen
mit ihm und, was dann seinem klugen Benehmen anvertraut, auch mit
den übrigen Generalen, dafür Sorge zu ti*agen, dass bewerkstelligt
werde, was Starhemberg für zweckdienlich erachte *)". Der grosse
Eugen aber schrieb am 7. üctober von Lille aus an den Letzt-
genannten: „Inzwischen vertraut man sich auf Euer Excellenz welt-
berühmte, vortreffliche Conduite und Kriegs-Experienz, dass Sie durch
Dero erschollene preiswürdige Vernunft das noch übrige possidirende
Land vor des Feindes Gewalt bis dahin beschützen und erretten
werden, wie Sie es zu Jedermanns Erstaunen bisher gethan haben."
Orleans' Marsch von Tortosa nach Agramunt. — Starhem-
berg's Marsch nach Cervera. — Ereignisse im nördlichen
Catalonien.
Zum Glücke trat bald eine Reihe von Ereignissen ein, welche
den gesunkenen Muth neu zu beleben wohl geeignet waren.
Zwölf Tage nach Tortosa's Falle ging die Flotte des Admirals
Leake, welche am 15.*) Vado verlassen, bei Mataro vor Anker. Sie
brachte die Königin Elisabeth und den FML. Freiherrn von
Wetzel mit den langersehnten Verstärkungen. Karl IIL war nicht
nur dem Zuge des Herzens gefolgt, als er mit allem Nachdrucke die
ehemögliche Vereinigung mit seiner jugendschönen Gemalin anstrebte.
Ihr Erscheinen auf spanischem Boden ermuthigte des Königs An-
hänger aufs Neue, denn nichts vermochte die vom Feinde in Umlauf
gesetzten Gerüchte, Karl III. wolle sich nach Italien zurückziehen,
da er sich in Catalonien nicht länger behaupten könne, besser zu
widerlegen.
Nur wenige Stunden später als L e a k e's Flotte, traf die erste
Kunde ein von dem glänzenden Siege bei Audeuarde. Alles fasste
neuen Muth, denn man erwartete, dass dieser grosse Erfolg auch auf
allen Neben-Kriegsschauplätzen fühlbar nachwirken werde.
Die nächsten Operationen O r 1 e a n s' schienen eine Bestätigung
jener Voraussicht. Statt sofort mit ganzer Kraft auf Starhemberg
') Krieg8-A., Spanien 1708; Faac. X. 18.
*) Siehe „Rilstimgen", Spanien, Seite 83.
250
loszugehen, wandte der Herzog sicli zurück gegen Lerida *), In Tor-
tosa beliess er sechs Bataillone (2000 Mann) unter dem M. d. C.
Grafen Croy als Gouverneur. General-Lieutenant d'Asfeldt führte
die aus Valencia herangeführten Truppen, durch vier Bataillone vom
Heere des Herzogs verstärkt ^), wieder an die Ufer des Quadalaviar.
Noailles endlich erhielt Befehl, sich dem Entwürfe, welchen man im
Winter vereinbart, gemäss zu benehmen ').
Orleans' Vorhut, General-Lieutenant H e s s y, aber rückte mit
der Spitze am 20. Juli bis Tibens, am 21. bis Benifallet, am 22. bis
Ginestar. Die Hauptmacht folgte auf einen Marsch hinterher. Am 23.
lagerte das ganze Heer bei Masos, am 24. gegenüber von Flix. General-
Lieutenant Silly, die Nachhut bildend, deckte zugleich den Trans-
port der schweren Geschütze, welche auf dem Ebro nach Arragonien
zurückgeschafft wurden. Am 27. nächtigte die Infanterie bei Mials,
die Cavallerie bei Vinebre; am 28. jene bei Torre del Segre, diese bei
Mials. Ein Theil des französischen Heeres blieb zwischen Termens
und Belecayte und streifte bis Balaguer. Bei Lerida sammelte nun
Orleans 27 Bataillone, 65 Escadronen, 40 neu ausgerüstete Feld-
stücke und 2 Mörser; an Dienstbaren verfügte er hier über 15.042 In-
fanteristen und 6000 Cavalleristen *). Am 1. August rückte seine Infan-
terie, der grossen Hitze halber in einem Nachtmarsch, bis Termens, wo
die Cavallerie am nächsten Vormittage zu ihr stiess. Am Abende des
3. kam die Infanterie bis Mongay am Sio, wohin wieder in der Frühe
des anderen Tages die Cavallerie folgte. Orleans' Hauptquartier kam
am 3. nach Nuestra Senora de Grannana. Da alle Gebirgswässer aus-
getrocknet waren, litten die Truppen stark an Wassermangel. Am 6.
ward das vorbereitete Lager von Agramunt bezogen. Vom Sio gedeckt,
lehnte der rechte Flügel an Prexens, der linke an Malfet. Die Vor-
hut hielt die sanften Höhen von Castelnou und Puigvert, welche, wie
die Stadt Agramunt (Castell, Franziskanerkloster) verschanzt wurden.
Bei Puigvert, beim Franziskancrconvent, am Wege nach Cervera und
') Nach Fischer's Bericht an den Prinzen Elisen, Bern. 4. Anjjnst, brach
Orleans' Armee schon am 18. Juli nach dem Seorre auf, um Erfri.sclnin<;js-Qnartiere
zu beziehen. D'Asfeldt verbliel) noch zu Tortosa, die Bre.schen auszubessern. KriefTS-A.,
Italien 1708; Fase. VIII. 6.
*) Den Meldunffen nach, welche den Verbündeten zukamen, stiessen 1000 Pferde
und 2000 Infanteristen von der Haui)t-Armee zu d'Asfeldt, indess zwei CaA'allerie-
Regimenter an die jiortuf^ie.siwche Grenze rückten. Krieo^s - A., Spanien 1708;
¥ahv. Xm. 63.
3) Meraoires du duc de Noailles 1708, Seite 423.
*) Nach den in Starheraberff's Hauptquartier eing^olaufenen Melduiip:en : HOOO Mann
Cavallerie und 14.000 Mann Infanterie. Krieg.s-A., Spaiii(!n 1708; Fase. VIII. 40.
251
Torre de Almonara wurden Batterien für je 9 Feld- und H schwere
Kanonen erbaut '). Das Ganze, von 37 Bataillonen und 70 Escadronen
vertheidigt, war geradezu unangreifbar -). Zu Balaguer waren 3 Batail-
lone unter dem Brigadier Fausseville, zu Lerida 4, zu Tortosa
und längs des Ebro 7 Bataillone verblieben ').
Nachdem Starhemberg alles Erforderliche angeordnet, Tarra-
gona gegen einen Angriff sicher zu stellen, hatte er nicht weiter ge-
zögert, der Bewegung Orleans' auf Lerida mit dem im Campo de
Tarragona befindlichen Corps in einem Parallelmarsche zu folgen und
die eben eingetroffenen Verstärkungen unter FML. Baron W e t z e 1
in die Gegend von Cervera zu dirigiren. Schon am 24. Juli hatte
Obristlieutenant Zaidlhuber einen Major mit 6 Compagnien Mique-
lets auf Torre de Fontabella (IV^ Stunden von Falset) entsandt,
Orleans" Marsch zu beunruhigen. Am 27. Juli standen Starb em-
berg's Vortruppen am Col de Vinebre, am 28. bei der Karthause
von Escala Dei. In der Nacht zum 29. ging Zaidlhuber auf Ullde-
molins, den Pass Fera de Lena beobachtend. Major Galopp i stand
in Cabaces. Nachdem ein Anschlag des Obristen Prats j Bertram
auf einen feindlichen Convoi (zwischen Borjas Biancas und Albi)
fehlgeschlagen, ging Prats am L August auf Vimbodi. General
Atalaya, welcher am 24. Juli von Cervera auf Aribe zurückgewichen,
bezog am 1. August sein früheres Lager wieder *). FML. Baron
W e t z e 1 rückte mit seinem Fussvolk und drei holländischen Reiter-
Regimentern über Calaf auf Gisma, während das Regiment Herbeville-
Dragoner in Igualada postirt ward. Christ Schober endlich, welcher,
im Marsche nach Tarragona begriffen, am 3L Juli noch in Calaf
gestanden, rückte am 1. August nach S'^ Maria ^).
Starhemberg selbst brach in den ersten Tagen des August
gegen den Sio auf, stand am 5. zu Sarreal, rückte von hier nach
S^ Coloma de Queralt und bezog am 9. August die Centralstellung von
») Kriegs-A., Spauien 1708; Fase. VIII. 33.
*) „Der Herzog vou Orleans," berichtet Liechtenstein an Prinz Eugen, „hat
sich in seinem Lager zu Agrainunt derart fortificirt, dass, wenn man auch unser-
seits, der feindlichen Superiorität ungeachtet, auf den Valor unserer Truppen sich
verlassen und den Feind in seinem Vortheile angreifen wollte, ein solches ohne die
grösste Gefahr, Alles auf einmal zu verlieren, sich nicht wohl thun lassen würde."
Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 68.
3) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 40.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Facs. VII. 78, 80, 89, 98 und Fase. VIII. 1.
ä) Kriegs-A., Spanien 1708; Fa.se. A^II. 96 und Fase. VIII. 11.
252
Cervera wieder ^). Seine leichten Truppen, wie immer thätij^ und
unternehmend, hatten diese Bewegung gedeckt. Die Miquelets unter
F e r r i o 1 und 8 i g i s m o n T o r r e s, beide Z a i d 1 h u b e r untergeordnet,
agirten jetzt in der Gegend von Pons. Theils hier, theils um Tora,
stand das Fuss-Ilegiment Ferrer; Obrist Peguera y Cor fit um
Manresa ; Obrist P r a t s y Bertram*) endlich, zur Beobachtung
von Tortosa in Tivisa postirt, durchstreifte die Gegend vom Col de
Balaguer und Cardo bis zum Ebro.
Im Ampurdan waren bei Gerona unter Feldmarschall Graf
U h 1 e f e 1 dt nach dem Abmärsche des Prinzen Heinrich von
Darmstadt noch etwa 3000 Mann verblieben. Fouragemangel
bestimmte diesen General, sein Lager Ende Juni von Puente mayor nach
Banolas zu verlegen. Noailles war zwar von S. Pedro Pescador
weiter noch bis Peralada zurückgegangen; auch hatte man Nach-
richt, er habe vier oder fünf Regimenter nach Roussillon zurück-
gesandt, — aber die grossen Mengen von Kriegs- und Lebensmitteln,
welche er in Prats de Mullo hatte zusammenbringen lassen, erweckten
die Befürchtung, er werde sich mit dem Reste seiner Truppen
gegen Campredon wenden. Gelang ihm dies, so hatte er die Ver-
bindimg Vique's mit der Cordana in der Hand und war im Stande,
die Lebensmittelzufuhr von dort nach Barcelona gänzlich zu unter-
binden *). Um dies zu vereiteln und zu verhindern, dass er (Noailles)
von der Cerdana aus mit Orleans in Verbindung trete, rückte
Uhlefeldt am 2L Juli mit der ganzen Reiterei und drei Fuss-
Kegimentern aus dem Ampurdan nach Campredon*). Von hier aus
Hess er die aus der Cerdana südwärts führenden Verbindungen, welche
die sie bewachenden Somatenes beim Nahen von einigen hundert
Feinden fluchtartig verlassen hatten, durch zwei portugiesische Batail-
lone neuerdings besetzen *).
') Wie er die augenblickliche La<?e beurtheilte, erhellt aus seinem gleich-
zeitij^en Berichte an den Prinzen Euojen: „üa der Feind auf beiden Seiten
40.000 Manu haben wird, unsere Kräfte kaum auf 20.000 ^elanojen, wir keinnsweo:s
zu genügender Resistenz, vielweniger etwas offensiv vorzunehmen im Stande sein
können. Der Duc d'Orleans zieht sich den Segrefluss gegen Seo d'Urgel hinauf,
seinem ausgeschrieneu Dessein nach sich mit dem Duc de Noaille.s zu conjungireu
und Gerona anzugreifen." Starhemberg au Prinz Eugen. Sarreal, 5. August 1708.
Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 23.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 26 und 44.
3) Liechtenstein an Prinz Eugen, 9. Juli 1708. Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. VII. 26.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 48.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 50.
253
Noailles, von Orleans aufgefordert, mit ihm in Verbindung
zu treten, andererseits für die Sicherheit der Grenze des RoussiUun
verantwortlich, wandte sich um bestimmte Weisungen an den Hof.
Da dieser ihm volle Freiheit Hess, im Einvernehmen mit Orleans
jene Wahl zu treffen, welche er als die vortheilhafteste ansah, verblieb
Noailles bis 22. Juli in Catalonien, in der Gegend von Rosas. Da die
Verbündeten aber den Ter überschritten, glaubte er nach dem Rous-
sillon zurückweichen zu müssen, wo er seine Truppen cantonniren Hess.
Als auch die zwei Dragoner-Regimenter, über welche er noch verfügte,
nach der Dauphinc abgegangen, schlief der Krieg hier gänzlich ein ').
Sobald man verbündeterseits sah, dass Noailles sich ganz
passiv verhielt, dirigirte man die Regimenter Taaffe, Drimborn, Viten-
feld, Ambach und das holländische Fuss-Regiment am 7. August von
Campredon nach Calaf^). Diese Verschiebung der Truppen aus dem
Ampurdan gegen Cervera zu, war um so zweckmässiger, als die
Castelle von Baga, Berga, Solsona und Cardona nur sehr schwach
besetzt waren. In den drei erstgenannten lagen in der letzten August-
woche nur 514 Mann regulären Fussvolkes und 80 Füsiliere"); im
letztgenannten nur 194 Mann *).
In solcher Kräftegruppirung standen sich die beiden Gros nun
auf vier Stunden Entfernung gegenüber. Keiner der beiden Feldherren
wagte es, angrifFsweise vorzugehen. Orleans, noch immer numerisch
überlegen — er zählte am 12. August allein 15042 Mann streitbare
Infanterie — war durch die Verhältnisse in Flandern von jedem
grösseren Wagniss abgehalten — eine Folge des Tages von Aude-
narde. Der Befehl Ludwig XIV., 15 Escadronen in die Dauphine
zu senden, ward indess Anfangs August widerrufen. — Starhemberg,
welcher zu Cervera kaum 20.000 Mann versammeln konnte, mochte
es noch weniger wagen, einen Feind anzugreifen, der sich stark ver-
schanzt und alle Vortheile des Terrains für sich hatte und den er
um 10.000 Mann überlegen hielt*). Zudem hatte er am 22. August
2000 Mann an Stanhope abgegeben, der sich eben zur Expedition
gegen Minorca rüstete. Der Feldraarschall musste sich bequemen,
bessere Zeitumstände abzuwarten *). Seine leichten Truppen, insbeson-
') M^moires du duc de Noailles 1708, Seite 424.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 48.
3) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 43.
*) Kriegs-A, Spanien 1708; Fase. VIII. 63.
^) Liechtenstein's Bericht vom 25. August 1708. H. H. u. St. A.
'^) Starhemberg an den Hofkriegsrath. Cervera, 14. September 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Faso. IX. 36.
254
(lere Z a i cl 1 h u b e r von Villa nucva de la Maya aus, hielten die
Fraucü-Hispanier scharf im Auge und seine Reiterei war stets bereit,
über ihre Blossen herzufallen *).
Indess Starhemberg sich mit seinem Gros den ganzen August
und den halben September über bei Cervera ruhig beobachtend ver-
hielt, war Orleans nicht ganz unthätig. Er nützte diese Zeit, sich die
linke Flanke, wie den Rücken, freier zu machen. Am 13. August
Hess er den Posten von Pons mit Erfolg überfallen. Die Verbündeten
mussten von hier auf Sananja zurückweichen ^).
Am 15. August entsandte er den Chevalier von Maule vri er, das
Städtchen Alos am Segre wegzunehmen "). Zu Agramunt eine Sicher-
heits-Besatzung belassend, folgte Orleans mit dem Reste der ziemlich
ausgehungerten Armee am 16. nach Mongay, wo er von der Einnahme
von Alos Meldung bekam. Maule vri er hatte hier nur eine kleine
Besatzung belassen und war im Marsche zum Grafen d'Estaing, der
sich der kleinen Stadt Ager bemächtigt hatte, und mit dem Detache-
ment des in dieser Gegend schon längere Zeit thätigen General-Lieute-
nants Fomboissard in Verbindung getreten war. Am 19. lagerte
das Gros Orleans' unter den Kanonen von Balaguer; folgenden
Tages überschritt es den Segre und bivouakirte zu Castiglione de
Farfana, wo man erfuhr, dass d'E s t a i n g Montanana genommen. Die
Einnahme der drei Posten: Montanana, Ager und Alos machte den
Herzog zum Herrn mehrerer Thäler, die gute Quartiere boten. Ager
und Balaguer wurden besser befestigt. Am 21. entsandte Orleans
ein starkes Infanterie-Detachement, das den Grafen d'Estaing zu
verstärken hatte, welcher Venasque wegzunehmen angewiesen war.
Mit der Einnahme dieser Stadt, welche an den Quellen des Cinca
gelegen, von St. Bernard de Comminges nur 6 oder 7, von Toulouse
aber ungefähr 20 Wegmeilen entfernt, wollte sich Orleans eine
neue xmd kürzere Verbindung mit Frankreich, als jene über Puigcerda
oder den Col de Pertus eröffnen. Am 24. detachirte er von den bei
') Quincy behauptet und eiu aufgefangener feindlicher Bericht besagt dasselbe,
Starhemberg sei (im letzten Drittel des August) gegen die Stellung von Agramunt
vorgerückt, Orleans habe sich in Schlaclitordnung formirt und beide Theile seien
sicli durcli 6 Tage von Angesiclit zu Angesicht gegenüber gestanden; endlich sei
Starhemlterg ohne einen Angriff zu wagen, in die Stellung von Cervera zurück-
gekehrt.
In den Feldzugs-Acten findet sich hiefür kein Beleg. Es ist ülirigens ganz
gut möglich, dass Starhemberg, der, wie er selbst sagte, den „Hunger zum Feinde"
hatte, eine Vorwärtsbowegung gemaciit liabe, nur um leben zu können.
^) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 35.
3) Krieg8-A., Spanien 1708; Fase. VIII .55.
255
Balaguer stehendeu 20 Bataillonen 8 nach Valencia, den Chevalier
d'Asfoldt zu verstärken, welcher Denia endlich zu bezwingen hatte.
Den Rest seiner Truppen (20 Bataillone, 05 Escadroncn) verlegte
Orleans in enge Cantonnements. Er gedachte hier 8 1 a r h e ra b e r g
festzuhalten, dass er d'Asfeldt's Unternehmungen gegen Denia und
Ahcante nicht hindere.
Schon Anfangs September wusste man zu Barcelona, dass
Orleans Anstalten treffe, von Agramunt abzuziehen und hinter den
Segre zurückzugehen ; dass er gegen die Conca de Trerap und nach
Valencia zu entsenden beabsichtige '). Star herab erg hatte um diese
Zeit bei 6000 Mann zu Monroig *) — etwa ll*^™ nordwestlich Cer-
vera — seine leichten Truppen beobachteten unausgesetzt den Feind.
Als Orleans am 16. Agramunt räumte, rückte S tarhemb erg, der
noch desselben Tages hievon Kenntniss erhielt, mit seiner Armee
sofort nach ^) und veranlasste dadurch den Gregner, das linke Segre-
Ufer gänzlich zu räumen. Ein Bataillon hatte Star he m borg schon
früher nach Oliana gesandt *), es konnte ebenso gut der Conca de Tremp
wie Seo d'Urgel zu Hülfe kommen. Zu grösseren Unternehmungen
fehlte es ihm an lebendigen und todten Kriegsmitteln. Mit nur
60U0 jNIann konnte er dem Gegner gegen Lcrida nachfolgen. Am
30. September stand er zu Monroig ''), am 5. October zwischen Monroig
und Pallargas, in welch' letzterem Orte er das Hauptquartier ge-
nommen hatte ®). Diese Schwäche seiner Armee befremdet auf den
ersten Blick, wenn man erwägt, dass die Verbündeten im September
in Catalonien noch immer über 28.876 Mann verfügten '). Sie erklärt
sich einerseits aus den vielfachen Entsendungen, andererseits aus
den Schwierigkeiten des Lebensunterhaltes. Der ganze Südwesten
Cataloniens mit Tarragona, der ganze Norden des Fürstenthums
') Bericht Liechtenstein's. Barceloua, 8. September 1708. H. H. u. St. A.
*) Graf Jörger an Prinz Eugen. Monroig, 14. September 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. IX. 39.
^) Starhemberg an den Hofkrieg.srath und an den Prinzen Eugeu. Spallargas
(Pallargas), 5. October 1708.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 74.
*) Bericht des Herzogs von Moles, 5. October 17U8. H. H. u. St. A.
®) Starhemberg an den Hofkriegsrath. Pallargas, 5. October 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. X. 9.
'') Nach der „Tabla General", Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 1 und 2,
zählten die Verbündeten im September :
Fussvolk 18.569 Mann statt 32.604.
Reiterei 10.307 „ „ 11.734.
9.603 Pterde „ 11.386.
256
mit Gerona, mussten gedeckt, Sardinien und Minorca mussten erobert
werden, "vveun man nicht vcrhungorn wollte; die Detachirungeu des
Feindes ermöglichten es glücklicherweise, an die endliche Ausführung
dieser nothwendigen Expeditionen zu schreiten. Jene gegen Minorca
allein schwächte die Haupt- Armee um 3500 Mann, denn Starhem-
berg hatte an Stanhope, der vom Ft. Felipe einen ernsteren
Widerstand erwartete, noch weitere 1000 Mann Kerntruppen —
500 Deutsche und ebensoviel Briten — abgeben müssen ').
Die Einnalime Sardiniens durch Admiral Leake. — Stan-
hope's Expedition nacli Minorca.
Nachdem Admiral Leake die Königin Elisabeth und die
aus Italien gekommenen Verstärkungen am 26. Juli zu Mataro an's
Land gesetzt hatte, verliess er am 8. August ^) die Rhede von Barcelona,
die Insel Sardinien der Botmässigkeit Karl III. zu unterwerfen. Seine
Flotte, 25 Schiffe zählend, hatte 6U0 Reguläre und 2000 Miquelets
au Bord. Am 13. ^) erschien sie vor Cagliari. Da die Expedition
durch den Grafen Cifuentes auf Sardinien selbst wohl vorbereitet
war — man hatte sich namentlich mit der Geistlichkeit ins Ein-
vernehmen gesetzt und im Gebirge Leute bewaffnet *) — führte ein
kurzes Bombardement der Landeshauptstadt zum erwünschten Ziele.
Der anjouistische Vice-König, Marquis de Jamal ca, ein Nach-
komme des grossen Columbus, zur Flucht in's Castell gezwungen,
musste hier alsbald capituliren. Seine Garde blieb kriegsgefangen,
indess er frei nach Valencia gebracht wurde. Karl III. bestellte den
Grafen Cifuentes zum Vice-König und dieser unterwarf sich ohne
Widerstand das ganze Eiland gegen Bestätigung der alten Privilegien
und das Versprechen, den Handel zu schützen. Durch die Einnahme
der fruchtbaren und pferdereichen Insel eröffneten sich für die in
Catalonien stehenden Verbündeten reiche Hülfsquellcn *).
') Starheiiiberg ;iu den Hofkriegsratb. Pallargas, 5. Octuber 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. X. 9.
*) Nach Kiieg.s-A., Spanien 1708; Fa.se. XIII. 44 und 50: am 5. August.
•'') Die Capitulation i.st vom 13. August datirt. Kiiegs-A., Spanien 1708;
Fase. VIII. 39. — Liecliten.stein an Prinz Eugen. Barcelona, 25. August; Fase. VIII. 68.
*j Nach Fischer'« Bericht an Prinz Eugen, Bern, 8. August, setzten 7000 bis
8000 bewaffnete Gebirgsbewohner Cagliari und den Rest der Insel in Schrecken.
Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 10.
*) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 21.
257
Nicht minder glücklichen Verlauf nahm die zweite wichtige See-
Expedition der Verbündeten, welche — angeblich — bestimmt war,
Karl III. seit 3 Jahren immer wieder geltend gemachte Forderung
nach Ueberwinterung einer Escadre im Mittelmeere, der Verwirklichung
entgegen zu führen. Nachdem der Graf von C a v e 1 1 a, Gouverneur von
Majorca, schon am 12. Juni dem Feldmarschall Star he mb er g einen
diesbezüglichen Vorschlag gemacht, und der britische Gross- Admiral und
sein Rath sich am 2. Juli für die Wegnahme des Hafens von Mahon
entschieden hatte, schritt man im August an die Ausführung. Stan-
hope's Entwurf zu dieser Expedition ward vom Prinzen Eugen durch-
aus gutgeheissen '). Am 28. August traf von Lissabon der erforderliche
Flotten- Convoi zu Barcelona ein, wo die zur Landung auf Minorca
bestimmten Truppen, 2500 Mann und 10 Geschütze, bereitgestellt
waren. Von 16 Kriegsschiffen gedeckt, verliess das von Stanhope
befehligte Expeditions-Corps am 3. September die Hauptstadt Cataloniens
und erschien am 14. vor Minorca. Am 25. unterwarf sich die befestigte
Hauptstadt Ciudadella und die ganze Insel bis auf Mahon. Ohne Zeit-
verlust schritt der britische General zum Angriffe auf die Befestigungen,
welche den Zugang zum Hafen verwehrten und welchen das als unein-
nehmbar geltende Fort S. Felipe als Reduit diente. Da er sich auf eine
sechswöchentliche Belagerung gefasst machte, verlangte er von S t a r-
hemberg Verstärkung. Der Feldmarschall stellte ihm, wie erwähnt,
500 Deutsche und ebensoviele Briten zur Verfügung. Schon am
29. August war S t a n h o p e's Geschützfeuer so wirksam, dass er zum
Sturme schreiten konnte. Sein Bruder Philipp, der Erste die Brust-
wehr übersteigend, fiel, aber er selbst drang mit dem Degen in der Faust
in die Verschanzung. Ein Gefecht auf der Höhe von Arraval, das sich
an demselben Abende ganz zufällig entspann, endete mit dem Rückzuge
von 900 Mann in das von 80 Geschützen vertheidigte, für 6 Monate in
Allem ausgerüstete Fort, dessen Commandant, Don Leonardo d'A v i 1 a,
gleichwohl noch desselben Tages capitulirte ^). Die Besatzung sollte mit
6 Kanonen und 2 Mörsern frei abziehen dürfen, die Franzosen nach
Frankreich, die Spanier nach Spanien. Ein besonderer Befehl der Königin
Anna verfügte aber, den französischen Theil der Besatzung als Re-
pressalie für jene von Xativa kriegsgefangen zu halten. Es geschah.
Stanhope am 30. in das Schloss einziehend, nahm von Minorca nicht
im Namen Karl III., sondern in dem der Königin Anna Besitz, womit
der letzte Grund der Expedition, das britische Sonder-Interesse, ganz
1) Kriegs-A., vSpauien 1708; Fase. VI. 22, Fase. VII. 3 und Fase. X. 17.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 72, 88 und 89, Fase. X. 4 und
Fase. XIII. 77.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 17
258
unzweideutig declarirt ward. Mit Gibraltar und Malion hoffte P^ngland
den Handel im Mittelmeere ganz beherrschen zu können.
Trotz der Besitznahme von Mahon verblieben aber doch nur
fünf oder sechs Fregatten den nächsten Winter über im Mittelmeero.
Ein Theil der Flotte, unter des Vice-Admirals Whi taker Befehl,
ging zunächst an die italienische Küste. Sowie er die von dort nach
Spanien bestimmten Hülfsvölker überschifft, sollte er dem Admiral
Leake folgen, der, wie alljährlich, in die Häfen des Oceans zurück-
kehrte '). Nach dem Abzüge der alliirten Geschwader erschienen als-
bald zehn oder zwölf französische Kreuzer an den Küsten Cataloniens
und Valencia' s, so dass die Verbindung mit Alicante von Barcelona
aus nur mit kleinen Booten bewerkstelligt werden konnte -).
Ereignisse im nordwestlichen Oatalonien. — Winterquartiere.
Im nordwestlichen Oatalonien und jenseits der Noguera Riba-
gorzana hatten die Dinge Ende August für die Verbündeten eine
bedenkliche Wendung genommen. Don Lucas Jose de la Porta
war, ohne auf die Vorstellungen seiner Officiere zu achten, vor nur
500 feindlichen Cavalleristen und 30 Infanteristen über Lascuarre und
Area und über die Noguera Eibagorzana nach Oatalonien gewichen
und hatte dadurch auch den Obrist Oordova, der mit seinen
Oürassieren in Grans gestanden, zum Rückzuge dahin veranlasst ').
Diese Verhältnisse und d'E s t a i n g's Entsendung mit 4000 Mann *)
in die Oonca de Tremp, wo nur ein Obrist mit 500 Pfälzern die
Bewohner in der Vertheidigung ihrer Berge und Pässe unterstützte,
bestimmte den Feldraarschall, der diese Landschaft aus Verpflcgs-
rücksichten behaupten musste, im September den Prinzen Heinrich
von Hessen-Darmstadt mit 4000 Mann ebendahin zu detachiren ^).
Starhemberg verfügte hienach kaum noch über 10.000 Streitbare.
Der Zweck der Entsendung des Prinzen von D a r m s t a d t
wurde vollkommen erreicht. Der Prinz rückte mit dem Goneral-
•) Liechtenstein an rrinz Eufren. Kne<rs-A , Spanien 1708; Fase. X. 4.
*) Liechtenstein an Prinz Enn^en. Barcelona, 8. September. Kriegs-A.,
Spanien 1708 ; Fase. IX. 22. — Karl III. an Prinz Engen. Barcelona, 8. September.
Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 23.
») Krieg9-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 72.
*) Nach des Prinzen von Hessen-lXirmstadt Bericht von Benavent am 7. Octo>)or,
zählte d'Estaing 13 BataiHunc und 13 Escadronen. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. X. 20.
') Aus dem Briefwechsel mit Perlas erhellt, dass Starhemberg beabsichtigt
hatte, persönlich in die Conca de Tremp zu gehen; wahrscheinlich hielt ihn seine Ende
September eintretende P^rkrankuug hievun ab. Kriogs-A., Spanien 1708; Fase. XIII. 80.
259
Major Sormani, 3000 Mann Fussvolk und 800 Reitern (Holländern
und Pfälzern) am 23. September nach Artesa de Segre, am 24. nach
Camiols, am 25. nach S. Salvador und N'"^ S^ de Buenreposo, am 26.
nach Benavent, nahm am 27. das Schloss von Conca und lagerte am
27. und 28. bei Figuerola. Nach einem siegreichen Gefecht am 1. October
marschirte er am 2. nach Llimiana, am 4. auf San Salvador und am
folgenden Tage nach Benavent, wo die rauhe Witterung ihn nöthigte,
ein Hüttenlager zu beziehen. — D'Estaing, welcher noch am 8. October
zwischen Orilla an der Noguera und Tremp-Guardia stand und aus Ver-
pflegsrücksichten in Catalonien nicht überwintern konnte, concentrirte
sich am 9. an der Brücke von Montanana. Er Hess ein Bataillon zu
Ager, drei an der Brücke von Montanana, zwei Bataillone und vierzig
Huszaren in Girvet, sprengte dann die Brücke und zog sich auf Bena-
varre und Grans zurück. — Prinz Heinrich, welcher das Regiment
Osnabrück am 10. nach Vilamitjana gesandt M, rückte selbst an diesem
Tage nach Tremp. Schon seit dem 6. war er mit dem in Gerri
stehenden La Porta in Verbindung, zu dem am 7. Zaidlhuber
gestossen war. Nun da La Porta im Prinzen von Darmstadt
einen Rückhalt hatte, wandte er sich wieder nach Arragon, beliess an
der Brücke von Suert nur das Cürassier-Regiment Cordova, stand am
18. mit dem Fuss-Regimente Pertus und den Füsilieren von Ferrer
und Armengol bei Col de Espina und setzte sich von hier gegen
Venasque in Marsch, wohin sich angeblich fünf feindliclie Regimenter
gewandt hatten ^).
Minder günstig gestaltete sich die Lage im nordöstlichen Cata-
lonien, Hier hatte der kränkliche Feldmarschall Graf Uhlefeldt
den Befehl an den FML. Puebla übergeben, der damit die Aufgabe
übernommen, die noch immer befürchtete Vereinigung Orleans' mit
Noailles zu hintertreiben. Am 29. August stand Puebla bei Ripoll *),
am 12. September bei Ribas. Er zählte nur 660 Mann Fussvolk,
500 Reiter und etwa 400 bis 500 Miquelets. Eine vom General-Major
N e b 0 1 am 9. September mit 200 Pferden und einigen Füsilieren bis
zum Col de Mayans vorgenommene Recognoscirung bestätigte im
Wesentlichen die Aussagen der Deserteure, wonach Gandolfo mit
200 Mann des Regiments Roussillon und einem Theile des Regiments
Airolo bei Bellver stand; das Gros aber, vier Bataillone Infanterie
(1700 Mann) und sechs Escadronen Cavallerie (600 Mann), gedeckt
') KriefTs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 79 und 83, dann Fase. X. 1, 4, 8, 20,
22, 25, 29, 30, 36.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. X. 24, 27, 36, 4.5.
3) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 78.
17*
260
durch zwei bis drei Bataillone Miquelots aus Roussillon, bei Puigeerda
und Llivia. — Wenn ein General nichts unternehmen will, ist ein
Kriegsrath das sicherste Älittel dazu. Puebla berieth am 12. Sep-
tember mit T a 1 1 e n b a c h, N e b o t, R a m o n y Tora, F e r r e r, de
Rubi und Arrogo — einhellig stimmte man für reine Defensive.
Und wiewohl spätere Kundschafts-Nachrichten besagten, dass der Feind
neuerdings zwei Infanterie-Regimenter und ein Cavallerie-Regiment
nach Frankreich zurückgesandt, sah Puebla ruhig zu, wie der feind-
liche Obrist Du fönt im September die Grafschaft Pallas unterwarf.
Ende dieses Monats ging Puebla auf Ripoll, Nebot auf Baga zurück.
Ein Anschlag des Feindes auf das Castell von Aristoll scheiterte *).
Das war die Lage der Dinge, als Orleans Ende October seine
Truppen Winterquartiere beziehen Hess. Das Hauptquartier (am
23. October in Camporells) und die spanischen Garden kamen am
2. November nach Zaragoza; die wallonischen Garden nach Monzon,
Tamarite und Alcolea. Das Gros der Infanterie nahm zwischen der
Noguera Ribagorzana und dem Cinca Quartiere, die am 27. October
bereits eingerichtet waren ; die Cavallerie weiter rückwärts. Zu Puig-
eerda verblieben nur 1200 Schweizer und Neapolitaner. Die Cavallerie
zog aus der Cerdana nach Roussillon (Gascogne) , das Regiment
Artois nebst den Bombardieren nach Perpignan ab -).
Auch Starhemberg Hess jetzt Winterquartiere beziehen, das
offene Land gegen feindliche Einfälle durch eine Postirung deckend ').
Bereits am 22. October hatte er den Prinzen Heinrich von Darm-
stadt zu gleichem Thun ermächtigt. Schon zwei Tage später raarschirten
dessen holländische und pfälzische Truppen nach den ihnen im Am-
purdan zugewiesenen Quartieren ab. Die Spanier und die Deutschen
cantonnirten zwischen Ebro und Segre; Tarrega, Prades, Cervera
und Momblanch waren ihnen als Sammelplätze bezeichnet. Die Engländer
bezogen ihre alten Quartiere im Panades von Tarragona. Alle Huszaren
kamen nach Verdu*).
•) Krieg3-A,, Spanien 1708; Fase. IX. 34, 57,67, 78, Fase. X. 38, 42, 43 und
Fase. Xm. 71.
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. X. .56 und 58.
*) „Unrl weil nunmehr die winterliche Zeit mit dem gevvöhnliehen üblen Wetter
vorhanden, so sind auch der hohen Herrn Alliirten hier hefinilliche Truppen sämmtlich
zu deren Conservation unter Obdach gebracht und hin und wider im Land (soweit
es diese Einschränkung zugelassen) verlegt worden." Starhemberg an Prinz Eugen.
Barcelona, 12. November 1708. Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XI. 23.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. X. 51, Fase. XI. 6, 10 und 20.
261
Graf PueLla zog seine Truppen (Moras, Nebot) auf S tarh ein-
her g's Weisung nach Vique zurück, das Kegiment Rafael Nehot kam
nach Puebla, das Regiment Ferrer nach Cardona und Berga; das
Bataillon de la Reyna nach Solsona. Obrist Schober aber, um den
die Bevölkerung der Conca de Tremp gebeten, zog mit seinem Regiment
wieder dahin, nahm in der genannten Hauptstadt, dann in Figuerola,
Conques, Bastus und Oreau Quartier und hielt Espils und Castelnou.
Das Regiment Zaragoza blieb im Thal von Venasque ; Don Ares
Antonio de ViUamane Ossorio stand in Prades (wo auch der
grösste Theil des Regiments Sobias) und deckte, auf die vertheidigungs-
fähigen Puncte Arbeca und Albi gestützt, die von Lerida nach Tar-
ragona führende Strasse. Obrist Antonio Pratsy Bertram endlich
stand mit seinem Gros in Tivisa und hatte 150 Mann zu Falset,
100 am Col de Balaguer und 150 am Ebro *).
Der Verlust von Denia. — Der Ueberfall von Tortosa. —
Der Fall von Alicante.
Nach dem Plane der Höfe von Versailles und Madrid, sollte im
Spätherbste 1708 die Unterwerfung des Königreiches Valencia durch
die Bezwingung von Denia und Alicante vollendet werden. Schon im
August hatte man zu Gandia und Azira Depots für diese Zwecke
angelegt. Das Corps d'Asfeldt's war Anfangs October von Castilien
aus durch sieben neapolitanische Regimenter verstärkt worden, welche
General-Lieutenant Herzog von G a e t a n o commandirte und zu welchen
noch der M. d. C. Ronqiiillo, der zu Cercagente Belagerungsmaterial
zusammenstellte, mit einigen spanischen Regimentern stossen sollte. Die
franco-hispanischen Streitkräfte im Valencianischen beliefen sich im
Spätherbste auf nicht weniger als 38 Bataillone und 30 Escadronen,
zusammen etwa 20.000 Mann ^).
Am 6. November erschien d'Asfeldt mit 21 Bataillonen, 18 Es-
cadronen, 20 Kanonen und 10 Mörsern") vor Denia, das der Gouverneur
Valera selbst nur fünf oder sechs Tage glaubte behaupten zu können.
1) Kriega-A., Spanien 1708; Fase. XI. 27, 35 und 37 und Fase. XU. 7.
^) Nach Fischer's Berieht an den Prinzen Eugen, Bern, 22. September 1708,
waren für die Belagerung Denia's 30 Bataillone und vier Regimenter Cavallerie
bestimmt. Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 44.
^) Nach Valera's Bericht vom 6. November 1708, Kriegs-A., Spanien 1708;
Fase. XI. 9 ; nach seinem Berichte vom 9. November zählte sie zusammen 8000 Mann
Infanterie und 2000 Mann Cavallerie. Fase. XI. 17. Der Kundschaftsbericht Fischer's
beziffert sie auf 14.000 Mann Infanterie und 3000 Mann Cavallerie. Fase. XII. 1.
262
Der Platz befand sich in der That in einem kläglichen Zustande und
litt an Allem Mangel '). Damit ein für die Vertheidigung uner-
lässlicher Abschnitt hergestellt werden konnte, hatte Stanhope
1000 Dublonen vorstrecken müssen. Die Besatzung bestand aus Mann-
schaften der spanischen Regimenter Richardi und de la Reyna, dem
portugiesischen Bataillon Ares, einem Bataillon des Regiments Noailles,
endlich der Reiter- Compagnie des Majors Mayer, zusammen etwa
1000 Mann. Mit so unzureichenden Kräften und ohne Schiffe hatte
der Gouverneur am 25. September erklärt, den Platz nicht halten zu
können, und am 18. October nach Barcelona gemeldet, er sei ausser
Stande, das wichtige Franziskanerkloster zu besetzen, denn das
Bataillon de la Reyna sei zum grössten Theil entlaufen und das
portugiesische Bataillon Ares liege zur grösseren Hälfte im Spitale;
am 11. November meldete er, für die Vertheidigung der Stadt nur
300 Mann spanischen und portugiesischen Fussvolkes zur Verfügung
zu haben *).
Unter diesen Verhältnissen musste das Schicksal Denia's sich
rasch entscheiden. Am Abende des 8. November eröffnete d'Asfeldt
die Laufgräben, am 9. begannen drei Kanonenbatterien und eine für
Mörser das Feuer und schon am 12. nahm d'Asfeldt mit stürmender
Hand die Unterstadt '' ;, wobei er selbst leicht verwundet wurde. Was
den Angreifern bewaffnet in die Hände fiel , ward niedergemacht
Die Besatzung zog sich in das Castell. D'Asfeldt, im Besitze der
Unterstadt und des Franziskanerklosters, schnitt dem Vertheidiger die
Verbindung mit dem Meere ab und griff das Castell nun so kräftig an,
dass die Besatzung, nachdem er am 15. vier zu Hülfe kommenden
Fahrzeugen *) das Ausschiffen verwehrt , schon am 17. November
capitulirte und sich kriegsgefangen gab. 300 Miquelets, welche diesem
Loose entgehen wollten, wurden theils niedergemacht, theils fest-
genommen; nur wenige entkamen.
D'Asfeldt beliess zu Denia nur zwei Regimenter und wandte
sich gegen Alicaute. Die Bedrohung dieses letzten Bollwerkes Karl III.
in Valencia reifte in Starhemberg den Entschluss, den vom Minister
Per las angeregten Gedanken zu verwirklichen, sich Tortosa's durch
Ueberfall wieder zu bemächtigen. Gelang es, diesen wichtigsten Waffen-
I
I
') Kriega-A., Spanien 1708; Fase. VIII. 42; Fase. IX. 68 und Fase. XII. 6.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 68; Fase. X. 44; Fa.sc. XI. 17.
") Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XII. 1 und 6.
*) Der Marquis von Alcantarilla auf Mallorca war von Karl III. angewiesen
worden, mit einem Bataillone seines Regiments Denia zu Hülfe zu eilen. Kriegs -A.,
Spanien 1708; Fase. XI. 28.
263
platz der Ebro-Linie dem Hause Bourbon zu entreissen, so trennte
man die kaum hergestellte Verbindung der Königreiche Arragon und
Valencia, ward wieder Herr des unteren Ebro und hielt den Feind
vielleicht von weiteren Unternehmungen im Valencianischen ab. Gegen
Ende November schienen die Verhältnisse in und um Tortosa diesem
Vorhaben günstig. Aus Einverstcändnissen, die man dort unterhielt,
ergab sich, dass die Besatzung nur aus einem französischen Regi-
mente und drei spanischen bestehe und den Wachdienst vernach-
lässige, wiewohl die Wallbrüche noch nicht ganz geschlossen seien.
Starhemberg zog zu Tarragona 2600 Mann kaiserlichen und
500 britischen Fuss Volkes '), 1000 Reiter und eine grössere Zahl von
Miquelets zusammen. Die Generale Stanhope, Wetzel und Ekh
waren des Feldmarschalls Unter-Commandanten ^). In der Nacht zum
2. December trat man den Marsch an. Am 4. um 3 Uhr Morgens
stand man unentdeckt und unverrathen vor den Thoren Tortosa's.
Alles versprach den glücklichsten Erfolg.
Starhemberg disponirte drei ^) Angriffe : den einen gegen
die Süd-, den anderen gegen die Nordseite des Platzes, die sogenannte
Neustadt, den dritten gegen den an der Ostfront gelegenen „Couvento
de religiosas cruzadas de S. Juan de la Rapita". Starhemberg,
welcher rasch bis zur Ebro-Brücke vordringen wollte, um der Be-
satzung die Verbindung mit dem rechten Ebro-Ufer, das ist mit den
Winter-Quartieren zu benehmen, coramandirte den ersteren. Er Hess
die Engländer gegen die Puerta de S. Juan, die ihm zunächst gelegene,
noch nicht ausgebesserte Bastion San Carlo und die Puerta del Temple
vorrücken. Der bedeckte Weg und einige noch nicht in Vertheidi-
gungsstand gesetzte Werke waren im Nu in ihren Händen. Eine Ab-
theilung von Reventlau drang in die Bastion San Carlo und stiess die
Wache nieder. Um keinen Lärm zu macheu, Hess Starhemberg
die hier genommenen sechs Geschütze nicht sogleich gegen die Stadt
kehren. Während die Angreifer die Mauern überstiegen und die Thore
San Juan und del Temple einzuschlagen bemüht waren, traf bei
ersterem ein Bataillon des französischen Regiments Blessois, bei
*) 1100 Manu vom Regimeute Starhembero: ; 1100 Mann vom Regimente
Reventlau; 100 Mann vom Regimente Osnabrück und 500 Briten. — Starhem-
berg an K. Joseph I. Barcelona, 20. December 1708. Kriegs-A., Spanien 1708 5
Fase. XII. 18.
*) Heller nennt auch den Yertheidiger Tortosa's, den General-Feldwachtmeister
Graf Efferen.
•■') Starhemberg au K. Joseph I. Barcelona, 20. December 1708. Kriege- A.,
Spanien 1708; Fase. XII. 18.
264
letzterem, das spanische Regiment Miircia mit dem zweiten Bataillone
Blessois ein imd überschütteten die Angreifer mit ihrem Feuer, Die
Dunkelheit, widersprechende Befehle, ungenügende Localkenntniss
einiger höheren Officiere — die an der Spitze jeder Colonne ein-
getheilten 10 Wegweiser hatten beim ersten Schusse Reissaus genommen
— Alles vereinigte sich, den Ueberfall hier scheitern zu machen. —
Nach einem zweistündigen Kampfe zogen sich die Angreifer zurück
und eilten ihren Kameraden zu Hülfe, welche um die Nord- und Ost-
front inzwischen mit glücklicherem Erfolge gekämpft hatten. Es scheint,
dass den Angreifern (vornehmlich das Regiment Starhemberg) hier
eine völlige Ueberrumpeluug der sogenannten Neustadt (^ Vorstadt
Blas) gelang und dass sie erst au der „Baluarte y Puerta de la
Cortadura de Remolinos" auf Widerstand stiessen. Da das Thor der
stündlich passirenden Runden und Patrullen halber nicht geschlossen
und unmittelbar nur von 20 Mann unter dem Befehle eines Lieutenants
vertheidigt ward, bemächtigten sich die Angreifer desselben ohne viele
Schwierigkeiten und di'angen in die Stadt. Da riss aber, wahrscheinlich
in Folge eines Rückenangriffes von der Citadelle aus, Unordnung ein.
Der Commandant des Platzes, B e 1 a n c o u r, an der Spitze mehrerer in
der Vorstadt Remolinos wohnenden Officiere und einer Abtheilung der
Besatzung warf sich, den Degen in der Faust, entschlossen mitten
unter die Eindringenden. Er fiel zwar, von einer Kugel durchbohrt,
und die Seinigen wichen in grösster Unordnung — aber sein Ein-
greifen hatte doch den Ueberfallenen Zeit gewonnen, sich zu sammeln
und zurecht zu finden. De Longchamps, Lieutenant des Königs, trat
an Belancour's Stelle. Das Feuer der Vertheidiger wurde bald so
mörderisch, dass die Angreifer sich in die der Cortadura nächsten
Häuser werfen muasten , wo sie sich verschanzten. Die Franco-
Hispanier hatten die Puerta de la Cortadura de Remolinos durch die
Barriere bereits abgesperrt, als eine Angriffs-Colonne sie neuerdings
wegnahm und ihre Vertheidiger zum Rückzuge in die Citadelle
zwang. Eine zweite Colonne warf sich auf die Semi bal''' de las Brujas,
aber ein Ausfall des Regiments Truxillo, unterstützt von den Grena-
dieren des Regiments Blessois, warf sie zurück.
Der Ueberfall artete nun in ein reines Feuergefecht aus, das
bis 10 Uhr Vormittags währte. Bis dahin hatten sich aber die Ver-
theidiger bereits soweit orientirt, dass sie .sich entschlossen, zum An-
griffe überzugehen. Die Rollen waren gänzlich gewechselt. Longchamps
wollte sich der von den Verbündeten besetzten und verschanzten
Häuser wieder bemächtigen und Hess zu diesem Ende den Marquis
d'Ordono mit 500 Mann des Regiments Truxillo von der Semi baP''
265
de las Brujas gegen sie vorbrechen, indess eine Compagnie durch die
Poterne des Castells („appelee du secours") dagegen ausfiel. Da die
Verbündeten auch den Convento de religiosas cruzadas de S. Juan
besetzt hatten (3. Angriff) und Longchamps befürchtete, sie würden
jene von hier aus unterstützen wollen, Hess er noch 500 gegen die
Vorstadt vorgehen. Das Regiment Starheraberg setzte ihnen aber einen
so entschlossenen Widerstand entgegen, dass die nunmehrigen An-
greifer nach zweistündigem Kampfe unverrichteter Dinge in den
Platz zurückkehren mussten.
Longchamps begnügte sich, den Rest des Tages über bis
in die Nacht hinein die Vorstadt, namentlich aber das Kloster San
Juan unter Geschützfeuer zu halten. Auf den Rath des Artillerie-
Obristen Don Andrea Patigno nahm man den Glockenthurm
des Convents aufs Korn, der endlich zusammenstürzend, zahlreiche
Brave unter seinen Trümmern begrub. Gleichzeitig ai'beitete die Be-
satzung emsigst an der Vertheidigungs - Instandsetzung der Bastion
de las Brujas und an der Herstellung eines Abschnittes zwischen
dem Fusse der Castellmauern und den Vorstadthäusern, die ihr zu-
nächst lagen.
Toitosa war gerettet. Der Kanonendonner von den Wällen des
Platzes hatte die entlegensten Quartiere von der Gefahr in Kenntniss
gesetzt. Von allen Seiten liefen Verstärkungen herbei.
Starhemberg hatte bald erkannt, dass sein Anschlag gescheitert
sei. Er kämpfte fort bis zum Einbruch der Dunkelheit, unter deren
Schutz er sich zurückziehen wollte. Diesen Entschluss führte er so
geschickt aus, dass die Besatzung Tortosa's erst mit Tagesanbruch merkte,
dass er abgezogen *).
Sein Verlust betrug nach dem eben angeführten Berichte an
den Kaiser: 3 Hauptleute, 2 Lieutenants und 80 Mann todt; Obrist
O'Dwyer, etliche Officiere, 150 Gemeine verwundet. Den Verlust des
Feindes gibt Starhemberg mit 200 bis 300 Todten und Ver-
*) Starhemberg berichtet an K. Joseph I. den Ueberfall mit folgenden schlichten
Worten: „ . . . dann nach lucaminirung einiger Correspondentien und anderen Ver-
ständnissen Tortosa zu surpreniren, ich mit dreitausend Mann unvermerkt vom Feinde
bis an die Mauer gerückt, solche Festung an drei Orten attaquirt, sowohl die
Mauem mit Leitern bestiegen, als einige Thore bezwungen, welches so wohl gelungen
und reussirt hat, dass man in einen Theil von der Stadt hineingedrtingen und solche
bis 24 Stunden behauptet, weil aber durch einigen Abschnitt oder Cortadura bis an
die Brücke des Ebro zu gelangen, nicht hat können effectuirt werden, und also dem
Feinde die Conimunication mit seinen Quartieren offen geblieben, so hat man von
fernerem Ansatz abstehen uud unverrichteter Sache zurückkehren müssen." Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. XII. 18.
2H6
wundeten an. Ausserdem hatte der Angreifer einen Obristlieutenaut
mit 50 Mann gefangen genommen*).
Das Seheitern dieses Unternehmens ward von Starliemberg
auf das Sehmerzlichste empfunden. Weit entfernt aber, das Misslingen
seinen Waffengenossen beizumessen, beriehtete er seinem Kaiser: „Von
Seite der Generale , Officiere und Soldaten, ist nichts unterlassen
worden, denn solche haben dabei wahrhaftig allen erwünschten Valor,
Eifer, Conduite und Standhaftigkeit gezeigt" ^).
Die Franco-Hispanier vermehrten die Besatzung Tortosa's zvmächst
um 8 Bataillone und Hessen 4000 Mann an der Instandsetzung des
Platzes arbeiten. Mehrere des Einverständnisses mit den Verbündeten
überführte Einwohner wurden geviertheilt, ihre Häuser geschleift
und ihre Güter eingezogen.
Auf d'Asfeldt's Haltung im Valencianischen hatte der Anschlag
auf Tortosa keinen Einfluss nehmen können, denn der General-
Lieutenant hatte Alicante von Don Pedro Ronquillo mit mehreren
spanischen Regimentern schon am 28. und 29. September berennen
lassen. Am 30. erschien er selbst vor der Stadt. Sie war mit Schiess-
bedarf fast gar nicht, mit Brod nur auf 1 4 Tage versehen *). Der
Geist der Bürgerschaft war bereits ein so schlechter, dass, als der
Gouverneur General Feldwachtmeister Don Juan Richardi einige
Häuser der Vorstadt S. Anton niederreissen lassen wollte, um dadurch
ein besseres Schussfeld zu bekommen, die Bürgerschaft sich wider-
setzte *). Am 1. December kam es zwischen den Einwohnern imd der
Besatzung zu einem Handgemenge, worin es beiderseits einige Todte
gab. D'Asfeldt, welcher an diesem Tage an die Eröffnung der Lauf-
gräben geschritten, benützte die in der Stadt herrschende Verwirrung
und bemächtigte sich rasch der Vorstadt ^), Am folgenden Tage kamen
zwei andere in seine Gewalt, und am 3. nach dem tapfersten Wider-
stände, ein Retranchement, worauf der Mineur angesetzt wurde. Solch'
ungewöhnliche Kraft des Angriffes Hess Richardi befürchten, die
Stadt werde mit stürmender Hand genommen werden. Um die 3 Regi-
') Quincy beziffert den Vei-lust der Besatzuiii,^ mit nur 50 Todten und Ver-
wundeten; das Theatrum Europaeum mit 400.
*) Starliemberg an K. Jcseph I. Barcelona, 20. December 1708. Krio,gs-A.,
Spanien 1708; Fase. XII. 18.
') Krie{rs-A., Spanien 1708; Fase. XI. 2.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XII. 21.
*) Krieg.s-A., Spanien 1708; Fase. XII. 15.
267
menter und die 1000 Miquelets, welche er befehligte, dem Loose der
Kriegsgefangenschaft zu entziehet, beschloss er zu capituliren. Die
wesentlichste Vereinbarung ging dahin, dass die regulären l^ruppen,
mit Ausnahme des in der Burg stehenden britischen Bataillons, mit
zwei Geschützen, Waffen und Bagagen nach dem nächsten cataloni-
schen Platze geleitet würden und der Gouverneur des Castells eine
viertägige Waffenruhe geniesse, während welcher weder Lebensmittel
noch Schiessbedarf in dasselbe geschafft werden dürften ').
Diese Capitulations - Bedingungen wurden seitens der Franco-
Hispanier verletzt. Als Repressalie für die Gefangennahme der Be-
satzung von Mahon (^Fort Felipe) wurden die im Abzüge nach Cata-
lonien begriffenen Verbündeten unterwegs festgenommen.
General-Feldwachtmeister Richardi, welcher sich in der Burg
einschloss, setzte mit dem britischen Bataillon den Widerstand bis
in den Frühling 1709 fort.
Mit den bei der Einschliessuog des Castells entbehrlichen
Truppen bezog d'Asfeldt, nachdem er auch die Besatzung Tortosa's
verstärkt, in der zweiten Hälfte des December Winterquartiere.
So war die Hoffnung Starhemb erg's, dass die rasche Eroberung
Minorca's die Möglichkeit gewähren werde, Denia und Alicante bei-
zuspringen *), nicht in Erfüllung gegangen.
Wie schwer der Verlust beider Städte den Verbündeten gefallen,
schildert Starhemberg selbst in seinem vom 20. December 1708
datirten Bericht an den Kaiser: „In dem letzteu vom 12. November
aber habe allerunterthänigst berichtet, dass der erstere Ort wirklich
belagert und beschossen wird, seit welchem nicht allein obgedachtes
Denia gefallen und die Garnison als Kriegsgefangene sich ergeben,
sondern auch Alicante (ausser dem Schlosse) in des Feindes Hand
wirklich gerathen ist, wodurch wir nicht allein den einzigen und
letzten Fuss, so wir noch in dem Königreich Valencia und die Scala
von Gibraltar bis her auf den Meeresküsten zu unserem eigenen Vor-
theil gehabt, sondern auch den Fuss von 3000 Mann, so in beiden
Orten zur Garnison gedient, verloren haben, welches neben dem er-
littenen empfindlichen Schaden sowohl in Spanien, als Italien (weil
das Hauptcomercium jederzeit über Alicante gelaufen) auch an Credit
und Reputation der Waffen grossen Nachtheil nach sich ziehen muss,
worüber der Feind jetzt mit 5000 bis 6000 Mann mehr, dann mit Er-
oberung dieser Plätze das ganze Königreich reducirt, seine Armee
') Ausführliclies über diese Capitulation bringt Quincy, T#me VI.
■^) Starhemberg an den Hof kriegsrath. Spallavgas, 5. October 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. X. 9.
268
verstärken kann." — Die Hauptursachen des Verlustes von Denia und
Alicante waren nach S t a r h e m b e r g die Abwesenheit der Escadre
und das Nichteintreffen der aus Neapel erwarteten Verstärkungen.
„AUergnädigster Kaiser!", fährt er fort, „Dieser Verlust und der mehr
und mehr zuwachsende Schaden schreckt und schmerzt die In- und
Ausländer um so viel mehr, weil man nicht allein obgedachte Plätze
salviren und diese üblen Consequenzen verhindern, sondern vielleicht
auch was Mehreres thun können, wenn die Escadre in diesem Meere
gestanden wäre, welche aber leider in das dritte Monat in Livorno
die Zeit verlieren und vergeblich warten müssen, die im September
von Euerer Kaiserlichen Majestät dem Könige in Spanien und Dero
hohen AUiirten so positive versprochenen Truppen von Neapel anher
zu transportiren, vor wenigen Tagen aber leer, unverrichteter Sache
und ohne einzigen Mann zurückgekommen ist und zwar eben, da durch
diese unverantwortliche Verweilung der geschehene Verlust bereits
erfolgt und uns mithin in diesem nicht mehr geholfen wird" *).
I
I
i
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XII. 18.
Der Feldziig in Estremaclura ').
Der Feldzug 1708 an der spanisch-portugiesischen Grenze nahm,
wie man es seitens der Vormächte der „Grossen Allianz" vorausgesehen,
einen kläglichen Verlauf. Eröffnet ward er, wie der im Vorjahre, mit
kleinen Unternehmungen, welche weit mehr auf Plünderung und
Beraubung der Landbewohner, auf Verwüstung blühender Gegenden
abzielte, als auf Schädigung und Zerstörung der militärischen Kraft des
Gegners.
Die Grenze besichtigend, Hess de Baye das Schloss von Altura
(Atalaya) mit Sturm nehmen und die 200 Mann zählende Besatzung
über die Klinge springen. Ein glücklicher Raubzug bourbonischer
Cavallerie von Badajoz gegen Elvas wurde im April von Don Antonio
Ley va in grösserem Style wiederholt. An der Spitze von 1500 Pferden
bestand er ein glückliches Gefecht gegen den jungen Marquis von
Minas, den er bis zum Fort S. Vincent bei Elvas verfolgte, und
kehrte mit reicher Beute an Vieh nach Badajoz zurück. Dagegen
suchte ein Theil der Besatzung von Olivenza spanisches Gebiet heim
plünderte das Städtchen Monrao und legte es in Asche. In der ersten
Hälfte des Mai endlich sammelte F r o n t e r a einschliesslich der Briten
11 Fuss- und 7 Reiter-Regimenter in einem Lager an der Caya,
das er durch einige mit Geschütz armirte Redouten sicherte. Obwohl
er sich schon jetzt seinem Gegner, welcher mit nur 7 Infanterie-
Bataillonen und 8 Cavallerie-Regimentern jenseits der Gevora stand,
überlegen glaubte, beschloss er doch, die Verstärkungen abzuwarten,
welche aus den Provinzen Beira und Minho im Anmärsche waren.
Mit 19 Bataillonen und 10 Reiter- Regimentern ■), welche man noch
um vier oder fünf Regimenter vermehren konnte, da sie sich ohne
Gefahr aus den von der Armee gedeckten Plätzen ziehen Hessen,
1) Hiezu Tafel lU.
^) Gallas au K. Joseph I. Loudon, 1. Juni 1708. H. H u. St. A. Auglica.
270
konnte immerhin Nützliches unternommen werden. Front era selbst
fühlte dies und wollte auch angriffsweise verfahren — nicht aber ohne
die Zustimmung des Hofes. „Es scheint aber," berichtet Zignon i an
Joseph I., „dass dieser (der Hof) sich auf die Deckung des eigenen
Landes beschränken will. Man erwartet Alles von England, das binnen
einiger Monate Verstärkungen senden soll *)." Die Thatsachen bewiesen,
Avie richtig Z igno ni geurtheilt. Die portugiesische Armee überschritt
/war am 24. Mai die Caya, um der feindlichen die Verbindung mit
liadajoz zu benehmen, fand aber die Stellung, welche sie zu diesem
Ende beziehen wollte, vom Gegner besetzt^). Während Frontera sich
auf die reinste Defensive beschränkte, trug sich sein Gegner de Baye,
gegen Ende Mai auf 15 Bataillone Infanterie und 10 Regimenter
Cavallerie verstärkt, mit Offensiv-Gedanken. In Ciudad Rodrigo und
Alcantara nur je ein Regiment belassend, gedachte er die Operationen
mit der Belagerung von Olivenza zu eröffnen. Der Marquis de Brancas
sollte mit 5000 Mann die Bewegungen der Verbündeten beobachten,
und der Herzog von Ossuna Moura angreifen. Um die Verbündeten
zu verleiten, zur Deckung des Campo de Baye zu entsenden und sich
dadurch zu schwächen, Hess er das Gerücht aussprengen, er beab-
sichtige, sich mit den in Andalusien stehenden Truppen zu vereinigen.
Am 28. uiid 29. Mai überschritt seine Armee zu Badajoz die Quadiana
und rückte nach Valverde. Nun ging auch Frontera, welcher seine
Armee bei Fuente de los Zapateros an der Cura zusammengezogen, über
die Quadiana und nahm zur Deckung Olivenza's hinter dem Flüsschen
Valverde Stellung^). Beide Armeen waren sich jetzt so nahe, dass
ihre Feldwachen mit einander sprechen konnten. Drei oder vier Tage
standen sie sich so unthätig gegenüber, denn kein Theil hatte Lust
zum Schlagen. Da erhielt Frontera Kunde, der Herzog von Ossuna
rücke mit 50Ü0 Mann *) in Eilmärschen heran und stehe bereits zu
Xeres de los Caballeros. Sofort hob Frontera sein Lager auf, ging
hinter die Quadiana zurück und zog sich unter die Kanonen von
Elvas. De Baye, welchem sich nun die schönste Gelegenheit bot,
sein Vorhaben auf Olivenza auszuführen, begnügte sich, Frontera
mit Cavallerie zu verfolgen, wobei es zu einem kleinen Nachhutgefechte
kam. Seine Armee aber führte er nach Santa Engracia bei Badajoz.
«) Bericht v..m 23. Mai 1708. H. H. \i. St. A.
*) Gallas an K. Josei»li I. London, 29. Juni 1708. (Au.s Briefen von der portn-
giosischen Armee vom 26. Mai.) H. H. u. St. A. 1708. Anjjlica.
') Gallas an K. .Joseph I. London, 29. .luni 1708. II. H. u. St. A. Anglica.
*) Nach üalla.s' Inforniatiun mit fünf Infanterie- nnd zwei Cavallerie-Kefri-
meutorn, Krieg«-A., .'<j)anien 1708; Fase. VII. ad 19.
271
üer Herzog von Ossuna bemächtigte sich inzwischen der Grenz-
plütze Moura und Serpa an der Quadiana, sprengte ihre Befestigiings-
werke ') und vereinigte sich mit de B a y e.
Wiewohl die Witterung in den letzten vierzehn Tagen eine kühle
gewesen, gönnten beide Theile schon Anfangs Juli ihren Truppen
auf die Dauer der zu erwartenden grossen Hitze die üblichen Erfri-
schungsquartiere ^). Nachdem F r o n t e r a seine Truppen in den
Provinzen Alemtejo und Beira Baixa vertheilt hatte, beschloss er den
48tägigen, thatenlosen Sommerfeldzug mit einem unfruchtbaren Streifzug
nach Andalusien gegen Serpa und Moura *), an den sich ein Einfall
in die Grafschaft Huelva schliessen sollte. Anfangs August begab
er sich nach Lissabon, wo er bereits alle Generale und höheren
Ofliciere seiner Armee antraf. Nur General Don Juan Emanuel das
M i n a s war an der Grenze verblieben *).
In Lissabon beschäftigte sich alle Welt ausschliesslich mit der
bevorstehenden Ankunft der königlichen Braut. „Man vermehrt die
Zahl der Diener und Dienerinnen im Palaste, man lässt das Tafel-
geschirr erneuern, man lässt an einem prächtigen Bett arbeiten und
man gedenkt eine italienische Oper aufzuführen, zu welchem Ende
Herr Franz Como, ein italienischer Kaufmann, die Musiker und
Alles für das Theater Nöthige beizuschaffen beauftragt ist ^)."
Selbst am Hofe zu Lissabon musste man zugeben, dass im
Frühjahrsfeldzuge an der spanischen Grenze nichts geschehen war,
was die Ereignisse in Catalonien günstig hätte beeinflussen könneu.
Um so eifriger versprach man im Herbste an's Werk zu gehen, vor-
ausgesetzt, dass die von England erwarteten Verstärkungen zeitlich
genug einträfen. Man wollte zu Lissabon wissen, dass de Baye Befehl
erhalten, einige Regimenter nach Catalonien zu senden und erklärte
sich damit das ruhige Verhalten des Gegners in seinen Erfrischungs-
quartieren. Darauf gestützt, erwog man portugiesischerseits zwei Ent-
würfe für die Herbstcampagne : den einer Invasion und Verwüstung
der Landschaft Merida und den einer Unternehmung gegen Sevilla,
letztere im Vereine mit den erwarteten Briten.
*) Gallas au K. Joseph I. London, 29. Juni 1708. H. H. u. St. A. Auglica.
'■') Gallas an K. Joseph I. London, 31. Juli 1708, nach Briefen vom 10. Juli.
H. H. u. St. A. Anglica.
*) Hoffmaun an K.Joseph I. London, 24. August 1708, nach Briefen vom 28- Juli.
H. H. u. St. A. Anglica.
*) Bericht Zignoni's an K. Joseph I. vom 9. August 1708. H. H. u. St. A.
') Lissaboner Bericht an den Grafen von Gallas vom 20. Juni 1708. Kriegs-A.,
Spanien 1708; Fase. VII. ad 29.
272
Da diu Voraussetzung, das Eintreffen der aus England erwarteten
Verstärkungen, sieb nicht erfiillte, erklärte man zu Lissabon, nicbts
von Bedeutung unternehmen zu können. Frontera ging daher in
der zweiten Hälfte des September mit der Instruction zur Armee ab,
die Truppen nicht zwecklos zu ruiniren, sondern sie so lange in ihren
Quartieren zu belassen, als der Feind sich ruhig verhalte. Diese
Weisung war ganz conform den Kathschlägen Lord Galway's. Bei
solcher Instruction und dem desolaten Zustande, in welchem Frontera
die Truppen fand, Hess sich allerdings nicht erwarten, dass die Herbst-
campagne jene des Frühjahrs an Fruchtbarkeit übertreffen werde.
Die Armee war in den „Erfrischungs-Quartieren" stark herunter-
gekommen. Seit Monaten hatten die Truppen nicht nur keine Löhnung,
sondern auch keine genügende Verpflegung erhalten. Die Brodliefe-
ranten waren nicht befriedigt worden und Avollten nicht länger borgen.
Die Preise der Lebensmittel waren allgemein vertheuert. War
Unordnung in der portugiesischen Armee überhaupt etwas Gewöhn-
liches, so lockerten sich jetzt alle Bande der Disciplin. Die Desertion
riss nicht nur unter den Portugiesen, sondern auch unter den Briten
stark ein. Letztere litten überdies an einer furchtbaren Sterblichkeit,
so dass einige ihrer Compagnien kaum zehn Mann zählten *). Das
Ofticiers-Corps endlich hatte sich nur ungern von den Vergnügungen
der Hauptstadt getrennt. In solchem Zustande fand Frontera, der
einiges Geld zur theilweisen Befriedigung der Truppen von Lissabon
mitgebracht, die Armee. Er würde sie wohl den ganzen Herbst über
in ihren Quartieren belassen haben, hätten die Anjouisten sich nicht,
gegen alle Erwartung des Lissaboner Hofes, im September zwischen
Talavera und Badajoz zusammengezogen und auch ihre in der Gegend
von Alcantara liegenden Truppen dahin berufen. Also wies auch
Frontera seine in der Provinz Alemtejo bequartierten Regimenter
an, sich zu Estreraoz und Olivenza zu sammeln und ertheilte Lord
Galwayden britischen Bataillonen Befehl, gleichfalls an die Grenze
zu rücken. Zwischen Xitumenha (Juramenha) und Monron (Monraü) Hess
Frontera eine Brücke schlagen. So langsam vollzog sich aber die
angeordnete Concentrirung, dass es dem zwar numerisch schwächeren,
aber weit rührigeren Gegner gelang, das Grenzgebiet mit kleineren
und grösseren Streifcorps ungestraft zu übertluthen. So drang eines
seiner Detachements bis Castello da Vide *) vor und trieb die Heerden
weg; ein anderes plünderte Villa nueva del Frano; der General-
') Zignoni's Bericht au K. Jusepli I. LisHabun, 24. September 1708. II. H.
u. St. A.
*) Li.«saboiier Bericht an Galla.s. Krieps-A., Spanien 1708; Faiic. IX. ad 71.
273
Lieutenant Don Joscplio d'Armon darez aber bemaeliti^"te .sieh mit
1 1 Greiiadiei-Conipagnien, 450 Musketieren und 500 Cavalleristen des
von nur 100 Regularen und 200 Milizen tapfer vertheidigten Städtchens
Barbaeena. Nachdem die Bürger sieh mit 6000 Pistolen von der
Phinderung freigekauft, schleifte d'A r m o n d a r e z die Befestigungen
des Städtchens und kehrte nach Badajoz zurück. Nun übersehritt
aber de Baye selbst, angeblieh mit 9000 Mann, von Badajoz aus die
Quadiana und die Caya und rückte nach Fuente de los Zapateros.
Diese unerwartete Bewegung versetzte die Portugiesen in umso grössere
Bestürzung, als ihre Truppen nichts weniger als versammelt waren.
Ein gutes Drittel der Soldaten hatte sich theils mit, theils ohne
Erlaubniss bereits verlaufen; mehrere Regimenter standen noch in
anderen Provinzen , zwei zu Lissabon ; man befürchtete , die in
Alemtejo befindlichen Truppen würden nicht ausreichen, dem Vor-
dringen des Gegners Schranken zu setzen.
Endlich gelang es F r o n t e r a, bei Estramoz zwölf schwache
Regimenter und 1000 Pferde zusammenzubringen. Nachdem er sichere
Kunde erhalten, de Baye zähle statt 9000 nur 3000 Mann (ein-
schliesslich der bewaffneten Bauern) und rücke mit diesen gegen
Borba und Villaviciosa, eilte er, beide Städte zu decken, dahin. Aber
schon war de Baye nach Badajoz zurückgekehrt, von wo aus er
seine Truppen nach Talavera, Lobon und Montijo entliess. Frontera
machte in der Gegend von Penas Halt und bat den Hof um Instruc-
tionen. Dieser überliess Alles Front er a's eigenem Ermessen'). Das
Gerücht, der Gegner sei mit zwölf Regimentern in die Grafschaft Moura
eingebrochen und strebe die Vereinigung mit den Truppen Ossuna's
an, bestimmte Frontera, nach Juramenha an der Quadiana zu rücken.
Hier zeigte es sich, dass es sich nur um einen Raubzug handle, den
Don Pedro Seranno mit 1000 Pferden gegen Moura und Serpa
unternommen. Frontera streifte nun bis Xeres de los Caballeros,
wo 200 Mann und 13 Geschütze in seine Hände fielen. Seinen weiteren
Fortschritten bot der anjouistische Brigadier Soris Halt.
Indess Frontera die Provinz Alemtejo deckte, unternahm der
Graf San Juan mit einem starken Detachement portugiesischer
Reiterei einen Streifzug bis Salamanca und Zamora, plünderte zahl-
reiche Ortschaften und kehrte mit reicher Beute heim.
Ein Versuch des Don Antonio de Leyva, ein zu Campo
Mayor stehendes portugiesisches Fuss-Regiment zu überfallen, schlug
fehl. Der Marquis von H a s s a kam ihm mit portugiesischer Reiterei
») Zignoni's Bericht vom 8. Octuher 1708. H. H. u. St. A.
Feldzüge des Prinzen Eugen vou Savoyuu II. Serie, 1. Band. 18
274
über den Hals, trieb ihn über die Caya und nahm ihn schliesslich mit
80 Reitern gefangen.
Schon Anfangs October dachten beide Theile an den Bezug der
Winterquartiere. Wie die Campagne begonnen, endete sie auch. Beide
Parteien lagen bereits in ihren Quartieren, als die portugiesische
Besatzung von Olivenza 200 Mann auf eine Razzia nach spanischen
Viehherden entsandte. Don Gonzalo Carvajal griff aber die
Portugiesen unversehens an, tüdtete Hundert derselben und nahm
ihnen ihre Beute ab.
Das war die letzte Kriegsthat dieses in Wahrheit erbärmlichen
Feldzuges, in welchem, um mit dem gleichzeitigen spanischen Geschichts-
schreiber San Felipe zu sprechen: „Entehrung der Weiber, Mord-
thatcn, Brandstiftungen und Räubereien die Heldenthaten der Spanier
und Portugiesen waren." Die Sache war so arg geworden, dass im
December Fronte ra mit de B a y e eine Art von Neutralitäts- Vertrag
schloss, wonach beide Theile sich verbindlich machten, die Land-
bevölkerung ungestört ihre Felder bestellen zu lassen. Doch blieb es
im Ganzen und Grossen bei der guten Absicht, nicht weil die Vor-
mächte der „Grossen Allianz" gegen den Vertrag protestirten, sondern
weil seine Beachtung dem Einzelnen die beste Gelegenheit, sich zu
bereichern, benommen hätte.
Der Feldziig am Rhein.
Winterquartiere. — Der Anschlag auf Freyburg. — Linien-
Arbeiten.
Der Feldzug 1707 in Süddeutschland, wiewohl durch grosse
Ereignisse nicht ausgezeichnet, war doch ein für das Reich sehr nach-
theiliger gewesen. Schwaben, Württemberg und ein Theil von Franken
hatten Villars' Einbruch mit „immensen" Contributionen bezahlt.
Mit den Stollhofener Linien waren 170 Geschütze und grosse Vorräthe
den Franzosen ohne Schuss in die Hände gefallen. Wohl hatte V i 1 1 a r s
seinen ursprünglichen Plan : auf dem rechten Rhein-Ufer zu überwintern,
aufgeben und im Herbste in den Elsass zurückkehren müssen, —
aber vier Uebergänge: Hüningen, Breisach, Kehl und Fort Louis,
waren in seinen Händen verblieben. Im Ganzen hatte die Reichs-
Armee insofern auch Boden verloren, als statt der Moder die Queich,
statt der Stollhofener- und Bühler Linien, die Alb nunmehr die vor-
dersten Vertheidigungslinien waren. Das Reich musste sich glücklich
schätzen, die festen Plätze Freyburg, Philippsburg und Landau bewahrt
zu haben.
Unter diesen Verhältnissen hatten beide Theile die Quartiere
bezogen. Die Reichstruppen, den Winter über alle unter Feldmarschall
Freiherrn von T h ü n g e n's Befehl, hatten sich auf dem linken Rhein-
Ufer von der Queich bis Mainz ausgebreitet; auf dem rechten aber
mit dem Gros nördlich Esslingen niedergelassen und einerseits die
Lande bis an den Main, andererseits Württemberg und Schwaben occu-
pirt. Diesen Winterquartieren verlieh eine „Postirung", die sich als
„untere" von Daxlanden am Rhein bis Dobel, als „mittlere" von hier
bis Feldberg, endlich als „obere" bis zum Uber-Rhein erstreckte und
18*
276
deren drei Abschnitte unter dem besonderen Befehle T li üugen's, des
Herzogs von Württemb er g und des Feldmarsclialls Grafen Grons-
feld standen, einen sehr zweifelhaften Schutz. Indess war kein
Tru})penkörper von seinem Alarm- und Sammelplatz an dieser Linie
über 20 Wegstunden entfernt.
Die Franzosen hatten zwischen Beifort und Lauterburg nur
36 Bataillone und 45 Escadronen belassen ') ; die übrigen Truppen
waren nach der Franche-Comte, Lothringen und den Bisthümern verlegt
worden.
Die winterliche Waffenruhe blieb nicht ungestört. Drei Monate
hatte V i 1 1 a r s daran gearbeitet, sich durch Verrath Freyburgs zu bemäch-
tigen '^), das durch seine Lage vor einem Hauptthore Öüddeutschlands,
St. Peter, eines solchen Versuches wohl werth war. Wie die meisten
derartigen Unternehmen schlug auch dieses fehl. V i 1 1 a r s' Unter-
händler W e n z in Basel hatte den Fähnrich Frey von der Besatzung
des „unteren" Schlosses zu gewinnen gesucht, dieser aber den Anschlag
unverzüglich seinen Vorgesetzten, Hauptmann Hurter und Obrist-
lieutenant Tillier, dieser aber dem FJ^IL. Harr seh angezeigt und die
Unterhandlungen mit deren Bewilligung und der ersteren persönlichen
Betheiligung fortgesetzt^). Am 31. December machten überdies der
kaiserliche Gesandte in der Schweiz, Graf Trauttmansdor ff, am
6. und 7. Jänner Graf Rechteren und Herr D'A v e n a n t von
Frankfurt aus auf französische Truppenbewegungen im Elsass aufmerk-
sam *). Als endlich am Abende des 9. Jänner vom FML. Graf Hohen-
z o 1 1 e rn aus Ettlingen die Meldung einlief, dass ein starkes feind-
liches Detachement mit Artillerie von Strassburg Rhein-aufwärts mar-
schirt sei und dass um Fort Louis viel Truppen sich sammelten, Hess
T h ü n g e n alle Reichs - Contingcnte zu Fuss und zu Pferd an die
Linien rücken^). Gleichzeitig ward der Herzog von Württemberg
und von diesem der Feldmarschall Gronsfeld in gleichem Sinne
') Memoires militaires (Pelet) VIII.
^) Kriejjfs-A., Römisclies Keicli 1708; Fase. I. 21.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. I. ad 20. „Es ist etwas Tenibles,
was dieser Feind heut zu Tage in soleheu Fällen mit Geld, bei der Noth, worin er
uns weiss, zu erzwingen vermeint, also dass die Treue dieser drei Schweizer Offi-
eiere, besonders aber die vom Herrn Obristlietitenant Tillier hoch zu schätzen ist."
Harrsch an den Hofkriegsratli. Freyburg, 22. .Jänner 1708. Kriegs-A., Römisches
Reich 1708; Fase. I. 21.
*) Kriegs-A., Römisciies Reich 1708; Fase. I. 5.
5) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. I. 8.
277
verständiji^t. Letzerer liess seine Reiterei zu Viilingen Stellunj^ nehmen,
indess unter FML. Bürkly 500 Scliweizer, 200 Comniandirte vom
Rtig-imente Baden, endlich die Hauensteiner und Frickthaler Bauern
alle Zugänge der „oberen" Postirung bewachten. Die westphälischen
R(;ginienter Venninger, Nagel und Zimmern sollten einen allgemeinen
Rückhalt für die mittlere und obere Postirung abgeben, der Herzog
von Württemberg und Feldmarschall G r o n s f e 1 d aber sich
gegenseitig unterstützen *). Schon am 13. war Alles auf seinem Posten
und bereit, die Franzosen kräftigst zu empfangen. Die Besatzung
Freyburgs, wo FML. Harr seh comniandirte, stand die ganze Nacht
zum 22. Jänner unterm Gewehr *\
Aber wie trefflich das Geheimniss auch gewahrt worden, Villars
kam nicht. Am 10. Jänner von Paris nach Strassburg zurückgekehrt,
war er am 13. in Hüningen eingetroffen, wo er rasch 18 Bataillone
und einige Escadronen ^) versammelte, um der Verabredung gemäss
vor Freyburg zu rücken. Zwei Stunden von diesem Platze verrieth
ihm, Avie Quincy erzählt, ein Schulknabe die Anstalten der Ver-
bündeten zu seinem Empfange *). In höchstem Verdrusse "") kehrte er
um, sandte seine Truppen in die Winterquartiere und begab sich selbst
über Beifort nach Burgund.
\
Bald zogen auch die Truppen der Reichs-Armee wieder in ihre
Quartiere. Die Zeit bis zur Eröffnung der Campagne — Feldmarschall
T h ü n g e n gedachte die Armee schon im März zu versammeln *) — •
sollte zur besseren Einrichtung der Linien benützt werden. Am meisten
Sorge machte Anfangs die „obere" Postirung. Der obere Schwarz-
wald wurde zwar als rauhes, unzugängliches Waldgebirge, als ein
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase, I. 8.
^) HaiTscli an Prinz Eugen. Freyburg, 22. Jänner 1708. Kriegs-A., Römisches
Reich 1708; Fase. I. 20 und 21.
^) Nach Quincy, Histoire militaire, V.; „Memoire.s militaires" (Pelet) VIII.
machen von Villars' An.schlag auf Freyburg merkwürdigerweise gar keine Erwähnung.
*) Harrsch in seinem Berichte an den Hofkriegsratli, Freyburg, 22. Jänner 1708,
(Kriegs-A., Römisches Reich 1078; Fase. I. 21) meint, dass die Bereitschaft der Garnison
von Freyburg von den Landesbewohnern verrathen worden , aiis Furcht, Villars
würde das Land die unvermeidliche iSchlappe entgelten lassen.
^) Obristlieutenant Tillier in seinem Berichte an den Prinzen Eugen, Frey-
burg, 29. Jänner 1708, behauptet, Villars habe sich selbst gegen ihn geäussert, er
habe des Anschlages auf Freyburg halber, die gegen Neufchätel geplante Unter-
nehmung fallen lassen. Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. I. 3f5.
") Kriegs-A., Römisches Reicli 1708; Fase. 11. 5.
278
bedeutendes Hinderniss für feindliche Operationen angesehen — das
Frikthal, wie auch die Waldstädte waren durch den Neutralitäts-
Vertrag von 1702 gesichert — dennoch konnte man sich der Sorge um
diesen Theil der Vertheidigungsfront nicht entschlagen. War doch die
Aufrechthaltung der Neutralität der Schweiz bei dem gespannten Ver-
hältniss zwischen den Katholiken und den Reformirten nichts weniger
als verbürgt. Diese Neutralität und die Erbverbrüderung der Eidge-
nossenschaft mit Oesterreich hinderten den Marschall Villars durchaus
nicht, „den Pass durch das Baseler Gebiet in's Frikthal persönlich zu
recognosciren'' , wie Bürkly am 7. Februar aus Lauffenburg an
T h ü n g e n berichtete *). Von der Schweiz aus aber konnte ein franzö-
sisches Corps, ohne ein anderes Hinderniss, als den hier weniger
mächtigen Rheinstrom, überwinden zu müssen, unmittelbar an das
rechte Donau-Ufer und nach Bayern gelangen. — Auf der von Basel
längs des rechten Rhein-Ufers aufwärtsziehenden Thalstrasse, fand eine
feindliche Invasion gleichfalls nur geringe Hindernisse. Der Bau der
vom Hofkriegsrathe angeordneten neuen Linien bei Wallbach, westlich
Säekingen, hatte noch kaum begonnen. Daher fürchtete Feldmarschall
Gronsfeld nach dem Scheitern von V i 1 1 a r s' Anschlag auf Freyburg
einen französischen Einfall durch das Ober-Rheinthal ^).
Aber nicht nur Graf Gronsfeld, welcher gerne klagte,
auch FML. Graf La Tour, welcher Ende Jänner, für die Dauer
von Gronsfeld's Erkrankung, das Commando der „oberen" Posti-
rung übernahm, berichtete über die unzulänglichen Vertheidigungs-
*) Kriegs-Ä., Römisclies Reich 1708; Fase. II. ad 7 b.
^) Die Vertheidiguugs-Austalten de.sselbeu schildert Feldinarschall Gronsfeld
in .seinem Berichte an den Hofkriegsrath aiis Weingarten am 24. Jänner 1708 also :
„Ohne ist es zwar nicht, dass das Landvolk in grosser Menge und voll des Muthes
ist, zumal, wenn es nur auf die Postur ankommt : wann aber Gewalt mit Gewalt
abzuwenden, auch das Leben selbst für das Vaterland zu sacrificiren die Necessität
erfordert, lehren die Exempel genug, was damit ausgerichtet worden ist. Solchem-
nach i.st sich auf die Frikthaler und Hauensteiuer Bauern auf dem Wald, ohne eine
zum Theil auch zulängliclio regulirte Miliz, keineswegs zu verlassen. Die 200 Badischen
Commandirten, wovon bereits bO durchgegangen, sind vielmehr Bettler zu nennen,
als für Soldaten anzusehen, aus Mangel gross imd kleiner, bis auf die Haut abge-
rissener Montur, und die schlechten, in Allem etwa ausmachenden 500 Mann Schweizer
jiassiren vielmehr für gute Leute, als welirhafte Soldaten." Kriegs-A., Römisches
Reich 1708; Fase. I. 29. — Noch drastischer war sein Bericht vom 1. Februar an Feld-
marschall Thüngen : „Wie denn unlängst es klar erhellt, dass des Herrn Genei-als
Pfarrherrn von Luthingen seine „ausgebreite " Dispositiones und Widerstand in purer
Maulmacherei bestehe, angesehen eine von unseren Parteien, so gegen Ilüniugen
und Unter-Breisgau auf des Herrn Pfarrherrn seine Linie und Posten revertirt und
an einem guten Schlagbaum angelangt, keinen Menschen dabei angetroffen, denselben
aufgesperrt, rechts und links patrullirt, ol) keine Waclie zu finden wäre endlich
279
Anstalten seines Districts in gleichem Sinne. „Mit 150 Manu vom
Badischen Regimente und 8 Compagnien Schweizern," schrieb er am
27. Jänner von Villingen an Thüngen, „lässt sich Kheinfelden,
Säckingen, Rothhaus und Lauffenburg nicht vertheidigen ; Rheinfelden
allein braucht 2000 Mann." Er bat um Fussvolk, da die Reiterei in
dem nur aus Bergen und Engpässen bestehenden Lande nichts aus-
richten könne *). Am 13. Februar endlich verlangte er wenigstens vier
Bataillone Verstärkung, um die Waldstädte halten und Freyburg bei-
springen zu können ^).
Unter diesen Umständen forderte der kaiserliche Gesandte in
der Schweiz von der Eidgenossenschaft am 21. Jänner 1708 den ver-
tragsmässigen Schutz für die Waldstädte ^) , welcher diplomatische
Schritt zur Folge hatte, dass der Gesandte Ludwig XIV. am 24. des-
selben Monats die Erklärung abgab, Frankreich werde an dem Vertrage
von 1702 solange unverbrüchlich festhalten, als er auch von den anderen
Contrahenten respectirt werde *).
Wie die „obere" Postirung von Hüningen, so war die „mittlere"
von Neu-Breisach und Kehl-Strassburg aus, wo die Franzosen immer
Gelegenheit hatten, Truppen und Material anzusammeln und auf das
rechte Ufer zu werfen, beständig bedroht. Der kürzeste Weg vom
Rhein- zum Donau-Thale, die Strasse durch den Höllenpass, war zwar
durch Freyburg gedeckt; man mochte sich darauf aber umso weniger
verlassen, als diese Heerstrasse brauchbare Nebenwege begleiten. — Die
zweite durch die mittlere Postirung führende Hauptverbindung vom
Rhein zur oberen Donau, die Strasse durch das Kinzig-Thal, die beste
und bequemste Heerstrasse durch den Schwarzwald, war zwar durch
die Flankenstellung von Ettlingen, dagegen aber durch keinen Platz
gedeckt. Also arbeitete man den ganzen Winter über an einer neuen,
von dem kaiserlichen Ober- und schwäbischen General-Quartiei'meister
von Elster projectirten Linie, welche von Rents oder Rohrhardsberg
eine kleine Shmde davon vier Bauern in einer Hütte angetroffen. Also lasse Ew.
Excellenz von selbst vernünftig consideriren, wie ein elirliclier Mann seine Kepu-
tation auf dergleichen Dispositiones nnd Pfaft'en, welcher doch bis auf die Feldberg
die Posten hat, so sich 6 bis 7 Stunden weit wohl belaufen, exponireu sollte. Ich
bin versichert, dass sofern einige 10 Schüsse in dem Thale geschähen, der Herr
Pfarrer mit all' seinen Bauern über Berg und Thal hinwegliefe." Kriegs-A., Römisches
Reich 1708; Fase. II. ad 6 b.
^) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. ad 7 a.
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. 13.
3) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. ad 7e und H. H. u. St. A.
Helvetica.
*J Krieg.s-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. ad 7 i.
280
über den Hörlingsberg, Simonswald, zur Kehle des Glottertliales — „so
eine der ii^efährlichsten Passagen durch den Schwarzwald ist" — zog
und St. Peter hinter sich lassend, über das Kirchzartenthal auf die
Höhe des Feldberges lief. Die projectirte Linie, um einige Stunden
kürzer, als die alte, durchschnitt grösstentheils rauhe Waldungen und
umsehloss viele gute Orte,
Elster's Project fand allgemeinen Beifall. Harr seh hielt die
neue Linie für die Unterstützung Freyburgs sehr nützlich und Prinz
Eugen drängte Elster, die Ausführung zu betreiben, auf dass die
Linie fertig, ehe der Feind etwas unternehmen könne. Wiewohl nur
sechs Redouten herzustellen und nur 3000 Arbeiter erforderlich waren,
schritt der Bau sehr langsam vorwärts. Die freie Reichsritterschaft
und die vorder- österreichischen Herrschaften wollten zur Linienarbeit
im Schwarzwald nichts beitragen. Erstere steifte sich auf den mit
dem Kaiser geschlosseneu Hybernal- und Subsidial-Tractat, wonach
sie von allen Kriegslasten befreit. Treffend bemerkte der Herzog von
Württemberg: „Wenn der Feind von unserer Morosität profitirt,
wird von ihm jener Hybernal- und andere Tractat wenig regardirt
werden." Der Herzog nahm sich der Sache noch am eifrigsten an,
denn trotz der ungeheueren, den Verkehr hindernden Schneemassen,
welche Mitte December niedergingen, arbeiteten doch 400 seiner
Bauern bis Neujahr, so dass der Verhau bis zur Frauenalb Mitte
December fertig und mit Jahresschluss bis zum Dobel hergestellt werden
konnte. Als im Februar das Wetter sich allmälig besserte und eine
grössere Zahl von Arbeitern sich einstellte — von Württemberg allein
900 — ging flie Linienarbeit, namentlich nächst Freyburg, mehr vom
Fleck. Xur die „obere" Linie blieb zurück, denn die Reichsritterschaft
contribuirte selbst im März noch nicht *).
Am wenigsten bedroht hielt man wegen der Nähe der Truppen
die „untere" Postirung. Hier wurden die Arbeiten bei Daxlanden in
der zweiten Hälfte des Jänner fertiggestellt, worauf Thüngen daran-
ging, den längs des Rheins bis Philippsburg ziehenden Verhau und
die alten Redouten ausbessern und am Strome drei neue anlegen zu
lassen. Dagegen war für den Abschnitt Dobel - Ettlingenweier fast
noch nichts geschehen, so dass die Besatzung — im Jänner! — unter
freiem Himmel liegen musste *j.
In dem Masse als allmälij^ die Sorire um die obere Postinuiff
abnahm - nur der kleine Krieg, der Krieg der Parteien, brachte
'j Kriügs-A., Komisches Keich 1708; Fase. 11. 13, 15 und 18; Fase. III. 1,
ad 2 i viud ad 5 d.
^) Krie^rs-A., Römisches Keicli 170S; Fase. I. 18.
281
hier Abwechslung in das Einerlei des Tages — wuchs jene um die
beiden unteren Districte. „Es ist in Ihrer kaiserlichen Majestät Dienst
fürwahr kein Platz," schrieb Harr seh am 25. Februar an den Hof-
kriegsrath, „der mehr Attention und Vigilanz erfordert, als Freyburg",
und so hoch veranschlagte La Tour die Wichtigkeit dieses Platzes,
dass er darauf antrug, im Falle einer drohenden Belagerung, die
Besatzung der Waldstädte dahin zu werfen, Anfangs März bildete
Feldmarschall Thüngen aus den drei westphälischen Regimentern
und mehreren anderen Truppen — im Ganzen aus vier oder fünf Regi-
mentern — ein fliegendes Corps untei- FML. Graf M e r c y ; unmittelbar
dem Arraee-Commando untergeordnet, in der Gegend von Dobel aufge-
stellt, erhielt es die Bestimmimg, erforderlichen Falls der mittleren oder
oberen Postirung zu Hülfe zu eilen. Die Verpflegs-Magazine für
dieses Corps wurden einerseits von den westphälischen Lieferanten,
andererseits von der kaiserlichen Admodiation errichtet. Endlich ward
im März eine Commission unter Leitung des kaiserlichen Christen und
Ingenieurs de laVenerie abgeordnet, Landau eingehend zu besich-
tigen. Sie stellte fest, dass die Reparatur der Werke 19.656 fl., die Her-
stellung der Gebäude 25.378 fl. erheische ^).
Versammluii^ der beiderseitig-en Streitkräfte.
Der ganze März verstrich, ohne dass die Ruhe der Truppen gestört
worden wäre. Thüngen, Anfangs März vom Podagra so geplagt,
dass er weder reiten, noch fahren konnte, beabsichtigte die Truppen
nicht früher aus den Quartieren zu ziehen, als bis feindliche Bewe-
gungen dazu veranlassten ^). Als sich auch in der letzten Woche des
März jenseits des Rheins noch nichts regte, war er mit vielen Anderen
der Meinung, die Franzosen würden sich blos abwehrend verhalten,
bis die Landung in Schottland ausgeführt und der Feldzug in
Spanien zu Ende sein würde ^). Aber schon die Meldungen, welche
FML. Harr seh aus Frey bürg in den ersten April-Tagen erstattete*),
bestimmten Thüngen, den entlegeneren Truppen Marschbereitschaft
zu befehlen und einig-e andere näher an die Linie zu ziehen. Der
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. 18; Fase. III. 1 und 13.
2) Thüngen an den Hofkriegsrath. Bruchsal, 2. März 1708; Kriegs-A.,
Römisches Reich 1708; Fase, III. 1.
') Thüngen an Prinz Eugen. Bruchsal, 27. März 1708. Kriegs-A., Römisches
Reich 1708; Fase. III. 11.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IV. ad 4 a und ad 4 b.
282
Herzog von W ü r 1 1 e in b e r p; ward aufgefordert, seine Truppen zu
concentriren. T Illingen war um meisten um die Gegend von Dobel
besorgt, avo die Befestigungs-Arbeiten noch ziemlich unvollendet. —
Gronsfeld endlich ward angewiesen, Alles, was von den Regimentern
Mercy und Lobkowitz *) marschtüchtig, unverweilt nach Villingen
rücken zu lassen'-). Als unterm 7. und 12. April General-Major H off-
in ann von Löwenfeldt aus Landau die Meldungen Harrsch's
— den Abmarsch mehrerer französischer Regimenter nach Flandern —
bestätigte und berichtete, Zweybrücken und Bergzabern (schwedische
Orte) sollten vom Feinde besetzt werden, verfügte Thüngen die Ver-
legung aller seiner Truppen in enge Cantonnirungen, eine Anordnung,
welche der Feldmarschall trotz der beruhigenderen Nachrichten der
nächsten Tage, nicht mehr widerrief). Schon am 20. waren die
Truppen theils bereits in den Cantouniruugs-Quartieren, theils im
vollen Marsche dahin.
Der Oberbefehlshaber der französischen Rhein-Armee, Marschall
V i 1 1 a r s, hatte, abgesehen von einer Reise nach Versailles, den ganzen
Winter an der Grenze verbracht und die Zeit dazu benützt, die beider-
seitigen Verhältnisse auf Grund vielfacher Kundschaftsnachrichten
für den nächsten Feldzug eingehend zu studiren. Für die bedrohlichste
Operation hielt er die von Rheinfelden unmittelbar oder durch das Gebiet
von Bern und Neufchätel nach dem Elsass führende. Für die Rhein- und
Lauter-Linie fürchtete er nichts. Jene der Saar war völlig in den Händen
der Franzosen; Bitsch und Homburg sehr stark befestigt. — Für die
Offensive ergaben sich zwei Richtungen : auf die Ettlinger Linien und
auf Hornberg (Kinzig-Thal). Die ersteren anzugreifen, war die Ver-
theidigung zu stark und zu wachsam. Die Unternehmung auf Hornberg
und Donaueschingen — übrigens auch nur als ein Raubzug in grösserem
Style geplant — war angesichts der Stellung der Reichstruppen bei
Ettlingen in Flanke und Rücken gefährdet. — Zu grossen Unter-
nehmungen hielt sich Villars zu schwach. Ein Raubzug nach Württem-
berg schwebte ihm als möglich vor. Eröffnen wollte der Marschall die
') Diese beiden Regimenter waren noch im März „nackt und bloss". Sie hatten
weder Montur, noch Stiefel, noch Rüstzeug. Es fehlte an Sätteln, wie an Gewehren.
Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. III. ad 2 g.
*) Thüngen an den Hofkriegsrath. Bruch.sal, 10. April 1708. Krieg.s-A.,
Römisches Reich 1708; Fase. IV. 4.
') Thüngen an den Hofkriegsrath. Bruch.sal, 'S. und 20. Ajiril 1708. Kriegs-A.,
Römisches Reich 1708; Fase. IV. 5 und 8.
283
Campagne am 15. Mai. Die ganze Cavallerie gedachte er hinter der
Kinzig zu versammeln und die Fouragirungen auf den schönen
Wiesen um Willstett zu beginnen *1.
Nach dem Scheitern der Expedition gegen Schottland musste
V i 1 1 a r 8 die Vorgänge auf dem linken Rhein-Ufer scharf im Auge
behalten, seine Verpflegung für die Campagne sicherstellen und die
Werke der festen Plätze in Stand setzen. Wie unbestimmt die Nach-
richten auch lauteten, welche über die Stärke der Verbündeten im
Reich, nach dem Elsass gelangten, alle schienen ihm dafür zu sprechen,
dass zwei Armeen gebildet werden würden: die eine am Rhein, die
andere an der Saar und Mosel. Jene würde sich defensiv benehmen,
diese durch Lothringen in die Champagne einzudringen suchen ■).
War die Versammlung der Reichs-Armee durch die falsche Nach-
richt von der Concentrirung der französischen Rhein-Armee und deren
Entsendungen nach Flandern veranlasst worden , so bestimmte um-
gekehrt die richtige Kundschaft von der Truppen-Zusammenziehung
zwischen Bruchsal und Philippsburg den hiedurch sehr beunruhigten
Marschall Villars zur gleichen Massregel. Er verfügte die Ver-
sammlung seiner Hauptkräfte hinter den Weissenburger Linien. Am
18. April hatte er, zu seiner unangenehmen Ueberraschung, vom Hofe
Befehl erhalten, die 15 besten Bataillone und ebenso viele Escadronen
nach dem Luxemburgischen abzusenden. Sie sollten durch 13 Batail-
lone und 14 Escadronen ersetzt werden, welche noch in der Franche-
Comte in den Winterquartieren lagen. Auf die Vorstellungen, welche
Villars im Interesse der „wichtigsten Grenze des Königreichs" am
20. April Ludwig XIV. machte, gab dieser 2 Infanterie- und 3 Caval-
lerie-Regimentern Gegenbefehl; der Ersatz für die am 20. nach Luxem-
burg in Marsch gesetzten, konnte die Linien an der Lauter freilich
erst zwischen 11. und 15. Mai erreichen. Inzwischen hatte Ludwig XIV.
beschlossen, Villars nach der Dauphine zu versetzen und an die
Spitze der Rhein -Armee den Ex - Churfürsten von Bayern, mit
Marschall Berwick au der Seite, zu stellen'). Bis zu ihrem Ein-
treffen führte nun Du B o u r g das Commando *).
Im Hauptquartier der Reichs-Armee war man, dank dem treff-
lichen Kundschafts- und Nachrichtendienste, welchen namentlich General-
*) Archives du depot de la guerre, vol. 2091, Nr. 79. Memoires militaires
(Pelet) VIII.
2) Memoires militaires (Pelet) VIII.
■*) Siehe Kriegsjjläne und Wahl der Feldherren S. 49.
*) Memoires militaires (Pelet) VIII.
284
Major Hoff mann zu Landau eingerichtet hatte, von den Vorgängen
im Elsass im Wesentlichen wohl unterrichtet. Man wusste aus Hoff-
mann's Meldungen vom 26. und 28. April, 1. und 3. Mai *), welche
andere bestätigten, dass der Feind sich an der Lauter und hei Fort
Louis concentrire, Brückenmaterial Rhein-ahwärts gegen Wirth und
Schreck geschafft habe und dass ein bedeutendes feindliches Detache-
ment nach der Saar und der Mosel ziehe. Thüngen meinte hiernach
seine Truppen noch enger versammeln zu sollen. Am 8. Mai hatte die
Reichs-Armee solche Stellungen inne, dass sie jedem feindlichen Angriffe
getrost entgegensehen mochte ^). Die Besatzung des zumeist bedrohten
Landau zählte 4160 Mann Fussvolk, 156 Reiter, 50 kaiserliche Artil-
leristen und 30 Mineure, endlich 27 Mann der ehemaligen Renner'schen
Frei - Compagnie ^). Die Garnison von Freyburg aber bestand aus
5296 Mann, worunter freilich nur 3523 Dienstbare *). Dabei verfügte
H a r r s c h in diesem Platze von acht Bastionen und zwei weitläufigen
Schlössern, bei einer Dotation von 68 Geschützen und 12 Mörsern, nur
über 36 Büchsenmeister ^).
In den ersten Tagen des Mai hatte man frauzösischerseits noch
keine Entschlüsse für den Feldzug gefasst, eine natürliche Folge des
unzeitigen Commando- Wechsels. Vi 11 ars, befi'agt, scheint gerathen zu
haben, die Armee ehestens zwischen Drusenheim und Fort Louis zu
versammeln, — Berwick dagegen entwickelte den Gedanken, die
Lauterburger Linien durch ein ausreichendes Corps zu decken, die
Armee aber auf dem rechten Rhein-Ufer hinter der Einzig zusammen-
zuziehen und dann einen Versuch zu machen, die Linie von Ettlingen
zu forciren "J.
Inzwischen hatte D u B o u r g auf die Nachricht , dass sich
zwischen Villingen und Rothweil ein beträchtliches Corps sammle,
') Kriegs-A., Rüniisdies Reich 1708; Fase. IV. ad 10 b; Fase. Y. ad 1 c, ad 4e
und ad 4d.
^) Tliiiiigen an den Hofkriegsratli. Bruclisal, 4. und 8. Mai 1708. Krie<fs-A.,
Küiiiisehes Reich 1708; Fase. V. 4 und 6.
^) Truppenkörper: Nassau-Weilhurg, HofFmann v. LöweufeMt, Olnist von Sachsen
und Obrist von Uslar. Die 96 kaiserlichen Huszareu gehJirten den Reginiontern
Kolunits, Eszterhazy und Lehoczky au, der Rest der Reiterei der iuistlich Anlialt'schen
Compagnie zu Pferd. Krieg.s-A., Röuiisclies Reich 1708 ; Fase. V. 8.
*) Sie gehörten den Regimentern Erlaeh, Nideroest, Baden, Salzburg, dem
bayerischen Kreis-Bataillon und Ilildesheim an. Krieg.s-A., Römisches Reich 1708;
Fase. V. ad 6 a.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708 ; Fase. IV. ad 3 a.
•) Memoires niilitaires (Pelet) VIII.
285
bestimmt, nach Freyburg zu rücken, am 13. Mai nach Alt-Breisach
vier Escadronen gesandt und einige aus der Franche- Conitc heran-
kommende Truppen in der Gegend von Colmar Halt machen lassen.
Um den unteren Elsass war er weniger besorgt, da zwischen Sti-ass-
burg und Weissenburg-Lauterburg bereits 47 Bataillone und 45 Esca-
dronen lagen. Berwick am 16. Mai zu Strassburg 'j angekommen,
billigte die Anordnungen Du Bourg's, sowie dessen Absicht, auf dem
rechten Ivhein-Ufer bei Kehl ein Reiter-Corps lagern zu lassen. Am
17. Mai überschritt sonach der Marquis de Vi v ans mit 19 Esca-
dronen, welche aus der Landschaft Messin und der Franche - Comte
gekommen waren, den Rhein und lagerte sich unter den Kanonen von
Fort KehP).
FML. Mercy hatte inzwischen seine Regimenter aus den
Dörfern in ein Lager gezogen. Am 19. Mai erliess Thüngen an
ihn den Befehl, mit seinem fliegenden Corps, ohne weitere Weisungen
einzuholen, den Umständen gemäss, aber im Einklänge mit La Tour
und Rei Schach zu handeln. Das Zimmer'sche Regiment sollte auf
dem Dobel verbleiben, der Verpflegsbedarf auf Landesfuhren nachge-
schoben werden, ein einzurichtender Ordonnanz-Curs die rasche Verbin-
dung vermitteln. — An demselben Tage, da Thüngen diese Dispo-
sition traf, war La Tour mit den Regimentern Mercy und Lobkowitz
im Marsche auf Hornberg, das er am 20. erreichen sollte und wohin
sowohl der GrWM. Baron Roth, als auch General-Major vonPfuel
dirigirt waren '^ ). Diese Verschiebung der Reichstruppen gegen die Ett-
linger Linien war um so uothwendiger, als die Concentrirung der Mosel-
Armee, seit dem 9. Mai im Werke, ihr bedeutende Kräfte entzogen hatte.
Am 21. Mai hatte Thüngen noch kein förmliches Lager schlagen
lassen, jedoch stand Alles unter Zelten und den Linien so nahe, dass
ein kräftiger Widerstand möglich war *j.
Formirung" der Mosel- Armee. — Saint-Fremont's Entsendung"
nach Homburg-. — Max Emanuel's Lagerung bei Licbtenau.
Am 6. Mai hatte nämlich Feldmarschall Thüngen vom Prinzen
Eugen Befehl erhalten, die zu seiner Armee bestimmten Truppen
') Am 18. Mai dem FML. Keiscliach iu Freudenstadt schon bekannt. Kriegs-A.,
Römisches Eeich 1708", Fase. V. ad :iO h.
2) Memoires militaires (Pelet) VIII.
^) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. V. ad 20 b und c.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. V. 20.
286
der Reichs-Armee unverzüglich abrücken zu lassen. Demgemäss war
Obrist Baron Hauben angewiesen worden, mit den zwei besten Batail-
lonen und der Grenadier-Compagnie des Regiments Baden am 9. Mai
von Frevburg schleunigst nach Philippsburg zu rücken, um von dort
aus im Vereine mit zwei Bataillonen des Regiments Thüngen und den
zwei im Solde des Kaisers stehenden würzburgischen Regimentern
nach Nastetten (zwischen Cobleuz und Rhcinfelsj zu raarschiren.
Nach der am 10. Älai zu Bruchsal ausgefertigten Marschroute sollten
diese Truppen von Philippsburg aus über Brühl, Mannheim, Lampert-
heim, Rohrheim, Erleiden, Treburg und Ostheim nach Kostheim rücken,
wo sie am 7. l^Iarschtage den Main überschreiten und weitere Weisungen
erhalten sollten '). Ebenso hatten, nach den im April getroffenen Ver-
einbarungen, die 4100 zu Oesterreichs Contingent gehörigen Chur-
pi'älzer, und zwar die im Neuburg'schen bequartierten am 5., die am
Ober -Rhein stehenden am 10. Mai nach Nastetten aufzubrechen, wo
sie spätestens am 25. Mai einzutreffen hatten.
Die im Solde der Seemächte stehenden chursächsischen Truppen
hatten seit 7. April Marschbereitschaft ^). Am 10. Mai wurde im
Einvernehmen mit den Abgeordneten von Chur-Mainz, Chur-Pfalz
und Darmstadt ihre Marschroute nach dem Versammlungsraum fest-
gestellt.
Die hessischen Truppen hatten sich derart in Marsch zu setzen,
dass sie spätestens am 25. Mai zwischen Rheinfels und Coblenz ein-
trafen.
Der Marsch der kaiserlichen Reiter-Regimenter nach dem Mittel-
Rhein ward derart geregelt, dass die aus Italien gekommenen, jetzt in
Bayern stehenden Cürassier - Regimenter Pülffy und Falkenstcin über
Donauwörth und Hall instradirt wurden, oberhalb Ehrenbreitstein über
den Rhein zu gehen und nach Coblenz zu rücken hatten. Fels-Dragoner
marschirten aus Böhmen über Eger, Hanau und Frankfurt ebendahin,
wie Reising-Dragoner aus Oberösterreich über Ingolstadt und Hall.
Kollonits - Huszareu , auf der Postirung im SchwarzAvald, wurden am
16. Mai, Splenyi-Huszaren, aus Italien kommend, ein Monat später zvir
Mosel-Armee bestimmt. Die Feld-Artillerie, eventuell das „lederne
Brücken wcsen" und der Generalstab hatten von ihren augenblick-
lichen Standorten direct an den Rhein zu rücken, wo der Proviant-
Admodiator Mohr, nach den ihm vom General-Kriegscommissär Leopold
Grafen Schlik am 28. April ertheilten Weisungen zu Rheinfels und
'j Kriegs-A., Köinisclics Keicli 1708; Fase V. 7 und 10.
2) Kiiegs-A., Kömischos KeicL 1708; läse. IV. ad 4(1.
287
Cobicnz insgeheim einen dreissigtägigen Vorrath von 11.060 Brod-
und 6410 Hafer-Portionen derart bereitzustellen hatte, dass die Fassung
Ende Mai beginnen konnte *j.
Max Emanuel von Bayern traf am 21. zu Strassburg ein
und fasste alsbald den Entschluss, ein Corps von 14 Bataillonen und
23 Escadronen unter dem General-Lieutenant 8 a i n t-F r e m o n t ^), zur
Beobachtung des Gegners am 23. nach Homburg rücken und 9 Batail-
lone, welche aus der Landschaft Messin nach dem Elsass marschirten,
zu Bouquenom halten zu lassen, von wo sie später nach den Umständen,
entweder an die Mosel, oder nach dem Elsass dirigirt werden sollten.
Die letzten nach dem Ivhein bestimmten französischen Truppen konnten
mit ihren Verpflegstrains nicht vor dem 30. Mai an Ort und Stelle
sein. Die Gewitterwolke, welche an der Mosel sich zusammenzog
fesselte sofort das Auge des Ex-Churfürsten und bestimmte ihn zu
einem abwartenden Verhalten. Er gedachte den Feldzug in dem Sinne
zu eröffnen, dass er, wenn einmal über die Absichten und Gruppirung
der feindlichen Kräfte im Klaren, volle Freiheit des Handelns behielt.
Also beschloss er, das zu Kehl lagernde Cavallerie-Corps Khein-abwärts
marschiren, die übrigen Truppen den Strom bei Fort Louis über-
schreiten zu lassen und die ganze Armee zu Stollhofen zu concentriren.
Von Rastatt aus Hessen sich die feindlichen Linien recognosciren Eine
Kriegsbrücke bei Münchhausen geschlagen , sollte die Möglichkeit
sichern, rasch das linke Ufer zu gewinnen, wenn die Operationen
der Verbündeten dies erheischten. An eine Offensive in grossem Style
dachte auch Max Emanuel nicht. Ein „glorreiches und vortheil-
haftes" Ende des bevorstehenden Feldzuges, ein Festsetzen in der
Gegend von Heilbronn, wo sich bedeutende Contributionen einheimsen
Hessen, schien ihm nur dann möglich, wenn die Reichstruppen die
Stellung von Philippsburg aus irgend welchen Gründen aufgeben
mussten. Was aber konnte Frankreich dem Prinzen Eugen an der
Saar oder an der Mosel entgegenstellen, wenn die französische Rhein-
Armee einen Verstoss gegen Süddeutschland machte ? ')
Noch deutlicher sprach der Herzog von Berwick das Unbe-
hagen aus, das die Versammlung von Eugens Armee verursachte.
*) Kriegs-A., Kömisches Keicli 1708; Fase. IV. ad 4 und 5.
2) Nach dem Berichte Max Emauuel's an Philipp V., Strassburg, 2(3. Mai 1708
zählte Saint -Fremont's Corps 15 Bataillone und 20 Escadronen. Correspondenz etc.
») Der Ex-Churfürst von Bayern an Ludwig XIV. Strassburg, 25. Mai 1708.
Memoires militaires (Pelet) VIII.
288
Er legte dem Könige sogar oahe, das Detacliement 8 aiut-Fr emon t's
von Flandern aus zu verstärken ').
Ludwig XIV. genehmigte die Vorschläge Max Emanuel's
und B e r w i c k's. Die Versammlung von Enge n's Mosel- Armee hatte
alle Pläne und Dispositionen des französischen Monarchen verändert
Hatte er früher gehofft, seine Feldherren in den Stand setzen zu
können, offensiv vorzugehen, und sich geschmeichelt, sie würden so
gut wie gar keinen Widerstand finden, so sah er sich jetzt auf die
Defensive beschränkt und veranlasst, die Aufmerksamkeit des Herzogs
von Burgund auf die Moselgegend zu lenken, wohin er von der
Armee von Flandern unter Umständen den dortigen Kräften gleiche
zu detachiren hatte. Dem Ex-Churfürsten aber stellte er es anheim,
erforderlichenfalls mit dem grössten Theile der Truppen an die
Mosel zu rücken und B e r w i c k oder Du B o u r g am Rhein zu
belassen.
Am 24. Mai ging ein französisches Corps von 800 Pferden nach
Offenburg vor. Es brachte hier in Erfahrung, dass ein Theil der
gegnerischen Kräfte gegen die Mosel abmarschirt sei, dass der Chur-
fürst von Hannover demnächst am Rhein eintreffen werde und
dass die Linien von Ettlingen in gutem Vertheidigungsstand seien.
Später einlaufende Nachrichten drängten Max E m a n u e 1 von
Bayern zu einer raschen Entscheidung. Er konnte nun nicht zweifeln,
dass die Haupt-Armee der Verbündeten sich an der Mosel formire.
Also entschloss er sich, am Rhein 30 Bataillone und ebensoviele Esca-
dronen unter Du Bourg's Befehl zu belassen, mit dem Reste aber
demnächst zu S aint-Fremont zu stossen. Diesei" hatte am 27. zu
Bitsch gelagert und kam am 28. nach Hornbach, wo ihn der Befehl
erreichte, bei St. Johann nächst Saarbrücken Stellung zu nehmen. S aint-
Fremont ging am 29. nach Homburg, verweilte hier 24 Stunden
und rückte in zwei Älärschen nach Felckling unweit St. Johann,
wo sich am 2. Juni die Truppen, welche der Ex-Churfürst ihm zu-
disponirt hatte, mit ihm vereinigten. Er verfügte mit diesen über 36 Ba-
taillone und 52 Escadronen.
Die bei Kehl gelagerten Truppen kamen am 29. nach Bischofs-
heim und am 31. nach Lichtenau, wo die übrigen Truppen der Armee
zu ihnen stiessen. Sie zählte ausser den 9 Bataillonen und 6 Esca-
dronen unter P e r y, welche in den Linien an der Lauter *) geblieben
waren, 31 Bataillone und 82 Escadronen.
') ßcrwifk an Liidwijj XIV. Strassliiirjr, 23. Mai 1708. Meiiioircs niilitaires
(Pelet) VIII.
■'j Mt'moires militaircs (Pulet) VIII.
289
Zwei Tage nach dem Erscheinen der 800 französischen Pferde
vor Uffenburg stand FML. L a T o u r zu Krum-Schiltach, im Qiiell-
gebiet der Kinzig, die Regimenter Mercy und Lobkowitz erwartend,
welche an diesem oder dem folgenden Tage zu ihm stossen sollten.
Von Feldmarschall T h ü n g e n am 28. Mai angewiesen, im Falle eines
Angriffes der Franzosen auf die unteren Linien, den General Roth
mit einigen Bataillonen und einem Dragoner-Regiment in dem Postirungs-
Abschnitt St. Peter-Schiltach zu belassen, selbst aber mit dem Reste ihm
zu Hülfe zu eilen, glaubte La Tour diesen Fall eingetreten, als er
am 3L Mai die Bestätigung der Nachricht erhielt, der Feind sei gegen
Lichtenau und Schwarzach marschirt. Er befahl daher dem General-
Major von Pfuel am L Juni mit dem Regimente Erbprinz und dem
Leib-Regiment Dragoner über Altensteig und Neuenburg gegen Ettlingen
zu rücken, wohin La Tour selbst an diesem Tage über Horb, Weil
die Stadt und Pforzheim zu marschiren gedachte. Dasselbe Ziel gab er
dem FML. Mercy'). Kaum hatten die Truppen sich aber in Bewegung
gesetzt, als auch schon von Thüngen Befehl kam: alle Truppen
La Tour 's hätten unverzüglich auf ihre früheren Posten zurück-
zukehren ^). Wiewohl Thüngen von dem General-Major Hof f mann
Kunde bekommen hatte, dass Saint- Fremont vonHagenau gegen Bitsch
abgerückt wäre und dass weitere Verstärkungen nachfolgten; wiewohl
Kundschafter meldeten, die französische Rhein-Armee wäre durch Ent-
sendungen schon so geschwächt, dass sie kaum fähig sei, etwas zu
unternehmen ^) — hielt der Feldmarschall daran fest, sie trage sich
mit Absichten gegen die Schwarzwald-Linien. In dieser Auffassung
war er umsomehr geneigt, einer Mittheilung Glauben zu schenken,
welche Graf Traut tm ans dorff am 1. Juni von Waldshut aus
ihm hatte zukommen lassen und welche lautete: Max Emanuel
beabsichtige, die Reichs-Armee durch fortwährende Alarmirungen zu
ermüden, um bei guter Gelegenheit durch den Schwarzwald nach
Bayern durchzubrechen *). Als Thüngen endlich am 5. Juni von
Kundschaftern erfuhr, der Feind habe am Morgen das Lager von
Lichtenau abgebrochen und sei hinter den Rhein zurückgegangen, bei
Schwarzach nur 12 bis 14 Bataillone belassend, verständigte er liievon
sofort die ganze Linie mit dem Bedeuten, der Ex-Churfürst mache
zwar Miene, gegen die Mosel zu marschiren, werde sich aber plötzlich
*) Kriegs-A., Römisclies Reich 1708 ; Fase. VI. ad 6 b imd ad 6 c.
■^) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VI. ad 6 e.
') Kriegs-A,, Römisches Reich 1708; Fase. V, ad 27 6; Fase. VI ad 1 f , ad 6 c,
ad 6 f und ad 6 k.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VI. ad 7 und ad 8.
FeldzUge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 19
290
nach Ober-Elsass wenden und bei Alt-Breisach oder Hüningen über
den Rhein gehen, um die Schwarzwald-Linien zu durchbrechen. Der
Feldmarschall empfahl, untereinander stets Verbindung zu halten, den
Feind scharf zu beobachten, seinen Bewegungen entsprechend zu
folgen und dann derart anzuschliessen, dass nirgends eine Oeffnung
entstehe. Für das Frikthal und die Waldstädte besorge er nichts,
da Frankreich die Schweiz neuerdings versichert habe, die Neutralität
achten zu wollen. Man könnte daher selbst einige Abtheilungen
Schweizer von dort zur Hülfe heranziehen ').
Abbruch des Lagers von Liclitenau. — Besetzung: der Lauter-
Linie. — Verstärkung Saint-Fremont's.
Im Hauptquartier der französischen Rhein-Armee trug man sich
aber — wie bereits bekannt - — mit ganz anderen Gedanken, als
T h ü n g e n ihm imputirte. Man hielt sich hier vor Augen, dass der Feld-
marschall in den Ettlinger Linien nur 25 Bataillone und 30 Schwa-
dronen befehlige, dass alle übrigen Truppen aber Castellaun zu-
strömten. Hiernach hielt man Trier, Homburg oder Saarlouis für das
nächste Object der gegnerischen Hauptkraft.
Saint- Fremont, entschlossen bei Felckling scharf beobachtend
stehen zu bleiben, legte sich sein Handeln nach diesen drei Operations-
Richtungen zurecht. Am 3. verstärkte er die Besatzung Homburgs
um ein Bataillon und 150 Pferde; sie sollte dadurch befähigt werden,
gegen Kübelberg und Kussel zu entsenden. Da Saint-Fremont weder
zu Coblenz, noch zu Rheinfelden, noch endlich zu Kaiserslautern Ver-
pflegs- Vorkehrungen in grossem Style wahrzunehmen vermochte, schloss
er, der Feind beabsichtige bei Trarbach über die Mosel zu gehen
und die Vereinigung mit der Armee in den Niederlanden anzustreben.
B e r w i c k war anderer Ansicht. Er muthmasste ein Zusammenwirken
Prinz Eugen's mit dem Churfürsten von Hannover und dem Herzog
von Marlborough an der Mosel -Linie, welcher daher die vor-
nehmste Aufmerksamkeit zuzuwenden sei. Max Emanuel, derselben
Ansicht wie B e r w i e k, fand den Zeitpunct gekommen, die Leitung
dortselbst persönlich zu übernehmen und eine weitere Verstärkung
dorthin zu führen, welche ihm die numerische Ueberlegenheit sichern
mochte. In dieser Absicht hatte er das Lager von Lichtenau am
5. Juni abgebrochen, den Rhein überschritten und seine Armee nach
') Kriegs-A., Kömisches Reich 1708; Fase. VI. ad 8 b.
I
291
Hagenau geführt. Du Bourg war an demselben Tage nach Seltz
am Rhein gerückt und hatte am folgenden die Linien der Lauter
bezogen. 30 Bataillone und 37 Escadronen waren unter seinem Befehle
bestimmt, diese Vertheidigungs-Linie zu behaupten.
Max E m a n u e 1 und B e r w i c k eilten über Pfalzburg,
Saargemünd nach Felckling, wo sie am 9. eintrafen. Die Truppen,
welche ihnen unter d'Hautefort dahin zu folgen hatten, konnten
des anhaltenden Regens wegen von Hagenau erst am 7. abrücken ;
sie kamen am 8. und 9. nach Bouquenom und Sarralbe, wo sie so
lange verbleiben sollten, bis die Absichten des Feindes deutlich hervor-
treten würden. Die 57 Escadronen Saint-Fremont's wurden nach
Siersberg dirigirt, seine ganze Infanterie aber in die Ebene von Saarlouis.
Saint- Fremont wäre dafür gewesen, einen Verstoss gegen Kyrn
zu machen, um die Verbündeten auf Coblenz oder Mainz zurück-
zuwerfen; Max Emanuel und Berwick hielten Vorsicht für
gerathener.
Während beide Feldherren die verschiedenen Eventualitäten ihrer
schwierigen Aufgabe beriethen, erhielt Saint-Fremont Nachricht, pfäl-
zische Truppen, welche schon bei Bingen gestanden und die, wie man
glaubte, zur Mosel- Armee bestimmt waren, marschirten Rhein-aufwärts.
Gleichzeitig meldete Du Bourg den Marsch anderer pfälzischer
Truppen von Mannheim gegen Philippsburg und verlangte Verstärkung.
Sie ward ihm gewährt. Am 13. rückte Vieuxpont mit 7 Batail-
lonen und 6 Escadronen von Bouquenom nach Ingweiler, wo er am
folgenden Tage eintraf *) ; er war hier beiden Gruppen gleichmässig
zur Hand.
Du Bourg, welcher unter seinem unmittelbaren Befehl nur
28 Bataillone und 33 Escadronen zählte, fürchtete indess weniger die
Ueberlegenheit des Churfürsten von Hannover, als vielmehr eine
Operation Eugen's über Kaiserslautern oder über Kreuznach auf
Landau. In diesem Falle wünschte er, dass die Armee des Ex -Chur-
fürsten statt zu Saarlouis, zu Saargemünd oder, noch besser, zu
Bouquenom stünde. Aber Max Emanuel und Berwick dachten
anders. In Ausführung ihres früheren Entschlusses lagerten sie am
18. Juni, 28 Bataillone und 46 Escadronen nächst Saarlouis, schoben
12 Bataillone und 11 Escadronen mit der Artillerie nach Forbach und
beliessen 42 Escadronen zu Saargemünd *).
^) Leyen berichtet darüber am 29. Juui. Kriegs-A., Römisches Reich 1708;
Fase. VII. ad 1 c.
*) Memoire« militaires (Pelet) VIII.
19*
292
Wiewohl man im Hauptquartier der Reichs- Armee über die Bewe-
gungen des Feindes, wie gewöhnlich, sehr gut unterrichtet war ' ),
liess man die Franzosen ihre Kräfteverschiebungen ganz ungestört
ausführen.
Auf der Reise zur Armee begriffen, traf Georg Ludwig von
Hannover am 9. Juni zu Frankfurt mit dem Prinzen Eugen
zusammen. Vergebens versuchte der Churfürst, des Prinzen wahren
Operationsplan zu erfahren*). Zu hoch schätzte Eugen den Werth
seines Geheimnisses ! Beliess er den Churfiirsten in dem Glauben an
eine Cooperation; regte der mächtige Rückhalt, welchen die Mosel-
Armee Eugen's zu gewähren schien, jenen zur Offensive an, die nach
der inneren Natur der Reichs - Armee niemals überkühn ausfallen
konnte ; band letztere dadurch grössere feindliche Kräfte : so kam dies
Eugen wesentlich zu gut. Im Interesse der Hauptaction musste der
Churfürst in der Täuschung erhalten werden, was in der That voll-
ständig gelang.
Von Offensiv-Gedanken erfüllt, traf Georg Ludwig am 14. Juni
bei der Armee ein, welche, da T h ü n g e n krank , von dem frän-
kischen General Erffa vorgeführt wurde. Sie zählte 37 Bataillone
imd 63 Schwadronen ^). Die Truppen waren an sich gut, aber es fehlte
an Artillerie, Munition und an Allem, was eine Armee operationsfähig
macht, insbesondere an Geld. Die Reichsoperations-Casse war leer.
Gleich am Tage nach seinem Eintreffen bat Georg Ludwig den
Kaiser, da es an Reiterei sehr mangle, ohne genügender Zahl an selber,
Offensiv-Operationen unausführbar, das Dragoner-Regiment Prinz Eugen,
das aus Italien gezogen ward, zur Reichs-Armee stossen zu lassen.
Des Churfiirsten nächste Sorge ging dahin, die Bespannungen der
Artillerie und des Brückentrains aufzubringen und durch Verladung
eines dreiwöchentlichen Vorrathes an Brod und Mehl auf Fuhrwerken
die Armee von den stehenden Magazinen unabhängig zu machen. So
wie dies der Fall, gedachte der Churfürst an die Invasion des Elsass
zu schreiten. Zu diesem Ende sollte der zu Freudeustadt lagernde
FML. Mercy mit seinem und dem Cürassier-Regiment Lobkowitz
nebst einigem Fussvolk, mit Hülfe der bereits Rhein-aufwärts dirigirten
„ledernen Schiffbrücke^', von Freyburg aus oberhalb Breisach über
den Strom gehen, gleichzeitig aber die Armee, so stark sie nur formirt
*) Kriegs-A., Komisches Keieli 1708; Fase. VI. ad 8 c, ad 8 d, ad 10 a und d,
ad 12 a und b, ad 13.
*) Siehe den Bericht an den Kaiser. Frankfurt, 11. .Juni 1708. Supideinent-
Heft, S. 112, Nr. 69.
*) Siehe den Anhang.
293
werden konnte, im Rheinthale aufwärts rücken, um über eine weni<i;e
Stunden oberhalb Strassburg zu schlagende Brücke gleichfalls in den
Elsass zu dringen. Die Verwirrung des Feindes zu vermehren und
vielleicht auch M e r c y's Rhein-Uebergang zu protegiren, war vom
Genei'al d'Arnan ein ,,geheimer Anschlag" ausgeheckt worden. Sechs-
hundert kaiserliche Soldaten sollten in Bauerntracht die neutrale Schweiz
durchschleichen, an der französischen Grenze zusammenstossen, bewaffnet
werden und in die Franche-Comte einbrechen, wo ein wegen Religions-
Verfolgung ausgewanderter Officier, Namens La Braconniere, einen
Aufstand zu erregen sich angeboten hatte. Zur Bewachung der Linien
und Sicherung der rückwärtigen Lande sollte ein Theil der Armee
zurückbleiben.
Diesen complicirten und an sich schwachen Plan hatten die
Generale H a r r s c h, M e r c y und d'A ]■ n a n im Auftrage des Chur-
fürsten in eine praktische Form zu bringen. Da mau im Hauptquartier
selbst dafür hielt, dass er nur dann ausführbar sei, wenn die Mosel-Armee
Eugen's den Feind völlig binde, sandte man zur Erzielung einer
genauen Uebereinstimmung den kaiserlichen GWM. von Weiters-
heimb in das Hauptquartier des Prinzen. Jener hatte sein Ziel noch
nicht erreicht, als dem Churfürsten mit einem Schreiben Marlborough's
von Prinz Eugen die Mittheilung zukam, er sei mit der Mosel- Armee
im Marsche nach Flandern.
Am 19. und 20. Juni liefen im französischen Hauptquartier um-
ständliche Berichte über die Stärke, die Vertheilung und die Absichten
der Verbündeten ein. Man erfuhr, Prinz Eugen habe sich nach einer
Zusammenkunft mit dem Churfürsten von Hannover nach Schlangen-
bad begeben, wo er sich noch aufhalte. Der Churfürst von Hannover
sei nach Heidelberg zurückgekehrt. Alle Anordnungen der Verbün-
deten zielten auf die Belagerung von Homburg und Bitsch ab. —
Sofort beschloss Berwick, die zu Saargemünd, Forbach und Ing-
weiler stehenden Truppen zu Blieskastel zu versammeln. Am 25.
standen 18 Bataillone und 65 Escadronen daselbst; Saint-Fremont
mit 17 Bataillonen und 40 Escadronen war zu Saarlouis verblieben;
de Lee endlich mit 1 1 Bataillonen zu St. Johann bei Saarbrücken. Der
Grundgedanke auch dieser Bewegung war ein rein defensiver. Man
wollte allen denkbaren Operationen der Verbündeten unter möglichst
günstigen Bedingungen entgegentreten können ').
*) Umsonst vei'siclierte Veudoiue in einem Schreiben vom 15. Jmii 1708 aus
dem Lager zu Braisue (Memoires militaires [Pelet] VIII.), Prinz Eujion's Armee
294
Sowie das Lager von Blieskastel eingerichtet war, besichtigten
Max Eraanuel und Berwick Homburg, Sie fanden den Platz
in gutem Vertheidigungstande und in der Nähe eine vortreffliche
Armee-Stellung. Berwick glaubte Ludwig XIV. bezüglich Hom-
burgs und der Linien an der Lauter beruhigen und ihn versichern
zu können, dass er einen Versuch Eugen's die Saar zu überschreiten,
rechtzeitig verhindern werde. — Gleichzeitig beruhigte er Du Bourg
über die von ihm befürchteten Operationen Eugen's. Die Ueber-
schreitung der Nahe durch den Letzteren, würde genügende Zeit
gewähren, dem Elsass zu Hülfe zu kommen.
Welche Gründe den Prinzen Eugen abhielten, sich au die
Spitze seiner Armee zu setzen, warum diese letztere ihre Versamm-
lung so auffallend langsam vollzog, vermochte man im französischen
Hauptquartier nicht zu enträthseln *).
könne nicht mehr als 26.000 Mann zählen. Es sei demnach zn hoffen, die Rhein-
Armee werde daher nicht nur in der Lage sein, den Unternehmungen Eugen's
entgegenzutreten, sondern ihn selbst zu schlagen suchen. Berwick antwortete hier-
auf am 22. Juni aus dem Lager von Saarlouis : Die Feinde, der Churfürst von
Hannover und Prinz Eugen, sind zum mindesten so stark, wie wir. Wenn man
will, dass wir angriffsweise verfahren, muss man uns hiezu befähigen, d. h. uns
überlegen machen; „denn Sie wissen besser als irgend jemand, dass dies mit
gleichen Kräften nicht angeht". „Zwischen der Mosel und dem Rhein können wir
nichts unternehmen. Erstens weil die feindlichen Plätze zu entfernt sind und das
Land so schlecht, dass es uns sehr schwer, um nicht zu sagen, unmöglich wäre, zu
subsistiren, namentlich, wenn man nicht vom Winter her darauf vorbereitet. Zweitens
weil der Feind, der ebenso stark ist, wie wir, überall Stellungen findet, uns aufzu-
halten, wenn er schon nicht schlagen will. Das Land eignet sich hiezu besser als
eines, denn überall zeigt es Wälder, Engpässe, Berge. Die Seitenwege sind fast un-
benutzbar, so dass man genöthigt ist, sich an die grossen Strassen zu halten . . ." „Am
Rhein aber vermöchten wir vor Bezwingung der Ettlinger Linien, welche unmöglich
ist, wenn die Armee dort steht, nicht das geringste Ziel anzustreben ; aber selbst
angenommen, die Linien würden aufgegeben oder forcirt, was beginnen wir, wenn
die Feinde sich auf Philippsburg repliiren? Sollen wir ohne Plätze, ohne Magazine
in ein feindliches Land eindringen? Werden wir uns darin festsetzen können, wenn
wir im Rücken einen Feind belassen, der uns jede Verbindung mit Frankreich ab-,
schneiden wird ? Sollen wir den Chiirfürsten von Hannover und den Prinzen Engen
in ihrem Lager bei Philippsburg angreifen? Die Manöver, welche wir ausgeführt,
haben wir in der Absicht gemacht, Ihnen die Ueberlegenheit, welche Sie über den
Herzog von Marl})orough besitzen, zu bewahren .... Wir werden den Churfürsten
von Hannover und den Prinzen Eugen beobachten und ich hoffe, sie werden uns
nicht erdrücken können. Wenn sie zu Marlborough Verstärkung entsenden , werden
wir ein Gleiches thun " Memoires militaires (Feiet) VIH.
') Memoires militaires (Pelet) VIH.
295
Die Concentrirung der Mosel-Armee. — Ihr Abmarsch nach
Maastricht. — Berwick's Parallelmarsch g-egen Namur.
Die Versammlung der Mosel-Armee hatte sich in der That fünf
Wochen später vollzogen, als Prinz Eugen mit dem Herzog von Marl-
b 0 r o u g h im Haag vereinbart hatte. Statt am 20., spätestens am
25. Mai, marschbereit zu sein, war sie es erst am 28. Juni.
Charakteristisch für die Schwierigkeiten, welche Prinz Eugen
als Armee - Commandant zu besiegen hatte, sind die mannigfachen
Ursachen, welche der so verspäteten Versammlung der MoselArmee
zu Grunde lagen.
Was zunächst das kaiserliche Contingent derselben be-
trifft '), so fehlte es, wie allezeit, an Geld, die Regimenter schlagfertig
und marschbereit zu machen. Im April 1708 wusste das Feld-Kriegs-
commissariat noch nicht, ob und wie das Erforderniss für die Mosel-
Armee (499.031 Gulden) bedeckt werden würde. Dabei hatte z. B. das
Regiment Baden in zwölf Monaten nur für zwei Bezahlung erhalten.
Die den Regimentern in den einzelnen Erblanden angewiesenen Summen
mussten zum Theile noch im Mai im Wege der Militär -Execution
eingetrieben werden. Der Zustand der kaiserlichen Artillerie im Reiche
war, wie bereits erwähnt, ein jämmerlicher.
Wiewohl es dem Regimente Baden an Geld, Monturen, Zelten
und allen sonstigen Erfordernissen gefehlt, hatte es sich doch gleich
nach Erhalt des Marschbefehls in Bewegung gesetzt und schon am
10. Mai Pforzheim erreicht. Das Regiment Thüngen war am 16., die
beiden würzburgischen Regimenter waren am 18. Mai von Philipps-
burg aufgebrochen. Als Prinz Eugen zu Frankfurt eintraf (10. Juni),
waren diese vier Regimenter bereits an der Mosel vereinigt.
Von der kaiserlichen Reiterei erreichten die Cürassier-Regimenter
Palffy und Fels zuerst den Sammelraum. Palffy - Cürassiere hatten
am 3. Juni Donauwörth passirt, kamen am 15. in die Gegend von
Frankfurt, aber erst am 24. nach Guntershausen. Der hessische Com-
mandant von Rheinfels, General Wersiers, hatte dem Regimente
den Uebergang über die dortige Brücke verwehrt, der Erbprinz von
Hessen aber, um Abhülfe angegangen, erklärt, ohne Vorwisseu seines
Vaters nichts verfügen zu können. Prinz Eugen hatte sich brieflich
an den Landgrafen wenden und die gute Mannszucht seiner Truppen
damit verbürgen müssen, dass er selbst am 21. in jene Gegend komme*).
') Siehe Rüstungen S. 64 u. 67.
*) Siehe Supplement-Heft, S. 123, Nr. 77.
296
Endlich liess der Landgraf sich erweichen. Inzwischen aber hatte
Fels von Coblenz eine iiieo;ende Brücke nach Braubach bringen
lassen, wo sein Regiment überging.
Falkeustein - Cürassiere hatten Donauwörth am 6. Juni passirt
und defilirten am Morgen des 25. über die Brücke von Rheinfels').
Reising- - Dragoner erreichten erst am 21. Juni Helmstädt im
Odenwald, gingen am 25. zu Rüsselsheim und Kostheim liber den
]\rain und am 27. zu Rheinfels über den Rhein.
Die zur Mosel- Armee bestimmten 12 Feldgeschütze zogen am
26. Juni Morgens von Ettlingen nach Coblenz ab.
Was endlich die Beistellung der Fuhrwerke und Bespannungen
für den Transport der Artillerie, Munition und Requisiten und schliess-
lich der Verpflegsvorräthe anlangt, so erklärten sich Chur- Mainz,
Trier, Cöln, der oberrheinische Kreis (und nachträglich auch Chur-
Pfcüz) erst auf dem Congresse von Coblenz (4. Juni) hiezu gewillt.
Anderer Art waren die Schwierigkeiten, welche die Reichsfürsten
erhoben, deren Contingente zur Mosel - Armee stossen sollten. Das
hessische Contingent *) hatte seinen Sammelplatz Nastetten zwar
schon am 13. Mai verlassen, um nach Castellaun zu rücken. Der
Erbprinz von Hessen weigerte sich aber, wie bereits erwähnt, unter
dem Befehle des Feldmarschalls Grafen von Nassau- Weil bürg zu
dienen und machte geltend, die Seemächte hätten zugesagt, er werde
unmittelbar hinter Prinz Eugen rangiren. Mitte Juni noch drohte
der Landgraf, er werde, falls der Erbprinz kein selbstständiges Com-
mando erhalte, seine Truppen gar nicht marschiren lassen.
Die chur sächsischen Truppen ') hatten gleichfalls am 13.
und 14. Mai schon ihre Quartiere verlassen und standen, wie das
kaiserliche Fussvolk, am 10. Juni bereits an der Mosel.
Am meisten hatte die rechtzeitige Versammlung der Armee das
ch urpfälzische Contingent*) verzögert. Die 12 Bataillone und
15 Schwadronen desselben waren im April, theils in den Aemtern
Heidelberg, Mosbach und Bretten, theils im Neuburgischen gestanden.
Der Churfürst von der Pfalz, entschlossen, sein Contingent nur dann
an den Operationen der Mosel-Armee theilnehmen zu lassen, wenn
*) Da der das Rejiiiiient befrleiteude kaiserliche Kriegs -Commissär Gundel
die Durchzugskost sammt Vorspann-Gehühren (1938 H. 48 kr.) uicht baar bezahlen
konnte, wurde er von General Wersier.s in Haft genommen, in welcher er bleiben
sollte, bis die Forderung beglichen.
2) Siehe Rüstungen 8. 89.
=«) Siehe Rüstungen S. 90.
*) Siehe Rüstungen S. 87.
297
die Belehnunf^ mit der Ober-Pfalz thatsächlich erfolgt, Hess seine
Regimenter dem Sammelplatze nur in dem Masse näherrücken^ als die
Belehnungs-Frage der endliehen Lösung näher zu kommen schien;
er stellte ihre Bewegung aber sofort ein, wenn ein neues Hinderniss
jene Frage zu verschleppen drohte. Als im Mai die Belehnung in Sicht
war, gab er dem mit den Regimentern Isselbach, Sachsen-Meiningen,
Hatzfeld und Vell im Neuburgischen (an der Donau) stehenden Christ
Hund he im Befehl, bis Frankfurt zu rücken; dem Feldmarschall
Grafen von Nassau -Weilburg aber stellte er am 26. Mai anheim,
mit den übrigen im Churfürstenthum Pfalz stehenden Truppen (Grena-
dier-Regiment, Volkershofen, Lindenfels, Nassau-Preussen, Leib-Regiment,
Wittgenstein und Hann) demnächst bei Mainz und Coblenz über
den Rhein zu gehen. Als aber in den „Gerechtsamen Böhmens" ein
neues Hinderniss der Belehnung aufstieg, wies der Churfürst seinen
Feldmarschall an, zu Kostheim solange stehen zu bleiben, bis die
Belehnung erfolgt sei. Unter diesen Umständen kam der Befehl
E u g e n's vom L Juni, welcher dem Feldmarschall vorschrieb, die
gesammten Pfälzer so rasch wie möglich an die Mosel zu bringen und
dafür zu sorgen, dass die ganze Armee mit viertägigem Brod- und
Hafer- Vorrath versammelt und marschbereit werde, nicht zur Aus-
führung. Zu Frankfurt eingetroffen, beschwor der Prinz den Chur-
fürsten, seine Truppen weitermarschiren zu lassen. Er verwies auf die
augenscheinliche Gefahr, in welcher die wenigen, auf dem linken
Rhein-Ufer stehenden Truppen schwebten, vom Feinde übermächtig
angefallen zu werden ; er wäre in diesem Falle gezwungen, sie wieder
hinter den Strom zu ziehen, indess die Verbündeten in ihn drängen,
die Operationen, wie vereinbart, zu beginnen '). Wiederholt bat er den
Kaiser, die Restitution zu vollziehen. Am 14. Juni verständigt, sie sei
am 10. zu Regensburg vom churfürstlichen Collegium beliebt und ein
eigener Courier zur Einholung der kaiserlichen Ratification nach Wien
gesandt worden, bestürmte er den Churfürsten von der Pfalz aufs
Neue ^). Nun sollten die zu Lampertheim stehen gebliebenen und die
aus dem Neuburgischen kommenden Regimenter am 18. oder 19.
Kostheim erreichen. Sie überschritten hier am 20. den Main, worauf
die Brücke abgebrochen und über den Rhein geschlagen wurde. Die
Pfälzer passirten am 22. den Strom zu Mainz und rückten an diesem
Tage bis Heidesheim und Nieder - Ingelheim , am 23. nach Wald-
laubers, wo am 24. gerastet wurde. Der Marsch durch die vielen
und langen Defileen hatte die Truppen und Bagagen getrennt und
») Siehe Supplement-Heft, S. 108, Nr. 67.
«) Siehe Supplemeut-Heft, S. 116, Nr. 71.
298
erstere ungemein erschöpft. Zudem musste man, da der Sommer- Wald
und Kreuznach von feindlichen Streifparteien besetzt, vorsichtiger
marschiren.
Nassau-Weilburg versprach Alles aufzubieten, um, der schlechten
Wege ungeachtet, am 26. oder 27. Coblenz zu erreichen. Da er aber
diesen Platz, seines Kriegsherrn Befehl nach, nicht früher verlassen
durfte, als bis die Investitur erfolgt sei, bat Eugen am 18., 22. und 24.
den Kaiser auf's Neue, sie ungesäumt zu ertheilen '). Im äussersten
Falle wolle er auch ohne die Pfälzer marschiren.
Die so lange verzögerte Belehnung ward endlich am 23. Juni
zu Wien vollzogen. Nun war die Theilnahme des pfälzischen Contingents
an den Operationen der Mosel-Armee gesichert vmd nichts mehr ver-
mochte Eugen zu hindern, die von Marlborough so dringend
verlangte Bewegung anzutreten.
Der Marsch nach den Niederlanden sollte am 29. Juni angetreten
werden und zunächst Düren von der ganzen Reiterei am 2., von dem
gesammten Fussvolk am 4. Juli erreicht werden, „Der besseren Com-
modität willen" ward die Mosel-Armee für den Marsch in drei Corps
gegliedert. Die Kaiserlichen und die beiden würzburgischen Regi-
menter bildeten unter dem Befehle des FML. Grafen von Fels das
I., die hessischen und sächsischen Truppen unter dem Erbprinzen
von Hessen das IL, die Pfälzer unter dem Feldmarschall Grafen von
Nassau-Weilburg das III. Corps. Alle Truppen hatten sich bis
einschliesslich 5., womöglich aber 6, Juli mit Brod, bis inclusive 4. Juli
mit Hartfutter zu versehen.
Das I. Corps hatte die Mosel am 29, Juni bei Alken zu über-
schreiten, über Kempenich, Ahrweiler und Bullesheim am 4. Juli
Düren zu erreichen, dort am 5. zu rasten und Brod zu fassen und
über St, Jörvis und Simpel wald am 8, zu Maastricht einzutreffen, —
Die Reiterei des Corps hatte über Alken, Königsfeld und Rheinbach
nach Düren zu rücken, dort am 3, zu rasten und Brod zu fassen und
über Roldac am 5. Maastricht zu gewinnen.
Das IL Corps hatte dem I. auf dem Fusse zu folgen und immer
höchstens eine Stunde von ihm entfernt zu lagern.
Das III, Corps hatte die Mosel am 29, Juni zu Coblenz zu über-
schreiten, bis Kettig zu rücken und am 30, zwischen Bodendorf und
Sinzig zu lagern, Indess das Fussvolk am 1. Juli rastete, hatte die
Reiterei des Corps an diesem Tage bis Rheinbach zu rücken, sich,
dort mit der kaiserlichen zu vereinigen und mit ihr nach Maastricht
•) Siehe Supplemeut-Heft, S. 120, Nr. 70; S. 125, Nr. 80 xiiul S. 127, Nr. 81
299
zu marschiren. — Das Fussvolk des Corps hatte am 2. Juli zu Ecken-
dorf zu lagern, sich am 3. zu Bullesheim mit dem des I. Corps zu
vereinen und mit ihm nach Maastricht zu rücken *).
Die peinliche Ungewissheit über Eugen's eigentliche Absichten
währte im französischen Hauptquartier bis zum 30. Juni. An diesem
Tage erfuhr man, der Prinz habe sich am 22. nach Coblenz begeben;
alle Truppen um Castellaun, sowie die Pfälzer, seien am 28. ebendahin
aufgebrochen; bei Alken sei über die Mosel eine Brücke geschlagen
worden. Aus diesen Nachrichten, welche von allen Seiten bestätigt
wurden, glaubten die französischen Feldherren nur den einen Schluss
ziehen zu können: Eugen beabsichtige, nach den Niederlanden zu
marschiren, sich mit Marlborough zu vereinigen. Dass der Letztere,
wie man von Confidenten wusste, seinen Verpflegs-Train soeben durch
den Ankauf von 200 Wagen vermehrt hatte, wurde als eine besondere
Beglaubigung jenes Schlusses angesehen. Dann war es von höchster
Bedeutung, ihm keinen Vorsprung gewinnen zu lassen. Aber konnten
jene Vorbereitungen nicht blos eine Finte sein, Max Emanuel
von Homburg wegzulocken, um über diesen Platz herfallen zu können?
In diesem Dilemma entschied sich das französische Hauptquartier zur
Deckung Homburgs 8 Bataillone und 35 Escadronen unter dTme-
court mit dem Auftrage an der Blies zu belassen, diese Stellung
erst dann zu räumen, wenn der Abmarsch von Eugen's Armee sicher
sei; mit der Hauptkraft aber beschloss man, an die Saar zu rücken,
um den Uebergang über die obere Mosel und den Abmarsch nach
Flandern vorzubereiten. Also marschirte Saint-Fremont am 1. Juli mit
dem grössten Theile seiner Truppen von Saarlouis nach Siersberg und am
2. mit der Spitze bis Remich. An demselben Tage verliessen Max
Emanuel und B e r w i c k mit dem grössten Theile der Truppen das
Lager von Blieskastel und rückten nach St. Johann bei Saarbrücken;
die Truppen allein am 2. nach Forbach. Als die beiden Feldherren
aber zu Saarlouis erfuhren, Eugen habe am 30. die Mosel über-
schritten und über Andernach und Eyfeld den Mai'sch nach den
Niederlanden fortgesetzt, erhielt Saint-Fremont die Weisung, am 3.
mit 17 Bataillonen und 26 Escadronen den Feind beobachtend von
Remich nach Luxemburg und sofort auf dem kürzesten Wege nach
Namur zu marschiren. Der Rest der Truppen ward nach Remich
dirigirt und sollte Saint-Fremont folgen. Am 4. kamen beide Feld-
herren mit dem grössten Theil der Truppen dort an. D'Hautefort
1) Siehe Supplemeiit-Heft, S. 137, Nr. 87 und S. 144, Nr. 92.
300
erreichte es mit 10 Bataillonen und 3 Escadronen erst am 6. D'Ime-
court verblieb mit 8 Bataillonen und 16 Escadronen zu Neuhäusel an
der Blies, um erforderlichenfalls Du Bourg beispringen zu können-
Die Truppen, welche an die Brücke von Remich dirigirt worden,
setzten von dort in drei Abtheilungen den Marsch nach Flandern fort.
Die erste ganz aus Infanterie bestehend, unter de Lee, am 5., die
zweite unter de la ChTirtre am 6. ; die dritte, mit welcher B er w ick
marschirte •), am 7. Diese drei Abtheilungen und S a i n t - F r e m o n t's
Corps machten zusammen 34 Bataillone und 65 Escadronen aus '').
Max Emanuers Rückkehr an den Rhein. — Die Brücke von
Neuburgweiler. — Unthätig'keit der Reichs-Armee.
Max Emanuel von Bayern war nur ungern auf dem deut-
schen Kriegsschauplatze zurückgeblieben. Er fand es seiner Würde
wenig angemessen, die kleinste der Armeen zu befehligen , welche
Ludwig XIV. im Felde hatte. Er hätte sich gerne nach Flandern
begeben, wo die Entscheidung des Jahres fallen musste. Da er unter
dem Herzog von Burgund nicht dienen mochte, Ludwig XIV.
ihm eine ebenbürtige Stellung neben seinem Enkel nicht eini'äumen
wollte, schien es seinen Interessen am angemessensteu, am Rheine zu
verbleiben. Der König legte ihm dies nahe und meinte, die Truppen,
welche der Churfürst von Hannover comraandire, seien nicht nur
die mittelmässigsten von Deutschland, sondern auch der Zahl nach
kaum ausreichend, die Linien und die Plätze an den Ufern des
Rheins zu bewachen. Nichts könne den Bayerfürsten sonach hindern, an
den Speyerbach zu rücken und in einem Lande des Ueberflusses den
Monat September abzuwarten, um welche Zeit es wohl möghch sein
würde, die Rhein-Armee durch Zuschübe von Flandern aus operations-
fähig zu machen. Also hatte der Ex-Churfürst den Marschall Berwick
nach Flandern ziehen lassen und nur eine Handvoll Truppen zurück-
behalten. Ausser jenen, welche unter dlmecourt's Befehl zurück-
geblieben, verfügte er nur über 1 Bataillon Artillerie und die bayerischen
Truppen (5 Bataillone und 20 Escadronen), endlich 2 Compagnien
wallonischer Garden im Solde Philip p's von A n j o u. Einschliesslich
der Truppen im Elsass disponirte Max Emanuel im Ganzen über
*) Marschall Berwick berichtet am 7. .Juli dfiii Chiirfürsten Max Emanuel, der
Gesandte des Herzogs von Lothringen habe ihn auf der Rückkehr vom Prinzen
Eugen versichert, die ganze Armee desselben sei im Marsche nach Flandern l)egriffeu.
Correspondenz Max Emannr-rs.
*j Bericlit Max Enianuer.s an rbilipi» V. Ilcmicli, 8. Jitli 1708. Cürresi)ondeuz
Max Eiiiauners.
301
42 Feld-Bataillone und 69 P^scadronen, die Huszaren nicht inbegriffen *).
Der o-rösste Thoil der Bataillone zählte freilidi nur 300 bis 400 Mann.
Verpfleg-srüeksichten hielten einen Theil der Truppen bis zum 9. Juli
zu Reniich fest. Sie wandten sich von hier gegen Saarlouis. D'Ime-
court verliess Neuhäusel am 8. und kam über Wörth am 10. und 11.
nach Weissenburg. Der Ex-Churfürst begab sich über Metz nach
Zabern (Saverne), wo er am 16. anlangte.
Nur schwache Besatzungen waren in den Plätzen an der Saar
und der Mosel belassen worden. Um das Land gegen die Streifzüge
der zu Trarbach und Coblenz verbliebenen feindlichen Huszaren zu
decken, postirte de Reffuge seine Frei-Compagnien zu Saarburg,
Saargemünd, Homburg und Metz und in dem Räume zwischen der
Nied und der Seille.
Inzwischen war Du Bourg im Elsass wohl durch bedrohliche
Gerüchte, nicht aber durch gegnerische Operationen beunruhigt worden.
Gleichwohl hatte er nicht gesäumt, alle Anstalten zur Vertheidigung
der Rhein-Linie zu treffen. So Hess er am 10. Juli, auf die Nachricht,
dass die lederne Schiffbrücke nach Freyburg transportirt worden ^), zwei
Dragoner-Regimenter nach Markolsheim rücken. Im Falle der obere
Elsass angegriffen wurde, hatte die Landbevölkerung den Strom ver-
theidigen zu helfen. Um die AUiirten zu hindern, sich der Insel
Hagenbach zu bemächtigen, Hess er Vieuxpont mit 20 Grena-
dier-Compagnien und zwei Dragoner-Regimentern dieser Insel gegen-
über Stellung nehmen, während zwei Bataillone die Redoute von
Motheren zu unterstützen hatten, welche den günstigsten Uebergangs-
punct der Verbündeten unter Feuer nahm. Von d'Imecourt's Truppen
fouragirte die Cavallerie zwischen Weissenburg und Landau; die
Infanterie kam nach Lauterburg "). Die Truppen Max E m a n u e l's *)
erreichten am 17. Ingweiler, am 18. Sultz. Er selbst traf am 20. zu
Hagenau ein.
') Max Emaiiuers Bericht au Philipp V. Remich, 8. Juli 1708. Correspoudenz
Max Emanuers.
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. 21.
^) Berichte des General-Lieutenants Grafen Du Bour<j an den Churfürsten Max
Emanuel und den Marscliall Grafen Arco, aus dem Lager von Lauterburg, vom 5.,
6., 9., 10., 12., 14. bis 20. Juli 1708. In jenem vom 9. Juli heisst es: „La cavalerie
de ce camp est complette et en tres hon etat, et il est arrive quantite de recrues
ä Finfanterie, ainsi qu'elle est beaucoup plus nombretise que voixs ne l'avez vue.
II n'y a pas un malade." Correspoudenz Max Emanuel's,
*) Nach Hoffmanu's Bei'icht vom 14. Juli: 5 Regimenter Reiterei, 5 Bataillone
Infanterie, 3 Escadronen Leibgarde, 2 Escadronen Brüsseler Garde, 24 Feldstücke
und 3 Compagnien Grenadiere. Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Kasc. VII. ad 32"
302
Die Nachricht von Eugens Abmarsch nach Flandern hatte
der ganzen Offensiv-Action des Churfürsten Georg Ludwig die
supponirte Grundlage entzogen. Zu dem Verdrusse, eine liebgewordene
Idee aufgeben zu sollen, trat das Gefühl, planmässig und mit Erfolg
getäuscht worden zu sein. Zwar wollte der Churfiirst bis Mitte Juli
trotz der veränderten Sachlage auf seinem ursprünglichen Plan be-
harren ; die Verhältnisse aber waren stärker, als er. Die Vorbe-
reitungen für die Offensive, namentlich die unendlichen Verhandlungen
über die Deckung des Pferdebedarfes, nahmen allein die Zeit bis
Mitte Juli in Anspruch *) und die um diese Zeit erfolgte Rückkehr
Max Emanuel's von der Mosel an den Rhein — eine Bewegung,
deren Einzelheiten der Churfürst aus den täglich einlaufenden Mel-
dungen ziemlich genau verfolgen konnte — versetzte das Reichsheer
umsomehr in gänzliche Unthätigkeit, als der Churfürst die feindliche
Armee an Cavallerie überlegen hielt und alle Bitten um Verstärkung
und Geld fruchtlos blieben.
Diese Unthätigkeit Hessen die Franzosen nicht unbenutzt. Als
Max Emanuel am 20. Juli zu Hagenau eingetroffen, war ihm ein
Entwurf Broglie's vorgelegt worden: bei Neuburgweiler eine Brücke
zu schlagen, um von hier aus entweder die Ettlinger Linien anzu-
greifen, oder doch wenigstens durch Bedrohung derselben die Reichs-
Armee von anderen Unternehmungen abzuhalten. Max Emanuel
ging darauf ein und begab sich am 2L nach Weissenburg, die
Durchführung persönlich zu überwachen. Seine Cavallerie gelangte an
diesem Tage nach Schweighofen ; er selbst am 22. nach Neuburg.
Nun wurden zunächst 2000 Grenadiere mittelst 77 Schiffen auf die
Insel übersetzt und ungestört dahin eine Brücke geschlagen, welche
am Morgen des 23. vollendet war '). Noch an diesem Tage ver-
sammelte der Ex-Churfürst 36 Bataillone und 68 Escadronen in einer
Position, deren linker Flügel zu Minfeld, deren rechter bei Langen-
Kandel »).
I
*) Georg Ludwig an K. Joseph I. Mühlberg, IG. Juli 1708. Kriegs-A., Römisches
Reich 1708; Fase. VII. ad 9 a.
^) Am 24. Juli 1708 schreibt Max Emanuel von Langen-Kaudel aus an Bervvick:
„Je u'ai pas fait faire ce pont en inteution de deboiicher et d'y faire {)asser l'armee
mais seulenient pour contenir les ennemis et leur donner uue inquii'tude continuelle,
sans rien risquer de notrc cote." Correspondenz Max Emanuel's. — Kriegs-A.,
Römisches Reich 1708; Fase. VII. 30, eiii gleichlautender Bericht Harrsch's.
^) Von General-Major Hoflfmann schon am 22. .Juli angekündigt. Kriegs-A.,
Römisches Reich 1708; Fase. VII. 25 und 26. — Oberst Butlar's Bericht vum 24. Juli
(Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. ad 33 b) beziffert die .Stärke dieses
Lagers mit niclit melir als 115.000 Mann.
303
An dem Tage, da die französisclie Feld-Artillerie das Lager von
Langen-Kandel bezog, am 25., Hess Broglie den Rheiuarm, welcher
die Insel Hagenbacli vom rechten Ufer trennte, von 300 Grenadieren
übersetzen, jenseits einen Redan aufwerfen und einen Verhau anlegen,
der nur gegen die Ettlinger Linien und die Rastätter Ebene AuSfalls-
öffnungeu erhielt. Bis Kuppenheim streiften Broglie's Huszaren '). In
der Lauter-Linie standen nur 6 Bataillone, im Fort Louis 1, zu Alt-
Breisach 2 Regimenter Dragoner ^).
In dieser Stellung lebte die Armee allerdings auf Kosten fremden
Landes; sie hielt in einem gewissen Sinne die Hauptkraft der Ver-
bündeten in den Ettlinger Linien fest; ein weiterer Vortheil war
aber nicht anzustreben. Der Verlust der Schlacht von Audeiiarde
(Oudenarde) und die hieraus resultirende militärische Situation in den
Niederlanden waren bestimmend für das Verhalten der Franzosen am
Rhein. Sie wagten nichts mehr auf's Spiel zu setzen und hielten für
das Sicherste, zu Langen-Kandel stehen zu bleiben.
Der Churfürst von Hannover sandte auf die Nachricht
von Broglie's Festsetzung auf der Insel Hagenbach die Regimenter
Oettingen-Dragoner, Durlach und Reischach gegen Neuburgweiler. Da
es im Laufe des Sommers fast täglich geregnet hatte, waren alle alten
Rheinfahrten und Moräste inundirt worden. An eine Vertreibung des
Feindes war, der Situation nach, nicht zu denken. Nach Alarmirung
desselben zog sich das Beobachtungs-Detachement der Reichs-Armee
gegen die Linien zurück. FML. H a r r s c h verglich treffend den neuen
Uebergaugspunct des Ex-Churfürsten einer „Zwickmühle", mit welcher
er die Reichs-Armee in ihren Linien festzuhalten suche.
Der Bezug des Lagers von Langen-Kandel durch die französisch -
bayerische Armee erregte im Hauptquartiere zu Mühlberg solche Be-
sorgnisse für den Brückenkopf von Philippsburg, dass am Morgen des
25. Juli FML. Leyen mit drei Bataillonen, wovon zwei in die Festung
Landau zu werfen waren, dahin dirigirt wurde. Ein kleines feindliches
Corps, das die Höhen des Mettersheimer Hofes besetzte, konnte näm-
lich den Brückenkopf unbenutzbar machen und durch ein feindliches
Lager am Speyerbach Landau abgeschnitten werden "). Leyen, noch
*) Memoires militaires (Pelet) VIII. Kviecjs-A., Kömisches Reich 1708; Fase. VII.
30 und ad 33 e.
^) Max Emanuel au Berwick. Langen-Kaudel, 27. Juli 1708. Correspoudeuz
Max Emanuers.
^) HaiTsch an Prinz Euo^en. Hauptquartier Kuielingeu bei Mühlberg, 26. Juli 1708.
Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. 30.
304
am 25. zu Philippsburg eintreffend, fand den Rhein weit ausgetreten
und einen feindlichen Annäherungsversuch hier vorläufig unausführ-
bar. Am Abende des 2(j. Juli Hess Leyen die Regimenter Uslar und
Lehoczky-Huszaren und zwei Schwadronen sachsen-gotha'sche Dra-
goner nach Landau marschiren '),
Wiewohl man im Hauptquartier der Reichs- Armee Nachrichten
hatte, dass die Bestürzung über den Schlag von Audenarde in
Frankreich gross sei, dass in der Champagne der Ausschuss aufgeboten
und gegen die Grenzen der Picardie dirigirt worden sei^); wiewohl
der Commandant von Landau für seinen Platz gar keine Besorgniss
hegte ") und man am 26. durch Kundschafter erfuhr, dass im Lager
von Langen-Kandel nicht Ein schweres Geschütz, keine verladene
Schiffbrücke und im Ganzen mehr Cavallerie als Infanterie*) — ver-
hielt sich die Reichs-Armee ganz passiv. Ende Juli zählte sie einschliess-
lich des Mercy'schen Detachements 38 Bataillone und 48 Schwadronen,
— die feindliche, Kundschaftsnachrichten zufolge, 34 Bataillone und
43 Escadroneu, wobei noch überdies 4 Regimenter zu Pferd gegen
Breisach und Hüningen entsandt und dort die Landmiliz und der
Arriereban aufgeboten waren. Bei solcher Gleichheit der Kräfte hielt
mau eine Offensive in grösserem Style für unräthlich. „Und dünket
mich," schreibt FML. Harr seh, der massgebende Berather des Chur-
fürsten von Hannover, an Prinz Eugen, „dieser Landen eine gute
Partie zu sein, nichts zu verderben, weil wir mit einem schlauen
General zu thun haben" ^).
War die Reichs-Armee als Ganzes in völlige Unthätigkeit ver-
fallen, so sollten doch Theile derselben angriflfsweise auftreten. Die
grossen Contributionen, welche der Feind nördlich der Lauter eintrieb,
drängten das Hauptquartier, wenigstens einen Versuch zu machen, sich
im Ober-Elsass zu entschädigen oder doch durch eine kräftige Diver-
sion gegen denselben die Hauptmacht des Feindes zu Entsendungen,
d. i. zu Schwächungen zu verleiten, welche sich möglicherweise aus-
nützen Hessen. Man bestimmte hiezu den FML. Mercy, der am 20. Juli
mit 3000 Mann Fussvolk und 400 Pferden *) bei Villingen stand. Auch
') Krieg8-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. 32.
*) Kriegs-A., Römisches Reicli 1708; Fase. VII. ad 33 a.
3) Krieg,s-A., Römisches Reich 1708; Fase. VH. ad 33 e.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. ad 33.
*) Harrsch an Prinz Eugon. Knielinjjen, 26. Jnli 1708. Kriegs-A., Römisches
Rcicli 1708; Fase. VII. 30.
*) Nach Harrsch, Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. 30. — Thüngen
(Kriegs-A., Römisches Reicli 1708; Fase. VII. 32) bozitrertMercy's Corps mit 3000Mann
Fussvolk und 2000 Reitern.
305
dachte man wieder an die Durchfülirung des d'Arnan'schen An-
schlages, des Einbruches in die Franche-Comtc. FML. Mercy auf dem
Schwarzwald, gab noch immer gute Hoffnung für das Gelingen und
sollten die von Freyburg hiezu bestimmten 600 Mann am 27. Juli
von Villingen abrücken.
Beide Unternehmungen verliefen im Sande. D'Arnan's Expe-
dition, welche der Action Mercy's als Einleitung dienen sollte, war,
wenn auch nicht in den Einzelheiten, so doch im Allgemeinen von
Wien aus zur Kenntniss der Franzosen gekommen '). Der französische
Gesandte bei der Eidgenossenschaft wirkte sofort auf die eben zu
Baaden stattfindende Tagsatzung, wie auf die zunächst berührten
Kantone Basel und Solothurn, welch' letzteres „durch und durch franzö-
sisch gesinnt". Am 4. August schrieb Trauttmansdorff an Harr seh,
der Anschlag sei schon allgemein bekannt. In der That verlangte schon
am folgenden Tage -) eine Deputation der Eidgenossenschaft von Trautt-
mansdorff auf Grund des Neutralitäts -Vertrages vom Jahre 1702 die
Respectirung ihres Gebietes. Gerade jetzt erschien die zur Expedition
bestimmte Mannschaft am Ober-Rhein. Sie sollte zu Rheinheim, unweit
Zurzach, denselben überschreiten und Traut tmansd or ff unter der
Hand Anstalt treffen , damit sie ohne Aufenthalt über den Strom
komme und über Baaden das Rendez-vous erreiche, das d'Arnan
selbst mit einigen Officieren am 10. August über die Waldstädte ge-
winnen wollte. Der kaiserliche Gesandte zitterte für den Neutralitäts-
Vertrag von 1702, welcher sich für die vorderösterreichischen Lande
so vortheilhaft erwjiesen und dessen Annullirung grosse Nachtheile
nach sich ziehen müsse — und glaubte die Expedition nicht unter-
stützen zu können. Die Eidgenossenschaft aber zeigte sich fest und
hielt d'A r n a n's Mannschaft thatsächlich an ').
Churfürst Georg Ludwig meinte zwar , dass wesent-
lich T r a u 1 1 m a n s d 0 r f f's „unzeitige Furcht" die Durchführung
von dArnan's Anschlag nicht thunlich erscheinen lasse, da aber
der letztere General selbst darauf verzichtete", berief jener den
FML. M e r c y mit seinem Detachement zur Armee zurück. Man hatte im
Hauptquartier Nachricht, der Feind habe ein grosses Detachement
*) Georg Ludwig Churfürst von Hannover an K. Joseph I. 12. und 23. August
1708. Kriegs-A., Kömisches Reich 1708; Fase. VIU. 16 und Fase. IX. 35, desgleichen
Saphorin's Schreiben an Prinz Eugen. Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. 37
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. 9, ad 9 c itnd 10 c.
^) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. ad 9 a und b, und ad 10 a
und b. — Georg Ludwig an K. Joseph I. Mühlberg, 12 August 1708. Kriegs-A..
Römisches Reich 1708; Fase. VIII. 16.
Feldzüge des Prinzen Eugeu v. Savoyeu. U Serie, I. Band. 30
306
nach der Dauphine in IMarseli gesetzt und hoffte gegen ihn um so
leichter etwas unternehmen zu können. Georg Ludwig konnte
sich allerdings schon jetzt der Befürchtung nicht entschlagen, dass
der Feind die zu Mercy's Beobachtung Rhein-aufwärts gesandten
Trup])en gleichfalls an sich ziehen werde. Er gedachte daher zu
Mühlbcrg das Einrücken Mercy's, welches am 20. August erfolgen
sollte, und genaue Berichte über das Verhalten jener Truppen, welche
der Ex-Churfürst zu Mercy's Beobachtung entsandt hatte, abzu-
warten, um dann erst über'sein weiteres Handeln schlüssig zu werden').
Durch Mercy's Marsch wurde aber der Schwarzwald, zu dessen
Bewachung nur 500 Mann zu Fuss und 300 Pferde zurückgeblieben
waren, bedenklich entblösst. Dem vorzubeugen, verstärkte der Chur-
fürst jene Truppen durch das Enzbergische Kegiment und forderte,
da dieses nicht hinreichte, jene Posten, deren sich der Feind zu seinen
Streifzügen bedienen konnte, zu besetzen, den Schwäbischen und
C)esterreichischen Kreis auf, den Ausschuss an die Linien rücken zu
lassen. Um ihm mehr Halt zu geben, theilte man ihm einige tüchtige
( )fficiere und Soldaten zu. Dieses Aufgebot schien um so nothwendigcr
als die Linien theils unvollendet, theils noch gar nicht begonnen waren').
Du B o u r g schenkte den Meldungen von einer Unternehmung
der Verbündeten gegen den Ober - Rhein anfangs um so weniger
Glauben, als er, im Besitze der Neuburger Kriegsbrücke, seine eigene
Stellung für eine so drohende hielt, dass die Verbündeten sich ver-
anlasst sehen mussten, das Corps, das sich angeblich hinter dem
Schwarzwald sammelte, zum Gros zu ziehen. Zudem war Du Bourg's
Aufmerksamkeit vornehmlich auf die Reiterei gerichtet, welche von
Landau aus den französischen Fourageuren sehr unbequem wurde.
Als aber, wenn auch verwirrte, so doch im Wesentlichen überein-
stimmende Nachrichten von 3000 Pferden unter Mercy bei Furtwangen
und von Abtheilungen zu Freudenstadt und Hornberg sprachen, sandte
Max Emanuel zur wirksamen Vertheidigung des oberen Elsass am
1. August ein Bataillon und ein Regiment Dragoner unter de Vi v ans
nach Breisach. Kaum hatten diese Truppen sich in Marsch gesetzt,
erhielt der Ex-Churfürst von Ludwig XIV. Weisung, ohne Zeit-
verlust 10 Escadronen an Villars in die Dauphine abzugeben. Der
») Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII, 10, M und 18.
*) Thnnpeu an den Hofl<riegsrath. Mühlboig, 17. August 1708. Kriogs-A.,
Komisches Reich 1708; Fase VIII. 18. und Georg Ludwig an K. .Joseph I. Mühlberg)
26. August 1708. Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. 10.
307
Bayerfürst bestimmte hiezu das bereits abgerüekte Dra^-oner-Re^iracnt
und Hess die Ergänzung auf 10 Escadronen sueeessive naehrücken.
Um M e r e y glauben zu machen, sie seien zur Vertheidigung des
oberen Elsass bestimmt, Hess er sie die Strasse nach Colmar ver-
folgen *). — An ihre Stelle sollen 10 Escadronen (vier Regimenter)
aus den Niederlanden nach dem Elsass kommen *). Da dieser P^rsatz
aber nicht vor drei Wochen eintreffen konnte, nahm Max Emanuel
Veranlassung, Ludwig XIV. um Instruction für den Fall zu bitten,
als die Verlnindeten bei Philippsburg über den Rhein und auf ihn
losgingen. Er könne dann entweder ihnen entgegenrücken und sie
während des Queich-Ueberganges anfallen, oder aber sich auf die Ver-
theidigung der Weissenburger Linien beschränken. Im letzteren Falle
genügten ihm 40 Escadronen uud er könne an Villars noch ein
Cavallerie-Corps abgeben. — Ludwig Hess ihm völlig freie Hand und
ermächtigte ihn, selbst jene 10 Escadronen erst über erneutes Drängen
V i 1 1 a r s,' abgehen zu machen. Dies kam dem Ex-Churfürsten, welcher
die letzteren am 6. bei Colmar Stellung nehmen Hess, um so erwünschter,
als Berwick in den Niederlanden ausser Stande war, die zum Ersatz
bestimmten zu entbehren.
Indess war die grosse Zahl von Kundschaftern, welche die
Franzosen auf dem rechten Rhein-Ufer unterhielten, Ursache, dass
über M e r c y 's Absichten im Hauptquartiere die verschiedenartigsten
Nachrichten einHefen. Die einen besagten, Mercy wolle alle seine
Kräfte bei Freyburg concentriren, um den Strom oberhalb des Platzes
zu überschreiten; andere behaupteten, er wolle von den Waldstädten
aus über scliweizerisches Gebiet in den Elsass einbrechen, oder durch
die Franche-Comte dem Herzog von S a v o y e n die Hand reichen.
Die dritten endlich wollten wissen, Mercy werde in die Ettlinger
Linien zurückkehren, um bei Philippsburg über den Rhein und zum
Angriffe auf Max Emanuel vorzugehen. Die bestimmtesten Ver-
sicherungen der Eidgenossenschaft , ihre Neutralität selbst mit be-
waffneter Hand zu wahren, und die Stärke de Vivans', welche für
die Stromvertheidigung wohl ausreichte, beschwichtigten des Ex-Chur-
fürsten Besorgnisse für den oberen Elsass. Um so schärfer fasste er die
Eventualität eines Ueberganges bei Philippsburg in's Auge. Diese schien
ihm um so wahrscheinlicher, als er benachrichtigt wurde, das Kriegs-
*) Aher am 6. August schon berichtet GWM. Hoüfmanu aus Laiirlau, alle
seine Kundschafter melrlen, dass das Detachement Vivans' geradenwegs in die Dau-
phiue marschire. Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. ad 14 h.
-) Max Emanuel an Berwick. Langen-Kandel, 5. August 1708. Correspondenz
Max Emanuers.
20*
308
brücken-Materiale seines Gep^uers, das auf Wagen verladen war und
welches früher über Pforzheim nach Freyburg dirigirt worden, gehe
wieder das Rheinthal hinab gegen Schröck. Der Ex-Churfürst, ent-
schlossen, nichts auf's Spiel zu setzen, gedachte sich abwartend zu
verhalten. Jene zehn im Abmärsche aufgehaltenen Escadronen Hess er
bis gegenüber Ottmarsheim rücken, iudess de Vi van s mit zwei
Dragoner -Regimentern und einem Bataillon bei Alt-Breisach Stellung
nahm, um je nach Bedarf nach dem oberen oder nach dem unteren
Rhein zu eilen *).
Am 15. August endlich erfuhr man im französischen Haupt-
quartier, sämmtliche Truppen M e r c y 's hätten sich am Vorabende
nach Pforzheim in Marsch gesetzt. Du Bourg, immer einen Rhein-
Uebergang bei Motheren befürchtend, schob ein Bataillon dahin. Auch
der Ex-Churfürst deutete Mercy's rückschreitende Bewegung für
die Einleitung einer allgemeinen Offensive. Daher wies er de Vivans
am 15. Abends durch einen Eilboten an, alle seinem Befehle unter-
stehenden Truppen wieder an den unteren Rhein zurückzuführen. —
Zu Alt-Breisach beliess man nur ein Regiment Dragoner, im Ober-
Elsass aber nebst den Milizen die zehn, ursprünglich nach der Dau-
phine bestimmten Escadronen.
De Vivans setzte sich am 17. in Bewegung. Am 19. unterhalb
Strassburg eintreffend, fand er neue Weisungen vor, welche ihn am
20. nach Fort Louis, am 21. auf die „Ile du Marquisat" rücken hiessen*).
Schluss des Feldzuges. — Winterquartiere.
Georg Ludwig von Hannover dachte kaum noch an Offensiv-
Operationen.
Die Thatenlosigkeit der Reichs-Armee fiel Niemanden schwerer,
als ihrem Ober-Commandanten, der für den Lorbeer des Feldherrn
nichts weniger als gleichgültig war. In dem beständigen Abwägen der
beiderseitigen Stärkeverhältnisse gelangte er zu keinem Offensiv-Ent-
schluss, wenn jene sich als gleich herausstellten; war das Verhältniss
momentan zu seinem Gunsten, entschied er sich endlich angriffs-
weise zu verfahren, so verstrich wieder so viel Zeit mit den Vorberei-
tungen dazu , dass es dem Feinde allemal möglich wurde , das
numerische Gleichgewicht wieder herzustellen, das heisst die Reichs-
*) Max Emanuel an Berwick. Langeu-Kaudel, 12 August 1708. Con-e.spuu(leuz
Max Emanuers.
^) Meinoires inilitaires ^PeletJ V^III. uud Max Emauuc-rs Briet an Berwick.
Langen-Kandel, 19. August 1708. Correspondenz Max Emanuers.
309
Armee zu weiterer Unthätigkeit zu veranlassen, die dann vom Haupt-
quartier dazu benützt wurde, die Unmöglichkeit offensiven Auftretens
darzuthun. In solchen Phasen der Campagne witterte man überall
Gefahren, In diesem Zwiespalt von Wollen und Können fühlte der Chur-
fürst auf das Lebhafteste #las Bedürfniss, seine bisherige Unthätigkeit
dem Kaiser gegenüber zu rechtfertigen. Der General-Feldwachtmeister
Graf Thierheimb wurde zur mündlichen Berichterstattung nach Wien
gesandt. In dem schriftlichen Berichte, den der Churfürst am 18. August
an den Kaiser abfertigte, legte er dar, dass die Reichs-Armee, ohne
Verstärkungen zu erhalten, nichts unternehmen könne, „ohne mehr
Hazard befürchten, als Vortheil hoffen zu können". Wiederholte Instanzen
bei Eugen, Marlborough, Heinsius seien fruchtlos geblieben.
Entferne er sich von den Linien, so sei zu befürchten, dass der Feind
dieselben über den Haufen werfen oder in den Schwarzwald dringen
und das Land aussaugen werde. Der blosse Anschein dieser Gefahr
würde die Kreise, wie dies früher schon geschehen, bestimmen, ihre
Truppen von diesen Grenzen nicht entfernen zu lassen. Bleibe in den
Linien aber auch nur eine Sicherheits-Besatzung zurück, so sei die
Armee zu Offensiv-Operationen zu schwach. So erübrige nichts Anderes,
als sich entweder in den Linien oder nahe denselben zu halten. Um
den Feind wenigstens einigermassen zu incommodiren, habe er alle
Huszaren nach Landau gesandt *). — Nach H a r r s c h beruhte die
letzte Hoffnung auf einer abermaligen Entsendung der Franzosen nach
den Niederlanden *).
Einen Augenblick trug sich Georg Ludwig wieder mit dem
Gedanken an eine Offensiv-Bewegung, General-Feldzeugraeister Markgraf
von Baden-Dur lach sollte mit 13 Schwadronen und 14 Bataillonen in
den Linien verbleiben, das Gros der Armee aber — 52 Schwadronen und
26 Bataillone — am 24. in der Nacht mittelst eines Gewaltmarsches
über Philippsburg die französisch-bayerische Armee zu Langen-Kaudel
überfallen. Wenige Stunden vor dem beabsichtigten Aufbruch trafen
aber solche Nachrichten über die Stärke der feindlichen Stellung
ein, dass die Unter-Generale von der Ausführung des Unternehmens
abriethen. Der Churfürst fügte sich, obwohl es ihm ,, wahrhaftig hart
und beschwerlich, ja unerträglich'' fiel. — Zudem hatte, wie man
erfuhr, de Vi v ans vor einigen Tagen die Armee Max Emanuel's
mit 18 Escadronen und 3 Bataillonen verstärkt und stand jetzt auf
der Suliuger Insel ^).
1) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VlII. 19.
^) HaiTsch an Prinz Eugen. Kriegs-A., Römisches Reicli 1708; Fase. VIII. 42.
■') Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. 40:
310
Am 2. September übergab Georg Ludwig das Arraee-Com-
mando wegen Thüugeu's Erkrankung an Fcldniarschall Graf Grons-
feld und fuhr zur Jagd nach Ilockenheim. Da es auf dem rechten
Ufer an Fourage zu mangeln begann, sandte Gronsfeld auf des
Churfürsten Befehl in den ersten Septembertagen 29 Schwadronen
Reiterei, darunter die Regimenter Mercy, Lobkowitz und Oettingen,
unter dem Befehle der Generale La Tour, Mercy und Lobkowitz
nach Landau: nur 800 Pferde, die Vorwacht der Linien, blieben
auf dem rechten Ufer. Gleichzeitig wurden die Linien und Poston
bei Rheinshausen (unterhalb Philippsburg) verstärkt *).
Hiernach war die Stellung und Vertheilung der Reichstruppen
am L und 2. September folgende:
In den Linien zwischen Ettlin-
gen und Daxlanden ... 22 Bataillone und 28 Schwadronen
Diesen zunächst Rhein-ab . . 4 „ „ — „
bei Linkenheim 6 „ „ — „
„ Kraudenheim 4 „ „ „
„ Lausheim 3 „ „ — „
„ Graben — „ „ 5 ,,
jenseits des Rheins .... — „ „29 „
Zusammen . 39 Bataillone und 62 Schwadronen ').
]Mit dieser Gruppirung sollten verschiedene Zwecke erreicht
werden. Abgesehen von der Möglichkeit, die eigenen Pferde vom
Lande leben zu lassen, engte man durch die bedeutende Reitermasse,
welche jetzt zu Landau stand, die feindlichen Fouragirungen gegen
den Speyerbach ein ; man war dem Gegner näher, konnte ihm bei
guter Gelegenheit leichter einen Streich anhängen und allfällige Ent-
sendungen nach den Niederlanden rascher und wirksamer hintertreiben ").
Auch Max Emanuel war überzeugt, dass für den Rest der
Campagne von Operationen keine Rede mehr sein könne. Seine Li-
fanterie zählte nur 12.000 Mann und an ihre Verstärkung Avar nicht
zu denken *). Das Land zwischen der Queich und der Lauter war
gänzlich ausgefressen. Also hob er das Lager von Langen-Kandel auf
') Kriegs-A., Römisches Keicli 1708; Fase. IX. 15.
^j Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 6.
•'') Kriegs-A., Röinisclies Reich 1708; Fase. IX. 7 und 15.
*) Max Emanuers Bericht au Phillipj) V. Luxeiül, 15. September 1708. Corre-
apoudeuz Max Emanuel's.
311
und Hess seine Truppen hinter die Lauter zurück<i;ehen. Diese Bewe-
gung ward mit Rücksicht auf" das bei Landau stehende Reiter-Corps
der Reichs-Armee mit grösster Vorsicht, aber auch ohne Störung, am
8. und 9. September durchgeführt. Die Brücke von Neuburgweiler
wurde in der Nacht zum 8. abgebrochen und der Posten von Hagen-
bach d'Imecourt anvertraut. Der Ex-Churfürst verliess am 9. die
Armee, um sich über Luxeuil in das Bad Plombieres zu begeben ').
Die fünf Escadronen seiner Garde zogen am 10. nach Metz ab und
an demselben Tage die französischen Cavallerie-Regimenter in ihre
von den Linien zwei bis drei Wegmeilen entfernten Cantonnements.
„Sie war in einer sehr schlechten Verfassung; die Mühseligkeiten,
welche. sie, selbst fouragirend oder Fouragirungen deckend, von den
zu Landau stehenden feindlichen Huszaren täglich geneckt, erduldet,
hatten sie derart abgemagert, dass ihre Wiederaufi'ichtung viele Vor-
sicht erheischte." Die auf der „Ile du Marquisat" stehende Cavallerie
musste diese aus Gesundheitsrücksichten räumen und sich schon am 16.
in der Ebene von Röschwoog (westlich Fort Louis) lagern. Die zehn
nach der Dauphine bestimmten Escadronen standen noch immer
nächst Ottmarsheim.
Die Reiterei des Reichsheeres war der rückgängigen Bewegung
der feindlichen Armee mit der Hauptmacht bis Minfeld, mit den
Huszaren selbst durch den Bienwald gefolgt ^), hatte es aber nicht für
rathsam gefunden, anzugreifen. Den Streifzügen der Franzosen nord-
wärts der Lauter aber machte sie ein Ende.
Am 16. September erfuhr DuBourg, welcher seit MaxEma-
nuel's Abreise die Niederung von Hagenbach unter Wasser gesetzt
und dadurch ungangbar gemacht hatte, von einem zwischen Philipps-
burg und Speyer beabsichtigten Uferwechsel der Reichs-Armee und
wies hierauf d'Imecourt an, den unhaltbaren Posten auf der Insel
Hagenbach zeitgerecht aufzugeben. Da das Gerücht von jenem Ufer-
wechsel sich erhielt, Hess Du Bourg am 18. September 23 Escadronen
aus den Cantonnements nach Riedseltz und die 13 Escadronen zu Rösch-
woog an demselben Tage nach Beinheim rücken. Diese Aufstellung
ward bis zum 28. beibehalten. Da nun jene Gerüchte sich als unbe-
gründet erwiesen, sandte DuBourg die zu Riedseltz postirte Caval-
lerie in ihre Cantonnements zurück. Nur 300 Reiter und die Huszaren
von Versailles verblieben zu Altenstadt, das Land vorwärts der
Lauter aufzuhellen. Ausserdem deckte er den schwächsten Theil dieser
') Max Einauuel an Berwick. Strassburg, 9. Septemlier 170S. Correspoiifleuz
Max Emanuers.
2) Kriegs-A., Römisches Reir-li 1708; Fase. IX. 15, 17, -J.'} und 33.
312
Linie, ihren Anschluss an das Gebirge, durch vier Bataillone, welche
sich zwischen Weisseuhurg nnd Altenstadt lagerten, nnd besetzte zwei
Kuppen jenseits dieser Stellung mit zwei Redouten. Einen Theil seiner
Cavallerie Hess er von Kehl aus an der Kinzig und an der Schutter
fouragiren und wusste die Bevölkerung jener Gegend zu bestimmen,
täglich 8000 Rationen Heu nach Strassburg zu liefern. Fort Louis
verschaffte sich auf gleiche Weise täglich 2600.
Bis in den Monat November hinein, blieb die Gruppirung der
beiderseitigen Streitkräfte unverändert. Fast die ganze Reiterei der
Reichs-Armee lag um Landau und bei Speyer, das Fussvolk hiijter den
Ettlinger Linien; die Lifanterie der Franzosen hinter der Lauter und
am Rhein, zwischen Hagenbach und Strassburg; die Cavallerie zwischen
der Lauter und der Moder.
Wiewohl keiner der beiden Theile von dem Reste des Feldzuges
noch etwas erwartete, wagte doch keiner seine Truppen aufzulösen.
Noch war Lille nicht gefallen, also hielt eine Armee die andere fest,
um zu verhindern, dass sie nach Flandern entsende. Die Verpflegung
der Reichs- Armee verschlechterte sich von Tag zu Tag ; die Truppen,
überdies nicht ordnungsmässig bezahlt, fielen über den Landmann her
und ruiniiten ihn. Einreissende Krankheiten verhinderten bald vollends
jede bedeutendere Action *).
Unter diesen Verhältnissen begann die Auflösung der Reichs-
Armee sozusagen von selbst. Die Generalität ging mit dem Beispiele
voran ^). Der Churfürst von Hannover verlegte die Jagd Ende
September nach Schwetzingen, wohin Feldmarschall Thüngeu und
FML. Harr seh ihn begleiteten''). Mit dem Angenehmen das Nützliche
verbindend, beschäftigte man sich hier schon Anfangs October mit
den Vorarbeiten für die Winterquartiere, wozu bereits am 5. die frän-
kischen, schwäbischen und oberrheinischen Kreis-Deputirten eintrafen.
Am 8. November verliess Georg Ludwig Schwetzingen, um den
*) Feldmarschall Gronsfeld au Triuz Eugen. Kuielingen, 10. September 1708.
Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 19.
2) Schon am 10- September konnte Feldmarschall Gronsfeld von Knielingen
dem Prinzen Engen berichten: „Sonst liaben sich dieser Tage auch Iln-er fürstlichen
Gnaden von Oettingen, naclidem vorliin der Fürst von Zollern, FZM. von Erifa und
noch mehrere andere Generale gemäclilich absentirt, nacli Hause begeben. Icli muss
also noch zur Zeit fast allein hier verbleiben, olme kaiserliclie Tru].])eH zu coni-
mandiren und gleichwohl zusehen, was sich ferners zufügt."
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. X. 16. Schwetzingen, G. Oc-
tober 1708.
313
Winter in seiner Residenz zu verbringen. An seiner Statt führte Feld-
marschall Thün gen, seiner Kränklichkeit ungeachtet, das Ober-Com-
mando. Die Armee verlassend, erlaubte der Churfürst zweien seiner
eigenen Regimenter, zwei württembergischeu und einem Darmstädti-
schen in die Winterquartiere zu rücken. Die übrigen Truppen wurden
noch versammelt gehalten, denn von der französischen Rhein-Armee
war bisher nur die Cavallerie nach rückwärts verlegt worden und
hatten die Generalstaaten den Churfürsten angegangen, die Auflösung
der Reichs- Armee bis zum Falle der Citadelle von Lille zu verschieben.
Das hatte freilich seine Schwierigkeiten. Der fränkische Kreis berief
seine drei supernumerären Regimenter schon Anfangs November heim
und gleichzeitig verlangte der Bischof von Münster die Regimenter
Zimmer, Venninger und Nagel zurück. Bald begehrte auch der König
von Preussen sein Carabinier-Regiment Wartensleben, das ohne die
Bewilligung des Ober-Commando's abzuwarten, thatsächlich am 21. No-
vember die Armee verliess. Der Herzog von Württemberg ver-
langte sein ganzes Fussvolk für die mittlere Postirung '). Feldmarschall
Thüngen, sich seiner Ohnmacht diesen Forderungen gegenüber wohl
bewusst, wandte sich mit der Frage, was er zu thun habe, an den
Churfürsten von Hannover.
So lagen die Verhältnisse, als am 21. November Marschall
Berwick zu Lauterburg eintraf, den Befehl der Rhein- Armee über-
nahm *) und den Bau von acht neuen Redouten zwischen Weissenburg
und Lauterburg anordnete.
Seine Ankunft brachte in das Stillleben der Reichs-Armee eine
gewisse Bewegung. Thüngen besorgte, Berwick wolle, um die
Reichs-Armee von Entsendungen nach Flandern abzuhalten, die Offen-
sive ergreifen. Für die mittlere Postirung fürchtend, Hess er die ohne-
dies dahin bestimmten Truppen am 27. November von der Armee
abrücken. Da eine Meldung Hoff man n's aus Landau vom 26.
besagte, alle gegen Hagenau und Metz abmarschirte feindliche Caval-
lerie sei im Rückmarsche an den Rhein, den Berwick überschreiten
wolle, wies Thüngen die jenseits desselben stehende Reiterei an,
unverzüglich den Strom zwischen sich und den Feind zu bringen und
sich bei Rheinshausen zu lagern *). So fand der Monatsschluss die
») Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 6, 14, 34, 35 und 43.
^) Die kaiserlichen Huszaren hatten ihm unterwegs seine Bagage ahgenommen,
darunter einen Handkalender, in welchem er eigenhändig angemerkt hatte, die Ordre
nach Strassburg zu gehen, am 14. November vom Hofe erlialten zu haben. Kriegs-A,,
Römisches Reich 1708; Fase. XI. 55 b.
3) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 55.
314
Reichstruppen noch im Felde. Thüiigen wagte es nicht, sie aus-
einanderg-ehen zu lassen, so lange er über des Feindes Absichten
nicht genügend aufgeklärt ').
B e r w i c k aber, die Bewegungen der Reichstruppen für Auf-
lösungsmärsche haltend, zögerte nun nicht mehr, seine Armee in
die Winterquartiere zu verlegen. Was an Infanterie im unteren
Elsass bleiben sollte, rückte am 2. December in die Quartiere zwischen
Strassburg und der Lauter. Die Linien-Besatzung verblieb längs der-
selben im Zeltlager. Fünf Bataillone sandte B e r w i c k an die Saar.
Was an Lifanterie den Elsass ganz verlassen musste, brach am 15.
auf. Der grösste Theil war wohl daselbst verblieben und kamen einige
Regimenter aus der Dauphine dazu. Seine ganze Cavallerie dirigirte
er zur Schonung der Magazine nach dem oberen Elsass. Ein Theil nur
zog nach der Franche-Comte und Lothringen, die bayerische in die
Bisthümer und nach Luxemburg ^), Am 14. beurlaubte er die über
Winter entbehrlichen Generale , übergab den Oberbefehl an D u
Bourg und reiste am 18. December nach Versailles.
Im Hauptquartier der Reichs- Armee wusste man schon am 8.
von der völligen Auflösung des französisch-bayerischen Heeres. Als
am 10. die Nachricht eintraf, die Citadelle von Lille sei gefallen, Hess
Thüngen die Regimenter ohne Verzug in die Winterquartiere rücken.
Nach dem Entwürfe, den Churfürst Gr e o r g Ludwig auf Ver-
langen des Kaisers diesem am 7. October einsandte und den dieser
auch genehmigte, wurde die Winterpostirung, wie folgt, eingerichtet:
Das Armee-Commando verblieb, nach wie vor, beim Churfürsten
Greorg Ludwig. In dessen Abwesenheit führte den Befehl über
das Ganze der Commandant der „unteren Postirung", Feldmarschall
Thüngen. Ein Feldzeugmeister, der Prinz von Dur lach, nahm zu
p]ttlingen seine Station; ein Feldmarschall- Lieutenant, der Graf von
Zollern, zu Mühlbei-g; ein General-Major, der Freiherr von Boyne-
burg, zu Daxlanden. Für den äussersten rechten Flügel, den Ab-
schnitt Rheingau — Mainz — Philippsburg, wurden 5 Bataillone und
7 Schwadronen bestimmt, welchen die Besetzung der Posten am Rhein,
von Mainz bis Rheinshausen zufiel. Auf den Abschnitt Philippsburg —
Dobel entfielen 24 Bataillone und 34 Schwadronen. Hievon besorgten
3000 bis 4000 Mann Fussvolk die Posten- und Reserve - Stellungen
an der Linie; 1000 Mann waren nach Philippsburg bestimmt; der
') Kriegs-A., Römisches Roicli 170S; Fnsc. XI. 64.
^} Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. öO.
1
316
Rest sollte im Badischen, Durlach'schen und Speyer'sc.hen bis Philipps-
burg und Bruchsal Quartiere beziehen. Von der Reiterei sollten
600 Pferde zur Versehung des Feldwachen- und PatruUen-Dienstes
hinter die Linie in die ihr nächsten Orte verlegt werden; der Rest
der 34 Schwadronen aber hinter dem Fussvolk bis zum Neckar Quar-
tiere nehmen. — Die „mittlere-' Postirung ward abermals dem Herzug
von Württemberg unterstellt, der sein Hauptquartier zu Rothweil
aufschlug; ein Feldraarschall-Lieutenant, Freiherr von Reischacli, kam
nach Freudenstadt; ein General-Major, Roth und Öternfels abwech-
selnd, nach Furtwangen. Zur Vertheidiguug des Abschnittes üobel —
Feldberg waren 11 Bataillone und 14 Schwadronen bestimmt. Sie hatten
die Schwarzwaldposten zu besetzen, das Fussvolk um Freudenstadt, die
Reiterei dahinter Quartier zu nehmen. — Im obersten Schwarzwald
endlich, vom Feldberg bei Freyburg bis zum Ober-Rhein, befehligte ein
kaiserlicher Feldmarschall, Gronsfeld, ein General der Cavallerie, La
Tour, ein kaiserlicher Feldmarschall-Lieutenant, Graf M e r c y, und eiu
General-Feldwachtmeister, Fürst Lobkowitz, das gleichnamige Regi-
ment zu Pferd, die berittenen Huszaren von Eszterhazy und Lehoczky
und das Detacheraent des FML. B ü r k 1 y. Von den Huszaren wurden Com-
maudirte nach Landau und Freyburg verlegt. Das Cürassier-Regimeut
Mercy und die unberittenen Huszaren waren nach Bayern bestimmt.
Die kaiserliche Artillerie beliess Commandirte auf der Postirung,
der Rest kam in's Oesterreichische. Die Kreis- Artillerie verblieb bei
den Regimentern, der entbehrliche kaiserliche General- und der kleine
Stab ward nach Bayern verlegt ').
Im Falle einer Alarmirung der unteren Postirung hatten sich
10 Bataillone und 14 Schwadronen bei Ettlingenweier, 12 Bataillone
und 14 Schwadronen bei Daxlanden und 5 Bataillone mit 6 Schwa-
dronen bei Linkenheim zu sammeln.
Den Truppen der mittleren und oberen Postirung waren gleich-
falls Sammelplätze gegen den Kniebis, das Kinzig-Thal und den
Höllengraben angewiesen. Den kaiserlichen Reiter-Regimentern ward
Villingen als Hauptsammelplatz bezeichnet, den Kreis- und würt-
tembergischen Truppen aber Rothweil.
An Besatzung hatte Landau (GWM. Hoffmanuj 8 Bataillone
je eine Compagnie Anhalt-Dessau'scher Fusssoldaten und Reiter, und
100 Huszaren; Philippsburg (Feldmarschall Thüugeu) 3 Bataillone;
Freyburg (FML. Harr seh) 7 Bataillone*).
•) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. X. 22 a.
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. ad 11.
Der Feldzug in den Niederlanden').
Aufbruch aus den Winterquartieren. — Marscli der Franzosen
auf Braine-l'Alleud. — Parallelmarsch der Verbündeten auf
Löwen ').
Nach Schluss des Feldzuges 1707 in den Niederlanden, waren
auf Mar Ibor ough's Betreiben die Truppen thunlichst zusammen-
gehalten und in der Nähe des Operations-Schauplatzes belassen worden.
So mochten sie im Frühjahre 1708 rasch zur Hand und so erholt
sein, um mit ihnen ungesäumt operiren zu können. Die Engländer
und die Dänen hatten sonach in Flandern, die Holländer in Brabant,
die Hannoveraner am Demer, die Preussen zwischen Maas und Rhein
ihre Winterquartiere bezogen.
Dass französischerseits der einstige Thronerbe für den nieder-
ländischen Operations-Schauplatz bestimmt worden, war Marlborough
ein sicherer Beleg dafür, Frankreich beabsichtige, auf die Ueberzahl
pochend, angriffsweise vorzugehen. In der Erwartung, dass es hiernach
bald zu einem entscheidenden Treffen kommen werde, ging der Ober-
General am 7. Mai von Haag über Rotterdam und Antwerpen nach
Gent, wo er am Abende des 9. Mai eintraf, die britischen Truppen
besichtigte und die Befehle erliess, alle Heerestheile am 21. in der
Gegend von Brüssel zu versammeln ^). Er selbst eilte, sich mit dem
Chef der holländischen Generalität, dem Feldmarschall von O v e r k i r k,
zu berathen, am 11. ebendahin. Die noch immer strenge Witterung,
der sehr zurückgebliebene Graswuchs und des Gegners Regungslosig-
«) Hiezu Tafel IV, V, VI xmä VII.
*) Bezüglich der wichtigeren Ortsuainen wurde die Schreibart der Uebersichts-
Karte, Tafel IV, beibehalten, im Uebri<^ou aber jene der „Carte de Belgique,
indiquant toutes les voies de coniiiinnicatiniis, drossc'e au Depot de la Guerre,
1 : 160.000, 1875" zu Grunde gelegt.
*) Marlborough an den Grafen Rechteren und an Boyle. Brü.s.sel, 14. Mai 1708.
Murray IV. 9 und 12.
317
keit bestimmten den Herzog, die Concentrirung um einige Tage zu
verschieben '). Als er aber Nachricht erhielt, die französischen Prinzen
seien am 16. zu Valenciennes eingetroffen und ihre Armee, welche in
wenigen Tagen die Stärke von 100.000 Mann erreichen solle, habe
bereits zu lagern begonnen^), sah Marlborough sich veranlasst,
seinem Heere den 24. Mai als Versammlungstag zu bezeichnen '). Am
21. trafen bereits die Preussen und Hannoveraner und alle Garnisonen
von der Maas zu Anderlecht ein, wo sie ein Freilager bezogen *). General-
Lieutenant Lumley, die in Flandern stehenden britischen und anderen
Truppen befehligend, erhielt am 23. Weisung, aus den Besatzungen
von Menin, Courtray und Audenarde die Feldtruppen au sich zu
ziehen und über Ninove zur Armee zu stossen "). Drei zu Ostende
stehende britische Bataillone hatten über Brügge nach Gent zu rücken ®).
In allen der Armee nahen Plätzen, insbesondere zu Löwen und Gent,
wurden Magazine errichtet ").
Die französische Armee für die numerisch stärkere haltend,
beschloss Marlborough solange vorsichtig zuzuwarten, bis jene
durch Eugen's Mosel-Armee zu einer Entsendung veranlasst werden
würde. Dank seinem ausgezeichneten Kundschaftswesen, bekam er
um diese Zeit die Fäden eines Anschlages in die Hand, der dahin
zielte, das Schloss von Antwerpen durch Einverständniss mit der
Bürgerschaft in die Gewalt der Franzosen zu überführen *). Der An-
schlag ward zwar rechtzeitig vereitelt, der Fall liess aber deutlich
genug erkennen, wessen man sich seitens einer Bevölkerung zu ver-
sehen habe, deren Erwartungen bei der Regierungs-Veränderung
grausam getäuscht worden waren.
In Folge des schlechten Wetters vereinigte sich die grosse
Armee erst am 26. Mai im Lager von Bellinghen "). Der rechte Flügel
*) Marlborough an Godolphin. Brüssel, 14. Mai 1708. Coxe, Memoirs. II. 413.
2) Marlborouo-li an den Grafen Wratislaw. Brüssel, 17. Mai 1708. Murray IV. 15.
3) Marlborough an Fagel. Brüssel, 17. Mai 1708. Murray IV. 18.
*) Marlborough an den Earl of Sunderland. Brüssel, 21. Mai 1708. Murray IV. 27.
5) Marlborough an den General-Lieuteuaut Lumley. Brüssel, 23. Mai 1708.
Murray IV. 29.
«) Murray IV. 24.
^) Marlborough an den Commandanten von Löwen. Brüssel, 21. Mai 1708.
Murray IV. 27.
8) Marlborough an Cronstrom und an den Earl of Sunderland. Brüssel,
24. Mai 1708. Murray IV. 29 und 31, dann an den Grafen Kechteren. St. Renelle,
30. Mai 1708. Murray IV. 39.
ä) Marlborough an den General-Lieutenaut Erle. Bellinghen, 28. Mai 1708.
Murray IV. 33.
318
kam nach Castre-la-Chaiissee (Kester), der linke nach Hai. Sie zählte
112 Bataillone, 180 Schwadronen und 113 Geschütze, zusammen etwa
70.0Ü0 Mann ').
Die Nachrichten, welche im französischen Hauptquartier über
die Verbündeten einliefen, bestimmten den Herzog von V e n d A m e
und den Marschall Matignou sich am 9. ]Mai nach Mons zu begeben,
wo sie dem Ex-Churfürsten von Bayern begegneten und Befehle
ertheilten, die Truppen knapp an der Grenze zu versammeln. Der
Herzog von Burg u n d verliess mit dem Herzog von B e r r y
Versailles am 14. Mai, erreichte Valenciennes am 16. und traf, hier
bis zum 24. verweilend, mit dem Prätendenten Jakob Stuart und
Vendome zusammen, welcher ihm die Listen der Armee vorlegte'^).
Sie zählte in 131 Bataillonen und 216 Escadronen etwa 80.000 Mann
und war der feindlichen sonach numerisch so namhaft überlegen,
dass Ludwig XIV. mit Recht Vendome auftragen konnte: „vSie
müssen den Herzog von B u r g u n d bestimmen, von den ersten Be-
wegungen, welche seine Armee macht, Nutzen zu ziehen''. Die Bela-
gerung von Huy schien dem König nicht wichtig genug, alle Kräfte
nach der Maas zu werfen und Flandern unbedeckt zu lassen^). Veu-
dume stimmte der Ansicht des Herzogs von Burgund bei, dass man
sich vorher Brüssel nähern solle, um zu sehen, wozu die Verbündeten
sich entschliesseu würden. Der Marschall machte sich Hoffnung, durch
einen Verstoss auf Hai, die noch in den flandrischen Plätzen liegen-
den Truppen von ihrem Gros trennen zu können, welches man
zwischen Lennick St. Quentin und Anderlecht wusste. Traf man
aber, wie vorauszusehen, die Verbündeten bereits vereinigt, wollte
man den Angriff von den näheren Umständen abhängig machen.
Schlimmsten Falls hoffte man in den Lagern von Nivelles und Braine-
l'AUeud auf des Gegners Kosten leben zu können. Dieser Gedanke
fand die volle Zustimmung Puysegur's und des Grafen von Ber-
ge y c k, welcher meinte, dass er vortrefflich mit dem bereits erwähnten
') Die Gedanken, welche um diese Zeit den britischen Feldhenu erfüllten,
spiegeln sich in seinem Sciiroiben an Godolphiu wieder. „Ich will Zeit gewinnen,"
schrieb er diesem am "24. Mai, „bis Prinz Eugen mit seinem Heere operiren kann,
was schwerlich vor Mitte des nächsten Monats geschieht .... Alles hängt daher von
meiner Vereinigung mit dem Prinzen Eugen ab, denn wenn hier nicht ein kräftiger
Schlag geführt wird, so steht es mit uns überall schlimm." Coxe, Memoirs II. 445.
^) Menioires inilitaires (Pelet) VIII. 7 und 8.
*j Ludwig XIV. au Vendöme. Marly, 20- Mai. Momoires mililaires (Pelet) VIII.
'J und 10.
319
Anschlage auf Antwerpen zusammenstimme, welchen man in den ersten
Tagen des Juni auszuführen gedachte ' ).
Indess sich die projectirten Lager unter Le Quesnoy, Valenciennes,
Conde, Mens, Maubeuge und Charleroi formirten, campirte ein beson-
deres Corps unter dem Befehle des Grafen L a m o t h e, der zu
Warneton Quartier nahm, in den Linien von Comines.
Nach den Meldungen vom 23. glaubte man die Versammlung der
Armee nicht länger verschieben zu dürfen. Schon folgenden Tages
wurden die Corps von Le Quesnoy, Valenciennes und Conde zwischen
8t. Ghislain und Mons nach vorwärts concentrirt und letzterem Platze
auch jene von Charleroi und Maubeuge nähergerückt. Am 25. sammelte
sich die ganze Armee in der Ebene von Saint-Symphorien. Da man im
Hauptquartier wiiSiste, dass die Besatzungen von Menin, Courtray,
Brügge und Gent noch immer nicht zu M a r 1 b o r o u g h gestossen
seien, beschloss man — ihn von jenen zu trennen und zu zwingen,
hinter die Senne zurückzuweichen — über Soignies und Ual geraden-
wegs auf Brüssel zu marschiren. Also brach die Armee am 26. um
3 Uhr Morgens auf, überschritt bei Mons die Haine, rückte nach
Soignies und lagerte, den Verbündeten den Weg nach Flandern zu
verlegen , mit dem rechten Flügel bei Naast, mit dem linken bei
Chaussee Notre Dame *).
Man stand jetzt einander auf nur Einen Marsch Abstand (21*^"')
gegenüber. Der vom 26. bis 28. Mai unaufhörlich niederströmende
Regen verurtheilte beide Theile zur Unthätigkeit.
Im französischen Hauptquartier war man ohnedies unschlüssig,
für welche Operationslinie mau sich entscheiden solle. Vendome, die
Stellung Mar 1 bor ough's als unangreifbar bezeichnend, war für den
Marsch auf Petit -Enghien und die Belagerung Huy's, wodurch man
die Verbündeten zur Schlacht drängte. — Der Herzog von Burgund
hielt für besser, auf Braine-le-Comte oder Tubize zu rücken. — Der
Hof von Versailles neigte zwar vorwiegend dem Marsche auf Braine-
le-Comte zu, mochte sich aber um so weniger entscheiden, als er Kunde
erhielt: Prinz Eugen sei am 26. zu Coblenz eingetroffen, um an der
•) Ven dorne an Ludwig XIV. Mons, 21. Mai 1708. Memoires militaires (Pelet)
VIII. 10, 11 und 12. — Weniger sanguinisch als Vendome, fasste Puysegur die Sach-
lage auf. „Es wäre zu wünschen gewesen, dass man früher marschirt wäre," schrieb er
au Chamillart, „und ich zweifle nicht, dass, wenn man das Project früher gemacht hätte,
man die Folge gezogen haben würde, den Feinden zuvorzukommen, ehe sie formirt
gewesen wären". An Chamillart. Valenciennes, 22. Mai 1708. Memoires militaires
(Pelet) VIII. 12 und 13.
'^) Memoires militaires (Pelet) Vlll. 12 und 13.
320
Mosel eine Armee von 4(3 Bataillonen und 60 Schwadronen zu bilden
Unverzüglich befahl Ludwig XIV., zwischen der Armee in den
Niedi-rlandcn und jener am Rhein *) eine solche Verbindung herzustellen,
dass, je nach den Bewegungen Eugen's, Truppen von einer zur anderen
geworfen werden könnten '^). Schon am 29. Mai schrieb Ludwig XIV.
an Vendome: Prinz Eugen beabsichtige, sich mit der englisch-
holländischen Armee in den Niederlanden zu vereinigen, indess 24 Ba-
taillone und 30 Schwadronen unter den Kanonen von Philippsburg
zurückblieben. Älax Emanuel von Bayern habe bereits als seine
Hauptaufgabe erkannt, den Prinzen Eugen zu verhindern, Marl-
borough's Armee zu verstärken. Umgekehrt müsse aber auch der
Herzog von Burgund bereit sein, an die Rhein- Armee Unterstützungen
abzugeben, sowie Marlborough sich anschicke, dem Prinzen Eugen
Truppen aus Flandern zuzuschieben^).
Der Unentschlossenheit im französischen Hauptquartier machte
Marlborough dadurch ein Ende, dass er am 29. Mai von Hai nach
St. Renelle rückte *), den rechten Flügel auf Haute Croix, den linken
auf Lembecq sur Senne stützte, ein starkes Detachemeut auf Tubize
vorschob und die Bagagen nach Brüssel zurücksandte. So drohend
diese Bewegung auch aussah — schien sie doch den Entschluss aus-
zusprechen, dem Gegner einerseits den Weg nach Lessines, anderer-
seits jenen nach Nivelles verlegen zu wollen — war Marlb orough
(loch weit entfernt, daran zu denken, den überlegenen Feind anzu-
greifen ^). Kam es aber in dieser Gegend zum Schlagen, dann war
das Fussvolk die entscheidende Waffe, ein Moment, das den Verbün-
deten ebensosehr zu gute kam, als die Ueberlegenheit an Reiterei
auf französischer Seite ein mehr freies und offenes Gelände vermeiden
hiess. — Ueber die Absichten des Feindes im Unklaren, fürchtete er
nur Eines: dass derselbe sich im Gefühle seiner Stärke auf Ath
werfen und diesen Platz, in welchem General-Major Baron Pal landt
commandirte, nehmen werde, ehe Prinz Eugen herangekommen *).
•) Siehe den „Feldzu«,' am Rhein" 287 und 288.
^) Mcmoires militaires (Pelet) VIII. 14, 15 uud 16.
^) Ludwig XIV. an Veudöme. Marly, 29. Mai 1708. Memoire.s militaires
(Pelet) Vlll. IG, 17 und 18.
*) Mailhoruugh an den Grafen Sinzendorff. Renelle, 30. Mai 1708. Murray IV. 39.
*j Marlborough an Rechtoreu. St. Renelle, 30. Mai 1708. Murray IV. 39.
"j Marlljorougii aii Gudolpiiin. lielliiighen, 28. Mai 1708. Coxe, Memuirs II. 448.
321
Schon am 30. Mai, von St. Renelle aus, richtete Marlborou ji^h
an den Prinzen Eugen ein Schreiben, das dazu dienen sollte, dessen
Abmarsch nach den Niederlanden in den Augen des Churfürsten von
Hannover zu beschönigen ^); Prinz Eugen, um diese Zeit noch in
Wien, erachtete den Augenblick noch nicht gekommen, es an seine
wahre Adresse zu befördern und vereinbarte daher mit Rechteren
das spätere, vom 24. Juni 1708 datirte ^). Jenem ersten folgte am
1. Juni der englische Quartiermeister, Hauptmann A r m s t r o u g, welcher
die von Prinz Eugen's Armee zu verfolgende Route schon wiederholt
gemacht hatte und angewiesen war, alle Schwierigkeiten, welche sich
ihrem Marsche entgegenstellen könnten, aus dem Wege zu räumen ^).
Den Grafen Rechteren aber forderte er selben Tages durch einen
Eilboten auf, ein Detachement von 4000 Mann gegen Trier vorzu-
schieben, um die Feinde zu alarmiren *).
Die französische Armee hob, nachdem sie am Morgen bei der
Abtei von Cambron, d. i. seitlich ihres linken Flügels, eine grosse
Fouragirung ausgeführt, am 1. Juni 8 Uhr Abends das Lager von
Soignies auf und gewann mit Tagesanbruch über Naast, Ecaussiennes-
d'Enghien, Feluy, bei Arquennes und Bon Conseil die Somme über-
setzend, endlich über Nivelles, in fünf Colonnen die Ebene von Bois
Seigneur Isaac. Der rechte Flügel kam nach Genappe, der linke und
das Hauptquartier nach Braine-l'Alleud (unweit Waterloo). Als ob das
Hauptquartier eine Schlacht beabsichtigte, wurde die kleine Bagage
auf Casteau dirigirt, die grosse nach Mens zurückgesandt ^),
Verfolgten die Franzosen mit dieser Bewegung den Zweck,
M a r 1 b o r o u g h hinter den Wald von Soignies zu werfen und damit
von Flandern zu entfernen, so erreichten sie selben vollkommen. Kaum
erfuhr der Herzog am 2. Juni, 4 Uhr Morgens, den Aufbruch des
Feindes, Hess er, für Löwen und die Stellung von Parc fürchtend,
sofort das Signal geben, die gegen Vilvorde und Malines auf Foura-
girung begriffene Reiterei einrückeit zu machen. Da sie jedoch, zum
Theile vier Stunden entfernt, die Lärmschüsse nicht hörte, verzögerte
sich der Abmarsch der Queue der Armee bis 8 Uhr Abends.
Unter strömendem Regen passirte man um 9 Uhr Anderlecht, über-
schritt den Canal von Brüssel und setzte den Marsch in der Nacht
') Murray IV. 37.
^) Murray IV. 76 uud Correspoudenz des Priuzen Eugen. Supplemeut-Heft,
S. 131, Nr. 83.
^) lustructionen für Hauptmaun Armstrong. Murray IV. 46.
*J Murray IV. 47.
*j McDiuires militaires (Pelet) VIII. 19.
Feldzüge des Priuzeu Eugeu v. Savoyeu. II. Serie, 1. Band. 21
322
ununterbrochen fort. Nacli dem Durchziehen von Brüssel, wo ISIjirl-
borough 4 Fuss-Reginicnter und einige Reiterei zurückliess, waren
die Colonnen in der Dunkelheit so durcheinander gekommen, dass die
Ordnung wiederherzustellen, ein mehrstündiger Halt gemacht werden
musste. Unter fortwährendem Regen und todtmüde erreichte die Armee
am Nachmittage des 3. die treffliche Position hei der Abtei Parc ').
Sie lehnte sich rechts an Cortenbergh, links an Terbank, Avohin das
Hauptquartier kam. Folgenden Tages wurden über die Dyle mehrere
Brücken geschlagen ^).
Das Hauptheer der Verbündeten hatte die Initiative dem Gegner
überlassen müssen und durch die hastige Rückwärtsbewegung auf
Löwen verrathen, dass weder die Offensive nach Flandern, noch die
Preisgabe von Brabant in seinen Plänen liege. Die so veränderte Situation
Hess Marlborough fürchten, die Franzosen würden ihm Terrain abge-
winnen und ihn verhindern, irgend etwas zu unternehmen, was für die
Sache der Coalition thatsächlich den Verlust des Feldzuges bedeutete ^).
Um so lebhafter wünschte er, die Mosel-Armee möchte sich endlich
fühlbar machen. Dass ihr Artillerie und Fuhrwerk mangelten, Hess den
Herzog freilich fürchten, der Feind werde sie nicht sonderlich beachten.
In Kenntniss, dass Max E manne 1 von Bayern 10.000 Mann gegen
die Mosel vorgeschoben, drängte Marlborough in Rechteren,
nach Eugen's Eintreffen sich unverzüglich in Marsch zu setzen*).
Aber als ob der Nachtmarsch nach Braine-FAlleud die Offensiv-
kraft der französischen Armee erschöpft hätte, verlor der Herzog
von B u r g u n d den 3. Juni mit Lagerarbeiten, den 4. mit einer Heer-
schau, den 5. mit Fouragirung und Anordnung von Colonnen wegen.
Am 6. recognoscirten Burg und und Vendome gegen Niel sous
Courbris und über La Hulpe bis in die nächste Nähe von Brüssel,
Am 6. und 7. ward das Gehölz von Bossut besetzt, die Zuschübe von
Charleroi zu decken. Am 8. und 9. ward über das Ganze Heerschau
gehalten. Die Infanterie zählte 10.000 Streiter mehr als im Vorjahre 5
die Cavallerie war vollzählig und in gutem Staude ^).
*) Marlborough an lioyle. Terbank, 4. Juni. Murray IV. 48 und Cardonnel au
Tilson ebendort 49.
"'') „Wäre der Feind kühner v(n'<jerückt, konnte er gleichzeitiij: mit mir liier
anlangen," schrieb Marlborough an Godolphin ; „allein verniuthlicli hat er auf die
Nachricht, dass ich auch dahin inar.schire, zu Braine-rAlleud Halt gemacht, wo er
noch lagert. Alles seines Prahlens ungeachtet, glaube ich daher, er will es nicht zum
Gefecht kommen lassen." Terbank, 4. Juni. Coxe, Alemoirs II. 4.50
•^) Marlborough an Wratislaw. Terbank, 4. Juni 1708. Murray IV. .50.
*) Marlborough an Rechteren. Terbank, 4, .Juni 1708. Murray IV. 51.
') Memoires militaires (Peletj VIII. 21. Die Ordre de bataille im Anhang.
323
Inzwischen herrschte im französischen Hauptquartier ebensoviel
Uneinigkeit, wie Unentschlossenheit, Vendom e, das treibende Element,
wollte, dass die Armee nach Gembloiix rücke und Huy belagere, ein
Unternehmen, welches Marlborough angesichts seiner numerischen
Inferiorität nicht durchkreuzen könne, Marschirte er aber nacli Flandern,
könnte ihm die Observations-Armee ohne Gefahr dahin folgen. Da der
Plof von Versailles aber den Vorschlag V e n d o m e's nur bedingungsweise
guthiess, beschloss man über neuerhche Vorstellungen die Weisungen
des Königs abzuwarten *).
Dank der Unthätigkeit der Franzosen herrschte den ganzen
Juni über Wajffenruhe. Denn so lange die Lage sich auf den anderen
Operations -Schauplätzen nicht gebessert hätte, glaubte auch Marl-
borough nichts von Bedeutung unternehmen zu können. Er machte
sein Handeln ganz von der Entwicklung der Dinge an der Mosel
abhängig ^), welche Entwicklung er brieflich, freilich ohne nennens-
werthen Erfolg, zu beschleunigen suchte ^).
Unter diesen Umständen war das Leben im Lager der Verbün-
deten ein blosses Wiederspiel der Vorgänge auf französischer Seite.
Nachdem am 6. die ganze Armee mit grosser Andacht einen Fast-
und Busstag begangen, hielt Marlborough am 7. und an den
folgenden Tagen Heerschau*). Er fand Alles in so trefflichem Stande,
dass er an Boyle berichtete: „Wenn wir eine gute Gelegenheit finden
zum Schlagen zu kommen, dann haben wir allen Grund, einen ruhm-
reichen Tag zu erhofi"en" ^). Das preussische Fussvolk bezeichnete er
schöner denn je, die preussische Reiterei als vollkommen •'). Selten
wohl gebot ein ruhmreicher Führer einem gleich glänzenden, gleich
kriegserprobten, gleich siegverheissenden Heere. — Das stolze Herz
M a r 1 b 0 r 0 u g h's solch seltenes Glück ganz und voll gemessen zu
machen, erschien am 21. Juni, von Cadogan feierlich eingeholt, der
einstige Erbe der britischen Krone, der Churprinz Georg August
von Hannover, im Heerlager, in der Schule des Siegers von Blen-
heim und Ramillies die Kunst des Krieges zu erlernen!
Während dieser Vorgänge in Brabant verfolgte der Hof von
Versailles mit grösster Aufmerksamkeit die Wetterwolke, welche sich
') Memoires militaires (Pelet) VIII. 20 und 21.
^) Marlborough an Godolphin. Terbank, 7. und 11. Juui 1708. Coxe, Memoirs II.
451 und 452.
^) Marlborough an Prinz Eugen und den Grafen Rechteren. Terbank, 11., 18. und
■>S. Juni 1708. Murray IV. 60, 61, 69, 70, 75.
*) Die Ordre de bataille siehe Anhang.
5) Terbank, 11. Juni 1708. Murray IV. 59.
*) An den König von Preussen. Terbank, 18. Juni 1708. Murray IV. 65.
21*
324
über Coblenz, Rheinfels und Castellaun zusammenzog und allmälig
gegen den Hundsriiek vorschob. Er hatte gebilligt, dass der Ex-Chur-
fürst von Bayern das Corps S a i n t - F r e m o n t's an der Saar seit dem
5. auf 46 Bataillone und 103 Escadronen verstärkt und dem Marschall
Berwick unterstellt hatte, indess im Elsass nur 30 Bataillone und
37 Escadronen verblieben. Als aber der Hof Kunde erhielt, dass Eugen
um Castellaun bereits 46 Bataillone und 80 Schwadronen vereinigt
habe und nach der Maas zu marschiren beabsichtige, beauftragte er
den Herzog von Burg und, die Belagerung von Huy so lange auf-
zuschieben, bis E u g e n's Bewegungen sein wahres Ziel würden er-
kennen lassen. Eine Belagerung auf die Gefahr hin zu unternehmen,
sie wieder aufheben zu müssen, sagte dem König nicht zu. Er hielt
es für vortheilhafter, so lange als möglich von den Fourageu zu pro-
fitiren, welche das Land dort, wo man eben stand, in Fülle bot.
Umsonst stellte V e n d o m e immer und immer wieder vor, wie wenig
würdig des Herzogs von Burgund es wäre, mit einer dem Feinde
überlegenen, in bestem Stande befindlichen, von Eifer und Willen
erfüllten Armee in Unthätigkeit zu verharren. Eugens Armee könnte
nicht mehr als 25.000 Mann schlechter Truppen ausmachen; es sei
erniedrigend, dass solch' eine Handvoll Leute in Deutschland und
in den Niederlanden 150.000 Mann im Schach halte. Seine Bewe-
gungen nach jenen Eugen's einrichten, hiesse sich der Gefahr aus-
setzen, den ganzen Feldzug über von seinen Demonstrationen genarrt zu
werden. Uebrigens sei Marlborou gh's Armee ebensowenig wie jene
Eugen's im Stande, sich den französischen Projecten zu widersetzen ^).
Die Concentrirung so bedeutender Streitkräfte unter Berwick
gegen die in der Bildung begriffene Mosel -Armee, erfüllte IMarl-
b 0 r 0 u g h mit der Besorgniss, die letztere würde gezwungen werden,
sich vor Eintreffen des Prinzen Eugen zurückzuziehen ^). Einigen Trost
gewährte ihm der Gedanke, dass durch die so veränderte Sachlage
die Oberrhein-Armee wenigstens volle Actionsfreiheit gewonnen habe.
Den zwischen Lille und Ypern stehenden Lamothe zu beob-
achten und Holländisch-Flandern zu sichern, formirte M a r 1 b o r o u g h
unter Murray's Comraando aus verschiedenen britischen Bataillonen
und vier Schwadronen spanischer Dragoner ein besonderes Corps, das
am 12. Juni zu Deynze (später zu Mariakerke-sur-Lieve) Stellung nahm''),
während am 19. vier Bataillone nach Brüssel rückten, auf der
Contrescarpe dieses Platzes zu lagern.
') Mi'moires militaires (Pelet) VIII. 23.
") All Boyle. Tcrhjiiik, 14. Juni 170S. Munay IV. 64.
^) An flen Geiicral-Majur Murray. Terbauk, V-i. Juni 170S. Miirray IV. G2.
325
Das einmal aus^-esteckte Ziel unverrückt im Auge haltend, über-
sandte er dem Prinzen Eugen, dem er neuerdings die grösste Eile
an's Herz legte, am 18. ein ihm von verlässlicher Hand zugekommenes
Marsch- Journal des Ex-Churfürsten von Bayern'), Am Nachmittage
des 27. endlich erhielt er Eugen's Depesche vom 25. mit der Kunde,
dass nun alle Schwierigkeit behoben und der Aufbruch für den 29.
angeordnet sei ^).
Der Fall Genfs, Brügg-e's und Plasschendaele's.
Die Waffenruhe, welche Dank der im Hauptquartiere des Herzogs
von B u r g u u d herrschenden Uneinigkeit und Unentschlossenheit den
ganzen Juni über anhielt, wurde durch Scharmützel der Streifparteien
und Fourageure nur wenig gestört ^). Neben verschiedenen Massnahmen
zur Herstellung einer guten Disciplin, beschäftigten das Hauptquartier
Offensiv-Plane verschiedenster Art. Nachdem die Vorschläge, Brüssel
oder Antwerpen zu überfallen, als unausführbar aufgegeben worden,
entschied sich der Hof für den Entwurf des Grafen von Bergeyck,
Gent und Brügge, in welchen Städten dieser Verbindungen unterhielt,
wegzunehmen. Die ersten Tage des Juli — das Wetter war so feucht
und kalt, dass man das Kaminfeuer suchte *) — wurden benützt, um im
Geheimen die für beide Unternehmen nothwendigen Vorbereitungen
zu treffen; für ihre Durchführung war der 5. Juli bestimmt.
Der Marquis Don Antonio Grimaldi, Marechal de Camp, mit
den Grafen de Chemerault und de Ruffey und dem Brigadier de
la Faille mit der Wegnahme Gents betraut, setzten sich am Abende
1) Marlboruugh an Rechteren. Terliauk, 18. Juui 1708. Murray IV. 70. — An
Boyle. Terbank, 25. Juui 1708. Murray IV. 78. „Wir sind hier in unseren Hoffnungen
bezüglich der mit dem Churfürsten von Hannover und dem Prinzen Eugen vereinl^arten
Massnahmen arg betrogen worden," sehrieb er am 26. Juni au Stauhope. „Diese
haben statt am 26. des vorigen Monats alle ihre Truppen jetzt noch nicht versammelt,
so dass wir bereits ein ganzes Monat im Felde sind, ohne in der Lage zu seiu, operireu
zu können." Murray IV. 85.
^) An den Prinzen von Savoyen. Terbank, 27. Juni 1708. Murray IV. 86.
^) Am 9. Juni gelang es einem französischen Streifcorps (Dragoner), welches
von Namur gekommen war, bei Haecht 4 Compagnien vom Regiment Groveustein
beim Fouragiren zu überfallen und 64 Pferde wegzunehmen. — Dank ihrer Ueber-
legenheit kounten die Franzosen später zwischen Demer und Dyle fouragiren
und den Rayon der Verbündeten, obwohl diese Commauden von 3000 Fuss-
soldaten zur Deckung der Fourageurs aufstellten und Marlborough zum kleinen
Krieg grundsätzlich aufmunterte, so sehr einengen, dass letztere gezwungen waren,
die Gegend von Lierre und Antwerpen aufzusuchen.
*) Marlborough an seine Gemaliu, 1. Juli 1708. Coxe, Memoirs II. 435.
326
des 3. mit 2000 Pferden und 2000 Mann Infanterie, zur Hälfte Gre-
nadiere, in Marsch, Unter dem Verwände, einen Fouragirungs-Umkreis
zu bilden, rückten sie gegen Petit-Enghien, setzten von da ihren Weg
gegen den Dender fort, welchen sie am 4. um 4 Uhr Nachmittags zu
Ninove passirten, und marschirten dann geradezu auf Gent. — Lamothe,
dem der Baron von C a p r e s unterstand, mit der Unternehmung gegen
Brügge betraut, verliess zur selben Zeit mit 10 Bataillonen, 7 Esca-
dronen und 6 Feldgeschützen die Linien von Comines. Willens, diese
Detachements mit der ganzen Armee zu unterstützen , sandte der
Herzog von Burg und die grosse Bagage nach Charleroi. Die Armee
hob das Lager von Braine-l'Alleud am 4. Juli gegen 7 Uhr Abends
auf marschirte in vier Colonnen links ab und traf, obwohl der die
ganze Nacht über niedergehende Regen die Wege sehr schwierig
machte, am 5. mit Tagesanbruch zu Braine - le - Chateau (23^™ von
Brüssel) und Oiskuercq (25''™^ von Brüssel) ein. Zwei Colonnen
überschritten die Senne zu Lembecq, zwei zu Tubize, gegen Haute
Croix und Pepinghen-Buringhen debouchirend. Die kleinen Equipagen
und die Artillerie, mit Ausnahme einer Brigade, welche mit der zweiten
Colonne marschirte, gingen über Bois - Seigneur Isaac und Nivelles,
dann über Braine-le-Comte nach Enghien und Herinnes sur Mareq.
Nach einer Rast von mehreren Stunden setzte die Armee, als ob man
keine andere Absicht hätte , als sie nach Tournay zurückzuziehen,
den Marsch in zwei Colonnen fort; die eine über die Mühle von
Goyck, die andere über Steuvenberg und Ninove ' ).
Wie geschickt diese Bewegungen seitens der Franzosen auch
ausgeführt wurden, sie konnten den Verbündeten nicht ganz entgehen.
Man wusste im Hauptquartier Marlborough's rechtzeitig, dass die
Franzosen zum Aufbruche sich anschickten. Wiewohl man über die
eigentlichen Absichten der französischen Feldherren völlig im Unklaren
war, wurde doch am 4. Juli die Armee in Marschbereitschaft gesetzt
und auf die Nachricht von der Besetzung von Alost durch ein fran-
zösisches Detacheraent, der General-Major von Bothmer und der
Brigadier Chanclos noch selben Tages mit 2000 Pferden (4 Regi-
mentern Reiterei und 317 Dragonern) dahin gesandt, jene zu beobachten,
bei Termonde (Dendermonde) überzugehen und die Landschaft Waas
zu decken *). Auf die um Mitternacht einlaufende Meldung von dem
um 9 Uhr Abends erfolgten Aufbruch der französischen Armee, gab
*) Memoires militaires (Peletj VIII. 23 bis 25. Einzelheiten im Berichte des
Herzogs von Burfruntl aus dem Lager von Lede, 7. Juli 1708. Memoires militaires
(Pelet) VIII. 381 bis 385.
^} Murray IV. 9U.
327
Mar Ib oro ugli Befehl, dass Sir Thomas Prendergast mit seinem
Kegimente unverzüglich nach Audenarde rücke '). Die Armee seihst
setzte sich zwei Stunden nach Mitternacht in Bewegung, ging um
4 Uhr Morgens über den Canal von Brüssel und debouchirte in die
Ebene von Anderlecht und Lennick St. Martin. Als ihre Vorhut —
General-Lieutenant Bülow an der Spitze der Reiterei des rechten
Flügels — um 7 Uhr Abends diesen Ort erreichte, gewahrte sie die
französische Armee in zwei Colonnen an den Feldwachen vorbeiziehend,
welche die das Lager aussteckenden Quartiermeister der Verbündeten
deckten. Wiewohl die Trennung der französischen Colonnen, die Unord-
nung lind sichtliche Ermüdung ihrer Infanterie Bülow zum Angriffe
geradezu herausforderten, schob dieser mit Rücksicht auf die ungün-
stigen Verhältnisse der eigenen Truppen, den Angriff auf und ver-
langte, in der Erwartung, am nächsten Morgen in's Gefecht zu kommen,
von der Armee, deren linker Flügel zu Anderlecht, deren Mitte zu
Itterbeck und deren rechter Flügel zu Tomberghen lagerte, Unter-
stützung. Sie ward ihm gewährt. Aber schon am Morgen des 6. erkannte
man, dass es unmöglich sei, die französische Armee aufi;uhalten, welche
ihren Marsch zu decken, dem rechten Flügel der Alliirten gegenüber,
eine starke Nachhut -) ausgeschieden hatte, die ihr im Laufe des Tages
nachrückte. Im besten Falle gelang es, diese letztere noch diesseits
des Dender zum Kampfe zu zwingen. Also setzten auf Marlborough's
Befehl 10 Schwadronen und 5 Bataillone unter General -Major von
Schulenburg jenen in der Richtung auf Ninove nach. Auf eine
starke und nicht zu umgehende Oertlichkeit stossend, stellten sie die
Verfolgung über Marlborough's Befehl für diesen Tag alsbald ein.
Das Gros der französischen Armee hatte inzwischen am 5. um 8 Uhr
Abends den Uebergang über den Dender begonnen. Er konnte nur
mit den grössten Schwierigkeiten — Verwirrung, falsche Alarme,
Zusammenbrechen mehrerer Brücken — vollführt werden. Rasch ver-
sicherten sich die Grenadiere des wichtigen Punctes Alost. Kaum
graute der Tag (6. Juli), setzte sich das Gros der Armee in zwei
Colonnen wieder in Marsch, durchzog Alost und lagerte in zwei
Treffen: mit dem rechten Flügel zu Erondeghem, mit dem Centrura
und dem Hauptquartier zu Lede, mit dem linken Flügel zu Schelle-
belle, wohin man, da die Gegend waldig war und man im Stande
') An den General-Major Murray. Terbank, 5. Juli 1708, 2 Uhr Morgens.
Murray IV, 95.
^) Nach der „Histoire de Marlborough" 6000 Grenadiere unter Biron's Coin-
mando und (Memoires militaires [Pelet] VIII. 383) der Graf von St. Maurice, welcher
mit den Ciduischen Truppen die Artillerie bedeckte.
328
sein wollte, hier über die Scheide Brücken zu schlagen und in die Land-
schaft Waas einzudrino-cn. 3 Infanterie-Briiraden verlegte ' ).
Die Rücksicht auf Brüssel, das durch die Ereignisse der letzten
Tage in eine beispiellose Angst und Bestürzung gerathen war, nothigte
Marlborough, sein Heer noch im Laufe des 6. in eine Stellung zu
führen, durch deren Bezug die reiche Hauptstadt von J5rabant wirksamer
geschützt und damit auch die aufgeregten Gemüther ihrer Bewohner
beruhigt werden konnten. Er Hess die Armee nach Assche-la-Chaussee
rücken und eilte in Begleitung des Churprinzen von Hannover
und des General-Lieutenants Bülow in einer Kutsche ebendahin.
Während dieser Bewegungen der beiden Armeen waren die nach
Gent und Brügge dirigirten französischen Detachements erfolggekrönt.
Der Graf von Chemerault, Grimaldi's Spitze führend, traf nach
einem nahezu 24stündigen Marsche am Frühmorgen des 5. vor Gent
ein. Durch List bemächtigte er sich ohne Kampf der Porte de S. Levin,
welche nur von einer schwachen und nachlässigen Bürgerwache besetzt
war. De la Faille, ehemals Ober-Amtmann von Gent und Brigadier
im Dienste Philipp V., durchzog nun rasch die Stadt, das Brügger
Thor zu gewinnen, in dessen Nähe (zu AA''ondelgem) er Murray's
Detachement wusste. Er bemächtigte sich dieses Thores fast ohne
Widerstand zu finden.- — Murray, welcher bald darauf erschien und
sich in die Citadelle werfen wollte, sah, dass die Franzosen sowohl
hier, als auch bei der Porte de Muvde ihm zuvorgekommen seien.
Nach Sas de Gand ziehend, musste er einige französische Abthei-
lungen, welche ihm den Weg verlegen wollten, auseinandersprengen.
Da es der Bürgerschaft zum Theil an Willen, zum Theil an
Muth zum Widerstände gebrach, war Mittags das französische Regiment
in Gent bereits installirt. Der Commandant der Citadelle, Major La
Bene, verrieth zwar durch einige Kanonenschüsse die Absicht, sich zu
vertheidigen ; als aberGrimaldi zum Angriffe Anstalten machte und
jede Hoffnung auf Entsatz abgeschnitten schien, capitulirte er am
Abende des 6. unter der Bedingung, dass die Besatzung mit Waffen
und Bagagen, drei Geschützen und dreifacher Munition zu Schiff nach
Sas de Gand gebracht und diese Capitulation erst am Morgen des
10. Juli ausgeführt werde. Sein unerwartetes Erseheinen zu Sas
Gand, wo die Generalstaaten-Deputirten sich aufhielten, mag dort eine
nicht geringe Bestürzung hervorgerufen haben ^) !
*) Memoire» militaires (Peletj VIII. 2.").
'j Memoires militaires fPeletj VIII. 26 und 28. Einzelheiten gibt der l$ericht
(le.s Herzogs von Burgnud aus dem Lager von Lede, 7. .Tnli 1708. Memoires mili-
taires (Pelet) Vm. 381 bis 38ö.
329
Gleich nach dorn Falle Gent's hatte der Graf von Chemerault
geeilt, alle Brücken über den Dender und die untere Scheide zu
zerstören und alle in der Nähe liegenden Posten zu schrecken. Als
er aber am 9. Juli vor dem wichtigen Audenarde erschien, wo Herr
von S e y t e r m a n (Sigterman) commandirte, erklärte dieser den Bürgern,
die Stadt an allen vier Ecken anzuzünden, falls sie sich zur Uebergabe
anschickten. Das wirkte; bald erschien auch, von Ath kommend, Chan-
clos mit Verstärkungen und der Platz, dessen Verlust jenen der Ver-
bindung mit Menin und Courtray zur Folge gehabt hätte, war gerettet.
An demselben Tage, an welchem Grimaldi vor Gent rückte,
marschirte Lamothe mit 4000 bis 5000 Mann auf Brügge. Drei
Kanonenschüsse genügten, die Uebergabe dieser Stadt, welche ohne
Besatzung, anzubahnen. Als Abgesandte des Magistrates sich die Ueber-
zeugung verschafft hatten, dass Gent in französischen Händen, ward
die Capitulation am 6. Juli Mittags perfect. Sofort rückte Graf Lamothe
vor Damme; aber der Commandant dieses festen und mit einer
Garnison versehenen Platzes Hess die Schleusen spielen und zwang
durch Spannung der Ueberschwemmung Lamothe zum Rückzuge.
Glücklicher war des Letzteren Sturm auf den Posten von Plas-
schendaele, wichtig wegen seiner Schleusen und für die Verbindung
vom Canale von Brügge bis Dünkirchen. Das Fort, obwohl von
200 Mann, zwei Geschützen und zwei Fregatten {?) vertheidigt, ward
mit stürmender Hand genommen.
Der Erfolg dieser Unternehmungen, die Bestürzung, welche er
in anderen Städten hervorrief, und der Vortheil der Stellung, welche
Alles zu unternehmen erlaubte, erweckte im französischen Heere die
Hoffnung, sich mit gleicher Leichtigkeit der übrigen Städte Flanderns
bemächtigen zu können *j.
M a r 1 b 0 r 0 u g h erfuhr den Fall von Gent und Brügge und von
der Gefahr, in welcher die Citadelle jener Stadt schwebte, noch vor
seinem Eintreffen zu Assche-la-Chaussee. Die Wirkung dieser Hiobspost
auf ihn war eine geradezu niederschmetternde. Sein leidender Zustand
Hess ihn die Sachlage noch schlimmer erscheinen, als sie wirklich war —
und sie war ernst genug. Durch die Wegnahme von Gent und Brügge
waren die Franzosen nicht nur Herren eines sehr ressourcenreichen
<j Memoires niilitaires (Pelet) VIII. 27. — „Aber sie hatten das grosse Ziel des
Feldzuges kleiueu und schwachen Vortheilen geopfert. Die Ankunft des von seinen
Truppen gefolgten Prinzen Eugen sollte den Angelegenheiten alsbald ein anderes
Ansehen geben." Histoire de Marlborough. II, 321.
330
Gebietes, sondern aiich der wichtigsten Wasserverbiudungen der spani-
schen Niederlande geworden. Antwerpen, Andenarde, Courtray und
Menin, alle nur mit schwachen Besatzungen versehen, schienen bedroht;
insbesondere aber Audenarde, das die Franzosen, wenn sie 800 bis
900 Mann opferten, mit dem Degen in der Faust wegnehmen konnten.
Die Einnahme Gent's und Brttgge's musste die Partei der Verbündeten
in Flandern in grossen Schrecken versetzen, den holländischen Gene-
ralen aber, deren Eifersucht nie schlief, erwünschte Gelegenheit geben,
Marlborough's Ruhm zu schmälern und gegen ihn zu agitiren'). So
mochte das eben erfahrene Missgeschick dem Feldzuge die nachtheiligste
Wendung geben.
Prinz Eugen's Eintreffen bei der grossen Armee. — Der
Flankenmarsch, nach Audenarde.
Zu so ernster Stunde, da sich des Ober-Befehlshabers und seiner
Armee die tiefste Niedergeschlagenheit bemächtigt hatte, traf im
Hauptquartier ^u Assche-la- Chaussee, früher als erwartet, nämlich
noch im Laufe des 6. Juli, Prinz Eugen ein *). Von dem üblen
*) „Der Stoss, den der Feind uns versetzte," berichtete Gnimbkow, der preussische
Commissär im Hauptquartiere Marlborough's am 8. Juli aus dem Lager von Assche
seinem Könige, „vernichtete nicht allein alle unsere Pläne, sondern er gereichte dem
Rufe und dem bisherigen Glücke von Mylord Duc zu einem unersetzlichen Nach-
theile und dieser fühlte, so lebhaft dieses Unglück, dass ich glaubte, er würde vor-
gestern Früh diesem Kummer erliegen, indem sein Herz dermassen davon ergriffen
war, dass er zu ersticken fürchtete" ....
„. . . diesen Morgen (also am 8. Juli) hat Mylord Duc ein heftiges Fieber
gehabt und hat sich so übel befunden, dass man ihm hat zur Ader lassen müssen;
er ist sehr abgespannt und ich glaube, es würde ihn sehr aufrichten, wenn Euere
Majestät ihm etwas Tröstendes schrieben und ihn trotz der widerfahreneu Verluste
Ihr fortgesetztes Wohlwollen versicherten" u. s. w. Schöning, Natzmer 286 und 287.
*) W. Coxe und A. Alison geben an, Prinz Eugen sei erst am 7. in der Frühe
zu Assche eingetroffen. Schulenburg lä.sst ihn gar erst am 7. Juli Mittags Brüssel
erreichen. Dagegen besagt das „Diarium" (Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 49)
der Prinz sei daselbst am 6. Juli in der Frühe angelangt; und Kriegs-A., Nieder-
lande 1708; Fase. XIII. 2 meldet, er sei am 6. nach dem Diner im Lager einge-
troffen, was mit der Angabe des Herzogs von Burgund : „Le prince E. arriva vers
le soir ä leur armee" übereinstimmt. Mc'moires militaires (Pelet) VIII. 389. Da endlich
auch noch eine von Assehe am G. Juli datirte Marscliroute für Prinz Eugen's Fussvolk
und Reiterei vorliegt (Kriegs-A., Niederlande 1708 ; Fase. VII. 22), deren der Prinz
in seinem Bericht an den Kaiser erwähnt und deren Empfang der Erbprinz Friedrich
von Hessen aus Maastricht am 7. Juli 1708 ausdrücklich bestätigt (Kriegs-A., Nieder-
lande 1708; Fase. VII. 29) so kann sein Eintreffen zu Assche am 6. wohl nicht bezweifelt
werden. Dies zu constatiren, ist wichtig, weil die kräftigen Massnahmen, welche an
diesem Tage getroffen wurden, unzweifelhaft auf seine Einflussnalinie zurüekzunilncii sind.
331
Stande der Dinj^e in den Niederlanden unterriclitet, war der Prinz
seinen Truppen mit einer von Huszaren gebildeten Escorte voraus-
geeilt und hatte am 5. zu Aerschot, 42*^'" von Brüssel, übernachtet.
Am H. Früh in der Hauptstadt Brabants eintreffend, erfuhr er hier,
dass der Feind sich nach Gent gewendet, die Stadt besetzt imd das
Schloss angegriffen habe. „Und weil ich glaubte," so berichtet der
Prinz dem Kaiser, „dass es vielleicht etwas zu thun geben dürfte,
so habe ich mich dahier (zu Brüssel) nicht aufgehalten, sondern mich
sogleich hiedurch zur Armee begeben, um mit dem Herzoge von
Marlborough mich zu unterreden, was etwa vorzunehmen sei')."
Das erste Begegnen der beiden Feldherren war ergreifend. Der
Herzog umarmte den Prinzen zärtlich und sagte, dass in der nieder-
schlagenden Lage, in der er sich befände, nichts ihm mehr Trost
gewähren könnte, als seine Gegenwart ^).
Beide Feldherren zogen sich zurück, um über die zu ergreifenden
Massnahmen zu berathschlagen '). Sie beschlossen ziir Deckung Brüssels
♦
*) Siehe den Bericlit an den Kaiser. Brüssel, 9. Juli 1708. Supplement-Heft,
S. 148, Nr. 149.
^) So Gruml>kow, welcher diesem ersten Zusammentreffen beiwohnte. Alisoii
dao-es'en lässt Marlborough sagten: „Ich hoffe Euer Hoheit zu einem o-rossen Sieche
beglückwünschen zu können; denn meine Truppen werden durch die Gegenwart
eines so ausgezeichneten Feldherrn angefeuert werden." Nach W. Coxe bewillkommte
der Herzog den Prinzen mit dem Zurufe : „Nun müssen wir raufen. Der Sieg kann
nicht fehlen, denn die Gegenwart eines so ausgezeichneten Feldherrn wird meine
Truppen bis zum Heldenmuthe begeistern." Schwencke, der nach Hanuover'schen
Quellen schrieb, berichtete über dieses Zusammentreffen: „Beide Feldherren umarmten
sich mit Herzlichkeit ; als aber Eugen sich nach dem Befinden seines Waffen-
gefährten erkundigte, antwortete dieser: „Je suis malade de corps et d'esprit."
Der im Hauptquartier anwesende preussische General von Natzmer berichtet:
„Ganz Flandern ging verloren und die Niedergeschlagenheit in der Armee war
gross. . . . Mylord Duc war imtröstlich über diese betrübten Ereignisse und sprach
sich auch gegen mich mit einem rührenden Vertrauen über diese plötzliche Wendung
der Dinge aus, die am Ende noch schlimmer für uns hätte ausfallen müssen, wenn
der Feind mit fortgesetzter Kühnheit seine Avantage wahrgenommen hätte ; so aber
ging uns endlich durch Gottes gnädigen Beistand und unter Mithülfe des Prinzen
Eugen, der zur guten Stunde mit seinem Eintreffen den Muth der Armee wieder
aufrichtete ixnd uns Trost brachte, ein besseres Licht auf." Schöning, Natzmer, 285
und 286.
• Am 18. Juli 1708 schreibt Eugen von Wervicq aus an Gallas: „Ich dann im
Vertrauen melde, dass, als ich bei der Armee angelangt bin, Alles in grösster Con-
sternation war und verschiedene harte Eeden herumgegangen sein." Siehe die
Correspondenz des Prinzen. Supplement-Heft S. 160, Nr. 106.
*) „Der Herzog hat sich ein wenig gefasst — berichtet Grumbkow — seitdem
er mit dem Prinzen Eugen einige Stunden eingeschlossen, sich zurückgezogen hatte.
Während Mylord Duc an die Königin schrieb, zog mich der Prinz bei Seite und
332
im Lag^er von Assche-la-Chaussee zwei Tage kampfbereit stehen zu
bleiben, dann aber den Dender zu passiren und die Franzosen in
offener Feldscblaeht um die Früchte ihres strategischen Marsches zu
bringen *).
Von höchster Bedeutung war, dass E u g e n's Truppen baldigst zur
grossen Armee stiessen. Die namentlich Anfangs ungemein schwierigen
Wege hatten ihren Marsch nur wenig zu verzögern vermocht. Statt
am 2. hatte die Reiterei Düren am 3. erreicht und dort am 4.
gerastet. Am Abende des 6. lagerten sie bereits zu Maastricht beider-
seits des Stromes. Das Fussvolk musste diesen Platz am 8. Juli
gewinnen. Noch am 6. wurde, wie erwähnt, die Route für den Marsch
von Maastricht nach Brüssel ausgefertigt. Die Reiterei sollte am 10.,
das Fussvolk am 15. die Hauptstadt Brabants erreichen^).
Der Commandant von Antwerpen ward angewiesen, nach dem
„Unglück von Gent" umsomehr auf seiner Huth zu sein. — General-
Major Murrav wurde beordert, mit seinen drei Regimentern zu
Sas-de-Gand zu verbleiben und die Landschaft Waas zu decken, ohne
seine Truppen zu sehr zu exponiren. — General-Major Bothmer
erhielt Befehl, am 7. mit seinem ganzen Detachemeut zur Armee ein-
zurücken. — Der Commandant von Dendermonde sollte, wenn er klar
sehe und überzeugt sei, dass die Citadelle von Gent ausreichend ver-
proviantirt, 250 bis 300 Mann dahin werfen^). — Vor Allem aber rieth
Prinz Eugen, Alles aufzubieten, um Audenarde zu retten *). — Also
erhielt der Commandant von Ath, der holländische Cavallerie-Brigadier
fragte mich, was das Alles eio^entlich bedeute? Der Herzog befände sich ja iu einer
unglaublichen Abspannung imd habe sich geäussert, wie Avenn Alles verloren wäre,
was er nicht füglich absehe, da mit der Hülfe Gottes, oder er müsste sein Leben lassen,
wir Genugthuung bekommen würden." Grumbkow verwies in seiner Antwort auf die
Mangelhaftigkeit der gegen den Feind führenden Strassen und Wege, tadelte die
unerhörte Unordnung in den Bagagen, erwähnte des bösen Willens der Landbe-
wohner und einer unrichtigen Meldung des General Bülow, Avelche den Herzog zu
falschen Massnahmen verleitet hatte. Eugen notirte Alles in seine Schreibtafel und
am anderen Tage wurden sofort abstellende Verfügungen gegen jene Mangelhaftig-
keiten erlassen. Auf die Bemerkung über den bösen Willen der Belgier erwiderte
Prinz Eugen: „m;iu müsse sie mit Feuer und Schwert zu Paaren treiben, wenn sie
im Bösen beharreten".
V Eugen an K. Joseph l. Brüssel, 8. .Juli 1708. Supplement-Heft Seite 149,
Nr. 96.
■■«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 22. Assche 0. Juli 1708.
') Marlborough an Tarazena, an Murray, an Bothmer und an den Comman-
danten von Denderiiioudü, säiiinitlich von Assche, ß. .Juli 1708. Murra}'. IV. 97
und 98.
*j Grunibkows Bericht. Schöning, Natzmer 287.
333
Chanclos, Befehl, mit den Ti'uppen. welche er ans seinem eigenen
Platze und aus den benachbarten ohne Gefahr ziehen könne, wie mit
einer Abtheilung des Dragoner-Regiments Wacleff, sich unverzüglich
nach Audenarde zu werfen ' i. — Da endlich die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen war, dass die Franzosen am nächsten Tage die Offensive
gegen die grosse Armee ergriffen, ritt M a r 1 b o r o u g h um 1 Uhr
nach Älitternacht die Lagerlinien bis an den äussersten rechten
Flügel ab und ertheilte hiebei in eigener Person den Befehl, unter die
Waffen zu treten*).
Die französische Artillerie und die Bagage, bedeckt von 6000 Mann*),
hatte sich durch die Schwierigkeit der Wege genöthigt gesehen, die
Nacht zum 7. zu Pollaere, das ist diesseits des Dender, zu verbringen.
Im Begriffe, diesen Fluss zu überschreiten, wurden sie am Morgen
des 7. von Seh ulenburg's Detachement angefallen. Obwohl ihre
Bedeckung feste Haltung zeigte, verloren sie doch viele Fuhrwerke
und Maulthiere und etwa 300 Gefangene. Indess räumten die Fran-
zosen das rechte Dender-Ufer gänzlich und brachen die Brücken hinter
sich ab *).
Die französischen Feldherren hatten somit erreicht, was sie
angestrebt: Sie standen zwischen Gent und der Armee der Ver-
bündeten. Die Frage, wie die vortheilhafte Lage, in welche man
durch die Wegnahme von Gent und Brügge gerathen war, am besten
zu nützen, traf in dem zu seiner Beantwortung berufenen Kriegs-
rath auf nichts weniger als übereinstimmende Ansichten. Indess die
Mehrheit das linke Ufer der Scheide gewinnen und den AUiirten
das Ueberschreiten dieses Flusses directe verwehren wollte, war die
Minderheit für die Vertheidigung des Dender. Vendrime insbeson-
dere wollte unverzüglich zum Angriffe auf Audenarde schreiten. Indem
die Armee vor diesem Platze, und zwar auf dem rechten Scheide-Ufer
eine, wie der Herzog meinte, unangreifbare Stellung bezog, benahm
sie den Verbündeten den einzigen Uebergang über die obere Scheide
und zugleich die Verbindung mit Meuin und Courtray, welche so
isolirt, leicht angegriffen werden mochten. Ohne die Belagerung unter-
brechen zu müssen, konnte endlich die Armee die Verbündeten, falls
sie sich entschlossen, den weiten Umweg über Ostende einzuschlagen,
hindern, die Lys zu überschreiten, — Anderer Meinung war der Herzog
1) Coxe, Memoirs II, 464—465.
^) Coxe, Memoirs II. 464.
3) Histoire de Marlborough II. 323.
*) Memoires militaires (Pelet) VIII. 2.5 uud 26. Marlborougli an Boyle. Herffe-
liugeu, <J. Juli 1708. Munay IV. 101.
334
von Burg und. Wie Ludwig XIV. M wollte auch er abwarten, was die
Verbündeten nach ihrer Vereinigung unternehmen würden. Ueberzeugt,
indess nichts Besseres thun zu können, als die Alliirtcn an der Passage
der Scheide zu hindern, beschloss er bei Gavere auf deren linkes Ufer
überzugehen und vor Audenarde zu rücken. Hier, wie an allen einem
Uebergange günstigen Stellen, sollten Verschanzungen angelegt, das
Gros der Armee daselbst belassen und durch Detachements Menin
belagert werden, wozu er in Tournay und Douai die Vorbereitungen
treffen liess. Indess die ,.grosse Armee" die Scheide von Tournay bis
Gent vertheidigte, sollte Berwick dessen Spitze — Saint-Fr emon t's
Division-) — statt von Remich auf Namur zu marschiren, die Route über
St. Hubert und Han-sur-Lesse eingeschlagen hatte und am 10. Juli Givet
erreichte — die Scheide von Tournay aufwärts beschützen. Zunächst
aber für Namur und Charleroi fürchtend, befahl der Herzog von Bur-
g u u d, dass Saint-Fr emont in den ersteren Platz 4 Bataillone werfe,
mit dem Gros seiner Division jedoch unter den Kanonen des letzteren
lagere. Im Falle der Vereinigung der beiden feindlichen Armeen, sollte
er bei Mons Stellung nehmen und, sowie sein Anschluss an Berwick
sicher, von Conde aus verhindern, dass die Verbündeten zwischen
hier und Tournay die Scheide überbrückten ^).
Am 7. ward unter Zuziehung der holländischen Feld-Deputirten
Kriegsrath gehalten. Prinz Eugen und Marlborough erläuterten in
Uebereinstimmung ihre leitende Idee. Statt auf die französische Armee,
welche zwischen ihnen und Audenarde lag, gerade loszugehen, sollten
die Verbündeten, zu Lessines den Dender überschreiten, sich zwischen
die französische Armee und deren flandrische Plätze einschieben und
erstere dadurch zwingen, sich mit der Front gegen Paris zu schlagen*).
Die Uebereinstimmung Eugens und Marlborough's behielt die
Oberhand über die Einwendungen der diesmal weniger hartnäckigen
Holländer. Sofort schritt man an die nothwendigen Vorbereitungen. Zur
Herstellung von Colonnenwegen und zur Ausbesserung der vorhan-
denen Communicationen wurden nach allen Richtungen Schanzgräber-
*) Ludwig XIV. an den Herzog von Burgund. Fontainebleau, 11. Juli 1708;
Memoires railitaires (Pelet) VIII. 30 und 31.
2) Siehe den „Feldzug am Rhein". Seite 299.
•■') Mcmoire-s railitaires (Peletj "VIII. 32 bis 34. .,üie ganze Schwierigkeit
(diesen Plan auszufiihrenj be.stand in der persönlichen Trägheit des Herrn von
Vendöme, welcher sein Quartier nach seiner Bequemlichkeit findend, es so lange
als nur möglich geniessen wollte und behauptete, diese Bewegung, welche man ja
völlig in der Hand habe, könne ganz gut verschoben werden .... Diese Beweg-
gründe wurden die ausschlaggebenden." Saint-Simou, Mi'moires IV. 173.
*j Laiiiberti V lU.
335
Abthoilungen entsandt. Um leichter operiren zu können, ward beschlossen,
die grosse Bagage am 8. unter einer Bedeckung von 4 Bataillonen
nach Brüssel zu senden, wo sie bis auf Weiteres verbleiben und ihre
Bedeckung die Besatzung verstärken sollte. Die „kleine Bagage"
ward restringirt und an die Queuen der Colonnen verwiesen. Jeder
Privatwagen — reichere Officiere führten 4 und 5 mit sich — welcher
innerhalb der Truppen-Colonne wahrgenommen Avürde, sollte der
Plünderung anheimfallen ').
Als die Actiou soweit in Fluss gekommen, begab sich Prinz
Eugen am 7. nach Brüssel, wo er bis zum Morgen des 9. verblieb.
Dieser zweitägige Aufenthalt in der Hauptstadt Brabants gab ihm
Gelegenheit, seine hochbetagto Mutter zu sehen, welche seit ihrer Ver-
bannung vom französischen Hofe hier lebte ^). Es liegt nahe, dass dieses
erste Wiedersehen nach langjähriger Trennung nur dazu beitrug, die
Gluth des leidenschaftlichen Hasses gegen Ludwig XIV. in beiden
Seelen neu aufflammen zu machen.
Die im Kriegsrathe vom 7. gefassten Beschlüsse wurden mit der
Präcision eines Parademanövers ausgeführt. Noch am 8. Juli lief von
Chanclos die Meldung ein, dass er in Audenarde eingerückt sei
und von Ath Verstärkungen an sich gezogen habe '').
Um den Marsch der Armee gegen Rückenangriffe zu sichern,
schied Marlborough alle Grenadiere und 30 Schwadronen als
Nachhut aus. Dieses Corps, von dem holländischen General-Lieutenant
Albemarle befehligt, hatte am 9. vor Tagesanbruch vor Assche,
Front gegen Alost, in Gefechtsordnung Stellung zu nehmen, dort so
lange stehen zu bleiben, bis die ganze Armee abgerückt sein würde
und dieser dann im Nachhutverhältnisse zu folgen*).
Am Abende des 8. Juli brach unter Commando der General-
Lieutenante C a d 0 g a n und R a n z a u, denen sich auch der Churprinz
von Hannover anschloss, die Vorhut in der Richtung von Lessines
auf. Sie bestand aus 8 Bataillonen Fussvolk, 8 Schwadronen Reiterei,
6 Geschützen und dem Pontonzuge ^).
Die Armee folgte am 9. Juli, 2 Uhr nach Mitternacht, in vier
Colonnen. Das Fussvolk, in zwei Heersäulen formirt, bildete die Mitte
des Marsch-Echiquiers ®). Weder eine Trommel wurde gerührt, noch ein
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 49. „Diarium" und Murray IV. 101.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708 ; Fase. VII. 39 und Coxe, Memoirs II. 465.
3) Cardonnel an Murray, Assche 8. Juli 1708. Murray IV. 101.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 35 und Coxe, Memoirs II. 465.
s) Kriegs-A., Niederlande 1708: Fase. VII. 36.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 37 und Cardouuel au Murray IV. 101.
336
Hörn f^oblaseii. Die Marsch-Disciplin ward trefflich gehandhabt. In
tiefster Stille kam man am 9. um 2 Uhr Nachmittags in Hcrffelingen
an, wo eine fünfstündige Rast gehalten und gut gefüttert wurde ').
Prinz Eugen, welcher Brüssel am 9. Juli, 6 Uhr Morgens, ver-
lassen hatte, um die Vorhut der Armee im Marsche einzuholen, erreichte
das Lager von Herffelingen um 4 Uhr Nachmittags. Er fand die Armee
im grössten Jubel über die Aussicht einer baldigen Schlacht. Eben als
er eintraf, brachen C a d o g a n und R a n z a u mit der Vorhut nach Lessines
auf, um sich dieses Uebergangspunctes zu bemächtigen. Die Armee folgte
ihr in vier Colonnen um 7 Uhr Abends. Zur Täuschung des Feindes
ward als Zeichen zum Aufbruche der Zapfenstreich geschlagen und
geblasen ^).
Die Armee setzte den Marsch die ganze Nacht hindurch ununter-
brochen fort und erreichte gegen 5 Uhr Morgens Ghislenghien, wo
ein vierstündiger Halt gemacht wurde, um die Nachzügler zu sammeln
und die Truppen ruhen zu lassen^). Hier erhielt gegen Tagesanbruch
M a r 1 b o r o u g h von C a d o g a n Meldung, dass er Lessines um Mitter-
nacht besetzt, die Brücken über den Dender hergestellt und am
jenseitigen Ufer Stellung genommen habe *).
Sofort folgte die Reiterei des Gros der Armee in beschleunigter
Gangart der Vorhut auf das linke Ufer. Die Spitzen des Fussvolkes
überschritten schon am Morgen des 10. Juli auf mehreren von der
Vorhut zu diesem Zwecke geschlagenen Brücken den Dender, indess
die Nachhut erst gegen Mitternacht zum IL einrückte. Die Armee
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 49 und XIII. 2a.
2) Marlborough an Boyle. Herffelingen, 9. Juli 1708. Miirray IV. 100—102.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 38 und 49. „Während dieses Halts
hatten einige Reiter ilire Zelte auf die Büsche gelegt, um sie zu trocknen. Dies
machte die Detachements, welche die Franzosen ausgesendet hatten, um Fühlung
zu nehmen, glauben, die Armee der Verbündeten habe sich gelagert. Der Herzog
von Vendome folgerte hieraus, dass die Verbündeten den Dender nicht überschreiten
und erst am 11. zu Lessines sein würden; er sagte zu seinen Officieren, sie könnten
ruhig sclilafen." Schulenburg's Bericht 326.
Marlborough ritt an der Spitze der Hannover'selieu Reiterei. In der Dunkelheit
bäumte sicli iiliitzlich sein Pferd und warf ihn in eine Wasserpfütze, wobei er so
zugerichtet wurde, dass er in eine Hütte treten rausste, um sich zu trocknen. Oberst
von Eltz, der trotz des Verbotes seine Carosse beim Regimente l)elialten hatte, versali
ilin mit Kleidungsstücken, worauf er den Marsch bis zum anbreclicnden Tage an der
Spitze des Schulenliurg'schen Regiments fortsetzte. Eine abergläubische Armee mochte
diesen Vorfall als eine schlechte Vorbedeutung ansehen ; mau erinnerte sicli aber
jetzt, dass Marlborough, der kein guter Reiter war, auch bei Ramillies vom Pferde
gefallen und deutete daher dieses Zeicheu als Sieg". Schwencke 142.
*) Coxe, Memoirs II. 4(>tj.
337
lagerte sich zwischen Lessines und Everbecq in vier Colonneu. Marl-
horough und Eugen nahmen zu Lessines Quartier, wo am Morgen
des 10. ein vom 9. Juli, 9 Uhr Abends, ausgefertigter Bericht des
Brigadiers C h a n c 1 o s einlief, welcher besagte, er wäre zu Audenarde
seit 8 Uhr Finih beiderseits der Scheide eingeschlossen und hätte
Nachricht, ein beträchtlicher Train schwerer Artillerie sei von Tournay
gegen seinen Platz im Anmärsche *).
Statt den im Kriegsrathe zu Lede gefassten Entschluss mit Rasch-
heit und Festigkeit auszuführen, d. h. die Armee der beiden Kronen
directe nach Gavere rücken zu lassen, ward am 9. Juli, offenbar in
der Absicht den Bender zu verthoidigen, über Alost nach Voorde-lez-
Ninove marschirt. Um Mitternacht zum 10. Juli hier eintreffend, erfuhr
der Herzog von B u r g u n d , wahrscheinlich von seiner bis Grammont
vorgegangenen Spitze, dass die Vorhut der Verbündeten sich des
Ueberganges von Lessines bereits bemächtigt habe und die ganze
Armee ihr folge. Ueber neuerlichem Kriegsrathe ward der ursprüngliche
Plan wieder aufgenommen, mit Anbruch des Tages rechts abmarschirt,
zwei Stunden gerastet und dann der Marsch auf Gavere fortgesetzt ^).
Durch die Lagerung des verbündeten Heeres zwischen Everbecq
und Lessines beherrschte dasselbe den Abschnitt zwischen Dender
und Scheide. Dass die Franzosen, statt am 10. anzugreifen, ihre
gesammten Streitkräfte auf Gavere an der Scheide repliirten, Hess das
Feldherren - Triumvirat M a r 1 b o r o u g h , Eugen, O v e r k i r k den
Schluss ziehen, die Franzosen beabsichtigten die Operationen ganz
auf das linke Scheide -Ufer zu verlegen. Es handelte sich sonach
*) Marlborough an Boyle. Hei-ffelingen, 9. Juli 1708. Murray IV. 102.
^) Marll'orough an Boyle. Herffelingen, 9. .Juli, Nachschrift aus Lessines am
10. Juli. Derselbe an den Churfürsten von Hannover, Audenarde, 12. Juli 1708; an
den König von Dänemark und an den Grafen Piper, Wervicq, 15. und 16. Juli 1708,
sämmtlieh bei Murray IV. 100 — 104, 109 und 114. Vergleiche auch des Herzogs
Schi-eiben an Godolphin, Lessines 10. Juli, bei Coxe, Memoirs II. 467.
Des französischen Vormarsches auf Vo.orde, den übrigens auch Schul enburg's
Denkwürdigkeiten bestätigen, geschieht weder in den Berichten D'Artaignan's und
Vendome's (Memoii-es militaires [Pelet] VIII), noch in den Memoiren Saint-Simon's
Erwähnung. Hiernach zu schliessen, müssen beide Parteien im französischen Haupt-
([uartier gute Gründe gehabt haben, die Vorgänge des 10. Juli in tiefstes Dunkel zu
hüllen. — Dagegen berichtet die Histoire de Marlborough II. 324 — 325: „In der
Nacht ziim 10. hatten die Franzosen aus dem Lager von Alost auf Ninove rücken
wollen, um dem Feinde den Dender-Uebergang zu verwehren; aber nach einem Marsche
von zwei Stunden änderten sie ihren Entschliiss, kehrten plötzlich wieder um und
schlugen die Richtung auf Gavere ein. Herr von Saint-Hilaire erzählt in seinen Denk-
würdigkeiten, wie viel Mühe er gehabt, inmitten dieser Veränderungen die Artillerie
zu bergen, deren Bedeckung ihm anvertraut war".
Feldzüge des Priuzeu Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 22
338
darum, ihnen an der Scheide zuvorzukommen, wie dies an dem
Dender gelungen war, und sich damit in consequenter Verfolgung der
ursprünglichen Idee abermals zwischen Frankreich und sein liaupt-
lieer einzukeilen. Dass diese Bewegung vielleicht schon am 11. Juli zu
der heissersehnten Schlacht führen würde, war vorauszusehen und
Marlborough und Eugen säumten nicht, für sie die erforderlichen
Voi'bereitungen zu treffen.
Am Abende des 10. erhielt Cadogan Befehl, am IL um 1 Uhr
nach Mitternacht mit 8 Schwadronen und ebensovielen Bataillonen,
welche nach der Hand durch noch andere 8 verstärkt wurden, endlich
32 Geschützen und den Pontons gegen Audenarde aufzubrechen. Seine
Detail-Instructionen lauteten, die dahin führenden Wege herzurichten,
die Scheide auf den stehenden Brücken des Platzes zu überschreiten,
auf den jenseitigen Höhen Stellung zu nehmen, weitgehende PatruUen
vorzutreiben und für die am Morgen des 11. Juli nachfolgende Armee
mindestens vier Brücken über die Scheide zu schlagen.. - Die am 10.
zu Lessines ausgefertigte Marschdisposition für die Armee bestimmte,
dass dieselbe am 11. um 8 Uhr Früh der Vorhut in vier Colonuen
zu folgen habe. Die gesammte Artillerie ward der die rechte Flügel-
Colonne bildenden Reiterei des rechten Flügels zugetheilt ').
Die Ausführung dieser Dispositionen führte, wie vorausgesehen
worden, am 11. Juli zur Schlacht.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 45 und 49. — Diarium. Supplement-
Heft, S. 153, Nr. 99.
Der Tag von Audenarde.
Das Schlachtfeld ').
Von Tournay bis Gent clurchfliesst die schon von Cambrai ab
schiffbare Scheide in zahllosen Schlangenwindungen einen üppigen
Wiesengrund, der von Bewässerungsgräben allenthalben durchfurcht,
eine merkliche Unterbrechung nur dort erleidet, wo der Waffcn-
platz Audenarde ^) ihn der ganzen Breite nach überquert. Das Bild
verfein er tster Wiesencultur, das heute das Auge ergötzt, war am
11. Juli 1708 allerdings nicht wahrnehmbar. Ein ungeheueres Wehr
spannte die Westfront der Scheidefeste den hier im Mittel 40'" breiten
Fluss zu eiuem die ganze Breite des Thalgrundes erfüllenden, bis
über Huyweede hinaufreichenden See. Von Audenarde abwärts, bis
weit über Gavere hinaus, wechselten trockene und nasse Wiesen,
welch' letztere an der Mündung des Eyne-Baches und an jener des
Norken-Flüsschens zu grundlosen Morästen wurden. Audenarde selbst,
eine Fläche von 900™ Länge und 600™ Breite bedeckend, war von
einem bastionirten Erdwalle umschlossen, der auf den Angriffsfronten
durch einige Aussenwerke, insbesondere einen doppelten bedeckten
Weg verstärkt, durch einen nassen Haupt- und ebensolchen Vorgraben
eine zweifelhafte Sturmfreiheit genoss. Da zudem die Thalbeglei-
tungen beiderseits auf 600 bis 700™ beherrschend an die Werke
herantreten, entsprach die fortificatorische Stärke des Platzes durchaus
nicht der hohen Wichtigkeit, die ihm ganz besonders nach dem Ver-
luste von Gent zukam. Auch rasches Uferwechseln Hess dieser doppelte
») Siehe Tafel V.
'^) Von Audenarde nach Lessiues 26, nach Tournay 35 (37), nach Courtray 30,
nach Gent 28""°.
22*
340
Brückenkopf nicht zu. Abgesehen von den defileartigen und daher
schwierigen Zugängen, mussten zahlreiche wurmstichige Brücken, enge
und krumme Gassen passirt werden, um endlich nach mehr als halh-
stündigem Marsche am anderen Ufer debouchiren zu können.
Der im Mittel 19'"" breite und viermal so lange Boden-Abschnitt,
welchen Scheide und Lys zwischen der französischen Grenze und Gent
bilden, charakterisirt sich als eine flachgewellte Hügelkette, deren grösste
Erhebung östlich Belleghem den Spiegel der Nordsee nur um 79™
überragt. Bei St, Anne (nordwestlieh Beileghera) von der Lys nur
3^"^ abstehend, zieht diese Hügelkette als Wasserscheide zwischen dem
genannten Flusse und der Scheide, in einem der letzteren zugekehrten
Bogen über Ingoyghem und Caester nach Woortegem (70"' a. H.). Der
Scheide hier auf 4^^™ nahegekommen, schwenkt der Hauptrücken nun
scharf nordwärts gegen Cruyshantem (60™ a. H.), um sich weiter gegen
Gent zu vollends zu verflachen. Von dieser Wasserscheide lösen sich
in den verschiedensten Richtungen sanftgewellte Rücken los. Erst von
Woortegem ab ordnen sich jene der östlichen Abdachung so, dass sie
mehr weniger parallel in nordöstlicher Richtung zur Scheide hinab-
streichen. Der bedeutendste von ihnen trennt sich zwischen dem R''" du
Moulin (Norken-Fl.) und dem Molenbeek ab. Nächst Oycke zu einer
Kuppe von 66™ a. H. anschwellend (Moulin, Moulin d'Oycke), gliedert
sich dieser Rücken weiters selbst in vier Ausläufern. Der nördUchste
derselben folgt dem R*" du Moulin bis zu seiner Mündung nächst
Asper. Bei Roygem, ein schmaler Rücken von 32™ a. H., bildet er
östlich Onnegam, den ganzen Raum zwischen dem R*" du Moulin,
der Scheide und dem Eyne-Bach ausfüllend, die fast 6*^™ breite
Flachhöhe von Heurne, welche sich östlich Herlegem noch bis zu
28™ a. H. erhebt. — Fast senkrecht auf diese Ausläufer senkt sich von
der Höhe von Oycke ein zweiter gegen Audenarde hinab und zwingt
sich zwischen Mooreghem und dem Schlosse von Browaen durch, um
zur Flachhöhe von Bevere (31™ a. H., S-ö""™ breit) anzuschwellen,
welche sich ähnlich jener von Heurne gegen Süd und Nord ausdehnt.
Beide Ausläufer treten an die Scheide knapp heran und umschliessen
am Eyne-Bach zusammenschwenkend, zwei kürzere Zungen, deren
eine sich gegen Herlegem streckt, indess die andere, kleinere,
sich zwischen Diepenbeke und Schloss Browaen gegen Ruybroek
hinabsenkt.
Etwa 2*5'^™ nördlich Oycke trennt sich von der Eingangs er-
wähnten Wasserscheide abermals eine Rückenlinie ab, die, das linke
Ufer des R*" du Moulin begleitend, gegen Asper hinabstreift und die
Flachhöhe von Huysse bildet. Gegen Nord sanft, gegen den R*" du Moulin
341
kurz und steil abfallend, überhöht sie die südlich vorliegenden Hügel
von Koygem und Heurne im Mittel um 15"\
Von den Wasseradern der näheren Umgebung von Audenarde
ist die bedeutendste der R^" du Moulin (Norken), Südwestlich Oycke
entspringend, nimmt er links den tiefeingeschnittenen Kasteelbeek auf,
zieht am Fusse der Steillehne von Huysse in einem Wiesengrunde
über Lede und Müllem bis Beeke und tritt unterhalb Asper in's
Thal der Scheide. Gleich den übrigen Bächen mit Buschwerk dicht
verwachsen , bildet er ein Bewegungshinderniss , das von Reiterei
schlechterdings nur dort passirt werden kann, wo künstliche Ueber-
gänge hergestellt sind. An sich zwar unbedeutender, aber der freien
Bewegung gleichfalls nicht wenig hinderlich, ist der Eyne-Bach. Er
entsteht durch das Zusammenfliessen zweier Wasseradern, deren eine,
der Groote-Bach, südlich Marollem, deren andere, der Bach von Diepen-
beke, westlich des Schlosses Browaen aufquillt. Beide durchfliessen
morastige Gründe, vereinen sich bei Ruybroek, gewinnen als Eyne-
Bach in doppeltem Bette und ebenfalls über Sumpfboden hinweg das
gleichnamige Dorf und ergiessen sich knapp unterhalb desselben in
die Scheide. Seine Ränder sind, wie die seiner Quellbäche, mit Busch-
werk dicht bestanden. Die Füsse der Flachhöhe, welche die letzteren
umschliessen, sind durch Gräben, Hecken und Baumreihen, welche in
geraden und unter sich gleichlaufenden Linien die Getreidefelder,
durchziehen, in zahlreiche kleine, rechteckige Bezirke „Kämpe", ge-
theilt. — Aelmlichen Charakters, wie der Eyne-Bach, ist der unterhalb
Moereghem und Hutteghem in die Scheide sich ergiessende Molenbeek
(Woos R*").
Die im Allgemeinen freie und offene Gegend trägt den Charakter
des gesegnetsten Ackerlandes, dem die längs der Bäche, Gräben und
Wege hinziehenden Hecken, Gebüsche, die vielen sich kreuzenden
Alleen und die im frischesten Grün prangenden Fruchtgärten einen
fast südlichen Reiz verleihen. Benimmt dieser reiche Baum- und Strauch-
wuchs auch vielfach die Uebersiciit, so erleichtern andererseits Wind-
mühlen, Kirch- und Schlossthürme, endlich weithin sichtbare Bäume,
wie die Linde von Oycke, die Orientirung. Die ganze Landschaft ist
zudem von Bauernhütten und Höfen, Schlössern, Klöstern, Weilern
und Dörfern übersäet. Das reiche Wegnetz, das sie untereinander
verbindet, beschränkt aber selbst wieder die Bewegungsfreiheit; in
der Niederung und an den Hängen sind nämlich die Verbindungen
von Hecken eingefasst, die erst auf den Höhen aufhören.
342
Einleitungsgefechte. — Aufmarsch der Heere zur Schlacht.
Cadogan brach in der Morgendämmerung des 11. Juli auf und
erreichte um halb 11 Uhr Vormittags Audenarde *). Mit einem Theile
seines Detaehements die Scheide auf den Brücken der Festung
passirend, Hess er, etwa 1000 Schritte unterhalb derselben, unver-
züglich den Bau von vier Pontonbrücken beginnen. Sowie die erste
geschlagen ^) und wahrzunehmen war, dass die Spitzen des Gros im
Näherkommen begriffen, ging das ganze Detachement, bis auf eine
Brückenwache von vier Bataillonen, die Reiterei voran, auf das linke
Ufer über, erstieg die Anhöhe von Bevere (Beveren) und nahm Front
gegen Heurne Aufstellung^). Von hieraus bemerkte man in den ersten
Nachmittagsstunden auf der gleichnamigen Höhe feindliche Cavallerie.
Es war die Spitze der französischen Armee unter dem Greneral-Lieute-
nant Marquis von Biron, welcher vorausgesandt worden war, das
Lager auszustecken.
Die Armee der beiden Kronen war im Laufe des 10. Juli in
einer Lagerung bei Gavere, am rechten Ufer der Scheide, vereinigt
worden. Nach V e n d 6 m e's Angabe hätte die Behauptung P u y s e g u r's,
dass man in dieser Stellung dasselbe erreiche, wie in der, welche der
Marschall auf dem linken Ufer vor Audenarde vorgeschlagen, dass
nämlich die Verbündeten sich der Scheidefeste nicht nähern könnten,
bestimmt, die Nacht auf dem rechten Ufer zu verbringen*). Wiewohl
man im französischen Hauptquartiere wusste, dass Lessines seit Mitter-
nacht zum 10. in den Händen der Alliirten, schmeichelte man sich
offenbar, noch den ganzen 11. Juli zur ungestörten Verfügung zu
haben. Nur so erklärt es sich, dass die Armee den Uebergang
über die Scheide am 11. Juli nicht früher, als um 10 Uhr Vormittags
begann.
Der Erste hatte Biron das linke Ufer gewonnen. Der General-
Lieutenant, welcher eine der beiden Reserven befehligte, war, in einiger
Entfernung vom Gros lagernd, am Abende des 10. Juli angewiesen
worden, ein noch entfernteres Corps an sich zu ziehen und zur Armee
zu .stossen. Am Morgen des 11. ihrem Lager sich nähernd, hatte er
weiteren Befehl erhalten, bei Gavere, wo oberhalb der stehenden
*) Nach Coxe, Meinuirs II. 470. Die „Histoire de Marlborouo^h" II. 326 lningt
die.selbe Zeitangabe. Scliulenburg's Beiiclit sagt: gegen Mittag.
2) Nach der „Hi.stoire de Marlborough" waren sämmtliclie Brücken um 2 Uhr
Nachmittags fertig.
*) B. B. des „Plan de la Bataille etc.".
*) Vendonie an Ludwig XIV. Lovendegem, 19. Juli 1708. Memoires niilitaires
(Pelet) VIII. 388.
343
Brücke noch deren vier angeordnet worden, die Scheide zu über-
schreiten. Zu seinem Befremden war weder die Armee augetreten,
noch der Brückeuschhig vollendet ').
Als Cadogan wahrnahm, wie der nichtsahnende Gegner sich
auflöste — thatsächlich um Stroh und Fourage aufzutreiben — Hess
er, eingedenk des erhaltenen Auftrages, seine Schwadronen den Eyue-
Bach übersetzen und attaquiren. Sie trieben die Franzosen gegen Syngem
zurück und brachten einige Gefangene ein ^).
Auf B i r o n's Meldung vom Schelde-Uebergang der Verbündeten ^),
hatte Vendome ihm befohlen, sie anzugreifen, und ihn verständigt,
er werde mit der Spitze der Armee in aller Eile zu seiner Unter-
stützung anrücken *). Die französische Armee beschleunigte thatsächlich
ihren Marsch. Ihre Tete nahm am Norken-Bache die eben geworfene
Cavallerie auf, that der Unordnung Einhalt und setzte Biron in
die Lage, mit 12 (nach anderen Angaben aber 20) Escadronen
vorzubrechen und Cadogan's Schwadronen über den Eyue-Bach
zurückzujagen. Das gleiche Schicksal theilten (nach Quincy) vier
Bataillone, welche der britische General zu Ran t zaus Unterstützung
oder Aufnahme über diesen Bach vorgeschoben haben mochte. Als
aber Biron die Windmühle, 500 Schritte nördlich Eyne, erreicht
hatte, gewahrte er nicht nur Cadogan's Gefechtsfront fast unter den
Kanonen von Audenarde hinter Ravins, Watergans und Hecken und
die vier zum Schutze der Brücken zurückgelassenen Bataillone, er sah
auch, wie gewaltige Reiter-Colonnen die über die Scheide geschlagenen
Brücken passirten ^ i.
Wiewohl er erkannte, dass sein Angriff nur schlimme Folgen
haben könne, war Biron schon im Begriffe, dem von Veudome
erhaltenen Befehle wörtlich nachzukommen, als Puysegur, mit den
Quartiermeistern eintreffend, ihm ernstlich rieth, sich wohl zu hüten,
einen so sehr gewagten Kampf aufzunehmen. Der Marschall von
Matignon, der wenige Augenblicke später dazukam, verbat es ihm
ganz ausdrücklich und nahm alle Verantwortung auf sich ").
1) Saint-SimoB, Memoires IV. 173, 174 und 186.
^) Coxe, Memoirs IL 471.
3) Nach Saint-Simon (Memoires IV. 175) wäre es bereits uugefähr 2 Uhr
Nachmittags gewesen, als Biron die Verbündeten gewahrte. Seine erste und seine
zweite Meldung seien von Vendome, als nicht glaubwürdig, nicht beachtet worden
und erst eine dritte hätte den Marschall bestimmt, zu Pferde zu steigen.
*) Vendöme an Ludwig XIV. Lovendegem, 19. Jiüi 1708. Memoires militaires
(Pelet) VIII. 389 und Saint-Simon, Memoires IV. 174.
^) Wesentlich nach der „Histoire de Marlborough" II. 326 und 327.
"j Saint-Simon, Memoires IV. 174, 175.
344
Das Gros der Verbündeten, welches abgewartet hatte, bis die
Wege ausgebessert *), war erst um 8 Uhr Morgens ") aus dem Lager
aufgebrochen ''). Es war in vier Colonueu (jedes Treffen in zwei^
links abmarschirt. Jede derselben hatte Reiterei an der Spitze und
Geschütze am Schlüsse*). Die Befürchtung, Cadogan könnte über-
rascht und der Schelde-Uebergang vereitelt werden, hatte zu mög-
lichster Beschleunigung angetrieben'). Nachdem Marlborough die
Reiterei der rechten Fiügel-Colonne (Holländer) mit der Aufgabe
betraut, den Marsch und den Schelde-Uebergang der übrigen Truppen
gegen alle Angriffe zu decken, welchen sie von Gavere her ausgesetzt,
war er mit Prinz Eugen zur zweiten Colonne*) geeilt, wo ihn
Cadogan's Meldung, dass die Brücken nächst Enaeme in Bau und
dass der Feind eben erst bei Gavere den Fluss zu passiren trachte,
erreicht haben dürfte. „Diese Nachricht," erzählt Natzmer, „erfüllte
uns mit Freuden, so dass wir in unserem Eifer Mylord Duc ersuchten,
uns schnelleren Schrittes marschiren zu lassen ')."
An der Spitze der Reiterei im Trab und Galop der Scheide
zueilend, erhielten beide Heerführer ungefähr eine Stunde von Aude-
uarde von Cadogan weitere Meldung, die Franzosen hätten gegen
9 Uhr bei Gavere die Scheide übersetzt ®j und formirten sich nächst
Syngem in Schlachtordnung, um, wie er meinte, den Schelde-Uebergang
zu verwehren. Man beschloss hierauf, soviel Truppen, als nur möglich,
den Fluss übersetzen zu lassen und den Feind anzugreifen ^).
Als gegen Mittag die Spitze der Reiterei des rechten Flügels
an der Scheide anlangte, war noch keine der Pontonbrücken vollendet *").
Sowie die erste, gegen 1 Uhr Nachmittags, geschlagen, ging Natzmer,
welcher mit dem zweiten Treffen des rechten Flügels der Reiterei
(39 Schwadronen) zuerst angekommen war, „in vollem Trete" über die-
*) Diarium. Supplement-Heft S. 154.
^) Diarium, Supplemeut-Heft S. 154, berichtet um 7 Uhr.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a gibt in Uebereinstimmuug mit
Schulenburg, Coxe und Schwencke 8 Uhr an. Das Diarium, Supplement-Heft S. 154,
S Uhr. — Man muss Angesichts dieser späten Aufbruchsstunde in Betracht ziehen,
dass die Armee der Verbündeten von Sonntag <i Ulir Abends bis Dienstag marschirt
war, ohne zu lageni, und dass sie an letzterem Tage erst in sehr vorgerückter
Nachtstunde iu's Bivouac gekommen.
*) Coxe, Memoirs II. 470.
*) Bericht der h<dländisclien F(dd-De])utirtpn bei Laiuberti V. 109.
'') Coxe, Memoirs II.
'') Schöning, Natzmer 288.
^) Geldermalsen's Bericht.
9j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2a.
'«) Lambert! V. lOG.
345
selbe *). Auf dem linken Ufer setzte er sich zu Cadogan, dessen Reiterei
jene Biron'seben zum ersten Male geworfen, in's Treflfenverhältniss *).
Als das Hauptquartier der Verbündeten die Scheide erreichte, war
Biron, wie erwähnt, eben auf der Flachhöhe oberhalb Eyne angelangt.
Im Glauben, das ganze Heer der Alliirten vor sich zu haben, hatte
er sofort dem Armee-Commando über die Sachlage Bericht erstatten
lassen; er selbst war nach vorwärts geeilt, dem lebhaften Kleingewehr-
feuer zu, das am Eyne-Bach zu hören war. Er fand seine Vortruppen
in heftigem Kampfe. Der Aufenthalt, welchen das schwierige Rinnsal
den Verbündeten bereitete, ermöglichte es V e n d u m e, noch rechtzeitig
am Gefechtsfelde einzutreffen.
In der Absicht, die Alliirten sofort anzugreifen, sowie er nur den
grössten Theil der Armee zur Hand hätte, wollte Vendome die Vorhut
der Verbündeten zunächst daran hindern, sich auszubreiten, die vor-
theilhaftesten Puncte des Terrains in Besitz zu nehmen. Er warf
zu diesem Ende sieben Schweizer-Bataillone (die Regimenter Pfiffer,
Villars und Greder) unter General Pfiff er in das Dorf Heurne an
der längs der Scheide hinziehenden Strasse *) und Hess sie durch
einige Escadronen unterstützen, welche er in der Ebene zwischen
Rotz und Müllern nach Massgabe ihres Eintreffens in Schlachtordnung
stellte*). Ven dome gedachte die Armee ungefähr in der Linie Heurne-
Tilleul d'Oycke aufmarschiren zu lassen, wodurch er die Verbündeten
umfassend, hoffen mochte, sie in dem Augenblicke anfallen zu können,
da jene im Begriffe waren, sich zu entfalten ^). In der Absicht,
*) Diarium. Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 49.
^) Schöning, Natzmer 288.
^) Nach San Vitali besetzten 4 Bataillone Heurne, 3 andere das Buschliolz.
Histoire de Marlborough II. 327.
*) Histoire de Marlborough II. 327.
^) „Die zwischen dem Urenkel Heinrich IV. und dem Enkel Ludwig XIV.
herrscliende Misshelligkeit, machte einen so gut gefassteu Vorsatz aufgeben. Es wäre
leicht gewesen, die Detachements, welche die Brücken geschlagen, abzuschneiden
und sie selbst zu vernichten, ehe sich andere Coi'ps mit iliuen vereinigt haben
konnten. Wenn die Franzosen hierauf ihren linken Flügel an der Scheide behauptet,
ihre Cavallerie aber zwischen dem Schlosse von Browaen (Chäteau Bruan) und der
Mühle von Oycke postirt und ihre Mitte auf der Höhe zwischen Woorteghem und
Eyne aufgestellt hätten, würden sie unfelilbar alle Vortheile des Terrains für sich
gehabt haben ; vielleicht würde es von ihnen abgehangen haben, die Schlacht anzu-
nehmen, oder abzulehnen. Die französischen Generale einigten sich nicht mehr über
diesen Punct: ihre Unentschlosseuheit währte bis 3 Uhr Nachmittaffs." Histoire de
Marlborough II. 327 und 328. — Schulenburg, der ausgezeichnete Gewährsmann,
berichtet: „Bis jetzt war unser Fussvolk noch nicht eingetroffen; hätten die Franzosen
verstanden, daraus Nutzen zu ziehen, würden sie uns ungemein in Verlegenheit
gebraclit haben."
346
mit dem linken Flügel über Eyne vorzustossen , diesem Dürfe auf
2ÜÜ Schritte iiahegektimmcn, traf V e n d o m e mit P u y s e g u r zusammen,
der, als genauer Kenner der Gegend, ihn versicherte, dass in dieser
Richtung nichts zu thun sei, da man auf einen unüberschreitbaren
Bach ^ (den vor Eynei stosse. Ven dorne eilte nun auf die Anhöhe
zur Rechten (die Flachkiippe zwischen Diepenljeke undle Kvnhuysse),
um zu sehen, ob sich nicht von hier aus in die Verbündeten ein-
brechen lasse. Wieder versicherte P u y s e g u r, es sei eines Baches
und eines Morastes wegen unmöglich ').
Indess die Generale, längere Zeit unentschlossen, sich endlich
entschieden, die Truppen nach Mass ihres Eintreffens und der feind-
lichen Entwicklung in Schlachtordnung zu bringen, hatten alle Colonnen
des Gros vom Herzog von Burgund während des Marsches den
Befehl erhalten, die vom Marschall V e n d 6 m e gegebene Direction
zu ändern. Bei Asper (Aspre) westwärts abbiegend, hatten sie die
Flachhöhe von Huysse (Huyse) erstiegen und auf selber, sonach auf
dem linken Ufer des R^" du Moulin (Norken-Fl.) zwischen Wannegem
und Chateau d' Asper - Syngem (d' Aspre - Singen) , ihren Aufmarsch
vollführt. Pfiff er aber war mit seinen sieben Bataillonen von Heurne
aus bis Eyne vorgerückt. Er stand hier völlig isolirt, da die ihm zur
Unterstützung beigegebene Cavallerie der „Maison royale", erhaltener
Weisung geti-eu, bei der Windmühle von Heurne stehen geblieben
war und später, bis auf einige Escadronen, eine andere Bestimmung
erhielt ').
Die Directions - Veränderung der feindlichen Heersäulen war
den Verbündeten nicht entgangen. Sowie Cadogan wahrnahm, dass
die gegen ihn im Anmärsche befindlichen Teten der französischen
Armee, statt ihre zu Eyne stehende Vorhut zu unterstützen, ihre
Marschrichtung plötzlich änderten, indess die Spitzen seines eigenen
Gros — das zweite Treffen des rechten Flügels der Reiterei unter
N a t z m e r — bereits die Scheidebrücke erreicht hatten, holte er
die Bewilligung Mar Ibor ough's ein, die ihm gegenüberstehenden
Bataillone mit seinem Fussvolke anfallen und gleichzeitig seine
Reiterei auf die Fläche von Heurne vorrücken lassen zu dürfen.
Die günstige Gelegenheit zu einem Theilerfolge, vornehmlich aber
die Absicht, durch Besetzung der Höhe von Heurne die Scheide-
brücken wirksamer zu schützen und damit gleichzeitig der eigenen
Annee Zeit und Raum zum Uebergang und zum Aufmarsch zu
*) Vendöme au Ludwig XIV. Lovendegeni, 19. Juli 1708. Mi;inoires militaires
(Peletj VIII. 390.
*) Coxe, Memoirs II. 473.
347
schaffen, veranlasste seinen Vorschlag'). Marlborough stimmte zu
und sofort drang Cadogan, ohne einen Schuss zu thun, das Bajonnet
im Mundloch der Flinte, entsclilossen über den Eyne-Bach. Es war
zwischen 3 und 4 Uhr''), als seine Vorhut, der Brigadier Sabine mit
vier englischen Bataillonen, den Bach knapp am Dorfe überschritt, indess
die Reiterei ihn weiter oben übersetzte. Das Gefecht im Dorfe war
hitzig, währte aber nur eine lialbe Stunde und endete damit, dass
Pfiff er nach tapferster Gegenwehr, mit vier Bataillonen abgeschnitten,
die Waffen streckte, indess die anderen drei aus Heurne vertrieben,
sich fechtend gegen die gleichnamige Windmühle zogen ^).
Gleichzeitig mit Cadogan attaquirte Rantzau*) die bei der
Windmühle von Heurne stehenden 4 (12) Escadronen ") der „Maisou
royale" unter Oberst Breteche. Rantzau schlug sie nächst
„Auberge de l'hopital d'Audenarde" (Gasthuys) vollständig, gerieth
aber in das heftige Feuer der am Westrande von Huysse aufge-
fahrenen Geschütze (?) und musste zurück. Breteche sammelt rasch
sein Regiment und führt es auf's Neue vor, wird vom Churprinzen
von Hannover, der an der Spitze der Leibschwadron von Bülow-
Dragoner heraneilt, zum Stehen gebracht und von Rantzau, welcher
dank der heldenmüthigen Haltung einer dänischen Schwadron unter
Obristlieutenant Holst, seine Leute wieder gesammelt hatte, völlig
auseinandergesprengt. Der tapfere Breteche verliert 3 Paar Pauken
und 12 Standarten und wird selbst gefangen **).
') Marlborough au den Köuig von Dänemark. VVervicq, 15. Juli 1708. Murray
IV. 109.
*) So Coxe, Memoirs II.
■') Diarium. Supplement-Heft S. 154. „Histoire de Marlborough" II. 329.
*) Nach der „Histoire de Marlborough" II. 330: „vor 5 Uhr".
^j Das „Diarium", Supplement-Heft S. 154, spricht von 20 französischen Esca-
dronen. Da Rantzau aber nur 8 Schwadronen und einige Huszaren befehligte, er-
scheint dies unwahrscheinlicli. Vendome selbst gibt in seinem Berichte an den König
vom 19. Juli (Memoires militaires [Pelet] VIII. 391) an, er habe gegen Mittag 20 Esca-
dronen in weniger als einer Viertelstunde (auf zwei Brücken) über den Korken gehen
lassen. Dass dieselben zwischen 3 und 4 Uhr Nachmittags noch vereinigt gewesen,
scheint zum mindesten fraglich. Vendome dürfte einen Tlieil mit .sich genommen haben,
als er die Flachhöhe zwischen Schaerken und Eoygem recognoscirte. Die „Histoire de
Marlborough" II. 330 spricht auch nur von „einer Colonne französischer Cavallerie"
und Coxe (richtiger Major Smith) gibt, Memoirs II. 472, an, „sie wurden nachher
bis auf wenige Escadronen abberufen".
'') Diarium. Supplement - Heft S. 154. — Coxe, Memoirs II. 472 und 473.
Die „Histoire de Marlborough" II. 330 berichtet, der Unfall des Churprinzen — ein
Pferd wurde ihm unter dem Leibe erschossen — und die Niederlage des Breteche
hätte nach den Aussagen Einiger später stattgehabt, in einer anderen Gefechtslage,
zur Zeit, da Lottum mit seinen Preussen herbeikam.
348
Wähi-end dieses Kampfes hatten Marlborough und Eugen
die Truppen unausgesetzt über die Brücken defiliren und gegen die
Flachhühe von Heurne anrücken lassen '\ Natzmer, mit 39 Schwa-
dronen vom Gros zuerst am Phitze *\ überschritt den Eyne-Bach und
nahm nächst dem gleichnamigen Dorfe Stellung "').
Bald nach ihm erschien B ü 1 o w mit dem ersten Treffen des
rechten Flügels der Reiterei an den für ihn bestimmten, aber
ebenfalls noch unvollendeten Brücken. Nur die Versicherung der
Pontonnier-Officiere, dass beide Uebei'gänge in einer Viertelstunde
passirbar sein würden, hielt ihn ab, dem linken Flügel zu folgen, der
eben Audenarde durchzog*). Sowie am linken Ufer ein Theil des
Treffens Schwadrons Colonnen formirt hatte, übertrug Bülow die
Sorge es ihm nachzuführen, dem Brigadier Peutz; er selbst ritt vor, das
Gefechtsfeld zu übersehen. Bei der Windmühle vor Heurne traf er
die beiden Oberfeldherren und erhielt Befehl, sein Treffen auf dieser
Höhe zu ordnen und nöthigenfalls Cadogan zu unterstützen, der eben
auf dem Puncte war, von überlegenen Kräften angegriffen zu werden.
Cadogan hatte sich nicht nur in Heurne behauptet, sondern
überdies zwei Bataillone (CoUiars und Grumbkow) nach Groenvelde
und Herlegem vorgeschoben, wo sie in einem von zahllosen Hecken
durchzogenen Terrain sich festsetzten. Ihre Tüchtigkeit sollte alsbald
eine ernste Probe bestehen.
Nach dem Verluste der Fläche von Heurne konnte das französische
Hauptquartier nicht mehr bezweifeln, dass es die Absicht der Verbün-
deten sei, vor Audenarde eine Schlacht zu schlagen und zwar auf einem
Terrain, dessen vortheilhafte Puncte bereits so weit in ihrem Besitze,
dass ihr Debouchiren über die Scheide nicht mehr zu verhindern wai'.
Der rechte Flügel der französischen Armee war inzwischen in grösster
Hast auf der Flachhöhe am linken Ufer des R^" du Moulin (Norken-Fl.)
in zwei Treffen mit einem Rückhalte dergestalt aufmarschirt, dass am
rechten Flügel der grösste Theil der Cavallerie auf der Höhe hinter
Lede, zwischen Wannegem und Huysse stand; die Infanterie sollte
hinter MuUem, von Huysse bis an die Allee Audenarde — Gent
die Mitte, jenseits dieser Allee aber wieder Cavallerie den linken
•) Diarium. .Sui.plemeiit-Heft S. Ibi.
*j Coxe, Memoirs II. 474.
^) Schöniiifj:, Natziner 288 und 289. Bald darauf Ivaiii l'rinz Eu^en, der iiini
verliiiidlich zurief: „Je vons trouve bieii avance Mon.sieur GeiK'ral!" dann vor-
sprengte, des FeindcM Stellung zu .sehen, und indem er ))ald darauf wiedeviielirte,
vollen Muthes zu ihm .sagte: „II faut quo nous en ayons poil uu alle!"
*) Schweucke 144.
349
Flügel bilden. (Saint-Simon [Memoires IV. 189] behauptet, dass bei
Einbruch der Nacht noch nicht die IJälfte der Armee am Platze
gewesen.) Vor der Front dieser sehr vortheilhaften Stellung floss der
R*» du Moulin (Norken), dessen Uebergänge leicht zu vertheidigen
und dessen linke Thalbegleitung schwer zu ersteigen war *).
Der Verstoss des rechten französischen Flügels. — Die
Massen seh lacht.
Statt hinter dem R*^' du Moulin (Norken) zu verbleiben, überschritt
ihn um 4 Uhr Nachmittags der rechte Flügel des französischen Heeres.
Welcher Gedanke den Herzog von B urgun d leitete, als er, voreilig, ehe
noch Vendome au seiner Seite erschienen, hiezii den Befehl gab, bleibt
dahingestellt *). Das Nächstliegende ist, dass das unglückliche Gefecht
von Biron, Pfiff er und Breteche ihn hiezu veranlasste. Wahrschein-
Uch um der bis auf den R''" du Moulin (Norken) zurückgeworfenen
Vorhut eiuigermassen Luft zu machen, das Heranwogen der Verbündeten
zu brechen, ging zunächst Marechal de Camp Marquis G r i m a 1 d i mit
16 Escadronen aus der Front bis Diepenbeke vor, um aber alsbald auf
die Windmühle von Roygem (Royegem) zurückzuweichen *).
Doch schon waren ihm aus der Mitte der französischen Schlacht-
stelluug zwei Infanterie-Brigaden (vom Regiment du Roi und jene von
Poitou) gefolgt. Beide Brigaden unter Grimaldi's Führung gegen
Herlegem vorstosseud, warfen die Bataillone CoUiar und Grumbkow aus
den vordersten Hecken hinaus. Indem er diesen Vortheil rasch aus-
nützte, den Weichenden auf dem Fusse nachsetzte, hoffte V e n d 6 m e
die Verbündeten vielleicht doch noch sprengen zu können. Er unter-
stützte die beiden ersten Brigaden durch zwei weitere (Picardio und
Piemont) und zog nach und nach den ganzen rechten Flügel der Armee
auf die Flachhöhe zwischen dem Groote-Bach und jenem von Diepenbeke.
Die Hast seines Anmarsches , die Schwierigkeit des gänzlich
unbekannten Bodens und die feindliche Gegenwirkung erzeugten gleich
♦) Coxe, Memoirs II. 473. So stark war diese Stellung, dass Schulenburg
berichtet: „Wir würden, wollten wir nicht Alles aufs Spiel setzen, es niemals gewagt
haben, die Franzosen anzugreifen, wenn sie in dieser Stellung geblieben wären."
^) Dieser gegen Burgund erhobene Vorwurf wird durch seinen Brief au Fenelon
vom 3. October 1708 bestätigt. FcuL-lon, Oeuvres VIT. 276. Noorden III. 267.
') Coxe, Memoirs II. 274. — Saint-Simon (Memoires IV. 187) gibt folgende
Erklärung: Grimaldi verlangte Verlialtungsbefehle. Der Ordouuanz-Officier, der sie
erbitten sollte, fand aber Veudome nicht mehr im Hauptquartier, da der Marschall
sich bereits zu Biron begeben. Der Herzog von Burgund, welcher Zeuge gewesen,
wie Vendome Biron den Befehl übersandt, anzugreifen, glaubte nur in des Erstereu
Sinn zu handeln, indem er Grimaldi die gleiche Weisung zukommen Hess.
350
Anfangs eine Verwirrung, der nicht mehr zn steuern war. In dem
Streben, die Verbündeten zu^überflügeln, zu umfassen, zogen sich die
Oolonnen immer weiter auseinander. Fast alle in derselben Manövrir-
Forraation, d. i. mit Zugsbreite, an den bereits aufmarschirten Feind
gebracht, wurden sie von einem mörderischen Feuer empfangen, so
dass sich ihr Aufmarsch unter den schwierigsten Verhältnissen voll-
zog. Die weitgedehnte Front verschlang jetzt nahezu die ganze Infan-
terie, so dass für ein zweites Treffen, eine Reserve, fast nichts mehr
erübrigte. Da die Cavallerie, angeblich wegen der Schwierigkeit des
Bodens, nicht in Action kam, musste die Infanterie die ganze Last
des Kampfes allein tragen ').
Es war 5 Uhr, als Marlborough und Prinz Eugen sich vor
der in Schlachtordnung aufmarschirten Reiterei des rechten Flügels ein-
fanden. Die Bedrängniss der beiden Bataillone wahrnehmend und für
die rechte Flanke unbesorgt, befahl der Herzog, dass Cadogan's
Fuästruppen Heurne räumten und sich zur Unterstützung der beiden be-
drohten Bataillone in die Hecken und Gebüsche am Eyne-Bach warfen ^).
Sie sollten sich hier so lange behaupten, bis das Fussvolk des rechten
Flügels, das nochmals aufgefordert wurde, seinen Marsch zu beschleu-
nigen, herangekommen sein würde *).
Dank dem rechtzeitigen Eingreifen von Cadogan's Fussvolk,
gelang es, die Angriffe von zwei französischen Infanterie-Brigaden
am linken Arme des Eyne-Baches zum Stehen zu bringen.
Einen isolirten Vorstoss missbilligend, hatte Vendöme, der per-
sönlich die Führung dieses Flügels übernommen, als das Gefecht von
selbem engagirt war, dem Herzog von Burg und durch seinen Adju
tauten Jane t melden lassen, es müssten die beiden Mnken Flügel der
Armee (Infanterie und Cavallerie) gleichfalls vorgebracht werden, um
der Reiterei der Verbündeten, welche vom Gros ihrer Armee durch
den Eyne-Bach getrennt war, in die rechte Flanke zu fallen. Der Adju-
tant traf zwar den Herzog, es fanden sich aber Stimmen, welche meinten,
der Bach Aväre schwer zu passiren, der linke Flügel sei in guter
Stellung und man müsse sich verschanzen*). So kam es, dass die
*) Vendome an Liulwipr XIV. Lovendegem, 19. Juli 1708. Memoires railitaires
(Pelet) VIII. 390. — D'Aitaijrnaii's Bericht ehendort, 386 und 387. — Saint-Siinon,
Memoires IV. 175-
2) Theatmra P^uropacuin, XVIII. und Co.xe, Memoir.s II. 474.
3) Diarium. Niederlande 1708; Fa.sc. VII. 49.
*) Der Herzog von Burgund gab diesem Rathe nur schweren Herzens Folge.
„Was wird Vendome sagen," rief er aus, „wenn er erfahren wird, dass ich mich
verschanze, statt anzugreifen?" Vendome an Ludwig XIV. Lovendegem, 19. Juli 1708.
Memoires militaires (Peletj Vlll. 390, 391.
351
^anze Infanterie des linken französischen Flügels — 60 Bataillone —
an denl Kampfe nur insoweit Antheil nahm, als sie die Zugänge zum
R'"^" du Moulin (Norken) von Mullem abwärts verwehrte ').
Zwar verstärkten sich die Franzosen, ihren rechten Flügel am
Eyne-Bache immer weiter gegen Oycke ausdehnend, so dass schliesslich
die ganze Infanterie des rechten Flügels, die königliche Haustruppe,
die Gendarmerie und zwei Cavallerie-Brigaden am Kampfe theilnahmen
— aber das Schicksal des Tages war entschieden , als das Fussvolk
des Gros der Verbündeten auf dem Kampfplatze anlangte.
Es war gegen 5 Uhr Nachmittags, als der Herzog von Argyle
mit der ersten Colonne des Fussvolkes [20 Bataillone (Briten und
6 Bataillone Hannoveraner, letztere unter Genei*al-Major von Berns-
t or ff s Führung, nebst einigen Feldgeschützen)] auf dem Kampfplatze
eintraf. Sie ordneten sich unter dem Schutze der Reiterei auf der Höhe
von Bevere und wurden einzeln, so wie sie ankamen, gegen die Hecken
vorgeführt, welche den Eyne-Bach zwischen Herlegem und Diepenbeke
bestanden *). Etwa eine Stunde später, gegen 6 Uhr, erschien L o 1 1 u m
mit dem Reste des Fussvolkes vom rechten Flügel (zweite Colonne,
Preussen und Hannoveraner) gerade in dem Augenblicke, als die
Franzosen, sich immer weiter gegen Oycke entwickelnd, daran waren,
Argyle's linken Flügel zu umfassen. Drei preussische Bataillone,
welche die ersten ansetzten, wurden auch kräftig zurückgeschlagen ^).
So gelang es dem Feinde, einen Augenblick das Dorf Browaen und
den Pachthof Debolanchie zu besetzen*). Aber Lottum, der sich
ebenfalls unter dem Schutze der Reiterei formirt hatte, griff alsbald
nicht allein die vom Feinde besetzten Kämpe mit Erfolg an °),
*) „Ich konnte nicht errathen, dass 50 Bataillone und nahezu 180 Escadronen,
Kerutruppen dieser Armee, sich damit begnügen würden, während sechs Stunden
zuzusehen, wie wir geschlagen würden und zuzusehen, wie aus der dritten Gallerie
der Oper." Vendome an Ludwig XIV. Lovendegem , 19. .Juli 1708. Memoires
militaires (Pelet) VIII. 392.
^) Coxe, Memoirs II. 475 gibt au, dass Argyle's rechter Flügel sich an die bei Groen-
velde undRuybroek stehenden Bataillone, sein linker an Diepenbeke (Schaerken), lehnte.
*)Theatrum Europaeum XVIII., Schulenburg und Histoire de Marlborough 11.333.
*) Coxe. — „Schon glaubte ich Alles gewonnen, als ich ihre (der Verbündeten)
ganze Armee vor mir sah. Da ihre Reiterei uns allüberall übei-flügelte, war unsere Infan-
terie verhindert, über den Rand der Gehölze vorzugehen, vor welchen jene standen." —
D'Artaignan's Bericht. Memoires militaires (Pelet) VIII. 387. „Vendome hatte mit seinen
aus dem zweiten Treffen gezogenen Bataillonen einen Augenblick die Oberhand;
aber dieser Vortheil war von kurzer Dauer." Histoire de Marlborough II. 332.
^) „Kaum aber war nur etwas mehrers Fussvolk angelangt und postirt, wurde
in dem Namen Gottes gegen den Feind zu avanciren und das Feuer angefangen."
Diarium. Supplement-Heft S. 154.
352
sondern verljin,2^erte die Feuerlinie üher Diepenbeke (Schaerken)
hinaus bis zum Sclilosse Browaen (Bruan) '). Der Kampf, welcher auf
der ganzen Front des rechten Flügels zwischen Mullcm und Browaen
tobte, trug fast ausschliesslich den Charakter des hartnäckigsten
Infanterie-Gefechtes *), zusammengesetzt aus Theilkämpfen, in welchen
bald die Franzosen, bald ihre Gegner Boden gewannen, nur um ihn
wieder zu verlieren. Das wogte sieben- oder achtmal hin und her '),
bis endlich der Sieg den Verbündeten blieb.
Prinz Eugen und der Herzog von Mar Ibor o ugh hatten sich
von Beginn des Kampfes an auf dem rechten Flügel in der Niederung
vor Heurne aufgehalten, wo über das, was zu geschehen habe, mehr-
mals deliberirt wurde*). Als jMarlborough sah, dass das Gefecht
des rechten Flügels in vollem Gange war, bewog er, von Bitten der
holländischen Felddeputirten unterstützt ^), den Prinzen, das Commando
desselben zu übernehmen, iudess er zum linken eilte ®), welcher in Folge
des längeren Weges überhaupt später herangekommen, dessen Auf-
marsch aber auch noch dadurch verzögert worden war, dass seine
Reiterei durch das zweimalige Zusammenbrechen der Festungsbrücken
von Audenarde, welche sie benützte, zwei Stunden Zeit verlor ^). Sowie
sie das linke Ufer gewonnen, marschirte die Reiterei zwischen dem
Schlosse von Moereghem und dem Hochgericht in zwei Treffen auf; das
Fussvolk hinter ihr*). Das Eintreffen von 18 Bataillonen der 3. Colonne
(Holländer und Hannoveraner), welche Marlborough von der Höhe
von Bevere (Beveren) alsbald in die Linie Schloss Browaen-Diepenbeke
(Bruan-Schaerken) dirigirte, ermöglichte es, einen Theil der Colonne
Lottum aus der Gefechtsfront Schloss Browaen-Diepenbeke (Schaerken)
zu ziehen und an den äussersten rechten Flügel zu dirigiren ^), gegen
welchen die Franzosen ihre grössten Anstrengungen machten.
Auch der Kampf des linken Flügels war vorwiegend Infanterie-
Feuergefecht. Die Holländer und Hannoveraner gingen mit grosser
*) Schuleul)urg und Coxe, Memoiis II. 475.
^) Diarium. Supplement-Heft S. 154.
•*) D'Artaiernan's Bericht. Memoires militaires (Pelet) VIII 387.
*) Schulenburg 301.
5) Noorden III. 267.
*) Krie?s-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
') Diarium. Supplement-Heft S. 155 und Schulenburg.
"*) Um 6 IHir sagt die „Histf.ire de Marlborough" II. 333.
") Nach Coxe beorderte Marlborough den Grafen Lottum mit 20 Bataillonen
zum Abmärsche rechts. Dies ist nicht wahrscheinlich, da der.selbe im heftigsten
Kampfe stand. Es konnte sonach zunächst nur der ausser dem Gefechte befindliche Theil
dieses Corps, ein zweites Treffen oder ein Rückhalt verfügbar sein. Die „Histoire de
Marlboroutrh" II. 335 spridit hier gleichfalls von 18 oder 20 Bataillonen.
353
Bravour gegen die von den Franzosen besetzten Oertllchkeiten vor.
Um 7 Uhr war das Feuer auf der ganzen Linie allgemein. Die
Franzosen litten überall; da sie aber von frischen Truppen immer wieder
unterstützt, unterhielten sie durch anderthalb Stunden ein mörderisches
Feuer, leisteten sie kräftigsten Widerstand ').
Endlich drangen die Verl)ündeten doch über den Bach und
von Hecke zu Hecke , von Haus zu Haus , bis zum Weiler Die-
penbeke. Von dort weiter zu kommen, war unmöglich, denn mit
äusserster Erbitterung wehrten sich die in dichten Klumpen zusammen-
gedrängten Franzosen*). — Also wurde die 4. Colonne unter Oberkirk,
20 Bataillone (Dänen und Holländer) nebst einer namhaften Reiterei,
zur Umfassung des rechten französischen Flügels auf Oycke dirigirt.
Während dieser Vorgänge hatte Prinz Eugen den Gedanken
gefasst, mit dem grössten Theile der Reiterei des rechten Flügels und
einem Corps Fussvolk, wenn möglich, zum Angriffe des linken feind-
lichen Flügels vorzurücken oder doch eine Diversion zu machen ^).
In diesem Sinne hatte er dem General-Lieutenant von N a t z m e'r, dessen
Reiter schon lange müssig zugesehen, beauftragt, auf der Strasse von
Gavere vorzudringen und den Zustand der Dinge dort zu erkunden.
N a t z m e r hatte die zahlreichen Engpässe aber stark besetzt gefunden
und mit seinen Reitern allein nicht vorwärts kommen können *). Da ein
Oflfensivstoss in dieser Richtung keinen Erfolg versprochen, war Prinz
Eugen mit der von Lottum's Corps erhaltenen Verstärkung gegen
den äussersten rechten Flügel geeilt. Er fand dort den General-Major
Cadogan mit seinen Truppen beinahe umrungen, aus den Alleen und
Gebüschen bei Herlegem bereits vertrieben, genöthigt, in die freie Ebene
sich zurückzuziehen, was er zwar in grösster Ordnung ausführte, aber
doch in gewaltigem Gedränge. Prinz Eugen warf sich sogleich auf
den Feind, dessen erstes Treffen die Zurückweichenden etwas zu hitzig
verfolgt hatte, und durchbrach ihn ^), Es war gegen 7 Uhr Abends und
L 0 1 1 u m am äussersten rechten Flügel bereits scharf engagirt, als
Prinz Eugen, im zweiten Treffen der feindlichen Schlachtlinie eine
Lücke wahrnehmend, beschloss, seinen rechten Reiterflügel, der in der
Ebene von Heurne stand, vorzuziehen und in jene Oeffuung zu werfen.
') Theatrum Europaeum XVIII. — Lamberti V. 111. — Schweucke 147. —
Diarium. Supplement-Heft S. 155.
2) Coxe, Memoirs II. 476.
3) Schulenburg 329.
*) Schöning;, Natzmer 289.
^) Coxe, Memoirs 11. 476. Schulenburg bemerkt hiezu (.332) : „Wenn man ver-
mocht hätte, flen linken feindlichen Flügel zur rechten Zeit anzufallen, hätte man
vielleicht die ganze feindliche Armee auseinandersprengen können. -
Feldzüge des Prinzen Eugeu v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 26
354
Sie vorzulassen, musste Lottura's Fussvolk Intervalle bilden. General-
Lieutenant von Natzmer's Reiter marschirten nun als erstes, jene
Bülow's als zweites Treffen vor dem Fussvolk auf, was die Franzosen,
obwohl ihnen nahe genug, merkwürdiger Weise ruhig geschehen Hessen.
Sowie dieser Autmarsch ausgeführt war, Avarf sich die französische
Cavallerie zurück und zwischen ihre Infanterie, welche unweit der
Capelle von Roygem (Royegem) die austürmenden Reiter der Ver-
bündeten auf eine Weise empfing, dass sie fast zersprengt wurden.
Indem diese sich nach rechts warfen, geriethen sie ein zweites Mal
in das Feuer der in den Hecken stehenden Infanterie und erlitten
beträchtlichen Verlust *). Er würde wahrscheinlich ganz ausserordentlich
gewesen sein, wenn nicht ein nahezu gleichzeitiger Angriff von Pi'inz
Eugcn's Fussvolk die Hecken gesäubert und die Reiterei von dem
Flankenfeuer befreit hätte ^). Die dichten Staubwolken benahmen jetzt
aber so sehr alle Uebersicht, dass die Reiterei der Verbündeten
zuletzt vom eigenen Fussvolk beschossen wurde. Während dieses
Kampfes, der eine Stunde beanspruchte, ward der tapfere Natzmer
leicht verwundet.
Die Umfassung des äussersten rechten Flügels der
Franzosen. — Der Entscheidungskampf.
Indess Prinz E u g e n's Flügel zwar langsame und opfervolle,
aber doch stetige Fortschritte machte, hatten am äussersten linken
Flügel der Verbündeten das Corps (J b e r k i r k's (die 20 Bataillone der
4. Colonne, Holländer und Dänen) und fast die ganze Reiterei vom
linken Flügel bereits den rechten der Franzosen umfasst. Während sein
erstes Treffen, General Weck mit der holländischen Garde-Brigade
und dem Regimente Nassau-Woudeubourg, die Franzosen, tapferer
Gegenwehr ungeachtet, bis hinter den Bach von Diepenbeke zurück-
warf und das Schloss Browaen (Bruan) besetzte, führten FZM. Prinz
von Nassau -Oranien-Dietz und General-Lieutenant Graf Oxen-
s t i e r n a, gefolgt vom Feldmarschall 0 b e r k i r k und der unter dem
G. d. C. Grafen Tilly stehenden Reiterei (2000 Säbel), die übrigen
Bataillone, das genannte Schloss rechts liegen lassend, auf die Kuppe
von Oycke und dann über die Windmühle bis an die nördlichste Ecke
des vom Feinde unbesetzten Gehölzes von Ketelhoek vor. Man hatte
jetzt den höchsten Punct des Kampffeldes inne, schwenkte rechts und
stand nun in der rechten Flanke des vorgeschobenen Flügels der
') Schuleuburg 331. — Schwencke 147. — Schöniug, Natzuier 289 und 2*J0. —
Histoire de Marlboroufjh II. 335 und 336 und Coxe, Menioirs II. 476.
■■') Diarium. Supplemeut-Heft .S. 155 und Schwencke.
355
Franzosen*). UeLer Marlbor o ii gli's weiteren Befehl, den Feind
noch mehr zu umfassen, debouchirtc TiUy's Reiterei von der Höhe
von Oycke durch den Sattel von Marolle gegen Roygem (Royegem);
alsbald folgte ihm im Schnellsehritt, in zwei Treffen formirt, das Fuss-
volk des General-Feldzeugmeisters Prinz von Nassau-Oranien-Di e tz
und des General - Lieutenant Graf Oxenstierna zwischen dem
Gehölze von Ketelhoek und Roygem aufmarschirend, indess Tilly's
12 dänische Schwadronen ihren Rückhalt bildeten^). Zwar hielten sich
die dort postirten französischen Abtheilungeu, Grenadiere, Dragoner
und königliche Haustruppe, am rechten Ufer des Groote-Baches in
einer Art von Gehege mit grösster Standhaftigkeit — aber die fran-
zösischen Positionen vermochten dem nun allseitigen Anstürme nicht
mehr Stand zu halten ^).
Graf Tilly umgeht mit seinen dänischen Schwadronen das Gehege,
und greift die Maison du roi und die Gendarmerie in der Flanke an.
Vor diesem übermächtigen Andränge weichen die Bedrohten mit solcher
Hast gegen die Mühle von Roygem, wo die königlichen Prinzen,
umgeben von ihrem Stabe, halten, dass die erschreckten Reitknechte
ihres Gefolges das Hauptquartier in Eile und Verwirrung über-
rennen und mit sich fortreissen, und dieses sich plötzlich, wider
Willen, mitten in den Kampf des linken Flügels geschleudert sieht.
Aber auch der Sieger muss der neuen schwierigen Lage Rechnung
tragen und so gewinnt der rechte Flügel der Franzosen Zeit, sieh
zurecht zu finden, zu ralliiren und erneut Widerstand zu leisten. Er
*) LambertiV. 111. Oberkirk's Bericht. Theatrum Europaeum XVIII. Schwencke.
^) Coxe, Memoirs II. 477.
^) D'Artaignan s Brief über die Einzelheiten des Kampftages (Memoires militaires
[Pelet] VIII. 386—388) schildert diese Phase mit folgenden Worten: „Alles das
geschah zwischen halb 4 Uhr Nachmittags und halb 9 Uhr Abends. Die Soldaten waren
zurückgeschlagen und die Feinde Herren der Hecken, welche unmittelbar vor uns
lagen. Das furchtbare Feuer, das der Feind eröffnete, sobald man sich ihm näherte,
machte es unmöglich, unsere Soldaten nochmals anbeissen zu lassen. Jene hatten
selbst unsere Flanken und die Höhen zu unserer Seite gewonnen. All' das im Vereine
mit der einfallenden Nacht, der grossen Unordnung in unserer Infanterie, welche
man genöthigt hatte, sich über eine Stunde ohne Munition gegen einen Feind zu
behaupten, der sie verschwendete, Hess mich den Entschluss fassen, daran zu denken,
mit der Maison du roi aus dem kleinen Bezirke, wo ich mich befand, den Rückzug
anzutreten, denn ich erhielt der Schwierigkeit der Uebermittelung wegen, keinen
Befehl mehr. Ich hatte hier 6 oder 7 Infanterie-Brigaden, die Maison du roi
und die Gendarmerie, welche ich hinter mir hatte und welche fortwährend stark litt,
da sie, unsere Infanterie zu ermuthigen, in Gefechtsstellung knapp hinter ihr war
und dieser Aufgabe mit einem Muthe und einer Festigkeit nachkam, welche ihrer würdig
wai-en; denn sowie unsere Infanterie zurückgeschlagen war gingen sie immer vor,
jene aufzumuntern und die feiudliche Infanterie aufzuhalten.'"
•^3*
356
ist von kurzer Dauer. Ohne Munition und erschöpft von den Mühen
des Kampfes, verzweifelt Angesichts einer beispiellosen Verwirrung
Alles an dem Erfolge weiteren Standhaltens und die „Maison royale"
räumt als die erste Truppe den Kampfplatz. Sie verdankt ihre Rettung
eigentlich dem Irrthume eines feindlichen (Jfficiers, der sie für die
„rothe Truppe"' hält, welcher er einen Befehl überbringen soll. Ge-
fangen und erkennend, dass er im Begriflfe sei, die Gefahr mit ihr
zu theilen, verräth er die Absicht der Verbündeten, sie im nächsten
Augenblicke einzuschliessen. Da die betäubten Generale des rechten
Flügels, welche sich eben berathen, wie der Rückzug zu bewerk-
stelligen wäre, nicht sofort zu einem Entschlüsse kommen können,
ruft der Vicedom von Amiens, Mavechal de Camp und Capitainc der
Chevauxlegers der Garde denselben zu: „Mir nach!"' Sein Ross gegen
Huysse werfend, muss er bereits mit seinen Braven eine feindliche
Reiterfront durchbrechen und im heftigsten Feuer eine dahinter auf-
marschirte Linie des Fussvolkes. Der Rest der „Maison royale" ist
dieser kühnen Bewegung gefolgt, nächste Truppenkörper haben sich
angeschlossen und ein namhafter Theil des rechten französischen
Flügels ist gerettet. Kaum ist er entronnen, verlängern die Holländer
Wassenaer und Week ihre Front und schliessen so den Kreis
um die wie auf einer Insel zusammengedrängten Feinde'). Prinz Eugen,
welcher inzwischen den grössten Theil der Reiterei des verbündeten
Heeres am rechten Flügel in der Fläche von Heurne zusammengezogen
hatte ^), wo sie einerseits die feindliche Aufstellung flankirte, andererseits
aber jedem Offensiv-Versuche des französischen linken Flügels entgegen-
treten konnte, Hess sein Fussvolk aus der Gabelung des Eyne-Baches
bei Diepenbeke (Schaerken) in der Richtung auf Lede Verstössen und
reichte am Nordrande der Flachhöhe dem Prinzen von X a s s a u-
Oranien -Dietz die Hand — während gleichzeitig Marlborough
nach Chobon und Diepenbeke vordrang.
Die bisherige Fassung der Franzosen ging urplözlich in Ver-
wirrung und Zerstäubung über. Eine Abtheilung warf sich auf die
andere; die Cavallerie überritt die Infanterie.
So hoffnungslos die Lage V e n d ö m e's war, so wollte er doch
noch den letzten Versuch der Verzweiflung wagen, durch einen Gewalt-
streich dem Schicksale des Tages eine andere Wendung zu geben. Er
stieg vom Pferde, wollte zu Fuss die jenseits des Norken-Flüsschens
zurückgebliebene Infanterie zur Rettung der WaflFenbrüder nach MuUem
') Weseiitlicli nach Saint-Simon, Mcmoires IV. 175 — 178. Im Ue))rigen nach der
Histoire de Marlhoroufh IL 33*5 — 337 und Schulenbnrg's Bericht.
*) Schöning, Natznier 291.
357
vorführen und befalil der Cavallerie des linken Flügels, die an den
blutigen Ereignissen des Tages gleiclifalls nicht den mindesten Antheil
genommen hatte, zu gleicher Zeit auf der Genter Heerstrasse über
die dortige Brücke in der Richtung nach „Dooden Mann" vorzurücken ').
Also brach um halb 9 Uhr Abends französische Infanterie aus den
Hecken von Müllern gegen den Rücken des preussischen Fussvolkes
und der dänischen Garde vor, Der Angriff wurde von diesen tapferen
Truppen kräftigst abgewiesen'') und schon stand Prinz Eugen
mit Uebermacht der Colonne gegenüber, die durch MuUem und ein
durchschnittenes Terrain sich durchwinden sollte. Die Entmuthigten
waren gar nicht vorzubringen. Ebenso hielt die gegenüber der
Mündung des Defile's auf der Ebene von Heurne quer über die
Hauptstrasse aufmarschirte britische Reiterei die feindliche im Schach
welche daher nicht auf „Dooden Mann" gelangen konnte *).
Da man in der Dunkelheit Freund und Feind nicht mehr unter-
scheiden konnte, die einzelnen Abtheilungen der Verbündeten sich
auf die nächsten Distanzen gegenseitig beschossen, gab M a r 1 b o r o u g h
um 9 Uhr Abends Befehl, dass das Feuer allgemein eingestellt
werde ^). Da zudem Regen einfiel, lagerte jedes Regiment auf dem
Platze, wohin es der Zufall geführt hatte *). Ueberwältigt von den
Anstrengungen der letzten Tage, sanken die meisten in einen tiefen
Schlaf. So wurde es den fliehenden Franzosen möglich, nach ver-
schiedenen Richtungen, nach Tournay, Lille, Ypern und Deynze ®) zu
entkommen. Ein Theil warf sich zufällig auf eine schwach besetzte Stelle,
nahe am Schlosse von Browaen (Bruan), brach dort unter dem Schutze
der umwölkten, finsteren Nacht durch und jagte gegen Courtray bis
an die Grenze des französischen Flandern davon ; ein anderer strömte
nach Müllern, um sich an den linken Flügel der Franzosen anzu-
schliessen ; viele derselben geriethen den Verbündeten in die Hände.
*) So Coxe's Memoirs II. 477 und 478, der hiemit auf dei* Darstelluu^^ der Histoire
de Marlboroug-li II. 337 und 338 fusste. — Veudome macht in seinem Berichte an
Ludwig XIV., aus dem Lager von Lovendegem am 19. Juli 1708 (Memoires militaires
[Pelet] VIII. 388), des von der Histoire de Marlborough und von Coxe ihm vindicirten
letzten Versuches zur Rettung des rechten Flügels merkwürdigerweise keine Erwähnung.
Er meldet diesbezüglich nur: „Bei Eintritt der Nacht, als man sich zurückziehen
niusste, sahen unsere Truppen sich eingeschlossen."
*) Schulenhurg 331. Schöning, Natzmer 291.
') „Dero halber gab man expresse Ordre, nicht eher bis auf den Morgen zu
schiessen und die Feinde eher laufen zu lassen, als in Gefahr zu stehen, uns selber
in Coufusion zu setzen." Theatrum Europaeum XVIII. Coxe, Memoirs II. 478.
*) Diarium. Supplement-Heft S. 155. — Coxe, Schwencke.
^) Vendöme an den König. Lovendegem, 19. Juli 1708 uud Schulenburg's
Bericht 332.
358
Mitten im lärmenden Gewühle fiel dem Prinzen Eugen ein, durch
Trommler den französischen Zapfenstreich schlagen zu lassen, auch
mehrere Officiere, die insbesondere wegen Religionsverfolgung aus
französischen Diensten zum verbündeten Heere übergetreten Avaren,
in die Büsche zu stecken und mit halblauter Stimme die ihnen
bekannten Losungsworte verschiedener französischer Regimenter „A moi
Picardie!", „A moi Touraine!" zurufen zu lassen. Durch diese List
wurden Schaaren von Flüchtlingen ohne Schwertstreich gefangen ').
Die Verbündeten hatten den glänzenden Sieg verhältnissmässig
billig erkauft. Die 116 Bataillone und 205 Schwadronen, welche an
der Schlacht theilgenommen ^), hatten vom Fussvolk an Todten
55 Officiere und 764 Mann, an Verwundeten 182 Officiere und
1976 Mann; von der Reiterei an Todten 35 Officiere und 185 Mann,
an Verwundeten 35 Officiere und 361 Mann, somit im Ganzen
1038 Mann an Todten und 2559 an Verwundeten eingebüsst ^).
*) Quincy, Histoire militaire V. 499. — Coxe, Memoirs II. 478. — Schwencke 149.
^) Nach Kriegs-Ä., Niedeilaude 1708; Fase. XIII. 2 a, bestand das verbündete
Heer aus 129 Batailloueu und 112 Schwadronen, das französische aus 131 Batail-
lonen und 205 Escadrouen.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a. Ledyard gibt den Verlust
der Verbündeten wie folgt an : Officiere todt 6, verwundet 169 ; Mannschaft todt 800,
verwundet 2000 bis 3000. San Vitali beziffert die Zahl der Todten auf Seite der
AUiirten mit 1500. (Histoire de Marlborough II. 341.) Nach Sehulenburg 323, bestand
der Gesammtverlust aus 825 Todten und 2808 Verwundeten, welcher sich auf die
einzelnen Contingente wie folgt vertheilte :
Todte Verwundete
Engländer 49 151
Preussen 50 119
Hannoveraner .... 106 320
Holländer 350 1006
Dänen 201 344
Zusammen 756 1940
Ausserdem an Officieren und Unterofficieren 69 Todte und 268 Verwundete.
Die ])reu.ssischen Geudarmes machten nach der Schlacht nur noch ein Viertel einer
Schwadron aus. (Schöning, Natzmev 293.) Die detaillirte Verlustliste der hannoverischen
Truppen (Schwencke 151), weiset an Todten 13 Officiere und 188 Mann, an Verwun-
deten 33 Officiere und 415 Mann aus. Die Angabe Quincy's (Histoire militaire V. 501),
wonach die Holländer allein an Todten 765, an Verwundeten aber 3005 Mann verloren
hätten, ist unbedingt eine irrige. So heis.st es in den Berichten der Generalstaaten-
Deputirten, Audenarde, 12. Juli : „Unser Verlust ist, Gott sei Dank, so unbedeutend,
dass uns nicht ein Regiment bekannt ist, welches für den Rest des Feldzuges ausser
Stande wäre, zu dienen. Die Reiterei, unter Anderem, hat nicht den geringsten Verlust
erlitten." — Am kleinsten war, nach Marlborough's Angabe, die Eiubusse der Briten.
369
Ungleich grösser war der Gesammtverlust des französischen
Heeres. In den Eingaben an den Hof wurde er allerdings als dem
der Verbündeten ungefähr gleich geschildert; in Wahrheit übertraf er
ihn weitaus. Man wird kaum fehlgehen^ wenn man ihn auf 6000 Todte
und Verwundete und 8000 Gefangene veranschlagt, wozu noch zahl-
reiche Deserteure und in einem gewissen Sinne jene 9000 Flüchtlinge
zu zählen sind, welche Berwick nach der Schlacht zu Tournay,
Lille und Ypern musterte. Dieser Verlust ist an sich schon ein ausser-
ordentlich bedeutender und erscheint um so grösser, wenn die Angabe
der Memoires militaires ') genau ist: „dass von der französischen
Armee nur 68 Bataillone, die königliche Haustruppe und einige
Escadronen vom rechten Flügel am Kampfe theilgenommen haben,
während mehr als 50 Bataillone und nahezu 180 Escadronen durch
6 Stunden unthätige Zeugen gewesen^)."
lieber 80 Fahnen und Standarten und 12 Paar Pauken bildeten
die Siegeszeichen der Verbündeten ^).
») (Pelet) VIII. 38.
2) Sclmlenburo- (322, 323 und 332) berichtet : „Man p:laTibt, sie haben viel-
leiclit ein Viertel ilirer Armee verloren." Nach ihm betriio^ der Verlust der Franzosen
an Todten 3020 Manu, Verwundeten 4000, Gefangenen 9076, Deserteuren nach der
Schlacht 3027, Generalen und Brigadieren 11, anderen Officieren 960, zusammen
20.094 Mann. Das „TheatrumEuropaeum" XVIII. weicht von diesen Angaben nur in zwei
Puncten ab. Nach ihm zählten die Gefangenen 7620 Mann und betrug der Verlust
au Officieren nur 705, beziehungsweise 748 Köpfe. — Marlborough, in seinem Brief
an Godolphin, spricht von 706 Officieren und 7000 Manu, welche gefangen genommen
wurden ; Ziffern, welche mit dem „Diarium" vollkommen übereinstimmen. — Der
preussische Brigadier Grumbkow (Schöning 291) berechnet ihn mit 705 Officieren und
6360 Soldaten. — Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a bezifiert die Zahl
der gefangenen Officiere auf mehr als 450, die Zahl der gefangeneu Soldaten auf
8000. — Die „Histoire de Marlborough" II. 341 meint: „Der bereits angeführte
Geschichtsschreiber des Prinzen Eugen (5 Bände, französisch), übertreibt den Verlust
der Besiegten nicht; er lässt ihn auf 4000 Todte, 2000 Verwundete und 7000 Ge-
fangene ansteigen. Er würde viel grösser seiu, wenn man die nach einer Niedei"lage
immer sehr zahlreichen Deserteiire hiiizuzälilte." Von diesen Angaben weichen jene
Quincy's und Pelet's wesentlich ab. Des Ersteren „Histoire niilitaire" V. 500 bringt
ein detaillirtes Verzeichniss, wonach der Gesammtverlust an Officieren 535, jener der
königlichen Haustruppe mit 150, der getödteten oder gefangenen Soldaten mit 7000
angeführt erscheint. — Die Memoires militaires (Pelet) VIII. 38 geben an: „Der
Verlust war auf beiden Seiten der gleiche : ungefähr an 3000 Mann, Todte und Ver-
wundete, verblieben auf jeder Seite auf dem Schlachtfelde."
^) Auch bezüglich der Trophäen gehen die Angaben auseinander. Indess nach
Schulenburg's Bei-icht den Franzosen 7 Pauken und über 80 Fahnen und Standarten
abgenommen wurden, spricht das „Theatrum Europaeum" XVIII. von 88 Fahnen und
Standarten und 10 Paukeu; Schuleuburg, Leben und Denkwürdigkeiten 323, von
52 Standarten, 56 Fahneu, 9 Paar Pauken und 5 Kanonen, an anderer Stelle aber (432)
360
Der Rückzug des französischen Heeres.
Nach dem Zusammenbruche des rechten französischen Flügels
— aus der Niederung drang noch der Lärm vereinzelter Kämpfe
herauf — war die Flachhöhe von Huysse der Schauplatz eines stür-
mischen Kriegsrathes. Wohl nur in der Absicht, den niederschmetternden
Eindruck der Zertrümmerung des halben Heeres abzuschwächen, die
moralische Kraft zu heben und damit einen geordneten Rückzug an-
zubahnen, bemühte sich Vendome, nachzuweisen, dass die Schlacht
noch nicht verloren sei. Die halbe Armee — 50 Bataillone und
180 Escadronen — sei noch nicht zum Schlagen gekommen. Man
müsse daher alle Gedanken darauf richten, den Kampf am nächsten
Morgen wieder aufzunehmen, die Nacht benützen, in der innehabenden
Stellung verbleiben und aus ihr den möglichsten Nutzen ziehen. Der
Herzog von B u r g u n d wollte erwidern, aber V e n d 6 m e schloss
dem erklärten Thronerben augenblicks den Mund, indem er ihm
herrischen Tones vor allen Anwesenden zurief: „Er möge sich erinnern,
dass er nur unter der Bedingung, ihm zu gehorchen, zur Armee ge-
kommen sei!*)" Auf diese Worte, welche die ganze Suite des Herzogs
mit Entrüstung vernahm, wagte Niemand mehr einen Einwand vorzu-
bringen. Saint-Hilaire, welcher früher schon Befehl erhalten hatte,
die indess eingetroffene Artillerie die Front entlang aufzuführen ^),
ward, nachdem er inzwischen contremandirt worden, erneut hiezu an-
gewiesen und entledigte sich des Auftrages '^). Indess liefen von allen
Seiten Meldungen ein, die Verwirrung sei beispiellos. Puysegur
berichtete über den kläglichen Zustand der Maison royale, den der'
von 83 Fahnen und Staudarten uud G Paar Pauken. Schweucke 151, nennt 32 Stand-
ai'ten, 46 Fahnen und 8 Paar Pauken. Marlbovough an Godolphin vom 26. Juli 1708,
spricht von 98 Fahnen und Standarten. Quincy (Histoire militaire V. 501) gibt noch
den Verlust von 34 Standarten, 25 Fahnen und 5 Paar Pauken zu, während die
Memoires militaires (Pelet) VIII. 38 berichten : „Wir verloren weder Artillerie, noch
Fahnen, noch Standarten, noch Bagagen; wir nalnnen dem Feinde eine Fahne, eine
Standarte und ein Paar Pauken, so dass also die Ehre dieses Tages unentschieden
gewesen w^äre, wenn man sich, dem Käthe des Herzogs von Vendome folgend, niclit
zurückgezogen hätte."
') Burgund an Frau von Maintenon , 13. Juli 1708. Noailles, Memoires
(Noorden III. 271), und Saiut-Simon, Memoires II. 176.
'^J „Man hat nicht bemerkt," schreibt Schulenburg (S. 330), „dass die Franzosen
sich in dieser Schlacht ihrer Artillerie bedient hätten, ausser ganz zu Beginn (wo
sie nach dem Theatrum Eurupaeum XVIII. vier Stücke in's Feuer bracliten). Unserer-
seits wurden 8 oder 10 Geschütze an zwei Puncten placirt. Sie beschossen den
Feind unautliörlich, ohne ihn zum Weichen zu briugeu, oder auch nur grosse Un-
ordnung hervorzurufen."
') Saint-Hilaire's Bericht, Histoire de Marlborougli II. 344.
361
Mai'schall von Matignon zu bestätigen wagte. Souternon, Cheyladet
und Puyguion, jeder von einer anderen Seite kommend, lieferten
ähnliche Berichte und drängten 7ai einem entscheidenden Entschlüsse.
„Wohlan, meine Herren!" rief endlich Vendome, „ich sehe es deutlich,
dass Sie Alle es wollen; man muss also den Rückzug antreten!" Ueber
das „Wohin" und das „Wie" kam es wieder zu einer wirren Debatte.
V e n d 6 m e sagte schliesslich, man müsse sich auf Gent zurückziehen.
Kaum war das Wort ausgesprochen, stob auch schon das ganze Haupt
quartier auseinander. Die commandirenden Generale eilten, sofern sie
konnten, zu ihren Truppen, den Befehl zum Rückzuge auszugeben.
Diejenigen, welche ihn zuerst erhielten, traten ihn alsbald an ; andere
später; Saint-Hilaire mit der Artillerie um 1 Uhr nach Mitternacht.
Die Pflicht, die königlichen Prinzen in Sicherheit zu bringen,
ward in dem allgemeinen Wirrwar zur peinlichsten. Verlegenheit.
Puysegur schlug vor, die Kutschen der Prinzen vorfahren zu lassen
und sie so bequemer und vor der Armee nach Brügge zu bringen.
Schon waren 500 Säbel zur Bedeckung commandirt, da schrie
Vendome: „Das wäre schimpflich!" Also wurden Wagen und Be-
deckung abbestellt und schlugen die Prinzen mit ihrem kleinen
Gefolge zu Pferde den Weg nach Gent ein, das sie um 5 Uhr Morgens
erreichten^). Mit Mühe vermochte Ven dorne aus 25 Escadronen
Cavallerie und etwas Infanterie eine Art Nachhut zu bilden^).
Der Rückzug gegen Gent, auf fünf dahinführenden Wegen an-
getreten, artete im Dunkel der Nacht bald in wilde Flucht aus ").
In der beispiellosen Verwirrung hatten nicht alle Heerestheile
den Befehl zum Rückzuge erhalten. So sah sich der General-Lieutenant
du Rosel in der Morgendämmerung des 12. Juli mit 100 Escadronen
allein. Erkennend, dass er seinen Posten tagsüber nicht werde behaupten
können, trat er eiligst den Rückzug an. Er ward durch Nangis,
einem der jüngsten Marechaux de Camp gedeckt, der mit 15 Grenadier-
Compagnien, Versprengten und Nachzüglern, die er gesammelt hatte;
seine Nachhut bildete *).
Kaum graute der Morgen, standen die Truppen der Verbündeten
schon wieder kampfbereit. Als Marlborough wahrnahm, dass der
*) Saint-Simun, Memoires II. 177.
2) Quiucy, Histüire militaire V. — Histoire de Marlborough II. 345.— Theatrum
Europaemn XVIII. — Saint-Simon dagegen behauptet (Memoires II. 177 und 191),
Veudöme habe sich um nichts bekümmert. — Prinz Eugen an den Kaiser. Audenarde,
12. Juli 1708. Supplement-Heft. 8. 151, Nr. 97. — Diarium. Supplement-Heft S. 156.
^) Quincy, Histoire militaire V. — Coxe, Memoirs II, 479 und Schwencke 149.
*) Saint-Simon, Memoires II. 178.
362
Feind vei-schwunden, sandte ei' den General-Lieutenant von B ü 1 o w
mit 40 Schwadronen vom rechten Flügel zur Verfolgung aus. Ihn
zu unterstützen, sollte der General-Major Herzog von Argyle mit
vier Bataillonen Fussvolk und sämmtlichen Grenadieren des rechten
Flügels nachrücken. Da die nach Gent führende grosse Strasse, wie
dies in ganz Flandern der Fall, beiderseits von tiefen Wassergräben
begleitet und von hohen Hecken und zahlreichen Kämpen eingefasst
war, traf Bülow seine Anordnungen so, dass die Reiterei auf der
Strasse marschirte, indess die Grenadiere, unterstützt von Argj^le's
Fussvolk, beiderseits derselben, vorrückten. Lieutenant Bertholet,
mit 40 Pferden vom Regimente Frechapelle die Spitze bildend, war
beauftragt, Alles zu chargiren, was ihm in den Weg käme.
Schon nach halbstündigem Marsche stiess er auf 12 Compagnien
französischer Grenadiere, welche zur Sicherung des Rückzuges Stellung
genommen hatten. Sie wurden, dank der Unterstützung durch die
Grenadiere, welche, geführt von Major Er wein (Erwing), bei dieser
Gelegenheit einige Officiere einbüssten, geworfen und vom Lieutenant
Bertholet und dem Regimente Frechapelle so hitzig verfolgt, dass
dieses von der grossen Strasse abkam und in ein Dorf gerieth, in
dessen ungeheuerem Kothe Pferde bereits stecken geblieben und das
daher nicht zu passiren war.
Eine neue Vorhut zu bilden, ging das Regiment Peutz, geführt
vom Oberstlieutenant Ponpietain auf der Genter Strasse im
Galop vor und Hess so das Fussvolk weit zurück. Ln Vorwärts-
stüi'men ein feindliches Dragoner-Regiment (Rissbourg) gewahrend,
stürzte sich Ponpietain, sofort auf dasselbe. Das scharfe Hand-
gemenge endete mit der gänzlichen Zersprengung der französischen
Dragoner, welche Ponpietain an der Spitze seines Regiments
unaufhörlich verfolgte. Da sprengte plötzlich der Cornet L a
Blanche aus den Reihen der französischen Nachhut gegen ihn
an und versetzte ihm einen so derben Hieb über den Hals, dass er
auf den Kopf seines Pferdes sank; aber er war unverletzt geblieben,
da der Hieb flach gefallen. Ein herbeieilender Reiter schoss La Blanche
vom Pferde und nun ward die Verfolgung von Ponpietain, der
es verschmähte, das Herankommen des Fussvolkes abzuwarten, mit
verdoppelter Heftigkeit wieder aufgenommen. Wiederholt in Klein-
gewehrfeuer gerathend, verlor er zwei Pferde unter dem Leibe und
wurde, nachdem die Lieutenants Oldendorf und Federkiel an
seiner Seite gefallen, endlich selbst am Beine verwundet, so dass er
aus dem Gefechte getragen werden musste. Sofort nahm der Major
des Regiments mit seiner Schwadron die Tete. Zwei Stunden vor
363
Gent *) hatte die Verfolgung ein Ende. General - Lieutenant von
Bülow, begleitet vom Churprinzen von Hannover und dem General-
Major Herzog von Argyle, dessen Fussvolk weit zurückgeblieben war,
gebot den Rückmarsch nach Audenarde, wohin man 500 Gefangene
brachte *).
Vendome erreichte Gent erst um 9 Uhr Morgens^). Die Armee
lagerte hinter dem Canal von Brügge mit dem rechten Flügel zu
Bellem, mit dem linken an der Lieve. Die Reserve nahm zwischen
diesem Flusse und Gent Stellung, das Hauptquartier kam nach Loven-
degem. Sofort brach man die Brücken über den Canal ab und ver-
schanzte sich *). Den Städten Gent und Brügge ward die grösste
Sorgfalt zugewendet, da V e n d o m e überzeugt war, die Verbündeten
würden trachten, beide Plätze wieder in ihre Gewalt zu bringen,
21 Bataillone, welche am schwersten gelitten, wurden nach Gent
verlegt, wohin überdies 1600 meist leicht Verwundete gebracht wurden.
Das Corps L a m o t h e's ward zu Brügge belassen.
*) Theatruin Europaeum XVIII.
^) Diarium. Supplement-Heft S. 155. — Schwencke 148 — 151. — Theatrum
Europaeum XVIII. „Das Detachement kam mit grossem Verluste zurück, denn es war
iu einen Hinterhalt geratben." Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
^) Nach Saint-Simou, Memoire« II. 178 zwischen 7 und 8 Uhr. „Bald darauf
betrat er die Stadt, warf sich, ohne sich um irgend etwas zu bekümmern, in ein
Bett und verblieb darin mehr als ,30 Stunden."
*) Memuires militaires (Pelet) VIII. 37. — Histoire de Marlborough II. 345
und 346.
Von Audenarde bis Lille.
Berwiek's Eintreffen auf dem Kriegsschauplatze. —
Die Stellung von Gent. — Vormarsch der Mosel-Armee
auf Ath. — Marlb or ough's Vorrückung gegen Wervicq. —
Einbrüche in das nördliche Frankreich.
Berwick hatte am 12. zu Labuissiere an der Sambre sein Lager
aufgeschlagen und hier Kunde erhalten von dem unglücklichen Aus-
gange der Schlacht von Audenarde und dem ungeordneten Rückzuge
der grossen Armee gegen Gent. Ungeachtet seines Vorhabens, die Truppen
noch den folgenden Morgen von den starken Märschen ausruhen zu
lassen, hielt er doch nach den augenblicklichen Umständen für wichtig,
schleunig einige Truppen gegen Mons (Bergen) vorzuschieben. Er Hess
also die 20 Escadronen, welche er unter seinem unmittelbaren Befehle
hatte, anmars'chiren und verfügte zugleich, dass die ü])rigen Truppen,
so wie sie ankommen würden, den Weg nach Valenciennes nehmen
sollten. Er selbst eilte nach Tournay, um zu sehen, welche Anstalten
zu treffen wären. Er fand daselbst, dann zu Lille und Ypern, wie
bereits erwähnt, über 9000 Flüchtlinge vom Schlachtfelde von Aude-
narde. Da Berwiek's Infanterie vor einigen Tagen nicht ankommen
konnte und die Grenzen überall entblösst waren, so vertheilte er jene
Trümmer in die ebengenannten Plätze und Hess von den entfernten
Besatzungen alle Bataillone vorrücken. V e n d o m e hatte nur wenige,
kaum zur Bewachung der Thore ausreichend, zurückgelassen, da er
die Absicht gehegt hatte, eine überlegene Anzahl in's Feld zu stellen.
Am 14. nach Lille eilend, gab Berwick daselbst die nöthigen
Befehle und ging dann nach Douai, um seine Truppen dort zusammen-
zuziehen. Er sorgte dafür, dass alle Plätze mit den nöthigen Vorräthen
versehen wurden und vertheilte seine Infanterie in jene, so wie sie
ankam, damit der Feind, auf welche Seite er auch sich wenden
365
würde, auf Widerstand träfe '). Saint-Fremont, welcher am 15. von
Mons nach Valenciennes marschirt war, erreichte Douai ara lö. Juli.
Berwick, welcher zwei Tage später hier ankam — - scin(i letzten
Truppen konnten erst am 19. oder 20. anlangen — warf weitere
Verstärkungen nach Lille, dessen Besatzung dadurch, die Flüchtlinge
von Audenarde nicht gerechnet, auf 11 Bataillone und 1 Regiment
Dragoner gebracht wurde. Um endlich den Hennegau zu decken und
die Linien von Trouille zu behüten, entsandte er am 20. Juli 5 Batail-
lone und 24 Escadroneu unter dem Grafen Chamillart nach Valen-
ciennes '*).
Dass die französische Armee nach der Schlacht von Audenarde
sich gegen Norden, hinter den Canal von Gent zurückgezogen, war
eine natürliche Folge des Schiagens mit verkehrter Front gewesen.
Die Lage, in welche die Armee hiedurch gerathen, war unnatürlich,
unerwartet, unvorbereitet und daher auf den ersten Blick beunruhigend.
Das siegreiche Heer der Verbündeten — im Besitze der Initiative —
stand mit einem Male zwischen der Armee des Herzogs von Burgund
und deren Basis. Die letzte Verbindung beider, jene von Brügge über
Nieuport auf Ypern, beziehungsweise Dünkirchen, drohte durch eine
Bewegung Marlborough's auf Pont d'Espierres und Courtray ver-
loren zu gehen und die Intendanz hatte nur mehr für 14 Tage Mehl.
Die Sicherung des Lebensunterhaltes war hiernach die brennendste
Frage ; von ihrer Lösung hing ab, ob die Armee ihre Stellung hinter
dem Canal von Brügge werde aufgeben müssen, oder behaupten
können.
Günstiger als von diesem, zeigte sich die letztere von anderen
Gesichtspuncten, Der Schlag von Audenarde hatte das Gefüge der
französischen Armee zwar erschüttert, aber doch nicht so getroffen, dass
in der taktisch starken Stellung, welche sie nun inne hatte und welche
durch Befestigungen stündlich stärker wurde, nicht ein erfolgreicher
Widerstand möglich gewesen wäre. Die Armee beherrschte das wahre
Centrum aller von hier strahlenförmig auslaufenden Wasserwege Flan-
derns (Scheide, Lys, Canal von Brügge, Canal von Licve und Canal
Sas-de-Gand), welche alle als Vertheidigungslinien dienen konnten und
Abschnitte bildeten, in welchen das Hauptheer Frankreichs sich jedem
Augriffe entziehen, oder aus welchen es nach freier Wahl zum Aus-
falle vorzubrechen vermochte. Die Verstärkung der Coalitions-Armee
durch jene des Prinzen Eugen, war durch Berwick's Eintreffen
*) Memoires du marechal de Berwick 395 und 39(3, und Marlborough an
Godulpliiu, Wervicq, 23. Juli 1708. Coxe, Memoirs II. 490.
*) Memoires militaires (Pelet) VIII. 40.
366
an der Sambre so gut wie aufgewogen. Nicht mehr hatte man für
die Grenzplätzc Frankreichs zu zittern, die der Sieger von Ahnansa
noch rechtzeitig mit Besatzungen hatte versehen können, und wenige
Märsche reichten hin, eine Vereinigung beider Armeen anzustreben,
wenn man es wünschte.
Neben den unmittelbaren Vortheilen, welche die Stellung von
Gent bot, gewährte sie nicht zu unterschätzende mittelbare. Indem
man den Schlüssel zu dem ganzen Wassernetz Flanderns festhielt,
entzog man den Verbündeten jede Möglichkeit, es zu benützen und
verwies sie durchaus auf den schwierigen und gefahrvollen Landweg,
den man einerseits aus der Hauptstellung bei Gent, andererseits aus
jener Bcrwick's beständig bedrohte. Die hieraus für die Verbündeten
erwachsenden Schwierigkeiten und Gefahren steigerten sich in dem
Masse, als jene sich der Nordgrenze Frankreichs näherten. Da zudem
das Hauptheer Frankreichs im Sinne des allgemeinen Kriegsprogrammes
gar kein Interesse hatte, das Schlachtenglück nochmals zu versuchen,
und die Thätigkeit des Grafen vonBergeyck und des Intendanten
von Bernieres die Sorge um den Unterhalt alsbald verscheuchte,
vereinigte die Stellung von Gent Alles in sich, was man im Haupt-
quartier nur wünschen mochte.
Das Berechtigte dieser Argumente ward von den Verbündeten
voll gewürdigt. Nachdem man es einmal, zu E u g e n's nicht geringem
Verdrusse, versäumt hatte, die Franzosen am 12. Juli mit der ganzen
Armee zu verfolgen und aus der Verwirrung, welche immer die un-
mittelbare Folge einer Niederlage, Nutzen zu ziehen •), schien jetzt,
da jene feste Stellung genommen, ein directer Angriff soviel wie aus-
sichtslos. Es erübrigte sonach nichts, als zu versuchen, ob das franzö-
sische Hauptheer nicht durch einen Druck auf seine letzte Verbindung,
jene über Ypern, zum Verlassen seiner festen Position verleitet und die
Gelegenheit seines Marsches aus einem Lager in das andere benützt
Averden könne, es anzufallen und sich Gents wieder zu bemäclitigen,
ohne welches man nichts von Bedeutung und jedenfalls keine Belagerung
unternehmen zu können glaubte. Da man sich aber mit solcher Be-
wegung von Brabant und dem Hauptdepotplatz Brüssel entfernte und
damit diese Basis des Heeres dem Anfalle beider französischen Armeen
preisgab, musste für die Sicherung jener besonders Sorge getragen
werden.
Diesem Kriegsrathsbeschlusso gemäss, eilte Prinz Eugen von
Audenarde nach Brüssel, wo am 15. der letzte Mann seiner von der
«) Kriegs-A., Niederlaude 1708 ; Fase. XIII. 2 a.
367
Mosel herangefühi'ten Armee eintraf), ziemlich hergenommen durch das
ununterbrochene Marschiren auf bösen Wegen und in dem schlechtesten
Wetter. Der Erbprinz von Hessen, mit seinen und den säclisischen
Truppen am 16. zu Gaesbeek eingetroffen, bezog am 18. Vormittags
das Lager bei Dilbeck^). Der Grraf von Nassau, welcher das Lager
von Vilvorde am 16. verlassen, war auf dem Marsche nach Enghien in
Leunick St. Quentin angelangt, musste aber, da der Feind von Gent
noch nicht abmarschirt war, nach Anderlecht rücken. Das acht Batail-
lone starke Detachement unter dem Brigadier von War ten s leb e n,
welches dem General - Major Murray zugeschoben worden, um
Flandern zu decken und eventuell Gent wieder zu nehmen, ward zurück-
berufen und bezog am Nachmittage des 17. sein altes Lager jenseits des
Canals von Brüssel wieder '").
Diese Gruppirung sollte sich indess alsbald wesentlich verändern.
Die Erfahrungen, welche man jüngst zu Gent und Brügge gemacht,
Hessen es gerathen scheinen, ein bedeutendes Corps zu Brüssel zu
belassen, wo „Hunderttausend Thaler und einige Ehrentitel leicht
ebenso bedauerliche Folgen haben konnten, wie zu Gent"*). Also erhielt
das Corps des Erbprinzen von Hessen — wiewohl derselbe vor
Begierde brannte, mit seinen Truppen in Action zu kommen — den
Auftrag, mit den vier Bataillonen, welche schon längere Zeit die
Besatzung Brüssels bildeten, daselbst zu verbleiben. Es sollte diesen
Hauptdepotplatz decken, die Verbindung mit Mastricht und Antwerpen
freihalten und die vorzuschiebenden Transporte des schweren Gepäckes,
des Belagerungs-Geschützes und des Schiessbedarfes begleiten ^). Dem
Feldmarschall Graf von Nassau ward am 18. Juli befohlen, mit den
kaiserlichen und churpfälzischen Truppen nach Ath zu rücken, daselbst
die Verbindung mit der grossen Armee zu erhalten und weitere
Weisungen abzuwarten. Die grosse Bagage von Marlbor ough's
Armee sammt ihrer Bedeckung hatte sich ihm anzuschliessen "). Die
schwere Artillerie auf ihrem Wege von Antwerpen nach Brüssel besser
zu sichern, wurden ein hessisches und ein sächsisches Bataillon nebst
zwei sächsischen Schwadronen entsandt. Des Prinzen Eugen Befehl
') Marlborough an Boyle. Wervicq, 16. Juli 1708. Muvray IV. 112.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 84.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 84.
*) Graf Maigret an Prinz Eugen. Brüssel, 17. Juli. Kriegs-A., Niederlande 1708;
Fase. VII. 82.
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VlI. 63. — Marlborougli an den König
von Dänemark. Wervieq, 25. Juli. Murray IV. 109.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 93, 96, 102 und 103.
368
vom 21. Juli, die noch verfügbaren drei sächsischen Bataillone über
Antwerpen nach linlst zu senden, wo sie unter des Generals Murrav
Commando treten sollten, wurde von Milkau erst am 26. vollzogen,
nachdem die Generalstaaten - Deputirten erwiesen hatten, dass das
s.ächsische Corps auf Grund des Artikels V. der Capitulation getrennt
werden könne ')• Sowie diese Anordnungen getroffen, eilte der Prinz
in's Hauptquartier der grossen Armee.
Marlborougli war, nachdem er zwei Regimenter, welche in
der Schlacht am meisten gelitten, nach Audenarde verlegt und
3000 Kriegsgefangene nach Brüssel abgeschoben hatte, am 14., 3 Uhr
Früh, mit der Armee aufgebrochen und auf dem linken Scheide-Ufer
in zwei Colonnen nach Helchiu gerückt. Drei Stunden früher, um
Mitternacht zum 14., war der preussische General -Feldzeugmeister Graf
Lütt um mit 40 Schwadronen und 30 Bataillonen, zusammen etwa
20.000 Mann, abmarschirt, die feindlichen Linien zwischen Ypern und
Comines zu zerstören. Lottum forcirte dieselben am Morgen des 14.
ohne auf sonderlichen Widerstand zu stossen. Ein Officier, welcher
mit 40 Mann die Redoute von Houthem bewachte, erachtete Wider-
stand für vergebens*^); auch Warneton, das etwas kräftiger vertheidigt
wurde, vermochten die Franzosen nicht zu halten. Am Nachmittage
des 15. ergab es sich, wie Comines und Wervicq, auf Gnade oder
Ungnade, wobei Lottum etwa 400 Gefangene machte *).
Am 15., 5 Uhr Früh, brach die grosse Armee von Helchin
auf. Indess Fussvolk und Reiterei in zwei Colonnen auf Meuin rückten,
marschirte die Artillerie unter besonderer Bedeckung auf Courtray.
Nach Ueberschreitung der Lys vereinigten sich alle drei Colonnen noch
selben Tags im Lager von Wervicq. Der rechte Flügel lehnte sich an
diesen Ort, der linke an Warneton *). Um die Verbindung zwischen
Ypern und Lille zu erschweren, ward am 1 6. das Corps L o 1 1 u m's nach
Pont Rouge vorgeschoben. 3000 Arbeiter, bedeckt von 1000 Reitern,
machten sich an diesem Tage ungehindert an die Zerstörung der Linie
von Comines *).
Zwischen dem Herzog von Burgund und dem Marschall Ber-
wick stehend, welche nur über Seeflandern in gegenseitige Verbindung
treten konnten, bedrohte die grosse Armee in gleicher Weise die festen
Plätze Ypern, Lille und Tournay.
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 98 uud 116.
2) Histoire de Marlborougli II. 352.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 49.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
*j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. ad 105 nn.l XIII. 2 a.
369
Während einerseits Cadogau an die Herrichtung der gegen
Roulers führenden Verbindungen schritt, ging man andererseits in Aus-
führung der zu Audenarde gcfassteu Beschlüsse an den geplanten
Streifzug in die Provinz Artois. Das hiezu bestimmte Detachement
aus 500 schweren Reitern und 300 Huszaren — zur Hälfte aus Kaiser-
liehen — bestehend und vom General-Major Bauditz befehligt'),
überschritt die Lys und ging zwischen Bethune und La Bassee hin-
durch über Lens gegen Arras vor. Nachdem es einige Priester und
etwa 30 Bauern als Geiseln aufgehoben, einige Orte, welche sich geweigert
hatten, Contribution zu leisten, so die Vorstadt von Arras, eingeäschert
und allenthalben grossen Schrecken verbreitet hatte, kehrte das Detache-
ment am Morgen des 19. in das Lager von Wervicq zurück^).
Willens, noch einige Tage zuzuwarten und zu sehen, was der
Feind eigentlich im Sinne führe, blieb M a r 1 b o r o u g h im Lager von
Wervicq ruhig stehen^). Den General - Lieutenant Fagel am 2L Juli
mit der Sicherung von Holländisch -Flandern betrauend, wozu über
Verlangen der Generalstaaten - Deputirten von Brüssel 6 Bataillone
detachirt wurden, wies der Herzog gleichzeitig den Gouverneur von
Ostende an, die Schleusen spielen zu lassen. Es geschah hier, sowie
zu Damme, L'Ecluse und Hülst.
Wiewohl die Nachrichten, welche man im grossen Hauptquartier
über die Vorgänge auf feindlicher Seite hatte, keinen Zweifel auf-
kommen Hessen, dass einerseits die französische Hauptarmee noch keine
Miene mache, sich in Bewegung zu setzen und dass andererseits B e r-
wick's Truppen, die man auf ungefähr 18.000 Mann veranschlagte,
am 18. und 19. in Lille eintreffen würden, hielt Marlborough immer
noch an der Hoffnung fest, die Franzosen würden sich zu Gent auf
die Dauer nicht behaupten können*). Der Ansicht, sie könnten von
*) Histoire de Marlborougli II. 353.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 80, ad 105; XIII. 2 a. — Marl-
borougli an Boyle. Wervicq, 19. Juli 1708. Murray IV. 120. Nach der Histoire de Marl-
borough II. 353 ergriffen die Bauern der Umgebung von Lens die Waffen und schlugen
das Detachement alsbald in die Flucht, wobei einige Soldaten getödtet und die
Geiseln befreit wurden.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. ad 105.
*) „ . . . Entscheidende Unternehmungen," schrieb er am 19. Juli an Godolphin,
„sind unmöglich, so lange der Feind unverrückt bei Gent bleibt, folglich uns die
Schiffahrt auf der Scheide und Lys sperrt. Wir trachten zwar zu Land einiges
Geschütz vorzusehleppen, allein es hat unendliche Schwierigkeiten, die erforderlichen
Bespannungen aufzutreiben und so trägt unser Sieg wenig Früchte. Der Herzog
von Vendome, dessen Stellung ohnehin schon durch den Canal gedeckt ist, wirft
noch überdies Verschanzungen auf; ein Beweis, dass er den Ueberrest des Feldzuges
Feldzüge des Prinzen Eugen v, Savoyen. II. Serie, I. Band. 24
370
Gent aus nui* die Richtung nach dem Dender einschlagen, traf der
Herzog fiii* diesen Fall seine Vorbereitungen. Das zu Ath stehende
Corps N a s s a u's beschloss man, daselbst so lange stehen zu lassen,
bis die Pläne des Feindes zu durchblicken wären. Es rasch unter-
stützen zu können, schob man am 20. Juli den General-Major Chanclos
mit 20 Schwadronen nach Audenarde. Er sollte die Verbindung mit
Feldmarschall Graf Nassau unverzüglich herstellen und ununter-
brochen erhalten, auf die feindlichen Bewegungen ein scharfes Auge
haben und verhindern, dass von Tournay zur französischen Haupt-
armee Zuschübe gelangten. Um das Corps zu Ath aber auch mit der
ganzen Armee unverzüglich unterstützen zu können, schritt man an
die Herrichtung der dahin führenden Verbindungen und die Anlage
von Colonnenwegen. In vier Heersäulen wollte man von Wervicq
nach Ath anstandslos marschiren können*). ,,Nachdem aber alles daran
gelegen sei," schrieb Prinz Eugen am 20. Juli dem Feldmarschall
Grafen von Nassau, „dass man von der geringsten Bewegung des
Feindes sofort Kenntniss habe und die angedeutete Disposition
a tempo in's Werk setzen könne und damit auch dem Grafen von
Nassau kein Unglück zustosse, sei nöthig, längs des Wassers (des
Dender I beständig Parteien und PatruUen zu haben. Das Corps von
Audenarde thue desgleichen. Von Zeit za Zeit erwarte er expresse
Berichte ^)."
Aber auch die Franzosen blieben nicht ganz unthätig. Entschlossen,
im Lager von Lovendegem zu verbleiben, nahm das französische Haupt-
quartier in der Truppenvertheilung einige Aenderungen vor. Alle
Dragoner kamen an den rechten Flügel, jenseits Bellem. Die Reserve
ward unterhalb die Dragoner disponirt, eine Infanterie-Brigade an die
Brücke Meule Straete (Meulestraat, Meulestede?). Zu Gent liess man
zwanzig Bataillone, zu Brügge zwölf. Um zu verhindern , dass die
Verbündeten den Franc de Bruges überschwemmten, sandte man
Detachements bis auf die Dämme nächst Ostende. Gleichzeitig ward
d'Artaignan mit 4000 Mann Infanterie und 1000 Pferden mit dem
Auftrage entsandt, Fort Roodenhuyse (Rouge) am Canal von Sas anzu-
greifen. Er traf am 19., eine halbe Stunde vor Tagesanbruch dort ein
und nahm es. 5 Officiere, 109 Soldaten und 9 Kanonen tielen ihm in
dort verweilen will. Erfährt der König von Frankreich, dass wir dennoch Belagerungs-
Geschütze vorbringen, so gibt er vielleicht nicht länger zu, dass sein Land preis-
gegeben werde, blos um die durch Verrath erhaltene Eroberung von Gent zu
behaupten." Coxe, Memoirs II. 485.
<) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. ad 10').
«) Supplement- Heft S. 162, Nr. 110.
371
die Hände*). Berwick zu verstärken und ihn zu befähigen, Frank-
reichs Nordgrenze wirksamer zu schützen, wurden am 21. aus dem
Lager von Gent 54 Escadronen unter Cheyladet nach Seeflandern
in Marsch gesetzt. Kühne Parteigänger wagten sicli bis auf das hollän-
dische Gebiet vor, erpressteu, brandschatzten, schleppten Lebensmittel
und Vieh weg, verbreiteten Bestürzung, ja versetzten durch den Einfall
in die Insel Cadzand selbst die holländische Regierung in Angst.
Marlborough sann ernstlich darauf, diesem Zustande ein
Ende zu machen und schlug daher vor, eine Heeresabtheilung vor
Lille stehen zu lassen, um die dortige Besatzung im Zaum zu halten,
mit der Hauptmacht aber in Frankreich einzufallen. „Die Entmuthigung
des geschlagenen Heeres, das sich nicht aus seinen Linien hervorwagen
werde,*' meinte er, „gestatte eine so verwegene Unternehmung, die im
missvergnügten Frankreich wohl wenig Widerstand finden würde;
andererseits sei es nöthig, durch irgend eine glänzende Waffenthat das
Gewinsel der Holländer um Frieden zum Verstummen zu bringen. Zur
Mitwirkung bei dieser Operation müssten die auf der Insel Wight unter
General-Lieutenant Erle gesammelten Truppen, vom Admiral Bjng
mit zwölf, bei Spithead vor Anker liegenden Kriegsschiffen und einer
grossen Zahl platter Transportfahrzeuge begleitet, an der Küste der
Picardie sich zeigen und womöglich eine Landung bewerkstelligen. Es
würde dann die Sorge des zu Lande vorrückenden Hauptheeres sein,
durch Entsendungen die Verbindung aufzusuchen^)." Dieser Operations-
plan wurde allgemein als zu kühn angesehen. Den lebhaftesten Wider-
spruch erfuhr er von Seite der unschlüssigen und zaghaften Holländer;
aber selbst Prinz Eugen nahm Austand, ihm beizustimmen. ,,Ich theilte"
— schrieb Marlborough an Godolphin am 26. Juli — „dem
Prinzen Eugen meinen Anschlag mit, in Frankreich mit Macht einzu-
dringen. Leider hält er ihn für unausführbar, so lange wir nicht Lille
zum Waffenplatz und Aufspeichern unserer Verpflegsvorräthe haben.
Dann meinte er, Hesse sich von einem gewaltsamen, nachdrücklichen
Einfalle in Feindes Land sprechen; doch könnte, selbst wenn die Flotte
mitwirkte, das Heer in keinem Falle auf fremdem Boden überwintern,
wenn nicht vorher einige Glieder der feindlichen Festungskette durch-
brochen wären." Dass sich Marlborough den Gründen Eugen's nicht
verschluss, geht aus der Fortsetzung des Briefes hervor. „Wirklich steht
man (in England) im Wahne," schrieb er, „bis gegen Paris könne nichts
mehr sich entgegenstellen, weil Niemand unsere wahre Lage kennt,
') Meraoires militaires (Pelet) VIII. 37 bis 43 uud Marlborough an Murray.
Wervicq, 21. Juli 1708. Murray IV. 122.
2) Coxe, Memoirs IL 489.
24*
372
noch bedenkt, dass der Feind die kräftigsten Massregeln eingreift, um
zwischen sich und uns eine Wüste zuhaben. Auf Befehl der militärischen
und bürgerlichen Obrigkeiten (des Herzogs von Berwick und des Inten-
danten Herrn von Bernier es) müssen alle Einwohner auf mehrere Meilen
vor uns Haus und Hof verlassen und sich mit ihren Habseligkeiten nach
den geschlossenen Städten flüchten. Da stossen wir nun auf die schach-
brettförmige Kette fester Plätze, ohne Belagerungs-Geschütz vorbringen
zu können. Wahrhaftig, eine grosse Verlegenheit! Könnte ich nur das
feindHche Heer zum Raufen hervorlocken. Durch die Schlacht von
Audenarde ist es wenigstens um 20.000 Manu geschwächt und was
ich für einen weit bedeutenderen Vortheil halte — bestürzt, erschüttert,
entmuthigt. Uebrigens düi-fen wir uns seine Streitkräfte nicht als
unbedeutend vorstellen. Stossen Burgund und Berwick zusammen,
so beträgt ihre Gesammtstärke gewiss 100.000 Mann M."
Indess Marlborough sich am 22. des Forts Knocke bei Ypern
bemächtigte und am 23., seinen Streifparteien einen Rückhalt zu bieten,
Armentieres von 1600 Mann besetzen Hess *), ward die Besatzung von
Dendermonde von Brüssel aus durch 400 Mann verstärkt ^). Der Graf
von Nassau, welcher am 2 1 . bis Enghien marschirt war, erreichte am
22. Ath, wo sein Corps lagerte. Die grosse Bagage von M a r 1 b o r o u g h's
Armee defilirte die ganze Nacht durch diesen Platz und setzte folgen-
den Tages (23.) den Weitermarsch über Mainvault und Cordes nach
Celles-lez-Pottes fort. Ungestört brachte GWM. Graf Vehlen den
Train, welcher eine Länge von 5 Stunden hatte, nach Pottes an der
Scheide. Hier traf er auf die von der grossen Armee entgegen-
gesandten Abtheilungen : 3000 Pferde unter General - Lieutenant
Dompre und 16 Schwadronen unter General-Major von Bauditz.
Indess Vehlen mit seinem Detachement nach Ath einrückte, geleiteten
jene die grosse Bagage in das Lager von Wervicq, wo sie am 25.
und 27. Juli in zwei Staffeln anlangte *).
Um sich für den Transport der schweren Artillerie Bespannungen
aus dem Feindcslande zu verschaffen und in dieses die Schrecken
des Krieges zutragen, forrairte Marlborough ein Expeditions-Corps
unter dem Befehle des holländischen G. d. C. Graf Tilly, welchem
die General-Lieutenante Orkney, Ranzau und Hompesch, die
General-Mujore Webb, Rantzau und Erbach beigegeben wurden.
*) Coxe, Memoirs II. 490.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
3) Qiiiucy, Histnire iiiilitaire V. 504.
*) Marlburuugli au linylc. Wervicq, 23. .Juli 1708. Murray IV. 126. Histoire
de Marll)urüugli II. 354 bis 355.
373
Das Corps , aus allen Huszaren und Frei - Compagnien der Armee,
50 Schwadronen Reiterei, 1000 Grenadieren, 12 Bataillonen Fussvolk
und 6 Geschützen zusammengesetzt, sollte über Armentieres nach
La Bassee marschiren, das Fussvolk sich hier postiren, die Reiterei
aber gegen Arras rücken und Streifcommanden in die Picardie
entsenden. Falls Berwick gegen ihn detachirte, hatte Tilly zur
Aufnahme seiner Reiterei bis an die Scarpe vorzugehen.
Die Vorhut Tilly's überschritt am 25., 9 Uhr Abends, Pont
Rouge und ging bis La Bassee, wo das Fussvolk des Corps am 26.
]\[ittags anlangte. Als die Reiterei gegen Lens vorrückte, stiess sie
auf 800 Reiter, welche Berwick unter Saint-Fremont's Befehl zur
Beobachtung der Verbündeten entsandt hatte. Die Spitze der letz-
teren, Huszaren und Dragoner, warf sich entschlossen auf den Feind,
den sie zersprengte und dabei mehrere Officiere und 112 Mann zu
Gefangenen machte. Die Verfolgung der fliehenden Franzosen ward
erst eingestellt, als man erfuhr, dass Berwick mit 60 Escadronen zu
Douai stehend, Lens mit 1400 Mann besetzt habe und diesen Posten
neuerdings verstärke. Tilly lagerte sein ganzes Corps bei La Bassee.
Es war Mar Ib or ough's Absicht, dasselbe hier zwei oder drei
Tage halten zu lassen, einerseits um Berwick zu beschäftigen,
andererseits um die Aufbringung des Getreides und die Absendung der
Pferde für die Artillerie gegen Brüssel zu erleichtern. Da man erfahren
hatte, dass in der Nacht zum 26. 40 feindliche Escadronen (Chey-
ladet), welche über Brügge und Nieuport gekommen, zu Bourbourg
gelagert hatten und ihnen 6000 Mann Infanterie folgten, Hess Marl-
borough ein Detachement von 20 Schwadronen, 15 Bataillonen unter
den Befehlen der General-Lieutenante De dem und Ostfriesland
(Oostfrise) noch am 27. gegen Armentieres aufbrechen. Die Ver-
bindung mit Tilly herzustellen, gingen von selben 2500 Pferde über
Fromelles gegen La Bassee vor. Nachdem er eine bedeutende Anzahl
Zugpferde aufgetrieben und zur Armee gesandt und die Verstärkung
an sich gezogen, Hess Tilly zu La Bassee vier Bataillone und rückte
am 28. neuerdings gegen Lens vor, das die Besatzung geräumt hatte *).
Hier erschienen Abgeordnete des Artois, mit welchen er über eine
Brandsteuer von einer Million fünfmalhunderttausend Livres einig wurde.
Ermächtigt, bis 2. August auswärts zu bleiben, entsandte er von hier
aus Streifcorps zur Brandschatzung der Picardie. Am 29. schob er ein
aus 2500 Pferden, 1000 Grenadieren und dem preussischen Regiment
Kronprinz gebildetes Detachement unter dem General-Major Graf
•) Histoire de Marlboroiigh II. 355.
374
Erb ach bis unter die Kanonen von Arras, wo das Fussvolk eine
AufnahmesteUung bezog, indess die Reiterei bei Aubigny über die
Seaipe ging. Da die Huszaren und Dragoner in der Pieardie alle
Dörfer verlassen und Niemand fanden , mit dem die Brandsteuer
verhandelt werden konnte, wurden 15 Dörfer und ein Schloss nächst
St. Pol eingeäschert. Während ein starkes Detacheinent von Lens
bis zur Abtei von Mont-Saint-Eloy vorrückte und 500 Mann bis Doulens
vorstiessen, ergossen sich andere Streifcommanden über die Umgebungen
von Peroune, Saint -Quentin, Guise und andere mehr, die ganze
Pieardie mit Schrecken erfüllend. Trotzdem zu Arras 22 französische
Escadronen standen, rückte das Detachement unangefochten mit grosser
Beute und namentlich vielen Zugpferden am Abende des 31. zum Gros
ein. Zwei Tage später trat Till y, nachdem er alle seine Detachements
eingezogen, seinen Rückmarsch nach Wervicq an, wo er am 3. ein-
treffend, von der Furcht und Bestürzung melden konnte, welche sein
Erscheinen in Frankreich allenthalben hervorgerufen hatte ').
Auf die Nachricht von Till y's Unternehmen hatte B e r w i c k
am 26. 19 Escadronen unter De laChastre nach Arras marschiren
lassen und C heyladet, der mit 34 Escadronen im Anmärsche
war, angewiesen, zwischen Hesdin und Arras Stellung zu nehmen.
Indess Mortane mit 1200 Pferden zu Bethune verblieb, lagerte
Berwick, ein Vorgehen bis Lens zu gefährlich haltend, mit 18 Batail-
lonen und 15 Escadronen zu Douai. Diese Gruppirung konnte nur
dem Augenblick entsprechen. Wichtiger schien es dem Marschall, sich
dem grossen Artillerie-Convoi zu \vidersetzeu, welcher, wie er erfuhr
von Antwerpen abgegangen war , um über Brüssel zu M a r 1-
borough zu stossen. Da das einzige Mittel, erfolgreich aufzutreten,
dieses war, sich mit allen Kräften auf das rechte Scheide-Ufer zu
werfen, entschloss sich Berwick, den Artois lieber ungedeckt zu
lassen, als den Verbündeten Vorbereitungen zu neuen Eroberungen
zu gestatten -).
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 1, 11, ad 47; XIII. 2 a. Marl-
borough an Boyle. Wervicq, 26. und 30. Juli; an Tilly 27., 28. und 29. Juli, 2. August;
Murray IV. ; an Godolpliin, 30. Juli. Coxe, Memoirs II. 493.
^J Sehr merkwürdig uud lehrreich ist in dieser Zeit Berwick's Briefwechsel
mit den Herzogen von Burgund und von Vendome. In seinen Briefen vom 15., 17.,
18, 19. und 22. Juli zeigt Berwick eine Durchdringung der Verhältnisse, einen
Gedankenreichthum und eine Umsicht, eine Werthscliätzung der Zeit und eine Er-
kenntuiss der aus der Untliätigkeit entspringenden Gefahr, welche einen auffallenden
Gegensatz zu der Sorglosigkeit und Selbsttäuscliung bilden, die Vendome's Briefe vom
17., 18., 19., 21. und 24. Juli athmen. Campagnen der Franzosen etc. unter dem
Marschall Berwick, II. Band. Bern 1793. S. 399 bis 424.
375
Der Entscliluss, Lille zu belagern. — Die Heranziehung
der Belagerungs-Artillerie.
Seit dem denkwürdigen Tage von Audenarde hatte die Frage,
wie die gegebene Lage am besten auszunützen wäre, das Haupt-
quartier der Verbündeten unausgesetzt beschäftigt. Alle Mühen, die
Armee Burgund's zum Verlassen ihrer Genter Stellung zu verleiten,
— der Vormarsch der Mosel-Armee auf Ath, Marlborough's Vorgehen
auf Wervicq, die wiederholten Einbrüche in das nördliche Frankreich
— waien vergebens gewesen. Marlborough's kühner Gedanke,
geradenwegs auf Paris zu marschiren — vom ruhmreichen Herzog
selbst wohl kaum ernst genommen — hatte Prinz Eugen als der-
zeit noch unausführbar bezeichnet. Der Sieger von Turin hatte sich
nicht auf die blosse Verneinung beschränkt; er hatte jenem kühnen
Gedanken einen grossartigen Plan entgegengestellt: Lille zu belagern.
Li einem empfindlicheren Puncte war Ludwig XIV. in der That
kaum zu trefieu. Mit Recht betrachtete dieser Monarch das volkreiche
Lille mit seinem blühenden Handel und Gewerbe, mit seinen stolzen
Festungswerken als eine seiner schönsten Eroberungen. Mit dem Falle
dieses Waffenplatzes, der als Frankreichs stärkstes Bollwerk galt, war
in den dreifachen Festungsgürtel, der seine Nordfront umspannte,
eine kaum mehr zu schliessende Bresche gelegt. Durch kein nam-
haftes Hinderniss mehr gehemmt, mochten die Heeresmassen der
Coalition alsdann durch die „Trouee de FOise" dem Herzen von
Frankreich, dem stolzen Paris zuströmen. — Allein schier unüber-
windlich schienen auch hier die Hindernisse, die der Durchführung
sich entgegenthürmten. An ein solches Wagniss in so vorgerückter
Jahreszeit zu schreiten, wo täglich das schlechte Wetter einfallen
konnte, im Angesichte eines dem Deckungsheere überlegenen feind-
lichen, dem die ungeheure Ausdehnung der Einschliessungslinie den
Entsatz so sehr erleichterte, war ein Gedanke, der Hollands Feld-
deputirten umso ungeheuerlicher dünkte, als die Frage des Unter-
haltes und der Herbeischaffung der Belagerungsmittel, angesichts der
Stellung der feindlichen Streitkräfte allein schon als ein unlösbares
Problem erschien. Dennoch gelang es dem Prinzen endlich, alle
Bedenken zu besiegen. Nachdem er Marlborough für die Sache
gewonnen, glückte es ihm, den Felddeputirten der Generalstaaten
durch den Ausblick auf Erweiterung der „Barriere'' die Einwilligung
abzuringen. Die Belagerung Lille's ward zum Beschluss erhoben, —
jetzt galt es, sie ohne Zeitverlust ins Werk zu setzen. „Von der
Schnelligkeit, mit welcher die Geschütze eintreffen werden, hängt
376
Eiiropa's Zukunft ab," schrieb ^I a r 1 b o r o u g h am 30. Juli dem
Raths-Pensionär *).
Die schwere Artillerie der Verbündeten lag zu Mitte des Juli
zum kleiueren Theil zu Mastricht, zum grösseren zu Sas-de-Gand,
das sich seiner ausgezeichneten Wasserverbindungen halber hiezu
besonders empfohlen hatte.
Nach dem Verluste Gents mussten die zu Sas - de - Gand auf-
gestappelten Artillerie-Vorräthe (60 Stück nebst Zugehör) über Ant-
werpen und Mecheln (Malines) auf dem Wasserwege nach Brüssel
geschafft werden, wohin auch die 20 von Mastricht verschriebenen
dirigirt wurden. Die bezüglichen Befehle wurden spätestens am 15. Juli
ausgefertigt. Da die Ausführung vom Feinde leicht gestört, wenn
nicht gänzlich gehindert werden konnte, musste das Geheimniss auf
das strengste bewahrt und die grösste Vorsicht beobachtet werden.
Von Antwerpen nach Brüssel ward der Transport in kleinen
Staffeln ausgeführt; bis Willebroeck gab die Besatzung von Ant-
werpen, von hier bis Brüssel das Corps des Erbprinzen von Hessen
das Geleite; dem Mastrichter Artillerie-Transport aber, welchen der
Brigadier Du Portail leitete, wurden von Brüssel aus bis Mastricht
6 Schwadronen, bis Diest 600 Mann Fussvolk entgegengesandt*).
Am Morgen des 2. August waren beide Transporte glücklich zu
Brüssel vereinigt^).
Ein wesentlicher und schwieriger Theil der Aufgabe war somit
glücklich gelöst. Nun handelte es sich darum, den Belagerungspark
auf dem Landwege von Brüssel nach Wervicq zu schaffen. Die
Schwierigkeit war hier, die zum Transporte erforderlichen Fuhrwerke
und Bespannungen aufzubringen und den Belagerungspark auf seinem
Wege gegen die voraussichtlichen Anfälle Burgund's und Ber-
wick's zu sichern.
Nach den Berechnungen der Artillerie-Officiere erforderte die
Belagerungs-Artillerie einen Bespannungskörper von 16.000 Pferden.
Da das Land diese grosse Zahl im Requisitiouswege nicht zu liefern
*) Heinsius-Arcliiv, Noorden III. 273.
Nach Quincy, Histoire militaire V. 505 fand der entscheidende Kriegsrath am
25. Juli .statt, was Marlborough's bereits angeführtes Schreiben an Godolphin vom
26. desselben Monats so gut, wie bestätigt. Jedenfalls stand der Entschluss am
30. Juli bereits fest, wie des Herzogs Brief an den Lordscliatzmeister darthut.
Coxe, Memoirs II. 493.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. ad 98, 116; VIU. 2.
3) Prinz Eugen an den Kaiser. Wervicq, 29. .Juli 1708. Supplement-Heft
S. 17.5, Nr. 126. — Kriegs-A., Niederiande 1708: Fase. VIII. ad 1, 13. — Mari-
borough an Godolphin. Wervicq, 2. Augn.st 1708. — Coxe, Memoirs, II. 494.
377
vermochte, mussten die Truppen mit ihrem Fuhrwesen aushelfen.
Ihren Eifer zu bethätigen, stellten Generale und Officiere alle Pferde
und Wagen, welche sie nur entbehren konnten, bei. Was an Trans-
portmitteln im Bannkreise der Armee aufzubringen gewesen, brach am
1. August mit Einbruch der Nacht von Menin auf und gewann über
Courtrai, wo ein anderer Staffel dazu stiess, Lessines. Im Weiter-
marsche über Ghislenghien, Castergat, Lombeek nach Brüssel stiess
der in Ath zusammengestellte Convoi zur Colonne. Von Menin bis
Lessines gaben 1000 Reiter und 600 Fusssoldaten, von Lessines an
1000 Reiter und 1000 Fusssoldaten das Geleite '). Und da der Feind
zwischen Grammont und Assche angeblich dem Convoi auflauerte, eilte
der Erbprinz von Hessen ihm mit seiner ganzen Reiterei nach Lom-
beek entgegen, das jener am 2 .August, 2 Uhr Nachmittags, erreichte.
Mit dem Eintreffen dieses Convoi zu Brüssel war dort ein Bespan-
nungskörper vereinigt, welcher erlaubte, den ganzen Belagerungspark
dessen Zusammenstellung und Verladung der umsichtige Cadogan
leitete, in Einem in Bewegung zu setzen *).
Er bestand aus 80 Kanonen grossen Kalibers, deren Bespannung
je 20 Pferde erheischte; 20 grossen Mortieren, gezogen von je
16 Pferden und aus 3000 vierspännigen Munitionskarren. Er hatte somit
ohne Intervalle eine Colonnenlänge von 69.000 Schritten oder 14 Weg-
stunden. Diese Riesencolonne musste den etwa 140^"" langen Weg
von Brüssel nach Lille im Angesichte des französischen Heeres zurück-
legen, das zusammen bei 100.000 Mann zählte. Den Abmarsch von
Brüssel bedrohte Ven dorne, der, mit dem Gros zu Gent lagernd, auf
der Hauptstrasse gegen Brüssel 18.000 Mann bis Melle-lez-Gand, 45''™
von Hai, vorgeschoben hatte; den Weitermarsch und den Schelde-
Uebergang der Herzog vonBerwick, der bereits bis St. Amand-les-
Eaux und Schloss Mortagne vorgerückt war. Die ausserordentlichste
Vorsicht musste umsomehr aufgeboten werden, als die Vorbereitungen
dem Feinde nicht verborgen bleiben konnten ^).
Unter diesen Umständen hielt sich der Erbprinz von Hessen,
welcher Truppen in Brüssel zurücklassen sollte und hiernach nur
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 120 und 122; Vin. 8.
^) Marlborough an Cadogan. Wei-vicq, 1. und 2. August 1708; an Boyle vom
selben Tage. Murray IV. 139, 143.
^) Dass Prinz Eugen die Schwierigkeit dieser Unternehmung durchaus nicht
unterscliätzte, erweiset sein Bericht an den Kaiser vom 4. August 1708. Supplement-
Heft S. 187, Nr. 141. — Marlborough aber schrieb am 2. August an General Cadogan
in Brüssel: „Gehen Sie ja um Gotteswillen sicher, die Artillerie nicht Gefahr laufen
zu lassen, denn ich wollte lieber mit der ganzen Armee marschiren, als einen Angriff
auf sie zulassen." Murray IV. 144.
378
6 Bataillone und 16 Schwadronen erübrigte, für zu schwach, den
ganzen Artillerie-Train zu decken; er verlaugte, dass ihm ein Detache-
ment entgegengesandt werde ') ; wenn letzteres das Corps des Grafen
von Nassau beistellte, würde dieses zu sehr geschwächt. Um nun
gegen alle Eventualitäten gesichert zu sein, beschlossen die beiden
Oberfeldherren, dass 25 Bataillone und 35 Schwadronen der grossen
Armee zu dem bei Ath stehenden Corps stossen sollten. Von dort aus
sollte Prinz Eugen des Feindes Absichten zu hintertreiben, dem
Artillerie-Train mit 53 Bataillonen und 90 Schwadronen entgegengehen,
Marl bor ough aber sich bereit halten, dem Prinzen mit der ganzen
Armee zu folgen, sowie V e n d 6 m e Miene machte, sich mit gesammter
Macht auf ihn zu werfen ^),
Nachdem in Gemässheit dieser Vereinbarungen noch am 2. August
6 Bataillone nach Audenarde gesandt worden, von wo aus sie mit
den 6 dort bereits stehenden Schwadronen nach Ath rücken sollten "),
brachen am 3. August, 4 Uhr Nachmittags, 25 Bataillone, 35 Schwadronen
und 6 Feldgeschütze von Wervicq auf, um über Menin gleichfalls Ath
zu gewinnen. General-Lieutenant Oxenstierna, die General-Majore
Hohen dorff und Rantzau befehligten das Fussvolk, General-
Lieutenant Oyen mit General -Major von Vietinghof (Vit ting-
hoff) die Reiterei. Das Detachement hatte für zwei Tage Brod, seine
Zelte und einige Reserve-Reitpferde bei sich*). Prinz Eugen folgte
ihm am 4. August eine Stunde nach Tagesanbruch und marschirte mit
ihm bis an die Scheide, wo bei Pottes einige Brücken 'geschlagen
wurden. Von hier eilte der Prinz mit einer Bedeckung von 100 Pferden
voraus und langte zwischen 9 und 10 Uhr Nachts zu Ath an °), wo
die 6 Schwadronen und 6 Bataillone vmter Commando des Brigadiers
Chane los von Audenarde bereits angekommen waren®).
Gleichzeitig führte Marlborough, um im Bedarfsfalle besser
bei der Hand zu sein, mit seiner Armee eine Rechtsbewegung aus
und sandte auf die Nachricht, dass der Herzog von Burgund den
Zuschub zu stören beabsichtige, und über Prinz Eugen's Aufforderung
als Ersatz für 3000 Mann, welche in Wervicq zurückgeblieben waren,
12 Schwadronen unter General -Major Lalek (1 a Leck) nach
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 133; VIII. 13.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 20 uml Marll.orouorli an Godol-
phin. Wervicq, 3. Augnst 1708. Coxe, Memoirs IV. 49.5.
3) Kriegs-A., Niederiande 1708; Fase. VIII. ad 47-
*j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
5j Wervicq bis Ath über 60""" .
«) Kriegs-A., Niederiande 1708; Fase. VIII. ad 47.
379
Audnearde *). Hier hatte man Kundschaftsnachrichten, dass in der
Nacht zum 4, August ein Detachement Vendome's in der Stärke
von 10.000 bis 12.000 Mann durch Gent gegen Alost marschirt sei.
Sein Ziel zu erkennen, entsandte Prinz Eugen 150 deutsche Reiter
und 60 Huszaren. Von Mons aber hatte man Nachricht, dass der
Marschall von Berwick daselbst mit seiner Armee lagere und, um
nach Soignies marschiren zu können, über das Flüsschen Haine bei
Havre einige Brücken schlagen lasse.
Nachdem am Mittage des 5. Prinz Eugen's Detachement von
der Scheide in Ath eingetroifen und von Cadogan die Meldung
eingelaufen war, der ganze Artillerie-Transport werde am 6. Mittags
zu Brüssel marschbereit sein, dirigirte Prinz Eugen des General-Major
Laleck's 12 Schwadronen von Audenarde nach Soignies, wohin er
selbst am 6. vor Tage mit seiner Armee aufbrach ^). Hier wurde das
Lager geschlagen und das Eintreffen nach Brüssel bekannt gegeben,
damit die Belagerungs - Artillerie sich dispositionsgemäss in Marsch
setze. Die Nachricht, das 12.000 bis 16.000 Mann starke Corps A Ib er-
go tti's, nunmehr zwischen Alost und Audenarde stehend, habe
Befehl, sich auf Brüssel zu werfen, sowie dass dessen Besatzung
zur Deckung des Artillerie-Transports ausmarschirt wäre, forderte
zu erhöhter Vorsicht auf ^). Die Gruppirung der Streitkräfte, welche
bestimmt waren, den Artillerie-Transport zu decken, war hienach am
6. August folgende : 29 Schwadronen bei Tomberghen (zwischen
Ninove und Brüssel), 6 Schwadronen mit 6 Bataillonen bei Kestergadt
(zwischen Tomberghen und Enghien), ein 3. Corps zu Braine le Comte
mit Detachements bis Tubize. Das Gros unter Prinz Enge n's persön-
lichem Befehle zu Soignies, Front gegen Mons, um den Anfällen zu
widerstehen, welche Berwick hätte machen können.
Indess Prinz Eugen, den Artillerie-Transport erwartend, auch
am 7. zu Soignies blieb, schob M a r 1 b o r o u g h auf die Nachricht,
dass derselbe am 6. von Brüssel aufgebrochen sei und dass die
zwischen Alost und Gent stehenden französischen Truppen durch die
vom Herzog von B u r g u n d entsandten Verstärkungen immer mehr
anwüchsen, am Abende des 7. den G. d. C. Herzog Alexander von
AVürttemberg mit dem General-Lieutenant N a t z m e r, dem General-
Major Prinz von Hessen-Homburg und 30 Schwadronen von
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a und Marlborough an Cadogan
und an Boyle, Wervicq, 4., beziehungsweise 6. August 1708. Murray IV. 148
und 152.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 18; VIII. 47.
*) Marlborough an Godolphin, 6. August 1708. Coxe, Memoirs II. 497.
380
Wervicq uacli Audenarde. Die Spitze des Artillerie-Transports hatte
indess am 7., 3 Uhr Nachmittags, in guter Ordnung Soignies erreicht.
Die Zufuhr der Llunitionskarrcn und Kequisiten wagen währte die ganze
Nacht hindurch und bis in den Tag hinein. Prinz Eugen zögerte
nun nicht einen Augenblick mehr, den Transport nach Ath zu
bringen, wohin dieser am 8. mit dem Friihroth in vier Colonnen auf-
brechend und unter dem Schutze einer besonderen Bedeckung über
Silly zog. Das Gros der Armee in zwei Colonnen von Soignies über
Louvignies und Gages nach Ath marschirend, deckte die linke
Flanke, indess der Erbprinz von Hessen mit seinen 35 Schwa-
dronen von Tomberghen nach Silly rückte, die rechte zu schützen.
Das hessische Corps endlich, die Rückendeckung besorgend, hatte
der Armee auf den Colonnenwegen der Artillerie zu folgen und
gegen Mona Parteien auszusenden. Da man fürchtete, die Franzosen
würden sich auf Brüssel werfen, so wie man sich von dort entfernte,
wurde dessen Besatzung durch 6 Bataillone verstärkt ').
Unangefochten erreichte der Transport mit der Spitze gegen
8 Uhr Abends, mit der Queue gegen Mitternacht, das rechte Dender-
Ufer. Die Passage über diesen Fluss scheint den ganzen 9. bean-
sprucht zu haben. Einmal jenseits des Dender, war die grösste Gefahr
überstanden. Am 10. mit Sonnenaufgang rückte der Transport in
drei Colonnen auf eigens für ihn hergestellten Wegen über Frasnes
und Anvaing nach Celles-lez-Pottes ; 4 kaiserliche Regimenter bildeten
seine Tete, 3 holländische und 200 Reiter seine Queue. Das Gros
der Armee in zwei Colonnen über Grandmetz und Cailloux marschirend,
sicherte die linke Flanke, während das hessische Corps unter General
Graf Spiegel bis Mittag in seinem Lager zu verbleiben und dann
der Armee bis auf die Höhe von Chapelle ä Wattines zu folgen hatte ^).
Da auch diese Bewegung vom Feinde nicht gestört worden, wurden die
Pontons in der Nacht nach Pottes dirigirt. Nach den Dispositionen für
den 11. hatte der Prinz von Hessen zeitlich Morgens mit seinem
Corps über die Scheide zu gehen und bei der Brücke von Espierres
Front gegen Tournay Stellung zu nehmen ; der Herzog von W ü r 1 1 e m-
berg von Audenarde nach Helchin zu rücken. Die kaiserlichen,
pfälzischen und holländischen Truppen hatten sich vorerst marschbereit
zu halten, später die Scheide zu überschreiten und gleichfalls zu Helchin
zu lagern. Der Artillerie-Tansport, den Fluss zu Pottes auf drei Brücken
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 26, 29, ad 47; XIII. 2 a. Marl-
borougli an Thüngen. Werviccj, 8. An^-iist, an B(iyle 9. August 1708. Murray IV.
155 und 160.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 30.
381
passirend, hatte über die Mühle von Cläre Courtray zu erreichen und
dns hessische Corps unter Graf Spiegel ihm auf dem Fusse zu folgen.
Die Bagage mit ihrer Bedeckung hatte erst dann Ufer zu wechseln,
wenn die ganze Armee die Scheide passirt ').
Am Morgen des 11. traf der Herzog von Württemberg, mit
30 Schwadronen von Audeuarde kommend, bei Pottes ein — und am
Morgen des 12. war der ganze Convoi auf dem linken Scheide-Ufer.
Prinz Eugen hatte damit seine Aufgabe gelöst, ohne dass auch
nur ein Karren verloren gegangen wäre ^),
Die Aufgabe, den Trausport von Helchin nach Menin zu bringen,
welches als Hauptdepotplatz für die Belagerung von Lille ausersehen
und mit letzterem durch eine Kunststrasse verbunden war, fiel
der Armee Marlborough's zu. Indess der holländische General-
Lieutenant Freiherr von S p a r r das Commando zu Warneton über-
nahm und sich das Ansehen gab, als sollte er von dort weiter gegen
Süden vorrücken, versammelte M a r 1 b o r o u g h seine Armee in der
Nacht zum 12. bei Menin. Von hier brach er mit 69 Bataillonen und
140 Schwadronen am 12. mit dem Frühroth auf, überschritt die Lys
und erreichte über Halluin und Rolleghem noch Vormittags Helchin
(24'^'"), wo er sein Hauptquartier aufschlug; seineu linken Flügel bis
über die Mühle von Cläre ausdehnend, blieb er marschbereit. Durch
diese Bewegung und Stellung war nicht allein der Artillerie-Trans-
port, welcher noch am 12. Menin erreichte, gedeckt und der Feind
für Tournay besorgt gemacht, man war auch besser, als zu Wervicq,
in der Lage, die von Brüssel oder Ath kommenden Nachschübe
und die Belagerung zu decken, die zu Gent, Melle-lez-Gand und
Alost stehende feindliche Hauptarmee besser zu überwachen und dem
befürchteten Anschlage auf Brüssel sofort entgegen zu treten.
Im französischen Hauptquartier war man über die wahre Absicht
der Verbündeten noch zu Beginn des August ganz im Ungewissen.
Wiewohl diese in gleicher Weise Ypern, Mens, Lille und Tournay
bedrohten, hegte man ernste Befürchtungen doch nur für die beiden
letztgenannten. Den Intentionen des Königs gemäss, trug sich der
Herzog von B u r g u n d, welchem Ludwig XIV. inzwischen im grossen
') Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. VIII. 31.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 47 und Marlborough an Boyle,
Helehin, 13. August 1708. Murray IV. 166. „Hier ruft Feuquieres in einer Wallung
gereehten Unwillens aus: Die Nachwelt wird Mühe haben, es zu glauben, ob-
sehon es eine bleibende Wahrheit ist." Es würde schwer halten, den Häuptern der
Unternehmung ein grösseres Lob zu zollen. „Histoire de Marlborough" II. 357
und 358.
382
Hauptquartier die entscheidende Stimme eingeräumt hatte '), mit der
Absicht, dem angegiifFcnen Platze jedenfalls zu Hülfe zu kommen,
Falls Lille attaquirt würde, gedachte er sich mit Berwick zwischen
dem Deuder und der Scheide zu vereinigen; wenn es aber Tournay
wäre, zwischen der Lys und dem Meere. Nach beiden Seiten wurden
Colonnenwege hergerichtet, beide Plätze, namentlich aber Lille, aus-
gerüstet und mit grosstem Eifer an der Reorganisation . der Armee
gearbeitet. Achtzehn schwache und an Officieren Mangel leidende
Biitaillone wurden aufgelöst und zur Complctirung der anderen ver-
wendet. Die Truppen, welche die Insel Cadzand gebrandschatzt hatten,
rückten am L August wieder zur Armee ein, welche jetzt 107 Bataillone
zählte. Jene, welche bei Audenarde am meisten gelitten, wurden für
den Besatzungsdienst bestimmt. Ein grosser Convoi von Schlachtvieh,
Mehl , j^Iunition , Schiessbedarf und ein Kriegsschatz , dessen man
schon sehr dringend bedurfte, wurde über Nieuport und Brügge nach
Lovendegem gezogen.
Während der Prinz diese Anordnungen traf, erhielt Berwick
Nachricht, dass das zu Lens postirte feindliche Corps sich von dort
zurückgezogen und wieder mit Marlborough vereinigt habe, welcher
noch zwischen Warneton und Wervicq lagerte. Der Sorge um die
Picardie ledig, traf der Marschall die Vorbereitungen zur Ausführung
seiner wiederholt gefassten und eben so oft wieder aufgegebenen
Idee, sich auf das rechte Scheide-Ufer zu werfen, um die feindlichen
Zuschübe zu stören. Die LTngewissheit über die wahren Absichten
der Verbündeten veranlasste ihn aber, seine Aufmerksamkeit zwischen
diesem Plane und der Sorge für die Sicherheit der Grenzplätze zu
theilen. Am 3. August Hess er Saint-Fremont mit 11 Bataillonen,
30 Escadronen und einigen Geschützen von Douai aufbrechen und
über Valenciennes, unter dessen Mauern er 3 Bataillone belassen
musste, nach Mons rücken, wo er am 5. eintraf und unter die
Befehle des Chevalier Croissy trat. Zu Douai 12 Bataillone und
900 Pferde postirend, nach Tournay eine Abtheilung Cavallerio,
nach Mortagne ein Detachement unter M o r t a n y und nach Namur
3 Bataillone sendend, marschirte Berwick mit dem Reste seiner
Cavallerie am 4. nach Valenciennes.
') „Zur Zeit, da ich in's Feld zog, hatte ich die entschoideufle Stimme noch
nicht," schreibt Burgmid am •^0. September 1708 aus Saulsoir au Fenelon, „der König
hatte mir bedeutet, dass, wenn die Ansichten auseinandergingen, ich mich nach Ven-
döme zu richten hätte, wenn dieser darauf bestünde. Ich bat um sie nach der Schlacht
von Audenarde, sie wurde mir zugestaudon . . . ." Siehe übrigens auch des Herzogs
Schreiben von Saulsoir, 3. October 1708. Oeuvres de Feucluu, I. 234 und 248.
383
Die Ungewissheit über den Marscli des Artillerie-Transports der
Verbündeten, über die Zeit seines Aufbruches und die Linie seines
Marsches, die Veränderungen in der feindlichen Kräftegruppirung,
Hessen die Franzosen bis zum (i. August zu keinem festen Entschluss
gelangen. Im grossen Hauptquartier und auch bei Hof neigte man
sich der Auffassung zu, dass alle Vorbereitungen der Verbündeten
mehr Mons, als Lille gälten. Die Leichtigkeit, mit welcher sie ihre
Artillerie dorthin schaffen konnten, sprach noch mehr für diese Auf-
fassung. Indess aber Ludwig XIV., höchlich beunruhigt, anordnete,
dass die Armee an die Belagerung Audenarde's schreite, sowie die
Verbündeten auf Mons raarschirten, hielt Vendome die Schwierig-
keiten dieses Unternehmens für unüberwindlich und dafür, dass es
diesfalls besser wäre, mit allen Kräften ■ — ■ er rechnete auf 134 Ba-
taillone und 250 Escadronen — gegen die Verbündeten zu mar-
schiren.
Da erfuhr man am 6. im französischen Hauptquartier Prinz
Enge n's Aufbruch von Wervicq nach Ath, dessen Eintreffen daselbst
am 5. und seine Vereinigung mit den dort hinterlassenen Truppen.
Ueberzeugt, dass diese Bewegung keinen anderen Zweck habe, als den
Artillerie-Transport zu Mar Iborough's Armee zu geleiten, detachirte
der Herzog von Burgund noch am 6. 3 Brigaden Infanterie, die
Carabiniere, eine Brigade Cavallerie und alle Dragoner unter den Be-
fehlen General-Lieutenant Du R o s s e l's und de C o i g n y's aus dem
Lager von Lovendegem über Gent nach Melle-lez-Gand, um von dort
aus den Convoi zu beunruhigen. B e r w i c k aber, in der Absicht, am
7. zwischen Conde und Mortagne zu lagern, Hess über die Scheide
mehrere Brücken schlagen, sich volle Bewegungsfreiheit zu schaffen.
Die Franzosen hatten sich, sowohl rücksichtlich der Abgangs-
zeit, als auch der Marschrichtung des grossen Artillerie-Transports
gründlich getäuscht. Als nun derselbe, statt gegen die Scheide, gegen
Soignies rückte, wohin auch Prinz Eugen sich gewandt, glaubten die
Franzosen, es gälte Mons oder Namur. Diese Erwägung veranlasste
B e r w i c k, den Entschluss, sich zwischen Conde und Mortagne zu
lagern, aufzugeben und sich Mons und der Maas mehr zu nähern.
Valenciennes am 7. verlassend, lagerte er mit 53 Escadronen am
linken Ufer des Baches von l'Hongnau, mit dem rechten Flügel zu
Quievrechain, mit dem linken bei Conde. Gleichzeitig Hess er 4 Ba-
taillone und 4 Regimenter Dragoner unter Verrac nach Maubeuge
rücken; bei der ersten feindlichen Bewegung sollten sich jene nach
Charleroi, diese nach Namur werfen ; Saint-Fremont mit 20 Esca-
dronen zu St. Ghislain und Mortany zu Mortagne mit 800 Pferden
384
sollten gegen Ath, Enghien und Hai beobachten. 700 Pferde ver-
blieben zu Douai, 200 zu La Bassee und ebenso viele zu Arras.
Da B e r w i c k nun nicht mehr im Zweifel sein konnte, dass die
Verbündeten auf Lille oder Tournay abzielten, hob er am 9. das
Lager von Quievrechain auf und bezog, S a i n t - F r e m o n t's Caval-
lerie von Saint-Ghislain an sich ziehend, mit 79 Escadronen ein Lager
nächst j\Iortagne. Die nach Maubcuge gesandten Truppen, seine zu
Mons, Namur und Douai stehende Infanterie an sich ziehend, Hess er
sie nach Mass ihres Eintreffens längs der Scarpe, gegenüber St. Amand-
les-Eaux, Stellung nehmen. Zwei Bataillone und ein Kegiment Dra-
goner warf er nach Tournay, ein anderes Dragoner-Regiment, drei
Bataillone und 200 Pferde aber nach Lille, welche beide Plätze bereits
vollkommen ausgerüstet waren.
Dass der Marschall vonBerwick sich dem Marsche des Artillerie-
Transports nicht widersetzt hatte, wurde kaum getadelt. Da er seine
Infanterie in die Grenzplätze geworfen und nur mehr Cavallerie hatte,
konnte er nichts unternehmen, ohne gegen einen bedeutend über-
legenen Gegner zu kämpfen. Eher hätte sich der Herzog von B u r-
gund auf den Convoi werfen können, bevor dieser die Scheide über-
schritten hatte ; die Befürchtung aber, durch eine Bewegung M a r 1-
borough Gelegenheit zu geben, die Franzosen aus der Stellung von
Lovendegem zu werfen, die Behauptung von Gent und Brügge
überwog im französischen Hauptquartier alles Andere.
Lille ').
Der Waffenplatz. — Seine Besatzung und seine
Ausrüstung.
Lille, die Hauptstadt des französischen Flandern, beiderseits der
schiffbaren Deule und inmitten eines sehr fruchtbaren und volkreichen
Gebietes gelegen, war schon zur Zeit der sparischen Herrschaft eine
der bedeutendsten Städte der Niederlande gewesen. Von Alters her
Lieblingsaufenthalt der flandrischen Fürsten, Sitz eines stolzen und
reichen Adels , Mittelpunct einer hoch entwickelten Industrie, ein
Handels- und Stapelplatz, dessen Kaufmannschaft schon um die Mitte
des XVII. Jahrhunderts nach jener von Amsterdam und Antwerpen
als die vornehmste der Niederlande galt, hatte Lille, 1667 unter Frank-
reichs Botmässigkeit gelangt, einen glänzenden Aufschwung genommen.
Die Häuser, in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts noch zumeist
aus Holz, hatten in der Zeit von 1640 bis 1680 vielfach jenen Stein-
bauten spanischen Styls Platz gemacht, deren Ueberreste heute noch
die Place du Theätre, die Rue Manneliers und den Eingang der Rue
de Paris schmücken. Mit seinen breiten und langen Gassen, seinem
grossen und schönen Markt, seinen hochragenden Domen und Kirchen
war Lille eine der schmucksten Städte Frankreichs. Dass ein so
bedeutendes Gemeinwesen der schützenden Umwallung nicht entbehrte,
war schon im Geiste der Zeit begründet. Die alten Befestigungen der
ohne die Vorstädte eine Fläche von etwa 2 Quadrat-Kilometern ein-
nehmenden Stadt waren zu Beginn des XVII. Jahrhunderts reconstruirt
worden. In Frankreichs Besitz gelaugt, gewann Lille auch als Waffen-
') Siehe Tafel VII. Die uachsteheude Beschreibung gründet sich auf die im
k. k. Kriegs- und im Genie-Archive erliegenden Pläne, die französische Special-Karte
1 : 80.000, Blatt 5 a, weiters die Topographia Circuli Burgundici von M. Zeilleru
(Frankfurt a. M., Merian 1654) und endlich Juauue's Dictiounaire geogr. de la
France, Pari.s 1871.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 35
386
platz erhöhte Jicdeutung. Durch die Lage an der Deule, welche
einerseits die Verbindung zur Scarpe, andererseits zur Lys und damit
zur Scheide vermittelte, schien Lille zum llaupt-Depotplatz der fran-
zösischen Nord-Armeen und der benachbarten Festungen ganz be-
sonders geeignet. Hineingelagert in die Mitte zwischen Sambre und
Nordsee, deckte Lille einen grossen Theil von Wallonisch - Flandern
und im Vereine mit den Nachbarplätzen den wichtigsten Zugang zu
Frankreichs Norden und seinem Herzen : Paris ; Grund genug, seine
Befestigungen bald nach der Besitzergreifung von Va üb an umbauen
und „unbezwinglich" machen zu lassen. Die Hauptumfassung bestand
1708 aus 15 meist bastionirten Fronten sammt den zeitgemässen
Aussenwerken und war überdies dort, wo sie nach den Bodenver-
hältnissen dem Angriffe insbesonders ausgesetzt schien, durch Horn-
werke, zusammen vier, verstärkt ' i. Diese Enceinte zeigte alle con-
structiven Eigenthümlichkeiten der Zeit ihres im XVH. Jahrhunderte
erfolgten Umbaues: bedeutenden Aufzug, bis zur Brustwehrkrone mit
Mauern bekleidete Escarpen und breite Grräben. Sechs Thore ver-
mittelten die Verbindung mit den Vorstädten La Madeleine, de Fives,
de Paris, Wazemmes, Bethune, Notre Dame und de la Barre. Gegen
Nordwest ist die Stadt durch die Citadelle gedeckt, ein regelmässiges
bastionii'tes Fünfeck, das durch Promenaden, die mittlere Deule und
eine breite Esplanade von der Stadt getrennt, als Vauban's Meister-
werk gilt. Die Widerstandsfähigkeit dieser Werke war durch zweck-
mässige Benützung der Deule ^) noch sehr namhaft erhöht worden.
Der Fluss füllte nicht nur alle Fortifications-Gräben, er inundirte auch
das ganze Vorfeld der Citadelle von der Porte St. Andre bis zur
Porte Notre Dame. Diese Ueberschwemmung war durch eine Reihe
von vorgeschobenen Werken (in Erde erbauten Fleschen, Lunetten
und Redouten) besonders geschützt. Ein wohldurchdachtes System
von Dämmen, Canälen, Schleusen - Werken und Batardeaux setzte
den Vertheidiger in die Lage, mit den Wassermassen manövriren zu
können.
Schon 1708 war Lille der Mittelpunct eines vielverzweigten Com-
munications-Netzes, das einerseits von der Deule und den Canälen,
andererseits von wohlerhaltenen und zum Theile schon zu jener Zeit
*) Das heutige Lille zeigt in seiner Hauptvimfassung eine bedcntendo Erweiterung.
Durcli ein Decret vom Jahre 1858 wurde nämlich die Demolirung der Südfronten
und der Neubau einer die Vororte Wazemmes, Moulins-Liile und Fives umfassenden
Enceinte angeordnet.
^) Der Fluss hat heutzutage zwischen Douai und Deulemont eine Tiefe vnn
im Mittel 155 ^ und ein Gefälle von 9 73 %o. Joanne, Dictiounaire geogr. etc.
387
gepflasterten Strassen gebildet, die Stadt mit den Niederlanden, der
Nordsee und. Paris in Verbindung brachte.
Das Becken von Lille, durch grosse Fruchtbarkeit ausgezeichnetes
Ackerland, wird durch die Deule und den Bach von Fives (auch
Bequerelle genannt) in drei Abschnitte getheilt. Die linke Thalbe-
gleitung der Deule bildet ein Hügelzug, der gegen die breite Niederung
der Lys in der Linie Aubers (29"), Radinghem (33™), Verlinghem (24"^ a. H.)
rideauartig, kurz und steil, — gegen die Deule zu aber in mehreren
Stufen, reicher gegliedert und sanfter geböscht, abfällt. Die den
Festungswerken nächstkommende Stufe von Lomme (50'" a. H.) tritt
an sie auf etwa 2500'" heran. — Die rechte Thalbegleitung der Deule
wird, wie bereits erwähnt, von dem Bache von Fives, der einen Inun-
dations-Kessel von etwa 180'" Breite und llOO"' Länge füllt, in zwei
Abschnitte getheilt. Den südlichen bildet eine Hügelreihe, welche bei
Haubourdin beginnend und über l'Arbrisseau (54'^^ a. H.) und le Moulin
gegen le Pave ziehend, gegen Lille zu in langgestreckten Zungen
abfällt; der nördliche Abschnitt, zwischen dem Bach von Fives und
der Marcq, besteht aus Hügeln, welche in nordwestlicher Richtung
streichend, sich den Werken immer mehr nähern. Während der Mens en
Baroeul (4 5"" a. H.) noch ausserhalb des wirksamen Geschützertrages
der Festung liegt, tritt die Höhe la Madeleine an die Werke bis auf
800™ beherrschend heran. Das ganze Becken von Lille ist Alluvial-
land, in das sich in der Richtung Douai-Lille eine Zunge Kreide ein-
schiebt *).
Lille war 1708 ein Waffenplatz, welcher eine rasche Bezwingung
ausschloss. Gegen einen Handstreich oder einen gewaltsamen Angriff
gänzlich gefeit, war die Stadt, wie spätere Erfahrung lehrte, auch durch
ein Bombardement schwerlich zu bewältigen *). Lille nöthigte zur regel-
mässigen Belagerung, und zwar vorerst der Stadt, da die Citadelle nur
von dieser aus angreifbar. Schon die Einschliessung der Festung war,
ihres grossen Umfanges und der trennenden Deule wegen, mit nicht
geringen Schwierigkeiten verbunden; noch grösser waren aber, wie
die Folge lehrte, jene, welche der Artillerie- und Genie- Angriff zu
*) Nach Dufrenoy und Elie de Beaumont (Explication de la carte geologiqiie
de la France, Paris 1841): „AUuvions anciennes de la Bresse" und „Craie blanche
et craie marneuse".
^) 1792 bombardirte der kaiserliche Feldmarschall Herzog Albert von Sachsen-
Teschen Lille vom 29. September bis 5. (bezw. 7.) October Abends aus 29 Geschützen
unausgesetzt bei Tag und Nacht. Wiewohl der fünfte Theil der Stadt in Schutt und
Asche sank, Hessen die taiiferen Vertheidiger doch „nicht das mindeste Zeichen der
Ergebung muthmassen". Journal des Bombardement von Lille 1792. Genie-Archiv.
Ausland II. a, Lille Nr. 3.
25*
388
überwinden hatte. Indess die Vertlioidigung sich gewisserraassen
auf den dreifachen Festungsgürtel stützte, der Frankreichs Nord-
grenze umspannte, gebot der Angriff in der Nähe über keinen Platz,
aus dem das zur Belagerung Erforderliche hätte gezogen werden
können.
Das natürliche Verlangen, an der Ehre, das wichtigste und
stärkste Bollwerk Frankreichs zu vertheidigen, theilnehmen zu dürfen,
hatte Lille eine ungewöhnlich grosse Anzahl von ausgezeichneten
Generalen und Officieren zugeführt. Allen voran hatte der Gouverneur
von Flandern, Marschall Bouffiers*), dessen Eifer für König und
Staat unbegrenzt war, Ludwig XIV. gebeten, ihm das Commando
der Deule-Veste anzuvertrauen. Der König, welcher einen besseren
Mann für diesen verantwortungsvollen Posten nicht hätte finden können,
willfahrte zu guter Stunde dieser Aviederholt vorgebrachten Bitte. Zu
Pferde und nur von einem Kammerdiener begleitet, war Bouffiers
am 27. Juli zu Lille eingetroffen. Unverzüglich war mit aller Kraft an
die Ausrüstung der Festung geschritten worden. General-Lieutenant de
Lee fungirte als Platz-Commandant; General-Lieutenant Puy-Vauban,
im Besitze eines Vertheidigungs-Entwurfes, den ihm sein grosser Oheim,
der Befestiger von Lille, Übermacht hatte, dann General Lieutenant de
SurviUe wirkten als Ingenieurs en chef; der Marechal de Camp und
General-Lieutenant der Artillerie de la Frezeliere als Artillerie-,
von Bussi, Major im Regimente Foix, als Generalstabs-Chef. Der
Coramissär S. Martin besorgte die Verpflegung der Besatzung, welche,
wie die Sicherstellung der Lebensmittel für die Bevölkerung, die erste
Sorge Bouffiers' bildete. An ausgezeichneten Officieren verdienen
noch genannt zu werden: die Brigadiere de Rannes, de Valory
und Lalande, de Ravignan (Oberst des Regiments Foix) ,
Permangle und Coetgen'^).
Die Besatzungstruppen bestanden allerdings zum grössten Theil
aus neugebildeten Bataillonen, deren Mannschaft zumeist noch keinen
Schuss gehört hatte, und aus einigen Tausend Flüchtlingen von Aude-
narde, die Bouffiers ohne Verzug regimentirtc. Am 10. August ver-
fügte der Marschall bereits über 20 Bataillone Infanterie, 7 Escadronen
') Biographisclie Skizze sielie 1. Serie, III. Band, Seite 106 dieses Werkes,
*) Mtimoires iiiilitaires (Pelet) VIII. — Quincy V. — Derode II. — Kricj^s-A.,
Niederlande 1708. M('nioires militaires 413. — Zwei der ausgezeichnetsten seiner
Officiere hatte Bouffiers' Edelsinn und Menschenkenntniss aus den Reihen der-
jenigen herausgeholt, welche bei Hof für immer in Ungnade gefallen waren:
Snrville hatte seine Fürliitte ans der Verbannung, Frczelirre aus der Bastille befreit.
Zu Ihnen gesellte sich als Dritter Lalande, der ehemalige Commandant der Citadelle
von Metz.
389
Dragoner und 200 Mann Cavallerie. Zu den regulären Truppen
kamen noch 4 Regimenter Bürgermiliz zu je 500 Mann, welche der
Magistrat aus den jungen Leuten der Stadt und ihrer Umgebung
errichtet hatte. Sie sollten sich an der Vertheidigung mit den Waffen
in der Iland betheiligen, aber die Erwägung, dass die Anwesenheit
der Bürger unter den Streitbaren, die Stadt, wenn sie fiel, einei*
grossen Gefahr aussetzte, machte von der ursprünglichen Absicht
abstehen. Sie bethätigten sich aber an den Ausrüstungs - Arbeiten,
übernahmen die Austheilung der Munition und der Lebensmittel, die
Besorgung der Verwundeten und das Löschen der Schadenfeuer. Da
die Umfassung von Lille, wie bereits erwähnt, 15 Bastione und 4 Horn-
werke, die Citadelle 5 Bastione zählte, hätte die Besatzung nach
Vauban's Berechnung') nur 12.000 Mann zu betragen brauchen. Dass
sie, obschon ein grosser Theil der Werke durch Ueberschwemmungen
gedeckt, thatsächlich um ein Viertel stärker, also sehr reichlich war,
hat gewiss wesentlich dazu beigetragen, dass die Vertheidigung so
ki'äftig und nachhaltig geführt werden konnte.
Au lebendigen Vertheidigungsmitteln war also kein Mangel;
auch fanden sich Kriegs- und Verpflegs-Vorräthe aller Art, Artillerie
in reichlicher Menge. An manch' Anderem fehlte es, aber Bo uff 1er s
nützte die ihm gegönnte Frist und beeilte sich, zu den 100.000 Thalern,
die er auf seinen eigenen Namen entlehnt, in Flandern noch mehr
als eine Million im Namen des Königs aufzutreiben -).
Der wachsende Ernst der Lage veranlasste strengere Mass-
nahmen zur Durchführung einer geordneten und gesicherten Verpfle-
gung"). Am 14. wurden alle in der Stadt vorhandenen Getreidevor-
räthe inventirt und zwei Tage später amtliche Hausdurchsuchungen
vorgenommen ,. wobei alles Schlachtvieh requirirt wurde. Am 18.
geschah die Aufschreibung aller Brennstoffe. Da die Brauer Schwierig-
keiten machten, wurden sie mit Gefängniss bedroht. Eine eigen-
thümliche und nicht zu unterschätzende Verlegenheit erwuchs aus
dem Ausbleiben der Landleute, welche gewöhnlich die Senkgruben
entleerten.
Die Vorsichtsmassnahmen, welche gegen das erwartete Bom-
bardement ergriffen wurden, erzeugten Beunruhigung und bestimmten
') Vaiiban i-eclinete im Allgemeinen auf jede Bastion hOO Mann, auf jedes
Hornwerk ebensoviel, auf jedes Kronwerk 1200.
^) Saint-Simon, Meraoires IV. 214 und 215.
^j Nicht ohne Interesse sind gewisse Preisverhältnisse. So wurde der Hecto-
liter Weizen mit 20 Francs 50 Centimes, der fetteste Ochse mit 150 Francs, die
Rasiere Ulmen-Kohle mit 50 Patards (24 Patards = 75 Centimes) bezahlt.
390
einige Frauen von Rang- zum Verlassen der Stadt. Audi die Titel
und Archive des Magistrats und die Papiere der Intendanz wurden in
►Sicherheit gebracht und im Stadthause ein Permanenzdienst organisirt,
zu welchem der Magistrat sich in drei Gruppen gliederte.
Was die Kraft des Vertheidigers potenzirte und alle Ausrüstungs-
arbeiten wesentlich förderte, war das lebendige Gefühl der Solidarität,
das Alle beherrschte und der feste Entschluss Aller und jedes Ein-
zelnen, seine Pflicht zu thun. Der Magistrat unterordnete sich vöUig
den Befehlen Bouffiers' und bethätigte auf das Eifrigste seine
Königstreue von Anfang bis zu Ende der Belagerung. Alle Waffen-
und Grobschmiede, Wagner und anderen Handwerker widmeten ihre
Kräfte den Ausrüstungszwecken des Platzes. Denselben Eifer wie
Soldat und Bürger, bethätigte der geistliche Stand. So opferten die
„RecoUets" ihren Garten zum Zwecke der Schlächterei, deren Abfälle
sie täglich selbst verscharrten. Die „Soeurs Noires" aber übernahmen
es, die Wäsche der Besatzung und der vornehmsten Einwohner umsonst
zu reinigen.
Unter diesen Umständen nahmen die Ausrüstungsarbeiten einen
raschen Fortgang. Das Vorfeld ward ringsum auf 400 Toisen (780™)
sorgfältigst gelichtet, die Vorstadt la Madeleine am 12. August in Brand
gesteckt, die Kirche (Kapelle) und das Pfarrhaus als verschanzte
Posten hergerichtet und gleichzeitig die grosse Inundation gespannt,
welche die Angriffsfronten der Citadelle deckte.
Um den Muth der Seinen noch mehr zu heben, hatte Bouff-
iers am 3. August zur Feier der Einnahme von Tortosa mächtige
Freudenfeuer aufflammen lassen. Der Ex-Churfürst von Co in endlich
erflehte durch Processionen und Weihgeschenke den himmlischen
Beistand.
Kein Geringes war sonach der im Hauptquartiere der Ver-
bündeten gefasste Entschluss zur Bezwingung Lille's. Die Eroberung
eines Waflfenplatzes, an welchem Vauban seit 1668 seine ganze
Kunst erschöpft hatte, einer Veste, deren fortificatorische und artille-
ristische Armirung nichts zu wünschen übrig liess, die mit allem
Kriegsbedarf reichlich versehen, von einer opferwilligen Bevölkei'ung
erfüllt war und von einer ungewöhnlich starken Besatzung von Kern-
truppen unter einem Führer wie Bouffiers und nicht genug an
dem, auch noch von zwei B^eld-Armeen vertheidigt wurde, fürwahr
eine würdige Aufgabe für den Helden von Zenta, Höchstädt, Turin und
Audt'uarde !
391
Erste Belagerungs- Periode').
Die B e r e n n II n g.
Die Truppen, welche unter Prinz Eugen's Befehl Lille belagern
sollten, brachen, alle fahrende Bagage zurücklassend, am 12. von
Helchin auf, überschritten auf mehreren Brücken den Bach von
Espierres und rückten nach Templeuve, wo — eine Wegmeile von
Tournay — gelagert wurde ^). Die Verbindung des letztgenannten
Platzes mit Lille war unter Tags schon durch ein gemischtes Detache-
ment von' 1000 Mann unter General -Major St. Laurant unter-
brochen worden, und da man hoffte, Bouffiers zu einer Entsendung
zu verleiten, wenn man sich den Anschein gab, Tournay belagern zu
wollen, schob man die Huszaren und einiges Fussvolk durch das Defile
von Chin gegen Tournay vor. Sie geriethen auf stärkere feindliche
Infanterie und Cavallerie, wurden nun unterstützt und warfen mit
einem eigenen Verluste von 80 Mann die Franzosen zurück*). Am 13.
rückte die Armee bei Pont ä Tressin über die Marcq*).
Schon am 10. Avaren 34 Schwadronen und 31 Bataillone der
grossen Armee unter dem Befehle des Prinzen von Oranien'^) in
Marschbereitschaft gesetzt worden, um zur Belagerungs-Armee unter
Prinz Eugen's Commando zu stossen. Während die Reiterei dieses
Corps am IL, 2 Uhr Nachmittags, unter dem General-Lieutenant W o o d
«) Siehe Tafel VII.
Hauptquellen für die Darstellung der Belagerung von Lille sind die Tage-
bücher: Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1 und 2 a und Quincy (Histoire
militaire etc. V.). Im üebrigen liefern werthvoUe Aufschlüsse die Denkwürdigkeiten
Schulenburg's, Murray (Letters etc. IV.), Theatrum Europaeum XVIII., Coxe (Me-
moirs IL), Bnm-Lavainne et Brun (Les sept sieges de Lille), Derode (Histoire de
Lille IL), Histoire de Marlborough H. und Memoires militaires (Pelet) VIII.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 34.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. ad 41, 42, ad 47, und XIII. 2 a.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 40.
^) Johann Wilhelm Friso, Fürst von Nassau-Oranien-Dietz, Erbstatthalter in
Friesland, war am 4. August 1687. geboren und vom König Wilhelm III. von
England zum Erben eingesetzt worden. Seit 21. August 1707 General-Feldzeug-
meister des gesammten holländischen Fussvolkes, brannte der einundzwanzigjälirige
Prinz vor Eifer, sich des in ihn gesetzten Vertrauens durch ausgezeichnete Waffeu-
thaten würdig zu zeigen. Einem Heldengeschlecht entsprossen, zeichnete er sich in
diesem ixnd in den folgenden Feldzügen durch eine bewunderungswürdige Tapfer-
keit aus, verunglückte am 14. Juli 1711 beim Uebergang über den Mordyk und
hinterliess seine Gemalin, eine Tochter des Landgrafen von Hessen-Cassel, in der
Hoffnung; der Sohn, von dem sie entbunden wurde, war der Grussvater Wilhelm L,
des ersten Königs der Niedei'lande.
392
abmarschirt war, um über Menin nach Rolleghem zu rücken, war das
Fussvolk, verstärkt durch ein dänisches Bataillon, um 4 Uhr Nach-
mittags aufgebrochen, um zu Pont a Marquettes an der unteren Deule
Posto zu fassen. Sein Durchzug durch Meuin war aber so zeitraubend,
dass es zu Roncq nächtigen musste.
Das Corps des Prinzen von Ora nien war am 12. um 5 Uhr Früh
von Koncq aus gleichfalls gegen Lille in Marsch gesetzt worden.
Schon um 8 Uhr Morgens überschritt seine Spitze die Marcq und
warf, die Deule durchfurtend, ein an der Brücke der Abtei von
Marquettes stehendes Detachement zurück. Die Nachricht, Prinz
Eugen könne an diesem Tage noch nicht vor die Festung rücken,
bestimmte Uranien, einen gesicherten Halt zu beziehen. Als Prinz
Eugen sich am Frühmorgen des 13. anschickte, Lille von der Ost-
und Südseite einzuschliessen , überschritt auch er die Deule und
erschien um 8 Uhr Morgens vor dem Audreas-Thore.
Alle Truppen der Belagerungs-Armee blieben bis zum Abende
in Gefechtsstellung und bezogen erst am 14. die Plätze, welche ihnen
für die Dauer der Belagerung zugewiesen wurden '). Sofort ging man
mit 10.000 Schanzbauern, welche später auf 20.000 vermehrt wurden-),
an die Aushebung der Circumvallations-Linie, welche zu Haubourdin
an der oberen Deule beginnend, über die Mühle von Arbrisseau und
die Dörfer Ronchin, Lezennes, Hellemmes, Flers, Marcq, Marquettes,
Wambrechies, den Meierhof von Cliquenois, Lambersart und Lomme
zog und mit der Abtei von Loos endigte. Sie hatte bei 9^ (2'83™)
Aufzug und 15^ (4'71"') Brustdicke eine Ausdehnung von 6V2 Stunden,
was Prinz Eugen veranlasste, die Belagerungs-Arraee, welche 53 Batail-
lone und 89 Schwadronen zählte, in Einer Linie zu postiren ^).
Die ersten Anstrengungen der Belagerer waren gegen die grosse
Ueberschwemmung vor der Porte de la Barre gerichtet. Während
') Ausser dem Prinzen von Orauien dienten in der Belagenings-Armee noch
folgende Officiere von Rang, und zwar Feldzeugmeister (G. d. C): Graf Schlik, der
Erbprinz von Hessen-Cassel, der Prinz von Württemberg, Graf von Nassau- Weilburg ;
General-Lieutenants (FML.) : Graf Fels, Falkeustein, Efferen, Wood, D'Arnan, Betten-
dorff, Sparr, Prinz von Holstein-Beck und Wilckes; General-Majore: Leisius(?), Graf
Bethlem (Bethlen?), Graf Wittenstein (Witgenstein ?), de Vennes (Devne?), Prinz
d'Auvergne, Weissenfeis, Vickeubacb (Scblippenbach?), Volckersboffeu, Zobel, Colier,
Zoutland und Sacken ; Brigadiere und Brigade-Majore: Keppenbeck, Posseren, Kollum,
Hackeborn, Kallensteiu, Wassenaer, Keppel, Boisset, Richard Temple, du Truussel,
Mymer, Stapel und Witney. Histoire de Marlborougli II. 366.
*) Histoire de Marll)orough II. 367.
^) Prinz Eugen an K. Joseph I. Loos, 15. Augusr 1708. Supplemeut-IIeft S. 189,
Nr. 14-1.
393
2000 Mann am 15. die an der oberen Deule gelegene Redoute von
(Canteleu oder Cantele) angriffen, versuchte ein anderes Detachement,
mit zahlreichen Arbeitern gleichfalls am hellen Tage den grossen
Staudamm anzustechen. Beide Versuche misslangen. Während Geschütze
der Citadelle das Arbeits-Detachement zum Weichen brachten schlug,
die kleine Besatzung des Forts Canteleu mehrere Stürme tapfer ab ').
Die Wiederholung dieser Versuche unter dem Schutze der Nacht,
scheiterte an der Wachsamkeit Bouffiers'. Die Arbeiter wurden
zeitgerecht lebhaft angegriffen. Vierhundert sollen am Platze geblieben,
eine grosse Zahl verwundet und gefangen worden sein ■'). Die zu
Helchin zurückgelassenen Bagagen stiessen an diesem Tage zur Be-
lagerungs-Armee. Am folgenden ward Lille von den Chef-Ingenieuren
recognoscirt, zwischen der Deule und der Marcq der Parkplatz der
Artillerie ausgesteckt und mit der Material-Erzeugung begonnen, die
hauptsächlich der Reiterei zufieP).
Der grösste Theil der Belagerungs-Artillerie wurde unter dem
Schutze eines von Marlborough am 15. nach Templeuve vorgescho-
benen Detachements von 3000 Reitern unter Withers am 17. von
Menin nach dem Parkplatze vor Lille geschafft. Der Rest marschirte
am 20. dahin. Ihn gegen Angriffe der Besatzung von Tournay oder
des Herzogs von Berwick zu schützen, besetzte ein Detachement von
ungefähr 5000 Mann die Posten zwischen Lannoy und Pont ä Chin *).
Der Belagerungspark ward verschanzt.
Das ausserordentliche Schauspiel, das die Belagerung Lille's zu
bieten versprach, verfehlte nicht, hohe Gäste anzuziehen, so August II.
und den Landgrafen von Hessen, welche nach einer grossen Heer-
schau zu Helchin, am 20. im Lager vor Lille eintrafen und von Prinz
Eugen glänzend empfangen wurden *). Zu des Prinzen Kummer hatte
die eigentliche Belagerung noch nicht eröffnet werden können. Die
Weitläufigkeit und Grösse des Platzes, seine reiche Armirung und
Ausrüstung, endlich die, wie bekannt, sehr starke Besatzung, welcher
der Angreifer nicht mehr als die doppelte Uebermacht entgegenzu-
stellen vermochte, Hessen es dem Prinzen gerathen erscheinen, die
') Quincy V. 514. — Brun-Lavainne et Brim 305 und 306. — Derode II. 230.
2) Histoire de Marlborough II. 368.
^) Die kaiserliclien und die pfälzischen Triippen hatten allein 2000 Schanz-
körbe imd 30.000 Faschinen, 20.000 ä 8 Fuss (2-51'"), 10.000 ä 10 Fuss (314") Länge
herzustellen. Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
*) Marlborough an Boyle. Helchin, 20. August 1708. Murray IV. 177.
5) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a. Der Sohn August II., der
nachmalige Marschall von Sachsen, hatte, damals ein Knabe, Dresden zu Fuss ver-
lassen, um der Belagerung von Lille beiwohnen zu können.
394
Belagerung nicht früher zu eröffnen, bis nicht alles hiezu Erforderliche
so bereit gestellt, dass man sie mit Ernst und Kraft zu beginnen
vermochte *). Ein Vorfall am 18., an welchem Tage eine Kanonenkugel
dem Kammerdiener des Prinzen von Oranien in dem Augenblicke
den Kopf wegriss, wo er seinen Herrn ankleidete, hatte zur Vor-
sicht gemahnt. Das Hauptquartier Oranien's musste verlegt und
die Position von Lambersart gegen das lebhafte Geschützfeuer, das
die Franzosen namentlich aus der Citadelle gegen die mit den Ein-
leitungsarbeiten beschäftigten Belagerer richteten, durch Schulterwehren
gesichert werden.
Nachdem alle Vorbereitungen zur Belagerung beendet, und auch
die Verptlegsfrage geregelt, welche in den ersten Tagen ausserordent-
liche Sorgen bereitet hatte, traf Prinz Enge n die Dispositionen für
den Tranchee-Dienst, in welchen täglich 1 0 Bataillone treten sollten. Die
kaiserlichen, churpfälzischen und hessischen Truppen unter der Ober-
Inspection des kaiserlichen General-Feldzeugmeisters Prinz Württem-
berg, dem ein General-Lieutenant und zwei General - Wachtmeister
beigegeben wurden, sollten zwei Tage hintereinander, — die übrigen
Truppen aber unter der Ober-Inspection des Prinzen von Oranien,
welchem ein General Lieutenant, ein General- Wachtmeister und zwei
Brigadiere zugetheilt wurden, drei Tage nacheinander den Tranchee-
Dienst versehen *). Damit die in denselben tretenden Officiere genügend
Zeit hätten, sich zu Orientiren und das für die Nacht Nöthige vorzu-
kehren, sollte die Tranchee- Wache um 4 Uhr Nachmittags abgelöst
werden. Die erforderlichen Arbeiter hatten die dienstfreien Bataillone
beizustellen. Stürme und besondere Unternehmungen sollten durch
Abtheilungen der ganzen Belagerungs-Armee ausgeführt werden. Trat
das Bedürfniss nach einem Rückhalt ein, waren die nächsten Truppen
heranzuziehen. Die Reiter-Reserve sollte an den Flügeln hinter Schulter-
wehren, oder auch dort Stellung nehmen, wo der General der Tranchee
es anordnete. — Die Obliegenheiten der Directoren der Approchen,
der Faschinen- Commissäre, der Artillerie - Officiere, der Tranchee-
Majore und der Generale wurden genau geregelt. Den Directoren der
Approchen kam ein überwiegender Einfluss nicht blos auf den Genie-,
sondern auch auf den Artillerie-Angriff zu. Sie hatten der Artillerie die
Werke zu bezeichnen, welche Schuss-Objecte werden sollten. Fanden
die Directoren der Approchen einen Sturm dringend nothwendig, so
*) Prinz Eu^en an K. .Joseph I. Loos, 19. Aufrust 1708. Supplement-IIeft
S. 190, Nr. 146.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. \lll. ad 47.
395
hatten die diensthabenden Officiere ihn augenblicklich auszuführen.
Die Tranchee-Majore waren für die gesammte Durchführung verant-
wortlich *).
Die Nachrichten, welche von französischen Deserteuren in Prinz
Eugens Hauptquartier gebracht worden, wonach die Franzosen zu
kräftigstem Widerstände rüsteten, beruhten durchaus auf Wahrheit.
Bouffiers, welcher die Eröffnung der Laufgräben täglich erwartete,
setzte Alles in's Werk, die Vertheidigung kräftig und so lange wie
möglich, führen zu können. Am 15. Hess er die Vorstadt Fives nieder-
brennen und rasiren und am 17. verhängte er über Notre Dame das
gleiche Schicksal, Alle Aussenwerke des Platzes wurden in den
exponirten Theilen unterminirt. Die Annäherung an den gedeckten Weg
zu verzögern, Hess er die Garnison auf dem Glacis campiren, die
Arbeiter der Belagerungs-Armee durch Detachements beunruhigen, vor
dem Andreas-Thore eine Lunette und eine Redoute erbauen und
den von Gräben umschlossenen Meierhof „de la Vacquerie" besetzen.
Vor dem St. Moriz-Thore, dem von Fives und dem von Notre Dame
ward gleichfalls geschanzt. Einschnitte in die Deule-Ufer spannten die
Inundation derart, dass die CitadeHe bald ganz umwogt war *). Am
I.August entsandte Bouffiers, die Zugänge zur Porte de la Made-
leine ganz freizulegen, eine Abtheilung Zimmerleute, bedeckt von zwei
Bataillonen und einem Detachement Dragoner, aiif die Strasse von
Menin. Der Prinz von Oranien stürzte sich sofort auf dieses Com-
mando und zwang es zur Umkehr in den Platz ^).
Zweite Belagerungs-Periode.
Die Eröffnung der Laufgräben.
Wiewohl die Circumvallations-Linie noch nicht vollendet war,
schritt der Belagerer doch am 22. August mit Einbruch der Nacht
an die Eröffnung der Laufgräben. Prinz Eugen hatte sich entschlossen,
den Platz von der unteren Deule aus anzugreifen, und zwar alle
Werke zwischen dem Andreas- und dem Magdalenen-Thore. Nach
Schulenburg*) wäre der einzige stichhältige Grund für die getroffene
Wahl der gewesen, dass die Deule die Herbeischaffung des Munitions-
Bedarfes erleichterte; im Uebrigen hätten nur Nebenumstände ent-
») Nach Quincy V. 516.
2) Memoires militaires (Pelet) VIII. 77.
^) Brun-Lavainne 308. — Theatrum Europaeum XVIII. 156.
*) Denkwürdigkeiten, 341 und 342.
396
schieden, wie dass die liollündisclien Deputirteu und die leitenden
Ingenieure in der Nähe der Abtei Marquettes einquartiert waren und
dass der Artillerie Park sich bereits ebendaselbst befand. Endlich hätte
mau geglaubt, der etwas erhöhte Terrain werde den Angriff er-
leichtern. — Der berühmte General, ■ — welcher wahrscheinlich der
geistige Vater des Vorschlages gewesen, die Süd-Fronten des Platzes
anzufallen ') — übersah den vermuthlich triftigsten der Grründe : dass
man in Durchführung jenes ersten Plans zu jenen Schleusen gelangte,
durch welche man die Gräben entwässern konnte. Dass Angesichts
der französischen Feld-Armeen die Eventualität eines gelungenen
Entsatzversuches in den Calcul eingestellt und auf eine natürliche
Rückzugslinie Bedacht genommen wurde, spricht für die höhere Ein-
sicht der massgebenden Stimmen. Soweit sich die Verhältnisse heute
noch beurtheilen lassen, erscheint die thatsächlich getroffene Wahl als
die verhältnissmässig beste.
Schulen bürg berichtet des Weiteren, die leitenden Ingenieure
— wie hier besonders betont werden soll , keine Üesterreicher —
hätten versprochen, den Platz in wenigen Tagen zur Uebergabe zu
zwingen. Ein flüchtiger Blick auf die Angriffsfronten belehrt eines
Anderen. Der Hauptumfassung mit ihren geräumigen Bollwerken I
bis IV , deren Escarpen , bis zur Brustwehrkrone mauerbekleidet,
über den Glaciskamm hinausragen, liegt der von der Deule gefüllte,
breite Hauptgraben vor. Alle Fronten sind durch Aussenwerke ver-
stärkt: durch die Grabenscheren (Tenaillen) G^, G, und G^ ; die
Ravelins Rq, Rj, Rj und R^. Der Austritt der Deule aus der Stadt,
das Wasserthor (Porte d'Eau) mit den, den Hauptgraben abschliessen-
den Batardeaux ^ wirksamer zu schützen, ist nicht nur der gedeckte
Weg als Contregarde *) CC eingerichtet, sondern auch ein „Brillenwerk"
— aus dem Ravelin R^ und den Tenaillons *) T, und T2 bestehend —
angeordnet. — Die Hornwerke H^ und H^ sind weitere kräftige Ver-
stärkungsmittel der Umfassung. An die bastionirte Front von H,
schliessen Flügel an, welche auf die Saillants der rückliegenden Bastione
allignirt sind. Die Front des Werkes ist durch eine Grabenschere
(Tenaille) g^ und ein Ravelin r^ verstärkt. Der Hof wird vom Ravelin R„
und den Brillen L^ und L^ vertheidigt, welchen ein trockener
*) Eine Variante «les französischen Angriffes vom Jaliro 1GG7. Siehe Bniu-
Lavainne et Bnin. (Les sept sieges de Lille.)
') Eigentlich: „glacis coup^".
^) Vaubau nennt sie „Lunetten", eigentlich sind sie „Fleschen". — In den
Quellen wird das lirillenwerk fälschlich „Tenaille" genannt, eine Uezeichnung, von
der hier aus guten Gründen abgegangen wurde.
397
Graben vorliegt. — Das Hornwerk H^ hat auf die rttckliegenden
Courtinen allignirte Flügel. Der Front liegt das Ravelin r^ vor.
Der Hof wird von dem gedeckten Weg der Bastion IV vertheidigt. —
Alle bisher genannten Werke uraschliesst ein breiter gedeckter Weg,
der, traversirt und palissadirt, von Waffenplätzen W^ — Wj^ vertheidigt
wird. — Alle Gräben, ausgenommen jene vor den Ravelins R^ ^^"^^ ^o
sind Wassergräben. Die beiderseits des Wasserthores , dann im
Saillant der Bastione II und III angeordneten Steindärame sind
Schleusen-Batardeaux (Batardeaux eclusees), welche Wasser-Manöver
(Chasse d'eau) ermöglichen. — Brücken führen nur von der Porte
Saint-Andre und jener von Madeleine über die Gräben; im Uebrigen
vermitteln Boote die Verbindung.
Die Fronten zeigen hiernach und auch in Anbetracht ihrer
Profilverhältnisse *) grosse Stärke, welche bei dem Umstände, als die
Verbündeten vor Lille vom Ricochet-Schuss noch keinen Gebrauch
zu machen wussten, um so bedeutender erscheint. Obwohl bei dem
grossen Aufzug der Hauptumfassung die bis zur Brustwehrkrone
reichende Escarpemauer über den Glaciskamm emporragt, sonach in
ihrem oberen Theile schon von Weitem zerstört und die Brustwehre
zum Abstürze gebracht werden kann, Hess sich dieser sonst günstige
Umstand, der vorliegenden Aussenwerke wegen, doch nicht recht aus-
nützen. Die letzteren verleihen dem Platze überdies eine gewisse
Offensivfähigkeit, deren er, der Wassergräben halber, sonst entrathen
würde. — Das Vorfeld der Angriffsfronten ' wird durch die Deule
getheilt, welche hier im Mittel 15™ breit, 1-6" tief ist und von flachen
Ufern eingerandet wird. Links des Flusses trägt das Gelände den
Charakter der reinen Ebene ; rechts aber steigt der Boden in sehr
sanft geböschten Absätzen zur Kuppe de la Madeleine an. Dieses
Vorfeld wirksamer vertheidigen zu können, hatte Bouffiers, wie
bereits angedeutet, auf demselben noch einige verschanzte Posten inne :
die Kapelle der rasirten Vorstadt La Madeleine („Chapelle" des Plans),
den Meierhof „de la Vacquerie" au der Deule, die verschanzte Wind-
mühle Mg vor dem Hornwerke Tl^ imd endlich die Redoute de Lee
vor der Porte Saint-Andre.
») Siehe Tafel VII.
Die hier gebotenen Profile erheben keinen Anspruch auf Authenticität.
Da alle zugänglichen „historisclien" Pläne von Lille Profile vermissen lassen,
mussten die in Tafel VII gegebenen auf Basis des vorliegenden Grundrisses der
bekannten Dimensionirungen in Vaiiban's sogenannter I. Manier und endlich eines
im k. k. Kriegs-Archive erliegenden cotirten Plans von jüngerem Datum construirt
werden.
398
Cliof- Ingenieur des Roqucs sollte den rechten, Chef-Ingenieur
du Mey den linken Angriff führen.
Drei kaiserliche, vier ehurpfälzische und drei hessische Bataillone
nebst 4000 bis 5000 Arbeitern waren zur Eröffnung der Tranchee com-
mandirt; weitere fünf Bataillone und neun Schwadronen (800 Pferde)
zu ihrer Unterstützung bereitgestellt. Das Ganze befehligte der General-
Feldzeugmeister Prinz Württemberg mit vier Generalen. — Dem
Churfürsten von Sachsen zu Ehren lautete die Parole: Fridericus
und Dresden.
Da der Vertheidiger die Arbeiten erst in später Nachtstunde
wahrnahm, hatten dieselben einen nahezu ungestörten, daher guten
Fortgang, namentlich im linken Angriff. Es gelang hier die erste
Parallele (A, schwarz) zum Theile nur 300™ vom gedeckten Weg ent-
fernt, anzulegen und eine CommunicationsLinie von 400 Schritt Länge
zur Deule herzustellen. Grössere Fortschritte zu macheu, verhinderten
den Angreifer die bereits erwähnten improvisirten Vorwerke : die
„Cense de la Vacquerie" an der Deule vmd die Kapelle der rasirten
Vorstadt la Madeleine, welche beide von den Franzosen besetzt waren
und wovon die erstere die Herstellung von Anschlüssen an den Fluss
vorläufig unausführbar machte. Zu ihrer Bekämpfung legte man die
Batterien B, (7 Zwölfpfünder) und B^ (3 Geschütze) an *).
Trotz des kräftigen Feuers, das die Franzosen in der Nacht
zum 24. August unterhieken, schritt die Entwicklung der Angriffs-
arbeiten sichtlich fort. Die erste Parallele ward beiderseits verlängert
und nicht nur die Verbindung nach rückwärts hergestellt, sondern
auch mit Zweigen nach vorwärts ausgebrochen. Zur Sicherung gegen
Ausfälle ward am äussersten linken Flügel der ersten Parallele die
Kedoute a erbaut. Am Abende gelang es den Franzosen, den chur-
pfälzischen General-Lieutenant Graf Bettender ff, welcher sich
recognoscirend zu weit vorgewagt, gefangen zu nehmen.
Am 24. mit Tagesanbruch eröffneten die Batterien B, und B^
das Feuer einerseits gegen die „Cense de la Vacquerie", andererseits gegen
*) Quincy berichtet, Bouffiers sei Nachts mit allen Dragonern ausgefallen und
habe die Belagerungstruppen durch einen verstellten Rückzug in das Feuer von
drei maskirten Kartätsch-Geschützen gelockt, welche grosse Wirkung erzielten. Die
ilcmoires militaires (Polet) VIII. erzählen gleichfalls von einem Ausfalle Bouffiers'
gegen den linkon Augrifi", wobei die Belagerer etwa 300 Mann einbüssten. Brun-
Lavainne bestätigt den An.sfall, erzählt aber: „Kaum hatten sie den gedeckten Weg
verlassen, wurden sie von den dänischen Garden unversehens angefallen und zum
Rückzüge in die Stadt gezwungen, ohne ihre Sendung erfüllt zu haben."
Das „Diarium" spricht von diesem Ausfalle kein Wort und gibt an, dass in
der Nacht zum "JS. von der verbündeten Armee Niemand verwundet worden »ei.
399
die Kapelle. Die letztere wurde in der folgenden Nacht von 300 Gre-
nadieren erstürmt, die aus 150 Mann bestehende Besatzung theils
niedergemacht, wie die tapferen Capitaine de la J o n e h e r e und de
Fajotte, und theils gefangen, das Object selbst aber unverzüglich
wieder zur Vertheidigung hergerichtet und mit der ersten Parallele
durch einen Laufgraben (D, schwarz) verbunden. Die Wegnahme dieses
nur 250™ vor dem gedeckten Weg gelegeneu Postens kostete den
Verbündeten 33 Todte und Verwundete; unter den letzteren den
Obrist von Seckendorff, den Chef-Ingenieur du Mej und den
churpfälzischen Major, welcher die Grenadiere geführt hatte. — In
derselben Nacht fiel aber auch die „Cense de la Vacquerie" in die
Hände des Belagerers , welcher ihre Besatzung durch einen Lauf-
graben abzuschneiden drohte. Die Franzosen warteten dies nicht ab.
Die Räumung dieses Postens ermöglichte es den Verbündeten, die
erste Parallele beiderseits bis an die Deule zu verlängern und beide
Angrifi'e durch eine Brücke (b,) in unmittelbare Verbindung zu
bringen.
Tags vorher (am 24.) hatte der Belagerer den Bau einer dritten
Batterie Bg begonnen, welche gegen das Brillenwerk zu wirken be-
stimmt war und mit 50 Stücken armirt Averden sollte *). Die Erfolge
der letzten Nacht gestatteten dem Angreifer den Bau neuer Batterien.
Die Batterie B^ (4 Geschütze) am äussersten rechten Flügel der ersten
Parallele, sollte das Feuer der verschanzten Windmühle M^ zum
Schweigen bringen, von welcher aus die Angriffsarbeiten die ganze
Nacht über lebhaft beschossen worden waren. Am äussersten rechten
Flügel der ersten Parallele des linken Angriffes, knapp an der Deule,
wurde die 1 1 -Kanonen-Batterie B^ erbaut, bestimmt, gegen Bastion III
zu wirken. Den linken Flügel desselben Angriffes zu kräftigen, schritt
man an die Herstellung der Batterie Bg für 12 Haubitzen und eben-
soviele Mörser.
Wiewohl die vom Vertheidiger in Brand gesteckte Mühle M,
eine solche Helle verbreitete, dass die Arbeiten des rechten Angriffes
erst nach Mitternacht zum 26. begonnen werden konnten, gelang es
dem Belagerer doch noch vor Tag die 8-Mörser-Batterie B^ anzulegen
und aus der Parallele mit einem Zweige gegen die Windmühle Mß
auszubrechen. Auch im linken Angriffe gewann der Belagerer gegen
das Horuwerk zu in dieser Nacht viel Terrain. Er armirte die Batterie Bg
und placirte eine neue B„ für 12 Kanonen.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a gibt 42 Gesciiütze an, der
Plan der Memoires railitaires (Pelet) VIII. und jener von Frix weisen 43 aus.
400
Der Angriff war dem Platze am 26. bereits so nahe gerückt,
dass die Verthcidigung zu seiner Bekämpfung vom Bombenfeuor
Gebrauch machen konnte. Sie beschränkte sich aber nicht darauf, sich
den Augreifer auf diese Art allein vom Leibe zu halten. Es war vor-
auszusehen gewesen, dass Bouffiers einen Versuch macheu werde,
die Magdalenen-Kapelle wieder in seine Gewalt zu bekommen. Am 26.,
um 7 Uhr Abends, warf er den Brigadier Ravignan und den Oberst
]M a i 1 1 e b o i s mit 600 Mann gegen den äussersten linken Flügel der
Ap]>i"oeheu. Der Kampf concentrirte sich auf die von 100 Mann der
holländischen Garde unter dem Major von Moor besetzte Kapelle. Ob
nun diese nach heissem Kampfe genommen wurde, wie die Franzosen
behaupten, oder nicht, — thatsächlich wurden die letzteren sammt
den Arbciter-Colonnen (400 bis 500 Mann), welche ihnen gefolgt waren
vom Prinzen von 0 r a n i e n, der sich ihnen mit zwei Bataillonen ent-
schlossen entgegenwarf, in den Platz zurückgetrieben. Die hinter dem
linken Flügel postirte Reiterei von der Bereitschaft hatte die Franzosen,
die hiernach ziemlich Terrain gewonnen haben mussten, abschneiden
wollen, war aber auf einen nicht zu übersetzenden Graben gestossen ').
Die folgende Nacht ward vom Angreifer benützt, die zweite
Parallele des rechten Angriffes (F, schwarz) bis an die Deule zu
verlängern und der Mörser-Batterie B,, welche in dieser Nacht armirt
wurde, eine für 8 Haubitzen, Bg, anzuschliesseu. Im linken Angriff
begann man mit der Aushebung der zweiten Parallele (F, schwarz)
und armirte die Batterie B^. Endlich wurden die letzten Vorbereitungen
getroffen, um folgenden Tages den Artillerie-Angriff auf die Haupt-
umfassung aus 50 (24- und 36pfündigen) Kanonen, 6 Haubitzen und
20 Mörsern eröffnen zu können.
•) Die Histoire «le Maillxn-uugh II. 379 uimmt von einer Anekdote Notiz,
welche von den meisten Gcscliiclitsschi-eibern der grossen Allianz erzählt wird nud
wouach wenig gefehlt hätte, dass Prinz Eugen am 26. August das Opfer eiues
Verbrechens geworden wäre. Der Prinz hatte von seinem Adjutanten zwei Kriefe
erhalten, welche, wie man annahm, aus dem Haag gekommen waren ; er öffnete
einen und als er darin nichts als ein Stück fettigen grauen Löschpapiers fand, Hess
er es nachlässig und ohne die geringste Bewegung zu verrathen, zu Boden fallen.
Der Adjutant hob es auf, roch darnach und ward augenblicks betäubt. Ein Hund,
au dessen Hals man das Papier befestigte, starb in den nächsten 24 Stunden, wie-
wohl man ihm Gegengift gab. Als General Dopft" und Andere in Gegenwart des
Prinzen ihrer Entrüstung Ausdruck gaben, sagte der Letztere: „Seien Sie nicht über-
rascht, meine Herren, es ist nicht der erste Brief dieser Art, den ich erhalten."
Die Histoire de Marlborough verweiset diese Anekdote in das Reich der Fabel, dem
sie aber durch des Prinzen Briefe an Heems, dann an die Grafen Martinitz und
Tarini vom 3. und 7. October 1708 (Supplement-Heft S. 269, Nr. 242, S. 275,
Nr. 248, endlich S. 407, Nr. 383) entrückt wird.
401
Am 28. August, 8 Uhr Morgens, lösten Prinz Eugen im rechten,
der Prinz von Oranien im linken Angriff persönlich den ersten
Kanonenschuss. Das Feuer der Angriffs-Batterien concentrirte sich vor-
nehmlich auf die Bastionsfacen der Front II — III und war so wirksam,
dass schon am ersten Tage gangbare Breschen erzeugt wurden *).
Es scheint, als ob der Belagerer davon, dass er die vollkommen
intaeten Aussenwerke vornehm ignorirte und mit der Zertrümmerung
der Hauptumfassung begann, einen moralischen Eindruck erwartete,
der die Capitulation des Platzes unmittelbar zur Folge haben werde.
Der Festungskrieg war zu jener Zeit nicht selten blos eine Art von
Zweikampf, wobei der Belagerte, mehr um die Wahrung der Ehre,
als um die Rettung des Platzes besorgt, die Waffen streckte, sobald
in den Hauptwall Bresche gelegt war. Der Vertheidiger von Lille
aber war sich der Grösse seiner Pflicht zu sehr bewusst, um an das
stärkste Bollwerk Frankreichs denselben conventionellen Massstab an-
zulegen. Dasselbe Verfahren, das einem Commandanten von geringerer
Pflichttreue, schwächerem Charakter und minderer Einsicht gegenüber
vielleicht zum Ziele geführt hätte, musste an einem Manne wie
15oufflers scheitern. Das Anticipiren der Breschirung des Haupt-
walles ward zu einem nicht wieder gut zu machenden Fehler, sowie
der Vertheidiger entschlossen war, den Angreifer daraus so lange
keinen Nutzen ziehen zu lassen, bis er nicht Herr der Aussenwerke.
In der That Hess Bouffiers das Feuer kräftigst erwidern und
im Laufe der Nacht sowohl die Breschen verlegen, als auch an der
Ausbesserung der Schäden arbeiten.
Gewaltig dagegen war der Eindruck, den der 27. August auf die
Bevölkerung von Lille machte. Schon der gewaltige Donner der
Geschütze erfüllte sie mit Angst und Schrecken und diese nahmen zu,
als hinter der Courtine der Porte d'Eau in Folge eines Bombenwurfes
ein Pulvermagazin aufflog, wodurch mehrere Wohngebäude in Brand
geriethen. Das Feuer wurde zwar bald gelöscht, aber einige Häuser
sanken in Trümmer, andere drohten den Einsturz. Wiewohl der
Magistrat Angesichts der Gefahr den Lohn erhöhte, fand er keine
Arbeiter; die Truppen mussten selbst Hand anlegen, die Trümmer
zu beseitigen und die baufälligen Gebäude zu demoliren.
Das Feuer der Belagerungs-Batterien wurde continuirlich unter-
halten. In den Nächten zum 28. und 29. August machte die Approche
gegen die Windmühle My grosse Fortschritte. Die zweite Parallele
des linken Angriffes ward vollendet, mit der ersten verbunden und
*) Brun-Lavainue 312. Histoire de Marlboroiigli II. 381.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 2o
402
aus ihr gegen die Contrescarpe ausgcbrüchen. Die Augriffs-Batterien
wurden theils vermehrt, theils verlegt, 80 ward die Batterie B^ aus der
ersten Parallele in die zweite vorgeschoben und hinter deren Glitte
die 9 - Kanonen - Batterie B,„ erbaut. Im linken Angriflfe wurden die
Batterien B^ und B, in die zweite Parallele vorgerückt und gegen das
Hornwerk H^ und das Ravelin R, die lü-Kanonen-Batterie Bj, angelegt.
In der Nacht zum 29. August stürmte der Belagerer mit 300 Grena-
dieren die vom gedeckten Weg nur 130'" entfernte verschanzte
Windmühle Mu (Toste du moulin^ , deren 40 Mann starke Besatzung
theils niedergemacht, theils gefangen genommen wurde. Ein zur Unter-
stützung der Mühle gemachter Ausfall wurde von zwei pfälzischen
Bataillonen mit grossem Verluste zurückgeschlagen und wurden die
Franzosen bis an die Contrescarpe verfolgt ') ; der Belagerer vermochte
sich aber in dem eroberten Posten nicht zu logiren. Da der Sturm,
wahrscheinlich der Mondhelle wegen, erst nach Mitternacht ausgeführt
worden war, fehlte es an Zeit, die gegen den Platz zu offene Kehle
der Redoute M^ zu schliessen und letztere mit der Tranchee zu ver-
binden. Das unausgesetzte und kräftige Geschützfeuer des Vertheidigers
nöthigte den Belagerer vollends den Posten vorläufig aufzugeben, der
am folgenden Tage von den Franzosen erneut besetzt wurde. Als
diese aber in der Nacht zum 30. die Mühle anzündeten und sich zu-
rückzogen, trieb der Belagerer seine Annäherungen über dieselbe und
bis zum Glacisfusse vor. — Die Batterie 8,^, auf 17 Kanonen erweitert,
sollte das Hornwerk Hg zum Schweigen bringen. Im linken Angriff
ward in dieser Nacht von der Kapelle aus eine zweite Verbindungslinie
(c) nach der zweiten Parallele gezogen, die 5- (7) Mörser -Batterie B^^
begonnen, welche gegen das Brillenwerk wirken sollte, und endlich
gegen dieses mit einem Laufgraben (d) rechtwinkelig ausgebrochen.
Wiewohl die Angriffs-Batterien die Demontirung und Breschirung
der Vorwerke ununterbrochen fortsetzten, zum Theile auch Steine und
Granaten warfen, erwiderte der Vertheidiger das Feuer dennoch mit
ungeschwächter Kraft. Namentlich thaten seine Bomben Schaden, welche
insbesondere der grossen Batterie B3 so arg zusetzten, dass nachein-
ander drei Handpulvermagazine in die Luft gingen. Die häufige
Wiederkehr solcher Explosionen — am 1. September flogen in der
Batterie B^j einige Pulverfässer und am Abend ein Pulvermagazin,
am 3. abermals ein solches und ein Munitions - Karren auf — lässt
überhaupt schliessen, dass der Sicherung der Munition nicht die
gehörige Sorgfalt zugewendet wurde.
*) Nach den französischen Quellen nahm die Ausfallstiuppe die Mühle wieder.
Brun-Lavainne 312. Histoire de Marlborough II. 382.
403
Bei dem Umstände, dass die Belagerungs-Arbeiten bereits im
wirksamsten Feuerbereich des Platzes und überdies in mondhellen
Nächten ausgeführt werden mussten und Bouffiers sie durch kleine
Ausfälle mit 12 bis 20 Mann häufig beunruhigte, machten die An-
näherungen bei wachsendem Verluste nur geringe Fortschritte. Das
horizontale und verticale Defilement der Approchen bereitete immer
grössere Schwierigkeiten. So konnte man von der Windmühle M^ aus
nur mehr mit der traversirten Sape vorwärts kommen. — Besser als im
rechten, schritten die Annäherungen im linken Angriffe vor. Des
feindlichen Feuers ungeachtet, gelang die Aushebung der Halb- Parallele
(^ — f) vor dem Tenaillon T^. Die Spitze der gegen das Tenaillon T^
geführten Sape (d) ward in der Nacht zum 1. September dem ge-
deckten Weg bis auf 25, jene der gegen das Hornwerk H^ vorge-
führten Sape demselben bis auf 50 Schritte genähert. Zugleich wurden
die in der Nacht zum 30. begonnenen Batterien vollendet, aus der Bat-
terie Bg 3 Mörser in die zweite Parallele vorgeschoben (B^g) und bei der
Magdalenen-Kapelle die 8-Kanonen-Batterie B^^ begonnen. In der Nacht
zum 31. August hatte man auch zur besseren Verbindung beider An-
griffe die Brücke b^ über die Deule geschlagen. Es verdient hervor-
gehoben zu werden, dass die Truppen der Belagerimgs-Armee durch die
eingetretenen Verluste bereits so geschwächt waren, dass Prinz Eugen
sich bemüssigt sah, die Tranchee statt von 10, von 11 Bataillonen
beziehen zu lassen.
Unter diesen Umständen begann am Morgen des 1. September
die Beschiessung des Hornwerkes Hg. Unter dem Schutze des Klein-
gewehrfeuers, das die ganze Nacht zum 2. September ununterbrochen
unterhalten wurde, rückten die bereits im Gange befindlichen Sapen
in beiden Angriffen vor. Ihre Zahl ward um eine (e) vermehrt, welche
man gegen den gedeckten Weg des Magdalenen-Thors dirigirte. Auch
die Zahl der Kanonen und Mörser in den Angriffs-Batterien erfuhr
neuen Zuwachs. In dieser Nacht fiel M o 1 1 e r a s, ein tüchtiger Inge-
nieur der Verbündeten.
Abgesehen von einem kleinen Ausfalle, den der Vei'theidiger in
der Nacht zum 3. unternahm, beschränkte sich dieser darauf, die
Sape-Spitzen mit doppelter Heftigkeit zu beschiessen. Gleichwohl gelang
es dem Angreifer, unter dem Schutze des mächtigen und ununter-
brochenen Feuers seiner Batterien, die Spitzen der Annäherungen des
rechten Angriffes am 3. durch eine dritte Parallele (K, schwarz) zu
verbinden und die Sapen beider Angriffe weiter vorzutreiben. — Im
linken Augriffe wurden die Mörser aus der ersten in die zweite Parallele
verlegt und hinter deren rechtem Flügel die 14 -Kanonen-Batterie B^^
26*
404
erbaut. Schon an diescni Tage wurde der Sturm auf die Contrescarpe,
zu weleliem bereits alles Erforderliche in die vorderste Parallele
geschafft worden war, vom Belagerer für ausführbar erachtet. Man
schob ihn nur darum auf, weil man erwartete, es werde mit der Ent-
satz-Armee zum Schlagen kommen. Ihn besser zu sichern, nahm der
Belagerer am 5. September die Redoute de Lee. Wiewohl der Ver-
theidiger dagegen zwei Minen springen Hess, verlor der Angreifer
nur 12 Mann an Todten und 28 an Verwundeten.
In der Nacht zum 6. wurde an der Vortreibung aller Sapen,
wie an der besseren Einrichtung der Laufgräben eifrigst gearbeitet ;
der Vertheidiffer fiel abermals mit 100 Mann aus und unterhielt ein
sehr lebhaftes Feuer. Wie am Mittage des 5. in der gegen das
Tenaillon T, vorgeführten Sape, Avurde am Vormittage des 6. in der
gegen das Hornwerk H^ dirigirten, der Mineur angesetzt.
Diese Arbeiten wurden in der folgenden Nacht von den Kaiser-
lichen, welche am Nachmittag den Tranchee-Dienst angetreten hatten,
mit bestem Erfolge theils vollendet, theils fortgeführt. Es glückte den
Mineuren, eine unter dem ausspringenden Winkel des Brillenwerks
angelegte Vertheidigungsmine zu entdecken und die Zündleitung
abzuschneiden. Am äussersten linken Flügel endlich wurde die
4-Kanonen-Batterie B^^ angelegt.
Um diese Zeit standen (nach Quincy) 13 Belagerungs-Batterien
mit zusammen 155 Geschützen gegen Lille im Feuer. Wie jüngst am
3. September, flog am 6. abermals ein Pulvermagazin der Festung auf.
Das Wasserthor (Porte d'Eau) und die Bastion II, unaufhörlich
beschossen, lagen vollständig in Trümmern.
Indess sich die Verbündeten zum Sturme auf den gedeckten Weg
rüsteten, hatte Bouffiers im Innern des Platzes Krisen zubeschwören,
die einen ganzen Mann erforderten. Das Schwinden des Proviants
erheischte schärfere Requisitions- Massnahmen, welche die Bürgerschaft
naturgemäss verstimmten. Am 26. August requirirte Bouffiers, an-
geblich des stündlich wachsenden Bedarfs halber, die Waffen der
Bürger-Compagnien, eine Massregel, welche deren Desarmirung ver-
zweifelt ähnlich sah und von ihnen zum Theile murrend vollzogen
wurde. Die grösste Gefahr für die Stadt erwuchs aber aus der täglich
heftiger werdenden Beschiessung. Alle Vorsichtsmassnahmen, die er-
griffen wurden, vermochten dem Ausbruche von Bränden nicht vorzu-
beugen. Am 30. August gab es im Viertel St. Maurice deren mehrere
» zu löschen. Tags darauf zündete eine Bombe einen Heuschober an der
Deule, dieser einen zweiten, der ganze Stadttheil drohte in Flammen
405
aufzugehen. Zwar wurde man diesmal, wie auch am 1. September, des
Feuers Herr, aber diese Brände führten zu neuen Cahimitäten. Die
Löschenden nützten die Gelegenheit, von fremdem Gut sich anzueignen,
was sie eben brauchen konnten. Die Behörden mussten energisch ein-
schreiten, das Eigenthum zu schützen. Wiewohl der Magistrat die
Flüchtlinge aus den demolirten Vorstädten unterstützte, die Arbeiter,
welche sich bei der Vertheidigung nützlich machten, bezahlte und die
Armenpflege nicht vernachlässigte, gab es doch bereits Malcontente.
Diese Vorgänge im Innern Lille's konnten dem Belagerer kein
Geheimniss bleiben. Was sich nicht aus dem Augenschein ergab, be-
richteten Ueberläufer; aber die Schlüsse, welche die Ingenieure der
Verbündeten daraus, wie aus dem Stande der Angriffsarbeiten zogen,
Schlüsse, welche in der Hoffnung Ausdruck fanden, man werde in
4 oder 5 Tagen Herr der Stadt sein, waren doch wenig berechtigte.
Bouffiers hatte mit dem Wachsender Gefahr seine Anstrengungen
zur Behauptung des ihm anvertrauten Platzes verdoppelt. Jede Nacht
sah ihn auf den Wällen. Neu erbaute Stau-Dämme sicherten die dem
Platze so ungemein wichtige luundation und nichts war unterlassen
worden, für die Folge Hindernisse vorzubereiten, welche der Belagerer
nicht erwartete. Die vollste Ausnützung des Feuers als das oberste
Gesetz erkennend, hatte Bouffiers den mit der Leitung und Ueber-
wachung desselben betrauten und durch die bisherigen Anstrengungen
erschöpften Brigadieren, fünf neue zugetheilt und überhaupt Alles
gethan, die Verbündeten furchtbar zu empfangen.
Ereignisse Im Felde.
Berwick's Vereinigung mit der Hauptarmee. — Ihr Vor-
marsch auf Mons-en-Pevele.
Sowie der Marschall von B e r w i c k sah, dass die Verbündeten
an die Belagerung Lille's schritten, sandte er 6 Bataillone und ein
Regiment Dragoner unter C r o i s s y's Befehl nach Pout-ä-Raches, wo
dieser am 13. eintraf. Im Besitze der wichtigsten Scarpe-Uebergänge,
verblieb Berwick im Lager nächst Mortagne. Sein Vorschlag, gegen
Brüssel eine Diversion zu unternehmen, fand indess nicht die Billi-
gung des Königs, der Lille ohne Verzug mit allen Kräften entsetzt
wissen wollte. Ueber den Zeitpunct der Ausführung seines vom 14.
datirten Befehles, konnte man aber im Hauptquartier nicht eins
werden. Indess der Herzog von B u r g u n d keinen Augenblick ver-
lieren wollte, meinte V e n d 6 m e, man habe für diese Operation noch
Zeit genug. Da Lille sich mehr als drei Wochen halten könne, von
406
Gent bis Tournav aber nur fiiuf Märsche wären, könne man das
Fussvolk der Verbündeten an der Belagerung sich abstumpfen lassen.
Am 17. beschloss man, sich spätestens am 25. in Marsch zu setzen,
zu Grammont am Dender mit Berwick zu vereinigen und dann
über Leuze und Tournay in die Gegend von Douai zu rücken.
Ludwig XIV. billigte diese Idee ebensowenig, wie den Entwurf
der Belagerung von Brüssel. Für die Picardie und das Cambresis
zitternd, welche ungedeckt blieben, wenn Berwick auf Grammont
rückte, und in der Besorgniss, dass M a r 1 b o r o u g h, welcher zu
Helchin vier Scheidebrücken hatte, die Vereinigung beider Armeen
vereiteln werde, befahl der König am 19., dass Berwick im Lager
von Mortagne verbleibe, den Feind beobachte und beunruhige und
seineu Dender-Uebergang verzögere, der Herzog von Burgund aber
am 22. oder 23. aufbrechend, von Gent über Alost oder Ninove,
Enghien und Soignies, in fünf Märschen auf Mons rücke. Würde der
Herzog von Burgund während dieses Marsches von Marlborough
angefallen, so sollte er entweder den Kampf vermeiden, oder aber sich
durch einen Theil von Berwick's Truppen verstärken. Im weiteren
Verlaufe sollte der Herzog von Burgund sich von Mons über
Quievrain nach St. Amand - les - Eaux ziehen, um zum Entsätze von
Lille, später an der Marcq alle Kräfte zu vereinigen. Die Befürchtung,
die Verbündeten könnten die Belagerung von Lille aufgeben, wenn
man sich von Brügge und Gent zu weit entfernte, welche Plätze von
Burgund noch keinen guten Vertheidigungsstand auswiesen, Hess den
Herzog auf der ursprünglichen Idee der Vereinigung zu Grammont
beharren. In der Absicht, selbst am 25. aufzubrechen, befahl er dem
Marschall Berwick, sich Grammont am 27. bis auf Schussweite zu
nähern. Auch erneuertes Drängen Ludwig XIV. vermochte ihn in
diesem Vorhaben nicht mehr zu erschüttern. Noch immer zweifelte
er, dass es den Verbündeten mit der Belagerung Lille's Ernst sei. Er
war überzeugt, dass wenn er sich von Gent entfernte, die Verbündeten
sich entweder auf Gent oder auf die Picardie werfen würden. Vendome
aber dachte diesmal wie der Herzog von Burgund ').
Die Bewegungen der Franzosen zu beobachten und bereit, überall,
wo es die Umstände erheischten, hinzumarschiren ^), war Marlborough
*) Meraoires rnilitaires (Pelet) VIII. 59 bis 76. — Memoires du marechal de
J'.erwick 395—397. — Samt-Simon, Memoires IV. 216 und 217.
2j Mailborougli an Townsliend, au Sunderland und au Boyle. Helchin,
13. Aug:u8t 1708, an Tarazena, an den Staatsrath, an Munay und an Wratislaw,
Helihiu, 1.'). August 1708, an Prinz Engon, Helchin, 16. August 1708. Murray IV.
164 bis 169. — Prinz Eugen au den Kaiser. Eoos, 19. August 1708. Supplement-
Heft S. 190, Xr. 146.
407
mit 72 Bataillonen und 124 Schwadronen '), am 12. August zu Helchin
eingetroffen. Diese Stellung deckte die Belagerung und die Zuschübe
Yon Brüssel, Ath und Audenarde. Schon am folgenden Tage benach-
richtigt, dass der Herzog von Burg und Brüssel bedrohe und sich
mit Berwick zum Entsätze von Lille zu vereinigen beabsichtige,
traf der britische Feldherr mit gewohnter Umsicht seine Gegenmass-
nahmen. Ein Heer von Kundschaftern und die Commandanten der
von den Verbündeten besetzten Plätze hatten den Feind auf das
Schärfste zu beobachten und auch die kleinste seiner Bewegungen
sofort zur Kenntniss des Hauptquartiers zu bringen. Damit die Scheide
aufhöre, ein Hinderniss zu sein, Hess Marlborough zu Pottes vier
Brücken schlagen und um rasch marschiren zu können, gegen Gram-
mont, Ath und Lille Colonnenwege herrichten. Ostende, Antwerpen
und Brüssel unverwandt im Auge haltend, versicherte er sich am
18. August durch Cadogan einer namhaften Verstärkung von der
Belagerungs - Armee. Marschirte der Herzog von Burgund allein,
ward vereinbai't, solle Marlborough ihm folgen ; setzte sich aber
gleichzeitig auch Berwick in Marsch , habe Prinz Eugen mit
50 Schwadronen ungesäumt zur Observations-Armee zu stossen, indess
der Rest seiner Truppen die Belagerung fortsetzte ^).
In den französischen Lagern wurden endlich auf den dritten
kategorischen Befehl des Königs hin, Anstalten getroffen, die grosse
Armee mit den Truppen Berwick's zusammenstossen zu lassen.
Dank einem bedeutenden Zuschub an Kriegs- und Lebensmitteln, mit
allem Erforderlichen wohl versehen, sammelte Vendume nicht ohne
Verzug, im Lager von Lovendegem 100 Bataillone und 145 Esca-
dronen. Berwick zog indess aus Ypern 3000 Mann, Trümmer der
am 11. Juli geschlagenen Armee, und vier unter Haut efort's Befehl
eben dahin disponirte Bataillone in das Lager von Chateau-L'Abbaye
nächst Mortagne. Um wenigstens den kleinen Streif-Commanden der
Verbündeten das Eindringen in die Picardie zu verleiden, Hess er zu
Douai 1 Bataillon Infanterie und 900 Pferde. Tournay bedachte er
mit einer Besatzung, welche um 1 Bataillon mehr als die gewöhnliche
zählte, und mit 800 Pferden und 2500 Versprengten von Audenarde,
welch' letztere aber im Bedarfsfalle wieder zu ihm stossen sollten.
Mit 25 Bataillonen und 98 Escadronen aber schickte er sich an, dem
Herzog von Burgund entgegen zu gehen ^).
') Nach Histoire de Marlborough II. 367 mindestens 00.000 Mann stark.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 44.
*j Menioires militaires (Peletj VIII. 77.
408
Da alle Nacliricliten darin übereinstiniinten, die Franzosen hätten
als Zeitpuuet für ihre Vereinigung jenen ausersehen, zu welchem vor
Lille die Laufgräben eröffnet würden, hob Mar Iborough am Morgen
des 23. das Lager von Helchiu auf, sandte seine grosse Bagage nach
Menin, überschritt bei Pottes die Scheide und lagerte zu Wattripont, der
rechte Flügel zu Forest-sur-Rosne und Amougies, der linke zu Esca-
naffles. Gleichzeitig rückte ein Detachement der Belage rungs- Armee bis
Lampon-Pont vor, um erforderlichen Falles zu Mar Iborough stossen
zu können. Die Brücken von Pottes blieben stehen, auf dass man volle
Bewegungsfreiheit gemessen und ganz nach Kriegsraison operiren könne.
Dem Marsch nach Amougies war die Absicht zu Grunde gelegen,
die Vereinigung der feindlichen Armee zwischen Scheide und Dender
unausführbar zu machen und sie auch in Brabant zu erschweren').
Im französischen Hauptquartier glaubte man daraus die Intention zu
erkennen, eine der beiden Armeen vereinzelt zu schlagen, Grund
genug, die geplante Vereinigung hinter dem Dender anzustreben.
Am 25. von der Eröffnung der Laufgräben verständigt, ordnete
Burg und für den 27. den Marsch auf Ninove an, indess Berwick
am 26. zwischen Mons und St. Ghislain lagern und sich in den folgen-
den Tagen der grossen Armee so nähern sollte, dass die Vereinigung
zu Ninove oder Grammont gesichert. Ein von Berwick entworfener
und vom Hofe gebilligter Plan: Lille zu entsetzen, ohne die Gefahren
einer Schlacht mit in Kauf nehmen zu müssen ^), kam zu spät. Schon
hatten sich die französischen Colonnen nach dem Dender in Marsch
gesetzt, das frühere Vorhaben in Ausführung zu bringen. Berwick,
welcher zu St. Amand - les - Eaux an der Scarpe nur 800 Pferde,
300 Dragoner und ebenso viele Infanteristen unter C h e r i s e y zurück-
gelassen, war am 26. von Chateau-l'Abbaye nach Quaregnon, zwischen
Mons und St. Ghislain gerückt. Der Herzog von B u r g u n d aber hatte
Gent und Brügge nur mit 7 Bataillonen und einiger Cavallerie unter
Lamothe bedacht und war am 27. nach Melle-lez-Gand marschirt.
Sein linker Flügel lagerte hinter diesem Orte an der Scheide, sein
rechter zu Meirelbeke *).
*) Marlborough an Boyle. Ämoiig^ies, 23., an Prinz Eufren und die General-
Btaaten-Deputirten, 24. August. Murray IV. 184 und 185.
*) Der König an den Herzog von Burgund. F'ontainebleau, 24. August 1708.
Mciuoires niilitaires (Pelet) VIII. 42G. Burgund sollte durch eine Demonstration gegen
Alost Marll)oruugh verleiten, sich durch einen Theil der Belagerungs-Armee zu ver-
Btärken ; Berwick aber mit allen Truppen, welche er nur zusammenraffen könnte,
in zwei Eilmärschen sich Lille nähern und im Einvernehmen mit Bouffiers die
Belageruugsarlieiten durch Ueherfall so zerstören, dass sie nicht wieder aufzunehmen.
3) Memoires militaircs (Pelet) VIII. 79 bis 83.
409
M a r 1 b 0 r 0 u g li hatte noch am 26. von B e r w i c k's Max'sch
auf Boussu-sur-Haine Nachricht erhalten und erfahren , dass Jener
seinen rechten Flügel gegeo Mens, seinen linken gegen Conde aus-
gedehnt habe. Da von einem Aufbruche Burgund's nichts verlautete,
mochte Berwick's Bewegung eine Kriegslist sein, Marlborough
zum Verlassen der Stellung von Amougies zu verleiten. Also bescliloss
dieser, sich nicht von der Stelle zu rühren, ehe er nicht Ijesser auf-
geklärt *). Am 27. wusste er Berwick noch zu Boussu-sur-Haine
und gewärtigte er für den folgenden Tag dessen Marsch nach Soi-
gnies. Um die Mittagsstunde des 27. endlich lief die Meldung ein,
B u r g u n d sei selben Tages 5 Uhr Früh in 3 Colonnen aufgebrochen
und habe um 10 Uhr Vormittags Oombergen erreicht. Nun zweifelte
Marlborough nicht mehr, dass Burgund's Absicht sei, zu Alost
oder Ninove den Dender zu überschreiten ^). Den Plan fallen lassend,
die Vereinigung der feindlichen Armee zu hintertreiben, und ent-
schlossen, gemäss der mit Prinz Eugen gepflogenen Abmachungen, so
wie sie geschehen, sofort vor Lille zu rücken, sandte Marlborough,
um sich über die Bewegungen der Franzosen noch mehr in's
Klare zu setzen, den Grafen von Athlone mit 1500 Pferden gegen
Leuze und befahl dem General - Lieutenant R o s s , welcher mit
2500 Reitern einen Convoi von 600 Wagen von Ath zur Armee zu
geleiten hatte, bis Lessines streifen zu lassen. Die Brücken bei Pottes
mit 2 Brigaden Fussvolk und 10 Schwadronen Reiterei sichernd,
führte Marlborough am 28. die Armee in die Stellung Moustier-
au-bois-Cordes. Er wollte sich nur die Gewissheit verschaffen, dass die
Feinde ihre Vereinigung, welche er zu Mons erwartete, thatsächlich
bewirkt.
Beide französische Armeen setzten am 28. August ihren Marsch
fort. Jene des Herzogs von B u r g u nd brach in der Morgendämmerung
auf, überschritt den Dender auf Kriegsbrücken, welche zwischen
Ninove und Pollaere geschlagen worden, und lagerte mit dem linken
Flügel im Gehölz von Rachepaille, mit dem rechten nächst Ninove.
Berwick verliess selben Tages Quaregnon, marschirte über Enghien
und lagerte zu Herinnes- sur-Marcq, wo seine Infanterie im Laufe
der Nacht eintraf. Folgenden Tages brach er mit Sonnenaufgang
auf; seine Truppen längs des Viane-Baches, mit dem rechten Flügel
am Dender lagernd, eilte er in Person nach Ninove. Am 30. ver-
'j Marlborough an die Generalstaatea-Deputirten. Amougies, 26. August 1708.
Murray IV. 190.
^) Marlborough an Prinz Eugen. Amougies, 27. August 1708. Murray IV. 193.
410
einigten sich beide Armeen, zusammen etwa 110.000 Mann stark*),
zu Lessines *).
Nun wich Marlborough, den Rath seines Waffenbruders be-
folgend '), um der Belagerung näher zu sein, am Nachmittage des 30.
an die Scheide zurück. Nachdem er den vom General-Lieutenant Ross
bedeckten Convoi, welcher in der Nacht Ath verlassen, an sich gezogen
imd Meldung erhalten, dass Lessines bereits vom Feinde besetzt, ging
Marlborough am Nachmittage des 30. an die Brücke von Espierres
zurück, wo er lagerte *).
Die Meldung von dieser Bewegung und die Nachricht, Prinz
Eugen beschiesse Lille so furchtbar, dass er in 5 oder 6 Tagen
gangbare Breschen hergestellt haben dürfte, bestimmten den Herzog
von B u r g u u d, welcher schon besorgt hatte, den Umweg über
Cambron (Cambron-Casteau und Cambron-S. Vincent) und Mons ein-
schlagen zu müssen, geradenwegs auf Tournay zu marschiren. Am 31.
rückte er von Lessines nach Braffe in der Niederung von Leuze und
lagerte am 1. September unter den Mauern von Tournay, die Scheide
ober- und unterhalb dieses Platzes mehrmals überbrückend ^).
Auf die Nachricht, die Franzosen setzten ihren Marsch von
Lessines auf Tournay fort, war Marlborough noch am 31. nach
Templeuve marschirt und das Lager zwischen Willems und Pont-a-Chin
bezogen worden. Um in der bevorstehenden Schlacht so stark wie
möglich zu sein, hatte Marlborough den zur Deckung Flanderns
detachirten General F a g e 1 angewiesen , zur Armee zu stossen.
') Histoire de Marlborough II. 387.
^) Memoires militaires (Pelet) VIII. 83 bis 84. — „Niemals hat es eine so
furchtbare Ai-mee gegeben, wie nach dieser merkwürdigen Vereinigung" — schreibt
Saint-Simon, M(3moires IV. 218. — »198 Escadronen Cavallerie, überdies 42 Esca-
dronen Dragoner, 130 Bataillone, ohne die, welche in den festen Plätzen und auf Posten
standen und ohne jene, welche seit Audenarde nicht mehr zur Armee eingerückt waren ;
alle Corps ausgezeichnet, der grössto Theil aus alten und aus Elite-Truppen, wie den
königlichen Garden, bestehend. Doppelte Verpflegs- und Artillerie- Vorräthe, Ueber-
fluss an Geld und an Allem im Lande und in der Nähe unserer Plätze, Bequemlich-
keit nach Wunsch ; 23 General-Lieutenants, 25 Marechaux de Camp in der Front,
70 Brigadiere — mit einem Wort, was menschlichen Erinnerns noch niemals war
gesehen worden und eine Kampflust, welche nicht lebhafter, nicht natürlicher,
nicht allgemeiner sein konnte!"
') Wohl hierauf liezieht sich die folgende Stelle in Marlborough's Schreibeu
an den Prinzen: Amougies, 24. August 1708. Murray IV. 18.5. „Für den Fall, als
sie (die Franzosen) nach hrabant marschiren, werde ich mich liirer Anschauung an-
bequemen."
*) Marlbonnigli an Prinz Eugen. Annjugies, 30. August 1708. Murray IV. 1%.
•■') M.;moiros militaires (Peletj VIII. 84.
411
Drei Bataillone Hessen, sowie das ganze chiirsächsisclie Contingent,
das zu Brüssel stand, hatte Befehl erhalten, am 1. September zu
Grammont, am 2. zu Audenarde zu lagern *). Am 31. erhielt noch
das britische Regiment Erle Weisung, sich Fagel anzuschliessen;
Chanclos bei Audenarde stehend, hatte mit 10 Schwadronen gleich-
falls zur grossen Armee zu stossen.
Im französischen Hauptquartier, das zu Tournay einen kurzen und
stüi-mischen Kriegsrath gehalten, erwartete man, dass es vor Tournay
zur Schlacht kommen werde. Man konnte nicht annehmen, dass Eugen
und Marlborough eine von 6- oder 7tägigem Marsche ermüdete
Armee unangefochten die Scheide würden überschreiten lassen. In
solcher Erwartung passirte die französische Armee, deren Bagagen nach
Valenciennes abgeschoben wurden, am 2. den Fluss in 8 Colonnen.
Aber ohne Kampf bezog sie zu Croix Notre Dame das Lager, den
rechten Flügel nach Blandain - lez - Tournay , den linken nach Ere
(Willemeau) ausdehnend.
Marlborough war bereits am Vortage in zwei Colonnen in die
Niederung von Lille gerückt, wo er die Armee, Front gegen Tournay,
zwischen Antroeuille und Pont-ä-Tressin hatte Stellung nehmen lassen.
Das Hauptquartier war zu Peronne aufgeschlagen worden. Zwei Streif-
commanden von je 300 Huszaren von Prinz Eugen gegen Tournay
entsandt, sollten Gewissheit bringen, ob die Franzosen die Scheide
bereits überschritten. Folgenden Tages, am 2. September, recognoscirten
beide Feldherren, begleitet von der Generalität und bedeckt von
800 Pferden, die Gegend, eine Stellung auszumitteln, in der man sich
schlagen konnte, wenn die Franzosen, gegen Prinz Eugen's Erwarten,
einen ernsten Versuch , Lille zu entsetzen, wagen würden. Es wurde
beschlossen, sie in der Ebene von Lille so zu nehmen, dass der rechte
Flügel von Prinz Eugen's Truppen gebildet, sich an die obere Deule
lehne, der linke, Marlborough's Armee, diesseits der Marcq verbleibe-).
Die französische Armee brach am 3. in 4 Colonnen auf und
schlug die Richtung auf Gysoing ein. Eine Stunde von diesem Orte
schob sie sich zum Durchziehen der Engwege auf die linke Flügel-
Colonne zusammen, marschirte hierauf in 8 Colonnen auf und lagerte zu
Orchies. Auf die Meldungen über diese Bewegung einen Zusammen-
stoss als unmittelbar bevorstehend erachtend, ertheilte Marlborough
Fagel den Befehl, noch am 3. von Audenarde nach Lampont-Pont
') Marlborough an Fagel. Helchin, 30. August 1708. Murray IV. 198.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708 ; Fase. IX. 3. — Priuz Eugeu au den Kaiser.
Logs vor Lille, 2. September 1708. Supplement-Heft S. 211, Nr. 173. — Marlljorougli
an Boyle, 3. September 1708. Murray IV. 203.
412
zu rücken und am 4. sich mit dem Heeris zu voreinigen ^), welches
in der am 2. ausgewählten Stellung den Feind in Schlachtordnung
erwartete. Die Armee der beiden Kronen rückte am 4. nach Mons-en-
Pev^le, welches als der geeignetste Ausgangspunct zum Angriff auf
die Verbündeten erachtet worden, und lagerte in 2 Infanterie- und
2 Cavallerie-Treffeu: der rechte Flügel an der „Cense du Blocus'', der
linke im Walde von Phalempin-Charembault -). Da die Verbündeten
zu Pont-a-Marcq noch ein starkes Corps hatten, ward D'Artaignan
mit 7 Infanterie - Brigaden dahin geschoben. Er bezog daselbst, das
Flüsschen vor der Front, das Lager.
Der Anmarsch der Franzosen gegen letzteres Hess die Verbün-
deten erwarten, sie würden am Morgen des 5. angegriffen werden.
Nachdem unter Tags schon die hiezu bestimmte Reiterei von der
Belagerung zu Marlborough gestossen, rückte am Abende auch
das zu seiner Verstärkung befohlene Fussvolk in die Vertheidigungs-
linie. Prinz Eugen folgte ihm am Frühmorgeu des 5. Er traf das
Heer in voller Gefechtsbereitschaft *). Marlborough hatte den
rechten Flügel auf die Mühle von Noyelles gestützt und an den Morast
der oberen Deule gelehnt; er hielt hier knapp vor der Circumvallation
und war durch einen Hohlweg gegen Cavallerie-Angriffe gesichert. Die
Mitte stand hinter dem Dorfe Ennetieres, der linke Flügel dehnte
sich über Fretin, das vor der Front blieb, und Peronne gegen die
Marcq und war durch einen Ravin gedeckt. Das kaiserliche und das
hessische Fussvolk, unterstützt von 2 Reiter-Treffen (Kaiserliche, Hessen,
Hannoveraner, Pfälzer, Preussen und Holländer), stand am rechten
Flügel. Die Mitte bildeten 2 Treffen Fussvolk (Hannoveraner, Pfälzer,
Preussen und Holländer), mit einer in das Dorf Ennetieres vorge-
schobenen Abtheilung. Das britische und das dänische Fussvolk,
unterstützt von 2 Reiter-Treffen (Hannoveraner, Dänen, Holländer und
Briten), formirte den linken Flügel *). In dieser Front, welche eine
Ausdehnung von einer Wegstunde hatte, standen 102 Bataillone Fuss-
volk und 232 Schwadronen Reiterei *).
Da es am 5. zu dem erwarteten Angriffe nicht kam und
General Fagel, welcher zu Audenarde 4 Bataillone belassen, der
Armee eine Verstärkung von 7 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen
') Marlborough an liuyle und nu Oberkirk. Peronne, 3. Septeinlier 1708-
Murray IV. 203.
'^) Mcinoire.s militaires (l'olet) VIII. 84.
») Kriegs-A., Niederlande 1708; K.i.sc. IX. 3, 4 und 20; Fase. XIII, in. —
Qniney V. 527.
*) (iuincy V. 527.
•■') Krieg.s-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2a.
413
/ugefiihrt hatte, besclilosscni die Leiden Oberbct'eldsha])er, um den
Fortgang der Belagerung nielit aufzuhalten, das von Lille herange-
zogene Fussvolk und die Hälfte der zugehörigen Keiterei wieder ein-
rüeken zu lassen, dngegen aber die Front Noyelles-Fretin durch Ver-
schanzungen zu sichern. Noch am 5. schritt man an ihren Bau, zu
welchem jedes Bataillon 100 Mann beistellen musste. Die grösste
Sorgfalt wurde der Mitte, dem schwächsten Theile der Front, zuge-
wendet und die ganze Nacht zum 6. emsigst gearbeitet. Die Brust-
wehr erhielt, wie jene der Circumvallations-Linien, 10 bis 12^ Dicke
und 5^ Aufzug, der 12^ breite Vorgraben bekam 6' Tiefe. Von einer
Flankirung wurde abgesehen, die Eingänge wurden durch Traversen
vertheidigt, die für die Feuerwirkung günstigsten Puncto mit Ge-
schützen bespickt. So hatten die Langsamkeit in der Versammlung
der feindlichen Hauptarmee, die Verzögerung ihrer Vereinigung mit
jener B er WLck's, die Umwege, welche von ihr eingeschlagen worden,
um vor Lille zu gelangen, endlich der Aufschub des Angriffes auf
M ar 1 b 0 r 0 u g h's Heer, diesem Schätzer des Werthes der Zeit
Gelegenheit gegeben, die Hauptmasse der Verbündeten in einer gerade-
zu unangreifbaren Stellung zu versammeln. — Die Verbündeten blieben
auch am 6. auf der Hut. Sie hielten es für unmöglich, dass jene sich
Lille vor den Augen würden wegnehmen lassen. Nachdem man zur
Beobachtung des Feindes zahlreiche Parteien vorgesandt und alle
Anstalten getroffen, ihm, wohin immer er sich wenden mochte, kräftig
entgegentreten zu können, kehrte Prinz Eugen noch am 6. mit dem
grössten Theile seiner Truppen zur Belagerung zurück. Der Rest seiner
Reiterei folgte ihm am 7., an welchem Tage die begonnenen Ver-
schanzungen vollendet wurden.
Von der Höhe von Mons-en-Pevele hatten der Herzog von
Burgund und Vendome noch am 5. die Ebene von Lille prüfend
überschaut. Dass die Sachlage rasches Zugreifen heische, war der
Gedanke, der beiden Heerführern unmittelbar sich aufdrängte; aber
vor eine grössere Entscheidung gestellt, vor einen Kampf, in welchem
es das Geschick Frankreichs galt, forderte die menschliche Schwäche
ihre Rechte. Das von Gräben und Hecken nach allen Richtungen
durchzogene, von zahlreichen Gehölzen bestandene Land, das zwischen
der Deule und der Marcq dem prüfenden Blick sich bot, half eine
Entscheidung verschieben, welche zu treffen, man sich nicht stark
genug fühlte. Man glaubte die Truppen nicht in den Kampf führen
zu können, ehe nicht zahlreiche Colonuenwege geschlagen. Indem man
414
2000 Pionniere hiezu befahl, ging man an eine ebenso mühselige
wie zeitraubende Arbeit. Eine zweite Recognoscirung am 6. September
und die an diesem Tage einlaufenden Meldungen über die Vorgänge
im feindlichen Lager — die Vereinigung Eugen's und IMarl-
borough's, Fagel's Ankunft, die Ver.schanzung der Stellung - — waren
nieht geeignet, einen kräftigen Entschluss zu reifen. Die im französi-
schen Hauptquartier seit Beginn des Feldzuges herrschenden Misshellig-
keiten, hatten durch Berwick's Dazukommen neuen Stoff gewonnen.
Sein Weigern, von Vendume Befehle anzunehmen, hatte Oel in's
Feuer gegossen *). Kein Wunder, dass über die Art der Durchführung
des beabsichtigten Angriffes Meinungs- Verschiedenheiten laut wurden,
welche im Vereine mit den Schwierigkeiten des Terrains geeignet
waren, seine Verwirklichung um mehrere Tage zu verzögern *). ,,Wenn
wir uns zurückziehen, ohne etwas unternommen zu haben," argumen-
tirte Vendome ^), wird die Armee, welche jetzt vom besten Geiste
erfüllt ist, ganz den Muth verlieren und eine starke Desertion die
nächste Folge sein. Der Angriff auf das feindliche Centrum ist möglich,
besser aber jener gegen den rechten Flügel, den wir durch unser
schweres Geschütz vielleicht allein zum Weichen zwingen können."
Anders Berwick*). „Mit einer wenig zahlreichen und zudem bereits
abgeschreckten Infanterie," urtheilte dieser, „einen Feind augreifen,
der wenigstens gleich stark, der sich verschanzt hat und dessen
Flanken gesichert sind, heisst sich der Gefahr aussetzen, gänzlich
über den Haufen geworfen zu werden. Lille fallen zu sehen, ist
*) „Berwick, mit seinen Würden und dem Marschallstab von Frankreich,
geschmückt mit den Lorbeeren von Almansa und, was in den Augen des Königs
mehr galt als dies Alles, ein Bastard höherer Gattung als Vendome, da er es un-
mittelbar war, musste am Tage der Vereinigung seiner Armee mit der des Herzogs
von Burgund, wie seine Mitbrüder das caudinische Joch durchschreiten : dem Befehl-
gebungsrecht des Herzogs von Vendome sich unterordnen. Er that es mit unver-
hohlener Entrüstung. Er unterliess es, Vendome zu besuchen ; er erklärte öffent-
lich, dass er seine Armee dem Herzoge von Burgund übergeben hätte, um im Wege
einer neuen Schlacht- und Lager-Ordnung dessen Heer einverleibt zu werden, dass er
mit ihr nichts mehr zu thuu hätte, dass er kein Commando mehr beanspruchte, keine
Function, dass er sich in gar nichts mehr mischen würde, sich überhaupt nur als
der Person des Herzogs von Burgund zugetheilt betrachtete." — Auf Ludwig XIV.
ausdrücklichen Befehl musste Berwick schliesslich doch von Vendome die Parole
einholen. „Man kann sich vorstellen, welche Wirkung diese Suspension und diese
Spaltung auf die Armee ausübte!" Saiut-Sinion, Memoire» IV. 218.
2) Memoires miiitaires (Pelet) VIII. 85, 86, 87.
■^j Vendöme an Ludwig XIV. und an Chamillart. Mons-en-Pevele, 6. Sep-
tember 1708. Memoires militaires (Pelet) VIII. 88, 90.
*) Berwick an Chamillart. Mons-en-Pdvele , 6. September 1708. Memoires
militaires (Pelet) VIII. 00.
415
traurig, noch trauriger aber die einzige Ai'mee verlieren, welche nach
seinem Falle den Feind aufzuhalten vermag, üa eine Umgehung aus-
sichtslos, wäre überhaupt nur ein AngriflF der Front denkbar." — Nur
in einem Puncto stimmten beide Widersacher überein : es sei keine Zeit
mehr zu verlieren. — „Das extreme Vertrauen Vendome's sei
gefährlich, die ängstlichen Rathschläge Berwick's seien es nicht
minder," urtheilte der Herzog von Burgund *) , der die Entscheidung
in einer für den Staat so wichtigen Sache, dem Könige anheimstellte.
Wäre Ludwig XIV. gegen den Angriff, könnte man, so lange die
Armee des Feindes Aufmerksamkeit fessele, den Versuch wagen, einigen
Succurs in den Platz zu werfen.
Dritte Belagerungs-Periode.
Der Sturm auf die Contrescarpe. — Ereignisse bis zum
Abende des 11. September.
Bouffiers, welchem die Vorbereitungen des Belagerers zum
Sturme auf den gedeckten Weg nicht entgangen waren, hatte seiner-
seits Alles vorgekehrt, ihn kräftigst zu vertheidigen. Im Kriegsrathe,
welcher die endgiltige Feststellung der Dispositionen zum Gegenstande
gehabt, waren zwei verschiedene Meinungen laut geworden. Der
Vertheidigungs-Entwurf P u y - V a u b a n's beruhte auf der Anschauung
des Marschalls Vauban, wonach der gedeckte Weg nicht stehenden
Fusses zu vertheidigen wäre, da die hiezu befehligten Truppen, so wie
der Angreifer den Glacis-Kamm erreicht hätte, umfasst und beherrscht
und die Aussenwerke plongirt und enfilirt wären. Bei der stehenden
Vertheidigung des gedeckten Weges müsste aus Rücksicht auf dessen
Besatzung das Feuer vom Hauptwalle und den Aussenwerken ein-
gestellt werden. V a u b a n's Meinung ging dahin, in den wichtigsten
ausspringenden Winkeln nur wenige Mannschaft zu belassen, sowie der
Belagerer zum Sturme ansetzte. Diese Minimalbesatzung sollte im
rechten Momente ihre Dechargen abgeben und, nach beiden Seiten aus-
weichend, die Stürmenden dem Feuer der Wälle preisgeben. Wenn
') Burgund an Ludwig XIV. Mons-en-Pevele, 6. September 1708. Memoires
niilitaires (Pelet) VIII. 91. — Siehe übrigens, nebst Saint-Simon, Memoires IV., die
Briefe des Herzogs von Burgund vom 29. September, 3. October und 5. December 1708
an den Erzbischof von Cambrai (Fenelon, Oeuvres I. 232, 247 und 283). Sie sind, wie
der ganze Briefwechsel zwischen diesen illustren Persönlichkeiten für den Militär von
noch höherem Interesse, wie für den Politiker. Die geheimsten Vorgänge im fran.
zösischen Hauptquartier beleuchtend, sind sie eine ausgezeichnete Quelle geschicht-
licher Erkenntniss.
416
der Feind durch letzteres geschwächt und in Unordnung^ gebracht,
sollten die Vertheidiger, von beiden Seiten zur Gegen-Offensive an-
setzend, ihn aus dem gedeckten Weg wieder hinauswerfen ').
Alle Generale stimmten diesem von einem grossen Namen ge-
tragenen Entwürfe bei, mit Ausnahme Frezeliere's. Dieser aus-
gezeichnete General wies nach , dass der vorliegende Fall mit den
Voraussetzungen Vauban's nicht übereinstimme. Da es Art der
Verbündeten sei, die Stürme kräftig, d. h. numerisch stark, auszu-
führen, würde der gedeckte Weg unzweifelhaft von ihnen genommen
werden, wenn man den Vorschlag Puy- Vauban's befolgte. Da be
reits gangbare Breschen vorhanden, würde dann der Platz bald ge-
zwungen sein, sich zu ergeben. F r e z e 1 i e r e beantragte im Gegen-
theile, die Waffenplätze und die ausspringenden Winkel mit so viel
Grenadieren, als sie nur fassen könnten, zu besetzen und Unter
Stützungen für selbe in den nächsten Werken (H, und H,, r,, r^,
Tj. T.^, R,, R.,) bereitzustellen. Diese gruppenweise Vertheidigung des
gedeckten Weges lasse mit ihren Intervallen den rückwärtigen Werken
ausreichende Schussfreiheit. Sowie die Sturm - Colonnen durch dieses
Feuer genügend geschwächt, habe die Besatzung der Aussenwerke
mit den in den Waffenplätzen und ausspringenden Winkeln stehenden
Grenadieren zum Gegenangriffe vorzubrechen,
Bouffiers, das Gesunde dieses Entwurfes herausfühlend, ent-
schied sich für denselben. Die von Frezeliere auf der Stelle
ausgearbeitete Disposition wurde mit einer unwesentlich scheinenden
Abänderung — statt je 300 Mann wurden für jedes Tenaillon be-
deutend weniger ausgeworfen — angenommen und durchaus befolgt.
Der gedeckte Weg war bereits mit einer doppelten Reihe von
Palissaden versehen, als Bouffiers im Laufe des T.September durch
Ueberläufer erfuhr, dass — was er nach seiner Auffassung der Lage
noch nicht erwartete — der Sturm bereits für den nächsten Abend
vorbei*eitet werde. Diese Nachricht brachte die ganze Stadt in jene
Aufregung, welche die Mutter ganzer Thaten ist. Die Bürger selbst
halfen mit, die Armirung des Hauptwalles zu vervollständigen und
jedes Geschütz mit der erforderlichen Munition zu versehen. Ueber-
dies stellte Frezeliere auch einige Manövrirgeschütze bereit. Die
Truppen bezogen die ihnen angewiesenen Posten. Den rechten Flügel
') Vauhan giug oftenbar von flei- Voraussetzung aus, dass zur Zeit des
Sturmes auf den gedeckten Weg noch eine kräftige Geschütz- Vertheidigung vom
Hauptwalle aus möglich sein wurde. — Jetzt aber war mit einem grossen Theil der
Escarpeiuauer auch die Brustwehr in den Graben gestürzt und die Geschütz-Ver-
theidiguug lahui gelegt.
417
befehligte S u r v i 1 1 e mit dem Brigadier P e r m a n g 1 e und den Obersten
Maillebüis und C hat eauneu f; den linken de Lee mit dem
Brigadier Serville und den Obersten Sury und Angennes.
Bouffiers war gut berichtet woi'den, denn der Belagerer traf
wirklich im Laufe des 7. die letzten Anordnungen zum Sturme auf
die Contrescarpe, der am Abende, eine Stunde vor Einbruch der
Nacht, ausgeführt werden sollte. Prinz Eugen wollte aus der Unont-
schlossenheit der Entsatz-Armee Nutzen ziehen. Es scheint, dass der
Prinz einen sehr festen Widerstand nicht erwartete und sich der
Hoffnung hingab, durch einen im Angesichte des Entsatzheeres ener-
gisch ausgeführten Sturm dem Vertheidiger derart zu imponiren, dass
er die Chamade schlagen werde.
Die Dispositionen zum Sturme waren im Wesentlichen folgende:
Während desselben hatte die gesammte Belagerungs-Armee unter
den Waffen zu stehen. Um gegen Ueberraschungen gesichert zu sein,
wurden über die Circumvallation hinaus weitgehende PatruUen ent-
sandt. Für den unter der Leitung des Ingenieur en chef du Mey
stehenden linken Angriff wurde angeordnet, dass die Kanonen- und
Mörser-Batterien die Werke der Angriffsfront (H^, R^, Rj, Tj und T^)
den ganzen Tag über so kräftig wie möglieh beschiessen, beziehungs-
weise bewerfen sollten. Von den acht Bataillonen der Tranchee-Wache
des linken Angriffes sollte die eine Hälfte in der zweiten, die andere
in der ersten Parallele Stellung nehmen. Hinter dem Gehölz am
äussersten linken Flügel wurden 600 Reiter postirt, welche im Bedarfs-
falle einzugreifen hatten. Acht oder zehn vor dem Hornwerke und eben-
soviele vor dem Brillenwerke placirte Feldgeschütze sollten während
des Sturmes die Vertheidiger belästigen. Aus der Halbparallele f — f
sollte ein continuirliches Feuer Alles, was sich auf dem Brillenwerke
zeigte, enfiliren. 1600 Grenadiere, 1600 Füsihere, 2000 Arbeiter und
30 Zimmerleute, dann 1000 Schanzkorb- und Faschinenträger sollten
den Sturm ausführen. Die 1600 Grenadiere in vier gleich starke
Pelotons abgetheilt, hatten die Spitzen der Sturm- Colonnen zu bilden.
Die Saillants des gedeckten Weges (Wj, W3, Wg und W^) wurden
ihnen als Directions-Objecte bezeichnet. Die Zimraerleute hatten die
Palissadirung zu öffnen. Sowie die vier Sturm-Colonnen aus den vor-
dersten \^erbauungen vorbrachen, hatten die zu ihrer Unterstützung
bestimmten 1600 Füsiliere diese zu besetzen. Die ersten vier Batail-
lone der Tranchee- Wachen bildeten das dritte Treffen und als solches
die eigentliche Reserve. — Wegnahme des gedeckton Weges und Ver-
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 27
418
bauung; in demselben (mittelst Wollsäckeu) war das nächste Ziel des
Sturmes. Gelang dieser, si»llte versucht werden, die Bresche des Ra-
velin R, zu stürmen und auf dem Brillenwerke festen Fuss zu fassen. —
Für den rechten Angriff war disponirt worden, dass alle Batterien
die gegenüberliegenden Werke durch zwei Stunden unter Feuer halten
sollten. Sobald der Kampf begonnen, sollten sie nur mehr nach rechts
und links schiessen, das Kreuzfeuer zu nicässigen, das die Belagerten
von den Breschen des Hornwerkes H.^ und des Tenaillons T^ gegen
die Stürmendon richten mochten. Zur Ausführung des Sturmes wurden
ausser der gewöhnlichen Tranchee- Wache 800 Grenadiere, 30 Zimmer-
leutc, 800 Füsiliere, 2000 Arbeiter und 600 Schanzkorb- und Faschinen-
zuträger befohlen '). 400 Grenadiere, in vier Trupps gleicher Stärke
formirt, bildeten mit den Zimraerleuten das erste Treffen, die übrigen
400 folgten als Unterstützung, die 800 Füsiliere dienten als Reserve.
Object des Sturmes war der gedeckte Weg vom Ravelin r^ bis zum
Tenaillon T^, doch sollten die Stürmenden trachten, bis zur Bi-esche
in der Bastion III vorzudringen. Misslang dieser Versuch, hatten sie sich
bis zum Kamm des gedeckten Weges zurückzuziehen, der von den
Arbeitercolonnen verbaut werden sollte. Hiezu wurden jedem Ingenieur
200 Arbeiter beigestellt, indess der Rest zurückbehalten wurde, damit
man für alle Fälle eine Arbeiter-Reserve habe ').
Der Sturm auf die Contrescarpe, für welchen die Tranchce-
Wache mit 12 Bataillonen und 4 Schwadronen einen letzten Rück-
halt gewährte, sollte um 7 Uhr Abends beginnen, welche Stunde aber
nicht genau eingehalten werden konnte, da, wie Schulenburg
berichtet, einige Abtheilungen der hiezu bestimmten Truppen nicht
zeitgerecht auf ihrem Platze waren.
Auf drei von der grossen Batterie abgegebene Schüsse donnerten
ßämmtliche Geschütze des Belagerers gegen den Hauptwall und die
Aussenwerke („General -Decharge"). Die zum Angriffe bestimmten
Truppen sammelten sich inzwischen nächst dem Artillerie Park, rückten
in die Laufgräben und nahmen ihren Angriffspuncten gegenüber
Stellung. Sie erwarten hier das Signal zum Vorbrechen, das Prinz
') Die Kaiserhclien stellten zum Sturino bei: 1 Obrist, 1 Obristlieutcuant,
1 Major etc. 420 Grenadiere, 420 Füsiliere, 850 Arbeiter, 420 Faschinen- und Schanz-
korbträger.
^) Nach Quiucy V. 833. — Eine Absclirit't der Disposition zum Sturm ;iuf
die C'fintrescarpe .sandte Marlboroufrli am 7. September 1708 au den Prinzen von
Uänemark. Murray IV. 208.
419
Eugen, umgeben vom Churfürsten von Sachsen, dem Erbprinzen von
Hessen und dem Prinzen von Oranien, zwischen 7 und 8 Uhr
geben lässt. Mit grosser Entschlossenheit stürmen die Grenadiere ge-
radeaus gegen die Palissaden des gedeckten Weges vor. Das mächtige
Kartätschfeuer, das der Vertheidiger von diesem aus auf sie richtet
und das Auffliegen von fünf Vertheidigungs-Minen zur Rechten und
Linken hält sie nicht auf. An den Palissaden angelangt, werfen sie
ihre Granaten, überspringen jene und vertreiben den Vertheidiger von
der Contrescarpe, ihn mit lebhaftem Feuer verfolgend. Wiewohl dem
mörderischen Kleingewehr- und Geschützfeuer vom Hauptwalle und
von den Aussenwerken, von den ^V^affenplätzen und den ausspringenden
Winkeln gänzlich preisgegeben, behaupten sie sich im gedeckten Wege.
Die Sondirung der Gräben ergibt, dass das Wasser derselben zu tief
sei, um über sie hinwegstürmen zu können. Es ist aber auch nicht
möglich, sich auf der etwa 1000 Schritt langen Angriffsfront zu ver-
bauen, da die Arbeiter schon zu Beginn des Kampfes geflohen und
weder Schanzkörbe, noch Faschinen zur Hand sind. Nun, da ihr
Feuer die Reihen der Stürmenden schrecklich gelichtet, fallen die
Franzosen aus den Waffenplätzen und den von ihnen behaupteten
ausspringenden Winkeln aus, kehren in den gedeckten Weg zurück
und werfen den Angreifer aus ihm hinaus. Dieser geht mit frischen
Truppen und Arbeiter-Colonnen nochmals vor, nimmt den gedeckten
Weg zum zweiten Male, wird abermals vertrieben und behauptet sich
erst nach einem dritten Sturme unter allen erdenklichen Schwierig-
keiten auf den ausspringenden Winkeln der beiden Hornwerke^).
Dieses bescheidene Resultat war sehr theuer erkauft. Das „Diarium"
sagt: „Man hat bei diesem Sturme verloren
Oberst . . .
Todte
Verwundete
1
Majore . . .
Capitäne . .
Subalterne .
Unterofficiere .
1
4
15
11
2
24
55
75
Gemeine
368 (388)
2111
Summa . .
399
2268
Totale
. . . 266'
7
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2a: „Obwohl das Feuer beider-
seits sehr lebhaft war und fast eine Stunde anhielt und obwohl uns der Feind aus
dem gedeckten Weg zweimal herauswarf, behaupteten wir ihn schliesslich doch. Da
aber der Dunkelheit der Nacht wegen eine grosse Unordnung und Verwirrung
27*
420
Ausserdem dürften die von der ,2;rossen Armee detachirten Eng-
lander und Preussen 300 Manu verloren haben ')".
Der Verlust stand sonach zu dem Ergebnisse in argem Miss-
verhältniss. Bei der Beurtheilung dieser Action des Belagerers sich
auf den Standpuuct des modernen Festungskrieges zu stellen, ist
wohl ganz unzulässig; man kann aber auch den Massstab des Vauban'-
schen Festungsangriffes an sie nicht anlegen. Der Sturm auf die
Contrescarpe von Lille, so mannhaft auch der Entschluss gewesen, war
selbst im Geiste des damaligen Festungskrieges nicht gerechtfertigt.
Die Eroberung des gedeckten Weges mittelst Sturmes galt damals all-
gemein nur dann für ausführbar, wenn die Besatzung schwach oder
lässig war, wenn die Augriffs-Batterien die Widerstandskraft des
Platzes merklich geschwächt hatten und die Vertheidiger des gedeckten
Weges bereits ernstlich gefährdeten. Selbst dann noch galt dieser
Sturm als eine der gefährlichsten Unternehmungen der ganzen Be-
lagerung, als eine Action, welche mit der grössten Umsicht und
Sorgfalt vorbereitet sein wollte. Schon das Ergebnis des Sturmes
lässt darauf schliessen, dass jene Voraussetzungen nicht eingetreten
waren. Schulenburg bestätigt dies auch, indem er sagt: „Die
Brustwehren der zu erstürmenden Werke waren noch nicht genügend
zerstört; die zum Sturme erforderlichen Materialien von schlechter
Beschaffenheit und mangelhafter Erzeugung. Die Schanz- und auch
die Sapekörbe waren zu gross und zu schwer, um sie fortschaffen zu
können ^)."
Gewiss ist, dass die leitenden Ingenieure des Belagerers ihrer
Aufgabe im höheren Sinne nicht gewachsen waren und dass der so
blutige und doch mif^sglückte Sturm auf die Contrescarpe nicht beitrug,
das Misstrauen zu bannen, das die Armee ihnen entgegenbrachte.
herrschte und da es unmöjrlich war, sich einzugraben, weil die Arbeiter sich nach
alleu Richtungen zerstreut hatten und daher niclit zu sammeln waren, und von den
Ingenieuren 16 getödtet und verwundet worden, f ass teu die Fein de im ganzen
gedeckten Weg wieder Posto; nur die ausspringeuden Winkel der beiden
Ilfirner (Cornes) und der Tenaille konnten behaui)tet und verbaut werden. Kriegs-A.,
Niederlande 1708; Fase. IX. 4. — Marll)orough an Boyle, 7. und 10. September,
Theatrum Europaeum XVIII. 159. Quiucy V. Derode II. 240. Mcmoires militnires
fPeletj VIII.
*) Quincy V. .^40 bericlitet: Bouffiers habe Ludwig XIV. gemeldet, or lial)e
nach dem Sturme effectiv 2000 Todte gezählt; die Verwundeten beziffert Qnincy
mit 2607.
*) In einem Schreil)en an Marlborough (vom 8. September 1708) tadelt
Scliulenburg die überhaupt zu grosse Ausdehnung der Angriffsfront. Seiner Ansicht
nach hätte sich der Hauptangriff auf die Tenaillons T, und Tg und das dahinterliegende
Kavelin R, beschränken sollen.
421
Nach dem niisslungenen Sturm vom 7. September musste sich
der Belagerer nothgedrungen dazu bequemen, den gedeckten Weg
mittelst Sapeii, Fuss für Fuss, zu erobern.
Dieser methodische Angriff hatte schon in den ersten Tagen
(8. bis 11. Abends) einen ungleich besseren Erfolg. Im rechten Angriffe
durchbrach der Mineur die Brust des gedeckten Weges des Horn-
werkes (HJ. Eine Sape mit einfach umgangenem Querwalle ward von
der Verbauung (M nächst W^^) bis an den Waffenplatz W,^ vorge-
trieben ; der gegen das Tenaillon T, führende Laufgraben (g) als Sape
mit einfach umgangenem Querwalle bis an die Deule verlängert und
aus ihm mit der Sape {h) ausgebrochen, welche, weil vom Hornwerke Hjj
aus im Rücken genommen, traversirt werden musste. Im linken Angriffe
wurde die von der Verbauung auf dem Saillant des Hornwerkes (R^ )
ausgehende Sape bis an den Waffenplatz (Wi) vorgetrieben und am
Glacisfusse die Parallele K (schwarz) ausgeworfen. Der Glaciskamm
war am Abende des 11. von der Deulebrücke (hg) bis zur dritten
Traverse des gedeckten Weges vom Tenaillon T^ gekrönt. Bereits am
Abende des 9. September war von den Mineuren ein Niedergang in
den gedeckten Weg der Tenaillons vollendet. Am 11. stiessen die
hier arbeitenden Mineure auf eine Schleuse, nach deren Oeffnung man
erfreut wahrnahm, dass das Wasser im Hauptgraben sichtlich zu fallen
anfing. Endlich war der Bau der Communications-Linie (iii) begonnen,
welche die Verbauuug des Hornwerkes H, mit jener des Brillenwerkes
in Verbindung bringen sollte.
Neben den Annäherungsarbeiten machte aber auch der Batterie-
bau weitere Fortschritte. Im rechten Angriffe ward in der Krönung
von Wj, eine 3 -Kanonen-Batterie gegen das Hornwerk (H2 ), im
linken in der Krönung von Wg eine 3 - Kanonen - Batterie gegen
die Spitze des Tenaillons (T,) angelegt, welche ihr Feuer bereits am
10. eröffnete und mit solchem Erfolge schoss, dass das Tenaillon
bereits am 11. breschirt war. Tags vorher war überdies auch mit dem
Baue einer 5 -Kanonen- (Haubitz-) Batterie in der Krönung von W,^
und einer 4 - Mörser-Batterie in jener von W„ begonnen worden.
Am 11. wurde gegen das Hornwerk H^ eine neue Battei'ie und
beiderseits derselben je eine Mörser-Batterie angelegt (B^^).
Als ob der Heroismus, den der Angreifer am 7. entfaltet, dem
Vertheidiger imponirt hätte, verhielt sich der letztere der emsigen
Arbeit des ersteren gegenüber ziemlich passiv. Zwei Minen, welche
der Vertheidiger am Vormittage des 8. gegen den äusseren Flügel
des rechten Angriffes springen Hess, hatten eine ganz unbedeu-
tende Wirkung. Ein am Nachmittage des 9, unternommener Ausfall,
422
der zwischen dem Hornwcrke H^ und dem Brillen werke ungestüm
vorbracli und im ersten Anlaufe die vordersten Arbeiter über den
Hauten warf, wurde , da Truppen genügend zur Hand waren, mit
Leichtigkeit zurückgetrieben und wurden gleichzeitig durch die An-
griflfs-Batterien drei Pulvermagazine auffliegen gemacht; ein zweiter,
am Nachmittage des 11. ausgeführter Ausfall hatte keinen besseren
Erfolg, die Franzosen erlitten im Rückzuge sogar beträchtlichen
Verlust.
Ereignisse im Felde.
Die Kanonade vonEnnetieres. — Der Abzug der franzö-
sischen Armee auf das rechte S c h e 1 d e -U f e r.
^^'ähreud dieser Geschehnisse bei der Belagerung, war im franzö-
sischen Hauptquartier aus Versailles der bestimmte Befehl eingelaufen,
die Verbündeten anzugreifen und zur Aufhebung der Belagerung
zu zwingen. „Eine Niederlage," war Ludwig XIV. Ansicht, „wäre
für ihn und die Armee weniger entehrend, als wenn man sich Lille
nur genähert hätte, um zu sehen, wie es genommen würde" '). Diesem
Befehle folgte Chamillart, der Kriegsminister, auf dem Fasse. Am
9. zu Mons-en-Pevele eintreffend, überzeugte sich dieser alsbald, dass
die Dinge schlimmer lagen, als berichtet worden, und der Augenblick,
die Verbündeten zu schlagen, vorüber sei. Aber die Befehle des
Königs lauteten so bestimmt, dass sie jedes Schwanken ausschlössen.
In der Hoffnung , dass die Alliirten durch ein näheres Anrücken
vielleicht doch veranlasst würden, die Belagerung zu unterbrechen
und dass die Jahreszeit ihnen später nicht mehr gestatten würde, das
Versäumte einzuholen, hob man am 11. das Lager von Mons-en-Pevele
auf und überschritt in voller Schlachtordnung die Marcq. Nach-
dem die Vortruppen der Verbündeten durch diesen Vormarsch bis
Ennetieres zurückgedrängt worden, lagerte der rechte französische
Flügel hinter Ennevelin, die Mitte zu Antroeiiille und Avelin, der linke
im Haken vor Seclin *).
Marlborough hatte sich so sicher gefühlt, dass er auf die
Nachricht, die Franzosen beabsichtigten die Aufhebung eines Zuschubes
von 400 Waffen i\lunition und 25 Geschützen, der am 8. Brüssel ver-
'j Mcmoires militnires (Pelet) VIII. 94. Burguiul an Feuelon, Saulclioi, 3. Oc-
toljfr 1708. Oeuvres fle Feneloii I. 249,
«) M.'moires militaires (I'.'lct) VIII. 94 liis 9(;. Borwirk, Mc'moiie.s. 399.
423
lassen, am selben Tage den Earl of A 1 b e m a r 1 e mit 30 Schwadronen
denselben entgegengesandt hatte ').
Auf die Meldung von der Vorwärtsbewegung der Franzosen
gegen den linken Flügel der Observations-Armee, eilte Prinz Eugen
sofort mit den hiezu bestimmten Truppen der Belagerungs-Armee auf
den rechten Flügel M a r 1 b o r o u g h's. Als Prinz Eugen eintraf, hatten
sich die Franzosen bereits auf Musketenschussweite genähert. Statt
anzugreifen, machten sie aber in der Linie Pont ä Marcq-Seclin, welch'
letzteres Dorf die Verbündeten beim Anrücken des Gegners auf-
gegeben, Halt und beschossen am 12. aus ihren in Front aufgefahrenen
Batterien die Verschanzungen der Alliirten, welche die Antwort nicht
schuldig blieben. Die Kanonade währte bis in die Nacht, begann am
Frühmorgen des 13. von Neuem und endete, nachdem sie den ganzen
Tag über geführt worden und auf Ennetieres allein 1500 Schüsse ab-
gegeben worden waren, ohne grossen Schaden angerichtet zu haben *),
damit, dass die Franzosen ihre Batterien zurückzogen und Seclin
verschanzten. — Beide Armeen standen sich so nahe gegenüber, dass
wegen Mangels an Raum nicht einmal Feldwachen ausgestellt werden
konnten ^).
Am Nachmittage des 12. war der Earl of Albemarle mit
seinen 30 Schwadronen wieder zur Armee zurückgekehrt. Der Convoi,
dem er entgegengesandt worden, war am 8., geleitet von D'Audignies-
Dragonern und dem zu Brüssel entbehrlichen Fussvolk, nach Grammont
gerückt, von wo ihn 6 Bataillone (4 von Fagel's Corps und je
eines der Besatzungen von Ath und Audenarde) und 1000 Reiter
nach dem letztgenannten Platze escortirten. Am 10. war Albemarle
auf ihn gestossen. Der Zuschub gelangte, so bedeckt, am 12. unan-
gefochten nach Menin und am 13. in das Lager vor Lille*).
Da die Franzosen sich auch an diesem Tage darauf beschränkten
tagsüber ein mattes Geschützfeuer zu unterhalten, und die Verschan-
zungen der Verbündeten bereits alle wünschenswerthe Stärke erlangt
hatten, wurde das Detachement der Belagerungs-Armee zu dieser ein-
rückend gemacht. Nur die Reiterei blieb im Felde und lagerte eine
Viertelstunde hinter der zweiten Linie. Prinz Eugen selbst kehrte
noch am 13. nach der Abtei von Loos zurück, wo seine Energie sehr
noththat.
') Marlborough au Albemarle vind an Boyle. Fretiu, 8., Itezieliungsweise 10. Sep-
tember 1708. Murray IV. 210 und 216.
*) Die Verbündeten zählten etwa 40 Todte und Verwundete.
ä) Memoires militaires (Pelet) VIII. 96 und 97.
*) Marlborough an Boyle. Fretin, 18. September 1708. Murray IV. 221.
424
Die genaue Recognosciruug, Avolche das französische Haupt-
quartier am 12. und 13. vorgenommen und die geringe Wirkung,
welche die schwere Artillerie gegen die Verschanzungen der Ver-
bündeten bisher erzielt, hatten zur Folge, dass man den Angriff als
gänzlich unausführbar aufgab. Selbst Ven dorne hatte sich endlich
dieser Aiiffassung. welche auch Chamillart theilte, angeschlossen').
Man musste also dem, wie man von Bouffiers erfuhr, hart bedrängten
Lille, ohne Zeitverlust auf andere Weise zu helfen suchen. Der Vorschlag,
zur Nachtzeit 5000 ^lann in den Platz zu werfen, wurde auf Bo ufflers'
Abrathen fallen gelassen. Dagegen führte die Kenntniss, dass es dem
Belagerer, des Eintreffens zweier Munitions-Transporte ungeachtet, an
Pulver mangle und die Kunde, dass zu Brüssel ein neuer vorbereitet
werde, zu dem Entschlüsse, die Armee so aufzustellen, dass man alle
weiteren Nachschübe unmöglich machte. In diesem Sinne hob die fran-
zösische Armee am 15. mit Tagesanbruch das Lager auf, ging in vier
Colonneu über die Marcq und lagerte in vier Treffen zu Bersee, mit dem
linken Flügel zu Mons-en-Pevele, mit dem rechten zu Auchy '). Von hier
entsandte Burgund") 20 Escadroneu und einige Bataillone nach Douai,
2 Bataillone und 7 Escadrouen nach Ai-ras und ebensoviele nach Bethune-
Am 16. marschirte die Armee in vier Colonnen nach Orcq nächst
Tournay, der rechte Flügel lagerte am Bache von Templeuve, der
liuke an jenem von Ere. Die Absicht des Herzogs von Burg und,
sich hier zu verschanzen und die Zuschübe der Verbündeten durch
die Cavallerie abzuschneiden, wurde alsbald einstimmig als unausführbar
erkannt. Man beschloss also, zwischen Tournay und Rosne auf das
rechte Scheide-Ufer überzugehen und die Truppen so zu vertheilen,
dass sie einerseits den Alliirten die Verbindung mit Brabant ver-
legten, andererseits aber auch in der Lage waren, jeden Augenblick das
französische Gebiet zu schützen. In Ausführung dieses Beschlusses über-
schritt die Armee am 17. die Scheide und lagerte zu Saulchoi; der rechte
Flügel zu Herinnes-sur-Escaut, die Mitte zu Obigies, der linke Flügel zu
Tournay. Noch selben Tages wurden die Detachements gebildet, welche
die wichtigsten Posten an der Scheide zu besetzen hatten. Cheme-
r a u 1 1 zog mit 25 Bataillonen und 34 Escadrouen nach Melden bei
Audenarde. Coigny kam mit 20 Escadrouen nach Berchem-N.-D.,
Souternon mit 9 Bataillonen und 10 Escadrouen nach Escanaffles in
•) Burgund an Kenelon. iSaulclioi, 20. SGi)tember nnrl 8. October 1708. Oeuvres
de F(?nelon I. 242 und 247.
*j Mc'moires militaires (Pelet) VIII. 97 und 9H, und 8fiite 43.Ö. Bergcyik an
Chamillart. Mons, 1,"). SejittMiilier 1708.
•'J Quincy V. 530.
425
den Abschnitt Haye-Rosne, Chastre mit der gleichen Truppenzahl
nach Pottes. Hier und bei Eseanaffles wurden Offensiv-Brückenköpfe
anffelejrt. Alle diese Detachements konnten sich mit der Armee binnen
6 Stunden vereinigen. Ein feindlicher Uebergang zwischen Audenarde
und Tournay schien hiernach so gut wie unausführbar und die Möglich-
keit, aus Brüssel, Ath und Audenarde etwas heranziehen zu können,
den Verbündeten vollständig benommen *).
Auf die erste Nachricht von der rückgängigen Bewegung der
Franzosen gegen Tournay hatte Marlborough ihnen zahlreiche Reiter-
Parteien folgen lassen^). Am 16. hatte er Chane los mit 20 Schwadronen
nach Audenarde entsandt, das gegen Courtray vorgeschobene Detache-
ment verstärkt, die Armee Nachmittags in die Stellung Peronue-Forest
a. d. Marcq geführt und sein Hauptquartier zu Sainghin genommen,
bereit, die Marcq augenblicks zu überschreiten, sowie die Bewegungen
der Franzosen es erforderten. Des Herzogs Hauptaugenmerk war auf
die Sicherung Brüssel's gerichtet, das durch eine Bewegung Lamothe's
gegen Enghien gefährdet schien. Also ertheilte er dem zu Hülst
stehenden Murray noch am 16. den Befehl, sich mit allen Truppen,
die er zusammenraffen könne, nach Brüssel zu werfen, wo nach des
Herzogs Rechnung das Regiment Holstein-Neuburg (von Antwerpen?)
bereits eingetroffen sein musste. Folgenden Tages ward der Comman-
dant von Brüssel, Pascal, angewiesen, der Bürgerschaft kund zu
machen, Mar Iborough sei entschlossen, die Hauptstadt von Brabant
mit seiner ganzen Armee gegen jede Insulte zu decken ■^).
Nachdem die Armee am 17. die alte Stellung Fretin-Pont ä-Tressin
wieder bezogen, überschritt sie am folgenden Tage, auf die Meldung
von der Ausdehnung des rechten französischen Flügels bis Audenarde,
die Marcq zu Pont-ä-Tressin, wo ein Reiter-Corps unter dem G. d. C.
Graf Schlik Stellung nahm, und lagerte mit dem rechten Flügel zu
Willems, mit dem linken Obigies gegenüber an der Scheide. Das Haupt-
quartier kam nach Templeuve. Die französische Entsendung gegen Douai
veranlasste die Detachirung von 300 Pferden nach La Bassee und Strei-
fungen deutscher Reiter und Huszaren auf dem linken Ufer der Deule.
Die Arbeiten der Franzosen an der Scheide, insbesondere aber
der Bau von zwei Kriegsbrücken zu Warcoing, liess Marlborough
<) Meraoires militaires (Pelet) VIII. 98, 100.
^) Nach Coxe, Memoirs II. 539, hätten Prinz Eugen und Marlliorong-h vorge-
schlagen, die Offensive zu ergreifen, aber die Aeng'stlichkeit der Holländer hätte es
verhindert.
^) Marlborough an die Generalstaaten-Deputirten. Fretin, 1(). September 1708.
Derselbe an Boyle und Pascal, Sainghin, 17. September 1708. Murray IV. 225, 22G, 227.
426
einen Uferwechsel und einen Angriff seitens der Franzosen erwarten.
Dies bestimmte ihn, die Armee marschbereit zu halten und am
Morgen des 20. in die Stellung Lannoy-Terapleuve zu führen, wo er den
Feind besser beobachten konnte und näher zur Hand war. Er deckte
diese Stellung durch vorgeschobene Posten, so durch 600 Grenadiere
zu Passa Vasnes, sandte nach Courtray, von wo er einen Zuschub
erwartete, 6 Bataillone und 800 Pferde und Hess dieses Detachement
am 22. noch durch 10 Schwadronen verstärken, welche Chanclos
(von Audenarde aus) beistellen musste.
War Marlborough über die letzten Absichten der Franzosen
und namentlich über eine angebliche Entsendung derselben durch
einige Tage im Unklaren gewesen, so zeigte sich jetzt schon, dass
Prinz E u g e n's Ansicht, die Franzosen wären wesentlich nur darauf
bedacht, weitere Zuschübe abzuschneiden '), die richtige. Die Besorgniss
um Brüssel hatte sich gelegt. L a m o t h e hatte zwar, wie es hiess, Ver-
stärkungen erhalten und durch 800 Reiter das Sas de Vilvorde
zerstören lassen, wodurch die Schiffahrt auf dem Canal von Brüssel
für 12 Tage unterbrochen wurde; aber schon waren 6 Schwadronen
kaiserlicher Reiterei aus Deutschland und M u r r a y mit 4 Bataillonen
in der Hauptstadt Brabants eingezogen, deren Besatzung nunmehr an
7000 Mann zählte.
Die letzte Belagerungs-Periode.
Die Stürme auf das B r i 1 1 e u w e r k.
Die Hoffnungen auf einen baldigen Fall Lille's, welchen die Ver-
bündeten sich noch vor wenigen Tagen hingegeben, waren inzwischen
geschwunden.
Ein Ausfall, den der Vertheidiger am 1.3. September mit zwei
Bataillonen gegen die Kapelle unternommen , war zwar nach ein-
stündigem heissen Kampfe vom kaiserlichen FML. d'Arnan zurück-
gewiesen worden, dochwar es den Franzosen gelungen, die Verbauung
auf dem ausspringenden Winkel des Hornwerkes H, zu zerstören.
Selbst Prinz E u g e n's Rückkehr hatte den Fortgang der Bela-
gerung nicht beschleunigen können. Ein in der Nacht zum 14. nieder-
gehendes Regenwetter füllte die Laufgräben knietief mit Wasser und
machte jede Arbeit in den Sapen unmöglich. Unter diesen Umständen
hatte man aber dennoch bereits am 12. im rechten Angriff eine 3-Mörser-
Batterie vor W,o, im linken aber vorW^ eine für fünf solche Geschütze
') Prinz Eugen .'in den Kaiser. Vor Lille, 19. Se|)tcnil)er 1708. Supplement-Heft
S. 230, Nr. 200.
427
begonnen und fugte am 15. im rechten Augriff eine 3 - Kanonen-
Batterie (in der Krönung von W^^) hinzu. Dank dem ununterbrochenen
Batteriefeuer, vornehmlich gegen das Brillenwerk, wurden an diesem
Tage die beiden Tenaillons breschirt und die Ravelins R^ und B.3
demontirt, welche die Bastion-Breschen flankirten. Die drei gegen die
Contrescarpe vorgetriebenen Minengänge wai-en mittlerweile so weit
vollendet, dass die Gegenböschung an der Spitze der Tenaille am 15.
durch eine Bresch-Mine in den Graben geworfen werden konnte.
Weder Prinz Eugen'), noch Marlbor ough *) konnten sich
verhehlen, dass die Belagerung nur sehr langsame Fortschritte mache,
dass Bouffiers seinen Entschluss, den ihm anvertrauten Platz auf das
Aeusserste zu vortheidigen. mit grosser Umsicht, seltener Zähigkeit und
glänzender Bravour zur Durchführung bringe. Der Gouverneur von
Lille versäumte thatsächlich nichts, was die Widerstandskraft des
Platzes erhöhen konnte. Unablässig bemüht, sich von allen Vorgängen
beim Belagerer genauestens zu unterrichten, wurde er fast nie über-
rascht, fand er fast immer Zeit, die nothwendige Gegenwirkung
vorzukehren. 5000 Mann waren (nach Quincy) die ganzen Nächte
über an der Arbeit, die Schäden des Tages auszubessern. Eine Revue,
welche Bouffiers am 17. über die noch immer 12.000 Mann zählende
Besatzung hielt, hob den Muth der Truppen, wie der Bürger. Die zu
Ausfällen bestimmten Mannschaften frisch zu erhalten, durften sie zu
keinerlei anderem Dienst herangezogen werden. Bewusst, in der Citadelle
jederzeit ein sicheres Refugium zu besitzen, machte Bouffier s jeden
Quadratfuss Erde streitig.
Der Kampf um den gedeckten Weg gestaltete sich unter diesen
Umständen für die Verbündeten zu einer langen Kette der schwersten
Widerwärtigkeiten , Leiden und Gefahren. Bis zum Abende des
21. September verzögerte sich die Ausführung des Sturmes auf das
Brillenwerk. Die Contrescarpe der Tenaillons wurde zwar von den
Min euren schon am 16. an mehreren Stellen durchbrochen, aber die
Ausfüllung des Grabens stiess auf besondere Schwierigkeiten. Man
fand das Wasser tiefer, als man erwartet hatte und den Graben über-
dies mit einer Cunette versehen. Unter unsäglichen Schwierigkeiten
begann der Bau einer Galerie als Grabensübergang. Nachdem die
Anfänge wiederholt durch Geschützfeuer, namentlich durch Bomben
zerstört und der Bau immer wieder erneut in Angriff genommen
worden, steckte der Belagerte sie in der Nacht zum 18. mit getheerten
') Siehe Prinz Engen au den Kaiser, 16. September 1708. Supplement-Heft
S. 226, Nr. 194.
2) Marlhnrougli an Boyle, Iß, September 170S. Murray IV, 226.
428
Tauen in Brand, zerstörte die über die Cunette geschlagene Brücke
und selbst einen Theil des Dammes. In der folgenden Nacht ver-
suchte er, ausser allen anderen ^Mitteln, eine Stauung des Wassers.
Der Belagerer musste, die Grabengalerie besser schützen zu können,
neue Kanonen- und Mörser-Batterien bauen, zumal die im Saillant
des Tenaillons Tj augelegte 3-Kanonen-Batterie, weil vollständig enlilirt,
nicht bedient werden konnte. Am Abende des 20. hatte Prinz Eugen
alle Vorbereitungen zum Sturme auf das Brillenwerk und das Horn-
werk Hj getroffen, die Truppen waren schon sprungbereit, als es
Bouffiers gelang, die linke der mit unendlichen Mühen zu Stande
gebrachten Grabengalerien erneut in Brand zu schiessen und damit
einen Aufschub des Sturmes zu erzielen.
Die Versuche des Belagerers, in den Nächten zum 18. und 19.
die Traversen des gedeckten Weges der Bastion II mit Sturm zu
nehmen, wurden blutig abgewiesen und der Ingenieur en chef du ^ley
hiebei schwer verwundet.
Die Bauten des linken Angriffes wurden in diesen Tagen um
eine 8 - Kanonen - Batterie 2,^ und eine gedeckte Sape vermehrt;
letztere wurde gegen das Ravelin R^ vorgetrieben, erstere vor der
zweiten Parallele angelegt, sollte gegen das Ravelin E^ und die rechte
Flanke der Bastion III wirken.
Ebenso mühsam wie der linke, schritt der rechte Angriff vor.
Die vom Hornwerk H.^ zum Brillenwerk geführte Communications-Linie
wurde allerdings in der Nacht zum 18. vollendet, mit einer gedeckten
Sape gegen den Saillant des Ravelin Rg ausgebrochen und mit dem
Grabenübergang zum Hornwerk begonnen, — im Ganzen kam man
doch nicht recht vorwärts.
Das Geschützfeuer war in den letzten Tagen beiderseits immer
lebhafter geworden. Der Belagerte warf Bomben und Steine in gewal-
tigen Mengen und brachte damit in der Nacht zum 20. ein Munitions-
magazin zum Auffliegen. Sein Feuer erreichte in der folgenden Nacht
die grösste Intensität. Es regnete förmlich Granaten, Carcassen, pots a
feu, Tranchee-Kugeln und Sturmsäcke, so dass die Tranchee-Generale
sich aus den Verbauungen des gedeckten Weges in die zweite Parallele
zurückziehen mussten. Besonders heftig ward vom Vertheidiger die
neue 8 - Kanonen - Batterie B,8 bedacht, welche am 20. ihr Feuer
eröffnet hatte. Aber auch die Geschütze des Belagerers donnerten
mächtig gegen die Wälle, vor Allem bemüht, die Flanken zu ruiniren,
welche die Breschen bestrichen. Ihr ununterbrochenes Feuer hatte die
Haupturafasaung bereits schwer geschädigt, als Prinz Eugen sich ent-
schloss, den Sturm auf 'las BriHenwork am Abende des 21. auszuführen.
429
Des Brillen welkes und des ganzen gedeckten Weges zAvisclien
den beiden Hornwerken sich zu bemächtigen, sollten ara linken Deule-
Ufer 300 Mann und 1200 Arbeiter, am rechten 1200 Mann und
1000 Arbeiter, unterstützt von der Tranchee-Wache, vorbrechen. Der
Prinz überzeugte sich um 7'/, Uhr Abends persönlich, ob seine Detail-
Anordnungen genau befolgt worden und begab sich, die Truppen durch
seine Anwesenheit zu beleben, in eine der vordersten Batterien, Nach
einer „General-Decharge" sämratlicher AngrifFsgeschütze brachen um
8 Uhr Abends die Sturm-Colonnen, geführt vom General-Lieutenant
Prinz Holstein-Beck und dem G WM. Fechenbach aus den
Laufgräben. Bouffiers, auch auf diesen Sturm gefasst, hatte einen
furchtbaren Empfang vorbereitet. Sein Feuer streckte ganze Glieder
der Stürmenden nieder. Die unter dem Glacis und in den Tenaillons
angeordneten Vertheidigungs-Minen sprangen ; die Breschen standen
förmlich in Flammen. Dennoch bemächtigten sich die Stürmenden der
Tenaillons und hätten sie auch behauptet , wäre nicht der grösste
Theil der Officiere und Ingenieure bereits gefallen gewesen. Die
Soldaten , ohne Leitung, wussten sich nicht zu verbauen und ver-
liessen den bereits genommenen Posten. Dreimal ward das Tenail-
lon Tj gestürmt, bis es endlich gelang, sich mit 30 bis 40 Mann auf
dessen Saillant zu behaupten und zu verbauen. Weiter vorzudringen
war unmöglich, da man sich des mit einer Palissadirung und Sturm-
pfählen garnirten Abschnittes hätte bemächtigen müssen, was um so
schwerer fallen musste, als der Vertheidiger aus Scharten, die er in
die Flanke des Hernes geschnitten, enfilirend schoss.
Der Sturm auf das Tenaillon T, scheiterte vollends. Das furchtbare
Geschützfeuer von den Wällen machte die Behauptung unm.öglich. Die
Grenadiere warfen sich in die Grabengalerie, die so enge, dass nur zwei
Mann in Front sie gleichzeitig passiren konnten. Platz zu gewinnen,
erwürgten sich die Weichenden in diesem Engpasse gegenseitig,
bis die Galerie, von den Franzosen unaufhörlich beworfen, über den
Ringenden zusammenbrach. Vergebens trieben die Officiere mit dem
Degen in der Hand die Grenadiere neuerdings vor. Sie waren auf das
im ersten Anlaufe genommene Tenaillon nicht mehr zurückzubringen.
Besseren Erfolg hatte der Sturm auf den gedeckten Weg
zwischen dem Hornwerk IL^ und dem Brillenwerk. Der Belagerer
bemächtigte sich hier einiger Waffenplätze und behauptete sie auch ^).
*) Dieses Gesammter<i:ebniss registrirt aucli Schiileiibur<r. 3H. — Kriegs-A.,
Niederlande, 1708. P'asc. XIII. 2a. — Derode II., 248. — Quincy V., 545
und 5i6.
430
Die Verluste der Verbündeten waren sehr bedeutend. Prinz
Eugen vor Allen zählte unter den Verwundeten. Uin die zuriiek-
geschlcigenen Truppen zu neuen Angriffen zu ermuthigen, hatte er sich
persönlich stark ausgesetzt. So ward er, zwischen den Prinzen von
0 r a n i e n und von Hessen stehend, kurz nachdem eine Falconet-
kugel seinem Trompeter den Kopf weggerissen, von einer kleinen
Kugel vorne am Kopfe links aufwärts der Hirnschale, jedoch ohne
Fractur derselben verwundet, — nur leicht, „weil sich die Kugel von
selbig abgeschlagen hatte, also dass die Wunde durch sonderliche
Schickung Gottes zu der ganzen Armee unaussprechlicher Freude nicht
gefährlich und Dieselbe (Seine Hoheit) mit Beistand des Allerhöchsten
in wenigen Tagen wieder auszugehen im Stande sein werde" *).
Marlborough, welcher am 22. die Leitung der Belagerung
übernahm, wollte das Tenaillon Tj, das am Vorabende nicht hatte
behauptet werden können , mit eintretender Dunkelheit erneut
stürmen. Da die Belagerungs-Armee schon zu hart gelitten, sollten
frische Truppen der Beobachtungs-Armee dazu herangezogen werden.
Ihr verspätetes Eintreffen führte einen 24stündigen Aufschub herbei.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 9 und Kriegs-A., Niederlande 1708;
Fase. XIII. 2a. Scbiileuburg berichtet hierüber am 23. September 1708: „Seine
Hoheit, der Prinz Eugen, welcher bis knapp an den Angriff vorgegangen war, erhielt
unglücklicherweise einen Schuss am Haupte, so dass er zur Erde fiel; aber schon im
nächsten Augenblicke hatte er sich wieder erhoben und das Geschrei der Seinigen
hörend, sagte er mit grosser Kaltblütigkeit : „Was soll der Lärm, seht ihr denn
nicht, dass es nichts ist?" Er Hess sich verbinden und kehrte in sein Quartier
zurück. Es ist überraschend, dass dieser grosse General, da er von mehr als 200 Per-
sonen umgeben war, woi'uuter der König (August II.) und der Landgraf von Hessen-
Cassel, allein verwundet wurde. Man kann es nicht genug sagen, me sehr die ganze
Armee von diesem bösen Ereigniss berührt ist ; alle Welt freut sich ungemein, dass
der Prinz ausser Gefahr ist. Es ist der ungewöhnlichste Schuss und man weiss nicht,
ist es eine Gewehrkugel oder ein Bombensplitter gewesen ; ohne die Dicke des Hutes
wäre er todt gewesen, gegenwärtig ist seine Verwundung, Gott sei Dank, nichts. Er
hat sich selbst angekleidet und man hat Mühe gehabt, ihn abzuhalten, zu Pferde zu
steigen." — Das Diarium lieziffert den Verlust des Belagerers nicht, gibt aber an,
dass der Angreifer „des ungemein heftigen Feuers wegen" grosse A''erluste erlitten.
Die Angabe Quincy's V., 545, der von 5000 Todten und Verwundeten spricht, ist
jedenfalls übertrieben. Er erzählt, Prinz Eugen habe von Bouffiers einen Wafi"en-
Btillstand verlangt, um die Todten begraben zu können, welche in so grosser Zahl
die Wahlstatt bedeckten, dass ihr Anblick Grauen erregte. Bouffiers aber, welcher den
feindlichen Ingenieuren nicht habe Gelegenheit geben wollen, den Platz und seine
Aussenwerke zu recognosciren, habe geantwortet, er werde sie selbst eingraben
lassen, wenn ihre Zahl grösser geworden. Die Vertheidiger verloren nach demselben
Autor keinen Officier von Rang und sollen an Todten und Verwundeten nur 400 Manu
gezählt haben.
431
Die Nacht zum 23- ward benützt, den Mincur an drei Puncten an-
zusetzen. Ein Ausfall Bouffiers' gegen die Verbauung im Tenail-
lon Tj ward zurückgewiesen. Eine General-Decharge der Belagerungs-
Batterien lockte die Besatzung auf die Wälle, wo sie sich blossstellte
und mit Erfolg beschossen wurde.
Der britische Feldherr, welcher inzwischen zu seiner Armee
geeilt war, traf am 23., wieder in die Abtei von Marquettes zurück-
gekehrt, die letzten Anordnungen zum Sturme. Er formirte hiezu
zwei Colonnen. Jene zur Hechten bildeten 420 Gienadiere und
270 Füsiliere ; jene zur Linken 380 Grenadiere und 270 Füsiliere.
Eine „General-Decharge" der Belagerungs-Artillerie leitete auch diesmal
den Sturm ein, zu dem Marlborough, umgeben von den Prinzen
von O r a n i e n und von Hessen, zwischen 7 und 8 Uhr das Zeichen
gab. Kaum hatten aber die Sturm-Colonnen die Laufgräben verlassen,
brach, „als ob der Himmel dem Kampfe der Menschen nicht länger
zusehen wollte", ein Gewitter los, das jenen Halt gebot.
Der später erneut aufgenommene Kampf, während welchem ein
grosses Pulvermagazin des Belagerers aufflog, war ungemein hart-
näckig. Nachdem die Stürmenden wiederholt zurückgeschmettert
worden und ihrer Viele einer Vertheidigungs-Mine zum Opfer gefallen
waren, gelang es ihnen schliesslich doch, auf dem Tenaillon T^ Fuss zu
fassen. Das Logement fiel aber sehr klein aus, da der Vertheidiger
auch hier einen palissadirten Abschnitt hergestellt hatte, den man
nicht zu nehmen vermochte. Jetzt erst machte sich der Belagerer
vollends zum Herrn des gedeckten Weges des Brillenwerkes, das nun
beiderseits umfasst war, und verbaute sich auch auf dem Saillant des
gedeckten Weges. Dass auch das Ergebniss dieses Sturmes hinter
den Erwartungen zurückblieb , führen S c h u 1 e n b u r g und B ü 1 o w
darauf zurück, dass er in zu später Stunde unternommen wurde.
Die mit der Dunkelheit eintretende Verwirrung ward auch diesmal von
den Arbeitern benützt, um zu entlaufen. Der Sturm kostete den
Verbündeten 300 Officiere und Soldaten ').
Die über alles Erwarten zähe Vertheidigung Lille's, die That-
sache, dass man fast jede Erdscholle mit dem Degen in der Faust
erobern musste, die täglich wachsende Schwierigkeit, den ungeheueren
Bedürfnissen der Belagerung gerecht zu werden, hatte zur Folge,
dass sich der Verbündeten gegen Ende des Monats September grosse
Muthlosigkeit bemächtigte. „Ich bin betrübt, " schrieb Marlborough
*) Diarium. Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. IX. 10, besagt: Man habe
dabei mehr Leute eingebüsst, als beim Sturme vom 21. Derode's Angaben stimmen
mit jenen des Diarium, iudess Quiucy ihn auf 1000 Todte und Verwundete bezifferte.
432
am 24. September an Simdcrland, „Urnen sagen zu müssen, dass
unsere Lage in Folge der vorgerüekten Jahreszeit, der Langsamkeit,
mit welcher die Ingenieure die Annäherungen vorgetrieben haben,
endlich der Schwierigkeit wegen, einen weiteren Zuschub an Kriegs-
Yorräthen heranzuziehen, eine solche ist, dass wir an dem Erfolge der
Belagerung zweifeln" *).
Am ängstlichsten waren, wie gewöhnlich, die Feld-Deputirten
Hollands, welche Angesichts der unendlichen Schwierigkeiten, die
sich aufthürmten, für Aufhebung der Belagerung waren. Dadurch
allein sei den misslichen Zufällen vorzubeugen, welche der Armee
drohten, wenn die in dieser Jahreszeit regelmässig einfallenden Regen
sich einstellten und die Wege nahezu ungangbar machten. Die Flüsse
im Angesichte des Feindes zu übersetzen, die festen Plätze diesseits
der Scheide mit Munition und Lebensmitteln zu versehen, müsse
dann sehr schwer fallen. Besser sei es, meinten Einige, nicht nur die
Belagerung aufzuheben, sondern auch einige Plätze zu schleifen, als
Alles zu wagen, was der Fall, wenn man in dieser Gegend zu lange
verharre und dadurch dem Feinde gestatte, sich die ganze Scheide
entlang und bis Leffinghe zu verschanzen, Brüssel und Antwerpen
wegzunehmen und die vereinigten Provinzen bis gegen Grave und
Bar-le-Duc zu verwüsten.
Wie in der Krisis vor dem Marsche nach Audenarde, so war
auch in diesen Stunden banger Zweifel und weitgehender Befürch-
tungen, Prinz Eugen der Manu, an dessen wahrer Feldherrngrösse
der gesunkene Mutli der Verbündeten sich wieder aufrichtete zu
kräftiger That, Er verkenne durchaus nicht die Schwierigkeiten, welche
überwunden werden müssten, diesen Feldzug glücklich zu beenden,
entgegnete er jenen. Er vermöge aber noch nicht zu erkennen, dass
es unmöglich sei, Stadt und Citadelle dennoch zu nehmen, den Feld-
zug glorreich zu beenden, wenn nur Alles aufgeboten werde, zu so
glücklichem Ende zu gelangen. Wenn man ihn verdächtige, in dieser
Sache parteiisch zu sein und aus Ruhmbegier auf Kosten des öffentlichen
Wohles darauf zu beharren, so sei er bereit, sich und seinen Ruhm ohne
Schwanken zu opfern, denn er sei hierher gekommen, dem gemeinsamen
Wesen zu dienen. Man habe nichts zu thun, als ihn die wahren Interessen
desselben erkennen zu lassen und man werde sehen, dass er sich
dann blind Allem anbequemen werde, was man für passend erachte.
Solche Grösse der Gesinnung rührte die Feld-Deputirten also,
dass sie dem Prinzen in Mar Iborough's Gegenwart ihre Bereit-
'i MiiiiJiy IV. ^.'i?, 1111(1 Coxe, Momoiis II. r)lG.
433
Willigkeit erklärten, sich mit ihm iuifzuopfern. Er luibe nur zu be-
fehlen und er könne sich versichert halten, die Generalstaaten würden
die äussersten Anstrengungen machen, die erwachsenden Kosten zu
tragen und dass sie in nichts widersprechen würden *).
Also nahm auch die Belagerung ihren Fortgang, aber sie erhielt
einen wesentlich anderen Charakter. Die grossen Menschenverluste,
welche die Verbündeten bereits erlitten, nöthigten zu einer mehr
Avirthschaftlichen Gebahrung. An Stelle blutiger Stürme kam das
Sapiren und Miniren zu Ehren. Der Minenkrieg insbesonders gab dem
weiteren Verlaufe von Angriff und Vertheidigung die charakteristische
Signatur.
Schon am 24. gingen die Mineure des Belagerers aus den Ver-
bauungen in den Tenaillons gegen deren Abschnitte vor. Die Besatzung
derselben abzuschneiden, ward eine kleine Batterie erbaut und am
28. im Tenaillon T^ an einem Durchbruch als Descente zu einer
Grabengalerie gearbeitet. Tags darauf stiessen im Tenaillon T^ die
beiderseitigen Mineure auf einander. Der französische hatte hiebei die
Vorhand und zwang den des Belagerers, namentlich durch Stink-
präparate, zum Weichen ^).
Indess sich der Belagerer gleichwohl am 29. zum Sturme auf
die Tenaillon-Abschnitte entschloss, hatte er auch auf den anderen
Theilen seiner Angriffsfront langsame, aber nicht unwesentliche Fort-
schritte gemacht. In der Nacht zum 25. war im rechten Angriffe am
Saillant der Bastion III der Mineur angesetzt, und waren Gegenminen,
auf die man gestossen, durch Bomben zum Auffliegen gebracht worden.
In dem damit eingeleiteten Minenkriege gegen Bastion III trat am 28.
zu Ungunsten des Belagerers ein empfindlicher Rückschlag ein. Es
gelang dem Vertheidiger, auch hier zuvorzukommen und alle Angriffs-
Minen zu zerstören. Die Mineure des Belagerers mussten bereits
gewonnenen Terrain aufgeben. Nur eine einzige Vertheidigungs-Miue, im
ausspringenden Winkel des gedeckten Weges der Bastion III explo-
dirend, kam dem Angriffe zu Gute, da sie keinen Schaden anrichtete
und zur Verbauung geeignet war. Der Vertheidiger nahm aber ihren
Trichter so scharf unter Feuer, dass an seine Einrichtung am Tage
wenigstens nicht geschritten werden konnte. Die Krönung des Glacis
vom Tenaillon T^ wurde am 29. bis zur Capitale der Bastion III
vollendet und dem ausspringenden Winkel "W,, den die Franzosen noch
immer besetzt hielten, mittelst einer Sape au den Leib gerückt.
') Denkwürdigkeiten Schulenburg's 347.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2a.
Feld/.üge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. *o
434
Im linkfii Angriff war die Krönung; bereits am 28. bis zum
Waffen platze W^^ tortgcsctzt wurden. Eine am 29. eröffnete Verbindungs-
linie führte vom letztgenannten Waffenplatze zur zweiten Traverse des
gedeckten Weges von T,.
Auch der Artilleriekampf äusserte in diesen Tagen einen beson-
deren Charakter. Der Belagerer bewarf die Festungswerke unausgesetzt
mit Bomben, der Vertheidiger schleuderte ununterbrochen Granaten.
Die Angriff's-Batterien wurden in diesen Tagen allenthalben verviel-
fältigt. So ward am 27. am Waffenplatze Wg eine neue 6-Kanonen-
Batterie angelegt, welche am Abende des 29. ihr Feuer eröffnete.
Im rechten Angriffe wurde in der Krönung des Waffenplatzes W,2
zwischen der 5- und der 3-Kanonen-Batterie, eine für drei Geschütze
eingeschoben. Die Verbindung zwischen dem Hornwerke Hj und der
Grabenschere G^ abzuschneiden, ward in der Krönung des gedeckten
Weges nächst W,o eine 2-Kanonen-Batterie angeordnet. Endlich -wurden
nächst der 5-Mörser-Batterie noch 7 Handmörser placirt, welch' letztere
noch am 29. das Feuer eröffneten.
Die Kühnheit und Energie, welche der Belagerer bei allen Stürmen
bethätigt hatte, mochte dem Vertheidiger doch imponirt haben ; denn
wiewohl die Angriffsarbeiten noch lange nicht soAveit gediehen waren,
dass au einen Sturm auf die Hauptumfassung hätte gedacht werden
können, war der Vertheidiger doch schon jetzt emsigst bemüht, die
Breschen durch allezeit brennende Scheiterhaufen ungangbar zu er-
halten. Jene in Bastion H wurde überdies noch äusserst wirksam von
fünf Kanonen bestrichen, welche Bouffiers auf der Flanke der
Bastion III postirt und noch durch zwei im Ravelin-Reduit R^ placirte
Geschütze verstärkt hatte.
Obwohl eine unter dem palissadirten Abschnitt des Tenaillons T^
angelegte Angriffsmine , welche der Belagerer am Morgen des 29.
auffliegen Hess, die gewünschte Wirkung nicht hatte — sie sprang
10 Schritte vor dem Abschnitte, — schickte sich der Belagerer doch
an, ihn zu stürmen. 80 Grenadiere und 150 Füsiliere warfen sich auf
ihn. Als der führende Lieutenant fiel, der Hauptmann verwundet ward,
hielten die Grenadiere dem heftigen Feuer nicht mehr Stand. Unter
hartem Verluste nur vermochte der Belagerer nächst den Palissaden
Fuss zu fassen. Sofort schritt man hier an die Herstellung einer Ab-
fahrt aus dem Tenaillon T, in den Kavelin-Graben.
Die folgende Nacht zum 29., ward von den Franzosen benutzt,
um Bouffiers von auswärts Hülfe zu bringen. Der Marschall hatte
am 25. an das Hauptquartier berichtet, es beginne bereits an Mann-
schaft, Waffen und insbesondere an Pulver zu mangeln. Der Chevalier
435
von Luxembourg ward damit betraut, den verlangten Suceurs nach
Lille zu bringen. Er verliess am Nachmittage des 28. September au
der Spitze von 150 Grenadieren und 2000 Manu zu Pferd Douai.
Jeder Reiter trug eine Flinte mit Bajonnet und 50 Pfund Pulver.
Ohne Unfall ward Pont k Kames durchzogen. Vor Mons-en-Pevcle aber
fing durch die Unvorsichtigkeit eines Reiters ein Sack Pulver Feuer.
Fürchtend, durch die Detonation verrathen zu sein, hielt Luxembourg
an, setzte aber nach kurzer Berathung mit seinen Officieren den
Marsch alsbald fort und erreichte um Mitternacht bei Ronchin die
Circumvallations-Linie, wo er an der Barriere gestellt wurde.
Die Franzosen trugen holländische Abzeichen, ein Holländer in
französischen Diensten ritt an der Spitze. Angerufen, gab dieser vor,
seine Colonne bringe der Belagerungs- Armee Munition zu und habe
die Franzosen auf den Fersen. Die Barriere Avurde geöffnet und schon
war der grössere Theil der Colonne L u x e m b o u r g's passirt, als die
Verbündeten, durch die Unvorsichtigkeit eines französischen Officiers,
der seinen Reitern „Serrez!" (Anschliessen) zurief, ihres Irrthums
gewahr wurden. Luxembourg setzte sich zwar sofort in Galop
und warf im ersten Anlaufe die Wache über den Haufen, diese fasste
sich aber wieder, verlegte durch zwei Wagen alsbald den Eingang
und schnitt dadurch die französische Colonne, welche zu Zweien for-
mirt und daher sehr tief war, entzwei. Die Queue L u x e m b o u r g's
musstc umkehren, die Tete aber ritt schnurstracks gegen die Porte
des Malades zu und ward dabei von dem churpfälzischen Dragoner-
Regiment Witgenstein, das nächst der Barriere lagerte und im Hemde
mit „wundersamer Behändigkeit" zum Gewehr griff, von allen Seiten
angeschossen. Mancher Sack Pulver ging dabei mit Ross und Mann
in die Luft, gleichwohl erreichte Luxembourg mit (angeblich)
1500 Pferden und 400 Centnern Pulver die Porte des Malades. Er
musste die ganze Nacht auf dem Glacis verbringen, , da Bouffiers,
eine List des Belageres argwöhnend, ihn nicht einliess *).
') Kriegs- A., Niederlande 1708; Fase. IX. 60 und Fase. XIII a. — Memoires
militaires (Pelet) VIII. 107 und 108, dann 454 bis 459. — Quincy V. 550. —
Derode II. 253.
Nach der Histoire de Marlbwrough II. 423, liess der Erbprinz von Hessen
die Queue Luxemboiu'g's, die zur Umkehr genöthigt worden, durch seine Huszaren
verfolgen. Bis auf zwei Stunden vom Lager fanden sie den Weg mit Säcken, Degen,
Pistolen und ausgestreutem Pulver übersäet.
28='
436
Ereignisse Im Felde.
E r 1 c's A u s s c li i ff u n }i; zu O s t e u d e. — E r ö f f u ii n g der N a c h-
schiiblinie Os tendc - Li lle. — Das Treffen bei Wynen-
daele. — j\I a rlbor o u s^li's Marsch auf Oudenbourg. — Der
Fall von Leffinghe.
Die französische Armee hatte durch ihre am 17. September
zwischen Audenarde und Tournay bezogene Stellung, die Verbindung
der AUiirten mit dem Hauptdepotplatz Brüssel gänzlich gesperrt. In
Voraussicht dieser Eventualität hatte Prinz Eugen, dessen Truppen
es bereits an Lebensmitteln zu fehlen begann und dessen grosse Unter-
nehmung wegen Maugel an Munition zu scheitern drohte, den Ver-
bündeten vorgeschlagen, sich auf Ostende zu basiren und zu diesem
Zwecke dorthin bedeutende Vorräthe schaffen zu lassen '). Dieser Vor-
schlag hatte allseitige Zustimmung gefunden. England sandte eine
für Spanien bestimmte, aus 40 Kriegs- und Transports - Schiffen
bestehende Flotte unter Commando des Admiral Byng mit 14 Batail-
lonen Fussvolk, welche General Erle befehligte, dann bedeutenden
Munitious- und Verpflegsvorräthen, von Portsmouth nach Ostende, wo
selbe am 2L September einlief. Marlborough hievon unterrichtet,
dirigirte noch am 22. Abends 600 Fuhrwerke mit einer Escorte von
800 Reitern und 6 Bataillonen von Courtray nach Ostende. Dieser
Convoi fand das ganze Land zwischen Ghistelles und Ostende über
schwemmt und Snaeskerke, die einzige passirbare Stelle, von 500 Fran-
zosen besetzt. Die Escorte sprengte die letzteren auseinander und
legte zur bleibenden Sicherung dieses Ueberganges eine Schanze an ').
Der Convoi kam glücklich nach Ostende. Auf die Meldung hie-
von, traf Marlborough zur Sicherung des Zuschubes am 25. weitere
Massnahmen. Er dirigirte 6 Bataillone unter Eltz nach Dixmude
und am 26. September 22 Bataillone unter dem Grafen von Nassau-
Woudenbourg, welchen 16 Schwadronen unter Lord Cadogan
folgten, über Roulers (Rousselaer) dem Convoi entgegen. Das Ganze —
etwa 6000 bis 7000 Mann und 1500 Pferde — vertraute er dem General-
Lieutenant Webb an, welcher sich des Canals von Nieuport und der
Posten von Leffinghe und Oudenbourg bemächtigen sollte ").
') Kriegs-A., Niederlaiula 1708; Fase. IX. (JO. — Priuz Eugen au den Kaiser.
Vor Lille, 23. September 1708. Siiiii.leinent-Hcft Seite 2i3, Nr. 214.
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 10.
^) Marlborough an Erle und an die Feld-Doinitirtcn. Lannoy, 26. Seiiteinber1708.
Murray IV.
437
Webb erreichte Tliourout am 27. und verstärkte auf die Nach-
riebt, dass Major Savary vom Regimente Göethcri sich von Ostende
aus mit einigen 100 Grenadieren Oudenbourgs bemächtigt habe, diesen
Posten sofort mit 600 Grenadieren unter Oberst Presto n und zwei
liataiUonen (d Orkney und Finnen) unter den Obersten Hamilton
und Vooght (Voigt V). das Ganze unter des münsterschen Brigadiers
Landsberg Befehl. Dieses Detacheraent erreichte Oudenbourg in
dem Augenblicke, in Avelchem ein französisches in den Ort eindrang,
üas letztere wurde mit einem Verluste von 200 Mann zurückgeworfen.
In der Nacht zum 28. ging auch Graf Lot tum (der Jüngere) mit
L50 Reitern nach Oudenbourg; er brachte der Besatzung Befehl, den
Convoi bis Couckelaere zu begleiten, dann aber zu dem bei Thourout
stehenden Corps zu stossen. Am Morgen des 28. traf Lot tum bei
Ichteghem auf eine französische Vorhut. Er griff sie unverzüglicli an,
warf sie und erblickte in der Verfolgung 16 französische Escadronen,
welche auf der Haide lagerten. Da sie auf den Alarm zu ihren Pferden
eilten, fand es L o 1 1 u m gerathen, sich eiligst auf das Gros zurück-
zuziehen. Er kam Mittags nach Thourout, von wo auf seinen Bericht
22 Bataillone unverzüglich nach Wynendaele in Marsch gesetzt wurden ;
Lot tum bildete mit seinen 150 Reitern, den Quartiermeistern und dem
Reste der abcommandirten Grenadiere die Vorhut. Cadoganwar um
8 Uhr Morgens mit der Reiterei gegen Hooglede zurückmarschirt, da
er der irrigen Meinung war, der Convoi laufe keine Gefahr mehr.
Der Wald von Wynendaele hatte dort, wo ihn die Strasse von
Ostende nach Thourout durchzieht , eine Oeffnung, in der kaum
drei Schwadronen aufzumarschiren vermochten. Die nördlich der
Strasse gelegene, gegen Brügge hinziehende Waldparcelle, „verlorne
Kost" genannt, bestand aus dichtem hohen Gesträuch und einigen
hochstämmigen Bäumen *, die südliche Parcelle, • der eigentliche Wald
von Wynendaele, hatte durchaus hochstämmiges Holz und Dickicht,
nur einige Blossen unterbrachen ihn. Der ganze Wald hatte keine
2000 Schritte Umfang.
Lamothe'), welcher, um Zuschübe von Ostende zur Armee zu
hindern, am Canal von Brügge gestanden, war auf die Nachricht von
'j Saiut-Simou (Meinoires IV. 237 ) schildert Lamotlie als einen uneigen-
nützigen ^laun, voll Mnth, Ehre imd Ehrgeiz, welcher sein ganzes Leben im Dienste
gestanden, immer selhstständige Corps befehligt und nahe daran war, den Marschall-
Stab zu erlangen; gleichzeitig aber als den vielleicht kurzsichtigsten, halsstarrigsten und
unfähigsten unter den General-Lieutenants. — Nach demselben Gewährsmanne vei--
dankte Lamothe das in Rede stehende Commando der Verwendung seiner Cousine, der
Herzogin von Ventadour was Berwick in einer charakteristischen Bemerkung bestätigt.
438
der Entsendung Mai-lburüugh's in der Nacht vom 28. von Brügge
aufgebrochen , um zu Zedelghem , zwischen Brügge und Thourout,
zu lagern. Seine Vorhut, 1000 Manu unter Villemort'), sollte sich
Oudenbourgs bemächtigen. Sie griff diesen Posten an, vermochte aber,
wie bereits bekannt, nicht durchzudringen. Lamothe, fürchtend,
der Convoi könnte ihm entschlüpfen, wenn er sich hier engagirte,
wagte es nicht, seine Vorhut zu unterstützen. Ohne den Marschall
B e r w i c k abzuwarten, welcher halben wegs zwischen Gent und Brügge
stand und der unpassirbaren Sümpfe wegen grosse Umwege machen
musste, setzte sich Lamothe am Morgen des 28. mit 36 (34) Batail-
lonen Infanterie, 62 (63) Escadroneu und 40 Geschützen ^) in Marsch,
den Convoi abzuschneiden, welcher bestimmten Nachrichten zufolge
am 27. von Ostende in der Richtung auf Ghistelles abgegangen war.
Statt aber von Brügge direct nach Wynendaele zu marschiren, d. i.
durch eine freie, offene Gegend, wo er seine starke Cavallerie vor-
trefflich ausnützen konnte, zog er von Zedelghem über Oudeubourg
den Canal entlang gegen Ghistelles und die Brücke von Moerdyck,
wo das Land eingeengt und durchschnitten ist. Diese verfehlte Wahl
der Operationslinie hatte zur Folge, dass er statt auf den Transport,
auf dessen Bedeckung stiess. Und doch hätte dieser General die
Gegend kennen sollen, denn er war nicht weniger als 15 Jahre
zwischen Ypern und Brügge in Verwendung gestanden.
Als die Vorhut der Verbündeten um 4 Uhr Nachmittags beim
Jagdschlosse von Wynendaele eintraf, gewahrte sie am Ende der Haide
die Truppen L a m o t h e's. Lottum's Reiter gingen dem Vortrabe des
Feindes entgegen, um ihn aufzuhalten, General-Lieutenant Webb und
der Graf von Nassau-Woudenbourg, um ihn zu recognosciren.
Während des Scharmutzirens rückte das Fussvolk der Vorhut der
Verbündeten aus dem Walddefile an den Cronbecke-Bach vor. Webb
Hess die beiden Waldparcellen rasch von Plänklern besetzen, zu deren
Unterstützung er die Quartiermeister und den Rest der Grenadiere
postirte. Gleichzeitig sandte er den Regimentern des Gros Befehl, auf
der kleinen Ebene zwischen beiden Gehölzen aufzumarschiren. So wie
die Bataillone eintrafen, wurden sie vom General-Lieutenant W e b b und
dem Grafen von Nassau-Woudenbouvg in Gefechtsordnung gebracht.
Erst sechs Bataillone waren am Platze, als die Franzosen, statt rasch
und kräftig anzugreifen, aus 10 Kanonen und 9 dreiläufigen Stücken
die Heiter L o 1 1 u ms zu beschiessen anfingen. Diese hielten dem
') Quincy V. bericlitet : 1200 Mauii lufautcrie und 30 Pferde.
') Nacli Quiiiey V. 18.000 bi.s 20.000, nacli Coxe, Monioir.s II. 551, 23.000 Mauu.
439
heftigen Feuer ruhig Stand und da die Franzosen sich auf die Fort-
setzung der Kanonade beschränkten, gewannen die Verbündeten Zeit, in
zwei Treffen, jedes zu 9 Bataillonen, aufzuinarschiron. Der linke Flügel
dehnte sich hinter dem Buschwerk weit aus, um den Feind zu hindern,
hier durchzudringen und um die Flanke zu decken. In das Gehölz
zur Linken ward das Regiment Erbprinz von Preussen, in jenes zur
Rechten das Regiment Heukelom vorgeschoben. Beide erhielten Befehl,
sich so lange verdeckt zu halten, bis sie den vorrückenden Feind in
der Flanke fsissen konnten. Mit der gleichen Weisung wurden rechts
und links Grenadier-Züge um 'weitere 40 Schritte vorgeschoben, indess
die Quartiermeister den Weg besetzten, welcher das Gehölz zur Linken
durchschnitt. In dieser Aufstellung erwarteten die Verbündeten den
Feind.
Lamothe ordnete inzwischen seine Truppen in acht Treffen.
Die vier ersten bildete die Infanterie, das fünfte und sechste war aus
Dragonern, das siebente und achte aus Cavallerie formirt. Der General-
Lieutenant wählte diese schwerfällige Gefechtsordnung angeblich aus
dem Grunde, weil das Terrain nicht gestattete, sich mehr auszubreiten (?)
und weil die Verbündeten dieselbe Frontausdehnung hatten.
Nach dreistündiger Kanonade erst gingen die Franzosen zum
Angriffe vor. Lottum räumte jetzt auf Webb's Befehl in aus-
gezeichneter Ordnung die Front und nahm 300 Schritte hinter dem
linken Flügel Stellung.
Es war 5 Uhr Nachmittags. Die Wahrnehmung, dass der rechte
Flügel der französischen Infanterie sich gegen das Buschwerk zur
Linken dirigirte, veranlasste Webb, die grosse Jagd-Allee vom Regi-
mente Grumbkow besetzen zu lassen, das der Oberst Besehe fem
befehligte. Die Nachhut Webb's unter dem Brigadier Eltz nahm im
Walde von Wynendaele Stellung.
Die 600 Grenadiere und die 2 Bataillone, Avelche unter dem
Brigadier Landsberg detachirt gewesen, hatten nächst Couckelaere
weinende Soldatenweiber begegnet und von ihnen erfahren, dass Webb
dem Feinde entgegengerückt sei. Die Oberste Preston, Hamilton
und V o o g h t hatten hierauf L a n d s b e r g bewogen, gegen den Kampf-
platz vorzurücken; dort angekommen, formirten sie, als die französische
Infanterie zum Angriffe schritt, ein drittes Treffen.
Als der linke Flügel der Franzosen dem verdeckt postirten
Regiment Heukelom auf 30 Schritte nahe gekommen war, gab dieses auf
die linke Flanke der Franzosen Feuer. Ueberrascht und erschüttert,
di'ängten sich letztere gegen ihren rechten Flügel, der in diesem Augen-
blicke vom Regimente Grumbkow ein wirksames Flankenfeuer erhielt
440
und sich seinerseits iiaeli links warf. So entstand in der ersten Linie
der Franzosen die grösste Unordnung M ; ihre zAveite aber rückte
entschlossen vor, umlasste die Waldparcelk- und drängte zwei dort
aufgestellte holländische Bataillone des eisten Treffens der Verbündeten
zurück. Diesen Vortheil auszunützen, brach ein französisciies Cavallerie-
Regiment vor. stiess aber auf zwei Bataillone des vom Christen Hi r tz e 1
(Hirzell) geführten Schweizer -Regiments Albemarle, welche Webb
rechtzeitig aus dem zweiten Treffen vorgesandt hatte. Die Schweizer
warfen die Franzosen aus dem Gehölze hinaus. Ihre feste Haltung
verschaffte Webb und N a s s a u -W o u d e n b o u r g Zeit, die Regimenter
Bernstorff und Lindeboom an die Stelle der zurückgedrängten Bataillone
zu führen.
Au dem kräftigen Feuer dieser Regimenter scheiterte ein dritter
Angriff der Franzosen. Wie tapfer diese auch fochten, sie vermochten
die Bataillone der Verbündeten nicht mehr zum Weichen zu liringen.
Nach zweistündigem hartnäckigen Kampfe zogen sich die zum Angriff
vorgerückten Franzosen in Unordnung auf ihre noch iutacten Treffen
zurück. Es war bereits Nacht. Nur dieser Umstand und die Befürcli-
tung, die Vortheile seiner Stellung zu verlieren, bewogen Webb,
der Offensive ißinhalt zu thun, zu der seine Truppen bereits an-
setzten. Man beschränkte sich verbündeterseits auf die Verfolgung
durch das Feuer.
Cadogan, welcher bald nach Beginn des Gefechtes eingetroffen
war, erbot sich, mit den zwei verfügbaren Schwadronen auf die in
Unordnung zurückgehenden Franzosen einzuhauen, Webb liess es
nicht zu. Vier Schwadronen, welchen man befohlen liatte, zum Gros
zu stossen, konnten erst kurz vor 7 Uhr Abends eintreffen. Webb
hielt es auch jetzt nicht für zweckmässig, mit so schwachen Kräften
einen Feind zu chargiren, dessen numerisch vielfach überlegene Caval-
lerie an dem Kampfe fast gar keinen Antheil genommen hatte, daher
I
^) Quincy (V. 5r)9j bprit-htet: „Vermutlieiifl, dass die Verhündeteii die Gestrüppe
lind Gesträuelie nüt I'ussvolk besetzt hätten, «jab Lamothe den Brif^adiereii der
ersten Linie Befelil, sie durchsuchen zu lassen, ehe man vorrückte. Da man aber
für ^t fand, das zweite Treffen vor dem ersten vorgehen zu lassen, übergaben die
Brigadiere dea erhaltenen Befehl ihren Ablösern ; er wurde aber nicht ausgeführt.
Das war die Ursache der Ueberraschung." Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase X. 1,
.aber erzählt: So wurzle der I-'eind geschlagen, „obsclion derselbe dreimal mit einer
grossen Furie ansetzte, auch mit Dragnuer und Infanterie völlig an die Unserigen
angekommen war, vorher aber '' ^ .Stunden kanonirt hatte, also dass nicht genugsam
zu rühmen und zu loben ist, wie lierzhaft unser Fussvolk gefocliten und alles gethan
habe, was man von einem wackeren Soldaten prätendiren kann. Ks chargirte liiebei
pelotonweise, gleichsam als ob selbes exerciren wollte."
441
noch ,c;anz intact und A-oro;erückt war, den Rückzug- ihrer Infanterie
zu decken.
Die französisclien Officiere machten ZAvar alle Anstrengungen,
ihre ^Mannschaften noclunals vorzuführen, diese waren aber nicht mehr
vorzubringen. Die Franzosen zogen sich in solcher Unordnung zurück,
dass sie ihre Geschütze auf dem Gefechtsfelde zurückliessen, aber
wieder holten, als sie folgenden Tages erfuhren, dass die Verbündeten
um 2 Uhr nach Mitternacht gegen Roulers abmarschirt seien.
Der Sieg von Wynendaele hatte die Alliirten 912 Officiere
und Soldaten an Todten und Verwundeten gekostet. Der Verlust der
Franzosen betrug nach den „Memoires militaires" nur 150 Todte und
300 Verwundete; nach den Aussagen der Gefangenen und der Deser-
teure zwischen 3000 und 4000 Mann; wahrscheinlich aber hatten sie
gegen 2800 Mann eingebüsst.
Während dieses Kampfes hatte der grosse Convoi, hinter dem
Walde von Wynendaele defilirend, die über Thourout nach Roulers
führende Strasse gewonnen. W e b b folgte ihm um 2 Uhr nach Mitter-
nacht und nahm alle seine Verwundeten, wie einen Theil der franzö-
sischen, mit sich ').
Die Posten Leffinghe, Ghistelles und Slype blieben von den
Verbündeten besetzt. Der Convoi hatte um Mitternacht Roulers er-
reicht; am folgenden Tage war er zu Menin (wohin Marlborough,
um ihm und diesem Hauptdepot näher zu sein, am 28. seinen
linken Flügel ausdehnte) in Sicherheit und damit die Fortsetzung der
Belagerung gewährleistet, welche sonst wegen Mangel an Munition
hätte aufgehoben werden müssen. Webb's Truppen lagerten am
30. September bei Menin. wo sie einige Tage belassen werden sollten.
Der Sieg von Wynendaele, über einen doppelt überlegenen Gegner
erfochten, machte Webb zum Helden des Tages. Sein Name ward
hochgepriesen. Marlborough dankte ihm für die im Gefechte
bethätigte gute Führung und mannhafte Entschlossenheit. Das eng-
lische Parlament würdigte ihn einer besonderen Anerkennung. Dass
die Massnahmen Laraothes das Ihrige beigetragen haben, ist nicht
zu leugnen. „Enfin" — schrieb General Bülow mit Bezug darauf —
*) Für das Treffen von Wynendaele: Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX.
60; X. 1 ; XIII. 1 und 2a. — Marlborough an Sunderland. Roncq, 29. September 1708.
Murray lY. 243. — Coxe, Memoirs II. 5-50 bis .556. — Theatrum Europaeum XVIII.
— Berwick, Memoires. 400 und 401. — Quiucy V. .054 und .55.5. — Saint-
Simou, Memoires IV. 236 und 237. — Memoires militaires (Pelet) VIII. 103 bis 106
und ebendaselbst — 444 bis 4.54 — die Relationen Lamotlie's und der Yei*-
bündeten.
442
„wir haben mehr Glück als Recht und es scheint, dass unser Herr-
gott unser Vormund ist.''
Nach dem Treffen V(m Wynendaele hatte der Herzog von Burgund
1 Bataillon nach St. Amand-les-Eaux marschiren und zur Sicherung
der Scarpe Versehanzungen aufwerfen lassen. Drei Cavallerie -Regi-
menter unter Isle (Lisle), der den Chevaher von Luxemb ourg zu
ersetzen hatte, waren nach Douai aufgebrochen. Lamothe, nach
Zedelghera zurückgewichen, hatte am 30. September das Lager von
( )udeubourg bezogen. Sein rechter Flügel stützte sich auf Moerdyck,
sein linker dehnte sich bis Jabbecke am Canal von Ostende aus.
Von hier beabsichtigte er, die zu Leffinghe postirten Verbündeten zu
hindern, neue Convois von Ostende an sich zu ziehen. Da hier auch
die letzten von der Armee gesandten 9 Bataillone zu ihm stiessen,
befehligte er nicht weniger als 43 Bataillone und 63 Escadronen.
Solche Truppenmacht und die Wichtigkeit ihrer Aufgabe bestimmten
den Herzog von Burg u n d, das Commando über selbe V e n d o m e
anzuvertrauen, welcher es selbst angestrebt hatte, nachdem er dem
Hofe wiederholt, aber immer vergebens vorgeschlagen, sich Lille
neuerdings zu nähern. Den unternehmenden Greist dieses Generals
fürchtend . hatte Burgund den König gebeten, ihm ein defensives
Verhalten vorzuschreiben. Schon am 3. traf Ven dorne zu Ouden-
bourg ein, fest entschlossen, keine Zufuhr mehr durchkommen zu
lassen. 51 Bataillone und 63 Escadronen vereinigend, beliess er den
rechten Flügel zu Moerdyck, seinen linken schob er an den Canal,
der Brügge mit Plasschendaele verbindet, und besetzte Ghistelles mit
400 Mann. Das Hauptquartier zu Oudeubourg belassend, schickte er,
da die Inundation niir bis Cappelle St.-Pierre-au-Franc reichte, nach
Nieuport Befehl, das Wasser losbrechen zu lassen. Es wuchs so stark
au, dass der von Steenbrug nach Ostende führende Damm überschwemmt
wurde. Nun wurden die Brücken von Leffinghe und Slype unpassirbar *).
Die am 29. September im Hauptquartier der Observations-Armee
eingelaufenen Nachrichten hatten eine im Zuge befindliche Massirung
der französischen Streitkräfte einerseits gegen Gent und Brügge,
andererseits <;egen Tournay angekündigt '). Hiernach trugen sich die
Franzosen mit Anschlägen, einerseits gegen die Zuschubslinie Ostende-
Lille und andererseits gegen die Belagerungs-Armee. Die Befürchtungen
in letzterer Richtung zeigten sich in den nächsten Tagen als unbe-
gründet; umsomehr hatte man für die Verbindung mit Ostende zu
») Memoires militaires (Pelet) VIII. 108 l.is 112. — Bervvick, M(5moiie.s 401.
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Ka.sc. XIII. 1.
443
zittern *). Entschlossen, die Absichten der Franzosen zu vereiteln und
diese Verbindung um jeden Preis offenzuhalten ''), traf Marlborough
unverzüglich seine Massnahmen. Erle zu Ostende, wohin ein Convoi von
700 bis 800 leeren Fuhrwerken bereits marschbereit, erhielt besondere
Instructionen. Die Besatzung von Leffinghe, wo nur 1000 Engländer
standen, wurde (am 4.?) durch 650 Dragoner unter Major Baptis te
verstärkt ^). Dass V e n d 6 m e zu Oudenbourg angekommen, wie dass
Ghistelles und Wynendaele bereits vom Feinde besetzt, veranlasste
den Herzog, den Brigadier Syburg (Seeburg) noch am 6. mit
11 Bataillonen und 10 Schwadronen zur Deckung jenes Convoi mit
dem Auftrage über die Lys zu senden*), zu Moorseele-lez-Heule zu den
12 Bataillonen und 30 Escadronen unter Webb und Nassau-Wouden-
bourgzu stossen. 20 Bataillone und ebensoviele Schwadronen, welche
im Bedarfsfalle Eugen's Armee verstärken sollten, zwischen Roncq
und Pont-de-Marcq belassen d , brach M a r 1 b o r o u g h , dessen ganze
Bagagen bei Meuin verblieben, in der Nacht zum 7. mit 60 Bataillonen
und 120 Schwadronen in vier Colonnen gegen Oudenbourg auf. Am
Morgen des 7. gewann die von Cadogan geführte Vorhut Roulers;
das Giros der Armee lagerte mit dem rechten Flügel zu Rumbeke,
mit dem linken zu Hooglede*). Folgenden Tages ward der Marsch
fortgesetzt und Thourout erreicht, wo Mittags die Nachricht einlief,
Vendome habe in der Nacht zum 8. Oudenbourg geräumt und sei
mit 50 Bataillonen und 60 oder 70 Escadronen nach Brügge zurück-
gegangen ®).
Auf die Nachricht von dem Marsche M a r 1 b o r o u g h' s gegen
Ostende hatte B u r g u n d am 8. eine Verstärkung von 8 Bataillonen
unter E s t r a d e s nach Gent gesandt und für seine Person den Ge-
danken gefasst, Prinz Eugen anzugreifen"). Er Hess aber diesen Plan
sofort fallen, als er erfuhr, welche Anstalten Mar Iborough getroffen.
') Marlborough an die Generalstaateu - Deputirten. Roncq, 3. Octuber 1708.
Munay IV.
'-) Marlborougli an deu Prinzen von Hessen. Roncq, 6. October 1708. Murray IV.
^) Marlborough an Erle und an Sunderland. Roncq, 4. October 1708. Murray IV.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1 und Quincy V. 566.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1.
„Mit vieler Mühe," berichtet Berwick, „Hess sich Vendome durch die Gi'ünde
der Generale bewegen, sich aus dem Locli, in welches er sich begeben hatte, wieder
herauszuziehen; denn im Falle eines Unglückes konnte sich kein Mann mehr retten.
Er entschloss sich nicht eher dazu, bis die Officiere absichtlich das Wasser losliessen,
wodurch sich die Ueberschweminung bis in sein Lager au.sbreitete."
^) Burgund au Fenelou. Douai, 5. December 1708. Oeuvres de Fenelon I. 283.
444
sich mit Prinz Eugen rasch wieder vereinigen zu können. Dca2;egen
schob er Ven dorne eine weitere Verstärkung von 15 Batailloueu und
10 Escadronen zu, welclie dieser aber nach 48 Stunden zurücksandte. Er
hatte die Ueberschwemmun<2: bis Gent ausgedehnt und die unter seinem
Befehle stehenden Truppen vom Damme von Steene (2 Wegstunden von
Xieuport) bis Gent so vertheilt, dass er eine feindliche Passage für unaus-
führbar hielt. Am 8. October war seine Kräftegruppirung folgende*):
Im ..neuen Polder" (nächst Zandvoorde - lez - Ostende) unter
Puiguion 15 Bataillone und eine Brigade (5 Escadronen^ Dragoner,
zu Stalhille 8 Bataillone und 2 Escadronen. bei Brügge 13 Bataillone
lind 35 Escadnmen unter Grimaldi. endlich zu St. Jovris und Aeltere
unter Dourches 7 Bataillone und 19 Escadronen'^).
Marlborough hatte die Armee am 8. auf der Haide von
Thourout lagern lassen, seinen linken Flügel nach Aertrycke geschoben
und Oudenbourg wieder besetzt ■^). Um der Belagerungs- Armee leichter
beispringen zu können, führte er seine Armee am 9. in das Lager
von Koulers ( Rousselaer ) zurück *) und schob das Fussvolk des zweiten
Treffens unter L o t t u m als allgemeine Reserve am 11. nach
Moorsiede *).
Den Prinzen Eugen beunruhigten die geringen Fortschritte der
Belagerung und die wachsenden Schwierigkeiten der Zufuhr so sehr,
dass er gemeinsame Berathungen verlangte. Die erste wurde am 1 1..
die zweite am 18. zu jSIenin gehalten. Das Pulver war bereits so knapp,
dass Prinz Eugen jeden nicht unbedingt sicheren Schuss verbot").
Die ursprünglich für vier Tage bestimmte Brodration musste bereits
für sechs ausreichen "). Wieder beriethen die holländischen Feld-
Deputirten die Aufhebung der Belagerung"), eine Möglichkeit, auf
welche das britische Cabinet durch die Zeitungen vorbereiten Hess ").
Der Tod Feldmarschall 0 verkirk's '") ging insbesondere Marl-
') Memoires militaires (Pelet) VIII. 113 uml 114.
*) Memoire.? militaires (Pelet) VIII. 487.
') Marlborough au Sunderland. Koulers, 9. October 1708. Murraj' IV. 253.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
') Marlborough au Lottnm. R(julers, 10. October 1708. Murray IV. 204. und
(Quincy V. 567).
«) Noorden III. 28.Ö.
') Marlborough au Rechteren. Ronlers, 16. October 1708.
") Goslinga's Memoiren. Noorden III. 285.
0) Noorden III, 285.
*") Er starb zu Koulers am 18. October im 67. Lebensjahre n;uli nur vier-
tägiger Krankheit. Eine halbe Stundß vor seinem Ableben unterzeichnete er nocli bei
voller Frische des Geistes die Verordnung, welche die Pike als eine, seit Erfindung des
Bajonnets unnütz gewordene Watte im bolländischen Hopre jibschaffte.
445
borough nahe, 'der um diese Zeit an seinen Vei'wandten Berwick
insgebeim ein Billet richtete, wonach der Zeitpunct gekommen, es mit
erneuten Friedens-Verhandlungen zu versuchen ').
Ausser Stande, aus den französischen Märschen und Gegen
märschen einen sicheren Schluss auf die eigentliclien A})sichten der
Franzosen zu ziehen, war den Verbündeten Eines vollkommen klar,
dass es für sie Lebensbedingung, neue Vorräthe von Ostende heran-
ziehen zu können'*).
Die Verbindung mit diesem Hauptdepotplatz zu sichern, ver-
stärkte Marlborough das zu Cappelle-St.-Pierre-au-Franc stehende
Detachement (1000 Engländer unter Baptiste und Armstrong)
durch 400 Mann vom Requisitions-Detachement zu Dixmude *). Die
Besatzung von Oudenbourg (1400 Mann) zu unterstützen, rückte
Greneralmajor Cadogan am 12. mit acht Bataillonen nach Coucke-
laere, indess fünf weitere nach Cortemarck marschirten*). In der
Befürchtung, dass mit dem Vollmonde das Wasser steigen und die
Behauptung von Leffinghe eine Unmöglichkeit würde, dirigirte Marl-
borough, der diesen Posten um jeden Preis halten wollte, am
Morgen des 13. die Pontons, die Zimmerleute der Armee und eine
Anzahl von Schanzgräbern zu Cadogan^). Die jüngst au Prinz
Eugen's Armee abgegebenen Truppen wieder an sich ziehend, beliess
er 10 Bataillone und 14 Schwadronen derselben als allgemeine Reserve
für beide Armeen zwischen Menin , Courtray und seiner Armee ^).
Zwei Bataillone und zwei Schwadronen nahmen zu Roncq Aufstellung'^).
Einen übermächtigen Angriff auf Cadogan fürchtend, sandte er am
Morgen des 15. October 12 Bataillone und 20 Schwadronen unter
*) Sielie Berwick, Memoires 403. Die GlauVj Würdigkeit Berwick's stellt zu
hoch, um seine Behauptung in Zweifel zu ziehen. Marlborough dürfte sich dieses
Billets indess nur bedient haben, um das französische Hauptquartier in nocli
grössere »Sicherheit zu wiegen. Berwick giljt den Zeitpunct des Empfanges nicht
genau an; er sagt nur: „während ich zu Saulchoi war, erhielt ich u. s. w." Der
Herzog verliess das Hauptquartier am 16. November, das ist um dieselbe Zeit, um
welche Marlborough Alles daran setzte, die Franzosen um die Scheide unbesorgt
zu machen.
2j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1 und Marlborough au Sunder-
land, Roulers, 11. October 1708. Murray IV. 254.
^) Marlborough an den das Detachement zu Dixmude commandireuden Officier.
Koulers, 11. October 1708. Murray IV. 254.
*) Marlborough an Prinz Eugen. Roulers, 12. October 1708. Miirray IV. 255.
■^) Marlborough an Prinz Eugen. Eoulers, 13. October 1708. Murray IV. 257.
") Marlborough an die Generalstaaten - Deputirten. Roulers, 14. (october 1708.
Murray IV. 260.
446
Fagel's Befehl nach Coi'temarck, indess er den Rest bereit hielt,
sofort zu seiner Unterstützung aufbrechen zu können ').
Unter dem Schutze dieser Älassnahmen gelang es den Verbün-
deten, alle Versuche der Franzosen, Zuschübe von Ostende zu ver-
hindern, zu Schanden zu machen. Wiewohl die Ueberschwemmung
täglich mächtiger wurde und Vend(5me am 11. October, mittelst
Durchstiches des Dammes von Steene (3^"' südUch Ostende) das ganze
Camerling Ambrecht inundirend, dem Posten Leffiughe die Verbin-
dung mit Ostende benahm, überwanden die Verbündeten auch diese
Schwierigkeiten. Sie sicherten die bestehenden Communicationen durch
Schutzdämme oder erhöhten sie durch Senkfaschinen. Sie machten
sich selbst die UeberscliAveramung zu Nutze, indem sie die Munition
auf flachen Fahrzeugen überschift'ten und auch die Watergangs zum
Fortkommen benützten. Das im Maierhofe von Jakob Stoute nächst
Leffinghe errichtete Munitions-Depot wurde durch Zuschübe auf der
Achse von Ostende aus gefüllt, die Munition auf Fischerbooten über
die Inundation geschafft, hinter dem Einschnitte Cornelle de Crox
entladen und weiters zu Wagen auf der von Militärarbeitern im
Stande erhaltenen Etapenstrasse über Zevecote, Zande, Coucklaere und
Roulers vor Lille gebracht. Dank der unausgesetzten Bemühungen
Cadogan's und Armstrong's gelang es auf diesem Wege bis zum
18, October 480 Ceutner Pulver von Ostende zur Belagerung zu
schaffen, welche ohne diesen Zuschub nicht hätte fortgeführt werden
können '^).
Zu spät dachte V e n d ö m e daran, den Verbündeten diese Aus-
kunftsmittel zu verleiden. Er Hess Langeron, General-Lieutenant
zur See, welcher die Galeeren von Dünkirchen befehligte, einerseits,
und andererseits zu Brügge die Parteigänger Dubois und Aubry
Flotillen iraprovisiren, welche den Nachschubsweg der Verbündeten
von beiden Seiten zu bedrängen hatten ^). Nun griffen auch die Ver-
bündeten zur Armirung von Barken. Leffinghe noch sicherer zu be-
wahren, verstärkte Marlborough am 16. October die Besatzung
dieses Postens durch das Regiment Vanderbeek. Endlich schwoll aber
die Inundation derart an und drang die Springfluth mit solchen
Massen in das bis jetzt geschützte Land, dass die französischen Galeeren
bis zu den Posten vorzudringen vermochten, welche die Etapenliuie
schützten.
'j Marlljorongh an Prinz Euf,'en. Roulers, 15. October 1708. Murray IV. 262.
2| Mnrlhorounrli an Wratislaw. Koulor.s, 17. October 1708. Murr.ay IV. 267.
'- .M.-iiioir.'s militaircs (Pelet) VIII. 115 und 116.
447
Am 15. October hatte das französische Hauptquartier einen
neuen Plan, Lille zu retten, nach Versailles gesandt. Vendome's
Vorschlag-, ihn von der Hauptarmee durch 30 Bataillone und 40 Esca-
dronen zu verstärken und ihn damit in Stand zu setzen, allein auf
Marlborough loszugehen, ward von Burgund verworfen. Besser
sagte diesem der Entwurf Alb ergo tti's zu, über die Scheide und
Lys zu setzen, sich zu Deynze mit Vendome zu vereinigen und
nun gemeinschaftlich den zu Roulers stehenden M a r 1 b o r o u g h an-
zufallen. Vendöme fand diesen Vorschlag anfangs so schlecht, dass
er von Ludwig XIV. ein förmliches Verbot gegen diese Unter-
nehmung erwirkte. Nach einigen Tagen aber schrieb er an den König:
Es gäbe kein anderes Mittel mehr, Lille zu retten ').
Die Entscheidung des Hofes erwartend, beschlossen B u r g u n d
und Vendome am 16. October zu Marlborough's Beunruhigung
einen Versuch zu wagen, sich Ath's und Leffinghe's zu bemächtigen.
Der vom Grafen von Bergeyck entworfene Ueberfall von Ath, von
d'Artaignan in der Nacht zum 18. unternommen, misslang ^). Der
Anschlag auf Leffinghe, dessen Wegnahme Vendöme für das einzige
Mittel hielt, sich hier Ruhe zu schaffen, glückte. Mit der Wegnahme
Leffinghe's war P u i g u i o n betraut. Er sollte diesen Posten mit
50 Greuadier-Compaguien und 1000 Dragonern, geführt von Marechal
de Camp Chevalier de Croissy und dem Oberst Chevalier de Mont-
m 0 r e n c y vom Lande aus angreifen, L a n g e r o n mit seiner Flotille
von der Wasserseite. Der Angriff, ursprünglich für die Nacht zum
18. festgesetzt, stiess auf unerwartete Hindernise. Nachdem die Fran-
zosen den Posten von allen Seiten umschlossen und die Parteigänger
Dubois und Aubry das Munitions-Depot im Maierhofe Jakob Stoute
in Brand gesteckt hatten, sclu'itt man in der Nacht zum 21. zur
Eröffnung des, wie man meinte, unvermeidlichen belagerungsmässigen
Angriffes. V e n d 6 m e, ungeduldig, verwarf aber diesen Vorgang. Also
ward in der Nacht zum 25. ein Handstreich gewagt, dem die von
7500 Feinden von allen Seiten angefallene und zudem trunkene Be-
satzung, welche der Fall von Lille zu einem Freudenfeste veranlasst
hatte, erlag. 72 Officiere und 900 Mann fielen in Kriegsgefangenschaft.
Ein namhafter Vorrath an Munition und Lebensmitteln wurde die
Beute des Siegers, welchem diese Unternehmung nicht mehr als
*) Memoires militaires (Pelet) VIII. 117 uud 118.
Siehe hierüber die bemerkenswerthen Mittheilungen Berwick's in dessen
Memoiren, welche die Verhältnisse in der französischen Heeresleitung ungemein scharf
beleuchten.
2) Memoires militaires (Pelet) VIII. 119.
448
8 Todte und 20 Verwundete gekostet hatte '). Mit Leffinghe war zwar
den Franzosen die einzige noch offene Verbindung mit Ostonde in
die Hände gefallen, aber zu spät! Am 23. October schon war, wie
oben angedeutet, Lille gefallen — ein Ereigniss, das die ganze Sach-
lage veränderte.
Der Sturm auf das Kavelin. — Die Capi t u la ti on -).
Der Sieg von AVynendaele, das Eintreffen des durch ihn ge-
sicherten Munitions-Convoi und die Genesung des Prinzen Eugen,
welcher am 1. October die Oberleitung der Belagerung wieder über-
nahm, hatten die Bedränger Lillo's mit neuem Muthe erfüllt und sie
befähigt, mit gesteigerter Kraft an die Fortsetzung des grossen Unter-
nehmens zu schreiten.
Am 1. October ward der Mineur- Angriff gegen die Abschnitte
in den Tenaillons emsig fortgesetzt, was zur Folge hatte, dass der
erste im Tenaillon T, von den Franzosen aufgegeben wurde. Minder
glücklich lief der am Abende von den Verbündeten unternommene
Versucli. sich endlich auch des Waffenplatzes Wj, zu bemächtigen,
ab. 30 Grenadiere und 200 Füsiliere, welche sich auf denselben
warfen, mussten sich nach drei Stürmen begnügen, ein bereits am
7. September begonnenes Logement zu behaupten, und den Trichter
einer Mine zu verbauen, welche der Vertheidiger während des zwei-
stündigen Kampfes hatte springen lassen.
Nachdem die Angriffs-Batterien am 2. October mit verdoppelter
Heftigkeit gefeuert hatten, um die Aufmerksamkeit des Vertheidigers
insbesondere von den Arbeiten auf den Tenaillons abzulenken, durch-
brach der Mineur in der Nacht zum 3. die Contrescarpe des Ravelins R^
und schritt unverzüglich an die Ausfüllung des Grabens. Da der Ver-
theidiger diese Arbeiten erst nach Mitternacht wahrnahm, wurden die-
selben, trotz des heftigen Feuers, das dann auf sie gerichtet wurde,
noch vor Tagesanbruch soweit beendet, dass dem Sturme auf das
Kavelin nichts mehr im Wege stand.
Bis jetzt hatten die Ingenieure, gegen die Ueberzeugung aller Ober-
Generale, die Stürme immer bei Nacht unternommen. Man beschloss,
') M«:-iii.jiros iiiilitaires (l'elet) VIU, ll'J his L21. — Qiiiucy V. 568 bis 572.
Beiwick, Memoire» 401. — Tlieatruin Europaeum XVIII.
*) Kricffs-A., Nietlerlaurle 1708; Fase. XIII. 1 und 2 a. — Marlborough an
Sun«1prlanfl. Roncq , 4. October 170S. .Miirray IV. 251. — Tlieatrum Eurupaeum
XVIir. K;-.'. — Quincy V. 502 uu<l 5tj;j. — IH'ro.Ic II. 256.
449
von dieser Gepflogenheit diesmal abzugehen und den Sturm noch vor
Mittag zu wagen *). 300 Grenadiere, 200 Füsiliere und 200 Arbeiter,
commandirt von 3 Stabs-Officieren und 8 Hauptleuten nebst den ent-
sprechenden Subalternen, sollten ihn so ausführen, dass beide Facen
gleichzeitig angefallen wurden. Kein Signal sollte dem Sturme voraus-
gehen.
Diese klugen Anordnungen hatten den besten Erfolg. Der Cheva-
lier d'Ognon hatte sich mit seiner Mannschaft von Bouffiers die
Gunst erbeten, auf seinem Posten, dem Ravelin Rj und den zugehörigen
Tenaillons nicht abgelöst zu werden. Seit 17 Tagen ^) hatten sie diese
Werke mit heroischer Standhaftigkeit vertheidigt. Im Glauben, der
Sturm werde erst am Abende versucht werden, gaben sie sich Mittags
der Ruhe hin und wurden vollständig überrascht. Der Unterofficier,
welcher die Spitze der Angriffs-Colonne führte, wurde von der fran-
zösischen Schildwache für einen Deserteur gehalten; die Franzosen
fanden nicht mehr Zeit, die Waffen zu ergreifen. Der grösste Theil
warf sich in den Hauptgraben, der Rest wurde getödtet, verwundet
oder gefangen.
Inzwischen war aber die ganze Besatzung Lille's unter die Waffen
getreten. Das mächtige Kleingewehr-, Kanonen- und Bombenfeuer,
mit welchem der Vertheidiger vom Hauptwalle und den Nebenwerken
des Ravelins ihn durch zwei Stunden überschüttete, brachte den
Angreifer zwar zum Weichen, aber der 3. October sollte den Ver-
bündeten ein Tag des Glückes sein. Eine französische Bombe, welche
die Graben - Gallerie einschlug, trug wesentlich dazu bei, dass der
Obrist und der Obristlieutenant die Weichenden zum Stehen und zur
Umkehr zu bringen vermochten. Der Fall des Ravelins hatte natür-
lich die Räumung der Tenaillons zur Folge, die d'Ognon bis jetzt
besetzt gehalten. Sie geschah in der folgenden Nacht, ihre Besatzung sal-
virte sich mittelst Kähnen. Das Mass voll zu machen, flogen nach dem
Sturme drei Magazine in die Luft. Eine Bombe, auf die Bastion III
*) Im Jahre 1677 wurde Valeuciennes am hellen Tage gestürmt und genommen.
Bis dahin war man der Ansicht gewesen, dass die Stürme Nachts ausgeführt
werden müssten, um im Vorgehen nicht gesehen zu werden und das Blut der Soldaten
zu sparen. „Sie werden es mehr sparen," sagte Vauban, der Meinung von fünf
Marschällen und Louvois' entgegentretend, „wenn Sie bei Tag stürmen werden, ohne
Verwirrung und oime Getümmel, ohne Furcht, ein Theil unserer Leute werde auf
den anderen schiessen. Uebrigens werden wir noch den Feind nach einer durch-
wachten Nacht in dem Zustande der Erschöpfung überraschen." Histoire de Marl-
borough II. 438.
^) Quincy V. spricht von 37.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, 1. Band. 29
450
p:efallen, brachte 40 Fässer Pulver und l(iOO Granaten zur Explosion,
die Valory das Leben kostete. Der Angreifer, welcher im Ravelin
sechs Geschütze fand, behauptete das Gewonnene, freilich mit einem
Verluste von 200 bis 300 Mann, und war nun endlich Herr des ganzen
]>rillenwerkes.
Die Nacht zum 4. wurde vom lielagerer benützt, sich des Er-
oberten thunlichst zu versichern und den gedeckten Weg der Bastion III
zu erobern, was mit grossem Verluste verbunden war. Tags vorher
war auch die zur Halbbastion des Hornwerkes H^ führende Galerie
endlich fertiggestellt worden.
Das nächste Ziel des Belagerers musste jetzt sein, sich ehestens
der Waffenplätze W^ und W,, zu bemächtigen. Der Kampf um die
von den Franzosen noch immer behaupteten Theile des gedeckten
AVeges Hess sich ungemein mühevoll, zeitraubend und blutig an und
führte zunächst nur im linken Angriff zum Ziele.
Wiewohl der Minenkrieg gegen den gedeckten Weg der Bastion II
bis zum Abende des 5. October die gewünschte Wirkung nicht hatte,
schritt man hier doch zum Sturme auf die Contrescarpc. Da das Auf-
fliegen von Vertheidigungsminen und das Feuer maskirter Batterien
die Stürmenden in Verwirrung brachte, scheiterte der Angriff auf den
Waffenplatz W^ gleich zu Beginn. Rechts davon gelang zwar ein
kleines Logement, aber die Franzosen fielen aus und nahmen es wieder.
Der Sturm wurde am Abende des 7. wiederholt und scheiterte aber
mals. Ein erneuerter Versuch, am Abende des 8. unternommen, hatte
den gleichen Erfolg, Wieder hatten die Angriffsminen zu kurze Wirkung
und konnten die Trichter erst in der Nacht verbaut werden. Nun
rückte man auch dem Waffen platze W^ mit der Sape an den Leib,
nahm am Abende des 9. die Contrescarpc von Bastion II mit Sturm
und verbaute sich auf ihr. Ein kleiner Ausfall Bouffiers' war erfolg-
los. Der Belagerer näherte sich in der Nacht zum 11. dem Waffen-
platze W^ sapirend bis auf 25 Schritte und legte am Glacis von W^
eine Batterie an, welcher er am 12. noch eine für 5 Mörser und
eine dritte für (J Kanonen (Contrebatterie) anschloss. Am L3. wurde
gegen den Waffenplatz W^ der Mineur angesetzt. Schon um 6 Uhr Abends
konnte der Belagerer zünden, worauf unverzüglich gestürmt wurde.
Diesmal mit vollem Erfolge. Nach heftigem Kampfe wurden die Fran-
zosen vertrieben und das Eroberte, wenn auch mit grossem Verluste,
doch behauptet, wiewohl drei im Hornwerke H, placirte Geschütze
unaufhörlich Kartätschen schössen.
Noch immer hielten aber die Franzosen den Waffenplatz Wj,.
Die Bastion III wirksamer zu breschiren, war auf ihrer Contrescarpc
451
am 6. eine neue Batterie ang'ele^t, welche am 8. armirt wurde, um
noch am selben Tage mit dem Baue einer weiteren ö-Kanoncu-Batterie
zu beginnen, welche die gegenüberliegende Flanke der Bastion II zum
Schweigen bringen sollte. Diesen Batterien ward am 9. noch eine für
4 Kanonen angeschlossen. Bereits am 6. war man aus der am Fusse
des Glacis gezogenen Parallele mit einer Sape in der Capitallinie der
Bastion III ausgebrochen, um mittelst einer unterirdischen Abfahrt
in den Hauptgraben zu gelangen, dessen Wasser man bereits am 9.
abzuleiten begann und den man mittelst einer Gralerie zu überschreiten
gedachte. In der Nacht zum 10. krönte der Belagerer die Contregarde
der Bastion III bis zum Batardeau und legte daselbst eine 6-Kanonen-
Batterie an. In der folgenden wurde die Contrescarpe der Bastion III
an drei Puncten durchbrochen und am 13. von der Sapespitze aus
gegen den Waffenplatz Wg der Min cur angesetzt.
Diese Arbeiten wurden dadurch vervollständigt, dass im Ravelin-
Reduit Rg eine 3-Kanonen-Batterie erbaut und mit den Geschützen,
welche die Franzosen im Stiche gelassen, armirt wurde. Sie eröffnete
am 10. das Feuer gegen das Ravelin R3.
Beide Angriffe besser zu verbinden, wurde über die Deule, nächst
Tenaillon T2 eine Brücke b^ geschlagen. Während dieser Fortschritte
der Belagerung war Bou ff lers, der im Hauptwalle sehr bedeutende
Breschen hatte, eifrig bemüht, dieselben zu schliessen und alle Vor-
kehr zu treffen, einem allfälligen Sturm kräftigst begegnen zu können.
Hinter den die Breschen sperrenden Verhauen wurde eine zweite Hinder-
nisslinie angelegt; die improvisirten Abschnitte in den Bastionen wurden
mit Kartätschgeschützen armirt und der Vorbereitung von Feuerwerks-
körpern die grösste Aufmerksamkeit zugewendet.
Der Geschützkampf, in diesen Tagen wahrscheinlich wegen Mangels
an Pulver weniger kräftig, wurde seitens der Verbündeten wesentlich
gegen die Batterien geführt, welche die Franzosen auf der Cour-
tine II — III placirt hatten. Am 9. jedoch wurde auch die Stadt bora-
bardirt, um die Einwohner zu ängstigen und Bouffiers Schwierigkeiten
zu bereiten.
Der Artilleriekampf, zu welchem die Verbündeten sich bereiteten,
sollte nunmehr einer anderen leitenden Idee folgen. Bis jetzt hatte
der Belagerer seine Feuerkraft auf eine übermässig grosse Front ver-
theilt und dadurch zersplittert. So waren in den letzten drei Wochen
auf das Hornwerk Hg und das Ravelin II3 allein bei 20.000 Kanonen-
schüsse verfeuert worden. Die 55 Kanonen, 10 Haubitzen und 36 Mörser,
welche man in der Krönung zu placiren beabsichtigte, sollten ihr
Feuer fortan thunlichst auf die Eine Front der Porte d'Eau concen-
29*
452
triren. Man beschloss, das Hörn werk H^ und das Ravelin R.j fortan
unbehelligt zu lassen und sogar die alte Bresche im Bastion 111 aufzu-
ireben ; daffeffen aber die andere Face, wie die stanze Courtine II — III
zu breschiren und die verlegte Sturmlücke der Bastion II zu säubern.
Alle Versuche, die Verhaue der zuerst erzeugten Breschen zu zerstören,
hatten sich als vergeblich gezeigt. Auch den mit Scheiterhaufen
gesperrten war nicht beizukommen. Schon aus diesem Grunde musste
an die Erzeugung neuer Sturmlücken gedacht werden.
Bereits am 14. standen in den Krönungen des rechten Angriffes
24 Geschütze feuerbereit. Man befürchtete aber bei einseitigem Artil-
lerie-Angriffe das ungetheilte Feuer der Vertheidigung auf diese
Geschütze zu ziehen und beschloss daher, das Feuer nicht früher zu
eröffnen, bis nicht auch die Batterien des linken Angriffes schuss-
fertig. Die Enge der Laufgräben und die Gegenwirkung des Ver-
theidigers verzögerten die Armirung derart, dass erst am Vormittage
des 21. October an die Eröffnung des Feuers geschritten werden
konnte.
Neben den Vorbereitungen zur allgemeinen Beschiessung beschäf-
tigte die Anzapfung des Hauptgrabens, die Herstellung der Dämme
für den Grabensübergang, kurz die Vorbereitung des Hauptsturmes die
Verbündeten. Dass all' dies noch Zeit und Leute kosten , ja dass der
Belagerer gezwungen sein werde, den Hauptsturm auch wirklich aus-
zuführen , wagten nüchterne Beurtheiler , wie z. B. S c h u 1 e n b u r g,
kaum zu bezweifeln.
Wiewohl Bouffiers im Geheimen bereits seinen Rückzug in
die Citadelle vorbereitete, versäumte er nichts, was den Grabensüber-
gang verzögern konnte. Von höchster Wichtigkeit war für ihn die
Beherrschung der Wasser-Manöver. Noch vermochte er das Wasser
nach Belieben zu stauen *). Damit, sowie durch Benützung schuss-
sicherer, crenelirter Barken hoffte er den Uebergang lange genug
streitig machen zu können. Da die Angriffs-Batterien schon zahlreiche
Vertheidigungs-Geschütze demontirt hatten, wurde auf die Ausbesserung
schadhafter die grösste Sorgfalt verwendet. Das Artillerie-Materiale
zu schonen und den Belagerer irre zu führen, verwendete Frez eliere
leichte Manövrir ■ Geschütze, welche auf vier Rädern rollten und nach
jedem Schusse ihr Emplacement ändern konnten.
Am Morgen des 15. fielen die Franzosen gegen den linken Angriff
und zwar gegen den Waffenplatz W^ aus, drangen in den gedeckten
*) Nach Coxe Meinoirs II. 299 betrug die Wassertiefc im llauptgiabeu
8 bis 10 Fuss (2 51 bis 3 1 4"").
453
Weg und zerstörten einige Verbauungs-Arbeiten. Sie wurden zwar
alsbald zurückgetrieben, verzögerten aber durch einen zweiten Ausfall
die Arbeiten von Neuem.
Noch immer behaupteten die Franzosen den Waffenplatz Wg.
Zwei Minen , welche der Belagerer gegen ihn spielen Hess, hatten
ihrer schlechten Anlage wegen nur sehr geringe Wirkung, Aus diesem
Grunde und weil man das Feuer einerseits aus dem Hörn werke H,,
andererseits aus dem Kavelin Rg fürchtete, unterliess man den Sturm
auf den Waffenplatz. Gewitzigt durch die bisherigen Erfahrungen,
suchte man die Franzosen durch das Feuer allein zum Aufgeben dieses
Werkes zu nöthigeu. Als sich dies als aussichtslos herausstellte,
stürmten die Verbündeten am Abende des 18. October alle Theile des
gedeckten Weges, die sie bisher nicht hatten nehmen können. Es
gelang, wenn auch nicht ohne Verlust *).
Um dieselbe Zeit waren in beiden Angriffen für die Abfahrt in
den Graben vier Sapen unter dem gedeckten Weg bis an die Contre-
escarpe vorgetrieben, die Mauer aber noch nicht durchgeschlagen, um
die Franzosen auf die Durchbrüche nicht vorzeitig aufmerksam zu
machen.
Die auf die Coupure der beiden Batardeaux abzielenden Arbeiten
hatten alsbald den besten Erfolg, das Wasser sank sichtlich und auch
die Ausfüllung des Hauptgrabens mit Faschinen machte Fortschritte.
Am 19. war der Graben von der Front H — III fast schon trocken.
') „AVir verloren liier bereits 10.000 M;inn au Todten iiud Verwuudeteu —
schreibt Scluüeubiirg (358) am 18. October — und sind noch nicht Herren der Stadt. Es
ist wahr, wir sind im Graben nnd sind im Begriffe, morgen das Feuer zu eröffnen,
um von Neuem Bresche zu schiessen und den Graben auszufüllen, was in 4 oder
5 Tagen geschehen sein kann , wenn man tadellos vorgeht. Hiernach erübrigt uns
nur, den Generalsturm auszuführen. Viele glauben und viele wetten auch darauf,
dass die Feinde denselben nicht abwarten werden. Wenn sie die Citadelle nicht
hätten, glaube ich selbst ganz gewiss, dass sie anfingen, vom Capituliren zu sprechen ;
gegenwärtig aber gibt es Niemand, der darüber Verläs.sliches sagen könnte, umsomehr
als sie hinter der Bresche Abschnitte haben. Man wird klar sehen, sobald man den
Hauptgraben auszufüllen und in die Courtine, wie in die Face, Bresche zu schiessen
begonnen, was man aus Dummheit bis jetzt iinterlassen hat. Die Besatzung der Stadt
ist sehr geschwächt; man glaiibt, der Vertheidiger habe nicht mehr als 4000 Dienst-
taugliche. Sie tödten alle Pferde, um zu leben ; man zählt daher darauf, noch vor Ende
des Monats Herr der Stadt zu sein, wenn das schöne Wetter anhält und kein böses
Ereigniss eintritt. Wird man aber weniger in Verlegenheit sein , wenn der Feind
tadellos handelt '? Wenn man auf die Dummheiten anderer zählt, kann man sich ver-
rechnen. Wir werden nach Brabant zurückkehren und die Verbindung nach Ostende
haben müssen; das eine wie das andere wird seine Misslichkeiten haben und
schlüpfrige Schritte."
4.54
Die Armirung der Batterien auch des linken Angriffes war nunmehr
beendet und standen rechts 26 Kanonen, 11 Haubitzen und 7 Mörser,
links 30 Kanonen, 5 Haubitzen und 12 Mörser feuerbereit ').
Die allgemeine Beschiessung der Hauptumfassung begann am
21. October um 10 Uhr Vormittags. Der Vertheidiger ant\Yortete
kräftig, vermochte aber die Vorbereitungen zum Grabensübergang nicht
mehr zu stören. In der folgenden Nacht wurde die Contrescarpe
durchgeschlagen und an den Uebergängeu so emsig gearbeitet, dass
bis zum Morgen die Gralerie zur Bastion IH gänzlich, jene gegen
Bastion II zur Hälfte fertig gestellt war. Am 22. wurde die Be-
schiessung mit bestem Erfolge fortgesetzt. Die Facen lagen nun voll-
ständig in Schutt und Trümmer, die Courtine war schon nahezu zer-
stört. Alle Versuche der Franzosen, die Breschen unersteigbar zu er-
halten , waren vergeblich. Nichts stand mehr der Ausführung des
Hauptsturmes entgegen, zu welchem die Verbündeten sich anschickten.
Bouffiers glaubte diesen Sturm nicht mehr aushalten zu können.
Der dritte Theil der Stadt, nämlich die Kirchspiele St. Peter,
St. Andreas und St. Katharina, lagen in Schutt und Trümmer. Die
Besatzung war bereits ausserordentlich geschwächt ; die mühsam her-
gestellten Abschnitte waren durch die neuen Breschen in der
Courtine umgangen; zur Vertheidigung der Citadelle erübrigten nur
mehr 460 Centner Pulver. Also ward im Kriegsrathe einstimmig
beschlossen, die „Chamade zu schlagen", d. h. zu capituliren. Es war
etwa 4 Uhr Nachmittags, als die Franzosen auf der Hauptbresche
eine weisse Fahne hissten und zu capituliren verlangten ^), gerade in
dem Augenblicke, da Prinz Eugen von Menin, wo er sich mit
M a 1- 1 b o r o u g h besprochen, zurückkehrte.
Sofort wurden die Feindseligkeiten beiderseits eingestellt. Alsbald
erschien eine französische Deputation von 6 Stabs - Officieren und
Generalen, von einem General-Lieutenant geführt, im Lager. Sie wurde
von den Verbündeten erwidert und nachdem Geisel gewechselt worden,
unverzüglich an die Ausarbeitung der Punctationen geschritten. Prinz
Eugen beglückwünschte Bouffiers ob seiner schönen und glor-
reichen Vertheidigung. Da er ihn als einen so tapferen Mann kennen
gelernt, überlasse er ihm die Verfassung des Capitulations-Entwurfes.
Kr könne darauf rechnen , dass er keine Bedingung zurückweisen
werde, welche anzunehmen Ehre und Pflicht ihm erlaubten *). In der
That acceptirte der Prinz von den ihm um 11 Ulir Nachts überreichten
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIll. ::3 a.
^) Krieg:s-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
'j Derode II. 204. I'niii-Lavaimie 340.
455
19 Artikeln Bouffiers' 16 und nur 3 erlitten Modificationen. Die
Capitulation ') ward am 23.;, 10 Uhr Vormittags, perfcct. Ihr zufolge
stand es Bouffiers frei, die Verwundeten, Kranken, den Generalstah
der Festung, die Pferde und Equipagen der Officiere, endlich die
Cavallerie, die sich unter Luxem bourg in die Festung geworfen,
nach Douai zu senden.
Vor der militärischen Capitulation wurde vom Magistrat am
Abende des 22. eine besondere für die Stadt und Burgvogtei von Lille
abgeschlossen. Von- den 70 Bitten der Stände wurde nur eine einzige,
Nr. 37, absolut verworfen, welche lautete: „Die genannte Landschaft
wird von der Brandschatzung, welche ihr auferlegt werden könnte,
gänzlich befreit." Der Forderung aber: „dass die Gouverneurs der ge-
nannten Stadt Katholiken und bemüssigt seien, den gewöhnlichen Eid zu
schwören", wurde beigesetzt: „Verweigert rücksichtlich der Religion -)".
Die Verluste, welche der Belagerer in der Zeit vom 14. August
bis 22. October erlitten, wurden ämtlich wie folgt beziffert :
Todte Verwundete
General-Major — 1
Obriste 1 4
Obristlieutenants 3 9
Majore 7 10
Capitaine 46 103
Subalterne 91 192
Zusammen . . 148 319
Ingenieure 25 39
Unterofficiere 100 225
Soldaten 3422 7982
Totale . . . . 3695 8565 ")
Quincy (V. 580) beziffert ihn weit höher. Einige Generale der
Verbündeten gaben zu , berichtet er , an Todten und Verwundeten
18.000 Mann verloren zu haben, ungerechnet 9000 bis 10.000 Kranke,
welche in den Spitälern darnieder gelegen.
Der Verlust der Besatzung wird in den Memoires militaires
(Pelet) VIII. mit nur 5500 Mann veranschlagt, wozu noch etwa
100 Bürger zu rechnen *) ; Derode gibt aber an, er sei amtlich mit
*) Der Wortlaut: Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 6 und 11 und in
wortgetreuer deutscher Uebersetzung : Tlieatruni Europaeuni XVIII. 1G4. — Brun-
Lavainne 395 und 402.
-j Quincy V. 579.
■■*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
*) Nach Brian- La vainne (341) wurde er auf 7000 Todte und Verwundete
geschätzt.
456
3022 Todten und 8322 Verwundeten beziffert worden *), was auch
wahrscheinlicher.
Ist der Nachwelt von jener Vielzahl von Factoren, welche auf
den Geist, den Gang und das Ende dieser sechzigtägigen Belagerung
Einfluss nahmen, nicht genug überkommen, um ihr ein im Grossen,
wie im Einzelnen absolut zutreffendes Urtheil zu ermöglichen, so ist
sie doch nicht genöthigt, blindlings anzuerkennen, was ein berühmter
und sachverständiger Augenzeuge darüber in die Welt gesetzt und
womit er die öffentliche Meinung bis auf unsere Tage beeinflusst hat '•*).
Schulenburg's Tadel über die verfehlte Wahl der Angriffsfront
ist früher schon näher beleuchtet worden. — Auch der Hauptvorwurf,
den er dem Belagerer macht, dass er zu viel Kräfte gegen die Horn-
werke H, und H, und nicht alle gegen das Brillen werk (Tj, T^, R^)
verwendet, ist kaum ganz stichhältig. Für den Anfang war der Genie-
und Artillerie-Angriff nicht zu ausgedehnt. Um gegen das Brillenwerk
vorrücken zu können, mussten die Hornwerke (deren schwache Ar-
mirung übrigens auffällig ist) kräftig angepackt werden und der Angriff
die inneren Flanken (Flügel) beider und deren gedeckten Weg in der
zweiten Periode unter ein so erdrückendes Feuer nehmen, dass sie in
der dritten bereits gänzlich zum Schweigen gebracht und daher ausser
Stande waren, das Vorrücken des Sapeurs gegen die Tenaillons zu
gefährden. Die Wegnahme der Waffenplätze bei den Hornwerken war
allerdings nicht unbedingt noth wendig. Durch Unterlassung des Sturmes
auf selbe und durch mächtige Feuerwirkung gegen sie, hätten viel
Leute erspart werden können. Die Ausdehnung des Augriffes — im
Allgemeinen ja nur von den vorhandenen Arbeitskräften abhängig,
an denen im gegebeneu Falle kein Mangel — war daher anfänglich
nicht zu gross ; erst von der IL Parallele an könnte sie mit Rück-
sicht auf den Nahe-Angriff als unnöthig weit befunden werden.
„Erst sechs Wochen nach Eröffnung derTrancheen," sagt Schulen-
burg, „habe man sich von diesem Fehler — zu grosser Ausdehnung —
überzeugt, sowie, dass man auf zu viel Puncten (es waren deren zwölf)
Bresche zu schiessen unternommen, und dass man sich darauf hätte
beschränken sollen, die beiden Hauptbastione und die dazwischen
liegende Courtine zu beschiessen. Erst zum Schlüsse der Belagerung
erkannten die holländischen Ingenieure ihren Irrthum, stellten die
Beschiessung des rechts gelegenen Hornwerkes (H,) ein, concentrirten
ihr Feuer auf die angedeuteten Puncto und nach acht Tagen rechtfertigte
der Erfolg dieses veränderte System." Dass mit dem Vorschroiton
') Derode II.
*) Siehe Thcatnim Eun.i.,Meuiii XXIU. mu\ Nooi.len III. 2H3.
457
des Augriffes das Geschützfeuer sich immer mehr auf die Front
II — III concentrirte , ist selbstverständlich. Zum Schlüsse standen
gegen selbe doppelt so viel Batterien, als V a u b a n verlangte. Wenn
der Breschen überhaupt jemals zu viele sein können, so war mit
Rücksicht auf den häufig drohenden Munitionsmangel wohl nur Eine
zu viel, jene in der linken Face der Bastion III.
Unverkennbar trägt der Angriff die charakteristischen Merk-
male der C ö h o r n'schen Schule. Wie in den Belagerungen, welche
dieser grosse Kriegs - Ingenieur geleitet , herrscht in der von Lille
die Tendenz vor, den Vertheidiger zu überraschen, zu schrecken,
über den Haufen zu werfen. Keine Auslagen, keine Mühen, keine
Menschenopfer werden gescheut, den Willen des Vertheidigers unge-
stüm zu brechen, die Belagerung abzuküizen. Wie in C ö h o r n's
Attaquen findet sich auch hier eine auffallende Anhäufung und Ver-
wendung von Feuerschlünden; eine erstaunliche Vielheit und Mannig-
faltigkeit von Zerstörungsmitteln, eine Reihe von Stürmen, deren Kühn-
heit und Combination geradezu blendet. Der Gegensatz zu dem
bekannten Angriffsverfahren Vauban's ist in die Augen springend.
Wie hoch der grosse Franzose auf diesem Gebiete seinen als Befestiger
grösseren Rivalen überragt, das zeigt in grellem Lichte der Kampf
um Lille. Der ungestümen, leidenschaftlichen, elementaren Gewalt
des Co hör n'schen Angriffes gegenüber erscheint das methodische,
durchgeistigte, sicherer und rascher zum Ziele führende Verfahren
V a u b a n's, welches das Blut des Soldaten schont, ohne der Kraft des
Angriffs Abbruch zu thun, als die Verkörperung sieghafter, der Zukunft
sicheren Kunst.
Der Vertheidigung macht Schulenburg den Vorwurf, zu wenig
Ausfälle unternommen, insbesondere aber unterlassen zu haben, gleich
von Beginn der Belagerung im Inneren des Platzes von einer ange-
griffenen Bastion zur anderen eine ausgedehnte Verschanzung (General-
abschnittj angelegt zu haben, um hinter dieser einen Generalsturm auf
den Hauptwall abwarten und abweisen zu können. Er ist ferner der
Meinung, Bo uff 1er s hätte die beiden Tenaillons T, und T^ und das
Ravelin R^ unterminiren lassen sollen, damit selbe nach deren Einnahme
durch den Feind mit der ganzen Besatzung hätten in die Luft gesprengt
werden können. — Was den ersten Punct betrifft, erscheint der Vor-
wurf insoferne berechtigt, als kleine Ausfälle in grösserer Zahl hätten
gewagt werden können; grosse aber konnten wegen Mangels an Vor-
richtungen dazu nicht unternommen werden. — Ein Geueralabschuitt
war nur durch Vertheidigungs-Instandsetzung von Häuserfronten mög-
lich. Der besondere Werth, den Schulen bürg auf eine solche Ver-
458
theidigungslinie legt, ist eine weitere Bekräftigung der Behauptung,
dass die Angriffsfront richtig gewälilt war. Hinter der Südfrout,
welche nach 8 ch u 1 e n bu rg's Meinung anzufallen gewesen, wäre ein
Generalabschnitt leichter herzustellen und wirksamer zu vertheidigen
gewesen. — Dei- letzte Vorwurf endlich war nicht begründet. Das
Brillenwerk war, wie wir wissen, unterminirt; dass es vom Verthei-
diger nicht in die Luft gesprengt wurde, erscheint durch die gebotene
Oekononiie mit dem Pulver genügend gerechtfertigt.
Hoch über der taktisch-technischen Leistung steht die soldatische.
Der ki'iegerische Genius und die kriegerische Tugend der germanischen
und der gallischen Race haben kaum jemals glänzendere Proben ab-
gelegt, als in dieser sechzigtägigen Festungsschlacht. Der Muth und die
Ausdauer, die Tapferkeit, Entschlossenheit und die Todesverachtung,
welche der Belagerer ohne Unterschied des Stammes bei jeder Ge-
legenheit bethätigte, fanden den ebenbürtigsten Widerpart im Ver-
theidiger, der mit der traditionellen Bravour, dem erfinderischen Sinne
und der unversieglichen Unternehmungslust des Galliers eine unver-
gleichliche Beharrlichkeit und Ausdauer verband. Die Zähigkeit, mit
welcher von ihm die eingehenden Waffenplätze nächst den Hornwerken
und die Abschnitte in den Tenaillous behauptet worden, ist ebenso
erstaunlich, wie die Kühnheit des von den Verbündeten unternommenen
Sturmes auf den gedeckten Weg.
Ereignisse im Felde.
Stillstand in den grösseren (Operationen. — Das Requi-
sitions-System der Verbündeten.
Ludwig XIV. hatte den Plan, mit vereinten Kräften Marl-
borough anzugreifen, genehmigt und sollten nach Burgund's Dis-
position seine und Vendome's Truppen sich am 26. October zu Vynckt
vereinigen. So lange Leffiughe nicht gefallen, hatte aber Vendome
geantwortet, könne er nicht marschireu ; der Schelde-Uebergang sei auf
den 28. zu verschieben. Nach dem inzwischen eingetretenen Fall von
Lille, glaubte Burgund nicht früher handeln zu dürfen, ehe er nicht
neue Weisungen vom Hofe erhalten, die er noch am 23. erbat.
Ludwig XIV. befahl, die Armee in der innehabenden Aufstellung
zu belassen , allen Uebergangspuncten von Nieuport bis Tournay
ein besonderes Augenmerk zuzuwenden und dadurch den AUiirten
die Verbindung mit Brabant zu benehmen. lieber (J h a m i 1 1 a r t's
Aufforderung am 28. October, 6 Bataillone in den Rabot de la
Lieve sendend. änd<-rt<; Burj^und weiter nichts in der Aufstdlun":
459
seiner Armee. Der in ihr herrschende Geist Hess es rathsam er-
scheinen, sie einem Kampfe nur dann auszusetzen, wenn der Köni^
ihn befahl*).
Wiewohl Marlboroug'h für das Wichtigste hielt, des Gegners
neu eröffnete Verbindung von Gent nach Nieuport abzuschneiden
oder wenigstens zu beunruhigen^), trat nach dem Verluste Leffinghe's
in den grösseren Operationen doch ein fast einmonatlicher Stillstand
ein. Die Verbündeten hielten sich zu grösseren Unternehmungen so
lange unfähig, als die Citadelle von Lille nicht gefallen ; die Franzosen
hatten nicht mehr die moralische Kraft, einen entscheidenden Waffen-
gang zu wagen. Das Abhängigkeits-Verhältniss zum Hofe von Ver-
sailles, die personellen Reibungen im Hauptquartier und die unglaub-
liche Verzettelung der Truppen, welche die Alliirten buchstäblich
cernirten, thaten das Ihrige, es zu einem kräftigen Handeln nicht
mehr kommen zu lassen.
Da die Verbündeten nunmehr von allen ihren Depots abgeschnitten,
wurde die Frage des Unterhaltes die brennendste von allen. Bis
Mitte October waren die Alliirten mit Getreide reichlich versehen,
aber von diesem Zeitpuncte an, beherrschte die Verpflegsfrage that-
sächlich alle Massnahmen. Besonders fühlbar war der Mangel an Wein,
Branntwein und Salz, welch' letzteres von Ostende bezogen werden
musste. Vom 16. October an hatte, wie bereits erwähnt, die viertägige
Brodration für sechs Tage auszureichen. Das seit längerer Zeit ange-
wandte Requisitions-System erfuhr unter diesen Umständen eine Aus-
dehnung, welche das von den Verbündeten militärisch beherrschte
Gebiet allmälig vollends erschöpfte. Indess auf spanisch-niederländischem
Boden alles Weggenommene quittirt und nach dem Marktpreise be-
zahlt wurde, hielt man dies auf französischem Territorium für über-
flüssig, sagte aber den Requisitions-Detachements, sie anzueifern, Ent-
lohnungen zu. Hauptobjecte der Ausbeutung waren das französische
Flandern, der Artois und die Picardie. Die Ausschreibungen wurden
entweder durch die Burgvogteien und die Stadtmagistrate oder
unmittelbar durch Truppen -Detachements effectuirt. Der in's Auge
gefasste Rayon wurde dann in Cantone eingetheilt und deren jeder
einem Detachement zugewiesen. Auf jedes der letzteren entfiel eine
angemessene Zahl von Officieren, deren besondere Aufgabe es war,
Unordnungen, Ausschreitungen, Plünderungen u. dgl. hintanzuhalten.
Bisweilen wurde auch ein Intendant zugetheilt. Um Unterschleifen
») Memoires militaires (Pelet) VIII. 121 bis 127.
^) Marlborough an die Generalstaaten-Deputirten. Eouler.s, 31. October 1708.
Miirray IV. 285.
460
vorzubeugen, wurden über alle Requisitionen doppelte Vormerkungen
geführt ' ).
Die Nüthwendigkeit, den Requisitions-Rayon auszudehnen und
zugleich den Franzosen in dieser Gegend auf die Finger zu sehen, ver-
anlasste Marlborough, am 19. October den General-Major St. Laurant
mit 40 Schwadronen gegen Deynze a. d, Lys zu senden *). Um diese
Zeit hatte Marlborough nicht weniger als 6000 Reiter auf Requi-
sition commandirt "). Wenige Tage später sah Prinz Eugen sich zu einer
ähnlichen Detachiruug veranlasst. Der Prinz erfuhr, dass der Marechal
de Camp Graf de llle beauftragt sei, im französischen Flandern,
wie im Artois den Verbündeten alle Kornfrucht und Fourage zu
entziehen. Die Dörfer der Burgvogtei von Lille zu decken und ihre
Hülfsquellen der eigenen Armee zu erhalten, entsandte Prinz Eugen
am 23. October, da durch die Capitulation Lille's eben Kräfte fi-ei-
geworden, den Erbprinzen von Hessen mit 10 Bataillonen Fussvolk
und 24 Schwadronen Reiterei nach La Bassee, wo einige französische
Bataillone und Cavallerie-Regimenter eben eingetroffen sein sollten *).
Im letzten Drittel des October waren die Streitkräfte der Ver-
bündeten über einen Raum von nahezu 57 Quadrat • Myriameter
(100 Quadratmeilen) verbreitet und daher so sehr zersplittert, dass
Marlborough darüber höchlich beunruhigt, es kaum wagte, sein
Hauptquartier Roulers zu verlassen, um sich mit Prinz Eugen zu
berathen. Alle Requisitiuns-Detachements zur grössten Vorsicht mahnend,
stand der Herzog bereit, ihnen im Bedarfsfalle auf den ersten Alarmruf
beizuspringen. Brüssels sicherer zu sein, musste Pascal die dort
stellenden kaiserlichen Reiter zurückhalten, statt sie nach Ath mar-
schiren zu lassen ^).
Da während des Operations-Stillstandes in der Gruppirung der
verbündeten Streitkräfte nur wenig bedeutsame , meist durch die
Rücksicht auf die Landesausbeutung bedingte Veränderungen eintraten,
ist die Geschichte dieser vier Wochen, die Geschichte der einzelnen
Detachements.
Die französische Besatzung von La Bassee beeilte sich, diesen
Posten beim Nahen des Erbprinzen von Hessen zu räumen. Dieser
'j Das Einzehie in MarllMprnujrh's Cni-rcsiniudimy, von Juli bis Ende No-
veinber 1708. Munay W .
*j Marlburoiigli an Fagcl. Koulers, "iO. Ottober 1708. Miirray IV. 270 und
Quiucy V. 576.
») Marlborough an Rechteren, 20. October 1708. Murray IV. 271.
*J Krieg8-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1.
*) Marlborough au Pascal. Koulers, 25. October 1708. Murray IV. 279.
461
verstärkte über Prinz Eugen's Befehl vom 24. und 25, October den zu
Armentieres stehenden Oberst Collin Lambert mit 600 Pferden,
übergab aber schon am 31. das Commando dem chursächsischen General-
Feldmarschall-Lieutenant Graf Wackerbarth. Da La Bassee dazu
dienen sollte, die Winterquartiere zu sichern, schritt der Graf unver-
züglich an die Befestigung seines Postens, eine Arbeit, die umso mühe-
voller und zeitraubender war, als die ausgeschriebenen Schanzbauern
nur zur Hälfte zur Stelle gebracht werden konnten. Übrigens
f()rderte er von hier aus in der Nacht zum 6. November eine Unter-
nehmung Collin Lambert's dadurch, dass er die Garnison von
Bethune alarmirte und beschäftigte. Auf seine Bitte verstärkte ihn Prinz
Eugen in den nächsten Tagen durch Reiterei (10. November). Er
wurde dadurch befähigt, am 12. eine grössere Requisition in der Gegend
von Lens zu versuchen, musste aber, da überlegene feindliche Kräfte
gegen ihn vorgingen, am Abende gegen La Bassee zurückweichen.
Aber schon am nächsten Tage unterstützte er Collin Lambert mit
fast 3000 Mann in seinem erfolggekrönten Anschlag auf St. Venant.
Wiewohl der Zustand seines Detachements in Folge des aufreibenden
Dienstes und der ungenügenden Verpflegung ein trauriger war, setzte
Wackerbarth seine Requisitionen unentwegt fort*).
Inzwischen hatte auch Marlborough keine Mühe gescheut,
sich neue Hülfsquellen zu erschliessen. Er hatte zu diesem Zwecke
am 30. October von Couckelaere ein Detachement unter Evans'
Commando nach Langhemarck (9*5''™ von Ypern) entsandt. In der
Absicht, die Verpflegung wenigstens für den ganzen November und
überdies für zwölf Marschtage sicher zu stellen, hatte er am 7. November
ein grösseres Detachement unter Lord Stair zusammengestellt. Es
zählte, nachdem Evans zu Langhemarck 7 Bataillone und Fagel zu
Cortemarck 3 Bataillone und 4 Schwadronen dazu abgegeben, 10 Batail-
lone und 30 Schwadronen. Der gewandte Capitaine Armstrong
fungirte als Stair's Generalstabs-Chef. Dieses starke Corps sollte die
Gegend zwischen Ypern und Dixmude ausräumen. Schon am 9. fiel
das „Fort du haut pont" bei Dixmude nach dreistündiger tapferer
Gegenwehr in Cadogan's Hände; die Besatzung, 4 Grenadier-Com-
pagnien , ward kriegsgefangen. Stair lagerte 7 Bataillone und
12 Schwadronen zwischen Dixmude und Essene und entsandte nach
Los, Hondschoote und Bergues St. Knox bei Dünkirchen. Wiewohl diese
Landschaften kaum bewacht waren und die Requisition daher zunächst
1) Kriegs-Ä., Niederlande 1708; Fase. X. 52, 53 und 54: XI. 6, 12, 13, 14,
15, 16, 25, 30, 81, 36, 3S, 42, 43 und 44; XIII. 1.
462
nui' auf geringe Schwierigkeiten stiess, verstärkte Marlborough
(las Detachement Stair's über dessen Verlangen am 10. dui'cli die
Truppen des Brigadiers Evans und am 11. durch 6 Schwadronen
von Fagel's Corp*. Die grosse Ungebundenheit und Unordnung unter
Stair's Truppen, welche sogar Kirchen plünderten, Hessen den Ober-
feldherrn um den Erfolg dieser Requisition fürchten. „Statuiren Sie
durch Hinrichtungen einige Exempel," schrieb er dem Lord, „und
lassen Sie der Bevölkerung wissen, dass sie entschädigt werden wird"*).
Die Nachricht von der Besetzung von Armentieres und La Bassee,
von der Verschanzung des letzteren Panctes und dem Vordringen
eines starken Detachements auf Lens, Hess das französische Haupt-
quartier eine erneute Invasion des Artois und der Picardie besorgen.
Als nun das für unmöglich Gehaltene eintrat, Prinz Eugen nämlich
aUen fernstes an die Belagerung der Citadelle von Lille schritt und
Ma rlborough's Gruppirung zwischen Roulers und Menin den Ueber-
fnll eines Punctes der ungeheuer ausgedehnten Absperrungslinie be-
fürchten Hess, erkannte Burgund, insbesondere für Pottes und Gavere
fiirchtend, dass es höchste Zeit, einen Entschluss zu fassen. Da es
unmöglich, gleichzeitig die Canäle und die Scheide zu behaupten, hatte
er am 28. October in einem Memoire die Nothwendigkeit dargethan,
V e n d o m e so viel Truppen zu lassen, als die Vertheidigung der
Canäle heischte, das Gros der Armee aber auf das Artois zu repliiren,
um die Verbündeten zu hindern, auf Frankreichs Kosten zu leben ^).
Der König, welcher wusste, dass die Meinungen der Generale auch
in diesem Falle wieder getheilte wären, sandte Chamillart zum
zweiten Male zur Armee. Er sollte Burgund nöthigen, die Scheide
') Marlhor(in{rh an Fajrel. Rmilers, 30, October mid 11. November, an Evans
7. und 9. November, an die Geueralstaaten-Dejmtirten 7. November, an Stair
10. November 1708. Mnrray IV. 283 bis 300. — Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII.
1 lind 2!\. — Quincy V. 588.
*J Herwick (Mt;moires, 402), berichtet: Burgund habe den General-Major der
Armee, Herrn von Contades, nach Hrügge gesandt, um Vendorae das Unvortlieilhafte
der Lage und zugleich seine Absichten vorzustellen; allein Vendöme wollte weder
den Abgesandten anhören, noch von dem schriftlichen Vorsciilag wissen, den er ihm
überbrachte, und nöthigte ihn also, umzukehren. Contades brachte die Antwort, der
Herzog von Vendöme werde den 1. September zu Saulchoi sein und dann sehen,
welche Massregeln und Verabredungen mit Herrn von Chamillart zu treffen seien.
Lord Stair plante tliatsächlicli die Wegnahme von l^irnes und Knocke. Marl-
borough fürchtete aber, dass durch diese Unternehmungen das Hauptgeschäft, die
Einbringung der Koraf nicht, beeinträchtigt werden würde. Der Herzog war mehr für
die Wegnahme von Gravelines, wodurch die Verbindung mit dem Meere eröffnet
worden wäre, aber auch diese Unterneiimung lag seines Dafürhaltens zu sehr ausser
Stair's Bereich.
463
zu bedecken, und falls er ihn bereits im Marsche nach dem Artois
antreffen würde, auf der Stelle zur Umkehr vermögen, Chamillart
traf am 31. October zu Saulchoi ein, Vendorae am folgenden Morgen.
Am 2. November wurde Kriegsrath gehalten. Die Meinungen
gingen, wie gewöhnlich, weit auseinander. Nach einem langen Streite
darüber, was man zu thun habe, behielt Vendome's Ansicht die
Oberhand: man müsse auf Marlbor ough losgehen und ihm ein
Treffen liefern, oder, falls dies unmöglich, die Canäle und die Scheide
behaupten, um die Verbündeten zu nöthigen, aus Hunger um Frieden
zu bitten. Umsonst legte Burgund die Unausführbarkeit dieses
Planes dar, das Schlimmste fürchtend, wenn die Armee in der ange-
nommenen Stellung verharre. Chamillart entschied für das Ver-
bleiben hinter dem Canale und der Scheide, welch' letztere durch
Staudämme von Gent bis Tournay gespannt werden sollte. Vergebens
stellten Berwick und Chamlay vor, dass man niemals mehr als
einige Wasserpfützen erzielen werde. Chamillart verliess wenige
Tage darauf die Armee. Da er selbst Zeuge der Hitze Vendome's
gegen Berwick gewesen, wirkte er diesem die Erlaubniss aus, in
den Elsass zurückkehren zu dürfen. Nach seinem Abgehen wurde
Saint-Fremont Burgund's Vertrauter*).
Die Nachricht, die Verbündeten beabsichtigten, zwischen Furnes
und Dünkirchen einen bedeutenden Munitions-Convoi an's Land zu
setzen imd unter dem Geleite eines starken Detachements über Bulscamp,
Ronsbrugge, Poperinghe und Warneton nach Lille zu schaffen, gab An-
lass, dass Lange ron am 7, November mit neun armirteu Fahrzeugen
von Nieuport in See stach, um sich mit einer Flotille zu vereinigen,
welche zu Dünkirchen eiligst ausgerüstet wurde. Ihn im Bedarfsfalle zu
Land unterstützen zu können, sandte Lamothe von Brügge 100 Grena-
diere und ein Dragoner-Regiment nach Nieuport. Nicht genug an dem,
Hess Vendome, für das Fort Wulpen fürchtend, am 10. November
aus Puiguion's Lager 6 Bataillone und 12 Escadronen unter Mu n-
roux's Befehl nach Furnembach rücken, wo sie am 12. eintrafen.
Monroux überfiel in der Nacht zum 14. Hondschoote, wo
zwei Bataillone (von den Regimentern Prinz Albert und Grumbkow)
und zwei Schwadronen Brandenburger (Heiden und Lottum) unter Oberst
Katten standen, und machte 54 Officiere und 900 Mann zu Kriegs-
gefangenen. Die Brandenburger verloren 200 Mann an Todten, 7 Fahnen
und 2 Standarten ^),
*) Me'moires railitaires (Pelet) VIIT. 127 bis 130. — Berwick, Memoires 402
und 403. — Saint-Simon, Memoires IV. 259.
2) Memoires railitaires fPelet) VIII. 131 bis 133.
464
]\I onroiix ging auf Bergiies zurück, wo ihu die „Cavalerie boulo
n.iise" verstärkte, indess Lamothe, ihn zu unterstützen, mit einigen
Truppen nach Furnes marschirte. Es standen nun in dieser Gegend
9 Bataillone und 12 Escadronen, eine Truppenmacht, welche nicht aus-
reichte, die Verbündeten an der Einbringung des Getreides zu hindern.
Um auch den Streifzügen der Verbündeten nach dem Artois
Schranken zu setzen, Hess Ven dorne gleichzeitig mit Monroux
vier Bataillone und sechs Escadronen von Saulchoi nach Arras rücken ;
dessen Connnandant C h e y l a d e t im Vereine mit dem Grafen de
risle die Verbündeten nöthigte, Lens aufzugeben. Die Wegnahme
und Verschanzung St. Venant's durch die Alliirten, welche sich
überdies zu Calonue, Merville, la Gorgue und Estaires festsetzten,
und bis in die Burgvogtei von Cassel ausdehnten, bewogen den Herzog
von Burgund, über Chey ladet's dringende Bitten am 18. noch
eine weitere Verstärkung von sechs Bataillonen und sechs Escadronen
abgehen zu lassen. Burgund hatte sich hiezu nur ungern herbei-
gelassen. Die Befürchtung, von den Verbündeten in der Mitte durch-
brochen zu werden, vermochten V e n d o m e's Versicherungen, man
werde in diesem Falle von Gent oder aus dem Artois noch rechtzeitig
Truppen heranziehen können, nicht mehr zu bannen. Burgund ver-
langte vom Hote neue Weisungen *).
An demselben Tage, da im französischen Hauptquartier Kriegs-
rath gehalten worden, am 2. November, hatte M a r 1 b o r o u g h neun
Bataillone von der Armee nach Lille rücken lassen, um Prinz Eugen
in den Stand zu setzen, die Belagerung der Citadelle mit grösserem
Nachdruck zu führen. Unterrichtet, dass Ven dorne und Chamillart
dem Kriegsrathe zu Tournay angewohnt, war Marlborough auf
neue Unternehmungen der Franzosen gefasst. Benachrichtigt, dass der
Erstgenannte mit frischen Truppen nach Gent zurückgekehrt — es
standen jetzt zwischen dieser Stadt und Furnes 51 französische Batail-
lone und 61 Escadronen — glaubte der Herzog, er werde genöthigt
werden, die Armee innerhalb der nächsten acht oder zehn Tage ver-
sammeln zu müssen; Grund genug, das Requisitionsgeschäft mit grösster
Energie zu betreiben. Der auf diesem Wege täglich zu beschaffende
Bedarf an Getreide belief sich bereits auf 1000 Säcke (ä 250 Pfund).
Also ward S t a i r zur grössten Eile aufgefordert und ermächtigt, nicht
nur die Getroidelieferungen zu bezahlen, sondern auch den Soldaten,
welche sich am Drusch betheiligten, ])er Sack eine Krone zuzugestehen.
') Memoire« inilitaires (Pelet) VIII. i;}4.
465
Die Wiedereröffnung der Verbindung mit Ostende schien dem Herzog
unter diesen Umständen su Avichtig, dass er dem General F a g e 1 am
11. November erklärte, dafür sein Möglichstes thun zu "wollen, und
als er von Vendöme's Rückkehr nach Brügge erfuhr, erachtete er
es für nothwendig, sich am 13. November zu Lord Albemarle
nach Hooglede zu begeben und den exponirtesten seiner Generale,
Fagel, dahin zu berufen, um ihn persönlich zu instruiren. Er hatte
ihn schon Tags vorher beauftragt, im Bedarfsfalle S t a i r zu unter-
stützen. Beide mussten ihre Aufmerksamkeit jetzt verdoppeln und
mit dem Hauptquartier ununterbrochen Verbindung erhalten. Alle
Vorsicht dieser Commandanten konnte indess nicht verhindern, dass,
wie bereits erwähnt, Hondschoote am 14. überfallen wurde, ein
Ereigniss, das die Verbündeten nicht wenig alarmirte. Marlborough's
grösste Sorge ging dahin, die Bauern Avürden sich durch jenen Unfall
den JMuth, zu liefern, benehmen lassen. Auf die erste Nachricht hatte
er daher Fagel beauftragt, unverzüglich drei Bataillone und vier
Schwadronen zur Verstärkung Stair's abzusenden, der seine Truppen
zusammenziehe. Am 16. Morgens musstc Fagel selbst nach Dixmude
rücken, um Stair zu unterstützen und möglichst viel Getreide ein-
zuheimsen. Dank dieser Verstärkung konnte Stair das Lager von
Loo-l'Abbaye beträchtlich verstärken und die Requisitionen von Lam-
pernisse bis Nieucappelle ausdehnen. Es standen jetzt in dieser Gegend
26 Bataillone und ebensoviele Schwadronen ').
Inzwischen hatte M a r 1 b o r o u g h die Scheide nicht aus dem
Auge verloren. Benachrichtigt, ein starkes feindliches Detachement
habe Alost passirt und die Landschaft Dendermonde betreten, forderte
der Herzog den General-Major Chane los am 12. und 16. November
zu erhöhter Wachsamkeit, ständiger Unterhaltung eines Kundschafters
zu Gent und täglicher Berichterstattung auf').
Der Anschlag Max Emanuel's auf Brüssel. — Die For-
cirung der Scheide durch die Verbündeten. — Die
Auflösung der französischen Armee.
Die Peinlichkeit der Situation, in welche die Verbündeten durch
die Absperrung der Scheide in der zweiten Hälfte des November
gerathen waren , schildert S c h u 1 e n b u r g ^), wie folgt :
') Marlboroiigh au Fagel. Eoulers, 2., 11., 12. und 15., au Boyle 8., an Stair
11., U. und 15., an Prinz Eugen 16. November 1708. Murray IV. 287 bis 310.
2) Marlborougli an Chanclos. Roulers, 12. und 1(3. November 1708. Murray IV.
303, 311.
^j Leben und Denkwürdigkeiten 371.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. OÜ
466
„Die Feinde hatten seit 2 Monaten daran i^earbeitet, sich Längs
der Scheide, d. i. von Toiirnay bis Gent zu, und ebenso längs des
Canals, von dieser Stadt bis Brügge zu verschanzen und durch die
Wegnahme Lefiinghe's unsere Verbindung mit Ostende abgeschnitten.
Sie rechneten darauf, uns zu zwingen, den ganzen Winter über in
diesem Lande zu verbleiben, was unsere gesammte Armee unfehlbar
zu Grunde gerichtet hätte. Wir hätten uns entweder bemüssigt
gesehen, einen VerzweiHungsschritt zu thun, oder uns auf einem grossen
Umwege zurückzuziehen. Dabei hätten wir alle unsere festen Plätze
hier zu Lande aufgegeben, welche ohne Lebensmittel und Munitions-
vorräthe geblieben und gezwungen gewesen wären, ohne einen Schuss
zu lösen, sich zu ergeben. Es blieb uns also nichts anderes zu thun
übrijr, als uns dem Meere zu nähern und unseren Unterhalt aus
England und Holland zu beziehen, oder aber irgend einen Theil der
Scheide zu forciren, was vielen Leuten und selbst den erleuchtetsten
sehr gefährlich schien ; denn wurden wir mit Verlust zurückgeschlagen,
dann mochte sich der Armee Bestürzung bemächtigen, wie auch eine
allgemeine Unzufriedenheit, welche unter einer grossen Zahl von
Officieren bereits bestand. Da die Citadelle sich noch hielt, so konnte
dieser Uebergang auf der Seite von St. Antoing und Mortagne nicht
versucht werden, noch weniger aber oberhalb ; am wenigsten konnte
man aber daran denken, den Canal zwischen Gent und Brügge oder
zwischen letzterem und Ostende zu überschreiten ; man würde sich ja
von hier zu weit entfernt haben, auch würden die Feinde, welche
Truppen zu Tournay hatten, nicht ermangelt haben, über das Corps
herzufallen, das man zur Fortsetzung der Belagerung der Citadelle
zurückgelassen hätte,"
Hatten Prinz Eugen und der Herzog von Marlborough
anfangs beabsichtigt, erst nach der Einnahme der Citadelle von Lille
an die Forcirung der Scheide und die AViedereröfFnung der Verbindung
mit Brüssel zu schreiten, so drängte das Ungewitter, das sich über
diesem Hauptdepotplatz der Verbündeten zusammenzog, dessen Ver-
lust für sie schrecklich gewesen wäre, zu rascherem Handeln ').
Max Emanuel von Bayern nämlich, welcher schon im Sep-
tember unter dem Vorwande, seine Gesundheit zu stärken, in das Bad
von Plombieres gegangen war, hatte dort nur eine günstige Gelegen-
heit, irgendwo zu handeln, abgewart(?t und war plötzlich zu Mons ein-
getroffen. Ohne irgend welchen Titel für ein Cummando zu besitzen,
verabredete er gleich nach seiner Ankunft mit dem Grafen von
«) Kriegs-A., Niedeilaiifle 1708; Fase. XIII 1. ^ Marll.(.i-.mo:li ;ui ßnyle.
Aiuleiiaifle, 27. Ndvemlier 1708. Mmray IV. 323.
467
Bergeyck einen Uebcrfall Brüssels. Man rechnete hiebei insbesondere
auf des Ex-CIiurfürsten, als des gewesenen General-Gouverneurs,
frühere Verbindungen mit den vornehmsten Familien und auf die
allgemeine Unzufriedenheit über die holländische provisorische Ver-
waltung *).
Die von einer mittelaKerlichen Ringmauer umschlossene Stadt ■*)
hatte einen Umfang von etwa 8*^" und, wie man Max Emanuel ver-
sicherte, eine Besatzung von nur 5000 Mann. Der Ex-Churfürst gab sich
daher der Hoffnung hin, er brauche nur vor Brüssel zu erscheinen, so
werde die Bürgerschaft die Besatzung zum Oeffnen der Thore zwingen.
In diesem Glauben zog er aus den Plätzen Gent, Conde, Mens,
Charleroy und Namur 10 Bataillone und 12 Escadronen, verstärkte
sich durch 4 Bataillone und 6 Escadronen des Herzogs von Burguud
und brach mit diesen 14.000 bis 15.000 Mann am 21. November von
Mons über Braine-le-corate nach Hai auf. Durch die französische
Postirung an der Scheide gedeckt, erschien er am 22. vor Brüssel.
Der Commandant dieser Stadt, der königlich spanische GWM.
Pascal, am 23. aufgefordert, sich zu ergeben, wies dieses Ansinnen
als Mann von Ehre stolz und würdig ab. Die Hoffnung, die Stadt
durch einen gewaltsamen Angriff wegzunehmen, musste bald aufge-
geben werden ; der Platz stellte sich als sturmfrei dar. Man
musste zum belagerungsmässigen Angriff schreiten , auf den man gar
nicht, oder doch höchst mangelhaft vorbereitet war. Max Emanuel
verlor zwei Tage Zeit mit der Heranziehung des Belagerungs-
parkes und sonstigen Materials. Begünstigt iudess durch die Vor-
städte, welche bis an den Fuss des Glacis herantraten und den
Mangel an Vorwerken, gelang es den Franzosen doch, in der Nacht
zum 25. zwischen den Thoren von Löwen (Louvain) und Namur die
Laufgräben zu eröffnen und in derselben Nacht auch eine 10-Kanonen-
Batterie auf 50 Toisen vom gedeckten Weg entfernt, zu erbauen. Am
2(j. um 9 Uhr Morgens , wo die Annäherungen bereits bis knapp an
den gedeckten Weg vorgerückt waren , eröffneten die Franzosen aus
acht 24-Pfündern und vier Mörsern das Feuer gegen die Stadt, welche
so kräftig antwortete, dass bald vier Kanonen und zwei Mörser des
Angreifers zum Schweigen gebracht wurden.
Pascal verfügte über eine tüchtige Besatzung von 7000 Mann.
Von den Generalen Murray und Wränge 1 kräftigst unterstützt,
hatte er alle Anstalten getroffen, seinen gedeckten Weg bestens zu
«) Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. XI. 66, 67; XII. 76, 78, 79; XIII. 1. -
Marlborough an Erle. Roulers, 20. November 1708. Murray IV. 315.
2) Siehe Tafel VI.
30*
468
vertlieidigen. Das ganze Vorfeld der Niederstadt hatte er unter Wasser
gesetzt und sich damit die Möglichkeit geschaffen , sich durch die
Porte de Flandre, im äussersten Falle nach Termonde (Dcndermonde)
zurückziehen zu können. Indess die beiden holländischen Regierungs-
verweser Van der Berg und Reede Alles aufboten, die übelgesinnten
Einwohner im Zaume zu halten, sandten sie Courier auf Courier an
Marlborough, ihre Bedränguiss zu schildern und um schleunige
Hülfe zu bitten*).
Sie blieb nicht aus. So geheim der Anschlag des Ex-Churfürsten auch
gehalten worden, er war dem Scharfblicke Mar Iborough's nicht ent-
gangen. Am 18. von Lille, wo er sich mit Prinz Eugen berathen, nach
Roulers zurückgekehrt, ging der Herzog wie sein Waffenbruder unver-
züglich an die Vorbereitungen, welche der Entsatz von Brüssel heischte.
Den Feind in Sicherheit zu wiegen, Hess Marlborough durch
falsche Spione das Gerücht verbreiten, er beabsichtige, mit Rücksicht
auf die sich verschlimmernde Jahreszeit, alle Truppen, welche bei der
Belagerung der Citadelle von Lille entbehrlich, in Erholungs-Cantonne-
ments zu verlegen, wozu er um Menin und Courtray alle Vorbereitungen
treffen Hess. Im verbündeten Heere erwartete man in der That stündlich
den Befehl zum Bezüge der Nothunterkünfte. Erst nach dem Falle
der Citadelle, hiess es, solle mit vereinten Kräften an die Wieder-
eröffnung der Verbindung mit Ostende geschritten werden ^).
Fagel, der Einbringung des Getreides wegen, bis zum letzten
Augenblick zu Dixmude belassen, ward angewiesen, das zu Wynen-
daele stehende Detachement unverzüglich an sich und sein Corps
unversehens bis zum Abende des 2L zusanimenzuziehen *).
Prinz Eugen traf ähnliche Dispositionen bezüglich seines von
W a c k e r b a r t h befehligten Detachements. Dieser rührige und
geschickte Commandant, welcher mit Collin Lamb er t zu St. Venant
in Verbindung, sich nach allen Seiten gegen Ueberraschungen sicherte,
das Landvolk im Zaume hielt und die Garnison von Bethune alarmirte,
lagerte am 20. zwischen Hulluch und Annay und hielt Pont a Vendin,
die Brücke von Harnes, Loison, Lens und St. Venant besetzt. Am
Abende des 2L wies er über Prinz Enge n's Befehl, Cronstromzu
St. Venant an, zu Armentieres nur Collin L am b e r t's Mannschaft zu
belassen und nach Lille einzurücken, wo er auch schon am 23. ein-
I
*) Coxe, Memoiis II. 568 uud 569. — Memoires militaires (Peletj VIII. 134
und 135. — Quiiicy V. 592 und 593.
*) Coxe, Memoiis II. 570.
') Marlborough au Fagel. K-.ulers, 1«,, 19., 20 uiul 21. Nnvcinl.ur 17()S. .Murray IV.
312 l.is 317.
469
traf, iudess Wackerbarth, die Franzosen in Sicherheit wiegend,
den Marsch dahin erst am 25. antrat ixnd am Morgen des folgenden
Tages seine Vereinigung mit Prinz Eugen Ijewerkstelligte ').
Da alle zu Lille einlaufenden Meldungen üljer französische
Truppenl)ewegungen schliessen Hessen, dass sich um Arras ein Gewitter
zusammenziehe, das sich wahrscheinlich gegen Lille entladen sollte,
musste des Prinzen Eugen Mitwirkung an der Scheide - Forcirung
zeitlich möglichst beschränkt werden. Von grösster Wichtigkeit für
das Gelingen des geplanten Unternehmens war die genaue Kenntniss
der feindlichen Kräftegruppirung, der Vertheidigungs- Anstalten an der
Scheide und jedes Schrittes des Ex-Churfürsten von Bayern. Diese
schwierige Aufgabe lag Tornehmlich auf den Schultern der Comman-
danten von Ath und Audenarde. Dank ihrer Umsicht und Thätigkeit,
bestens unterrichtet, forderte Marlborough den Gouverneur von
Brüssel, wo am 2L eine Verstärkung von zwei Regimentern eintraf,
durch Eilboten auf, sich auf das Aeusserste zu halten; man sei im
Begriffe, ihm zu Hülfe zu eilen. Am 22. disponirte der Herzog
fünf britische Bataillone von Ostende nach dem angeblich bedrohten
Antwerpen, wohin er auch noch 150 Dragoner dirigirte ■).
Die Gefahr, in welcher Brüssel schwebte, schien den beiden
Feldherren schon jetzt als eine so ernste, dass sie bereits am 22. an
die Forcirung der Scheide zu schreiten gedachten und thatsächlich an
diesem und dem folgenden Tage die ganze Bagage der grossen Armee
zu Menin hatten sammeln lassen. Aber die Witterung, welche bis Mitte
November so günstig gewesen, dass alle Welt versicherte, niemals einen
so schönen Spätherbst erlebt zu haben, hatte in der Nacht zum 16.
plötzlich umgeschlagen. Das mehrere Tage anhaltende Regenwetter
richtete die Strassen so übel zu, dass man zu Pferde fortzukommen
Mühe hatte, und dass es ganz unmöglich war, die 50 schweren Ge-
schütze fortzubringen, deren Mitnahme man für nothwendig erachtete ^).
Dass dieses üble Wetter auch die Unternehmungen des Gegners
erschweren musste, war nur ein geringer Trost. Man wusste aus
Palland t's, des Commandanten von Ath, Berichten, dass der Feind
am 22. von Hai directe auf Anderlecht marschirt sei, und dass die
gegen Ninove gestandenen Truppen zu Tubize versammelt worden.
Die Bitten des Staatsrathes, der Courier auf Courier an Marlborough
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. 49 bis 84; XIII. 2a.
-) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1. — Marlborough an Chanclos,
Eonlers 20. und 22., au Rechteren, au Pallaudt, au Erle, 22., an den Staatsrath,
24. November 1708. Murray IV.
'*) Kriegs-A,, Niederlande 1708; Fase. XI. 13 und XIII. 2 a. — Schuleuburg 373.
470
sandte, wurden endlich so dringend, dass man am 25. Abends, des
Tag lind Nacht anhaltenden Regens ungeachtet, sich endlich in
Bewegung setzte.
Durch Cadogan am Abende des 24. verständigt, dass Marl-
borough am 25. marschiren werde, übergab Prinz Eugen den Ober-
befehl der 30 Bataillone und 30 Schwadronen zählenden Belagerungs-
Armec dem Feldmarschall Grafen Nassau- Wei Iburg und wies ihn
an, die hinter der alten Circumvallations-Linie (zur Einschliessung der
Citadelle) angelegte engere, durch die im Lande ausgeschriebenen
Schanzbauern vollenden zu lassen. Hinter diese Linie sollte der Feld-
marschall die ihm unterstellten Truppen ziehen und durch diese sie
ausbauen lassen, falls es den Anschein hätte, als ob die Franzosen
gegen Lille etwas unternehmen wollten *).
Am 25. November, 5 Uhr Nachmittags, brach Prinz Eugen
mit dem Prinzen von Oranien, dem General-Lieutenant Sparr,
19 Bataillonen und 41 Schwadronen, aus dem Lager von Lille auf. Der
Churfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen schlössen sich
an. Um das Geheimniss besser zu wahren, hatte man den Befehl, sich
zu Marcq zu versammeln, erst wenige Stunden vor dem Abmärsche
bekannt gegeben. Jedes Corps hatte seine Pontons und die erforderliche
Artillerie bei sich. 30 bis 40 Geschütze waren überdies bereit gestellt,
um im Bedarfsfalle sofort nachfolgen zu können.
Um 10 Uhr Nachts erreichte man Roubaix, wo eine Stunde
später von Marl b o r o u g h die Nachricht einlief, er könne nicht recht-
zeitig eintreflfen, der schlechte Zustand der Strassen verzögere den
Marsch der Truppen, insbesondere aber die Fortschaffung der Geschütze
und der Pontons. Es müsse daher auf den 26. verschoben werden, was
in der Nacht hätte geschehen sollen. Er werde nicht unterlassen,
Eugen von dem Fortgange seiner Bewegungen Kenntniss zu geben
und bitte ihn, bis 4 Uhr Nachmittags zu Roubaix zu halten ^),
Prinz Eugen hielt in Erwartung weiterer Nachricht vonÄTarl-
borough den ganzen Tag über zu Roubaix an — von Unruhe und
Ungeduld umsomehr verzehrt, als der Feind von der Bewegung bereits
Kenntniss hatte und das wichtigste Moment des Gelingens, die Ueber-
raschung verloren ging ^).
') Kriegs-A,, Niederlande 170S; Fasc.XT.73. — l^clinlcnlMn-<r372. - Quincy V.594.
2j Sclmlenl)ur{r 373.
■■') „iJor Prinz P^U{ron verblieb am 26. zu Ronbaix. Wiewohl snin filun-logeiips
Genie ihn über alle Verletjenheiten liinweghebt und er wohl versteht, .sich yai vnr-
.stellen, so nahmen doch selbst die minder Scharfsichtigen wahr, dass er lieiiii-
ruhigt sei." Schulenbnrg's Hcricht 373.
471
Nachdem schon am 24. der General Dompre mit 10 Bataillonen
und 20 Schwadronen nach Harlebeke dirip,irt worden, wo er am Morgen
des 25. eintraf, war JMar Ib orough selbst am 25. mit dem Reste
seiner 100 Schwadronen und 50 Bataillone (?) ') zählenden Armee in
zwei Colonnen gegen die Lys aufgebrochen, um gleichfalls Harlebeke
zu gewinnen. Der Marsch verzögerte sich, denn eine der beiden
Colonnen hatte die ganze Nacht gebraucht, Courtray zu passiren.
Auf die Nachricht, dass Marlborough am 27. um 3 Uhr
Morgens unfehlbar mit der Armee zu Berchem-N.-D. stehen und um 5 Uhr
Früh zu AVaermaerde eintreffen werde, brach Prinz Eugen am 26.
zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittags von Roubaix auf und erreichte mit
seinen Truppen, dem Prinzen von O r a n i e n, den Generalen Spiegel,
Sparr und Fels, gegen 1 Uhr nach Mitternacht, das von Autryve,
wo man übergehen wollte, eine halbe Stunde entfernte Moen. Während
die Truppen ihren Aufmarsch vollführten, Hess Eugen das Schloss
von Autryve von 200 Grenadieren besetzen ; er selbst eilte nach dem
von Moen IV, Stunde entfernten Waermaerde.
Die Zersplitterung der Verbündeten, bedingt durch die Sorge
um den Lebensunterhalt, regte im Herzoge von Ven dorne den
Gedanken an, den Prinzen Eugen in seinen Linien anzufallen, die
man nach Kundschaftsberichten, von einem entmuthigten Fussvolk
schwach besetzt glaubte. Zum Angriffe auf selbe sollten 40 Bataillone
und 26 Escadronen auserwählter Ti'uppen zusammengezogen und zu
Douai ein Lebensmittel-Convoi für Lille bereitgehalten werden. Indess
L am o t h e mit einem Theile seiner Truppen sich M a r 1 b o r o u g h
näherte und das Lager von Audenarde unverändert blieb, sollte Ch ey-
ladet sich auf La Bassee werfen ^). Nachdem dieser Entwurf die
Billigung des Hofes erhalten, befahl der Herzog von Burgund, dass
Chey ladet die im Artois stehenden Truppen zusammenziehen und
Lamothe an der Scheide die Truppen ersetze, welche man für das
Unternehmen von dort wegzog. Der Herzog selbst wollte sich erst
dann in Bewegung setzen, wenn er über den Stand der Belagerung
Brüssels nähere Nachrichten erhalten haben würde. Damit verlor er
aber kostbare Zeit, in welcher sich die Kräftegruppirung der Ver-
bündeten so sehr veränderte, dass dadurch dem geplanten Unternehmen
die Grundlage gänzlich entzogen wurde.
<) Qmncy V. 594.
*) Veiidome an Ludwig XIV. Saulcluii, •22. November 1708. ^Ii'moire.s militaires
(Pelet) VIII. 139.
472
Die Räumung von Furnembach und La Bassee, die Aufhebung
des Lagers von Roulers, das Vorschieben eines starken Dctachements
gegen den Canal Brügge-Gent, Marlb orough's Marsch gegen Harle-
beke und jener Prinz Eugen's auf Roubaix, wurden vom französischen
Hauptquartier in ihrem Zusammenhange und in ihrem Ziele erst dann
erkannt, als die Verbündeten bereits daran gingen, die Scheide zu
überbrücken.
Auf die ersten Meldungen über die Bewegungen der Verbündeten,
hatte sich Lamothe mit allen Truppen von Furnes nach Brügge ge-
zogen und Chey ladet, noch im Artois, zwei Bataillone nach St. Venant,
eines nach Robccq und eines nach St. Omer vorgeschoben. — Die Schwierig-
keiten der Verpflegung und die Erkenntniss, dass die Postirung zwischen
Tournay und Gavere gegen einen ernsten Angriff nicht zu halten sei,
würden das Hauptquartier bestimmt haben, die Scheide aufzugeben,
hätte man dadurch nicht dem Ex-Churfürsten von Bayern die ihm
nothwendige Deckung entzogen. Die Rücksicht auf ihn, Hess auf der
Vertheidigung dieser Linie beharren. Also erhielt Lamothe, welcher
inzwischen von Brügge nach Gent gerückt war, Befehl, Schelde-auf-
wärts, nüthigenfalls bis an die Zwalm, zu marschiren. — N a n g i s
brach am Morgen des 26. mit neun Bataillonen nach Berchem auf, um
Souternon unterstützen zu können. Da nach seinem Abzüge im
Lager von Saulchoi nur die königliche Haustruppe und die Garde -
Brigade verblieben, wies der Herzog von Burgund, entschlossen,
gleichfalls nach Berchem zu rücken, C h e y 1 a d e t an , ihm einen
Theil der im Artois stehenden Truppen zuzuschieben ').
Der britische Feldherr hatte während seines unfreiwilligen Haltes
zu Harlebeke für den Scheideübergang folgende Anordnung getroffen :
Zum General-Lieuteant Dompre stösst noch der General-Major
Bothraer mit 6 Bataillonen und 20 Schwadronen. Diese nunmehr
auf 16 Bataillone und 40 Schwadronen angewachsene Colonne erhält
eine verhältnissmässige Zahl von Geschützen und Pontons. Der
FZM. Graf Lottura wird das Commando darüber führen. Sie bildet
den äussersten linken Flügel des Heeres, bricht am 26. frühzeitig
auf, nimmt ihre Richtung auf Asper und Gavere, schlag! dort zwei
Schiffbrücken über die Scheide und rückt, wenn sie auf keinen Wider-
stand stösst, unaufhaltsam den Fluss aufwärts, gegen Eename.
Die zweite Colonne besteht aus dem Hauptkörper. General-Major
Cadogan, als Commandant der Vorhut, bricht mit 10 Bataillonen und
einem stattlichen Geschützzuge am 26. frühzeitig auf, nimmt seine
•j Memoires militaires (Pelet) VIII. \i2 und 143.
473
Richtung über Vichto und Tiegliem nacli Kerkhove, traclitct dort gleich-
falls einen Uebergang herzustellen und wirft ungesäumt auf dem jen-
seitigen Ufer Verschanzungen auf. Der commandirende General, Herzog
von Marlborough, wird um 7 Uhr Abends (früher konnten wegen
der verdorbenen Wege die Truppen nicht gesammelt sein) in obiger
Richtung mit dem Hauptkörper, 30 Bataillone und 50 Schwadronen,
gegen Kerkhove nachrücken. Der Brigadier Du Breuil wirft sich
mit 5 Bataillonen und ebensoviel Schwadronen nach Audenarde, dessen
Besatzung zu verstärken. Der Commandant dieses Platzes, General
Chane los, wird in der Nacht auf den 27. den grössten Theil seiner
Besatzung in dem gedeckten Weg in Bereitschaft halten, um bei den
ersten Kanonenschüssen, Avelche das Gefecht auf den anderen Puncten
ankünden, gegen die vor dem Platze unter Hautefort und Souternon
stehende feindliche Abtheilung vorzubrecben.
Die dritte Colonne am äussersten rechten Flügel, aus 20 Batail-
lonen und 50 Schwadronen bestehend, wird von Sr, Durchlaucht dem
Prinzen Eugen angeführt und nimmt ihre Richtung von Roubaix über
Moen nach Autryve oder EscanafFles, um dort einen Uebergang über
die Scheide gleichzeitig mit jenem der anderen zwei Colonnen her-
zustellen.
Nach erfolgtem Uebergang ist die nächste Umgebung von
Audenarde das Ziel aller Colonnen. Stösst eine derselben auf uner-
wartete Hindernisse, wendet sie sich sofort dorthin, wo ein Erfolg
errungen worden ').
Die Disposition Marlborough's für den 27. wurde mit ebenso
viel Umsicht als Glück zur Ausführung gebracht. Die ganze Armee
wurde um 5 Uhr Nachmittags in Marsch gesetzt; um 1 Uhr nach
Mitternacht erreichten alle Colonnen die Scheide.
Prinz Eugen hatte Marlborough zu Waermaerde nicht be-
gegnet, wohl aber vernommen, dass die Generale Fagel undCadogan
bereits an der Scheide eingetroffen seien und schon einige Pontons in's
Wasser gelassen hätten. Er eilte sogleich nach Kerkhove, wo der
Brückenschlag um 4 Uhr Morgens begonnen hatte ^). Cadogan, welcher
ihn leitete, ging so vorsichtig und ruhig zu Werke, dass die Franzosen
völlig überrascht wurden. Die französischen Patrullen passirten, wie
Cadogan in der Nacht beobachtet hatte, von zwei zu zwei Stunden
pfeifend und singend eine knapp am Ufer postirte Feldwache. Dieses
Zeitintervall musste benutzt werden und Alles sich in grösster
') Coxe, Memuirs II. 570 und 571.
«j Kiiegs-A., Nietlerlaude 1708; Fase. XIII. 1.
474
Stille abspielen , sollte der Feind (S o u t e r n o n) , welcher nur
150 Schritte von der Uebergangsstelle entfernt, auf einer Anhöhe
lagerte, nicht alarmirt werden. Die Oertlichkeit war zwar dem Unter-
nehmen sehr günstig, da das linke Ufer das rechte bedeutend über-
höhte und sich am anderen Ufer bis zum Fusse der Höhen, auf denen
die Franzosen lagerten, trockener Wiesenboden hinzog. Immerhin
hätten sich die Franzosen, rechtzeitig alarmirt, doch bis zum Eintreffen
von Unterstützungen behaupten können.
Dank der grossen Ruhe, mit der gearbeitet wurde, und begünstigt
von sehr dichtem Nebel, gelang es, zwei [?) Brücken herzustellen und
Truppen auf das rechte Ufer zu werfen, ohne dass die Franzosen es
wahrnahmen '). Die ersten Abtheilungen, welche übergingen, Holländer
unter Tilly's Commando, wurden, so gut der Terrain es erlaubte, zum
Gefechte formirt. Unter ihrem Schutze ging man unverzüglich daran,
etwas oberhalb weitere zwei Brücken zu schlagen, was so glücklich
von Statten ging, dass auch hier eine Anzahl Grenadiere das rechte
Ufer gewonnen hatte, ehe der Feind es merkte. Dank diesen vier Ueber-
gängen ") hatten die Verbündeten in sehr kurzer Zeit 30 Bataillone
und 100 Schwadronen auf dem rechten Ufer. Als es Tag geworden,
war es für die Franzosen zu spät, den Uebergang zu verwehren ^).
Souternon hatte Nangis, welcher am Vorabende mit seinen
neun Bataillonen zu ihm gestossen, nicht zu Berchem behalten, son-
dern nach Melden geschoben, damit er einerseits die Uebergangsstelle
von Peteghem, welche für die bedrohteste gehalten wurde, decke,
andererseits Hautefort zu Audenarde unterstütze, wo man bedeutende
feindliche Kräfte erwartete. Die falsche Nachricht, die Verbündeten
beabsichtigten, bei der Abtei von Peteghem überzugehen, verleitete
S 0 u t e r n o n, sich dahin zu wenden ; bereits im Marsche begriffen,
erfuhr er von dem Brückenschlage zwischen Kerkhove und dem
Schlosse von Elsegem. Sofort wandte er sich mit drei Bataillonen und
zehn Escadronen, welche er zur Hand hatte, gegen diesen Uebergang.
Durch die Inundation zu einem Umwege gezwungen, verlor er aber-
mals Zeit und kam zu spät. Schon hatten 12 Bataillone und ebenso
viel Schwadronen der Verbündeten auf dem rechten Ufer festen Fuss
gefasst. Das Feuer einer auf dem linken Ufer aufgeführten Batterie *)
bestimmte ihn vollends, von einem Angriffe auf die AUiirten abzu-
sehen. Er forderte N a n g i s auf, zu ihm zu stossen, besetzte das Dorf
'j Marlborough an Boyle. Audenanle, 27. Novemljor 17()S. Miinny IV. 32.8.
^) Krie{?.s-A., Niftderlaiirle 1708; Fase. XIII. 2a.
3j Sclmlenburg 37.3 und 374.
*) Von 30 üe.schüfzeii ii.Tcli tVaii/.i'isiscIii'u Aiiiialicii,
475
und die Hecken von Berchem mit 600 Grenadieren und eine die
Wiese beherrschende H()he mit seinen Dragonern und wollte mit
dieser Nachhut hier eine Zeit lang halten, um seinem Train, den er
nach Escanaffles dirigirte, einen Vorsprung gewinnen zu lassen ').
Der Erbprinz von Hessen, welcher um 8 Uhr Morgens mit
vier Schwadronen übergegangen war, stürzte sich auf diese Nachhut,
aber die Franzosen, vom Terrain begünstigt, zwangen ihn, die unge-
stüme Verfolgung durch Reiterei aufzugeben und das Fussvolk an die
Spitze zu nehmen, welches fechtend bis an die vortheilhafte Stellung
auf dem IMont de l'Enclus vordrang, wo es Halt machte -).
Sowie der Uebergang zu Berchem gesichert war, liess Eugen
seine Truppen, welche sich vergebens bemüht hatten, bei Escanaffles
über die Scheide zu kommen, gleichfalls zu Berchem übergehen ^).
Nachdem aber die Forcirung der Scheide in der That geglückt, Eugen's
Truppen-Corps hier entbehrlich geworden und zu befürchten war, dass
die auf Tournay zurückgewichenen Franzosen im Vereine mit den
dort stehenden, gegen Lille etwas unternehmen könnten, befahl Prinz
Eugen (welcher sich inzwischen mit Marlborough besprochen),
dem General Spiegel, mit 6 Bataillonen und 35 (24) Schwadronen
nach Lille zurückzukehren. Der Graf von Nassau wurde dadurch
in den Stand gesetzt, sich dort zu behaupten.
Um diese Zeit traf vom Grafen Lottum die Meldung ein, er
habe, begünstigt vom Nebel, mit seinem Corps *) die Scheide bei der
Kirche von Asper und nächst der Ecke des Kaninchengeheges von
Gavere, etwa um 6 Uhr Morgens auf zwei Brücken überschritten,
sowie sein Corps übergegangen, habe er die Brücke abgetragen und
sei im Marsche gegen Audenarde. Marlborough befahl ihm, diese
Richtung ohne Aufenthalt zu verfolgen; er beabsichtige, das dort
stehende feindliche Corps — welches er für das stärkste halte — von
allen Seiten anzufallen.
Ohne abzuwarten, bis alle Truppen übergegangen sein würden,
setzten sich Prinz Eugen und Marlborough von Berchem aus
gegen Audenarde in drei Colonnen in Bewegung und schoben sich
hiedurch zwischen S out ernon und Nangis, welcher so gezwungen
wurde, auf Audenarde zurückzuweichen.
>) Kriegs-A., Niederlande 1708 ; Fase. XIII. 1. — Quiucy V. 59.'). — Memoires
militaires (Pelet) VIII. 144 und 145.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 1. — Quincy V. 595.
3j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII, 1. — Selmleuburg ,S74. — Quincy V.
595 und 596.
*j Marlborough an Boyle. Audenarde, 27. NoA-ember 1708; Murray IV. 323.
476
Haute fort, welcher liier 14 Bataillone und 24 Escadronen
commandirte — seine 30 Geschütze hatte er Tags vorher nach Tournay
gesandt — sah sich von dem herankommenden Gros der Verbündeten
und gleichzeitig von fünf Bataillonen bedroht, welche von Audenarde
gegen ihn vorbrachen*). Von Lottum's Uebergang bei Gavere unter-
richtet und die Gefahr, von allen Seiten mit überlegeneu Kräften
angegriffen zu werden, richtig würdigend, entschloss er sich, auf Gram-
mont und Lessines zurückzugehen. Diese Bewegung, rechtzeitig ange-
treten, umsichtig geleitet und in Ordnung ausgeführt, rettete ihn mit
geringer Einbusse vor sicherem Untergange ^).
Um seine Bagagen und sein Gros Zeit gewinnen zu lassen,
musste die Nachhut, welche er selbst mit Nangis befehligte, Stand
halten. Er liess zu diesem Zwecke einige Bataillone und Escadronen
den Fuss der Höhen und insbesondere Etichove vertheidigen.
Die Verbündeten warfen die fi'anzösischen Feldwachen rasch
über den Haufen und wandten sich, da der kleine Bach im Grunde
nicht überschritten werden konnte, insbesondere gegen Etichove. Sie
wurden hier mit einer grossen Decharge empfangen , fanden die
Brücken zerstört und die benachbarten Häuser von den Franzosen,
die sich langsam und feuernd auf die Höhe zogen, in Brand gesteckt.
Dadurch kam die Verfolgung in's Stocken. Die Verbündeten entwickelten
sich zum Feuergefecht, Hessen ihre Reiterei am rechten Flügel auf-
marschiren, warfen die Spitze ihres Fussvolkes nach Etichove und
arbeiteten an der Wiederherstellung der Brücken. Es kostete viel
Mühe, über den Bach zu kommen. Kaum hatten die Verbündeten
zwei Bataillone und drei Schwadronen auf dem rechten Ufer, so schritten
sie entschlossen zum Angriffe der Höhe, welchen die Franzosen nicht
abwarteten. Die Reiterei der Verbündeten nahm die Tete. Auf den Höhen
angekommen, sah sie die französische Cavallerie zur Deckung des Rück-
zuges in zwei Colonnen formirt und von 400 Grenadieren unterstützt,
welche sich tiraillirend von Hecke zu Hecke, von Busch zu Busch
zogen und so die hitzige Verfolgung und Sprengung der eigenen
Cavallerie verhinderten. Als die Verbündeten ohne nennenswerthen
Verlust den Fuss der Höhen erreichten , retirirten die Carabiniers
der französischen Nachhut durch ihr Barakenlager, das sie anzündeten,
um sich der Einsicht des Gegners besser zu entziehen. Die Reiterei
des letzteren ging in Galop vor, konnte aber in die Nachhut nicht ein-
dringen. Die französischen Dragoner und ein irländisches Cavallerie-
') Menioires iiiilitaires (]'clet) Vlll. 145, 14G uud 147.
^) Diarium. Krieg.s-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. — Sclmleiiliurg 375. —
Quincy V. 596.
477
Regiment in französischem Solde, zogen sich in musterhafter Weise
zurück und bUeben geordnet, wiewohl die Reiterei der Verbündeten
sie endlich auch in der Flanke und im Rücken anfiel. Gleichwohl
ging der Rückzug auf Grammont so rasch vor sich, dass das Fussvolk
der Alliirten die Verfolgung bald ausschliesslich den 20 Schwa-
dronen überliess, welche sie 1 '/^ Stunden lang fortsetzten, wobei ihnen
45 Officiere und 700 Mann, 3 Standarten und viele Bagage in die
Hände fielen. Erst da die Nacht einbrach, Avurden die Reiter, die nun
48 Stunden im Marsche und sehr ermüdet waren, gesammelt und zu-
rückgezogen ').
Das P]rgebniss würde für die Verbündeten weit bedeutender
gewesen und Hautefort vielleicht vernichtet worden sein, wenn
Lot tum am Gefechtsfelde, IVIar Iboro ugh's Absicht entsprechend,
eingetrofi'en wäre. Aber L o 1 1 u m hatte sich durch das Erscheinen
französischer, von Gent kommender Truppen (Estrades, welchen
L a m o t h e mit acht Bataillonen und sechs Escadronen detachirt
hatte), verleiten lassen, seine Bewegung einzustellen. Der starke
Nebel verhinderte ihn, zu erkennen, wieviel er vor sich habe ; er
forderte den Commandanten von A u d e n a r d e durch einen Eilboten
sogar auf, ihn zu unterstützen. Als ihm endlich die Situation klar
wurde, war es zu spät. E s t r a d e s, welcher kein Gefecht aufzunehmen
wagte, zog sich zwar zurück, aber L o 1 1 u m vermochte nicht mehr
zeitgerecht bei Audenarde zu erscheinen -).
Auch der Ausfall von Audenarde dürfte Marlb or o ugh's
Absicht nicht entsprochen haben. Die Ausfallstruppen (die Brigade
Du Breuil's) wurden aus unaufklärHchen Gründen, nachdem sie
schon ausgerückt waren, wieder zurückgenommen.
Die Truppen Marlbor oug h's lagerten bei Audenarde, jene
E u g e n's gingen zu Autry ve an das linke Scheide-Ufer zurück ; beide
Heerführer aber begaben sich mit der Generahtät in die Festung
Audenarde, wo Kriegsrath gehalten Avurde.
Der Verlust der Verbündeten war an diesem Ta^e ein sehr
massiger. Er überschritt nicht 300 Mann, worunter etwa 100 Todte.
Unter den Verwundeten zählte man den holländischen General
Boldewin.
*) Prinz Eugen an den Kaiser. Audenarde, 28. November 1708. Supplement-
Heft Seite 355, Nr. 341. Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. Diarium. —
Marlborougli an den König von Preussen. Audenarde, 27. November 1708. Murray
IV. 324. — Schulenburg 375. — Coxe, Meraoirs II. 571 und 572. — Quincy V. 595.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII, Diarium. — Mi'moires militaires
(Peletj VIII. 147.
478
Auf die ersten von Berchem herüberdröhneuden Kanonenschüsse,
hatte der Herzog: von B u r g u n d Generalraarsch schlagen und V e n-
dorae dahin aufbrechen lassen; er selbst war mit dem Reste der
Truppen alsbald nachgefolgt. Im Begriffe, sie an dem Bache la Haye
in Schlachtordnung zu bringen, erfuhr er, Marlborough sei vor
Tagesanbruch bei Berchem übergegangen und Prinz Eugen über-
schreite eben die Scheide bei Escanaffles. — Er bedeutete Vendumc,
welcher eben zum Angriflfe ansetzen wollte, sich nicht leichthin zu
engagiren und beschleunigte seinen Marsch, ihn so rasch wie möglich
zu eri'eichen. Zu Pottes angelangt, fand er, dass nicht mehr daran
gedacht werden könne, die Verbündeten anzugreifen. Schon breiteten
sie sich über die Höhe von l'Enclus aus, indess V e n d 6 m e, befürchtend,
selbst angegriffen zu werden, seine Truppen diesseits der Rosne
sammelte. Also trat man den Rückzug auf Tournay an, wo man am
Abende des 27. das Lager bezog und erfuhr, die Verbündeten seien
überall durchgedrungen, wo sie sich gezeigt hätten ').
Im Kriegsrathe vom 27. wurde von den beiden Feldherren ver-
einbart, dass Eugen am nächsten Tage mit seinen Truppen zur
Belagerung zurückkehre, General-Lieutenant Graf Hompesch mit
10 Bataillonen und 25 Schwadronen vorläufig zu Audenarde stehen
bleibe. Marlborough endlich mit dem Gros seiner Armee (50 Batail-
lonen und 100 Schwadronen) Brüssel zu Hülfe eile und dortselbst
einige Zeit verbleibe, die nach Lille abgehenden Convois zu decken ^).
Marlborough hätte vorgezogen, über Ath nach Soignies zu rücken,
um die Vereinigung der französischen Heerestheile zu verhindern
und den Ex - Churftirsten von Bayern in grössere Verlegenheit
zu bringen ; er wagte aber diese Bewegung der schlechten Wege
halber nicht.
Enge n's Truppen, dem Befehle des Prinzen von Uranien
unterstellt, gingen am 28. zu Harlebeke und Marcke über die Lys
und am 29. von Courtray über Menin ab. Eugen eilte ohne Bedeckung,
nur von seinen Adjutanten und einigen Officieren, im ganzen 20 Per-
sonen, begleitet, seinen Truppen über Courtray nach Lille voraus.
Unterwegs stiess er auf eine feindliche Partei, welche sich glücklicher-
weise begnügte, drei oder vier Pferde seiner Suite wegzunehmen und
einen Knecht, der ihr entwischen wollte, zu tödten. Zur allgemeinen
Freude erschien der P r i n z am Abende des 28. in der Komödie, welche
zu Lille gespielt wurde.
») Mcmoires niilitaires (Pelet) XIII. 14»j unfl 147.
*j Marlhonnifjh an rleii Kaiser imd au den Piiiizeu Eiligen. Alost, 28. No-
veinlier 1708. Miinay IV, i]2ö.
479
Indcss General-Lieutenant Graf Hompe seh mit 10 Bataillonen
und 25 Schwadronen bei Audenarde verblieb und FZM. Graf Lottum
mit einem Reiter-Corps längs der Scheide vorging, um den nächst
Gent stehenden General-Lieutenant Lamothe zu beobachten, setzte
sich M a r 1 b 0 r 0 u g h selbst am Morgen des 28. mit dem Gros seiner
Armee — 50 Bataillone und 100 Schwadronen — gegen Brüssel in
Marsch. General Dompre bildete mit 60 Schwadronen und 2 Bataillonen
der englischen Garde die Spitze, bei welcher sich M a r 1 b o r o u g h in
Person aufhielt. Ohne Widerstand zu finden", bemächtigte sich die
Vorhut noch am 28. des wichtigen Uebergangspunctes Alost, indess
das Gros der Armee zu Brust und Oombergen sein Lager bezog. Als
Marlborough um 6 Uhr Abends Alost erreichte, erhielt er die Nachricht,
Max E m a n u e 1 von Bayern habe auf die Kunde vom Scheide-
übergang der Verbündeten, obschon diese noch gut zwei Märsche zu
machen hatten, die Belagerung Brüssels aufgehoben und habe sich auf
Mens über Hals und Kopf derart zurückgezogen, dass sein Rückzug
mehr einer eiligen Flucht ähnlich gewesen wäre *).
Auf diese Kunde Hess Marlborough die Armee am 29. rasten,
was nothwendig, weil der Marsch am 28. noch beschwerlicher, als
der des Vortages gewesen. — Er selbst aber begab sich am Morgen
des 29. nach Brüssel, um der Besatzung für ihre tapfere Haltung zu
danken und den Nachschub zur Belagerung wieder in Gang zu bringen ^).
Der Staatsrath, die Staaten von Brabant und der ganze Magistrat
drängten sich, ihm für den zeitgerechten Entsatz zu danken ').
Max Emanuel von Bayern hatte am 26. November gegen
halb 10 Uhr Nachts mit grosser Kraft den gedeckton Weg zwischen
der Porte de Louvain (Löwen) und der Porte de Namur attaquirt;
zurückgeschlagen, hatte er den Sturm noch siebenmal erneuert. Nach-
dem der Kampf die ganze Nacht über mit furchtbarer Heftigkeit ge-
wüthet, hatte der Churfürst sich genöthigt gesehen, ihn am 27. gegen
9 Uhr Vormittags abzubrechen und seine Truppen zurückzuziehen.
Ein Logement, das selbe am Thore von Louvain nächst der Palissade
') Prinz Eugen an eleu Kaiser. Feldlager bei Ryssel, 30. November 1708.
Supplement-Heft Seite 357, Nr. 343.
2) Marlborough an Doyle. Brüssel, 29. N..vem1)er 1708. Murray IV. 326.
3) „Alle Welt" — schrieb Marlborough am 30. an Eugen (Murray IV. 327)
— „äusserte grosse Freude über den Entsatz und man versicherte mich, dass das Volk
und die Bürgerschaft bei dieser Gelegenheit viel Eifer und Anhänglichkeit für den
König bethätigt habe," und Schulenburg berichtet (377): „Man war angenehm über-
rascht von der Treue der Brüsseler Bürgerschaft, welche Jedermanns Erwartung
übertroffen hat und über Alles hinaus gegangen ist, was von ihrer Betheiligung
an der Vertheidigung ihrer Stadt zu hoffen war."
480
hergestellt hatten, Avar hierauf von Pascal, welcher dagegen ausfiel,
weggenommen und der Gegner über seine Batterien hinausgejagt
worden. Die Franzosen hatten letztere am 27. noch wiederholt gegen
die Stadt spielen lassen, Nachmittags aber einen kurzen Waffenstill-
stand zur Beerdigung der Todten und Wegschaffung der Verwundeten
begehrt, der ihnen bewilligt wurde. Der Ex-Churfürst hatte inzwischen
von Marlborough's Scheideübergang und dem Verluste Saint-Ghis-
lains, — dessen sich Pal lau dt, der Comniandant von Ath, am 27.
bemächtigt hatte — durch mehrere Couriere Nachricht bekommen und
war nur mehr auf seine Rettung bedacht. In der Nacht zum 28. zog
er sich in grösster Ueberstürzung und Alles, was nicht marschfähig war,
im Stiche lassend, auf Charleroy zurück'). Pascal hatte in der Er-
wartung, im Laufe der Nacht nochmals angegriffen zu werden, den
grössten Theil seiner Truppen an den wahrscheinlichen Angriffspuncten
postirt; als er von M a x E m a n u e l's Abzüge Kunde bekommen, hatte
er dem Feinde sofort durch seine Huszaren und Dragoner nachsetzen
lassen. Dabei wurden zahlreiche Gefangene und reiche Beute gemacht.
Seine ganze Artillerie (sechs 24-Pfünder, acht 12-Pfünder, drei 4-Pfün-
der und zwei Jlörscr) und Munition (300 Säcke Pulver) musste der
Churfürst aus Mangel an Bespannung zurücklassen; über 800 Ver-
wundete, französische Officiere und Soldaten, fielen in die Hände
Pascal's. Während der Verlust des Vertheidigers an Todten und
Verwundeten nur 300 ]\Iann betrug, ward jener des Ex-Churfürsten
einschliesslich der Gefangenen auf das Zehnfache veranschlagt.
Die Bravour und Haltung der Besatzung Brüssels war über
alles Lob erhaben. Besonders tüchtig hatte sich das kaiserliche Regiment
Thüngen geschlagen ^).
Der Commandant des Platzes, Pascal, die Generale Murray
und W r a n g e 1 hatten sich durch grossen Muth , Kaltblütigkeit und
Umsicht ausgezeichnet.
Nach nur dreistündigem Aufenthalte kehrte Marlborough am
Nachmittage des 29. von Brüssel nach Alost zurück. Was im Haupt-
quartiere an Nachrichten über den Feind einlief, bestätigte, dass seine
Bestürzung gross sei. Die Truppen, welche von Audenarde gegen
') Marlborougli an CJudDlpliin. Brüssel, 29. November 1708. Coxe, Meiimirs II.
573. — Memoires militaires (Pelet) VIII. 147 und 148.
^j Sclilik au Euj^eu. Krieg.s-A., Niederlaufle 1708; Fase. XII. 15. — Marllioniugh
in .seinem Schreiben an Eugen, Alo.st, 30. November (Murray IV. 327j : „lili luus.s
beifügen, da.ss das Regiment Thüngen, das sich wie alle Welt mir versichert, durch
die höchste Bravour ausgezeichnet hat, in solch' kläglicher Verfassung ist, da.ss die
Soldaten gezwungen sind, in den Strassen zu betteln •'
481
Grammont zurückgewichen, sollten sich an Ath vorbei nach Tournay
gezogen haben. Als die längs der Scheide dahin geflohenen Franzosen
diesen Platz betraten, zogen durch das entgegengesetzte Thor die aus
dem Artois herandisponirtcn Truppen ein, wodurch eine nicht geringe
Verwirrung entstand. Am 30. erfuhr man, die französischen Prinzen
hätten sich nach Douai begeben; zu La Bassee sammle sich ein
feindliches Corps; die Aussenposten der Belagerungs-Armee würden die
ganze Nacht über alarrairt.
Die Ungewissheit darüber, ob die Franzosen noch einen Anschlag
planten oder nach Versammlung ihrer Truppen eine Postirung oder
Winterquartiere zu beziehen gedächten, Hess es rathsam. scheinen, die
eigenen Kräfte mehr zu concentriren, d. h. mit der Observations-Armee
sich wieder Lille zu nähern. Da aber die Franzosen in drei Gruppen
zu Gent, Tournav und Mons standen und es sonach geraumer Zeit
bedurfte, um dieselben zu einem Hauptschlage zu vereinigen, so mochte
Marlborough seinen erschöpften Truppen, welche am 29. um Alost
concentrirt waren, auch am 30. eine Rast gewähren. Am folgenden Tage
wollte er sich Audenarde nähern und zu Nederzwalm lagern. General-
Lieutenant Graf H 0 m p e s c h musste indess schon am 30. mit seinen
10 Bataillonen und 23 Schwadronen und der Artillerie von Audenarde
nach Menin rücken, um die Belagerung der Citadelle von Lille gegen
alle von Gent und Brügge ausgehenden Angiiffe zu decken; über
Marlborough's besondere Weisung, Hess er 4 Schwadronen Engländer
und 1 Bataillon zu Courtray. Er ward am 1. December zu Audenarde
durch den General-Lieutenant Dedem ersetzt, den Marlborough mit
20 Bataillonen dahin entsandte, um im Bedarfsfalle Eugen, welchem
Dedem unterstellt wurde, näher zur Hand zu sein und die Arbeiten
zu fördern, welche man dort auszuführen im Begriffe stand. An dem-
selben Tage (30.) musste General Dompre von Alost mit 40 Schwa-
dronen dem Posten von St. Ghislain bei Mons zu Hülfe eilen, der nun
von den Franzosen bedroht wurde. Er kam zu spät. Dieser kleine
Platz, durch seine Lage, seine zur Inundation von Mons dienenden
Schleusen und endlich die dort augenblicks aufgehäuften Vorräthe von
Wichtigkeit, ward am 28. von Hautefort (auf seinem Rückzuge von
Audenarde) und Alb ergo tti (20.000 Mann und 32 Geschütze) von
allen Seiten angegriffen. Seine nur 300 Mann zählende Besatzung
capitulirte am Mittage des 30. November. Dompre, welcher bis Bru-
gelette" funweit Cambron-Castau) gelangt war, wurde daher angewiesen,
zur Armee einzurücken und bei dieser Gelegenheit einen Convoi von
200 Fuhrwerken, welche mit 1000 Fässchen Pulver und Mehl beladen
waren, von Ath nach Audenarde zu geleiten. D o m p r e marschirte
Feldziige des Prinzen Eugen v. Savoyea. II. Serie, I. Band. ol
482
am 1. December nach Lessines und am 2. zur Armee, welche zwischen
Audeuarde und Berlegem lagerte *).
Nach der Forcirung der Scheide durch die Verbündeten, war
E s t r a d e s auf Gent , H au t e f o r t auf Graramont zurückgegangen.
Der Letztere war am 28. nach Enghien und am 29. mit 29 Bataillonen
und 25 Pjscadroncn nach Mons gerückt, wo der Ex-Churfürst von
B a y e r n bereits am 28. eingetroffen war. Schon während des Rück-
zuges auf Tournay hatte der Herzog von B u r g u n d den Gedanken
gefasst , alle seine Kräfte auf La Bassee zu werfen , welchen Punct
C h e y 1 a d e t in dem Augenblicke hatte besetzen lassen , in welchem
die Verbündeten ihn geräumt. Der Posten schien wichtig für die
Deckung des Artois und für die Behauptung der Citadelle von Lille,
in welche man noch immer hoffte, einigen Succurs werfen zu können.
— Nachdem bereits am 28. eine Brigade unter V i 1 1 i e r s gegen La
Bassee in Älarsch gesetzt worden, liess Burgund mit Zustimmung
des Ilofes, die Infanterie am 29., die Cavallerie am 30. aufbrechen.
Erstere sollte über St. Amand-les-Eaux und Escaudain in drei Tagen
Douai erreichen, letztere diesen Platz über Raisnes-Vicogne, Hellesmes.
Zu Tournay wurden 3 Bataillone und 9 Escadronen unter du Rosel
belassen. Vier Escadronen nach Mons und drei nach Conde entsandt,
sollten von dort aus die feindlichen Zuschübe thunlichst beunruhigen ^).
Schon am 19. November, also vor der Bestürmung Brüssels, hatte
Lud Av ig XIV. dem Herzog von Burgund seinen Beschluss eröffnet,*
einen Tlieil der Truppen unverzüglich auseinandergehen, das heisst an
der Grenze Quartiere beziehen zu lassen. Die Rücksicht auf die
Cavallerie, welche über den Monat November hinaus nicht das Feld
halten könne, ohne zu Grunde zu gehen, war ausschlaggebend gewesen.
Nur an der Scheide, an den Canälen und in den bedrohtesten Plätzen,
Gent, Brügge, Leffinghe und Plasschendaele, sollten Corps belassen
werden, und zwar in den letztgenannten 40 Bataillone und ebenso
viele Escadronen, zu Ypern 12 Bataillone und 15 Escadronen, zu
Tournay 15 Bataillone und 12 Escadronen. Vorläufig sollte der Herzog
von Burgund einen Entwurf zur Auflösung der Armee einsenden,
des Königs letzte Entschliessung aber noch abwarten *).
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; F;isc. XII, fj und XIII. 2ü.
Marlborough an Honipescli, an Pallandt, ;iii den Prinzen Eugen, Alost, 30. No-
vember; an Pallandt, Alost, 1. und Berlegem, 2. December; an Donipre, Herlegem,
1. und 2. December; au Boyle, JJerlegem, 3. December 1708. Murray IV. 326 bis 33ü.
Quiney V. 597. — Memoires militaires (Pelet) VIII. 148 und 150.
2) Memoires militaires (Pelet) VIII. 149 und 150.
') „Ich weiss," 8clireil)t Ludwig XIV., „dass icli, indem icli meine Armee vor
jener der Feinde auflöse, jenen ermögliche, nach den von ihnen besetzten Plätzen
483
Im französischen Hauptquartier wollte man den Feldzuj^f indoss
nicht enden, ohne einen letzten Versuch zur Kettung der Citadelle
von Lille gewagt zu haben. Am 1. December mit der Cavallerie und
Infanterie Douai erreichend — Chey ladet's 12 Bataillone, 36 Esca-
dronen und 1 Regiment Iluszaren bewachten im Artois die Deule von
Berclau bis La Bassce — wies der Herzog von Burg u n d, sowie er
von der Einnahme St. Ghislain's Kunde erhalten, Hautefort und
A 1 b e r g 0 1 1 i an, daselbst und zu Mens die Besatzungen zu
lassen , welche der Ex-Churfürst von Bayern für nothwendig
erachtete, mit dem Reste der Truppen aber sich Douai zu nähern.
Burgund wollte nur ihr Eintreffen abwarten, um mit dem Ganzen
nacli La Bassee zu rücken. Aber auch dieser Plan sollte unaus-
geführt bleiben. Die Untersuchung der Zugänge von Lille ergab, dass
nur zwei Engwege dahin führten, welche Prinz Eugen überdies durch
Verschanzungen gedeckt hatte; die Kunde, der Prinz sei durch
12.000 bis 15.000 Mann von Mar Ib orough's Armee verstärkt worden,
bewirkte, dass man im französischen Hauptquartier den Gedanken, der
Citadelle von Lille beizuspringen, gänzlich fallen Hess und nur mehr
daran dachte, die Armee entsprechend den Weisungen, welche man
am 4. vom Hofe erhielt, in die Winterquartiere zu bringen.
Nachdem die Truppen H a u t e f o r t's und A l b e r g o 1 1 i's in
Cantonnements zwischen Douai und La Bassee verlegt, die Gardes
du Corps und die Grenadiere zu Pferd nach Bapaume und Peronne
gesandt und La Bassee, wie St. Venant, vom Herzog von Burgund
besichtigt worden, begab sich dieser nach Arras, um von hier ohne
Aufenthalt an den Hof zurückzukehren. Dieses Vorhaben erlitt keine
Aenderung, als man erfuhr, die Verbündeten beabsichtigten, sich nach
der Einnahme der Citadelle von Lille der Städte Gent und Brügge
wieder zu bemächtigen. Erfolglos bemühte sich der kriegserfahrne
Vendome, den Herzog von Burgund zu bestimmen, in Arras zu
verbleiben. Umsonst drang er darauf, die Auflösung der Armee auf-
zuschieben; nach Ypern, Furnes, Bergues und Nieuport 20 jener
Bataillone marschiren zu lassen, welche im Artois überwintern sollten;
die Bataillone, welchen zwischen Douai und der Maas die Quartiere
angewiesen waren, zwischen Douai und La Bassee aufzustellen und
die Cavallerie in die Plätze des Artois zu verlegen. Vergebens bot er
sich an, selbst nach Gent zu eilen, um augenscheinlich zu zeigen, dass
man diesem Platze alle Aufmerksamkeit zuwende. Der jugendliche Prinz
Ki-iegsvorräthe zu schaffen, vou deueu sie jetzt ganz eutblösst siud; es ist aber besser,
in diesen Nachtheil zu verfallen, als die Armee ganz zu Grunde zu richten." Memoires
militaires (Pelet) VIII. 13G.
31*
484
schrieb uacli Versailles, es wäre gefälirlicb, V e u d 6 m e nach Gent zu
senden und ihm das Corainando anzuvertrauen, und Ludwig XIV.
verfügte nicht nur, dass man die Armee auflöse, sondern auch dass
der Marschall einige Tage nach B u r g u n d's Abreise gleichfalls nach
Versailles abgehe *).
Der König bcfcihl, dass der Intendant Le Blanc Gent und
Brügge, sowohl rücksichtlich der Besatzung, als auch der Einwohner-
schaft approvisionire ; dass in den ersteren Platz eine starke Besatzung
verlegt, der Canal gehörig bewacht, die Verbindung mit Nieuport
oflfen gehalten und ein Corps von 12 Bataillonen, welches für die Plätze
des Artois und der Picardie bestimmt gewesen, nach Ypern gesandt
werde. Letzteres sollte den bestimmten Auftrag erhalten, nur in seinem
Bereiche zu handeln, den Canal von Brügge aber keinesfalls zu
überschreiten.
In Befolg dieses Befehles verfügte der Herzog von B u r g u n d
am 8. die Auflösung der Armee; zwei Tage später war er mit dem
Herzoge von B e r r y und dem Chevalier de St. Georges auf dem
Wege nach Versailles. Ven dorne folgte am 12., nachdem er die
Truppen in ihre Winterquartiere hatte abrücken machen.
Es cantonnirten 18 Bataillone und 31 Escadronen unter Saint-
Fremont zwischen La Bassee, Lens und Douai. Zu Ypern, Tournay
und Conde verblieben ausser den Besatzungen 30 Bataillone. 67 Batail-
lone und 53 Escadronen unter Lamothe's Befehl endlich sollten erst
dann auseinandergehen , wenn für Gent und Brügge jede Gefahr
geschwunden.
Statt seine Truppen, wie Ven dorne angeordnet hatte, zur Ver-
theidigung der Annäherungen von Gent und Brügge in Verschanzungen
zu verlegen, die er zwischen Gent einerseits, der oberen und unteren
Scheide andererseits aufwerfen sollte, füllte L a ra o t h e beide Städte
mit Maximal-Besatzungen und allen Lebensmitteln, die er in den Land-
schaften Waas und Dendermonde nur auftreiben konnte. Griffen die
Verbündeten den grossen Canal in der Front an, meinte der General-
Lieutenant Zeit genug zu haben, den Vertheidigern der Hauptüber-
gänge zu Hülfe zu kommen. Umgingen ihn die AUiirten über Dender-
monde, wollte er zu Gent nur eine Minimal-Besatzung belassen, alles
Uebrige aber nach Brügge werfen, um die Verbindung mit Nieuport
und die Canäle zu decken. Schritten aber die Feinde an die Bela-
') .jMaii iniiss sich wundern," schreibt Marschall Berwick (Memoires 404), „dass
der Köuig währeud des Feldzuges deu seltsamen Vorstelluiigcu Veudöme's Gehör
gegeben und auf einmal den einzigen vernünftigen Vorschhig so halsstarrig ver-
w«>rfeu hat."
4
485
gerung von Brügge, dann wollte Laraothe über Thielt und Roii-
lers die Armee erreichen, welche man in diesem Falle wieder ver-
sammeln würde ').
Am 1. December war Marlborongh mit der Armee, wie bereits
angedeutet, nach Berlegem gerückt. Er stand hier von Gent 19, von
Audenarde, wohin er seinen rechten Flügel ausdehnte, IS'ö*^'" entfernt
und konnte Lille in zwei Märschen erreichen. Die erste und wichtigste
Aufgabe war augenblicks diese, einerseits die zur Beendigung der
Belagerung von Lille erforderliche Munition von Brüssel und Ath
dahin zu schieben, andererseits jenen Platz, dann Menin und Courtray
mit allem und jedem Bedarf für den Winter zu versehen.
Marlborough widmete sich dieser Aufgabe mit gewohnter
Umsicht und allem Erfolge. Die Zuschübe von Brüssel, wie von Ath,
wurden nach Audenarde und von hier über Menin zur Belagerung
dirigirt. Zur Sicherung der von Brüssel über Alost führenden Etapen-
linien musste Pascal bis zu diesem Puncto unverzüglich eine Kette
stehender Posten etabliren und durch fliegende Corps aus seinen
Besatz imgötruppen die feindlichen Parteien derart attaquiren lassen,
dass ihnen die Lust verging, wiederzukommen. Die Sicherung der
Zuschübe von Ath nach Audenarde, welche wegen Mangel an Fuhr-
werken in kleinen Staffeln erfolgten, fiel dem bei Lessines stehenden
Reiter-Corps D o m p r e's zu. Marlborough endlich stand zu Berlegem,
bereit, diese Zuschübe wirksamer zu schützen, wenn die Nothwendig-
keit es erheischte. Der Commandant von Ath musste täglich wenigstens
einmal Bericht erstatten ; D o m p r e, der sein Hauptquartier bis auf
Weiteres zu Lessines aufgeschlagen, gegen Haut ef ort, der angeblich
zu Mens stand, Fühlung suchen; Hompesch zu Menin endlich
gleichfalls scharf beobachten und eingehend berichten.
Dank dieser energischen und umfassenden Thätigkeit, traf bereits
am 1. December ein grosser Munitions-Transport, vom General-Major
Tettau mit 8 Bataillonen geleitet, wohlbehalten vor Lille ein. Die
Escorte sollte weiters nächst Menin lagern und unter Prinz Eugen's
Befehl verbleiben. Ein zweiter grosser Pulvertransport ging am
3. December von Ath über Audenarde nach Menin, wo er magazinirt
werden sollte. General D e d e m ward angewiesen, ihn von 9 Batail-
lonen und den kaiserlichen Huszaren und Dragonern geleiten zu
lassen. Diese Escorte hatte zu Hompesch' Corps zu stossen und
<) Memoires militaires (Pdet) VIII. 149 bi.s 156.
486
Prinz Ell o^en's Befehlen zu gehorchen. Da De dem nur die drei engli-
schen und fünf dänischen Bataillone zu Audenarde zurückbehielt, ward
ihm für den Bedarfsfall Verstärkung zugesagt. Der Prinz von W ü r t-
teraberg endlich ward am 4. angewiesen, mit seinen 10 Schwadronen
über die Scheide zu gehen und in den Dörfern nächst Audenarde zu
cantonniren ').
Die Belagerung der Citadelle von Lille.
Mit dem Falle der Stadt hatte das grosse Drama, auf welches
die Augen Europa's so lange gerichtet gewesen, zwar seinen Höhe-
punct erreicht, nicht aber seinen Abschluss gefunden. Wiewohl die
Hoffnung auf Entsatz, welche den Vertheidiger der Stadt immer wieder
belebt und gestärkt hatte, dem der Citadelle nicht mehr winkte, war
Bouffiers dennoch entschlossen, die letztere ebenso ausdauernd zu
vertheidigen, wie die Hauptfestung, den unvermeidlichen Augenblick
der Capitulation so lange als nur thunlich hinauszuschieben und
dadurch den Verbündeten die Möglichkeit zu benehmen , noch in
diesem Feldzuge weitere Eroberungen zu machen. Die Vertheidigung
der Citadelle bildet in der That einen würdigen Epilog der grossen
Tragödie von Lille.
Der zweite Theil der von den Verbündeten zu losenden Aufgabe
war kaum minder schwierig, als der erste. Die Citadelle, wie schon
erwähnt, ein regelmässiges bastionirtes Fünfeck, war auf drei Seiten
durch eine mehr als 300 (564"') Klafter breite, 5 bis 8 Fiiss (1-57 bis
2'51™) tiefe Ueberschwemmung gedeckt und nur auf der der Stadt zuge-
kehrten vierten angreifbar. Sie stark zu machen, hatte Vau b an seine
ganze Kunst erschöpft. Grabenscheeren (Tenaillen), Ravelins mit Reduits,
ein doppelter gedeckter Weg, dessen eingehende Waffenplätze mit palis-
sadirten Reduits versehen, verstärken die beiden an die Bastion du Roi
anschliessenden Fronten. Im Hauptgraben kann das Wasser bis zu
einer Höhe von 15 Fuss (4'7r") gestaut und mit ihm, wie mit jenem,
das den Vorgraben des inneren gedeckten Weges füllt, manövrirt
werden. Zwischen dem Fusse des Glacis und der Stadt dehnt sich die
250 Fuss (TS-öO"") breite Esplanade, welche vor der Porte Royale, dem
einzigen Eingang von der Hauptfestung in die Citadelle, zum Ueberfluss
noch von dem in der Bastion Anjou angeordneten Cavalier beherrscht
wird. Die Mittel-Bastion, du Roi, zeigt einen Abschnitt.
'j Marlborou<,'ir3 Correspondeiiz vom 1. bis 5 Decenil)(?r 1708. Miirniy IV.
329 bis 338.
^) Die toarstelluiif^ lieniht auf den Si-ite 301, Anmerkung 1, nälier Ijezcich-
neten Gnindlagen.
487
Die Bezwingung dieses mächtigen Bollwerkes wurde, abgesehen
von der sehr vorgerückten Jahreszeit, noch durch zwei Momente
erschwert : durch den Mangel an Schiessbedarf und durch die Schwierig-
keit der Verpflegung, einerseits des Belagerungsheeres, andererseits der
Städter. Da nach dem Falle Leffinghe's auf weitere Munitions-Zuschübe
kaum mehr gerechnet werden konnte, war die grösste Sparsamkeit
im Verbrauche der geringen noch vorräthigen Bestände dringend
geboten. — Als die Stadt capitulirte, waren ihre Verpflegs-Vorräthe
und jene der Umgebung fast gänzlich aufgezehrt gewesen. Die Stadt
rasch auf's Neue zu approvisioniren, war bei den Verkehrsmitteln
und Handelsverhältnissen jener Zeit unthunlich. Die Verpflegsfrage
war daher in der ersten Zeit nach der Capitulation eine hochernste ;
erst in der zweiten November- Woche gestaltete sie sich freundlicher ').
Diese Verhältnisse und die Hoffnung, Bouffiers werde sich
durch besonders ehrenvolle Capitulations-Bedingungen am Ende doch
bewegen lassen, einen Platz, dem ohnedies keine Hoffnung auf Entsatz
blühe, zu übergeben, ehe es zum Aeussersten gekommen, waren von
bestimmendem Einflüsse auf die Anlage und die Durchführung des
belagerungsmässigen Angriffes.
Hatte man beim Angriffe auf die von einer starken und wohl-
ausgerüsteten Besatzung vertheidigte Stadt rücksichtslosem Drauflos-
gehen gehuldigt, so entschied man sich weise beim Angriffe auf die
von einer mangelhaft ausgerüsteten Garnison behütete Citadelle für
vorsichtiges Verfahren. Die Rücksicht auf die gebotene Schonung des
Menschenmaterials wurde hier als entscheidend in's Feld geführt. Die
Laufgräben wurden auf die grösste zulässige Entfernung vom gedeckten
Wege begonnen und die Annäherungen gleich zu Anfang als Sapen
ausgeführt. Unter diesen Umständen nahm die Belagerung der
Citadelle einen ebenso schleppenden Verlauf, wie jene der Stadt.
Aber auch der Charakter des Feuergefechtes war bei Angriff und
Vertheidigung der Citadelle ein ganz anderer. Hatten die Franzosen
gegen die Belagerer der Stadt ein furchtbares Feuer unterhalten.
*) Der Vorsteher des „Bapaumes" beuanuteii Waisenhauses schildert in
ergreifender Weise die Leiden der Bevölkerung und das Elend des Belageruugs-
heeres. „Die Gassen erfüllt Klagegeschrei ! Der Wallone erschrickt vor dem Ausblick
auf eine unvermeidliche Hungersnoth und der Soldat durchbohrt unser Herz, indem
er immer und immer wieder schreit: „Wo verkauft man ßrod, Brod, Brod!" Brod ist
das einzige Wort, das wir immer und immer wieder hören und das uns ihr klägliches
Elend nur zu gut enthüllt." Am meisten litten nach demselben Gewährsmann die
ausserhalb der Stadt stehenden Truppen, vor Allem aber die Kaiserlichen, welche
weder Brod, noch Geld erhielten. Brun-Lavainne et Elie Brun (Les sept sieges de
Lille) 420 bis 447.
488
so feuerten sie gegen den Angreifer der Citadelle wenig. Dieses
Verhalten bestimmte auch den letzteren, mit der Eröffnung seines
Batteriefeuors zuzuwarten, bis er näher herangekommen und sich der
Contrescarpe bemächtigt haben Avürde. So kam es, dass in der
Zeit vom 8. bis 15. November von Seite des Angreifers kein Kanonen -
schuss fiel.
Am Morgen des 25. räumte Bouffiers die Stadt und bezog mit
4500 Mann, dem intacten Reste seiner Truppen, die Citadelle. Wenige
Stunden später, um 11 Uhr Vormittags, verliessen aucli seine trans-
portablen Verwundeten mit 1500 Mann Cavallerie Lille. Sie zogen,
geleitet von einem Detachemcnt der Verbündeten, nach Douai. 20 Batail-
lone, 400 Pferde und 20 Geschütze der Alliirten besetzten sofort die
Stadt, zu deren Gouverneur Prinz Eugen zunächst den Prinzen von
Holstein-Beck und nach dessen Abgange den holländischen General-
Major Co Her ernannte. Ihre Hauptumfassung in Vertheidigungsstand
zu setzen und die Trancheen einzuräumen, waren 10.000 Bauern
aufgeboten worden und auch theilweise schon am 24. eingetroffen.
2000 Arbeiter und 300 Karren wurden zur Herstellung jener Bauten
bestimmt, welche die Stadt gegen die Citadelle schützen sollten. Alle
der Esplanade zugekehrten Häuser wurden mit Schiessscharten ver-
sehen, die Gassen verrammelt und die Abschlüsse mit je zwei Geschützen
versehen. Die Belagerungs - Artillerie wurde auf den beiden Haupt-
plätzen der Stadt parkirt. Die Franzosen arbeiteten gleichzeitig an der
Vertheidigungs - Instandsetzung ihres ersten gedeckten Weges, den
Bouffiers palissadiren Hess.
In der Kacht zum 27. wurde auf der Esplanade 165"' vor den
ausspringenden Winkeln des gedeckten Weges, die erste Parallele
(A, schwarz) ausgehoben und von beiden Flügeln derselben auf den
Wällen mit Sapen, welche mit einfach umgangenem Querwallc ausge-
führt wurden, vorgerückt. Nach Prinz Eugen's Dispositionen standen
täglich ein General-Lieutenant, ein General-Major und ein Brigadier im
Tranchee-Dienst, zu welchem 1200 Mann als eigentliche Tranchee-
Wache und 800 Mann als Reserve commandirt wurden. Da der Prinz
die in Lille stehenden Bataillone für unzureichend hielt, trafen am
S.November von Marlborough's Armee, wie erwähnt, neun Batail-
lone als Verstärkung ein ; mit ihnen zur Leitung der Angriffsarbeiten
der Ingenieur en chef des Roques.
Am 29. October, 3 Uhr Nachmittags, fiel von der Citadelle aus
der erste Kanonenschuss. Der Belagerer, der auch bis jetzt sein Feuer
489
zurückgehalten, erwiderte und brach in der folgenden Nacht vom
linken Flügel mit einem Laufgraben (1,) gegen die Brücke aus, welche
in die Vorstadt de la Barre führt. Gleichzeitig wurde eine 5-Haubitz-
und 6-Mörser-Batterie (B,) begonnen. Der immerhin fühlbare Verlust
von 30 Mann, welchen der Belagerer in dieser Nacht durch Kloin-
gewehrfeuer erlitten, bestimmte ihn, am Abende des 30., 100 Schützen
zu commandiren, welche den gedeckten Weg beständig unter Feuer
zu halten hatten. Ihre Zahl musste, des feindlichen Gewehrfeuers
halber, schon in der Nacht zum 2. November vervierfacht werden.
Auf dem linken Flügel wurde eine Batterie für 11 Kanonen (B,)
erbaut und in der Nacht zum 1. November vom rechten Flügel der
ersten rarttliefe mit einem Laufgraben (^1,) gegen das kleine Pulver-
magazin (p) ausgebrochen. Da das Wasser in dieser Nacht so hoch
stieg, dass die ganze Esplanade überschwemmt wurde, musste durch
einen Einschnitt für Abfluss gesorgt werden.
In der Nacht zum 30. erreichte der Belagerer rechts das Pulver-
magazin (p) und begann an der Porte de la Barre die Aushebung der
zweiten Parallele (D, schwarz), Sie wurde so schlecht tracirt, dass sie
ganz enfilirt war. Der leitende Ingenieur musste, seinen Fehler zu
verbessern, noch weitere 24 Stunden in der Tranchee verbleiben und
fiel. Die Batterien des linken Flügels der ersten Parallele wurden um
eine 13-Kanonen-Batterie (B3) vermehrt.
In der Nacht zum 3. November ward die Sape auf dem Walle
zur Rechten bis zur Abschlussmauer (mj geführt, an der Contrescarpe
Fuss gefasst und auch hier der Bau der zweiten Parallele begonnen,
welche gleichzeitig zur Linken gegen den ausspringenden Winkel
des gedeckten Weges geführt wurde. Die Franzosen bewarfen die
Stadtlisiere mit Bomben und Carcassen, schössen aber aus Kanonen
nur wenig.
Des sehr lebhaften Kleingewehrfeuers ungeachtet, schritten die
Annäherungen auch in der folgenden Nacht beiderseits vor. Man kam
rechts bis knapp an die Palissaden; links wurden zur Vertreibung
des Vertheidigers aus dem ersten gedeckten Weg einige Geschütze
placirt und nächst der Porte de la Barre eine Batterie für fünf Mörser
und neun Haubitzen (B^) angelegt.
In der Nacht zum 5. logirte sich der Belagerer rechts auf der Palis-
sadirung im ersten gedeckten Weg. Nächst (p) wurden drei Haubitzen
und ebensoviele Mörser (B.) in Batterie gebracht und auf dem Walle
eine Batterie für drei iBg), eine andere für sechs Kanonen (B,)
erbaut; links kam der Belagerer erst 24 Stunden später an die
Palissaden, gegen die hier eine neue Sape eröffnet wurde.
41)0
Sich von beiden Flügeln gegen die Mitte auszubreiten, den Glacis-
kamm zu krönen und die Krönung mit Batterien zu bespicken, bildete
die Aufgabe der nächsten Tage.
Auf dem rechten Flügel ward am 7. ^^bei m,) der Graben angezapft,
welcher dem zweiten gedeckten Weg vorlag. Der Durchbruch der
Abschlussmauer gegen den Uauptgraben musste aber am 10. wieder
verdämmt werden, da das Wasser im letzteren derart stieg, dass es
in den abgelassenen Vorgraben zui'ückfloss. Die Ableitung des Grabens
bereitete bei dem Umstände, als der Vertheidiger es in seiner Gewalt
hatte, Wasser reichlich zuströmen zu lassen, in den nächsten Tagen
nicht geringe Verlegenheiten.
Am 8. erreichte die Sape die Traverse Tj, in der Nacht zum
11. den Waftenplatz W^, nachdem am Vortage auf W^ ein Logement
gelimgen. Am 14. war der Glaciskamm vom Hauptgraben nach links
bis zum Waffenplatz Wg gekrönt und zwei Tage später die Verbindung
des letzteren mit dem Logement auf W^ hergestellt. Auf dem linken
Flügel erreichte die längs des Hauptgrabens vorgehende Sape (s^)
am 8. die Palissaden und die zweite Parallele die Capitale der Bastion
du Roi. Drei Tage später ward die Brustmauer des Waffenplatzes W^
durchstossen und längs der Palissade beiderseits der Capitale ein
Laufgraben gezogen, aus dem am 14. mittelst einer Sape nächst
der Traverse in den gedeckten Weg eingebrochen wurde. Am 15.
war der letztere vom WafFenplatze W, bis "W^ gekrönt. Der Verthei-
diger hielt vom ersten gedeckten Weg nur noch die Waffenplätze W3
und W^.
Inzwischen war der Bau und die Armirung von Angriffs-Batterien
hinter der Entwicklung der Annäherungen nicht zurückgeblieben.
Bereits am 3. standen 25 Kanonen und 24 Mörser und Haubitzen
feuerbereit. Dazu kam in der Krönung des Waffenplatzes W^ eine
Batterie für 8 Mörser (Bg), begonnen in der Nacht zum 13. und
armirt am 15.; in derselben Krönung eine 3-Kanonen-Batterie (^B,,),
angefangen am 14., zur Beschiessung der Fleche (Fl), und rechts an sie
angeschlossen, eine 5-Mörser-Batterie (Bj^), angelegt am 16. November.
An diesem Tage liess Prinz Eugen die noch in den Händen
der Franzosen befindlichen Theile des ersten gedeckten Weges stürmen;
am 17. war er völlig Herr desselben '). Nun wurden die bisher getrennten
Theile der Krönung zusammengeführt und vereinigt. Mit Hülfe eines
Maurers, welcher beim Baue der Citadelle beschäftigt gewesen, wurde
der Grundzapfen gefunden, worauf das Wasser so rasch fiel, dass der
*) Obristlieutenant de Mey, des Regiments Metiael, ein tapferer Soldat, fand
hier den Tod.
491
Graben alsbald trocken gelegt ward. Unter dem Schutze des Feuers, das
die Musketiere aus der Krönung unterliielten, wurde der Graben in der
Nacht zum 18. überschritten (b^) und knapp an der Fleche (Fl) Fuss
gefasst. Ein kleiner Ausfall am Morgen des 18. Avard zurückgewiesen.
Jetzt endlich gab der Vertheidiger seine bisherige Zurückhaltung
auf. Am 18. überschüttete er den Angreifer mit seinem Geschützfeuer
derart, dass sogar zahlreiche Häuser der Neustadt zerstört wurden.
Gleichwohl ging der Belagerer in der Nacht zum 19. an mehreren
Stellen über den Vorgraben und schlug, nachdem er auf dem Glacis
des zweiten gedeckten Weges Fuss gefasst, drei weitere Brücken b,,
b, und bg über denselben. Die Ausfälle, welche die Franzosen zeitlich
Morgens dagegen machten, wurden abgewiesen, und in der folgenden
Nacht die Brücken b^, bß und b, erbaut. Wiederholte Ausfälle Bouff-
iers' im Laufe des 20. zur Zerstörung dieser Uebergänge unter-
nommen, wurden, nachdem die Franzosen ihren Zweck vorübergehend
erreicht hatten, zurückgewiesen'). Dasselbe Schicksal hatten zwei
Ausfälle, welche in der Nacht zum 21. gegen den linken Flügel des
Angriffes geschahen. Den ganzen folgenden Morgen unterhielt der Ver-
theidiger ein so lebhaftes Granatenfeuer, dass der Angreifer ein Loge-
ment zur Rechten aufgeben musste. Dagegen eröffneten die Batterien
der Krönung am 22. das Feuer gegen die Fleche, das Bonnet des
zweiten gedeckten Weges und ein die Tranchee enfilirendes Schilder-
haus. Zur Rechten wie zur Linken ward eine Sape begonnen.
Bis jetzt hatte die Witterung die Angriffsarbeiten begünstigt;
nun trat ein Umschlag ein, es begann am 23. stark zu regnen und
zu schneien. So gelangten die Sapespitzen erst am 25. an die Palis-
saden des zweiten gedeckten Weges. Der Vertheidiger, gezwungen,
sein Pulver zu sparen, unterhielt nur ein massiges Feuer, was dem An-
greifer ermöglichte, die Logements am Glacisfusse zu einer dritten
Parallele (GGG, schwarz) zu vereinigen. Nachdem der Saillant des
zweiten gedeckten Weges von R^ bereits am 23. unterminirt worden,
wurden am 27. einige unterirdische Sapen angebrochen.
Am 26. Hess Bouffiers, Prinz Eugen's Abwesenheit zu nützen,
den grössten Theil seiner Besatzung ausfallen und vertrieb die Bela-
gerer gänzlich aus der östlichen Hälfte des zweiten gedeckten Weges ^).
Prinz Eugen, welcher am 28. zurückkehrte und nach Forcirung der
Scheide Mangel an Belagerungsmitteln nicht mehr zu fürchten hatte,
richtete den Muth der Seinen rasch wieder auf. Ihnen die baldige
Beendigung dieses langwierigen Unternehmens in sichere Aussicht
') lu diesen Kämpfen ward General-Lieutenant Surville schwer verwundet.
2) Qnincy. — Die Feldacten berichten nichts.
492
stellend, fasste er auf den Saillants des zweiten gedeckten Weges
neuerdings festen Fuss, brachte die Sapen wieder in Gang und bereitete
einen kräftigen Artillerie-Angriff voi-. Nicht genug an dem, gab der
Prinz dem Marschall Bouffiers von der Forcirung der Scheide, der
Aufhebung der Belagerung Brüssels und dem Rückzuge der fran-
zösischen Armee bis hinter die Scarpe Nachricht. Nun, da kein
Succurs mehr zu hoffen, möge er seine Person und seine brave Be-
satzung schonen, welch' beiden er (Eugen) andernfalls nicht jene
Bedingungen zuzugestehen vermöchte, die sie verdienten *). Der Mar-
schall aber antwortete: „Nichts drängt mich noch; gestatten Sie, mich
noch so lange zu halten, als ich kann. Es bleibt mir noch genug zu
thun. der Achtung Eurer durchlauchtigsten Hoheit würdig zu sein."
Also nahm die Belagerung ihren Fortgang. Da der Vertheidiger
von seinem Geschützfeuer nur massigen Gebrauch machte, schritt die
Krönung des zweiten gedeckten Weges und die Erbauung der Bresch-
Batterien ziemhch fort. Bereits am 4. standen 12 Kanonen {B^^) und
7 Mörser (B^j) in der Krönung; zwei Tage später begann der Bau
einer 5 - Kanonen - Batterie (h^^) gegen die Flanke der Bastion Anjou
und — obgleich der Vertheidiger die ganze Nacht Carcassen warf,
während derselben auch der Bau einer 5-Kanonen-Batterie {'B^^) in
der Krönung der rechten Face vor R,. Am 7. wurde rechts von
Wg und auf der Face von Wg je eine 5-Kanonen-Batterie (B^. und B^g)
begonnen und wurden die durchwegs unterirdisch geführten Sapen
vereinigt; in der Nacht zum 8. wurden ihre Spitzen bis an die Escarpe-
mauer geführt, welche alle gleichzeitig durchbrechen sollten, und alle
Batterien vollendet.
Bouffiers aber wartete die Eröffnung des allgemeinen Feuers
nicht ab. Am 8. December, um 7^^ Uhr Morgens, schlug er Chamade.
Der Marschall hatte am 6. December durch einen vom Herzog
von Burgund gesandten Boten ein Schreiben Ludwig XIV.
erhalten, der ihm bedeutete, nicht das Aeusserste abzuwarten, damit
er sich nicht zu strengen Bedingungen unterwerfen müsse. In dem
Kriegsrathe, in welchem das königliche Schreiben zur Verlesung
gelangte, gab es nur Eine Stimme: Lieber mit dem Degen in der
Faust auf der Bresche untergehen, als eine den königlichen Waffen
schimpfliche Bedingung annehmen! Bouffiers vergoss darüber Thränen
der Freude, aber so wackere Männer der Zukunft des Vaterlandes
zu erhalten, entschloss er sich, zu capituliren ^).
M Die H;iiiiit<iuelle verloren <(eg:aiig('ii. Docli l)rin{Ten Thentruin Enrnpaeiiiii,
Derode mul Quincy damit fast wörtlich Uebereinstiiiiniendes.
2) (^liiuy V. 599. — Derode II. 2(i0.
493
Die Capitulation Avurde am 9. perfcet. Ihre Avesentliclisten Artikel
beijagten, dass die Porte Koyale noch am 9. den Verbündeten über-
geben werde, dass aber diese die Citadelle erst dann beträten, wenn
sie von der Besatzung vollständig geräumt; dass die ganze Besatzung
mit ihren Waffen, Pferden und Bagagen am 10. „tambour battant"
mit geladenen Gewehren, brennenden Lunten und 10 Patronen per
Mann, mit 6 laffetirten Geschützen und je 12 Schuss Munition, endlich
zweitägiger Verpflegung in voller Sicherheit bis Douai geleitet werde,
sowie dass ihr zwei bedeckte Wagen zustünden, welche nicht durch-
sucht werden dürften *).
Was den Prinzen Eugen bestimmte, so überaus günstige Bedin-
gungen zuzugestehen, sprach er in seinem Bericht an Kaiser Joseph I.
aus. Er war sicher, dass Bouffiers es auf das Aeusscrste hätte
ankommen lassen, wäre ihm der freie Abzug verweigert worden. In
diesem Falle würden die Verbündeten vor der Citadelle noch 12 oder
14 Tage zugebracht haben, eine kostbare Spanne Zeit, in welcher
noch Besseres unternommen werden konnte: Der Angriff auf Brügge
und Gent ^).
Nachdem die Porte Royale am 9., um 2 Uhr Nachmittags, über-
geben worden, eilte Prinz Eugen, begleitet vom Prinzen von Oranien,
den Marschall Bouffiers zu besuchen und seinem Verdienste zu
huldigen. Er umarmte ihn freundschaftlichst und nahm ein Souper
nur unter der Bedingung au, dass es das Souper einer ausgehungerten
Citadelle sei. Man servirte Pferdefleisch ^).
Als am 10. die Franzosen aus der Citadelle rückten, bildete das
ganze Fussvolk und die gesammte Reiterei der Belagerungs- Armee
Spalier. Marschall Bouffier s eröffnete den Zug, welchem 1000 Reiter
der Verbündeten bis Douai das Geleite gaben. Der Marschall ward vom
Prinzen Eugen eingeladen, das Defile mit ihm abzunehmen und bei
ihm zu speisen. Was die Armee der Verbündeten an ausgezeichneten
Officieren zählte, machte dem Marschall Bouffiers die Aufwartung.
Mit einem Verluste von 1252 Todten und Verwundeten hatten
die Verbündeten die Einnahme der Citadelle bezahlt*), die Franzosen
in ihrer Vertheidigung angeblich nur 200 Mann eingebüsst^).
*) Das Original der Capitulation, Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. ad 3.
reproducireu Memoires militaires (Pelet) VIII. 520 und Bruu-Lavaiuue •147, deutsch
Theatrum Europaeum XVIII. 179.
^) Lager bei Lille, 10. December 1708. Supplement-Heft Seite 383, Nr. 858.
^) Derode II. 266. — Quincy V. sagt im Wesentlielieu dasselbe. Kriegs-A.,
Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a bestätigt den stattgehabten Besuch.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 a.
^) Theatrum Eurupaeum XVIII.
494
Der Gesammtverlust des Belagerers von Lille belief sich (nach
Schulcnburg) auf 169 Officiere und 3994 Mann todt, 338 Ofliciere
und 9232 Mann verwundet. Die finanziellen Kosten wurden mit rund
drei j^lillionen Thalern beziffert '), was zu nieder gegriffen scheint,
da, derselben Quelle nach, allein 8000 Boraben und 9000 Centner
Pulver vor Lille gebracht worden und nach S c h u 1 e n b u r g's An-
gaben die Faschinen und sonstigen Belagerungsmaterialien die Nieder-
länder allein 20 LI 34 Thaler gekostet hatten. Indess fiel mit der
Citadelle abermals ein reiches Artillerie-Materiale in die Hände der
Verbündeten ^).
Nachdem Bouffiers von Douai aus seine Truppen in die Winter-
quartiere entlassen , eilte er auf des Königs Geheiss nach Versailles,
wo ihm ein ausserordentlicher Empfang wurde. Ludwig XIV.
verlieh ihm die Würde eines Pair von Frankreich und das General-
Gouvernement von Flandern, seinem Sohne aber für den Ueberlebens-
fall ein Brevet für dieses Gouvernement, wie für die Stadt und die
Citadelle von Lille, Mit diesen Erhebungen war eine Rente von mehr
als hunderttausend Livres verbunden. Allen Officieren, die Bouffiers
so wacker unterstützt, wurden neue Gnaden zugewendet^). Selten
wohl war das Füllhorn königlicher Gunst einem Würdigeren als
Bouffiers zugewendet worden. „Die Ehre Frankreichs" nannte ihn
Frau von Maintenon und mit Recht. Ein 66 jähriger Festungs-
Commandant, der es versteht, sich alle Herzen ergeben zu machen;
der fast jede Nacht angekleidet an der Angriffsfront verbringt; der
wiederholt verwundet, seine Pflicht unentwegt erfüllt; überall ist,
wo eine Verfügung notthut; der in den verdriesslichsten Widerwärtig-
keiten und im heftigsten Feuer den Gleichmuth der Seele und die
Freiheit des Geistes bewahrt und durch alles dies einen gewaltigen
und sieghaften Gegner durch vier Monate an eine Scholle fesselt —
streut immer den Samen aus, zu neuen Grossthaten. An diesem
Veteranen voll Pflichtgefühl, Vaterlandsliebe und Königstreue richtete
ganz Frankreich sich wieder auf zu kräftiger That.
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Faac. XIII. 2d.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2 e.
') Saint-Simon, M(;raoires IV. 258, 270 und 271; Memoires militärcs (Pelct) VIII.
l.")6 und 157.
Nacli Saint Simon, Memuircs IV. 258, erhielt der scliwcrverwinidete Snrville
eine Pension von 10.000 Livres; de Lee, welcher einer Schusswunde halber zu
Douai trepanirt werden inusste, die Antwartschaft auf die erste Vacauz des Gross-
kreuzes des Ludwig-Orden», beziehungsweise die damit verbundene Pension ; Rannes,
Ravignau, Coi'tgen und Permangle wurden zu Marechaux de Camp, Maillebnis,
Belle Ile, Martinville, Tdurotte, Sourzy u. A. zu Urigadiereu Ijcfördert.
495
Ein Mann von der Charaktergrösse Bouffiers' war ein würdiger
Gegner des Prinzen Eugen, der seit jenem denkwürdigen 6. Juli,
wo er an der Spitze von einigen Hundert Huszaren im Hauptquartier
zu Assche-la-Chaussce eingetroffen, zum eigentlichen Mittelpunct der
ganzen Kriegshandlung in den Niederlanden geworden war. Hatte
die Kraft seiner Persönlichkeit sich seither unbegrenztes Vertrauen
erzwungen, so hatten sein Eintreten für wahres Verdienst, seine Leut-
seligkeit , Offenherzigkeit und sein P^delmuth ihm im Laufe des
Sommers die Sympathien von Hoch und Nieder, die allgemeinste Ver-
ehrung errungen *). Die Belagerung von Lille, einer Welt von Schwierig-
keiten zum Trotze unternommen, hatte dem Prinzen die Geister und
die Herzen der seinen Befehlen Unterstellten, in noch höherem Grade
zinspflichtig gemacht. Seiner grossen Willenskraft hatten sie es zu
danken, dass das mit so vielen Anstrengungen, Mühen und Nöthen
verbundene Unternehmen so ruhmvoll zu Ende geführt wurde. Seine
hiebei bethätigte Ausdauer, seine Beharrlichkeit fordern aber die
Bewunderung der Nachwelt in umso höherem Grade heraus, als die
ganze Richtung seines Genies, ihn auf blitzschnelle und gewaltige
Schläge hindrängte, welche der Festungskrieg seiner ganzen Natur
nach ausschliesst.
*) Zahlreiche Belege hiefür fiudea sich in deu Feldacten des Kriegs-Archivs,
in deu Berichten von Schuleuburg, Natzmer und Grumbkow, in den Memoiren von
Goslincra, bei Noorden, welcher derselben Erkenntuiss treffendsten Ausdruck gibt,
(III. 446) und bei Saint-Simon IV. 180 uud 181.
Gent und Brügg-e.
Der am 8. Deccmber erfolgte Fall der Citadello von Lille gab
den Verbündeten früher als diese gehofft, freie Hände, den Schlag
gegen Gent zu führen.
Bereits am 6. December hatte Marlborough den thätigen und
umsichtigen Cadogan nach Brüssel gesandt, auf dass er im Verei-ne
mit Hollands Feld-Deputirten die Verpflegung und den Nachschub
sicherstelle, eine Arbeit, welche der Herzog in 5 oder 6 Tagen beendet
zu sehen hoffte. — Chanclos und Dedera mussten vom 8. December
ab von ihren Truppen das von du Mey veranschlagte Belagerungs-
Material erzeugen lassen. Da die Franzosen, wie es hiess, von den
benachbarten Kriegsschauplätzen alle entbehrlichen Truppen nach den
Niederlanden zogen, verfügte M a r 1 b o r o u g h die Ueberscbiffung der
britischen Regimenter Strathnaver und Grant nach Williamstadt.
Um den Franzosen keine Zeit zu lassen, die von ihnen bei Tag
und Nacht betriebene Ausrüstung dieses Platzes zu vollenden, schritt
Marlborough ohne Säumen an seine Einschliessung. Zunächst
ward Hompesch von Menin nach Deynze dirigirt. Sein Aufbruch,
für den 10. angesetzt, verzögerte sich aber bis zum 13. — General-Major
M u r r a y ward am 9. angewiesen, seine Truppen marschbereit zu
halten, um auf den ersten Wink über Termonde gegen Gent zu rücken.
General Dedem sollte am 11. mit seinem Corps — Fussvolk und
Reiterei — und dem Regimente Erle, Zwynacrde nächst Gent erreichen.
Zehn Bataillone der grossen Armee wurden bestimmt, am Morgen des
selben Tages bei Eename über die Scheide zu gehen und zu Dedem
zu stossen. General Domprc sollte am 11. von Lessines nach Oombergen
und am 12. nach Melle-lez-Gand rücken. Das Gros der Armee endlich
raarschirte am 11. in zwei Colonnen gegen Gent. Am Abende lagerte
der rechte Flügel mit dem grossen Hauptquartier zu Melle-lez-Gand,
der linke zu Meirelljcke. Sofort liess Till y, der hier befehligte.
497
zur Verbindung" mit D e d e m über die Scheide mehrere Brücken
schlagen. Da die Truppen von Menin und Lille noch nicht zur Stelle
waren, musste Marlborough das für den 12. beabsichtigte weitere
Ausgreifen in westlicher Richtung vorläufig aufschieben. Dagegen er-
hielt Murray Befehl, mit 4 Fuss-Regimentern und 10 Schwadronen
am 13. zu Heusden (am linken Scheide-Ufer) einzutrefien und ein
Lager zu beziehen. An Murray's Stelle hatten zwei Regimenter von
Antwerpen zu rücken ').
Prinz Eugen am 9. von Marlborough's Bewegungen ver-
ständigt, hatte nicht gezögert, seinerseits Alles zu thun, was das Unter-
nehmen gegen Gent fördern konnte. Die mannigfachen Vorsorgen,
welche Lille erheischte, hatten des Prinzen Abmarsch nur um
48 Stunden verzögert. Schon am 10. December waren sämmtliche Be-
lagerungs-Batterien abgerüstet und die Geschütze und Mörser zu Schiff
gebracht, um gegen Gent abzugehen. Zwei Bataillone und 50 Reiter
waren bestimmt worden, ihre Bedeckung zu bilden. Am 11. hatte
Prinz Eugen 20 Bataillone und 2 Schwadronen zur Besatzung von
Lille bestimmt. Acht Bataillone derselben hatten die Citadelle zu
beziehen, welche dem holländischen Brigadier Huf fei anvertraut
wurde '■').
Hompesch, welcher am 12. noch im Lager von AUowyn
(Halluin) stand, wurden als Ersatz für die zur Garnison Lille abge-
gebenen 7 Bataillone vom Belagerungs-Heer deren 10 zugeschoben.
Am Morgen des 13. brach er von Menin nach Deynze auf*).
Prinz Eugen's Truppen, die Reiterei und der Rest des Fuss-
volkes verliessen gleichfalls am 13. das Lager vor Lille und rückten
am 14., Courtray links liegen lassend, über die Mühle von Ferwicht
(Vichte) und Ansegem nach Elsegem. Folgenden Tages in zwei
Colonnen zu Audenarde und Eename die Scheide überschreitend,
lagerte die Armee zu Hundelgem, wo die Artillerie und die grosse
Bagage, welche am Abende des 12. nächst dem Schlosse von Bondues
parkirt, inzwischen über Courtray und Audenarde marschirt war, zu
ihr stiessen. Am 16. rückte das Fussvolk und das Geschütz über
Hautem-St. Lievin nach Oordegem, die Reiterei aber über Burst nach
Alost. Prinz Eugen begab sich von Audenarde kürzesten Weges
nach Melle-lez-Gand, wohin Marlborous-h sämmtliche Generale berufen
*) Marlboi-ough an Walpole. Berlegem, 3., an den Prinzen Eugen 5. und 9., an
Dedem S, und 10., an Dompre, Boyle und Chanclos 10. December; an Hompesch und an
Munay, Melle-lez-Gand 12., an Boyle 13. December 1708. Murray IV. 343 bis 355.
2) Kriegs-A,, Niederlande 1708; Fase. XII. 4 und 82, XII. 2 a.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 35.
feldzüge des Prinzen Eugeu v. Savoyen. II. Serie, 1. Baud. 32
498
hatte'). Dank der Vorsorge des Herzogs hatten Prinz Eugen's
Truppen die Brodverpflegung überall siehergestellt gefunden. Um so
schlimmer stand es um das Pferdefutter, dessen Lieferung den Hol-
ländern oblag. Bei der anhaltend strengen Kälte waren die Fourage-
Schiffe in den Gewässern und Canälen festgefroren, ein TTebelstand,
welcher die Operationen gegen Gent nicht Avenig erschwerte ^).
Marlborough hatte inzwischen am Morgen des 13. die Scheide
bei Melle-lez-Gand überschreiten und Gent auch auf dieser Seite ein-
schliessen lassen. Die Cernirung erstreckte sich jetzt vom Canale von
Sas über Melle-lez-Gand und Meirelbeke bis an die Lys. Der Weg nach
Brügge blieb der Besatzung von Gent vorläufig offen, doch wurde der
Commandant von Ostende angewiesen, die erstgenannte Stadt scharf im
Auge zu behalten und über allfällige Truppenbewegungen ausführlich zu
berichten. Die erhöhte Wichtigkeit Sas-de-Gands veranlasste M a r 1-
borough, die holländischen Feld-Deputirten zu bestimmen, unverzüg-
lich 3 Bataillone aus Holländisch-Flandern dahin kommen zu lassen.
Oberst Ca Id well, welcher mit 4 Schwadronen zu Ninove gestanden,
war am 14. angewiesen worden, nach Melle-lez-Gand einzurücken.
Hompesch war inzwischen mit Marlborough in Verbindung getreten.
Sein Näherrücken an Gent ward vom Wetter abhängig gemacht. Die
Belagerungs-Artillerie stand noch am 15. mit ihrer Bedeckung (den
Bataillonen Albrecht und Stangenberg) zu Courtray ").
Am 15. Hess Marlborough die vorgeschobenen Posten der
Besatzung von Gent in den Platz zurückwerfen und denselben am
linken Scheide-Ufer vom Ingenieur en chef du Mey recognosciren *).
Inmitten dieser Vorbereitungen zur Belagerung geschah am
Nachmittage des 15. seitens der Bürgerschaft von Gent der erste
Versuch, mit Marlborough in Verhandlungen zu treten. Einige der
ersten Rathsherrn machten nämlich dem Herzoge durch Kundschafter
zu wissen, dass das Gubernium (Baron C a p r e s und de F a i 1 1 e) die
Bitte des Magistrats, zum Belagerer eine Deputation senden zu dürfen,
zurückgewiesen hätte; dass der Rath dem Baron Capros erklärt
hätte, die Bürgerschaft wolle kein Bombardement erdulden und dass
es ganz den Anschein einer Erhebung der Stadt gehabt. Marl-
borough antwortete , dass es bedauerlich wäre , wenn er zum
<) Kriejrs-A., Niederlaiule 1708; Fase. XII. 37.
^) Prinz Eugen an den Kaiser. Audenarde, 16. December 1708. Supplement-
Heft, S. 387, Nr. 363.
^) Marlborougli an Veglin und an Oliurst Caldvvell. Melle-lez-Gand, 14., an
Hompesch, 15. December 1708. Murray IV. 357.
*j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2a, und Murray IV. 357.
499
Aeiissersten sclireiten müsste, da die Bomben zwischen Freund und
Feind nicht unterscheiden könnten. — Sofort dachte der Herzog daran,
die in der Stadt Hegenden spanischen und wallonischen Truppen für
die Sache der Verbündeten zu gewinnen ').
So lagen die Dinge, als Prinz Eugen am 16. in Marlborough's
Hauptquartier eintraf. Da die Gewässer in Folge des eingetretenen
Thau Wetters wieder offen waren, durfte man hoffen, die Artillerie und
die Munition demnächst zur Haud zu haben und den belagerungs-
mässigen Angriff beginnen zu können. Zu diesem Zwecke sollte am
18. an die enge Einschliessung des Platzes geschritten werden. Die
Leitung der Belagerung übernahm Marlborough; den Befehl über
das Beobachtungs- und Deckungs-Heer Prinz Eugen. Das Gros seines
Fussvolkes sollte nach Melle-lez-Gand und Concurrenz kommen, ein
Theil aber am Dender, zu Alost und Grammont, die Reiterei gegen
Enghien postirt werden. Letztere hatte das Land am rechten Dender-
Ufer bis Brüssel zu durchstreifen, es in der Gewalt zu behalten und
die Zuschübe zu decken. Dass sie in dieser Gegend leichter leben
konnte, war nicht der letzte Grund ihrer Entsendung.
Schon am 17. brach ein Theil von Prinz Eugen's Fussvolk
gegen den Dender auf. Alost, das einen alten, halbverfallenen Wall
hatte, wurde in Vertheidigungsstand gesetzt. Die Reiterei rückte nach
Gammerages (ST'^'" südw. von Brüssel), wo am 23. FML. Graf Fels
70 Schwadronen befehhgte. Prinz Eugen selbst aber begab sich
nach Brüssel, iim mit dem General -Kriegscommissär G. d. C. Graf
S c h 1 i k die Winterquartiere der kaisei-lichen Regimenter zu regeln ^).
Nicht geringe Sorge verursachte dem Prinzen der Abzug der
churpfälzischen Truppen ■*). Schon während des Marsches gegen Gent
hatte der Graf von Nassau ihm Mittheilung gemacht, er müsse den
Befehlen seines Landesherrn gemäss, da die Belagerung von Lille zu
Ende, mit seinen Truppen, einschliesslich der im kaiserlichen Solde
stehenden 4000 Mann, in die churpfälzischen Lande, mit einem Theile
sogar in die obere Pfalz abrücken. Die Folgen ihres Abzuges möglichst
abzuschwächen, wandte sich Prinz Eugen am 20. December an den
Kaiser und an den Churfürsten von der Pfalz*).
Während dieser Vorgänge bei Prinz Eugen's Armee, rückte
Graf A t h 1 0 n e zur Verbindung zwischen Beobachtungs- und Bela-
*) Marlborough an die Geueralstaaten-Deputirten. Melle-lez-Gand, 15-, an Boyle
17. December 1708. Mnrray IV. 358 und 361.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII, 2 c und 2d.
3) Siehe Rüstungen S. 88.
*) Supplement-Heft, S. 388, Nr. 364 und S. 392, Nr. 366.
32*
500
gerungs - Heer mit 20 Schwadronen am 1!>. nach Oosterzeele *). Die
Belagerungs - Armee aber setzte sich — nachdem du Mey auch
die übrigen Fronten des Platzes recognoscirt hatte und angeordnet
worden war, das ganze Belagerungs - Materiale bis zum 19. nach
dem Friedhofe von Zwynacrde zu schaffen — am 18. in BcAvegung,
um Gent gänzlich einzuschliessen. Mit Tagesanbruch umkreisten die
Truppen der Verbündeten den Platz fast im Kanonenbereiche.
Graf Lot tum, mit 36 Bataillonen und 30 Schwadronen zwischen
der Lvs und der oberen Scheide Stellung nehmend (Stabsquartier
Zwynaerde), verlegte die Hauptstrasse nach Courtray. An ihn schloss
sich westlich der Erbprinz von Hessen-Cassel mit 20 Batail-
lonen und 40 Schwadronen; seine Position dehnte sich von der Lys
über den Canal von Brügge bis an jenen von Sas-de-Gand; sein
Stabsquartier ward Tronchiennes (4-5'"" von Gent). Von Meulestede bis
an die untere Scheide stand der Herzog Alexander von W ü r 1 1 e m-
berg mit 16 Bataillonen und 25 Schwadronen, Stabsquartier Destel-
bergen {p^"^ von Gent). Den Cernirungsring schloss Graf Tilly, Stabs-
quartier Abtei Melle-lez Gand, mit 30 Schwadronen*). Marlborough
verlegte sein Hauptquartier am 20. nach Meirelbeke ^). Den Comman-
danten der einzelnen Abschnitte ward zur Pflicht gemacht, unter
einander Verbindungen herzustellen, um sich im Bedarfsfalle rasch
unterstützen zu können.
An demselben Tage erreichte der von Antwerpen auf der Scheide
herangezogene Schiffs-Convoi (Geschütz, Munition und Verpflegs-Artikel)
das von Gent 16*5'"" entfernte Wetteren.
Das Gros von Eugen's Fussvolk rückte nach Melle-lez-Gand, wo
Letzterer am 21. Quartier nehmen wollte.
Zur selben Zeit bereitete Marlborough die Wegnahme des
Fort Rouge (Roodenhuyse) vor. An der Gabelung der Canäle von Sas-de-
Gand und Moervaern gelegen, von Gent nur 9*^" entfernt, sperrte dieses
Fort eine Verbindung, welche den Alliirten ermöglicht hätte, von Seeland
und Holland Kriegsbedarf und Lebensmittel zur Belagerung Gents zu
ziehen. Nachdem am 19. December an den Commandanten von Sas-
de-Gand, an Graf H o m p c s c h (der zu Gomelgem ein abgesondertes
Corps befehligte) und an den Herzog von Württemberg die bezüg-
lichen Befehle erlassen und die erforderlichen Belagerungs-Geschütze
bereitgestellt worden, verlangte das Fort am 27. zu capituliren. Seine
') Krieg.s-.\., Niederlamlc 170H ; Kasc. XIII. :if.
*) Kiiej,'s-A., Niederlaude 1708-, Fase. XIII. 2c und 2 <1.
'•| .Munav IV. 'iüö.
501
Besatzung — 1 Oberstlieutenaut und 182 Mann — wurde zu Kriegs-
gefangenen gemacht ').
Inzwischen hatte M a r 1 b o r o u g h mit grösster Energie die Vor-
bereitungen zur Belagerung ^) betrieben. Die Zeit bis zum 24. December
war vornehmlich benutzt worden, zwischen den verschiedenen Posten
Verbindungen herzustellen ^), die Inundations-Kessel durch Einschnitte
in die Dämme der oberen und unteren Scheide zu entleeren, die
Strassen, welche in dem tiefgelegenen Lande grundlos und gebrochen
waren, für den Transport der Belagerungs-Artillerie practicabel zu
machen und diese von Melle-lez-Gand und Deynze, wo sie ausbarquirt
wurden, sammt dem Belagerungs-Materiale vor den Platz zu schaffen,
endlich die erforderlichen Schanzbauern zusammenzubringen. Die
grösste Mühe aber verursachte die Regelung der in der letzten Zeit
stark in Unordnung gerathenen Verpflegung.
Während dieser Vorbereitungen hatte der Belagerer wohl tags-
über ab und zu einige Kanonenschüsse abgegeben, ohne indess viel
Schaden anzurichten. Am Abende des 24. waren die Vorarbeiten zur
Belagerung so weit gediehen, dass an die Eröffnung der Trancheen
geschi'itten werden konnte *).
Die Umfassung von Gent^) hatte, am gedeckten Weg gemessen,
eine Ausdehnung von 13-9''" (P/e deutsche Meilen). Der grosse Nach-
theil, welcher aus diesem ungewöhnlich bedeutenden Umfange für die
Vertheidigung erwachsen konnte, ward indess durch zweckmässige Be-
nützung der Vortheile, welche die Ortsverhältnisse boten, grosseutheils
ausgeglichen. Durch das Zusammentreffen zweier bedeutenden Flüsse, die
Scheide und die Lys, und das Ausstrahlen zweier grossen Schifffahrts-
Canäle, deren einer westwärts gegen Brügge, deren anderer nordwärts
gegen Sas-de-Gand führt, war es möglich, den Platz durch Ueber-
schwemmungen soweit zu decken, dass der belagerungsmässige An-
griff auf vier Stellen beschränkt wurde: Die Porte de Bruges, die Porte
St. Pierre, die Porte de l'Empereur und die Porte d'Anvers. Demgemäss
war die zusammei>hängende, altartige und an sich schwache Haupt-
') Murray IV. 363, 367, 370, 374.
^) Quellen für deren Darstellung: Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII.
2 a und 2 d. — Murray IV. 872 bis 387. — Coxe, Meinoirs II. 582 bis 586. —
Schulenburg, Denkwürdigkeiten 366 bis 368. — Theati-um Europaeum XVIII. 183.
— Quincy V. 604 xmd 605. — Saint-Simou, Memoires IV. 275 und 276. Memoires
uiilitaires (Pelet) VIII. 159 bis 166, 526 und 527, 530 iind 533. — Noorden III. 293.
') Auch Cbauclos, der Coramandant von Audenarde, musste mitwirkeu und
von Sclielderode nach Seevergem eine Brücke schlagen lassen.
*) Theatrum Europaeum XVIII.
*j Siehe Tafel VI
502
Umfassung auch nur an diesen Puncten durch Aussenwerke verstärkt.
Bei dem Umstände, als das ganze Belagerungs-Materiale theils auf der
Lys, theils auf der Scheide herangebracht wurde, entfiel der Angriff
auf die Porte de Bruges. Dagegen beschloss M a r 1 b o r o u g h, gegen
die Porte St. Pierre und d'Anvers je einen ernsten, gegen die Porte
de I'Empereur einen Scheinangriff führen zu lassen*).
Die Werke, welche der gegen die Porte St. Pierre gerichtete
Haupt-Angriff zu überwinden hatte, waren nicht sehr bedeutend. Im
Ganzen boten sich ihm hier 2V2 Fronten einer mittelalterlichen Stadt-
Umfassung, welche durch neun, in deren trockenem Hauptgraben
angelegte Aussenwerke, ein vorgeschobenes Hornwerk — Fort de
Monterey genannt — und endlich einen sich um das Ganze herum-
ziehenden, mit Querwällen und Waffenplätzen verstärkten gedeckten
Weg vertheidigt wurde. Die ausspringenden Winkel waren mit Kleeblatt-
Minen versehen. Wenn der Zustand der Befestigungen wirklich so
schlecht war, wie Quincy^) und Pelet-Vault") behaupten, so war er es
in Folge eines unverantwortlichen Leichtsinnes, denn seit nahezu einem
halben Jahre war der Platz in französischen Händen.
. Der Belagerer beschloss, den Angriff in dem Raum zwischen
dem Fort de Monterey und der Scheide vorzutreiben und schritt am
Abende des 24. vor der Porte St. Pierre zur Eröffnung der Trancheen.
Die Oberleitung des ganzen Angriffes war dem Grafen Lottum an-
vertraut. Als Ingenieur en chef fungirte, wie schon erwähnt, du
Mey. General-Lieutenant Baron Fagel befehligte mit dem General
Weck und dem Brigadier North die 7 Bataillone und 1500 Arbeiter*),
welche die Trancheen zu eröffnen hatten. — 300 Schritte vom ge-
deckten Weg ward eine 1000 Schritt lange Parallele gezogen und durch
Communications-Linien mit dem Zeugposten in Verbindung gesetzt.
Eine halbe Stunde ward gearbeitet, ohne dass die Belagerten es
wahrnahmen; dann aber begannen sie ein mörderisches Feuer, das sie
die ganze Nacht unterhielten. Die Belagerer verloren dabei 72 Mann
an Todten und Verwundeten, worunter 10 Officiere.
') Nach Scliulenbur<j, welclieu M;irllM)iou(;li in sein Ilaiiptqnartior berufen und
zu Rathe gezogen liatte, wäre der Angriff auf die Citadelle (Porte d'Auvers) der
leichteste gewesen. Der Ingenieur en chef du Mey, welcher alle drei Attaquen leitete,
gab aber — wie Schulenburg berichtet — dem erstgenannten den Vorzug, aus
Eigensinn und weil er persfinlich ihn fülirte. Denkwürdigkeiten .^67 und 308.
^j Histoire militaire etc. V.
■') Meinoires militaires (Pelet) VIII. 1.59.
*) Nach Coxe , Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase XTII. 2 d, gibt an:
9 l>;itailloue en reserve, 400 Kelter und 1800 Arbeiter.
503
Am Abende des folgenden Tages eröffneten die Verbündeten die
Trancheen gegen die Porte d'Anvers sowohl, als auch gegen die Porte
de l'Empereur.
Die Citadelle, ein altartiges bastionirtes Viereck, hatte einen
nassen Hauptgraben, ein Ravelin und zwei Contregarden, endlich einen
gedeckten Weg mit Waffenplätzen und Traversen. Die Oberleitung
des Angriffes hatte hier der dänische General der Reiterei, Herzog
Alexander von Württemberg. Die Tranchee eröffnete General
M u r r a y mit dem Brigadier B u r c k, S a s v a n B u r e k und C ö h o r n
als leitenden Ingenieuren, 4 Bataillonen und 1400 Schanzgräbern;
600 Pferde standen in Reserve. Wiewohl der Vertheidiger von 8 Uhr
Abends bis 1 Uhr nach Mitternacht ein mörderisches Geschütz- und
Kleingewehr-Feuer unterhielt, gelang es dem Augreifer doch, eine
700 Schritt lange Parallele und eine gute Communications-Linie her-
zustellen, wobei er angeblich nur 10 Mann an Todten und Verwun-
deten verloren haben soll.
Gleichzeitig mit diesem Angriffe erfolgte die Eröffnung der
Tranchee vor der Porte de l'Empereur durch den General-Major
Hohendorf '), dem als leitender Ingenieur du Beauve (du Bauff?) bei-
gegeben, mit 4 Bataillonen und 600 Schanzgräbern. Wiewohl das Erdreich
hier nicht so günstig war, wie vor der Citadelle, brachte man doch eine
700 Schritt lange Parallele mit der Communications-Linie zu Stande.
Das Hauptgewicht legte M a r 1 b o r o u g h auf den Bau und die
Armirung von Wurf-Batterien. Er hoffte durch Beängstigung der zahl-
reichen Bevölkerung die Besatzung derart zu beeinflussen, dass die
langwierige und beschwerliche regelmässige Belagerung entfiel. Zudem
hatte die Stadt durch den früheren Verrath jedes Anrecht auf
Schonung verwirkt. In Fortsetzung der am 15. December eingeleiteten
Unterhandlungen war am Nachmittage des 17. eine Deputation des
Clerus, des Magistrats und des Volkes der Stadt vor Marlb orough
erschienen, ihn um Mitleid und Schonung ihrer Kirchen und Häuser
anzuflehen. „Da sie dieses Unglück durch eigene Thorheit oder
Nachlässigkeit über sich gebracht" - — hatte der Herzog erwidert —
„so müssten sie entweder die Verbündeten gegen die französische
Besatzung unterstützen, oder aber gewärtig sein, dass die Alliirten
alle Mittel anwenden würden, sie zu ihrer Pflicht zurückzuführen."
Er forderte sie übrigens auf, die spanischen und wallonischen Truppen,
welche einen Theil der Besatzung: bildeten, zu bestimmen, die fran-
zösische Sache unverzüglich zu verlassen ^).
') Theatrum Europaeum XVIII. sagt : Brigadier Evans.
*) Marlborough au Boyle. Melle-lez-Gaud, 17. December 1708. Murray IV. 3(;i.
504
Bei der grossen Uneinigkeit, welche zwischen der Bürgerschaft
und der Besatzung platzgegriffen, erhoffte Marlborough von einer
Beschiessiing die beste AVirkung; sie konnte jene Spaltung nur er-
weitern. Also betrieb er den Bau der Batterien mit solchem Eifer,
dass er hoffen konnte, sie am 30. feuerbereit zu haben.
Der Vertheidiger machte am Mittage des 26., begünstigt durch
den starken Nebel, mit 10 Grenadier-Compagnien, 300 Dragonern zu
Fuss und 500 Pferden (in Summe etwa 2000 j\Iann) einen wüthenden
Ausfall gegen den auf die Porte de l'Empereur gerichteten Angriff,
sprengte das in der Tranchee stehende englische Regiment North
(und Gray?) und warf es. Da aber die Tranchee- Wache eben abgelöst
werden sollte, hatte der Belagerer frische Truppen zur Hand. Bri-
gadier Evans führte die Regimenter Nassau- Woudenbourg und Hespe
vor und warf die Franzosen in den Platz zurück. Der Verlust der
Verbündeten belief sich angeblich nur auf einige Officiere und etwa
30 Mann. Evans, welcher hiebei mit mehreren Officieren gefangen
genommen worden, wurde alsbald wieder freigegeben.
Am Abende desselben Tages machten die Franzosen noch einen
zweiten Ausfall, dieses Mal von der Porte d'Anvers aus. Auch hier
kräftig abgewiesen, verursachten sie dem Belagerer doch einen Ver-
lust von 2 Stabs-Officieren und 100 Mann.
Da das Wetter die Belagerungs-Arbeiten über alle Erwartung
begünstigte, schritten sie trotz des lebhaften und ununterbrochenen
Kanonen-, Mörser- und Kleingewehr-Feuers des Vertheidigers rasch
vorwärts. So ward im Hauptangriffe am rechten Flügel der ersten
Parallele eine 12 - (13-) Kanonen-Batterie und nächst den Zickzacks
zur zweiten Parallele eine 6 - (4-) Mörser-Batterie erbaut. In der Nacht
zum 27. wurden die Annäherungen in allen drei Angriffen bedeutend
vorgetrieben.
Am 27. wurde im Hauptangriffe hinter der zweiten Parallele,
welche in der Nacht ausgehoben worden war, eine 17 -Kanonen-
Batterie angelegt und gleichzeitig der Scheinangriff' durch eine Redoute
an der Communications-Linie verstärkt. In der Attaque auf die Cita-
delle mussten die Verbindungslinien, welche grösstentheils enfilirt
waren, dementsprechend eingerichtet werden. Am 28. ward im Haupt-
angriffe die zweite Parallele trotz des feindlichen Bombenfeuers ver-
vollkommnet, nächst der 17 -Kanonen-Batterie eine für 13 Geschütze
und hinter der ersten Parallele eine für 4 Mörser und 2 Haubitzen
aufgeworfen. Im Scheinangriffe wurde die erste Parallele durch
zwei Redouten gesichert, während in der Attaque auf die Citadelle die
Parallele mit Banketen versehen und mit Batterien garnirt wurde; eine
505
für zwanzig 24-Pfünder und acht 12-Pfimder in der Mitte; rechts und
links derselben aber eine für je 4 Mörser und 4 Haubitzen').
Am 29. erfolgte die Armiruug der Batterien, deren Zahl im Haupt-
angriflfe an diesem Tage noch um eine Mörser- und eine Haubitz-
Batterie vermehrt wurde. Im Ganzen wurden hier für den folgenden
Tag 44 Kanonen, 6 Haubitzen und 15 Mörser feuerbereit gestellt. Im
Scheinangriffe ward nächst der rechten Kedoute der ersten Parallele
mit Zickzacks ausgebrochen, die zweite Parallele gezogen und in ihr
der Bau einer 6-Kanonen- und 4 -(3-) Haubitzen-Batterie begonnen. In
der Attaque auf die Citadelle wurden die Batterien gleichfalls armirt;
die Parallele wurde nach links verlängert und von ihren Flügeln mit
Traversen-Sappen ausgebrochen.
Am Morgen des 30. December sollten 82 Kanonen und 23 Mörser
gleichzeitig zu spielen beginnen. Man war, wie Schulenburg
berichtet, „en train de reussir en tout'', als zu Marlborough's
grosser Ueberraschung am Abende des 29. ein Trompeter L am othe's
einen Capitulations-Vorschlag überbrachte. Dass eine Besatzung zu
capituliren verlangte, ehe der Belagerer den gedeckten Weg genommen
— er war noch 50 Schritte von den Palissaden entfernt — war
unerhört !
Lamothe, der Besiegte von Wynendaele, hatte geglaubt, eine so
zahlreiche Besatzung nicht der Kriegsgefangenschaft aussetzen zu
dürfen. Er hatte einen Kriegsrath versammelt, in welchem er darlegte,
dass es an Waffen, Blei und Feuersteinen für die Gewehre fehle, dass
der gedeckte Weg, zu dessen Angriff der Belagerer sich anschicke, nicht
zu halten sei und dass auf seiner Vertheidigung bestehen, Alles ver-
derben heisse. Seine Beredtsamkeit hatte einen vollen Triumph gefeiert.
„Alle Officiere des Kriegsrathes waren der gleichen Ansicht und man
beschloss einstimmig, die Chamade schlagen zu lassen *).*' Marlborough
') Die Führiing der Ingenieur-Arbeiten in diesem Angriffe scheint Marlborongh
nicht befriedigt zu haben. Am 28. sclirieb er an den Herzog von Württemberg:
„Indess muss ich Euer Hoheit gestehen, ich bin sehr überrascht, dass Ihre Ingenieure
sich einbilden, die Attaqvie auf Ihrer Seite solle keine ernste sein. Ich bitte Euere
Hoheit, sie davon abzuljringen und sie mit der ganzen Beschleunigung i\\id mög-
lichsten Kraft arbeiten zu lassen, so wie bei einer ernsten Attaque, da sie eine solche
sein soll und wir zum Vergnügen keine Zeit verlieren dürfen." Murray IV. 378-
^) Memoires militaires (Pelet) VJII. 135. — Den windigen Entschuldigungen
Lamothe's und seiner Partisane, setzte Villars in seinen Denkschriften folgende
treffende Bemerkung entgegen: „Alle Kirchen waren mit Blei gedeckt, da gab es
noch lange Vorrath zum Schiessen. Die erste Pflicht des Commandanten ist, den ihm
anvertrauten Platz dem Staate zu erhalten; erfüllt man diese recht kraftvoll und
muthig, so ergibt sich desto sicherer die Erhaltung der Besatziing, denn noch im
50H
ging auf L am o t h es Vorschlag sofort ein. Gegen 8 Uhr Abends
erschien der Prinz von Isenghien, um die Uebergabe Gents gegen
freien Abzug in vier Tagen anzubieten, wenn bis dahin kein Entsatz
anlangen würde. Marlborough, welcher alle Vorsichtsmassregeln
ergriffen hatte, um gegen Ueberraschungen sicher zu sein '), nahm
L a m o t h e's Hauptbediugung ruhig an.
Seine Auffassung, dass ein Entsatz Gents innerhalb dieser Zeit
nicht zu befürchten sei, war in der allgemeinen Lage vollkommen
begründet. Saint-Fremont, welcher nach der Abreise der Prinzen
und V e n d 6 m e's an der französischen Grenze zurückgeblieben, ver-
kannte zwar nicht, wie wichtig es wäre, Gent zu behaupten ; er hatte
aber kein Heer, es zu entsetzen. Zu spät erkannte der Hof als Fehler,
dass er die eigene Armee früher als die feindliche habe auseinander-
gehen lassen. Er versuchte indess, ihn gut zu machen. Puiguion
ward angewiesen, nach Brügge zu eilen, dort nur jene 14 Bataillone
und 9 Escadronen zurückzulassen, welche Grimaldi als für die
Vertheidigung dieses Platzes erforderlich bezeichnet hatte, den Rest
aber nach der französischen Grenze zu senden. Bo uff lers, der glor-
reiche Vertheidiger Lille's, ward als Oberbefehlshaber nach Flandern
gesandt. Er traf, Paris am 27. verlassend, am 28. zu Douai ein.
Folgenden Tages schon, erstattete er dem Könige einen Bericht über
die Sachlage und die zu treffenden Massnahmen. Als das wirksamste
Mittel, die Verbündeten zur Aufhebung der Belagerung Gents zu
zwingen, erachtete Bouffiers eine Diversion gegen Lille. An eine
Belagerung dieses Platzes sei zwar nicht zu denken, indess müsste
eine solche Demonstration die Verbündeten stark beunruhigen. Nichts
aber wäre schlimmer, als in der augenblicklichen Lage gar nichts zu
thun. Die Diversion gegen Lille ermögliche sodann, gegen Gent zu
marschiren, eine Bewegung, welche vielleicht die Feinde im Schach
halten und sie hindern könnte, die Belagerung fortzusetzen. Und wenn
es nur wäre, L a m o t h e zu einer ehrenvollen Capitulation zu ver-
helfen, so erheische die Ehre der königlichen Waffen und die der
Nation, dass die Armee erscheine und sich zeige. B e r n i e r e s sei im
Stande, für 86 Bataillone und 135 Escadronen Brod, Hafer und Heu
zu liefern. Es sei unerlässlich, im Falle man die Armee versammle,
letzten Augenblicke gestattet der Angreifer lieber freien Abzug, als er den Sturm
gegen verzweifelte Truppen wagt. Chaiuilly, Asfeld und jüngst Bouffiers haben den
Beweis geliefert, dass. je ruhmwürdiger die Vertheidigung war, desto ehrenvoller die
Capitulation wird."
'j Marlborough au Croustrom und au Boyle. Meirelbeke, 30. December 1708.
Murrav IV. 382.
507
sie so lange vereint zu lassen, bis die Verbündeten ihre Winterquar-
tiere bezögen. Da, abgesehen von anderen dringenden Erfordernissen,
der grösste Theil der Soldaten augenblicklich ohne Schuhe, der grösste
Theil der Pferde ohne Beschlag sei, einem namhaften Theil der Truppen
sogar die Waffen fehlen, müssten unverzüglich 400.006 Livres zuge-
sandt werden, um die Rückstände und die laufenden Bedürfnisse zu
decken. Anderen Falls wäre es eine Unklugheit, eine Armee zu con-
centriren, welche wegen mangelnder Bezahlung ausser Rand imd Band
geriethe und auseinander liefe. „Welchen Entschluss Eure Majestät
auch fassen," schloss Bouffiers, „es ist nothwendig, dass er rasch
gefasst werde."
Der König genehmigte den Entwurf des Marschalls und erlaubte
ihm, 86 Bataillone und 130 Escadronen zu versammeln ').
Bouffiers traf Anordnungen, die Truppen zusammenzuziehen
— es war Alles zu spät, Gent zu retten. Am 30. December unter-
zeichneten Marlborough, die Generalstaaten -Deputirten und Graf
Lamothe die Capitulation des Platzes. Sie setzte unter Anderem
fest, dass am 31., wenn die Stadt nicht entsetzt würde, den Verbün-
deten das angegriffene Thor und gleichzeitig das geheime Pförtchen
der Citadelle ausgeliefert werde; dass die ganze Besatzung und im
Allgemeinen alle im Dienste der beiden Kronen stehenden Personen
ohne Ausnahme am 2. Jänner 1709 die Stadt verlassen, um nach
Tournay zu ziehen. Dabei wurden der Besatzung alle Kriegsehren,
wie der Besatzung von Lille, zugestanden^). Schon am 31. besetzten
die Verbündeten die Porte St. Pierre und d'Anvers und noch an
demselben Tage richtete M a r 1 b o r o u g h an G r i m a 1 d i, den Comman-
danten von Brügge, die Aufforderung, unter den gleichen Bedingungen
wie Lamothe zu capitulireu, widrigenfalls er das Loos über sich
ergehen lassen müsse, welches das Kriegsgeschick über ihn verhänge.
Ein ähnliches Schreiben erging an den Magistrat der Stadt.
Die Besatzung von Gent, aus 35 Bataillonen und 19 Escadronen
bestehend, zog am 2. Jänner mit den üblichen Kriegsehren durch
das Thor von Audenarde (auch Porte de Bruxelles) gegen Tournay
ab. 31 Bataillone und ebensoviele Schwadronen der Verbündeten
bildeten in voller Parade Spalier. Marlborough und Eugen, von
einem glänzenden Stabe umgeben, standen an der Spitze. General-
Lieutenant Graf Lamothe eröffnete mit seiner zahlreichen Generalität
*) Memoires militaires (Pelet) VJII. 160 bis 165.
^) Diese Capitulation trug Lamothe die Verbannung nach Fayet bei Coni-
piegne ein. Saint-Simon, Memoires IV. 276.
508
und der Cavallerie den Zug, der von 9 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends
währte. Alles war erstaunt über das vortreffliche Aussehen der fran-
zösischen Truppen, welche den wichtigen Platz in der ungünstigsten
Jahreszeit den Verbündeten so leichten Kaufes überlassen hatten.
Der Abzug der Franzosen wurde durch die bei ihnen herr-
schende Unordnung und Verwirrung derart verzögert, dass sie, statt
am 2. Gavere zu erreichen, nahe dem Lager der Verbündeten nächtigen
mussteu. Sie sollen in Folge dessen 2000 bis 3000 Mann an Deser-
teuren verloren haben.
Marlborough und Eugen nahmen am 2. ihr Quartier zu
Gent. Am folgenden Tage sollte der Herzog von Württemberg
mit 20 Bataillonen und "ebensoviel Schwadronen gegen Brügge raar-
schiren, um diese Stadt einzuscbliessen, — als am Spätabendo des 2.
eine Deputation des Käthes dem Herzoge die erfreuliche Nachricht
brachte, dass die Stadt in der Nacht zum 2. Jänner vom Feinde
geräumt worden war. — Gleichzeitig liefen Meldungen ein, dass die
französischen Truppen Plasschendaele, Leffinghe und den Polder von
Zandvoorde, nach Schleifung der Befestigungen, geräumt hätten und
eiligst auf Nieuport und Furnes gewichen wären.
So waren Gent und Brügge, für deren Erhaltung die Franzosen
den ganzen Feldzug hindurch die grössten Opfer gebracht, binnen
8 Tagen gefallen. Die Wegnahme der flandrischen Hauptstadt hatte
den Verbündeten an Todten und Verwundeten nicht mehr als 582 Mann
gekostet ').
Am Morgen des 3. besichtigten Prinz Eugen und der Herzog
von Marlborough die Werke von Gent, welche sie in so gutem
Stande fanden, dass sie weit mehr Mühe und Opfer hätten kosten
mögen*). Als sie zurückkehrten, erwartete sie vor dem St. Lievin-
Thor der Magistrat und überreichte auf silberner Schüssel die Schlüssel
der Stadt. Beim Betreten der letzteren gaben die Geschütze eine drei-
fache Salve. Die Bürgerschaft in Waffen bildete bis zum Stadthause,
wo ein prunkvolles Festmahl bereitet war, Spalier. Am Abende war
der Thurm des Rathhauses illuminirt und alle Stände wetteiferten
durch laute Freudenbezeugungen über die Wiederkehr der habsburgi-
schen Herrschaft, ihren früheren Abfall vergessen zu machen ^).
Am 4. Jänner begab sich Marlborough nach Brüssel, wohin
Prinz Eugen bereits vorausgegangen war. Beide wollten zusammen
nach dem Haag, um mit den Generalstaaten zu conferiren.
'j Kriegs-A., Nierltülaiido J708; Fase. XIII. ^d.
*) Marlborough an Boyle. Gent, 3. Jänner 1709. Murray IW ;]8'.l.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 2d. — Coxe, Meiuoir.s II. 580.
509
Der Tagesbefehl abei* brachte die Anurdnungen zum Bezüge der
so wohlverdienten Winterquartiere *).
Bouffiers hielt nach dem Falle von Gent und Brügge die
Versammlung der Armee für um so unerlässlicher. Er sehlug vor,
sie nächst La Bassee Stellung nehmen zu lassen, als dem geeig-
netsten Puncte das Artois und die Picardie zu decken, mit Douai,
Nieuport und Dünldrchen in Verbindung zu bleiben und allenfalls zur
Belagerung Lille's zu schreiten. Das Gerücht, die Verbündeten wollten
sich nicht früher auflösen, bevor sie nicht noch Mons genommen, und
die Befürchtung eines feindlichen Anschlages von der Seeseite her,
insbesondere auf Furnes, bestärkten Bouffiers in seiner Wahl. Der
König genehmigte sie und erlaubte ihm übrigens die Stellung zu
beziehen, welche er für die geeignetste hielte.
Die strenge Kälte, welche am 5. Jänner eintrat, und die Nach-
richten von dem Abrücken der Coalitions-Truppen in die Winter-
quartiere, machten allen Concentrirungs-Plänen der Franzosen ein Ende-)-
Der Feldzug 1708 in den Niederlanden ist unzweifelhaft einer
der denkwürdigsten des spanischen Successions - Krieges und des
18. Jahrhunderts.
Die Aufgabe, Frankreich auf dem Hauptkriegsschauplatze nieder-
zuwerfen, schien zu Anfang wenigstens mit unbesiegbaren Schwierig-
keiten verbunden. Galt es doch einen Feind zu schlagen, der über
einheitliche und von Anbeginn numerisch bedeutend überlegene Streit-
kräfte verfügte, der vortrefflich basirt und frühzeitiger operations-
bereit war, und. Dank der Ausbeutungssucht holländischer Landes-
Verwesung, in Brabant und Flandern auf die werkthätige Sympathie
der Bevölkerung zählen konnte.
Diesen Schwierigkeiten gesellten sich niclit zu unterschätzende,
aus der Natur des Coalitions-Krieges und der Schwerfälligkeit der
militärischen Maschinerie des Grossen Bundes ei'wachsende. Dass es
insbesondere nicht gelang, die Mosel-Armee der Vereinbarung gemäss
in Thätigkeit zu bringen, hatte jene der Seemächte einer schrecklichen
Gefahr ausgesetzt. Die Schwierigkeit, die dem Oberbefehle nicht
unbedingt, sondern nur im Rahmen engbrüstiger Conventionen bot-
mässigen Contingente überhaupt zur Wirkung zu bringen, die ängst-
liche Vorsicht der Feld-Deputirten Hollands, endlich die drückende,
*) Siehe den Anhano:.
2) Memoires niilitaires (Peletj VIII. 167 imd WS.
510
jedes geniale Wagniss ausschliessende Verantwortlichkeit, waren einer
freien Entfaltung des feldherrlichen Geistes nicht wenig hinderlich.
Indess erwuchs den beiden Haupt- Heerführern der Grossen
Allianz dort ein hülfreicher Bundesgenosse, wo sie ihn am wenigsten
suchen konnten, im feindlichen Lager. Mit Recht führt eine franzö-
sische Feder aus, dass Frankreich nicht weniger durch sich selbst?
als durch die Helden, welche es zu bekämpfen hatte, gedemüthigt
wurde. In der That mussten die Vermessenheit, den Gang der
Operationen von Versailles aus beherrschen zu wollen, die aller
Staats- und Kriegs - Raison widersprechende Zusammensetzung des
grossen Hauptquartiers und die Aufstellung eines Collectiv-Oberbefehls
mit unklaren Machtsphären naturnothwendig dazu führen, dass die
günstigen Augenblicke zum Handeln entschlüpften, Uneinigkeit und
Unentschlossenheit vorherrschten und jene höhere Disciplin im Befehls-
Apparat untergraben wurde, deren kein Heer entrathen kann.
Dass es nichtsdestoweniger des ganzen Einsatzes der vereinigten
Talente Eugen's und Marlborough's bedurfte, um zu erringen,
was errungen wurde, ist der überzeugendste Beleg für die Kraft
und Grösse des Widerstandes, deren Frankreich noch immer fähig
gewesen wäre.
Das Handeln der beiden Helden in diesem Feldzuge, zumeist
einen grellen Gegensatz zu dem ihrer Feinde bildend, ist im höchsten
Grade lehrreich und anziehend. M a r l b o r o u g h unaufhörlich bemüht,
die Verhältnisse zu durchdringen, entwickelt, wie in früheren Jahren,
ein ausgezeichnetes Urtheilsvermögen. Alle Schwierigkeiten und
Gefahren in der umfassendsten Weise überblickend, bethätigt er eine
sich allezeit gleichbleibende Vorsicht. Sein grosses Talent für scharf-
sinnige Combinationen hält gleichen Schritt mit der Fähigkeit, die
Ausführung den Verhältnissen anzupassen. Meister in der Kunst der
Vorbereitung von langer Hand, zeichnet er sich in der Durchführung
durch eine echt angelsächsische Kühnheit aus.
Prinz Eugen erregt unsere Bewunderung vor Allem durch
seine unvergleichliche Kraft zu Wollen, zu Handeln; unerschütterhch
muthig und besonnen unter den schwierigsten Verhältnissen, erscheint
er vermöge seiner Geisteskraft, seines raschen und sicheren Ueber-
blickes, seines erfinderischen Sinnes und seiner Fähigkeit, spielender
Leichtigkeit des Entschlusses, als ein Feldherr, der jedem Unternehmen
gewachsen.
Beide Helden bethätigen ein eisernes Festhalten an dem Zwecke,
eine gänzliche Concentrirung aller Kräfte auf das in's Auge gefasste
Ziel und in unermüdlicher, mit jeder Minute geizender Thätigkeit,
511
eine wahrhaft grossartige Auffassung des kriegerischen Geschäftes,
Der Marsch der Mosel-Armee nach Brabant, der Schlag von Aude-
narde, die wiederholten Einbrüche in das nördliche Frankreich, die
Belagerung von Lille, die Vorsorgen für den Unterhalt, der Succurs
von Brüssel, endlich die Wiedereroberung von Gent und Brügge,
mitten im Winter, repräsentiren eine erstaunliche Arbeitsleistung.
Wie gross die Thaten dieses schrecklichen Feldzuges, von dem
Eugen selbst sagte, dass nichts erlebt habe, wer ihn nicht erlebt,
dem Auge der Nachwelt erscheinen, nicht einzig stehen sie da in
den Jahrbüchern der Geschichte. Einzig aber ist das Beispiel und
die Thatsache, dass zwei Feldherren, zu denen eine Welt empor-
schaut, erhaben über alle Schwächen persönlichen Ehrgeizes den Nutzen
der Sache so ausschliesslich im Auge halten, dass ihre gemeinsamen
Thaten wie das Product Eines Geistes und Eines Willens sich offenbaren.
Ergebnisse und Ausblicke.
Um ein Gewaltiges hatte sich in nun achtjährigem, blutigem
Kampfe die Coalition ihrem Ziele genähert, aber Grosses hatte sie
noch zu vollbringen.
Aus kühnem Angriffe war das Haus Bourbon in zage Ver-
theidigung zurückgeworfen und in dieser schwer geschädigt worden, noch
immer aber war es im Besitze einer grossartigen Stellung. An Frank-
reichs Nordfront hatte erst ein schmaler Grenzstreifen die Schrecken
des Krieges erduldet. Die Ostfront war nicht nur unversehrt geblieben,
ihre Grenzsteine waren auf Nachbarskosten hinausgerückt worden.
Spanien gehorchte, in seinem ganzen Umfange fast, bourbonischem
Machtgebot. Zur See hatte der Grosse Bund sich allerdings vereinzelter
Vortheile erfreut, doch war nicht eine Colonie bourbonischen Händen
entrissen worden. Der Summe dessen entgegengehalten, was L u d w i g XIV.
seit dem pyrenäischen Frieden seinem Hause gewonnen, mochte die
erlittene Einbusse geringfügig erscheinen.
Solch grossartiger Besitzstand entsprach aber schon längst nicht
mehr der lebendigen, der erhaltenden Kraft des Hauses Bourbon.
Indess dem Grossen Bunde noch unermessliche Mittel zu Gebote standen,
war Frankreich am Rande vollständiger Erschöpfung angelangt und
waren Minister, wie Höflinge, endlich ausser Stande, Ludwig XIV. das
grenzenlose Elend seines Volkes noch länger zu verhehlen. Der greise
König selbst war durch das Scheitern der schottischen Expedition,
die entscheidende Niederlage K ü k o c z i's, die Ergebnisslosigkeit der
Sendung Tesscs und die Beugung des Papstes schwer getroffen
worden. Je gewaltiger die Anstrengungen gewesen, die er dem nieder-
ländischen Feldzuge zugewendet, desto schmerzlicher hatte er und sein
Hof die Demüthigungcn empfunden, welche die letzte Ilandrische Cam-
pagne ihm gebracht. Noch trostloser war der Blick in die Zukunft.
Die Truppen, oit lange Zeit ohne Sold und kümmerlichst verpflegt, trotz
513
Ueberzalil und Ta})ferkeit immer besiegt, darol) von schuldigen oder
unfähigen Führern noch verleumdet und geschmäht, waren verdrossen
und entmuthigt, die Officiere widerwillig, die Generale unentschlossen
und Niemand vorhanden , der es gewagt hätte , auf eigene Verant-
wortung zu handeln. Die schreckliche Verarmung des französischen
Volkes, im Vorjahre schon ein Hauptmotiv der Friedens-Anerbictungen,
hatte unter dem Drucke rücksichtsloser und grausamer Besteuerung
Dimensionen angenommen, die aller Beschreibung spotteten. „Niemand
vermochte mehr seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen",
berichtet Saint-Simon. „Treue und Glauben waren aus dem Ge-
schäftsverkehre völlig verschwunden. Der König selbst hatte keine
anderen Mittel mehr, als den Schrecken und den Gebrauch einer
grenzenlosen Macht. Wie unbeschränkt diese auch war, auch sie
versagte wegen Mangels an einem Gegenstande, auf den sie hätte
gerichtet, an dem sie hätte bethätigt werden können."
Unter diesen Umständen, da Alles an der Möglichkeit, den Kampf
fortzusetzen, verzweifelte, und der Friede, der am raschesten geschlossen
werden konnte, der Friede um jeden Preis, als das einzige Rettungs-
mittel erschien, entschloss sich Ludwig XIV. von Neuem, den Weg
der Verhandlungen zu betreten. Der König, der bisher nur allen
Mächten Gesetze vorgeschrieben, erbot sich, nicht nur den Holländern
Handelsvortheile und die zu ihrer Sicherheit verlangte Barriere anzu-
bieten, sondern auch Spanien, Mailand, die Niederlande und beide
Indien aufzugeben.
Aber selbst solches, alle Erwartung übertreffendes Angebot sollte
keine Annahme finden. Wie bedenklich in jedem Gesellschafter des
„Grossen Bundes" das Verlangen vorherrschte, sein Sonderinteresse
über das der Allgemeinheit zu stellen; wie laut die Klagen abge-
spannter, ermatteter Theilnehmer ertönten; wie tief die Spalten und
Risse auch waren, welche den stolzen Bau der ,, Grossen Allianz"
zerklüfteten — Eugen und Marlborough, durch den Glanz ihrer
Siege auch bei den Generalstaaten von überwiegendem Ansehen,
standen fest zusammen in dem Einen Gedanken, kräftigster Fortsetzung
des Kampfes und „Si vis pacem, para bellum" ward in höherem
Grade, als je zuvor, der leitende Wahlspruch der Coalition.
Schon war die Erwartung in Erfüllung gegangen, dass das neu-
gewählte Parlament von Grossbritannien für die Fortsetzung des Krieges
das Beste hoffen lasse. Nachdem das Oberhaus abermals ausgesprochen,
wie es immer mehr und mehr überzeugt, dass kein sicherer und ehr-
licher Friede sein könne, bis nicht die spanische Monarchie dem Hause
Oesterreich wieder abgetreten, hatte das Unterhaus für 1709 die bisher
Feldziige des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. 33
514
unerreichte Summe von sieben Millionen Pfund Sterling; hewillig;t,
auf dass Grossbritanniens Streitmacht in Flandern auf 60.000 Mann
gebracht werde.
Kaum minderer Kriegslust hatte im Ausblicke auf erweiterte
Barriere der Voranschlag des holländischen Kriegsstaates für 1709
Ausdruck gegeben. Hatte sich für nachdrückliche Fortsetzung des
Kampfes überhaupt ein grösserer Eifer, als im Vorjahre, in den
Provinzen zu erkennen gegeben, so war die wichtigste, Holland, im
December schon mit der Bewilligung schwerer Auflage, des doppelten
hundertsten Pfennigs von allem liegenden Gut, vorangegangen. Den
Krieg im nächsten Feldzuge auf französisches Gebiet tragen zu können,
erklärten sich die Generalstaaten bald nach Jahreswende zur höchsten
Kraftanstrengung bereit.
Die Notificirung dieser seemächtlichen Entschlüsse fiel am Wiener
Hofe auf einen empfänglichen Boden. Zwar waren Geld imd Recruten
seit Jahresfrist noch knapper geworden, aber erwärmt und belebt von
der Sonne des Erfolges, sah man der Zukunft guten Muthes ent-
gegen. Die kriegerischen Erfolge der Coalition, die Austragung des
Streites mit dem Papste, der Niedergang der ungarischen Empörung
erlaubte an die Fortsetzung des Kampfes gegen Frankreich umso
höher gespannte Erwartungen zu knüpfen, als die Gefahr einer Störung
von Aussen seit Jahresfrist in immer weitere Ferne entrückt war.
Hatte doch das Siegesjahr 1708 der Pforte alle Lust verleidet, zu
kriegerischem Schlage auszuholen ; das Gewitter des nordischen Krieges
aber sich soweit nach Ost gezogen, dass kaum noch die Reflexe seiner
Blitze den Horizont von Mittel-Europa umleuchteten.
Ob Ludwig XIV. Friedensangebot auf Täuschung des Bundes
und des eigenen Volkes abzielte, wie eine Minderheit muthmasste, oder
aufrichtig gemeint und dann nur das Widerspiel der Schwäche und
Bestürzung des Versailler Hofes war, wie eine Mehrheit behauptete,
lief im Grunde genommen auf Eines hinaus. Jenes Angebot musste
Frankreichs Feinde noch trotziger, noch verlangender machen. —
Beide Theile bereiteten sich zu ei-neutem, wie beide hofften, letztem,
wie beide befürchteten, blutigstem Waffengange vor.
-ooo^cx:»«-
A n li a 11 g'.
') Die im Aiiliauo;e vorkommeiulen Namen sind In das „Nanion - Rporister"
nicht aufgenommen.
33*
I
517
Verzeichniss
der kaiserlichen Fus.s- und Roiter-Kcigimenter.
Der Stand vom Jahre 1708.
A. I n f a n t e r i e.
Errichtet
oder in
kaiserl.
Dienst
Namen der Regimenter, respective
Inhaber
Anmerkung
getreten
169(3
Deutschmeister, Franz Ludwig Ffalzgraf
bei Rhein, Herzog von Neuburg, Obrist.
Jetzt I.-R. Nr
4.
1691
Neipperg, Eberhard Friedrich von, FZM.
Jetzt I.-R. Nr.
7.
1647
Palffy, Nicolaus Graf, Feldmarschall.
Jetzt I.-R. Nr
8.
1629
Hassliugen, Tobias Freiherr, FZM.
Jetzt I.-R. Nr.
11.
1702
D'Aruan, Dusaix, Hubert Dominik Freiherr,
FML.
Jetzt I.-R. Nr.
12.
1618
Starhemberg, Guido Graf, Feldmarschall.
1809 als I.-R. Nr. 13 |
aufgelöst.
1701
Osnabrück, KSrI Herzog zu Lothringen und
Bar, Bischof zu.
Jetzt I.-R. Nr.
15.
1703
Virmond, Damian Hugo Graf, FML.
Jetzt I.-R. Nr.
16.
1674
Württemberg, Alexander Prinz, FZM.
Jetzt I.-R. Nr.
17.
1682
Hein dl, Johann Franz Graf Sonnberg, Frei-
herr von, GWM.
Jetzt I.-R. Nr.
18.
1681
Thüngen, Hans Karl Freiherr, Feldmarschall.
Jetzt I.-R. Nr.
20.
1672
Baden-Baden, Ludwig Georg Markgraf,
1809 als I.-R. Nr. 23 |
Obrist.
aufgelöst.
1662
Starhemberg, Maximilian Adam Graf, FML.
Jetzt I.-R. Nr.
24.
1672
Bagni, Scipio Graf, FZM.
Jetzt I.-R. Nr.
25.
1682
Zum Jungen, Johann Hieronymus, Freiherr
von und, FML.
Jetzt I.-R. Nr.
27.
1698
Thürheim (Thierheimb), Franz Sebastian
Graf, FZM.
Jetzt I.-R. Nr.
28.
1704
De Wendt, Johann Adam Freiherr, GWM.
Jetzt I.-R. Nr.
29.
1683
G seh wind, Freiherr von Pöckstein, Johann
Martin, Feldraarschall,
Jetzt I.-R. Nr.
35.
1683
Regal, Maximilian Ludwig Graf, FML.
Jetzt I.-R. Nr.
86.
518
ErrU-lilet
oder in
kaiserl.
Dienst
getreten
Namen der Kegimenter, respective
Inhalier
Auniorkinisr
1701 Bayreuth (Brandenburg), Georg Wilhelm
Prinz, G. d. C.
1G85 Wetzel, Johann Adam Freiherr, FZM.
168"2 Salm, Karl Tlieodor Ottn Fürst, Feldmarschall.
I(j82 Harr ach, Josef Graf, FML.
1642 Herberstein, Leopold Graf, Feldmarsehall.
1702 Gyulai, Franz Graf, Olirist.
1G61 Krieclibaum, Georg Friedrich Freiherr, FML.
1684 Dann, Wirich Philipp Lorenz Graf, Feld-
marschall.
1689 Sickiugen, Johann Damian Philipp Frei-
herr, FML.
1682 Tollet, Jörger zu, Anton Aegid Freiherr,
GWM.
1682 Heister, Sigbert Graf, Feldmarschall.
1684 N ehern, Dietrich Heinrich Freiherr, FZM.
I(i94 ' Reventlau, Christian Detlef Graf, FZM.
1633 Guttenstein, Wenzel Hroznata Graf, FZM.
1693 Löffelholz-Colberg, Georg Wilhelm Frei-
herr, FML.
1701 Königsegg, Lothar Josef Graf, FML.
1682 Wallis, Georg Olivier Graf, GWM.
Jetzt l.-K. Nr. 41.
Jetzt I.-R. Nr. 42.
1809 als I.-R. Nr.
aufgelöst.
Jetzt I.-R. Nr. 47.
1809 als l.-R. Nr
aufgelöst.
Jetzt I.-R. Nr. 51.
Jetzt l.-K. Nr. 54.
Jetzt I.-K. Nr. 56.
Jetzt l.-R. Nr. 57.
Jetzt I.-R. Nr. 59.
1748 aufgelöst.
1725 aufgelöst.
1747 aufgelöst.
1748 aufgelöst.
1741 aufgelöst.
1720 aufgelöst.
l748 aufgelöst.
45
50
B. C a V a 11 e r i e.
1 . Cürassiere.
1672
1672
1701
1663
1618
1682
1674
1682
1682
1690
Hannover (Braunschweig-Lüneburg) , Max
Wilhelm Prinz, Feldmarschall.
Uhlefeld, Leo Graf, Feldmarschall.
Hessen-Darmstadt, Phili]i]p Prinz, Feld-
marschall.
La Tour und Taxis, Amarold Graf, G. d. C.
Brenner, Ferdinand Graf, GWM.
Gronsfeld, Franz Graf, Feldmarschall.
Pfalz- Ne)i bürg, Karl Pliilip]i Herzog, Feld-
marschall.
Roccaviune, Karl Ludwig Graf, FML.
Martigny, Karl Graf, FML.
Steiuville, Stephan Graf, FML.
Jetzt Drag.-R. Nr. 2.
Jetzt Drag.-R. Nr. 4.
Jetzt Drag.-R. Nr. 6.
Jetzt Drag.-R. Nr. 7.
Jetzt Drag.-R. Nr. 8.
Jetzt Drag.-R. Nr. 9.
1735 aufgelöst.
1775 aufgelöst.
1768 aufgelöst.
1721 aufgelöst.
519
Errichtet
oder in
kaiserl.
Dienst
Namen rler Kep:imcTiter, resiiective
Inhaber
Anmerkung
getreten
1657
Cnsaui, Jakob Joseph Marqnis, G. d. C.
1775 aufgelöst.
1682
Pälffy, Johann Graf, G. il. C.
1801 als Cür.-R. Nr. 4
aufgelöst.
1682
Lobkowitz, Josef Anton Auf^ust Fürst, GWM.
1801 als Cür.-K. Nr. 5
aufgelöst.
1685
Hohenzollcrn-Heehin jjon, Friedrich Wil-
1801 als leichtes Drag.-R.
helm Fürst, Feldmarschall
Nr. 2 aufgelöst.
1684
Caraffa, Johann Graf, FML.
1768 aufgelöst.
1679
Falken st ein, Franz Leopold Marina rd.
Freiherr.
1775 aufgelöst.
1626
Visconti, Hannibal Marchesu, G. d. C.
1735 aufgelöst.
1643
Hautois, Johann Heinrich Graf, GWM.
1775 aufgelöst.
1701
Montecuccoli, Hercules Graf, FML.
1768 aufgelöst.
1702
Mercy, Claudius Florimuud Graf, FML.
1801 als Cür.-R. Nr. 11
aufgelöst.
2. Dragoner.
1640
Rabutin, Johann Ludwig Graf von Bussy,
Feldmarschall.
Jetzt Drag.-R. Nr. 10.
1688
Fels, Karl Colonna Graf von, FML.
Jetzt Drag.-R. Nr. 11.
1682
Savoyen, Evigen Prinz von, General-Lieu-
tenant.
Jetzt Drag.-R. Nr. 13.
1688
Althann, Guudacker Graf, GWM.
Jetzt Uhl.-R. Nr. 6.
1701
Bayreuth, Christian Ernst Markg-raf, Feld-
marschall.
Jetzt Husz.-R. Nr. 15.
1682
Batte, Heinrich de, GWM.
1721 aufgelöst.
1672
Vehlen, Otto Graf, GWM.
1748 aufgelöst.
1683
Herbeville, Ludwig Graf, Feldmarschall.
1801 als leichtes Drag.-R.
Nr. 6 aufgelöst.
1682
Keising, Franz Karl Graf, GWM.
1775 aufgelöst.
1689
Vaubonne, Joseph Marquis de, G. d. C.
1721 aufgelöst.
1705
Brenner, Seyfried Graf, GWM.
1721 aufgelöst.
3. Huszaren.
1702
Lehoczky, Martin von, Obrist.
Jetzt Husz.-R. Xr. 3.
1696
t^plenyi de Mihäldy, Johann Ladislaus Baron,
Obrist.
Jetzt Husz.-R. Nr. 8.
520
Errichtet
1
oder in
kaiserl.
Dienst
Namen der Kejrinieuter, respective
Inhaber
Anmerkung
getreten
1688
Eberfjdnyi, Ladislaus Baron, FML.
Jetzt Husz.-R. Nr. 9.
1689
Kolion its, Adam Graf, FML.
Nach dem Rastatter
Frieden aufgelöst.
1702
Esterh.-izy, J<i.sef Simon Graf, Obrist.
1721 in das Reg. Eber-
genyi iucorporirt.
1708
Esterbazy, Josef Graf, Obrist.
Nach dem Rastatter
Frieden aufgelöst.
1708
Nädasdy, Franz Graf, FJVIL.
1721 aufgelöst.
4. Milizen zu Pferd.
1706
Secula, Johann, Obrist.
Slavonisches National-
Husz.-Reg., 1711 abge-
dankt.
1705
Demetri (Demetrovich), Johann, Obrist.
Raizisches Miliz-Reg. ,1 71 1
abgedankt.
C. M i e t h - T r u p p e n im k a i s e r 1 i c
h e n Solde.
1. Schweizer Infanterie-Regimenter.
1701
Erlach, Hieronymus Freiherr, GWM.
1717 aus kaiserl. Dienst
entlassen.
1701
Di es b ach, Franz Eoman Freiherr, GWM.
1717 aus kaiserl. Dienst
entlassen.
1704
Bnol, .Johann Anton Freilierr, 01)rist.
Graubündner Bat., 1708
auf ein Reg. ergänzt
und in spanischen
Dienst getreten.
2. Cavallerie.
1706
Schön born. Ansehn l'ranz Graf, Obrist.
Churmainzisches Drag.-R.,
1710 in kaiserl. Dienste
gänzlich übergetreten,
1801 als leichtes Dra-
goner-R. Nr. f) aufgelöst.
—
WülfsUelil, .lubaiin Willielm vun, Olirist.
Würzburgisches Drag.-R.
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Stand
der verbündeten Truppen in Catalonien am 17.
März
1708 '1.
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»Ucn .Kr!flg*.Arcliiv, Spanien 1708; Fiuc. XII. 9't mi'I XIII. S":
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2 b.
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des grossen und kleineu Generalstaltes des Fcldmarsehalls Graf
Guido Starhemberg.
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1 General-Feldmarschall per se,
1 General-Feldmarscliall-Lieutenant,
2 General-Feldwachtmeister, Einer zu Pferd und Einer zu Fuss,
2 Ingenieurs,
(x ?) Mineurs,
1 Kriegs-Secretär,
2 Kanzellisten,
1 Commissär,
1 Commissariatamts-Officier,
1 Proviant-Commissär oder Verwalter,
1 Proviant-Officier,
2 General- Adjutanten,
1 Quartiermeister-Lieutenant (Von hier aus wüsste man keinen, da man
glaubt, es werde feiner von der englischen Nation allda sein, es
wäre denn, dass der Graf von Starhemberg einen selbst vorschlagen
könnte),
1 Stabs-Kaplan,
1 Feld-Medicus,
1 Stabs-Chirurg (so in Neapel ist),
1 Wagenmeister-Lieutenant,
1 General-Auditor-Lieutenant,
1 Profoss mit seinem Stab,
12 aggregirte Officiere.
*) H. H. u. St. A. Öpauieu 1708.
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3 b.
Ordre de bataille
der AniKic von Koussillou '^.
Cominaiidiuit eii cluif: ( Jeii(!ral-Li(!ut(!ii!int Herzofij von Noailles.
Marechaux de Caiii)) : Kirniaoon, Signier, Masscnbacli, Guerchy.
Rrigadiere : Prevsacli, Tjcssart, 'i'ournon, Clourtens (^Courtance V), Planque,
Hautefort, Bretouiiiere.
I n f a 11 1 e r i e.
Artois 2 Bataillone
La Force . . 2 „
Grammont 1 „
Bixgey 2 ,,
Courtens (^Courtance V) 3 „
Eboli o „
Tournon 1 „
Hessy 1 „
Milizen 3 „
Bergjäger.
Beiair • 1 Bataillon
Pan de Jaffre 1 ,,
Carbonel ..... 1 „
Martinbile ... 1 „
Zusammen 22 Bataillone
C a V a 1 1 e r i e.
Marsillac 2 Escadronen
Dufiel 2 „
Reigecourt 2 „
Montmorency 2 „
Bonsols , 2 ji
Dragoner.
Hautefort 3 Escadronen
Languedoc . 3 „
Guienne 3 ,.,
Despaus 3 „
Zusammen 22 Escadronen
') Quincy, Histoire militaive etc. V uud Heller, Der Feidzuo- 1708 iu Spanien.
526
der
4 a.
Speciflcation
am Ober -Rhein unter Connnando 8r. Churfiiistlirlien Durclilauclit zu
Bauuschweig und Lüneburg zu stehen kommenden Regimenter').
Fussvolk.
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12 Escadronen
Klinkaustrom (Klin- |
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Hodeuberg 1 J
7 Escadruneu
Reiterei.
Kaiserliche.
Mercy 6
Lobkowitz 6
P r e u s s e n.
Wartensleben-Carabiuiere 3 Escadronen
C h u r - H a n n 0 V e r.
Garde 1 ^
Bataillone Völkerling-Dragoner 2
Spiegl 2
Bretlach 2
Wolfenbüttel.
Bevern 1 Bataillon
Fränkische.
Grenadiere 1] Bibra-Dragoner .
ErflFa 2 I Kayreuth-Cürassiere
Boineburg 2)8 Bataillone
Helmstett 2
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Zollern 1 ^
Tucher ........ 1 [
Thalbe (Thalberg, Dal- (
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3 Bataillone
Schwäbische.
Öttincceii-Draffouer
11 Bataillone
Grenadiere 1
Durlach 2
Reischach 2
Roth 2
Enzberg 2
Baaden 2
Westphalen.
8inimern 2 Bataillone Venninger
Nagel . .
Bernsau .
Hageborn
C h u r - M a i n z.
Fugger 4 > 12 Escadronen
Erbpr. AVürttemberg 4 j
6 Escadronen
Layen (Leven) .
Eis ...'...
Harstall ....
Garde (Grenadiere) . . 2
Sterufels 2
Hermens (Hermann) . 2
Anspach-Grenadiere . .
Summe
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Nassau 1 Escadron
\\' ü r 1 1 e m 1) e r g i s c h e.
Garde (du corps) . . 2 1 ^ -r. ■,
,. u i -11 r^ /T -i T^ . A I ^^ Escadronen
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1 Bataillon
Sachsen-Gotha.
Dragoner 2 Escadronen
M e c k 1 e n b u 1- g.
Reiter 2 Escadronen
Holstein.
(jarabiuiere (sollen komnien) 2 Escadronen
Summe . . 63 Escadronen
37 Bataillone
*) Krieg.s-A., Römisdips Reidi 170R: Fasr. VI. ad 33.
527
4 b.
Effectiv-Stand
der Reichs-Armee am 17. August 1708*).
Reiterei.
1 5 Regimenter.
Spiegel-Dragoner,
Bibra-Dragoner,
Bretlacli,
Wartensleben,
Mecklenburg,
Bernsau,
Bayreuth,
Württemberg-Dragoner,
Zusammen 7024 Mann
Venninger,
Nagel,
Hageburg (HagebornV
Nassau,
Holstein,
Erbprinz Württemberg,
Fugger.
F u s s V ol k.
20 Regimenter.
Eis (Elz),
Klingolstrom (Klinkowström),
Handeberg (Hodenberg),
Beyern,
Bernstorlf,
Erffa,
Boinebourg,
Helmstett,
Uten,
Zollern,
Tucher,
Dalberg,
Durlach,
Reischach,
Roth,
Enzberg,
Baaden,
Sternfels,
Hermann,
Zimmern.
Zusammen 21.810 Mann.
Grenadiere.
Bataillone und Compagnien.
Fränkische,
Schwäbische,
Onolzbach (Ansbach),
Württembergische Garde,
Hannover,
Steinfels,
Hermann.
Zusammen 2569 Mann.
<) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. A^III. ad 19 d.
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Cläre 1
Pery 1
Beaufermc 2
Cbartres 2
Premier de Laonnais 1
Les Landes 1
Dorington 1
Lassay . 1
Montboissier . 1
Tavannes 1
La Cbaux-Montauban 1
Espagnols . • 4
Total
60
C a V a 1 1 e r i e :
Regimenter
Esca-
dronen
Gendarmerie 8
Mestre de canij) gem'ral .... 3
Royal . 3
Royal-Pii'niont 3
Daujibiu utranger 3
Bourgogne 3
Orleans 3
Conde 3
Prince Cbarles 3
Quintin 2
Montmain 2
Hendicourt 2
Aubusson 2
Saint-Pouanges 2
Livry 2
La Ferronnaye 2
La Vaupalliere 2
Barantin 2
Massembaek . . 2
Fontaine 2
Choisenl 2
Conflans 2
Vivans 2
La Baume 2
Aulezy
Fonrquevaiix 2
D'Autanne 2
Saumery 2
La Billarderie 2
Forsat 2
D'Estagnols 2
L'Isle-du-Vigier . . 2
Montrevel 2
Rouvray 2
Tarnan 2
DAcosta, espagnol 2
Heyder 2
Dragoner
Listenois 3
La Vrilliere 3
Fontbeausard 3
Flavacourt 3
D'Espaux, Be.-^atzung zu Luxem-
burrr und Thionville 3
Total . . 103
') Archives du depöt de la guerre, cojtie, vul 2091. Nr. 310. Memoire.^ niili-
taires (Pelet) VIII. 624.
Ordre de bataille im Lager von St. Renelde, 30. Mai 1708')-
Se. Hoheit der Herzog von Marlliorough, Geiieral-Capitaiu.
Se. Excellenz Mr. d'Auverquerque, General-Feldinarscball.
(ienerale: Herzog von Württemberg, Graf Tilly, Prinz von Uranien.
General-Lientenauts : Dompre, Ostfrise, Alberraarle, Henkelom, Prinz Holstein-Beck, Oxenstima, Withers, Orkney, Biilow, Ross, Wood, Lnmley.
General-Majore: Athloue, d'A\ivergue, Lalek, Prinz v. Hessen, Scliwartzl, Wick. Zontland, Murray, Gantlier, Rantzau, Meredith, Webb, Argyle, Banditz, Botbmer, Scluileuburg, Ci
Bri-
gaile :
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Graf Lnttinn.
Gonoral-Lieuton.mts: Kanzau, Ilmnposcb, (Jy<-ii, Hopf, Fagcl, Sparr, Dodeni, Natziiior
General-Majore; Vietingbof, Priii:
^ '£ X
Hessen, Krbai-li, de ViUattes, Colliar, Weiden., I'alland, Henistorf, Tfltau, OHnboff, St. Launilit, Dinno,
') Schwourkc, Goscbiclite der Ha
Truppen im spaniscbeu Erbfolpekricfre 17I>1 — l'H Ai.lapi- XI.
I
531
8.
Ordre de bataille
der Tiifanterie der Armee von FlaTidcrn, coinmandirt vuni i [erzog von liiirgund,
16. Mai 1708 ').
Generale
Reo- i inen t
Bataill.
Generale
Regimonter
iatai
11.
E
r s t e L i n i c.
Z
weite Linie.
f Picardie . .
^«^»^■- • • \Boulonnuis .
•31
5
Sebret . .
Perche . . .
. öparre . . .
•2
•2 .
1
.^)
» • )
Piemont . .
• A
Doigny . . .
Arinijfin . <
Dubarail
Chartres . .
Le Uoi . .
.2I
5
4
Baudouin .
f Vendome . .
[ Bouffleurs . .
t\
4
Poitou . .
• 2\
Flamarin . .
< Saint-Valli(!v .
Gassion . . .
Nice ....
2
Mouchy
Lorraine . .
.2I
4
Saint-Pierre
2-
5
La Marck . '
' Charost . .
^ La Marck .
• 2J
1
1
1
Albergotti . ■
Gondrin . .
Royal-italien
9
5
Ringraff
Saint-S(!Cond .
Ringraff . . .
1
1
4
Louvigny ,
Tilly ....
. 1
Montpezat , '
Gardes fran^a
^ Gardes suisses
ses 6l
. 3/
0
Pfiffer . .
f Villars . . .
\ I^fiffer . . .
1}
6
Gardes de Co
ogne
3
Buisson . .
Gredev . . .
3
Steekenberg
Alsace . .
1
May . . .
May ....
3
Dauphin
. 1
Grenu . .
Surbeck . . .
3
Fitzgerald .
. 1 ,
Brendle . .
Brendle . . .
3
De Beuil .
Montroux
Deslandes .
. 1
. 1
4
Arling . .
f Guyenne . .
[ Ageuois . .
2]
4
Royal . .
.31
Provence . .
• Courriei'es . .
2
T
Isenghieii . •
Isenghien
. ll
4
Courrieres .
■ ^•
4
Bourbonnais
. 2
Nassau , . .
1)
Naugis . . ■
Morteraar
2 '
. 1
5
Conde . . .
y' Wenimel .
2
O'Brien . .
Arontmorenc^
1 •
4
_
Beauce . .
Navarre . .
••4
Laeru ....
. 1
Pionsae . .
.3[
5
La Fere . . .
. Grimaldi . . .
Pantoka . . .
2
Total
e . . (
51
Griinaldi
. 1 >
4
. 1
Totale .
. 52
R
e s
e r v e.
f4enerale
Kegimenter
Bataill.
Artillerie.
' Lanois . .
• • 2\
Reg
imenter
Bataill.
Diverny .
Nivernais
2
4
Royal-artillevifi ...
2
Bearn . .
G reder, allema
. .21
iiul 2/
4
Bombardier
3
1
Montandre
Totale
—
"3
Crouy . .
Roussillon ,
Crouy . . .
::l}
4
Lamothe
La Reine .
Total
e . .
3
15
To
tale der Bataillone 13'
') Archives du de'pot de la guerre , piece originale ,
Memoires militaires (Pelet) VIII. 377.
vol
■2080, Nr.
34*
169.
532
der CavalU-rie der
9.
Ordre de bataille
ArmtH' von Flaiuloni, cominandirt diuHdi den Herzog von
Hurgund, 16. Mai 1708 'J-
1
Generale
Moutniain
Heauvau . .
IJuras . .
Clav;
Kegiuieuter
Erste Linie.
Maison dn Koi
Gendarmerie
[ Ivoyal-Roiissilloi
J Vifleroy . . .
[ Diiras . . . .
Diirosel . . . .
Escadr.
. 13
• . H
l Durc
Clay
{ Le^-'
R.
ays . .
Lctaug .
Jonvray
Vemeuil
Daulezy
j Danlezy "2
} Toulouse 3
I Colouel-geiieral . - 3
Totale . .
Generale Regimenter Escadr.
Dritte Linie.
Bellacueil 2j
D'Opplestein . . -21^^
Harcüurt . . . . 2| '
Laln-etoclie . . . .2)
U'Opplestein
Fresin
Barentin
Lacatoire
Acosta
CliaiiiHeur
(Esclainvilliers . . .2)
Tourutte 2|
^ Marsill£
I Fresin
/ Marteville . . . .2]
) Cayeux 2'
\ Barentin 2
l Danphin 2i
Cherisy 2
Biron 2
Lacatoire 2.
Soncarricre .... 2
Taraeau 2
Acosta 2
Gaetano 2
Saint-Phal .... 2
Paon 2
Hussards (im Haupt-
quartier) . . . .
Totale . .
3
45
Escadr.
Le Vi dann
Rosen
10 Miueur
Livry
4G Nill
Generale Regimenter
Zweite Linie.
Bourgogne .... 3^
Baint-Aignan . . . 2>
Fontaine 2j
Cravates 3|
Druhot 2>
Rosen 2]
( Egmont 2|
' iiatignoH 2>
l Dauphin, etrauger . 3j
[ Orleans 3|
1 Lamothe 2\
I Livry 2j
Desmarets . . . .21
Coursillou .
Forsac . .
I Du Maine
\ Beringhen
r Arco 2
. J Dalzau 2
[ Royal-etrauger . . 3
Totale . .
2 G
Beringhen
Mortaiiy
^
47
Generale
Uzes
Cano
Nugent
Kruzend)eru"
Regimenter- Escad
Reserve,
r Royal-Piemout , . . :>|
I Tarente 2 •
[ Uzes 21
f Cano . ...... 2 I
' Bellefonds . . . .2
1 Conde 3)
Nugent ..... 2 1
La Tour 2[
Ligondez 2}
( Roye 2|
Braquc '^ '
I Royal-allemand .
Totale
31
27
') Arcliives du depot de la guerre, piece originale, vol. 2080, Nr. IB*.). Mcmnires
militaires (Peletj VHL 37'.).
583
10.
Stand der Truppen,
welche am 29. Juli 1708 die Besatzung der Stadt und der Citadelle von
Lille l)ildeten.
Infanterie Bataillone Eseadronen
In der .«^tadt:
Tonraine 2 —
Pcrigord, 2. Batailluu • 1 —
Foix 2 —
De la Fond . . . • 1 —
Chatean nenf • 1 —
Carmant 1 —
Brancas 1 —
Dangennes 1 —
Poyanne 1 —
Duthil 1 —
Razilly 1 —
Ein Theil des Rec^iments Villars, Schweizer l
„ Greder, „ \ 2 —
., rfiffer J
5 Conipagiiieu dos Regimentes Luxeuibur;;- mit zwei Detacdie-
ments der Reg^imenter Conflans nnd Xoailles und alle Sol-
daten, Reiter und Drao-ouer der (bei Audenarde o;eschlageuen)
Armee oder Genesende, welche sich nach Lille zurückgezogen
hatten, zusammen formirend 1 —
Cavallerie
Compagnieu der Schutzwachen des Königs . • — —
Dragoner
Raunes — 3
4 Frei-Compagnien der Dragoner von Flandern — 1
In der Citadelle:
8 Compagnien Invaliden, jede zu 50 Mann 1
Eine andere zu 100 Mann > 1 —
.200 „ • • •_•_]
Totale 17 4
Bataillone Eseadronen
Am 10. August wurden diese Truppen auf Berwick's
Veranlassung verstärkt :
durch das Regiment Poyanne • 1 —
durch das von Pratameno 1 —
durch Füsiliere von Spanien 1 —
vom Regimente der Dragoner von Belle Isle — 3
xmd durch ein Detachement von 200 Pferden.
Totale 3 3
Sonach helief sich die Garnison am 10. August auf 20 Bataillone, 7 Esca-
dronen Dragoner und 200 Pferde •).
') Archives du depot de la guerre, piece originale, vol. 2S01, Nr. 327. Memoires
militaires (Pelet) VIII. 413.
Kriegs-A., Niederlande 1708; Ivasc. XIII. 2a, ddo. 18. August, gibt im Ganzen
22 Bataillone an, jedes zu 13 Compagnien (darunter 1 Grenadier-Compagnie) zu je
54 Köpfen.
Derode IL 228 erwähnt noch insbesondere 1 Compagnie Kanoniere, 1 Com-
pagnie Marine-Artillerie, 20 Bombardiere, 21 Mineure und 60 Arkebnsiere.
Die Mineure gehörten der berühmten Compagnie Megrigny's an und waren
von Dabin befehligt.
534
11.
Winterquartiere
der Bundes-Tnij>iHMi in dv.u NitMlcrliUidcn nach Beendigung des
Feldzuges 1708*)
Ober- Hef elilsliaber: Feldmarschall Graf Tilly.
Hauptquartier: Lütticli.
Bataill.
Esc.
Lille
... IS
—
Menin
... G
—
Courtray
... 11
lOOPf.
Audeuarde ....
... 5
2
Ath ...
... 4
2
Osteude
. . 5
Brüfsre . . ...
... 4
_
Geut ....
... 8
Dame
... 1
_
... 11
Brüssel
... 20
20
Löwen
... 15
13
Mecheln
. . . 3
6
Antwerpen ....
... 3
15
Dendermoude , . .
... 1
5
Alost
Willebroeck
Vilvorden
Huy
Lütticli
Zut-Lenn
Holländisch Flandern. . .
.Seeland und Bergen op Zorn
Steinberg und Breda . . .
Herzogenbusch
Mastricht
und wurden übrigens alle
Städte mit Garnisonen
belebt.
2
8
1
5
1%
i'A
7
14
3
5
7
13
Landorff, Hesselt, Werg-
teren, Kerekbergen,
Roiniucton, Aerschot,
Haclen, Herek, Mel-
dern, Zeechelen, Stor-
kroy, Hasselt, Diest,
Herentlials, Lier, Ber
ningen , Tessenderlo ,
Sheel, Vorst, Meerholt,
Ryen , Thesseldorn
Schaffen, Merlo, Bette
kum, Ruele (300 M.
Infanterie in d. Dörfern
Link u. Luine die Pas
sage zu bewahren)
Zu Cleve, in Geldern
dies- und jenseits der
Neusse, die Herrlich-
keit v.Boxneer mitein-
geschlossen , zu Colin,
Aaclieu, Sittaert, Lin-
nich, Honsberg, l?ein-
bach, Siutzig u. Zülpich
K
18
30
I 14
26
Lille . . .
St. Andries
Detachirte Compagnieu
1
15
Stevensvoert 3
2
2
Menas
{l
Falais.
Friesheim,
Keppel.
Bouaert.
Viconse.
Bruchese.
de.s FZM.
Von den kaiserlichen 'l'ruiipen '"') standen unter dem Connnaud(
Alexander Prinz von Württemljerg zu
Tirlemout und Umgebung: GWM. v. Fechenliaeh mit 2 Bataillonen Tluhigen
und je 2 Bataillonen Fechenbach und Stein.
Mecheln und Umgebung: GWM. Graf Reising mit 2 Hatailloneu Baden.
Gent und Umgebung: die kaiserliche Reiterei.
') Theatrura Europaeum XVIII. Bd. 1709, S. 197. Marlborough's Schreiben
an den Staatsrath aus dem Lager von Meirelbekc;, 1. Jänner 1709, welches die Ver-
theilung der Trupj»eu in die Wintercpiartic^re zum Gegenstande hat, ist in Murray
IV. 388, leider ohne die „Repartition" veröffentlicht worden.
') Kricg.s-A., Niederlande 1708; Fas<'. XII. 72.
531
Benutzte öiiellen.
Acten des k. k. Hans-, Hof- und S taats- Archive s.
Acten des Hofkammer- (Finanz-) Archive« (Reiclis-Finanz-Archives).
Acten des Kriegs-Archiv es.
Acten des Ministerium des Innern.
Acten der Registratur des k. k. Reichs -K ri egs -Minis t er ium,
Acten des k. k. G enie- Ar chi ves.
A 1 b e r i. Le guerre del principe Eugenii di Savoya. Firenze 1830.
Alison, Archibald. Das militärische Leben des Herzogs von Marlborough. Ans dem
Englischen übersetzt von Dr. Z. Bon mann. Frankfurt a. d. Oder und
Berlin 1848.
Archiv für Kunde österreichischer Greschichtsquellen (später für österreichische
Geschichte). Hei'ansgegeben von der kaiserlichen Akademie der Wis.senschaften
in Wien. 1853. IX., XVI, XXII. XLII. und XLIII. Band.
Archiv um Räkoczianum I, siehe Benicki.
— — II. Räkoczi Ferencz leveltära, bei -es külföldi irattärakböl bövitve. Kiadja a
magyar Tudomänyos Akademia törtenelmi bizottsäga. Budapest. (Franz Räköczi-
sches Archiv, aus in- und ausländi.schen Archiven erweitert. Herausgegeben von
der historischen Commission der ungarischen Akademie der Wis.senschaften etc.)
Budapest 1873 — 1879.
Arneth, Alfred. Eigenhändige Currespondeuz des Königs Karl III. von «Spanien
(nachmals Kaiser Karl VI.) mit dem Obersten Kanzler des Königreiches
Böhmen, Grafen Johann Wenzel Wi-atislavv. (Aus dem XVI. Bande des von
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Archives für
Kunde österreichischer Geschichtsquellen liesonders abgedruckt.) Wien 1856.
— • — Das Leben des kaiserlichen Feldmarschalls Grafen Guido Stai'hemberg.
Wien 1853.
— — Prinz Eugen von Savoyen. Wien 1858.
— — Die Relationender Botschafter Venedigs über Oesterreich, Wien 18G3. XXII. Band
der Fontes rerum austriacarum.
Augoyat M., siehe Vauban.
B e a u m o n t, siehe Dufresnoy.
Benicki naplöja. (Tagebuch Benicki's.) Archivum Räkoczianum I.
536
l?ei\vick, Mt'nioires <lu luaroclial de, im VIII. Bande der „Xouvelle eollection des
raemctires potir soi'vir a riiistoire de France" von Michand und Ponjonlat.
Paris 1839.
Bidermann, Dr. Herrn. Ijnaz. Gescliichte der österreichi.sclicn Ge.'!amnitstaat.-<-Tdoe.
1526—1804. Inn.sbrnck 18(57.
Bis mark, Graf von, königl. württemlierü;ischer General-Lientenant. Roflexioiicii zu
Kansler's: „Leben des Prinzen Eugen von Savoyen", siehe Kausler.
B run-La vainue et Elle Brnn. Les sept .sifeges de Lille. Paris, Lille 1838.
Campagnen der Franzosen unter Marschall Berwick. Bern 1793.
Chemel de, siehe Saint-Simon.
Collection des nicmoires pour servir ä l'histoire de France. III. Serie VIII.
Paris 1839.
Collection des nicmoires relatifs ä l'histoire de France depuis ravc'ncment de
Henri IV. jnsqu'/i la paix de Paris conclue en 1763. Par messieurs A. Potitot
et Monnierque.
— — Tome LXXII. Paris 1828. Memoires du duc de Noailles, Tome II.
_ — Tome LXXIV, LXXV. Paris 1829. Memoires du comte de Forbin. Tome I, II.
Comte Fran^ois. La princesse des Ursins. Paris 1858.
Correspondenz Max EmanneTs (Manuscript), köniti^l. bayer. Privatbililiothek,
Töpferische Sammlung 1. und 2. Band.
Coxe Wilhelm. Herzogs Johann von Marlborough Leben und Denkwürdigkeiten
nebst dessen Original-Briefwechsel. Uebersetzt von F. A. v. H(auer), Major
im k. k. österr. General-Quartiermeister-Stabe. Wien 18J0 — 1822.
Coxe William. Hi.story of the house of Austria. 3. Auflage. London 1837.
— — Memoirs of Jolm Duke of Marlborough etc. London 1818.
DA rtan vill e. Memoires pour servir ä THistoire du Prince Eugene de Savoye-
Marechal de camp, Genei'al des armees de l'Empereur etc. A la Haye 1710.
De Fer. Les forces de TEurope. Paris 1696.
De la Vergne, Jacques. Nouveau exercice du gabion et de la fascine. Vienne 1696.
Derode Victor (?). Histoire de Lille et de la Flandre Wallone. 3 vol. Lille 1848.
Vanackere, Chapitres complementaires. Tome IV. Lille 1877. Lelen.
Dufresnoy et Elie de Beaumont. Explication de la carte gcologique de la France.
(Erklärung der geologischen Karte von Frankreich.) Paris 1841.
Dumont. Baron de. Histoire militaire du prince Eugene de Savoye, du prince et
duc de Marlborough et du prince de Nassau -Krise. La Haye. 1729- — 1747.
Elek .lakob. Görgenyvar es a görgenyi kastely a multakban. Budapest 188.3.
Des grossen Engenii, Hertzogs von Savoyen und kaiserlichen General-Lieutenants
Heldenthaten. 4 Bände. Nürnberg 1736—1739.
Eugen's Feldzüge. Karlsruhe 1807.
Fenelon. Archevöque de Cambrai, Oeuvres. Paris 1827—1829.
Fessler. .1. A. Geschichte der Ungarn. 2. Auflage, bearbeitet von Ernst Kloin.
Leipzig 1867—1878.
Fiedler Josef, siehe Fontes etc.
F II n t e s r e r n m a n s t r i a c a r u m. Oesterreichische Geschichtsquellen. Herausgegeben
von der historischen Comraission der kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften in Wien. IX. Band. Actenstücke zur Geschichte Franz Räk/)czi II.
und seiner Verbindungen mit dem Auslande. Aus den Papieren Ladislaus
Kfikenyesdi'.s von Vetos, seinem Agenten in Bayern, Frankreich, Preussen und
RusHland 1705—1717 von Josef Fiedler. L Band. Wien 1855.
537
Fontes rernm ans t riaca ru m, XVII. JJand. Aktenstücke zur (icsc.liiclito Franz
R;ikoczi"R und seiner Verbin(lung:en mit fleni Auslände. Aus den Papieren
Joliann Michael Klement's, seines Afjenten in Preusscn, Enp;land, Hcdland
und bei dem Utrechtcr Conp^resse. IIerausgfep;ebeii von Josef Fiedler.
2. Band. Wien 1858.
— — XXII. Band. Die Relationen der J^itschafter Venedip;s über Oesterreiob im
18. Jahrhundert von A. Arneth. Wien 1863.
Fnrbin, Memoires, siehe „CoUection des Meraoires etc."
Gachard M. Hi.stoire de la Belgique au commencement du XVIII. .siccle. Bni-
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Lamberty. Memoires iiour servir ä l'histoire du X^^lII. siecle etc. V. Band. Amster-
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contenant une exacte description de plusieurs des plus fameuses expeditious
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Mallet, Allain Manesson. Les travaux de luars ou la fortification nouvelle. Paria 1G7"J.
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Memoires du inaroclial de lierwick etc. London 1757.
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O'Cahil, Baron. Geschichte der grössten Heerführer unserer Zeiten. Frankentlial
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^xC>^OOo-
541
^^aineu-ßeRister.
A.
Achmed III., Sultau, 26, 27.
Acton, kaijierl. 01)nstlieiiteuaiit, 111.
Albemarle, Karl of, holläud. General-
Licutonaiit, 835, 423, 423, 423,423, 465.
Albergotti, frauzös. General-LieTitenant,
379, 447, 481, 483, 483.
Albert, Herzog von »Sachsen - Teschen,
kaisei-1. Felflmarschall, 387.
Alcantarillä, Marquis, Commandant eines
Kor):iineutes im Heere Karl III., 262.
Alexander, Prinz von Württemberg,
kaiserl. Feldzeugmeister, 160, 394, 398.
Alexander III., Papst, 211.
Ali Pascha, Clross-Vezier, 26, 26.
Alleurs, sielie Des Alleurs.
Althan, Michael Johann, Graf, Kämmerer
Karl III., 223.
Amelot, M., französ. Gesandter in Spa-
nien, 2, 48, 97.
Amiens, Vicedom von, zweiter Sohn des
Herzogs von Chevreuse,französ.Mai-echal
de Camp und Cap itain der Chevaux-
legers der Garde, 356.
d'Andourne, savoy'scher General-Wacht-
meister, 171, 179, 179, 180, 181, 182.
Angennes, französ. Obrist, 417.
Anjou, Philipp Herzog von, 2, 2, 3, 3,
22, 28, 32, 47, 97, 195, 215, 287, 300,
300, 301, 301, 310, 328.
Anna, Königin von England, 4, 5, 5, 18,
81, 257, 257.
Aroo, Graf, bayer. Feldmarschall, 301.
d'Arennes, fi-anzös. General -Lieutenant,
222, 233, 236, 236.
Argyle, Herzog, engl. General -Majur.
351, 351, 351, 362, 362, 363.
d'Armondarez, Don Joseplio, General-
Lieutenant im Dienste Philipp's von
Anjou, 273. 273.
Armstrong, engl. Hauptmann, 321, 321,
445, 446, 461.
d'Arnan , siehe Dusaix.
Arnheimb, von , preussischer General-
Lieutenant, 173, 176, 176, 178, 203,
205, 205.
Arnim, von, preussischer General-Lieu-
tenant, 85.
ArrogO, General im Dienste Karl HL,
260.
d'Artaignan, französ. General-Lieutenant
(Westalpen-Armee), 155, 163, 163, 163,
168, 168, 169, 169, 170, 170, 174, 174,
174, 174, 175, 175, 177, 188, 188, 189,
190.
d'Artaignan, französ. General-Lieutenant
(Armee von Flandern), 337, 350, 351,
.352. 355, 370, 412, 447.
d'Asfeldt, französ. General -Lieutenant,
50, 99, 99, 222, 232, 234, 237, 237,
238, 238, 240, 240, 243, 250, 250, 250,
255, 255, 261, 261, 262, 262, 262, 262,
266, 266, 267, 506.
Aspremont, Graf, kaiserl. Officier, 167.
Assumar, Graf, portugiesischer Gesandter
am Hofe Karl HL, 223.
Atalaya, Graf, portugiesischer General-
Lieutenant, 239, 240, 251.
Athlone, Graf, holländischer General-
Major, 409, 499.
542
Aubry, tV.ni/.iis. Partcicräiiger, 446, 447.
August Christian, Herzog zu Sachsen -
Zeitz, Cardinal -Erzhischof von Gran,
Primas Regui, 10.
August II., (Friedrich), Clnirfürst von
Sachsen, Ex-König von Polen, 13, 13,
24, 24, 24, 24, 25, 25, 39, 90, 90, 91,
393, 398, 419, 430, 470.
d'Auvergne, Prinz, liolländ. (leneral-
Major, 392.
d'Avenant, Minister Englands zn Frank-
furt 276.
dAvlla, Don Leonardo, bourhou. Coni-
niamlant des Fort S. Felipe, 257.
B.
Babocsay, Tnippenführer im Heere der
ungarischen Conföderation, 113.
Baden-Durlach, Karl Willielm Markgraf
von, kaiscrl. Feldzeugmeister, 309, 314.
Bagosy, Panl, Truppenführer im Heere
der ungarischen Conföderation , 138,
139, 139, 139.
Balassi, Trnppenführer im Heere der
ungarischen Conföderation, 123.
Balbiani, päpstlicher General, 200.
Balbieri, päpstlicher General, 219.
Balogh, Adam, Truppenführer im Heere
der ungarischen Conföderation, 100, 111,
128, 129.
Balogh, Stephan, Truppenführer im Heere
der ungarischen Conföderation, 101, 106.
Bänhäzi, Truppenführer im Heere der
uiigaiisclu-n Confiideration, 140.
Bannowitz, preussischer General-Major,
178, 178.
Baptiste, engl. Major, 443, 445.
Barcsai, Michael, Truppenfülirer im Heere
dir ungarischen Conföderation, 139.
Barriere, französ. Commandant von Fe-
nestrelle, 184, 185.
Bartholdi, Friedrich Heinricli Freiherr,
preus.><ischer Gesandter in Wien, 10,
11, 24.
BauditZ, General-.Major, 269, 369, 372.
Baye, Marquis de, General -Lieutenant
im Dienste Philipp's von Anjou, 48,
99, 269, 270, 270, 271, 271, 273, 273,
274.
Bayern, kaiserl. Administration in, 13,
68, 92.
Bayern, siehe Max Emanuel.
du Beauve, (du Bautt'e), Ingenieur eu
chef im Heere der Verbündeten, 503.
Beckliers, Johann Steplian, Freiherr,
kaiserl. Obrist, 111, 137.
Le Begue, lothring. Ge.sandter, 300.
Belancour, bourbon. Commandant von
Tortosa, 264, 264.
Belcastel, holländischer General und
Gesandter am Hofe von Barcelona, 223.
Belle-Isle, französ. Brigadier, 494.
Benth.am(Bentheim? BeuhemVBcthlenV),
Graf, General-Major, 392.
Bercsenyi, Niklas Graf, Truppenführer
im Heere der ungarischen Confödera-
tion, 100, 108, 109, 109, 109, 109, 113,
114, 117, 117, 119, 120, 122, 122, 123,
124, 132, 132, 133, 133, 141, 142, 142,
142,
Berg, van der, liolländ. Regierungsver-
weser, 468.
Bergeyck, Graf, im Dienste Philipp's
von Anjon, 318, 325, 366, 424, 447,
467.
Berneck, kaiserl. Hauptmann, 67.
Bernieres, von, französ. Intendant, 366,
:372, 506.
Bernstorff, von, hannoverischer General-
Major, 351.
Berry, Charles de France, Herzog von,
Bruder des Herzogs von Burgund, 318,
4S4.
Bertholet, hannover'scher Lieutenant,
362, 362.
Bertböty, Stephan, 101.
Berwick, Jakob Herzog von, Marschall
von Frankreicli, 13,. 48, 48, 49, 49, 196,
222, 222, 283, 284, 285, 287, 288, 288,
288, 290, 290, 291, 291, 291, 293, 294,
294, 294, 295, 299, 300, 300, 300, 302,
303, 307, 307, 308, 308, 311, 313, 313,
313, 314, 314, 324, 324, 334, 334, 3.59,
364, 364, 364, 364, 365, 365, 365, 366,
368, 369, 371, 372, 372, 373, 373, 373,
373, 374, 374, 374, 374, 374, 376, 377,
379, 379, 382, 382, 382, 383, 383, 384,
384, 393, 405, 405, 405, 406, 406, 406,
543
406, 406, 406, 407, 407, 407, 407, 40S,
408, 408, 408, 409, 401), 40'.», 409, 41:5,
414, 414, 414, 414, 414, 415, 423, 437,
438, 443, 445, 445, 445, 445, 445, 447,
448, 462, 463, 463, 484.
Beschefem, ])ienss. Christ, 439.
Besenwald, tVanzös. Agent, 200, 202,
208, 212, 213, 213.
Bethlen, (Benhem, C. ßeutliam OylV|,
siehe Beutham.
BettendorfF, Freiherr, pfälz. General-
Lieutenant, 392, 398.
Bevern, Prinz, siehe Braunseliweig-Wol-
fenhüttel-Bevern.
Bezeredy, Emerit-li, 'l'nippenfülirer im
Heere der ungarischen Contoderation,
100, 104, 104, 105, 123, 126, 126, 127,
127, 127, 127, 142.
B6zons (Besous), Graf, französ. General-
Lieutenant, 48, 237.
Biron, Marqui.s, tVauzös. General-Lieu-
tenant 327, 342, 342, 343, 343, 343,
343, 343, 345, 345, 349, 349, 349.
Bischowitz, kaiserl. Hauptmann, 128,
128.
Blaskovich, Trupjjenführer im Heere
der ungarisclien Conföderation, 116.
Boldewin, holländ. General, 477.
Börner, Christof Freiherr, kaiserl. Feld-
zeugmeister, 67.
Boisset, dänischer Brigadier 392.
Bonac, französ. Botschafter iu Polen, 25.
Bonet, preuss. Resident in London, 73.
Bonneval, Alexander Graf, kaiserl. Gene-
ral-Wachtmeister, 191, 191, 192, 192,
192, 192, 192, 200, 201, 206, 206, 207,
208, 208, 208, 208, 208, 208.
Borgo, savoy'scher (?) Diplomat im Haag,
80.
Borcke siehe Burck.
Borselle de Geldermalsen, siehe Gel-
dermal.sen.
Botlimer, von, hannover'scher General-
Major, 326, 332, 332, 472.
Botka, Adam, Truppenführer im Heere
der ungarischen Conföderation, 127, 142.
Bottyän, Johann, Truppenführer im
Heere der ungarischen Conföderation,
100, 101, 102, 108, 108, 108, 109 109,
11.5, 115, 121, 122, 123, 124, 125, 126,
134.
Bouffiers, Ludwig Franz Herzog, Mar-
schall von Frankreich, Gouverneur von
Flandern, 388, 388, 388, 388, 388,
389, 390, 390, 390, 391, 393, 395, 395,
397, 398, 398, 400, 401, 401, 403, 404,
404, 405, 405, 408, 415, 416, 416, 417,
420, 424, 424, 427, 427, 427, 428, 429,
430, 430, 431, 434, 434, 434, 435, 449,
450, 451, 451, 452, 454, 454, 455, 455,
457, 486, 487, 488, 488, 491, 491, 492,
492, 492, 492, 492, 493, 493, 493, 493,
493, 494, 494, 494, 495, 506, 506, 506,
507, 507, 507, 509, 509.
Boulaye, de la, französ. Commaudant
von Exilles, 179, 179.
Bourbon, 2, 3, 6, 19, 23, 28, 29, 29,
33, 33, 46, 94, 99, 99, 215, 263, 512,
512.
Bourcet, Commaudant eiuer französ.
Frei-Compagnie, 184.
du. Bourg, Graf, französ. General-Lieu-
tenant, 283, 284, 285, 288, 288, 290, 291,
291, 294, 300, 301, 301, 306, 306, 308,
311, 311, 311, 314.
Boyneburg, Freiherr, hessischer General-
Major, 314.
Boyle, engl. Staatssecretär, 40, 42, 316,
322, 323, 324, 325, 333, 336, 337, 337,
367, .•]69, 372, 374, 377, 379, 380, 381,
393, 406, 408, 411, 412, 420, 423, 423,
425, 427, 465, 466, 474, 475, 479, 482,
497, 497, 499, 503, .506, 508.
Braconniere, ehemaliger französ. Officier,
293.
Brancas, Marquis de, General - Lieute-
nant im Dienste Philipp's von Anjou,
50, 99, 270.
Braunscliweig - Lüneburg , Churfürst,
siehe Georg Ludwig.
Braunscbweig-Wolfenbüttel - Bevern,
Prinz von, 14, 65.
Brenner, Propst, 132.
Brentano, kaiserl. Ober-Kriegs-Commis-
sär, IGl.
Bretecbe, französ. Obrist, 347, 347, 347,
347, 349.
du Breuil, hanuov. Brigadier, 473, 477.
544
Breuner, Ferdinand Graf, kaiserl. Ge-
iicral-Waclitmeister, 187.
Breuner, Seyfried Graf, kaiserl. Geueral-
Waclitmeister, dann Feldinarschall-Lieu-
tenant, 104.
BrianQon, Graf, savoy "scher Gesandter
in England, 80.
Broglie (Hroglio), französ, General-Lieu-
tenant (•?), 302, 303, 303.
Brockliausen, Wilhelm von, kaiserl.
Feld-Kriegs-Concipist, IGl.
Browne de Camns, Georg Freiherr,
kaiserl. Obrist, dann General-Wacht-
mcistor. I(i7, 171, 173, 180, 180, 181.
Bruckenthal , Georg Freiherr, kaiserl.
OVuist, 110.
Bruyninx, siehe Du Hamel-Bruyninx.
Bülow, hannover'scher General - Lieute-
nant, 327, 327, 328, 332, 348, 348,
354, 362, 362, 363, 431, 441.
Burck, (Burckc) von, preuss. Brigadinr,
.")03.
Burgund, Ludwig Herzog von, französ.
Generalissimus, 48, 49, 98, 288, 300,
318, 318, 318, 319, 320, 322, 322, 324,
324, 325, 326, 326, 328, 330, 334, 334,
334, 337, 345, 346, 347, 349, 349, 349,
350, 350, 360, 360, 365, 368, 372, 374,
375, 376, 378, 379, 381, 382, 382, 383,
384, 405, 406, 406, 406, 406, 406, 407,
407, 407, 408, 408, 408, 408, 409, 409,
409, 409, 410, 413, 414, 414, 414, 415,
415, 415, 422, 424, 424, 424, 442, 442,
442, 443, 443, 447, 458, 458, 458, 462,
462, 462, 462, 463, 463, 464, 464, 464,
467. 471, 471, 472, 478, 482, 482, 482,
482, 483, 483, 483, 483, 483, 484, 484,
492.
Bürkly, J«diaiin Friedrich vun, kaiserl.
F.ldmarschall-Lieutenant, 277,278,315.
Bussi, französ. Major, 388.
Butlar, Obrist, 302.
Byngs, Georg, engl. Admiral, 76, 76, 76,
77, 371, 436.
Cadogan, engl. Gencral-Majitr, 323, 335,
:)36, 336, 338, 342, 343, 343, 343, 344,
341, 314, 315, 346, 347, 347, 348, 34«,
350, 350, 353, 369, 377, 377, 377, 379,
379, 407, 436, 437, 440, 443, 445, 445,
445, 446, 461, 470, 472, 473, 473, 473,
496.
Cadrien, französ. Brigadier, 189.
Caldwell, engl. Obrist, 11, 498, 498.
Cambrai, Erzbischof von, siehe Fenelon.
Capres, Baron, französ. General-Lieute-
nant, 326, 498, 498.
Caraccioli de Santo-Buono, Prinz, Grand
von Spanien, französ. General, 181.
Caraffa, Johann Graf, kaiserl. Feldniar-
schall- Lieutenant, 146, 147, 147, 147,
147.
Caravelli, Graf, Senator, im Dienste
Karl III., 213.
Cardonnel, Secretär des Herzogs von
Marlborough, 322, 335, 335.
Carpenter, engl. General -Major, 226,
227, 228, 234, 239.
Carvajal, Don Gonzalo, Truppenführer
im Dienste Fhilipp's von Aujou, 274.
Gasoni, Lorenz, C'ardinal-Legat zu Fer-
ra ra, 191, 191, 194, 194, 201, 202.
Gassei la Fiere, savoy'scher Obrist,
179, 18-1.
Gastelbarco, .Joseph Baptist Graf, kaiserl.
Administrator in Mantua, 20, 31.
Gastelbarco, Joseph Seipio Graf, kaiserl.
Gesandter in Turin, 20, 31, 178, 179,
189, 205, 205, 212.
Castelli, kaiserl. Hauptmann, 107.
Gatinat, Nikolaus, Marschall von Frank-
reich, 154, 162.
Gavella, Graf, Gouverneur von Majorca
im Dienste Karl III., 257.
Ghamarande, französ. General - Lieute-
nant, 163, 181, 189, 190.
Chamillart fChamiUard), Michael von,
französ. Kriegsminister, 2, 48, 48, 94,
95, 95, 95, 98, 319, 365, 414, 414, 422,
424, 424, 458, 462, 462, 463, 463, 463,
464.
Ghamilly, Marschall von Frankreich, 11,
506.
Chamlay, französ. General-Kriegscom-
niissär, 463.
Ghanclos, holländ. Cavallerie-Brigadier,
326, 329, 333, 335, 337, 370, 378,
545
411, 425, 426, 465, 465, 4611, 473, 496,
497, 501.
Charrier, Mailämler Baukier, 59.
Cllästre, de la, Gcucral-Lieiitenaut, 300,
374, 425.
Chateauneuf, frauzös. Obiist, 417.
Chemerault, Graf de, französ. Geueral-
I.ieiiteuant, 325, 328, 329, 424.
Cherisey, tVauzös. Truppeu-Commandant,
408.
Chetwynd, eugl. Minister, 63, 63, 82,
83, 89, 223.
Cheyladet, französ. General-I^ieutenant,
361, 371, 373, 374, 464, 464, 471, 471,
472, 472, 482, 483.
CienfuegOS, kaiserl. Agent (?) zu Lissa-
bon, 32.
Clfuentes, Ferdinand Sylva Graf, Vice-
König Karl III. anf der Insel Sardinien,
256, 256.
Clemens, Josepli, Ex-Churfürst von Cöln,
390.
Clemens XL, Papst, 22, 23, 96, 146,
189, 193, 193, 193, 193, 194, 194, 195,
195, 195, 196, 196, 199, 199, 200, 202,
212, 214, 215, 217, 218, 219, 220, 220,
221.
Coetgen, französ. Brigadier, 388,494, 503.
Coigny, de, französ. General-Lieutenant,
383, 424.
CÖhorn, Minno Baron, General-Lieu-
tenant und Inspector der Artillerie und
Fortificatiou der Republik Holland, 457,
457, 457.
Cöhorn, holländ. Ingenieur, 503.
Colbert, Johann Baptist, General - Con-
trolor der französ. Finanzen, 95.
Colier, liolländ. General-Major, 392, 488.
Collen, Ferdinand, holLänd. Feld-Depu-
tirter, 44.
CoUin, Lambert, Obrist im Heere der
Verbündeten, 461, 461, 461, 462, 468,
468.
Cöln, Ex-Cliurfürst von, siehe Clemens
Joseph.
Columbus, Christoph, 256.
Como, Franz, italien. Kaufmann, 271.
Contades, von, französ. General-Major,
462, 462.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyeu. II. Ser
Contreras, kaiserl. Rittmeister, 105.
Cordova, Obrist im Dienste Karl III., 258.
Corzana, Graf de la , Kriogsminister
Karl III., 249.
Cosimo III., Grossherzog von Florenz, 22.
Courtance, Marchese di, savoy'scher
Obrist, 38.
Croissy, Chevalier de, französ. Marechal
-Ic Camp, 382, 405, 447.
Cronstrom, von, liolländ. Brigadier und
Gouverneur von Huy, 317, 468, 506.
Croy, Graf, französ. Marechal de Camp,
175, 222, 250.
Csäky, Michael, Truppen-Divisi(ms-Com-
mandant im Heere der ungar. Confö-
deration, 101, 107.
Cusanl, Jacob Joseph, Marchese, kaiserl.
General der Cavallerie, 111, 126, 128,
129, 134, 135, 135, 135, 136, 137.
Czelder, Urban, Truppen - Commandant
im Heere der ungar. Conföderation, 121.
D.
Damont, kaiserl. Ingenieur-Obristlieute-
nant, 131.
Dänemark, König von, siehe Friedrich IV.
Dänemark, Prinz von, siehe Georg.
Das Minas, portug. General, 83, 84, 224,
269, 271.
Dann, Lorenz Wirich Graf, kaiserl. Feld-
marschall, 20, 21, 21, 21, 21, 38, 38, 46,
59, 60, 67, 86, 99, 144, 145, 145, 146,
146, 146, 146, 146, 147, 147, 147, 147.
148, 148, 148, 148, 149, 149, 149, 149,
149, 150, 150, 150, 150, 151, 151, 151,
152, 153, 162, 164, 165, 166, 166, 170,
171, 171, 172, 174, 176, 176, 176, 183,
183, 183, 184, 185, 185, 185, 186, 186,
187, 187, 187, 187, 189, 199, 201, 202,
202, 203, 203, 203, 203, 203, 204, 205,
205, 205, 205, 206, 206, 206, 207, 207,
207, 209, 209, 209, 210, 210, 210, 214,
214, 215, 217, 217, 217, 218, 218 218,
219, 219, 220, 220.
Dedem, holländ. General-Lieutenant, 373,
481, 481, 485, 486, 496, 496, 496, 497.
497.
Della Rocca(üe la Rocque), Graf, savoy'-
scher Geueral, 160, 16«, 183, 185, 206.
■ie, I. Band. 35
546
Des Alleurs, französ. Geueral-Lieiiteiiant
iiud (xesaiidter bei Käkcnzi, 51, 51.
Desarmoire, Graf, kaiserl. Hauptnianu,
201.
Desmarets, General-Controlor der fran-
zösischen Finanzen, 95, 95, 95.
Dilks, engl. Ctintre-Admiral, 82.
Dillon, französ. (icuoral-Lientenant, 1G9,
174, 189, 190.
Dirrher, kaiserl. Hauptmann, 128, 128.
Dolphin, Daniel, veuetiani.scher Bot-
.schafter am Wiener Hofe, 41, 89, 91.
Dompre, huUänd. General - Lieutenant,
372, 471, 472, 479, 481, 481, 481, 48.',
485, 485, 496, 497.
DopfF, liolländ. General-Lieutenant, 400.
Dormay, Johann, Truppeuführer im Heere
iler uujxar. Conföderatiou, 139.
Dourches, französ. Marechal de Camp (?),
444.
Drymborn, holländ. General, 231.
Dubois, französ. Parteigänger, 446, 447.
Dufont, französ. Oherst, 260.
Du Hamel - Brujminx, Jacob Johann,
h'dländ. Gesandter in Wien, 24.
Durlacli, Karl Wilhelm, Markgraf, siehe
liaden-Durlach.
Dusaix d"Arnan, Hubert Dominik Frei-
herr, kaiserl. Feldmarschall-Lieuteuaut,
293, 293, 305, 305, 305, 305, 305, 392,
426.
E.
Ebeczky, Stephan, Brigadier im Heere
der Ungar. Couföderation, 101, 106, 107,
118, 119, 119.
Ebergenyi, Ladislaus , Baron , kaiserl.
Feldmarschall -Lieutenant , 126, 134,
136.
Eberhard Ludwig, regierender Herzog
von Württemberg, kaiserl. Felduiar-
schall, 276, 276, 277, 280, 282, 313,
315.
Eckh, Christian Graf, kaiserl. General-
Wachtmeister, 223, 263.
Efferen l Eifern ), Graf, pfälzischer (iene-
ral-Wachtmeister, 239, 243, 246, 246,
246, 247, 247, 247, 263, 392.
Ehrenberg, kaiserl. Hauptmann, 131.
Elisabeth Christine , Prinzessin von
Widffenbüttel - Hlankcnburg, Gemahlin
Karl III., 15, 105, 249, 256.
Elster, Albrecht Freiherr, kaiserl. Ge-
neral-guartiermeister, 279, 280, 280.
Eltz, hannover'scher Oberst, dann Briga-
dier (?), 336, 439.
England, König von, siehe Wilhelm III.
England, Königin von, siehe Anna.
Erbach, Graf, holländ. General->Iajor,
372, 374.
Ercolani, Fürst, kaiserl. Hesideiit in
Venedig, 207.
Erffa, von , fränkischer General , 292,
312.
Erle, engl. General-Lieutenant, 317, 371,
436, 436, 436, 443, 443, 467, 469.
Erwein (Erwing), hannover'scher Major,
362.
d'Estaing, Graf, französ. General-Lieute-
nant, 222, 229, 229, 229, 232, 233,
237, 237, 240, 254, 254, 254, 258,
259.
Este, Kainold, Herzog von Modena, 23,
202, 207, 214, 218.
d'Este, Marquis, 223.
Estrades, französ. Marechal de Camp,
443, 477, 477, 482.
Esze, Thomas, Brigadier im Heere der
Ungar. Conföderation, lOl.
Eszterhäzy, Anton Graf, Corps-Couunan-
dant im Heere der ungar. Conföde-
ration, 100, 122, 125, 127, 127, 128,
129, 129, 134.
Eszterhäzy, Josef Graf, kaiserl. Obrist,
120, 120.
Eugen, Prinz von Savoyeu , 1 , 4, 7,
19, 23, 25, 25, 27, 30, 31, 34, 34, 34,
34, 34, 34, 35, 35, 36, 36, 36, 36, 36,
36, 36, 37, 39, 39, 39, 39, 39, 39, 40,
40, 40, 40, 40, 41, 41, 42, 42, 42, 42,
42, 43, 43, 43, 43, 44, 44, 44, 44, 45,
45, 45, 45, 45, 45, 45, 46, 46, 46, 55,
57, 57, 57, 57, 59, 59, 60, 60, 62, 63,
63, 64, 65, 67, 67, 68, 68, 69, 70, 78,
81, 81, 83, 83, 83, 85, 85, 87, 87, 88,
89, 89, 89, 90, 97, 105, 105, 112,
112, 123, 124, 126, 127, 129, 130, 130,
133, 143, 144, 146, 148, 151, 157, 158,
547
159, 160, 160, 161, 161, 161, 161, 161,
165, 166, 171, 176, 178, 182, is;j, 181,
185, 186, 186, 186, 187, 187, 187, 195,
196, 197, 199, 200, 208, 208, 209, 210,
212, 213, 213, 214, 214, 217, 217, 219,
219, 220, 223, 227, 227, 227, 230, 235,
235, 236, 236, 238, 240, 240, 243, 244,
245, 247, 248, 248, 249, 250, 251, 252,
252, 252, 255, 255, 256, 256, 257, 258,
258, 260, 261, 277, 277, 280, 281, 285,
287, 287, 288, 290, 291, 292, 292, 292,
292, 293, 293, 293, 293, 294, 294, 294,
294, 294, 294, 294, 295, 295, 295, 295,
296, 297, 297, 298, 298, 299, 299, 299,
299, 299, 300, 302, 303, 304, 304, 305,
309, 309, 312, 312, 317, 318, 318, 319,
320, 320, 320, 320, 320, 321, 321, 321,
321, 322, 323, 324, 324, 324, 324, 324,
324, 325, 325, 325, 325, 329, 330, 330,
330, 330, 331, 331, 331, 331, 331, 331,
331, 331, 331, 331, 332, 332, 332, 332,
332, 334, 334, 335, 336, 337, 337, 338,
344, 348, 348, 350, 352, 352, 353, 353,
353, 353, 354, 354, 356, 357, 358, 359,
361, 365, 366, 366, 367, 367, 368, 370,
371, 371, 371, 375, 375, 376, 377, 378,
378, 378, 378, 378, 379, 379, 379, 379,
379, 380, 381, 382, 383, 383, 391, 391,
392, 392, 392, 392, 393, 393, 393, 394,
394, 395, 395, 400, 400, 400, 400, 401,
403, 406, 406, 407, 408, 409, 409, 410,
410, 410, 411, 411, 411, 411, 411, 412,
413, 414, 417, 417, 419, 423, 423, 423,
425, 426, 426, 426, 427, 427, 428, 428,
429, 430, 430, 430, 430, 432, 432, 436,
436, 443, 443, 444, 444, 444, 445, 445,
445, 446, 448, 454, 454, 454, 460, 460,
460, 460, 461, 462, 464, 465, 466, 468,
468, 468, 469, 469, 470, 470, 470, 470,
470, 471, 471, 471, 472, 473, 473, 473,
475, 475, 475, 475, 477, 477, 478, 478,
478, 478, 478, 478, 479, 479, 480, 480,
481, 482, 483, 483, 485, 486, 488, 488,
488, 490, 491, 491, 492, 492, 493, 493,
493, 495, 495, 497, 497, 497, 497, 497,
497, 498, 498, 499, 499, 499, 499, 499,
499, 499, 500, 507, 508, 508, 508, 592.
Evans, engl. Brigadier, 461, 462, 462,
462, 462, 500, 504, 504.
Faber, Franz Karl von, kaiserl. General-
Wachtmeister, 140, 140.
Fabre, Emerich Friedrich von, Christ im
Dienste Karl III., 152.
Fagel, Barun, liolländ. Geueral-Lieu-
teuant, 317, 349, 369, 410, 411, 411,
411, 412, 414, 423, 445, 460, 461, 462,
462, 465, 465, 465, 465, 465, 468, 468,
473, 502.
Faule, de la, 0])er- Amt manu und Briga-
dier im Dienste Pliilipp's von Aujou,
325, 328, 498, 498.
Fajotte, de, frauzös. Cai)itaiu, 399.
Falkenstein, Franz Leopold Marquard,
Freiherr, kaiserl. Feldmarscliall-Lieu-
tenant, 392.
Farnese, Francesco, Herzog von Parma
und Piaceuza, 22, 22, 204, 206, 206, 212.
Fausseville, französ. Brigadier, 251.
Fechenbach., Johann Richard Freiherr,
würzburgiseher General- Wachtmeister,
429.
Federkiel, hanuover'scher Lieuteuaut,
362.
Fels, Karl Colouua Graf, kaiserl. Feld-
marschall-Lieutenant , 295, 298, 392,
471, 499.
Fenelon, Erzbischuf von Cambrai, 349,
349, 382, 415, 422, 443.
Ferrara, Cardinal-Legat zu, siehe Casoui.
Ferrer, Oberst im Dienste Karl III.,
234, 238, 260.
Ferriol, Officier im Dienste Karl III.,
252.
Feuquieres, frauzös. General-Lieutenant,
:jsi.
Fischer, aus Bern, Correspondent des
Prinzen Eugen, 81, 161, 243, 244, 250,
256, 261, 261.
Florenz , Grossherzog von , siehe Co-
simo IIL
Fomboissard, französ. Mart'chaldeCamp,
dann General -Lieutenant, 229, 229,
2.33, 254.
Fourbin (Forbin), Chevalier de, frauzös.
Escadre-Commandant, 48, 96.
Frankreich, König von, siehe LudwigX IV.
und Heinrich IV.
35*
548
Frey, kaiscrl. Fähiiricli, 27G.
Frezeliere, de la, frauzös. Geneial-Lieiitc-
uant der Artillerie, 388, 388, 416, 4 IG,
41G, 416, 452.
Friedrich, Erlipriiiz von Hessen-Kassel,
huUänd. Feldzeuj^meister, 295, 296, 298,
330, 367, 367, 376, 377, 377, 380, 380,
392, 419, 430, 431, 460, 460, 475, 500.
Friedricll I., König vou Preussen, 12,
12, 13, 17, 18, 85, 86, 86, 86, 86. 86,
S6, 313, 323, 330, 477.
Friedricll IV., König von Dänemark,
16, 16, 93, 337, 347, 367.
Friedricll Wilhelm, Herzog von Meck-
leut)nrg-Selnv('rin, 12, 15.
Friso, Jüharm Wilhelm Fürst von, siehe
Nassaii-Oranien-Dictz.
Frontera, portugiesischer General-Lieute-
nant und Geuei'al en chef der Verbün-
deten Streitkräfte in Estremadura, 46,
269, 269, 270, 270, 270, 270, 270, 271,
272, 272, 272, 272, 272, 273, 273, 273,
273, 273, 273, 274.
G.
Gaetano, Herzog von, General-Lieutenant
im Dienste Philipp's von Anjou, 236, 261.
Gallas, Joliann Wenzel Graf, kaiserl.
Gesandter in London, 26, 26, 31, 57,
57, 57, 57, 84, 269, 270, 270, 270, 271,
271, 271, 272, 331.
Galoppi. Major im Dienste Karl III., 251.
Galway (Gallovay), Rouvigny Earl of,
englischer Gesandter und commandiren-
der General des englischen Contingeuts
in Portugal, 40, 83, 224, 272, 272.
Gamba, Bamn, mailänd. Banquier, 59.
Gandolfo, Brigadier im Dienste Philipp's
von Anjou, 230, 259.
Gavazini, Sigismund (xraf , päpstlicher
Officier, 208.
Geldermalsen, Adrian Borselle van, hol-
ländisclier Feld-Deputirter, 44. 344.
Georg, Prinz von Dänemark, Gemahl
der Königin Anna vou England, 418.
Georg August, Churprinz von Hanno-
ver, 323, 328, 335, 347, 347, 363.
Georg Ludwig, Churfürst von Hannover
(Braunsehweig- l^üneliiirg), 14, 17, 37,
39, 42, 43, 45, 46, 46, 72, 288, 290,
291, 292, 292, 292, 293, 293, 294, 294,
294, 295, 300, 302, 302, 303, 304, 305,
305, 305, 306, 306, 308, 309, 310, 312,
312, 313, 314, 314, 321, 325, 337.
Givry, frauzös. Truppen-Commandant,
181.
Globis, kaiserl. Obristvvachtmeister, 201.
Godolphin, Sidney, Earl of, Lordschatz-
meistor von England, 4, 5, 42, 46, 73,
317, 318, 320, 322, 323, 337, 3.59, 360,
365, 369, 371, 374, 376, 376, 378, 379,
480.
Gondrecourt, Adam Graf, kaiserl. Ge-
ncral-Waehtmeister, 152, 223.
Gonzaga, Vincenzo, Herzog von Gua-
stalla, 20.
Gonzaga-Nevers, Herzog von Mantua,
siehe Karl IV.
Goslingen (Goslinga), G., holländ. Feld-
Deputirter, 44, 444, 495.
Grancey, Graf (Bruder Medavi's),französ.
Marechal de Camp (?), 182.
Graven, Ferdinand von, kaiserl. General-
Wachtmeister, 138, 139, 140, 140, 141.
Grävendorff, von, Sachsen -gotha' scher
General- Wachtmeister, 172, 205.
Grignan, Graf, französ. General-Lieute-
nant, 158, 163, 168, 169, 169, 188, 188,
190.
Grimaldi, Don Antonio, Marquis, französ.
General-Lieutenant, 325, 328, 328, 329,
349, 349, 349, 349, 444, 506, 507.
Grimani , Cardinal , Vice - König und
(Jeneral-Capitain von Neapel, 21, 21,
146, 151, 151, 152, 152, 152, 152, 193,
194, 195, 197, 198, 198, 216, 216.
Gronsfeld, Johann Franz Graf, kaiserl.
Feldmarschall und innerösterreichischer
Hofkriegsraths- Präsident, 276, 276,
277, 278, 278, 278, 278, 282, 310, 310,
312, 312, 315.
Gross, kaiserl. Hauptmann, 104.
Grumbkow, preussischcr Brigadier und
Commissär im Hauptquartier der Ver-
bündeten, 330, 331, 331, 332, 332, 359,
495.
Guantieri, Cardinal, 201.
Guastalla, Herzog von, siehe Gonzaga.
549
Gükhl, sielie Pückol.
Guerchois le (1709 französ. Man'chal
de Camp), 163, 168, 181, 184, 184, 180,
189.
Gundel, Augustm Anton, kaiserl. Kriegs-
Cummissär, 296.
Gyulai, Franz Graf, kaiserl. Obrist, 63,
181.
H.
Habsburg, 9, 22, 23, 198.
Hackeborn, preussiscber Brigadier, 892.
Hamel-Bruyninx, siehe Du Hamel.
Hamilton, Andre Graf, königl. spanischer
Obrist, 228, 437, 489.
Hamilton, Georg, engl. Oberst, 437, 439.
Hannover, Churfürst, siehe Georg Ludwig.
Harcourt, Simon, Attorney- General,
(General-Anwalt), ö.
Harley, Robert, Graf von Oxford, engl.
Staatssecretär, 4, 5, 5, 6.
Harräch, Josef Philipp Graf, kaiserl.
Feldmarschall-Lieutenant 62, 171, 172,
183, 183, 187, 203, 206, 206, 206, 206,
206.
Harrscli, Ferdinand Amadeo Graf, kaiserl.
Feldmarschall-Lieutenant, 67, 276, 276,
277, 277, 277, 280, 281, 281, 282, 284,
293, 302, 303, 303, 804, 304, 304, 305,
309, 309, 312, 315.
Hartleben, Philipp Michael von, kaiserl.
General- Wachtmeister, 105.
Haslinger , kaiserl. General - Adjutant,
223.
Hassa, Marquis, portugiesischer Truppeu-
Commandant, 273.
Hauben, Johann Friedrich Hartmaim
Freilierr, kaiserl. Obrist, 286.
d'Hautefort, Marquis, französ. General-
Lieutenant, 291, 299, 407, 478, 474, 476,
477, 481, 482, 483, 483, 485.
Hautois, Johann Heinrich Graf, kaiserl.
General-Wachtmeister, 165, 166, 167,
176.
Heems, Arnold E. Freiherr, kaiserl.
Gesandter im Haag, 2, 2, 3, 3, 9,
26, 30, 76, 77, 78, 78, 78, 78, 79,
79, 79, 79, 79, 80, 80, 89, 94, 97,
98, 235.
Heindl, Johann Franz Freiherr, Graf zu
.Sonnberg, kaiserl. (Jeneral - Waclit-
meister, 198.
Heinrich, Prinz von Hessen-Darmstadt,
227, 228, 230, 230, 230, 230, 231, 231,
281, 231, 232, 238, 252, 258, 258, 258,
258, 259, 259.
Heinrich IV., König von Frankreich,
345.
Heinsius, Rathspensionär von Holland,
3, 40, 309, 376.
Heister, Sigbert Graf, kaiserl. Feld-
marschall, 84, 34, 34, 34, 46, 112, 112,
112, 113, 113, 115, 116, 116, 116, 117,
118, 118, 118, 119, 119, 119, 121, 122,
123, 124, 124, 124, 125, 125, 126, 126.
126, 126, 127, 127, 127, 127, 128, 129,
129, 129, 129, 129, 1.30, 1.30, 130, 130,
131, 132, 132, 133, 133, 134, 185, 135.
185, 135, 143.
Herberstein, Leopold Graf, kaiserl.
Feldmarschall und Hofkriegsraths-
Vice-Präsident, 201.
Hessen-Darmstadt, Prinz, siehe Hein-
rich und Pliilipp von.
Hessen-Homburg (Philippsthal), Prinz
von, hoUänd. General-Major, 379, 443.
Hessen-Kassel, Landgraf von, siehe Karl.
Hessen-Kassel, Erbprinz von, siehe
Friedrich.
Hessy, französ. General-Lieutenant, 2.50.
Heussern, kaiserl. Lieutenant, 104.
Hicks, engl. Escadre-Commandant, 83,83.
Hill, Abigail, Hofdame der Königin Anna
von England, 4.
Hirschl, Jude, 56.
Hirtzel (Hirzell), Obrist, Commandant
eines Schweizer Regiments im hollän.
Solde, 440.
Hoffmann, Johann Philipp, kaiserl. Resi-
dent in London, 4, 5, 5, 5, 6, 73, 74,
74, 74, 74, 75, 75, 75, 76, 84, 271.
Hofkriegsrath, kaiserl., 27, 27, 28, 61,
61, 64, 81, 92, 98, 93, 176, 192, 198,
203, 208, 227, 253, 255, 255, 2.56, 266,
276, 277, 278. 281, 282, 282, 284, 310.
Hoffmann von Löwenfeldt, General-
Major des oberrheinischen Kreises, 282,
284, 284, 289, 301, 802, 307, 313, 315.
550
Hohendorff, (leiuTal-Major, 378, 503.
Hohenfeld, Otto Heinrich Graf, kaiserl.
Hauiitiiimm, 177.
Hohenzollern, Graf, kaiserl. Feldiuar-
scliall-Lietitenant, 276.
Holst, (länipclier Olirist-Lieutenant, 347.
Holstein-Beck, Friedrieh "Willielin Prinz
Von. kaiserl. Ohrist, 488 (?).
Holstein (-Beck), Prinz von, hollänrl.
General-Lieuteuant, 392, 429, 488.
Hompesch, Graf, holländ Geueral-Lieu-
teuant. 372. 479, 481, 482, 485, 485,
49G, 497, 497. 498. 498, 500.
Huflfel, hulläiul. Brigadier, 497.
Hundheim, clmrpfälzischer Ohrist, 297.
Hurter, kaiserl. Hauptniami, 276.
J.
Jamaica, Marquis de. Vice-Köuig von
Sardinien, 256.
Janet, Adjutant des Herzogs von Yen-
donie, 350.
Javelliere, de la, französ. Brigadier?,
175.
Ibrahim, Paselia von Belgrad, 28, 28.
Jellaschitz, kaiserl. Ohrist, 129.
d'lmecourt, frauzös. Truppen-Conunan-
dant, 299, 300, 300, 301, 301, 311, 311.
Johann Wilhelm, Cliurfürst von der
i^falz. 15, 15. 42, 45, 76, 87, 88. 88,
296, 297, 499.
de la Jonchere (la .Tunquiere?), französ.
Capitain, 399.
Jörger, Franz Graf, kaiserl. Ohrist, 223,
255.
Joseph I., Römischer Kaiser, 1, 2, 2, 3, 3,
4, 4, 4. 5, 5, 5, 6, 6, 7, 7, 7, 7, 7, 7,
8, 8, 9, 9, 10, 11, 11, 11, 11, 12, 13, 13,
13, 14, 14, 14, 14, 14, 14, 14, 14, 15,
15. 15, 16, 16, 16. 16, 16, 16, 17, 18,
18, 19, 19, 19, 19, 19, 20, 20, 21, 21,
22, 22, 22, 23, 23, 23. 23, 23, 23, 23,
24, 24, 24, 24, 24, 24, 24, 25, 25, 25,
26, 26, 26, 27, 27, 27, 27, 27, 27, 30,
30, 31, 32, 33, 34, 34, 34, 35, 35, 35,
35, 36, 36, 36, 36, 37, 38, 38, 38, 38,
38, 39, 39, 39, 40, 40, 40, 40, 42, 45,
45, 47, 53, 57, 57, 57, 58, 60, 65, 68,
70, 71. 74, 74, 74, 74, 75, 75, 75, 76,
76, 77, 78, 78, 79, 79, 80, 80, 83. 83,
84, 86, 86, 86, 86, 87, 88, 88, 88, 89,
90, 91, 91, 92, 92, 92, 92, 93, 94, 96,
98, 103, 105, 126, 133, 133, 139, 143,
146, 148, 148, 149, 151, 151, 1.52, 152,
152, 153, 153, 157, 176, 179, 183, 184,
185, 187, 189, 189, 191, 191, 192, 193,
193, 193, 194, 194, 194, 191, 196, 196,
197, 198, 199, 199, 199, 200, 201, 202,
202, 203, 203, 204, 204, 204, 205, 205,
205, 205, 205, 206, 207, 210, 211, 211,
211, 212, 212, 212, 213, 214, 215, 215,
217, 217, 217, 217, 217, 218, 218, 220,
220, 220, 220, 261, 263, 263, 265, 266,
268, 269, 270, 270, 270, 271, 271, 271,
271, 272, 280, 286, 292, 297, 298, 302,
305, 305, 306, 309, 309, 314, 330, 331.
331, 332, .361, 376, 377, 392, .394, 406,
411, 426, 427, 436, 477, 478, 479, 493,
498, 499.
Isenghien, l^rlnz von, französ. General,
.")()6.
Isle (Lisle) , Graf, französ. Truppen-
Coramandaut, 442, 464.
K.
Kaiser, römischer, siehe Josef I. und
Karl VI.
Kalinovics, 119, 121.
Kallenstein (V), Brigadier im Heeie der
V<-rhündeten, .392.
Kara Mustapha, 27.
Karl, Landgraf von Hessen-Kas.sel, 15,
45, 45, 89, 89, 90. 295, .391, 393, 430,
470.
Karl H., KJJnig von Spanien, 2.
Karl III., König von Spanien, 2, 6, 15,
20, 20, 21, 21, 21, 21, 23, 28, 28, 29,
30, 30, 30, 30, 31, 31, 36, 37, 39, 41,
41, 42, 80, 80, 80, 81, 81, 81, 81, 82,
83, 83, 83, 83, 85, 85, 146, 148, 148,
148, 149, 149, 1.51, 151, 151, 1.51, 152,
1.59, 194, 195, 211, 213, 214, 214, 215,
215, 218, 221, 222, 223, 223, 223, 226,
229, 238, 238, 240, 243, 248, 248, 249,
249, 249, 256, 256, 2.57, 257, 258, 262,
262, 267, 479.
Karl IV., von Gonzaga-Nevers, Herzog
von M;iiitua, 20.
551
Karl VI., Römischer Kaiser, 110.
Karl Xn., König von Schweden, 1, l'J,
15. 2.'), 2;"., 25, 25.
Karl Rudolf, Herzog von Württomhcrg
(Neustadt), däu. General der Cavallerie,
379, 380, 381, 392, 486, 500, 503, 50.^,
508.
Karl Wilhelm, Markgraf, siehe Baden-
Durlach.
Kärolyl, Alexander Graf, Corps -Cura-
mandant im Heere der nngar. Confö-
deratiou, 100, 111, 111, 123, 124, 132,
137, 137, 137. 137, 138, 138, 138, 138,
142.
Katten, i)reuss. Obrist, 463.
Kaunitz, Franz Karl Graf, 153, 195, 195,
litt;, 199, 199, 213, 213, 214, 215.
Kellum, engl. Brigadier, 392.
Keppel, holländ. Brigadier, 392.
Keppenbeck (?), Brigadier im Heere der
Verhündeten, 392.
Kercado, Marquis de, Marechal de Camp,
im Dienste Philipp"« von Aujou, 222.
Kery, Johann Graf, kön. ungar. Hofstall-
mei.ster, 9.
Kls, Truppenführer im Heere der ungar.
Conföderatiou, 135.
Kislar Agassi (Olierauf.seher der Eunu-
chen), 27.
Klement, J. M. , Agent Raköczi's am
Berliner Hofe, 110.
Königsegg, Lothar Joseph Dominik Graf,
kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant, 58,
200, 201, 202, 202, 206, 206, 207, 207,
207, 207, 208, 208, 208, 209, 209, 210,
215, 219.
Kriechbaum, Georg Friedrich Freiherr,
kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant, 34,
34, 46, 137, 137, 138, 138, 138, 138, 139,
139, 139, 139, 140, 140, 140, 178.
Kufstein, Johann Paul Graf, kaiserl.
Obristlieutenaut, 192.
Kul-Kiajassi (Commandant der Janit-
scharen), 27.
Kurandi, Truppenführer im Heere der
Ungar. Conföderation, 139.
Kurtzrock, Karl Max von, kaiserl. Hof-
kammerrath und Resident zu Lübeck,
16.
L.
La Bene, Major im Heere der Verbün-
deten, Commandant der Citadelle von
Gent, 328.
La Blanche, französ. Cornot, 362, 362,
Lalande, ehemals Commandant der
Citadelle von Metz, 388, 388.
Lalek (la Leck), holländ. General-M.ijor,
378, 379.
Lamberg, Johann Philipp Graf, Cardinal,
Principal-Commissär, 105, 195.
Lambert, siehe Collin.
Lamothe, Graf, franz. General-Lieutenant,
319, 324, 326, 329, 329, 329, 363, 408,
425, 426, 437, 437, 437, 438, 438, 438,
439, 440, 441, 441, 442, 463, 464, 471,
471, 472, 472, 477, 479, 484, 484, 485,
505, 505, 505, 506, 506, 506, 507, 507,
507, 507.
La Mothe, Oberst - Brigadier im Heere
der ungar. Conföderation, 113, 115, 115,
116, 131.
Landsberg, Müuster'scher Brigadier, 437,
439, 439.
Langeron, frauzö.s. General-Lieutenant
zur See, 446, 447, 463.
Langrun, französ. Brigadier und Ingenieur
en Chef, 241.
Latour und Taxis, Amarold Graf, kaiserl.
General der Cavallerie, 278, 281, 285,
285, 289, 289, 289, 289, 310, 315.
Leake, Johann, englischer Admiral, 42,
76, 77, 97, 149, 212, 235, 235, 249,
249, 256, 256, 258.
Le Blanc, französ. Intendant, 484.
de Lee, französ. General-Lieutenant, 293,
300, 388, 417, 494.
Lefmann, Bernatz, und Söhne, Banquiers
in Hannover, 56.
Legal (Legall), französ. General-Lieute-
nant, 222.
Leisins, siehe Reising.
Leyen, Freiherr von der, churraaiu-
zischer Feldmarschall-Lientenant, 291,
303, 303, 304.
Leyva, Don Antonio de, Truppen-Com-
mandant im Dien.ste Philipp's von Anjou,
269, 273.
552
Liclitenstein , Aiit<m Florian Fürst,
Obeistliofmeister Karl III., 10, 29, 30,
83, 84, 97, 220, 223, 235, 240, 244,
245, 252, 253, 255, 256, -2':^S, 258.
de Lisle, Graf, fran/.ös. Man'clial de
Camp, 4G0, 4G4.
Lobkowitz, Josepli Anton Ansjnst Fürst,
kaiserl. Geueral-Waclitnieistor, 310, 315.
Locher von Limloulieim, Karl, kaiserl.
Hofkriegsrath, 127, 130, 208.
liOdesano, kais(Ml. Ilanptmaun, 105.
Löffelholz-Colberg, Georg Wilhelm Frei-
lierr, kaiserl. Felilnnr.-^chall-Lieutonant,
133, 134, 136.
Longchamps, Lieutenant des Könios,
•J61. ■i<!5, 265.
Lothar Franz, (,'lnui'iirst von Mainz, 72.
Lothringen, (Jesandtcr des Herzogs von,
siebe Le Begne.
Lottum, Graf, jtrenss. Feldzengmeister,
85, 347, 351, 351, 352, 352, 353, 353,
354, 368, 368, 368, 368, 438, 439, 444,
444, 472, 475, 476, 477, 477, 477, 479,
500, 502.
Lottum, der .lungere, 437, 437, 437, 437,
438, 438, 439.
Louvigny, von, französ. Marechal do
Camp, 222.
LOTlvois, Franz Michael Letellier Mar([nis,
französ. Kriegsminister, 449.
Löwen, Commandant von, .317.
Löwenburg, Friedricli Graf, kaiserl.
Feldmarschall-Lieiitenant, 106, 137.
Löwenstein, Maximilian Karl Graf,
kaiserl. Admini.strator in Bayern, 13, 13.
Ludwig XIV., König von Frankreich,
1, 1, 2, 2, 2, 2, 2, 3, 3, 3, 3, 9, 17,
17, 18, 34, 40, 43, 47, 47, 47, 47, 47,
47, 48, 48, 51, 76, 94, 96, 96, 97, 98,
98, 1.55, 158, 158, 159, 160, 163, 180,
187, 190, 195, 195, 199, 199, 211, 212,
212, 212, 2.53, 279, 283, 283, 287, 288,
288, 294, 300, 300, 306, 307, .307, 318,
.318, 319, 320, 320, 320, 324, 3.34, 334,
335, 342, 343, 346, 347, 350, 351, 357,
.3.57, 370, 375, 381, 382, 383, 388, 388,
388, 405, 406, 406, 406, 4f>7, 408, 414,
414, 414, 415, 415, 415, 420, 422, 422,
442, 447, 447, 458, 458, 462, 471, 481,
482, 482, 484, 484, 484, 492, 494, 494,
494, 506, 507.
Lumley, engl. General-Lieutenant, 317,
317.
Luxembourg, Chevalier de, französischer
Marechal de Camp, dann General-Lieu-
tenant, 435, 435, 435, 435, 435, 435,
435, 442, 455.
M.
Maffei, Graf, savoy'scher Gesandter, 176,
186.
Mahon, Oljerst in hourhonischen Diensten,
147, 148, 148.
Maigret, Graf, 367.
Maintenon, Frau von, 360, 494.
Mainz, Clmrfürst von, siehe Lothar
Franz.
Maillebois, französ. Oberst, 400, 417,494.
Mantua, Herzog von, siehe Karl IV.
Maria Anna, Erzherzogin von Oesterreich,
dann KTmigin von Poi'tugal, 32.
Marlborough, Herzog von, Fürst von
Mindelheim, 1, 4, 4, 4, 5, 5, 6, 35, 37,
39, 39, 39, 40, 40, 40, 40, 41, 41, 41,
41, 42, 42, 43, 44, 44, 44, 45, 45, 45,
46, 46, 46, 76, 82, 89, 90, 187, 290,
293, 294, 295, 298, 299, 309, 316, 316,
316, 317, 317, 317, 317, 317, 317, 317,
317, 317, 317, 319, 319, 320, 320, 320,
320, 320, 320, 320, 321, 321, 322, 322,
322, 322, 322, 322, 322, 323, 323, 323,
323, 323, 323, 324, 324, 324, 325, 325,
326, 327, 327, 327, 327, 328, 329, 329,
330, 330, 330, 330, 3.30, 331, 331, 331,
331, 331, 331, 331, 332, 332, 332, 333,
333, 333, 333, 334, .334, 335, 336, 336,
336, 336, 337, 337, 337, 337, 3.37, 338,
344, 346, 347, 347, 348, 3.50, 352, 352,
352, 352, 355, 356, 357, 358, 359, 360,
360, 361, 363, 364, 365, 3(55, 367, 367,
367, 368, 369, 369, 369, 371, 371, 371,
371, 372, 372, 372, 372, 373, 373, 374,
374, 375, 375, 375, 376, 376, 376, 376,
377, 377, 378, 378, 378, 379, .379, 379,
380, 381, 381, 381, 382, 383, 384, 391,
392, 392, 393, 393, 393, 406, 406, 406,
406, 407, 407, 407, 408, 408, 408, 408,
409, 409, 409, 409, 409, 409, 409, 410,
i53
410, 410, 410, 410, 410, 411, 411, 411,
411, 411, 411, 41-i, 412, 412, 413, 414,
41 S, 420, 420, 422, 423, 423, 423, 425,
425, 425, 425, 425, 425, 425, 426, 426,
427, 427, 430, 431, 431, 432, 436, 436,
436, 436, 438, 441, 441, 441, 443, 443,
443, 443, 443, 443, 443, 444, 444, 444,
444, 444, 445, 445, 445, 445, 445, 445,
445, 445, 445, 446, 446, 446, 447, 447,
447, 448, 449, 454, 458, 459, 460, 460,
460, 460, 460, 460, 460, 461, 462, 462,
462, 462, 462, 463, 464, 464, 464, 465,
465, 465, 465, 465, 466, 466, 467, 468,
468, 468, 468, 468, 469, 469, 469, 469,
470, 470, 470, 471, 471, 471, 471, 472,
472, 473, 473, 473, 474, 475, 475, 475,
475, 477, 477, 477, 477, 478, 478, 478,
478, 479, 479, 479, 479, 479, 479, 480,
480, 480, 480, 481, 481, 481, 482, 483,
485, 485, 485, 486, 488, 496, 496, 496,
496, 497, 497, 497, 497, 498, 498, 498,
498, 498, 498, 498, 499, 499, 499, 500,
500, 501, 502, 502, 503, 503, 503, 503,
504, 505, 505, 505, 506, 506, 507, 507,
507, 508, 508, 508, 508.
Marsigli, Graf, päpstlicher Ober-General,
195, 200, 202, 207, 209.
Martigny, Karl Graf, kaiserl. Feld-
marscliall-Lieutenant, 210, 215.
Martini, Johann Georg Freiherr von
Martinsbero-, kaiserl. General - AVacht-
meister nnd Obrist-Kriegs-Conimissär,
59, 60, 69, 161, 161, 161, 161, 161,
161, 161, 166, 206, 220.
Martinitz, Georg; Adam Graf, 21, 400.
Martinville, französ. Erigadier, 494.
Matignon, Mar.schall von Frankreich, 48,
49, 318, 343, 361.
Maulevrier, Marquis , franzö.s. Marechal
de Camp, 175, 254, 254.
Maiiroy, frauzö.s. Truppen-Commandant,
185, 186, 186.
Max Emanuel, Ex-Churfürst von Bayern,
13, 48, 48, 48, 49, 97, 98, 283, 285, 287,
287, 287, 287, 288, 288, 289, 290, 291,
291, 291, 294, 299, 299, 300, 300, 300,
300, 300, 300, 300, 301, 301, 301, 301,
301, 301, 302, 302, 302, 302, 303, 306,
306, 307, 307, 307, 307, 308, 308, 308,
308, 309, 310, 310, 311, 311, 311, 318,
320, 322, 324, 325, 465, 466, 467, 467,
467, 467, 468, 469, 472, 478, 479, 479,
479, 480, 480, 480, 480, 482, 483.
Mayer, Major im Dienste Karl III., 462.
MeadoWS, sitdic Meduw,
MecklenlDurg-Scliwerin, siehe Fri(Mlrich
Wilhelm, Herzog von.
Medavi (-G-rancey), Graf, franzö.s. Gene-
ral-Lieutenant, 98, 99, 155, 156, 157,
159, 162, 163, 164, 164, 164, 166, 166,
166, 166, 167, 167, 167, 168, 168, 169,
175, 175, 178, 179, 182, 182, 182, 182,
185, 187, 188, 190.
Medici, päpstlicher Oberst, 208, 208.
Medow (Meadows), Philipp, englischer
Gesandter in Wien, 37.
Meliand, französ. Intendant, 235.
Menager, französ. Grosshändler und
handelspolitischer Agent Ludwig XIV.,
2, 3.
Mercy, Claudius Florinumd Graf, kaiserl.
Feldmarschall - Lieutenant , 281, 285,
289, 292, 293, 293, 304, 304, 305, 305,
305, 306, 306, 306, 306, 306, 307, 307,
307, 307, 308, 308, 310, 315.
Mettemich, preussischer Gesandter in
der Schweiz, 18, 18, 18, 18.
Mey, de, Obristlieutenant, 490.
Mey, du (auch May), Chef-Ingenieur der
Verbündeten, 398, 399, 417, 428, 496,
498, 500, 502, 502.
Mikes, Gi-af, Truppenführer im Heere
der ungarischen Conföderation, 111.
Miklossi , Stephan , Truppenführer im
Heere der ungarischen Conföderation
131, 131.
Milkau, von, Sachs. General-Major, 368.
Minas, Das, portiigies. General, 83, 84,
224, 269, 271.
Modena, siehe Este, Herzog von.
Molir, kaiserl. Proviant- Ad modiator, 286-
Moles, Franz Herzog von, kaiserl. Bot-
schafter zu Barcelona, 75, 99, 223, 226,
228, 228, 2.55.
Molinari, Carlo Bartolomeo Graf, kaiserl.
Resident zu Genua, 206.
Moltenberg, Johann Ludwig von, kaiserl.
I Obrist, 129.
554
Monroux, tVanzös. Tnippon-Cnmm.'nidmit,
4G3. 4<)3, 464, 4G4.
Montane, kniserl. Hauptmami, 21ß.
Montecuccoli , Hercules Graf, kaiserl.
Feldiiiarscliall-l.ieuteuaut, 138, 139,
140.
Montesq^uieu, Charles <le Secoiidat, Barmi,
Präsident desParlaments ziiBordeaux,49.
Monticelli, kaiserl. 01)ristlieuteuant, 112.
Montmorency, Chevalier de, französ.
Oberst, 447.
Moor, von. hiilläud. Major. 400.
Moregas, General - Major im Dienste
Karl III., 228.
Mortany, französ. General. 374. 382, 383.
Mothe, siehe La Mothe.
Motta, ]>iemoutes. Unternehmer, IGl.
Motteras, Ingenieur im Heere der Ver-
liündeten, 403.
Moutet, de, französ. Brigadier (?), 189.
Münster, Bisehof von, lö, 313.
Muret, tle, französ. General-Lieutenant,
1G2, 169, 169, 170, 171, 172, 172, 172,
173, 173, 173, 173, 174, 174, 17;'), 177,
181, 181, 182.
Murray, General-Major, 324, 327, 328,
328, 332, 332, 33.5, 335, 335, 336, 367,
368, 371, 406, 425, 426, 467, 480, 49G,
497. 497, 503.
Mustapha, Kara, Gross- Yezier, 27.
Mymer, (?) Brigadier im Heere der Ver-
bündeten, 392.
N.
N&dasdy, Franz Graf, kaiserl. Feldmar-
schall-Lieutenant, 65, 104, 104, 105,
105, 107, 134, 135, 13G.
Nangis, französ. Mareclial de Cani]), 3G1,
472, 474. 474. 475, 47G.
Nassau-Oranien-DietZj.Juliann Willielm
Friso, Prinz von , holländ. Feldzeug-
meister 354, 355, 356, 391, 391, 392,
392, 392, 392, 394, 394, 394, 395, 400,
401, 419. 4.'5<>. 4:J1, 470, 471, 478, 493.
Nasaau-Weilburg, Joliann Ernst Werner
Graf, kaiserl. und jjfälz. Feldruarschall,
29G, 297, 298, 298, 3G7, 367, :;70, 370,
370, 370, 372, 378, 392, 470, 470, 475,
499.
Nassau-Woudenbourg, Cornelius Graf,
hnlländ. Brigadier, 43G, 438, 438, 440,
443, 477.
Natzmer , von , preussischer General-
Lieutenant, 71, 85, 331, 344, 344, 34G,
348, 353, 353, 354, 354, 354, 495.
Nebot, Rafael, General-Major im Dienste
Karl ni., 231, 231, 259, 260, 260.
Nehem, Dietrich Heinrich Freiherr,
kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant, 28,
28, 127, 127.
Nicolotti, kaiserl. Oberquartiermeister,
182.
Niederlande, König der, siehe Wilhelm I.
Niaas, de, französ. Brigadier (?), 164,
168.
Noailles, Herzog, französ. General-Lieu-
tenant und commandirender General in
Ronssillon, 48, 49, 50, 50, 97, 97, 99,
222, 229, 230, 230, 230, 230, 231, 231,
231, 231, 231, 231, 232, 238, 239, 240,
243, 250, 250, 252, 252, 252, 253, 253,
253, 253, 259, 360.
North, Lord, engl. Brigadier, 502.
Noyelles, Graf, holländ. Feldmarscliall,
40. 224.
Nuntius, päpstlicher, in der Schweiz, 19.
Nyuzö , Truppenführer im Heere der
Ungar. Conföderation, 138.
o.
Ocskay, Ladislaus, Brigadier im Heere
der Ungar. Conföderation, 100, 101,
101, lOG, 106, lOG, 107. 107, 107, 107,
107, 108, 108, 108, 108, 109, 109, 109,
110, 110, 113, 114, 115, 116, 116, 122,
123, 126, 131.
Oettingen, Fürst, 312.
O'Dwyer, .Johann Josef Anton Graf,
kaiserl. Obrist, 82, 235, 236, 236, 236,
236, 265.
Ognon, Chevalier de, französ. Officier,
449, 449.
Oldendorf, haunover'scher Lieutenant,
3G2.
Oranien, Prinz von, sielie Nassau-
Orani(ui-Dietz.
d'Ordono, Marquis, Truitpen-Commandant
im Dienste Philipp's von Anjou, 264.
555
Orkney, Earl of, enp;!. Geiieral-LieutenaTit,
Orleans, Philippe do France, Herzog von,
frauzös. Generalissimus, 48, 49, 50, 97,
97, 99, 229, 230, 231, 231, 232, 232,
232, 232, 238, 233, 233, 233, 234, 234,
234, 234, 235, 235, 235, 236, 236, 237,
237, 237, 237, 238, 238, 239, 239, 240,
240, 240, 241, 243, 246, 246, 246, 248,
248, 249, 249, 250, 250, 250, 250, 251,
251, 251, 252, 252, 253, 253, 253, 254,
254, 254, 254, 254, 254, 255, 255, 259,
260.
Orosz, Paul, Truppeuführer im Heero
der Ungar. Conförleration, 140, 141.
Osani, kaiserl. Hauptmann, 173.
Ossorio, Ares de, siehe Villamaue.
Ossuna, Herzog von, General im Dienste
Philipp's von Anjou, 50, 99, 270, 270,
271, 273.
Ostfriesland (Oostfrise), Erbprinz von,
ludläud. General-Lieutenant, 273.
Ottam, päpstlicher General, 200.
Ottlyk, Georg, Haushofmeister Franz II.
Räküczi, 114, 117.
Overkirk, von, holländ. Feldmarschall,
46, 316, 337, 353, 3.54, 354, 3.55, 412,
444.
Oxenstierna, Graf, holländ. General-
Lieutenant, 354, 355, 378.
Oyen, hoUäud. General-Lieutenant, 378.
Pälffy, Johann Graf, Bauus von Croatien,
kaiserl. General der Cayallerie, 105,
107, 107, 107, 116, 116, 117, 119, 119,
119, 119, 119, 119, 124, 125, 125, 126,
126, 126, 129, 129, 129, 130, 131, 131,
134, 134, 135.
Pallandt, Baron, holländ. General-Major,
320, 469, 469, 480, 482, 482.
Pallavicini, Cavaliere, Commandaut
kaiserl, Kriegsschiffe, 150.
Palmes, engl. Brigadier, dann General
und Gesandter, 41.
Papst, siehe Alexander III., Clemens XI
und Sixtus Y.
Parrelth, kaiserl, Feld-Kriegscommissär,
82, 223.
Parma und Piacenza, Herzog von,
siehe Farnese.
Pascal, General - Major im Dienste
Karl III., 82, 425, 425, 460, 460, 467,
467, 480, 480, 480, 480, 485.
Pastor, französ. Agent in Wien, 15.
Patigno, Don Andrea, Oberst im Dienste
Philij)p's von Anjou, 265.
Paulucci, Cardinal , päpstlicher 8taats-
secretär, 194.
Pavlik, kaiserl. Obristlieutenant, 140.
Peguera y Corfit, Obrist im Dienste
Karl III., 252.
Pekry, Truppeuführer iui Heere der
ungaj-. Conföderation, 100 113, 113,
114, 114, 114, 114, 118, 118, 119,
119, 119, 119.
Pentz, hannover'scher Brigadier, 348.
Perenyi, Nicolaus Baron, Brigadier im
Heere der ungar. Conföderation, 101,
106, 121.
Perlas, Don Ramon de Vilana, Staats-
secretär im Dienste Karl III., 29, 223,
231, 231, 258, 260, 262.
Permangle , französ. Brigadier, später
Marechal de Camp, 388, 417, 494.
Pery (Peri), französ. General-Lieutenant,
288.
Pesme de St. Saphorin, kaiserl. Ge-
neral-Wachtmeister, 305.
Peter L, Zar aller Reussen, 24, 24, 24,
24, 25, 25, 25, 25, 26, 26, 142.
Petit, Oberst im Dienste Karl III., 243.
Pfalz, Churfürst von der, siehe Johann
Wilhelm.
PfifFer, französ. General, 345, 346, 347,
349.
Pflueg, kaiserl. Obristwachtmeister, 127,
128, 128, 128.
Pfuel, Johann von, württembergischer
General-Wachtmeister, 285, 289.
Philipp, König von Portugal, 32.
Philipp V., König, siehe Anjou.
Philipp, Prinz von Hessen - Darmstadt,
kaiserl. Feldmarschan, 38, 46, 82, 151,
151, 152, 152, 153, 153, 153, 195, 197,
197, 197, 198, 198, 199, 199, 202, 205,
210, 215, 215, 216, 217, 217, 219, 229,
230, 231, 237, 257, 258.
556
Piazza, Julius, Bischof von Faeiiza, 219.
Piconio, sn voy'scher ( Jesandter zu Venedig:,
80.
Pierre, französ. General-Lieutenant, 241.
Piombino, kaiserl. Rittmeister, 140.
Piper, Graf, sclnvedisclier Minister, 337.
Piwoda, kaiserl. Kaizen-Capitain, 139.
Polen, König von, siehe August II., und
Stanislaus Leszczyuski.
Polignac, Ahhe de, französ. Diplomat,
19;-..
Pomponne, Alibi' de, französ. Diplomat,
200, 208, 209, 212, 213, 213, 213.
Ponpietain, haunover'scher Olierstlieute-
nanr. 302, 362, 3152, 3G2.
de la Porta, Don Lucas .Jose', General
im Dienste Karl IIL, 231, 238, 238,
258, 259, 259.
du Portail, holländ. Brigadier, 376.
Portugal , Könitjin von , siehe Maria
Anna.
Posseren, holländ. Brigadier, 392.
Pöstyenyi, 127.
Pozzo, Pater, Kammerpräsident zu Bar-
celona, 223.
Prade, de, französ. Truppen-Commandant,
169.
Prats y Bertram, Ol.rist im Dienste
Karl IIL, 229, 233, 233, 233, 234. 247.
251, 251, 252, 260, 261.
Prendergast, Sir Thomas, engl. Regi-
ments-Commandant, 327.
Preston, englischer Oberst, 437, 439.
Preussen, König von, siehe Friedrich I.
Pri6, Heracles .Josef Ludwig Turiuetti
Marquis de, kaiserl. Plenipotentiär in
Rom, .59, 59, 97, 194, 194, 194, 194,
194, 201, 201, 202, 203, 204, 204, 204,
205, 210, 210, 211. 212. 212, 213, 213,
213, 213, 214, 214, 214, 216, 217, 217,
217, 218, 218, 219, 220, 220.
Puckel (richtig Gükhl), kaiserl. Christ.
111».
Puebla, Don Antfinio Portugalo Conde de-,
rtldmarsdiall-Lieutenant , im Dienste
Karl IIL, 234, 238, 259, 259, 260, 260,
260. 26 L
Puyguion. franziis. General-Lieutenant,
361, 444, 447, 463, 506.
PuysegfUr, .Taques Marquis de, französ.
Goneral-Lieutenant, 318, 319, 342, 343,
346, 346, 360. 361.
Puy - Vauban, französ. General-Lieute-
nant, 38S, 415, 416.
R.
Rabutin , Jnhann Ludwig Graf von,
kaiserl. Feldmarschall, 34, 34, 34, 111,
112, 151.
Rainold, Herzog von Modena, siehe Este.
Räköczi, Franz IL, 9, 9, 9, 10, 11, 11,
27, 50, 51, 51, 51, 51, 51, 51, 51, 52,
52, 97, 100, 100, 100, 101, 109, 109,
109, 109, 109, 109, 109, 110, 110, 110,
110, 111, 11.3, 113, 114, 114, 114, 115,
115, 115, 116, 116, 116, 117, 117, 117,
118, 118, 118, 119, 119, 120, 120, 120,
120, 120, 121, 122, 122, 123, 123, 123,
124, 124, 125, 127, 127, 127, 127, 130,
131, 132, 132, 132, 133, 133, 1.33. 137,
141, 141, 142, 143.
Räkösi, Valentin, Tnippenführer im Heere
der Ungar. Conföderation, 139, 139.
Rannes, de, französ. Brigadier, 388, 494.
Ranzau, dänischer General-Lieutenant,
372.
Rantzau, hannov. General-Major, 335,
336, 343, 347. 347, 347, 347, 372, 378.
Raths-Pensionär von Holland, siehe
Heinsius.
Ratkovitz-Hadschija, kaiserl. Obri.st,
128.
Ratoni, Stefan, Truppenführer im Heere
der Ungar. Cnnföderation, 112.
Ravignan, de, franzfls. Brigadier, 388,
400. 494.
Rechteren, Graf, Generalstaaten - Depu-
tirter, 45, 45, 276, 316, 317, .320,
321. 321, 322, 322, 323, 325, 444, 460,
469.
Redl, kaiserl. Lieutenant, 120.
Reede von Renswoude, holländ. Re-
giorungs -Verweser zu Brüssel, 468.
RefFuge, de, französ. Ofticier, 301.
Regal, Maximilian Ludwig Freiherr,
kaiserl, Feldmarschall-Lieutenant, 165,
166, 167, 171, 175, 179, 179, 180, 181,
182, 182, 209, 210.
557
Reischach, Freiherr von, Feldmarschall-
Lieutenaiit des schwäbisclieu Kreises,
285, 285, 315.
Reising (nnrichtifr Leisins), Franz Karl
Graf, kaiserl. General -Wachtmeister,
392.
RÖvay, Caspar Baron, Tnnipenführer im
Heere der uiij^ar. Conföderation, lü7,
125.
Rhebinder, Bernhard Otto von, savoy'-
Sfher Feldmarschall - Lieutenant , 166,
167, 167, 168, 171, 171, 171, 172, 172,
173, 173, 173, 173, 176, 176, 177, 177,
178, 179, 180, 180, 180.
Richardi, Don Juan, Gouverneur von
Alicante, General-Fcldwachtmeister im
Dienste Karl III., 266, 266, 267.
Rivaroles, Ablx', 197.
Rivers, Lord, engl. General-Lieutenant,
40.
Rocca, siehe Della Rocca.
Roccavione, Karl Ludwig Birago Graf,
kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant, 165,
210.
Rocque, siehe Della Rocca.
Romeo, Don Juan Antonio , Minister
Karl III., 223.
Ronquillo, Don Pedro, Mai-echal de Camp
im Dienste Philipp's von Anjou, 261,
266.
des Roques, Chef-Ingenieur im Heere
der Verbündeten, 398, 488.
du Rosel, französ. General-Lieutenant,
361, 383, 482.
Ross , engl. General -Lieutenant, 409,
410.
Rossum d'Ardenbroeck (Harrenhroul),
hoUänd. Feld-Deputirter, 44.
Roth, Freiherr, schwäbischer General-
Wachtmeister, 285, 289, 315.
de la Roue, Marquis französ. Escadre-
Commandant, 212.
Rovero, Maria Graf, kaiserl. Obristlieu-
tenant, 216.
de Rubi, .Stabsofficier im Dienste Karl III.,
260.
Ruffey, Graf, französ. Mart'chal de Camp,
325.
Russland, Zar von, siehe Peter I.
s.
Sabine, engl. Brigadier, 347.
Sachsen, Churfiirst von, siehe August IL,
Sachsen, Moriz Graf von, Marschall von
Frankreich, 393.
Sachsen-Teschen, Herzog, siehe Albert.
Sachsen-Zeitz, siehe August Christian
Herzog zu.
Sacken, General-Major, 392.
Saint-Fremont, französ. General-Lieu-
tenant, 48, 285, 287, 287, 288, 288,
288, 289, 290, 290, 290, 291, 291, 291,
293, 299, 299, 299, 300, 324, 334, 334,
365, 373, 382, 383, 384, 463, 471, 484,
506.
Saint-Georges , Chevalier de , siehe
Stuart.
Saint-Germain-Beaupre, französ. Bri-
dier, 233.
Saint-Hilaire , von , französ. General-
Lieutenant der Artillerie, 337, 360, 360,
361.
Saint-John, Heinrich Viscount of Boling-
broke, engl. Staats -Seci'etär, siehe
Bolingbroke.
Saint-Laurant, hannover'sclier General-
Major, 391, 460.
Saint-Martin, französ. Kriegs-Commissär,
388.
Saint-Maurice, Graf, General-Lieutenant
Comraandant der cölnischen Truppen
im bourbonischeu Heere, 327.
Saint-Remy, savoy'scher Feldmarschall-
Lieutenant, 167, 173, 173, 176, 176.
Salazar, Obrist im Dienste Karl III., 229.
Salm, Karl Theodor Otto Fürst, Feld-
marschall und Obersthofmeister Kaiser
.Joseph I., 8.
San Juan, Graf, portugies. Reiterführer,
273.
Sanct-Gallen, Bischof von, 19.
Saphorin, siehe Pesme.
Sas van Burek, niederländ. Ingenieur,
503.
Savary, Major im Heere der Verbündeten,
437.
Savoyen, Herzog, siehe Victor Amadeus.
Savoyen, Prinz von, siehe Eugen.
Scheneck, kaiserl. Rittmeister, 105.
558
Schlik, Leopold Graf, kaiserl. General
der Cavallerie uud Geueral- Kriegs -
Commiseär, 286, 392, 425, 480, 499.
Schober, Don F., Obrist im Dienste
Karl III., 227, 228, 229, 230, 238, 238,
251, 2151.
Schonborn, Damian Hugo Grat', 12, IG,
16, 16.
Schöttl, Armatur-Verleger, 68.
Schulenburg, Alexander von der, han-
noviM'.schertieueral-Major, 327, 333,336.
Schulenburg, Johann Mathias Freiherr
von, General-Feld Wachtmeister, 90, 164,
330, 337, 342, 345, 349, 353, 353, 357,
358, 359, 359, 360, 395, 396, 418, 420,
420, 429, 430, 431, 433, 452, 4^53, 456,
456, 457, 457, 457, 465, 469, 470, 470,
470, 474, 479, 494, 494, 495, 501, 502,
502. 505.
Schulenburg, Lewiu Friedrieh, savoy'-
scher General-Major, 160, 166, 168, 168,
168, 171, 173, 176, 176, 181, 182, 187.
Schwarzenberg, 84.
Schweden, König von, siehe Karl XII.
Seckendorff , Friedrich Heinrich von,
markgräflich anspach'scher Obrist, 65,
399.
Seguedy (Szegedy), Oberstlieutenant im
Heere der ungar. Conföderation, 127,
142.
Seranno, Don Pedro, Officier im Dienste
Philipp's von Anjou, 273.
Serville, französ. Brigadier, 417.
Seytermann (f^igtermann), von, Comman-
dant zu Audeiiarde, 329.
Silly, französ. General-Lieutenant, 250.
Sinzendorf, Graf, Kanzler K. Josef I.,
14, 24, 25, 45, 82, 82, 112, 320.
Sixtus V., Papst, 199, 211, 214.
Soissons, Emanuel Prinz von, 187.
Somody, kaiserl. Rittmeister, 105.
Soris, Brigadier im Dienste Philipp's von
Anjou, 273.
Sormani, General - Major im Dienste
Karl III., 259.
Sourzy, französ. Brigadier, 494.
Souternon fSonstemon), französ. General-
Li.-ut.;nant, 361, 424, 472, 473, 474,
474, 474, 475.
Spangenberg, Gewehr-Fabrikant in Suhl
(Hayern), 68.
Spanien, König von, siehe Karl II. uud
Karl III.
Sparr, Freiherr, holläud. General-Lieute-
nant, 381, 392, 470, 471.
Spiegel (Spigl), Graf, hessischer Geueral,
380, 381, 471, 475.
Stair, Lord, engl. General -Lieutenant,
461, 461, 461, 462, 462, 462, 462,
464, 465, 465, 465, 465, 465.
Stanhope, Jacob, Lord, engl. General-
Major und Bevollmächtigter in Spanien,
29, 40, 83, 85, 223, 253, 256, 256, 257,
257, 257, 257, 262, 263, 325.
Stanhope, Philipp, Bruder des Jacol)
Stanhope, engl. Officier, 257.
Stanian, A., engl. Gesandter bei der
Schweizer Eidgenossenschaft, 18, 18,
18, 18.
Stanislaus Leszczynski, König von
Polen, 23, 25.
Stapel, Brigadier im Heere der Verbün-
deten, 392.
Starhemberg, Max Graf, kaiserl. Feld-
marschall-Lieutenant, 105, 106, 113.
Starhemberg, Guido Graf, kaiserl. Feld-
marscliall, 30, 34, 36, 37, 37, 39, 39, 46,
63, 63, 66, 75, 81, 81, 83, 83, 223, 223,
223, 223, 224, 224, 224, 225, 225, 226,
226, 226, 226, 227, 227, 227, 227, 228,
228, 228, 229, 230, 230, 230, 231, 231,
231, 231, 232, 232, 232, 233, 233, 233,
234, 234, 234, 235, 235, 235, 235, 236,
236, 236, 236, 237, 237, 238, 238, 238,
239, 239, 239, 240, 245, 246, 247, 247,
247, 247, 248, 248, 248, 248, 248, 248,
249, 249, 249, 250, 251, 251, 251, 252,
252, 253, 253, 253, 254, 254, 254, 254,
255, 255, 255, 255, 255, 255, 256, 256,
257, 257, 258, 258, 260, 260, 261, 263,
263, 263, 263, 263, 263, 263, 265, 265,
265, 266, 266, 267, 267, 267, 268.
Starhemberg, Gundaker Graf, kaiserl.
Ilofkammer-Präsidcnt, 54, 54, 54, 55,55.
Steinberg, von, kaiserl. Artillerie-Obrist,
67, 167, 167, 167, 172, 179, 183, 185.
Steinville , Stephan (Jraf, kaiserl.
General- Wachtmeititer, 106, 106, 136.
559
Stella, Kochiis Graf vou Sautaeroce, Mit-
fj^lied der zu Barcelona eingesetzten
fiiunta d'Italia, 223.
Sternfels, Württemberg;. General-Majui-,
.'ur..
Stuart, Jacob III. (Chevalier de Saiut-
Georges), Kron-l'rätendeut vuii Schott-
land, ö, 47, 318, 484.
Styllen, von, preussischer General-Major,
171, 17.Ö, 181.
Suchet, Ludwig Gabriel, Herzog von
Albufeni, Marschall von Frankreich, 248.
Sultan, .«iehe Achmed III.
Sunderland, Charles Spencer Earl of,
Staats-Secretär, 317, 317, 406, 432,
441, 443, 444, 445, 448.
Survllle, französ. General -Lieutenant
und Marechal de Camp der Artillerie,
388, 388, 417, 491, 494.
Sury, französ. Oberst, 417.
Syburg (Seeburg) , Brigadier im Heere
der Verbündeten, 443.
Szalay, Truppenführer im Heere der
Ungar. Conföderation, 116.
Szent-Ivänyi, Commandant des Käk(')czi-
schen Palast-Kegimeuts, 121.
Talman (Tallmanu), Michael von, kaiserl.
Resident in Constautinopel, 26, 26, 27,
27, 27, 27, 2S, 28.
Tarazena, Marquis, Commandant zu
Antwerpen, 332, 406.
Tarini, Ignaz Victor Graf, savoy'scher
Gesandter in Wien, 400.
Tassungen, Freiherr, kaiserl. Diplomat
(Münster), 15.
Tattenbach, Phil. Rudolf Graf, kaiserl. und
spanischer General- Wachtmeister, 260.
Temple, Richard, engl. Brigadier, 392.
Tesse, Rene de Froulai Graf, Marschall
von Frankreich, 155, 212, 212, 212, 212,
212, 212, 213.
Tettau, preuss. General-Major, 485.
Thiell (richtig Tiell), Johann von, kaiserl.
Hofkriegsrath, 34, 105, 112, 123, 127,
129, 129, 129, 130.
Thierheimb , Graf, kaiserl. General-
Adjutant, 309.
Thoy, französ. Geiteral, 163, 164, 167,
168, 168, 168, 168, 169, 175, 180, 187,
190.
Thüngen, Hans Karl Freiherr, (Ende
1708 Reichsgraf), kaiserl. Feldmar-
schall, 275, 276, 276, 27V, 278, 278,
279, 280, 281, 281, 281, 281, 281, 281,
282, 282, 282, 282, 284, 284, 285, 285,
285, 285, 289, 289, 289, 289, 290, 292,
304, 306, 310, 312, 313, 313, 313, 313,
314, 314, 314, 315, 380.
Thürheim, siehe Thierheimb.
Thuröczy, Oberst im Heere der Tingar.
Conföderation, 108.
Tige, Johann Karl de, kaiserl. General-
Wachtmeister, 140, 140, 140.
Tillier, Johann Franz Chevalier, kaiserl.
Obristlieutenant, 276, 276, 277.
Tilly, Claiulius Graf, holläud. General der
Cavallerie, dann Feldmarschall, 354,
355, 355, 355, 372, 373, 373, 373, 373,
373, 374, 374, 474, 496, 500.
Tilson, (?) 322.
Tököly (Popovics), Johann, kaiserl. Obrist
und Commandant der Raizen, 111.
Toldo, Bartholomäus Beda von, kaiserl.
Obrist, dann General -Wachtmeister,
126.
Tolvay, Gabriel, Palatin-Protouotarius,
132, 132.
Torres, Sigismon, Truppeu-Commaudant
im Dienste Karl III., 234, 252.
Townsbend, Karl Viscount, englischer
Staatsmann, 406.
Traun-Abensberg, Graf, kaiserl. Gene-
ral-Adjutant, 10, 223.
TrauttmansdorfF, Franz Ehreureich Graf,
kaiserl, Gesandter bei der Schweizer
Eidgenossenschaft, 14, 18, 18, 18, 18,
19, 19, 199, 199, 276, 289, 305, 305,
305, 305, 305.
Tremoille (Tremoglia), Cardinal, 195,
195, 199, 211.
Trinite, Graf, dela, savoy'scher Obrist, 180.
Troussel, du, preussischer Brigadier, 392,
Tsetsi, Johann, ungar. Chronist, 120, 121.
Turicko, kaiserl. Obristwachtmeister, 139.
Tursis, Herzog, Commandant bourboni-
scher KriegsschiÖe 149.
560
U.
Uhlefeldt, Leo Graf, kaiserl. Feldmar-
siliall, 231, 232, 232, 238, 252, 252,
250.
Ujkeri, 127.
Y.
Valejo, l>om, Offieier im Dieuste Philipps
von Anjou, 237.
Valera, Gouverneur von Denia, im Dienste
Karl III. 261, 2«1.
Valory, de, frauzös. Brigadier, 388, 450.
Vauban, Sebastian le Pretre de, Mar-
schall von Frankreich, 04, 162, 38G,
386, 380, 389, 300, 396, 397, 415, 415,
416, 416, 420, 449, 457, 457, 457, 486.
Vaubonne, Joseph Marquis, kaiserl.
Fcldmar.'^chall-Lieutenant, 216.
Vay, Ladislaus Karen, Truppciiführer im
Heere der ungar. Couföderation, 115,
139, 139, 140.
Veglin (Vegelin), hoUänd. Brigadier, 498.
VeMen, Otto Graf, kaiserl. General-
Wachtmeister, 372, 372.
Vendöme, Ludwig Joseph Herzog von,
Marscliall von Frankreich, 1, 48, 48,
48, 98, 293, 318, 318, 318, 318, 318,
319, 319, 319, 320, 320, 322, 323, 323,
324, 333, 334, 336, 337, 342, 342, 343,
343, 343, 343, 345, 345, 345, 345, 346,
346, 346, 346, 347, 347, 349, 349, 349,
349, 350, 350, 350, 350, 351, 351, 356,
357, 357, 360, 360, 360, 361, 361, 361,
361, 361, 363, 363, 364, 369, 374, 374,
377, 378, 379, 382, 383, 405, 406, 407,
413, 414, 414, 414, 414, 414, 414, 414.
415, 424, 442, 442, 443, 443, 443, 444,
446, 446, 447, 447, 447, 447, 447, 447,
458, 458, 462, 462, 462, 462, 463, 463,
463, 463, 464, 464, 464, 465, 471, 471,
478, 478, 478, 483, 484, 484, 484, 484,
484, 506.
Venerie, de la, Melchior August, kaiserl.
Ingcnienr-Oliri.st, 281.
de Vennes (De Veyne, Deveyne, Devnc),
Freiherr, preuss. General-Major, 392.
Ventadour, Herzogin von, 437, 440, 505.
Verrac , französ. General - Lieutenant,
383.
Vetes, Ladislaus Kökeuyesdi von, Agent
Käköczi's in Paris, 51, 51, 52, 52, 100,
130, 131, 132, 132.
Viard, de, kaiserl. General-Wachtmeister,
1(»5, 106, 107, 107, 107, 108, 108, 108,
110, 110, 113, 113, 113, 113, 114, 114,
114, 115, 115, 115, 118.
Victor Amadeas, Herzog von Savoyen,
20, 21, 22, 31, 31, 37, 37, 38, 38, 38,
38, 40, 40, 40, 41, 41, 41, 46, 74, 74,
79, 80, 154, 155, 156, 156, 157, 157,
157, 161, 162, 162, 164, 165, 166, 169,
169, 169, 169, 171, 173, 174, 174, 175,
177, 177, 178, 178, 180, 185, 185, 186,
186, 187, 187, 187, 187, 189, 190, 202,
203, 205, 206, 206, 212, 212, 223, 307.
Vickenbach (? Sclilippeubachj, General-
Major im Heere der Verbündeten, 392.
Vietinghof (Vittinghoff), holländ. General-
Major, 378, 378.
Vieuxpont, franzö.s. Truppen - Comman-
daut, 291, 301.
Vlllamane, Antonio, Don Ares de
< ).ssorio , General - "Wachtmeister im
Dienste Karl III., 234, 247, 261.
Villars, Ludwig Hcctor Herzog, Marschall
von Frankreich, 1, 48, 49, 158, 158,
158, 158, 159, 159, 159, 159, 159, 160,
160, 162, 162, 162, 162, 162, 162, 162,
163, 163, 163, 163, 164, 167, 168, 168,
169, 160, 169, 169, 169, 170, 170, 170,
174, 174, 174, 175, 175, 175, 176, 176,
176, 176, 177, 177, 178, 179, 180, 180,
180, 180, 180, 181, 181, 181, 181, 181,
181, 181, 181, 181, 181, 184, 184, 184,
186, 187, 187, 188, 188, 188, 189, 189,
189, 180, 180, 190, 190, 203, 232, 275,
275, 276, 276, 277, 277, 277, 277, 278,
278, 282, 282, 283, 283, 283, 283, 283,
284, 306, 307, 307, 505.
Villaverde, portugiesischer General, 83,
84.
Villemans, französ. Diplomat ('?), 209.
Villemort, französ. General, 438.
Villier, französ. Brigadier, 482.
Viremont (Viremond), Damian Hugo Graf,
kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant, 216.
Visconti, Hannibai Marchese, kaiserl. Ge-
neral der Cavallerie, 157, 157, 160, 192.
561
Vivans, Marquis de, frauzös. Geueral-
Licutunaiit, 285, 306, 307, 307, 308.
308, 308. 309.
Volkershoffea, sidie Wolker.-iln'rt'cu.
Vooght (Voigt ■?), Olirist im vorliüiulotoii
Hooro, 437. 439.
W.
Wackerbarth, Aug-u.st Cln-istuph Graf.
säclisi.-iclior Geiieral-Lieutouaiit, 2ö. 25.
90, 4(51, 461, 4(58, 469.
Wales, Priuz vou, siolie Stuart.
Wallis, Georg Olivior Graf, kai.sorl. Ohrist,
dann General-Wachtmeister, 149, 149,
150, 150, 150, 150, 150, 152, 198, 217.
Walpole, Sir R(djert, englischer Kricgs-
Secretär, 497.
Wartensleben, von, prcuss. (?) Brigadier,
367.
Wassenaer, von, Vice-Admiral, holläud.
Brigadier der Infanterie, 42, 79, 356, 392.
Webb, engl. General-Major, dann General-
Lieutenant, 372, 436, 437, 438, 438,
438, 439, 439, 439, 440, 440, 440, 440,
441, 441. 441, 443.
Weck, hulländ. General-Major, 354, 356,
502.
Weissenfeis, sächs. (?) General -Major,
392.
Weitersbeimb, Bertliold Freiherr, kaiserl.
General-Wachtniei.ster, 293.
Wenz, Agent des Marschalls Villars, 276.
Wersiers (auch Werschur), von, hessischer
General-Major, Gouverneur von Rliein-
fels, 295. 296.
Wertheimer, Wiener Banquier, 55.
Wessely, Truijpenführer im Heere der
Ungar. Conföderation, 140.
Wettiner, siehe August II.
Wetzel, Johann Adam Freiherr, kaiserl.
Feldniarschall - Lieutenant, 149, 223,
249, 251, 263.
Whitaker, engl. Mce-Admiral, 213, 214,
220, 258.
Wilckes (Wilkes), hessischer (?) General-
Lieutenant, 392.
Wilhelm I., König der Niederlande, (5, 391.
Wilhelm III., König von England, 391.
Withers, engl. General-Lieutenant, 393.
Witney, engl. (?) Brigadier, 392.
Wittenstein ( Witgenstein), (iraf, (ieneral-
-M.MJnr, 392.
WolfFenbüttel - Blankenburg , Prin-
zessin, siehe Eiis;ilietli Cliristiue,
WolkershofFen (Volkershofleu) , pfäl-
zisiiier General, 392.
Wood, engl. General-Lieutenant 391, 392.
Wrangel, General im Dienste K;h1 III..
4G7. 480.
Wratislaw, Johann Wenzel Graf, böhm.
Hotivanzler, 25, 25, 30, 32, 37, 45, 78,
79, 99, 217, 226, 317, 322, 406, 446.
Württemberg, Herzog, siehe Karl Rudolf
und Eberhard.
Württemberg, Prinz, siehe Alexander.
Z.
Zagardschi-Baschi (d. i. Oberst- Jäger-
meister), 26.
Zaidlhuber, Obristlieutenant im Dienste
Karl III., 251, 251, 252, 254, 259.
Zallich, von, holländ. Feld-Deputirter, 44.
Zar, ven Russland, siehe Peter I.
Zerezeda, Mareclial de Camp in bourbon.
Diensten, 239.
Zignoni, Joseph, kaiserl. Legations Secre-
tär und Resident in Lissabon, 270, 270,
271, 272, 273.
ZinzendorfF, siehe Sinzendorff.
Zinzerling, Freiherr, Hofrath und Be-
vollmächtigter Karl III. im Haag, 30,
30, 30, 81, 85, 85, 85, 227.
Zobel, churpfälzischer General - Wacht-
meister 392.
Zollern, Fürst von, 312.
Zollern, Hermann Graf, kaiserl. Feld-
marschall-Lieutenant, 314.
Zoutland (Soutlande), holländ. General-
Major, 392.
Zum Jungen, Johann Hieronymus Frei-
herr, kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant,
160, 160, 165, 166, 171, 172, 174, 181,
182, 183, 185, 214, 214, 214.
Feldzüge dos Prinzen Kug'ou v. Savoyeu. II. .Serie, I. üaud.
36
MILITÄRISCHE
CORRESPONDENZ
DES
PRINZEN EUGEN von SAVOYEN
IT'OS.
-cßG^?^-
FeldzUge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. 1
Supplement -Heft
zTjLnrn. I. Ba,n.d.e, II. Serie
Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen
1708.
\
1.
An den Feldmarschall Grafen Heister. Wien,
28. December 1707 ')•
Euer Excellenz sage liiemit schuldigsten Dank, dass Sie unterm
11. dieses sich über meine glückliche Hieherkunft zu erfreuen belieben
wollen. Ich weiss zwar noch nicht, was Ihro kaiserl. Majestät der
künftigen Campagne halber für eine allergnädigste Disposition vorzu-
kehren belieben ; Sie können aber versichert sein, dass ich meinesorts
nichts mehrers als die Occasion zu haben wünsche, Dero selben viel
Angenehmes erweisen zu können, allermassen ich auch mit einer
besonderen Dienstbegierde verharre etc.
2.
BericM an den Kaiser. Wien, 28. December 1707').
Es hat der gehorsamste Hofkriegsrath bei heuriger Land-
recrutirung abermalen wahrgenommen, wasmassen wegen der Farben
der Montirung sich nicht geringe Schwierigkeiten ereignen, da nur
noch wenige Regimenter sich befinden, welche, da andere fast alle
perlfarbene oder weissgraue Röcke tragen, annoch völHg grün oder
blau, wie Osnabrück, Bayreuth und Wetzel ist, haben und tragen.
Gleichwie aber solches neben obangezeigter Beschwerde der
Länder auch bei Abgebung der Commandirten in ein und anderen
Vorfallenheiten des Commando eine nicht wohl anständige Vermengung
der Mannschaft verursacht, so dem Feinde öfters zu guter Mass dienen
kann, dabei auch wann hinkünftig die Verpfleg- und Bezahlung der
») Kriegs-A,, Ungarn 1708; Fase. I. 1 b.
2) Registr. des R. K. M., Jänner 1708, Nr. 212,
Regimenter auf den alten Fuss hergestellt und wieder eingerichtet
werden solle, wie es zu Euer kaiserl. Majestät Armaden Erhaltung
unumgänglich sein muss; einfolglich die Kegimcnter selbsten für die
alte sowohl als neue Mannschaft die Moutur zu verschaffen haben
werden, denenselben schwer und allzu kostbar fallen wird, solche in
dergleichen theueren Extra-Farben zu geben.
Opinio (des Hofkriegsrathes) :
Dahero dann der gehorsamste Hofkriegsiatli der uuvorgreiflicheu
Meinung wäre, dass hinfiiro durchgeheuds die Monturen auf das Mindeste
von Röcken in lichtgrauem oder perlfarbenem Tuch bestehen sollen, dahin-
gegen die von denen Regimentern zu Fuss suchende Unterscheidung, ura die
Mannschaft gleichwohl darob zu erkennen, in denen Aufschlägen, Camisolen
oder Strümpfen kann beobachtet werden ; welches aber nur auf die Feld-
Miliz zu verstehen wäre, dann denen in Garnison allstets verbleibenden
Regimentern, gleich zu Prag und Gross-Glogau, könnten derlei Parti cular-
Extra-Farben zu ihrer Montur, da selbige sonsten mit Niemanden sich in
Zug und Wachten zu stellen, oder zu vermengen haben, gestattet werden.
Welches zu E. k. M. Diensten der gehorsamste Hofkriegsrath in Unter-
thänigkeit zu erinnern der Noth und seiner Schuldigkeit zu sein ermessen.
Es beruht aber Alles bei E. k. M. Allerhöchstem Belieben, hierüber das
Weitere allergnädigst zu resolviren, und thut zu Dero beharrlichen kaiser-
lichen Hulden und Gnaden er sich in Unterthänigkeit empfehlen.
Resolution des Kaisers :
Ich finde auf alle AVeise vor gut, was hier eiugeratheu, als thue Ichs
auch in Allem approbiren.
Joseph m. p.
3.
Bericht an den Kaiser. Wien, 5. Jänner 1708 ').
Euer kaiserl. Majestät werden sich gnädigst erinnern, wie nicht
allein bei der in Gott seligst ruhenden kaiserlichen Majestät, sondern
auch bei Deroselben unterschiedliche Remonstrationes von dem über-
aus schlechten Zustand des ganz zu Boden sinkenden Land- und
Haus-Zeugamtes geschehen, und weichergestalten zu dessen Aufbringung
ein und andere Zeugs- Commissiones erstlich unterm Präsidio des Herrn
von Rappach und andertens unter dem Grafen Max Ludwig Brenner
mit Beiziehung gewisser Hof-, Kriegs- und Hofkammer-Räthe, dann
einiger Officianten von ermeltem Zeugamt angeordnet, in beiden aber
nichts Fruchtbarliches ausgerichtet und dahero von E. k. M. zu
wiederholtenmalen gnädigst resolvirt worden, dass Dero vor ungefähr
zwei Jahren angestellte (Jbrist Marchese degli Obizzi in die von
') Keffiistr. des K. K. M.. .länn.T 17()S. Nr. 47<).
I
Alters her gewöhnliche Aintsfunction rcstituirt, dann sein unterhabendes
Amt mit einem zulänglichen jährlichen Fundo richtig dotirt, damit er
aber in denen machenden Contracten nicht zu viel oder zu wenig
thuu könne, ihm semel pro semper zwei Hofkammerräthe ad latus
gegeben und in derenselben Beisein, auch mit ihrer Approbation,
sothaner Contract entweder auf Baargeld oder Credit (wie es etwa
die Beschaffenheit des Aerarii erfordern möchte) abgehandelt und
geschlossen werden solle. Nun hat der gehorsamste Hofkriegsrath
nicht unterlassen, diese E. k. M. allergnädigste Resolution Dero kaiser-
lichen Hofkammer der Ordnung nach zu intimiren, in gänzlicher
Hoffnung, es würde Deroselben (weilen das ganze Werk bloss auf
eine wirthschaftliche Oekonomie pro aerario und Rettung des in Agonie
liegenden Zeugswesens, auch Abthuung der dabei eingeschlichenen
Unordnungen angesehen) der schuldige Vollzug unfehlbar geleistet
werden. Dessenungeachtet ist wider alles Vermuthen die sub A *) in
originali hiebeiliegende Contradiction von gedachter Hofkammer dar-
gegen ausgefallen, welche, weil sie in der von dem Hofkriegsrath
darauf gegebenen und sub B *) angeschlossenen Antwort fundamentaliter
widerlegt worden, man weiters nicht berühren, sondern allerdings sich
darauf berufen und allein dieses in aller Unterthänigkeit beigesetzt
haben will, dass, wann E. k. M. obige zu Dero Dienst geschöpfte
gnädigste Resolutiones durch Ihre Allerhöchste Autorität nicht manu-
teniren und mehrberührtes Obrist-Land- und Haus-Zeugamt, wie es
wirklich an dem ist, zerfallen lassen, man nicht sieht, wie es möglich
sein werde, in Kriegs- und Militär-Dispositionen fürohin fortzukommen,
massen alle Zeughäuser notorie völlig entblösst sein, kein sicherer
Kreuzer Geld zu Beischaffung dieser und jener Nothdurften vorhanden
ist, die in denen vorhinigen Repartitionen pro forma angewiesenen
Fundi meistens ad alias usus verwendet, mithin das Zeugswesen völlig
ausser Acht gelassen worden, dergestalt, dass man sich nicht ent-
halten kann, E, k. M. in gebührender, unterthänigster Submission zu
sagen, dafern Deroselben allhiesige Residenz- und Hauptstadt das
Unglück haben sollte, jetzo von einem Feind angefochten zu werden,
sie nicht im Stande wäre, ob Defectum der Munition und Zeugs-Noth-
durften eine rechte Belagerung auszuhalten, zu geschweigen, dass,
wann heute oder morgen die Conjuncturen zuliessen, mit mehrerem
Vigor wider die aufgestandenen Hungarn zu operiren, sonderlich ein-
und anderen von denenselben einbekommenen Platz wieder wegzu-
nehmen, solches wegen Abgang ermelter Munition und Zeugssachen
') Nicht vorhanden.
8
hinterbleiben müssto; also dass E. k. M. einmal die allergrösste Ursache
haben, diesem Werk einen mehreren Ernst anzulegen, mithin Dero
Stellen positive allergnädigst zu befehlen, dass Ihre in Sachen geschöpfte
gnädigste Resolution alsobald und ohne weitere Replica solle vollzogen,
nicht weniger Dero Obrist-Land- und Haus-Zeugamt ein genügsamer
Fundus in der heurigen Repartition angewiesen und solcher nicht
mehr, wie vorhin, distrahirt, sondern allein zu BeischafFung der nöthigen
Zeugsrequisiten (jedoch mit Beiziehuug der Cameralräthe) angewendet
werde.
Im Falle nun ein als den anderen Weg die Sache in dieser
Confusion verbleiben und keine Hülfe oder Remedur erfolgen sollte,
so wollen E. k. M. wenigst Dero gehorsamsten Hofkriegsrath von
allen zu Dero und des gemeinen Wesens unAviderbringlichem Schaden
nothwendig daraus erfolgenden höchst schädlichen Undiensten ent-
schuldigt haben, als welcher niemalen unterlassen, sondern sovielmahl
(gleich auch anjetzo geschieht) der Sachen Wichtigkeit seiner PÖicht
und Schuldigkeit nach treu gehorsamst erinnert hat, womit etc.
Resolution des Kaisers :
Der Hofkriegsrath thiit wohl, dieses Alles zu remonstrii'en, und solle
es ungeachtet der Kammer Einwendungen bei Meiner Resolution sein Be-
wenden haben, und werde das Gehörige anbefehlen, damit einmal diesem
Uebel abgeholfen werde.
J 0 s e j) h m. p.
4.
An den G. d. C Marquis Visconti. Wien, 7. Jänner 1708').
Euer Excellenz unterm 21. passato habe ich abermals zurechts
erhalten und daraus ersehen, was Sie zuvörderst wegen des Herrn
Obristlieutenants Rovero auf dem päpstlichen Territorio gesteckten
Marsch haben melden und eines mit dem romanischen Hof diesfalls
gemachten Contracts haben anziehen wollen.
Nun weiss ich gar wohl, dass darüber in meinen hinterlassenen
Instructionspuncten nichts gemeldet worden sei, weilen mir auch weder
damalen von einem dergleichen Contract, weder anjetzo das Geringste
wissend ist, dass von unserem Hof diesfalls mit dem päpstlichen
etwas geschlossen oder errichtet worden wäre, wohl aber, dass man
generaliter geredet habe, die Etapen zu bezahlen, inmassen auch
diese sonsten nicht der italienischen, sondern der neapolitanischen Cassa
gutzumachen obliegen thun.
*) Kriegs-A., Italien 1708 : Fase. I. 4.
Ich appx'obire zwar, dass zu diesem Ende 300 Pistolen nachge-
schickt und der Graf Rovero erinnert worden, künftig an des Herrn
General Daun's Excellenz einen Officier der weiteren Mittel halber
vorauszuschicken; Aveileu aber gedachtermassen diese Mittel von der
neapolitanischen Cassa zu bestreiten kommen, so wird auch von selbiger
die Refusion wiederum zu begehren sein, in's Künftige aber, um derlei
Inconvenienzien auszuweichen, man die Dispositiones ankehren, dass
derlei Marsch nicht mehr über Land, sondern über Meer dirigirt
werde.
Ich schliesse E. E. Kürze willen in Abschrift hiebei, was ich
mit mehrerer Ausführlichkeit unter heutigem Dato an den vorbenannten
Baron Martini (Martinsberg) überschreibe *), um dass Sie nicht allein
belieben wollten, Ein und das Andere in die Execution bringen zu
helfen, sondern auch darob zu sein, damit es geschehe und hiernächst
auch verfügt werde, was von E. E. daran dependiren thut; wessent-
wegen mich dann, was Sie mir der Recrutir- und Rimontirung halber
erinnern wollen, auf vorgemelte Copia gänzlich berufe und nur meines
Regiments halber annectire, dass freilich dasselbe allein sein völliges
Quantum überkommen habe, und zwar darum, weilen dies nicht ein-
mal so viel vonnöthen gehabt, als man anderen Regimentern ä conto
bezahlt hat.
Dass aber die Regimenter sich beklagen, dass ihnen die Recrut-
und Remontirungsgelder nicht in Gold bezahlt werden, lasse ich gar
gern zu ; ich sehe aber auch nicht, wie man der Cassa wohl aufbürden
könne, dass man eine so grosse Summe von 75.000 Pistolen in purem
Gold allein darschiessen solle, also dass die Regimenter sich zu helfen
gleichwohl sehen müssen.
Wegen der mantuanischen Verpflegung und nicht weniger der
pfälzischen Cavallerie werden E. E. eben durch das angeschlossene
Martini'sche Schreiben beantwortet, wobei ich dann Deroselben in par-
ticulari bestens recommandire, dass Sie auch Ihresorts Alles anwenden
und darob sein wollen, damit die von dem Herrn Obrist-Kriegs-Com-
missär Freiherrn von Martini (Martinsberg) an die Hand gegebene
Anticipation nicht allein bewerkt, sondern anbei auch gesehen werde,
weilen demnächsten gleichwohlen etliche Regimenter herausmarschiren
und mithin nicht so viel mehr vonnöthen sein wird, dass ein Theil
ersagter Anticipation zu dem Nachtrag des annoch erforderlichen
Recrut- und Remontirungs-Quanti angeordnet und mithin dasselbe in
totum bestritten werde.
*) In den Feld-Acten nicht vurhanden.
10
E. E. sage ich sclilicssliclien dienstlichen Dank für die ange-
schlossene General-TabeUa ') und dass Sie mir anbei sowohl zu denen
abgewichenen Weihnachts-Foiertagen, als erfolgtem Jahreswechsel so
wohlmeinend congratuliren Avollton, und verbleibe etc.
Schreiben in administrativen Sachen. Wien, 10. Jänner 1708^).
(Orif^iual in spanischer Sprache.)
Mein Herr ! In Beantwortung Ihres Schreibens vom 8. November
hinsichtlich der Belagerung von Lerida und der Gefahr, welche die
Citadelle lief, wegen Verzögerung des Entsatzes in die Hände des
Feindes zu fallen, rauss ich Ihnen nur wiederholen, was ich schon zu
anderen Malen gesagt habe, dass es nicht an mir lag, die dahin
designirten Truppen schon viel früher und zu einer Zeit einzuschiffen,
wo sie zur Erhaltung dieses wichtigen Platzes beitragen konnten. Ich
habe meinerseits die gemessensten Befehle wegen der schleunigen Aus-
rüstung dieser Leute gegeben ; allein die von den Escadre-Coraman-
danten ununterbrochen erhobenen ernstlichen Schwierigkeiten, sowie
die nach England gemachten Propositionen, deren Beantwortung abzu-
warten, man jedes Mal genöthigt war, haben eine so verderbliche
Verschleppung herbeigeführt, dass ich sie als die einzige Ursache der
Schädigung der königlichen Interessen ansehen muss.
Sie dürfen nicht zweifeln, dass ich meinerseits Alles aufgeboten
habe, um den besagten Commandanten die Einschiffung zu erleichtern,
entsprechend der Disposition in dem Schreiben an E s t a n h o p e
(Stanhope) und der Copie seiner Antwort auf Ihr Billet, welche Briefe
ohne Zeitverlust dem Admiral Belchs (Dilks?)^) mit den dringendsten
Vorstellungen, zum Zwecke der Beschleunigung der Expedition,
gesendet wurden; was man endlich erreicht hat, als die Comman-
danten, von deren Willkür Alles abhängig war, einwilligten.
Sie können hievon Seiner Majestät Mittheilung machen, damit
Höchstselbe von den vorangegangenen Umständen in Kenntniss sei,
und ich hoffe dadurch von jeder gegentheiligen ]\Ieinung freigesprochen
zu werden. Es hat mir eine tiefe Bctrübniss verursacht, den königl.
Befehlen nicht nach meinem besten Willen nachkommen zu können
— verharre aber in dem Wunsche, diesen stets für den Allerhöchsten
Dienst an den Tag legen zu können.
') In den Feld-Acten nicht vorhanden.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. I. 8.
') Name unleserlich.
11
Hinsichtlich der Reise der Königin, unserer Allergniidi<^sten Herrin,
erwarte ich mit der Rückkehr der Flotte die künigl. Entschliessungen
über das, was dem Allerhöchsten Wunsche gemäss zu veranlassen sein
wird. Gott erhalte Sie viele Jahre.
6.
An den GWM. und Hofkrieg-srath Grafen Lamberg".
Wien, 21. Jänner 1708 ')•
Auf des Herrn General-Wachtmeister vom 13. dieses ist zu erwarten,
was wegen Ueberlassung der fränkischen Regimenter für eine Antwort
erfolgen werde, indessen wäre es allezeit besser, wann man sie als
Eigenthum überkommen könnte.
Die denen dänischen Truppen ausgezahlte Summa Geldes muss
man in allweg sehen, dass es zu deren Remittirung angewendet werde,
wornach man sodann schon machen würde, dass dieselben aus Bayern
abmarschiren, gleichwie man dann auch auf diejenige Reflexion, so
der Herr General-Wachtmeister wegen Anordnung ihres Marsches zu
Wasser angemerkt hat, in allweg gedenken Avird.
So lasse ich mir nicht weniger dasjenige gegenwärtig verbleiben,
wessen der Herr General-Wachtmeister mich advertiren wollen, zumalen
einige Regimenter aus Italien in Hungarn abmarschiren sollten.
Der vertrösteten Landkarten bin ich gewärtig, und das Uebrige,
was mir Derselbe über den errichteten Tractat der Giesserei halber
erinnert, das dient mir zur guten Nachricht. Womit etc.
7.
An den G. d. O. Grafen Johann Pälffy. Wien, 25. Jänner 1708').
Euer Excellenz unterm 13. dieses an mich Erlassenes ist mir zu
sicheren Händen eingelofFen, und ich habe daraus des Mehreren ver-
nommen, was Sie des feindlichen Commissarii Sluga halber an die
Hand geben wollen.
Wann nun von diesem Mann die verhoffenden Dienste erwartet
und dieser zu solchem Ende gewonnen werden könnte, so wäre es
freilich eine gute Sache; bevor man aber dessen nicht positive ver-
sichert ist, so glaubte ich nicht, dass man die angetragenen 300 Ducaten
ihm vorhinein geben sollte, sondern ich wäre daher vielmehr der
1) Kriegs-A., Römisclies Reich 1708; Fase. I. 19.
*) Kriegs-A., Ungcaru 1708; Fase. I. 5.
12
Meinung, dass E. E. auf die erinnerte Weise inzwischen nur durch
Versprechungen Ein- und Anderes zu erforschen trachten und hin-
gegen versichern könnten, wann er Alles treulich referiren würde,
dass man ihm sodann diese oder eine andere Recorapense widerfahren
lassen wollte. Womit etc.
8.
An den Herzog- Friedricli von Sachsen-Gotha.
Wien, 25. Jänner 1708')-
Euer Liebden schätzbare Zeilen vom 2. dieses habe ich wohl
erhalten und daraus ersehen, wessen Sie mich Dero vier in Italien
stehenden Regimenter halber belangen wollen. Worüber Euer Liebden
in schuldiger Antwort unverhalte, dass, gleichwie ich auf ersagte Dero
Regimenter jedesmals eine besondere Consideration getragen, also auch
unerniangclt habe, an das kaiserliche allda in Italien stehende Kriegs-
Comniissariat zu rescribiren, damit dasselbe nicht nur der Fourage halber
die behörige Aushülfe vorkehren, sondern auch die verlangte Abrech-
nung des durch zwei Campagnen genossenen Proviants und Fourage
gepflogen werde; Euer Liebden im Uebrigen den schuldigsten Dank
erstattend, dass Sie mir über die glücklich zurückgelegte Campagne
zu gratuliren sich belieben wollen. Womit etc.
9.
An den Freiherrn von Zinzerling. Wien, 25. Jänner 1708 'j.
Aus Dero unterm 6. dieses abgelassenen weitläufigen Schreiben
habe ich zu einer grossen Vergnügung ersehen, dass endlich der
Succurs von Infanterie den 1. detto mit gutem Wind abgesegelt sei,
mich vom Herzen mit Deroselben darüber erfreuend, dass Ihre königl.
Majestät andurch gleich wohlen eine etwelche Hülfe überkommen, ein-
folglich die Wohlgesinnten in dem darinnigen ziemlich harten Zustand
getröstet werden und sehen mögen, dass sie nicht gänzlich abandonnirt
werden, sondern es an dem sei, Ihro königl. Majestät rechtschaffen
unter die Arme zu greifen, wozu ich meinesorts Alles in der Welt bei-
tragen und aus alleruuterthänigster Devotion Tag und Nacht den Eflfect
zu pressiren mir eifrigst angelegen sein lassen werde. Sehr wunderlich
aber sind mir vorgekommen die Chicanen, so beide Herrn Generals
') Krieg.s-A., Italien 1708; Fase. I. 2.
*) Kriegs-A., Spanieu 1708; Fase. I. 5.
13
Schellard und Effern bei der P^inschiffung gemacht haben, wobei
dann Dieselbe gar wohl gethan, ersagte beide Generals durch die
erinnerte Bedrohung von diesem ihren ungereimten Verfahren abstehen
zu machen.
Sonsten wünsche ich, nachdem endlichen die Schiff-Capitaine
dahin vermöget worden, gerade gegen Sardegna abzufahren, dass mit
Aussetzung des Taaffischen Regiments die Impresa glücklich ablaufen
möchte, alswie man dann auch, nach der darinnen habenden Ver-
ständnuss das Beste hoffen will.
Hingegen ist zu bedauern, dass sowohl wegen Transportirung
der Cavallerie, als anderer weiters hineinschickender Truppen und vor-
nehmlich der königlichen Braut halber die erinnerten Schwierigkeiten
sich hervorthun und die Sachen annoch in einem sehr ungewissen
Stande sich befinden, also dass die weitere Succurirung Spaniens allein
an dem hängt, dass mit denen Alliirten dero Transportirung halber es
ohne geringsten Zeitverlust richtig gestellt und von ihnen solche positive
Ordres daraufhin erlassen werden, womit eine sufficiente Esquadre
wiederum herüberkommen, die Zeit der Ankunft renominirt werden,
einfolglich die zu überschiffenden Völker auf den bestimmten Termin
gegen die Seeküsten anrücken können; zuvörderst aber von denen
Seepotenzen ein autorisirter mit sufficientem Befehl und Vollmacht
versehener Mann bestellt werde, der die absolute Direction über
die Einschiffung haben, alle Erfordernisse und Präparation dazu ver-
schaffen und wann sich ein oder andere Difficultät ereignen sollte, die-
selbe durch seine Autorität sogleich heben möge. Zu diesem Ende nun
hat man dem Herrn Grafen von Gallas in Holl- und Eug-land mit
nachdrucksamen Remonstrationen abgeschickt und denen Seepotenzen
anbei proponiren lassen, dass Ihro kaiserl. Majestät von Dero eigenen
Truppen noch eine Anzahl dahin nach Spanien destiniren wollten,
zum Falle dieselben dagegen die Mittel vorschiessen möchten, an deren
Statt hinwiederum andere Völker zu erhandeln und andurch die ab-
gebenden zu ersetzen, von welcher, der Seepotenzen darüber fassender
Resolution das ganze Werk dependiren thut; über welches zu Ihrer
nöthigen Information, wann Sie im Haag eintreffen, nichts Anderes
beizurücken weiss, als dass sie allda sowohl von dem Quiros, als
von dem Herrn Grafen Gallas selbst mündlich des Mehreren ver-
nehmen werden, was mau dahier in Ein- und Anderem vor Resolution
genommen und bei dickberührten Seepotenzen negotiiren lasse, wor-
über ich Ihnen zum Ueberflusse anschliesse dasjenige Gutachten *), so
') In flen FeUl-Acten nicht vorhanden.
14
ich von Seite des löbl. Hofkriegsraths-Mittels Ihro kaiserl. Majestät
binaufgegeben habe, welches Alles und der weitere mündliche Unter-
richt von vorgemelten Ministern Ihnen pro norma ihrer Negotiation
dienen kann.
Ich contirmire mich mit Deroselben gänzlich, dass es sehr schwer
und eine gar ungewisse Sache sein werde, zur Completirung der
churpfälzischen Infanterie die Recruten in tempore beizubringen ; zu
wundern aber ist es, dass diese Truppen nicht schon längstens hiezu
die Hand angelegt haben, alswie es auch an mir nicht ermangelt hatte,
dem General R h e b i n d e r in Zeiten zu erinnern, die zu diesem Ende
benöthigten Officiers hinauszuschicken, so er aber, weiss nicht warum,
unterlassen hat, dass also bei gegenwärtig weit avancirter Zeit auf
diese Recrutirung eine schlechte Rechnung zu machen sein wird.
Bei Transportirung der Cavallerie ist freilich der Bagage-Pferde
halber nöthig, ein Reglement zu machen, dann sonsten grosse Unkosten
vergebens aufgewendet, auch mehr andere Unterschleife vorbeigehen
würden.
Das Project über die künftigen Operationen Seiner königl. Majestät
habe ich hier bei Händen und hoffe, obschon Sie es nicht empfangen,
dass Sie es wenigstens bei dem Quiros finden werden.
Meinerseits habe ich noch vor Einlangung des Schreibens die
Anstalt schon gemacht, dass die dem Reventlau'schen Regiment noch
abgängige Mannschaft alsogleich zusammengeführt, dem ohne das mit
einigen Kranken zu Finale zurückgebliebenen Hauptmann übergeben
und sodann mit erster Gelegenheit insgesammt ihrem Regiment nach-
gesendet werden.
Das Hamiltonische Dragoner-Regiment, wann die Operation von
Sardegna glücklich von Statten geht, anstatt Taaffischen dahin zu über-
schicken und die Posten durch dasselbe versehen zu lassen, finde ich
nicht allerdings zu Ihro königl. Majestät Dienst zu sein, weilen es
Schade wäre, dieses in schön und guter Mannschaft bestehende Regi-
ment dortenhin vei-legen zu lassen, sondern vielmehr ein Mittel aus-
zusinnen, womit man demselben heraussen die Pferde verschaffen und es
Ihro königl. Majestät in vollkommenen berittenen Stand zuschicken könnte.
Ich hätte Selbsten gewunschen, die Gelegenheit gehabt zu haben,
dass mit Deroselben im Haag mündlich hätte sprechen können; die
gegenwärtigen vielen Occupationes aber häufen sich solchergestalten,
dass ich hierüber nichts Positives sagen kann.
In dem Uebrigen versichern Sie sich, dass an meiner Sorgfalt,
Mülie und Arljeit nichts unterlassen werde, was zu Beförderung Ihrer
königl. I^Iajestät Dienstes immer geschehen kann. Womit etc.
15
10.
Bericht an den König" von Spanien. Wien im Jänner 1708').
Euer könig-1. Majestät vom 6., 8. und 30. Novembris des abge-
wichenen Jahres sind mir zu allerunterthänigsten Händen eingeloffen,
worüber meine allergehorsamste Antwort sich darum bis liieher auf-
geschoben hat, Aveilen E. k. M. ehendcr nichts Gewiss- noch Sicheres
allerunterthänigst hätte beibringen können. Nachdem aber durch gegen-
wärtigen Courier an Dieselbe vom Hof aus eine ausführliche Relation
abgeschickt wird, so thue mich zwar raehrerentheils auf Dieselbe alier-
gehorsamst berufen, nichtsdestoweniger aber E. k. M. dabei allerunter-
thänigst berichten, wasgestalten Ihro kaiserl. Majestät allergnädigst
resolvirt haben, dass Dero Feldmarschall Graf Guido von Starhem-
b e r g zur Besorgung der allda zusammensetzenden Armada schleunig
dahin abgeschickt werden solle.
Ich bedauere über Alles in der Welt, dass ich andurch der
Gnade beraubt werde, mich zu E. k. M. Füssen zu werfen und in
Dero Allerhöchsten Dienst Leib und Leben aufzustellen, weilen Aller-
höchstgedachte kaiserl. Majestät bei dem dieserorten gefährlich aus-
sehenden Zustand für Dero Allerhöchsten Dienst zu sein allergnädigst
befunden haben, sich meiner geringen Person solchergestalt zu bedienen,
dass ich meiner besitzenden Charge wegen nicht allzuweit entfernt
sei, dass also E. k. M. hiemit allergehorsamst bitten sollen, auf mich
dessentwegen keine Ungnade zu werfen; wohingegen Dieselbe aller-
unterthänigst versichern kann, dass ich meinesorts bishero Tag und
Nacht pressirt und noch weiters pressiren werde, damit E. k. M. eine
ergiebige Hülfe zugeschickt und Sie mit starker Gewalt zu glück-
licher Ausführung des gegenwärtigen rechtmässigen Krieges unter-
stützt werden möchten, alswie man dann dem Grafen von Gallas
mit nachdrücklichen Remonstrationen an die Königin von Grossbri-
tannien abgesandt und anbei resolvirt hat, eine noch mehrere Anzahl
kaiserl. Regimenter zu E. k. M, abzuschicken, wann nur die See-
potenzen mit so viel Geld beispringen würden, dass man die ab-
schickenden mit Aufbringung anderer Völker ersetzen, hiernächst aber
man eben von Seiten gedachter Seepotenzen des Transportes halber
solchergestalt versichert sein könnte, dass es sodann nicht ergehen
möchte, wie es mit denen unlängst eingeschifften Truppen ergangen,
da E. k. M. am besten allergnädigst bekannt ist, wie lange es sich
aufgezogen habe, bis man endlich diesen ersten Transport zuwege zu
') Kriegs-A., SpnniGii 1708; Fase. I. 7.
16
bringen verraöget habe, wovon der für die eben dahin destinirte
Cavallerie bis auf diese Stunde nicht sicher steht.
Auf diese zwei Hauptpuncte nun kommt es an, wovon Dero-
selben zu dem Ende die allerunterthänigste Nachricht hiemit ertheile,
auf dass auch Dieselbe Ihres Allerhöchsten Orts die weitere Mass
hierüber allcrgniidigst abzufassen belieben möchten. Womit etc.
11.
An den Grafen Trauttmansdorff. "Wien, 1. Februar 1708 ')•
Dass Euer Excellenz unterm 7. dieses mich mit der Continuation
Dero werthesteu Correspondenz weiters beehren wollen, darfür sage
Deroselben hiemit dienstlichen Dank, und unter einsten auch in Ant-
wort, dass ich mit E. E. einer gleichen Meinung sei, wenn es Frankreich
wegen Neufchatel Ernst gewesen, dass es schon lang geschehen wäre.
Wenn E. E. des bewussten Passes halber für des Schultheissen
P e s w a 1 d an seinen Sohn abschickende zwei Bediente kein Bedenken
haben, so habe auch ich dabei nichts zu erwidern, weillen Sie, was
zu Ihre kaiserl. Majestät Dienst sei, am besten wissen werden.
Den erinnerten Franzosen in Finance-Sachen in Mayland zu
employiren, würde sich nicht wohl bewerken lassen. Ich will aber seine
Projecte durchgehen und sodann weiters sehen, ob man sich seiner
dahin bedienen könnte.
Dermalen sind die Mittel nicht vorhanden, für Spanien ein Regi-
ment anzuwerben ; wann aber künftighin es gleichwohlen geschehen
möchte, so will ich mir E. E. Erinnerung gegenwärtig halten und
Ihro davon Parte geben. Womit verbleibe etc.
12.
An den GWM. und Obrist-Kriegs Commissär Freilierrn von
Martini. Wien, den 4. Februar 1708 '^j.
Meinem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commis-
sario beantworte hiemit seine vom 10., 11. und 18. passato, dass wegen
Verabfolgung des zu Roveredo depositirten Gewehrs die erforderliche
Verordnung an das geheime Wesen zu Innsbruck allbereits ergangen,
einfolglich hierinfalls keine Difficultät mehr sein werde.
•) H. II. u. St. A.
») Kripo-s-A., Italien 1708; Fase. II. 2.
17
Wegen der sachsen-gothaischen Truppen prätendirenden Douccurs
weiss der Herr General- Wachtmeister wohl, dass man denenselben nichts
schuldig sei, haben auch ratione des Verflossenen von mir keine Ver-
sicherung, und weilen vielmehr wider ihnen Klagen einkomraen, dass sie
keine sonderliche Mannszucht in Quartieren hätten, sondern ziemlich exce-
diren thäten, so ist vonnöthen, hierauf gute Acht zu tragen, bei ihren
commandirenden Generalen dagegen zu protestiren und alle Excessen
genau anzurechnen.
Dem Cattenazi wollte zur Bezahlung seines Schuld-Kestes gar
gern helfen, wann nur auch die Mittel hierzu vorhanden wären, inmassen
der vorgeschlagene Modus, wann einige Regimenter in's Päpstliche
aus dem Mautuanischen verlegt würden, demselben sodann mittelst
einiger vacanten auszuhelfen, so wenig zu approbiren, als auch auf
diesen Fall gleichwohl die Mittel nicht zur Genüge vorhanden wären,
die übrigen in gedachtem Mantuanischen bleibenden Regimenter ver-
pflegen zu können. Indessen will ich dahier bei der löbl. kaiserl. Hof-
kammer nachsehen lassen, wie man ihm etwa helfen und retten möge.
Die Modalität, so mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-
Kriegs-Commissarius wegen des Nachtrages der vorjährigen Restantieu
von dem parmesanischen Clero gebraucht hat, approbire ich und wünsche,
dass der verhoffte Effect erfolgen möge.
Des Messners angeschlossene Rechnung dient mir zur guten
Nachricht, was aber die verlangenden Interessen betrifft, sehe ich
nicht, wie er es auch mit sonderlichem Fug prätendiren könne;
endlichen aber würde hier das Beste sein, sich mit ihm per Pausch
hierüber zu vergleichen, dergestalt jedoch, dass bei ohnedem unerkleck-
lichen Fundo es auf ein Geringes ankomme.
Ueber das mantuanische Quartierwesen wird in einer heute ange-
ordneten Conferenz deliberirt und sodann, was darinnen für gut
befunden wird, das Weitere erinnert werden.
Sonsten thut mein Herr General-AVachtmeister und Obrist-Kriegs-
Commissarius gar recht, dass, obschon die Summa der 50.000 florentini-
schen Pistolen erst auf den 25. des abgewichenen Monats gefallen sein
werde. Derselbe gleichwohl dem Courier die verlangenden Interessen
nicht accordiren thue.
Ich approbire, was Derselbe in der Abrechnung der preussischen
Douceurs-Gelder angeordnet, und diese muss also auch auf die erin-
nerte Weise beschehen, gleichwie es mit des Herrn Fürsten von
Anhalt Liebden also veranlasst worden ist und ich dessentwegen ein
Schreiben an den Herrn General-Major von Styllen hiemit an-
schliesse,
Feldzüge des Prinzen Eugeu v. Savoyeii. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. 2
18
Wegen der anderen zwei im Parmesan- und Piacentinischen
logirten Regimenter kann ich endlich geschehen lassen, dass man bei
der erinnerten Beschaffenheit anstatt 9 nur 8 wällische Pfund Haber
auf die Portion abreiche; hiervon ist aber auf den Staat von Mailand
nicht zu exemplificireu, weilen man die dort regalirte Fourage-Portion,
um dem Aerario, dem es sonsten allzu hoch kommen wäre, zu wirth-
schaften, also stipulirt hat. Diejenige Wirthschaft aber, so ersagte beide
Regimenter bei der Mund- und Pferd-Portion treiben, kann ihnen
darum nicht übel ausgedeutet, noch abgestellt werden, weilen die
Dienstpferde bei solcher Verringerung des harten Futters, wann sie
in Quartieren sich befinden und nichts zu thun haben, endlichen noch
wohl bestehen können ; sonsten aber der Herr Greneral- Wachtmeister
weiss, wie die Regimenter an Montur abgerissen und dahero alle Mittel
zusammensuchen müssen, sich zu helfen, so gut sie können, um den
Reiter und Dragoner in Stand zu setzen; ausser mein Herr General-
Wachtmeister und Übrist-Kriegs-Coramissarius wüsste einen ergiebigen
Fundo hiezu zusammen zu bringen. Ich aber wollte wünschen, dass
auch die übrigen Regimenter sich dieser Wirthschaft bedienten; dann
wann auch das Pferd ausgemästet, der Mann zerrissen und zerlumpt
ist, so wird doch der Kaiser dadurch den Dienst nicht also ver-
sehener haben, wie ein wohlbewehrter und bekleideter Soldat prästiren
solle. Es ist aber dabei auch recht, wie der Herr General- Wachtmeister
erinnert, dass bei der Ersparung an der Mundportion der Soldat nicht
gleichwohl unter der Hand die völlige Portion hinwiederum exigire?
worüber an seine Gehörde das Weitere rescribire.
Nächst diesem haben die Regimenter auch Recht, dass sie
das Geld von denen übel Berittenen verkauften Pferden nicht ad
cassam liefern, sondern eben zur Montur appliciren; billig aber
ist es dabei, dass sie es dem Commissariat ordentlich verrechnen
und ihnen dieses sodann ä conto ihrer Rückstände angerechnet
werden solle.
Die Difficultät, so sich bei der Delogirung der zwei chui-pfälzi-
schen Regimenter bei Seiner königl. Hoheit ereignet hat, habe ich alle-
zeit vorgesehen, ist dahero schon recht geschehen, dass andere Orte
assignirt werden ; ersagten Regimentern aber kann ich endlichen nicht
Unrecht geben, wann sie dem Recess nach die 6 n. ö. Pfund Haber
prätendiren thun. Mein Herr General-Wachtmeister und (Jbrist-Kriegs-
Commissarius hat also hiebei die Veranstaltung anzukehren, dass man
hierinfalls. um alle Excessen zu vermeiden, in Zeiten aushelfe, indem
sie den Haber ohnedem wieder vergüten und bezahlen müssen, ein-
folfflich das Aerarium dadurch nicht zu kuiz koimiit. worüber ich aber
19
dem Herrn General-Wachtmeister mit nächster Post etwas weitläufiger
schreiben werde.
(Die Fortsetzung des Briefes euthält Uuwichtiges.)
P. s.
Auch erhalte meines Herrn General - Wachtmeisters andere
3 Schreiben vom 22,, 23. und 25. passato ; weilen mir aber die Zeit
zu kurz ist, dieselben heute zu beantworten, so sage allein, dass, soviel
die suchenden Anticipationes betrifft, die Nachträge der Rimonten- und
Recruten-Gelder bereits richtig gestellt und also nicht mehr vonnöthen
sei, hierauf zu reflectiren ; der Brentano aber könnte als Cassier,
ohne seinetAvegen eine Anticipation zu machen , sich in's Künftige
hinaus von selbsten bezahlt machen; mithin wäre sothane neu suchende
Anticipation um ein Merkliches zu erleichtern, womit nicht in infinitu
Alles vorhinein aufgezehrt werde. Wann es aber ad effectum gebracht
ist, so könnte man auf einen neuen Haber-Contract davon darangeben,
denen Regimentern im Mantuanischen helfen und denen Huszaren ihre
Rimonta bezahlen.
13.
An die kaiserl. Administration in Bayern. Wien,
4. Februar 1708')-
Einer löbl. Administration wird unentfallen sein, was ich in specie
wegen des Ausstandes des löblichen in Italien stehenden Hayducken-
Regiments kurz vor meiner Abreise aus Mailand geschrieben habe.
Wann nun ersagtes löbl. Regiment völlig abgerissen und nackt
und bloss, zu dessen Montirung aber kein anderer Fundo vorhanden
ist, als vorgemelter in Bayern haftender Ausstand, so habe ich Eine
löbl. Administration dieses Regiments halber hiemit in particulari
ersuchen wollen, die beliebige Verfügung zu thun, auf dass dasselbe
sogedachten Ausstand erhalten, einfolglich zu Prästirung dessen Kriegs-
dienst in behörigen Stand dadurch gebracht werden möge. Womit etc.
14.
BericM an den Kaiser. Wien, 5. Februar 1708').
Demnach äusserlich zu vernehmen ist, wasgestalten bei Euer
kaiserl. Majestät Regimentern die höchstschädliche Eigennützigkeit,
') Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. 3.
2) Registr. des R. K. M., Februar 1708, Nr. 112.
20
dass die Obristo die Chargen abcrmalen um das Geld verhandeln und
hingeben, in Schwung zu gehen beginne, hingegen aber solchem Unfug
kräftigst zu steuern, von E. k, M. allerseligst in Gott ruhenden Herrn
Vaters Majestät ein scharfes Patent, wie es die beiliegende Copia ')
zeigt, erlassen; und obzwar solches von E. k. M. bishero nicht con-
iirmirt worden, gleichwohlen aber Dero Dienst allerdings erfordert,
dass selbiges beobachtet und dahero auch zum mehreren Nachdruck
von Deroselben bestätiget werde*, also hat E. k. M. der gehorsamste
Hof kricgsrath solches zu Dero allergnädigster Uebersehung und Genehm-
haltung in Unterthänigkeit hiemit hinaufgeben wollen, sich anbei etc.
Resolution des Kaisers :
Ich approbirc iu allweg, dass dieses Patent wieder confirmirt und
bestätiget werde.
Joseph m. p.
15.
(Während des Druckes ausgeschieden worden.)
16.
Referat an den Kaiser. Wien, 11. Februar 1708^).
Es hat der Churfürst von Hannover durch eigene Staffetta
unterm 10. Jänner ersthin sich auf seine beiden dem Generalen T h ü r-
heim mitgegebenen weitläufigen Relationen und Puncto vom 8. Novembris
erst abgewichenen Jahres sowohl, als die zu Frankfurt mit dem Grafen
von Wratislaw gehaltene Unterredung bezogen, bedauert aber, dass
die gehoflFte Operation an der Mosel zerfallen und nicht weniger der
mit dem Churfürsten von Mainz angetragene Fundus von einer Million
Reichsthaler für die Kriegs- und Operations-Cassa im Reich, um ein
und andere Nothwendigkeiten xu Behufe der schweren Artillerie und
Erzeugung benöthigter Requisiten, besonders aber einen guten Theil
der sächsischen Cavallerie, wie auch einige Tausend Mann Infanterie
bei dem Frankfurter Kreis oder sonst hier und dort im Reich aufbringen
zu können, in solchen Anstoss gediehen sei, dass die angezielte gute
Intention fast nicht mehr zu erhoffen wäre, so er, der Churfürst,
ungeachtet ein und anderer associirter Kreis dazu sich willfährig
erklärt, meistens der von Churpfalz widrig gethaner Declaratiou zuge-
muthet, also dass er bei sogestalten Dingen kein ferneres Mittel, dem
obwaltenden Nothstand zu steuern, absehen könnte, als was Euer kaiserl.
') In den Reg^istraturs-Acteu nicht vorhanden.
«) Kriegs-A., Kömisdies Reich 1708; Fase. II. 11.
21
Majestät durch Dero höclisterlauchtes Urtheii fürsinnen würden ; denn
seinesorts wüsste er nach obtragender Schuldigkeit zu solchem Ende
nichts Anderes in Vorschlag zu bringen, als:
1. Ob nicht der Churfürst von Pfalz auf das AUerfördersaraste,
um seine Truppen wiederum agiren zu machen, zu befriedigen wäre.
2. Ob nicht E. k. M. mit dem fränkischen Kreis, um die ausser
dessen Reichscontingent haltenden Bataillons auf 4000 Mann zu
errichten und solche der Reichs- Armada beizustellen, und zwar baldigst
tractiren lassen wollten.
3. Ob nicht die dänischen in Bayern bishero gewesten Truppen
im completen Stand am Rhein gebraucht werden könnten.
4. Dass zu Regensburg nicht allein die zwei Simpla zu 200.000 Reichs-
thaler, sondern auch ein mehrerer Beitrag zu der Operations-Cassa,
um solche nicht in der Idee, sondern im Werk zu stellen, in Vertrag
und Richtigkeit gebracht werden möchte; und
5. ob nicht E. k. M. allergnädigst geruhen wollten, die Einkünfte
der von dem gewesten Churfürsten von Colin, Erz- und anderer Stifte,
dass man darauf eine Geldsumma behandeln könnte, zu assigniren,
sodann
6. wegen der von der Stadt Hamburg anstatt dero Reichs-
Contingents in natura abgebenden Quanti zu verfügen, was E. k. M.
durch seine, des Churfürsten, Residenten bereits vorgetragen worden.
Uebrigens hätte der Churfürst noch vor seiner Abreise veranstaltet,
dass zu Philippsburg ein Magazin von Haber und Heu auf 400.000 Ra-
tionen für die Truppen, welche keiue Reichs- noch Kreis-Contingentien
sind, noch einige extraordinari Anstalten zu derlei Nothdurften machen
würden, eingerichtet werden möchte ; es bleibete aber eine Hälfte
darvon wegen ermangelnder Bezahlung zurück und wäre darzu auch
in der Operations-Cassa kein Fundus besage der von dem Feld-
maischall Baron von T h ü n g e n eingeschickten Berechnung mehr
übrig, ob welcher dann der Churfürst auch den annoch erscheinenden
grossen Abmangel an Perfectionirung der Linia ersehen hätte, wor-
über er dann bei denen associirten Kreisen, als denen nächst an der
Gefahr gelegenen, der Nothdurft zwar vorgestellt, gleichwohlen aber
darum keinen Erfolg verspürte, also dass er auch bemüssigt worden,
an die Reichsversammlung zu Regensburg all' solche Nothdurften zu
gemeinsamer Rettung zu erinnern.
Diesemnächst hat er, der Churfürst, auch unterm 19. Jänner
E. k. M. ei'beten, dass Selbige den Inhalt seines erstermelten Schreibens
vom 10. an das Reichs-Convent mittels Dero kaiserl. Commissions-
Decrets zu möglichster Beförderung recommandiren, sodann mit Dero
22
höchstem Beifall dem Keich dahin vorzujo^ehen allergnädi<jst ojelieben
möchten, auf dass die in dem Keichs-Conclusü verflusseueu Jahres zu
Behuf der Operatious-Cassa dem österreichischen Kreis zugetheilteu
61.278 Gulden sammt der Quota der von E. k. M. dermalen inne-
habenden bayerischen Landen zu denen in besagtem Concluso dem
bayerischen Kreis angesetzten 18.254, so umgesäumt wirklich in die
Operations-Cassa erlegt worden, woraus dann der willigen Stände förder-
samer Beitrag ergeben, gegen die saumseligen aber die Gelegenheit
mit desto grösserem Beifall und Nachdruck die nöthigen Anhaltungs-
mittel vorkehren zu können öfter n wird.
Opinio :
lieber diese beiden Schreiben die behövige Deliberation zu fassen, was
dem Churfürsten zu antworten, oder sonsten zu Wohlfahrt der gemeinen
Sachen E. k. M. einzurathen, oder aber von Deroseits gleich zu bewerken
wäre, sind bei Dero Obristhofmeister Fürsten von Salm, Dero Reicbs-Hofraths-
Präsideut Graf von Ottingen, Dero Hofkriegsraths-Präsident Prinz E u g e n i u s
von Savoyen, österreichischer Hofkanzler Baron von Seil lern, Hofkriegs-
raths-Vice-Präsident Graf von Herberstein und Reichs-Vice-Kanzler Graf
von Schönborn den 9. dieses zusammengetreten, und hat Dero Hofkriegs-
raths-Präsident gleich vorläufig informirt, wasgestalten an den gehorsamsten
Hofkriegsrath die von dem Churfürsten eingelangte, von dem Grafen von
Thürheim mitgebrachte Relation A'om 8. Novembris sehr spät herabkommen,
er, Hofkriegsraths-Präsident, aber kurz nach seiner Ankunft solche mit Dero
Hofkaramer und Commissariat neben denen vom Grafen Thürheim in Copia
eingereichten Puncten überlegt, auch ein gehorsamstes Referat darauf abgestattet
hätte, so auch anuoch bei E. k. M. uuerörtert geblieben wäre, also dass er,
Hofkriegsraths-Präsident, um den Churfürsten nicht so lange ohne Antwort
zu lassen, in Uuterthänigkeit für gut angesehen, mit einem kleinen Bericht
solche inmittelst in generalibus abzufassen und vor einer geraumen Zeit
E. k. M. hinaufzugehen, welche dann erst vor etlichen Tagen herabkommen
und dem Churfürsten per posta zugeschickt worden, also dass von Seiten
des gehorsamsten Hofkriegsraths bei dieser so importanten Sache man nichts
unterhiH.'^en habe. Um aber auf des Churfürsten angezogenen Punct der
Operation halber zu kommen, so hätte selbiger zwar solchen dahin erläutert,
dass man von Seiten der Alliirten von der vorgeschlagenen Operation an
der Mosel abkommen wäre, und weilen ex parte militari für beschwerlich
angesehen wird, ein verläss- und zulängliches Consilium sowohl wegen einer
Offensiv- als Defensiv-Operation zu nehmen, da im ersten Falle zwei Armaden
mit allen erforderlichen Requisiten unumgänglich nöthig, solche aber auf-
zubringen, der Alliirten Beithun unentbehrlich, und dahero mit ihm desshalben
erst das weitere Concert zu nehmen wäre ; andertentheils hingegen vermittels
deren habenden Truppen die beiden Festungen Freiburg und Landau mit
allen Nothwendigkeiten versehen, sodann die Linia von Philippsburg aus längs
des Rheins bis Daxlanden, von dannen bis Ettlingen und so fort weiters
über das Gebirge am obern Schwarzwald, mithin ein District gegen die
50 Meilen Weges verwahrt, wohl ausgeführt und befestigt, auch mit denen
23
bedürftigen Magazinen versehen werden müsste, um den feindlichen Einbruch
bestmöglich abzuhalten, oder zu hintertreiben, so doch auch hart allerseits
zu bewerken sein dürfte. Also wäre dem Cliurfürsten diesfalls zu bedeuten,
dass man auf eine andere Unterredung wegen künftiger Operationen mit
denen Alliirten antrage, und sich hienach zeigen werde, was für Absehen
gefasst werden, und dass E. k. M. Ihresorts soviel als immer der Ihnen hart
obliegende anderwärtige Kriegslast es zugestattete, nach äusserstem Vermögen
beitragen wollten, inmassen dann
ad 1™'"" -wegen der churpfälzischeu Anliegenheiten Sie bereits all'
Behöriges angewendet, und wäre auch zu hoffen, dass auf andringenden
Nothfall der Churfürst mit seinem angewendeten Eifer dem Publicum nicht
entfallen werde, dass aber E. k. M. von selbigem nicht mehrers, als durch
eine Handlung 4000 sammt dessen Contingent von 2500 Mann zu hoffen
hätten.
ad 2'^"™ wäre von E. k. M., um die fränkischen vier Bataillons
eigenthümlichen an sich zu bringen und an dem Rhein zu gebrauchen,
schon der Antrag beschehen, um die zwei eigenen Regimenter zu Fuss, falls
solche über den bereits unentgeltlich verw^illigteu Succurs zu mehrerer Hülfe
nacher Spanien verlangt, die See-Potenzen auch die Mittel herschiessen
würden, selbige in natura wiederum zu ersetzen. Dafern aber solche auf
angeregten Fall nicht eigenthümlich überlassen werden wollten, müssten
E. k. M. endlichen sich um andere Tru^ipeu, die berührte Ersetzung zu
bewerken, umsehen, und könnten solchemnach auf Dero Kosten allein ermelte
fränkische Völker nicht über sich nehmen, welche Beschaffenheit es auch haben
würde, wann der vermeinte letztere Succurs aus Abmangel der Ersatzungsmittel
zurückbleiben sollte, zumalen E. k. M. alsdann in Beibehaltung Dero eigener
Regimenter dergleichen fremde beizubringen nicht wohl über sich nehmen
könnten ; insonderheit da Sie ohnedem daran wären, bereits einige Regimenter
aus Italien zu ziehen, wie dann Fels und Reising zu dem Herauszug schon
beorduet worden, und deren übrigen Abforderung bloss auf obangezogener
Resolution der See-Potenzen wegen erdeuter Ersetzuugsmittel beruhete.
ad 3''"™ die dänischen in Bayern stehenden Truppen betreffend, stünde
noch dahin, wessen gegen E. k. M. der König in Dänemark auf den letzten
Courier sich eigentlich erklären werde ; jedoch wäre dem Churfürsten vorzu-
stellen, dass auf gedachter Truppen Dienst im Reich wenige Rechnung zu
machen wäre, indem selbige fast in lauter Bayern bestünden und häufig daroben
desertiren dürften ; und hat man dahero auch allstets darauf beharrt, solche
in Hungarn zu ziehen, da von diesem allein die hungarische Armada unent-
behrlich könnte und müsste verstärkt werden , so doch dem Churfürsten
dermalen noch nicht zu sagen wäre.
ad 4*«™ wegen Verfügung der Operations-Cassa, soviel als die beiden
Simpla betragen, w'ollten E. k. M. nicht allein Ihresorts sowohl ratione des
dem österreichischen Kreis zugetheilten Fünftels , als auch der auf dieselbe
wegen Bayern kommenden Quota die Bezahlung leisten ; wie dann von Dero
Hofkammer die Hälfte solcher Summa wirklich würde Übermacht werden, die
änderte Hälfte aber innerhalb 8 oder 14 Tage nachfolgen solle. Belangend
aber die Million Reichsthaler und den Erhalt des churfürstlichen Briefes, so
hätten E. k. M. bereits durch Dero kaiserl. Commission bei dem Reichs-Convent
desswegen die Nothdurft mit Nachdruck erlassen. Es könnten auch E. k. M.
24
zu mehrerer Beförderung der Sachen die Verordnung an Dero Hofkammer
ertheilen, dass auf die iJOO.OOO fl., so Dero Antheil respective des Fünftels
betrifft, 100-000 fl- i» Bereitschaft gehalten werden möchten, um solche,
sobald als dieses Werk resolvirt, ungesäumt erlegen zu können ; die anderen
200.000 fl. aber wären erst alsdann zu übermachen, wann die Anderen ihr
Quantum einschaff'en würden, angesehen nicht billig wäre, ehe und bevor die
Uebrigen das Ihrige leisten, dass E. k. M- Ihre Quotam beitragen, und wäre
zu wünschen , dass auch die anderen Potentiorcs zu der Nachfolge dieses
Beispiels sich bequemen möchten oder zulänglich beigetrieben und augehalten
werden könnten. Die gehorsamste Deputation hat zwar hierinfalls unvorgreiflich
vermeint, so aber dem Chuvfürsten nicht zu eröffnen wäre , dass dergleichen
morosos potentiores zu ihrer Schuldigkeit zu treiben, mit denen See-Potenzen
zu reden wäre , um mit ihnen zu veranlassen , wie derlei Executionsmittel
ergriffen werden und verfangen möchten, obzwar nicht ohne sei, dass incon-
veuieut sein würde, auswärtige Potenzen in Eeichsvorfallenheiten contra Status
iuiperii einzuflechten ; es möchte aber auch der Churfürst seinesorts hicsrunter
seinen Credit und Kräften beitragen, damit dieses so heilsame Hauptwerk in
Gang und Stand gerichtet werden möge.
ad 5'"™ betreffend die von dem gewesten Churfürsten aus Colin gehabten
reditus, so wollten zwar E. k. M., obwohlen solche jure imperatorio unstritt-
lichen Ihnen gebühreten, darmit beliebig zu schalten und zu walten, jedoch
aus reichsväterlicher Vorsorge damit dem Publico nicht entgehen und dahero
bedacht sein, was etwa aus Colin und Hildesheim zu erwerben und zu
bekommen sein werde. Zu bedauern aber wäre, dass aus Lüttich nichts, von
Regensburg aber gar wenig zu hoffen sei; es möchte aber E. k. M. aller-
gnädigst belieben, desshalben eine Conferenz. wie schon öfters davon gemeldet
worden , anzuordnen , um der Sache auf den Grund zu sehen , ob und was
eingegangen, oder wohin die Verwendung beschehen, oder was da und dorten
eingebracht werden könnte.
ad 6'"™ hätte E. k. M. Hofkammer pro publicis erogationibus auf das
Lübecksche und Bremische Quantum bereits anticipirt, Hamburg aber stünde
in Unruhe und innerlicher Empörung, also dass auch von heuer bis zukünf-
tiges Jahr auf solche Contingentsgelder kein Staat zu machen. Es will aber
die gehorsamste Deputation hiebei nicht unangeregt lassen, wasmassen bishero
gar unanständig beschehen sei , dass derlei Gelder, so anstatt der Reichs-
Contingentien erlegt worden, ad alios usus wären verwendet worden, da doch
E. k. M. Allerhöchstes kaiserl. Amt und die Gerechtigkeit von selbsten
erforderten, dass solche, wo nicht das Contingent in natura gestellt worden,
directe in die Reichs-Casse gelegt und von dort aus ad communes puplicos
usus gebraucht werden, und dahero billig wäre, wann E. k. M. entkräftes
Aerarium es zugebete, dass sogedachte Anticipation wiederum ersetzt würde.
Uebrigens und letztlichen wollten E. k. M. aus der nun beschehenon
Bezahlung Dero quotae der zwei Simplen wegen Perfectionirung der Linia
Alles angelegentlich verschaffen lassen, sodann Dero Hofkammer und Commis-
sariat gemessen mitgeben, dass der Abgang an Winter - Magazin für Dero
Truppen beigebracht werde. Welches dann Alles ist, so dem Churfürsten auf
obgeniclte beide seine Briefe unvorschreiblich zu antworten wäre, wie dann auch
E. k. M. liiemit der Aufsatz davon zu allergnädigstcn Genehmhaltung hinauf-
gegeben wird, so nun bei Dero Allerhöchster Resolution beruht. Womit etc.
25
17.
An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 11. Februar 1708*).
Euer Excellenz schliesse ich liicmit bei, was icL unter heutigem
Dato abermalen an den Herrn GWM. und Obrist-Kriegs-Commissa-
rium Ereiherrn von Martinsberg überschreibe ^), damit E. E. von
Ein- und Anderem vollkommen informirt seien und sich dessen zu
Ihrer fernweiteren Direction bedienen, sodann aber darob sein wollen,
damit sonderlich dasjenige, was ich der churpfälzischen Regimenter
Excessen halber überschreibe, meiner Intention nach observirt, und
wann keine Güte nicht mehr verfangen wollte, auch wirklich exequirt
werde. Zu welchem Ende E. E. belieben wollen, ersagte Truppen noch
einmal zu warnen, sie zur Haltung scharfer Kriegs - Disciplin mit
Nachdruck anzumahnen und endlich zu protestiren, wann Dieselbe
gezwungen sein würden, diesem meinem ergangenen Befehl den wirk-
lichen Vollzug zu leisten.
Hiernächst aber beantworte ich E. E. wertheste drei Schreiben
vom 7., 25. und 27. passato und approbire, dass diesfalls, wie man an
Sie verlangt hat, kein Regiment nacher Final di Spagna zu Verstär-
kung der dortigen Garnison abgeschickt haben, massen von einer
solchen Nothwendigkeit zu sein nicht finde, sonsten aber ohnedem
befohlen habe, dass man die dem Reventlau'schen Regiment aunoch
von anderen Regimentern restireuden 206 Mann dem Herrn Haupt-
mann V 0 d r o p p übergeben solle, gleich E. E. eben obangeschlossener
Copie dessen, so ich an den Herrn Baron von Martinsberg über-
schreibe, mit Mehrerem beliebig ersehen werden, womit die Garnison
zu gedachtem Final di Spagna ohnedem eine Verstärkung überkommt.
Inzwischen aber lasse ich es gleichwohl dabei bewenden, dass von der
Garnison zu Pavia nacher Tortona Interim 250 Mann verlegt worden.
Dass Sie dem Herrn Obristlieutenant R o v e r o anbefohlen, die
nachgeschickten 300 Doppien dem Herrn Kriegs-Coramissario Fritz
einzuhändigen, daran ist schon recht geschehen; ins Künftige aber
wird von dort aus kein Marsch nacher Neapoli gehen, sondern man
wird die Disposition machen, dass die dahin gehörigen Recruten durch
die kaiserl. Er blanden von hier aus directe an die Meer-Porten befördert
und auf dem Wasser hinübergeschickt werden.
Was E. E. wegen des Recruten- und Rimonta-Restes der Caval-
lerie melden, werden Sie aus meinem Letzteren bereits ersehen haben.
•) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. II. 5.
^) Siehe die nächste Nnmmer.
26
dass diese dahier richtig Seemacht worden, und mithin darinnen darauf
zu gedenken nicht mehr nöthig sei.
Betreffend den Abmangel des Hartfutters und die Subsistenz der
im Mantuanischen delogirten Regimenter, berufe ich mich ebenfalls
auf dasjenige, was ich durch die Anfangs angezogene Copie hierüber
au den Herrn Baron von M a r t i n s b e r g mit mehrerer Ausführlich-
keit schreibe, und nicht weniger über das bei dem Herrn Cardinalen
Archin to conforentionaliter überlegte päpstliche Schreiben ratione
des parmesauischen Cleri haftenden Ausstandes antworte.
Wann aber des Herrn Prinzens von Württemberg Liebden
in Italien wieder zurückkehren sollten, so werden Sie ihn in einem
Posto im Mailändischen anstellen können.
Was den Marsch der königl. preussischen Truppen wegen Neuf-
chätel anbelangt, werden zwar E. E. aus meinem Vorigen schon ersehen
haben, dass ich zweiflete, ob es dazu kommen werde. Zum Fall es
aber dennoch geschehen möchte und die Truppen absolut marschiren
thäten, so hätten E. E. eine Protestation dagegen einzulegen, das
Brod aber wäre nicht weiter als bis an die Grenze abzufolgeu, gleich
ich dem Herrn Baron von M a r t i n s b e r g vor einigen Posttagen
dessen bereits erinnert habe. Womit etc.
18.
An den GWM. Martini Freiherrn von Martinsberg-.
Wien, 11. Februar 1708')-
Was mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Com-
missarius unterm 22., 23. und 25. passato, und zwar guten Theils in
Antwort auf meine vorhergegangene an mich in ziemlich weitläufigen
Terminis erlassen hat, das habe aus dem Enthalt dessen mit Meh-
rerem vernommen, worüber Demselben eine Antwort hiemit punctatim
anfüge, und zwar:
1'°" approbire über mein Voriges all' dasjenige, was wegen Col-
lectation des parmesanischen Cleri annoch haftenden Ausstands für
ein medius terminus erdacht und auf das darüber von Seiner päpst-
lichen Heiligkeit an den Herrn Cardinalen daselbst eingeloffene eigen-
händige Schreiben conferentialiter deliberirt und durch einen eigenen
Courier an sogedachte Seine päpstliche Heiligkeit in Antwort geschrieben
worden.
Ich wünsche zwar mit meinem Herrn General- Wachtmeister und
Obrist-Kriegö-Commissarius, dass hierüber der verhoffende gute Effect
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. II. 6.
27
erfolgen möge; zum Fall es aber niclit geschehen möchte, so muss
endlich dasjenige Mittel, ohne weiteren Ansehen ergriffen werden, wo-
mit dieser Ausstand eingebracht und die darauf angewiesenen Preussen
befriedigt werden können. Sollte aber dahier etwas in contrarium
resolvirt werden, so will ich davon parte zu geben unermangeln.
2''° ist an Nachschickung der württembergischen Tabelle schon
recht geschehen, thut auch dasjenige auf sich beruhen, was mein Herr
General-Wachtmeister und Christ - Kriegs-Commissarius wegen später
Einschickung der General-Tabelle zur Entschuldigung annectirt hat.
3"° berufe mich wegen des Rimont- und Recrutirungs-Restes der
darinuigen Cavallerie auf dasjenige, was ich in meinem mit jüngst-
abgegaugenen Courier an Denselben Erlasseneu per P. S. (postscriptum)
beigerückt habe. Es hat also damit seine Richtigkeit, mithin ist es
auch nicht mehr vonnöthen, darinnen um einen Fundum hiezu umzu-
sehen, oder eine so hohe Anticipation per 30.000 Doppien einzugehen,
da auch sonsten auf diese Weise die Fondi in infinitum hinein vor
der Zeit consumirt würden, weilen das Suppositum von sich selbsten
zerfallet, dass die von den italienischen Fürsten, Republiquen und
Feudatariis accordirenden Anticipationes über 100.000 Pistolen be-
tragen sollten.
Es ist gar recht, und meiner vorigen Verordnung gemäss, dass
der Wechsler M e s s n e r bezahlt werde ; was aber den Brentano
betrifft, vermeinte ich umso unnöthiger zu sein, zu seiner Bezahlung
die suchende Anticipation umsomehr zu erhöhen und darum Unkosten
zu machen, als er eben denjenigen Fondo, so mein Herr General-
Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius hiezu verpfänden will,
in Händen hat und sich selbsten bezahlt machen kann. Gleichwie
aber über dieses dannoch ein und andere unentbehrliche Ausgaben
zu bestreiten kommen, und zuvörderst auf eine ergiebige Lieferung
an Haber zu reflectiren, auch dahin zu gedenken ist, dass man denen
im Mantuanischen nothleidenden Regimentern aushelfe; dann obschon
zu Erzeugung derenselben Verpflegung die Virgilianischen Güter zu
verkaufen dahier resolvirt und weiters an die dortige löbl. Admini-
stration geschrieben worden, alle Cameral-Gefälle und andere Ein-
künfte soweit hinaus, als man kann, zu verpfänden und pro militari
anzuwenden : so ist doch gleichwohlen zu zweifeln, ob all' dieses, so
schleunig als es vonnöthen ist, zu Stand und in seine Richtigkeit ge-
bracht, auch das Geld darauf sogleich erhoben werden könne. Ich halte
hierbei auch genehm den Gedanken, so mein Herr General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegs-Commissarius hat, von der aufbringenden
Anticipation beider Huszaren-Regimenter Rimontirung unter einsten zu
28
bestreiten ; dass aber hiebei die Offieiere mit denjenigen respectiven
20 und 25 Reicbstbalern, welcbe vor diesen auf einen übel berittenen
und zu Fuss befindliehen Huszaren ausgezahlt worden, sich nicht ver-
gnügen lassen wollen, glaube ich gar gern, indem die pure Unmög-
lichkeit dessen gar leicht zu erklären ist.
Wäre solchemnach des Dafürhaltens, dass man 25 bis 30 Reichs-
thaler- nebst einem Sammelplatz und denen Etapen auszahlen und
assigniren lassen, sie aber sodann anhalten könnte, gute und taug-
liche Pferde hineinzuschaffen.
4'" finde ich bei der von dem Herrn General- Wachtmeister und
Obrist - Kriegs - Commissarius dem auch General- Wachtmeister Herrn
Grafen Königsegg vorgeschlagenen Anticipation per 25.000 Doppien
das Beste zu sein, wann man, wie derselbe meldet, ungeachtet der bis
in August hinein bereits verwiesenen Intraden nichtsdestoweniger mit
denen proponirten Wechsel-Negotianten auf obgemelte Anticipation
schliessen, die aufgenommenen 10.000 fl. und 4000 Doppien davon
abstatten und sich also der grösseren Summa prävaliren thäte ; ich
berufe mich aber in dieser Materie auf dasjenige, was ich im vorher-
gehenden Punct mit Mehreren! gemeldet habe, womit man dann wegen
Bezahlung der Artillerie und des dazu gehörigen Ochsen-Fuhrwesens,
endlich auch wird zurecht kommen und mithin selbige sammt denen
Regimentern, soweit als die Mittel zulängig sein werden, bezahlen
müssen ; was aber deren Reparirung belangt, ist dahier darauf bereits
retlectirt und diese in die Repartitiou gebracht worden.
Dass mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Com-
missarius diejenigen 52 Ochsen, welche am Fleisch gut, zum Zug
aber nicht mehr tauglich, denen in Mantua stehenden Regimentern
ä conto ihrer laufenden Verpflegung zum Aushacken angewiesen: da-
bei hat es sein gutes Bewenden.
Die herauszugehen habenden Regimenter werden hoffentlich ihren
Marsch schon angetreten haben, oder wenigstens schon antreten, mit-
hin wird auch die erinnerte P^nthebung bereits vorhanden sein, ein-
folglich nicht nur die Regimenter in ihren Stationen mehreres erwei-
tert werden, sondern man auch mit der Fouragc länger auskommen
können, besonders wann mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-
Ki'iegs-Commissarius meiner jüngsten Erinnerung nach anstatt der
Reising'schen im Gnastalh^sischen gelegenen Compagnien so viel andere
nach deren Ausmarsch dahin verweisen und einquartieren wird. Zum
Fall aber mit der Fourage die völligen Wintermonate hindurch aus-
zukommen es endlich unmöglich wäre, so raüsste man sehen, wie man
etwa aus dem benachbarten Territorio mit guter Manier eine Quantität
29
derlei rauher Fourage beizubringen vermöchte, welches, wann man
die Bezahlung verspräche und endlich ä conto etwas darauf geben
thäte, meines Erachtens vielleicht sich practiciren lassen dürfte. Wor-
über mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius
gehörigen Orts sich verstehen, einfolglich an seinem Fleiss nichts
erwinden lassen wolle, diesfalls die Aushelfung zu bewerken und mit-
hin auch die sonsten unfehlbar zu Grunde gehende Cavallerie in
Stand zu erhalten.
5'° die Auskunft über des Bighi vorgehabte Haberlieferung,
und warum dieselbe nichts weiters angelangt habe, dient mir zur
guten Nachricht.
Ich sehe bei der hieruächst annectirten Beschaffenheit freilich
eine Nothwendigkeit zu sein, dass man nicht nur zur Conservation
vorgemeldeter im Mantuanischen liegenden Cavallerie, sondern der
nächstens nach- und hineinkommenden Remonta-Pferde eine ergiebige
Qualität Hartfutter unverlangt contrahire, wobei mir dann gleichgiltig,
ob es mit dem Bighi oder einem Anderen geschehe, wann nur die
Materie gut, der Preis leidentlich und nicht excessiv, auch solcher-
gestalten die Lieferung selbsten verlässlich gemacht werde, dass man
derselben in tempore versichert sei, und nicht geschehe, wie es mit
vorgemeltem Bighi letzthin, und zwar noch bei meiner Anwesenheit,
zu Mailand ergangen ist. Worauf mein Herr General- Wachtmeister und
Obrist-Kriegs-Commissarius vor Allem reflectiren und dabei dahin
antragen Avolle, damit unter einsten auch auf den künftigen Feldzug
etwas an Haber vorräthig sei. Soviel aber den darzu erforderlichen
Fundo belangt, hat mein Herr General- Wachtweister und Obrist-Kriegs-
Commissarius in dem Anfang meines gegenwärtigen Schreibens schon
zu vernehmen gehabt, woher derselbe zu nehmen sei.
6'" was das von der tyrolerischen Landschaft überlassene, aus
Innerösterreich herüberkommende Proviant und Hartfutter betrifft, hat
mein General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius aus meinem
Vorigen bereits ersehen, wie dass ich der Meinung sei, dass man von
dieser Materie den grössten Theil nacher Mantua bringen und nur
etwas darvon an einen sicheren Ort an der Etsch zusammenführen
und davon ein Magazin fourniren lassen sollte. Solchemnach erinnere
ich meinen Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius
weiters, dass sothanes Magazin zu Roveredo fournirt und zu Bestrei-
tung der Kothdurft für die aus- und einmarschirenden Regimenter
angewiesen und applicirt werden könnte.
7™° belangend die Klagen und Excease wider die kaiserlichen und
preussischen in dem Piacentin- und Parmesanischen liegenden Truppen,
30
item die pfälzisch-holländische Cavalleiic in dem Tortonesischen und
denen kaiserlichen Keichslehen, berufe ich mich respectu der Kaiser-
lichen und vornehmlich des 9. Pfund Habers halber auf mein Letzteres,
ingleichen auch, was die königl. preussische Infanterie betrifft. Was aber
die churpfälzische Cavallerie angeht, kann ich ihnen eben so Unrecht
nicht geben, wann sie nach dem Recess 15 Pfund Heu und 8 Pfund
Haber Düsseldorfer — oder aber 10 und 6 Pfund Wiener Gewichts
abzureichen begehren, da sie es hingegen, wie in Holland, gut thun
und boniticiren müssen. Weilen aber die Materie ziemlich rar, auch
sonsten ein grosses Angeld dazu erfordert wird, so werden sie sich
wie die kaiserl. Regimenter mit 10 Pfund schwerem Heu und einem
Viertel Staar Haber, nach der darinnigen kaiserlichen Ordonnanz conten-
tiren mtissen, so ihnen auch klar zu bedeuten wäre. Zum Fall sie
sich aber gleichwohl damit nicht begnügen wollten, so wäre denen-
selben zu erinnern, dass sie sich um baares Geld selbst versehen
sollten.
Die Anfrage hingegen, oder die Erläuterung, so mein Herr
General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius von mir begehrt,
wie es eigentlich mit Boniticirung der geniessenden Pferdportionen zu
verstehen und ob etwa ein neuer Recess mit diesen Truppen gemacht
worden sei, weiss ich von keinem neuen (Recess) nichts, massen es
in dem alten schon exprimirt, dass die geniessenden Pferdportiones
in natura von des Herrn Churfürsten Gnaden gut gethan werden
müssen, welches, weilen mein Herr General-Wachtmeister und Obrist-
Kriegs-Commissarius diesen Recess in Händen hat, derselbe daraus
umsomehr ersehen wird.
Nachdem sonsten bei diesen Truppen kein Befehl oder Anmah-
nung über die gute Kriegs-Disciplin nichts verfangen will, sondern
die Excesse und Erpressungen gleichsam noch ärger werden, so
schreibe ich dem Herrn G. d. C. Marchesen Visconti, dass er bei
deren weiteren Continuation nach eingelegter Protestation einige von
denen in Mailand liegenden kaiserl. Regimentern zusammenziehen,
nach denen Quartieren dieser churpfälzischen Cavallerie anrücken
lassen und sie mit Gewalt zur Raison und Obscrvirung der behörigen
Mannszucht, auf Abstellung aller Excesse bringen und anhalten solle,
womit diese Truppen die von einem commandirenden Generalen hinter-
lassenen und weiters ergehenden Ordres behörig zu respectiren, auch
wissen mögen, was die militärische Observanz und Ordnung sei.
Hiernächst geschieht gar wohl, dass mein Herr Genei'al- Wacht-
meister und Obrist-Kriegs-Commissarius Alles, was besagte Truppen
an Naturalien geniessen, baar erpressen, oder sonst excediren, auf's
31
Genaueste rescribiren lassen werde; es ist aber dabei nicht p^enug,
derlei Conscription mit Fedi giurate legitimiren zu lassen, sondern in
allweg nöthig, dass diese Berechnung im Beisein einiger von ihnen
hiezu deputirter Officiere beschehe, und im Fall sie es zu thun ver-
weigern Avürden, bei ihrem Abmärsche mit Gewalt einige Geiseln
zurückgehalten werden, in welcher Beisein sodann vorgemeldete
Berechnung gepflogen und Alles der Ordnung nach liquidirt werde.
8^° hat es bei dem sein gutes Bewenden, was Dersellic auf
mein Vorhergegangenes wegen Contentirung des Kaufmanns Brugnati,
des irländischen Hauptmanns O'Calaham, item der 60 Wallis'schen
Recruten, dann der Regimenter Bagage-Pferde erinnert und sonsten
der im Modenes-, Piacentin- und Parmesanischen stehenden Regimenter
geniessenden Brodes halber occasione der General-Consumtion, so in
die Impresa einlauft, für eine Auskunft geben wollen.
9"" ist billig, dass bei der erinnerten Beschaffenheit der Herr
Obristlieutenant Graf Rover o die ihm durch den Herrn Obristwacht-
meister Urli nachgeschickten 300 Doppien dem Herrn Kriegs-Com-
missario Fritz restituire; mich wundert aber, dass man es gleich
anfänglich an ihn und nicht immediate an ersagten Kriegs-Commissa-
rium tibermacht habe. Mir ist sonsten selbst leid, dass auf die Er-
satzung der 50.000 dem neapolitanischen Corps mitgegebenen Doppien
und anderer zu demselben gehörigen Ausgaben wenig Hoffnung zu
machen sei.
Ich habe meinesorts nicht ermangelt, den Herrn Feldmarschall
Grafen von Daun dessentwegen continuirlich zu pressiren und wird
ihm noch weiters vom Hof aus dessentwegen zugeschrieben werden ; er
hat sich aber bis anhero ein- für allemal mit der Unmöglichkeit ent-
schuldigt.
IQmo j)jg Disposition, so mein Herr General-Wachtmeister und
Obrist-Kriegs-Commissarius mit denen von den nach Napoli abgegan-
genen Leuten zurückgebliebenen Kranken vorgenommen hat, approbire
ich. Weilen aber dem Reventlau'schen Regiment annoch 206 Mann
von der demselben assignirten Mannschaft restiren, worüber von denen
neapolitanischen Regimentern allein 132 Mann sein, so wird mein
Herr General-Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius nicht allein
die Reconvalescenten von vorgemeldeten zurtickgelassenen Kranken,
sondern auch die Wallis'schen Recruten dem zurückgebliebenen Herrn
Hauptmann V o d r o p p zu diesem Ende assigniren und hinüber geben,
sondern zum Fall diese Anzahl nicht suflicient wäre, mir anhero die
Nachricht ertheilen, damit man den Ueberrest von denen neapolita-
nischen Recruten dahier zurückhalten möge.
32
Uebrigens ist dasjenige, so mein Herr General-Wachtmeister und
Obrist-Kriegs-Commissarius in seinem letzteren Schreiben der churpläl-
zischon Cavallerie halber abermalen anziehen wollen, mit meinem
Vorigen schon beantwortet.
Schliesslich ist der Herr General FäIL. Freiherr von Kriech-
baum für seine Person nacher Siebenbürgen destinirt, um das Cora-
mando zu übernehmen und demselben vorzustehen. Wie nun derselbe
zu diesem Ende seine Bagage heraus berufen hat, als wird auch der
Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius derselben
die behörige Marsch -Route vorschreiben und sie gerade nacher Grätz
dirigiren, auch darauf die behörigen Etapen anschaffen und nicht
weniger mit Vorspann an die Hand gehen lassen ; wobei auch die
Billigkeit erfordert, dass mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-
KriesTs-Commissarius demselben seine sechs wintermonatliche Gebühr-
niss abführen und ohne weiteren Anstand umso schleuniger baar
bezahlen lasse, damit sich derselbe darum dahier über die Zeit nicht
aufhalten und sich der mangelnden Bezahlung halber zu beklagen
Ursache habe ; Avelcher ohnedem sich beschwert, dass man die ihm
auf eine rechtmässige Forderung diesen Sommer über meine schrift-
liche Verordnung gethane Bezahlung ä conto seiner gegenwärtigen
winterlichen Gebührniss anrechnen wolle, so weder meine Intention
und Billigkeit selbsten wäre, einfolglich in allweg zu unterlassen wäre.
An den Grafen Trauttmansdorff". Wien, 11. Februar 1708').
Ich bedanke mich übrigens für die überschriebenen
Nachrichten und confurmire mich mit Euer Excellenz, dass es Frank-
reich wegen Neufchatel nicht rechter Ernst sei, approbire auch
danebens was E. E. wegen ausgesprengtem Abmärsche der in Italien
stehenden Völker an den Gross-Kanzler zu Mayland erinnert haben.
Womit etc.
20.
An die kaiserliche Administration in Bayern. Wien,
15. Februar 1708 ^>
Mir ist aus Deroselben vom 18. passato leid zu vernehmen
gewesen, dass die angesuchte Indemni.sirung der in Italien stehenden
') H. H. u 8t. A.
^) Kriegs-A., Komisches Kuich 1708; Fase. II. 14.
33
ihres bei der obgewesten Bauern enipürung erlitteuen »Schadens von
einer dahier nehmenden Resolutiun dcpendire, nachdem die Regimenter
so viel Zeit daroben vergebens zugewartet und mit so grossen Spesen
in denen Wirthshäusern ihre Officiere leben müssen, da doch eine
lübl. Administration sich beliebig erinnern wird, dass mir dieselbe
vor geraumer Zeit nach Italien geschrieben habe, ersagte Regimenter
zu beordern, damit sie ihre Gevollmächtigten zu diesem Ende schleunig
liinausschicken möchten, um die Richtigkeit dessen zu empfangen, mithin
die Sachen damalen also beschrieben gewesen waren, das« sothane
Indemnisation bereits adjustirt gewesen sei, wohingegen sie, Regimenter,
bei gegenwärtig ohne das mittellosen Zeiten so grosse Kosten ohne
Frucht haben aufwenden müssen.
Ich meinesorts will nicht ermangeln, die begehrte Resolution von
hier zu pressiren, ersuche aber Eine löbliche Administration anbei, nicht
weniger Ihrerseits dasjenige beizutragen, was zur schleunigen Expe-
dirung der zu diesem Ende abgeschickten Officiere angedeihen kann.
Womit etc.
21.
An den englischen Gesandten Chetwynd. Wien,
15. Februar 1708 ')•
Je me rejouis d'avoir appris par la votre du 14™'' passe que les
troupes destin6es pour l'Espagne sc mirent ä la volle du premier de
ce mois, ne manquant point de faire a l'aveuir toute la reflexion sur
ee que vous me marquez, Monsieur, de la rade dangereuse de Final;
ctant bien aise de la facilite que la republique de Genes y contribuait
et nous faisait rendre nos deserteurs.
On vous est infiniment oblige, Monsieur, que vous avez voulu
vous rendre a Genes, pour vous aboucher avec le contre-amiral Dilks,
taut pour concerter le trausport de cavalerie, que du ble de Naples,
ce qu'apres la fächeuse mort de ce contre-amiral vous avez voulu
concerter avec tous les capitaines des vaisseaux, lesquels, faute d'ordres
et par le manquement de provisions n'y ont pas consenti. Vous
n'ignorez pas, Monsieur, la necessite que S. M. Catholique soit renforce
de troupes et principalement de cavalerie; ainsi, je me flatte que
suivant votre zele pour la cause commune vous contribuerez tout ce
qui depend de vous, afin que non seulement le dit transport de
cavalerie soit etabli, mais qu'on fasse en attendant, saus perdre le
<) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. II. 11.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. o
34
teinps, les dispositions poui* les vivres et fourrages neccssaires a
cette fin.
Quant k lalFaire de Sardaigne, los avid portent que eette ilc
importante avait proelame lo roi Charles d'abord que la flotte etait
arrivee a Calari (^Cagliari), sur quoi on atteud la confirmation.
Au reste, Monsieur, je vous remercie enoore une fois de la peinc
que vous avez voulu prendrc de m'iuformer de tout ce qui s'est passc
dans votre presence ä Genes, et vous assurant de ma veneration, je
suis etc.
22.
An Don Juan Antonio Romeo. Wien, 20. Februar 1708 M.
(Das Original siiaiüsch.)
Von den 22.000 Lire, welche dieser Staat (Mailand) an täg-
licher Contribution vom 1, November v. J. für das ganze laufende bis
Ende Uctober d. J. bezahlt, sind 16.000 L. für den Unterhalt der
kaiserl, Truppen, wie ich es Seiner Majestät berichtet, angewiesen worden ;
— von den auf die 22.000 restirenden 6000 L. werden die Truppen
unseres Herrn und Königs, deren Bequartierung, Fourage, die Plätze
und Castelle des Staates bezahlt; und damit Seine Majestät in Kenntniss
über die Vertheilung dieser Gelder sei, habe ich es für angemessen
erachtet, E. H. den anliegenden Ausweis über den Betrag des Monats
Januar zu übersenden, welcher sich auf 136.388 L. 16*4 Soldi
belauft. Obwohl nun durch aussergewöhnliche Auslagen an Vorspann
und anderen extraordinären Posten der regelmässige Monats-Etat über-
schritten wurde, und ebenso jener des Monats December, indem
6000 Scudi an den Residenten Molinari gesendet wurden, ferner die
4000 Scudi für den Grafen Cifuentes, und 2000 zur Reparatur der
zwei Fregatten Seiner Majestät, in deren königl. Hände ich diesen Aus-
weis zu übergeben bitte, damit Dieselbe von unserer Bedrängniss
unterrichtet sei, — so habe ich dennoch verfügt, dass das in einzelnen
Monaten Erübrigte zur Remontirung des Dragoner-Regiments des
Grafen Hamilton und ebenso der Compagnie Garden von 100 Mann
verwendet werde, welche den Dienst bei der Königin, unserer Herrin,
zu versehen hat, wenn dieselbe sich nach dem Staate Mailand begibt,
wo Seine Majestät bislang noch keine berittene Cavallerie- Abtheilung
besitzt. Ingleichen muss ich E. H. bemerken, damit Sie es zur Kennt-
niss Seiner Majestät bringen, dass es der Kammer obliege, das Dragoner-
») Kriega-A., Italien 1708; Fase. U. 7',,.
35
Regiment und die Corapagnie Garden zu remontiren. Dieselbe ist aber
gegenwärtig erseliöpft, da sie an das kaiserl. Connnissariat 300.000 Scudi
für Commiss-Brod und 100.000 8eudi zur Remontirung der kaiserl.
Cavallei'ie abliefern musste; nicht minder durcli die immensen Aus-
lagen zur Herstellung des königl. Palastes, welcher bei der Feuers-
brunst in der Nacht zu heil, drei Könige zerstört wurde, wie ich es
bereits Seiner Majestät vorgestellt habe; ebenso durch die unvermeid-
lichen Reparaturen des königl. Castells zu Mailand, welche so bedeutend
sind, dass die Monats-Contribution der Stadt für diese einzige Aus-
lage nicht hinreicht, so dass die königl Kammer Seiner Majestät sich in
die Unmöglichkeit versetzt sieht, inmitten der durch die unaufhör-
lichen und bei den gegenwärtigen Umständen sich täglich steigernden
Anforderungen des königl. Dienstes verursachten Klemme, diese neue
Auslage der Remontirung zu bestreiten.
23.
Bericht an den Kaiser. Wien, 22. Februar 1708 ')•
Demnach dem Grafen Guido von Starhemberg das Decret
wegen des ihm unter Ihre königl. Majestät in Spanien in Catalonien
aufgetragenen Commando zugestellt worden, hat derselbe bei annoch
beschehener Einreichung eines und anderen Punctes bevörderist ange-
halten, dass ihm eine Instruction zu seiner Verhaltung ertheilt werden
möchte.
Nun ist zwar nicht wohl abzusehen, was ihm, Grafen Guido, für
eine Instruction zu geben wäre, zumalen Euer kaiserl. Majestät mehr als
zu viel bekannt, dass man aus Spanien und von dem alldortigen Stand
der Sachen, absonderlich des Kriegs-Staates halber keine verlässliche
Nachricht habe, ausser der dann und wann eingelofFenen Briefe, welche
aber mehrers mit Klagen und wehmüthigen Vorstellungen, dass Alles
zu Grunde gehen werde, als denen hiezu benöthigten Nachrichten
angefüllt waren. Jedoch hat der gehorsamste Hofkriegsrath beikom-
mende Puncten per modum einer Instruction *) zusaramengefasst und
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. II. 17, 18.
*) Der wöi-tliclie Inhalt dieser Instruction ist folgender:
Instruction für Unsern Feldmarschallen Guibakl Grafen und Herrn
von Starb emb er g, was selbiger bei seiner zu Antretnng des Commando in
Catalonien fürnehmenden Reise, sodann bei glücklich erfolgender Ankunft in
Hispanien zu beobachten. Nun hat er, Unser Feldmarschall,
1. bereits aus dem von Unserem Hofkriegsrath in Unserem Namen ihm
zugestellten Decret sattsam ersehen, wasgestalten Wir nach der mit Unseres
3*
36
E. kaiserl. M. zu allcrgniidigstür Erseli- und Genelimbaltung in Unter-
thänigkeit liinaufgeben wollen. Wann abor der Graf von iStarbem-
(Titel) Königs in Hispaiiien , auch denen Alliiiten genommenen Veranlassung
aus gnädigst zu ihm gesetzten Vertrauen, das obgemelte Commando unter
und nach erdeuter Seiner, des Königs in Hispanien, Liebden etc. sei auf-
getragen worden, welches derselbe dann auch über alle, sowohl Unsere eigenen,
als königlich spanischen und alliirten Truppen in capite ersterwiihntermassen
nach Seiner, des Königs, Liebden zu führen haben wird, indem schon vorhin
allerseits beliebet und abgeglichen worden, dass kein General in gleichem
Charakter von einem Feldmarschall, sondern alle von niedererem Rang bei
obberührten Truppen, mithin in Subaltern-Commando angestellt, auch ihm,
Unseren Feldmarschall gebührend angewiesen sein sollen. Diesemuach
2. erfordert Unser Dienst in allweg, dass selbiger unverweilt von hinnen
abreise und solche seine Reise auf Genua zu nehme ; zuvor aber hat selber
von Uns ein ostensibles Kanzleischreiben, sodann ein eigenhändiges Handbriefl
an Seine, des Königs in Spanien, Liebden zu empfangen. In dem Ersteren
wird Seiner Liebden angezeiget, wasmasseu Wir ihn. Unseren Feldmarschall,
das angeregte Commando vermöge des gefassten Concerto und Unserer
gnädigsten Zuversicht allda in Spanien anzutreten, abschicken, aunebens auch
Seiner Liebden ersuchen , ein gleichmässiges Vertrauen in ihn , Grafen von
S t a r h e m b e r g, besonders in militaribus zu setzen ; im Änderten hingegen
werden Wir des Königs Liebden eigenhändig eröffnen, was Wir mit dem neuen
Succurs eines Regiments zu Pferd und zweier zu Fuss zu thun gesinnt sein,
wann auch die See-Potenzen sich die Mittel zu der Wiederersetzung solcher
Truppen herzuschiessen nicht bequemen wollten. Nächst diesem wollen Wir
auch ihn, Unsern Feldmarschall, an Unseren Botschafter in Spanien, den
Duca de Moles, mit einem Creditiv begleiten, um dass dieser demselben mit
allem Vorschub und Beistand, bevörderist bei denen alliirten Ministris, ver-
hilflich an die Hand gehe ; um welches Wir auch die See - Potenzen selbst
durch Unsere allda befindliche Ministros belangen lassen werden. Hienach
3. ist ihm, Grafen von Starhemberg, uuverhalten, wasmassen Wir den
Baron Wetzel auf sein Verlangen als General-Feldmarschall-Lieutenant, den
Obristen Grafen von Egg und Obristen von G 0 n d r e c 0 u r t aber als beide
Obrist - Feldwachtmeister, respective zu Fuss und zu Pferd, ihm zugewidmet
haben , auch selbige zumalen mit denen behörigen Patenten versehen und
beordern lassen werden; wie dann der Baron von Wetzel eigens solle befehlet
werden , sich unverweilt nacher Mailand zu begeben und allda Seiner des
Grafens von Starhemberg's Person, auch Ordre gewärtig zu sein, nämlich ob
er mit ihm fortgehen oder zurückbleiben und die etwo noch weiters an-
kommenden Völker überführen lassen und commandiren solle. Und weilen
4. die Reise nacher Genua von Turin im geringen Al)weg besteht,
Wir auch für gut ansehen, dass er. Unser Feldmarschall, sich dahin verfüge,
also wird er sich auch darnach zu richten haben, um dass er alldort sowohl
mit des Herzogs von S a v 0 y e n Liebden sich in Einem und Anderem unter-
reden, als mit dei'en See-Potenzen daselbsten l)efindHchen Ministris, welche,
da ersagte See-Potenzen die Unkosten vom völligen Transport übernommen,
die Obsorge und Coinmission davon haben, zu vernehmen, eiufoiglich mit
selbigen so gedachten Transport zu veranlassen und richtig zu stellen, damit
37
berg vermeinte, mehrere Erläuterung in Ein- und Anderem nötliig
zu haben, und niehrers wollte instruirt sein, solle er seine Puncta
selbiger mit guter Ordnung und aller Beförderung erfolgen möge. Zu welchem
Ende dann auch erspriesslich sein würde, und er, Graf von Starhemberg,
darob zu halten hat, dass ein oder anderer von gedachten Ministris, wann
nicht vielleicht schon einer alldort wäre, mit ihm zu Genua sich einfinde, um
die Transportsaustalten desto sicherer zu verfügen. Und werden Wir auch
an Unseren zu Turin befindlichen Abgesandten, den Grafen Castelbarco,
sodann zu Genua stehenden Residenten M o 1 i u a r y die Verordnung ergehen
lassen, damit selbige ihm, Grafen von S t arhemb erg, auch all' gedeihliche
Assistenz beizutragen sich befleissen ; wie zumalen auch obgemelte Ministri
der See-Potenzen zu Turin von denen hiesigen ebenermassen werden erinnert
werden, dasjenige, was oben gemeldet, mit ihm, Grafen von St arhemb erg,
nachdrücklich bewerken zu helfen. Indessen aber
5. hätte er, Graf von Starhemberg, meistens dahin zu sehen, damit das
Herbeville'sche Regiment, so bereits nacher Spanien gewidmet, neben der
chui-pfälzischen Cavallerie ehestens eingeschifi't werden möchte ; gestalten dann
auch Unsern Generalen der Cavallerie Marchesen Visconti, wie ingleichen dem
Commissariat-Amt schon mitgegeben worden, dass selbige darob sein sollten,
gedachtes Herbeville'sche Regiment in bestmöglichen guten Stand zu setzen ;
und zumalen
6. wir es bei denen vorgetragenen Stabspersonen, auch Mitnehmung
einiger aggregirter Officiern bewenden lassen. Solchemnach steht ihm, Grafen
von S t ar h e mb e r g, frei, wen er anjetzo mit sich nehmen oder nachfolgen
lassen wolle, welche alle neben obberührten beiden Obrist-Feldwachtmeistern
nacher Genua beordert und begleitet werden sollen, allwo dann auch für
selbige die benöthigte Anstalt zu ihrem Transport allda zu verfügen und zu
veranlassen sein wird. Was hingegen
7. er. Unser Feldmarschall Graf von Starhemberg, nach seiner Ankunft
bei Seiner, des Königs in Hispanien, Liebden in Catalonien eigentlich thun
solle, könnte ihm zwar nichts Verlässliches zu seiner Verhaltung dermalen
mitgegeben werden, ausser dass er sich von Allem informiren und beeifert
sein solle, noch vor der Campagne ein Stück Land zu behauj)ten und
darinnen solchen Posto zu fassen, allwo er die Communication mit dem Meer
und Barcelona gesichert haben, auch die Fourage, bis der gesammte Succurs
darinnen ankommen und beisammen sein wird, daraus erzeugen könne.
Welehemnach dann
8. er in loco weiters überlegen und erwägen wird, was nach eigenen
Kräften der Gelegenheit des Landes, der Macht des Feindes, dessen Vortheilen
und anderen Umständen, auch Coujuncturen zu thun oder zu lassen sein werde,
so er auch von denen ausführlich hiehero zu berichten hat, auf dass Wir
daraus erkennen und ermessen mögen, was für eine Hoff'nung vom spanischen
Krieg zu machen, was hinkünftig für Mass und Anstalten hierinfalls zu ver-
fassen ; und nachdem
9. die Truppen in der Alliirten Verpflegung kommen, hätte er, Unser
Feldmarschall, auf wie viel die Betragnuss sich belaufe, einen Aufsatz machen
zu lassen, sodann darob zu halten, damit der grosse und kleinere General-
stab richtig bezahlt, auch andere Nothwendigkeiten verschafi't werden 5 und
38
einreichen nnd wird alsdann der gehorsamste Hofkriegsrath ohner-
niaugehi, darüber sogleich sein Gutachten abzugeben, sich zu Dero
beharrlichen Allhöchsten kaiserl. Hulden und Gnaden etc.
24.
An den General-Quartiermeister Elster. Wien,
25. Februar 1708').
Des Herrn General-Quartiermeisters vom 1. dieses habe wohl
empfangen und erfreue mich mit Demselben nochmalen, dass die
Gelegenheit gehabt, dem Herrn General-Quartiermeister zu seiner
Consolation zu vei'helfen. Gleichwie aber Derselbe in kaiserl. Diensten
steht, als wird auch der Herr General-Quartiermeister hiefiir gefasst
10. ohzwar Eingangs enthalten ist, dass er, Unser Feldmarschall, gleich-
wie über Unsere selbsteigene, also auch über die königlichen nnd anderen
alliirten Truppen das Commando führen solle, gleichwohl wegen des Vorzugs
in Diensten, Lagern, Märscheu oder sousten, ungeachtet solcher Unseren
Truppen aller Enden vor anderen gebühret, ein oder andere Schwierigkeiten
sich äussern düi'ften. eiufolglich die königlichen und alliirten Truppen die
Unseren Völkern zukommende und possedirende Prärogative nicht einstehen
wollten ; solchemnach wollen Wir dieses endlich der Disposition Seiner, des
Königs in Hispanien, Liebden anheim lassen, dass sogedachte Unsere Völker
im Fall man obangezogeue Rangsschwierigkeiteu nicht beheben könnte, als
königl. Truppen gehalten werden, dergestalt jedoch, dass dieses allein auf
den äussersten Fall und wann keine andere Möglichkeit aus der Sache zu
kommen übrig wäre, geschehen solle, wie er. Unser Feldmarschall dann auch
hierunter mit vernünftigen Rath an die Hand zu gehen wissen und darob
11. sattsam wahrnehmen wird, wie viel Unseren, auch des Königs in
Spanien Liebden Diensten daran gelegen, dass er, Unser Feldmarschall, mehr-
besagtes Commando mit allem guten Vernehmen und Verständniss mit der
königlich spanischen und anderen Generalität vertrete , mithin bei ein oder
anderer Vorfallenheit und Anstoss sich jederzeit Seiner, des Königs Liebden
Alles hinterbringe, auch Dero Befehl und Entscheidung darüber erwarte,
welcher dann Derselbe auch hiemit mit allen Pflichten, Treue und Gehorsam
gleich Uns selbsten untergeben sein solle.
In diesem besteht nun Alles, was Wir dermalen ihm, Unseren Feld-
marschallen, zu seinem Unterricht und Verhaltung mitgeben können, und thun
das Weitere, was etwo Derselbe zu Unseren oder Seiner, des Königs in
Spanien, Liebden Diensten erspriess- und gedeihlich in Befördernuss alles
Frommen und Nutzens, sodann Wendung alles Schadens ansehen und finden
wird, dessen bekannter Prudeuz, Eifer, Valor, Wachsam- und Vorsichtigkeit
gnädigst überlassen ; wie dann auch Unser gänzliches Vertrauen in ihn ge-
setzet ist. Und Wir verbleiben etc.
Wien, den 22. Februar 1708.
') Kriegs-A., Komisches Reich 170S; Fase. II. Iß.
39
sein müssen, zum Fall Ihro kaiserl. Majestät Dienst erforflern würde,
sich dessen Person auf den ergebenden Fall anderwärts zu gebrauchen,
dass sodann auch Derselbe sich allenthalben hin, wo es vonnöthen sein
würde, begeben könnte.
Mich erfreut übrigens, dass man auf der neuen Linie auf
dem Schwarzwald, an denen vornehmsten Passagen mit Ernst zu
arbeiten angefangen habe, wobei dann wünsche, dass selbe auch in
tempore, ehe die feindlichen Operationes bevorkommen möchten, in
ihre Perfection gebracht werden könnten, welches bei dem erinnerten
grossen Eifer der anliegenden Herrn Stände endlich noch zu hoffen
sein wird.
Wann übrigens was Berichtwürdiges daselbst passirt, so wird
mir allezeit ein besonderes Gefallen geschehen, wann mir der Herr
General-Quartiermeister davon wird Nachricht ertheilen wollen. Womit etc.
25.
An den G. d. C. Marquis Cusani. Wien, 25. Februar 1708 M.
Aus Euer Excellenz unterm 13. December vorigen Jahres ersehe
ich, was Sie an mich wegen Verleihung einer convenablen Charge in
dem Staate von Mailand, dann Ertheiluug der Licenz, aus Sieben-
bürgen herauszureisen, und sonsten über die Beschaffenheit des Posto
Bistritz überschreiben wollen.
Was nun das Erste anbetrifft, wird mich zwar allezeit erfreuen,
wann E. E. was Dienstliches zu erweisen vermögen werde; Dieselben
werden aber auch von selbsten leicht ermessen , dass hierzu die
Gelegenheit sein müsse. Nachdem aber die vornehmen und nöthigsten
Militär-Chargen und Gouverni in ersagtem Staate bereits ersetzt und
versehen sind, sonsten aber deren Verleihung von Ihro königl. kathol.
Majestät allergnädigster Resolution immediate dependirt, so ist mir
umsomehr leid, dass ich für mich allein E. E. jetzo in Ihrem Ver-
langen nicht verhilflich erscheinen könne, Dieselben aber gelieben
dennoch gesichert zu sein, dass ich je und allezeit all' dasjenige dazu
beitragen werde, insoweit meine Kräfte vermögend sind.
Die Licenz herauszugehen, ist schon verwilligt, welche Sie sich
dann, sobald der Herr General -FML. Kriech bäum darinnen in
Siebenbürgen anlangen wird, bedienen können.
Das Uebrige dient mir zur guten Nachricht, womit dann ver-
bleibe etc.
') Krieg.s-A., Ungarn 1708; Fase. II. 1.
40
26.
An den Grafen Trauttmansdorff. Wien, 25. Februar 1708 ').
Auf Euer Excellenz vom 8. dieses, versichere Dieselbe hiemit
nochuialen, dass ich Dero Anliej^enheit halber Ihre kaiserl. Majestät
in Unterthänigkeit zu reden, umso weniger Anstand habe, als nichts
Mehrers wünsche, dann Deroselben viel Dienste erweisen zu können.
Ich wollte aber E. E. dabei ersucht haben, mir hierüber eine nähen-
dere Information einzuschicken.
Dass Frankreich mit seinen Grosssprechereien wegen Neufchatel
nachgebe, habe allezeit dafür gehalten, hingegen aber glaube ich aiif
alle Weise, dass diese Krone frühzeitig gegen Deutschland was zu
tentiren vorhabe. Womit etc.
27.
An den Feldmarscliall Freiherrn von Thüng-en. Wien,
25. Februar 1708 %
Dass ich Euer Excellenz vom 10. dieses empfangen, berichte
hiemit, und lasse mir die Beschaffenheit wegen des Herrn Obristlieute-
nants Dominique, auch die Ursachen, warum der vermeinte Streich
nicht weiters hat secretirt werden können, zur guten Nachricht dienen,
worüber E. E. durch das löbl. Hofkriegsraths-Mittel in Antwort ein
Mehreres zukommen wird: und ich habe allein dabei zu erinnern,
dass man denen Generalen und Commandanten in Festungen nicht
gestatten solle, dass sie von derlei Zufälligkeiten ohne Consens ihrer
Oberen an jemand Anderen, als deren Instanz parte geben sollen,
alswie man es in diesem passu an verschiedenen (Jrteu gethan hat.
Und nachdem aber auch er, Obristlieutenant Dominique, an mich
geschrieben, so schliesse sub volanti hiebei, was ich geantwortet, damit
E. E. nach Dero Gutbeiinden ihm den Brief behändigen lassen können
oder nicht.
Inzwischen aber wollte von Deroselben zu vernehmen gewärtig
sein, wie Sie glauben, dass der Herr Obristlieutenant Tillier, der
Hauptmann Hurt er und Fähnrich Frey, die sich hierinfalls gebrauchen
lassen, zu ihrer Consolation belohnt werden sollten.
Uebrigens hat mich der gefangene französische Lieutenant
Gharabaud im beigehenden Schreiben gebeten, dass ihm auf einige
') Kriega-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. 19.
*) Krie<rs-A., Rninisches Reich 170S; Fase. II. 20,
41
Monat nach Hause zu gehen, aus denen angefülirten Ursachen erlaubt
werden möchte. Wann ich nun meinerseits in dieses sein Verlangen
zu verwilligen kein Bedenken habe, so thue es an E. E. zu dem Ende
hiemit remittiren, um dass Sie gegen seine Parola und determinirte
Zeit seiner Wiederstelhing demselben die gebetene Licenz unbeschwert
zu verstatten belieben wollten.
28.
An den Obristlieutenant Tillier. Wien, 25. Februar 1708 *).
Des Herrn Obristlieutenants unterm 29. Jänner an mich erlassenes,
erhalte erst anjetzo und vernehme daraus mit Mehrerem, was mir
Derselbe über die AfFaire von Freiburg Dessen sowohl, als des Haupt-
manns Hurt er und Fähnrich Frey dabei geleisteten guten Dienste
imd deswegen erbittenden Accommodation, auch Refusion der auf-
gewendeten Unkosten überschreiben wolle.
Soviel nun das Erste betrifft, ist zu bedauern, dass der dem
Feind dadurch anzuhängen vermeinte Streich nicht hat bewerkt
werden können, im Anderen aber zu loben, dass der Herr Obrist-
lieutenant sowohl, als beide andern benannten Officiere mit ihrer
gänzlichen Exponirung sich hierinfalls haben gebrauchen und dasjenige
verspüren lassen, was in derlei Fällen ein getreu vernünftig und
wackerer Officier immer hätte prästiren mögen ; dannenhero auch der
Herr Obristlieutenant nebst denen anderen obgemelten beiden Officieren
gesichert sein kann, dass man diesen von ihnen geleisteten stattlichen
Dienst nicht nur gebührend zu recompensiren , sondern auch die
aufgewendeten Unkosten zu refundiren unermangeln werde. Womit etc.
\ \
29.
An den Obristlieutenant Dominique. Wien, 25. Februar 1708^).
Wessen der Herr Obristlieutenant über die ihm beschehene
Zumuthung und darauf angethane Arrestir-, auch vorgenommene
Examinirung sich bei mir beschweren, zuvörderst aber bitten wollen,
dass man Ihnen den Deuuncianten theilhaftig machen möchte, das
habe aus Dessen Schreiben vom 8. dieses mit Mehrerem ersehen ;
und ist es nicht ohne, als des Herrn Obristlieutenants geleistete gute
M Kriegs-A., Komisches Reich 1708; Fase. II. 23.
^) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. II. 24.
42
und lano:wieri.£^e Dienste bekannt sind, und nmsomelir hat man sich
venvundcrt, wie Derselbe in ein so ärgerliches Unternehmen sollte
verfallen kr»nnen. Weilen aber Derselbe in Seinem Schreiben in Allem
gerecht zu "wissen meldet, so wird auch des Herrn Obristlieutenants
Unschuld nicht besser als durch das angeordnete Kriegsreeht eruirt
und der Welt kund gethan werden können, welches, wann man es
auch nicht angeordnet hätte, der Herr Obristlieutenant selbst zu diesem
Ende hätte begehren und dai'inuen auf das Schärfste zu procediren
verlangen sollen.
Soviel sonsten die begehrte EröflFnung des Denuncianten betrifft,
ist der auf Denselben geschöpfte Argwohn von dem Feind selbsten
hergekommen und daraufliin dessen Arrestir- und Constituirung vor-
genommen worden; Denselben übrigens göttlicher Bewahrung erlassend.
30.
An den Grafen Hamilton. Wien, 25. Februar 1708').
Deroselben noch unterm 25. passato an mich Erlassenes habe
erst anjetzo, und nicht weniger Dero Voriges, worauf Sie sich berufen,
zurecht erhalten, das Letztere aber darum nicht beantworten können,
weilen mich eben damalen auf die Reise begeben hatte. Aus Beiden
nun habe mehreren Inhalts vernommen, was Sie wegen des Herrn
Grafen von Heimhausen an mich überschreiben und diejenigen
Behufe anlegen wollen, wodurch ersagter Herr Graf seines Gutes
Kuttenblau verlustig sein sollte.
Ich kann nicht anders sagen, als dass ich raehrwiederholten
Grafen bei Ihro kaiserl. Majestät diesfalls recommandirt habe, weilen er
sich bei Einräumung desHerzogthumsBayerninraeiner dortigen Anwesen-
heit nicht nur zu Ihro kaiserl Majestät Dienst sehr nützlich gebrauchen
lassen, sondern mit seinem selbsteigenen Kuin ein merkliches Stück
Geld aufgebracht, auch in Allem gar devot und treu erwiesen hat;
massen ich auch sonsten nicht gesehen hatte, wie derselbe sich solcher-
gestalt versündigt, dass man gegen ihn allein eine so harte Procedur
mit Confiscirung obgemelten seines Gutes vornehmen sollte, zumalen
eine offene und bekannte Sache annebens ist, dass er bei dem gewesten
Churfürsten seiner gegen das allerdurchlauchtigste Erzhaus getragenen
guten Zuneigung halber einen harten Arrest habe ausstehen müssen ;
ja wann man endlich die beschehene Confiscation seines Gutes ver-
hängter lassen und aus denen angelegten Extracten seiner intercipirten
') Kripgs-A., Röniisclios Koicli 1708; F.asc. II. 21.
43
Schreiben den Anlass hiezu nelinien wollte; so müsste man durcli ganz
Bayern eine gleiche Conliseation vornehmen . oder es wäre eine
Unbilligkeit, wann man gegen ihn, Herrn Grafen von Heim hausen,
allein so rigoros verfahren thäte. Soviel aber übrigens die von Dero-
selben vor der Abtrennung verlangende Satisfaction belangt, dependirt
es von dem Allerhöchsten Ort, und ich wünsche Ihnen alles dasjenige,
was Sie diesfalls verlangen werden.
31.
An den G. d. C. Grafen Latour. Wien, 25. Februar 1708 ').
Euer Excellenz erinnere hiemit, zum Fall diejenigen Personen,
welche alldort befindliche Arrestanten in Verhaft nehmen lassen, diese
Selbsten zu examiniren verlangen würden, E. E. von Ihnen nicht nur
solches Examen unweigerlich vornehmen, sondern auch für sich selbsten
darein sich nicht mischen, noch eine Erinnerung machen, weniger aber von
dem dortigen Stadt-Magistrat oder jemand Anderen, wer es auch sei,
sich darein zu mengen, oder sothanem Examen gegenwärtig zu sein,
keineswegs gestatten wollen.
So ich Ihnen aus gewissen Ursachen unter meiner Unterschrift
als eine Ordre hiemit bedeute und verbleibe etc.
32.
An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 29. Februar 1708').
Euer Excellenz unterm 8. dieses an mich Erlassenes war eine
Antwort auf das Meinige vom 28. passato, welches dann auch guten
Theils auf sich beruht, inmassen, soviel das mantuanische Quartier-
wesen belangt, E. E. durch meine Letztere ohnedem sattsam beant-
wortet sind, also dass ich darüber nichts Anderes zu erinnern habe,
als dass ich ratione des Vorschlages wegen Erkaufuug des Heu aus
dem Lodisanischen mich mit dem conformire, wo man dem Aerario
am besten wird wirthschaften können, mit dem Anhang, ob es nicht
etwa thunlich wäre, dass man aus dem Ferraresischen eine gute Aus-
hilfe an sothaner Fourage erhalten könnte.
Die Disposition wegen der zum Reventlau'schen Regiment noch
schuldigen Mannschaft approbire ich zwar, ich repetire aber E. E.
*) Kriegs- A., Römisches Reich 1708; F.asc. II. 22.
2) Kriegs-A., Italien 1708; Fase II. 11.
44
nochmalen, dass Sie respeetii der neapolitanisclien Regimenter meine
vorhinige diestallsige Erinnerung solcbergestalten genau observiren
wollen, auf dass die annocb erforderlicbe und sebuldige Anzahl in
totum zu seiner Zeit an das Ort der Einschiffung unmangelbar
abgeschickt werden möge.
Was übrigens Dero Herrn Bruder betrifft, wissen E. E. wohl,
dass es mich jedesmal besonders erfreue, wann ich Ihre oder dem-
selben was Dienstliches erweisen kann.
Ich habe E. E. jüngsthin schon geschrieben, dass man der See-
Potenzen Ministris zu Turin auf ihr Verlangen den Statum des
d'Herbevillischen Regiments nach dem completen Stand überreichen
und ratione der Officiers - Bagage - Pferde nach der Ordonnanz den
Antrag machen solle, damit sie des Transportes halber ihre Mesures
nehmen und ausstellen können. Wann nun vor der Hineinkunft der
zu gedachtem Herbevillischen Regiment gehörigen Recruten und
Rimonten der Admiral L e a k e mit seiner Squadra und Transports-
schiffen anlangen sollte und mithin das Regiment marschiren müsste,
so könnten E. E. sich hierüber mit obgemelten Ministris verstehen
und hernächst auch Seiner königl. Hoheit davon parte geben, ein-
folglich ersagtes Regiment, was von demselben im Stand und beritten
wäre, in Geleit Gottes allgemach gegen die Meer-Porten abmarschiren
lassen, inmassen der Transport der sämmtlichen nach Spanien destinirten
Mannschaft ohnedem auf einmal nicht wird geschehen können. Bei
dem Ansmarsche aber wäre die Disposition anzukehreu, dass man
ein Quantum Heu spinnen, damit ein jedweder Dragoner auf 5 bis
6 Tage Fourage mit sich nehmen könne, um bis zur wirklichen
Einschiffung mit solcher versehen zu sein und daran keinen Mangel
zu leiden, worüber und mehr andere dieses Transports halber vor-
zukehrende Anstalten E. E. mit dem Herrn Feldmarschall Guido
Grafen Starhemberg sich zuvörderst zu verstehen haben werden,
massen gedachter Herr General in procinctu steht, von hier morgen
nach Italien abzureisen.
Bei dem notificirten Abmärsche beider Regimenter P4lffy und
Falkenstein hat es sein unveränderliches Verbleiben, und wann solchem-
nach E. E. nach meiner jüngsten Erinnerung mit dem Herrn Feld-
marschall Grafen von Daun das Concert genommen haben werden,
so wollen Sie auch hiernach ersagte beide Regimentor aufbrechen
lassen, und würde es nichts zu bedeuten haben, wann man einmal
den Tag des Aufbruches der neapolitanischen Regimenter wissen wird,
dass vorgemeldete beide, Palffy und Falkenstein, um ein 6 Tage
ehender abmarschiren können.
45
Schliesslichen habe E. E. auch zu erinnern, wann Seine königl.
Hoheit, zum Fall der Feind gegen Susa oder sonsten was zu tentiren
willens wäre, von Deroselben Truppen anrücken zu lassen, begehren
würden, dass E. E. hierinfalls nachfolgende Modalität zu gebrauchen
hätten; und zwar ist ohnedem bekannt, dass Cavallerie dahin zu
ziehen, dermalen nicht nöthig sei, einfolglich hätten E. E. anzutragen,
dass diese in ihren Stationen, bis nicht ohnedem die Winter-Monate
verstrichen und dessentwegen das Weitere befohlen werden würde,
verbleibe, sodann aber wegen der Infanterie darob zu sein, dass Seine
königl. Hoheit erstlich die Ilirige auf erforderlichen Fall ausrücken
und anmarschiren lassen wollten, als welche ohnedem in der Nähe
sich befindet; wann es aber die Conjuncturen begehren und eine
unumgängliche Nothwendigkeit sein würde, dass auch von dem kaiserl.
Fussvolk dahin was anmarschiren müsate, so haben es E. E. in allweg
zu bewerken und sich hierüber mit Ihre königl. Hoheit wohl zu ver-
stehen, hiebei auch ferners zu beobachten ; weilen ich für gut befinde,
dass man vor der vöUigen Zusammenziehung der Armee keine ganzen
Regimenter oder Bataillone hierzu gebrauche, sondern nur Commandirte
von denen in dem State liegenden Infanterie-Regimentern nehme, falls
von dem Guido Starb emberg'- und dem Osnabrück'schen Regiment
zuvörderst kein Mann hei'ausgezogen, sondern die beiden Regimenter
von solchem Commando befreit bleiben sollen.
Ich schliesse zwar einen Extract hievon an den Herrn Obrist-
Kriegs-Commissarium Freiherrn von Martinsb.erg bei, E. E. aber
wollen sich dannoch wegen der ökonomischen dabei unterlaufenden
Dispositionen mit ihm wohl verstehen. Womit etc.
33.
An den GWM. Freiherrn Martini von Martinsberg.
Wien, 29. Februar 1708')-
Es ist mir des Herrn General-Wachtmeisters Letzteres zu sicheren
Händen eingelaufen, und weilen es meistentheils in Beantwortung meiner
Vorherigen bestanden, so habe ich nichts Anderes darüber zu erinnern,
als dass ich erstlichen das Delogirungs-Project der churpfälzischen
Cavallerie für genehm halte, sodann des mantuanischen Quartier-
wesens halber, mich auf meine Vorherigen beziehe und zunächst für
den communicirten Conto seiner königl. Hoheit zu Savoye schönstens
bedanke, wobei ich zwar Ein- und Anderes zu erinnern hätte, alswie
♦) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. II. 12.
46
ich dann uicht sehe, warum man unserseits den zu Susa gefundenen
Proviant-Vorrath, so ein feindliches Gut gewesen, hinwiederum er-
setzen solle.
Ich will es aber übergehen und meinem Herrn General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegs-Commissarius auf Seine drei Anfangspuncte
generaliter in Antwort bedeuten, dass ich darinnen umsoweniger etwas
decidiren könne, als dieses Sachen sind, welclie von dem Hof aus-
gemacht werden müssen, wohin man es auch zu verweisen hat.
Was weiters dessen Satisfaction in der Castelbarco'schen Sache
und den Juden Frizi belangt, ist wegen des Mantuanischen der-
malen eine Conferenz gehalten worden, worüber demselben das Fernere
mit nächsten bedeutet werden wird.
Ich habe übrigens dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-
Kriegs-Commissarius jüngsthin schon erinnert, dass man den Herrn
FjSIL. Freiherrn von Kriechbaum seine Generals-, Obristens- und
Hauptmanns-Gage darum unverlangt bezahlen solle, weilen derselbe
in Siebenbürgen destinirt ist; damit es aber umso gewisser erfolge,
so repetire es hiemit nochmalen und rücke dem auch bei, dass mein
General-Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Commissarius den ihm zuge-
mutheten Abzug dessen , was er an einer anderen seiner Anfor-
dei'ungen empfangen, als eine ohnedem richtig geweste Prätension in
allweg unterlassen solle. Uebrigens lege ich hiemit pr. extractum bei,
was ich an den Herrn General Visconti in Einem und Anderen
unter heutigem Dato überschreibe •), damit mein Herr General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegs-Commissarius hiernach auch seine amtlichen
Dispositiones in tempore anstellen können. Womit etc.
34.
Anfrag-epuncte, betreffend die im Reich und in den Nieder-
landen vorzTinehmenden Kriegs -Operationen und die mit
England und Holland zu pfleg-enden Verhandlung-en %
1. On doit proposcr aux Allics les Operations de la Moselle, pour
lesquelles il faut combiner les nrmees , et les pourvoir des choses
necessaires de part et autre.
2. Si les Allics ne voudront pas y consentir, on leur pourra
declarer qu'on entrera dans tous les mesures qu'elles trouveront con-
venables, mais qu'on est toujours du sentiment, que sans combinor une
') Vifle Supplenn-nt-Heft Nr. 35.
«) Kriegs-A., Nierleilande 1708; Fase. III. 6.
47
armee formiclable, on ne fera jamais rien, et l'expericnce passec a fait
vüir en Bavicre ce que les Forces combinees sont capables de faire.
3. Eu cas que les Allies inclinent qu'on doit faire venir plus de
troupes avec la personne de Mr. le Prince Eugene aux Pays-Bas, on
y pourra donner le sentiment de l'Empereur, ä condition que les
Allies y fournissent le pain et les fourrages pour les dites troupes, et
Mr. le Prince Eugene conviendra pour le nombre, le temps et la
qualite des troupes, comme aussi ä tout ce qui pourra avoir rapport
au commandement entre les deux chefs.
4. Ceci etant resolu et mis en execution, il est a presumer
que les Fran9ais feront aussi les detacliements du Rhin pour les Pays-
Bas, et alors Tarmee de l'Empire etant au commencement sur la defen-
sive, devra songer ä quelques Operations qui puissent embarasser et
divertir la France, pour laquelle le vieux projet contre la Bourgogne
pourrait etre tente. Le temps pour ceci paraissant le plus propre ä
cause de Feloignement des troupes fran9aises, circonstance toujours
requise pour cette vue.
5. On doit de la part de tous les Allies faire comprendre ä
S. A. R. de Savoye la necessite de seconder avec le tout cette entre-
prise, et des aussitot qu'un detacbement de l'armee du Rhin entrera
en Bourgogne, le Duc de Savoye doit faire son possible pour l'aller
joindre avec son armee.
6. Les affaires d'Espagne etant dans un etat a craindre uu revers
fatal, on doit declarer que S. M. L s'est resolue a la fin d'y envoyer
5 m. horames de ses propres troupes, si les Allies voudront pour toute
cette guerre donner un nombre pareil de troupes ä la disposition
entiere de S. M. I. soit pour le Rhin ou l'Italie, et ceci doit etre
condition sine qua non.
7. On doit regier aussi la les choses pour la subsistence des remonts
et recrues des troupes imperiales restant en Espagne pour toute cette
guerre et y reflechir au transport.
8. On doit considerer et debattre ensemble le project apporte
par le Stanhope, par rapport aux Operations en Espagne, car si on a
cette campagne le „disinganno"' des progres aux Pays-Bas, il ne reste
aux Allies qua faire les derniers eiforts unanimes contre le continent
d'Espagne, et Mr. le Prince Eugene aura la permission d'y entrer
dans tout ce qui lui paraitra convenable et proportionne a nos forces
devant pourtant faire reflexions sur notre propre sürete.
9. Quand on a resolu cette arriere-saison l'expedition de la Sicile,
on ne croyait pas qu'outre les 3 ra. envoyes, on doit faire passer
encore 5 m. Imperiaux en Catalogne, ce qu'etant pourtaut determine, il
48
faudra voir, si on a cncore assez de troupes pour attaquer la Sicile,
si nou, il faudra toujours entrepreudro celle de la Sardaigne, sans la-
quelle les troupes destinees en Espagne periront faute de subsistenee,
et cette entreprise se devra faire dans le temps que l'Admiral L e a k c
viendra pour transporter le dernier secours.
10. II faut aussi remarquer que la conquete de la Sicile differee,
pourrait apporter un graud prejudice a la ville de Naples, laquelle
faute de pain court risque de se rcvolter. Pour prevenir donc ce coup
fatal, il faut stipuler avec les Allies qu'on enverra sans faute un
certain nombro de vaissaux competaut sur les cutes de Calabre pour
y transporter les grains, et il faudra avertir le Vice-lloy de Naples
incessamont de tenir pret un gros magasiu dans la Calabre, pour etre
incessament transporte, quand les dits vaisseaux de guerre arriveront,
et de cette maniere on pourrait pourvoir pour une annee a la disette
de la dite Ville.
(Combien de troupes on pourra tirer de Naples? Reflechir que
les Hollandais donnent cet argent qu'ils epargnent dans la rcduction
de leur troupes en Espagne.)
1 1. II faut representer que le fort de la France ne consiste point
tant dans la superiorite, que dans la disposition de ses affaires ; que
si on veut faire un effort aux Pays-Bas, les Etats se doivent entiere-
ment reposer sur la fidelite et capacite de deux choses : que les Deputes
n'etait pas des generaux nes, et lesquels se laissant conduire par
quelques generaux subalternes, jaloux ou ignorants dans le metier,
les consultations, qu'on est oblige d'avoir avec eux, n'apportent pas
seuleraent un retardement, mais exposent aussi le secret,
12. Toucbant les affaires interieures, il faut distinguer l'Erapire
et les Etats de S. M. I.
Pour le premier, il serait ä souhaiter que S. M. I. pourrait porter
les Princes d'AUemagne si non k faire les plus gi-ands efforts, ä moins
ä faire leur devoir, mais que l'autorite de l'Empereur se diminue jour-
nellement, partie par les engagements dans lesquelles on se trouve,
et la necessitc dont on a d'eux dans les circoustances presentes, partie
aussi que ces Princes en tout et par tout se trouvent toujours appuyes
par les Allies contre la Cour Imperiale dont les exemples du Roy de
Prusse, Floreuce, Cassel, Palatin et plusieurs autres en fönt foi, que
ces maximes apportent beaucoup de prejudice a la cause commune^
et rendent ces Princes plus roides et moins traitables dans les choses de
leur devoir. (Ce qu'on doit dire aux Allies touchant les pretentions du Duc.)
13. II sera necessaire qu'on explique aux Allies la conduite et les
vues du Duc de Öavoye, pour lesquelles les puissances maritimes sont
49
fort preoccupes, et leur faire comprendre de quelle maniere on doi
agir et so precautionner contre S. A. R.
14. Quo la perto de Hongrie avec les mines qui ont toujours fait
entrer des espcces nouveaux dans les pays hcreditaires, quand meme
il n'y avait point de protit ä les travailler; la depense qu'on doit
faire pour continuer cette guerre, la devastation que ces troubles et
Celles de Baviere ont causee dans tous les pays hcreditaires de
l'Empereur, Joint les desordres des Suedois en Silesie et la depense
immense qu'on a ete ohlige de faire pendant les premieres anuees de
la guerre d'Italie — ont non seuleraent epuise entiereraent les finances,
mais ont meme fait sortir tant d'argent contant de nos pays qu'on
n'en trouve quasi plus, et le peu qu'on en trouve n'est qu'ä 12 et
jusqu'ä 20 pour cent, quoiqu'on leur assigne des fonds süres et im-
mancables a son temps, qu'a ceci il n'y a point de remedes dans nos
pays, ä moins qu'on ne trouve des empruntes considerables parmi
nos Allies, situes sur des fonds süres et payables dans quelques annees;
que si les puissances maritimes ne trouvent point un remede ä ces
inconvenients, il sera purement impossible de pouvoir continuer la
guerre, et il vaudra mieux songer encore ä la paix des a present
que quand les affaires de l'Empereur devieudront plus delabres, et
quoique le Duc de Marlborough n'aimera point qu'on dise ceci aux
Hollandais, il faudra pourtant passer par la, et Souvenir au pension-
naire ou ä la Deputation secrete sur ce sujet, pour qu'on y trouve
un remede de maniere ou autre.
15. II faut aussi faire comprendre ä ces puissances maritimes,
que l'Empereur par le manquement d'argent allegue ne peut plus se
servir des troupes allies, lesquelles n'etant point payees regulierement
fönt mille desordres sans se laisser rabattre, et nulle service sur ce
pretexte, que ce n'est pas de meme par rapport aux troupes imperi-
ales, auxquelles on rabat les exces, et on les fait servir quoiqu'ils
ne sont pas regulierement payees. Ainsi si on soubaite une fin heu-
reuse de cette guerre, on doit donner son attention a augmenter les
Corps imperiaux, et non ä les diminuer, comme il semble qu'on ait
envie de faire, en voulant obliger S. M. I. d'envoyer toujours plus de
ses propres troupes en Espagne, sans les vouloir remplacer.
Demandes.
1. Par oü on doit faire ce voyage, et on croit que 9a pourrait
etre par Francfort et Düsseldorf.
2. Ou parlera a Francfort au Marechal T h ü n g e n, ou a un autre
officier informc du tout, et on priera S. A. E. de Mayence pour so
Feldzüge des Priuzeu Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Supi)lemeiit-Heft. 4
50
trouver aussi au dit Francfort, duqiielle on täcliera avoir des infor-
matiuns necessaires, on lui dira qu'on insiste toujours du cote de
rErapereur poiir les Operations de la Moselle, et si les AUies ne le
voudront pas, on ecoutera leur propositions, et on concertera ce qii'on
trouvera pour le service de la cause commune.
3. Ce qu'on dira a Mr. L'Electeur Palatin, toucliant ses preten-
tions du haut Palatinat, et ce qu'on doit regier avec lui toucliant les
troupes qui seront dans le service de S. M. I. et les autrcs qui
doivent sans subside servir en Allemagne.
4. De quelle maniere on sc doit comporter avec les Hollandais,
si Marlborough est d'avis qu'on ne leur doit point dire tout.
5. Paraissant par la lettre d'Angleterre qu'on n'est plus incline
qu'on doit envoyer des troupes imperiales a present en Espagne, ce
qu'on doit faire en cas qu'on insiste sur cette negative.
En cas que l'operation de la Sicile ne se fasse pas, si on doit
tirer de l'infanterie de Naples et encore le troisieme regiment de
cavalerie.
6. Si Mr. le Priuce Eugene ne retourne pas pour cette cam-
pagne en Italie, ä qui on doit confier le commandement de l'armee
de Lombardie, et ce qu'on dira aux AUies, ne doutant pas que les
ministres de Savoye ne fassent leurs instances sur ce sujet.
En retournaut par Hanno vre — ce qu'on dira ä Mr. l'Electeur
sur CCS matieres ?
7. En passant par Dresde — ce qu'on doit dire au Roi Auguste?
8. Ce qu'il y a a dire toucliant les Moscovites par rapport ä la
proposition de vouloir entrer dans la Grrande Alliance, que par rapport
ä l'alliance defensive contre les Turques.
9. Ce qu'on doit dire aux AUies sur les plaintes du Duc de
Savoye, qu'on ne lui ait point donne encore l'investiturc du Mont-
ferrat, ni paye ce qu'il a avance aux Imperiaux, et touchant l'equi-
valent du Vigevanasco.
10. Si les Operations aux Pays-Bas ont leur efFet, et que les
AUies voulussent que les Imperiaux restent pendant l'liiver de ce
cote-lä, ce qu'on doit repondre in questione? et de quelle maniere
regier les quartiers d'hiver par rapport ä leur subsistence ').
(In der Original-Iustructiou steht ad 11., dass von diesem Puucte nichts zu reden?
Mass aber folgender Gestalt geändert werden : Ad 9. und 10. Sind in den vorge-
henden ersten Puncten beantwortet.)
*) Kaiserliche Instruction für den Prinzen, in Erledigung der Aufrage-Puncte,
siehe Anhang.
51
35.
An den G. d. C. Marquis de Visconti. Wien, 1. März 1708 ')•
Nachdem des Herrn General-Feldmarschalls Grafen Guido von
Starhemberg Excelleuz von hinnen nacher Maiknd aufbrechen,
um von dannen dero Reise weiters zu dem Ihre allerg-nädigst auf-
getragenen Commando nacher Spanien fortzusetzen, so werden von
deroselben Euer Excellenz des Mehreren zu vernehmen haben, Avas
Ihre kaiserl. Majestät wegen Sr. des Herrn Feldmarschalls Excellenz
unterhabenden Osnabrück'schen Regiments für eine allergnädigste Reso-
lution abgefasst und des weiteren befohlen haben, dass ausser den
Dragonern von denen darin stehenden 7 Cürassier-Regimentern, inclusive
der herausbeorderten beiden Pälffy- und Falkenstein'schen, und zwar
von einem jedweden Regiment eine grosse complete Compagnie und
also in Allem 7 Compagnien herausgezogen und in Spanien geschickt
werden sollen, allermassen auch mit der in Napoli (Neapel) stehenden
Cavallerie inclusive der Dragoner ein Gleiches unternommen wird.
Wann nun wiederholten Herrn Feldmarschalls Excellenz über
die Einschiffung der obgemelten beiden Regimenter zu Fuss dero
Dispositiones ankehren würden, so haben es E. E. nicht nur unweigerlich
geschehen zu lassen, sondern auch die Herausziehung der sieben Com-
pagnien von denen dortigen Cürassier-Regimentern solchergestalt also-
gleich zu bewerken, wie es mehrberührten Herrn Feldmarschalls Ex-
cellenz verlangen würden, welchem Derselbe sonsten in Ein- und
Anderem dergestalt an die Hand stehen werden, damit weder sie in
Fortsetzung dero Reise gehemmt, noch der Transport der nacher
Spanien gewidmeten Truppen gestecket, sondern Alles mit möglichster
Beschleunigung bewerkt werde. Womit etc.
P. S.
Auch dient E. E. zur Nachricht, dass die von denen sieben
Regimentern, als: Pälffy, Visconti, Roccavione, Falkenstein, Martigny,
Brenner und Hautois herausziehenden so viel Compagnien nicht von
denen besten sein sollen, sondern es kann ein jedes Regiment fünf oder
sechs Compagnien zu der Herausziehung benennen und diese spielen
lassen, so ist es auch nicht nöthig, dass solch herausziehende Compagnien
von alter Mannschaft completirt werden, weilen man bis auf die Ankunft
der ersten Recruten zuwarten und dieselben sodann von diesen
completiren kann, gleich es auch die Intention also, mithin hierin-
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. III. 1.
52
falls nichts Anderes zu thiin ist. Eine gleiche Beschaffenheit hat es
mit denen beiden Regimentern zu Fuss, als : Guido und Osnabrück,
welche gleichmässig mit ihren in denen Erblanden assignirten Recruten-
Quanto sich completiren müssen. Zum Fall aber des Herrn Feld-
marschalls Excellenz diese nicht erwarten und inmittelst einen guten
Theil ersagter beider Regimenter einschiffen lassen wollen, haben es
E. E. gleichfalls zu vollziehen; wann sie aber auf die Gedanken
fallen möchten, dieselben inzwischen von anderen Regimentern ergänzen
zu lassen, solches ohne von hier habende schriftliche Ordre nicht
einzustehen, weilen die darinnigen Infanterie-Regimenter ohnedem schon
eine ziemliche Anzahl Mannschaft zu Completirung des Reventlau'schen
Regiments haben abgeben müssen. Womit etc.
36.
BericM an den König in Spanien. Wien, 7. März 1708 ').
Euer königl. Majestät allergnädigste drei Handbrief el vom
30, December, 13. Jänner und 8. Februar, dann die beiden Kanzlei-
schreiben von vorgemelten datis sind mir zu allerunterthänigsten
Händen nach und nach wohl eingeloffen; dieselben aber habe darum
nicht wohl ehender allergehorsamst beantworten können, weilen die
Gelegenheit nicht allemal sicher und ich auch sonsten die Zeit
erwarten wollte, wo E. königl. M. mit mehrerer Verlässlichkeit von
Ein- und Anderem allerunterthänigst Bericht zu erstatten vermöchte.
Ich habe demnach daraus allergehorsamst vernommen, was
E. königl. M. durch nachfolgende Puncte an mich allergnädigst zu
überschreiben geruhen wolle, dass nämlichen Dieselbe
1. annoch der allergnädigsten Meinung seien, sich meiner Person
auf den nächstkünftigen Feldzug dortiger Enden gebrauchen zu können.
2. Dass über die abgeführte noch eine grössere Volkshülfe über-
geschifft, E. königl. M. hiernächst auch mit denen erforderlichen Geld-
mitteln aus HoU- und England oder Dero eigenen Landen secundirt
werden möchten, und was
3. für Unordnung, Uneinigkeit und Disturbi sich am allhiesigen
(Hofe) befänden.
4. Dass die Flotte das Vorhaben auf Sardegna unterlassen und
der commandirende Capitain ungeachtet aller Vorstellungen, auch von
E. königl. M. gethanen Offerte nacher Lisbona (Lissabon) fortgesegelt sei.
«) Kriegs-A., Spauieu 1708; Fase. HI. 6.
53
5. Weilen der Feldmarschall Graf von Dann von Neapel sollte
abgerufen sein, dass E. königl. M. bewogen worden wären, dem Herrn
Cardinal Grimani das Vice R6-Patent zuzuschicken, um auf diesen
Fall das Gouverno dieses Königreichs zu übernehmen, dann
6. Abrufung des FML. Grafen Caraffa aus vorgedachtem König-
reich und dass ich letztlichen mit deren Alliirten Ministris zu Turin
die Sache dahin zu veranstalten gedacht sein sollte, damit bei Ankunft
einer Flotte die Transportschiffe und behörige Provision fertig und in
vollkommener Bereitschaft sei.
Soviel nun den ersten Punct anbelangt, werden E. königl, M. aus
meinen von geraumer Zeit her an Dieselben erlassenen allerunter-
thänigsten Schreiben mit Mehrerem allergnädigst ersehen haben, dass
ich mich diesfalls ein- für alleraal dahin allergehorsamst resignirt habe,
was Ihre kaiserl. Majestät mein allergnädigster Herr mit mir alier-
gnädigst werden disponiren und Dero Dienst zu sein erachten wollen,
welche aber gleich E. königl. M. aus der durch eigenen Courier in
dem abgewichenen Monat Januario abgeschickten Hofes-Expedition
und meinem beigefügten allergehorsamsten Schreiben allergnädigst
vernommen haben werden, aus denen darin angezogenen Ursachen
allergnädigst resolvirt haben, sich meiner Person solchergestalt zu
bedienen, dass ich der aufhabenden Charge willen und des sonsten
hiesiger Orten nicht zum besten aussehenden Zustandes halber nicht
allzuweit von hier entfernt sei, das römische Reich auch, welches
mich zu Dero Reichs-Feldmarschallen und Allerhöchstgedachte Ihro
kaiserl, Majestät darauf zu Dero General-Lieutenant ernannt, obschon
die Declaration gewisser Ursachen halber bishero unterlassen worden,
mich bei sich zu haben verlangt, so werden E, königl, M, von selbsten
AUerhöchsterleucht abnehmen können, dass es nicht von mir, nacher
Spanien abzugehen, dependire; darum auch, ob ich schon von ganzem
Herzen wollte gewunschen haben, mich mittelst dieser Gelegenheit zu
Dero Füssen zu legen und in E, königl, M. Allerhöchsten Diensten
meinen letzten Blutstropfen aufzuopfern, auf mich keine Ungnade werfen,
sondern denen dagegen angezogenen triftigen Ursachen so viel mehrers
Dero allergnädigsten Beifall geben, als Ihre kaiserl, Majestät Dieselbe
durch die Person Dero Feldmarschalls Grafen von S t a r h e m b e r g
mit einem so berühmten und experimentirten Generalen versehen,
Avelcher bei dem Feind grossen Respect hat und E. königl, M, erspriess-
liche und stattliche Dienste leisten wird, wann er nur auch mit den
behörigeu Requisiten und einer Armee versehen ist, ohne welchen
sonsten ein Feldherr, wer der auch sei, wenig fruchten noch ver-
richten kann.
54
ad 2^^""" bitte E. königl. M. alleruntertliänif>:st, allergnädi2;st
gesichert zu sein, dass Ihre kaiserl. Majestät zu Deroselben Festsetzung
in der spanischen Monarchie dasjenige thun und beitragen werden, was
Dero Kräften immer zulassen ; es scheint aber, dass man Ihre allein
Alles aufzubürden gedenke und unmögliche Dinge verlange, massen
E. königl. M. von selbsten Allerhöchsterleucht erachten können, wann
die Soutenirung gegenwärtigen Krieges erstlich in Italien nach dem
mit dem Herzog von Savoyen geschehenen Tractat 20.000 Mann
ohne der Besatzung ins Feld erfordert, in Neapel ein considerables
Corps sich befindet, Ihre kaiserl. Majestät zu der Reichs-Armada bei
verlautender starker Armirung des Feindes von Ihren eigenen Völkern
eine mehrere Anzahl anziehen lassen müssen, über alles dieses aber
bei der obhandenen hungarischeu Unruhe, wann Sie anders dieses
tumultirendc Königreich einsmals wieder zum Gehorsam gebracht,
oder die angränzenden Erblande nicht in Flammen sehen wollen, das
Aeusserste ankehren müssen, diesen gefallenen Kriegs-Staat hinwiederum
in Stand zu setzen und mau anbei in Sorgen und Ungewissheit steht,
was für eine verborgene widrige Intention der König in Schweden
etwa führen, und ob nicht dieselbe einsmals ganz unvermuthet aus-
brechen dürfte, und was etwa bei einem solchen unvorsehenen Zufall
die ottomanische Porten (Pforte) für eine Resolution fassen möchte,
wie es dann wohl möglich sein sollte, bei dieser Beschaffenheit mehrere
von Dero auf den Beinen habende Völker in ein so weit entferntes
Königreich zu entlassen, da bei so lange anhaltendem Krieg Dero
gesammte Erblande an Mittel und Leuten jedergestalt ausgesaugt
seien und abgenommen haben, dass sie nicht einmal die Regimenter
zu completiren, mit Ein- und Anderem haben aufkommen können. Um
damit aber'E. königl. M. nach meiner obigen allerunterthänigsten Ver-
sicherung gleich wohlen allevgnädigst sehen sollen, mit was für einer
Anliegenheit Allerhöchstgedachte Ihre kaiserl. Majestät Deroselben der-
maligen Zustand zu Herzen nehmen und was für eine brüderliche
Sorge Sie für Dero Allerhöchste Person tragen, so erinnere E. königl. M.
in allem Vertrauen allergehorsamst, dass resolvirt sei, über das abge-
schickte Reventlau'sche und das dahin bereits beorderte Herbeville'sche
Regiment, Deroselben noch weiters die beiden Regimenter Guido Star-
hemberg und Osnabrück, dann noch ein Regiment zu Pferd zuzu-
schicken, ob man schon noch nicht vergewisset ist, dass dieselben hin-
wieder zu ersetzen, die Seepotenzen das Geld dafür geben werden,
oder bereits beisammen haben ; inmassen man schier sicher ist, dass sie
es nicht thun Averden, auch ungeachtet mehr Allerhöchsternannte
kaiserl. Majestät dieser Regimenter selbsten so mehrers nöthig hätten,
55
als E. königl. M. in aller Unterthänio^keit versichern kann, dass die
gesammten Erblande an Kriegsvolk derniassen entblösster stehen, dass
bei einem wider Vermuthen entstehenden Alarm Alles der äussersten
Gefahr exponirt ist.
An denen von E. königl, M. verlangenden Gcildmitteln soll zu
Genua eine considerable Summa in Bereitschaft liegen, mit welchen
also bei einer sicheren Gelegenheit E. königl. M, auch versehen sein
werden.
ad 3''"'" habe bei meiner dahier beschehenen Ankunft die aller-
gnädigst berichtete Unordnung, Uneinigkeit und Disturbi zu meinen
allergrüssten Leidwesen selbsten erfahren müssen und ich solle E. königl. M.
in aller Unterthänigkeit, geheim und aus allertiefster Devotion aller-
gehorsamst melden, wasgestalt die Confusion dermassen anerwachsen,
dass es nicht grösser sein könne, ja Alles in eine solche Extremität
verfallen sei, dass ich nicht sehe, wie man so leichter Dinge heraus-
kommen werde, wann nicht Ihre kaisei'l. Majestät selbsten durch
starke Resolutiones diesem Unwesen steuern und einen Jeden beson-
ders mit allem Ernst dasjenige zu thun anhalten werden, was seine
Schuldigkeit nach sich bringt, damit nicht ein Jedweder sich in Alles
mische, sondern auf dasjenige Acht und Sorge trage, was sein Thun
und Dienst ist.
E. königl. M, werden mir hieruächst in keinen Ungnaden auf-
nehmen, wann Deroselben aus allerunterthänigster Treue und nach
meiner obhabenden Schuldigkeit allergehorsamst vorstelle, wie eine
unumgängliche Nothwendigkeit es sei, dass mit Ihre kaiserl. Majestät
E. königl. M. in einer beständigen guten Verständniss stehen und
nichts unternehmen wollen, wo Sie nicht vorhero mit Ihre kaiserl.
Majestät die Sache vertraulich communicirt und sodann erst nach
beiderseits überlegter und genehm gefundener Meinung das Weitere
allergnädigst dispouiren und in's Werk richten lassen, also dass son-
derlich bei denen Alliirten Deroseits durch Dero Ministros nichts
angebracht werde, was nicht vorhero nacher Hof hieher, oder wenig-
stens mit denen kaiserl. Ministris communicirt und concertirt ist, auf
dass keine Contratempi oder andere schädliche Consequenzen daraus
erwachsen, zuvörderst aber die gute Vertraulichkeit und Freundschaft
zwischen beiden Allerhöchsten kaiserl. und königl. brüderlichen Häuptern
erhalten werde.
ad 4*"™ ist nicht weniger zu bedauern, dass durch des comman-
direnden Schiffs-Capitains Hartnäckigkeit und Unbeweglichkeit die
Operation auf Sardegna unterlassen werden müssen, und ob ich schon
nicht zweifle, dass auf E. königl. M. nach dem Haag und sonsten
56
hierüber getlianer Vorstellung ersagter Capitain dieses Eines began-
genen Unfuges halber, wann er die Ordre gehabt, abgestraft werden
wird ; so ist aber dadurch der Hauptsache nicht geholfen, daraus aber
abzunehmen, wie schwer mit diesen Leuten umzugehen sei; welches
ich mit sichrerem erfahren habe, als man den Transport der jüngst
übergeführten Truppen mit ihnen richtig gestellt hat. Inzwischen
haben die beiden zu Turin anwesenden der Seepotenzen Ministri ver-
sichert, auch aus Holland geschrieben worden, dass der Admiral Leake
mit seiner Squadra am Ende des abgewichenen Monats an denen
genuesischen Küsten hätte anlangen sollen, welcher nicht nur die
erforderlichen Trausportsschiffe mitbringe, sondern auch sonsten andern
Veranstaltungen und der Provision halber es seine Richtigkeit habe.
Und weilen dieser Tage der Feldmarschall Graf Guido S t a r h e m-
berg von hier nacher Mailand abgangen ist, um seine Reise weiters
nacher Spanien fortzusetzen, so hat er nicht nur in commissis, mit
gedachten Ministern des weiteren Transports halber sich zu verstehen,
sondern ist auch sonsten mit denen nöthigen Ordren und Anderem
versehen worden, sothanen Transport nach solch genommenem Concert
und seinem Gutbefinden zu bewerken.
ad 5*^™ ist mir dato nichts bewusst, dass Ihre kaiserl. Majestät
intentionirt sei, anjetzo den Feldmarschall Grafen von Daun von
Neapel abzuziehen, E, königl. M. aber geruhen allergnädigst gesichert
zu sein, dass wegen des Herrn Cardinalen Grimani meinerseits Dero
allergnädigste Meinung in allweg secundirt sein solle, nur bitte ich
dabei nochmalen allergehorsamst, dass Sie von derlei Anordnung Ihro
kaiserl. Majestät allemal vorläufige Nachricht zu geben allergnädigst
geruhen wollen.
ad 6*"™ werde wegen Abrufung des FML. Grafen Gar äff a
Ihro kaiserl. Majestät das Fernere in aller Unterthänigkeit vortragen.
Ich schliesse es hiemit und wiederhole meine allerunterthänigste
Bitte, dass E. königl. M. meiner Person halber keine Ungnade fassen,
sondern allergnädigst glauben wollten, nachdem die Gnade nicht haben
kann, vor Dero Allerhöchsten Gnaden Thron zu erscheinen, dass
dagegen Tag und Nacht beeifert sein werde, Dero Allerhöchsten Dienst
zu befördern und mit unablässlicher Sorgfalt dasjenige zu thun, was
meine Treue und die Erhaltung Dero Allerhöchster königl. Gnaden
erfordert; inmassen dann auch hofl"e, dass Deroselben in meiner
Anwesenheit dahier eben so gute und nützliche, auch vielleicht noch
erspriesslichere Dienste werde prästiren können, zumalen mit Ende
des abgewichenen Feldzuges veranlasst worden, mit dem Duc de
Marlborough eine Unterredung im römischen Reich zu pflegen und
57
nun wegen des Tages der Zusammenkunft aus England die Antwort
erwartet wird, um dabei über die Prosequirung des Krieges allerorten,
auch Vornehmung der Operation zu handeln und die Mass abzufassen,
als werde von dem darüber nehmenden Concert, nicht nur allein
E. königl. M. ausführliche Nachricht erstatten, sondern auch Dero
Particular-Interesse mir mit besonderer Sorge auf das beste angelegen
sein lassen. Womit etc.
37.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Wien, 8. März 1708 ').
Es hat der geweste Herr Obristlieutenant Marchese Grimaldi,
nunmehro Duca T e 1 e s a, die Instanz gemacht, dass wegen der
Obristlieutenants-Stelle und Compagnie bis Ende Aprilis gegenwärtigen
Jahres Abrechnung und Richtigkeit mit ihm gepflogen, was demselben
zugute komme, sodaun bezahlt und nicht weniger dasjenige abgeführt
werde, so man ihm an seiner vorhin genossenen Pension schuldig ist,
mit dem Beisatz, er wüsste zwar wohl, dass die Mittel beklemm und
dermalen nicht vorhanden, bäte aber, ihm nichtsdestoweniger an die
Cassa anzuweisen und die Bezahlung etwa im Sommer hinaus solcher-
gestalten richtig zu stellen, auf dass er sich mit Jemandem verstehen
und seine Gebühren per anticipationem erheben könne.
Wenn ich nun dieses Begehren raisonabel und an sich selbsten
billig finde, dass man ersagten Herrn Duca contentire und befriedige,
als wolle auch mein Herr General-Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
Commissarius hierüber das Weitere verfügen und die gewöhnliche
Assignation ausfertigen lassen. Womit etc.
38.
Referat an den Kaiser. Wien, 14. März 1708 ^).
Es haben die ad Turcica deputirten gehorsamsten Räthe der
Ordnung nach in Deliberation gestellt, sowohl die letztere von Euer
kaiserl. Majestät Residenten Tal man eingelangte, untenn 19. Januarii
datirte Relation, als zugleich auch die von der Grenz-Commission bis
hieher eingelaufene vielfältige Berichtschreiben und nach genauer Durch-
suchung alles dessen, was in Sachen vorbeigangen und deren ange-
hörigen Umständen einmüthigen Schluss gefasst, E. k. M. dasjenige
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. III. 2.
2) Recristr. des R. K. M., März 1708, Nr. 537.
58
in aller Unterthänip^keit einzurathen, was vermöti^e beikommender zwei
Aufsätze*) zu Gewinnung der Zeit an den (Titel) Nehem und den
(Titel) Tal man zu rescribiren und selbige mit eigenem Courier zai
ihrem ferneren Verhalt in E. k. M. Allerhöchstem Namen zu belehren
entworfen ist. Welches hauptsächlich auf die Anfangs drei, anjetzo
aber durch die türkischen Grenz-Commissarios auf fünf extendirte
Punete ankommt, darvon die vornehmsten zwei, nämlich der wegen
des vor etlichen Jahren aus dem Hafen von Durazzo durch die
Zengnaner Corsaren weggenommenen französischen Schiffes, und dann
wegen der verwichenen Sommer von der Razischen Miliz zu Kecskemet
mit Niederhauung und Plünderung einiger türkischen Kaufleuten ver-
übten Facti die beschwerlichsten sind, auf deren Vergleichung und
zuvörderst Satisfaction und Restituirung alles Abgenommenen sie,
Türken, unaussetzlichen stark dringen und selbst mit Verwerfung
all' diesseitiger doch nicht leerer Gegensätze und Fundamenten gleich-
sam mit Gewalt zu erzwingen, ja sogar vor deren Abthuung zu denen
übrigen Puncten, nämlich Demolition deren seit und gegen denFriedenp-
schluss erbauten Tschardaken und Festungswerke, auch Examinir-
und Bestrafung deren hin und wieder vielfältig erklagten Raubereien
und Mordthaten ehender nicht schreiten zu wollen, sich verlauten
lassen, imd zwar noch dazu mit Bedrohung gefährlicher Repressalien,
also, dass man diesfalls zu einer positiven Resolution sich gemüssigt
sieht, und nachdem befunden worden, dass im Ersten respectu des
Casus von Durazzo man diesseits allerdings in facto et modo Unrecht
habe und das Anfangs zu Fiume desshalben übereilte Constitutum
unmöglich behaupten könne, noch einige Hoffnung, die Porten von
ihrem allzuklaren Recht jemalen abstehen zu machen, übrig, hingegen
eine hohe Nothwendigkeit sei, diesen lapidem offensionis als von
welchem sie, Porten, nach Belieben allezeit einen Prätext zur Ruptur
haben könnte, gänzlich aus dem Weg zu räumen; wegen Kecskemet
aber der Casus an sich selber so verwirrt, auch die beiderseitigen
Relationes unter sich so contrar und different sind, dass man unmög-
lich daraus zu kommen vermag, ohne durch eine vorhergehende
genaue Inquisition die speciem facti klar zu machen und darnach
erkennen zu können, wie gross eigentlich der Schaden und von wem
zugefügt worden, wer daran Schuld habe, auch von wem und was
Mitteln die Satisfaction zu verschaffen; so haben hierüber Eingangs
erwähnte gehorsamste Dcputirte das beste Expediens für E. k. M.
Dienste erachtet, den ersten Punct von Durazzo iramediate an die
') In den Acten niclit vorlia.ii(leii.
I
I
59
Porten zu remittiren, und iliro durcli oberdeuten Residenten in denen
inhemerkten Terminis die Restitution des corporis delicti, als sowohl
Ersetzung in billigem Wertli der darauf gewesten authentisch-docirten
Ladung aus purer Generosität amore pacis zu ofFeriren und solches
mit Hülfe deren Mediatoren alldorten imzweifentlich wohl gelten zu
machen, in Hoffnung, dass nach hierdurch erlangter favoi'ablen Dis-
position, wie auch Beistand deren neulich allda schon gewonnenen
Confidenten, folgends auch die noch übrigen Grenz-Differenzien und
zuvörderst der Punct von Kecskemet (dafern er nach obgedachter
Inquisition auf der Grenze nicht zu vergleichen wäre) ebenmässig
dahingezogen und alldorten abgethan können werde da inmittels die
Coramissarien ein als anderen Weg die Demolitiones und Räuberei-
Bestrafung auf der Grenze bewirken sollen, von dem fünften Punct
aber der prätendirten neuen Grenz-Rectification in Syrmien absolut zu
abstrahiren und sich in Nichts einzulassen sei. Alles nach Inhalt obbe-
melter beider Rescripte.
So jedoch bei E. k. M. allergnädigster fernerer Resolution
beruhen thut etc.
Resolution des Kaisers :
leli thue dieses Referat sammt denen gemachten Aufsätzen in Allem
approbiren.
Joseph m. p.
39.
Bericht an den König von Spanien. Wien, 22. März 1708 ').
Euer königl. Majestät solle hiemit in aller Unterthänigkeit erinnern,
dass diejenige Unterredung mit den Seepotenzen, von welcher Dero-
selben bereits ein und das andere Mal allergehorsamste Meldung
gethan, nun seinen Fortgang haben und der Duc de Marlborough
schon den 26. dieses im Haag anlangen werde. Ich hätte also um
diese Zeit gleichfalls allda schon sein sollen, es ist aber der dessent-
wegen hieher abgeschickte Courier über alles Vermuthen und Ge-
wohnheit um etliche Tage später angelangt, dass also allererst morgen,
geliebts Gott, meine Reise dahin antreten und mich solchergestalt be-
schleunigen werde, dass die Unterredung umso balder bewerkt werde,
wobei mir dann E. königl. M. Allerhöchstes Interesse nach meiner treu-
schuldigsten Pflicht äussersten Kräften nach angelegen sein lassen, auch
von allem dem, was abgehandelt und geschlossen Avorden, eine ausführ-
liche Relation in aller Unterthänigkeit überschicken werde. Womit etc.
1) Kriegs-Ä,, Spanien 1708; Fase. III. 11.
60
40.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Wien, 22. März 1708 ').
Der Herr Obrist Graf von V e h 1 e n hat mir Euer Excellenz werthes
Schreiben vom 29. passato wohl behändigt und ich habe daraus gern
ersehen, dass Ihnen meine vorigen wohl eingelaufen, Dieselben endlich
zu Kecrut- und Rimontirung der derortigen 5 Cavallerie-Regimenter
70.000 Scudi zusammengebracht, dabei aber nicht wüssten, weilen der
Ueberrest vor Ende Mai nicht fallen werde, ob die Officiere die
Rimont- und Recrutirung nur insoweit als obige Summa erkleckt,
vollführen, oder aber zu dem Supplemento von der hiesigen Kammer
ein Fundo gegen der unfehlbaren Wiederersetzung ausgesucht werden
solle. Ich will E. E. hierüber unverhalten, dass, gleichwie Ihnen so gut
als mir der Stand des hiesigen Aerarii bekannt, also auch kein Conto
zu machen ist, dass durch die löbl. Hofkammer der Ueberrest
inzwischen vorgeschossen werden könne. Nachdem aber bei schon
so weit avancirter Zeit die Officiere auch nur um die obgedachte
Summa mit denen Recruten und Rimonten zum wirklichen Abmarsch
schwerlich vor dem Majo werden fertig sein können, so glaubte ich
dass mit dem, was ein jeder jetzo empfangen, seine völlige Rimont-
und Recrutirung wirklich anfangen, Mundirung, Gewehr, Sattelzeug
und Pferde bestellen und wann nur E. E. den Ueberrest der erfor-
derlichen Rimessa in dem Majo verlässlich und unfehlbar heraus
remittiren, sich mit Credit solchergestalten helfen könnten, dass, wann
sothaner Ueberrest per Wechsel ankommt, auch sie mit ihrer Recrut-
und Rimontirung fertig sein und nichts Anderes zu thun haben werden,
als den gemachten Credit zu bezahlen und einfolglich den Marsch
insgesammt anzutreten, wo inzwischen ein jeder Officier gleichwohl
etwas an Rimonten und Recruten wird vorausschicken können, inmassen
nicht nöthig ist, mit dem völligen Quanto bis zur Einlangung der
letzten Rimessa zuzuwarten.
Belangend das Partiaulare von E. E. selbsten, sage Deroselben
schuldigen Dank, dass Sie fortan Dero Vertrauen zu mir nehmen
wollen, gleich Sie sich dann auch versichern können, dass ich Ihr auf-
richtig und wahrer Freund sei. Ich will mich zwar hierüber auf das-
jenige beziehen, was ich etwas weitläufiger in dieser Materie mit
Anfangs gemeltem Herrn Obristen von Vehlen mündlich geredet
habe, dabei aber auch melden, dass dieses eine Sache ist, welche vor
langer Zeit und vor meiner Ankunft dahier schon beschehen sein
1
') Kriegs-A., Neapel mid Sirilieii 1708-, Fase. III. 7.
61
müsse; es haben aber Ihre kaiserl. IMajestät sich erklärt, hierüber eine
Conferenz anzuordnen, welche vor 14 und mehr Tagen schon hätte
beschehen sollen, die ich dann meinesorts bei Deroselben in allweg
pressiren und dabei dasjenige thun werde, was zu E. E. Behuf ich
immer beitragen kann.
Wegen Herausschickung zweier Regimenter zu Pferd ist es bereits
eine resolvirte und E. E. Selbsten intimirte Sache. Weilen aber diese
mit Ende dieses Monats unfehlbar aufbrechen sollen und hiezu Neu-
burg und Vehlen beordert sind, so wird es sich schwerlich ändern
lassen; man wird aber schon gedacht sein, wie beide benannte Herren
Generales bei der erinnerten Beschaffenheit herausgezogen werden
können. E. E. ersuche ich solchemnach, obgedachte beide Regimenter
nach Empfang dessen ihren Marsch unweigerlich antreten zu lassen;
wie und auf was Weise aber derselbe anzustellen sei, berufe mich
auf dasjenige, was durch das löbl. Hofkriegsraths-Mittel und durch das
hiesige General- an das darinnige Commissariat verfügt worden.
41.
Bericht an den Kaiser. Hannover, 3. April 1708 ')•
Nachdem mit Euer kaisei 1. Majestät allergnädigsten Befehlen über
die mir aufgetragenen Geschäfte den 26. des abgewichenen Monats Martii
von Wien abgereist bin, langte ich gestern Abends dahier an und über-
reichte dem Herrn Churfürsten das mir mitgegebene allergnädigste Cre-
ditiv mit dem Beisatz, dass nach E. k. M. Allerhöchstem Willen über die
vorseiende Zusammenkunft im Haag der diesjährigen Kriegs Verfassung
halber von demselben seine Gedanken vorläufig einholen und mit Ihm
Alles verabreden und berathschlagen sollte; wie ich dann auch gesinnt
bin, mich den heutigen Tag über zu dem Ende hier aufzuhalten und
meine Reise nichtsdestoweniger oder auf den Abend, oder in der
Nacht wieder fortzusetzen, da annebens auch heute Früh die hollän-
dische Post augelangt und mit selbiger vielleicht noch eine und andere
Materie eingelaufen sein möchte, worüber ich mit gedachtem Herrn
Churfürsten nothwendig zu reden hätte. Soviel ich aber bereits
erfahren, so melden diese Briefe, dass bei Ablaufung sothaner Post
man die Nachricht gehabt hätte, dass der Byug mit seinen Schiffen
nur etliche Meilen von dem Feind gewesen sei, sonst aber in England
solche gute Veranstaltungen angekehrt wurden, dass man in voller
Hoffnung stehe, es werde der Krone Frankreich diesfälliges Concept
») Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. XIII. 17.
62
ohne Wirkung ablaufen und zu Wasser gemacht werden, welches
zwar verhindert hat, dass der Duc de Marlborough noch nicht
herüberkommen können; wie aber obige Briefe melden, so werde er
nichtsdestoweniger demnächst erwartet.
Zu Dresden bin ich den 30. obgedachten Monats Martii zwischen
4 und 5 Uhr Abends angekommen, mich aber bei dem König keine
längere Zeit aufgehalten, als zur Abwechselung der Postpferde von-
nöthen war. Dieser versicherte mich, dass er die 3000 Pferde in das römi-
sche Reich hergeben wollte, und mau dessen für gewiss sein könnte. Der
allda anwesende hannoversche Minister, Herr Baron E 1 1 z aber, welcher
dieses Werk von Seiten seines Principalen pressirt, hatte, wie mir der
Herr Churfürst selbst sagte, hicher berichtet, dass diese Herstellung noch
grossen Schwierigkeiten unterworfen sei, inmassen gedachter König
über den Sold, auch die Werbgelder und Rimonta prätendire, wozu
aber bekannter Dinge kein Fundo vorhanden sei. Ich habe mich mit
ihm weiters in keinen particularen Discurs eingelassen, ausser dass
ich demselben zu verstehen gegeben, weil er mit Ende dieses oder
Anfang des Monats Mai 10.000 Pferde im Laude beisammen haben
werde und schier nicht möglich sein könnte, dass die Herstellung
einer so zahlreichen Reiterei ohne Dessein sein sollte, wie schädlich
und nachtheilig es der gemeinsamen Sache fallen würde, zu Fall er
bei denen gegenwärtigen Zufällen was anfangen möchte ; worüber mir
ersagter König in Antwort widersetzte, dass er nichts zu unternehmen
gedächte, was E. k. M. präjudicirlich sei.
Belangend den Herrn Churfüsten zu Hannover, habe ich den-
selben nach seinem bekannten Humor ganz kaltsinnig gefunden, sonst
aber nebst der Eröffnung meiner Commission über die künftigen
Üperationes ihm weiters vorgestellt, ob nicht demselben gefallen möchte,
sich selbst in den Haag zu verfügen ; worauf er mir geantwortet,
wann er wüsste, dass seine Anwesenheit allda dem gemeinen Wesen
zur Beförderung des Hauptwerkes was fruchten möchte, er willig
und parat wäre, sich sogleich dahin zu begeben, und erkenne auch
gar wohl, dass keine anderen, als die beiden projectirten Operationes
vorzunehmen seien, wäre aber versichert, dass zu der an der Mosel
die See-Potenzen kein Volk hergeben würden ; bei der anderen aber,
als ich mehrberührten Herrn Churfürsten von der Liste der Truppen
am Ober-Rhein und der Recrutirung redete, sagte er mir, dass über
die bereits vorhandenen keine mehreren Völker zu verhoffen seien,
worüber ich ihm rcplicirte, dass von E. k. M. ich Befehl hätte, zu
Fall die See-Potenzen vorgemeldeter beide Operationen halber, das
ist an der Siosol und an dem Ober- Rhein, auf der Negativa beharren
63
sollten, denselben zu sagen, dass sie sieh sogleich zu erklären hätten,
was sie dann bei solcher Beschaffenheit ihres Orts für eine Operation
vorzunehmen gedächten, damit nicht die Campagne abermals fruchtlos
verstreiche, wie es verwichenes Jahr erfolgt sei.
In diesen terminis nun bin ich mit dem Herrn Churfürsten
geblieben und habe meine allerunterthänigste Schuldigkeit zu sein er-
achtet, E. k. M, hievon gegenwärtige Nachricht einzusenden und mich
anbei etc.
42.
Bericht an den Kaiser. Haag", 12. April 1708 *)•
Gleichwie ich Euer kaiserl. Majestät aus Hannover unterm 3. d. ^l.
allergehorsamst relationirt, dass ich mich zwar selbigen Tag über
allda darum aufhalten werde, um nicht nur nach Deroselben Aller-
höchstem Befehl mich mit dem Herrn Churfürsten über die mir alier-
gnädigst aufgetragene Commission zu unterreden, sondern zu Fall
auch mit der damals angelangten holländischen Post eine und andere
Materie eingelaufen sein würde, worüber ich mich gleichfalls mit
besagtem Herrn Churfürsten zu vernehmen hätte, es unter einsten zu
bewerken und sodann noch selbige Nacht meine Reise hinwiederum
fortzusetzen; als hatte ich es auch also bewerkt und habe ich über
dasjenige, was in obgemeldeten meinem allergehorsamsten Schreiben
E. k. M. der zwischen mehrwiederholtem Herrn Churfürsten und mir
gepflogenen Unterredung halber und sonst allerunterthänigst berichtet,
weiters nichts allergehorsamst beizurücken.
Ich beförderte solchemnach meine Reise so schleunig, als ich
konnte, und langte vorgestern Früh zwischen 6 und 7 Uhr dahier an,
allwo ich den Grafen von Gallas auch antraf und demselben sowohl,
als dem von Heems E. k. M. mir allergnädigst mitgegebene zwei
Schreiben sogleich behändigte, anbei aber für Dero Allerhöchsten
Dienst zu sein befand — da gedachter Herr Graf von Gallas eben
in procinctu war, von hier hinüber zu gehen und zu dem Ende sein
Convoi angelangt, auch der Wind gut war — denselben dahier auf-
zuhalten, auf dass er von Allem vollkommene Information überkommen
und mithin auch in seiner aufhabenden Commission umso besser für
sich gehen möge, so sich sonst, wenn er seine Reise fortgesetzt und
hinüberpassirt wäre, durch Schreiben und Briefwechsel niemalen so
gut, als wenn er selbst gegenwärtig ist, würde haben thun und bewerken
lassen.
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 18.
64
Etliche wenige Stunden nach meiner Ankunft aber und sobald
als nur die Predigt vorbei war, bin ich ohne weitere Ceremonie
nüt dem von Heems zu dem Pensionär io gefahren und habe
denselben nach Ablegung des gewöhnlichen Compliments generaliter
die Ursachen meiner Anheroreise beigebracht, auch gesagt, dass an
die Herren Staaten ich ein Schreiben mithätte, so aber erst damalen
überreicht werden würde, wann der Duc de Marlborough allhier
angekommen sein und mithin man anfangen werde, von denen AfFairen
zu reden. Man hatte auch weiters geglaubt, nicht nöthig zu sein, dass ich
es selbst übergebe, sondern dass es durch den von Heems bestellt
und abgelegt werden könnte. Es geschehe aber, wie es wolle, so werde
vor Allem dahin gedacht sein, damit keine Difiicultiit dabei unterlaufe-
Durch Briefe vom 3. dieses, welche gestern aus England her-
übergekommen, hat man, dass ersagter Duc de M a r 1 b o r o u g h ver-
gangenen Freitag den 6. dieses wirklich hätte abfahren sollen, mithin
erwartet man zwar denselben dahier alle Stund. Mir ist aber inzwischen
gleichwohl leid, dass ich ein- und andere Tage dahier fruchtlos zubringe
und andurch meine Rückreise retardiren müsse.
Uebrigens haben die Herren General-Staaten den Grafen Noyelles
aus Catalonien bereits abgerufen, womit dann der seinetwegen in der
mir allergnädigst ertheilten Ordre zuletzt annectirte Punct von selbst
cessiren thut, und ich werde weiters nicht ermangeln, darob zu sein,
auf dass die gesammten allda zu stehen kommenden alliirten Truppen
dahin angewiesen werden, dass sie nach Ihre königl. katholischen
Majestät immediate des Feldmarschalls Grafen Guido von Starhem-
b e r g Befehl unterstehen sollten.
Alswie ich dann hievon sowohl, als sonst mit dem Pensionario,
als dieser gestern Nachmittag selbst zu mir kommen, präliminaliter zu
reden anfing, und ob gar raisonable fände, dahero glaube deshalb,
soviel das Commando angeht, keine Difficultät sein dürfte, wenn nur
die alliirten Generales in ihrer detaille i^V) blieben, da sie die Dis-
positiones unter ihre Truppen zu machen pflegen und den comman-
direnden Generalen allein, als das Obercommando, zukommt, gleich
es mit mir, dem Duc de Marlborough und zwischen den alliirten
Truppen also zu geschehen pfleget und gehalten wird.
Der von Heems hat dann berichtet, dass von England anstatt
des Rivers der von Stanhope nach gedachtem Catalonien abge-
schickt werde, um nicht nur als Gesandter allda dem Feldzug beizu-
wohnen, sondern unter einsten auch die dortigen Truppen von dieser
Krone zu comraandiren, welcher mit wiederholtem Duc de Marl-
borough gleichfalls herüberkommen soll.
65
Dieses ist nun Alles, so E. k. M. ich hiemit alleruntertliänigst
berichten sollen. Dieselbe allergchorsamst versichernd, dass die mir
aufgetragene Coramission , insoweit es die Möglichkeit zulässt und
meine Pflicht erfordert, zu E. k. M. allergnädigstcm Gefallen anzu-
gehen und auszuführen auf das Eifrigste angelegen sein lassen, auch
mich solchergestalt beschleunigen werde, dass auf das Baldigste wiederum
zurückkehren und mit Ablegung einer vollkommenen allergehorsamsten
Relation zu E. k. M. Füssen mich in allerunterthänigster Submission
werfen möge ; zuvörderst aber würde auf alle Weise sehen, den Duc
de M a r 1 b 0 r 0 u g h dahin zu bringen, dass er nicht mehr in England
zurückgehen, sondern bis zum Augang des Feldzuges hier verbleiben
möchte.
43.
Bericht an den Kaiser. Haag, 17. April 1708')-
Euer kaiserl. Majestät habe unterm 12. dieses unter Andern
allergchorsamst berichtet, dass ich den 10. detto dahier angelangt, der
Duc de Marlborough aber den 6. ejusdem aus England wirklich
hätte abfahren sollen und mithin alle Stund erwartet werde, auch
dass ich das mir mitgegebene allergnädigste Schreiben an die Herren
Staaten, aus denen damalen erinnerten Ursachen, noch nicht über-
reicht habe, weilen man geglaubt, damit zuzuwarten, bis man von den
AflFairen zu reden und zu handeln anfangen werde, annebens nicht
nöthig zu sein, dass ich es selbsten übergebe, sondern dass es durch
den von Heems abgelegt werden könnte.
Seither nun war ersagter Duc dahier angekommen, worauf ich
sogleich obgemeltes E. k. M. an die Herren Staaten lautendes alier-
gnädigstes Schreiben selbsten überreicht und zu diesem Ende mich
damit zu dem Wochen-Präsidenten, wie man ihn nennt, begeben,
inmassen es nach der darüber eingezogenen näheren Nachricht also
gewöhnlich, . auch vorgemelter Duc de Marlborough selbsten in
derlei Fällen es auf gleiche Weise zu observiren pflegt. Um damit
aber diese Leute nicht glauben möchten, als ob man denenselben etwas
hintcrhalten wollte, so habe ich unermangelt, mich in ihre Versamm-
lung zu verfügen, ihnen aber nur generaliter von denjenigen Puncten
etwas zu reden, welche von keiner besonderen Consequenz oder Geheim-
nuss waren; nach der Hand aber, und da alles dieses beschehen, trat
ich mit dem Duc de Marlborough und dem Pensionario in eine
nähere Unterredung, welche für gut befunden hatten, künftighin, theils
«) Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. IV. 3.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. 11. Serie, I. Band. Supplement-Heft. O
66
um denen Staaten, als ob man ihnen was verbergen wollte, alle Jalousie
aus dem Weg zu räumeu, theils weilen es der Pensionarius selbsten
allein nicht auf sich nehmen wollte, auch Ein und Andere vom Staat
in die weiteren Verhandlungen zu berufen und beizuziehen, und zwar
nämlich den Mr. H o p e, Graf Rechteren und den von S c h 1 a n g e r-
1 a n d t.
Ich redete solchemnach vor Anderm von der spanischen Sache
und wurde dabei obligirt, des dahin vermeinenden Succurses halber
die in copia hiebeigehende schriftliche Erklärung von mir zu geben *).
Was ich aber hievon noch in meiner Anwesenheit zu Wien allezeit
befürchtet habe, das hat sich nunmehr in dem Werk gezeigt, nachdem
der Duc de Marlborough im Vertrauen sich vermerken lassen,
*) Siehe die folgende Beila<^e A.
Beilage A.
Evkläiuug des Prinzen Eugen von Savoyen an den Duc de
Marlborough und die General-Staaten. Haag, 14. April 1 708 ^).
Sa Mtte la Reine d'Angleterre et MMssrs les Etats generaux ayant
sollicite plusieurs fois par ecrit et de bouche par leurB Miuistres S. M. I.
d'envoyer un corps considerable de Ses troupes en Espagne, Sa dite Mtte, qui
ne cherche eu toutes les occasions que complaire k Ses allies en tout ce
qui peut etre humainement possible, m'a ordonne de declarer, que malgrc
les grands engagenients oü Elle se trouve, qui ne sont que trop connus ä
Ses allies, Elle s'est resolue d'y envoyer outre les 3000 hoinmes qu'P^lle a
dejk accorde au Roy Son fröre, et les 1200 Milauois, 5 autres mille hommes,
ä savoir 4000 hommes de pied et 1000 chevaux aux conditions suivantes :
1" que S. M. I. daus ces conjonctures ne pouvaut se dcfairc d'un
nombre si considerable de troupes sans les remplacer aussitöt, Ton lui
donnera cent ecus par cavalier et 35 par fantassin.
2° qu'en cas que les allies trouvent des difficultes de donncr cette
somme, S. M. I. se contentera qu'on lui donne un pareil nombre de
troupes, lesquelles seront ä Sa disposition jusqu'ti la paix pour s'en sorvir
dans l'Empire, k coinpte des troupes qu'Elle y doit avoir, S. M. I. etant
oblige d'avoir un corps de 24 ou 25 mille hommes en Lombardie, pres-
qu'autant en Empire, un troisieme k Naples, qu'on ne peut diminuer avant
n'avoir resolu ce qu'on veut faire en Sicilie, une guerre aussi considerable
dans Ses propres pays, dont pas un n'est exempt, sans parier des autres
troubles, dont ses frontiers pourraient etre menacees, tant de cötc de Polonie,
que de Turquie. Elle espere, que S. M. la Reine d'Angleterre et MMssrs les
Etats generaux seront d'autant plus persuades, qu'Elle prefere en cette occa-
sion les avantages de la cause commune k sa propre sürete, y ayant peu
d'exeraple qu'un prince partageant la plus grande partie de ses troupes dans
tant de pays diff6rents et si eloignes, quaud il est attaque dans ses propres
etats et meme jusqu'ä sa residencc.
»; Kriegs- A., Niederlande 1708; Fase. IV. art 3.
67
man wäre nur wegen des Parlaments bemüssigt gewesen, von E. k. M.
diesen Succurs zu begehren, weilen man nicht geglaubt hätte, dass
Sie darein allergnädigst consentiren könnten.
Solchemnaeh hat man mit dem von Stanhope, welcher meinem
unterm 12. dieses eingeschickten allerunterthänigsten Bericht nach,
anstatt des Rivers nacher Catalonien destinirt worden und mit dem
Duc de M a r 1 b 0 r o u g h herüberkommen und von dem spanischen
Wesen grosse Wissenschaft besitzt, die Sache mehrers examinirt.
Dieser nun war der Meinung, wann jetzo nebst dem Hcrbeville'schen
Regiment die churpfälzische Cavallerie hinübergeht, dass man sodann
an Reiterei dermalen genug haben werde, ja mit einem Mehr er em
nicht wüsste, was man thun sollte, bis und solange nicht die dortige
Armee in einen anderen Stand gekommen sei; bei welchem man es
auch also gelassen, einfolglich nur allein auf die 4000 Mann zu Fuss
angetragen und selbe begehrt hat, wogegen ich meiner diesfalls ge-
thanen und oben aunectirten Erklärung inhaerirt, und bin einfolglich
auf die ausgeworfenen und verlangten 35 Thaler für jeden Mann
geblieben. Der Duc de Marlborough fertigte hierauf einen Courier
nach England ab, um von der Königin die weitere Resolution darüber
einzuholen, sagte aber dabei, es dürfte wenig oder vielleicht gar nichts
zu hoffen sein, wovon er innerhalb 8 Tagen eine positive Antwort
werde geben können.
Meinerseits habe ich zwar nicht ermangelt, Alles was möglich
war, zu repräsentireu und mit mehrerer Weitläufigkeit vorzustellen,
welchergestalten E. k. M. sich von Truppen nicht entblössen und
den spanischen Krieg nicht auf sich laden könnten, gleich es auch
wider den Tratact wäre, nachdem die See-Potenzen denselben völlig
auf sich genommen haben, also dass E. k. M., diese 4000 Mann hin-
wiederum zu ersetzen, die Gelder absolut haben müssten, und ob-
schon keine Apparenz wäre, die dagegen neu aufrichtenden Regi-
menter für gegenwärtige Campagne im Stand zu haben, so würden sie
doch für die künftige dienen und E. k. M. eine gute Erleichterung
Ihres im Reich zu stellen habenden Contingents geben können, mit
der Anführung mehr anderer triftigen Ursachen, die ich hiebeizu-
rücken ihrer Weitläufigkeit halber, theils auch darum unterlasse,
weilen hievon E. k. M. nach meiner Zurückkunft eine ausführliche
Information allergehorsamst abstatten werde.
Man hat zwar und insonderheit der Duc de Marlborough
diese meine Remonstrationen gar wohl capirt, allein sobald als es nur
auf die Mittel ankommt, so ist nichts vorhanden, alswie man mir dann
replicirt, man wollte zwar wohl sehen, eine andere Anzahl Truppen
5*
68
zu finden , welche E. k. M. anstatt der obigen haben könnten ;
allein müssten Sie es auch selbsten bezahlen, weilen England neben
melirgemeldeten nacher Spanien abschickenden Völkern unter einsten
auch nicht eine andere gleiche Anzahl in dem römischen Reich und
mithin anstatt 5000 oder 4000 Mann, 10.000 oder 8000 Mann bezahlen
und unterhalten könnte. Vonnöthen ist es dannenhero in allweg, dass
E. k. M, allergnädigst geruhen wollten , hierüber eine schleunige
Resolution zu fassen und Dero Allerhöchste Befehle auszustellen, was
hierinfalls zu thun sei, mit welchen sogleich ein Courier nach der
Lombardie und Napoli (Neapel) expedirt werden müsste, im Falle
dass E. k. M. bei dieser Proposition allergnädigst beruheten, und
die Infiinterie allein hinübergeschickt würde ; weilen Deroselben aller-
gnädigst wissend ist, dass der Feldmarschall Graf Guido von Star-
hemberg die Ordre wirklich mitgenommen hat, damit mit der
anbefohlenen Herausziehung der 12 Compagnien von den in beiden
Landen befindlichen Cavallerie-Regimentern und Formirung des ver-
meinten Regiments ein- und bis weitere Ordre zurückgehalten, folgsam
sie anjctzo in Spanien nicht abgeschickt werden sollen, weilen die
Ersetzung derselben von hier aus nicht zu hoffen, sonsten aber, wann
es über kurz oder lang geschlossen und beliebt würde, noch allezeit
nachgeschickt werden könnten.
Was ich hiernächst wegen Bezahlung jetztbesagter in Catalonien
stehenden und weiters dahin abgehenden Regimenter dahier richtig
gemacht und daraufhin zu Papier gebracht, auch hiernächst auf meine
Puncte schriftlich geantwortet worden, das lege E, k. M. zu Dero
allergnädigsten Wissenschaft hiebe! *) und von dem ersten gebe unter
') In den Acten nur die folgende Convention vorhanden:
Convention*).
Comme le mallicur de la bataille donnee k Almansa a rcduit les
aflFaires en Espagne h un tel point, que sans un prompt secours de troupes
Sa Majeste Catholique pourrait se voir röduite ä la fatale necessite de
(juitter la Catalogne, et ce secours ne pouvant se trouver si facilement
que par un prompt transport d'uue i^artie de Celles de S. M. I. en Italic,
il est convenu pour ce sujet par les soussignes autorises ;i cet effet des
conditions suivantes :
1. Que S. M. I. donncra un corps de quatre mille fantassins de
Ses troupes a prdsent en Italic, bicn armes et habilles, qui sei'ont trans-
portes au plutot du port de Vado, ou du voisinage, en Catalogne aux
frais de S. M. la Reine de la G-rande-Bretagne.
2. Que le dit corps de troupes sera entretenu aux depens de la dite
Majestö du jour de leur embarqucment, moyennant un rabat raisonnable pour
les provisions qui leur seront fournies pendant qu'ils seront a bord, de la
*) KriegsA., Spanien 1708; Fase. IV. !>.
69
einsten auch Ihro königl. Majestät und gedachtem Doro Feldmarschall
Grafen Guido von Starhemberg zu seiner weiteren Richtung die
erforderliche Nachricht.
Sonsten hat man hier Kundschaften, dass der Feind seine völlige
Macht gegen Portugal wende, woi'über man dahier sehr embarrassirt
ist. Bei dieser Beschaffenheit habe ich auf alle Weise pressirt, eine
mehrere Anzahl Truppen dahin zu schicken. Man gab mir aber zur
Antwort, dass bereits mit dem Admiral L e a k e zwei Bataillone hinüber-
geschickt wären ; eine grössere Anzahl für die gegenwärtige oder
Frühlings - Campagne hineinzusenden, sei nicht möglich, weilen die
englischen Bataillone, die sehr ruinirt seien, noch nicht ergänzt und
erst gegen den Juni im Stande sein werden ; man wolle aber hin-
gegen im Monat Augusto für die andere Campagne besser angreifen
und Mehreres dort abschicken. Inzwischen müsste man sich dahero
behelfen, so gut man vermöchte und die Kräfte zulassen thäten, weil
die Saison zu weit avancirt und weder Schiffe, noch Truppen jetzt-
besagtermassen im Stande seien, wobei man zuvörderst hoch angezogen,
dass ungeachtet der Franzosen gegen Schottland vorgenommenen
Mouvements man nichtsdestoweniger den Admiral Leake nicht auf-
gehalten, sondern vielmehr befohlen habe, seinen Lauf nach der ihm
vorhin ertheilten Ordre fortzusetzen, um damit man sehen und erkennen
möge, mit was Lieb Ihre Majestät die Königin der spanischen Sache
beigethan und wie Sie derselben Nutzen Ihrem eigenen Interesse
vorziehen thäten.
Der Duc de M a r 1 b o r o u g h aber setzte über obige Ursachen
noch hinzu und sagte mir es im höchsten Vertrauen, dass die Intention
meme maniere que sont payees les troixpes de l'etat en Esj^agne, et joiii-
ront pareillement des memes douceurs.
3. Que S. M. la Reine aura soiu que le dit corps d'infauterie re^oive
leur paye regulierement tous les mois selon les efFectives.
4. La Reine s'oblige de fournir k rEmpereur de que rembarquement
sera fait pour le remplacement de ee corps en Italie la somme de vingt
ecus par homme pour tous les factionnaires effectifs, qui auront ete mis
k bord, moyenant laquelle somme S. M. I. s'engage de lever un nouvel
corps de quatre mille fatassins, et de les avoir complets, habilles, armes
et en etat de Service au bout de quatre mois apres la recepte de la dite
somme, ou argent de levee.
En dernier lieu, en cas que le dit corps de quatre mille factionnaires
ne füt pas complet au premier embarquement, k mesure qu'il arrivera en
Catalogne des recrues pour completer le dit corps, S. M. la Reine s'engage
aussi de payer les vingt ecus pour les dites recrues, jusqu'a la concurrence
de quatre mille eflfectives. Ainsi accorde de part et d'autre a la Haye ce
quatorzieme jour du mois d'Avril 1708.
70
sei, in England die vorangezogenen Bataillone auf 5000 bis 6000 Mann
mit etwas Cavallerie in Stand zu richten und damit fi:e<ren die fran-
zösischen Küsten zu operiren, sodann aber dieselben gegen den Augusto
in Portugal abzuschicken.
Belangend sodann das andere spanische Project, werde E. k. M.
mündlich darüber in aller Unterthänigkeit referiren, wie weit man
darin gekommen und mit dem M a r 1 b o r o u g h geblieben sei.
Soviel aber weiters die Operationes angeht, hat man endlich
nach etlichen Unterredungen beigehendes Project verfasst '). Die dabei
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 25:
Pr oje t.
Apres avoir conf^re sur les Operations k faire ponr la campague de
I'auuee 1708, l'ou est en premier lieu unanimement tombe cl'accord qii'ou croyait
ipie pour le bien de la cause commune 11 serait utile que des deux armees,
a savoir c'elle de l'Allemagne et des Pays-bas, Von Format une troisieme armee;
sur quoi ayant ete mis en deliberation en second lieu, dans quel eudroit on
ci'ut que la dite armee put agir avec le plus d'apparence de succes et au
quel nombi-e de troupes 11 la faudra fixer: l'on est convenu de meme que
pour plusieurs raisons alleguees l'on jugeait que l'endroit de la Moselle etait
le plus propre et qu'il la fallait fixer du moins au nombre de quarante mille
hommes, en prenant pour cet effet de l'armee de l'Empire, comme il est
marque sur la liste de littera A, et suppleant le reste d'ailleurs, et que pour
le commandement de la dite armöe l'on düt rechercher le Prince Eugene de
Savoye h sen vouloir charger, que de cette maniere Son Altesse Electorale
de B r un s vi c - L u n eb 0 u r g garderait eucore une armee au-delä de quarante
mille hommes et que celle aux Pays-bas ne serait pas aussi trop affaiblie h
pouvoir agir, l'une et l'autre selon les occurences off'ensivement, et qu'alors
S. A. E. de Brunsvic-Lunebourg garderait encore sous ses ordres les
troupes marquees sur la liste ci-jointe sub littera B,
Littei-a A.
Liste des t r o u p e s q u i d o i v e n t c o m p o s e r l'a r m e e d e 1 a M o s e 1 1 e.
Infanterie : Cavalerie :
Du regt, de Bade-Bade im- Merey 1000
perial 1300 Lobkowitz 1000
le reste demeurera en Garnison Fels-Dragons 1000
Thüngen ad idem .... 1300 Reising 1000
Würzbourg imperial . . . 3200 Pälffy 1000
Palatins, infanterie et cavalerie 10000 Falkenstein 1000
15800 Houssards un regiment . , . 600
Hessois 10400. 6600
.Saxons 4400.
Le reste jus(ju(!s k quarante mille hommes ä suppleer des troupes de
l'Empire.
71
befindliche Lista aber ist etwas confus, weilen es der Graf Rechteren
Selbsten haben machen wollen und ich auch umsomehr zugelassen
Litt^ra B.
Liste d (! s t r o u p e s q u i d o i v e n t c o m p o s e r l'a r m ^ e du H a u t - R h i n.
Cavalerie :
Princc h^reditaire de
Württemberg ... 3 escadrons
Oettingeii-Dragons . . 3 „
Fugger 3 „
Infanterie :
Le cercle de Souabe ,
Bade-Bade
Enzberg 2
Bade-Durlach .... 2
Roth 2
Reischach 2
2 bataillons
Nota: Le corps ci-dessus fait dix niilles liomines.
L e d u c de W ü r 1 1 e m b e r g s u r 1 a s o 1 d e de l'e t a t.
Infanterie : Cavalerie :
Gardes Württemberg . . . 1000 Helmstedt
Sternfeld 1200
Hermann 1200
4 escadrons 600
3400
Nota: Le corps de Württemberg au service de l'etat fait ([uatre mille
hommes.
Cavalerie :
Gardes de Würt-
temberg k cheval 1 escadron 120
Gardes de Würt-
temberg Grena-
diers .... 1 „ 120
2 escadrons 240
L e cercle de F r a n c o n i e.
Infanterie :
Helmstedt .
. . 2 bataillons 2074
Bavreutli
Erifa . .
. . 2 „ 20G4
Bibra-Dri
.Boyneburg
. . 2 „ 2035
Uten . . .
1000
Grenadiers
456
Cavalerie :
5 escadrons 957
s 5 „ 955
10 escadrons 1912
7629
Infanterie :
Hohenzollern
Jahnus
Dalberg
Dugger (Fugger oder Tucher?)
Nota: Ces quatres bataillons fönt trois mille hommes et pourvu qu'on
donne quelque douceur raisonnable au dit cercle, il ne les laissera pas seule-
ment agir, mais les augmentera j'usqu'ä quatre mille hommes.
72
habe, als es mit der meinigen in der Zahl allerdings übereinstimmt.
Man hat hiebei resolvirt, dass der Duo de Marlborough nicht
Le cercle du Haut -Rh in.
Infanterie : Cavalerie :
Nassau-Weilbourg . . "2 bataillons Nassau - Weilbourg 2 escadrons 300
Saxons ..... 2 J^
Hoffmann (^Darmstadt) . 2 „
Nota: Les Etats du cercle du II.iut-Rliin ont promis que leur infanterie
serait de 4400 hommcs et de 300 chevaux.
Le cercle de Westplialie.
Infanterie : Cavalerie :
Sinunern .... 1 bataillon 800 Nagel .... 3 escadrons 443
Wenningen-Drag. 2 „ 407
Hachenbourg . 1
Westerwald . . J ^ " ^^^
8 escadrons 1363
L'E 1 e c t e u r de M a y e n c e.
Infanterie :
Leyen .... 2 bataillons 1200
Elz 1 „ 600
Tsoo
L'E 1 e c t e u r de B r u n s v i c - L u n e b o u r g.
Infanterie : Cavalerie :
Plinkenstrom 700 5 escadrons conter ad . . . 750
Hodenberg 700
Schratteubacb 800
Haerstal 700
' 2900
Wolfenbüttel.
Infanterie : .
Bevern .... 1 bataillon 6G5
Saxe- Weimar et Eise nach.
Infanterie :
Uliarisch (UsslarV) 195
L e U o i de P r u s s e.
Cavalerie :
Wartensleben . 3 escadrons 472
Sachsen-Gotha .2 „ 256
Mecklenbourg .2 „ 347
73
mehr in England zurückgehen, sonrlern mit mir naclier Hannover
verreisen sollte, um mit diesem (Jliuriursten das Weitere abzureden
Le cercle de Souabe
S
u ni m a.
Infanterie :
8500
3400
7629
3000
4400
800
1800
2950
665
1095
Cavalerie ;
1500
Prince de Württemberg a
ses gardes k cheval .
Fraiiconie
la
solde
de Fetut hormis
600
1913
Les quatres bataillons de
Le Haut-Rhin . ...
Franconie
300
Westphalie
1363
L'Electeur de Mayence .
L'Electeur d'Hannovre .
750
Wolfeubüttel ......
Saxe-Weimar et Eisenach ,
Le Roi de Prusse .
• •
472
Saxe-Gotha
256
Meckleiiboure
347
Houssards, deux regiments
ad
600
chacun ....
1200
Infanterie
34239
8701
34239
Cavalerie
8701
Total . . . 42940
Outre les Suisses, contingent de Baviere, le reste de Bade et Thüngeu et
le regiment de Hildesheim,
Liste des troupes qui se trouveront dans Tempi re pour la
campagne de 1708-
Suivant la reponse que la cour de Vienue a donnee k l'envoye de LL.
HH. PP. le 20 du mois de jauvier dernier S. M. Imperiale devait fournir
pour la campagne 1708 dans l'empire 24-000 hommes, ainsi qu'il est exprime
dans la dite reponse ci-j einte sub Litf^ A. mais comme des regiments y
compris ils en doivent aller d'un commun concert cinq mille hommes d'Italie
en Espagne sous coudition de remplacement des dits 5000 dans l'empire,
seit en nature ou eu argent , S- A. Monsieur le Prince E u g ö n e de
Savoye pour satisfaire au nombre des dits 24-000 hommes a nomme
les troupes qui s'en suivent:
Infanterie :
Bade-Bade 2080
Thüugen 2080
Würzbourg-Fechenbach
Stein
Houssards k savoir
Kollonits
Eszterhazy
Lehoczky
Palatins
1600
1600
1500
. . . 3100
^11960
Trois regiments de houssards.
Cavalerie :
Mercy 1000
Lobkowitz 1000
Fels - Dragons qui viennent
d'Italie 1000
Reising -Dragons qui viennent
d'Italie 1000
PälflFy viennent aussi d'Italie 1000
Falkenstein de meme cavalei-ie 1000
Palatins 900
6900
74
und zu concertiren ; er liat etwas Diffictiltät gemacht, wird aber gleich-
wohlen diese Keise unternehmen.
Outre les ciuq milles qiii se trouvent oucore cn Italic et doivent etrc
envoyes en Espagne sous conditiou de reinplacement en nature ou en argeiit
comuie il est dit ci-dessus.
Le cercle de Souabe
a piomis de fouriiir 10.000 homines dans un etat coinplet en cas ([u'il obtenait
remprunt d'argeut demaiide, le dit corps etant coinpose comme il s'ensiiit:
Cavalerie :
Piince li6red. de Würt-
temberg 3 escadrons
Oettingen-Dragons . . 3 „
Fuggcr- „ . . 3 „
Gardes de Württemberg.
il cheval . 1 esc. f. 120 maitres
grenadiers k
cheval . . 1 „ f. 120 „
Troupes de Württemberg :\ la solde de Fe tat.
Infanterie : Cavalerie :
Infanterie :
Bade-Bade . . 2
bataillons 1647
Bade-Durlach . 2
„ 1600
Ensberg ... 2
„ 1600
Roth 2
„ 1600
Reischach ... 2
„ 1600
Gardes de Würt- Helmstedt .
temberg . . 2 bataillons 1000
Sternfels ... 2 „ 1200
Hermann ... 2 „ 1200
Le cercle de Francouie
Infanterie :
2 bataill. 2074
2064
2035
4 escadrons 600
Bayreuth
Bibra-dragoiis
Cavalerie :
. . 5 escadrons 957
5 „ 956
1913
456
1000
Helmstedt
Erffa 2 „
Boyneburg 2 „
Toste grenadiers ä cette
heure Truchsess . . 1 „
Le regiment de Uten
ayant servi autrefois
de contingent pour les
comtes de Schwarz-
bourg et Reuss . . 1 „
7629
Le dit cercle entretient encore a u-d e s s ii s d e s o n contingent.
HohenzoUern.
Jahnus.
Dalberg.
Ducher (Fugger?).
Nota: Ces quatres bataillons sont de trois milles hommes et ils
ont j)roniis que pourvu (pi'on leur donnera quelque douceur raisonnablc,
qu'ils n'einployeraient non-seulement les dits 3000 hommes, mais les augnifin-
terairiit jus([u';i 4000 hommes.
75
Der von Rechteren ist benennt worden, im Namen der Herren
Staaten mitzugehen und von Hannover nacher Mainz und Trier sich
Le cei'cle du Haut-Rhin.
Infanterie : Cavalerie :
Nassau-Weilbourg . 2 bataillonsl Nassau-Weilbourg 2 escadrons 300
Saxons 2 „ i
Hoffmann (Darmst.) 1 „ (^^^^
L e c e r c 1 e de W e s t p h a 1 i e.
Infanterie: Cavalerie:
Simmern .... 1 bataillon 800 Nagel .... 3 escadrons 443
Wenningeu-Drag. 2 „ 407
Hachei
3 „ 513
enbourgl
srwald J
Westei
1363
L'E lecteur de Mayence.
Infanterie : Le regiment Schönborn de 600
Leyen 2 bataillons hommes sert en Hongrie.
Elz 1 „
Pour memoire. S. A. E. de Mayence a promis de mettre 3 bataillons
en campagne, mais si S. A. E. voulait faire garder Mayence par la milice,
il y pourrait mettre les quatres bataillons.
L'E lecteur Palati n
a promis d'agir avec onze mille liommes en cas qu'il pviisse obtenir l'investi-
ture du Haut-Palatiuat, dans lesquels etaut compris le coutingeut de S. A. E.
tant dans le cercle Electoral que celui du Haut-Rhin, montant ensemble
jusqu'a trois mille hommes, comme aussi les 4000 hommes pour le contingent
de S. M. I. il agirait en ce cas avec 4000 hommes k ses propres depens
et l'on croit qu'au raoins, on le pourra compter jusqu'k 1000 hommes f. 6000.
L'E lecteur de Brunsvic-Lunebourg
a fourni la campagne :
Infanterie : Cavalerie :
Plinkenstrom 700 5 escadrons 770
Hodenberg 700
Schrattenbach 800
Haerstal 750
Faisant 2950
Le Roi de Prusse
a fourni la campagne 1707 un regiment de curassiers :
Wartensleben . . 3 escadrons 472
Saxe-Gotha
a fourni la campagne 1707.
Cavalerie :
2 escadrons 256
76
zu begeben, uin nicht nur bei diesen beiden Herren Chur-, sondern
auch anderen Fürsten und Ständen des Reiches den Effect obigen
Projects solchergestalten zu sollicitiren, als wann von keiner anderen
Operation, als an der ]SIt)sel zu gedenken wäre, und würde auch keinen
Schaden bringen, wann schon diese Operation nicht geheim bleibete,
als wie es ohnedem die Apparenz hat. Sobald als man aber mit dem
Herrn Churfürsten von Hannover geredet haben wird , sobald
werde ich auch E. k. M. oder sogleich schriftlich, oder aber bei meiner
Ankunft mündlich ausführliche allergehorsamste Relation abstatten,
weilen Alles, und zuvörderst der Alliirten Truppen halber, von dem
Concert, so man mit denenselben nehmen wird, dependirt. Unterdessen
wäre nothwendig, den aus Italien abmarschirten zwei Dragoner- und
soviel Cürassier-Regimentern Ordre zu geben, sich in solch schleunigen
Stand zu setzen, auf dass sie gegen den 20. künftigen Monats Mai
gegen Rheinfels oder Coblenz sich einfinden sollton, und dass unter
Mecklenbourg
a fourni la campagne 1707.
2 escadrous 347
Wolfenbüttel.
Bevein 1 bataillon 665
Saxe-Weimar et Eise na eh.
Uslarisch 109 ö
Summ a.
Infanterie : Cavalerie :
Sa Majeste Imperiale 11960 6900
5000 de remplacement 5000 —
Le cercle de Souabe • . . 10000 —
Le duc de Württemberg! q^aa r(\f\
k la solde de l'^tat J
Le cercle de Franconie 7629 1913
Les quatres bataillons du mT-me cercle 3000 —
Le cercle du Haut-Rhin 4400 300
Le cercle de Westplialie 800 1363
L'Electeur de Mayence 1800 —
L'Electeur Palatin y rabattu les 4000 honimes ixnir
le contingent de S. Majeste Imperiale 6000 —
L'Electeur de Brunsvic et Lunebourg 2950 750
Le Roi de Prusse .... — 472
Saxe-Gotha — 256
Mecklenbourg - — 347
Wdlfenbüttel 665 —
Saxe-Weimar et Eisenach 1095 —
58699 12901'
Total 71.600.
77
einsten auch die unverweilte Anstalt verfügt werde , dass ersagte
Kegimenter oder andere ankommende kaiserl. Truppen, solange sie
allda stehen bleiben würden, mit Brod und Haber versehen seien ;
sodann aber haben die See-Potenzen das Brod abzureichen versprochen,
lieber dieses aber wäre eine gleichmässige Nothdurft, einen Fondo
auszufinden, auf dass E. k. M. Truppen währenden Feldzug zu leben
haben und Dero Allerhöchstem Decor keine Schand zuwachse, wann
Dero eigene unter anderen Truppen in lauter Elend und Miserie
erscheinen sollten, ohne dass auch sonsten bei so beschaffenen Dingen
wenig Dienst von ihnen zu erwarten sein würde, E. k. M. aller-
gehorsamst bittend, dass Sie allergnädigst geruhen möchten, hierüber
Dero Allerhöchsten Befehl an den Hofkriegsrath und die löbl. Kammer
sogleich ergehen zu lassen, auf dass der erstere mit dem General-
Kriegscommissariat den Marsch der Regimenter, und wann sie auf-
brechen sollen, concertire, auch andere Anstalten und Ordre ausstelle,
die etwa dabei mit unterlaufen möchten, die löbl. Hofkammer aber
die erforderlichen Mittel beischaffe.
Wegen der Operation von Sicilien und Sardegna wurde mir geant-
wortet, dass die Flotte bereits Ordre hätte. Alles zu thun, was Seine
königl. katholische Majestät begehren und in specie wegen Sardegna
befehlen würden. Dessenungeachtet aber habe ich darauf gedrungen
und gemacht, dass noch eine andere positive Ordre durch den von
Stanhope, welcher zwischen morgen und übermorgen von hier
abreisen wird, von hier abgeschickt, oder aber gerade durch England,
wie die Holländer bereits gethan, geschrieben werde, damit ersagte
Flotte wegen Sicilien Ihrer katholischen Majestät allergnädigsten Befehl
absolut befolge. Ich schreibe hievon unter einsten an Höchstgedachtc
Seine königl. Majestät und wäre der allerunterthänigsten Meinung,
dass auch von Seiten E. k. M. an Dieselbe eine Gleiches geschehe,
sodann aber, weilen die See- Potenzen wegen beider dieser Impresen für
sich immediate nichts resolviren wollen, sondern an Euer kaiserl. und
königl. Majestät sich diesfalls völlig remittiren, Dero Feldmarschalls
Grafen von Dann Meinung wegen Sicilien eingeholt werden könnte,
um, zum Fall bei dieser Impresa einige Schwierigkeit sich hervorthun
und mithin dieselbe für unmöglich befunden würde, der dorten stehen-
den Truppen halber die weitere allergnädigste Resolution zu nehmen ;
wiewohlen sehr gut und zu wünschen wäre, wann es geschehen könnte,
gleichwie das Meiste an dem gelegen ist, dass die Flotte den Winter
über in dem Mediterraneo verbleibe; also habe ich auch die hohe
Nothwendigkeit dessen mit allem Nachdruck vorgestellt und dabei
von Seiten der Holländer keine Difficultät gefunden; von Seiten
78
England aber haben sich verschiedene Schwierigkeiten hervorgethan,
mau hat aber dabei gleichwohl versichert, dass jetztberührte Flotta
bleiben werde, und habe ich dem Grafen von Gallas erinnert, dass
er seinesorts hierauf mit Nachdruck pressiren solle, allermassen auch
der von Stanhope ebenfalls thun wird, nachdem er die darunter
obwaltende Nothwendigkeit von selbsten begriffen und erkannt hat.
Ich reservire mir letztlichen, E. k. M. nicht nur über diesen
Punct, sondern auch mehr andern und in specie der Moscoviter und
des Königs A u g u s t i halber mündlich ein Mehreres in allergehor-
samstem Respect beizubringen, zu welchem Ende ich dann gedenke,
übermorgen von hier wegzugehen und die Zurückkehr mit all'
möglichster Eile zu beschleiTuigeu, meinen Weg aber über Düsseldorf
zu nehmen, Avohin der Duc de Marlborough den Grafen Loche raine
mit einem Brief an den Herrn Churfürsten, ich aber den Grafen
von Vehlen, welchen ersagter Herr Churfürst anhero gesendet,
voraus geschickt habe, und hoffe diesen Samstag oder Sonntag allda
einzutreffen. Weilen aber der Duc de Marlborough noch ein Paar
Tage dahier zu thun hat, so haben wir uns unter einander das Rendez-
vous gegeben, dass wir gegenwärtigen Freitag über 8 Tage, oder
den 27. dieses zu Hannover eintreffen wollen. Womit etc.
44.
Bericht an den König von Spanien. Haag, 17. April 1708*).
Nachdem Ihre kaiserl. Majestät für Dero Allerhöchsten Dienst
zu sein allergnädigst befunden haben, dass nach meiner an Euer königl.
Majestät vorläufig gethanen allerunterthänigsten Erinnerung nach eine
Reise anhero unternehmen solle, um wegen der künftigen Operationen
mit dem Duc de M a r 1 b o r o u g h und denen Herren Staaten von
Holland eine Unterredung zu pflegen ; so habe meiner allerunterthä-
nigsten Schuldigkeit zu sein erachtet, E. königl. M. hievon, und sonder-
lich in der spanischen Sache, sowohl wegen des Succurses nacher Cata-
lonien, als Portugal, eine allergehorsamste Relation abzustatten, und
zwar habe ich unermangelt, da die Kundschaften geben, dass der
Feind seine völlige Macht gegen gedachtes Portugal wende, stark zu
pressiren, dass eine mehrere Anzahl Truppen dahin geschickt werden
möchte. Man gab mir aber zur Antwort, dass diejenigen Völker, welche
vor diese Campagne dahin destinirt seien, die meisten bereits in motu
wären; eine grössere Anzahl aber vor die gegenwärtige oder Früh-
») Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IV. 11.
79
lings-Campa<^ne dahin zu senden, wäre niclit möglicli; hingegen wollte
man in Augusto vor die änderte Campagne sieh besser angreifen
und inehreis dorthin abschieken; man miisste sich dahero inzwischen
behelfen, so gut man vermöchte und die Kräfte zulassen thäten,
weilen theils die Saison zu weit avancirt, kein Schiff im Stand und
auch sonsten daran impedirt sei, wobei zuvörderst sehr hoch an-
gezogen, dass ungeachtet der Fjanzosen gegen Schottland vorge-
nommenen Mouvement, man nichtsdestoweniger den Admiral Leake
nicht allein nicht aufgehalten, sondern ihm vielmehr befohlen habe,
seinen Lauf nach der ihm ertheilten Ordre fortzusetzen, um damit
man sehen und erkennen möge, mit was Eifer diese Potenzen der
gemeinen Sache beigethan und wie sie derselben Nutzen ihrem eigenen
Interesse vorziehen thäten.
Wegen des Succurses nacher Catalonien aber war man der
Meinung, wann jetzo nebst dem Herbeville'schen Regiment die chur-
pfälzische Cavallerie hinübergehe, dass man sodann an Reiterei der-
malen genug haben werde, ja mit einer mehreren nicht wüsste, was
man thun sollte, bis und so lange nicht die dortige Armada in einen
anderen Stand gekommen sei, einfolglich hat man allein auf die Ab-
seudung 400Ü kaiserl. Mann zu Fuss angetragen und dieselbe begehrt,
auch deren Wiederersetzung halber einen Courier an die Königin
von England abgeschickt, wiewohl man dazu schlechte Hoffnung
gegeben hat. Ich habe aber unter einsten einen gleichmässigen Courier
an Ihre kaiserl. Majestät expedirt, auf dass Sie Dero allergnädigste
Resolution hierüber abfassen und sodann durch eigene Expresse Dero
weitere allergnädigste Befehle an seine Gehörde ablaufen lassen
können.
Was ich aber hiernächst wegen Bezahlung der in Catalonien
stehenden und weiters dahin abgehenden Regimenter dahier richtig
gemacht und darauf zu Papier gebracht worden, das legeE. königl. M. zu
Dero allergnädigster Wissenschaft hiebei *) und unverhalte Deroselben
beinebens allergehorsamst, wasmassen die Flotta nicht nur wegen
Sicilien und Sardegna Ordre habe. Alles zu thun, was E. königl. M.
begehren und befehlen würden; sondern ich habe noch weiters darauf
gedrungen und gemacht, dass noch eine andere positive Ordre durch
den von S t a n h o p e, welcher zwischen morgen oder übermorgen von
hier abreisen wird, abgeschickt werde. Nöthig ist es solcheranach, dass
E. königl. M. allergnädigst geruhen wollten, wegen der Operation in
Sicilien nacher Napoli die weitere allergnädigste Ordre auszustellen;
^) Siehe Anmerkung zum Briete Nr. 43 fies Supplement-Heftes, Seite 68.
80
zum Falle aber diese für anjetzo nicht möglich zu sein befunden
werden sollte, wäre Ihro kaiserl. Majestät davon sogleich Nachricht
zu ertheilen, damit Dieselbe der dortigen Truppen halber Ihre fernere
allergnädigste Resolution abfassen könnten, wiewohlen es sehr gut
und zu wünschen wäre, wann sothane Operation jetzo gleich beschehen
könnte. Gleichwie aber das meiste an dem gelegen, dass die Flotta
den A^'^inter über in dem Mediterraneo verbleibe, als habe ich auch
die hohe Nothwendigkeit dessen mit allem Nachdruck vorgestellt und
dabei von Seiten der Holländer keine Difficultät gefunden; von Seiten
Englands aber haben sich verschiedene Schwierigkeiten hervorgethan
und die Sache sehr zweifelhaft gemacht ; man hat aber dabei gleich-
wohl versichert, dass mau keine Mühe, noch Arbeit sparen und in all-
weg sehen werde, damit alle Hindernisse aus dem Wege geräumt und die
Sache möglich gemacht werde, und habe ich dem Grafen von Gallas
erinnert, dass er seinesorts dieses Werk mit Nachdruck pressiren solle,
allermassen auch der vonStanhope seinesorts ebenfalls thun wird,
nachdem er die darunter obwaltende Nothwendigkeit von selbsten
begriflFen und erkannt hat.
Was sonsten das bewusste Project betriflft, so der Stanhope
mitgebracht, habe ich darüber mit dem Duc de Marlborough ge-
redet und berufe mich auf dasjenige, was er E. königl. M. hievon referiren
und sagen wird, alswie dann auch von der anderen Seite man an den
Gallo vay (Galway) darüber schreiben Averde. Man ist solchemnach
darauf geblieben, die Sache erst auf den anderen Frühling zu unter-
nehmen; es müsste aber Alles in höchster Geheim gehalten werden,
wie mehrwiederholter von Stanhope E, königl. M. des Mehreren
repräsentiren wird. Nächst diesem aber will nöthig sein, dass man
diesen Sommer fleissig continuire, alle Nachrichten hieher einzuschicken,
um unter der Hand die Disposition zu machen, dass zu seiner Zeit
dem Werk, wann es anders sein kann, sogleich Hand angelegt
werden möge.
Soviel die hiesigen Operationes betrifft, ist mau der Meinung,
noch eine dritte Armee an der Mosel zu formiren, welches aber, da es
mehrerentheils von dem mit beiden Herren Churfürsten zu Düssel-
dorf und Hannover nehmenden Concert, wohin mich in ein Paar
Tagen begeben werde, beruht, als ist es auch noch nicht allerdings
gewiss oder sicher, diese Armee, wann's zu Stand gebracht wird,
solle allda an der Mosel operiren, oder eine Armee die andere nach
denen Conjuncturen und Erforderniss secundiren.
Uebrigens ist es mir zwar nicht mehr möglich, dass mich vor
Anfang gegenwärtiger Campagne nach Mailand verfügcni könnte, ich
81
hatte aber uuermangclt, solche Dispositiouoö zu hinterlasbun, wie es
zu E. königl. M. Allerhöchstem Dienst und zu Conservation des Landes
nöthig ist. Womit etc.
45.
„Relation über die vorgeweste Unterredung in Haag, Düssel-
dorf und Hannover.'' Wien, 8. Mai 1708 ').
Ad 1., 2. und 3. ist resolvirt worden, eine 3. Armee gegen der
Mosel zwischen Coblenz und Rheinfels zusammen zu ziehen, worüber
man im Haag beigehendes Project ^) verfasset und noch zwei andere
Projecte sub Nr. 1 und 2 beigerückt, auch dem Grafen von Rechteren
committirt hat, sich nach Hannover, Mainz und Trier zu begeben,
um bei diesem Herrn Chur-, auch anderen Fürsten und Ständen des
Reiches den Effect vorgemeldeten Projects auf eine solche Art zu
sollicitiren, als wann von keiner anderen Operation, als an der Mosel
zu gedenken wäre, inmassen es nichts schaden würde, wann schon
diese Operation nicht geheim bleiben sollte.
Nach dieser im Haag genommenen Resolution aber hatte ich in
meiner Rückreise zu Düsseldorf wegen den churpfälzischen dazu gewid-
meten 12 Bataillonen und 15 Schwadronen mit diesem Herrn Churfürsten
die Sache also verabredet und eingerichtet, wie es der Aufsatz zu lit. B
ausweiset; sodann aber wurde in Beisein des Duc de Marlborough
und des Grafen von Rechteren zu Hannover mit diesem, dem
Herrn Churfürsten, vollends ausgemacht und darüber das sub lit. C ^)
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 27.
2) Dieses Project befindet sich als Beilage in der Anmerkung zu Nr. 43 des
Supplement-Heftes, Seite 70.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. 26.
Beilage C.
C 0 n c e r t.
Ayant ete projete h la derniere Conference de la Haye, que pour uuire
h la France avec le plus d'apparence de succes et lui percer dans le coeur,
Ton etait en premier lieu unanimement d'opinion que des deux armees k savoir
Celle d'Allemagne et celle des Pays-bas, l'on dut former une troisieme armee
sur la Moselle sous les ordres de Mr. le Prinee Eugene de Savoye et que
les dites trois armees dussent etre en etat d'agh- offensivemeut selon les
occurrences et les demarches de l'ennemi et qu'elles se dussent preter la maiu
l'une ä l'autre h une occasion favorable pour pouvoir pousser sa pointe. L'on
a cru en second lieu que poiu- cet effet l'arraee de la Moselle devait etre
composee des troupes comme il est ä voir au dit projet sur la liste y jointe
sub lit. A et qu'alors S. A. E. de Br uns vi c -L un eb o ur g garderait encore
sous ses ordres les troupes marquees sur la liste y jointe sub lit. B.
Et il a ete trouve k propos de communiquer non-seulement le dit
projet ;i S. A. E. de B r u n s v i c - Lun eb o ur g, mais de concerter lä-
Feldziige des Prinzen Eugen v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. G
82
anliegende Concert mit seinen Beilagen verfasst, worüber auch der
Herr Churfiirst seine Antwort schriftlich sub lit. D ') herausgegeben.
dessus avec Elle et picmlrc de justes mosures ot d'eiivoyer pour cet effet
Messieurs le Princc Eng e n e de S a v o y e, le Duc de M a r 1 b o r o u g li
et le Comte de R e c b t e r e n k Hainiovre.
S. A. E. de Brunsvic-Lunebourg a ti^moigne qu'k l'egard du premier
membre du dit projet, k savoir de faire une troisieme armee suv la Moselle,
Elle tomba d'accord, mais qu'k l'egard du second membre, si savoir le denombrc-
imnit des troupes, qu'Elle croyait qu'il lui eu resteraient trop peu pour pouvoir
agir offensivoment. Sur quoi ayant uii peu entre en matiöre sur cette affaire et
Sa dite A. E. ayant tdmoignd qu'Elle serait bien aise de garder encore avec
Elle le Comte de Me rc y et Priuce deLobkowitz avec leurs regiments de
cavalerie, l'ou a bien voulu prouver, combien qu'on täche a complaii'e ä S. A. E.
et accorder cette demande, ainsi que ces deux regiments doivent etre defalquer
du denombrement des troupes qui doivent composer l'armee de la Moselle.
Pour ce qu'il regarde l'artillerie, les munitions de guerre et d^pendances,
le Comte Recliteren se charge de presser les Princes et les Etats d'Alle-
magne qui out promis de la fournir suivant les listes faites ä Coblence
et Ueilbronn et etaut ci-joiutes sub lit. C et D k, les tenir prets ä pouvoir
etre embarques au premier avertissement oü la raison de guerre le demandera. De
meme pour avoir les cbevaux tous prets suivant la liste ci-jointe sub lit. E
pour etre eraployes au premier avertissement oü la n^cessite le demandera.
L'armee de la Moselle s'assemblera entre le 20 et 25 du mois de
May entre Coblence et Rbeinfels et celle du Haut-Rhin au meine temps.
S. A. le Prince Eugene de Savoye ne prendra que dix ou douze
pieces de campagne de l'artillej'ie de S. M. Imper., le reste de la dite
artillerie demeurant pour servir oü la necessite le requerra.
Fait ä Hannovre ce 29 Avril 1708.
Agenda ').
1. L'armee se doit assembler entre le 20 et 25 du mois de mai, entre
Rbeinfels et Coblence le Prince bereditaire de Hesse-Cassel pouvant
reconnaitre pour cet effet un camp le plus propre oü la dite armee s'assemblera.
2. Vers le temps que les troupes imperiales pourront arriver, l'on jettera
un pont de S. A. E. de Treves pour la Moselle a Stliken (Alken?), pour y
faire passer les troupes qui viendront de Hollande.
3. II faut faire des magasins pour les troupes de Hesse et de Saie
pour subsister au camp.
4. II faut prendre k Stliken (Alken V\ au passage du pont, pour cinq jours
du pain.
5. II faut prendre encore pour cinq jours du pain k Duiren V
6. L'on tächera k regier le nombre de cbevaux pour le transport de
l'artillerie et autres nccessites requises suivant la liste qui en a cte faite autrcfois.
7. De meme k regier l'artillerie et les munitions de guerre.
') Kriep:s-A., Niederlanrle 1708; Fase. XIII. 31.
Beilage D.
1. Ce 29 d'avril 1708.
S. A. E. ecrira demaiu k Mr. de Tbüngen de faire marcher les deux
rdgiments de Würzbourg, Fechenbach et Stein, comme aussi 1300 hommes
») Kriega-A., Niedorl.inde 1708; Fase. XIII. 29.
83
Hierauf nun wäre alsoglcich nüthig, den Regimentern Fels,
Reising, Pnlffy und Falkenstein die (Jrdre zu sehieken, sich in einen
so eilfertigen Stand zu setzen, dass sie nach dem Concert den 20,
dieses, weil man aber wohl sieht, dass es unmöglich ist, auf das
Späteste gegen Ende dieses Monats gegen Rheinfels oder Coblenz sich
einfinden könnten.
So lange als diese nun allda stehen bleiben würden, müssten
sie mit Brod und Hafer versehen sein; in dem übrigen aber haben
die See-Potenzen das Brod zu geben versprochen.
Item müsste ein Fundo ausgemacht werden, dass obige Regi-
menter, dann der grosse und kleine Stab während des Feldzuges zu
leben haben, auf dass dem kaiserlichen allerhöchsten Decor keine
Schand zuwachse, wenn die kaiserlichen Truppen unter anderen fremden
in lauter Elend und Miserie erscheinen und leben sollten, ohne dass
auch sonst bei so beschaffenen Dingen von denselben wenig Dienst
zu hoffen wäre.
ad 4**^"^ wegen der bekannten Entreprise in Burgund.
ad 5*«°' Item.
ad 6., 7. und 8. wurde ich obligirt, des spanischen Succurses
halber eine schriftliche Erklärung, wie lit. E *) weiset, von mir zu
geben. Es hatte sich aber dabei dasjenige gezeigt, was ich eben alle-
du regimeut de Thüugen et autant de Bade-Bade imperial aux ordres de
S. A. Mr. le Prince de S a v o y e.
2.
S. A. E. gardera le Comte de Mercy et le Prince deLobkowitz
avec leurs regiments, le geueral B ö r n er avec rartillerie de campagne, k la
reserve de 10 ä 12 pieces de campagne. S. A. E. garde aussi Mr. H ar s eh
et Elster et les generaux de 8a Majeste Imperiale qu'elle a eus l'ann^e
passee.
3.
S. A. Mr. le Prince Eugene ue demande rien de la chancellerie de
guerre, et fera ordonuer par le commissariat general, que les commissaires de
guerre la devront suivre.
4.
S. A. E. ecrira ä Mr. de Tliüngen de laisser aller les trouj)es de
Saxe , aux ordres de Mi-, le Prince de S a v o y e ou de Mr. le Comte
de Rechteren. Ces regiments ne doivent partir que pour arriver le 22 ou
23 entre Rheinfels et Coblence selon les avis que Mr. de Thüngen aura
de Mr. de Rechteren et Mr. de T h ü n g e n aura sein de diriger les routes
d'une maniere que les marches ne se coui^ent pas.
') Diese Erklärung befindet sich im französischen Texte als Anmerkung bei
Nr. 43 des Supplemeut-Heftes, Seite 66.
84
zeit vorhin besorgt habe, da mir im Vertrauen zu verstehen gegeben
wurde, man wäre nur wegen des Parlaments bemüssigt gewesen, diesen
Suecurs von Ihrer kaiserl. Majestät zu begehren ; denn man hätte
nieht geghiubt, dass diese darein allergnädigst consentiren könnte.
Es wurde aber das Werk mit dem von S t a n h o p e, seiner in
dem spanischen Wesen habenden grossen AVissenschaft nach, mehrers
examinirt und dabei befunden, wenn jetzt nebst dem Herbeville'schen
Kegiment die churpfälzische Cavallerie hinübergehe, dass man an
Reiterei dermalen genug haben werde, ja nicht wüsste, was man mit
einer mehreren thun sollte, bis nicht die dortige Armee in einen
anderen Stand gekommen sei. Solchemnach aber wurden allein die
4000 Mann zu Fuss begehrt und ich inhaerirtc dabei meiner sub E
aunectirten Erklärung, verlangte also für jeden Mann die entworfenen
35 Thaler, welches der Duc de Marlborough ad referendum
genommen und sich offerirt, einen eigenen Courier darum an die
Königin abzuschicken, meldete aber dabei, dass wenig oder vielleicht
gar nichts zu hoffen sein dürfte.
Bei dieser Gelegenheit stellte ich durch eine weitäufige Remon-
stration vor, wie Ihre kaiserl. Majestät sich von Truppen nicht entblössen
und den spanischen Krieg auf sich laden könnte ; ja es wäre wider den
Tractat, nachdem die See-Potenzen denselben völlig über sich genommen
hatten; dass solchemnach I. kaiserl. M. die Ersetzungsgelder dieser
4000 Mann absolut haben müsste und obschon keine Apparenz, die
dagegen errichteten Regimenter diese Campagne in Stand zu hal)en,
so würden sie doch für die künftige dienen und I. kaiserl. M, eine
gute Erleichterung ihres im Reiche zu stellen habenden Contingents
geben können. (Fortsetzung siehe Eugen's Bericht vom 17. April 1708 au den
Kaiser, Supplement-Heft Nr. 43.)
46.
An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 16. Mai 1708').
Nach meiner Zurückkunft aus dem Haag empfange ich Euer
Excellenz beliebte Schreiben vom 4., 25. und 28. passato, worüber
Deroselben hiemit in Antwort bedeute, wasmassen an dem gar wohl
beschehen, dass E. E. die beiden Regimenter Palflfy und Falkenstein
von dorten haben abmarschiren lassen, und weilen die bewusste Heraus-
ziehung der nacher Spanien destinirten Compagnien, nach Ausweis
Eines löbl. Huficricgsrathcs abgehender Expedition, bis weitere Ordre
') Krieg.s-A., It;ili<-ii 170«: Vasv. V. 2.
85
ausf]^estellt bleibt, so wollen E. E. die von diesen zwei Regimentern
zu solchem Ende ztirückgebliebenen zwei Compagnien ebenfalls gleicli
heraus und ihren Regimentern ohne den geringsten Aufenthalt nach-
schicken.
Soviel sonsten E. E. Anfrage belangt, ob die zu der königl.
spanischen Braut beorderten 300 Pferde oder aber Mailändische Leib-
garde im Dienstthun die Präcedenz haben solle, da könnten sich E. E.
hierüber mit Dero Brüdern, dem Grrosskanzler, vernehmen, und ich
habe Deroselben meinesorts nichts Anderes dabei zu erinnern , als
dass vorgemeldete 300 Pferde allein zur Escorte hochgedachter königl.
Braut gewidmet seien.
Dass E. E, dem Herrn General Schellard mein Deroselben
angeschlossen gewestes Schreiben zugeschickt, daran ist gar wohl be-
schehen, wobei dann wünsche, dass nach E. E. gegebenen Hoffnung
anmit die Expressen aufhören möchten.
Wegen der vermeinten Vei'änderung des Herrn Feldmarschalls
Grafen von Dann ist noch nichts resolvirt und mithin kann ich auch
E. E. Ihrer Person halber nichts Anderes bedeuten, als dass Ihro
nächstens notificirt werden wird, was Ihre kaiserl. Majestät hierinfalls
anzuordnen für Dero Allerhöchsten Dienst zu sein befinden werden.
Ich approbire hiernächst, dass E. E. den königl. preussischen
Truppen wegen ihrer ermordeten 12 Mann die Satisfaction zu ver-
schaffen, auch zu denen ausständigen 5000 Pistolen zu verhelfen, sich
bemühen wollen; Sie werden aber hiebei auch gedacht sein müssen,
dass man meinem und dem Martigny'schen Regiment, wegen ver-
schiedener von dem Land bei ihnen gleichfalls begangener Mordthaten,
eine ebenmässige genügsame Satisfaction gebe; worauf dann E. E.
fest dringen, und dass es auch absolut also geschehe, sich in allweg
angelegen sein lassen wollen.
Es haben sich zwar Ihre kaiserl. Majestät wegen des darinnigen
Commando, wie ich bereits gemeldet habe, allergnädigst noch nicht
entschlossen, inzwischen aber und bis darüber die behörige Resolution
ausfallen wird, zum Fall Seine königl. Hoheit die Armee völlig oder
zum Theil ausrücken zu lassen, verlangen würden, so hätten es E. E.
in allweg zu vollziehen und der Infanterie halber mit dem Herrn
GWM. Zum Jungen sich zu verstehen. Und weilen auf diesen Fall
Ihre kaiserl. Majestät in Kraft des Tractats verbunden sind, 14.000 Mann
zu Fuss und 6000 Pferde in's Feld zu stellen, die Zahl aber bei
der Infanterie, nach denen von vorgedachtem Herrn GWM. Zum
Jungen eingeschickten Tabellen über Abzug derjenigen Mannschaft,
so in Garnison zu verbleiben hat, um 600 Mann weniger, einfolglich
86
nicht mehr als 13.400 Mann beträgt, hingegen aber, da die darinnigen
7 Cavallerie - lleginientcr in completen Stand gesetzt werden, das
Quantum der 6000 Pferde um 1000 Köpfe mehr sich belauft, so hätten
E. E. Seiner königl. Hoheit, zum Fall sie der Infanterie halber was
anregen sollten, zu remonstriren, dass durch die höher belaufende
Anzahl Reiterei der Abgang der völligen 14.000 Mann ersetzt und
mithin das Totale der 20.000 Mann supplirt werde. Es ist aber nicht,
ehe Seine königl. Hoheit davon die Ahnung thun, was zu melden,
sondern man kann noch darneben, um damit man von diesem Abgang
nichts wisse, jedes Bataillon um 30 und mehr Mann höher ansetzen,
um den Calculum herauszubringen.
Was die Operationes angeht, werden Dieselbe mit Seiner königl.
Hoheit zu concertiren und diejenige vorzunehmen sein, welche sie am
besten zu sein befinden werden. Dabei aber hätten E. E. in Acht zu
nehmen, dass die kaiserl. Truppen nicht mehr als andere hergenommen
und auch sonsten im Dienstthun die billige Gleichheit observirt werde.
Wegen des Proviants wissen E. E. vorhin schon, dass die Impre-
sarii dasselbe bis an das Gebirge zu liefern haben; wann man also
bei ein oder anderer vornehmender Operation dessen noch weiter
vonnöthen hätte, so müssten E. E. mit dem kaiserl. Kriegs-Commissariat
sich hierüber vernehmen und sehen, wie etwo der Sache zu thun und
abzuhelfen sei; wobei mich, soviel auf einen derlei ankommenden Casum
den Transport angeht, auf dasjenige bezogen haben will, was ich E. E.
bereits erinnert und in Geheim bedeutet habe, dass Seine königl.
Hoheit hierauf von England eine Summa Geld empfangen haben.
Endlich aber glaubte ich auch, wann bei einem in oder über das
Gebirg vornehmenden Marsch man von denen Impresarien anstatt
Brod, Mehl nehmete, dass sodann die Verpackungs-Unkosten ihnen
abgerissen, an ihren Zahlungen und den Transport, so sie sonsten bis
zu denen Standorten zu thun hätten, zurückbehalten und anmit ein
Theil des Transportes bestritten werden könnte; man müsste jedoch
diesen Vorschlag solchergestalt menagiren, dass man sich damit nicht
zu früh bloss gebe, sondern bis es nicht anders sein könnte, zurück-
halte, üeber dieses aber muss die Infanterie auch Esel zum Zelter-
tragen absolut und ohneweiters haben.
Hiernächst dient E. E. zu Ihrer Direction, wasmassen der Bri-
gadier Palm es als englischer Minister zu Seiner königl. Hoheit abge-
schickt werde, mit welchem Sie dann in gutem Vernehmen leben und
sich mit demselben in Allem wohl verstehen wollen. Mir ist leid, zu
vernehmen gewesen, dass die im Mantuanischen liegenden Regimenter
in einem solchen Nothstand verfallen seien, und wollte dahero umso-
87
mehr wünschen, dass ich Mittel und Wege ersinnen könnte, von hier
aus abhelfen zu können. Allein ist man eben in solche Geldklemmig-
keit verfallen, dass es keine Möglichkeit scheint, da heraussen die
erforderlichen Abhülfsmittel hinein zu verschaffen. Weilen aber
gleichwohlen die Resolution wegen Verkaufung der Virgilianischen
Güter die Expedition darin endlich angelangt ist, so wollen E. E.
auch Ihresorts die löbl. k. k. Administration unablässig pressiren
und sie mit Verkaufung derselben in allweg sich beschleunigen, oder
aber hierauf oder anderwärts zu anticipiren gedacht sein solle. Ich
aber schreibe an den Herrn GWM. und Obrist-Kriegscommissär von
Martinsberg (Martini), auf dass derselbe auch seinesorts alle ersinn-
lichen Mittel ankehren und zu dem Ende auch auf das künftige Jahr
anticipiren solle, damit nicht nur vorbesagten im Mantuanischen liegenden
Regimentern mit Mitteln an die Hand gegangen werde, sondern auch
alle übrige Regimenter bei ihrem Ausmarsche in's Feld ihre Löhnungs-
gelder haben mögen, so sich nun umso leichter in Einem und Anderem
dürfte bewerken lassen, als der Herr Marquis Prie darinnen bereits
angelangt und man nun der Contribution halber in seine Verlässlichkeit
kommen werde.
Diejenige Ursache, so mir E. E. wegen des Feudi Commazzo
(Comacchio) anziehen, finde ich gar erheblich und von nicht ge-
ringer Consideration zu sein; ich kann aber E. E. mit gegenwärtig
abgehender Gelegenheit für heute nichts Positives darüber antworten,
weilen ich vorhero mit Ihro kaiserl. Majestät daraus in aller Unter-
thänio:keit reden muss. Unterdessen wollen E. E. dieses Vorhaben
nicht präcipitiren, und wäre das Beste, wann des Herrn Herzogens
von Mo de na Liebden selbsten unter der Hand, ohne zu sagen, dass
es von mir komme, zu verstehen geben möchten, dass man sothanes
Vorhaben mit besagtem Feudo bis im Winter hinein zu retardiren hätte.
Uebrigens werden E. E. aus der an Sie unter einsten ablaufen-
den Expedition mit Mehreren! ersehen, wasmassen mein unterhabendes
löbl. Regiment sammt dem Splenyi'schen Huszaren-Regiment heraus
und in Bayern marschiren solle. Ich habe Deroselben auch meinesorts
hiervon Nachricht geben und Sie erinnern wollen, dass Sie den Ab-
marsch sothaner beider Regimenter alsogleich und ohne einzigen Auf-
enthalt, wann auch keine andere, als wie gegenwärtige Ordre einge-
lofFen wäre, vollziehen lassen und darob sein wollen, auf dass der-
selbe im geringsten nicht retardirt werde.
Schliesslichen hat mir für nöthig zu sein erachtet, dass diesen
Sommer über nebst der ordinari Garnison auch 100 commandirte
Pferde und 50 Huszaren zu Mantua verbleiben sollen, um sich dieses
88
Posto umsoinehr zu versiehern und alle besorgenden Unruhen andurch
abzuwenden. Worüber dann E. E. das Weitere verfügen wollen. Wann
aber die drei Compagnien von denen neapolitanischen Regimentern, so
nacher Spanien destinirt sind, mit denen beiden Regimentern, so von
dannen herausmarsehirt, ankommen wären, so kihinten diese inzwischen
bis weitere Verordnung dahin verlegt werden.
47.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Wien, 16. Mai 1708 ').
Bei meiner Ankunft dahier aus dem Haag finde ich von meinem
Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär zwei Schreiben
vom 28. März, dann drei vom 18., 25. und 28. April, worüber hiermit
in Antwort unverhalte, soviel die 5000 Doppien, so denen preussischen
Truppen ausstehen, anbelangt und wessen mein Herr General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär sich hiebei wider den Herrn
General-Major Styllen beschwert hat, dass zu hoffen sei, es werde,
nach der von dem Herrn G. d. C. Marchesen Visconti diesfalls
eingeloffenen Nachricht, diese Sache bereits beigelegt sein. Zum Falle
es aber nicht sein sollte, so wolle mein Herr General- Wachtmeister
und Obrist-Kriegscommissär in allweg darob sein, damit es geschehe,
inmassen es an sich selbsten billig ist, dass ersagte löbl. Truppen das
Ihrige bekommen.
Dass der vor meiner Abreise über die Contributions- Diaria
gezogene Calculus nicht bestehen könne, das habe ich aus meines
Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär darüber weit-
läufig gegebenen Auskunft derjenigen Erfordernisse, welche hie von
zu bestreiten und zu bezahlen sind, des Mehreren vernommen und
dabei nichts Anderes zu erinnern, als dass der Giuseppe Clerici
mit seiner Prätension sich noch wohl in etwas gedulden, einfolglich
dessen Contentirung länger hinausgezogen werden könne, um damit
man die magis necessaria umso besser bestreiten möge; gleichwie ich
dann demselben die gute und genaue Wirthschaft auf das Beste
recommandire, ob mir zwar ohnedem nicht unbekannt ist, dass meines
Herrn General -Wachtmeisters und Obrist-Kriegscommissärs zu Ihro
kaiserl. Majestät Dienst tragender rühmlicher Eifer ohnedem sein
einziges Absehen dahin habe.
Dass die Virgilianischen Güter verkauft und das Geld dafür zu
Bestreitung der im Ilerzogthum Mantua gut zu thun habenden mili-
') Kriegs-A., It.ilicn 1708; Fase. V. 3.
89
tärischen Ausgaben angewendet werden solle, ist die positive Ordre
an die dasige l(3bl. Administration ergangen, nicht zweifelnd, dass
auch ersagte Administration diesem allergnädigsten Befehl die schul-
digste Folge leisten werde. Was aber mein Herr General- Wachtmeister
und Obrist-Kriegscommissär wegen Bezahlung desjenigen Vorschusses,
so die neapolitanische Cassa gut zu thun hat, melden wollen, daraus
ist keine Hoffnung zu machen, inmassen der Herr Feldmarschall
Graf von Daun seinen vorigen Remonstrationen beständig inhärirt,
dass darinnen eben die Mittel so rar, dass er fast nicht wisse, wie
die Ordinaria zu bestreiten seien.
Sonsten dient mir zur guten Nachricht, was mein Herr General -
Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär des Herrn Generals Kriech-
baum Anforderung halber hat erinnern wollen.
Auf das beigeschlossene Memorial des Herrn Conte F a b r i c i o
Pietra Santa will ich besonders reflectiren, bis dato aber ist die
wirkliche Vacanz nicht vorhanden.
Dass die in vorgemeldetem Herzogthum Mantua delogirten
Regimenter in einen solchen Nothstand verfallen, ist mir leid zu ver-
nehmen gewesen, ich werde dahero, soviel von mir dependirt, Alles
was ich nur immer kann, anwenden, um damit die Remedur erfolgen
möge, alswie dann zu diesem Ende noch vor meiner Abreise in's
Feld in dieser Materie ein und andere Conferenz dahier gehalten
werden wird. Wann man aber alldorten in loco der Sache keinen
Ernst anthun und die Hand nicht rechtschaffen anlegen will, so
werden auch alle hierinfalls nehmenden guten Consilia umsonst und
vergebens sein. Meinen Herrn General-Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissär ersuche solchemnach, seinesorts Alles daranzustrecken, damit
diesen nothl eidenden Regimentei'n geholfen und dieselben in Stand
gesetzt werden mögen. Ich weiss wohl, dass nach Desselben sothaner
Remonstration es hierzu an dem Fundo gebrechen will ; wann aber die
Noth so gross und der darunter entstehende Nachtheil und Schaden
unvermeidentlich, so wird mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-
Kriegscommissär gedenken müssen, da es ja nicht änderst sein könnte,
auch auf das künftige Jahr hinein eine Anticipation anzusuchen und
richtig zu stellen; ob ich schon mit meinem Herrn General-Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär gar wohl begreife, dass es so
leichterdingen nicht zu bewerken und hingegen die Nothwendigkeiten
zu bestreiten, ein Grosses erfordere, also dass man sich so gut man
kann, behelfen muss, und dürfte, was Derselbe der anticipirten
100.000 Doppien halber anzieht, mit dem abgeholfen sein, dass der
Herr Marquis Prie darinnen abermals angekommen ist. Das Princi-
90
palste aber beruht auf dem, dass nicht nur die mantuanischen Regi-
menter hinwiederum in Stand gebracht werden, sondern dass auch
hiernächst noch eine andere Anticipation richtig gemacht werde.
Womit die Regimenter währenden Feldzug ihre Löhnung und Sub-
sistenz haben mögen ; dann von hier aus ist nichts zu hoffen, gleich-
wohlen aber eine etwelche Erleichterung, dass mehrmalen mein
unterhabendes mit dem Splenyischen Regiment herauszumarschiren
resolvirt worden und auch wirklieh die Ordre dessen hineingehen
thut, welche darum ohne geringste Difficultät auf diese meine Erinne-
rung allein ohne einzigen Aufentlialt marschiren müssen.
Ich möchte alier vornehmlich von meinem Herrn General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär gern haben, dass Derselbe einen
ordentlichen wohl speciticirten Conto formiren lasse, was man in Italien
annoch in Einem und Anderm schuldig sei, und was hingegen für
Einkünfte zu verhoffen und aus dem Land zu beheben stehen. (Die
Fortsetzung ist fast cfleichlautenfl wie in Nr. 4li, Seite 86 von Zeile 17 xmi <>. bis
Zeile 7 von n.)
Wann von denen parmesanischen Quartieren was erspart werden
könnte, so müsste man damit denen mantuanischen Regimentern aus-
helfen. Was aber mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissär hiebei wegen der sechs Unzen Brod meldet, da ist es
freilich nicht billig, wann es die Regimenter bekommen haben. Nach-
dem aber dieselben unter einsten mich berichtet und versichert, dass
nicht der zwanzigste Mann weisses Brod genossen habe, so wäre
auch unbillig, wann der Soldat nicht haben sollte, was derselbe vom
Mund erspart hat, derowegen dann die Sache untersucht und nach
dem wahren Befund das Weitere vorgekehrt werden muss.
Wegen Nachlass des von denen zu Susa commandirten fünf
Bataillonen genossenen Service an Seine königl. Hoheit zu schreiben,
habe ich sonderliche Bedenken, zu geschweigen, dass ich auch glaube,
es dürfte gar nichts fruchten und hochgedachte Seine königl. Hoheit
von der Gutmachung nicht absehen wollen, also dass man ohneweiters
wird bezahlen, und da bei erinnerter Beschaffenheit kein anderes
Mittel übrig, auch auf das Künftige zu anticipiren reflectirt werden
müssen.
Mein Herr General - Wachtmeister und Obrist - Kriegscommissär
hat zwar gar wohl gethan, bei deren See-Potenzen Ministris zu tentiren,
dass sie aus der angegezogonen Ursache die Verschaffung des Unter-
haltes für die pfälz-holländische Cavallerie über sich nehmen möchten.
Nachdem man aber damit nicht reussirt, so ist auch kein anderes Mittel,
als dieselbe weiters V)i.s zu deren Einschiffung zu besorgen ; es wäre
91
aber zunächst in allweg zu sehen, class wenigstens die kaiserhchen
in Spanien gehenden Regimenter aus der Verpflegung gebracht werden
möchten, und ist auch gar recht geschehen, dass mein Herr General-
Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär mich von dem avisirt, was
Derselbe unter der Hand vernommen, dass nämlichen ein Theil derjenigen
Spesen, so die königl, spanische Braut erfordert, auf die contribuzioue
diaria geschoben werden wollen. Wie ich aber solches, wann was
daran sein sollte, in kein Weg noch Weise gestatten werde, also
wolle auch mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscom-
missär in seiner vorhabenden rühmlichen Disposition, denen in's Feld
gehenden Bataillonen und Regimentern mit einem Geld-Vorschuss zu
helfen, nicht hindern oder irre machen lassen.
Die zwischen dem Herrn G. d. C. Marchesen Visconti und
Herrn Senatore Polagnos concertirte Ordnung , wie sich nach
Endigung der Quartiere a prima Maji bis zum Ausmarsche der Regi-
menter zu verhalten sei, approbire ich und finde hiernächst für billig,
was Derselbe des bekannten Persuini halber hat anziehen wollen,
worüber dann auch an seine Gehörde die weitere Expedition ergehen wird.
Belangend die Anfrage, wie sich mein Herr General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär währender Campagne zu verhalten
habe, weiss ich Demselben daraufhin in Antwort nichts Anderes zu
bedeuten, als dass mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissär dem Feldzug beiwohnen , Ihro königl. Hoheit in Allem Satis-
faction geben, vor Anderem aber sich sorgfältig angelegen sein lassen
solle, dass das Brod niemalen ermangle und auch sonsten denen Regi-
mentern geholfen werde und die Löhnung denenselben nicht ausbleibe.
Schliesslich wird Derselbe von dem Herrn Ober-Quartiermeister
Nicolotti, einen sicheren Riss und Landkarten vor mich in Händen
haben, welche mir mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissär je eilender je besser anhero überschicken wolle.
48.
An den Feldmar schall Grafen Dann. Wien, 16. Mai 1708 ').
Nachdem ich von meiner nach dem Haag vorgehabten Reise
dahier zurück glücklich angelangt war, habe ich Euer Excellenz
werthestes Schreiben vom 30. und 20. Martii, item vom 3.. 11. und
24. passato wohl erhalten, welche, dass ich dieselben nicht ehender
beantwortet habe, E. E. aus obangezogener Ursache meiner Abwesen-
») Krieors-A., Neapel und 8icilien 1708; Fase. V. 8.
92
heit mir nicht übel nehmen werden. Solchemnach dient Deroselben
in schuldigster Antwort, dass eine unumgäno'liche Sache sei, dass der
üeberrest des Kiniünten- und Recruten-Goldes für die dorten zu-
sammengewesten fünf Regimenter mit Ende dieses Monats unfehlbar
und so gewiss anhero Übermacht werde, als widrigen s die aufbringen-
den Recruten und Rimonten von hier nicht würden abmarschiren können.
Sonsten ist gar wohl geschehen^ dannenhero E. E. zu Beförderung
Ihrer kaiserl. Majestät Dienst immer mehr und mehr continuirender
rühmlicher Eifer zu loben, dass Sie für die beiden Regimenter Neuburg
und Vehlen nicht nur die Etapen durch Abschickung des Kriegs-
Commissarii Fritz haben einrichten, sondern dieselben noch dabei
mit ihrer vCdligen winterlichen Verpflegung contentiren lassen.
Es hat zwar sein Bewenden, dass Sie mit jetztersagten beiden
Regimentern die dort gefangen gewesenen feindlichen Officiere mit-
geschickt, schwer fällt es aber gleichwohleu, eine solche Anzahl der
Gefangenen von Officieren in dem Stato wegen der weitschichtig und
nicht zum besten versorgten Plätze unterzubringen, da auch Ihre königl.
katholische Majestät mir allein von Unterbringung der vornehmen dieser
Gefangenen , als da ist der Vice - Re und etwelche wenige Andere,
allergnädigst geschrieben haben.
Sie wissen hiernächst von selbsten, was für eine besondere
Consideration ich für Dieselbe, und was Sie angeht, mache, mithin ist
auch Dero Herr Bruder zur General -Wachtmeistersstelle erhoben
worden, wozu ich ihm besonders gratulire und mich mit E. E. zugleich
erfreue. Das De Wendt'sche Regiment aber, wozu Sie ihn recoraman-
diren, ist nicht vacant, da der ausgesprengte Todfall von dem Herrn
General D e We n d t falsch gewesen.
Dass die hineinschickenden Recruten von der Infanterie zu
Manfredonia in der Puglia (Apulien) an's Land gesetzt werden, ist
von hier aus bereits disponirt worden.
Was E. E. wegen der Abschickung einer Anzahl feindlicher
Officiers, item Gewehr und gemeiner Mannschaft nacher Sicilieu,
Palermo und Messina melden wollen, das dient zur Nachricht, und
hat man auch dahier eben dergleichen Avisen. Ich kann mir aber
nicht wohl einbilden, wie der Feind allenthalben solche Anzahl Volks
sollte abschicken können, zu geschweigen, dass die vereinigte See-
macht allbereits in dem Mediterraneo sich befinden wird.
Dasjenige, was E. E. im Vertrauen des Herrn Marquis Vaubonne
halber erinnern, ist nicht ausser Acht zu lassen und würde daliero gar
Wohl {j^oKchehen, zum Fall ja was daran sein sollte, wann E. PI mir
sogleich die behörige Nachricht davon zu ertheilen belieben wollteu.
93
Ich approbire weiters dicjonig-c Disposition, so E. E. mit Ab-
schickung des Herrn Generals Gar at't'a samint seinem unterhabenden
und dem Wetzlischen Regiment in die beiden Provinzen Calabria
Ultra und Citra angekehrt haben.
Bei derjenigen Remonstration , so E. E. über die schleunige
Abfassung einer Resolution des dortigen Gubernii anziehen, kann ich
Ihre im Vertrauen nicht verhalten, dass Alles, was ich meinerseits
darbei thun können, gewesen sei, die Sache retardiren zu machen,
bis der Herr Fcldmarschall Gomte Rabutin dahier einsmal aus
Siebenbürgen angelangt sein, und E. E. können sich dabei versichern,
dass, ob man zwar noch nicht weiss, ob derselbe für heuer im Felde
zu dienen im Stand sein werde, ich dennoch alles Dasjenige meines-
orts beizutragen unermangeln will, was ich immer vermögend sein kann.
Die schädlichen Anschläge von der Geistlichkeit zu Rom und die
daselbstigc Werbung, die Sie mit gehöriger Weitläufigkeit deduciren,
dürften bei obgemelter Ankunft der Flotta nicht so sehr zu apprehen-
diren sein, besonders da auch dieselbe über Winter beibleiben wird,
sonstcn auch ein guter Theil der Recruten von der Infanterie bereits
abgefahren ist und noch andere zum Abfahren allgemach in Bereit-
schaft sicli befinden, man auch den Ueberrest nachdrücklich pressirt,
einfolglich die dortigen Regimenter zu Fuss in einen besseren Stand,
als die übrigen kommen werden.
Uebrigens dient zur guten Nachricht, was E. E. wegen Abschickung
einer Quantität Getreid, Stück-Kugel und Pulver nacher Barcelona,
item einer Anzahl Salliter zu der mailändischen Pulver-Fabrica haben
erinnern wollen.
Betreffend schliesslichen die Resolution wegen der Operation
von Sicilien berufe ich mich auf dasjenige, was ich an E. E. aus
dem Haag diesfalls erlassen habe und hiernächst auch von hier an
Dieselbe besonders abgeloffen sein wird. Und weilen solchemnach die
Flotta die positive Ordre hat, diesfalls Alles zu thun, was Ihre
kaiserl. und Ihre königl. katholische Majestät verordnen und für gut
befinden werden, so ist man mit so mehrerem Verlangen gewärtig
den Bericht und Meinung, so man von E. E. hierüber abgefordert hat.
49.
Bericht an den Kaiser. Wien, 17. Mai 1708 ')•
Es haben die behörigen Stellen, nämlich Euer kaiserl. Majestät
Hofkammer, der Hofkriegsrath und das General-Kriegs-Commissariats-
') Registr. des R. K. M., Mai 1708, Nr. 411.
94
amt mit dem Fcldmarsohall Grafen von Heister die Nothdurften
über heurigen Feldzug und Kriegs-Operationes im Königreich Hun-
garn in unterschiedlichen Zusammcntretungcu überlegt und darüber-
liin für Dero Allerhöchsten Dienst gefunden, dass
Erstlich nach anschlüssigen drei Aufsätzen ') die Regimenter und
Truppen zu Felde repartirt, der Generalstab versehen und die Garni-
sonen der Plätze besetzt werden sollen.
An leichter Reiterei sodann
Andcrtcns glaubt man ihm, Fcldmarschallen, über die zwei
hungarischeu Regimenter Nadasdy und Eszterhazy, item beide Räzische
Secula und Demetri, annoch 500 Pferde von dem Warasdinischen
Generalat nebst einer aus dem slavonischen District, soviel von dannen
*) Anmerkuiig:.
A u f t li e i 1 u 11 g deren Regiment e r u n d T r ii p ji c u in U n g a r n u ii d
Siebenbürgen pro anno 1708.
In Ungarn.
Reiterei: Cürassiere: Hannover, Hohenzollern, Uhlefeld, La Tour,
Steinville; — Dragoner: Bayreuth, Brenner, Althann, Wolfskehl, Schönborn; —
Leichte Reiterei: ungarische: Nadasdy, Eszterhazy; räzische: Secula, Demetri; —
königl. dänische Auxiliar-Truppen.
Infanterie: Sahn, Heister, Nehem, Hasslingen (7 Compagnien),
Thürheim, Deutschmeister, d'Arnant (9 Compagnien), Sickingen, de Wendt
(13 Compagnien), Tollet; — königl. dänische Infanterie.
An und über der Theiss und Maros : Cürassiere: Montecuccoli; Dragoner:
Rabutin; zu Fuss : Löffelholz.
1 11 Siebenbürgen:
Cürassiere : Gronsfeld, Darmstadt, Cusani. Leichte Reiterei : Obrist-
lieutenant Paulik mit 6 Compagnien Raizeu. Zu Fuss : Pälffy, Neipperg,
Virmond.
General st ab in Ungarn pro anno 1708.
Commandireuder General-Feldmarschall: Graf Siegbert von Heister.
Generale von der Cavallerie : Graf Johann P äl ffy, Marchese Cusani,
wann er aus Siebenbürgen kommt und zu Felde dienen will.
General-Feldzeugmeister: Baron de Nehem.
General-Feldmarschall-Lieutenants zu Fuss: von Löffelholz, Max
Graf von Starhemberg, wann er aus der Gefangenschaft zurückkommt,
Graf Löwenberg geht nach Grosswardein.
Gencral-Feldmarschall-Lieutenants zu Pferd : Graf Steinville, Graf
K o h ä r y, Graf N ;i d a s d y, von G o m b o s.
General-Wachtmeister zu Fuss: Baron Sickingen, Salzer, de
Wendt, von der Lancken, von Tollet.
General - Wachtmeister zu Pferd : Graf Montecuccoli, wann er
aus Siebenbürgen kommt, Graf Seyfried Breuner, Baron Ebergenyi,
von Hart leben, Graf Veterani, de V i a r d.
95
zu entratlien möglich, zusammensetzender Anzahl Grenzer zu Ross
und Fuss beizugehen, Zumalen aber über dieses noch
Drittens der Feldmarschall Graf von H e i s t o r auch einen Zu-
trag an Mannschaft aus der kleinen Walachei verlangt, so ist auf
von denen K e g i-
A u f t h e i 1 u n g d e r
Regiment:
Garnisonen in U n g a, r n
m e n t e r n zu Fuss.
Salm.
Heister.
Nehem.
Hasslingen.
Thürtieira.
Deutsch-
meister.
d'Arnant.
Sickingen.
de Wendt.
Tollet.
Löffelholz.
Zu Felde:
6 Compagnien.
7 Compagnien.
7 Compagnien.
In Besatzung:
In Ofen 6 Compagnien. 11 Compagni(!n.
Solle nach beschehener Ablösung Sodann der Ueborrest in's
Raab nebst denen Freicompagnien Feld gezogen werden.
Stuhlweissenburg, Gran, Altenburg
und Totis versehen.
In Slavonien 11 Compagnien.
In Schlesien 10 Compagnien.
In Slavonien (Essegg und Szigeth)
6 Compagnien, inSteyermark 1 Com-
pagnien.
In Pressbixrg, Leopoldstadt, Szereth,
Sellye , Nagymagyar 17 Com-
pagnien.
Gran und Stuhlweissenburg 9 Com-
pagnien pro temjDore bis die
Heister'schen ablösen.
In Mähren 4 Compagnien, Oeden-
burg, Särvär, St. Gotthardt, Simegh
6 Compagnien.
Trentschin, Neustadtl, lUova 6 Com-
pagnien.
An der March in Nieder-Oesterreich 13 Compagnien.
4 Compagnien, die Schlösser Pibers-
burg, Smolenitz, Plassenstein, Pei-
lenstein, Theben 150 Mann.
Commandirte Recruten nebst
einigen alten Leuten von
denen drei siebenbürgischen
Regimentern Pälffy, Neipperg,
Virmond, unter einem Haupt-
mann von Pälffy und zwei
Lieutenannts von Neipperg
und Virmond, welche auch
zu künftigjähriger Recruten-
Uebernahme gebraucht wer-
den sollen.
An und über der Theiss und Maros
(Grosswardein , Arad , Szegedin,
Gyula, Genö [Jenö] ixnd Filial-
posten).
7 Compagnien.
7 Compagnien,
96
Befund, wie der Contributions- oder Restantien-Nachlass und Aufbot
dieser Leute E. k. M. Diensten und dem Publicu sehr besorgliche
luconveuientien zuziehen dürfte, für besser erachtet worden, dass von
20 Familien ein I^lann beständig gestellt und von allen Contributions-
< >neribus frei gelassen werden, dahingegen jedesmal, so oft es von-
nötheu, im Lande oder auf der Grenze zu dienen verbunden sei, als
wodurch gleichwohleu eine gute Quantität aufzubringen, Hoffnung.
Viertens hat die Hofkammer versprochen, weilen mit der ordinari
Bespannung des Feld-, Proviant- und Artillerie-Fuhrwesens aus Enge
der Zeit sich nicht mehr aufkommen lässt, ermeltem Grafen von
Heister 200 bespannte Ochsenwägen zu verschaffen, womit man
supponirct, er die beiderseitig vorfallenden Bedürfnisse, sonderbar
durch noch Beihülfe deren bei denen zu Felde gehenden Regimentern
vorhandenen Proviantwägen doch zureichentlich werde bestreiten
können; gleichwie vor ihn eben
Fünftens 30 Tschaikeu sammt denen richtig besoldeten Nasadisten
zur Verwahrung der Donau sowohl ober- als unterhalb Ofen gCAvidmet
werden sollen; allein sehe man, um all' dieses in Gang zu bringen
und das Corpo einmal mobil zu macheu,
Sechstens für eine unumgängliche Nothwendigkeit, dass hierzu
in die von ihm, Feldmarschalien, anbegehrte Feldkriegs-Cassa zu
Behebung des ganzen Werkes jetzo gleich 100.000 Gulden eingeschafft
und dann nach denen commissariatischen Entwürfen in dreien von
sechs zu sechs Wochen nachfolgenden Terminen jedesmal wiederum
50.000 Gulden abgereicht werden möchten, umsomehr, als auch täg-
lich sich unvermeidliche Auslagen äussern und über die heuer beim
Corpo wegen der leichten Reiterei, Tschaiken und so mehr als audere
Jahre ansteigenden Unkosten nicht minder considerationswürdig ist,
dass denen in der hungarischen Postirung abgewichenen Winter hin-
durch gestandenen Regimentern (nachdem sie allda ihre Verpflegs-
gebühr vom Lande nicht ordentlich, noch zulänglich empfangen haben,
sondern Noth halber die Öommer-Assignationes anzugreifen gezwungen
gewesen, jetzo die Wochen- und Subsistenzgelder leicht erachtlich
fehlen werden) aus der Cassa pro necessitate beigesprungen werden
müssen wird.
Auf vorstehende Art und Weise nun, wann Alles in tempore
bewirkt wird, vertröstet man sich, den Kriegs-Staat von Hungarn auf
einen besseren Fuss zu setzen, die Erbländer von feindlichen Ein-
brüchen zulänglicher zu verwahren, das diesseitige Donau-Land sammt
ermeltem Hauptstrom vom Feinde gänzlich zu befreien, ja in das Herz
des Königreiches selbsten tiefer einzudringen und auf zukünftigen
97
Winter ein mehreres Stück Land vor die Subsistenz der Miliz zu
gewinnen. Es beruht jedoch Alles bei E. k. M. allerguädigstem
Belieben und weiterem Befehle, zuvörderst dass Allerhöchstdieselbe
Dero Hofkammer zu schleuniger Erzeugung obberührter concertirter,
hierzu unentbehrlicher Mittel nachdrucksam verhalten, ihr auch solches
zu prästiren, die nöthige Assistenz unvorgreiflichst verschaffen möchten;
wo anbei zu beharrlichen kaiserl. Hulden etc.
Resolution des Kaisers :
Ic'li ajiprobiie in Allem, was hier eingerathen und werde auch der
Hofkamnier das Gehörige anbefehlen, damit die hiezu nöthigen Mittel aus-
findig gemacht werden.
Joseph m. p.
50.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Wien, 26. Mai 1708 ')■
Euer Excellenz werthes Schreiben vom 1. dieses wird mir zu-
recht und ich ersehe daraus, was Sie wegen Anlangung 2500 Spanier
uacher Palermo, die aber nicht nach Sicilien, wie die Kundschaften
geben, sondern gegen Messina sich gewendet, und dass der Duca
Tursis nach Succurrirung Longone's gleichfalls nacher gedachtem
Messina zu gehen Willens sei, mit Mehrerem melden und daraufhin
weiters in Ein- und Anderem anziehen wollen.
Nun dürfte inmittelst diese des Feindes Intention mit dem unter-
brochen worden sein, dass die vereinigte Seemacht sich bereits in
dem Mediterraneo befinden und diesen Winter über allda verbleiben,
mithin auch mit den unter Dero Commando stehenden Truppen man
umso besser werde zulangen können, zumalen auch ein guter Theil
Recruten bereits abgefahren, ein anderer Theil dazu in Bereitschaft
steht und der Ueberrest für die dortigen Regimenter mit Nachdruck
pressirt wird. Es hat zwar gegen diese Abführung die Republik von
Venedig zu moviren unternommen, die aber keine Hinderung geben,
sondern gar bald gehoben sein wird.
Uebrigens erwartet mau mit Verlangen den von E. E. wegen der
Operation von Sicilien abgeforderten Bericht, um sodann das Weitere
resolviren zu können, nachdem die Seepotenzen Ihro kaiserl. und königl.
Majestät dieselbe völlig überlassen und zu dem Ende der Flotta die
Ordre ertheilt, dass diese Allerhöchstgedachter Seiner kaiserl. und Ihro
königl. Majestät Verlangen und Ordre positive nachkommen solle
Womit etc.
•) Kriegs-A., Neapel und Sicilieu 17ÜH ; Fase. V. 10.
Feldzüge de.s Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, 1. Band. iSupplenient-IteCt •
98
51.
An die Gräfin von Starhemberff. Wien, 26. Mai 1708')-
Ich habe mit Mchrereni vernommen, was Sie abermaleu wegen
Eliberinmg Dero Herrn Gemals an mich erlassen und der Meinung
sein wollen, dass diese nach dem Enthalt des errichteten Cartels am
täglichsten geschehen könnte.
Ich wollte mir gewisslich für ein besonderes Glück schätzen,
wann es allein von mir dependirte, gedachtem Dero Herrn Genial
seine Freiheit zu verschaffen. Nachdem aber die Rebellen das Cartcl
gebrochen und sich mithin die Auswechslung auf diese Weise nicht
bewerken lasset, so ist allein übrig, auf andere Mittel und Wege zu
gedenken, wie hierinfalls zu helfen sei, zu welchem Ende ich an den
Herrn Gemal selbsten geschrieben habe, dass er in loco sehen und
wie es am leichtesten zu vollziehen, mir Gelegenheit an die Hand
geben sollte. Dann ich kann Sie versichern, dass ich meinesorts gar
gerne alle Kräfte anspannen werde, insoweit nur diese auch vermögend
sind, mehrgemelten Dero Herrn Gemal seine Freiheit zu verschaffen
und Ihnen andurch besonders zu erzeigen, mit was für einer Dienst-
fertigkeit ich verbleibe etc.
52.
An den GWM. Grafen Harrach. Wien, 26. Mai 1708 -).
Beide des Herrn General - Wachtmeisters vom 9. dieses habe
wohl erhalten. Soviel nun das recomraandirte Memorial des arrestirten
Savioni belangt, schreibe ich an den Herrn General Visconti, um
hierüber mit seinem Herrn Bruder, dem Grosskanzler, zu reden, nach-
dem derselbe einen so langwierigen Arrest ausgestanden und der
Status Italiae Zeit seiner Arrestirung sich völlig geändert hat, dass
man denselben endlich des Arrestes entlassen könnte.
S(msten wollte wünschen, die Gelegenheit zu haben, nach des
Herrn General- Wachtmeisters Verlangen, Denselben sammt seinem
Hegiment bei mir zu haben; es sind aber für heuer die Dispositiones
schon ausgestellt und solchergestalt gemacht, dass hierinfalls keine
Al)änderung mehr vorgenommen werden kann. Darum aber darf sich
der Herr General- Wachtmeister nicht bekümmern, dass man Seiner
vergessen werde, gleich dann Derselbe von Ihro kaiserl. Majestät zu
Dero General-Feldmarschall-Lieutenant, dessen Ubiister, der Herr Baron
') Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. V. 1.
») Krieg8-A., Italien 1708; Fase. V, (J.
I
99
Proline (Browne) aber zu Dero Genoral -WacUtmciöter declarirt
werden, wodurch sieh dann daöjeniji,c, was mir Derselbe jetztg-edaehten
Obristens halber meldet, von selbsten heben thut.
Wegen der ausständigen Werbgelder in Hteyermark ist die nach-
drückliche Erinnerung an seine Gehörde ergangen, nicht zweifelnd,
dass auch der Effect erfolgen werde.
Sonsten hat der Herr General - Wachtmeister gar wohl gethan,
über des General-Auditoriatamts erlassene Verbescheidung in puncto
des Herrn Obristen G ü k h l's machenden Anforderung an die Kleissi-
sche Verlassen Schaft einen ausführlichen Bericht an den lijljl. kaiserl.
HoHvriegsrath einzuschicken, worüber dann auch Demselben von dorten
aus die behörige Autwort zukommen wird.
Ich verwundere mich übrigens, dass die K(jcruten der Herrn
General- Wachtmeister unterhabenden löbl. Regimenter ihren Zug über
Graubünden genommen, raassen es wider die hier ausgestellten Dispo-
sitiones lauft und oder von der Administration in Bayern, oder von
dem Land Tyn»! diese Abänderung gemacht sein muss, Avelches, da
es bereits geschehen, nicht mehr vermittelt werden kann. Womit etc.
53.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Wien, 26. Mai 1708').
Aus meines Herrn General- Wachtmeisters und Obrist-Kriegscom-
missärs unterm 15. dieses an mich erlassenen Schreiben ersehe ich
des Mehreren, dass wegen der von denen preussischen Truppen an den
parmesanischen Clero zu fordern gehabten 5000 Doppien durch den
Herrn G. d. C. Marchesen Visconti und dessen Herrn Brüdern, den
Gross-Kanzler, mit dem päpstlichen Interveniente Abbate M e n d o s i o
die Sache abgehandelt und verglichen, den spanischen Truppen aber
auf die übrigen 17.500 Doppien das leere Nachsehen gelassen worden
und mein Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär
dahero der Meinung wäre, dass bei dieser Beschaffenheit die Execution
durch die Kaiserlichen der jetztgedachten 17.500 Pistolen halber
immediate verhängt werden möchte. Nun kann ich nicht anders, als
meinem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär bei-
fallen, dass diese Sache dem Herrn Gross-Kanzler nichts angehe, glaube
auch nicht, dass derselbe sieh immediate darein gemengt und obge-
melten Vergleich zu schliessen, sollte geholfen haben. Soviel aber die
Bezahlung der 5000 Doppien selbst angeht, weiss Derselbe wohl, dass
') Kriegs-A., Italiuu 1708; Fase. V. 7.
100
solche an preussische Truppen, vermög-c des verwillif^ten Douceurs ge-
bühren, und sie consequcutcr auch das Ihrige, wie ich öfters geschrieben,
haben suchen müssen. Darum aber hat das icaiserl. Aerarium nicht zu
leiden, sondern weilen der Herr Marquis P r i c , den ohne das dieses
Contributionswesen angeht, in loco ist, also wird auch durch ihn gesehen
und die Auskunft gefunden werden müssen, wie der Rest obiger
17.500 Doppien gleichfalls auf ein oder andere Weise angebracht werde.
Uebrigens beklagt sich des Herrn Prinzen von Württemberg
Liebden, dass sie den ganzen Winter über an ihrer Gage nichts
l)ck()nnnen hätten. Gleichwie nun meinem Herrn General- Wachtmeister
und ( )brist-Kriegscommissär der Stand dieses Prinzen selbsten bekannt,
und ohne Mittel aber derselbe nicht subsistiren kann, als wolle mein
Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegsconmiissär in allweg ge-
dacht sein, dass man ihm aus der Cassa helfe und an die Hand stehe.
54.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Wien, 30. Mai 1708 ').
Nachdem des Herrn FML. Prinzen von Darmstadt Liebden
vermöge Ihrer kaiserl. Majestät allergnädigsten Resolution destinirt sind,
anstatt des Herrn Feldmarschall Grafen von Dann im Königreich
Neapel das Militär-Commando zu führen, und Dieselbe gedenken, zu
diesem Ende ihre in der Lombardie annoch habende Bagage dahin
eilfertig abgehen zu lassen, so habe ich meinem Herrn General-Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär hievon zu dem Ende Notification
thun wollen, um dass Derselbe Seiner Liebden Bagage zu ihrem
schleunigen Abmärsche und unentgeltlichen Fortzug Alles beitragen,
auch in allweg geflissen sein wolle, gedachte Seine Liebden für gegen-
wärtigen Winter, um dass Sie dessentwegen nicht aufgehalten werden,
in allweg auf das Baldigste zu befriedigen. Womit etc.
55.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Wien, 30. Mai 1708')-
Es werden zwar Euer Excellenz aus der an Sie ablaufenden
allergnädigsten kaiserl. Expedition mit Mehreren! ersehen, wie Ihrer
kaiserl. Majestät allerhöchster Dienst erfordert habe, dass Dieselbe
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. V. 10.
^) Krieprt-A., Neapel mi.l Sicilieu 1708: Fase. V. 11.
101
gegenwärtigen Feldzug das Commando in der Lombardie führen und
haben sollen.
Ich unterlasse gleichwohlen nicht, E. E. solches hicmit zu er-
innern, nicht aber, dass ich Ihnen davon parte geben wollte, sondern
Sie zu versichern, dass Ihre kaiserl. Majestät hierbei Alles gethan, und
ich nicht weniger meinesorts, Avas möglich war, beigetragen habe, um
dass Sie bei dem Commando in Neapoli weitershin gelassen werden
möchten, alswie man dann über zwei Monate lang diese Resolution
aufgeschoben und zugewartet hat, bis von des Herrn Feldmarschalls
Grafen Rabutin Excellenz die Nachricht eingeloffen ist, ob sie diesen
Feldzug zu dienen im Stand seien. Nachdem aber dieser Tage der Bericht
gekommen, dass gedachten Herrn Feldmarschalls Excellenz in einen
solchen Umstand verfallen, dass sie diesen Sommer unmöglich zu Felde
ziehen und dienen könnten; so war auch kein anderes Mittel mehr
übrig, Anfangs gemeldete allergnädigste Resolution zu verschieben
oder zu verändern, sondern Ihre kaiserl. Majestät, wie ungern Sie auch
gewollt, haben dieselbe allergnädigst abfassen müssen, E. E. versichernd,
dass, obzwar die Unmöglichkeit hierinfalls nicht zugelassen habe, Dero-
selben meine aufrichtige Dienerschaft an Tag zu legen, mir es nichts-
destoweniger an weiteren Gelegenheiten nicht ermangeln werde, Dero-
selben zu erweisen, mit was für einer Freundschaft ich Ihro zugethan sei
und annebst verbleibe etc.
56.
An den Feldmarschan Grafen Herbe ville. Wien, 2. Juni 1708*).
Was mir Euer Excellenz unterm 25. passato wegen des Abmarsches
der Regimenter und Huszaren, auch sonsten in Ein- und Anderem
erinnern wollen, das dient mir theils zur guten Nachricht, theils aber
beruht auf sich; und ich habe solchemnach in Antwort nichts Anderes
zu bedeuten, als dass es bei Herabbeorderung des Herrn GWM, de Wendt
sein unveränderliches Verbleiben haben müsse. Sonsten aber hat man
die Disposition schon gemacht, dass E. E. von Prag zu etwelcher
Verstärkung einige Compagnien zugeschickt werden sollen, oder wann
die Nothdurft und Conjuncturen erforderten, noch mehr Leute in
Bayern zu commandiren, wird man auch hierauf zu reflectiren und
in Zeiten das Behörige zu disponiren unermangeln.
*) Kriegs-A., Römisclies Keich 1708 ; Fase. VI. 4.
102
57.
An den FML. Freiherrn von Wetzel. Wien, 2. Juni 1708 ').
Aus itieiues Herrn General -Feldmarschall-Lieutenant vom 24.
passato habe gern ersehen, dass wegen Erabarquirung der säramtUchen
uaeher Spanien gewidmeten kaiserlichen Truppen endlich die Ordre
eingelangt sei, und diese zu solchem Ende in marschfertigem Stande
frehalten werden. Worüber meinem Herrn General - Feldmarschall-
Lieutenant weiters nichts zu bedeuten habe, angesehen Derselbe von
dem Herrn Feldmarschall Grafen Guido die behörigen Befehle dessent-
wegen hinterlassen hat.
Soviel aber dem Herrn GWM, Grafen von Eckh und Ingenieur-
Ubristen Herrn Peroni belangt, sind diese annocli allhier, welche, dass sie
sich schleunig liineinbegeben sollen, in allweg werden angemahnt, die
löbl. Hofkammer aber, so dieselben mit ihrer Abfertigung bisher auf-
gehalten hat, darum nachdrücklich pressirt worden.
Das recommandirte Memorial remittire ich nach Mailand, um zu
sehen, ob und wie etwo dem Supplicanten könnte geholfen werden.
Womit etc.
58.
An den G. d. C. Marquis Visconti. Wien, 2. Juni 1708').
Euer Excellenz werthe Schreiben vom 20. und 23. passato er-
halte ich nacheinander zurecht. Was nun das bewusste Dessein auf
Comacchio belangt, höre ich gern, dass dieses seinen Foi-tgang ge-
nommen habe, und die von E. E. nachgeschickte Contre-ordre nicht
mein- in tempore eingeloffen sei, weilen dasjenige, was ich E. E.
unterm 16. des obgedachten verwichenen Monats auf Dero diesfalls
angezogene C«msideration gemeldet habe, relativ auf diejenige Ordre
geraeint gewesen war, die in Sachen vom Hof aus an Dieselbe erlassen
worden, und von welcher ich, da es in meiner Abwesenheit beschehcn,
nicht vollkommen informirt gewesen bin.
Was E. E. sonsten auf mein Vorgemeltes vom 10. passato in
Antwort erlassen, das beruht auf sich, und ich habe dagegen anders
nichts zu erinnern, als dass Sie wegen des arrestirten venetianischen
Wachtmeisters dasjenige sogleich exequiren lassen wollen, was die
anbefohlene Haltung des Processes mit sich bringen wird.
') Krieps-A., Italien 17()H; Kasc. VI. 2.
») Kiic'{rs-A , Itali.ii 17Ü.S; Fasr-. VI. 3.
103
Uebrigens werden Sie aus der kaiserlichen unter einsten ablaufen-
den Expedition mit Mehreren! ersehen, wasmassen resolvirt sei, dass
der Herr Feldmarschall Graf von Daun diesen Sommer in der Lom-
bardie das Comraando führen und anstatt seiner des Herrn Prinzen
von Darmstadt Liebden die kaiserlichen Truppen in Napoli com-
mandiren, der Herr Cardinal Griraani hingegen als Vice-R6 das
Land allda besorgen und E. E. vermöge der unter einsten mitkommen-
den allergUcädigsten Ordre als der General der Cavallerie in Hungarn
dienen sollten.
Nun ist mir zwar leid, dass ich Deroselben bei dieser Ver-
änderung nicht also habe dienen können, wie ich gern gewollt und
gewunschen hätte, da meinestheils gedachtes Herrn Prinzen von
Darm Stadt Liebden die Ueberkommung dieses Commandos so in-
ständig pressirt, anderntheils aber Ihre kaiserl. Majestät erfordert hat,
Dero Person in Hungarn zu gebrauchen. Um damit Sie aber gleich-
wohlen sehen sollen, dass Dero wahrer Freund sei, zum Fall E. E. ein-
als den anderen Weg, bei Anwesenheit des Herrn Generals Daun, in
Italien zu bleiben gedenketen, so wollen Sie mir sogleich an die Hand
geben und berichten, was für ein raedius terminus zu treffen oder zu
finden sein werde. Womit etc.
59.
An den GWM. Freiherrn von Martini, Wien, 2. Juni 1708').
Meines Herrn General- Wachtmeisters und Obrist-Kriegscommissärs
unterm 24. passato anliero abgeschicktes Schreiben hatte in substantia
die Ratification des auf 80.000 Pistolen mit dem Gamba getroffenen
Contracts und zu was Ende diese Summa Geldes anzuwenden, auch
wie weit sie zuläng- und erklecklich sei, in sich enthalten. Soviel
nun die Ratification sothanen Contracts anbelangt, nachdem die Noth-
wendigkeit so gross, dass man nicht anders, als diese Anticipation
einzugehen vermag, und dieser mit dem Gamba errichtete besser
und auch grösser, als diejenige Anticipation, so der Cassiere generale
Brentano offerirt, so habe ich darüber mit Ihre kaiserl. Majestät
in aller Unterthänigkeit geredet und nach Deroselben daraufhin aller-
gnädigst gegebenen Resolution meinem Herrn General -Wachtmeister
und Obrist-Kriegscommissär sothanen Contract hiermit von mir ratificirter
zurücksenden wollen. Derselbe kann nun hierauf nach denen gestellten
Terminen die Mittel eincassiren und sie zu denen mir specificirten
Nothwendigkeiten und Zahlungen anwenden.
♦) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VII. IIa.
104
60.
An den Landmarschall Grafen Traun. Wien, 2. Juni 1708").
Auf Euer Excellenz unterm 20. und 28. passato an mich erlassene
beide Schreiben hat man erstlich auf den Herrn Obristwachtmeister
Grafen von S i n z e u d o r f inzwischen, bis der Casus wegen Einrich-
tung des Raaber Generalats sich ergibt, schon gedacht und wird
hiernächst auch auf den recommandirten Herrn GWM, Baron E b e r-
genyi alle Retlexion zu machen unermangeln.
Den Herrn General Heister in balden Stand zu operiren zu
setzen, dependirt von Geldmitteln, welche, ob man schon selbe unab-
lässig pi-essirt, man von der löbl. Hofkammer demungeachtet bis anhero
nicht haben können.
Uebrigens conformire mich mit E. E. Meinung, was Sie wegen
Citation der Rebellen- Capi und deren Anhang erinnern, und ver-
bleibe etc.
61.
An den G. d. C. Grafen Pälffy. Wien, 2. Juni 1708').
Ich habe aus Euer Excellenz an mich erlassenen Averthesten
Schreiben sowohl, als von Dero Adjutanten mündlich des Mehreren
verstanden , was Sie mir wider des Herrn Feldmarschalls Grafen
Heister Beschwerniss haben anziehen und weiters antworten wollen,
dass Dero langwierige treue Dienste derlei Tractament nicht meritiren
thäten.
Soviel nun diese in specie angeht, können E. E. gesichert sein,
dass nicht nur mir in particulari Dero Verdienste, sondern auch dem
Hof Selbsten und der ganzen Welt solchergestalt bekannt und unver-
borgen seien, dass man auch darum, nebst dem in Dero Person habenden
Vertrauen, alle erdenkliche Consideration habe. Was aber den Herrn
General Heister belangt, sollte Ihnen sein Humor nicht unbekannt
sein, und ich berufe mich diesfalls auf dasjenige, was ich mit obge-
dachtem Dero Adjutanten mündlich des mehreren geredet habe und
sage Ihnen noch dabei, dass ich meinesorts in allweg sehen werde,
wie etwa in der Sache zu helfen sei.
Wegen Spielrührens aber muss ich Ihnen dannoch unangezogener
nicht lassen, dass es sonsten nicht gebräuchlich sei, wann der in
') Krieg8-A., Ungrani 1708; Fase. VI. 1.
*j Kriegrrt-A., lTiio^.ani 170«; Fase VI. 2.
105
capite comraandirende General abwesend sich l)efindet, dass man selbes
dem inzwischen auf etliche wenige Tage sul)stituirenden Generalen
rühren lasse.
Dass Ihnen übrigens Ihre Bagage viel gekostet und Sie sich in
Schulden gesteckt, glaube zwar gern, und ich wollte auch nicht er-
mangelt haben, die Hofkammer, auch das löbl. Hofkriegsraths-Mittel
zu ersuchen und zu dem Ende das Benöthigte hinüberzugeben, da-
mit man Deroselben mit einem Stück Geld an die Hand gehen kihinte ;
da aber E. E. so gut als mir derenselben Unvermögen bekannt, so
würde es auch ohne Wirkung sein. Womit etc.
62.
An den Feldmarschall Grafen Guido Starhemberg.
Wien, 2. Juni 1708 'j.
Euer Excellenz hochschätzbare Zeilen vom 3. passato sind mir
umso genehmer gewesen, als sie mir Dero glückliche Ankunft zu
Barcelona zu vernehmen gegeben. Sie haben gar recht gethan, den
Herrn Grafen von Hamilton mit sich zu nehmen, und mich hat
erfreut, dass er Ihnen in Dero Hinüberschiffung so wohl gedient hat.
Ich bin sonsten in procinctu, mich zu der an der Mosel zu-
sammensetzenden Armee zu begeben und werde nicht ermangeln,
wann man sich mit derselben zu moviren und die Operationes anfangen
wird. Seiner königl. katholischen Majestät von Zeit zu Zeit ausführ-
lich Bericht zu erstatten und annebens auch E. E. in particulari zu
bedienen. Dieselbe ersuchend, dass Sie auch mir von denen dortigen
Vorfallenheiten beliebige Nachricht dagegen ertheilen und glauben
wollen, mit was unveränderlicher Ergebenheit ich sei etc.
63.
Bericht an den König von Spanien. Wien, 3. Juni 1708').
Die beiden von Euer königl. Majestät letzthin unterm l(i. Aprilis
und 3. Mai an mich allergnädigst erlassenen Schreiben sind mir zu aller-
unterthänigsten Händen wohl eingeloffen, und nachdem ich eben in
procinctu stehe, von hier zu der an der Mosel formirenden Armee
abzugehen, so muss ich zwar mein gegenwärtig allergehorsarastes
Schreiben in etwas abbrechen, ich kann aber nichtsdestoweniger noch-
') Krieg8-Ä., Spanien 1708; Fase. VI. 3.
«) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VI. 4.
106
malen anzuziehen nicht umo;ehen, wie sehr es mich heclauert, dass
Ihrer kaiserL ]^lajestät und des gemeinen Wesens Dienst nicht zuge-
hissen habe, unter E. königl. M. allergnädigstem Befehl die in Cata-
lonien zusammensetzende Armada zu commandiren und mich zu Dero
allergnädigsten Füssen zu werfen.
Da nun solchemnach die sämmtlichen Truppen nach gedachter
Mosel in vollem Marsche begriffen sind, und ich obgemeltermassen, so
schleunig als möglich ist, mich dahin befördere, so habe E. königl. Äl.
nichts Anderes in aller Unterthänigkeit zu sagen, als dass ich von
dorten aus Deroselben von Zeit zu Zeit nicht nur über die sich
ereignenden Vorfallenheiten , sondern auch was und welchergestalt
man operiren werde, ausführliche und vollkommene allergehorsaraste
Relationes in aller Unterthänigkeit einsenden werde.
Indessen ist nicht nur die churpfälzische Cavallerie, sondern auch
das Herbeville'sche und die beiden Guido Starhemberg'- und Usna.
brück'schcn Regimenter in voller Bereitschaft, sobald nur die Flotta
ankommen sein wird, sogleich eingeschifft und transportirt zu werden,
gleichwie E. königl. M. von Mailand aus den mehreren allcrunter-
thänigsten Bericht schon haben werden.
Sonsten haben Ihre kaiserl. Majestät allergnädigst resolvirt, dass
die gegenwärtige Campagne Dero Feldmarschall Graf von Dann in
der Lombardie das Commando führen, anstatt dessen aber unter dem
Vice-Regat des Herrn Cardinais Grimani die kaiserlichen Truppen
in Neapel zu commandiren, der Ilerr Prinz von Hessen-Darmstadt
dahin abgehen solle.
Es haben zwar Ihre kaiserl. Majestät diese ihre abgefasste aller-
gnädigste Resolution über zwei Monate aufgeschoben und zugewartet,
bis von dem Feldmarschall Grafen von R a b u t i n die Nachricht
eingeloffen, ob derselbe diesen Feldzug zu dienen im Stande sei oder
nicht; nachdem er aber dem darüber erhaltenen Bericht nach in einen
solchen Umstand verfallen, dass es eine Unmöglichkeit sei, diesen
Sommer in's Feld zu ziehen, so wäre auch kein anderes I^Iittcl mehr
übrig, diese allergnädigste Resolution längerhin zu verschieben oder
gar zu verändern.
Uebrigens habe bei meiner Entfernung von dem State di Milano
verordnet, dass unter dem Grosskanzler Marchesen Visconti mit
einer Giunta von allen Präsidenten und einigen Ministern, wie
E. königl. M. aus dem allerunterthänigsten spanischen Schreiben aller-
gnädigst zu ersehen geruhen werden, die Besorgung gedachten Staates
inmittelst geschehen, auch ül)cr Ein und Anderes mit dem Fcld-
marschall Grafen von Dann sich verstanden werden sollte.
107
Schliesslich solle E. königl. M. mit allergehorsamsten Respect
repriisentiren, wie dass von dem jungen Tor alba jetzc» ein Regiment
zu errichten, einmal die Mittel nicht vorhanden seien ; inmassen die-
selben so beklemm, dass man nicht einmal die wirklich anf den
Beinen vorhandenen Truppen bezahlen könne; dass solchemnach meine
allerunterthänigste und un vorgreif lichste Meinung wäre, diese Auf-
werbuno- auf andere Zeiten zu verschieben. Womit etc.
64.
Bericht an den Kaiser. Wien, 5. Juni 1708 ').
Es haben bei neulich allergnädigst resolvirter Promotion, in Aus-
fertigung der gewöhnlichen Generals- und Obristen-Patenten, wegen
der Anciennität zwischen ein und anderem hiebevor (doch ohne
Präjudiz am Rang deren anjetzo hinnachgekommenen, mit Vorbehalt
Promovirten) sich einige Difficultäten, die man theils aus Abgang der
eigentlichen Wissenschaft von Zeit ihrer ersten, lediglich von denen
Obristeu dependirenden Vorstellung zum Obristlieutenant - Amt (als
wornach man den Ubristenrang und nach diesem folgends den Generals-
rang bishero zu determiniren gepflegt) in specie respectu des GWM.
Tollet und Obristen Nessel rode hervorgethan , denen der
gehorsamste Hofkriegsrath dermalen füglicher nicht, als durch Um-
schreibung der hiebeigehenden Patenten und Berufung auf den vorhin
gehabten undeterminirten und von ihnen zu dociren kommenden Rang
abzuhelfen weiss; pro futuro aber, um dergleichen dem Publico
schädlichen Disputationen mit Bestand zu steuern, Euer kaiserl.
Majestät allerunterthänigst einzurathen findet, dass in aller Obristen
und Generalen Promotion der Rang oder Anciennität änderst nicht, als
von dato des Obristen-Patents anfangen und indistincte, ohne auf den
Obristlieutenants-Rang, ob solchen der Pi'omovendus kurz oder lang
vorhero gehabt habe, zu attendiren, jetztgemeltermassen ersagtes Datum
des Obristen-Patents pro norma et regula gelialten werden solle.
Es beruht jedoch Alles bei E. k. M. allergnädigster Genehm-
haltung zu Dero beharrlichen etc.
Resolution des Kaisers :
„Placet«.
«) Reg-istr. fies R. K. M., .luiii 170«, Nr. 108.
108
65.
An den Prinzen von Holstein. Frankfurt, 10. Juni 1708 *).
Nachdem der Herr (tW]\I. Freiherr von Fechenbach bei der
iinter meinem Oomnumdo formirenden Armee sich bereits befinden
thut, so wollen Euer Liebden mit beiden unter Dero Comraando
stehenden Bataillons des löbl. Thüngen'schen Ke«;imentes bis zu meiner
anderweiten Verordnun«; auf ihn, Herrn GWM. Fechenbach, das
behürigc Aufsehen haben und allem dem nachleben, was derselbe von
Zeit zu Zeit in Ihro kaiserl, Majestät Dienst anordnen und befehlen
wird. Womit etc.
66.
An den Obristen Dessöfiy (Dessewffy). Frankfurt,
10. Juni 1708').
Nachdem der Herr (Jbrist mit dem seinem Commando unter-
stehenden löbl. Kollonits'schen Huszaren-Regiment nächstens bei der
unter meinem Commando formirenden Armee anlangen wird, so habe
Denselben erinnern wollen, dass der Herr Obrist mit gedachtem
Regiment bei seiner Ankunft erstlich auf den kaiserlichen Herrn
GWM. Freiherrn von W e i t e r s h e i m das gebührende Aufsehen
haben und hiemit an denselben gewiesen sein solle. Zumalen aber
auch der Herr GWM. von Fechenbach sich ebenraässig darunter
befindet und sich ereignen diü-fte, dass beide diese Herren General-
Wachtmeister zusammenkommen möchten, solchemnacli aber von ihnen
beiden auf denjenigen das Commando fallen würde, welcher von
denenselben der ältere sein wird; als wird auch der Herr Obrist in
diesem Fall sich hiernach zu reguliren und bei derlei sich ergebender
Zusammenkunft vorgedachter beider Herren General- Wachtmeister auf
denjenigen den Respect zu tragen haben, welcher erinnertcrmassen
der ältere von ihnen sein würde etc.
67.
An den Churfürsten von der Pfalz. Frankfurt,
10. Juni 1708').
Fast eben den Augenblick, als ich von Wien abgereist war, sind
mir Deroselben hochschätzbare Zeilen vom 29. passato wohl einge-
') Krip.{rs-A., Niederlaiide 170H; Fase. VI. 9. — Das pjloichc Sclireihcn wurde
aucli an den Übristoii Haulien ^ericlitet. Fase. VI. 12.
*) Krieg.s-A., Niederlande 1708; Fase. \l. 12.
") Krieg.s-A., Niederlande 170«; Fase. VI. 11.
109
liefert worden, aus welclien ich diejenigen DifHenltäten, so Euer
Gnaden in dem oberpfälzischeu Kestitutionswesen anziehen, mit so
grösserer Verwunderung ersehen, als ich davon weder was gehört,
noch sonsten erfahren habe 5 ja ich muss viel ehender auf mein parola
Euer Gnaden hiemit gehorsamst versichern, dass dieses Geschäft seine
Richtigkeit umsomehr habe, als auf die an die übrigen Herren Cliur-
filr.ston ihres dazu erforderlichen Wesens halber, auch damit sie ihre
Ministros zu liegensburg darnach instruiren könnten, von Ihre kaiserl.
Majestät abgeschickten Couriere nicht nur von Chur-Sachsen die Antwort
eingelangt, dass man nichts dawider habe und damit allerdings zufrieden
sei, sondern es hat auch der preussische Ober-Kämmerer Herr Graf
von Warttenberg von Seite seines Herrn Principalen, dem Grafen
von Diemantstein, eines Gleichmässigen versichert; und ich habe
bei meiner vor wenig Stunden dahier beschehenen Ankunft mit dem
Herrn Churfürsten von Mainz selbsten gesprochen und auch von
demselben zur Antwort erhalten, dass er eben seinerseits das Geringste
nicht entgegen habe; wie er mir dann auch von wegen des Herrn
Churfürsten von Trier ein Gleiches versprochen, auch diejenige
Versicherung, so vorgedachtermassen der Herr Graf von Warttenberg
dem Herrn Grafen von Diemantstein gethan, ebenmässig coniirmirt
hat, mit dem Beisatze, dass er darüber von Regensburg die Nachricht
hätte, dass also Euer Gnaden bei so beschaffenen Dingen von selbsten
erkennen werden, dass keine solche Hindernisse, wie Sie glauben, mehr
im Wege stehen, sondern wirklich an dem sei, dass nach den von
Ihrer kaiserl. Majestät erlassenen allergnädigsten Befehlen mit denen
sämmtlichen Herren Churfürsten-Ministris zu Regensburg dieses Werk
als eine bereits richtige Sache in seine Vollkommenheit nach gewöhn-
licher Art und Weise gebracht werde. Euer Gnaden gehorsamst er-
suchend, dass Sie die an des Herrn Feldmarschalls Grafen von
Nassau Excellenz erlassene Contreordre hinwiederum revociren und
mithin die Truppen ihren Marsch fortsetzen lassen wollen.
Ich kann Euer Gnaden dabei unverhalten, dass bei sogestalten
Dingen die wenigen übern Rhein stehenden Völker einer augenschein-
lichen Gefahr, vom Feind überfallen zu werden, ausgesetzt seien, oder
ich würde gezwungen, sie wieder herüberzuziehen; wohingegen mich die
hohen Herren Alliirten stark pressiren, nach dem genommenen Concert
zu operiren, der ich aber dahier stehe und nicht weiss, was nach dieser
Anhaltung der Truppen zu thun sei, mich des Weiteren auf vorge-
meltes Herrn Feldmarschalls Grafen von Nassau Excellenz berufend.
Uebrigens habe Euer Liebden auch ersuchen sollen, wegen des
preussischen Bataillons mit dem König die Sache auszumachen; denn
110
wann es nicht geschehen möchte, so würde man anstatt der 13 Ba-
taillons, da auch sonstcn eines in Lautern verbleibt, nur 11 im Felde
und bei der Armee haben. Womit etc.
68.
An den Hofkriegsrath. Frankfurt, 11. Juni 1708').
Was der Herr General-FZM. von B ö r n e r wegen des üblen und
harten Nothstandes der hiesigen Artillerie an mich unter letzten des
verwiclienen IMonates geschrieben, das lege Einem löbl. Mittel hiemit
in oi-iginali bei -), um damit Dasselbe dahin gedacht sein wolle, wie bei
') Kiiegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 13.
-) Kiiegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 13 e.
(Der Eingang des Briefes enthält blus eine Gratiilatiim zur Firnounuug zum
General-Lieutenant.) Die Fortsetzung lautet :
Amiebst bitte unterthänigst, Dieselbe geruhen mir in Ungnailcn iiiclit
zu vermerken, dass Euerer hoclifürstlicheu Durchlaucht ich so oft mit denen
Angelegenheiten der Artillerie vielleicht beschwerlich falle und hiemit aber-
malen berichte, wie dass, iinerachtet Ihrer kaiserl. Majestät durch Euerer
hochfürstlichen Durchlaucht Bewirkung ausgefallene allergnädigste Resolution,
die von vorigem Jahre noch völlig ausstehenden sechs Sommer-Monate, dann
die Bezahlung des jetztabgewichenen Winters in Richtigkeit zu bringen, einer
hochlöblichen kaiserlichen Hofkammer sowohl, als dem General-Kriegs-Com-
missäriat noch vor meiner Abreise von Wien nachdrucksam intimirt worden,
ich auch seither den Effect behöriger Orten durch Schreiben weiters urgirt,
selbiger gleichwohlen zu dato nicht erfolgen wolle, dergestalt, dass annoch
von einiger Anweisung weder vorgedachter sechs Sommer-^Ionater, noch des
Supplementi an heuriger Winter-Bezahlung nicht das Geringste zu vernehmen
ist, inmittelst aber die Artillerie ohne Kreuzer Geld und der mehrste Theil der
gemeinen Leute ohne Mundur ins Feld marschiren müssen, zumalen allein an erst-
(frwähnter, heuriger Winter-Gebühr, über die genossene Hausmannskost und
empfangenen rcspectiven wenigen baaren Geld, laut der von dem Herrn
Feldartillerie-Ober-Commissario mit denen schwäbisch-österreichischen Ständern
gepflogeneu Abrechnung, bis Ende Ajiril eine Summa von 31-262 H. im
Rückstand bleibt. Und wie dann nun ich uKiinesorts ein Mehreres, als von
mir schon vielf^iltig b(!schehen, diesfalls nicht zu thun weiss, also habe mich
gemüssigt befunden, zu Euenir hochfürstlichen Durchlaucht hohen Assistenz
nochmalen hiermit zu recurriren, Deroselben das von denen sämmtlichen
Büchsenmeistern mir noch gestern übergebene Memoriale hiebeizuschliessen
und den wahrhaft Ijeschriebenen Nothstand der Artillerie unterthänigst zu
recommandireu ; im Uebrigen Euerer hochfürstlichen Durchlaucht weiterem
hohen Gutbefinden gehorsamst anheimstellend, was Selbe etwo hierauf zur
Abwendung des sonsten girn'ch anfangs der Campagne bevorstehenden Unter-
ganges, und folglichen Desperation dieser Leute in Sachen gnädigst vorzu-
kehren geruhen werden wollen. Womit etc.
111
dieser BescliafFenlicit sothancm Notlistaiul abi^'eliolfen, ciiifoli^lifli ersai;-te
Artillerie conservirt und von der audrolieuden Desperation errettet
werde.
Weiters hat der Herr Feldmarscliall von T h ü n g e n in seinem
unterm 1. abgewiehenen Monats an mieh erlassenen und mir erst
dahier beliändigten Schreiben den Herrn General Truchsess zu seinem
Avancement, welches er, da derselbe ausser Stande zu dienen ist,
allein als ein honorificum ansucht, nachdrücklich recommandirt. Solchem-
nach wolle Ein löbl. Mittel an Ihro kaiserl. Majestät seinetwegen ein
nachdrückliches Referat verfassen und in sein gebetenes Avancement
in aller Unterthänigkeit einrathen.
Es schreibt mir hierauf der Herr General Zum Jungen, dass,
wann die Gyulai'schen Hayducken also zerrissen gelassen und nicht
montirt werden sollten, dieselben gewiss mehrentheils desertiren und
Schade sein würde, eine so schöne, wackere Mannschaft zu verlieren.
Ein löbl, Mittel beliebe daher zu beherzigen, dass dessentwegen ein
Mittel ausgefunden und oder durch Credit oder sonsten dieses Regiment
montirt werde.
Wie Ein löbl. Mittel aus des Herrn General Königsegg bei-
gehendem Schreiben vom 25. Mai ') ersehen wird, so ist wegen Ver-
kaufung der Virgilianischen Güter von der Reichskanzlei bis dato
die Expedition nicht hineinkommen, sondern allein von der löbl.
Hofkammer ein Particular- Schreiben an den Herrn Baron Tavonat
derentwillen ergangen. Bei welcher Beschaffenheit Ein löbl. Mittel
in denen deswegen haltenden Conferenzen stark davon reden und
anziehen wolle, warum nach denen Conferenzschlüssen und I. k. M.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 13b. Dasselbe lautet:
Evierer Durchlaucht Gnädigstes vom 15. currentis habe mit uiiterthänigst(!m
Respect erhalten und hoffe, Sie werden indessen aus meinem Letzten vom
18. die weiteren Verwirrungen hiesiger Affairen und die Suite des Nothstandes
der Truppen mit Mehrerem ersehen haben, so dass ich Euer Durchhiucht
weiters vor diesmal nicht mehrers damit incommodiren will. Es ist freilich
die grösste Ursache an allen üblen Consequenzen, so daraus entstehen, die
Retardirung der Ordre zur Verkaufung der Virgilianischen Güter, welche dazu
noch nie durch die Reichskanzlei an die gesammto Administration, sondern
nur durch ein Particular-Schreiben von der Hofkammer an Herrn Baron von
Tavonat kommen ist. Man unterlasset gleichwohl nicht, möglichst unanimirter
mit Herrn Baron von Martini dahin zu trachten, wie man solche verkaufen
oder auf ein erkleckliches Darlehen versetzen kann ; allein, wie ich schon
in meinem Oberwähnten vom 18. gemeldet habe, so sind von der Kammer
solche Conditionen vorgeschrieben, dass sich kein Mensch dazu finden wird,
wann nicht der Zanardi, der dessentwegen expresse nach Wien ist, sich
alldort zu helfen weiss. (Der Schluss des Briefes enthält Uuwicliticres.)
112
allergniidigsten Resolutionen von Seiten ersaf^ter Reichskanzlei die
Expeditionen nicht ausgefertigt und zurückbehalten wurden.
Übrigens wird Ein löbl. Mittel sich erinnern, wie für einen
gewissen sächsischen Prinzen von Elb er th hausen, der in hollän
dischen Diensten sich damalcn befunden, auf inständiges Anlangen
dessen Herrn Vaters und in spocie des Cardinais von Sachscn-Z ei tz
das General-Wachtraeister-Patent auf I. k. M. allergnädigsten Befehl
ausgefertigt Avorden, und die Condition gewesen, dass es nicht auf
das wirkliche Dienen angesehen sei, sondern dass I. k. M. ihm diese
Gnade allein ad honorihcum allerguädigst verliehen haben wollten.
Inzwischen hat mir dieser Prinz durch einen eigenen Ofticier
seine Ankunft unweit hier bedeuten lassen und von mir zu wissen
verlangt, wo er sich seine Charge zu exerciren einfinden sollte, als ob
es auch also resolvirte Sache wäre. Weilen aber dieses sein Begehreu
I. k. M. allergnädigster Meinung immediate entgegen, so wolle Ein
löbl. Mittel sich zwar bei I. k. IM. weiteren allergnädigsten Befehl
erholen, ich aber Aväre dabei der Meinung, dass man hierüber mit
dem Herrn Cardinalen reden und selbigem obgedachte Intention, gleich
es auch dieses Avancement also selbsten verlangt hat, zu verstehen
geben könnte, destomehr, als ich gedachtem Prinzen generaliter geant-
wortet, dass ohne I. k. M. allergnädigste Ordre ich nichts thun
könnte. Womit etc.
69.
Bericlit an den Kaiser. Erfurt, 11. Juni 1708 M.
Als ich den abgewichenen Samstag Nachmittag allhier angelangt,
habe ich auch die beiden Herren Churfürsten zu Mainz und Han-
nover angetroffen, und da ich sogleich mit denenselben und sonder-
lich dem letzteren über Ein- und Anderes geredet, ist dieser darauf
gestern Nachmittags von hier wieder weg und zu der unter seinem
Befehl stehenden Armee nacher Mühlberg abgegangen.
Gegen die Mosel sind bereits die vier Bataillone von Thüngen
und Baden, item die würzburgischen in Euer kaiserl. Majestät Sold
stehenden Infanterie-Regimenter, dann die sächsischen und hessischen
'rruj)pen angelangt, welches den Feind, der bis dato nicht hat glauben
wollen, dass an gedachter Mosel sich eine Armee versammeln sollte,
in eine solche Apprehension gesetzt, dass er den Rhein hinwiederum
repassirt, und wie sowohl der Feldmarschall von Thüngen schreibt,
als anderwärts die Kundschaften einhellig confirmiren, so sei der
') Kriegs-A., Niü-L-rlaiMlc 17()S; Fase. VI. (Jl.
113
gewesene Churt'ürst in Bayern und der Feldmaröuball de Berwick
mit dem meisten Theil ihrer Truppen dahin gegen die Mosel im vollen
Marsche und ihre jenseits des Kheins habenden Linien ziemlich
schlecht besetzter hinterlassen worden , also dass der Herr Chur-
fürst zu Hannover, wie man allezeit vorgesagt, durch diese
Diversion mehrere Gelegenheit haben werde, mit seiner Armee zu
operiren, als wann er eine grössere Anzahl Trappen beisammen und
hingegen diese Diversion nicht hätte ; iumassen der Feind nicht nur
allein wegen Formirung gedachter Armee, sondern auch darum weit
mehrers embarrassirt ist, dass bisher kein Mensch noch nicht hat
begreifen oder penetriren können, wohin man aus wolle, oder Avas für
ein Dessein man vorhabe. Hierüber hat auch vorbesagter Herr Chur-
t'ürst von Hannover mit mir geredet und zu wissen verlangt, Avie
und auf was Weise ich dann zu operiren gedenkete; ich habe ihm aber
nicht änderst, als in generaliter geantwortet, einfolglich gesagt, dass
ich es Selbsten noch nicht wisse, weilen die Armee dato nicht beisammen
und ich mich sodann auch nach den Conjuncturen und Stärke des
Feindes reguliren müsste; ich würde aber nicht ermangeln, sobald als
die sämmtlicheu Truppen angelangt und ich in loco sein werde, ihn
meine Meinung wissen zu lassen. Solchergestalten aber, allergnädigster
Herr, hat sich der Feind an dem oberen Rhein sehr geschwächt imd
nicht wenig entblösst; hingegen aber zieht sich derselbe und ver-
stärkt sich umsomehr gegen die Mosel, mir hingegen fehlen annoch
die churpfälzischen Truppen und E. k. M. Cavallerie-Regimenter.
Wegen den ersteren ist Deroselben allergnädigst schon bekannt, Avas
dessen die Hinderniss sei. Ich habe zAvar über dasjenige, was ich
hierüber mit dem Herrn Cardinal von Lamberg zu Passau gesprochen,
auch dahier mit dem Herrn Churfürsten zu Mainz davon geredet
und dieser mir geantwortet, nicht nur dass er seinesorts das Geringste
nicht dagegen habe, und \'on Seiten des Herrn Churfürsten A'on
T r i e r ein Gleichmässiges versichern könne ; sondern er habe auch
von Regensburg die vorläufige Nachricht, dass daselbsten in diesem
Werk keine Aveitere Difficultät sei, wann nur allda in dem churfürst-
lichen Collegio Alles in der Stille beschehe, und dass der König
in Böheim für diesen actu allein sein Votum geben könnte. Bei dieser
der Sachen BcAvaudtniss habe ich nicht ermangelt, einen Expressen an
den Herrn Churfürsten zu Pfalz mit einem nachdrücklichen Schreiben
abzuschicken, gleich auch dickberührter Herr Churfürst zu Mainz
auch seinesorts ebenfalls gethan hat, und lebe der Hoffnung, dass er
hierauf seine erlassene Contreordre wiederum relaxiren und mithin
die Truppen marschiren lassen werde. Ich sorge aber nicht unbillig,
Feldzüge des Prinzen Eugeu v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. .Suiip!emeiu-Heft. " 8
114
wann mau ihn noch weiter stecken lassen und nicht halten sollte,
was man ihm versprochen, dass man nntehlljar inmitten der Operationen
eine dergleichen Contreordrc wiederun\ zu hefahren haben und der-
selbe zu nicht geringer Präjudiz der vorhabenden Intention gedachte
seine Truppen abermals revociren oder anhalten lassen dürfte ; dass
solchemnach E, k. jM. ich hicmit in aller Unterthänigkeit belange,
Dero Allerhöchstenorts die ferneren Befehle auszustellen, damit diese
Sache dcrmaleins vollends ausgemacht und man andurch auch wieder-
holter churpfälzischer Truppen Beibleibung versichert Averde.
E. k. ]M. Regimenter sind noch Aveit entfernt, und da das erste
darvon, nämlich das Fels'sche, etliche Meilen von hier zurück ange-
langt, so kann ich positive nicht wissen, Avann und wie bald die
übrigen nachfolgen werden. Indessen pressirt mich der Duo de Marl-
borough sehr und hat einen eigenen Oflicier zu mir abgeschickt;
ich aber habe ihm noch nicht geantwortet und werde auch ehender
nicht antworten können, bis nicht die noch zurückseienden Regimenter
ä portee kommen werden, und ich einfolglich demselben was Positives
erinnern kann, indem sich zeigt, dass er nicht im Stande sei, Avas zu
thun, bis sich nicht auch die unter meinem Commando stehende Armee
movirt.
Mit dem Erbprinzen von Hesse n-Cassel ereignet sich im
Commando bei der Armee eine nicht geringe Difficultät, indem dieser
unter dem Feldmarschall Grafen von Nassau zu stehen recusirt und
vorgibt, England und Holland hätten ihm versichert, dass er nach
meiner allein zu commandiren haben Averde. Nun Aveiss ich zwar nicht,
wie demselben beide Potenzen dieses haben versprechen können, und
stehe daher nicht wenig an, Avie diesfalls abzuhelfen und die Sache
zu vergleichen sein Averde; obwohl endlich das Mittel sein Avird, dass
man den Erbprinzen die englischen und holländischen Truppen com-
mandiren lasse, so aber, wann die Armee einsmals beisammen, oder
mit dem Duc de M a r 1 b o r o u g h selbsten auszumachen sein Avird.
E. k. M. kann ich hiernächst allergehorsamst nicht bergen, Avie
sehr disgustirt der Herr Churfürst von Hannover sei, und sich
gegen mich beklagt habe, dass seine Admission ad coUegium electorale
sich fortan stecke und so grosse Beschwerlichkeiten unterloffen seien,
da sich doch diese von selbsten umso leichter hebeten und darum
keine Difficultät zu machen Aväre, als durch die Admission der Krone
Böheim in obgcmcltes churfürstliches Collcgium und die eingCAvilligte
Substitution einer katholischen (Jliur auf den casum conjuncturac den
Katludischen in omnibus casibus et actibus die majora verbleibeten.
Ich habe ihm zAvar hierauf geautAvortet, dass ich glaubete, alle diese
115
Beschwerden kämen von denen anderen Fürsten des Reiches lier ; er
gab mir aber sogleich zu verstiihen, wie er gar wohl wisse, dass die
gesammten Fürsten ihren Consens bereits gegeben hätten , solchem-
nach diese Sache allein an Seiten E. k. M. sich steekete, und liess
mir darnach durch seinen Minister Baron G ö r t z, der mit mir in
Sachen weitläufig geredet, hierbeigehende Schrift ') bohändigen, Avelcho
an E. k. M. ich hiemit in aller Unterthänigkeit anlege und dabei
allcrgehorsamst nicht verhalte, dass ich über die Materi auch mit dem
Herrn Churfürsten zu Mainz geredet und da von ihm zur Antwort
erhalten, dass der anliegenden Admission keine weiteren Hindernisse
im Wege stünden, so habe E. k. M. auch hievon die weitere aller-
unterthänigste Nachricht zu dem Ende ertheilen sollen, damit Dieselbe,
um dem Herrn Churfürsten zu noch einem mehreren Missvergnügen
den Anlass zu benehmen, diese Sache weiters allergnädigst überlegen
zu lassen geruhen möchten, da zu befürchten steht, mehrberührter
Churfürst möchte widrigens andere Mesur nehmen ; gleichwie in specie
der Herr Churfürst zu Mainz, mit welchem er noch stärker geredet,
gesagt und versprochen hat, mir hierüber eine Schrift zu behändigen,
die ich, wann selbe noch vor ablaufender Post erhalte, E. k. M. aller-
unterthänigst anschliessen werde. Sein Minister Baron Görtz aber
gab mir zu verstehen, dass der Churfürst wünschte, diese Gnade allein
von E. k. M. zu haben auf dass er es anderwärts zu suchen, keinen
Anlass nehmen müsste, umsomehr, da er alle katholischen Fürsten,
gleich mir gedachter Baron Görtz deren einige genannt, auf seiner
Seite habe, die damit zufrieden seien.
Uebrigens (Furtsetzuiig gleidilautend wie iui Schreiben au den Hofkriegs-
rath vom 11. Juni, Nv. 68, Seite 112, Zeile 3 v. o. bis zum Sclilu.sse).
Ich gedenke schliesslich, sobald Ein- und Anderes von hier aus
disponirt haben werde, in ein Paar Tagen von hier weg- und nach
dem Schlaugenbad mich zu begeben, allwo bis die Armee beisammen,
a portee bin, in ein und anderen Stunden allenthalben hin, wo es die
Noth erfordern würde, kommen zu können.
70.
An den GWM. Freiherrn von Fechenbach. Frankfurt,
11. Juni 1708 \).
Gleichwie der Herr General-Wachtmeister zu der unter meinem
Commando formirenden Armee destinirt worden und sich solchemnach
*) In den Feldacteu nicht vorhanden.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 63.
116
mit denen beiden unter Seinem Commando stehenden würzburgischen
Regimentern bereits allda befinden tliut, als wird Derselbe bis zu
meiner Rcächstens beschelionden Hinunterkunt't und weiters anord-
nenden Dispositionen die von beiden Thüngen- und Badischen Regi-
mentern bereits allrla betindlichen vier Bataillone und nicht weniger
das im Anzüge begrittone Kollonits'sche IIuszaren-Regiment comman-
diren, zu welchem Ende dem Herrn General- Wachtmeister sowohl an
des Herrn Prinzen von Holstein Liebden, als an den Herrn Obristen
von Hauben und den ersagten Huszaren-Regiments Commandanten,
Herrn Obristen Dessöffy (DessewfFy), die behörigen Anweisungs-
Befohle hiemit anschliesse.
Im Ilebrigen wird der Herr General- Wachtmeister mit dem hessi-
schen General 8pigl in lleissiger Correspondenz stehen, damit, wann
dieser ein Mouvement, wie es der Sachen Umstände erfordern möchten,
vornehmen würde, der Herr General-Wachtmeister darvon vorläufig
avisirt sein und auch seinesorts ein Gleichmässiges zu bewerken,
seine Verfügnisse inzeiten ausstellen könnte.
Ich habe schliesslich gedachten vier kaiserlichen Bataillonen
anbefohlen, dass sie, um Geld zur Subsistenz des gemeinen Mannes
zu erheben, einen Officier sogleich anhero schicken sollen, welcher
mit benöthigter Carta bianca versehener, sich darum bei dem kaiserl.
General-Kriegszahlamts -Cassier W a n k o anzumelden haben wird. Sollten
es nun besagte vier Bataillone noch nicht gethan haben, so wäre ihnen
das Behörige darüber nochmalen zu bedeuten.
71.
An den Churfürsten von der Pfalz. Frankfurt,
14. Juni 1708*).
Nachdem mir gleich den Augenblick von des Herrn Cardinais
Fürsten von Lamberg Eminenz die Nachricht cingeloffen, wasmassen
sie das ihro über das oberpfälzische Restitutionswesen aufgetragene
kaiserliche Geschäft endlich dahin gebracht, dass bei der den 10.
dieses ab electoralil)Urf apud Saxoniae legatum in der Stille abgehal-
tenen Versammlung über die Possessertheilung des alt-pfälzischen
Chur- und Erbtruchsesscn-Amt, auch der oberen Pfalz und Grafschaft
Kamp beliebet worden, dem clmr-trierischen als vor Bölieim legitimirten
churfürstlichcn Gesandten suo loco et ordine nach beschehener Auf-
rufung den Consens zu ertheilen und von ihro demnach als kaiserl.
') Kric}:8-A., Köiiiiseh(;s Kcicli 1708; Fa.sc. VI. 14.
I
117
Principal-Comniissari (wie gescliclien) ex parte direetorii Moguntini
sab ejusdem sigillo von diesem besonderen aetii das gehaltene Pro-
tocoll mit dem nomine praedicti collegii au dieselbe gestellte Ersuchen
über das unterm 2. Mai verwichenen Jahrs ausgefallene churfürst-
liehe Conclusum die Uebertragung Eingangs erwähnter Prärogative und
Landen an Euer Gnaden die allergnädigste kaiserliche Ratification
und davon dependireude Belehnung zu bewirken ; also hätten sie auch
bei all' dieser der Sachen Beschaffenheit den 11. hujus vor Tags einen
eigenen Courier mit behöriger Relation an Ihre kaiserl. Majestät abge-
schickt und die schleunige Zurückspedirung mit vorerwähnter Rati-
fication und Vornehmung der Belehuung eifrigst recommandirt.
Wie nun nicht zu zweifeln, dass sothaue allergnädigste kaiserl.
Ratification auf das Baldigste einlaufen wird und Euer Gnaden der
Richtigkeit dieses Restitutionswesens sich nunmehro versichert sehen,
also lebe ich auch der gehorsamen Hoffnung, Dieselbe werden nun
gnädig belieben, die vorhin von mir bei Deroselben angesuchte Re-
vocirung der ertheilten Contreordre ohne ferneren Anstand anzube-
fehlen und mithin den Marsch Dero löbl. Truppen umsoraehr vor sich
gehen zu lassen, als ich widrigens ausser Stande bin, die Operationes
anzutreten, welches hingegen, da mich der Duc de Marlborough
darum beständig pressirt, bei denen sämmtlichen hohen Herren AUiirten
ein grosses Geschrei verursachen würde, ohne dass ich an dieser
Verweil- und Verspätung die geringste Schuld trage.
72.
Bericht an den Kaiser. Frankfurt, 15. Juni 1708 ').
Seit meiner letzten an Euer kaiserl. Majestät in aller Unter-
thänigkeit abgelassenen Relation habe Deroselben nichts Anderes aller-
gehorsamst zu berichten, als dass über das Fels'sche nun auch das
Pälffy'sche Regiment in dieser Gegend angelangt sei; sie haben aber
zu wenigsten noch 5 oder 6 Tage zuzubringen, bis sie gegen Rhein-
fels übern Rhein anlangen können, Falkenstein und Reising sind noch
so weit zurück, dass ich von denenselben nichts Positives sagen kann ;
ich habe ihnen aber gestern die Ordre entgegengeschickt, dass sie
ihren Marsch, soviel als die Möglichkeit zulässt, befördern sollen.
Indessen pressirt mich der Duc de Marlborougli immer
stärker, dass mich moviren sollte, und ich habe zwar gehoff"t, wie
E. k. M. ich jüngsthin gemeldet, dass auf mein Zusehreiben der Herr
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 26.
118
Churfiirst zu Pfalz seine ertheilte Contreordre relaxiren und die
Truppen niiirsehiren lassen werde. Was ich aber von demselben
dagegen für eine unverhofl'te widrige Antwort erhalten habe, das
geruhen E. k. M. nicht nur aus seinem in originali hiebeikommenden,
sondern auch aus dem von dem Feldmarschall Grafen von Nassau
an mich erlassenen Sehreiben allergnädigst zu ersehen. Und gleich-
wie hei dieser Beschaffenheit, solange ich mich nicht nu)viren kann,
auch gedachter Duc de Marlborough, nach meiner vorigen aller-
gehorsamsten Erinnerung, nichts zu unternehmen vermag, diese Ver-
weilung aber bei denen hohen Herrn Alliirten ein grosses Geschrei
und Contratempo verursachen werde, als habe E. k. AI. ich hiemit
wiederholter allergehorsamst bitten sollen, auf dass das oberpfälzische
Ivestitutionswesen, an welcher sich der iSIarsch dieser Truppen stockt,
umso schleuniger dermaleius ausgemacht werde, als widrigens keine
Hoö'nuug ist, dass obberührter Herr Churfiirst dickgemelte seine
Truppen ehender werde zur Armee stossen lassen.
Sonsten bin ich eben in procinctu, von hier nach Schlangenbad
aufzubrechen, um allda besser in der Nähe und, wie allerunterthänigst
schon gemeldet, a portee zu sein, allenthalben hin, wo es die Noth
und Conjunctureu erfordern, sogleich kommen zu können. Womit etc.
73.
An den FeldmarschaH Freiherrn von Thüngen. Frankfurt,
15. Juni 1708 •)•
Ich vernehme, dass die beiden von Euer Excellenz unterhaben-
dem Regiment in's Feld destinirteu zwei Bataillone nicht mehr als
1030 i\rann stark und über dieses bereits etlich und neunzig IVIann
durchgangen sein sollen.
Zumalen aber, wie E. E. bekannt, resolvirt gewesen, dass ersagte
beide Bataillone sammt der Grenadier- Compagnie 1300 lilann efFectiv
betragen sollen, als habe Deroselben hiemit erinnern wollen, dass Sie
bei dieser Beschaffenheit mit der ohne das nachkommenden Mundirung
noch 150 oder 200 Mann nachschicken wollen, damit nach der genom-
menen Resolution auch ersagte beide Bataillone ihre ausgeworfene
Anzahl an Mannschaft ausmachen mögen.
«) Knet,^.H-A.. K'öniiscli.-s K.'idi 17(IS: Fase. VI. IG.
119
74.
An den Cardinal Lamberg-. Frankfurt, 15. Juni 1708').
Ueber dasjenige, was mit Euer Eminenz in meiner Durchreise
zu Passau des oberpfälzisclien Restitutionswesens halber zu reden, die
Ehre gehabt, unterliess ich nicht, bei meiner dahier beschehenen An-
kunft auch mit beiden zugleich hier gewesten Herren Churfürsten
zu Mainz und Hannover gleichfalls zu reden; und da mir der
Erstere in Antwort erwiderte, dass dieses Geschäft nicht nur allein an
sich Selbsten, sondern auch des vor Röheim (Böhmen) legitimirten
churfürstlichen Gesandten halber keiner weiteren Difficultät unter-
worfen sei, wann nur Alles in der Stille abgehandelt und geschlichtet
werde ; als habe E. E. ich hiemit gehorsamst ersuchen wollen, Sie
gelieben ihres vielvermögenden Orts dahin umso schleuniger zu
cooperiren, dass dieses Werk auf's Baldigste ausgemacht werde, als
widrigens keine Hoffnung ist, die churpfälzischen Truppen ehonder
zur Armee oder ad locum operationis zu bringen, wohingegen ich von
denen AUiirten, mich zu moviren, stark pressirt werde, ohne diese
Truppen aber fortan in der Inaction verbleiben muss, so zwar bei
ihnen, denen AUiirten grosses Geschrei verursachen dürfte, obwohl
ich meinerseits an dieser Retardiruug die geringste Schuld oder An-
theil habe. Womit etc.
P. S.
Auch etc. als dieses schon geschrieben war, und ich eben bei
meiner Abreise von hier den Brief auf die Post schicken wollte, lauft
mir E. E. hochwerthestes Schreiben vom 11. d. M. ein und ich bin
vergnügt, daraus zu ersehen, dass das oberpfälzische Restitutionswesen
endlich durch E. E. starken Beitrag und Vielvermögenheit bei dem
dortigen Collegio seine Richtigkeit erlangt habe, nicht zweifelnd, dass
auch auf darüber nach dem kaiserl. Hof abgefertigten Courier die
erforderliche Ratification und Belelmuug schleunig einlaufen und anmit
alle bisherige Hindernuss gehoben sein werde, Avomit die churpfäl-
zischen Truppen ihre Beistossung zur Armee an der Mosel eingestellt
oder retardirt haben.
Sonsten hat nicht nur der kaiserl. Feldkriegs-Commissarius von
Langetl im Befehl, mit dem Diario posttäglich zu bedienen, sondern
ich werde auch mir selbsten die Ehre geben, E. E. in ein oder
1) Kriegs-A.. Römisches Reich 170S; Fase. VI. 17.
120
anderen besonderen ^'^orfallenheiten in particnlari mit Schreiben auf-
zuwarten, der ich in meiner ,2;eg;en Dieselbe trag^enden sonderliclien
Veneration etc.
75.
An die kaiserliche Administration. Frankfurt, 16. Juni 1708').
Mit dem ohne das zurückgehenden Herrn Kriegs-Commissarium
Siraonetti habe ich Eine lübl. Administration ansuchen wollen, dass
Sie die von beiden Kollonits- und Lehoczky 'sehen Huszaren-Regimentern
annoch allda in Bayern befindlichen Huszaren auf das Baldigste von
dannen befördern und die ersten zu der unter meinem Commando
stehenden Armee nacher Coblenz, die letzteren aber an den Ober-
Rhein so schleunig als möglich abschicken wollen. Und weilen ich
hiernächst auch hoffe, dass das Splenyi'sche aus Italien im Anmärsche
geweste Huszaren-Regiment ebenfalls allda in Bayern schon angelangt
sein werde, so wolle Eine löbl. Administration auch dieses den Marsch
zu vorgedachter meinem Commando unterstehenden Armee antreten
lassen, ausser es wäre Sache, dass sich ein oder andere Conjunctur,
die mir nicht wissend sein kann, ereignet haben möchte, welche un-
umgänglich erforderte, dass jetzt berührtes Splenyi'sche Regiment etwa
auf eine Zeit zurückgehalten werden musste, so jedoch nicht anders
zu thun Aväre, ausser es wäre die höchste Noth oder eine augenschein-
liche Gefahr obhanden. Womit verbleibe etc.
76.
Bericht an den Kaiser. Schlangenbad, 18. Juni 1708 -).
Vermöge meiner letzten allerunterthänigsten Relation bin ich
dahier angelangt, ich gedenke mich aber längers nicht, als bis den
bevorstehenden Donnerstag aufzuhalten, sodann weiters nacher Rhein-
fels oder Coblenz abzugehen.
Von Euer kaiserl. Majestät noch zurückseienden Regimentern
kann da.s Falkenstein'sche schwerlich vor 8 Tagen gegen Rheinfels
ankommen, von dem Reisingischen aber, welches noch weiter zurück
i.st, kann nichts Positives versichern. Das Fels'sche Dragoner-Regiment
hätte zwar, nachdem es heute in die Gegend Rheinfels zu stehen
kommt, allda den Rhein passiren sollen, dem das Pälffy'sche auf dem
') Kriegs-A, RömisdiPs li.-icli 1708; Fase. VI. 23.
') Krieg8-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 3.5.
121
Fuss folgt; wie mir aber der Fj\IL. Graf von Fels unterm gestrigen
Dato berichtet, so macht der Coramandant zu gedachtem Rheinfels
dessentwegen Difficultäten, also dass ersagtes Regiment bis Braubach
hinuntergehen und allererst daselbsten passiren solle, welches eine
abermalige Verziehung von 2 bis 3 Tagen verursachen thut, so mich
veranlasst hat, dem Herrn Landgrafen besage der Beilage*) zuschreiben,
nachdem bereits andere Truppen allda passirt, dass er auch diesen
E. k. M. Cavallerie-Regimentern die Passage ebeumässig verstatten
und zu dem Ende an wiederholten Commandanten den behörigen
Befehl ergehen lassen möchte.
Wie E. k. M. aber aus meinem jüngsten allergehorsamsten
Schreiben und denen darinnen beigelegten Antworten sowohl von dem
Herrn Churfürsten zu Pfalz, als dem Feldmarschall Grafen von
Nassau allerguädigst zu ersehen geruht haben werden, so hat ersagter
Churfürst seine Truppen beordert, allein bis Costheim unweit Mainz,
wo der Main in den Rhein fällt, zu marschiren, daselbsten aber sodann
solange anzuhalten, bis die wirkliche Belehnung geschehen solle;
worauf ich mich bemüssigt gefunden, an denselben ein nochmaliges
nachdrückliches Schreiben zu erlassen, damit er bei nunmehr, bis
auf E. k. M. allergnädigste Ratification, in Richtigkeit gebrachten
oberpfälzischen Restitutionswesen wiederholte seine Truppen dermaleins
positive befehlen möchte, dass sie ohneweiters zur Armee stossen
und allda dienen sollten, so ich ersagtem Herrn Churfürsten durch
noch ein anderes an ihn anheute abgeschicktes Schreiben mit mehreren!
Nachdruck wiederholt und zugleich ersucht, dem Feldmarschall Grafen
von Nassau unter eiusten eine andere Ordre mitzugeben, dass der-
selbe mit dickberührten Truppen all' dasjenige thun und ohne Diffi-
cultät marschiren solle, wohin es für das gemeine Wesen am besten
zu sein, befunden werden wird, wann er einsmals bei der Armee ange-
langt sein und Herr Churfürst in Allem seine Satisfaction haben wird,
gleich E. k. M. aus denen beiden Beischlüsseu mit mehrerer Weit-
läufigkeit allergnädigst ersehen haben, Dieselbe allerunterthänigst
bittend, zum Falle es ja noch nicht geschehen wäre, die Einschickung
Dero allergnädigsten Ratification umso ehender zu befördern, als
widrigenfalls nimmermehr zu verhofi'en ist, dass öfters wiederholter
Herr Churfürst seine Truppen ehender einen Schritt weiters werde
avanciren lassen. Bei dieser der Sachen Beschaffenheit aber ist es
nicht möglich, in dem Hauptwerk fortzukommen, oder dass ich mich
sollte moviren können, ungeachtet der Duc de Marl borough unab-
*) Sielie Nr. 77 des Supplement-Heftes. Seite 123.
122
lässig darum antreibt und, gleich E. k. AI. ich bereits allergehorsamst
remoustrirt, es das Anscheinen hat, dass er auch ohne und bevor
nichts zu unternehmen vermöge, bis ich nicht im Stande sein werde,
mich mit der Armee zu bewegen.
Die eingeloftenen Kundschaften vom Feinde confirmiren weiters,
dass derselbe fast seine völlige Macht gegen die Mosel gezogen und
seine Linien und Plätze am oberen Rhein gänzlich entblösset gelassen
habe; dass solchemnach nicht zu zweifeln ist, es werde der Herr
Churfürst zu Hannover von dieser Gelegenheit in allweg zu profi-
tiren und seine Operationen anzugehen trachten. Sonsten geht ein
Spargiment, ob solle dem Feind zu seiner Verstärkung noch ein
anderes Detachement aus denen Niederlanden an die Mosel zukommen.
Inzwischen campireu E. k. M. item die in Dero Sold stehende würz-
burgische Infanterie, sammt denen chursächsischen und hessischen
Truppen bei Castelaun, welche der Feind bei der dortigen waldichten
und sonsten üblen Situation des Landes mit Parteien stets beunruhigt,
auch dort und da bei denen Fouragirungen Schaden zugefügt hat,
worüber man zwar behörige Obsorge und Gegenverfassung ankehrt;
solange aber als nicht alle Regimenter ankommen und in specie man
der churpfälzischen Truppen gesichert ist, kann ich in keiner Weise
mich bewegen, ja ich muss vielmehrers besorgen, wann der Feind
sich annähern solle, dass man gar gezwungen sein würde, sich gegen
Coblenz zurück zu wenden ; obwohleu, wann es auch geschehete, nicht
ehender würde vorgenommen werden, ausser es wäre die höchste Noth
und eine augenscheinliche Gefahr obhanden.
Wegen der vorgedachten würzburgischen Infanterie habe ich
in meiner Ilereiureise den Herrn Bischof ersuchen lassen, die Recruten
zu deren Completirung auf das Schleunigste zu verschaffen, und er
liess zwar in Antwort bedeuten, dass deren eine gute Anzahl bereits
abgeschickt worden, wegen des üeberrestes aber aller Fleiss ange-
kehrt werde, selben auch demnächst beizuschaffen ; weilen aber dieses
eine Sache ist, so auf seinem, des Herrn Bischofs, blossem Versprechen
beruht, so wollen E. k. AI. allergnädigst geruhen, damit es umso ehen-
der beworkt werde, denselben mit Nachdruck pressiren zu lassen.
Schliesslich hat mir über meine jüngste Erinnerung occasione
des von dem Erbprinzen von Hessen prätendirten Commando's der
Landgraf selbst wissen lassen, dass er auf den widrigen Fall seine
Truppen absolute nicht marschiren lassen wollte; ich bin aber gleich-
wohl der Hoffnung, wann das bewusste Dessein vor sich gehen
sollte, dass er sodann dieselben abgehen zu lassen, keine Difticultät
machen werde. Wumit etc.
123
77.
An den Landg-rafen zu Hessen. Sohlang-enbad, 18. Juni 1708 ')•
Nachdem ich von dem Herrn General-FML. Grafen von Fels
sogleich benachrichtigt werde, dass man sowohl seinem, als denen
übrigen nachkommenden Regimentern die Passirung des Rheins zu
Rheinfels difficultire, so will ich zwar nicht glauben, dass der daselb-
stige Connnandant von Euer Liebden hiezu eine Ordre haben sollte,
da er bereits vorhin die Passage allda von der kaiserl. Infanterie
bewerken lassen und auch sonsten die Requisitorien von Ihro kaisorl.
Majestät an Dieselbe, wie an andere Herrn Chur- und Fürsten, auch
Stände des Reiches ergangen sind. Weilen aber diese Difiicultät von
so mehrerer Consequenz ist, als die Armee um etliche Tage später bei-
sammen sein kann, und sonach, bevor nicht alle Transporte ange-
langt, sich nicht wohl zu moviren vermöge, dergestalten aber von
denen starken feindlichen Streifereien bei denen Fouragirungen, gleich
es schon beschehen, verschiedene Schaden und Unglück zu befahren
hat: so will ich der festen Hoffnung leben, allermassen auch Euer
Liebden ich hiemit dienstschuldigst ersuche, Sie gelieben an den
Herrn Commandanten zu Rheinfels solche Ordre ergehen zu lassen,
auf dass derselbe die Passirung des Rheins allda in keinem Weg diffi-
cultiren solle. Ich versichere Euer Liebden dabei der guten Disciplin
und scharfen Mannszucht urasomehr, als ich ohnedem den bevor-
stehenden Donnerstag mich in der Nähe dortherum einzufinden gedenke.
78.
An den Churfürsten von der Pfalz. Schlang-enbad,
18. Juni 1708 ^).
Gleichwie Euer Gnaden aus meinen jüngsthin an Dieselben erlas-
senen gehorsamsten Zeilen bereits gnädig ersehen haben werden, so
hat es mit dem oberpfälzischen Restitutionswesen (wie ich Dieselbe in
meinen Vorhergegangenen auf meine Parola schon versichert hatte)
seine völlige Richtigkeit in dem Collegio electorali zu Regensburg
erreicht, und ich zweifle solchemnach auch nicht, dass nicht der nacher
Wien abgeschickte Courier mit der allergnädigsten kaiserl. Ratification
umso gewisser bereits unterwegs sein werde, als Ihro kaiserl. Majestät,
wann Sie auch schon wollten, obwohlen Sie einmalen eine widrige
1) Krieg-s-A., Nieclerlaude 1708; Fase. VI. 36.
») Kriegs-A., Niederlaude 1708: Fase. VI. 37.'
124
allergnädigste Intention gehabt, jetzo nicht mehr davon abAveiehen
oder zurückgehen können, nachdem Sie mit den sämmtliehen Herren
Chnrfürsten das Impegno genommen und die Sache in dem Collegio
unanimitcr phicidirt und abgehandelt ^vorden : Euer Gnaden gehor-
samst ersuchend, dass Sie zu Befth'derung des gemeinen Wesens
Besten an den Uerrn GeneralFeklmarschall Grafen von Nassau die
Ordre erlassen wollten, damit Dero lübl. Truppen, welche morgen
insgesammt zu Costheim eintreffen werden, nach Dero ertheiltem
Befehl allda nicht anhalten, sondern ihren Marsch gegen Coblenz nach
der ihnen weiters gebenden Anleitung fortsetzen sollen; da Euer
Gnaden, obwohlen es bei obberührter Beschaffenheit keineswegs dazu
konnnen wird, allezeit, wann Sie wollen, wiederholter Truppen weiteren
Fortzug einstellen oder dieselben gar zurückziehen lassen können.
Und wollte ich über mein wiederholt gethanes gehorsamstes An-
suchen Euer Gnaden hierinfalls nicht mehr überlästig fallen, wann
nicht I. k. M. und gemeiner Sachen darunter versirender Nutzen und
Erforderniss mich allzu angelegentlichst dazu pressirten, da auch
sonsten der Feind sich immer mehr gegen die Mosel verstärkt und
bereits ein Llouvement gemacht hat, auch mit steten und continuir-
lichen Parteien die dort stehenden Truppen sehr beunruhigt und
wirklich in denen Fouragirungen Schaden zugefügt hat; wohingegen
man unserseits sich ehender nicht moviren kann, bis nicht Alles bei-
sammen und consequenter man im Stande ist, die Armee zu formiren
und die Operationes anzugehen, die solchergestalten aber bei ziemlich
avancirter Zeit, noch mehr ins Stocken gerathen müssten, ungeachtet
ich hieran keine Schuld trage und hiernächst von dem Duc de M a r 1-
borough immer pressirt werde, dass ich mich moviren möchte, so
aber angezogenermassen ausser meinem Vermögen ist; ja es dürfte viel-
inelir das Contrarium erfolgen, da es, zum Fall der Feind uns ehender
auf den Hals kommen möchte, geschehen könnte, dass man gezwungen
sein würde, sich gar gegen Coblenz zurückzuziehen.
Schliesslichen habe Euer Gnaden ich auch gehorsamst ersuchen
wollen, an obgedachten Herrn Feldraarschall Grafen Nassau eine
fei'nweitere Ordre ergehen zu lassen, dass derselbe mit Dero löbl.
Truppen ohne Difficultät thun und marschiren möchte, wohin es vor
das gemeine Wesen am besten zu sein befunden und ihm zu dem
Ende bedeutet werden würde; gleich ich die Gnade gehabt, in meiner
Anwesenheit zu Düsseldorf hievon ein Mehreres zu sagen, Euer Gnaden
versichernd, dass ich mir in solchem Falle auf das Nachdrücklichste
werde angelegen sein lassen, auf dass jetztbemelte Dero lold. Truppen
an Subsistenz keinen Mangel leiden sollten. Womit etc.
125
79.
An die kaiserliche Administration in Bayern. Schlangenbad,
22. Jimi 1708').
Es will gesagt werden, als Avann man die beiden aus Italien
naehmarschirenden Compagnieu von den Palffy- und Falkenstein'schen
Regimentern allda in Bayern anhalten wolle. Zumaleu ich es aber
absolut nicht geschehen lassen kann, so habe ich Eine löbl. Admini-
stration, da ich eben in procinctu nacher Coblenz zu verreisen stehe,
hiemit in aller Eile ersuchen wollen, 8ie möchte vorgedachte beide
Compagnien nicht nur allein im geringsten nicht arrestiren, sondern
vielmehr scharf darob sein, dass dieselben mit aller Behändigkeit
ihren Regimentern geraden Weges auf Coblenz nachgeschickt werden.
Womit etc.
80.
Bericht an den Kaiser. Schlangenbad, 22. Juni 1708').
Ueber dasjenige, was Euer kaiserl. Majestät ich unterm 18. dieses
in puncto der churpfälzischen Truppen annoch stockenden Marsch
allergehorsamst gemeldet habe, communicirte mir der Feldmarschall
Graf von Nassau unterm 20. detto beigehende copiam') eines von
dem Herrn Churfürsten von der Pfalz an mich erlassenen Schreibens,
«) Kriegs-A., Niederlande 170S ; Fase. VI. 53.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 54.
^) Kriegs-A., Niedeidaude 1708 ; Fase. VII. 83. — Das Schreiben lautet :
Aus Euer Liebdeu angenehmeu Schreiben vom 14. dieses habe ich des
Mehreren vernommen, wasgestalt mir Dieselbe, von der von des Herrn Cardiuals
von Lamberg Liebden aus Regensburg, wegen dessen, so daselbst im collegio
electorali mittelst Ablegung des königl. böheimischen churfürstlicheu assensus
in meinem chur- und oberpfälzischen ßestitutionsgeschäft vorgangen und
darüber an Ihro kaiserl. Majestät von wohlgedachten Herrn Cardinal Liebden
referirt worden, Communication, anbei wegen Revocirung bewusster Contreordre
nochmalige freundvetterliche Ansuchung thun wollen. Nun ist mir mit letzterer
Ordinari von meiner Gesandtschaft zu gedachtem Regenslnirg von dem l)eriihrter-
massen Vorgangenen geziemende Relation erstattet worden und hoffe ich
solchemnach, man werde beim kaiserlichen Hof mir nunmehr die längst vertröstete
Wirklichkeit in Verleihung der reellen Investitur und Possessions-Anweisung
ohne weiteren Aufschub angedeihen lassen, in welcher Absicht und sonderbaren
egard lauerer Liebden wiederholter hoher Parole und für Dieselbe tragender
Hochachtung ich höchstgedachter Ihrer kaiserl. Majestät und meinem General-
Feldmarschall, Herrn Grafen von Nassau-Weilburg, meine dessen Commando
anvertrauten Truppen ihren ^larsch bis in die Gegend Coblenz; proseciuiren zu
lassen, die benöthigten Ordres ertheilt habe, nicht zweifelnd, ehe und bevor
dieselben allda angelangt sein werden, die vollkommen- und endliche Richtigkeit
berührten Restitutionsg-eschäftes zu vernehmen. -
126
so ich aber zu dato uieht erhalten habe. E. k. M. werden daraus
allergnädigst ersehen, wie der Herr Churfürst zwar die Ordre gegeben
habe, dass seine Truppen bis Coblenz niar.schireu sollten, dabei aber
express meldet, dass er nicht zweifle, es werde, ehe dieselben allda
anlangen, die vollkommene und endliche Richtigkeit seines Restitutions-
Geschäftes zu vernehmen sein ; dass solchemnach keine Hoffnung ist,
wann nicht der actus investiturae erfolgt, dass man dieser Truppen
auch che und bevor versichert sei, mich des Weiteren auf meine vor-
herigen allerunterthänigsten Berichte beziehend : als wie daim in con-
tinuationera derselben E. k. M. nochmalen in aller Uuterthänigkeit
angehe, Dieselben geruhen allergnädigst, wann es nicht etwa ohnedem
schon geschehen, die Ausmach- und Richtigstellung dieser Sache in
Allerhöchsten Gnaden auf das Nachdrücklichste anzubefehlen.
Inzwischen habe ich obgedachten Feldmarschall Grafen von
Nassau bedeutet, dass er nach Passirung des Älains bei Costheim
zu Mainz den Rhein passireu und seinen ]\larsch auf das Möglichste
gegen besagtes Coblenz beschleunigen wolle, so er auch morgen
bewerken werde und längst künftigen Mittwoch, das ist den 27. dieses,
allda zu Coblenz einzutreffen hoffe.
Von E. k. M. ist allein das Reisiugische Regiment noch zurück,
welches ich, um seinen Marsch soviel als möglich und ohne Ruin
geschehen kann, zu beschleunigen, eine expresse Ordre entgegen-
geschickt habe : dann Palflfv und Fels sind schon A'oraus und das
Falkenstein'sche marschirt mit denen pfälzischen Truppen. Indessen
aber, wann ich nur einesmals jetztgedachter churpfälzischer Truppen ver-
gewissert bin, gedenke ich wegen jetztgemeldeten Reisingischen Regi-
ments nicht zu warten, sondern wann Alles veranstaltet und man zu
einem Mouvement fertig ist, mich auch ohne demselben zu bewegen.
Zu diesem Ende nun gehe ich heute noch nach abgefertigter Post
nach Coblenz, um allda sowohl wegen der Proviantirung, als in specie
der Schiffbrücke halber und anderer nöthiger Dispositionen das
Behörige inzwischen anzuordnen.
Es ist zwar ein Geschrei kommen, als ob der gewesene Chur-
fürst in Bayern mit einem starken Detachemcnt wiederum zurück
gegen den oberen Rhein von der Mosel abgangen sei, worvon der
Herr Churfürst von Hannover sehr alarmirt Avar ; Avie aber ein von
wiederholtem Feldmarschall Grafen von Nassau aus Lautern vom
19. dieses dahier angeschlossenes Schreiben, auch sonsten Briefe von
Trier und anderen Orten melden, so stehe das grosse Corps der Armee
noch bei Saarluis, und hätten nur einige Tausend Mann Cavallerie mit
etwas Infanterie wegen besserer Commodität der Fourage ein Mouve-
127
raent nach Bliescastel gemacht. E. k. AI. kann ich hior])ei allergehorsaniöt
nicht verhalten, dass aus Holland und anderen Orten Briete eingcloffen,
worinnen man über meine etwa vorhabende Operation verschiedene
Argumenta und allerhand Gedanken gefasst hat, deren unter anderen
auch einige sind, welche sagen : weilen man in denen Niederlanden
mit Einer Armee nicht operiren könne, dass ich solchemnach dahin
anrücken Avürde, um solchergestalten mit zweien die Operationiui anzu-
gehen. Inzwischen sind das lauter Discurse und j^Iuthmassungen, wo-
von doch weder der Feind, noch andere derlei Critici das rechte Vor-
haben dato nicht haben penetriren können, besonders da alle Nach-
richten couürmiren, es auch an sich selbsten wahr zu sein scheint,
dass der Feind darum nicht wenig embarrassirt sei.
Unter Anderem aber kam der hanuoveranische Kammer-Präsident
Baron von Gertz, welcher sich allhier im Bad betindetund bei dem Herrn
Churfilrsten im besonderen Credit steht, an mich mit Vermelden, dass
er von ihm, Herrn Cliurfürsten, Brief erhalten hätte, so ich aber nicht
wohl glaube, sondern vielmehr der Meinung bin, dass er bei denen
vorgemelten hin und wieder einlaufenden Muthmassungen von selbsten
dazu sei angeregt worden, mir zu sagen, wann ich mich auf solchen
Fall hinunterbegeben und mit der Armee entfernen sollte, was er,
Herr Churfürst, operiren zu können, ob er dem Feind gewachsen, oder
ob er nicht etwa zu schwach sein dürfte, ich für einer Meinung wäre ;
dem ich aber mit allem Glimpf widersetzt: nachdem die Armee noch
nicht beisammen, ich auch positive nicht sagen könnte, wessen ich
mich unterziehen werde, weilen alle Vorhaben von der Zeit und Ge-
legenheit, auch der Contenance des Feindes dependirten, und ich bei-
nebcns nicht wüsste, was für eine Artillerie ich zur Hand und bei-
sammen haben könnte. Es hätte mir zwar einsmals der Duc de
M a r 1 b 0 r 0 u g h generaliter vom Hinuntergehen etwas geschrieben,
seithero aber wäre mir davon nichts mehr zu vernehmen gewesen, der
Herr Churfürst aber könnte sich versichern, wann ich zu Coblenz
angelangt, die Armee beisammen sein und man sich zu moviren
anfangen Averde, dass ich sodann ihm von Allem ausführliche Com-
raunication zu thun, meinesorts in allweg beobachten wolle. Womit etc.
81.
Bericht an den Kaiser. Ehrenbreitstein, 24. Juni 1708').
lieber dasjenige, was Euer kaiserl. Majestät ich erst vor 2 Tagen
der churpfälzischen Truppen halber mchrmalen allergehorsamst ange-
') Kriegs-A., Xiederlaude 1708; Fase-. VI. 64.
128
zogen und gemeldet habe, dass sie endlich bis gegen Coblenz
marschiren werden, anbei aber absolut keine Hoffnung übrig sei,
dass sie, bis nicht der actus investiturae erfolgt, weiters gehen würden,
bin ich nun mit so mehrerem Verlangen in aller Unterthänigkeit
gewärtig, dass diese Sache nicht nur schon wirklich ausgemacht,
sondern auch der an E. k. M. von Regensburg aus abgeschickte
Courier hinwieder zurückgefertigt sein werde, als der Feldmarschall
von Nassau durch eigene Staffetta wiederholten Befehl erhalten hat,
ehe und bevor keinen Schritt weiter zu gehen ; wohingegen ich von
dem Duc de Marlborough aus der E. k. M. bereits gehorsamst
erinnerten Ursache unablässig pressirt werde, mich zu moviren. Welches
der Graf von Rechteren, dem ich bei meiner vorgestern dahier besche-
henen Ankunft eben auch angetroffen habe, mir mehrmalen wieder-
holt und mich dahero solchergestalt angeht, dass ich marschiren
möchte, als widrigens obgedachter Duc allein, wann ich nicht den
Marsch antreten sollte, unverzüglich nichts operiren oder unternehmen
könnte.
Nun ist zwar das Reisingische Regiment, welches noch allein
zurück war, ziemlich in der Nähe angelangt, also dass ich hoffen
dürfte, um den 28. oder 29. dieses mich zu moviren. zu welchem Ende
ich dann denen bereits anwesenden sämmtlichen Truppen auf den
27. detto, ohne zu sagen wohin, die Bereitschafts-Ordre ertheilt und
anbei anbefohlen habe, dass diese von dem Tage des Aufbruches auf
7 andere Tage mit einem Vorrath von Brod und hartem Futter ver-
sehen sein sollen; wann mir aber, obwohl ich noch diesen Abend
einen eigenen Oflicier nacher Düsseldorf an den Herrn Churfürsten
expcdire, wider meine bessere Hoffnung die Churpfälzischen aus
Mangel, dass etwa das Restitutionswesen alle Richtigkeit nicht haben
möchte, eine Difficultät macheten, so gedenke ich auch ohne dieselben
zu marschiren.
Uebcr dasjenige, was E. k. M. ich sonsten Avegen des hanno-
veranischen J^linistri Baron von G ö r t z mit mir gehabten Discurses
allerunterthänigst erinnert, hat mich derselbe eben in dem Moment, da
ich von Schlangeubad abreisen wollte, wiederholter angegangen, wann
mich nach denen Niederlanden verfügen sollte, dass ich seinem Prin-
cipalen, dem Herrn Churfürsten, einige Truppen zurücklassen möchte.
Nun habe ich ihm darauf eben in generalibus geantwortet, wie E. k. M.
bereits allergehorsamst berichtet habe, wegen Zurücklassung einer
Anzahl Truppen aber geantwortet, dass dieses von mir allein nicht
dependirte, inmassen der Herr Churfürst avoIiI wüsste, was in An-
wesenheit des Duc clc Äla r 1 b oro u ffh für ein Concert zur Aus-
129
theilung der Truppen mit ihm ^•eiiuieht und vergliclien worden wäre,
welches ich so lediger Dingen nicht ändern könnte; wobei ich dem-
selben nochmalen ropetirt, dass ich zwar noch nichts von einem der-
gleichen Mouvement wUsste, bei meiner Ankunft in Coblenz aber, oder
wann etwa von ersagtem Duc hiezu pressirt oder ich sehen würde,
wie die Disposition wegen der Artillerie beschaifen und was für eine
Diftieultät bei der Operation an der Mosel sein dürfte, da ich nichts
operiren könnte, bis Marlb or ough's coneertirte Truppen nicht habe,
sonsten aber mittelst einer starken Diversion öfters mehrere Gelegen-
heit zu gewinnen sei, als wann man mehrere Truppen hätte, wollte
ich Südann Deroselben von Allem ausführlich Communication zu thun
unermangeln.
Im Uebrigen ist vom Feind nichts Veränderliches cingelofFen.
82.
An den Hofkriegsrath. Ehrenbreitstein, 24. Juni 1708 0-
Es schreibt mir der König in Preussen unterm 3. dieses, wie
dass die am Mosel-Strom belegene feindliche Oerter gutentheils an ihn
die Contribution bezahleten und mit dessen iSalvaguardes versehen
seien, hat mich dahero ersucht, bei der meinem Commando unter-
stehenden Armee die ernstliche Verfügung zu thun, auf dass vorge-
dachte an ihn contribuirendo und mit Salvaguardien versehene Orte
nicht gebrandschatzt oder geplündert oder sonst übel tractirt Averden
möchten, in Erwägung, derselbe sothane Contributiones mit dem Staat
zum Theil gemein, zum Theil auch privative, und zwar aus der von
der Krone England und dem Staat ihm, König, gethauen Cession vor
sieh allein habe.
Zumalen ich nun hierüber einer mehreren Erläuterung von-
nöthen habe, als wolle Ein löbl. Mittel mir berichten, was es damit
für eine Beschaffenheit habe.
Der Herr G. d. C. Marchese Visconti schreibt mir, dass der
Herr Obrist Lattermann von Einem löbl. Mittel Licenz erhalten
habe, nacher Wien zu gehen ; zumalen aber dieser mit dem Osna-
brück'schen Regiment nacher Spanien destinirt ist, als wolle Ein löbl.
Mittel demselben bedeuten, auf dass er sich hinwiederum schleunig
zurückverfüge, und zum Fall das Regiment schon embarquirt und
abgefahren wäre, durch andere Gelegenheit demselben unverzüglich
nachgehe.
V) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 58.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Seriej I. Band. Suppleraent-Ileft. J
130
Nächst diesem Inmentirt sich vorG^edacliter Herr G. d. C. ^Slarchese
Visconti, dass er dein Herrn Feldmarschall Grafen von Dann das
Commando a])treten und übergeben müsse, vermeint aber dabei, ein
medius terminus zu sein, weilen Seine päpstliche Heiligkeit von denen
französischen Partitanten aufgehetzt wurden, mit ( )fferirung Succurses
wegen der Surprise von Gomacchio zu brechen und also nCtthig sei,
ein gutes Corps von etwa 2000 ISIann zu Fuss und soviel zu Pferd
über die Garnison v(tn gedachtem Comacchio in dasiger Gegend
zurückzulassen, um im Falle Seine Heiligkeit zu denen Waffen greifen
sollten, dieses zur nöthigen Gegenverfassung in Bereitschaft zu haben ;
dass man solchenmach ihm das Commando hierüber und alle Garni
sonen durch die ganze Lombardie überlassen, der Herr Feldmarschall
Graf von IJ a u n aber das über die Armee in Piemont führen und er,
Herr G. d. C. Marchese Visconti an diesen allein mit der siiten
Verständniss angewiesen sei, oder aber, dass man ihm nacher Hof zu
gehen erlaube und für seine Equipage die behörigen Posten im Mai-
ländisehen oder Mantuanischen assigoiren sollte.
Wann ich nun demselben daraufhin geantwortet, dass sein erster
Vorschlag sich nicht practiciren lasse, da derjenige General, so das
Commando über die Armada führt, auch absolut all' das Uebrige unter
seiner haben müsse, hingegen aber, dass ich über sein anderes Be-
gehren keine Difficultät findete, und dass solchemnach an Ein löbl.
Büttel zu Verfügung des Weiteren das Behörige rescribirt hätte, also
bewerke ich es auch hiemit und Ein löbl. Mittel wolle daraufhin das
Weitere unschwer verordnen.
Ferners berichtet mich des Herrn Prinzen von Württemberg
Liebden, dass sie auf Eines löbl. Mittels an sie gestellte Wahl sich
fertig hielten, zu der unter meinem Commando stehenden Armee sich
zu begeben und allein die positive Ordre erwarteten. Nachdem es aber
schon spät an der Zeit, ich mich auch dieser Tage zu moviren anfangen
werde, als ist es in allweg nöthig, dass man ersagter Seiner Liebden
den behörigen eigentlichen Befehl sogleich zuschicke.
Ueber dasjenige, was ich Einem löbl. Mittel aus Frankfurt wegen
eines gewissen sächsischen Prinzen von Ilperthausen (Hildburg-
hausenj, welcher bei mir als General-Wachtmeister zu dienen verlangt,
geschrieben und was ich demselben darauf geantwortet, beigerückt
habe, offerirt dieser, zu Ihre kaiserl. Majestät Dienst ein völliges
Dragoner-Regiment gratis und ohne Werbgeld zu stellen, worüber mir
derselbe beikomraende Conditiones eingereicht. Zum Fall man nun ein
dergleichen Regiment ohne geringste Unkosten haben wollte, so findete
ich, sein Offertum zu acceptiren. keinen anderen Anstand, als dass ad
131
punctum secundum man sich auf eine gewisse Zeit, dass das Keo-iment
stehen bleiben sollte, einzulassen hätte, nicht aber, dass man nach ihm
auf seine Prinzen Rücksicht und mithin den Terminum gar zu general
nehmen sollte, und vernehme ich dabei, als ob er mit dem Herrn
Bischöfen zu Wilrzburg auf das AVolfFskehlische Kegiment wirklich
tractiren sollte.
Ich remittire es solchemnach an Ein löbl. Mittel, auf dass es
darüber dasjenige vorkehren wolle, was man zu I. k. M. Dienst zu
sein belinden würde.
Einem löbl. Mittel lege auch hiebei, was der Herr Obrist Braun-
st o r f f in Ziffer an mich erlasöen, weilen ich diese aufzulösen, keinen
Schlüssel bei der hiesigen Kanzlei habe, ob mir schon nicht zweifelt,
Einem löbl. Mittel Averdc derselbe eben dasjenige, was er mir dadurch
berichten wollen, erinnert haben.
Schliesslichen kommen die kaiserlichen Regimenter allgemach alle
in der Nähe zusammen, also dass ich auch hoffe, mich um den 28.
dieses mit der Armee moviren zu können, wann wider Verhoffen von
denen churpfälzischen Truppen kein Hinderniss gemacht wird, da
mich persuadiro, es Avcrde des oberpfälzischen Restitutionswesens
halber die Sache bei Hof nunmehr richtig und alles adjustirt sein.
Womit etc.
P. S.
Ein löbl. Mittel wolle auch verordnen, dass die Commandirten
von Reising und Fels, item die zwei Compagnien von Pälffy und
Falkenstein nirgends aufgehalten, sondern gleich nachgeschickt werden.
83.
An den Ohurfürsten von der Pfalz. Ehrenbreitstein,
25. Juni 1708 M.
Nachdem mein Gestriges mit der ordinari Post schon abgelaufen
Avar, erhalte ich beiliegendes ^), durch einen eigenen Expressen von
») Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. VI. 6G.
2)' Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. ad 9 c.
Au camp de Torbart le ■2i Juiii 1708.
Monsieur,
Nous uous trouvons depuis trois semaiues daiis le meme cani}» de
part et d'autre, et je ne vois pas d'apparence ä moii regret de faire graiide
chosc ici sans quelque changement. Et comrae j'appreuds avec bien du
dephüsir, que nos affaires vout si lentement sur la Moselle, et que non-
obstaiit, que l'ennemi s'y trouve dejä avec un si grand corps d'arinee, Ton
9*
132
dem Duc de Marlborou^h au mich erlassenes Schreiben, dessen
Enthalt Euer Gnaden des Mehreren geben wird, wie des allgemeinen
Wesens Dienst, wann man anders die Campagne nicht fruchtlos
ablaufen lassen wolle, ohne weiteren Anstand erfordere, dass mich
auf das Allerschleuuigste mit der meinem Commando untergebenen
Armee trejren die Niederlande wende imd den Marsch dahinwärts ohne
weiteren Zeitverlust antrete, weilen an dem Alles gelegen, dass, was
man zu thun gedenke, beschehe und der Feind prävenirt werde ; mich
des weiteren auf dasjenige berufend, was der eigens an Euer Gnaden
von mir abschickende General-Adjutant von Hob endo rf müudUch
des Weiteren beibringen wird.
Wie ich nun hiernüchst aus Wien von dem Herrn Grafen von
W r a t i s l a w positiv die Xachricht erhalten, dass es mit dem ober-
pfälzischen Restitutionswesen seine vollkommene Richtigkeit habe und
mit nächsten die weiteren Notificationes darüber folgen sollten, als hoffe
umsomehr. Euer Gnaden werden in allweg geneigt sein, nicht nur die
so oft gebetene endliche Ordre an Dero Truppen ergehen zu lassen,
dass sie sich nunmehr mit der Armee wirklich conjungiren, sondern
annebst auf obgedachtem Marsch allem dem sich ohne einigen Anstand
unterziehen sollen, was zu des allgemeinen Wesens Bestem am nütz-
u'a pas eucore regle de uotre cnte le fouruisseraent de rartillerie, des
munitions de guerre, iii des chevaux, outre que Ton est encore dans Tiucei-
titudc, si Ics troupes palatines arriveront, tellemeut qu'il me semble qu'on
ne puisse encore faire beaucoup de fonds sur la dite Operation, an moins
devra-t-elle commencer fort tard, aiusi qn'on n'en pourra pas tirer grand
fruit. Tont ceci me fait souger que, si Votre Altesse ue voit pas jour de
pousser incessament Ses desseins sur la Moselle, s'il ne serait pas plus utile
pour la cause commune, qu'Elle fit uue marche subite avec toutes les troupes
de ce cöte-ci, avancant avec tonte la diligence possible avec la cavalerie,
pendant que linfanterie suivrait de meme, esperant que, si nons pouvons
prevenir les ennemis et les surprendre de gagner nne bataille, ((ui deci-
derait peut-<'tre la campagne. Si Votre Altesse goüte ces sentiments, je la
pric de se mettrt; \e plutöt possible en marche, et d'eu faire part en ce
cas k Son Altesse Elcctorale d'Haifnovre, en lui communicant cette lettre,
ne m'ctant cominuni<[ue ä änn; vivante sur ce sujet. Surtout je lui recommande
en ce cas de mc faire avoir au plutöt de ses nouvelles par expres, afiii que
j'y puisse prcndre mes mesures, le tout dependant de la promptitude et du
secret. Je suis avec unc; passion et respect des plus sinceres, Monsieur de
A^otrc Altesse, Ic tres-lunnblc et tres-obeissant servitcur.
T.e Pr. et Duc de Marleborough.
J'etaiö resolu do faire partir le Gen<;ral-Major Cadogan pour s'y aboucher
avec V. A. et lui expliquer plus amplement mes pensees, inais Ic danger
des chemins m'a rebute aussi, le courrior j'fiu'ra faire plus da diligence.
133
liebsten zu sein, würde befunden werden, auf dass man in der vor-
babenden Operation nicbt geliemmt, sondern vielmebr der allgemeinen
liündniss ein Kennzeicben Dero zu des publici Nutzen tragenden
uuvorgreiflicben Eifers an Tag gegeben würde, Euer Gnaden dessen
übrigens versichernd, dass ich meinesorts dagegen solche Sorge tragen
werde, auf dass ersagte Dero löbl. Truppen mit Proviant und Fourage
der Nothdurft nach versehen sein und daran keinen Mangel zu leiden
haben mögen. Womit etc.
P. S.
Auch, Euer Gnaden, als Dieses schon geschlossen war, erhalte
ich durch die gleich jetzo angelangte Wiener Post von dem Herrn
Grafen von Wratislaw die weitere Nachricht, dass den abgewiche-
nen Mittwoch oder Donnerstag, d. i. den 2. oder 3. dieses, der actus
investiturae wirklich habe vor sich gehen sollen, also dass ich hoffe,
es werde an Euer Gnaden bereits ein Courier dessentwegen unterwegs
sein, mit dem auch das Restitutionswesen dermaleins seine vollkommene
Richtigkeit vmd mithin auch Euer Gnaden Ihre Intention assequirt
haben.
P. S. 26. Juni 1708.
Auch, Euer Gnaden, da der Herr General-Adjutant von Hohen-
d o r f in procinctu war, an Euer Gnaden abzugehen, behcändige ich
Dero »Schätzbares vom 24. dieses und sage Deroselben daraufhin den
gehorsamsten Dank, dass Sie des weiteren Marsches halber an den
Herrn Feldmarschall Grafen von Nassau die behörige (Jrdre erlassen,
Avelche bei der in meinem Schreiben Euer Gnaden erinnerten Be-
schaffenheit eben ä propos eingelaufen und ersagtera Herrn Feld-
marschall, den heute hier erwarte, behändigt werden wird.
Was die Subsistenz belangt, versichere Euer Gnaden hiemit
nochmalen, dass ich darum all' erdenkliche Sorge haben werde, damit
Dero löbl. Truppen hierin nicht zu leiden haljen. Was mir aber Euer
Gnaden hiernäehst wegen des Agio anziehen, habe ich, die AVahrheit
zu bekennen, bei denen kaiserlichen Truppen nicht einmal darauf ge-
dacht gehabt ; dann ich supponire, dass es gar eine geringe und schlechte
Differenz sein dürfte, nichtsdestoweniger aber, wann man einmal in
loco sein wird, will ich nicht ermangeln, mit dem Herrn Grafen von
Nassau davon zu reden und meinesorts, insoweit ich vermögend
bin, mich dessenthalbeu bei denen See-Potenzen gar gern eniployireu
lassen.
134
84.
An den Erbprinzen Friedrich von Hessen. Ehrenbreitstein,
25. Juni 1708 ').
Ich berufe mich zwar vollkoinmon auf dasjeniö^e Schreiben, was
Euer Liebden durch den Herrn Grafen von K echteren von dem
Due de ]\Ia r Iborou g^h behändig't werden wird. Ich habe aber niclits-
de.stoweniger Euer Liebden auch meiuesorts von dem vorhabenden
Marsch hiemit parte geben wollen, nicht zweifelnd, dass Si» dazu so-
gleich solche üispositiones vorkehren werden, damit die löblichen
Dero Commando unterstehenden Truppen auf den 27. dieses, gleich
ich zu GcAA'innung der Zeit allbereits an den Herrn General Spiegel
darüber das Behörige erinnert habe, den Marsch ohne weiteren An-
stand antreten und von diesem Dato an auf 7 Tage, und zwar bis
den 4. .Tiüi inclusive mit Brod und Haber versehen sein, einfolglicli
A'orräthig mit sich nehmen sollen.
Euer Liebden dienet hiernächst zur Nachricht, dass ich unter
einsten anbefehle, dass die kaiserlichen 4 Bataillone und die in kaiser-
lichen Sold stehenden würzburgischen Regimenter sich mit der kaiser-
lichen Cavallerie conjungiren und des Herrn General-Feldmarschall-
Lieutenant Grafen von Fels Commando unterstehen, die chursächsischen
Truppen aber, der ihnen bereits vorhin gegebenen Anweisung nach, des
Herrn Generals Spiegel Commando weiters angewiesen, folglich unter
Euer Liebden Befehl fernershin verbleiben sollen. Der ich übrigens
verbleibe etc.
85.
An den Landgrafen vonHessen.Ehrenbreitstein,25 Juni 1708').
Euer Liebden sage hiemit den schuldigsten Dank, dass Sie über
mein unterm 18. dieses an Dieselbe erlassenes Schreiben mir unterm
2L detto die beliebige Nachricht ertheilen wollen, weichergestalten
Sie wegen Passirung der kaiserlichen Cavallerie-Regimenter zu Rhein-
fels an Dero dortigen Commandanten, den Herrn General-Major von
Werschur die behörige Ordre hätten ergehen lassen, und was hier-
nächst die Ursache gewesen, warum ersagtem Gouverneur die nicht
gleich gestattete Passage zu verdenken sei, da an Dieselbe die ge-
ring.ste Recjuisition nicht abgangen wäre. Nun tliue ich zwar Euer Lieb-
») Kriegs-A., Niederlande 1708: Faso. VI. 67.
*j Kriecrs-A.. Niederlande 170«; Fase. VI. 68.
135
den lioliem Wort den schuldigen Glauben Leimessen ; ich kann aber
mich dabei gleichwohl nicht genug verwundern, dass an Dieselbe die
behörigen Requisitoriales dieses vorgewesten Durchmarsches halber
nicht sollten abgeloffen sein, da doch mich zu wenigsten versichern
kann, dass dessentwegen das Behörige zu expediren, gleich es an andere
Herren Chur- und Fürsten, auch Stände des Reiches beschehen, anbe-
fohlen war. Dem sei aber, wie ihm wolle, so bin Euer Liebden unend-
lich verbunden, dass Dieselbe über mein gethanes schuldiges Ersuchen
gedachtermassen durch eigene StafFetta wiederholten Dero Gouverneur
zu Rheinfels den Eventual-Befehl ertheilt haben, den kaiserlichen
Regimentern und Truppen den Uebergang zu Rheinfels zu gestatten.
Euer Liebden versichernd, dass die passirenden Regimenter nicht nur
wegen Observirung scharfer Disciplin, ganz nachdrückliche Ordre
haben, sondern auch befehlt sind, sich jenseits in nichts aufzuhalten,
sondern ihren Marsch ohne weitere Verweilung nach dem Lager fort-
zusetzen.
Euer Liebden werden sonsten das Behörige aus dem Anschluss ')
zu ersehen haben, was für einen unverzüglichen Marsch vorzunehmen,
zu des publici Besten für gut befunden worden sei, und nachdem ich
hierauf einesorts nicht gern das geringste Stocken verursachen wollte,
womit das allgemeine Interesse gehemmt, oder aber die vorhabenden
Operationes gehindert werden und mithin gegenwärtige Campagne
fruchtlos ablaufen möchte, da an dem allein Alles gelegen, dass gleich
beschehe, was man zu thun Vorhabens ist und mithin der Feind prä-
venirt werde; so ermangle ich nicht, hiezu auch sogleich die Dis-
position zu machen und hiernächst ein solches Mittel vor die Hand
zu nehmen, womit des Herrn Erbprinzens Liebden des Commando
halber allerdings zufrieden sein sollen; habe also meiner Schuldigkeit
zu sein erachtet. Euer Liebden wie hiemit beschieht, davon parte zu
geben, Dero ich hiernächst auch unverhalte, Avasmassen Ihro kaiserl.
Majestät mir allergnädigst anbefohlen. Euer Liebden in Ihrem Namen
für Dero zu des publici Bestem in allen Occasionen bishero erzeigten
Willfährigkeit und zu dessen Aufnehm- und Beförderung allstets er-
weisenden ruhmwürdigen Eifer ein allergnädigstes Compliment zu
machen, so ich dann zu allerunterthänigster Folge hiemit bewerke
und hiernächst auch meinerseits Euer Liebden den gehorsamsten
Dank ablege und verbleibe etc.
') Siehe Anmerkung za Nr. 83 des Supiilement-Heftes. Seite 131.
136
86.
An den Churfürsten von Mainz. Ehrenbreitstein, 26. Juni 1708 ^ ).
Nachdem zu des allji;enieinen Wesens Bestem zu seiu befunden
und auch sonst für nüthig erachtet worden, wann man aus dieser
Campagne was Nützliches operiren wolle, dass ich mich mit der unter
meinem Commando stehenden Armee nach den Niedei'landen verfügen
und mit des Due de Marlborongh Liebden conjungiren solle, um durch
solchergestalt vereinigte und verstärkte Kräfte in den Kriegs-Üperationen
desto besser vor sich gehen zu können ; so habe ich meiner Schuldig-
keit zu sein erachtet. Euer Gnaden Liebden bievon die gehorsame
Notification zu thun und annebens auch zu berichten, dass der Herr
Churfürst zu Pfalz durch eigene StafFetta unterm 24. dieses erinnert,
dass ungeachtet er den erwarteten Courier von Wien noch nicht
erhalten und dabei scheinen wolle, dass das Restitutions-Geschäft mit
der bisher verspürten Langsamkeit tractirt werde; so hätte er nichts-
destoweniger in fester Hoffnung, dass doch ersagter Courier nicht lang
mehr ausbleiben könne, dem Feldmarschall Grafen von Nassau des
weiteren Marsches halber solche Ordre ertheilt, womit ich vergnügt
sein werde ; hat aber dabei expresse begehrt, dass seine Truppen Brod
und Fourage, auch das Agio und Verlust an Geld ersetzt werde, wenn
sie weiters raarschiren sollten.
Ich habe zwar demselben hierüber gemeldet, dass des Brodes
halber ich Sorge tragen werde, wegen des Agio aber hatte ich, die
Wahrheit zu bekennen, bei den kaiserlichen Truppen nicht einmal
darauf gedacht gehabt, wollte mich aber, wenn man einmal in loco
sein werde, dessenthalben bei den See-Potenzen, insoweit ich ver-
mögend wäre, gar gerne employiren lassen, mit welcher Antwort ich den
Herrn General- Adjutanten von Höhende rf an hochbesagten Herrn
Churfürsten abgeschickt habe, und steht nun dahin, ob er damit zu-
frieden sein werde. Womit etc.
P. S. 27. Juni 1708.
Auch etc. Nachdem mein Gegenwärtiges schon geschlossen war,
erhalte Euer Gnaden Liebden hochschätzbare Zeilen vom 27. dato
und bedanke mich gegen Dieselbe gehorsamst für die darin gegebene
Nachricht über die Ankunft des erinnerten churpfälzischen Kammer-
Couriers, wovon ich auch vorher von anderwärts schon Nachricht
gehabt hatte, dass es mit dem actu investiturae über das adjustirte
pfälzische Kestitutionswesen schon geschehen und mithin seine Richtig-
keit habe. Womit etc.
') H. H. 11, St. A. Maiu/(-r Arfliiv, Alitlifilmi^'' Milltaria, Fase. 40.
137
87.
An den Erbprinzen Friedrich von Hessen. Ehrenbreitstein,
27. Juni 1708 'l.
Euer Liebden erinnere ich liiemit, wasmassen es bei demjenigen
sein unveränderliches Verbleiben habe, was üeroselben der Herr
Graf von Rechteren mündlich beigebracht hat, und weilen solchem-
nach der Marsch den 29. dieses seinen unfehlbaren Fortgang hat, so
wäre zwar gut, wann Euer Liebden sich selbsten bei Deren Truppen
einfinden könnten. Da Sie sich aber sogleich niciit daiiin begebeten,
so ersuche ich Euer Liebden, dem Herrn General Spiegel darüber
die positive Ordre zu ertheilen und anbei nochmalen zu befehlen, dass
nicht nur bis den 4. Juli inclusive die Truppen sich mit Brod und,
wann es vonnöthen, auch mit hartem Futter versehen sollen, sondern
dass sie noch um einen Tag mehrers und mithin auch auf den 5.
gewiss, und wann es möglich wäre, auch auf den 6. detto Brod mit-
nehmen möchten.
Der Marsch geht solchemnach gegen die Brücke zu Alken, welche
die Truppen allda passiren, weilen ich aber um besserer Commodität
willen die Armee in 3 Corpi zertheile, so dienet Euer Liebden zur
Nachricht, dass der Herr General-FML. Graf von Fels, welcher um
anderthalb Stunden besser hieherwärts campirt, mit der kaiserlichen
Oavallerie und Infanterie ein (Jorpo ausmachen und vor Euer Liebden
die Brücke zu gedachtem Alken passiren und im Lagern jedesmal
observiren wird, dass er nach Beschaffenheit des Terrains oder eine
Viertel-, oder eine halbe, oder auch eine Stunde weit von Euer Liebden
campire.
Das andere Corpo formiren Euer Liebden mit Dero Herrn Vaters
Liebden unterhabenden löbl. Truppen, item denen sächsischen, welche
bekanntermassen ohnedem schon des Herrn Generals Spiegel Com-
mando angewiesen worden, in welcher Ordnung sie dann Ihren Zug eben-
massig gegen wiederholte Brücke fortsetzen, dieselbe passiren und im
Campiren dasjenige beobachten lassen, was ich vom Herrn General
Fels gleich hievor gemeldet habe.
Und damit aber Euer Liebden vollkommen Wissenschaft haben,
wie nach Passirung der Mosel der Zug ferners fortzusetzen sei, so
schicke ich mit der concertirten Route den englischen Capitain Arm-
strong dahin, und weilen dieser des Landes kundig, so wird er nach
jetztgemeldeter Route die weitere Anleitung des Marsches geben. Es ist
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 80.
138
liiebei die Intention, dass den 2. Juli die (.'avallerie ^egen Düren an-
langen und den 3, allda einen Rasttag machen solle.
Die Infouterie aber hat den 4. zu gedachtem Düren einzutreffen
und den 5. zu rasten. Ich aht-r i'iir meine Person hoffe auf das Späteste
zu Rlieinbach bei denen hibh Truppen zu sein.
Welches dann xVlles ist, was ich P]uer Liebden zu Antretung
dieses Marsches zu erinnern gehabt habe, worüber mir allein übrig
ist, Dieselbe zu ersuchen, dass, gleichwie Sie wissen, durch was für
Landen man zu mar.schiren habe, Sie solchemnach über die Her-
stellung guter ^lannszucht und genauer Kriegsdisciplin eine solche
scharfe Ordre ergehen lassen wollen, dass hiebei alle Ordnung gehalten
keine Excesse begangen, die Unterthanen mit Plündern, Erpressung
und in anderem Weg nicht beschwert, einfolglich zu Klagen keine
Ursache gegeben werde. Womit etc.
88.
Bericht an den König" von Spanien. Ehrenbreitstein,
28. Juni 1708 0-
Euer königl. Majestät unterm 4. dieses an mich erlassenes aller-
gnädigstes Schreiben habe ich zwar in aller Unterthänigkeit wohl
behändigt und daraus allergehorsamst ersehen, dass Sie einige meiner
an Sie erlasseneu allerunterthänigsten Schreiben zwar erhalten, das-
jenige aber, so ich an E. königl. jM. aus dem Haag und darauf nach
meiner Zurückkuuft aus Wien allergehorsamst relationirt, damalen
noch nicht empfangen hätteu, so ich umsomehr bedauere, als Sie
daraus von meiner obgehabten Verrichtung und dem, was resolvirt
worden ist, die vollkommene Nachricht gehabt hätten. Ich lebe aber
der alleiointerthänigsten Hoffnung, dass Ihro diese Schreiben inzwischen
wohl werden eingeloffen sein.
E. königl. M. sage den allergehorsamsten Dank, dass Sie alier-
gnädigst zu begreifen geruht haben, dass mich allein andere wichtige
Ursachen und zuvörderst Ihro kaiserl. Majestät Allerhöchster Dienst abge-
halten, die erwünschte Gnade zugeniessen, mich persönlich zuE. königl. AI.
Füssen in aller Unterthänigkeit werfen zu können, Dieselben ver-
sichernd, dass mir nichts mehrers zu Gemtith geht, als dass ich andurch
der Gelegenheit mich beraubt sehe, in E. königl. M. Angesicht und unter
Dero Allerhöchsten Befehl meinen letzten Blutstropfen Dero Diensten
darzugeben, und ob ich zwar diese Glückseligkeit nicht geniessen
kann, so bitte ich doch E. königl. M. allerunterthänigst, dass Sie sich aller-
') Kriegs-A , Spanieu ITOH: Fase. VI 45.
139
gnädigst persnadirt lullten wollten, dass, wie es meine alleruntertbä-
nigste Schuldigkeit erfordert, also auch hiesiger Enden, wo sich die
beste Occasion dazu ergibt, zu Beförderung Dero Interesse und
Angelegenheiten das Aeusserste anwenden und Alles, was nur innner
von mir dependirt, daranstrecken werde.
Wie die mir eingeloffenen Nachrichten geben, so solle die A'er-
einigte Flotta an denen genuesischen Küsten angelangt sein, und ist
nur dabei zu wünschen, dass nebst Ihro Majestät der Königin auch
so viel Schiffe vorhanden sein möchten, womit unter einsten nebst dem
Hei'beville'schen Regiment und der churpfälzischen Cavallerie, auch
die beiden Guido Starhemberg'- und (Jsnabrück'schen Regimenter auf
einmal eingeschifft und übergeführt werden können.
Was aber E. königl. M. wegen eines mehreren Succurses von
8000 Mann kaiserlicher, mailändischer und neapolitanischer Truppen
melden, wird es, soviel die Kaiserlichen anbelangt, sehr schwer sein; dann
wann E. königl. M. allergnädigst zu consideriren geruhen wollen, wie
Ihro kaiserl. Majestät im Römischen Reich, Italien, Neapoli, Ungarn
und Siebenbürgen eine grosse Anzahl Truppen unterhalten müssen, so
werden Sie mir allergnädigst erlauben, Deroselben in aller Unterthä-
nigkeit zu sagen, dass Ihro kaiserl. Majestät mit Hineinschickuug Dero
eigenen Truppen bereits Alles gethan, was mit völliger Eutblössung
Dero eigenen Erblandeu hat geschehen können und Ihro immer möglich
gewesen, also dass Sie eine mehrere Anzahl Truppen schwerlich hinüber-
senden können, solange als man nicht neue Regimenter zu werben,
die Gelegenheit haben werde *, wann aber das allergnädigst bewusste
Dissegno vor sich gehen sollte, muss man wohl sehen, E. königl. M.
Armee solchergestalt zu reformiren, damit auch diese in der Zeit offensive
agiren könne ; worüber Sie gleichfalls aus meiner wiederholt oben
angezogenen allerunterthänigsten Relation das Mehrere allergnädigst
ersehen haben werden. Und weilen ich aber anjetzo, wie ich hiernach
mit Mehreren! allergehorsamst melden werde, die Gelegenheit habe,
mit dem Duc de Marlborough zusammen zu kommen, so können
E. königl. M. allergnädigst versichert sein, dass ich dieses Dessein zu
foraentiren in keinem Weg nicht unterlassen, auch mit denen See-
Potenzen Alles, was zu Dero Dienst sein wird, concertiren werde ;
erwarte also von Deroselben den allergnädigsten Befehl, wann Sie mir
auch in anderen Fällen oder Angelegenheiten was zu committiren
allergnädigst belieben würden.
Der von Stanhope wird E. königl. M. alleruuterthänigst beige-
bracht oder aber Dieselbe von dem Grafen von G a 1 1 a s allergnädigst ver-
nommen haben, was wegen Beibleibung der Flotte oder einer genug-
140
sameii Eseadre in dem Mediterraneo im Haa<^ resolvirt worden sei.
Man liat mir solehemnach von Seiten England versprochen und ich
will auch nicht zweifeln, dass sie ihrer Parola stehen werden ; nichts-
destoweniger ab(M- Lei vorgenielter jetziger Gelegenheit will ich anch
über diese Nothwendigkeit das Behörige weiter zu urgiron, mir be-
sonders angelegen sein lassen. Inzwischen aber, was Savoyen und
Sicilien belangt, hat wiederholte Flotta positive Ordre, E. königl. M.
allergnädigsten diesfallsigen Befehl absolute nachzukommen.
Die Ersparnuss von der bei der Schlacht zu Almansa todt oder ge-
fangen wordenen Mannschaft zu dem Krieg in Catalonien zu employiren,
ist gleichfalls von den Holländern angeordnet und befohlen worden,
und werde E. königl. M. bei Zurück (Zurückkunft) des nach England
und Holland abgeschickten Couriers ein Mehreies in aller Unter-
thänigkeit berichten, nicht zweifelnd, dass dieser die Confirmation über
all' dasjenige mitbringen werde, was man mir in meiner Anwesenheit
im Haag versprochen und versichert hat.
Uebrigens bin ich dahier dieser Tage angelangt, und da nun
die Truppen bereits beisammen, so machte ich auch meine Disposition,
mich zu moviren, nachdem die Difficultät wegen der oberpfälzischen
Restitution, warum der Herr Churfürst seine zu meiner Armee desti-
nirten Truppen eheuder nicht marschiren lassen wollte, gehoben
worden. In eben dem Moment aber, da ich in dieser Verfügung be-
griffen war, erhalte ich beigehendes von dem Duc de Mar Ib or ough
an mich abgelassene Schreiben*), und weilen ich bei dieser Beschaffen-
heit nicht gern auf mich nehmen wollte, wann gegenwärtige Campagne
fruchtlos ablaufen sollte, dass man mir etwo eine Schuld beimessen
möchte, dass ich auf beschehene Requisition nicht sogleich den Marsch
hinunter angetreten und mithin Zeit und Gelegenheit, wo etwo dem
Feind durch die vereinigten und verstärkten Kräfte ein Streich anzu-
bringen gewesen wäre, versäumt hätte; so gedenke ich morgen, geliebts
(Jütt, den Marsch hinunter anzutreten und werde nicht ermangeln,
E. königl. M. von Zeit zu Zeit den allerunterthänigsten Bericht einzu-
schicken, was sich in Einem und Anderem zutragen und wie man
nach Zeit und Gelegenheit operiren werde.
Man hat zwar noch in meiner Anwesenlu^it zu Wien resolvirt
gehabt, wann es an mich begehrt werden würde, dass mich hinunter
verfügen sollte, nachdem es aber nichts so Positives, noch Gewisses
gewesen war, so habe auch K. königl. M. davon ehender nichts aller-
gehorsamst berichten können.
*J Siehe Anmerkung zu Nr 83 des Su])plenieiit Heftes, Seite 131.
141
89.
An den Churfürsten von Hannover. Ehrenbreitstein,
28. Juni 1708').
Es haben zwar vor wenig Tagen des Diic de M ar 1 bor o iigh
Liebden mir durch Schrcil)en zu verstehen gegeben, dass sie derniaUni
in denen Niederlanden wenig oder gar nichts thun könnten, mithin
zu sehen wäre, ob man hier an der Mosel eine rechtschaffene (Operation
zu unternehmen vermöchte, oder ob nicht etwa conjunctis viribus
allda in denen Niederlanden mit mehrerer Avantage zu operiren sei.
Und obschon Dieselbe mir hievon nur generaliter was gemeldet
und auf nichts Positives angetragen haben, so empfange ich doch durch
eigenen Courier diesen Augenblick beigebendes an mich erlassenes
Schreiben ^), aus welchem Euer Gnaden zu ersehen belieben werden,
Avie nachdrücklich mich Seine Liebden pressiren, dass ich mich mit
aller Behendigkeit mit gedachter Armee in die Niederlande begeben
und mit Ihro conjungiren sollte.
Wann ich nun betrachte, wie langsam es dahier mit Einem und
Anderem zugehet und wie weit es sich mit der Artillerie sowohl, als
der Bespannung hinausziehe, und dass ich absonderlich keine Operation
unternehmen kann, bis mir nicht mehrgedachtes Duc de Marlborough
Liebden die Euer Gnaden bekanntermassen zu der meinem Com-
mando untergebenen Armee nach genommenem Concert von unten
herauf destinirto Anzahl Volks überschicket, der Feind hingegen an-
durch Zeit und Gelegenheit gewinnt, aller Orten seine Präcautiones
zu nehmen ; so ergibt sich von selbsten, dass dahier, nachdem mehr-
wiederholtes Duc de Marlborough Liebden bei der erinnerten
Beschaffenheit in der Situation, als sie sich befinden, nichts oder wenig
unternehmen könnten, nicht viel zu operiren sein werde. Und weil
ich aber auch nicht gern auf mich nehmen wollte, wann gegenwärtige
Campagne fruchtlos ablaufen sollte, dass man mir etwo eine Schuld
beimessen möchte, dass ich auf beschehene Requisition nicht sogleich
den Marsch hinunter angetreten und mithin Zeit und Gelegenheit, wo
etwo dem Feind durch die vereinigten und verstärkten Kräfte ein
Streich anzubringen gewesen wäre, versäumt hätte; so habe ich nicht
wohl anders thun können, als mich zu diesem Ende alsogleich in's
Mouvement zu setzen, wovon dann Euer Gnaden hiemit gehorsamst
Nachricht erstatte und anbei bedauere, dass die Wichtigkeit dieses
]\larsches mich so eilfertig von hier abfordere, wodurch mir die
») Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. ad <,tl..
-) Siehe Anmerkung zu Nr. 83 des Supplemeut-Heftes, Seite 1.31.
142
Gelegenheit entgeht, mit Euer Gnaden vorher noch Ein- und Anderes
concertiren zu können. Ich hoffe aber dabei, dass sothaner mein
Hinabmarsch dem Feind eine solche Diversion machen werde, wo-
durch er obligirt sein werde, ein grosses Detachement nachzuschicken;
also dass Euer Gnaden auch andurch umsomehr Gelegenheit zu
operiren, überkommen werden, inmassen man vermittelst einer starken
Diversion öfters Mehreres hat unternehmen und gegen den Feind
auswirken können, als wann mehrere Truppen und hiernächst von
anderen Seiten keine Diversion gehabt hat.
90.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Wien, 28. Juni 1708 ').
Aus meines Herrn General- Wachtmeisters und Obrist-Kriegs-Com-
missärs unterm 13. dieses an mich erlassenem Schreiben habe mit so
mehrerer Verwunderung ersehen müssen, dass sich der Baron Gamba
bei der ersteren rata seines Anticipations-Cimtracts per 80.000 Doppieu
an denen zu '\^^ien auf die geheimen Ausgaben noch vorlängst vorge-
schossenen 17.000 Doppien zahlhaft gemacht habe, als weder in dem
Contract, noch sonsten hievon jemalen was gemeldet worden ist; mich
auch" dabei nicht wenig befremdet, dass es mein Herr General-Wacht-
meister und Obrist-Kriegs-Commisöär zugelassen habe, da doch Dem-
selben nicht unbekannt ist, dass man diese kostbare Anticipation
nicht zur Bezahlung ermelter und alter Schulden, sondern zur Ab-
helfung der von dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
Commissär selbsten so hoch angezogenen Noth und Bestreitung der auf
gegenwärtigen Feldzug erforderlichen Nothwendigkeiten, zuvördcrist
auch zu Contontirung der im Mantuanischen gelegenen Regimenter
vermeint und gemacht hat. AVas ich also Demselben darüber sagen
muss , das ist , dass ich von diesem Gambaischen Abzug per
17.000 Doppien weder wissen, noch hören will, so ich nicht weniger
auf das anbegehrte Interesse dieser Summa gleichfalls verstanden
haben will, indem ich es bei der darinnigen Beschaffenheit, wo man
ohnedem voller Schulden und noch dazu in grossem Vorschuss steckt,
nicht zu verantworten Avüsste.
Die specificirte Verwendung der Rascoirischen Anticijiation lasse
ich zwar an sein Ort gestellt sein, und weilen ich aber darinnen
ersehe, dass unter Anderem auch der Giuseppe Brentano, item der
Messner contentirt und nicht weniger denen mantuanischen Regi-
') Knctrs-A , Italien 1708; Fase. VI. 30.
143
meutern eine ziemliche Summa abo^eftihrt worden, so wird man mit
der contribuzione diaria umso leichter zureichen können, sodann aber
gedachte Regimenter anjetzo fast bezahlt sein.
Wegen der allen Brod-Impresarien machenden Differenz des
Transports halber, muss meinem Herrn General -Wachtmeister und
Obrist-Kriegs-Commissär durch des Herrn General-Kriegs-Commissarii
Excellenz die Determination inzwischen schon zukommen sein, und
wenn es auch nicht wäre, so determinirt es siöli von gelbsten und
bleibt solchemnach dabei, dass sie bis am Fuss vom Berg das Brod
zu liefern schuldig gewesen, also dass mit ihnen, Impresarien, nicht
viel zu processiren oder hierauf Antwort zu geben ist, sondern man
solle sie mit Kurzem abweisen und weiters kein Gehör geben.
Sonsten ist mir lieb, zu vernehmen gewesen, dass, nach Vermelden
des Intendente generale Fontana, den heurigen Transport durch
die Tragthiere Seine königl. Hoheit bestreiten werden. Ist dahero
schon recht, dass man mit dem Intendente die Sachen einrichte, der-
gestalt jedoch, dass man sich der Unkosten halber in nichts einlasse.
Betreffend im Uebrigen die Verpflegung a prima Maji beider
nach Spanien destinirten Guido Starhemberg- und Üsnabrückschen
Regimenter, nachdem der See-Potenzen Gesandte auf das Herbeville'sche
Regiment und die Reventlau'sche Mannschaft bereits etwas gezahlt
gehabt, so wäre nicht nachzulassen, sondern bei der gleichwohlen
erhaltenen Aveitläuiigeu Hoffnung immer darauf zu dringen, auf dass
sie auch dieser Verpflegung vom obigen Dato übernehmen möchten.
Wobei meinem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-Com-
missär unerinnert nicht lassen kann, dass bei Einschiffung obgemelter
Regimenter man dieselben auf das Genaueste mustern, Kopf für Kopf
annotiren und mir die Tabellen davon zusenden solle, auf dass ich
das von denen See-Potenzen dagegen zu bezahlen verwilligte Geld-
quantum umso genauer begehren und man hierinfalls mit aller Rich-
tigkeit vor sich gehen könne. Womit etc.
91.
An den Hofkriegsrath. Ehrenbreitstein, 28. Juni 1708'».
Was der Herr Feldmarschall Graf Guido von S t a r h c m borg
unterm 29. passato an mich erlassen, das zeigt der Original-Anschluss ^)
des Mehreren, so ich an Ein lr>bl. Mittel zu dem Ende remittire, damit
«) Kriegs-A., Niederlaudu 1708: Fase. VI. 83.
■^) In den Feldacten uiclit eiitlialteu.
144
Dasselbe von dem, was er mir von dem Stand in Spanien beriehtct,
behörige Nachricht haben nnd auch sonsten darob sein möge, dass
derselbe, warum er sich sehr beklagt, gleichwohlen über Ein- und
Anderes benachrichtigt werden und anmit wissen könne, was in denen
spanischen Affairen zu Wien resolvirt und gehandelt worden sei.
Hiernächst schliesse auch Einem löbl. Mittel bei'), was der Obrist-
Wachtmeister Westermayer aus Erfurt unterm 18. dieses wegen
Verleihung der Obrist -"Wachtmeisters-Gage geschrieben und in tine
wegen Asseutirung der Leute zu denen zwei neuen, nach Erfurt auf-
werbenden Compagnien beigerückt hat; damit Ein löbl. Mittel in dem
Ersten auf den Supplicanten eine Retlexiou machen, im Anderen aber
die Sachen examiniren und sodann dasjenige verfügen wolle, was es
zu Kaisers Dienst befinden wird.
Uebrigens wird Ein löbl. Mittel aus meiner an Ihro kaiserl.
Majestät erlassenen allerunterthänigsten Relation mit Mehreren! ersehen,
aus was Ursachen ich bemüssigt worden sei, mich mit der meinem Com-
mando unterstehenden Armee nach denen Niederlanden zu wenden
und mit dem Duc de Marlborough zu conjungiren, wozu ich
dann morgen, geliebt's Gott, aufbreche und Einem löbl. Mittel dabei
unverhalte, dass ich währenden meinen Marsch, bis ich nicht gegen
Mastricht ankomme, nicht werde schreiben können, auf dass Ein
löbl. Mittel davon Wissenschaft habe und Demselben die Ursache
dessen nicht unbekannt sein möge. Womit etc.
P. S.
Auch etc. finde ich des Obrist -Wachtmeisters W e s t e r m a y e r
halber, dass man sein Begehren wegen der Gage dilatorie tractire.
92.
Bericht an den Kaiser. Ehrenbreitstein, 28. Juni 1708-».
Endlich hat mir der Herr Churfürst zu Pfalz durch eigene
StaflFetta unterm 24. dieses erinnert, dass ungeachtet er den erwarteten
Courier von Wien noch nicht erhalten, und dabei scheinen wolle, dass
das Restitutionsgeschäft mit der bishero verspürten Langsamkeit trac-
tirt werde, so hätte er nichtsdestoweniger in fester Hoffnung, dass doch
ersagter Courier nicht lange mehr ausbleiben könne, dem Feldmar-
schall Grafen von Nassau des weiteren Marsches halber solche
Ordre ertheilt, womit ich vergnügt sein werde. Nachdem er aber
') In deu Feldacteii blus ein Extratt vorhauden.
») Kriegs-A., Xiederlaiide 1708; FaKc, VI. 85.
145
dabei expresse begehrt, dtiss seinen Truppen uielit nur Brud und
Fourage, sondern aueh der Agio und Verlust an Geld ersetzt werde,
falls sie in die Niederlanden marschiren würden, so ist zu glauben,
dass aus dem Raisonniren und Argumentiren, so durch Briefe hin- und
hergeloffen, er einige Muthmassungen dieses Marsches halber genom-
men haben müsse ; ich habe aber darauf geantwortet, dass des Brodes
halber ich die behörige Sorge tragen wollte, von der Fourage hin-
gegen abstrahirt, inmassen sie dieselbe wie andere Truppen beschaffen
werden. Wegen des Agio replicirte ich, dass die Wahrheit zu bekennen,
bei Euer kaiserl. Majestät Truppen ich nicht einmal darauf gedacht
gehabt, weil ich supponirtc, dass es gar eine geringe und schlechte
Differenz sein dürfte ; gleichwohl aber, wann man einsmal in loco sein
Avürde, wollte ich nicht ermangeln, mit obgedachtem Feldmarschall
Grafen von Nassau zu reden und mich meinesorts, insoweit ich ver-
mögend wäre, dessenthalben bei denen See-Potenzen gar gerne
employiren lassen. Ich habe dabei für nöthig erachtet, den General-
Adjutanten von H o h e n d o r f an ihn, Herrn Churfürsten, mit dieser Ant-
wort eigens abzuschicken, und steht nun dahin, ob er darin also
zufrieden sein werde.
Das Reising'sche Regiment ist endlich gestern zu Rheinfels
passirt, und nachdem ich beiliegendes Schreiben*) von dem Duc de
Marlborough erhalten, so habe ich meine Dispositioues dahin ver-
fügt, dass morgen, geliebtes Gott, in 3 Corpi zertheilter meinen Marsch
gegen die Niederlanden wirklich antrete, wovon eines E. k. M.
Cavallerie und Infanterie, das änderte die sächsischen und hessischen
und das dritte die churpfälzischen Truppen formircn.
Dem Herrn Churfürsten zu Hannover gebe ich durch eigenen
Expressen hievon die Nachricht, gleich E. k. M. durch angehende
Copia*) allergnädigst zu ersehen geruhen werden, und simulire mich
darin, als ob von diesem vornehmenden Marsch niemaleu was Posi-
tives gewusst hätte, gleich des Duc de Marlborough's Schreiben
darnach eingerichtet ist, um ihm den Wahn und sich zu Klagen die
Gelegenheit zu nehmen, als ob man ihm was verhehlet hätte.
E. k. M. bitte ich hiernächst allergehorsamst, wann an Die-
selbe während diesen Marsch nicht so punctual als sonsten meine
allergehorsamsten Berichte einschicken könnte, dass Sie es mir in
keinen Ungnaden aufzunehmen geruhen möchten ; dann bis ich nicht
Mastricht erreicht, werde ich wegen Unsicherheit der Strassen keine
*) öiebe Anmerkung zu Nr. 83 des Supplement-Heftes, Seite 131.
2) Siehe Nr. 89 des Supplement-Heftes, Seite 141.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. 10
146
Briefe abschicken können. Ich hoffe also gegen den 8. Juli allda ein-
zutreffen und gedenke, soviel es die Sicherheit zulasset, mich voraus
zu dem Duc de Marlborough zu begeben und Ein- und Anderes
mit ihm zu concertireu.
Im Ucbrigeu hat der Feind ein Detachement nach Bliescastcl
gegen den Alsace (Elsass) abgeschickt und allda postiren lassen, mit
dem Ueberrest seiner Truppen aber steht derselbe annoch zu Öaarlouis.
Sousten sagen anbei auch die Kundschaften, dass gewester Churfürst
in Bayern für seine Person wiederum zurück nach dem oberen Rhein
abgangen sein soll.
93.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Ohne Datnm ').
Aus Euer Excellenz beliebten Zeilen vom 13. passato habe mit
Mehrerem ersehen, v^^asraassen Dieselbe nicht undienlich zu sein
o-lauben, wann Deroselben nebst dem aufhabenden Militär-Commando
auch die dermalige Administration des mailändischen Governo conferirt
werden möchte. Worüber ich dann E. E. nichts Anderes sagen kann,
dass ich dieses Governo selbsten nur per Interim verwalte und der
Meinung sei, dass solches vielleicht nicht gar lang dauern möchte, wo
zudem auch sonsten E. E. nicht unbekannt ist, dass die diesf^llige Dis-
position von Seiner kaiserl. und königl. Majestät zu Hispanien ledig-
lich dependiren thue.
Wann E. E. den Humor Seiner königl. Hoheit nicht schon
ehender mehr als Keiner kennete, so würde man auch unermangelt
haben, Dieselbe über Ein- und Anderes zu instruiren; gestalten aber
auch die Conjuncturen sich fast augenblicklich verändern und eine
derlei ertheilende Instruction niemalen positive, sondern nur in genera-
libus verfasst werden kann, so verlasst man sich auf E. E. Selbe
werden Dero beiwohnender bekannter Vernunft nach auch umsomehr
dasjenige zu observiren wissen, was zu Ihrer kaiserl. Majestät Dienst
und Beibehaltung erstbesagter Seiner königl. Hoheit gedeihen thut.
Sonsten hat es bei dem sein gutes Bewenden, dass E. E. Dero
Hei'rn Brüdern mit sich in die Lorabardie hinausnehmen. Belangend
aber den Herrn Obristen Hein dl, ist es weder mein Brauch, noch
Gewohnheit, bei eirier Promotion tapferer und guter Officiers zu ver-
gessen und durch Hervorziehung jüngerer diesen ein Unrecht zu thun.
Wann sich solchemnach er, Herr (Jbrist He in dl, durch seinen Agenten
•) Kriegs-A., Italifu 1708; Fase. VI. 3:i.
147
an gehöriger Ort und Enden würde haben angehen hissen, so würde
er sieh so sehr zu bekUxgen^ keine Ursache gehabt hal)en. Ich mues
also E. E. sagen, dass er mit Anderen in der Promotions-Lista
begriffen sei.
Von dem Missverständniss zwischen dem Herrn GWM. Batte
und Herrn Obrist Seidlitz habe nichts gewusst, und was aber den
Vorschlag mit der Auswechslung betreffen thut, dürfte derselbe Diffi-
cultäten haben und dahero schwer fallen. Inmassen aber E. E. ohne-
dem in die Lombardie gehen, so konnten Dieselbe belieben, zu sehen,
ob nicht ohne weiteren Bruit eine Auswechslung daselbsten getroffen
werden könnte; das Beste aber wäre, wann man die Sache im Guten
vergleichen könnte. v
Wann ich von der Recommandirung des Hauptmann D i e t r i c h
ehender was gewusst hätte, so würde ich wohl gesehen haben, ob mög-
lich gewesen wäre, demselben zu helfen; für jetzo aber ist nichts
vacant und die Zahl der General-Adjutanten ohnedem ziemlich gross.
Wann ich demselben aber künftighin was werde dienen können, so
werde es zu thun unermangeln.
Zu Eliberirung der Principessa deUa Ricita Ehegemahlen
ist vor dem Frieden schlechte Apparenz, wann nicht Ihre königl.
Majestät einen Anderen von denen neapolitanischen Gefangenen für
ihn geben möchte.
Uebrigens hat man von dem Aufstand in Palermo auch dahier
einige Nachricht gehabt, und ob man schon hierüber die Con&mation
dessen noch hat, so beschieht doch gar wohl an dem, dass auf den erfor-
dernden Fall, diesen Leuten die hilflichen Hände zu bieten, all' gute
Veranstaltungen gemacht werden.
94.
Bericht an den Kaiser. Ehrenbreitstein, 1. Juli 1708*).
Ueber meine jüngste allergehorsamste Erinnerung habe mich bis
anheute noch dahier aufgehalten, weilen ich in Einem und Anderen zu
disponiren gehabt habe, da indessen allerunterthänigst berichteter-
massen die Armee in drei Corpi den Marsch gegen die Niederlanden
den 29. passato wii'klich angetreten hat, und zwar nachdem die Chur-
pfälzischen den 28. die Mosel-Brücke zu Coblenz passirt und sich
gleich an derselben jenseits gelagert haben, sie andern Tags darauf
den Zug gegen Andernach und so fort nach Sinzig fortgesetzt, die
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 1.
10*
148
beiden unter Dero General-FjNLL. Grafen von Fels und dem Erb-
prinzen von Hessen stellenden Corps aber eben diesen Tag gegen
die Mosel herab nacher Alken sich gezogen. Das erste Corps ist zwar
jedoch erst gegen den Aliend völlig passirt, die Bagage aber vregen
der vielen Defileen und üblen AVegc jenseits geblieben, also dass
ersagter General von Fels bemüssigt gewesen, gestern einen Rasttag
zu nehmen, welches dann eine gleichmässige Ursache war, dass der
Erbprinz von Hessen eben erst gestern hat passiren und auf die
andere Seite kommen können, unwissend, ob die Bagage schon völlig
passirt sei, so verhindert, ob ich schon geglaubt, es würden die Truppen
zeitlicher zu j\Iastricht eintreffen können, dass die Cavallerie vor dem
6. oder 7., die Infanterie aber erst den 8. oder 9. dieses werde an-
langen können. Und weilen mich der Duc de M a r 1 b o r o u g h aber
aufs Neue pressirt, dass wenigstens mit der Cavallerie schleunig vor-
auskommen möchte, und mir zu dem Ende gegen ersagtes Mastricht
den General-Major Cadogan entgegengeschickt, damit er mich weiters
zu ihm führen und von Einem und Anderem Information geben könnte,
so bin ich intentionirt, den 4. oder 5. zu obgedachtem Masti-icht zu sein,
sonsten, wann es die kSicherheit der Strassen zulasset, auch vor der
Keitei'ei mich voraus zu ihm, Duc, für meine Person allein zu begeben,
um inzwischen, bis die Truppen anlangen, Ein- und Anderes zu con-
certiren; worüber Euer kaiserl. Majestät den weiteren allerunter-
thänigsten Bericht erstatten werde.
Der Feind steht noch bei Bliescastel, und damit er von diesem
!Moiivement, wenigstens wohin es gerichtet sei, so spät als möglich
Nachricht haben möge, so habe die nacher Trier vorgestern abgelof-
fene Post anhalten lassen, und wird sich nun bald zeigen müssen,
was er nach Erfahrung, dass ich mich gegen die Niederlande gewendet,
für Mesures nehmen, oder was er sonsten zu thun Willens sein werde.
Schliesslich gehe ich diesen Augenblick von hier weg und hoffe
gegen Rheinbach E. k. M. Regimenter zu Pferd einzuholen und thue
mich etc.
95.
An den Hofkriegsrath. Ehrenbreitstein, 1. Juli 1708').
Ein löbl, Mittel ersieht aus der Beilage -), wie der Herr Graf
MaxBreuner um Verleihung der General-Feldmarschalls-Stelle mich
belangt und gebeten hat, dass man darüber das allerunterthänigste Referat
') Kriegs-A., Xie.lerlande 1708; Fase. VII. 2.
») Kiie..rs-A., Niederlaiule 1708: Fase. VII. 21».
149
liinaufgebeii möchte. Wie nun ersao-tor Herr General in Anseluing sowohl
seiner eigenen, als seiner P'aniilia leiötenden Dienste einer besonderen
Consideration würdig und Lei dessen hohem Alter diese Allerhöchste
Gnade in seinem noch übrigen wenigen Lebenslauf zu dessen beson-
derer Consolation wohl verdient hat, als könnte Ein löbl. Mittel hierüber
das gebotene Keferat verfassen, bei Ilorabkommuug der allergnädigsten
Resulotion aber mit der Publication /zurückhalten. Hiernächst reraittire
auch des Ilerrn Obristen Grafen von Auers per g Memorial, welcher
um die General-Wachtmeisters-Stelle bittet, und da ich geglaubt habe,
er sei unter der Promotion schon begriffen, mich aber auf diese meine
Meinung positive nicht secundiren könne, so wolle Ein löbl. Mittel in
Ansehung seiner allegirenden Motive das behörige Referat gleichfalls
verfassen.
Schliesslich habe ich die zu meiner unterhabenden Armee destinirte
Artillerie, da diese fast den 26. dieses von dem oberen Rhein und
mithin zu spät aufgebrochen, und da die Armee bereits vorgestern
sich movirt und gegen Niederlande abgegangen ist, ersagte Artillerie
dieselbe nicht mehr einholen kann, contramandirt und ihren Marsch
wieder zurückzunehmen, dem darzu commandirten Hauptmann B e r n e c k
anbefohlen.
So Einem löbl. Mittel zur Nachricht dient etc.
P. S.
Auch etc. was der Herr Churfürst zu Hannover an mich für
den Freiherrn von Bous s ee erlassen, das schliesse hiemit bei*). Und
weilen ich glaubte, man soll in allweg sehen, wie man ersagtem Herrn
Churfürsten diesfalls Satisfaction gebe, so lasse Einem löbl. Mittel über,
was es hierinfalls etwa fürzukehren für gut befinden möchte, worüber
sodann mehrwiederholtem Herrn Churfürsten parte zu geben wäre.
96.
Bericht an den Kaiser. Brüssel, 9. Juli 1708^).
Nachdem ich allergehorsamst berichtetermassen meinen Marsch mit
der Cavallerie vorausgenommen, bin ich den 3. dieses mit derselben
zu Deuren (Düren) angelangt, allwo man den 4. einen Rasttag gehalten
und die Infanterie gleichfalls daselbsten den änderten Tag hätte ein-
treffen sollen. Ich fand für gut, nach hiuterlassener Ordre und anderen
behörigen Dispositionen, mit einer Escorte von Huszaren vorauszugehen,
<) Ki-ie(^.s-A., Niederlaude 1708; Fase. VII. 2 a.
-j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 39.
150
und bin solclieranacli den obgemelten 4. dieses zu Mastriclit ankommen,
alhvo die Cavallerie den 6., die Infanterie aber den 8. detto ebenfalls
angelangt war. Unterwegs erhielt ich Nachricht, dass der Feind
decampirt und mithin auch unsere Armee marschirt sei, und ich dachte
ZAvar bei so beschaffenen Dingen, mich soviel als möglich zu beschleu-
nigen, da aber der Weg gross und ich mit der Escorte so sehr nicht
eilen konnte, musste ich den 5. über Nacht zu Aerschot, nachdem ich
allda sehr spät ankommen war, verbleiben, dass ich dannenhero erst
den 6. detto Brüssel erreichen konnte, allwo dann mit mehrerer Gewiss-
heit erfahren, dass sich der Feind gegen Gent gewendet und bereits
in die Stadt hineingangen, das Schloss aber, worinnen etwa 300 Mann
zur Garnison sich befinden, wirklich attaquirt sei imd bei so beschaffenen
Dinaren sich g-ar nicht lang-e würde wehren können. Und weilen ich bei
so beschaffenen Dingen glaubte, dass es vielleicht was zu tliun geben
dürfte, da der Duc de Marlborough diesen Tag abermalen marschirt,
habe ich mich dahier gar nichts aufgehalten, sondern sogleich hiedurch
zur Armee begeben , um mit ersagtem Duc mich zu unterreden, was
etwa zu thun sei, welchen, da ich ihn im vollen Marsch angetroffen,
ziemlich consternirter gefunden habe; und nachdem man das Lager bei
Asch(^?) unweit geschlagen, erachtete mau für gut, um Brüssel zu be-
decken, in diesem Lager zwei Tage stehen zu bleiben und das kleine
Wasser, so zwischen uns und dem Feind ist, zu passiren; auch die
schwere Bagage mit einer Bedeckung von vier Bataillonen wegzu-
schicken, heute aber zu decampireu, alswie dann gleich nach Mitter-
nacht auch der Marsch wirklich angetreten wurde.
Der unter meinem Commando stehenden Armee habe ich Ordre
und Boute zugeschickt, was dieselbe zu thun und wie sie ihren Marsch
fortzusetzen habe, von welcher morgen die Cavallerie in dieser Gegend.
die Infanterie aber den 15. dieses anlangen und die Cavallerie inmittelst
die hiesige Stadt bedecken kann.
Euer kaiscrl. Majestät kann ich dabei allergehorsamst unerinnert
nicht lassen, wasmassen man von diesem Marsch bei der Armee aller-
hand starke Discurse führe, als ob man nicht Alles gethan, was möglich
und zu thun gewesen wäre. Indessen aber hat sich der Feind in
einen solchen Posto gesetzt, wo derselbe sehr schwer zu attaquiren
sein wird, obwohl gut wär(^ da die Armee ül)eraus schön, und Lust
zum Fechten hat, wann man das Geschehene redressiren könnte; dann
wann der Feind in seiner Postur also stehen bleiben sollte, wird es
liart und nicht wohl möglich sein, das Land zu manuteniren.
Ich habe mich übrigens die zwei Tage, als die Armee stehen
geblieben, dahier aufgehalten und gehe sogleich jetzo, da es 6 Uhr
151
Früh ist, von liier weg, um die Avantgarde von der Armee noch im
Marsche anzutreffen, muss solchcmnach auch aus Maugel der Zeit
meine gegeuwärtige allergeliorsamste Relation abbrechen und werde
dahero mit anderer Gelegenheit E. k. M. eine mehrere allergeliorsamste
Relation von Einem und Anderem abstatten.
97.
Bericlit an den Kaiser. Hauptquartier Oudenarde,
12. Juli 1708').
Euer kaiserl, Majestät werden aus meiner aus Brüssel an Dieselbe
allerunterthänigst erlassenen Relation mit Mehrerem allergnädigst
ersehen haben, in was Stand die Sachen allhier gewesen seien.
Man pressirte nun unseren damalen beschehenen Aufbruch mit
der Armee solchergestalten, dass man dem Feind einen Marsch
abgewinnen und nach passirter Escaut zu Oudenarde, wohin auch er,
der Feind, unter einsten im Anzug war, die Gelegenheit erreichte,
mit demselben gestern in eine Action zu gerathen, welche, nachdem
sie lange in die Nacht gedauert und sonderlich die. Infanterie viel
zu thun gehabt hat, mittelst göttlichen Beistand mit aller Glückselig-
keit abgeloffen ist. Worüber zwar E. k. M. eine vollkommene schrift-
liche Relation allergehorsamst schriftlich abstatten sollte, da 'es mir
aber für jetzo unmöglich ist, so habe ich Dero General-Adjutanten
von Höhende rf, welcher vom Anfang bis zu Ende bei mir gewesen,
dahin instruirt, dass Deroselben er mündlich allerunterthänigst Auskunft
geben sollte, auf welchen mich dann auch hiermit allergehorsamst
berufe und in generali allerunterthänigst beirücke, dass der Streich
wahrhaftig gross und der Feind nicht nur allein völlig geschlagen
und auseinander gesprengt worden, sondern auch seine Flucht mit
einer solchen Präcipitanz genommen habe, dass von ihm heute Früh
ausser der Arrieregarde nichts mehr einzuholen gewesen war, von
welcher, weilen die Infanterie auch schon übern Haufen geworfen,
man vielleicht, ehe vorgedachter General- Adjutant von hier abreisen
wird, ein Mehreres wird wissen und sodann auch E. k. M. von dem-
selben gleichfalls in allerhöchsten Gnaden zu vernehmen haben.
An Gefangenen haben wir bereits 4000 bis 5000 Mann, und
fast augenblicklich werden deren mehrere hereingebracht, worunter
verschiedene Generales und die Menge anderer Officiere sich befinden,
sind auch eine grosse Quantität Standarten, Fahnen, Pauken und
andere Feldzeichen erobert worden.
<) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. YII. 48.
152
E. k. M. versichere ich übrigens allergehorsamst, dass von diesem
glücklichen Streich man in allweg profitiren und besonders ich
meiuesorts all' dasjenige nach meiner ohnedem schuldigsten Pflicht
beitragen werde, was Deroselben Allerhöchster Dienst und des gemeinen
Wesens Nutzen erfordert. Womit etc.
98.
An den Cardinal Fürst Lamberg". Lager bei Werwick,
15. Juli 1708').
Dass Euer Eminenz durch beide Dero hochwerthe Schreiben
vom 28. passato und 2. dieses von dem oberpfälzischen Restitutions-
wesen und der hanuoverauischeu Introduction mir eine beliebige
Nachricht ertheilen und wie Ein- und Anderes seine Richtigkeit
erreicht, mit Mehi'erem anziehen wollen, davor erstatte gehorsamsten
Dank. Wie zumalen nun aber, sonderlich an dem Letzteren umso
besser geschehen ist, als sonsten der Herr Churfürst sich sehr dis-
gustirt befunden hätte, so ist es auch billig, dass man E. E. darob
reelle Obligation trage.
Was übrigens den H. dieses der feindlichen Armee für glück-
licher Streich beigebracht worden, das werden E. E. von dem General-
AdjutaJiten von Hohendorf nebst Ueberreichung des ihm mitge-
gebenen Schreibens des Mehreren vernommen haben. Worüber nur
die darauf verfasste Relation hiemit anschliesse und verbleibe etc.
99.
Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 ^).
Ueber dasjenige, was Euer kaiserL Majestät der von mir eigens
au Dieselbe in aller ünterthänigkeit abgeschickte Gereral- Adjutant
von Höh e n dor f ob den wider den Feind erhaltenen herrlichen Sieg
nach meiner ihm gegebenen Instruction mihullich allergehorsamst
beigebracht haben wird, schliesse E. k. M. hiemit auch eine ausführ-
liche schriftliche Relation hiebei *), um damit Sie nicht nur eine
') Kriegs-A., Römisches Keicli 1708; Fase. VI. 15.
^) Kiie<,'s-A., Niederlaiule 1708; Fase. VII. ad 49.
«) Krief^s-A., Nipfloilaiide 1708: Fase. VII. 49.
D i a r i II m
aus dem Fr^kllager boi Werwick, den 18. Juli 1708.
Naelideiii man gOfjlaubt liat. wann sicli die an d(M- Mosel, nntfv dem
kaiseiliclien Herrn General-Lieutenant forniirendc .Armee nach denen Nieder-
153
mehrere vollkommene Xacliriclit hiervon aller «^nädirt-cit haben, sondern
annebens auch wissen mitchten . was seitdem weiters passirt, auch
was für ein Mouvement man mit der Armee gemacht habe.
laiuleu ziehen werde, dass man sodann mit zusammengesetzt- und vereinigten
Kräften den Krieg mit so mehreren! Ernst fortführen und was Hauptsäch-
liches unternehmen könnte, so machte man hierauf die Disposition, dass
ersagte Armee den 29. Juni in 2 Corpi vertheilter ihren Marsch v/irklich
angetreten hatte ; sobald aber gedachter kaiserlicher Herr General-Lieute-
nant mit der kaiserlichen und churpfälzischen Cavallerie zu Deuren (Düren)
angelangt, begab er sich unter einem Convoi von Huszaren voraus, um
ein, zwei oder di-ei Tag ehender bei der hohen Herren Alliirten Armee einzu-
treffen und sich mit dem Mylord Duc de M a r 1 b o r o u g h über Ein-
und Anderes zu unterreden und die nöthige Mass abzufassen ; erhielt aber
unterwegs die Nachricht, dass der Feind decampirt, mithin auch vorgemeldete
alliirte Armee marsehirt sei. Er beschleunigte hierauf seine Reise so viel als
möglich war und langte den 6. Juli Früh zu Brüssel an, woselbst er weiters
vernahm, dass die beiden Armeen eben diesen Tag abermal marsehirt und
der Feind mittelst eines vorausgeschickten Detachements in Gent eingetroffen
sei. Oefters berührter kaiserlicher Herr General - Lieutenant wollte sich bei
dieser Beschaffenheit allda zu Brüssel im geringsten nicht auflialten, sondern,
da es das Ansehen hatte, als ob es zu einer Action kommen könnte, eilte er
sich umso mehrers zu der in Marsch befindlichen alliirten Armee und traf
auch dieselbe unweit gedachten Brüssel an, und das Lager wurde bei Asch
geschlagen, woselbsten man bis
den 8- inclusive stehen verblieb, um die Armee ausruhen und sonsten
nach einer gehabten Unterredung andere Veranstaltungen zu einem sichern
Absehen aukehreu zu lassen, wurde auch der von der Mosel anmarschirenden
Armee die behörige Route entgegengeschickt und anbei befohlen, dass sie,
um Brüssel zu bedecken, sich in der daselbstigen Gegend lagere und bis
weitere Ordre allda stehen bleiben solle.
Den 9. brach die Armee auf, nachdem des Tags vorher die schwere
Bagage unter Begleitung 4 Bataillons nach Brüssel abgeschickt und daselbst
zu verbleiben befehlet worden.
Der Marsch ging in vier Colonnen auf Harfelingen (HerfiFelingen), wo-
selbst man in dieser Ordnung Halt machen, und zwar die Zelter aufschlagen,
dabei aber befehlen Hess, dass ausser dem Lager nicht fouragirt werden, und
sobald man um 7 Uhr Abends die Retraite schlagen würde, sodann die Zelter
abgebrochen und der Marsch hinwiederum in eben der Ordnung, als man ange-
kommen, fortgesetzt werden sollte, gleichwie es auch geschah, und da man
die ganze Nacht hindurch marschirte, passirte man
den 10. die Teure (Dender) und schlug das Lager bei Lessines, von
wannen der englische General-Major Cadogan
den 11. vor Tags mit 8 Escadrons und so viele Bataillons, welch'
letztere nach der Hand mit noch andere 8 verstärkt, auch die Pontons mit-
gegeben worden, gegen die Scheide oder Escaut voraus detachirt wurde, um
nicht nur über diesen Fluss einige Brücken in der Gegend Omlenarde zu
schlagen, sondern auch ein Lager zu recognosciren und anbei zu sehen, was
154
Mau ist solelieuiuach nun im Werk Leji^riffen, die feiuclliclieu
Liuicu einzureissen und zu ruinireu, aliennassen es mit einem guten
Tlieil derselben bereits bescheben ist; indessen aber, als man hiermit
etwa vom Feind, welcher den eingeloffenen Kundschaften nach gleiclifalls
uiarschiren sollte, für Nachrichten einzuholen sein möchten.
Da aber die Armee nicht eh(!nder nachfolgen konnte, bis nicht die
Wege reparirt waren, brach man erst gegen 7 t hr Früh auf. Inzwischen
langte vorberiihrter General-Major deCadogan mit seinem Detachement zu
vorgedachten Oudenarde an, passirte mit etwas davon durch die Stadt vor-
gemelte Scheide und Hess sogleich an fünf anderen Brücken, ein wenig besser
hinunter, mittelst mit sich gehabten Pontons zu arbeiten anfangen, wo fast
zu gleicher Zeit der Feind oberhalb zu Gauereu (Gavere) dickberührte Scheide
ebenniässig passirte, um die Höhe bei Oudenarde zu gewinnen, als wie er
dann auch sich in der Fläche vor derselben mit ungefähr 20 Escadrons und
in einem an seiner linken Hand gehabten Dorf mit 7 Bataillons postirte.
Unterdessen langte gegen 12 Uhr die Tete von unserer Cavallerie des rechten
Flügels gegen die Brückeu an, welche im vollen Trott über obgemelte Schiff-
brücken ; die Infanterie aber, W-elche nicht so eilfertig sich befördern konnte,
ein paar Stunden darnach zu passiren angefangen hatte. Inzwischen wurde
befohlen, von des General Cadogan Detachements, und zwar von denen
bei sich gehabten 8 Escadrons und Huszaren, wozu man noch einige Truppen
von Quartiermeister und Fouriers formirte, die in der Fläche sich gesetzte
20 feindliche Escadrons, und durch einige Bataillons die feindlichen, vor-
gemeltermassen in das Dorf sich postirte 7 Bataillons attaquiren zu lassen ;
welches mit einer solchen Herzhaftigkeit exequiret wurde, dass die 20 feind-
lichen Escadrons nicht nur allein sogleich über den Haufen geschmissen und
völlig aufgeschlagen worden, sondern es wurden auch von der feindlichen
Infantei'ie 4 Bataillons, nachdem sich 3 davon noch vor der Attaque retirirten
mit ihrem Brigadier theils gefangen genommen, theils niedergemacht und von
denen 3 flüchtigen noch einige eingeholet und ebenfalls niedergehauen ; bei
welcher Action die Unsrigen 3 paar Pauken und viel Standarten erobert. Zeit
während diesen Treffen aber Hess man die Truppen immer über die Brücken
defiliren und sich gegen die Plaine, wo vorgemeldetes Treffen vorbeigegangen,
anrücken, inmittelst aber die Infanterie von dem Cadogan'schen Detachement,
nebst 2 ]5ataillons von dem englischen Lcib-Eegiment, an das linker Hand
sich befundene Gebüsch postiren, mit der Ordre, sich allda so lang zu
souteniren und den Feind aufzidialten, bis die Infanterie von unsern rechten
Flügel ankommen könnte, welche, obschon der Feind angefangen hatte, dieselbe
zu attaijuiren, nichtsdestoweniger ihre Ordre wohl und stattlich exequiret
haben. Kaum aber war nur etwas niehrer Fussvolk angelangt und postiret,
wurde in dem Namen Gottes gegen den Feind zu avanciren und das Feuer
angefangen; weilen aber derselbe sehr vortheilhaftig zwischen lauter Busch
und Gräben postirter stund, musste die Infanterie das meiste thun und durch
ihren tapfern Angriff der Feind aus seinem Vortheil getrieben und — dass
auch die Cavallerie mit agircn könnte — Platz gemacht werden; also dass
kaum eine Stund vor Nachts die preuss- und hannoversche Reiterei in eine
kleine Plaine hat anrücken und von derselben nicht weniger linker Hand in
155
umffelit, liat man ein Detacliement zu Pferd nebst denen Huszaren in's
Land hereino^escliickt, um dass es dasselbe in Contribution setzen und
die Huszaren, so weit sie können, hineinlaufen sollen.
einem kleinen •Feld, naclulem man die Infanterie öffnen nnd von 2 Bataillons
Platz machen Hess, sich 10 l)is 12 Escadrons in die Flanke formiren können,
wornach allererst mit Reiterei und Infanterie zugleich man an unserer rechten
Hand den Feind chargiret und bis in die finstere Nacht mit einer unglaub-
liclien Tapferkeit unter einem starken immerwährenden Feuer poussiret hat.
Unser linker Flügel kam etwas später aus der Ursach in's Feuer, weil
die Infanterie auch später angekommen inid die Cavallerie, welche die Brücken
durch die Stadt passirte, da diese zweimal gebrochen, gegen zwei Stund
aufgehalten worden ; dann es ist zu merken, dass die Armee bei dem ersten
Augriff nicht dritten Theils auf dem Platz der Bataille war, sondern unter
währenden Schlagen bis in den späten Abend die Truppen immer über die
Scheide defilirt haben. .
Von jetzt gemeldeten linken Flügel musste die Infanterie ebenmässig
durch die Busch das Meiste thun, und obschon dieselbe vom Feinde ein gav
grosses Feuer auszustehen haltte, so wurde er dessenungeachtet von ihr mit
unglaublicher Bravour zurückgetrieben. Die Cavallerie aber postirte man
in der Plaine von dem Hochgericht, von welcher eine grosse Menge Feinde,
die von unsern rechten Flügel aufgeschlagen worden, in die Hände gejagt
und von derselben, 'ausser einigen Hundert, so sich durchgeschlagen und gegen
Toumay geflüchtet, von welchen aber andern Tags durch unsere Parteien
viel niedergehauen und ein 300 Gefangene mit Standarten , Fahnen und
Pauken eingebracht worden, theils gefangen genommen, theils massaerirt
wurden. Der Feind war also gezwungen, sich von allen Seiten über Hals über
Kopf ganz zerstreut, so gut er konnte, zu retiriren. Wir aber, da es schon
tief in der Nacht war und ein Regen eingefallen, blieben in eben der Positur
stehen, wie sich die Truppen im Feuer befunden haben, und kaum wollte
den 12. der Tag anbrechen, Hess man zwar aufs Neue allenthalben
avanciren ; der Feind aber hat seine Flucht mit einer solchen Präcipitanz
genommen, dass man von ihm nichts mehr als seine Arriergarde einholen
konnte, welche ebenmässig aufgeschlagen und eine ziemliche Anzahl Gefangene
von derselben mit Pauken, Fahnen und Standarten abermalen eingebracht
worden.
Hierauf Hess man die Armee in der Gegend Oudenarde auf der Fläche
lagern, um nicht nur dieselbe in etwas ausruhen zu lassen, sondern auch,
wegen Brod und anderen Anstalten das Behörige anzukehren.
Wir haben bei diesem ei-fochtenen herrlichen Sieg vom Feind an
Gemeinen zum wenigsten mehr als 7000, und an Officiers über 700, worunter
acht Generale, gefangen bekommen; an Standarten und Fahnen etlich und
80 und 12 Paar Pauken erobert, an Stücken und Bagage aber nichts über-
kommen, weil der Feind die letztere zu Gent zurückgelassen, von Stücken
aber nichts bei sich gehabt hat ; dann da, obschon diese um 8 Uhr Abends
bei ihm angelangt, hatte sie derselbe sogleich wiederum zurückgeschickt.
Unsern Verlust kann zwar noch nicht positive wissen, er dürfte sich
aber auf das Höchste an Todteu und Blessirten zwischen 2000 ä 3000 Mann
15(i
Der Feind stellt hinter dem Caual von Brügge, woselbsteu er
sich verschanzt, nnd damit derselbe uns nicht etwa amusiren und
wann mau mit der Armee sich bewegte, einen präcipitanten I^Iarsch
machen möchte, so wird mau dagegen die behörigen Mesures solcher-
gestalten abzuf^issen, nicht unterlassen, als es die nöthige Prcäoautiou
erfordern wird. Inmittelst steht man zwar zwischen denen feindlichen
Festungen Ypern, Lille und Tournay; man hat aber ein- oder andere von
diesen, ob sie schon von Garnisonen fast völlig entblösst, zu belagern
darum zu dato nicht unternehmen können, weilen die hiezu nöthi2;e
belaufen, wobei unter den ersteren von Consequenz der hannoverische General
von B 6 r n s t 0 r f f sieh befindet.
Es ist nicht genug auszusprechen und zu rühmen, mit was vor einer
Bravour von dieser der hohen Herren Alliirten Armee sowohl Generals, als
ander» hoch- und niedere Ofticiers, auch Gemeine gefochten, und mit was
vor einer Freud- und Herzhaftigkeit Alles zur Schlacht gangen sei; ja es
ist merkwürdig, dass von den letzteren Truppen die Cavallerie mit verhängten
Zügel, die Infanterie aber, was sie nur gekonnt, über die Brücken nach der
Wahlstatt gelaufen, um noch zur Schlacht zu kommen; und wäre allein zu
wünschen, dass es noch ein oder andere Stund Tag gewesen wäre, indem
man versichern kann, dass sodann von der feindlichen Armee wenig oder
gar nichts würde davongekommen sein ; welches aber nicht wohl änderst hat
sein können, da man diesen Tag von Lessines bis an die Scheide einen Marsch
von vier Meilen, und nach Passirung dieses Flusses von dannen an den Ort
der Bataille noch eine andere gute Stund zu marschiren gehabt hat.
Leute, so von Gent gekommen, sagen aus, dass der Feind in einer
solchen Consternation seine Flucht dahin genommen habe, dass wenig Regi-
menter beisammen, sondern Alles zerstreut angekommen, und dass seine Armee
von dem Tag der Schlacht mehr als um 20.000 Mann schwächer sei.
Den 13. blieb man annoch bei Oudenarde stehen, lun Brod zu erwarten;
den 14. aber marschirte man auf Helchin und lagerte sich allda, von
wannen aus der preussische General-FZM. Lothum, sammt dem General
Dopf und dem General Fagel mit einem Detachement von 30 Bataillons
und 40 Escadrons vorausgeschickt wurde, die feindlichen Linien, so zwischen
der Lis, von Commines und Ypern sind, zu attaquiren, welchen darauf
den 15. die Armee hinnach folgte und unterwegs in der Gegend Menin
die Nachrieht erhielt, dass der gestern gemeldete General Lothum die
Linien ohne sonderlichen Widerstand bereits passirt hätte, ausser zweier Forts,
wo in einem ein übristlieutenant mit 350 Mann, in dem andern aber 50 zu
Kriegsgefangene und hiernächst bei der Passirung ein und andere niederge-
macht worden.
Nun sind wir im Stand, von dieser glücklichen Schlacht rechtschaffen
zu profitiren, und befinden uns zwischen den feindlich(!n Festungen Ypern,
Lille und Tournay.
Die Nachrichten vom Feinde geben, dass er sich hinter den Canal von
Brügge verschanze, wornach man nun auch sehen wird, unsererseits die weitere
Mesures zu nehmen.
157
Artillerie und andere Erfordernisse beizubring^en, die Disposition zu
Sas van Gent noch vorhin ausi^"estellt p,"ewesen, welehe aber, solange
der Feind öleister von Gent verblei])t, nicht kommen können, so uns
zwar incommodirt, und mau wird in allweg sehen, oder diese Hindernisse
aus dem Wej^ zu räumen, oder al)er mit Beibrina-unj2^ der ))enöthigten
Artillerie auf dem Land andere Verfügung anzukehren ; obwohl es
grossen Beschwerlichkeiten unterworfen sein wird, da, wie E. k. j\I.
allerguädigt bekannt, in diesen Landen man gewohnt ist, Alles in
Ueberfluss zu haben und dabei die Anstalten der Beiführung jedesmal
auf dem Wasser zu machen, niemals aber auf das Land anzutragen.
E. k. M. aber bitte ich gehorsamst, allergnädigst persuadirt zu sein,
dass ich es meinesorts im geringsten nicht ermangeln lassen werde,
um damit man von diesem glücklichen Streich rechtschaffen prolitiren
und zu E. k. M. auch des gemeinen Wesens Dienst dasjenige unter-
nehmen möchte, was zu thuu möglich und am nützlichsten sein werde.
Womit etc.
P. S.
Auch habe E. k. j\I. allergehorsamst erinnern sollen, dass der
Herr Graf Rechteren befehligt sei, als Gesandter diesen Feldzug
bei mir zu verbleiben, wann ich mich bei der unter meinem Com-
mando formirten Armee befinden werde, und ist zu diesem Ende von
Deuren (Düren) mit mir vorausgangen ; zu Brüssel aber hat er weitere
Ordre gefunden, wann ich bei dem Duc de M'arlborough sein
würde, dass er sodann in der Qualitcät eines Deputirten bei der alliirten
Armee stehen sollte.
100.
Bericht an den König von Spanien. Lager bei Werwick,
18. Juli 1708*).
Was vermittelst göttlichen Beistand den 11. dieses wider den
Feind in der Gegend Oudenarde für ein herrlicher Sieg im freien
Feld erhalten worden, das geruhen Euer königl. Majestät ob der
hiernebenliegenden allerunterthänigsten Relation *) mit Mehrerem aller-
gnädigst zu vernehmen und dabei weiters zu ersehen, was seither
derselben sich ferneres zugetragen und wie man mit der Armee sich
bewegt habe.
Ich hätte zwar sogleich nach dem Tage dieser glückseligen
Schlacht E. königh M. inmittelst mündlich allergehorsamste Nachricht
*) Kriegs-A., iSTiederlande 1708; Fase. VII. bi.
^) Siehe Anmerkniig' •'') zu Nr. 99 des Supplement- Heftes, Seite 152.
158
davon erstatten sollen. Nacluleni ich aber besser zu sein, allerunter-
tLünigst geg^laubt habe, Avegen der bekannten Weite des Weges meinen
Expressen lieber ein- nnd anderen Tag zurückzuhalten, bis die voll-
kommene Relation verfasst sein wird, und da auch sonsten seithero
noch wohl was hätte vorbeigehen können, so bemerke ich es nun
hiemit und erfreue mich mit E, königl. M. hierüber umsomehr alier-
gehorsamst, als hiesiger Landen Dero Allerhöchstem Dienst viel Er-
spriesslichkeiten dadurch zuwachsen können.
Man ist solchemnach nun im Werk begriffen die feindichen
üCCUpirten Linien (weiter wie in Nr. 99 des Supplemeut-IIeftes).
101.
An den Hofkriegsrath. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 ').
Ueber dasjenige, was der Herr General-Adjutant von Hohendorf
Einem löbL Mittel über den wider den Feind allhier erfochtenen
herrlichen Sieg mündlich beigebracht haben wird, schliesse ich
Demselben meine darüber verfasste Relation hiemit bei und lege
Einem löbl. Mittel hiernächst weiteres an, was der Herr Churfürst
zu Hannover für den Herrn Obristlieuteuant De Pilliers an
mich erlassen hat, damit Dasselbe das Weitere verfügen wolle.
Der Herr GWM. Freiherr von Wachtendonk bittet in hie-
nebenkommendem Memoriale *) um eines von denen neu aufrichtenden
Regimentern, welches dann Ein löbl. Mittel ad notam nehmen und
wann die Gelder einmal gefallen, neben Andern auch auf denselben
alle Consideration machen wird.
Im Uebrigen meldet zwar der Stabs-Chirurgus ]\I e n a g e o t in
seinem hiebeiligendem Schreiben, dass er Hoffnung habe, bald abge-
fertigt zu werden. Damit aber dieser Mann sich zu seiner Schul-
digkeit umso ehender stellen und bei der Armee einfinden möge, so
wolle Ein löbl. Mittel ihm hiezu hilfliche Hand leisten und darob sein,
dass er dermalen abgefertigt werde. Womit etc.
102.
An den Bischof von Würzburg. Werwick, 18. Juli 1708 'i.
Dass Euer Liebden der beiden in kaiserlichem Sold stehenden
löblichen Regimenter hieher genommenen Marsch so willfährig genehm
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 52.
*) In den Feldacten nicht vorhanden.
^) Kriegs-A., NiederlaixU; 1708; Fase. VII. 88.
159
halten, dafür sage Deroselben hicmit schuldigsten Dank, in noch-
maliger Versicherung, dass ich auch auf dieselben, und besonders des
Brodes halber, all' mögliche Sorge zu tragen, unermangeln werde,
Euer Liebden des Weiteren angelegentlich ersuchend, die Verfügung
zu thun, damit auch die zu solchen noch ermangelnden Kecruten in
Bälde nachgeschickt worden möchten. In allsteter Verharrung etc.
103.
An den Feldmarschall Grafen Herbeville. Lager bei Werwick,
18. Juli 1708 ').
Euer Excellenz werthe Zeilen vom 27. passato habe wohl be-
händigt und thue in allweg approbiren, dass Selbe das löbl. Splenyi'sche
Regiment, dann die Palffy'- und Falkenstein'schen zwei Compagnien
zur hierseitigen Armee haben abmarschireu lassen, welchemnach dann
E. E. noch weiters unausgesetzt darob sein wollen, dass auch die
Kollonits'schen Huszaren bald folgen möchten, Deroselben unverhaltend,
dass ich zu diesem Ende an den dabei befindlichen commandirenden
Officier scharfe Ordre erlassen habe, anmit verbleibend etc.
104.
An den Grafen Trauttmansdorff. Feldlager bei Werwick,
18. Juli 1708').
Ich sage Euer Excellenz schuldigen Dank für die Communi-
cation dessen, was Seine päpstliche Heiligkeit durch Circular-Schreiben
an die katholischen Orte und die Repiiblique Wallis wegen Aufwer-
bung von 4500 Mann gelangen lassen, in Hoffnung, dass E. E., wann
es schon damals noch nicht geschehen gewesen, inzwischen doch die
behörige Instruction darüber vom kaiserlichen Hof werden bekommen
haben.
. Sonsten will ich zu reflectiren nicht ermangeln, dass die Ersetzung
der Buolischen Obristlieutenants-Stelle durch ein accreditirtes Subjec-
tum im Land geschehe.
Wie glückselig übrigens Gott der Allmächtige die hiesigen alliirten
Waffen nächst verwichenen 1 1. dieses in der Gegend Oudenarde gesegnet
hat, darüber lege ich eine förmliche Relation ■*) hiebei und verbleibe etc.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 89.
2) Krieg-s-A., Niederlande 1708^ Fase. VII. 90.
^) Siehe Anmerkung ^) zu Nr. 99 des Supplement-Heftes, Seite 152.
160
105.
An den General-Lieutenant Grafen Wackerbart.
Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708')-
Aus Dero vom 6. dieses ersehe ieh, warum Dieselbe iioeh zu
(lato nicht zur Armee haben konuiien können. So sehr aber als Die-
selbe dieses ihr lletardement bedauern, so leid ist mir, dass ich die
Ehre anuoch nicht habe, Dieselbe allhier bedienen zu können, ich hoffe
aber solches demnächst und versichere übrig-ens, dass ich sei etc.
106.
An den Grafen Gallas. Feldlager bei Werwick, 18. Juli 1708 ')•
Ich erhalte Deroselben wertheste beide Schreiben vom 29. pas-
sato und 6. dieses zurecht, Avorauf hiemit in Antwort erinnere, dass
mich erstlichen hiemit dienstlich bedanke für die Mühe, so Sie sich
der bewussten Schlösser halber und sonsten meinetwegen nehmen
mögen. Sodann aber erinnere^ dass von dem hiemit zurückkommenden
Dessin der drei Kronen mir gleich gilt, was Sie für eine darauf besser
und sicherer zu stehen glauben und bereits zu machen ordinirt haben
werden. Was aber den Hauptsclilüssel betrifft, wann man denselben
nicht auf alle Schlösser richten könnte, so belieben Sie denselben, wie
Sie melden, auf die ersten 35 richten imd für die übrigen nach Ihrer
Meinung einen besonderen Hauptschlüssel machen zu lassen.
Für die angeschlossenen Avisen sage Deroselben nicht Aveniger
den gebührenden Dank, und gleich Sie bereits wissen werden, was
für eine herrliche Victorie man allhier wider den Feind erhalten, so
schliesse Deroselben mein hierüber verfasstes Diarium-') hiebei; das-
selbe aber in's Französische zu stellen, hat die Zeit nicht zugelassen,
da auch sonsten Niemanden hier habe, so es, wie es sollte, traduciren
könnte.
Und weilen Sie nun wissen, wohin Sie mir Briefe zu adressiren
haben, so werden Sie mich obligiren, wann Sie mir von Allem, was
dort passirt, werden parte geben Avollen, gleich ich auch meinesorts ausser
dem Journal mit aller Vertraulichkeit thun, ja wann's vonnöthen,
mehrere geheime Nachrichten geben Averde, was sich hier bei der
Armee für Leute befinden und in anderen Materien passire; aller-
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 1)0.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 91.
*) Siehe Annierkuug ^) zu Nr. 99 de.s Siipplenioiit-Heftes, Seite 152.
161
masscn icli dann im Vertrauen melde, dass, als Icli bei der Armee
angelangt bin, Alles in grösster Consternation war und verschiedene
harte Reden herumgangen seien, so nun durch die gewonnene Schlacht
hinwiederum in etwas gestillt worden.
Wir befinden uns zwar dahier zwischen den feindlichen Festungen,
können aber wegen Ermanglung der Stücke keine zu dato attaquiren,
dann diese und andere Erfordernisse beizubringen, ist auf der Scheide
disponirt gewesen, die man aber jetzo, da der Feind Gent occupirt,
nicht kommen lassen kann.
Inzwischen ist man in voller Arbeit begriffen, die feindlichen
Linien einzureissen und hat ein Detachemcnt zu Pferd mit denen
Huszaren in's Land geschickt, um so weit als möglich auszulaufen
und selbes in Contribution zu setzen; wird auch nicht ermangeln, da
der Feind zu Brügge hinter dem Canal sich verschanzt, die weitere
Mesur abzufassen. Womit etc.
107.
An den Fürsten Lieclitenstein. Lager bei Werwick,
18. Juli 1708*).
Euer Liebden werden aus der an Ihre königl. katholische
Majestät durch einen eigenen Expressen überschickenden allerunter-
thänigsten Relation mit Mehreren! beliebig ersehen, was allhier für
ein herrlicher Sieg wider den Feind im freien Feld erhalten worden.
Wie nun dieser glückliche Streich von grosser Consequenz ist und
Allerhöchstersagter Ihre königl. Majestät andurch hiesiger Landen
viel Erspriesslichkeiten zuwachsen können, als werde auch ich meines-
orts um so mehrers beeifert sein, dass mau hiervon rechtschaffen pro-
fitire, in dem Uebrigen aber Euer Liebden mir die Erlaubniss geben,
dass mich mit Deroselben darüber hiemit erfreue und in meiner immer-
währenden Dienstergebenheit verbleibe etc.
108.
An den GWM. Plischau. Feldlag-er bei Werwick, 18. Juli 1708 ').
Was mir der Herr General-Wachtmeister wegen des Commando
zu Ingolstadt und Älünchen unterm 21. passato anziehen wollen,
') Kriegs-A., Spauien 1708; Fase. VII. 58. — Ein g^leiches Schreiben ist auch
an den Feldmarschall Grafen Starhemberg ergangen.
^) Kriegs-A., Kömisches Reich 1708; Fase. VII. 13.
Feldzüge des Priuzeu Eugeu v. Savoyen. II. Serie, I. Baud. Suppleineut-Helt. 11
162
darüber t'olgt in Antwort, dass sich Derselbe nach demjenigen aller-
dings zn verhalten habe, was diesfalls an den Herrn General- Wacht-
meister der kaiserliche llofkriegsrath für einen Befehl ergehen lassen
wird, zumalen von hier aus Niederlanden der allzuweiten Entfernung
halber nicht wohl was disponiren mag.
Was aber anbei besc)nders die neu errichteten Regimenter
belangen thut, ist dahin zuzuwarten, bis zu Bewerkung dieser neuen
Werbunir die Gelder wirklich gefallen sind.
109.
An den Grafen Trauttmansdorff. Feldlager bei Werwick,
20. Juli 1708 0-
Was Euer Excellenz unterm 4. dieses wegen Palermo mir
beliebig erinnern wollen, darüber füge Deroselben in schuldiger Ant-
wort hiermit an, wasmasseu ich nicht weniger hiervon schon vorhin
von anderwiirtsher benachrichtigt worden bin, und zwar mit der
Particularität, dass die Inwohner dieser Stadt das Gewehr wider den
Feind ergriffen hätten, die Proclamation Seiner königl. katholischen
Majestät aber noch nicht wirklich geschehen sei, E. E. hiernächst
Aveiters beirückend, dass, um hievon rechtschaffen zu profitiren, man
nicht ermangle, in allweg zu pressiren, damit auch die Flotta zu diesem
Ende all' hülfliche Hand bieten möchte; woran ich auch umsoweniger
zweifeln will, als diese ohnedem die Ordre schon hat, all' dasjenige
zu thun, was höchstgedacht Seine königl. Majestät von ihr verlangen
würden.
110.
An den Feldmarschall Grafen von Nassau. Werwick,
20. Juli 1708 O-
Gleichwie Euer Excellenz nach der an Dieselbe erlassene
Erinnerung mit denen löbl. kaiserlichen und churpfälzischen Truppen,
dann denen aus Brüssel gezogenen, item denen anderen 4 von der
hiesigen Armee bei der grossen Bagage befindlichen Bataillonen Ihren
Marsch nacher Angnien (Enghien) angetreten haben und selben weiter
nacher Ath fortsetzen werde, allda aber bis weitere Ordre stehen
verbleiben sollen, also hat es auch hiebei sein gutes Verbleiljcn, nicht
zweifelnd, dass sich erstgedachte Tru})pen zu Brüssel mit doi- nöthigen
•) Kriegs-A., Neapel niul Sicilieii 1708; Fase. VII. 19.
■^) Kriegs-A., Niederlaudc 1708; Tasc. VII. 90.
I
I
163
Munitiuu werden versehen haberi, und weilen, wie Ihnen bereits
bekannt ist, auch der Befehl ergan^-en ist, dass man, wann was
weiters an gedachtem Munitionsvorrath wäre, solcher nicht nur /u
gedachtem Ath abgef'olgt, sondern auch einige Karren damit beladener
mit denen Trup[)en marschircn werden, also können auch E. E. sich
diesen ertheilten Befehl nach ihrer Gelegenheit beliebig bedienen.
Damit aber E. E., wie es auch vonnothen ist, von Allem genaue
Information haben mögen, so ist die Intention, dass das Oorpo etliche
Tage allda zu Ath, und zwar so lange bis man sieht, was der Feind
endlich zu tliun gesinnt sei, stehen verbleiben solle; dann wann der-
selbe marschiren wollte, so glaubt man, dass er keinen anderen Marsch
als von Gent über die Tenre (Dender) nehmen könnte, auf welchen
Fall man von hier aus die vorläufige Disposition angekehrt, dass erst-
lich ein gutes Corpo von Cavallerie nacher Oudenarde abgeschickt, so-
dann aber von der Armee aus zu E. E. die Wege allenthalben reparirt
und wohl zugerichtet werden sollen, auf dass, zum Fall ersagter Feind
den präsumirenden Marsch nehmen würde, sowohl das nach Oudenarde
abschiebende Corpo mit E. E. sich ungesäumt conjungiren, als auch
von hier man mit der Tete der Armee unverzüglich zu E. E. stossen,
gleichwie im Stande sein könnte, dem Feind sich entgegen zu setzen.
Nachdem aber Alles an dem gelegen ist, dass man unablässig von
dem Feind Nachricht habe, einfolglich von dem geringsten Mouvement,
so derselbe immer thun könnte, informirt sei, um nicht nur diese
angeordnete Disposition a tempo in's Werk zu setzen, sondern dass
auch E. E. Selbsten kein unversehenes Unglück zustosse; so ist nöthig,
dass man längs des Wassers beständige Patrouillen und kleine Par-
teien ausschicke, allermassen auch dasjenige Corpo, so zu mehrwieder-
holtem Oudenarde zu stehen kommt, ein Gleicbmässiges thun wird,
und werden E. E. belieben, von Zeit zu Zeit, auch beschaffenen
Dingen, durch eilfertige Expressen anhero zu berichten, was Ihnen
für Nachrichten werden eingebracht werden.
111.
An den Obristen Bärthel (Bartels). Lag-er bei Werwick,
20. Juli 1708'!.
Ich habe des Herrn Obristen beide unterm 1. und 7. dieses au
mich Erlassene wohl erhalten und daraus gerne ersehen, dass Derselbe
mit denen beiden Pälffy- und Falkenstein'schen Compagnien den
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 95.
11*
164
Marsch angetreten habe, welchen Derselbe dann auf alle mögliche
Weise über Frankfurt anhero beschleunigen und darbei sehen wird,
dass nicht nur allein die Iluszaren, sondern was auch sonsten von
denen Thüngen-, Baden- und Würzburg'schen Regimentern zu Fuss
im Nachmarsch begriffen ist, an sich gezogen und zusammen ein
kleines Corpetto formirt werde, zu welchem Ende ich dem Herrn
Obristen eine offene Ordre hiemit anschliesse, deren sich Derselbe in
diesem Fall bedienen und dann nicht Aveniger zu Frankfurt von dem
kaiserlichen Kriegs- Commissariat Jemanden linden wird, so die Truppen
bis nacher Bonn mit Brod zu versehen hat; bei dessen Ankunft da-
selbsten aber hat der Herr Obrist solche Provision von denen AUiirten
zu empfangen und allda die weitere Information einzuziehen, wo die
Armee stehen und wie der sicherste Weg, um zu derselben stosseu
zu können, zu nehmen sein Avird. Womit etc.
112.
An die schwäbisclie Ritterschaft. Lager bei Werwick,
20. Juli 1708 ').
Dass meine besonders geehrten, auch freundlich geliebten Herren
auf meine unterm 10. passato an Selbe erlassenes Schreiben die dem
kaiserl. Proviant- Admodiatoren Mohr assignirten vmd erst auf
künftigen Winter verfallenden ritterschaftlichen Subsidial-Gelder pr.
75.000 11. gegen die mit ihm verglichenen und auf gewisse Zeit und
Ziel ausgesetzten Bedingnisse zu bezahlen übernehmen wollen, solches
habe aus Derenselben Schreiben vom 20. detto mit Mehrerem wohl
vernommen, und gleichwie ich nun meinen besonders geehrten und
freundlich geliebten Herren den dienstlichen und freundAvilligen Dank
erstatte, dass Selbe zu Beförderung dieses dem gemeinen Wesen zum
Besten abzielenden Anticipationswerkes sich so willfährig gezeigt haben
so will auch im Weiteren ausser allen Zweifel stellen, dass obge-
melter Herr l'roviant-Admodiator Mohr mit denen accordirten Condi-
tionen allerdings zufrieden sein werde etc.
113.
An den GWM. und Artillerie-Obristen Grafen Berzetti.
Feldlag-er bei Werwick, 20. Juli 1708 '>
Des Herrn General - Wachtmeister und Artillerie-Obristen Seines
vom 20. i)assat() hat mir nicht allein zu vernehmen gegeben, wasmassen
•) Kriegs-A , Römisches Reich 1708 ; Fase. VII. 18.
*) Kriegs-A., Kömisches Reich 1708; Fase. VII. 20.
165
Derselbe zu Wien o;lüeklicli angelangt sei, sondern auch verständigt,
Avas für eine Ordre Derselbe verlangen tbue; und zumalen nun ich
allzuweit von dorten entfernt bin, dass ich diesfalls was disponiren
könnte, Derselbe aber allda in loco sich befindet, so wolle bei Einem
löbl. kaiserlichen Hofkriegsrath der Herr Grenoral - Wachtmeister und
Artillerie-Obrister auch gedachte Ordre sollicitiren ; und ich verbleibe etc.
114.
An den Churfürsten zu Hannover. Lager bei Werwick,
20. Juli 1708 ').
Euer Gnaden hochwerthe Zeilen vom 6. dieses habe wohl behändigt
und solle daraufhin in gehorsamster Antwort nicht bergen, was die
zwei neu zu errichten kommenden Regimenter betreifen thut, deren
eines nicht allein dem Herrn Obristen PI i seh au bereits conferirt
worden sei, sondern auch wegen des anderen sich viele Prätendenten
unter Anerbietung verschiedener Conditionen hervorgethan haben, dass
auch wegen dieses die Sache schon Ziemlichermassen avancirt ist.
Gleichwie ich nun Euer Gnaden beliebende Recommandationes jederzeit
als Befehle aufnehme, so bedauere umsomehr, dass ich von dem
Gesuch des Herrn Prinzen von Bevern Liebden nicht ehender
was gewusst habe, auf dass ich Dieselbe hierinnen meinen Kräften
nach hätte secundiren können. Nichtsdestoweniger werde jedennoch
nicht ermangeln, hierüber nacher Wien zu rescribiren etc.
115.
Bericlit an den Kaiser. Lager bei Werwick, 22. Juli 1708').
Aus meinem hiebeigehenden allerunterthänigsten Tagzettel ')
werden Euer kaiserl. Majestät allergnädigst zu ersehen geruhen, was
seit meines Letzteren dahier weiters passirt sei, wobei nichts anderes
Veränderliches vorgefallen, als dass man allein eine kleine Veränderung
des Lagers an unserem linken Flügel vorgenommen hat.
E. k. M. und die churpfälzischen Truppen sind, wie es eben in
obgemeltem Tagzettel enthalten, nacher Ath angerückt und der Erbprinz
von Hessen hingegen mit diesen und denen churhessischen Truppen
in der Gegend Brüssel zur Bedeckung desselben stehen geblieben, von
♦) Krieg:s-A., Römisches Reich 1708; Fase. VII. 22.
-) Kriegs-A., Nieflerlaude 1708; Fase. VII. 105. — Ein (gleiches Schreiben
erging; auch an den König von Spanien.
•■') Diarium. Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. ad 105.
IGG
welchen eiuige Bataillons nnd Escadrons naclier Antwerpen und sechs
andere Bataillons nach dem holländischen Flandern detachirt worden,
nachdem der General-Staaten hier anwesende Deputirte das Letztere
darum verlangt haben, weilen sie glauben, dass dieses dem Feind ex-
ponirt und nicht genugsam bedeckt sei.
AVir stehen zwar jüngsthin allergehorsamst erinnertermassen
solchergestalt mitten unter den feindlichen Festungen, dass es von unserer
Willkür dependirte, welche von den Festungen wir attaquiren wollten,
wann man die schwere Artillerie haben könnte, so aber aus denen
vorhin allerunterthänigst angezogenen Ursachen grossen Beschwerlich-
keiten unterworfen ist und uns daher obligirt, dass man daliier solange
zuwarten muss, bis man wissen kann, ob man dieselbe werde haben
können oder nicht. Denn obschon die Anstalten angekehrt Avorden,
dass diejenigen schweren Stücke, so zu Sas van Gent sich befinden
nacher Antwerpen und von da nacher Brüssel auf dem Canale, von dort aus
aber zu Land anhero gebracht und nicht weniger von Mastricht andere
beiereführt werden sollen ; so kann man doch hierüber dato noch nichts
positive versichern, weilen deren und dazugehöriger Munition und anderer
Requisiten Beifuhr etliche 1000 Pferde erfordern, die man nicht weiss,
ob man damit werde aufkommen können, zu geschweigen, dass auch
der Feind von Sas van Gent aus auf dem Canal an unterschiedlichen
Orten deren Beifahr verhindern kann. Dieser, wie E. k. M. eben aus
oballegirten Tagzettel allergnädigst ersehen werden, steht noch zwischen
Brügge und Gent und verschanzt sich hinter dem Canal : er sagt zwar,
dass er allda stehen bleiben wolle, man haltet es aber für ein blosses
Spargiment, weilen er wohl weiss, dass wir annoch keine Stück haben,
und wann aber diese ankommen und man zu einer Belagerung schreiten
werde, dürfte er umso ehender obligirt sein, sich zu moviren, um sein
Land zu bedecken, als uns dieses solchergestalt ofi'en steht, dass man,
wie wir wollten und so weit uns beliebte, in Frankreich auslaufen
und hineingehen könnten, ist solchemnach nicht wenig zu bedauern,
dass wir der schweren Artillerie wegen dahier so viel Zeit verlieren
müssen. Womit etc.
116.
An den kaiserl. Gesandten Heems im Haag. Lag-er bei
Werwick, 22. Juli 1708 ').
Auf Deroselben vom 11. dieses unverhalte liiemit in Antwort,
dass, was die königlichen däni.schen Truppen belangt, diese, der mir
•) Kiie<,'.s-A., Spanien 1708; Fase. VII, 7G.
167
von anderwJirts auch eingelaufenen Naeliricliten nach, dato zu marschiren
nicht gedenken, dahero es dann endlich auch dahin ankommen wird,
dass Ihre kaiserl. Majestät ihrethalben eine liesolution werden nehmen
müssen.
Wegen der drei Puncta, so die vereinigte Flotte belangt, habe ich
noch in meiner Anwesenheit im Haag die Xuthdurft soUicitirt und ge-
glaubt, dass es auch damit seine llichtigkeit habe, nachdem die Holländer
dessen keine Difticultät gemacht, die Engländer aber ein Gleiches
ihresorts versprochen haben ; worüber, da ich jüngsthin auf das von
Ihre königl. katholischen Majestät in eben dieser Materie an mich erlas-
sene Schreiben auch mit dem Mylord Duc de Marlborough geredet,
seinesorts gleichfalls kein einziges Hinderniss gefunden habe. Wann
man aber, wie Sie mir schreiben, erst darüber in England deliberiren
will, so fürchte ich freilich, dass etwa einige Schwierigkeiten darein-
kommen dürften.
Was Sie hiernächst weiters wegen der Macht zu Lande melden,
dürfte es mit so balder Aufbringung der churpfälzischen Recruten,
dass sie gegen den Monat November zum Imbarco bei der Hand sein
sollten, schwer hergehen, angesehen die Zeit sehr avancirt, auch der
Weg weit ist.
AVundern thut mich, dass es mit Verwechslung der von Gent
wegen ihrer Mannschaft in Catalonien ersparten Gelder solange ange-
standen sei, da man mir doch positive zugesagt hat, dass man sich
hierüber mit dem Stanhope verstanden habe.
Was sonsten die Completirung der von 13 auf 6 reducirten hol-
ländischen Bataillone, item die 11 Squadronen betrifft, will ich dafür
die Nothdurft zu pressiren und an seine Gehörde das Weitere zu
reden gar gern thun.
Auf die geklagte Schwäche der kaiserlichen Infanterie-Regimenter
dient Ihnen zur Nachricht, dass erstlich das Reventlau'sche bei seinem
Imbarco aus anderen kaiserlichen Regimentern völlig und noch dazu
mit aller Mannschaft für dieses Jahr recrutirt worden sei, und sind
zwar einige Leute davon, die weit zu marschiren gehabt, item eine Anzahl
Kranke, so zusammen nur 300 Mann ausmachen, zurückgeblieben;
diese aber gehen mit eben dem dermaligen Transport hinüber, und
bei solcher Beschaffenheit aber kann man dieses Regiment in Einem
Jahr nicht zweimal recrutiren ; das Guido Starhemberg'sche Regiment
muss zum wenigsten 1900 Mann aufnehmen und von Osnabrück sind
noch einige Recruten zurück, die aber im Anmarsch sind, dass also
in Allem kaum 300 Mann abgehen werden. Wann man aber dabei
consideriren Avill, wie schwer dem Kaiser fallet, bei einer so zahlreich
168
auf den Beinen haltenden Infanterie eine so grosse Quantität Recruten
aufzubringen, wie weit diese nacher Italien zu marschiren Iiaben und
was unterwegs davon abgängig werden kann, so glaubte ich, dass
man dargegen kein so grosses Wesen zu machen liätte; sonderlich
aber haben sich Ihre könig!. Hoheit von S a v o y e n gar nicht zu beklagen ;
dann Ihnen im Vertrauen zu sagen, sind Sie gewohnt, die Regimenter
und säramtliche Truppen keinen Tag ehender, als Sie dieselben brauchen,
in Ihren Territoriis zu hal)cn ; dahero dann aucli erfolgt, dass also
hernach, wann man sie vonnöthen hat, dieselben wegen unterschiedlich
dazwisclien fallender Hindernisse nicht allezeit sogleich haben könne,
alswie es eben jetzo beschehen, da die Regimenter wegen der angeloffenen
Wässer anhalten und ziemlich leiden müssen ; die Anzahl aber der
von Seiten Ihrer kaiserl. Majestät in's Feld zu stellen habenden Truppen
belauft sich auf ein Mehreres, als die 14.000 Mann zu Fuss und
6000 Pferde, so Sie zu stellen haben ; wegen der Affaire von Comacchio
aber dürfte endlich wohl etwas zurückbleiben, wovon Sie aber nichts zu
melden hätten.
Für die Erinnerung des Herrn General Topff (Dopff) halber bin
Ihnen obligirt, werde auch observiren, was Sie mir seinethalben melden
und mich dessen in allem Fall, wann's vonnöthen, bedienen, inzwischen
rede ohnedem öfters mit ihm. Ich beziehe mich übrigens auf bei-
gehendes Journal und verbleibe etc.
117.
An den G. d. C. Marquis Visconti. Feldlager bei Werwick,
22. Juli 1708 'j.
Euer Excellenz vom 27. Juni habe bereits erhalten, und Averden
Dieselbe auch die Antwort auf dasjenige, was den eingeschickten Vor-
schlag betreffen thut, indessen schon bekommen und daraus ersehen
haben, dass es nicht practicabel sei, dass die in der Lombardie stehen-
den säramtlichen Truppen zweierlei Commandi untergeben sein sollten;
dahero auch sowohl diejenigen, so in Piemont, als die anderen, so in
der Lombardie und in dem Mantuanischeu verbleiben, dem Commando
des Herrn Grafen zu D a u n Excellenz allein unterstehen müssen.
In Sachen der assignirten 12.000 fl. auf jedwedes Regiment zu
Pferd, kann es ebenermassen nicht anders sein, als dass diese denen
Regimentern für heuer angerechnet werden müssen, gestalten, wann
es auf das künftige Jahr geschehete, solches denen Regimentern nur
') Kriegs-A., Italien 170«; Fase. VII. 17.
169
mehr zum Scliaden, als zum Nutzen gereiclien tluite, indem dieses
ein vorhinein gefressenes Brod wäre und hinwiederum so viel an der
künftigen Verpflegung abgezogen würde, wohingegen die Regimenter
bekannterraassen für heuer ohnedem nicht völlig bezahlt sind.
In der Klage der Fürstin Montecuccoli bin ich zwar nicht
informirt, ich will aber derentwegen an Einen löbl. Hofkriegsrath
resci'ibiren. und wollen E. E. auch ein Gleiches mit Anführung der
darunter seienden Ursachen dahin gelangen lassen.
Ratione Dero Projectes wegen Zusammensetzung eines Corpo in
dem Ferraresischen bin ich anjetzo von dorten zu weit entfernt, dass
ich was Positives darüber sagen könnte, wo zudem mich auch hierein
zu meliren nicht gedenke. E. E. wollen dahero die diesfallsige Noth-
durft eben bei Hof anbringen.
Ueber dasjenige aber, was der Herr GWM. Graf Bonne val
geschrieben hat, habe noch vor meiner Abreise von Wien mit Ihre
kaiserl. Majestät mündlich geredet und Höchstgedacht Deroselben die
behörige Information davon gegeben, inmassen solches nicht auf E. E.
Person, sondern auf mich vermeint gewesen.
Dess übrigens thun E. E. gar wohl, dass sich Dieselbe bei
Seiner königl. Hoheit beurlauben, und ich verbleibe etc.
118.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Lager bei Werwick,
22. Juli 1708 ').
Den richtigen Einlauf Euer Excellenz Beider vom 5. und 20.
passato habe Deroselben hiermit accusiren und anbei, ungeachtet das
iii:stere ziemlich alt und der Enthalt dessen durch meine Vorher-
gehenden bereits guten Theils beantwortet worden ist, Deroselben
weiters unverhalten wollen, dass Selbe indessen aus meinen Vorigen
schon ersehen haben \verden, wasmassen die Flotte Ordre habe, wegen
Abschickung der belangten Kriegsschiffe all' dasjenige zu thun, was
an selbe von Seiner katholischen Majestät würde begehrt werden,
woran ich dann auch meinesorts ganz keinen Zweifel trage.
Was mir E. E. hiernächsi über die intercipirten Schreiben wegen
des Feindes Verstärkung in Sicilien melden, dem falle ich mit E. E.
auch bei und glaube, dass dieses feindliche Absehen bei gegenwärtigen
Conjuncturen sich so leichterdingen nicht wird thun lassen.
Mit Communicirung dessen, was hier passirt, ist durch die hiesige
kaiserliche Feldkriegs-Kanzlei bereits der Anfang gemacht worden
') Krieg-s-A., Italieu 1708; Fase. VII. 18.
170
iiud wird aucli also weitersliln wie sonsten damit coutiniiiit werden
nicht zweifelnd, dass E. E. auch Deroorts ein Gleichmässiges zu ob-
servireu, anbefehlen werden.
Wegen Abmarsch der in der Lombardie und Bayern befindlichen
lind zu denen alldortigen Regimentern gehörigen Mannschaft, ist der
behürige Befehl noch vorlängst ergangen.
Dass man übrigens von dem Aufstand in Palermo profitiren,
mithin von der Flotte einige Schiffe dahin detachiren möge, unter-
lasset man nicht, dahier nach Kräften zu pressiren, wie ich dann glaube,
dass diesfalls auch umsoweniger Difficultäten sich ergeben werden,
als obgedachtermassen der Admiral Leake ohnedem beordert ist,
nach Ihro katholischen Majestät Verlangen Alles zu thuii, was selbe
begehren würden. Womit etc.
119.
An den Obristen Living-stein. Feldlager bei Werwick,
22. Juli 1708 0-
Dass Derselbe wegen der von Ihro kaiserl. Majestät allergnädigst
verliehenen Obristen-Stelle melden wollen, da erfreut mich, dass Dem-
selben meinesort dazu was habe contribuiren können. Was aber sonsten
die assignirten 15.000 und hierauf per 5000 fl. bereits gemachte
Anticipation belangen thut, darüber dienet zur Nachricht, dass
generaliter für alle Regimenter das Weitere gehöriger Orten schon
ergangen, auf dass denenselben zur Habhaftwerdung ihrer Assigna-
tionen an die Hand gestanden werde.
So ich Demselben auf die Beiden vom 9. und 26. passato hie-
mit erinneren und verbleibe etc.
120.
An den FML. Grafen Königsegg. Feldlager bei Werwick,
22. Juli 1708 0-
Auf meines Herrn General - Feldmarschall - Lieutenant unterm
29. passato an mich Abgelassenes, sage Demselben dienstlichen Dank
für die darinnen mit Mohrerem enthalten gewesten Nachrichten von
dem dortigen Stand, und apj)robire, dass sich Derselbe der vor-
habenden Bad-Cur nicht ehendor zu gcljrauchen gesinnt sei, bis niclit
<) Kriegs-A., Itali.'u 1708; Fa.sc. VII. 11).
2) Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. VII. 20.
<
171
daselbst uiclits mehr zu tlmn sein werde. Bin auch in dem mit meinem
Herrn General-Feklmarschall-Lieutenant einer gleichen Meinung, dass,
wie es besagten Mantuanischen halber zukünftigen ^\'inter gehalten
werden sollte, nicht ungut, ja nöthig wäre, dass bei Ilof vorläufig ein
Grewisses ausgemacht werden sollte, welches dann umso leichter wird
geschehen können, als ohnedem anheuer nicht so viele Truppen als
verwichenes Jahr in der Lombardie sich befinden tlmn.
Ich schreibe hierüber unter heutigem nacher Hof, damit mein
Herr General-Feldmarschall-Lieutenant zu diesem Ende dahin berufen
werden möchte und verbleibe in dieser Erinnerung etc.
121.
An den GWM. Grafen Bonneval. Feldlager bei Werwick,
25. Juli 1708').
Dass der Herr General - Wachtmeister den Abriss von Co-
macchio mit weiterer Describirung der anderen beiden Thürme mir
einsenden wollen, dafür sage Demselben hiemit dienstlichen Dank und
approbire, dass Derselbe die Fortifications-Werke davon in Ein- und
Anderem verbessert, nicht weniger auch, dass der Herr General-
Wachtmeister hierüber eine Extra-Relation nacher Hof eingeschickt
habe, von wannen aus dann Derselbe auch zu seinem weiteren Ver-
halten die fernere Ordre schon erhalten wird. Allermassen dermalen
vom Hof allzuweit entfernt bin, dass ich dem Herrn General- Wacht-
meister hierüber was schreiben oder erinnern könnte, wird mir nichts-
destoweniger lieb sein, wann der Herr General-Wachtmeister mir
noch ferners, was etwo allda passiren möchte, wird erinnern mögen.
122.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 25. Juli 1708').
Euer kaiserl. Majestät allergnädigstes Handschreiben vom 11.
dieses habe ich sammt dem Anschlüsse gestern Vormittags in aller
Unterthänigkeit behändigt und nach Dero allergnädigsten Befehl nicht
ermangelt, hierüber sogleich mit dem Mylord Duc de Mar Ib or ough
ausführlich zu reden. Nachdem aber die Post heute gar zeitlich von
hier abgeht, so ist es mir nicht wohl möglich, E. k. M. darüber meine
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VII. 27.
2) Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. VII. 113.
172
alleruntertliänio-ste Antwort mit derselben abzusenden, ich werde es
aber künftigen Sonntag allergehorsamst bewerken.
Inzwischen ist dahier nichts Anderes vorgefallen, als was aus
angehendem Tagzettel E. k. M. allergnädigst zu ersehen geruhen
werden, in welchem neben Anderem zuvörderst enthalten, dass nun
der mehrste Tlieil der schweren Artillerie von Sas van Gent zu Ant-
werpen angekommen, welche man durch die Canals weiters nach
Malines oder Brüssel abfahren lassen, und nicht weniger die von Mast-
richt beschriebene gegen Ende dieses Monats allda zu gedachtem
Brüssel erwartet wird. Es sind aber damit gleichwohl nicht alle Diffi-
cultäten gehoben, weilen derselben Transport über Land eine überaus
grosse Anzahl Pferde erfordert, welche hingegen in dem Land so
leicht nicht zu finden, daher es auch, diese zusammenzubringen, noch
Mühe und Arbeit kosten werde.
123.
An den kaiserlichen Gesandten Heems im Haag". Lager bei
Werwick, 26. Juli 1708 M.
Deroselben vom 22. dieses wird mir zurecht, und ich lebe der
Hoffnung, dass Sie nicht nur meine Relation über die glückselige Action
von Oudeuarde wohl werden behändigt haben, sondern dass Ihnen
auch von Post- zu Posttag die Continuation meines Diarii richtig werde
eingelofFen sein. Das Ihrige, auf welches Sie sich der spanischen An-
gelegenheiten halber beziehen, habe ich bereits vor zwei Posttagen
ausführlich beantwortet, auf welches dann ich mich nicht weniger
berufe und Deroselben anbei unverhalte, wasraasson von Ihro kaiserl.
Majestät ich dieser Tage einen allergnädigsten Befehl erhalten habe,
was in meiner dermaligen Anwesenheit, jetztbesagter Angelegenheiten
wegen, mit dem Mylord Duc de Marlborough in Einem und Anderm
reden und pressiren solle, und weilen mir dabei auch erinnert worden
ist, dass man vom Hof aus imter einsten an Dieselbe hierüber ge-
schrieben und bedeutet habe, dass Sie sich mit mir darum zu ver-
stehen haben würden, so werde ich auch Ihnen mit nächster Post mit
mehrerer Ausführlichkeit in dieser Materie schreiben; inzwischen ist
der Courier, auf den Sie sich beziehen, nicht herin gewesen und habe
ich Ihr Obiges durch andere Weg erhalten.
Dass wegen der pfälzischen Recruten ein Endliches geschlossen
worden, daran ist sehr wohl geschehen, ich fürchte aber, dass die
Aufbringung derselben ziemlich spät hinauslaufen werde.
') Ki-ie<rs-A., Spauu-ii 17C8; Fa.sc. VII. 85.
173
So ist nicht weniger gut, dass von Seiten Hollands mit lleber-
machung der bewussten Ersparungsgelder endlicli ein Anfang gemacht
wurde, und ist zu wünschen, dass die völlige Sunnna hinaiisfolgen
möchte, welches Sie dann zu pressiren, sich voi-nelunlich angelegen sein
lassen wollen.
Was die Coni])lctirung der holländischen Truppen anbetrifft,
Aväre das Beste, wann man diese 7ai recrutiren und die bedürftige
Anzahl Leute zu diesem Ende hinüberzuschicken verniöchte, widrigen-
falls der noch übrige alte Fuss völlig zerfallen und abgehen würde;
dahingegen, wann der Vorschlag mit Anwerbung neuer Leute zu
Neapoli und Mailand angenommen werden sollte, eine bekannte Sache
ist, dass man mit diesen niemalen solchergestalten versehen sein und
derlei gute Dienste zu verhoffen haben würde, als mau sich von einem
alten recrutirten Corps promittiren kann. Wann es aber nicht zuwege
zu richten wäre, so müsste man endlich die gemachte Proposition
acceptiren, Ihro königl. katholische Majestät aber davon Nachricht
ertheilen, um zu sehen, ob man nicht von anderwärtsher die Mann-
schaft beiwerben könnte.
Der von Quiros hat mir der Königin von England Resolution
communicirt und ich kann Ihnen vorläufig erinnern, dass man zur
Ueberwinterung der Flotta oder einer genügsamen Squadra den Porto
Maone (Mahon) absolute haben wolle, vorgebend, dass derjenige della
Specie (Spezzia) hier zu nichts nutz sei. Mit dieser Gelegenheit nun
wäre um so mehrers auf die Conquistirung Siciliens zu dringen, gleich-
wie dann ich bereits gethan und vorgestellt habe, dass sodann der
Porto Messiua hiezu am dienlichsten und man auch dabei dieses ganze
Land eiufolglich zu fieparirung ein und anderer Erfordernisse an der
Hand hätte.
Was die Erklärung des Königs in Dänemark wegen des Ab-
marsches dessen Truppen nacher Ungarn angeht, kann ich Sie zAvar
versichern, dass Seiner kaiserl. Majestät allergnädigste Intention zwar
nicht sei, der Bürgerschaft und des Magistrats alte Rechte und Pri-
vilegien zu kränken ; sonsteu aber sind Dieselbe nicht weniger geneigt,
dass die dermalen allda liegenden Kreis-Völker von dannen abziehen
sollten ; es dependirt aber nicht von Ihro, hiezu einen gewissen Tag
zu benennen, noch die Zeit zu determiniren, wann eigentlich diese
Zwistigkeiten vollends beigelegt sein sollten, weilen den darin liegen-
den Auxiliar-Völkern an Prätext nicht ermangeln wird, ihren Abmarsch
zu trainiren. Womit etc.
174
124.
An den Churfürsten von Bra,unscliweig: und Lüneburg".
Werwick, 28. Juli 1708').
Dureli den von Euer Gnaden jinliero abgeschickten geheimen
Kath Freiherru von Eltz habe das ihm mitgegebene hochwerthc
Schreiben vom 19. wohl erhalten und erstatte Euer Gnaden gehor-
samsten Dank für die darin an mich beliebig gethanen Glückwünsche
zu der wider den Feind von der hierseitigen Armee erhaltenen Vic-
torie, mich übrigens auf dasjenige beziehend, was ermelter Herr Baron
von Eltz über den bei mir gethanen mündlichen Vortrag Euer
Gnaden darauf umständlich nach meiner demselben gegebenen Antwort
erinnern wird, auf welches mich dann gehorsamst berufe und ver-
bleibe etc.
125.
Bericht an den Kaiser, Lager bei Werwick, 29. Juli 1708^).
Euer kaiserl. Majestät werden aus hiebeigehendem Extraxt alier-
gnädigst zu ersehen geruhen, wie der Conte UrbanoFiesco durch
französische Machinationen von der Republik Genua mit einem harten
Arrest belegt worden und in Gefahr sei, dass ihm der Process ge-
macht werde und er seinen Kopf verlieren dürfte. Und nun, angesehen
derselbe der Einzige von dieser Republik, welcher E. k. M. mit einer
besonderen Begierde beigethan war, und diesen Krieg hindurch unter-
schiedliche nützliche Dienste prästirt, allermassen er dann nicht nur
mit mir, sondern auch mit dem Grafen Guido von Starhemberg
und anderen in Italien gestandenen commandirenden Generalen be-
ständig correspondirt hat, welches auch die Ursache ist, dass derselbe in
Frankreich auf das Aeusserste verfolgt und durch diesen König endlich
in seine gegenwärtige Extremität gestürzt worden; also dass zum Fall
E. k. M. seinethalben nicht ein unverlangtes impegno zu nehmen, alier-
gnädigst geruhen sollten, er wegen seines zu Dero Allerhöchstem
Dienst jedesmals bezeigten Eifers und in allen Vorfallenheiten ge-
thanen Vorschubs seinen Kopf unfehlbar verlieren würde: als bin
in meinem Gewissen schuldig, E. k. M. hieven die allergehorsamste
Nachricht zu erstatten, um dass Sie sich dieses Cavaliers ohne Zeit-
verlust mit starkem Nachdruck allergnädigst annehmen wollten, in-
massen Frankreich nicht feiern wird, dass mit dem Process wider ihn
*) Kiiegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. YlII. ;ul 191).
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 129
175
solchergestalt geeilt werde, damit dieser ehonder vollendet sei, ehe
von E. k. M. das impegno kommen möchte.
AVas sonsten den hiesigen Stand der Sachen helangt, werden
E. k. M. aus angehendem Tagzettel *) allergntädigst ersehen, wie die
schweren Stück endlich zu Brüssel angelangt, und Avas man zu der-
selben Transport für Anstalten angeordnet und wie hiernächst der
Graf Till y das Glück gehabt, 1000 feindliche Pferde aufzuschlagen.
Worauf mich in allergehorsamsten Respect hiemit berufe und anbei etc.
126.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 ').
Euer kaiserl. Majestät habe ich in meinem unterm 25. dieses
an Dieselbe erlassenen allerunterthänigsten Bericht allergehorsarast
beigebracht, dass ich Dero allergnädigstes Schreiben vom 11. detto
zwar allergehorsamst behändigt und darauf sogleich mit dem Mylord
Duc de Marlb oro ugh über ein und anderes der von Seiner königl.
katholischen Majestät formirten Begehren in 6 Puncto abgetheilten
specialia geredet hätte ; dass mir aber damalen wegen Kürze der Zeit
und abeilender Post unmöglich gewesen wäre, meine allergehorsamste
Antwort und was in Sachen gehandelt worden, unter einsten einzu-
senden.
Ich bewerke es diesemnach hiermit in aller Unterthänigkeit, und
gleichwie Sr. königl. Majestät dermaligen misslichen Zustand, so tief
derselbe E. k. M. zu Herzen geht, so angelegentlich auch ich mir
zu Gemüthe nehme, umso nachdrücklicher habe ich mir anbefohlen
sein lassen, E. k. M. darüber ertheilten allergnädigsten Befehl auf das
Genaueste allergehorsamst zu vollziehen und zuvörderst mit dem
Grafen von Gallas und dem von Heems vertraulich zu comrauniciren,
damit beide die Nothdurft äussersten Fleisses di concerto treiben,
einfolglich der Erstere bei der Königin von England, der Andere aber
bei denen Generalstaaten das Behörige mit Nachdruck vorstellen könne ;
und weilen mir aber auf solch' meine mündlichen Repräsentationen
obgemelter Duc de Marlb orough versprochen, über Ein- imd
Anderes an die Königin zu schreiben, so habe ich für nöthig zu sein
erachtet, ihm die angemerkten 6 Puncta schriftlich auf die Weise zu
comrauniciren, wie E. k. M. aus hienebengehender Anlage mit Mehreren!
allergnädigst zu ersehen geruhen werden. Ich aber berühre dieselben
hiemit von Punct zu Punct, und zwar soviel
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XIII. Diariuin.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VII. 125.
17Ö
den ersten belangt, dass Ihro königl. Majestät über die bereits
übersandte und jetzt mit dem Leake überschiffeude Volkshülte, mit
noch 8000 Mann ausgeholfen werden sollte, da muss E. k. M. gehorsamst
uuverhalten, gleichwie ich auch Deroselben aus dem Haag Avährendcr
meiner dortigen Anwesenheit in aller Unterthänigkeit benachrichtigt
habe, dass für diese Campagne von denen Öee-Potenzeu an Volk nichts
zu hoffen sei, dann sie den Ausgang derselben erwarten wollen. E. k. M.
aber die weitere Aushülfe, es sei an Volk oder Spesen, zuzuschieben,
könnte ich als Dero Kriegs - Präsident und General - Lieutenant mit
gutem Gewissen so wenig einrathen, als Dieselbe aus denen angeführten
imd gar wohl ponderirten Motiven die Unmöglichkeit dessen Allerhöchst-
erleucht von selbsten erkennet haben, ausser es wäre Sache, dass die
Seemächte die Mittel so zeitlich vorzuschiessen^ sich bequemen möchten ;
womit man den ganzen Winter frei hätte, solche Veranstaltungen zu
machen, dass man an Platz der abgebenden, sogleich wiederum neue
Völker anwerben oder durch treffende Handlungen an der Stelle
haben könnte. Hingegen dürfte sich E. k. M. allergnädigste Intention
vielleicht bewerken lassen, dass man aus Mailand und Neapel zu
diesem Ende was beitragen und errichten könnte, massen ich aller-
unmassgebig glaubte, dass aus einem jedweden von beiden diesen
Ländern und Königreichen ein Paar Regimenter und nicht weniger
allhier in denen spanischen Niederlanden, wann nur Geld vorhanden
Aväre, andere zwei aufgestellt und zur Hülfe abgesendet werden könnten,
wozu, soviel Mailand angeht, das Hamilton'sche Dragoner-Kegiment
bereits vorhanden, und allein zu sehen sein würde, demselben die
noch nicht bekommenen Pferde beizuschaffen ; nächst diesem aber
könnte man auch von denen dort befindlichen Graubündnerischen
Bataillons etwas hineinschicken, einfolglich die Mannschaft in baldcr
Bereitschaft haben, wann nur die dazu nöthigen Geldmittel nicht
gebrechen und auch dieselben unter cinsten sogleich beigebracht
werden könnten.
Dass im änderten die zur Unterhaltung der Völker, wie auch
der königl. Hofstaat erforderlichen Geldmittel sichergestellt, folglich
entweder die vom König in Portugal verbotene Ausführung der dahin
verwechselten Gelder aufgehoben, oder die nacher Spanien über-
schickende Nothdurft durch versicherte Wechsel über Genua Über-
macht, oder endlich, wann es nicht sein könnte, aus England in natura
Ihro königl. Majestät zugebracht werden möchten, will man von
Ersterem, das ist, soviel den Unterhalt der königl. Hofstaat belangt,
von Seiten Englands nichts wissen, mit dem Vermelden, nachdem
Seine königl. katholische Majestät Mailand und Neapel erobert, dass
177
sie von diesem ihren Unturhalt ziehen und subsistiren seilte, dero-
wegen ieh dann aueh in meinen dem ^lylurd Due überreichten Puucten
hievon abstrahirt und Alles unter dem Namen Subsidien zusammen-
genommen habe,
Jetztbemelter Mylord Duc gestund mir zwar, dass im änderten
wegen Ausfuhr des Geldes aus Portugal eine Diffieultät gewesen sei;
man hätte aber darinnen bereits remedirt und solche Vorsehung
gethan, dass, wie ihm der Mylord Tresorier erst kürzlich versichert
habe, es an Geldmittel nicht fehlen solle, und hat man durch einen
von dem Stanhope ankommenen Officier, welcher über Genua
passirt, die Nachricht, dass man allda und sonsten in Italien eine
Anticipation von 100.000 Pistolen suche.
Dass im dritten die Expedition von Sicilien und Sardinien fest-
zustellen sei, berufete sich der Mylord Duc in der mir darüber gegebenen
Antwort auf dasjenige, was oben aus dem Haag an E. k. M. ich
allergehorsamst benachrichtigt habe; dass nämlich die Admiralität die
positive Ordre bereits hätte, dasjenige zu thun, was Ihre königl. katholische
Majestät desfalls verlangen und nach denen sich ergebenden Conjunc-
turen für Dero Dienst zu sein, allergnädigst befinden werden. Dessen-
ungeachtet aber versicherte er mich gleichwohlen, dass er deswegen
noehmalen schreiben wollte, wiewohlen man nach ihrem Gebrauch
unmöglich eine positivere Ordre geben könnte, als diesfalls die Admi-
ralität schon hätte. Was aber
Viertens die Ueberwinterung einer genügsamen Escadre im Mediter-
raneo belangt, zeigt sieh dessen eine solche Diffieultät, dass es annoch im
Zweifel steht, ob man hierauf reussiren werde ; dann ungeachtet in
meiner Anwesenheit in dem Haag von Seite der Holländer mir dessen
die Zusage geschehen, von Seite Englands aber versprochen worden,
dass man die dagegen im Wege stehenden Hindernisse zu heben
suchen wolle, so sagte mir jedoch der Duc de Marlborough, dass,
als man hierüber ihre Admiralität vernommen hätte, diese von dem
Porto della Specie (Spezzia), obwohlen man glaube, dass er gut sei,
nichts wissen wollte, sondern zur Ueberwinterung einer Anzahl Kriegs-
schifi'e man den Porto Maone (Mahon) absolut haben müsste, ohne
welchen sonsten die Ueberwinterung nicht geschehen könnte ; ersuchte
mich dabei, E. k. M. und Ihre königl. katholische Majestät zu
schreiben, allermassen auch aus England ein Gleichmässiges geschehen
sei. Mit dieser Gelegenheit aber replicirte ich demselben in Antwort :
wann man von der in Palermo sich ergebenden Conjunctur anjetzo
profitiren, einfolglich durch unverlangte Abschickung einer Anzahl
Kriegsschiffe Sicilien reduciren wollte, dass man sodann den Porto
Feldzüge des rrinzcu Eugen v. Savoyen. II Serie, I. Band. Sui)i)lemeut-Heft. 1^
178
Messina zu überwintern viel bequemer und noch dazu den Nutzen hätte,
dass mau das ganze T^and nebst dem Königreich Neapel und darinnen
die zur Reparirung der Schiffe erforderlichen Nothwendigkeiten an der
Hand habe; bäte solchenniach wiederholter ihn, Mylord Duc, dass man
nicht nur wegen Sicilien und kSardiuien an die Admiralität nochmalen
positive schreiben, sondern auch derselben auftragen sollte, dass die
Hinterlassung einer Öquadra (^Escadre) über Winter unverlangt sicher-
gestellt und zu dem Ende jetzo gleich die Nothdurft an Seilen, Ankern,
Provision etc., so eine dergleichen Squadra währenden ^Vinter zu ihrer
Wiederausrüst- und Keparirung vonnöthen habe, hinüberschicken
möchte, auf dass sie, Admiralität, nicht Ursache habe, derenthalben
einen Vorwand zu nehmen, dass sie aus Abmangel dieser Requisiten
zurücklaufen müsse. Worauf er mir versprochen, dass, gleichwie er
dessentwegen bereits geschrieben habe, also auch nochraalen die Sache
repetiren und beirücken wollte, nachdem vorgemelte Requisiten schon
in Bereitschaft seien, nach Livorno geschickt zu werden, dass dieselben,
wann's die Möglichkeit sein würde, nicht dahier nach Lisbona, sondern
in das Mediterraneum gesendet werden möchten, und unterliess ich dabei
nicht, ihm unter einsten auch diejenigen triftigen Motive vorzustellen,
welche E. k. M. in Ihrem allergnädigsten Schreiben beigerückt haben,
dass nämlichen die Hinterlassung einer genügsamen Squadra von desto
grösserer Consequenz und Nothwendigkeit sei, als ohne dieselbe
Catalonien und mithin Ihre königl. katholischen Majestät Allerhöchste
Person der äussersten Gefahr exponirt, das Commercium mit Italien
unterbrochen und das Königreich Neapel beständig widrigen Zufällen
ausgesetzter bliebe; inmassen nur gar zu gewiss sei, dass die Franzosen
sechs Monate Zeit hätten, zu Wasser und Land zu thun, was sie wollten,
gleich es anheuer gescheheii ist, da die Flotte ihrem Versprechen nach
im Februar hätte überscliiffen und dazu an der Stelle sein sollen,
welches hingegen erst in diesem zu Ende gehenden Monat bewerkt und
anmit Tortosa verloren worden sei.
Ueber den fünften Punct wegen Anweisung der alliirten Völker
an den Grafen Guido von Starhemberg hat sicli mehrerwähnter
Mylord Duc nicht wenig verwundert, da er von dem Duca di Äloles
mir einen Brief vorgewiesen, dass dieses bereits geschehen und man
ein Ijesonderes Vergnügen darob bezeigt habe, E. k. M. sich auch
allergnädigst zu erinnern geruhen werden, wie Derselben ich aller-
gehorsamst berichtet, dass noch in meiner Anwesenheit im Haag man
hierüber von Seiten der Alliiitcn das Behörige ausgestellt hätte, welches
nächst dem auch umso sicherer ist, als durch des Feldmarschalls
Grafen Guido Starhemberg gemachte Aus- und Eintheilung die
179
Truppen in die Ordre de bataille man alliirterseits sich dessen aller-
dings bequemt hat; man dürfte aber vielleicht verlangen, dass jetzt-
gemeldete alliirte Truppen solchergestalt angewiesen werden sollten»
dass man damit wie mit eigenen frei disponiren könnte, Avelches aber
imisoweniger stattfinden würde, als ein jeder alliirter General zwar
vorgemeltes Grafen Guido von Starheraberg Ordre unterstehen
kann, das Detail und die Oekonomie aber von seinen anvertrauten
Truppen selbsten zu machen hat, gleich ich es mit denen unter meinem
Commando gestandenen solch fremden Völkern observirt, auch alle
anderen commandirenden Generales bishero also gethan. Endlich habe
ich auch
Sechstens wegen des dickberührten Feldmarschalls Grafen Guido
von Starhemberg und des grossen und kleinen Stabes Bezahlung
bei dem Mylord eine gleichmässige Anregung gethan, und er hat mir
dagegen gemeldet, dass er glaube, es sei wahr, dass weder die eine,
noch die andere in der Lista angesetzt seien ; man könnte aber E. k. M.
Generales nicht aushalten, und die Wahrheit zu bekennen, finde
ich es auch Dero Allerhöchsten Würde etwas disreputirlich, da ich
allezeit der allerunterthänigsten Meinung war, dass man hievon niemalen
etwas melden, sondern mit Eintragung sein, des Feldmarschalls Gage
und des Stabes unter die Regimenter geueraliter das Totale ziehen
sollen, dass die Verpflegung E. k. M. in Spanien stehender Truppen
diese Summe abwerfe, womit, ohne eine neue Präteusion zu formiren,
eine solche Bezahlung richtiggestellt gewesen wäre. Ich habe aber
gleichwohlen nach dem allergnädigsten Befehl den weiteren Anwurf
gethan und dabei gemeldet, es wäre eine ordinaire Sache, dass in allen
Tractaten von Völkern, nach deren Proportion man auch die Generalität
einbegreife, hiernächst aber ohnedem nicht weniger Generales als
wirklich sind, hätte ansetzen können, zu gescliweigen, dass er wohl
wisse, wie nachdrücklich man insistirt habe, dass oder ich selbsten,
oder der Feldmarschall Graf Guido Starhemberg hinübergehe.
AVorüber dann er, Mylord, angesehen es nicht viel austrage, gleichwohl
an die Königin zu schreiben versprochen hat. Nun steht zu erwarten,
was auf alle diese Puncta von Ihr, der Königin, für Resolution es
einlaufen werden, die ich meinesorts pressiren und sodann unermaugeln
will, E. k. M. hievon die allerunterthänigste Nachricht einzusenden.
Indessen gebe Ihro königl. katholischen Majestät ich hievon unter
einsten den gehorsamsten Bericht, damit Sie auch Ihresorts durch Ihro
Ministros das Werk in gleicher Conforraität treiben lassen können,
und tliue mich anbei etc.
12*
180
127.
Bericht an den König" von Spanien. Lag'er bei Werwick,
29. Juli 1708 ').
Nachdem Ihre kaiserl, Majestät unterm 11. dieses mir aller-
gnädigst anbefohlen, dass über Euer königl. Majestät Angelegenheit
mit dem Duo de Marlborough dahier reden und dieselbe mit allem
Kachdruck pressiren sollte, allermassen Sie dem Grafen von Gallas
und dem von H e e m s ein Gleiches committirt und beinebeus anbe-
fohlen hätten, dass Sie hierüber mit mir correspondiren und diesfalls
an mich gewiesen sein sollten; als habe ich auch nicht ermangelt, zu
allerunterthänigster Befolgung dieses allergnädigsten kaiserlichen Befehls,
zuvörderst aber zu Bezeugung meiner allerunterthänigsten Pflicht in
Beförderung E. königl. M. Allerhöchsten Dienstes hierüber mit ersagtem
Mylord ausführlich zu reden und, weilen er mir versprochen hatte, an
die Königin über Ein- und Anderes zu schreiben, demselben die in
copia anliegenden Puncta zu behändigen, und werden E. königl. M. aus
der anderen Beilage des Weiteren allerguädigst zu vernehmen haben,
was ich inmittelst auf solche mit ihm, Mylord, sothaner Puncte halber
gehabte Unterredung an I. k. M. allergehorsamst relationirte, so Dero-
selben ich zu dem Ende hiemit auschliesse, um dass E. königl. M.
hievon die allergnädigste Wissenschaft haben und dass von Seiten Dero
in England befindlichen Ministern diese Angelegenheit in gleicher
Conformität getrieben werden möchte, Sie dieselben hiernach alier-
gnädigst instruiren lassen wollten. Ich werde nicht feiern, durch
immerwährendes Pressiren meinesorts zu thun, was möglich ist, aller-
massen dann auch E. königl. M. von Ein- und Anderem jedesmal die
allergehorsamste Nachricht einsenden werde.
Was sonsten seit meines Letzteren dahier passirt ist, das geruhen
E. königl. M. aus anliegendem Journal, allerguädigst zu ersehen ; man
ist also der schweren Artillerie jüngster Tage dahier gewärtig und
E. königl. M. geruhen allerguädigst gesichert zu sein, dass ich gewiss
Alles ankehre, den Krieg dahier mit allem Ernst zu poussiren und
von der jüngsthin erhaltenen Victorie rechtschaflfen zu profitiren.
128.
An den Hofkriegsrath. Lager bei Werwick, 29. Juli 1708').
Auf Eines löbl. ^littel unterm 14. dieses an mich Erlassenes bin
in allweg zufrieden, dass auch wegen Beförderung des Herrn Obristen
*) Kriegs-A., Spauien 1708; Kasc. VII. 5)2.
«) Krieg«-A., Niedt'ilaude 1708; Fase VII. 12(3.
181
Grafen von Herb er st ein das gewölmliclie Referat an Iliro kaiscrl.
Majestät allergehorsamst abgegeben werde.
Ich höre hiernächst, dass Ein löbl. Mittel die KoUonits'schen
Huszaren im Stande, wie sie sind, alsogleich anhero zu ihrem Regiment
abzugehen befehlt habe. Zumalen aber die meisten annoch ohne Pferd
und diejenigen, welche mit l'ferden versehen, dazu keine Sättel und
Zeug haben, so wüsste ich nicht, was ich mit diesen Leuten dahier
machen sollte, kann daher umsoweniger glauben, dass P]in löbl. Älittel
derlei Ordre erlassen habe. Nichtsdestoweniger finde ich eine Nothdurft
zu sein. Ein löbl. Mittel zu erinnern, wann es also sein sollte, dass
es sothane Ordre hinwiederum redressiren und ersagte Huszaren nicht
änderst als in dienstbaren Stand anherschicken wolle.
So vernehme ich auch bis auf diese Stunde von denen Fels- und
Reising'schen Comraandirten nicht das Geringste. Ein löbl. Mittel
wolle solchemnach auch machen, dass diese Leute zu ihren Regimentern
einsmals befördert, der commandirende Officier aber mit Arrest belegt
und solchergestalten zur weiteren Untersuch- und Bestrafung anhero
geschickt werde.
Was übrigens seit meines Letzteren passirt ist, zeigt der Anschluss,
auf den ich mich berufe und verbleibe etc.
129,
An den GWM. Freiherrn von Martini, Lager bei Werwick,
29. Juli 1708^).
Weilen das löbl. Osnabrück'sche Regiment bekanntermasscn ohne
Erwartung ihrer Recruten bereits eingeschifft und nacher Spanien
transportirt worden ist und nun aber diese mit nächsten darinnen
eintreffen werden, so habe ich dem Herrn General-Wachtmeister und
Obrist-Kriegs-Commissario über dasjenige, so ich hierüber an Denselben
bereits überschrieben habe, weiters erinnern wollen, dass der Herr
General-Wachtmeister dahin antragen und die Dispositiones solcher-
gestalten ausstellen lassen wollen, auf dass ermelte Recruten bei ihrer
Ankunft allda nicht allein sogleich nachgeschickt, eingeschifft und
transportirt werden können, sondern dass mir auch die anbefohlene
Tabelle über die eingeschifften kaiserlichen Truppen, von dem englischen
Herrn Gesandten unterzeichneter, unverlangt anhero eingeschickt werde,
auf dass ich hier an seinem Ort auf die Bezahlung der dafür accor-
dirten Summa pressiren möge, des übrigen verbleibend etc.
') Krieg's-A., Spanien 1708; Fase. VIF. 93.
182
130.
An den GWM. de Wendt Lager bei Werwick, 29. Juli 1708 ').
Ich bcduuke micli auf Dessen vom 18. dieses, vor die mir in Ein-
und Anderem gegebenen Nacliricliten, kann aber anbei nicht begreifen,
wie der kaiserliche Hofkriegsrath die Kollonits'schen Huszaren im Stand,
wie sie sind, theils mit Pferden ohne Sättel, theils ohne Pferde alsogleich
hereinzumarschiren habe beordern können; denn ich weiss nicht, was
mit dietien Leuten bei solcher Beschaffenheit macheu solle. Hiernächst
verwundere mich nicht weniger, dass von denen Fels- und Reising'schen
Commandirten noch nichts zu vernehmen sei.
Der Herr General- Wachtmeister bewerbe sich hierüber um Nach-
richt, und da Derselbe von diesen Wissenschaft überkommen würde,
berichte es Derselbe anhero und pressire deren Marsch, wann sie in
Bavern anlansreu würden. Womit etc.
131.
An den kaiserlichen Gesandten Heems im Haag*. Feldlager
bei Werwick, 29. Juli 1708^}.
Gleichwie ich Deroselben unterm 26. dieses erinnert habe, nachdem
von Ihre kaiserl. Majestät den allergnädigsten Befehl erhalten, über
die spanischen Angelegenheiten mit dem Duc de M a r 1 b o r o u g h mich
zu unterreden, ich Deroselben mit nächster Post über diese Materie
ausführlicher schreiben werde; so habe es hiemit bewerken wollen,
und werden Sie solchemnach aus beigehender an I. k. M. von mir be-
schehenen allerunterthänigstcn Antwort des Älehreren beliebig ersehen,
in was für Puncto sothane spanische Angelegenheiten abgetheilt worden
und was ich hierüber von dem Duc de M a r 1 b o r o u g h zur Antwort
erhalten und hiernächst au I. k. M. beigerückt habe ; nach welchem
Sie sich dann dirigiren können, Dieselbe anbei ersuchend, dass Sie
dieses Werk solchergestalten menagiren wollten, als Sie es nöthig
zu sein, von selbsten vernünftig ermessen werden, wie ich dann von
Deroselben weiters erwarte, Avas Sie mir von Zeit zu Zeit darauf zu
erinnern haben.
Schliesslichen lege ich Deroselben hiebei, was seither meines
Letzteren hier passirt ist und verbleibe annebens etc.
') Kriegs-A., NieilurlaiKle 1708; Fase-. VII. US.
2) Kiiegs-A,, Spanien. 17()8; Fase VII. 94.
183
132.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Werwick, 29. Juli 1708 ')•
Nachdem ich vernoininen , class Euer Excellenz zu Mailand
o-Iücklich angelangt, so habe mich mit Deroselben darüber niclit allein
herzlich erfreuen, sondern E. E. unter einsten ersuchen wollen, Selbe
darob sein Avollten, dass, weilen das löbl. Osnabrück sehe Regiment
ohne Erwartung ihrer Kecruteu naclier Spanien abgangen, diese
aber mit nächsten darinnen eintreffen werden, die vorläufige Verfü-
gung auszustellen, auf dass ermelte Kecruten sogleich bei ihrer Ankunft
eingeschifft und transportirt werden können, zu welchem Ende die
Imbarcation jedesmal in Bereitschaft zu stellen wäre; E. E. anbei
erinnernd, wasmassen ich bereits vorhin dem Herrn General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegs-Commissario Freiherrn von Martinsberg
(Martini) anbefohlen habe, was mit heutiger (Post) an denselben
repetire, dass er die einschiffenden kaiserlichen Truppen nicht allein
Kopf für Kopf mustern und aufzeichnen, sondern auch zwei gleich-
lautende Tabellen darüber verfassen, eine jede von dem englischen
Herrn Gesandten unterschreiben und sodann eine ihm zustellen lassen,
die andere aber mir anhero einschicken solle, damit ich hier auf die
dafür accordirte Geld-Summa pressiren könne. Welche Tabella dann,
dass es mir schleunig eingeschickt und hiernächst mit denen erwarten-
den Osnabrück'schen Recruten ein Gleiches be werkt werde, E. E.
Ihresorts darob sein wollen.
Was sonsten seit meines Letzteren allhier weiters passirt ist,
zeigt der Anschluss. Verbleibend etc.
133.
An den eng-lischen Gesandten Chetwynd. Lager bei Werwick,
29. Juli 1708';.
Je vous ai une Obligation particuliere de la Votre du 10™'' par
laquelle vous m'avez voulu avertir de l'embarquement des trois regiments
imperiaux, et en meme teraps pretendre des recrues, les deux regiments
ne faisant pas 3000 soldats. Vous savez bien, Monsieur, qae Ton ne
peut pas recrouter ces regiments deux fois , celui de Guido etant
presque complet, et l'autre ayant les recrues en pleine marche des
pays hereditaires, nie Hattant que vous comprendrez aisement que
<) Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. VII. 32.
2) Kriegs-A., Bijaiiien 1708; Fase. VII. 95.
184
les recrues ne peiivent faire une si longue raarche qu'il n'en raanque
toui'ours qiielque chose, tant par la desertioii que par les inaladies, et
iiu'ine du corps du regimeut qui etait roste en Italie etant aussi
impossible davoir si tot des recrues pour eux que vous le jugez. Je
vous assure pourtaut qua l'avenir on en aura de soiu particulier,
ne doutant pas que S. M. la Reine ne donne les moyens, eomme
cela a öte accorde, vous priant, Monsieur, de faire tenir pret tout ce
qui sera necessaire afin que les recrues de Osnabroug h leur arrivee
puissent etre d'abord embarquees.
Je ne tous niarque rien, Monsieur, sur notre etat dici, nie
flattant que vous en serez informe d'ailleurs, et si je pourrais etre
capable de vous servir en quelque chose ici, je rae croirai lieureux
d'etre lionore de vos comraandements, etant etc.
134.
An den Landgrafen von Hessen. Lager bei Werwick,
29. Juli 1708 •)•
Euer Liebden vom IL dieses habe erst anjetzo erhalten und
sage Deroselben daraufhin dienstlichen Dank, dass Sie von der Zurück-
beorderung des bewussten Bataillons absti^ahirt haben, wie dann Euer
Liebden nun selbsten ersehen werden, dass die Gefahr nicht so gross sei,
als Sie vermeint, ja wann auch einige sich zeigen sollte, würde nicht
nur vom obern Rhein, sondern auch von dem Herrn Churfürsten zu
Mainz mit Mannschaft gleich können ausgeholfen werden. Womit etc.
135.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Werwick, 1. August 1708 ^\
Endlich hofft man, dass in zwei oder drei Tagen der Trans-
port der schweren Artillerie von Brüssel seinen Anfang einsmal
nehmen werde. Der Feind opiniatrirt sich indessen in seinem Posten
zu Gent zu verbleiben, wodurch das holländische Flandern solcher-
gestalt alarmirt ist, dass man sich bemüssigt befindet, etliche Bataillons
mehr dahin zu detachiren.
Sonsten ist man im Werk begriffen, die nöthigen Veranstaltungen
zur Belagerung auszustellen, damit man bei Ankunft obgemelter
Artillerie sosrleich dazu schreiten könne.
1) Kriegs-A., Neapel iirid Sicilicii 1708; Fase. VII. 23.
*) Kriegs-A., Xierlerlaud- 1708; Yasv. VIII. 1.
185
Von dem Tilly 'sehen Detacliement ersehen zwar Euer kaiserl.
MajesUit aus meinem allerunterthänigsten Tagzettel allergnädigst, wie
Huszareu und Frei-Compagnien von demselben in die Picardie ab-
o-anffen und unter dem lutllandisclien GWM. von E r b a c h mit
2500 Pferden soutenirt worden, auch in zwei 'J'agen das gesammte
Detachement dahier wieder zurück anlaugen solle. Ich habe es aber
gloichwohlen hier anziehen und unter einsten aucli beirücken wollen,
dass der Bouffiers nebst dem C hamill ar d zu Lille ankommen sei.
Uebrigens habe E, k. M. allerunterthänigst belangen sollen,
weilen die Hildesheim'sche Anweisung noch nicht eingelangt ist, dass
Sie allergnädigst geruhen miiehten, dieselbe befördern zu lassen.
Womit etc.
136.
An den Grafen Wratislaw. Werwick, 1. August 1708 *).
Ueber mein Eigenhändiges ersuche Euer Excellenz durch bei-
gehendes Billet dem Kaiser in Geheim zu sagen, dass die Holländer
anjetzo mehr als keinmal vom Frieden redeten, mit dem Vorwand, es
wäre ihnen unmöglich, den Krieg weiter zu übertragen, so den Mylord
und mich nicht wenig alarmirt, wiewohlen sowohl er, als ich zwar
positive von einer Proposition nichts zu sagen wissen ; wir suchen aber
fl( issig nach, es unter der Hand zu erfahren; dann da der Bouffiers
und Chamillard zu Lille ankommen, verursacht es uns umsomehr
IVachdenken.
Lizwischen trachte ich mit ihm, Mylord, von Einrichtung der
künftigen Kriegs-Dispositionen zu reden und einfolglich dahin zu
sehen, dass man sie, Holländer, mit eingehen machen und die Lust
zum Frieden aus dem Kopf bringen möchte, so umso gewünschter
wäre, als man audurch die gute Hoffnung hätte, Frankreich einsmals
rechtschaffen zur Raison zu bringen.
137.
An den Obristen Bärthel (Bartels). Feldlager bei Werwick,
1. August 1708 -).
Es ist schon recht, dass Herr Obrist mit denen zwei Palffy'schen
und Falkenstein' sehen Compagnien auf das Splenyi'sche Regiment zu
Bonn warten, in der Hoffnung, dass dieses bald kommen werde, und
wird der Herr Obrist wohl beobachten, wann Derselbe seinen Marsch
1) Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. VIII. 3.
*) Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fa.sc. YIII. 4.
186
zur Armee weiter antreten wird, dass es mit aller Sicherheit beschehe,
damit Demselben kein Uni!:lüek zustossen möge. Womit etc.
138.
An den kaiserlichen Gesandten Heems im Haag*. Lag-er bei
Werwick, 1. August 1708').
Auf Dero vom 28. passato unverlialte ich in Antwort, dass, so-
viel die spanische Affaire betrifft, t?ic aus dem mit jüngster Post an
Dieselbe abgegangenen Schreiben das Mehrere ersehen haben werden,
Avas hierüber ich nacher Hof berichtet habe; worauf mich dann gänz-
lich beziehe und mit Deroselben mich conformire, dass wegen des
Succurses von 8000 Mann für die gegenwärtige Campagne wenig mehr
7Ai hoffen sein werde, und damit ich aber sonsten über Ein- und An-
deres mich mit Deroselben vertraulicher und in Geheim herauslassen
möge, so wollte ich wünschen, dass Sie mir unter sicherer Hand einen
Ziffer- Schlüssel zuschicken könnten ; dann von hier aus wüsste ich
es nicht zu bewerken und glaube, dass Sie es von dorteu mit mehrerer
Sicherheit thun könnten.
Wegen der churpftilzischen Kecrutiraug ist allein zu wünschen,
dass der ausgesetzte Termin bewerkt und sothane Recruten um diese
Zeit an Ort und End sich einfinden möchten. Wann es ja nicht anders
sollte sein können , muss wegen Completirung der holländischen
Truppen freilich der letzte Schluss amplectirt werden, bei welcher
Beschaffenheit aber der König nichts als neue Leute haben wird.
Wegen der Operation von Sicilien hat man mir dahier eben
geantwortet, dass die Flotta die Ordre schon hätte, ich aber gleich-
wohlen daraufgedrungen, dass von dem Duc de Mar Ib or ough, um
diese Ordre an die Admiralität nochmalen zu reiteriren, nachdrücklich
geschrieben worden. Dass übrigens von denen erinnerten Transports-
spesen und dem Ueberschuss der holländischen Gelder Seine königl.
Majestät eine mehrere Anzahl Truppen aushalten möchten, l)in mit
Ihnen gleicher Meinung. Womit etc.
139.
An den Grafen Gallas. Feldlager bei Werwick, 1. August 1708 '^).
Dass Dieselben mir zu der jüngst wider die Feinde gewonnenen
Bataille unterm 20. passato so wohlmeinenden Glückwunsch haben
V) Kriegs-A., Si.aiiien 1708; Fase. VIII. 9.
"j Kriegs-A., Spanien 1708; Fa.sc-. Vlll. 10.
187
erstatten wollen, bedanke mich schönstens, und die mir beigeschlossene
Antwort der Königin von England ist vorhin schon von D on Quiro s
commuuicirt worden, und werden Dieselbe auch aus meinem mit
letzter Post Abgelassenen weitläufig ersehen haben, was ich auf des
Uofes Befehl dem Mylord in verschiedenen Puncten über die spanische
Affaire vorgestellt, auch nacher Hof darüber relationirt habe ; worauf
ich mich dann berufe und Dieselbe annebst ersuche, dass Sie Ihresorts
dus Werk pressiren und von Zeit zu Zeit darüber berichten wollten.
Uebrigens habe Deroselben bei dem Mylord Stair darum
nicht geschrieben, weilen damals die Gelegenheit nicht gehaljt, ich
hoffe aber, dass Sie von Demselben mündlich Ein- und Anderes vei--
nommen haben werden. Womit etc.
140.
An den Grafen Trauttmansdorff. Feldlager bei Werwick,
1. August 1708*).
Ich sage Euer Excellenz den schuldigen Dank, dass Dieselbe mit
Einschickung ein- und anderer Nachrichten über die dortigen Vorfallen-
heiten unterm 18. Juli mich abermaleu beehren wollen. Ich habe hin-
gegen nichts Anderes zu erinnern, als dass gut sei, wann der Papst
wegen ansuchender Anwerbung einer Anzahl Schweizer nicht reus-
siren würde. Uebrigens berufe mich auf ein inliegendes Journal und
verbleibe etc.
141.
BericM an den Kaiser. Lager bei "Werwick, 4. August 1708^).
Wie Euer kaiserl. Majestät aus meinem unterm 1. dieses an Die-
selbe abgeloffenen allergehorsarasten Schreiben allergnädigst zu ersehen
werden geruht haben, so solle auch morgen oder übermorgen von Brüssel
die schwere Artillerie aufbrechen. Nachdem aber die vom Feind einkom-
menen Nachrichten confirmiren, dass nicht nur der Vendome in seinem
Lager grosse Mouvements gemacht, sondern auch der Duc de B e r-
w i c k sich gleichermassen bewegen und im Anmärsche sein solle ; so
hat man sich nmsomehr besorgt, dass derselbe sogedachte Artillerie
anfallen und ein Unglück geschehen möchte, und dannenhero für
gut befunden, dass oder der Mylord Duc de Marlbor ough oder ich
mit einem Detachement von 25 Bataillons und 35 Escadronen zu dem
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 2.
-j Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fa.sc. VIII. 20.
188
bei Atli stellenden Corps stossen und anmit tracliten sollen, dass des
Feindes Vorhaben verhindert, einfolglich ersagte Artillerie sicher hie-
her gebracht weide.
Diesem zufolge nun ist vorgedachtes Detacheraent gestern Abends
von hier aufgebrochen und ich für meine Person gehe den Augen-
])lick liinnach und werde an meiiien Kräften nichts erwinden lassen,
Alles zu thun, was innner menschenmöglich ist; wiewohlen es schwer,
und nicht so leicht sein wird, derlei feindlichem Beginnen entgegen-
zustehen, da von Brüssel bis hieher die Stück gleichwohlen einen
Weg von 25 hiesigen Meilen zu machen haben, und der Feind von
oben und unten darauf ankommen und dieselben in die Mitte nehmen
kann; dann der Duc de Marlborough hier verbleiben und die ge-
nommenen Posten behaupten muss, damit nicht etwa der Feind, wann
man sich von hier entfernen oder gar zu sehr schwächen sollte, sothane
unsere Posten occupiren und uns einfolglich die Belagerung Lille im-
pediren könnte.
Sonsten ist nichts Veränderliches passirt, mithin habe ich auch
F. k. M. weiter nichts allergehoi'samst zu berichten, als dass ich mich
in aller Eile zu Deroselben Allerhöchsten kaiserl. Huldeu und Gnaden etc.
14S.
An den GWM. de Wendt. Feldlager bei Werwick,
4. August 1708 ').
Ich sage dem Herrn General- Wachtmeister dienstlich Dank für
den mir unterm 21. passato zur jüngst wider den Feind gewonnenen
Bataille gethanen Glückwunsch und hiernächst in Dessen Schieiben
enthaltenen Nachrichten, und repetire dem Herrn General- Wachtmeister
nochmalen, dass ich nicht begreifen könne, wie der kaiserliche Hof-
kriegsrath die KoUonits'schen Huszaren theils mit Pferden ohne Sättel
und theils zu Fuss habe marschiren lassen können, auch was ich
Demselben sonsten wegen der Fels- und Reising'schen Commandirten
geschrieben habe. Womit etc.
143.
An den FML. Freiherrn Zum Jungen. Lager bei Werwick,
12. August 1708 'J.
Was mein Herr General - Feldmarschall -Lieutenant unterin
7. passato über Ein- und Anderes berichtet hat, dient mir zur Nach-
») Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. .').
2j Kriegs-A., Italien 1708; Fa.sc. VIII. 14.
189
rieht, und ist auch schon recht, dass Derselbe die von Seiner königl.
Hoheit verhmgte Tabelle von der Infanterie auf 14.000 Köpfe richten
werde.
Die Desertion belangend, kann ich nicht begreifen, M^as dessen
die Ursache sein müsse, da doch die Leute anjetzo ihr Brod und
Wochengeld richtig bekommen. Ich glaube also, dass sie dcbauchirt
■werden dürften, Avorüber man nachzufragen und gute Acht zu tragen
hätte. Womit etc.
144.
An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 15. August 1708 ')•
Die Zeit pressirt mich und die Occupationes sind so gross, dass
ich Einem lobl. Mittel für heute kein Journal anschliessen kann und
auch solches bei voriger Post aus dieser Ursache unterlassen müssen,
so aber mit nächster Ordinari bewirkt werden solle.
Inzwischen erinnere Demselben in aller Eile, nachdem ich die
schwere Artillerie glücklich und ohne den geringsten Anstoss vom
Feind erlitten zu haben, nacher Menin geführt, dass ich darauf mit
der meinem Commando untergebenen Armee, wozu der Mylord Duc
von seiner auch eine Anzahl Truppen beigegeben hat, vorgestern dahier
ankommen sei. Man ist nun im Werk, die Circumvallations- und Contra-
vallations-Linie zu machen und sodann die Belagerung anzufangen,
worüber Einem lobl. Mittel von Zeit zu Zeit das Weitere berichten
werde, und verbleibe etc.
145.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 15. August 1708').
Euer kaiserl. Majestät habe ich mit letzterer Ordinari in aller
Unterthiinigkeit darum nichts berichten können, weilen ich in conti -
nuirlichem Marsch und Bewegung und mithin solchergestalt occupirt
gewesen, dass mir kein Augenblick übrig war, schreiben zu können.
Öolchemnach aber solle E. k. M. allergehorsamst erinnern, nachdem
die schwere Artillerie von Brüssel den 7. dieses zu Soig-nies zu mir
gestossen, dass ich mit derselben daraufhin den 11. detto zu Helchin
ankommen und sie, ohne den geringsten Anstoss vom Feind gehabt
zu haben, glücklich nacher Menin gebracht habe ; obwohlen man be-
sorgt, dass es so leer nicht abgehen dürfte, da von einer Seite ein
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. i2.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 4a.
190
starkes Detachement sowohl von dem Duc de V e n d o m e, als von
der anderen Seite der Duc de Berwick selbsten im Anmärsche
gewesen sind.
Ich })liel) mit den bei mir gehabten Truppen zu vorgemeltem
Helchin stehen, und nachdem mich den 12. darauf mit dem Duc de
^larlbo r o ugh. der mit seiner Armee von Werwick dahin gerückt,
in der Früh unterredet und von seiner zu der meinem Comraando
untergebenen Armee noch eine Anzahl Truppen beigegeben worden,
marschirte ich gerade gegen Lille, allwo ich auch vorgestern Früh
angelangt war und diesen Tag den Platz ringsherum einschliessen,
gestern aber die Circumvallations- Linie auszustecken anfangen Hess,
welche, weilen sie eine Weite von scchsthalb Stunden in sich be-
greift, so hatte ich auch die Armee, die in 53 Bataillons und 89 Esca-
dronen besteht, nur in einer Linie postiren können.
Sobald man nun mit ermelter Circumvallations- und der Contra-
vallations-Linie Alles vollkommen disponirt haben, auch die Artillerie
von Menin hier ankommen und andere Vei-anstaltungen vorgekehrt
sein werden, sobald wird auch mit der Belagerung der Anfang ge-
macht werden.
E. k. M. werden mir hiernächst in keinen Ungnaden aufnehmen,
Avann meine gegenwärtige allergehorsamste Relation kurz abbreche
und annebens mein gewöhnliches Journal in aller Unterthänigkeit
anzuschliessen imterlasse, weilen ich keinen Augenblick Zeit habe, so
aber mit nächster Post allergehorsamst bewerket und unter einsten
auch die durch den General- Adjutanten von Hohend(M"f mir ein-
geschickte Expedition allerunterthänigst beantwortet werden solle.
Womit etc.
146.
Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille,
19. August 1708').
Euer kaiserl. Majestät habe ich zwar unterm 15. dieses iu aller
Unterthänigkeit berichtet, dass Ihro ich mit der heutigen Ordinari
das gewöhnliche Journal, welches der vielen Occupatiouen willen
nicht hätte verfertigt und dannenhero ausgelassen werden müssen,
allergehorsamst überschicken wollte. Nachdem aber diese mehrers zu-,
als abgenommen, da ich annoch der Belagerung halber mit ein und
anderen Anstalten sehr beschäftigt bin, so habe auch diesesmal. wie
gerne ich schon wollte, ersagtes Journal nicht verfertigen lassen und
anschliessen können und muss es daher auf eine andere Post hinaus
') Kriegs-A., Nie<l.Tl;iii.l.' 1708; F'asc. VIII. 44.
191
sparen und solcliemnach E. k, M. iumittelst zu Dero allergnädigster
Nachricht allergehorsarast berichten, das8 die schwere Artillerie meisten-
theils hier im Lager schon angelangt und der Ueberrest lieutc noch
erwartet werde; man auch mit der Cii-cumvallations-Linie ziemliclier
massen avancirt und eine grosse Quantität Faschinen und Schanz-
körbe fertig, auch mit anderen Anstaltc^n so weit gekommen sei,
dass ich hoffe, morgen in dem Namen Gottes die Trancheen zu
eröffnen, zu welchem Ende zwar der Platz, wo der Attaque beschehen
solle, bereits recognoscirt; ehe man aber wirkliche Hand anlegen
wird, gedenke ich, selben zum Ueberfluss nochmalen zu besehen, und
bedauere nur, dass es nicht schon geschehen und die Belagerung
angefangen sei. Allein nachdem der Platz weitläufig und gross, mit
Stücken und anderer Munition überflüssig versehen, auch, wie die
Deserteurs sagen, 20 bis 23 Bataillone nebst dritthalb Regimentern
Dragoner und ein Detachement von Cavallerie, so mit den Bouffiers
hineingekommen, darinnen sich befinden sollen ; so hat man sothane
Belagerung nicht ehender angehen können, bis man nicht auch unser-
seits solche Anordnung gemacht hat, dass Alles zur Genüge vor-
handen, einfolglich mit allem Ernst und Gewalt die Attaque angefangen
werden möge, um destomehr, als ich keine überflüssige Truppen bei
mir habe, der Feind aber, wie man abnehmen kann und die Deserteurs
referiren, sich zu einer grossen Gegenwehr bereiten und in dem Platz
unablässlich arbeiten thut.
Der Duc de Marlborough steht mit seiner Armee annoch
zu Helchin, und wie die Nachrichten geben, so solle der Duc de
Bourgogne Willens sein, ein Mouvement zu thun. Zum wenigsten
ist gewiss, dass derselbe bis auf Gramont die Wege habe zurichten
lassen, der Duc de Berwick aber sei denen Kundschaften nach
mit seiner völligen Armee bis Tournay angerückt, um sich mit
einander zu conjungiren und weiter zu sehen, was zu thun sei.
Bei dieser Beschaffenheit nun haben zwar vorhin schon der
Mylord Duc und ich untereinander das behörige Concert genommen,
was in derlei Fall zu thun; er hat aber gestern auch den General
Cadogan zu mir geschickt, um dass ich durch denselben mich
weiters mit ihm verstehen möchte, gleich es auch geschehen, also
dass, wann der Duc de Bourgogne allein marschiren würde, er
Mylord, ihm mit seiner Armee folgen solle; da aber zugleich auch
der Duc de Berwick sich moviren thäte, so würde ich mit 50 Esca-
drons von hiesiger Armee unverlangt zu ihm stossen und mit der In-
fanterie und dem Rest der Cavallerie dannoch die Belagerung Lille
fortgesetzt werden. Womit etc.
192
147.
An den Chevalier Croissy. 20. August 1708 ').
On a reyii la vutre du 18, avec le cavalier trouvc dans les
cliamps, doDt vous faites question s'il soit de Lonnc prise ou s'il doit
i'tre ramene. L'affairc se dccide de soi-nicme, car vous en counaitrez
autant la raisuii, t^i je vous dirai que ee meine cavalier a ete avec
un autre eu sauvegarde k Templeuiais, pourvu d'une sauvegarde par
ecrit, Selon la coutüme pratiquee autrefois, qu'on a donne dans des
eudroits plus etendus (a) deux ou trois cavaliers. Etaut donc sorti ce
cavalier du dit Teinplcmarä escorter un cliariot ä Seclin, et n'ayant
qu'une sauvegarde seule par ecrit, il l'a laisse ä son caniarade, croyant
d'etre autant plus sür qu'il ne s'est pas eloigne que 200 pas de
Tcmplemars, etant aussi une chose naturelle qu'un cavalier seul dans
des occasions semblables ne sortira qu'en boune foi de no pouvoir
pas etre pris. On vous est neanmoins oblige, Monsieur, de l'honetete
que vous temoignez, vous assurant que je suis etc.
148.
An den Grafen Gallas. Hauptquartier zu Loos vor Lille,
21. Aug-ust 1708').
Mir ist Deroselben vom 7. dieses wohl eingeloffen und hat es
dabei sein gutes Bewenden, dass Sie aus Mangel der Materie eine
Zeit her mir nicht geschrieben haben.
Betreffend die Expedition des Admirals B y n g habe ich auch
dahier gewusst, dass derselbe aus Mangel guten Windes in seinem
Dessein aufgehalten Averde; was aber dieses an sich selbsten angeht,
haben Sie gar Eecht, dass mir selbes bereits bekannt sei.
Was Sie wegen der päpstlichen Affaire melden, das dient nn'r
zur guten Nachricht; und wie ich vom Hof den Bericht habe, so ist
ohnedem die Intention, dass man in keine feindthätigen Weitläufig-
keiten sich einlasse, sondern einer billigmässigen Handlung in allweg
stattgeben, doch um solche zu unterstützen, die Waffen insoweit
ergreifen und anwenden wollte; indessen ist es doch gut, dass der
Herzog von Savoye seine Prätension mit den unserigen vereinige.
Betreffend die Affaire, von Catalonien, referire ich mich auf das-
jenige, was ich an Sie eben auf des Hofes Erinnerung mit mehrerer
') Kric-gs-A., Komisches Reich 1708; Fase. VIII. 24.
^) Kriegs-A., Si>aiiiou 1708; Fase. VIII. 56.
193
Weitläufigkeit geschrieben und angemerkt habe, Avas ich für Punete
dem M a r 1 b o r 0 u g h übergeben hätte, worüber ich Deroselben
hiemit zu Ihrer Nachricht anschiiesse, was mir hierauf für eine Ant-
wort gegeben worden sei.
Der Casus mit dem moskovitischen Ambassadeur ist freiUch
was extraordinari, und ist zu erwarten, was ersagter Gesandter hier-
über zu seiner privaten und seines Principalen Satisfaction verlangen
Averde.
Wann ich in Ansehung Dero Vorworts dem recommandirten von
Rosenthal auf ein oder andere Weise was Dienstliches werde
erweisen können, würde es mir eine besondere Freud, eine weit mehr
erwünschte Gelegenheit aber sein, wann ich Sie meiner allsteten
Dienstergebenheit versichern könnte, es wird Ihnen aber schon be-
kannt sein, dass Sie Ihren Meriten nach am kaiserlichen Hof einen
Posto bereits erhalten haben.
149.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Loos, 21. Aug-ust 1708 ').
Meines Herrn General- Wachtmeisters und Obrist-Kriegscommissärs
unterm 16., 18., 21., 24. und 28. passato an mich Erlassene sind mir
wohl eingelofFen , welche , weilen die vorgehabten Mouvements und
continuirHchen Operationes es ehender nicht zugelassen, hiemit punc-
tatim beantworte, und zwar :
1. Wird bei der erinnerten Beschaffenheit die Richtigstellung
der Conti wegen der dem Herbeville'schen Dragoner-Regiment und
der Reventlau'schen in Finale gebliebenen Mannschaft per Abschlag
gegebenen Subsistenzgelder, item dass die Verpflegung der Regimenter
Guido Starhemberg -und Osnabrück a prima Maji in Verlässlich-
keit gebracht wurde, durch den Herrn Feldmarschall Grafen Guido
Starhemberg mit dem vonStanhope in loco geschehen müssen.
Es dürfte aber wenig Hoffnung sein, dass der Cassa was refundirt
werden möchte.
2. Erfreut mich zu vernehmen, dass sowohl mit dem Brod, als
anderen Dispositionen bei der Armee, item Bezahlung der Regimenter
bis Ende gegenwärtigen Monats es seine vollkommene Richtigkeit und
Ihre königl. Hoheit darob ein Vergnügen gezeigt haben.
3. Ist es mit dem Gambaischen Contract nunmehr eine geschehene
Sache, und ist zwar gar wahr, dass ich sothanen Contract ratificirter
meinem Herrn General- Wachtmeister zurückgeschickt habe^ es war
1} Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. VIII. 26.
Feldzüge des Priuzea Eugeu v. Savoyen. II. Serie, 1. Bauil. Supiilement-Heft. 13
194
aber dabei nicht meine Intention, dass auch die ausser dem Contract
in dessen Schreiben anjresetzten 17.000 Doppien mit darunter begriffen
sein sollten, und zwar umsoweniger, als mein Herr General- Wacht-
meister und Obrist - Kriegscommissär in seinem allegirten Schreiben
vom 24. Mai ausdrücklich folgende Formuli angesetzt hat, von deren
Gutmachung an dieser Anticipation ich mich im Geringsten nicht
einffelassen habe. Sonsten aber ist es nicht mehr an der Zeit, den
Contract zu ändern, wohl aber repetire mein Voriges und was in
specie noch aus Wien Demselben abgelassen habe, dass man dem Gamba
in die prätendirenden Interessen absolut nicht couscntiren solle; für
das Künftige aber wird es gut sein, wann derlei mehr errichtende
Contracte klar stilisirt und nicht ausser derselben gehandelt, sondern
Alles, wie es an sich selbsten ist, inserirt werde, auf dass man positive
wissen möge, was gehandelt worden sei. Wobei auch zu beobachten sein
wird, dass auch die Interessen künftighin weiter herabgebracht und
auf das Meiste, so man sich einlassen könnte, auf 12 per cento sei, so
ein Ehrliches ist, und ich meinem Herrn General- Wachtmeister und
Obrist-Kriegscommissär versichern kann, dass man dahier auch noch
auf ein Ringeres (Geringeres) tractire.
Der Herr Marquis Prie aber hat mir von obgedachtem Gamba-
ischen Tractat nichts geschrieben, sondern nachdem ich in meiner
Rechnung, so ich auf diese Anticipation gemacht und geglaubt habe,
dass andurch die Regimenter bezahlt und mithin die Campagne hindurch
Alles damit bestritten werden könnte, einen so grossen Verstoss wider
mein Vermuthen gefunden, habe ich wohl nicht anders gekonnt, als
hierüber an meinen Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissär zu rescribiren.
4. Geschieht gar wohl, wann der Benedetto Magni richtig wird
bezahlt werden, da dieser seiner gut geleisteten Dienste halber und
dass er aus Liebe zu dem allerdurchlauchtigsten Erzhause Alles
verlassen, einer Particular - Consideration würdig ist und in allweg
verdient hat, dass man selben seinen Unterhalt gebe und niclit
crepiren lasse.
5. Bin ich zu weit entfernt, wegen der von dem parmesanischen
Clero noch ausständigen 17.000 Doppien meinem Herrn General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär was zu melden, man wird also vom
Hof aus hierüber die weitere Resolution einholen und erwarten müssen.
6. Hat es zwar sein Bewenden, dass die Tabellen über die ein-
geschifften kaiserlichen Völker mir anhero überschickt worden ; besser
aber wäre es, wann diese, wie ich es erinnert habe, von dem englischen
Gesandten unterzeichnet gewesen wären.
195
Hicrnäclist approbiro ich zwar, dass mein Plerr Geneial-W^iclit-
meister Seinesorts pressirt, damit wegen Nachschickung der von dem
Osnabrück'schen Regiment anmarschirenden Recruten Alles zeitlich
veranstaltet werde. Ich kann aber nicht approbiren, dass ersagte
Recruten interim in Mantua verlegt werden, woselbsten, als in einem
ungesunden Ort, die neuen des Landes gar nicht gewohnten Leute
erkranken und mithin ausser Stand zu Trans})ort kommen oder hin-
sterben werden. Besser ist es also, dass man selbe gegen Pavia oder
daherum interim eintheile, bis der Trausport parat sein werde.
7. Wessen mein Herr General-Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissär occasione des der beiden Herzogthümer Parma und Pia-
cenza herausgegebenen kaiserlichen Manifests, wegen derjenigen Ein-
künfte von denen geistlichen Gütern, welche sonsten nacherRom gezogen
werden, sich anfragen wollen, ist eine Sache, worüber ich von hier
aus nichts sagen kann; der Herr General -Wachtmeister und Obrist-
Kriegscommissär hat gar wohl gethan, hierüber nacher Hof zu schreiben,
von wannen aus Demselben das Weitere schon zukommen wird.
8. Schreibe ich eben unter heutigem Dato an den kaiserl. Hof-
kriegsrath nacher Wien, dass selber darob sein wolle, dass der Kauf-
schilling der Virgilianischen Güter zu nichts Anderem als zu dem
Militare in der Lombardie employirt werden solle.
9. Dient mir der angelegte Extract dessen, was denen darin
stehenden Regimentern zu Fuss und Pferd a prima Novembris 1707
bis Ende Aprilis 1708 an Verpflegung gebühre, dieselben darauf an
baarem Geld und Naturalien empfangen und annoch restire, zur guten
Nachricht. Und übrigens sage Deroselben dienstlichen Dank vor den
gethanen Glückwunsch zur Bataille von Oudenarde und anderen
angemerkten Nachrichten.
150.
An den Grafen TrauttmansdorflT. Hauptquartier zu Loos vor
Lille, 21. August 1708').
Euer Excellenz Beide vom 1. und 8. dieses sind mir wohl eiu-
geloffen, worauf Deroselben hiemit den schuldigsten Dank sage, dass
Sie über die Bataille zu Oudenarde sich erfreuen und mir zu gratuliren
belieben wollen.
Dass die bewusste Entreprise sich entdeckt hat, ist zu bedauern
und ich zweifle nicht, E. E. werden hievon dem Herrn Churfürsteu
zu Hannover sogleich parte gegeben haben, damit er seine weitere
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708 ; Fase. VIII. 25.
13*
196
^lass hierüber abfassen, eiut'olglich verhütet werden möchte, dass von
der bereits im klarsehe gewesenen Mannschaft nichts vei'luren gehe.
Sonsten aber ünde ich gleichwohl nötliig zn sein, dass mau unter der
Hand nachfragen und exarainiren solle, wie und auf was Weise die
Sache offenbar worden sei. Ich berufe mich übrigens, soviel dahier
passirt, auf den Auschluss und etc.
151.
An den Hofkriegsrath Thiell. Hauptquartier Loos vor Lille,
21. August 1708').
Die Zeit hat mir nicht zugelassen, dass ich des Herrn Hofkriegs-
raths vom 25. passato jüngsthin hätte beantworten können; ich bewerke
es also hiemit und sage Demselben dienstlichen Dank für den mir so
wohlmeinend gethanen Glückwunsch über die erfochtene Bataille
von Oudenarde.
Was den ungai'ischen Krieg betrifft, ist sich nicht zu verwundern,
dass die Sachen nicht besser gehen, wann ein Jeder thut, was er will,
und Einer dort, der Andere dahin lauft; obschon, da nun mein Regiment
und die Dänen daselbsten ankommen, gleichwohl eine solche Macht
beisammen sich befindet, als noch nie gewesen ist. Ein löbl. Mittel
muss solcheranach nicht leiden, das einmal concertirte Sistema nach
eines Anderen Einfall zu ändern, sondern Ihre kaiserl. Majestät ein
starkes Referat hinaufgeben und dem Herrn Feldmarschall Grafen
von Heister Puncta vorschreiben, was er zu thun und zu lassen
habe; dann sonsten auf diese Weise die Confusionen ärger als nie-
mal, und die Truppen ohne Operation zu Grunde gehen werden. Wobei,
wie der Herr Hofkriegsrath meldet, mir umso lieber sein würde, wann
Derselbe alle Wochen einen ausführlichen Bericht erstatten möchte, als
ich ausser dessen Obangezogenen nichts gesehen und hingegen viel
Particular-Briefe vorhanden sind, welche melden, als ob der Herr
General Heister eine glückliche Action gehabt haben solle.
Dass in Arad von der Contagion fast Alles ausgestorben, bedauere
ich und zweiffe dabei nicht. Ein löbl. Mittel werde solche Vorsehung
gethan haben, womit dieses Uebel nicht Aveiter einreissen und sich
etwo bis an die deutschen Grenzen extendiren möchte.
Was übrigens die Streitigkeiten mit denen Türken belangt, dürfte
vielleicht am leichtesten darauszukommen sein, wann man den Pascha
von Belgrad mittelst eines Stücks Geld gewinnen könnte, so der
kürzeste und leichteste Weg sein dürfte.
') Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. VIII. 10.
197
152.
An den dänischen Gesandten Friedrich Freiherrn v. Weyberg.
Hauptquartier zu Loos vor Lille, 21. August 1708 'j.
Ich bin Deroselben nicht wenig ohligirt, dass Sie ob der glück-
lichen Bataille von Oudenarde einen Theil nehmen und mir unterm
1, dieses darzu so wohlmeinend gratuliren wollen.
Hiernächst aber erfreue ich mich, dass endlich die Sachen mit
Iliro königl. Majestät zu Dänemark beigelegt, anmit auch Ihre Truppen
nacher Ungarn marschirt sind, nicht zweifelnd, Sie werden Selbsten
vernünftig erkennen, dass dieser Marsch anzutreten, es einsmals Zeit
gewesen sei.
Ich wünsche Ihnen sonsten alles Glück zu Ihrer vorhabenden
lieise und erwarte bei meiner Zurückkunft, wie Sie mir melden, die
Ehre zu haben, von Ihnen darüber weitläufiger unterhalten zu werden.
Schliesslich erfreut es mich nicht weniger, wann mein mithabendes
Regiment in einem solchen Stand sich befunden, dass man darum eine
Vergnügung gehabt habe. Womit etc.
153.
Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille,
22. August 1708 0-
Euer kaiserl. Majestät berichte hiemit allergehorsamst, dass heute
Nacht in dem Namen Gottes die Trancheen vor hiesiger Festung
werden eröffnet werden, wozu 10 Bataillone mit 4 bis 5 Tausend
Arbeiter destinirt und hiernächst zur Soatenirung 5 andere Bataillone
mit 800 Pferden gewidmet seien.
Der Mylord Duc schickte heute früh den General C a d o g a n
zu mir und Hess mir wissen, dass er gesinnt wäre, ein Mouvement über
die Scheide zu machen und dem Duc de V endo nie zu verwehren,
dass er sich mit dem Duc de Berwick so leicht nicht conjungiren
könnte, so ich nicht allein approbirt, sondern auch de novo versichert,
dass nach dem genommenen Concert jüngsthin allergehorsamst erin-
nertermassen, auf den Fall sich beide feindlichen Armeen zugleich
moviren sollten, ich unverzüglich mit 50 Escadronen zu ihm stossen
würde.
Uebrigens hat ersagter Mylord durch einen eigenen Courier die
erfreuliche Nachricht erhalten, dass 4 englische Kriegsschiffe, die
<) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. VIII. 11.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 4ß.
198
in 4 grossen und 10 kleinen Galiouen bestandene Silber-Flotta
attaquirt und 3 der grösseren nebst dem Contre-Admiral genommen,
der Admiral aber habe sich mit seinem Schiff, das ist das vierte, und
800 Mann in die Luft gesprengt, welches, gleich es eine Zeitung von
guter Consequonz ist, als habe es auch E. k. M. hiemit allergehorsamst
beirücken und mich zu Allerhöchsten kaiserl. Huhlen und (Inaden etc.
154.
An den Hofkriegsrath. Hauptquartier Loos vor Lille,
22. August 1708').
Nachdem ich ein Paar Posttage her so sehr occupirt gewesen,
dass es mir unmöglich war, Dero durch den General- Adjutanten von
Hohen dort" an mich erlassenes Schreiben zu beantworten, so bewerke
ich es hiemit, und gleichwie solches zum Theil in Nachrichten be-
standen, so berühre ich auch allein Dasjenige, was von Consequenz
und einer Antwort uöthig hat, und zwar:
jmo will in allweg erfordern, dass Ein löbl. Mittel nicht nur
von dem Virgilianischen Kauf vollkommen informirt, sondern auch
darob sei, dass der Kaufschilling darvon umso gewisser für die Armee
in der Lombardie verwendet werde, als widrigens dieselbe nicht würde
subsistiren können und zu Ihro kaiserl, Majestät höchstem Schaden
merklich leiden und zu Grunde gehen müssen. Wovon dann Ein löbl.
Mittel in der Deputation reden und auf den Effect dringen wolle.
2^° Steht es bei Ihro kaiserl. Majestät allergnädigster Intention, ob
Sie mehrere Regimenter haben und mithin das von dem Prinzen von
Hilperts hausen (Hildburghausen) offerirte Regiment Dragouer
acceptiren wollen. Was aber Ein löbl. Mittel wegen dessen Wiuter-
verpHegung meldet, steht dieses Regiment ohnedem schon darin,
weilen es das in Ungarn sich befindliche Würzburg'sche Regiment
sein sollte.
3'" Schliesse ich Einem löbl. Mittel zur verlangten Auskunft
über des Herrn Feldmarschalleu Graf Guido von Starhemberg
mir communicirten Schreiben hiemit bei, was ich demselben auf ein
dergleichen eben an mich Erlassenes geantwortet habe.
4'" Conformire ich mich wegen des Herrn Obristen Boussee
Prätension mit demjenigen, was Ein löbl. Mittel an mich geantwortet
hat. Ich vermeinte aber dabei, dass man den Herrn Churfürsten zu
Hannover darvon capace machen sollte.
'; Kiienrs-A., Ni.Ml.'ilaiHle 1708; Fa.sc VIII. 62.
199
5'° Hat Ein löbl. Mittel gar recht gethan, dass es wegen Subsistenz
der im Ferraresischen stellenden Truppen die behörige Disposition
ausgestellt habe, weilen ich ohnedem vernommen, dass die Regimenter
zu Pferd nichts hätten und Noth leiden thäten.
6*'^ Hat Ein löbl. Mittel gar Recht, dass es sich wider die Promotion
des Herrn Grafen von Grronsfeld zur innerösterreichischen Kriegs-
Präsidentenstelle, auf die Art, wie er es erhalten hat, beklagt, und in
das Künftige, wann wider Verhoffen dergleichen Casus mehr geschehen
sollten, wolle Ein löbl. jMittel jedesmals Ihre kaiserl. Majestät das
Präjudiz, so Demselben zuwachst, und die Unmanier, mit welcher die
Präsidenten umzugehen pflegen, in aller Unter thänigkeit vorstellen.
7™° Betreffend die Landrecruten wolle Ein löbl. Mittel in allweg
daran sein, damit dasjenige, was zu werben gewesen, gestellt und je
eher je besser vollendet werde.
Wegen der neuen Landrecruten aber habe ich Nachricht, dass
Böheim (Böhmen) darein bereits verwilligt und nur allein verlangt
hätte, dass man die Regimenter zeitlich herein verweisen sollte, damit
mau die Farbe der Montirung wissen könnte. Worüber dann Ein löbl.
Mittel das Weitere verfügen, und dass auch respectu der anderen
Länder ein Gleiches geschehe, darob sein und nicht weniger denen
Regimentern nochmalen intimiren wolle, wo ein jedwedes angewiesen
sei, auch dass sie allgemach die Ober- und Unterofficiere sothaner
Recruten halber, in die ihnen assignirteu Länder abschicken sollten.
Was hiernächst der G WM. Baron Broun (Browne) Avegen seiner
Gage an mich schreibt, das zeigt der Auschluss. Wie nun derselbe ohne
Gage nicht dienen kann, auch unbillig wäre, wann man es ihm auf-
tragen sollte, da er bei dem Harrach'schen Regiment nichts mehr zu
geniessen hat, als vermeinte ich, dass ihm sogleich die General- Wacht-
meisters-Gage, oder zum wenigsten die Obristen-Gage mit dem Haupt-
manns Tractament assignirt werden sollte, worüber Ein löbl. Mittel das
Weitere verfügen wolle.
So beschwert sich weiters der Herr Obristlieutenant Renaud,
dass er bei vorgewester Promotion ausgelassen worden sei. Ich weiss
zwar nicht, dass ihm als Obristlieutenant ein Torto geschehen, obwohlen
es sein kann, dass er als Obristwachtmeister lange dient, habe dahero
seine Listanz an Ein löbl. Mittel remittiren wollen, damit selbes auf
ihn bei weiterer Gelegenheit zu reflectiren nicht ermangeln wolle.
Womit etc.
200
155.
An den FML. Grafen Joseph Philipp Harrach. Hauptquartier
Loos vor Lille, 22. August 1708 ' ).
Was mein Ilerr General - Felclmarscliall - Lieutenant wegen des
Savioni unterm 12. passato melden thut, wird Derselbe seines Arrestes
indessen schon entlassen sein. Sonsten ist zwar zu l^edauern, dass
die ansrefancrene Werbunpr wegen mane-elnder Werbg-elder habe unter-
brechen werden müssen; mein Ilerr General-Feldraarschall-Lieutenant
aber hätte ehender davon berichten sollen, auf dass auf Mittel und
Remedur gedenken können, sothane Werbung befördern zu maclien.
Nachdem übrigens der Baron Broun (Browne) die General-
Feldwachtmeisters-Stelle erhalten, wird mit dessen habender Compagnie
anderwärtige Disposition gemacht werden können, gleich auch dem Obrist-
lieutenant Gay er die Obristlieutenants- und dem Obristwachtmeister
Lippe die Obristwachtmeisters-Gage abzureichen ist, da ich eben
unter heutigem Dato nacher Wien schreibe, ersagten Herrn GWM.
Broun (Browne) mit behöriger Gage zu versehen. Womit etc.
156.
An den GWM. Plischau. Hauptquartier Loos vor Lille,
22. August 1708 0-
Ich bedauere selbsten, dass die Errichtung des neu dem Herrn
General- Wachtmeister gewidmeten Regimentes bis anhero sei aus-
gestellt verblieben, so sich darum verzogen hat, bis die hierzu nöthigen
Gelder von England bezahlt sein werden, welclie zu pressireu, icli
uncrmano:lc, in Verbleibune: etc.
157.
An den G. d. C. Grafen Johann Päliiy. Hauptquartier Loos
vor Lille, 22. August 1708').
Euer Excellenz ist bekannt, dass die Formirung eines Regiments
zu Pferd nacher Spanien mit Hcrauszieliung einer Compagnie von
1) Kricgs-A., NioderlaiKlo 1708; Fase. VIll. G4.
2j Kiicgs-A., Nie.lerlaiide 1708; Fase. VIII. 65.
^) Kri('jr8-A., Nie.lerlaud« 1708; Fa.sc. VIII. (jG.
201
jedem der in der Lombardie und Neapel g'estandenen Regimenter
liiiiwiederum zurückgangen sei.
Wie nun die von E. E. löbl. Regiment zu diesem Ende gewid-
mete Compagnie vor einigen Tagen daliier wiederum angelangt und
bei dem Regiment eingerückt ist, so hat man den alten dabei gewesten
Rittmeister wiederum dazu gestellt, und weilen aber derjenige Ritt-
meister, so in Spanien hätte gehen sollen, ein gar wackerer Officier
ist und hingegen bei dieser Beschaffenheit ohne Compagnie steht, so
habe ich dem Herrn Obristen Locatelli bedeutet, dass er ihn bei
der durch den unglückseligen Todesfall des Rittmeisters F ö r s t e r
vacant wordenen Compagnie vorstellen solle, in Hoffnung, dass es
E. E. allerdings genehm halten und damit zufrieden sein werden,
welches ich, wanns nicht der allzugrossen Entferntheit willen geschehen
wäre, sonsten ohne E. E. Vorwissen nicht gethan haben würde.
Womit etc.
158.
An den FML. Freiherrn von Kriechbanm. Hauptquartier
Loos vor Lille, 22. Ang-ust 1708').
Meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenants beide unterm IL
und 17. passato an mich abgelassene Schreiben habe rechts erhalten
und bedanke mich für die darinnen gegebene Nachricht über den Stand
des neu angetretenen siebenbürgischen Commando, und gleichwie ich
aber meinem Herrn General-Feldmarschall- Lieutenant von hier aus in
Antwort nichts bedeuten kann, indem ich vom Hof allzuweit entfernt
bin und mithin nicht unbillig zu besorgen habe, dass ich vielleicht
was erinnern möchte, wo vom Hof aus ein Anderes anbefohlen sein,
und mithin Contrarietäten herauskommen dürften, als will ich meinem
Herrn General-Feldmarschall-Lieutenaut allein ersuchen, von Zeit zu
Zeit von denen darinnigen Begebenheiten mir Communication zu geben.
Hiernächst aber glaubete nötliig zu sein, dass die Sache wegen
des Hauptmann Varenbühler recht examinirt werde.
Was übrigens meines Herrn General- Feldmarschall -Lieutenant
Promotion belangt, kann sich Derselbe versichern, dass Demselben kein
Torto geschehen und ich in allweg reflectiren werde, dass meinem
Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant Seine Consolation angedeihen
solle. Womit etc.
') Kriegs-A., Uno-arn 1708; Fase. VIII. 12.
202
159.
An den Hofkrieg-srath Locher. Loos vor Lille,
22. August 1708 'j-
Meinem Herrn Hofkrieg-srath saj^e liiemit freundlielien Dank vor
dessen zu der glüokliclien Action von Öudenarde mir so wohlmeinend
getlianen Glückwunsch und andere dabei gegebene Nachrichten.
Mir ist leid, dass die Sachen in Ungarn einen so schlechten
Vorgang haben, worab ich mich nicht verwundere, wann ein Jeder
thut, was er will, Einer da und der Andere dort auslauft, mithin der
Krieg solchergestalt geführt wird, dass das Uebel alle Tage ärger und
die Confusion immer grösser werden muss. Ich kann aber dabei nicht
begreifen, warum es dann nicht möglich sein sollte, Einen dahin zu
obligiren, dass er präcise dasjenige thun und exequiren solle, was
mau einmal contrahirt und zu Kaisers Dienst befunden hat, zuvörderst
anjetzo, da, nachdem die Dänen und mein unterhabendes Regiment in
Ungarn aukonmien, die Armee weit stärker, als sie niemalen gewesen ist.
A\'ari man inzwischen wegen der zwei französischen Raubschiffe
vorgekehrt, dabei hat es sein Bewenden, man rauss aber gleichwohl
weiter retlectiren, damit nicht etwo denen nach Neapoli abschickenden
Recruten ein Unglück zustossen möchte.
Den commissariatiöchen Aufsatz bin ich gewärtig und im Uebrigen
wird zwar der Herr Hofkriegsrath aus dem an das löbl. Mittel erlas-
senden Schreiben mit Mehreren! ersehen, was ich der heurigen Land-
Recruten halber Demselben erinnere; ich repetire es aber auch dem
Herrn Hofkriegsrath, damit Derselbe seinesorts nicht nur die Land-
Recrutirung, sondern auch die Rimonta ebenmässig nachdrücklich
pressiren und den Regimentern nochmalen reiteriren wolle, was an
dieselben vorhin schon ergangen ist. Womit etc.
160.
An den FML. Grafen Mercy. Hauptquartier Loos vor Lille,
22. August 1708 M.
Ich habe zwar aus meines Herrn General-Feldmarschalls vom
1. dieses ersehen, da.ss zu der bewussten Entreprise Alles in motu
sei; wie ich aber seithero aus der Schweiz Brief erhalten, so ist das
ganze Werk decouvrirt und also zu bedauern, dass es zu seinem
Effect nicht habe gelangen können.
«) Kriegs-A., Ungarn 170«; Fase. VIII. 13.
^) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. VIII. "U.
203
Was sousten den Rang des Herrn Grafen Fugger anbetrifft
kann sieh derselbe dagegen umsoweniger beklagen, als man in denen
l^romotionen den Rang observiren muss, womit verbleibe etc.
161.
An den FML. Grafen König-seg-g. Hauptquartier Loos,
22. August 1708 'j.
Meines Herrn General -Feldmarscliall-LIeutenant Werthes vom
20. passato ist mir wohl eingelangt, und gleichwie daraus den ankehrenden
Eifer zum Besten des gemeinsamen Wesens mit Mehreren! ersehen, so
kann auch nicht umhin, solchen gegen Denselben besonders hiemit
anzurühmeu.
Mein Herr General-Feldmarschall-Lieutenant hat hiernächst auch
gar Recht, dass es nrJthig sei, dass in Mantua sich ein General von
Experienz befinde; ich stelle aber diesfalls meinem Herrn General-
Feldmarschall-Lieutenant wegen Dessen obhabender Bade-Cur gänzlich
frei und anheim, dasjenige zu thun, was Dessen Gesundheit erfordert.
Des übrigen finde ich auch die mir überschriebeneu Gedanken
über den dortigen Statum gar vernünftig, kann aber meinerseits umso-
Aveniger was Positives darüber antwortlichen melden, als ich dermalen
von dorten allzuweit entfernt bin. Li Verbleibung etc.
162.
An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Lille,
22. August 1708 ').
Deroselben sage ich hiemit dienstlichen Dank vor die unterm
14. d. M. in Ein- und Anderem erstatteten Nachrichten und Coramuni-
cirung dessen, was an Iliro kaiserl. Majestät Sie unter ebendemselben
Dato allergehorsamst relationirt haben.
Was die noch ermangelnden 'Recruten anbetrifft, so haben Sie
Seiner königl. Hoheit gar wohl geantwortet, in dem Uebrigen aber
will ich nicht zweifeln, dass Seine königL Hoheit wegen der Investitur
des Montferrats nunmehr vollkommen zufrieden sein werden, und ist
hiebei ein Glück, dass der Herzog von Mantua mit Tod abgaugen.
Was sonsten hier passirt, zeigt Ihnen der Anschluss, auf welchen
mich berufe und etc.
«) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. VIII. 27.
2j Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. VIII 28.
204
163.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Loos vor Lille,
22. August 1708 'j.
Euer Excellenz unterm K). und 28. passato an mich erlassene
drei Schreiben sind mir wohl worden und dient mir in dem ersten
zur guten Nachrieht, was Sie mir über Eröffnung der dortigen Campagne
erinnern wollen, bedaure aber darbei unter einsten ersehen zu haben,
dass E. E. Uupässlichkeits halber auf einige Tage zurück bleiben müssen.
Was Sie sonsten der verlangenden Instruction halber melden,
berufe ich mich zwar auf dasjenige, was ich Iliro in dieser Materie
jüngsthin gemeldet habe; ich repetire Ihnen aber dabei nochmalen,
dass erstlich eine Instruction zu verfassen, avo sich die Conjuncturen
augenblicklich ändern und nach deren Mass man sich dirigiren muss,
sehr schwer sei; andertens aber hat man es für unnöthig erachtet,
weilen man sich auf E. E. bekannte Conduite und Kriegserfahi-enheit
völlig verlasset, als welche nach der Ihro beiwohnenden Vernimft
und habenden Erkenntniss vom Land, auch dass Sie mit Ihro köuigl.
Hoheit am besten umzugehen wissen, von sich selbsten dasjenige thun.
vorkehren und veranstalten werden, was Sie Ihro kaiserl. Majestät
Dienst am nützlichsten und in facie loci nach denen sich ereignenden
Ergebenheiten am besten zu sein befinden werden.
Was Sie wegen des General Königs egg melden, hat es den
Verstand nicht, dass er an E. E. nicht verwiesen sein solle, massen
er als General- Wachtmeister Deroselben Commando wie alle Anderen
unterstehen muss, und ist allein die Distinction dabei, insoweit er als
ein Deputirter von dem lübl. kaiserlichen Hofkriegsrath die Admini-
stration von Mantua ausmachen hülfet. Betreffend aber das von ihm
ansuchende absolute Commando über die Truppen im Ferraresischen,
will ich darüber mich auf dasjenige berufen, was von dem kaiserlichen
Hofkriegsrath E. E. unterm 30. passato zukommen sein wird, woraus
Sie hoffentlich das Contrarium ersehen haben werden.
Belangend Dero andertes Schreiben, erfreut mich, daraus ver-
nommen zu haben, dass nicht allein E. E. bei der Armee sich wieder
eingefunden, sondern auch die Operation selbsten einen so glückliehen
Anfang genommen habe ; wobei ich dann das Vorhaben, von welchem
E. E. über den Attaque der beiden Place Exilles und Fenestrelle melden,
der davon entspringenden guten Consequenzen halber meinesorts in
allwog approbire, massen mit derselben Emportirung Piemont geschlossen
') Krie?s-A., Italien 1708; Fase. YlII. .'30.
205
und dadurch der Weg geöffnet ist, wann aucli sclion heuer weiter
nichts mehr zii thun wäre, klinftigcö Jahr umso zeitlicher und desto
freier in Frankreich operircn zu können, gleich es E. E. auch selLstcn
gar vernünftig erkennen und melden thun.
Uebrigens sage Deroselben den schuldigen Dank, dass Sic über
die jüngste Bataille mir so wohlmeinend zu gratuliren belieben wollen,
Dieselbe versichernd, dass ich sicherlich nichts mehrers wünsche, als
von der geringsten Gelegenheit zu profitiren, wo ich Sie (filmen) ein
Kennzeichen meiner unveränderlichen Dienerschaft geben könne.
Es hat mich schliesslich der Herr General-FML. Graf Rocca-
vione ersucht, sein unterhabendes Regiment an E. E. dahin zu re-
commandiren, damit bei künftiger Winter-Repartition auf dasselbe eine
besondere Regard gemacht werden möchte, angesehen es verwichenen
Winter viel gelitten habe, so ich dann hiemit auch bewcrke und
hiernächst verbleibe etc.
164.
An den Feldmarschall Grafen Guido Starliemberg". Haupt-
quartier Loos vor Lille, 22. August 1708').
Euer Excellenz sage schuldigen Dank, dass Sie mich mit Dero
Averthesteu Zeilen vom 23. Juni haben beehren wollen, worüber Dero-
selben hierait in schuldiger Antwort unverhalte, dass soviel die Be-
zahlung der darin sich befindlichen kaiserlichen Regimenter belangt, ich
allzeit darauf gedrungen und immer soUicitirt habe, dass diese a prima
Maji ihren Anfang nehmen sollte, welches dann E. E, auch Ihrerseits
also thun und mit dem von S t a n h o p e hierüber reden wollen.
Zu mehrerer E. E. Direction aber schliesse ich Ihnen hiebei,
Avas ich dem Duc de Marlborough dahier für Puncta überreicht,
dieser darauf dieselben an seine Königin abgeschickt und mir zur
Antwort gegeben worden, dem ich, was Sie des Generalstabs halber
melden, weiters anuectire, dass, gleich ich es auch nacher Hof ge-
schrieben habe, ich meinesorts der Meinung sei, dass man nun desto
geschwinder aus der Sache kommen und alle Weitläufigkeiten zu ver-
meiden, die Betragnuss E. E. und des gesammten Stabs Portionen
unter die Erfordernussen der Regimenter eintheilen sollte. Was aber
die Recruten angeht, müssen dieselben in allweg bezahlt werden ; ich
aber will dabei sehen, wie die Leute beigeschafi"t und gegen Geld
abgegeben werden können.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. VlII. 56.
206
Dass die Kaiserlichen aber auf dem Fuss wie die holländischen
Truppen bezahlt werden sollen, darüber haben E. E. mit dem von
Stanhope, der von Allem Commission hat, zu reden.
Mir ist übrigens leid, dass der Herr Obrist O'Dwyer in das
erinnerte Unglück verfallen und erfreue mich zugleich mit E. E., dass
der mit Ihro Majestät der Königin hineingeschickte Succurs nunmehro
glücklieh ankommen sei.
Was dahier passirt, roferire ich mich auf mein an Ihro königl.
^Majestät abschickendes Journal, aus welchem Sie Ein- und Anderes
mit jMehrerem vernehmen werden, und ich verbleibe etc.
165.
An den Grafen MafFei. Hauptquartier Loos vor Lille,
22. Aug-ust 1708 V).
Monsieur,
Jai recu la votre du lö de ce mois avec l'incluse de S. A. K.
dont je vous envoie ma reponse, vous remerciant en meme temps
des nou volles de Piemont, ({ue vous avez voulu y joindre. Ces favo-
rables comraencements, Monsieur, ne sont que de grandes consequences,
et S. A. R. n'aurait pu entreprendre une chose plus profitable que
d'assieger Exilles et Fenestrelle, en fermant par cette prise tout le
Piemont et faisaut le cliemin libre d'aller plus avant ou au moins, en
cas que la saison ne le permettrait, d'en profiter la Campagne prochaine
de boune heure.
Le roi de Pologne arriva avant-hier ici, et ce soir on va ouvrir
les tranchees et commencer le siege, ne manquant point de vous in-
former du succes, etant etc.
166.
An den Bischof von Tournay. Abtei von Loos,
23. August 1708 ^).
Monsieur,
J'ai re9U la lettre que vous m'avez fait Ihonneur de mccrire, je
suis tres-fache qu'il suit arrive (juelque desordre dans les eglises de
votre Diocese.
On ne peut donner, Älonsieur, d'ordres plus prccis quo ceux que
j'ai donnes pour toute sortes de desordres, et particulierement le res-
") Krieg8-A., Italien 1708; Kasi. VIII. -JO.
*) Kriegs-A., Kömisches Reich 1708; Fase. VIII 32.
207
pect aux eglises et lieux sacrcs. Je n'ai eii jusqu'ä prcsent aucuno
plainte qua par votre lettre, mais vous savcz, ^loiisieur, que les
Premiers jours qu'on arrive dans un pays ennenii avec une arinee
composee de tant de nations quo Test celle-ci, il est presque inipos-
sible d'enipecher le premier libertinage du soldat. J'y ai mis ordre. Je
vüus renvoie les lettres que vous m'avez fait riionneur de lu'envoyer
pmir les eures de Lille. Si vous ne recommandiez, Monsieur, ;i leurs
priores que la personne du Roy, je n'aurais fait aucune difficulte; mais
V ayant Joint la prosperite de ses armees, vous jugez ])ien que pen-
dant une aussi sanglante guerre cela n'est pas de saison. Je ne doutc
pas, Monsieur, que vous approuviez cette reflection et que vous serez
persuadc qu'on ne peut etrc avec plus de veneration, Monsieur, etc.
167.
Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille,
26. August 1708 'j.
Gleichwie Euer kaiserl. Majestcät aus beigehendem allerunter-
tbänigsten Journal des Mehreren allergnädigst zu ersehen geruhen
werden, was dahier seit meines Letzteren passirt und wie die Belage-
rung Lille angegangen worden, als remittire ich mich auch darauf
in aller Unterthänigkeit.
Sonsten habe für diesmalen weiters nichts allergehorsamst anzu-
rücken, dann da der Mylord Duo abwesend ist und ich mithin münd-
lich mit ihm nicht reden kann, so zweifle nicht, es werde E. k. M.
von dem Grafen Gallas Ein- und Anderes directe überschrieben
und berichtet werden. Ersagter Mylord hat mir jüngst erinnert, von
dem Mylord Tresorier die Nachricht zu haben, dass die Werbgelder
für beide Guido- und Osnabrück'sche Regimenter schon in Bereitschaft
und allein um das zu thun wäre, dass, wie es der Gebrauch dorten
sei, man dessentwegen Instanz machen müsste, welches, wie mir be-
rührter Graf Gallas berichtet, derselbe auch bereits gethan habe.
►Solchemnach aber werde E. k. M. demnächst ein allerunterthänigstes
Project allergehorsamst einschicken, wie die neuen Regimenter zu
formiren wären.
Als ich aber mein Gegenwärtiges schliessen wollte, erhalte ein
anderes Schreiben von dem Grafen von Gallas vom 14, dieses, worin
er mir communicirt, was an E. k. M. derselbe unter eben diesem
Dato allergehorsamst relationirt hat, dem ich geantwortet, dass es nicht
ohne sei, es dürften gegen 700 ]\[ann an obbenennten beiden Regi-
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. YlII. 4b.
208
menteru ermangeln, es wären aber 500 vom Osnabrück'scheu Regiment
unterwegs, und wann man von Seite Englands das Geld nielit völlig
auf einmal hergeben, sondern was zurückhalten wollte, so wäre es nicht
möglich, dass mau solchergestalt eine richtige Disposition machen
könnte. "Womit etc.
168.
Bericht an den König von Spanien. Hauptquartier Loos vor
Lille, 26. August 1708 \).
Aus Euer königl. jMajestät unterm 11. passato an mich abge-
lassenen allergnädigsten Schreiben habe ich allergehorsamst ersehen,
dass Sie seit dem 17. April von mir nichts erhalten hätten, so mich
umsomehr kränkt, als E. königl. ^I. leichtlich in Gedanken gerathen
könnten, als ob ich an meiner unterthänigsten Pflicht und Schuldig-
keit abweichen thäte und mithin auf mich eine Ungnad werfen
möchte, da ich doch Dieselbe allergehorsamst versichern kann, dass
an E, königl. M. ich, wie es die Zeit zugelassen und die Triftigkeit
der Materie erfordert hat, Deroselben jedesmal allergehorsamst Nach-
richt erstattet habe.
Ich beziehe mich in specie aller imterthänigst, was Deroselben
ich auf Dero vom 4. Juni allergehorsamst geantwortet und hiernächst
aus Werwick mit mehrerer Weitläufigkeit allerunterthäuigst relationirt
habe, wie ich auf des Hofes an mich ergangenen Befehl mit dem
Duc de M a r 1 b 0 r o u g h über den Zustand in Catalonien abgeredet
und was ich ihm für Puncta behändigt hätte, worüber E. königl. M.
hiemit die mir darauf zukommene Antwort allergehorsamst anschliesse
und des Weiteren nicht unterlassen werde, bei dem Duc de Marl-
borough und sonsten Dero Allerhöchstes Interesse ohne Unterlass
zu pressiren. Mit welchem dann der Enthalt Dero Anfangs gemeldeten
allergnädigsten Schreibens hiemit allerunterthäuigst beantwortet ist.
Schliesslichen sage Deroselben allergehorsamsten Dank, dass
Sie mich durch ein Postscriptum von eigener Hand allergnädigst
begnaden und zu instehender Campagne Glück wünschen wollen. Sie
Averden aus meiner überschickten allergehorsamsten Relation den
Verlauf der glücklichen Action von Oudenarde mit Mehrerem aller-
gnädigst schon vernommen haben und was aber seithero passirt, wie
ich mit einer Armee vor Lille gerückt, das werden E. königl. M.
aus meinem anliegenden allergehorsamsten Journal allergnädigst zu
vernehmen geruhen.
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. Ylll. 71.
209
► 169.
An den Hofkrieg-sratli. Hauptquartier Loos vor Lille,
26. Aug-ust 1708 'j.
Einem lübl. Mittel schlicssc liiemit das bishero wegen Fülle der
Arbeit unterbrochene Journal hiebei und berufe mich vollständig auf
dasselbe, erinnere aber Einem löbl. Mittel hiermit weiters, wasmassen
es nunmehr mit denen engländischen Geldern für die beiden Guido-
und ( ).snabrück'schen Regimenter insoweit seine Kiehtigkeit habe, dass
man nur die effective eingeschiffte Mannschaft bezahlen avoIIo, wo-
gegen ich aber an den Herrn Grafen von G a 1 1 a s das Weitere dies-
falls zu repetiren schon zugeschrieben habe.
Bei dieser Beschaffenheit nun wolle Ein löbl. Mittel von denen
beiden zu errichten vorhabenden Regimentern ein Project formiren
und mir anhero einschicken. Es bleibt sonsten dabei, dass eines davon
dem Herrn General Plischau conferirt werde, zu dem anderen aber
wäre oder der Prinz B e v e r n oder der W a c h t e n d o n k zu pro-
poniren und dabei zu sehen, dass der Prinz Bevern, wie er sich
bereits herausgelassen, dahin zu obligiren wäre, dass derselbe etliche
alte Compagnien dazustellen möchte, die er von den Wolfenbütterschen
Häusern wohl wird haben können; sonsten aber müssten an sich
Selbsten diese beiden Regimenter völlig von ihren Christen gestellt
werden und sodann erst, wann sie gestellt, die Verwechslung mit
alter Mannschaft, um einen Fuss zu haben, vorgenommen werden.
Wegen der dabei befindlichen Obristlieutenantsstelle ist Einem löbl.
Mittel schon bekannt, was ich in meiner Anwesenheit diesfalls für
eine Nota gemacht habe. Sollte man aber denen Obristen, die Obrist-
lieutenants und Obristwachtmeister selbsten zu machen, überlassen,
so wäre dagegen auf das Werbgeld zu schlagen und selbes zu ver-
ringern. Womit etc.
170.
Bericht an den Kaiser. Hauptquartier Loos vor Lille,
29. August 1708 'j.
Was die Belagerung Lille für einen Fortgang habe und wie
man mit derselben avancirt sei, das geruhen Euer kaiserl. Majestät
ob den nebenliegenden allergehorsamsten Journal mit Mehrerem aller-
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VIII. 47.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. Till. 49.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. 14
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gnädigst zu vernelimeu und anbei aucli zu crrfchen, was die feind-
lichen Armeen für Mouvcments gemacht haheu.
In etlichen Tagen wird es sich zeigen mü:>sen, Avie es mit obge-
melter belagerten Stadt ergehen und was hiernächst der Feind nach
seinen Bewegungen Willens sei; worüber E. k. M. durch einen eigenen
Courier die weitere allerunterthänigste Nachricht einsenden werde.
In dem Uebrigen repetire hiemit nochmalen allergehorsamst,
nachdem von dem Mylord Duc de Marlborough einige "Wochen
abgesondert sei, dass E. k. M. ich ferners allerunterthänigst nichts
zu berichten hatte. "Womit etc.
171.
An den Prinzen Philipp von Hessen -Darmstadt. Feldlager
vor Lille, 31. August 1708 'j.
Ich erhalte Euer Liebden Beide vom 17. und 24. passato zurecht
und bedanke mich im Ersten vor die Nachricht, so mir von der
päpstlichen Armatur haben geben wollen ; im Änderten aber conformire
mich mit Derselben, dass bei gegenwärtigen Conjuncturen die Recruten
und Eimouta über Land hineinzuschicken nicht practicabel sei. Was
aber im Dritten, in specie die sicilianische Operation, item die. begehrte
Abschickung 3000 Croatier und mehr Anderes belangt, sind dieses
lauter Sachen, woraiif ich, weilen die Briefe spät eingeloffeu, theils
auch darum nichts Positives sagen kann, als ich vom Hof zu weit
entfernt bin und ich Euer Liebden bald etwas erinnern möchte, wo
Deroselben von dorten aus das Contrarium anbefohlen werden dürfte.
Belangend übrigens die Tafelgelder (der weitere lulialt des Briefes
ist ganz uiiwithtig).
172.
An den Hofkriegsraths-Vice-Präsidenten Feldmarschall Graf
Leopold Herberstein. Feldlager vor Lille, 2. September 1708 ')•
Euer Excellcnz Ijeide vom 2. und 11. passato an mich erlassene
wertlie Schreiben habe wohl erhalten, und was den Herrn Grafen von
Gronsfeld betrifft, berufe ich mich auf dasjenige, so an das lr>bl.
^Mittel diesfalls geschrieben habe. Solchemnach ist Ihre kaiserl. Majestät
der L'^ndienst, so Ihro durch derlei abseitige Kesolutiones zuwachse,
') Kriegs-A., Neapel und Sicilieu 1708; Fase. VIII. 18.
^) Kriegs-A., Neapel und Sicilieu 17U8; Kasc. IX. 3.
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umso beweglicher zu remonstriren, als gewiss ist, dass ersagtcr Herr
Graf von Gronsfeld zu dieser Charge nichts verstehe.
Die Entreprise von Sicilien belangend, scheint es, als ob für
heuer schwerlich dieselbe unternommen werden dürfte; massen es das
Ansehen gewinnen will, als ob die Flotta dazu keine rechte Lust hätte.
Sonsten sage E. E. den schuldigen Dank, dass Sie auf mein
Kegiment so sorgfältig reflectiren wollen, bitte auch Dieselbe, auf
Erlag des Ueberrestes der 30.000 Gulden bedacht zu sein und bei
künftigem Winterquartier, im Falle ein Kegiment in die Erblande
verlegt werden solle, solches dazu zu benennen, damit gedachtes mein
Regiment im Stande erhalten werde, wohin man selbes nach so viel
ausgestandenen Miserien mit so grosser Beschwerlichkeit gebracht
und gesetzt hat. Uebrigens zweifle ich nicht, man werde von dem
glücklichen Heister'schen Streich zu profitiren in allweg bemüht sein ;
nöthig ist aber, dass man dem Herrn Grafen Heister positive vor-
schreibe, was er operiren solle, allermassen ich an Ein lobl. Mittel
hierüber was Mehrerers jüngsthin gemeldet habe. Womit etc.
173.
Bericht an den Kaiser. Hauptquartier zu Loos vor Lille,
2. September 1708 •).
Euer kaiserl. Majestät werden mir in keinen Ungnaden auf-
nehmen, wann Deroselben ich ausser dem hiebeigehenden allerunter-
thänigsten Diario nichts Weiteres allergehorsamst erinnere, weilen
Sie einestheils aus selbigem, wie die Sachen allhier beschaffen, mit
allen Umständen allergnädigst ersehen werden, sich auch darauf
umsomehr verlassen können, als es ganz accurat verfasst ist; sonsten
aber, nachdem der Mylord Duc de Marlborough gestern allhier
bei mir gewesen, so setze ich mich den Augenblick zu Pferde, um
zu selbem abzugehen und mit einander einen Posto zu recognosciren,
wo man den Feind erwarten könnte; nachdem derselbe durch das
ganze Land spargirt, dass er Lille entsetzen wolle, und zu dem Ende
an Volk Alles, was er gekonnt, an sich gezogen und zusammengeklaubt
habe; wiewohlen ich mir bis dato noch nicht einfallen lassen kann,
dass er sich dessen unterziehen sollte. Es sei aber wie es Avill, so
werde ich nicht ermangeln, E. k. M. von dem weiteren Erfolg die
allerunterthänigste Nachricht abzustatten.
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 13.
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Ich habe zwar mit ohfi^emeltem Mylord Duc noch nichts Be-
sonderes reden können, soviel aber hat er mir doch in Eile gesagt,
dass der j\[ylord Trcsorier wirklich an dem sei, das Werbgeld für
beide nun errichtende Regimenter nacher Frankfurt zu übermachen.
Wobei ich dann der alleruntcrthänigsten und nnvorgreiflichsten
]\Ieinung wäre, dass das erste davon Dero Obrist-Feldwachtmeister von
Plischan, das andere aber dem Prinzen von Bevern oder dem
Baron von W a c h t e n d o n k allergnädigst conferirt werden könnte.
Es dependirt aber von E. k. M. allergnädigster Resolution, wen Sie
von beiden Letzteren allergnädigst zu begnaden Averden geruhen wollen;
inmassen es sein könnte, dass E. k. M. etwa für ersagteu Prinzen
eine particulare allergnädigste Reflexion tragen möchten ; bei dem von
Wachten denk aber wäre erstlich zu sehen, ob er auch im Stande
sich befinde, im Feld zu dienen, E. k. M. des Weiteren allerunter-
thänigst bittend, dass Sie Dero allergnädigste Resolution unverlangt
hierauf abzufassen und hierauf die weiteren Befehle auszustellen
geruhen möchten, auf dass, sobald die Gelder erlegt, sogleich auch
die Werbung angegangen werden könnte. Womit etc.
174.
An den Churfürsten von der Pfalz. Vor Lille,
2. September 1708 'j.
Euer Gnaden gnädige Zeilen vom 17. passato hat mir der Herr
Feldmarschall Graf von Nassau wohl behändigt und ich habe mit
Mehrerem daraus gehorsamst ersehen, was Sie wegen Ersetzung des
Unterschieds an Geld hiesiger Währung mir haben anbefehlen wollen.
Nun werde ich zwar, wie ich Euer Gnaden vorhin zugesagt, mich
diesfalls gar gern employiren lassen und mit dem heute dahier er-
wartenden Mylord Duc de Marlborough darüber reden. Ich kann
aber Euer Gnaden dabei nicht verhalten, dass, gleich es Deroselben
am besten bekannt ist, an Difficultäten und Obstaeuln kein Mangel sein
werde, inmassen man gar viel zu thun glaubt, wann man denen Trappen
das Brod abreichen thut. Euer Gnaden aber können gesichert sein,
dass ich demungeachtet meinesorts Alles thun werde, was möglich ist.
um Deroselben zu zeigen, dass ich mit allem Respect sei etc.
') KiiegM-A., Römisclies Reich 1708; Fase. IX. b.
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175.
An den FZM. Gschwind. Vor Lille, 2. September 1708 'j.
Ich ersehe aus Euer Excellenz unterm 12. passalo an mich Erlas-
senem gern, dass mein an die lübl. Militär-Commission abschickendes
Diarium richtig einlaufe, und bedanke mich hiernächst für Dero-
selben mir gethanen Glückwunsch zur Bataille von Gudenarde.
Was mir E. E. sonsten über die obhabende Commission selbsten
melden, bedauere ich die Diflicul täten und Schwierigkeiten, so Ihro
darum gemacht und Sie mithin in denen Verrichtungen von allen Seiten
gehindert und aufgehalten werden, und ich wollte wünschen, all' diese
Ubstaculn heben zu können. Gleichwie E. E. aber von selbsten leicht
errat hen werden, dass es sich vom Weiten, wie ich dermalen entfernt
bin, nicht practiciren lasse, so muss ich Ihnen dabei auch anziehen,
dass es eben von dem löbL Hofkriegsraths-Mittel nicht allezeit depen-
dire, in derlei Fällen remediren zu können ; Sie haben aber nichts-
destoweniger sehr wohl gethan, dass E. E. an vorgedachtes löbl. Hof-
kriegsraths-Mittel die Nothdurft nachdrücklich remonstrirt haben.
Ich berufe mich übrigens auf mein beigehendes Journal und
verbleibe etc.
176.
An den G. d. O. Grafen Johann Pälffy. Vor Lille,
2. September 1708').
Ich sage Euer Excellenz schuldigen Dank, dass Sie mir unterm
13. passato von der Heister'schen glücklichen Action ausführliche
Nachricht zu ertheilen haben belieben wollen, und allermassen ich
anbei von anderwärts vernommen, dass Sie nicht nur den Anfang
hieran gemacht, sondern auch sonsten grossen Theil daran haben, als
thue mich mit Deroselben hierüber vom Herzen erfreuen und nicht
zweifeln, man werde von diesem glücklichen Streich rechtschaffen zu
prolitiren, in keinem Weg unterlassen.
Ich meinesorts wäre des Dafürhaltens, dass keine Gperation
besser sein könnte, Neuhäusel wegzunehmen 5 es wäre aber dabei
ei'nstlich zu sehen, ob zu einer solchen Belagerung die Erfordernisse
beigebracht werden können und andere Nothwendigkeiten dazu in
Bereitschaft, oder keine andere Obstaculen dagegen im Wege seien,
so ich vom Weiten nicht judiciren, noch vorsehen kann.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 4.
-) Kriegs-A., Uugaru 1708; Fase. IX. 1.
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Naeliclem üLrigens die Cavalleric so sehr abgemattet ist, so wäre
besondere Reriexion zu machen, wie man dieselbe in etwas respiriren
lind ausrasten lassen könne. Womit etc.
177.
An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Lille,
2. September 1708 '>
Ich erhalte Deroselbeu vom 4. passato zurecht und bedanke
mich über die Xaclirichteu, so mir von der dortigen Armee geben
wollen, welche mir auch directe von derselben berichtet worden.
Die Uebergabe Tortosa's ist nur allzuwahr, gleich Sie es seithero
ohnedem vernommen haben werden.
Sonsten zweifle ich nicht, es werden Seine königl. Hoheit nach
nunmehr erhaltener Investitur in Montferrat zufrieden und content sein,
und bedanke mich hiernächst vor den Glückwunsch, so Sie mir zur
Bataille von Oudenarde haben ablegen wollen. Uebrigens werde ich
Sie, so viel als möglich ist, mit dem Journal von hier bedienen
lassen und verbleibe etc.
178.
An den Grafen Franz Karl Kaunitz. Vor Lille,
2. September 1708').
Ich sage Deroselben hiemit dienstlichen Dank vor die unterm
4. passato über Ein- und Anderes gegebenen Nachrichten und bedanke
mich unter einsten für die wohlmeinende Gratulation zur Bataille von
Oudenarde.
Sie werden schon wissen, dass der Herr Marquis de Prie nacher
}lom zu gehen, von Ihro kaiserl. IMajestät allergnädigst intentionirt sei,
wornach sich Ein- und Anderes etwas mehrers zeigen werde. Inzwischen
ist dieses Hofes üble Intention allezeit zu sorgen, weilen dieselbe nicht
so viel auf den Nutzen der Kirchen, als auf ihr Particiliare ab-
zielen thut.
Sonsten ist es eine rechte Schand die Execution, so man an den
Abbate Rivarolo verübt hat, da dieser zwar mit mir correspondirt,
aber niemalen was Anderes berichtet hat, als was die öffentlichen
Foglietti in sich enthalten und alle Zeitungsschreiber zu Rom geschrieben
«; Kriegs-A., It.aliou 1708; Fase. IX. 4.
^) Kriegs-A., Ttalieu 1708; Fase. IX. 5.
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und berichtet haben. Ich wäre solchemnach in allwep; der Meinung,
dass man sich seiner anneinnen und Sie darüber nacher AVien
schreiben sollten, welches ich auch meinerseits ebenfalls thun werde.
Was übrigens hier passirt, zeigt der Anschluss, aui" welchen
ich mich berufe und verbleibe etc.
179.
An den Cardinal Johann Philipp Grafen Lamberg. Feldlager
vor Lille, 2. September 1708';.
Euer Liebden werden mir in keinen Unguten aufnehmen, wann
theils durch die obgewesteu Mouvements und theils durch die jetzigen
überhäuften Occupationen verhindert gewesen, Euer Liebden hoch-
schätzbares Schreiben vom 30. passato ehender zu beantworten.
Solchemnach sage Ihnen den gehorsamsten Dank vor Dero
wohlmeinenden Glückwunsch zu der Bataille von Oudenarde.
Was die 3000 chursächsischen Pferde anbelangt, ist der König
dermalen Selbsten allhier; ich aber bin mit Euer Liebden gleicher
Meinung, dass ohne richtig gestellte Verpflegung nichts zu ei'halten
sein werde. Es ist aber unmöglich, solchergestalten fortzukommen,
wann das Römische Reich sich mit dem rechten Ernst nicht angreifen
will, gleich es dermalen mit der Million Thaler thut.
Ueber die hannoverische Chur-Sache habe ich die Nachricht, dass
es am kaiserlichen Hof damit seine Richtigkeit haben solle, mit dem
Beisatz, dass der junge Herr Graf Kinsky dessentwegen werde
hingeschickt werden. Womit etc.
180.
Bericht an den Kaiser. Feldlag-er vor Lille, 5. Sep-
tember 1708').
Nachdem ich gestern den ganzen Tag daraussen und Alles
im Marsch war, mithin erst auf den Abend zurückkonmien bin,
mich aber gleich jetzo wiederum zu Pferd setze, einfolglich die
geringste Zeit nicht habe, Euer kaiserl. Majestät ausführlich aller-
gehorsamst zu schreiben, so berufe ich mich allerunterthänigst auf
das angehende Journal.
Es wird sich nun weisen, ob es dem Feind seinem Spargament
nach ernst sei, den Entsatz von Lille zu unternehmen. Die Armee ist
*) Krieg-s-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 15.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase, IX. 23.
216
inzwischen ausgerückt und hat sich an dem Ort postirt, wo man
ihn erwarten Avill ; ich meinesorts werde nichts unterlassen , was
meine Schukligkeit und K. k. M. Allerhöchster Dienst erfordert.
AVoniit mich etc.
181.
An den GWM. Freiherrn von Heindl. Loos vor Lille,
7. September 1708 *j.
Ich sage dem Uerrn General-Wachtmeister dienstlichen Dank
vor den unterm 0. passato gethanen Glückwunsch zur Bataille von
Oudenarde,
Was den Geldmangel anbelangt, bedauere ich, dass noch zur
Stunde die Mittel hiezu nicht gefunden worden, und unterlasse darum
nicht, nacher Hof zu rescribiren, damit man auch von dort aus die
jSothdurft pressire; dann solchergestalten keine Möglichkeit ist, dass
die Truppen bestehen können, und wird endlich die Resolution fassen
müssen, in dem widrigen Fall die Truppen zurückzuziehen ; dann
oder des Herrn Cardinais G r i m a n i Eminenz müssen diese absolut
bezahlen, oder aber dieselben abmarschiren oder andere errichten lassen.
Vor die übrigen Nachrichten bin ich dem Herrn General-Wacht-
meister sehr obligirt und ersuche Denselben, damit zu coutinuiren.
Womit etc.
182.
An den Hofkrieg-srath Locher. Loos vor Lille, 7. Sep-
tember 1708 'i.
Ich erhalte des Herrn Hoflcriegsraths vom 18. passato und
ersehe daraus des mehreren Inhalts, was mir Derselbe wegen des
Herrn GWM. von Toldo wiederholter hat anziehen wollen, wogegen
ich mich an Antworts Statt auf dasjenige berufe, was ich an Ein
löbl. Älittel wegen der zwei neu errichtenden Regimenter jüngstliin
mit Mehrerera geschrieben habe, bei dem es dann auch sein unverän-
derliches Verbleiben hat.
Was mir Derselbe wegen der päpstlichen Sachen meldet, das
dient mir zur Nachricht, ich antworte aber dem Herrn Hofkriegsrath
darum nichts darauf, weilen ich mich in die Händel zu ]nisclien
nicht gedenke.
») Kriegs-A., Italion 1708; Fase. IX. 11.
*J Kripg;s-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 5.
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Soviel aber den Abgang der Mittel in Neapel betrifft, miiss der
Herr Cardinal Grimani die allda stehenden Truppen absolut be-
zahlen oder sie müssen zurückgezogen werden, und ersagter Herr
Cardinal solle dagegen andere machen.
Die Säuberung dos anderseiten Donau-Landes in Ungarn appro-
bire ich und wäre zu wünschen, dass es vor zwei oder drei Monaten
schon geschehen wäre.
Für den Herrn Obrist Praunstorff ist mir sehr leid und
bedauere ich auch hiernächst die Gefangennehmung des Herrn Obristen
Tököly. Worüber ich an Ein lübl. Mittel schreibe, in allweg darob
zu sein, dass mau selben auf ein oder andere Weise eliberire.
Was übrigens das Vorhaben des Herrn General-FML. Baron
von Kriechbaum anbelangt, ist zu hoffen, dass derselbe darinnen
reussiren werde. Womit etc.
183.
An den Freiherrn von Heems. Lager vor Lille,
7. September 1708 >
Deroselben vom 25. passato und 1. dieses werden mir zurecht
und was die spanischen Angelegenheiten betrifft, ist der DonQuiros
hier eingelangt, mit Avelchem ich dann sowohl als mit dem Duc de
Marlborough über Ein- und Anderes geredet, es scheint aber, dass
über dem Herrn Grafen von G alias und mir dahier ertheilten Aut-
wort weiters nichts zu erhalten sei.
Was die Recrutirung der in Catalonien stehenden holländischen
Truppen betriffst, scheint es nach Deroselben Erinnerung, dass die
Herrn Staaten hierzu wenig Lust haben, einfolglich sich darum wenig
bekümmern. Ich glaube zwar meinesorts gar gern, dass ihnen diese
mehr als andererorten kosten ; es ist aber mit dem nicht genug gethan,
sondern ein Jedweder muss sorgen und auf seine Truppen gedenken,
dann auf solche Weise Ihro kaiserl. Majestät unmöglich wäre, dass Sie
allein den Krieg führen und souteniren sollten können.
Betreffend die 50 Officiere, welche zu Ersetzung bei der
königlichen Garde hinüber gehen sollen, sagt mir obberührter Don
Quiros, dass man sie zwar suche, aber noch nicht beisammen habe.
Ich bin Ihnen sehr obligirt, wann Sie das au Sie adressirte
Paquet mit sicherer Gelegenheit und wohl einballirter nacher Wien
befördern werden.
') Kriegs-A., Spaiiieu 1708; Fase. IX. 20.
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AVas Sie scliliesslic-li wegen des Pass für die kaiserlichen Be-
dienten abermalen anführen, werde ich selben zu überkoniraen sehen.
Mich annebst auf beigehendes Diarium berufend, verbleibe etc.
184.
An den Grafen Johann Wenzel Gallas. Loos vor Lille,
7. September 1708')-
Ich erhalte Deroselben vom 24. passato und sage Ihnen dienst-
lichen Dank, dass Sie durch Ihre Mühe annoch ein Dutzend porcel-
lainerne Teller denen ersteren gleich gefunden haben.
Der Mylurd Marlborough hat mich versichert, dass der
Mylord Tresorior an dem sei, die Gelder vor die zwei Regimenter
nacher Frankfurt zu übermachen ; wann sie aber den Abgang davon
abziehen wollen, so müssen doch gleicliwohlen die Osnabrück'schen
Recruten, welche bereits in Italien ankommen sein werden, gut gemacht
werden ; dann ohne diesen wüsste ich nicht, wie man in der neuen
AVerbung bei einem so grossen Abmangel fortkommen könnte, so
Sie Ihresorts in allweg pressiren wollen.
Was sonsten hier passirt, zeigt der Auschluss, und ich ver-
bleibe etc.
185.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 -).
Aus Euer kaiserl. Majestät unterm 18. passato an mich abge-
lassenem allergnädigsten Handschreiben habe ich mit Mehrerem alier-
gehorsamst ersehen, dass Dieselbe nicht nur vom czarischen Ministro
Urbich wegen Eiunehmung seines Principals in die grosse Allianz
beständig angegangen wurden, sondern dass auch nach des Duc de
Marlborough dem in England anwesenden czarischen Botschafter
ertheilten Erklärung, die Ausmachung dieses Werks E. k. ^1. allein
zugeschoben werden wolle.
Nun ist dieses freilich eine Sache von grosser Consequenz, durch
den angeschlossenen Brief des Duc de M a r 1 b o r o u g h ') aber alier-
gnädigst zu ersehen, dass, wie E. k. ^l. ohnedem nicht unbekannt
sein kann, ersagter Duc andurch nichts Anderes suche, als sich aus
der Sache zu bringen und hingegen die Schuld auf Andere zu wälzen ;
•) Kriegs-A., .Spanien 1708; Fase. IX. 21.
^) Krieg8-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 28.
'j In den Feldacten nieht vorhanden.
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dnnnenliero ich allergehorsaiiist nicht cnuaugcln werde, es ilim zu
reprocbiren, sobald ich nur ein wonig die Gelegenheit hierzu üher-
komme, weilen jetzo mit dem Feind allzu selir occupirt und alle
Augenblick gewärtig bin, dass derselbe, wie er durch das ganze Land
spargirt, den Entsatz von Lille unternehmen werde. Inzwischen aber
muss E. k. M. ich gleichwohlen unangemerkter nicht lassen, dass der
moskowitische Minister von Urbich ein gar wunderlicher Mann sei,
der ein jedes Wort vor eine Resolution zu nehmen pflegt.
Betreffend die angezogeiie Unterhandlung des Friedens zwischen
dem Czar und Schweden durch den König Augusto und die
daraus besorgende Inconvenienz und Gefahr, solle E. k. M. in aller
Unterthänigkeit darüber nicht verhalten, wie dass ich mit allergehor-
samsten Respect nicht wohl glauben könne, dass der König Augustus
sothanen Friedens ein Unterhändler sein sollte; weilen es vielmehr
das Ansehen hat, dass er selbst in Polen wiederum zurückgehen
dürfte, sonsten aber, wann was daran sein sollte, sich schwerlich hie-
lier zur Armee begeben haben würde.
Dessenungeachtet aber werde ich in allweg trachten, ersagten
König hierinfalls zu sondiren und E. k. M. sodann das Weitere in
aller Unterthänigkeit zu erinnern.
Als eben dieses im Schluss war, traf ich eine Gelegenheit, mit
dem M a r 1 b 0 r o u g h über den Punct der czarischen Allianz zu reden.
Er entschuldigte sich gegen mir mit starken Expressionen und prä-
tendirt dagegen das Contrarium, vorgebend, dass E. k. M. es auf die
Krone Englands verschoben hätten, mit dem weiteren Vermelden, er
habe hierüber die Briefe bei Händen und wolle sie mir communiciren.
So E, k. M. ich heute allergehorsamst beirücken und mich
anbei etc.
186.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 ').
Es haben zwar nach des Feindes starkem Aussprengen die Meisten
allezeit geglaubt, dass derselbe gleich nach seiner Ankunft mit der
Armee den Entsatz von Lille tendiren und uns angreifen würde, zu
welchem Ende man ihn in voller Bereitschaft erwartete. Nachdem aber,
ungeachtet derselbe ganz nahe an uns gestanden, er es nichtsdesto-
weniger nicht vornahm, und hingegen man an hiesiger Belagerung sehr
retardirt würde, wenn man alle Augenblick auf ein jedwedes Mou-
veraent die Truppen ausrücken lassen müsste, so habe für gut und
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 29.
220
nötliig Lcfimdeu, um nicht nur die Leute und Pferde vergebens nicht
zu fatig-uiren, sondern auch ersagte Belagerung mit so besserem Ernst
fortzusetzen, vor der Armee des Mylord Duc de Marlborough ein
Retranchemeut autzuwerfen, welches .auch geschehen.
Inzwischen hat man den 7. dieses auf die feindliche Contre-
Escarpe einen Sturm gegeben, den Feind von selber verjagt und sich
darauf postirt, wie Euer kaiserl. Majestät aus dem angehenden Journal
des Mehreren allergnädigst ersehen werden; worauf ich mich Kürze
halber in allerunterthänigstem Respect beziehe.
Bei diesen vorgewesten Bewegungen und Occupationeu konnte
ich zwar mit dem Mylord Duc de Marlborough nichts Ausführliches
reden; er vertröstete mich aber fortan, dass die Gelder für beide in
Spanien abgegangenen Regimenter seine Richtigkeit hätten. Es will
aber ersagtes Geld bis diese Stunde gleichwohlen nicht ankommen,
daher ich dann den Grafen von G a 1 1 a s wiederholter geschrieben,
selbes ohne Unterlass zu pressireu.
Bei jetztersagtem Mylord Duc langte von dem von Stanhope
ein Secretarius an, Avelcher unter Anderem auch von Ihre königl.
katholischen Majestät Briefe an denselben mitbrachte. Ich hatte zwar
dabei nichts bekommen, obbesagter Secretarius aber meldete, dass ein
mit ihm von dorten abgegangener Obristlieutenant meine Briefe mit
sich nach Wien genommen habe. Inzwischen weiss ich von seinem
Mitbringen nichts Anderes, als dass mir der Mylord Marlborough
sagte, Allerhöchstgedachte Seine königl. Majestät verlangten, dass von
denen in Napoli (Neapel) sich beündlichen E. k. M. Regimentern zu
Fuss zwei dahin in Spanien transportirt werden möchten, und hätten
ihn, Mylord, dabei nachdrücklich ersucht, dass er es seinesorts stark
pressiren und sollicitiren möchte, und zwar umsomehr, als man Ver-
sicherung gebe, dass die Königin deren Verpflegung über sich nehmen
würde; bitte ihn, Mar Ib orough, solchemnach hierauf auch seinesorts
allein zu dringen, ohne von den Werbgelderu zu deren Wiederersetzung
Avas zu melden.
Ich replicirte darauf, dass ich zwar hievon noch nichts wüsste,
ich könnte aber vorläuHg versichern, dass ohne deren Ersetzung imd
Abreichung der Werbgelder E. k. M. die Abfolglassung keineswegs
würden einstehen können, massen es Dero Kriegs-Staat nicht zuliesse,
über die bereits nach Spanien geschickten, noch zwei Regimenter zu
Fuss wegzugeben, ohne dass Sie nicht andere an deren Stelle haben
oder setzen könnten ; Dieselbe allergehorsamst bittend, E. k. jM. möchten
allergnädigst geruhen, mich zu belehren, was ich in dieser Sache zu
thun und wie ich mich zu verhalten haben solle.
221
P. S.
Auch ist E. k. M. allergnädigst bekannt, dass mir vor meiner
Abreise unter Anderem auch sichere Hiklesheim'sche Assignationen
hätten mitgegeben werden sollen. Wie ich aber diese nicht erwartet,
so habe ich gehofft, es würde es der Graf Schlik mit sich bringen.
Da sie auch diesem nicht behändigt worden, und hingegen kein Kreuzer
Gehl mehr in der Cassa ist, so habe E. k. M. um deren schhjunige
Anherschickung hierait allerunterthänigst belangen Avollen.
187.
An den Marqnis Prie. Feldlager vor Lille, 9. September 1708 'h
V. E. me pardonnera si je ne Lui reponds sur Sa lettre du 7
du mois passe qn'aujourd'hui, les mouvements et les occupations con-
tinuelles m'en ayant empeche, je Lui rends mille gräces qu'Elle vou-
lut prendre part de la bataille d'Oudenarde, souhaitant avec Elle qu'on
en puisse ressentir les effets parmi les princes d'Italie, dont je ne
doute pas.
Je suis oblige du compte des affaires qu'Elle m'a rendu par la
copie jointe, et m'etant trop eloigne, Elle ne prendra pas en mauvais,
si je ne Lui reponds rien la-dessiis, n'ayant pas manque de faire tenir
IMylord Duc la lettre qu'Elle m'a enfermee a cacliet volant.
Au reste, Monsieur, S. M. L a fort bien songe a la personne
de V. E. pour la commission de Rome, sachant bien qu'Elle ne pour-
rait pas etre mieux servi que par la couduite comme de V. E. etant etc.
188.
An den Hofkrieg-srath Thiell. Feldlager vor Lille,
9. September 1708 "t.
Ich unverhalte dem Herrn Ilofkriegsrath auf Seines vom 18. pas-
sato hieniit in Antwort, dass es bei der Bombardirung Neutra, als
einer geschehenen Sache, sein Bewenden habe, Aviewohl ich nicht
weiss, ob es auch der Mühe werth gewesen sei.
Hingegen approbire ich die Säuberung des anderseiten Donau-
Landes und repetire nochmalen, was ich erst jüngsthin geschrieben
habe, dass man dem Herrn Feldmarschall Grafen Heister positive
•) Kiiegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 17 li.
2) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 7.
222
vorschreiben müsse, was er zu thim habe, damit man von dem ge-
thanen glücklichen Streich recht profitire.
Dass die Contagiun in Arad nachgelassen, veruelune ich gern und
bedauere aber hiernächst den Todesfall des Herrn Baron Praun-
storff, wodurch Ihro kaiserl. Majestät einen wackeren Ofücier ver-
loren haben.
An dessen Platz, wie ich an Ein löbl. Mittel schreibe, sollte oder
der Herr Christ Leithraann, oder zum Fall der Herr GWM. Scherzer
dahin gehen wollte, dieser Ihro kaiserl. Majestät allerunterthänigst })ro-
ponirt werden. Was aber der Herr Hofkriegsrath anbei meldet, dass
man vermeine, den Herrn Christen Grafen von Herb er stein als
Interims-Commandanteu dahin zu bestellen, finde ich gar nicht nöthig
zu sein.
Uebrigens bedauere ich die Gefangenschaft des Herrn Obristen
T ö k ö 1 y sammt seinem Bruder und schreibe dessentwegen an Ein
löbl. Mittel, dass dasselbe darob sein wolle, damit er auf ein oder
andere Weise hinwieder eliberirt werde, darob auch der Herr Hof-
kriegsrath sein Avird, und ich verbleibe etc.
189.
An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Feldlager vor Lille,
9. September 1708 'j.
Ich sage Ihnen dienstlichen Dank, dass Sie mir unterm 11. pas-
sato abermalen communiciren wollen, was Sie an Ihro kaiserl. ]\Iajestät
relationirt haben.
Was Sie aber sonsten mir anneben annectirt, dass die Herzogin
jüngsthin in der Person wegen der Possess-Gebung von Montferrat
sich geirrt habe, da diese Dero Herrn Brüdern aufgetragen sei, dabei
hat es sein Bewenden. Uebrigens etc.
190.
An den FML. Grafen König-segg*. Feldlager vor Lille,
9. September 1708^).
Gegen meinen Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant erstatte
ich den dienstlichen Dank für den gethanen Glückwunsch zur Bataille
•) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 14.
^) Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. IX. 15.
223
von Ouflenarde und bedauere unter einsten den Anstot^s, so Derselbe
abornialen von einem dreitägigen Fieber hat.
Wegen der Kepartitionsgcldcr der dortigen Fortification und
Garnirung der dismontirten Artillerie, sclireil)t mir der kai.serliche Ilof-
kriegsrath, dass er die Notlidurft bei dem Verkauf der Virgilianisehen
Güter pressire, dass soleliemnach aueli zu hoffen ist, es werde der
Effect erfolgen. Ich biu mit meinem Herrn General-Feldmarschall-
Lieutenant der Meinung, dass es bei so weit avancirter Zeit frcülich
zu spät sein dürfte, dass sich Derselbe nacher Wien begebe.
Was mir mein tlerr General-Feldraarschall-Lieutenant übrigens mit
mehrerer Weitläufigkeit vom Herrn Baron Martini meldet, hat mir
derselbe das Geringste nicht davon geschrieben; ich rauss aber appro-
biren und loben die Intention, so mein Herr General-Feldmarsehall-
Lieutenant geführt hat, ihn mit dem Herrn Grafen Castelbarco
hinwiederum zusammen zu bringen. Ich recommandire es meinem
Herrn General- Feldraarschall-Lieutenant weiters imd ersuche Den-
selben, auf alle Weise darob zu sein, damit zwischen ihnen das gute
Vernehmen hergestellt werde; dann ich von hier aus zu weit entfernt
und auch anderer Verrichtungen halber nicht alle Augenblick schreiben
kann, massen auch sonsten mein Herr General-Feldmarschall-Lieute-
naut von obigen Beiden einen so gut als den anderen kennt. Womit etc.
191.
An den Feldmarschall Freiherrn von Thüngen. Lager vor
Ryssel'), 15. September 1708 -j.
Nachdem der Herr Minier-Ubristlieutenant St. Martin mit seinem
unterhabenden Corpo und dem erforderlichen Zeug dahier unumgäng-
lich nöthig ist, so habe ich Euer Excellenz hiemit ersuchen wollen,
dass Dieselbe belieben möchten, ihn alsogleich sammt seinem Corpo
anhero abzuschicken, und dient Ihro zur Nachricht, dass das kaiser-
liche Commissariat unter einsten erinnert werde, ihn mit einem Schiff'
und denen sonst benöthigten Reisegeldern zu versehen.
Ich ersuche dessenthalben Ihro Gnaden den Chnrfürsten gleich-
falls, dass sie hierein verwilligen möchten und schliesse E. E. das au
dieselbe erlassende Schreiben zu dem Ende hierbei , damit Sie es
Ihro, wann sie sich bei der Armee befinden, behändigen wollen.
*) Ryssel flaniisch, frauzösisch Lille.
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 2-i.
224
192.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 16. Sep-
tember 1708 ' ).
Das von Euer kaiscrl. ]\Iajestät unterm 30. Juli an mich alier-
gnädigst abgelassene Befehlschreiben ist mir erst dieser Tage zu
allergehorsamsteu Händen eingeloffen, und gleichwie es ohnedem meine
Pflicht und Schuldigkeit erfordert, Dero Allerhöchsten Befehlen die
allergehorsamste Folge zu leisten, so -werde auch in aller Uuterthänig-
keit unermangeln, wann sich eine Gelegenheit ergeben sollte, durch
Repressalien oder in anderer Weise Dero und des Reichs Stadt Augs-
hnrg zu der angesuchten billigmässigen Satisfaction bei dem Feind
die hülfliche Hand zu bieten. Womit etc.
193.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 16. September 1708 ').
Die feindlichen Bewegungen haben mich jüngsthin verhindert,
dass Euer kaiserl. Majestät die abgewichene Post in aller Unter-
thänigkeit nicht habe bedienen können, weilen, wie Dieselbe aus dem
angehenden allergehoi samsten Journale allergnädigst zu ersehen geruhen
werden, der Duc de Bourgogne einen Musketenschuss gegen den
]^Iylord Duc de Marlbourough angerückt, und ich daraufhin auf
das von ihm beschehene Ersuchen mich nicht allein selbsten urplötzlich
zu ihm verfügt, sondern auch die Truppen von der hiesigen, meinem
Commando unterstehenden Armee hinausrücken lassen. Man ist solchem-
nach zwei Tage allezeit in Waffen gestanden und hat den Feind er-
wartet, welcher aber, ausser dass er gegen den linken Flügel mit
etlichen 30 schweren Stücken und mit etlichen anderen gegen den
rechten, jedoch unglaublich ohne Schaden kanonirte, weiter nichts vor-
nahm, sondern gestern wiederum decampirte und seinen Weg auf
Orchies, wovon er anhero kommen, zurücknahm und wie alle Kund-
schafter sagen, suchen wolle, uns die Communication zu benehmen.
An dem Attaque sind die Breschen auf die Tenaille und das
Hornwerk bereits gelegt und die Descente im Graben fertig und
man mithin im Stande, zwischen heute und morgen auf gedachte
Tenaille einen Sturm zu unternehmen, wodurch bei dem glücklichen
Ausschlag die Stadt ziemlich pressirt sein wird.
') Kriegs-A., Römisches Keicli 1708; Fase. IX. 26.
') Krieg-s-A., Niederlaiifle 1708; P\nsc. IX. 39.
225
Unmöglich war es zu veränduiu, dnss es hei dieser BeUxgerung
nicht etwas langsam zugehe, wasmassen man bei einem so grossen Werk
nicht allezeit Alles zur Genüge und der Nothdurft nach beisammen
haben kann, zuvörderst aber, da der Marechal de Bouffiers sich
resolvirt, die Festung bis auf die Extremität zu defendiren, so ihm
umso leichter fallen wird, weilen er sich nach Belieben allezeit in das
Citadelle retiriren kann. Er disputirt solchemnach Alles, was er nur
kann, vornehmlich da er die feindliche Armee von der Stadt aus
im Gesichte gehabt und dadurch umsomehr angefrischt gewesen ist.
Hiernächst ist es schon an der Zeit, sowohl dahier, als anderwärts
auf die Ueberwinterung der Truppen zu gedenken.
Wegen der hiesigen E. k. M. Regimenter kann Deroselben ich,
ungeachtet ich schon etlichemal davon zu reden angefangen, bis nicht
die Belagerung vollendet, nichts Positives sagen, da auch sonstcn
dieses Werk mehr als eine Unterredung vonnöthcn haben, mithin auf
einmal nicht wird ausgemacht werden können.
Wegen Italien aber wäre ich der allerunterthänigst- und unmass-
gebigsten Meinung, dass E. k. M. von denen dortigen 7 Cavallerie-
und Dragoner-Regimentern zwei gar füglich herausmarschiren lassen
könnten, und zwar solch ergestalten, dass dagegen von denen in Napoli
befindenden Regimentern ein anderes heraus und dahin nacher Italien
marschiren, mithin daselbsten allezeit 6 complete Cavallerie-Regimenter
gelassen werden sollten, und sobald ich nun in aller Unterthäuigkcit
wissen werde, dass E. k. M. diesen meinen allergehorsamsten Vorschlag
allergnädigst approbirt haben, so will sodann des Weiteren allerge-
horsamst berichten, was hiezu vor zwei Regimenter zu benennen wären.
Bei dem Mylord Duc de Marlb orough pressire ich fortan
den Erlag des Geldes für beide nach Spanien abraarschirte Regimenter,
und er versichert mich dargegen positive, dass es damit seine Richtigkeit
habe und begehrt, dass ich dessentwegen eine Schrift unterschreiben
sollte, so dieser Tage geschehen, und unter einsten an E. k. M. die
allergehorsamste Communication davon wird eingeschickt werden.
Unterdessen wundert mich doch, dass ersagtes Geld bis diese Stunde
zu Frankfurt noch nicht ankommen sei.
Belangend aber die Errichtung der neuen Regimentei', beziehe
ich mich auf dasjenige allerunterthänigst, was an Dero gehorsamsten
Hofkriegsrath bereits geschrieben und nicht weniger ersagten Mittels
Vice-Präsidenteu weiters bedeutet habe, zum Fall etwa E. k. M. aller-
gnädigst gedenken möchten, die drei fränkischen Regimenter zu Fuss
in corpore zu erhandeln und davon diese zwei neuen errichtenden
Regimenter formiren zu lassen.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoycn. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. 15
226
Ich unterlasse im Ueljri<j^on aucli nicht, mit ersagtem Mylord Diic
die übrigen von E. k. iE. mir allergnädigst aufgetragenen Puncte
öfters zu rcpetiren, Avorübcr Deroselben den allergehorsamsten Bericht
bereits erstattet habe. Ich kann aber E. k. M. hiebei in aller Unter-
thänigkeit anzuziehen nicht crmangeln, dass, w^as die Abfolgung der
von Ihre königl. katholischen Majestät aus Napoli verlangten Regi-
menter zu Fuss betrifft, Höchstgedachte Seine königl. Majestät sich
gegen den von Stanhopc dahin erklärt hätten, dass, wann seine
Königin die Verpflegung ersagten Regimentern abreichen würde. Seine
katholische Majestät über sich nehmen wollten, mit E. k. j\[. der Ueber-
lassung und des Transportes halber sich zu verstehen und die Sache
auszumachen; worauf ersagter von Stanhopc seinen Secretarium
hiehergeschickt und weiters nacher England über diese Materi geschrieben
hat. Als ich nun mit dem Marlborough von der Ersetzung dieser
Regimenter und Erlag des Werbgeldes geredet, fangte er zu lachen
an und berufte sich auf das Obige, bei welcher Beschaffenheit hierin-
falls was zu thun, kein Gedanken zu machen ist. Ich wäre daher der
allerunterthänigsten und unmassgeblichsten Meinung, dass Allerhöchst
gedachte Seine katholische Majestät nicht so frei mit denen alliirten
Ministris umgehen sollten, wann Sie nicht vorhero mit E. k. M. die
Sache concertirt haben. Womit etc.
194.
An den Hofkrieg-srath. Feldlager vor Lille, 16. Sep-
tember 1708').
Nachdem mir die Nachricht eingeloffen, dass in Neapel die Mittel
und Verpflegung abgingen und darum unsere Leute auch durchzu-
gehen anfingen, zuvörderst, da der Papst öffentlich die Trommel
rührt und man auf denen Grenzen Billeten gefunden, worinnen der-
selbe einem jeden Mann neue Mundur (Montur) und raisonables
Handgeld verspricht, so habe ich für nöthig erachtet, Einem löbl.
^Mittel zu erinnern, dass es an seiner Gehörde die weitere nachdrück-
liche Remonstration mache, auf dass der Herr Cardinal G r i m a n i
die in gedachtem Neapel stehenden kaiserlichen Truppen oder bezahle,
odc]' aber dieselben zurückgezogen werden und er dagegen andere
formiren solle.
Es ist hiernächst der Herr <Jbrist von Braunst orff mit Tod
abgegangen, welcher umsomehr zu l^edauern ist, als Ihre kaiserl.
') Kriegs-A., Neapel und Sicilien 17(J8; Fase. IX. 10.
227
Majestät andurch einen wackeren ( )fficier verloren haben. Wie nun
dessen obgeliabtes Coraraando zu Szegedin seiner Importanz wegen
sogleich wiederum zu ersetzen ist, so wolle Ein löbl. Mittel I. k. M.
hiezu den Herrn Christen Leithmann von Guido Starhemberg in
aller Unterthänigkeit proponiren; zum Fall aber auch der Herr
GWM. Scherz er dahin gehen wollte, könnte auch dieser dazu
vorgeschlagen werden.
Ein löbl. Mittel wolle hiernächst belieben, weilen der Herr Obrist
Tököly mit seinem Bruder von denen Rebellen gefangen worden, dass
derselbe demnächst wieder eliberirt werde, auf dass diese Nation den Muth
nicht verlieren und sehen möge, dass man sich ihrer annehmen thue.
Was mir hiernächst der kaiserliche Herr Gcneral-FML. Graf
Nadasdy wegen des herübergetretenen rebellischen Parteigängers
Baron Ghillanyi schreibt, das zeigt beikommender Extract *), so ich an
Ein löbl. Älittel darum remittire, um dass Dasselbe, wann dem Aerario
dadurch kein besonderes Aggravio zuwachsete und es auch sonsten
Dasselbe für nöthig erachtete, das Weitere unschwer verfügen wollte.
Was sonsten, nachdem dem Herrn Obristen St. Amour die Gage
noch vorlängst conferii't worden, die bei diesem Regiment befindliche
Obristlieutenant und Obrist - Wachtmeister für eine Instanz machen,
diesem ebenmässig in der Gage zu succediren und mir daraufhin von
dem General der Cavallerie und General-Kriegs-Commissario Herrn
Grafen Schlik herübergegeben worden ist, das zeigt der Anschluss *)
des Mehreren, welches an Ein löbl. Mittel hiemit remittire, um dass
Dasselbe an mich hieher die sonsten gewöhnliche lutimation ergehen
lassen wolle. Dem hiernächst weiters anlege, was der Herr Obrist
GrafLamberg wegen der Vaubonne'schen in Steyermark stehenden
Commandirten bei mir angebracht hat. Wie nun das Begehren billig,
auch zu I. k. M. Dienst ist, dass diese Commandirten nicht länger
also von dem Regiment abgesendet verbleiben, so wolle auch Ein löbl.
Mittel das Weitere hierüber beliebig verfügen. (Die Fortsetzimg des Schreibens
enthält Unwichtiges.)
195.
An den Feldmar schall Grafen Herber stein. Feldlag-er vor Lille,
16. September 1708 -j.
Euer Excellenz werthestes Schreiben vom 29. passato wird mir
zurecht, woraus und dem angeschlossenen Project, ich mit Mehrerem
*) Nicht Toi-handen.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 37.
228
ersehen, was Sie wegen Erhandlung der drei fräukisehen Regimenter
melden wollen.
Nun wäre der Vorsehlag au sich selbsten wohl Avürdig, in Reflexion
gezogen zu werden, ieh fürchte aber, es dürfte dabei gleichwohlen ein
und andere Difticultät mit unterlaufen ; wann mau also zu Ihre kaiscrl.
Majestät Dienst hierinfalls mit Nutzen und Vortheil reussiren könnte,
so wäre dieses Project anzugehen, man müsste sich aber damit nicht
amusiren und die Zeit verlieren, sondern was man thun wollte, gleich
vor die Hand nehmen, dass, sobald das Geld, welches ich auf Frankfurt
dirigiren lasse, ankommen sein wird, man sodann gleich richtig sein
könnte. Ich finde aber E. E. dabei zu melden nöthig, dass 40 Gulden
für Einen Mann zu geben, zu viel sei, und dahero dahin angetragen
werden müsste, sieh auf Einen Mann nicht höher als 36 Gulden
einzulassen, welches jedoch nur eventuahter zu schliessen und mir, ehe
man die Proposition an I. k. M. abgibt, das Behörige vorhero zu
erinnern wäre, damit, wann ich dabei was ab- oder zuzusetzen hätte,
ich meine Meinung unter einsten beirücken könnte; zuvörderst aber
wäre auch zu sehen, wie man den Herrn Obrist Plischau, welchem
man bereits eines von denen zwei neu errichtenden Regimentern conferirt
hat, zufrieden stellen möchte.
Ich will also das Weitere demnächsten erwarten, damit man in
der neuen Werbung umso viel schleuniger den Anfang mache, als die
Krone England die Gelder mit dieser Condition herschiesst, dass
anstatt der nach Spanien abgegangenen, diese zwei neue Regimenter
dagegen errichtet werden sollen; worüber E. E. Ihresorts Rath halten
und durch ein hinaufgehendes allerunterthänigstes Referat nicht ge-
statten wollen, dass man a parte oeconomica ein Arbitrium mache,
ob sothane Aufriebt- und Erstehung rathsam sei oder nicht, massen
dieses allein von dem Gutachten des löbl. kaiserliehen Hofkriegs-
rathes dependirt, pars oeconomica aber dabei nichts Anderes zu thun
hat, als sich um die Mittel zur Verpfleg- und Unterhaltung zu sorgen,
umso vielmehr als, wie E. E. melden, das Wetzel'sche Regiment aus
Kapoli ebenmässig nacher Spanien abgeschickt werden solle, wobei
E. E. gar vernünftig anziehen, wie bedenklich es sei, dass I. k. M.
Ihren Kriegs - Staat schwächen sollten, wann andere Potenzen ihre
Truppen vermehren.
Ich meincsorts habe wider diesen allergnädigsten Befehl ersagten
Wetzel'schen Regiments halber mich immediate im Geringsten nicht
zu setzen, sondern vielmehr die allergehorsamste Folge zu leisten;
finde aber gleichwohlen dabei zu remonstriren, dass man diese Ab-
schickung nicht anders als gegen die Condition thun solle, dass dieses
I
229
Regiment gleich die vorigen, clurcli den Erlag der Geldmittel von
der Krone England liinwiederum ersetzt werde. Weilen aber dabei
ermeltes Wetzel'sches Regiment eines von unseren besten Infanterie-
Regimentern dermalen ist, so wäre auch Schade, wann I. k. M. das-
selbe verlieren sollten, und dahero besser, damit nichtsdestoweniger
der allergnädigste kaiserliche Befehl in seine Executiou gebracht
werde, dass man von allen fünf in Napoli stehenden Regimentern
ein ganzes Regiment herausziehen und formiren, mithin dieses neu zu-
zusammensetzende dahin nach Spanien abgehen lassen sollte.
Worüber dann E. E. ebenfalls die weitere Remonstration an seine
Gehürde thun wollen. Womit etc.
196.
An den Prinzen Carl von Neuburg-. Feldlager vor Lille,
16. September 1708 ').
Euer Liebden Hochschätzbares vom 25. passato habe wohl be-
händigt, und was die von spanischer, englischer und holländischer
Generalität mit Pässen versehenen, nach Italien abgehenden Deserteurs
betrifft, vermag ich meinesorts selbiges dermalen nicht wohl zu ver-
hindern, glaube aber, dass die mehrsten Piemontesen und Savoyarden
sein dürften, welche in ihr Vaterland zurückkehren wollen. Womit etc.
197.
An den Obristen Grafen Lamberg. Feldlager vor Lille,
16. September 1708 -).
Ich sage dem Herrn Obristen auf Seines vom 8. passato hiemit
in Antwort, dass es gar recht sei, was Derselbe wegen Uebernehmung
der für die drei Regimenter, als : Vaubonne, Batte und Caraffa, desti-
nirten Recruten erinnert hat, und ist hiernächst auch billig, dass die
Commandirten von dem Vauboune'schen Regiment, so sich dermalen
in Steyermark befinden, hinwiederum zu Demselben stossen sollen,
wessentwegen ich unter einsten an Einen löbl. kaiserlichen Hofkriegs-
rath schreibe und verbleibe etc.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 38.
2) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 28.
230
198.
An den Grafen Gallas. Vor Lille, 16. September 1708').
Derosclben vom 21. passato ist mir wohl eing'elaut'cu, worauf
nicht crmaiiffeln will, alle an Sie abfassende Schreiben directe über
Haag nach Londres adressiren zu lassen.
Die Gelder für die zwei nach Spanien abgeschickten Regimenter
betreffend, versichert je und allezeit der Mylord Duc, dass es mit
solchen seine Richtigkeit habe. Weilen aber der Erlag noch zu dato
nicht erfolgen will, so gelieben Sie solchen unablässlich zu pressiren,
anerwogen solchergestalt die neuen Regimenter nicht in tempore zu
richten wären. Womit etc.
199.
An den FML. Grafen König-seg-g*. Feldlager vor Lille,
18. September 1708').
Ich erfreue mich mit meinem Herrn General-Feldmarschall-
Lieutenant, aus Dessen Schreiben vom 24. passato vernommen zu haben,
dass Demselben von Ihrer kaiserl. Majestät das Commando im Ferrare-
sischen allergnädigst aufgetragen worden ist, in Erwartung, was mir
mein Herr General-Feldmarschall-Lieutenant über selbigen Stand wird
weiters communiciren wollen.
Sonsten ist es nicht ohne, dass dem mantuanischen Lande eine
grosse Sublevation geschehete, wann selbes küuftigen AVinter mit der
Personal-Einquartierung verschont würde, womit man auch die Contri-
butionen umso höher würde hinauftreiben und mithin dem Aerario
einen grösseren Nutzen verschaiFen können.
200.
Bericht an den Kaiser. Vor Lille, 19. September 1708').
Seit meiner letzteren an Dieselbe in aller Unterthänigkeit er-
lassenen Relation ist der Feind noch immer im Mouvement, gleichwie
mein allergehorsamstes hiebeigehendes Tagzettel mit Mehrerem weisen
wird. Es will hiebei scheinen, als ob er die Scheide besetzen und
etwo gegen Ath oder Brüssel rückwärts was zu tontiren, oder uns
allein die Zufuhr zu sperren intentionirt sei, welches, wann er es
ehender gethan hätte, uns dahier sehr incommodirt haben würde. Es
') Krieg8-A., Spanien 1708; Fase. IX. 43.
^) Ki-iegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 30.
■'j Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 41.
231
ist aber zu fürcliten, dass er es vielleicht annocli thun dürfte, bei
welcher Beschaffenheit man mit der Belagerung umso mehreres em-
barrassirt wäre, als ohnedem wenig Pulver vorhanden, und dieselbe
bis anhero nicht also wie man gemeint hat, ergangen ist, massen
Euer kaiserl. Majestät ich allerunterthänigst wohl sagen kann, dass
es dahier eben wie anderwärts zu geschehen pflegt und dass man
bald in diesem, bald in jenem Mangel leidet.
Ich kann aber von sothaner Belagerung positive noch nichts
allergehorsamst melden, weilen Alles von der feindlichen Defension
und der dazu nöthigen Munition und Zeugs-Requisiten dependirt,
massen der Feind, wie E. k. M. jüngsthin allergehorsamst berichtet
habe, einen jedweden Schritt disputiren thut.
Man hat zwar eben jüngsthin allerunterthänigst erinnertermassen
geglaubt, abgewichener Tage auf die Tenaille und etwa unter einsten
auch auf das Hornwerk einen Sturm zu geben, hat aber dabei solche
Schwierigkeiten gefunden, dass man es noch nicht effectuiren können,
inmassen das Wasser weit tiefer, als man sich eingebildet, der Feind
auch sonderlich mit Bomben auf unsere angefangene Grallerie ein so
grosses und starkes Feuer bishero gemacht, dass uns dieselbe öfters
ruinirt worden und man auch an Mannschaft Schaden gelitten hat, die
Ingenieure aber fast nicht wissen, was sie zu thun haben. Man hoff't
aber gleichwohl, zwischen heute oder morgen sothane Gallerie in Per-
fection zu bringen und daraufhin auf die Tenaille einen Sturm zu geben.
Uebrigens lege E. k. M, in originali bei ') diejenige Schrift, von
welcher Deroselben ich jüngsthin allergehorsamst Meldung gethan,
und die wegen der englischen Gelder verfasst worden ist. Es ist
zwar eine Clausel darinnen enthalten, dass man den Ueberrest der
4000 Mann nicht ehender bezahlen solle, bis sie nicht wirklich in
Catalonien angelangt sein werden; der Duc de Marlborough aber
hat mich dagegen gesichert, dass es nichts zur Sache thue, und dass
er das Geld sogleich bezahlen lassen wollte, sobald die noch abgän-
gigen Recruten in Italien ankommen und allda gemustert sein würden.
In dem Uebrigen aber ist man wegen der weiteren Kecrutirung
bei dem geblieben, dessen man sich vorhin schon unter einander ver-
standen und E. k. M. die allergehorsamste Nachricht noch vorlängst
erstattet hat. Und nachdem nun diese Gelder seine vollständige Rich-
tigkeit haben, so berufe mich in allerunterthänigstem Respect auf das-
jenige, was der zwei errichtenden Regimenter halber E. k. M. durch
Dero löbl. Hofkriegsrath projectiren lasse. Womit etc.
*) Nicht vorhaiideu.
232
201.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Lille, 19. September 1708 ' ).
Aus Euer kaiserl. Majestät unterm 22. passato an mich erlassenen
allergnädigsten Befeblsclireibeu habe ich in aller Unterthänigkeit er-
sehen, wie Dieselbe allergnädigst zu wissen verlangen, was es mit
der von der Königin in England über sich genommenen Ersetzung
Dero in Spanien abgeschickten zwei Regimenter zu Fuss für eine
Beschaffenheit und wie weit die Bezahlung ihre Richtigkeit erreicht habe.
Mich muss es nicht wenig wundern, dass E. k. M. hierüber
keine Information zugekommen sei, da ich doch von etlichen Post-
taeren her über diese Materi den ausführlichen Bericht erstattet und
jedesmal allergehorsamst berichtet habe, wie weit ich darinnen ge-
kommen vmd was mir darüber für positive Antworten und Versiche-
rungen gegeben worden seien. Worbei dann E. k. M. in aller Unter-
thänigkeit bitte, allergnädigst zu glauben, dass ich weder in diesen,
noch anderen zu Dero Allerhöchstem Interesse gereichenden Dingen
das Geringste nicht unterlassen, sondern mich vielmehr Tag und
Nacht beeifere, dasjenige zu leisten, was meine Pflicht, Treue und
Schuldigkeit mit sich bringt.
Bishero habe ich die positive Versicherung allezeit gehabt, dass
es mit dem Geld richtig und dasselbe auf mein Verlangen nacher
Frankfurt würde dressirt werden, und hat allein an dem geraangelt,
dass man eine gewisse Schrift verfasst und von mir nebst dem Duc
de Marlborough zu unterzeichnen begehrt hat, mit dem Enthalten,
als ob diese Ersetz- und Darschiessung der Gelder eine zwischen
mir und ersagtem Mylord Duc auf meiner Reise nach dem Haag trac-
tirt- und abgehandelte Sache sei, um selbe dem Parlament einreichen
und sich andurch legitim iren zu können, allermassen E. k. M. hie von
in meiner anderen allerunterthänigsten Relation das Originale aller-
gehorsamst anlegen und unter einsten Ihre königl. katholische Majestät
zu Hispanien und dem Grafen von G alias hievon Communication thue.
(Fortset/amg aus dem vorhergehenden Stlireibeu Nr. 200 von „Es ist", Zeile 14 v. u.,
bis „erstattet haf-.)
202.
An denHofkriegsratlL. Feldlager vor Lille, 19. September 1708 ')•
Eines löbl. Mittels unterm 18., 21. und 22. passato sind mir nach
und nach wohl eingelaufen, worüber Demselben hiemit in Antwort
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 42.
^) Krieg.s-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 44.
233
unverlialte, dass wegen Ersetzung beider neu aufrichtender Regimenter
mich auf dasjenige beziehe, was Einem löbl. Älittel in dieser Materi
schon öfters und zuvörderst erst letzthin an des Herrn Vice-Präsidenten
Excellenz mit mehrerer Ausführlichkeit berichtet und eben mit heutiger
Ordinari abermalen repetirt habe, dem ich meinesorts nichts Anderes
beizurückeu weiss, als, weilen ich die Gelder von der Krone England
täglich gewärtig bin, dass man sothaner Regimenter halber einen
schleunigen Schluss und Ende machen solle; es möge hernach sein,
dass man neue errichte, oder, wie mir ersagtes Herrn Vice-Präsidenten
Excellenz gemeldet, mit dorn fränkischen Kreis seiner drei Regimenter
halber zum Streich kommen möchte ; massen an der Zeit Alles gelegen,
und dass man sich nicht etwa mit Ein- und Anderem amusirc und mithin
dieselbe vergeblich verstreichen lasse.
Nachdem sonsten die Saison schon weit avancirt und auch der
Herrr FML. Graf von Königs egg zu Commandiruug der Truppen
im Ferraresischen destinirt ist, so wird derselbe zur Einrichtung des
Hybernalis im Mantuanischen sich schwerlich nacher Wien begeben
können; er schreibt mir aber, dass er sich in gedachtes Ferraresische
verfüge und ein Project darüber formiren wolle, glaubte dabei, wann
ersagtes Mantuanisches bei diesen Conjuncturen von der Personal-
Belegung, ausser der Festung Mautua, verschont werden könnte, dass
sodann umso leichter die Contribution in Baarschaft zu erheben sein
Avürde.
Die löbl. Hofkammer kann mein Regiment mit denen hiesigen
umsoweniger in eine Gleichheit ziehen, als dieselben bekanntermassen
nicht nur allein 30.000 Gulden in denen Ländern angewiesen bekommen,
sondern auch dahier etliche 1000 Gulden aus der Cassa baar empfangen
haben. Ein löbl. Mittel wolle solchemnach darob sein, auf dass das-
selbe das annoch restirende Geldquantum überkommen möge.
Was die Kollonits'schen Huszaren und Fels- und Reisingischen Com-
mandirten betrifft, sind diese bereits hier in der Nähe angelangt, und
erwarte ich sie demnächst bei der Armee ; mithin ist es mit einem
sowohl, als dem anderen in einen anderen Stand kommen. Soviel aber
den occasione der ersteren angeschlossenen commissariatischen Auf-
satz der künftigen militärischen Erfordernisse angeht, ist nicht ohne, dass
die dazu benöthigten 22 Millionen eine übermässige Summam abwerfen;
ich glaube abei*, wann man, wie ich denselben obiter hin in etwas
durchgangen, recht examiniren und Punct für Punct zu übersehen,
sich die Mühe nehmete, dass noch gar viel würde herabgebracht
werden und man endlich noch zurecht kommen könne; weilen zu-
vörderst die Regimenter in Wälschland und Napoli das Ihrige, wo sie
234
sind, ohne Aggravio des Aerarii zu gewärtigen haben und hiernächst
auch sonsteu von anderwärts noch ein und anderer Beitrag zu hoffen
steht, welches, wann man es von der Haupt-Summa decuntiren, auf ein
und andere Pensionen und mehrere derlei Assignationen dem Militari
nachsetzen thäte, so persuadire ich mich immer mehrers, dass ich mich
in meiner Meinung nicht betrogen linden dürfte. Unter Anderem aber
ersuche ich in sothanem Aufsatz, dass . man die neapolitanischen
Cavallerie-Regimenter mit übel Berittenen, zu Fuss und völlig Ab-
gängigen jedes auf 500 Mann ansetzen, da doch dieselben erst für
heuer zu völliger Completiruug die Gelder empfangen und ich danuen-
liero nicht Aveiss, nachdem sie diesen Sommer nichts zu thun gehabt
haben, woher ein so grosser Abgang gekommen sein solle.
Ueber den Punct der Verpfleg- und Kecrutirung der in gedachtem
Napoli stehenden Soldatesca bleibt es im Ersten bei meinem Vorigen,
dass oder die Truppen daselbst richtig bezahlt oder herausgezogen
werden und sich der Cardinal Grimani sodann andere formiren müsse.
Wegen der Recrutirung aber wird es grossen Schwierigkeiten unter-
worfen sein, die Recruten und Rimonta der Cavallerie auf dem Wasser
hineinzuschaffen ; bei denen zu Fuss aber approbire ich, dass mau
die Commaudirten, bis die Werbgelder völlig fallen, heraust anhalte
und ihnen sodann unter einsten die bevorstehende neue Werbung
committire. Ein löbl. Mittel aber wolle darob sein, dass von denen
Ländern die ausständigen Gelder unverlangt und umso gewisser er-
ledigt werden, als ihnen dieselben von Ihro kaiserl. Majestät bereits
bonificirt und an deren Verwilligung abgeschrieben worden; so Ein
löbl. Mittel bei I. k. M. in der Deputation nachdrücklich rathen und
bei Deroselben die Remedur allergehorsamst ansuchen wolle.
So wären nicht weniger von denen Regimentern in der Lombardie
die Officiere zeitlich herauszurufen und wegen der von der alten
Stellung beiläufig noch restirenden 1000 Manu fleissig anzukeliren,
damit man auch diese erhalten möchte.
In puncto der neuen Recrutirung werde ich zwar Einem löbl.
Mittel hierüber auf Desselben unterm 22. obengeraeldeten Monats des
Mehreren antworten, ich habe aber Demselben, gleichwohleu, weilen
es in dem 11. Punct Dero ersten Schreibens eine etwelche Erinnerung
thiit, in Antwort nicht verhalten wollen , dass ich die Abtheiluug
sothaner Recruten in die Halbscheid der Naturalsteilung und Halb-
scheid in Baarschaft insoweit approbire, wann die Mittel von denen
Ländern alsogleich zusammengebracht und bezahlt würden ; dann
sonsten wäre es eine unmögliche Sache, da zumalen auch die ^Verbung
der zwei neu errichtenden Regimenter darunter kommt.
235
Wider die Assentirung jedesmals fünf Miinn habe ieli kein
Bedenken, wider die Kxeeption der Franzosen aber wäre beizurücken,
dasö allein die tauglielie Maunsehaft von deutscher Nation angenonnnen
Averden solle, sonsten würden die Länder auch Burgunder, Lothringer
und derlei Nationes darunter mischen wollen.
Mit dem Offerte des Prinzen von Sachse n-ll i 1 j) ershau s en
(Hildburghausen) Liebden kann es in suspenso gelassen werden. Wegen
der Quartiere der hier unter meinem Commando stehenden oder in
kaiserlichem Sold seienden Regimenter aber kann ich, bis nicht die
Belagerung hiesiger Festung vorbei sein Avird, nichts Positives melden,
wiewohl allem Ansehen nach von hier aus wenig zu hoffen sein wird.
Den von dem Herrn Feldmarschall Grafen von Dann recom-
mandirten Carminati kenne ich zwar wohl, und wird Einem löbl.
Mittel auch annoch im Gedächtnisse sein, dass selbiger gewisser
Inzichteii halber zu Neustadt im Arrest gewesen sei; wiewohl ich
supponiren will, dass nichts daran war, dahero ich auch diesem Suppli-
canten meinesorts zu helfen nicht ungeneigt stehe. Ich finde aber
dabei nöthig, Einem löbL Mittel zu bedeuten, dass man mit Verleihung
der Feldkriegs-Secretarii-Stellen nicht mehr so freigebig sein und diese
Charge so gemein und gering machen solle, angesehen ohnedem
dermalen etliche vorhanden, und man, wann noch mehrere gemacht
werden sollten, heute oder morgen mit diesen Leuten embarrassirt
sein wird, da zudem auch die Noth nicht ist, dass man bei einem
jedweden Corpo sogleich einen Secretarium anordnen sollte, wo es
durch einen guten Coneipisten eben füglich und öftermalen wohl besser
versehen werden kann. Meine Meinung wäre solchemnach, dass man in
das Künftige nicht mehr als zwei der Feldkriegs - Secretarien halten
sollte, deren der Eine jedesmals bei der Haupt- Armee, der Andere aber
bei einer anderen von den grösseren Armeen die Dienste zu verrichten
hätte. Um dass aber dem Carminati gleichwohlen geholfen sei, so
könnte man ihn in Napoli als Coneipisten mit der Gage anstellen und
daraufhin die gewöhnliche Expedition ausfertigen.
Dero andertes Schreiben vom 21. ist ein Vorschlag der vacanten
Commandanten-Stelle zu Szegedin, worauf ich, was Ein löbl. j^Iittel
des Herrn Obristen B e c k h e r s halber anzieht, die Sache gar wohl
genommen zu sein erkenne. Wegen des Herrn Obristen Brück en-
thal aber approbire, dass derselbe zu einem beständigen Comman-
danten zu Hermannstadt in Siebenbürgen angestellt werde, woselbst
ein guter Officier höchst nöthig ist, Weilen aber dessen Erklärung
noch nicht eingelangt, so wäre sie von ihm abzufordern, obschon ich
dabei nicht abnehme, warum es derselbe difficultiren sollte.
236
So lasse icli es auch bei rlerjenigeu Reflexion bewenden, die Ein
löbl. Mittel des Herrn Obristlieutenants Ren au d halber geniaeht hat.
Was aber den Herrn Obristen Leithmann angeht, hindert ihn das
Vice-Commaudo zu Ofen an seiner Prätension gar nicht, massen Einem
löbl. Mittel wohl bekannt, dass dieses nichts Beständiges, und ersagter
Herr Obrist bloss und allein ad interim dahin gesetzt worden sei.
Solchemnach wäre ich der Meinun«;, dass zu ersag^ter vacanten Com-
mandanteu-Stelle der Herr Obrist Graf von Herb er stein nebst
jetztgemeldetem Herrn Obristen Leithmann vorgeschlagen werden
sollte; da es aber der Letztere nicht erhalten würde, so könnte man
denselben bei Uebergabe Neuhäusel accommodiren, zum Falle mau
nicht auf den Gedanken fallen möchte, diesen Platz zu rasiren, welches
aber ehender nicht geschehen müsste. bis nicht Leopoldstadt in einen
guten und rechtschaffenen Stand gesetzt sei.
Uebrigens approbire ich, was Ein löbl. Mittel bei vorkommener
Schwierigkeit in Assignirung der Landrecruten, wegen Farbe der
Montirung für ein Expediens gefunden hat, und wäre aber dabei
der Meinung, dass man endlich die Strümpfe durchgehends perlfarb
verschaffen, item für das Badische Regiment noch dieses Jahr die blaue
Montur passiren lassen könnte, bis nach L k. M. allergnädigsten Reso-
lution bei denen sämmtlichen Regimentern die Gleichheit der Montur
eingeführt werde. Und nachdem aber ersagtes Badisches Regiment hier
bei der Belageruug bereits ziemlich gelitten, so wäre auch für dasselbe
bei der Repartition der Recruten ein so mehrerer Antrag zu macheu.
Weilen aber hiernächst die in Spanien und Napoli befindlichen
Regimenter in solchen Ländern angesetzt sind, wo die Xatural-Stellung
schwerlich zu vermuthen, so wäre in allweg darob zu halten, damit
sie nicht ohne Recruten verbleiben möchten.
^Vie nachdrücklich der Herr Palatinus Hungariae seines Herrn
Sohnes unterhabenden Regiments bestellten Obristlieutenant zur Obristens-
Stelle recommandirt hat, das zeigt der Anschluss, so ich an Ein löbl.
Mittel zu dem Ende remittire, damit es auf denselben mittler Zeit
Reflexion machen wolle.
In dem weiteren Anschlüsse bittet der Herr Obrist Latter mann
um die General- Wachtmeistei'S- Stelle, oder dass er sich in's Reich,
das Wildbad zu gebrauchen, begeben dürfte. Auf das Erste habe ich
ihm geantwortet, dass ich dermalen vom Hof entfernt sei und nicht
wissen könnte, ob es L k. M. convenient wäre, eine weitere Promotion
vorzunehmen ; wann er aber zur Pflegung seiner Gesundheit ersagtes
Bad nöthig hätte, so wollte ich ihm auch die Licenz ertheilt haben.
So Einem löbl. Mittel zur Nachricht dient.
237
Schliesslichen hat. mich der Herr Graf von Hohen fei fl in dem
dritten Beischluss gebeten, dass er bei den zwei neu aufrichtenden
Regimentern considerirt werden möchte. Einem \i)\)\. Mittel wird er-
innerlich sein, was annoch in meiner Anwesenheit zu Wien seinet-
halben in Vorschlag kommen.
Sollte nun der Handel mit den fränkischen Regimentern nicht
vor sich gehen und obige zwei Regimenter von Neuem errichtet
werden, so bleibt es auch dabei, dass ersagter Herr Giraf von Hohen-
f e 1 d bei einem von denenselben als wirklicher Obristlieutenant an-
gestellt werden solle. Womit etc.
203.
An den Prinzen Philipp von Hessen - Darmstadt. Feldlager
vor Lille, 19. September 1708*)-
Euer Liebden sage schuldigsten Dank für den mir zur Bataille
von ( )udenarde unterm 14. passato gethaueu Glückwunsch und er-
freue mich, dass die dahin posttäglich abgehenden Diaria zu sicheren
Händen einlaufen.
Hiernächst gratulire Euer Liebden vom Herzen zu demjenigen
Patent, welches Ihre königl. Majestät Deroselben als Gubernator generale
degli armi zuschicken, und mir Dieselbe unterm 21. passato davon
haben parte geben wollen, so der kaiserliche Hof auch umso genehmer
halten wird, als es seiner Intention conform, für Euer Liebden aber eine
iSache ist, welche Dero Meriten und beiwohnenden Qualitäten schon
vorlängst verdient haben. (Der Schluss des Schreibens enthält Unwichtiges.)
204.
An den Churfürsten von der Pfalz. Feldlager vor Lille,
19. September 1708-)-
Ich habe aus Euer Gnaden vom 7. dieses an mich abgelassenen
gnädigen Zeilen mit Mehreren ersehen, was Sie wegen Befreiung von
heurigen Winterquartieren des löbl. oberrheinischen Kreises haben
anziehen wollen. Nun wollte ich wünschen, in diesem wie allem Anderen
Deroselben gnädigen Befehl exequiren zu können; es werden aber Euer
Gnaden von selbsten erkennen, dass dieses nicht von mir, sondern
von des Herrn Churfürsten zu Hann over Gnaden depeudire, welche,
') Kriegs-A., Neapel und Sicilien 1708; Fase. IX. 15.
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 27.
238
wenn ich mich hierein mengen würde, nicht gern sehen und mir ein-
folglich vor übel haben möchten', dahero ich der unmassgeblichen
Meinung wäre, dass man hierüber an Ihre directe schreiben sollte.
Womit etc.
205.
An den Feldmarschall Grafen Herberstein. Feldlager vor
Lille, 19. September 1708 ').
Kuer Excellenz Werthes vom 25. passato ist mir wohl einge-
loffen, und was die zwei neu errichtenden Regimenter angeht, berufe
ich mich auf dasjenige, was an E. E. ich letzthin erlassen, und
weilen ich nun die Gelder täglich erwarte, so gelieben Dieselbe die
Sache alsogleich auszumachen, es mag hernach sein, dass die fränkischen
Truppen erhandelt werden, oder dass man auf Errichtung zwei neuer
Regimenter capitulire. Zum Falle aber das letztere geschieht, Averden
E. E. nicht weniger sehen, dass die zwei neu hiezu resolvirendeu Obriste
zum Avenigsten zwei Compagnien ex propriis beistellen, gleichwie es des
Herrn Prinzen von Bevor n Liebden bereits sollen oiferirt haben.
Was schliesslichen das vacante Commando zu Szegedin anbe-
trifft, berufe mich auf dasjenige, so ich unter einsten an Ein löbl.
Mittel erlassen und verbleibe etc.
206.
An den Feldmarschall Grafen Gronsfeld. Feldlager vor Lille,
19. September 1708 ').
Euer Excellenz sage ich auf Dero mir wohl eingelangtes Schreiben
vom 3. dieses schuldigen Dank, dass Sie mir von Dero allda ver-
tretendem Interims-Commando parte geben wollen. Und AA^as aber das
verlangende Journal betrifft, da werden sich Euer Excellenz persuadiren,
dass mir allezeit eine Freude sei, wann die Gelegenheit habe, Dero-
selben was Gefälliges zu erweisen. Ich würde dahero auch unermangeln,
E. E. damit von der hiesigen Kriegs-Kanzlei aus bedienen zu lassen,
AA'ann sich die zusammenkommende Arbeit je zuweilen nicht solcher-
gestalten häufte, dass man damit unmöglich gefolgen k(5nne. Indessen
schicke ich solches posttäglich zur dortigen Armee und zAveifle nicht,
es werde E. E. auch connnunicirt werden, in Verbleibung etc.
<) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 28.
^) Kriegs-A., Römi.sche.s Reich 1708: Ynsv. IX. 30.
239
207.
An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille,
19. September 1708').
Dem Herrn Hofkriegsrath sage schönen Dank t'iu- die mir unterm
25. und 29. passato gegebenen Nachrichten und hoffe, dass nach der
glücklich erfolgten Eroberung Neutra es mit Ncuhäusel ein gleich-
massiges Ende nehmen werde, gleich ich dann auch hoffe, wann der
Bezeredy die kaiserliche Gnade angenommen, dass nicht nur das
anderseitige Donau-Land von denen Rebellen werde gesäubert, son-
dern auch die völlige Unruhe in eine ziemliche Enge zusammen-
gebracht werden können.
Was die Prätendenten wegen des Commando zu gedachtem Neu-
häusel belangt, wäre vor Allem auf den Leithmann zu reflectiren,
zum Fall derselbe zum Szegediner Commando nicht gelangen sollte.
Was aber den Herrn Obristen Bruckenthal angeht, wird
man ilun kein besonders machen, und hat sich solchemnach gleich zu
declarireu, ob er in Siebenbürgen gehen wolle oder nicht. Worüber
mich mehrers auf dasjenige beziehe, was an Ein löbl. Mittel unter
einsten erlasse.
Als ich eben im Schlüsse dieses war, erhalte ich des Herrn Hof-
kriegsraths vom 5. dieses und sehe daraus die gute Folge, so die
Bataille von Trentschin und Eroberung von Neutra nach sich gezogen.
Ich wünsche nur, dass man hievon rechtschaffen profitire und der
vorhabende Streich mit Säuberung des anderseitigen Landes wohl
ablaufe, woran ich nicht zweifeln will.
Der Herr Feldmarschall Graf Heister hat Recht, wann er Con-
gregationen in denen Gespanschaften ausschreibt, welches der leich-
tere Weg zu einem Accommodement wäre, wann man dadurch eine
Gespanschaft nach der anderen an sich ziehen könnte ; massen dem
Herrn Hofkriegsrath wohl bekannt, was meine Meinung allezeit ge-
wesen ist, dass man nämlich trachten sollte, Ungarn durch die Waffen
und nicht durch Tractate zum Gehorsam zu bringen, und dass die
Fideles dabei nicht viel zu thun haben möchten, welches nicht wenig be-
fördern könnte, wann man einen und anderen Rebellen-Officier, gleich
es mit dem Ocskay und Bezeredy geschehen, nach und nach auf
unsere Seite zu bringen vermöchte ; die Häupter dieser Unruhe aber
müssten ein- für allemal ausgeschlossen verbleiben.
Ich sehe nicht, was dann der Herr Baron Bruckenthal in
Siebenbürgen zu gehen, für Difficultäten machen kann und als General-
*) Kriegs-A., Ungani 1708; Fase, IX. 15.
240
AVaclitmeister im Felde zu dienen, wie der Herr Hofkriegsrath meldet,
würde er endlich so gar übel nicht sein, da hiernächst auch der Herr
General Kriech bäum einen derlei General immer zu sich ver-
langen thut.
Wann die Kecruten und Rimonten in Siebenbürgen anlangen, so
halte ich immer dafür, dass man zwei Regimenter zu Pferd von dannen
herausziehen kiumte, worauf der Herr Hofkriegsrath reflectiren wolle.
Im Uebrigen aber ist mir lieb zu vernehmen gewesen, dass in
der Türkei nichts Veränderliches vorgangen und bei der Grenz-Com-
mission eine gütliche Beilegung zu hoffen sei.
208.
An den GWM. Tige. Feldlager vor Lille, 19. September 1708')-
Des Herrn General- Wachtmeister an mich abgelassenes Schreiben
vom 20. passato ist mir rechts worden, und sage Demselben dienst-
lichen Dank für den darinnen enthalteneu wohlmeinenden Glückwunsch
zu der Bataille von Oudenarde, nicht zweifelnd, der Herr General-
Wachtmeister wird indessen mit denen erwarteten Recruten den Marsch
nach Siebenbürgen angetreten haben ; von dem dann und was auch
sonsten Berichtwürdiges passiren möchte, mir der Herr General-
Wachtmeister parte geben wolle.
209.
An den Feldmarscliall Grafen Dann. Feldlager vor Lille,
19. September 1708^).
Aus Euer Excellenz unterm 14. passato an mich abgelassenem
Schreiben habe gern vernommen, dass Dieselbe den Transport der
Osnabrück'schen Recruten Ihresorts bereits pressirt haben, ersuche
E. E. anbei, solches noch weiters zu thun.
Betreffend die AnAveisuug des Commissariats, wird E. E. das-
selbe auf eben diejenige Art und Weise angewiesen sein, wie selbes
mir vorhin angewiesen war, und man sonsten einem jeden comman-
direnden General anzuweisen pflegte.
Hiernächst approbire die Antwort, so E. E. dem Baron Mar-
tini in puncto der aufgebrachten Anticipation des Interesse halber
gegeben haben. Dieselbe werden weiters darob sein, dass sothancs
1) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. IG.
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 32.
241
Interesse nicmalen höher als zu Ein per cento eingestanden und ver-
Avillii,^ werde. Die Diaria hat in ihrem alten Stand zu verbleiben,
nämlieh für die kaiserlichen Truppen 16.000 Lire des Tags, zum Fall
von Ihre katholischen jMajestät nicht was Anderes befohlen wurde,
woran ich aber billig zweifle, da ich Deroselben die Nothdurft bereits
hierüber reraonstrirt habe.
Was hiernächst die Verpflegung der in Napoli stehenden Regi-
menter belangt, habe ich vorhin schon davon Nachricht gehabt und
nacher Hof hierüber geschrieben, dass der Herr Cardinal Grimani
oder dieselbe absolut bezahlen solle, oder man werde sie zurück-
ziehen und er andere Truppen formiren müssen.
Nachdem dieses geschlossen war, lauft E. E. Schreiben vom
24. dotto ein, worüber, weilen es in mehreren Nachrichten besteht,
ich nichts Anderes in Antwort zu sagen habe, als dass ich dafür E. E.
dienstlichen Dank sage und verbleibe etc.
210.
An den GWM. Grafen Alexander Bonneval. Feldlager vor Lille,
19. September 1708 *>
Ich sage dem Herrn General- Wachtmeister dienstlichen Dank
für den mir unterm 21. passato zur Bataille von Oudenarde gethanen
Glückwunsch, und erkenne ich solches nicht als ein Compliment, son-
dern als einen Wunsch, welcher von gutem Herzen entspringt. Ich
ersehe hiebei auch gern, dass Derselbe die Fortification zu Comacchio
zu augmentiren sich angelegen sein lasst, mit Avelchem der Herr
General- Wachtmeister ferners fortfahren und mir hiernächst den Stand
darüber sammt denen Aveiteren Nachrichten einschicken wolle, gleich
mich der Herr General- Wachtmeister dessen vertrösten thun.
Im Uebrigen aber werde diejenige Adresse observiren lassen,
welche der Herr General-Wachtmeister zu sicherer Ueberkommung
seiner Briefe erinnert hat. Womit etc.
211.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager vor Lille,
19. September 1708^).
Nachdem es mit der von der Krone England accordirten Geld-
summa für die nacher Spanien abgegangenen Regimenter seine Rich-
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 34.
2) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 48.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Supplement-Heft. 16
242
tigkeit hat, dabei aber wegen der nocli zurückseienden Recrutcn vom
Osnabrück'schen Regiment eine Difficultät gemacht werden will, so-
lange nicht diese in Italien ankommen und gemustert sein werden; als
wolle der Herr General-Wachtmeister und Obrist-KriegscommisScär vor-
hin anbefohlenermassen die Musterung sothaner Recrutcn im Beisein
eines englischen Ministers alsogleich vornehmen und darüber authen-
tische Tabellen formiren lassen, wovon eine mir anhero zu schicken
wäre, damit ich dieselbe gehöriger Orten vorweisen und wegen des
für ersagte Recruten betragenden Quanti nicht aufgehalten werden
möchte. Womit etc.
212.
An den Hofkriegsrath Locher. Feldlager vor Lille,
19. September 1708 0-
Aus des Herrn Hofkriegsraths vom 29. passato habe gern er-
sehen, dass sich die Festung Neutra ergeben habe, und wäre der Mei-
nung, dass, wann, w^ie der Graf Palffy sich persuadirt, der Bot-
tyän herüber gebracht Averden könnte, etliche 1000 fl. nicht anzu-
sehen wären.
Indessen will ich die Abschrift der General Thürheim'schen
Commissiou vertröstetermassen erwarten, und was aber das Wetzel'sche
Regiment anbelangt, berufe ich mich auf dasjenige, was ich dessent-
wegen an Ihre kaiserl. Majestät mit letzter Post geschrieben und
Einem löbl. Mittel angeschlossen habe.
Das Uebrige dient mir zu guter Nachricht, wofür auch dem
Herrn Hofkriegsrath dienstlich Dank sage und verbleibe etc.
213.
An den Ober-Quartiermeister Nicolotti. Feldlager vor Lille,
19. September 1708')-
Auf Desselben vom 14. passato approbire ich in all weg, dass
mit dem Mahler (?i der Anfang gemacht worden sei. Was aber die
Brünette (La Brünette, Vorwerk von Susa) belangt, wird es damit
niemalen einen vollkommenen Bestand haben, wann mau nicht unter
cinsten, wie meine Intention war, den ganzen Berg fortificire. Sonsten
erwarte ich von Demselben die vertröste Plan (Pläne) und repetire
') Kiie-rs-A., i;n<?arn 1708; Fase. IX. 17.
^) Kriegs-Ä., Italien 1708: Fase. IX. 33.
243
dabei iioclnnalcn, dass der Herr ()bcr-(^uartierni(;ister eine Karten
vom Land und niclit weniger die Riss von allen Campements und
Märschen, so heuer geschehen, mache, damit icli hievon ausführliche
Information habe.
214.
Bericht an den Kaiser. Lager vor Ryssel, 23. September 1708 *).
Endlich ist man mit unserem Gallerie-Bau .soweit zu kStande
gekommen, dass man rechter Hand auf die Tenaille einen Sturm
gegeben und sich sowohl darauf, als linker Hand auf dem Chemin
couvert logirt hat, gleich Euer kaiserl. Majestät und was auch hier-
nächst sonsten passirt, aus meinem allerunterthänigsten Journal des
Mehreren allergnädigst zu vernehmen haben werden.
Sonsten continuirt die feindliche Armee, uns die freie Communi-
cation und die Zufuhr immer mehr zu benehmen, und weilen man
aber ohnedem an Munition und anderen Requisiten bei hiesiger Bela-
gerung nicht nach Genüge versehen ist, auf diese Weise auch von
Brüssel keine mehr zu gewärtigen hätte, so habe ich proponirt, dass
man selbe von Ostende nehmen und einen mehreren Vorrath zu
weiterer Nothdurft dahin bringen lassen solle; welches man auch von
Seiten der Alliirten approbirt und hiezu die fernere Veranstaltung aus-
gestellt, thut mich aber dabei nicht wenig wundern, dass sie hierauf
deroseits nicht ehender reflectirt und die Disposition hiezu gemacht
haben.
Man hat solchemnach gestern in der Nacht sogleich, um eine
gute Lieferung anhero zu bringen, 600 Wägen nach gedachtem
Ostende abgeschickt. Es scheint, dass der Feind Alles zu hazardiren
gedenke und die so belagerte Festung auf das Aeusserste zu defen-
diren gesonnen sei, inmasseu dann derselbe sich dermassen opiniatrirt,
dass man fast einen jeden Schritt mit dem Degen in der Hand weg-
nehmen muss, so Leute und Mühe kostet, gleichwie auch die hiesigen
Truppen merklich gelitten haben, also dass man bemüssigt sein werde,
von der anderen Armee herüber Volk zu Hülfe zu nehmen, gleich es
heute eben geschehen wird.
Die Kundschaften confirmiren sonsten, dass der B o u f f l e r s sich
bis auf den letzten Mann zu wehren Ordre habe, zu welchem Ende
er hinter der Bresche zAvei Retranchements verfertigt hätte.
Nachdem es übrigens nothig gewesen, dass ich mich 1)ei vor-
gemeltera Sturm in denen Trancheen eingefunden, so hatte mir das
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 53.
16^
244
Unii,liick gewollt, dass ich durch eine kleine Kugel linker Iland am
Kopf vorwärts von der Hirnschale hinauf, jedoch ohne Fractur der-
selben, da sich die Kugel hievon abgeschlagen hatte, ohne Gefahr
blessirt worden bin. Ich hoffe also in wenig Tagen wiederum aus-
gehen zu können, wiewohl mau es mir nicht zulassen und haben will,
dass ich mich etwas längers zu Hause halten solle.
Schliesslichen haben die staatischen hier anwesenden Deputirten
besage ihres an mich erlassenen Schreibens von mir verlangt, weilen
der Feind ein starkes Detachement hieherschicken solle, und nicht
nur hiesige Belagerung, sondern auch die nach geendigtem Feldzug
nehmenden Q.uartiere nach allen Kräften zu impediren trachte, dass
ich an den Herrn Churfürsten zu Hannover der beiden E. k. M.
dortigen Cavallerie-Regiraenter halber schreiben möchte, um selbe au-
hero marschiren zu lassen; welchen ich daraufhin beigehendes an
ersagten Herrn Churfürsten lautendes Schreiben ') behändigt um selbes
mit einem von ihnen eigens spedirten Expressen an denselben zu
überschickeu, allergehorsamst nicht zweifelnd, E. k. M. werden es
nicht nur allein allergnädigst approbiren, sondern auch der Herr Chur-
fttrst Selbsten, Avann er keine Offensiv - Operation mehr zu unter-
nehmen gedenket, in die Abfolglassung sothaner Regimenter immediate
verwilligen. "\\^omit etc.
215.
An den Churfürsten von Hannover. Loos, 21. September 1708 ').
Nachdem alle Nachrichten sagen, dass der Feind zur Verstär-
kung seiner hiesigen Armee von dem oberen Rhein alle bayerischen
lind spanischen Truppen hieher detachire, so haben die staatischen
Herrn Deputirten, gleich Euer Gnaden aus ihren an mich gerichteten
Schreiben*) des Mehreren beliebig ersehen werden, von mir verlangt,
*) Siehe Nr. 215 des Supplemeut-IIeftes.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 32.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 52.
Monseigiieur,
Les difficultes, que Ton roncontie dans ce siege et daiis rcxeciition
des desseins projetes, sout trop coiniues ä Votre Altesse pour Lui eu representer
le detail, d'ailleuis les nouvelles que Ton a, que les eniiemis fönt venir
eiicore uii d6tacheinent du haut Rliiii vers les Pays-bas, nous obligent k
representer vivemeut ii V. A. la necessite, dans laquelle nous croyons etre
pour emiiloycr toutcs les forces possibles pour s'opposer ä TelFort des enueiuis.
Dans cettc vue nous avons l'honneur de La prier de vouloir emjjloyer Son
credit et Ses bons offices ä ce (|ue les troujjes de S. M. Imp. puissent avoir
245
Euer Gnaden zu vermögen, dass auch die Leiden kaiserlichen Mercy-
iind Lobkowitz-Reginienter und auch noch mehrere Truppen, die ich
dazu contribuiren könnte, liieher marscliircn möcliten ; denen ich ge-
antwortet, dass icli hierüber umsoweniger etwas Positives zu sagen
Avisse, als mir nicht bekannt sei, ob und was Euer Gnaden etwa für
heuer noch zu unternehmen vorhaben möchten, hiernächst aber ersagte
Regimenter an Sie angewiesen wären, von welcher dann auch diese
Abschickung lediglich dependiren thäte. Im Falle aber Euer Gnaden
für heuer eine Offensiv-Operation anzugehen nicht mehr gedenketen, so
wollte ich endlich an Dieselbe hierüber zu schreiben unermangeln,
allermassen ich es auch hiemit bewerke und nicht zweifle, wann Euer
Gnaden aus der vorbedeuteten Ursache sothane Regimenter anhero
abschicken würden, dass auch Ihre kaiserl. Majestät ob Dero und des
Publici darunter waltenden Dienstes, insonderheit aber, dass die hohen
Herrn Alliirten sehen möchten, wie Allerhöchstgedachte kaiserl. Majestät
Ihresorts Alles, was von Deroselben und annebst auch von Euer
Gnaden selbsten dependirt, williglich beitragen, allergnädigst darin
consentiren und es für genehm halten würden.
Sollten nun Euer Gnaden nicht intentionirt sein, eine solche
Operation vorzunehmen, die den Feind obligiren könnte, seine deta-
chirenden Truppen zurückzuhalten, so wollte ich Dieselbe hiemit ge-
horsamst belangt haben, dass Sie die unbeschwerte Verfügung solcher-
gestalt ausstellen möchten, auf dass berührte zwei Regimenter sogleich
ihren Marsch hieherwärts antreten, damit dieselben, wenn Euer Gnaden
ordre de marclier iucessamment vers ici, et comine il semble que les ennemis
retirent toutes leurs forces du haut Rhin, qii'Elle veuille coutribuer avec lems
H. P. il faire marclier de \k vers ici toutes les troupes dont oii se pourrait
passer h moins, que S. A. E. d'Hannovre ne se trouvät en etat d'agir offen-
sivement par diversion avec tant d'effet, que par lä les ennemis fussent Obligos
k garder leurs troupes au haut Rhin pour la defense de leurs frontieres ;
nous nous trouvons d'autant plus oblig^s h faire cette representation a V. A.
puisqu'on prevoit que cette campagne se trainera en longueur y ayant
encore apres le siege de Lille ä executer les desseins sur Bruges et Gand.
Nous sommes, Monseigneur,
Au camp devaut Lille ce 21 de Septembre 1708.
de V. A. les trüs-luinibles et obeissants
serviteurs.
F e r d i n a n d v a n C o 1 1 e u. V a n R o s t e m T y t.
G. V. G o s 1 i n g e n. H a r r e n b r o u 1.
W e 1 V e 1 d e. L e c o m t e d e R e c h t e r e n.
Adr : van P r o s s e 1 e.
M. G el de r M alsen.
246
sie änderst schicken wollen, zu rechter Zeit hier eintreffen mögen.
Und weilen es nicht allein dariun zu thun ist, dass man die ange-
fangene Belagerung Lille glücklich ausführe, sondern dass man auch
noch vor Ende dieser Canipague Gent und Brügge recuperire, so
wäre vielmehr nöthig, dass Euer Gnaden auch noch mehrere Truppen,
wann Sie es nicht brauchen, unter einsten mit anhero zu detachiren
sich gefallen liessen.
216.
An den Hof kriegsrath. Feldlager vor Lille, 23. September 1708 ')•
Nachdem die staatischen hier anwesenden Herrn Deputirten von
mir verlangt haben, da ein feindliches Detachement hieher im Zug
sein sollte, der Feind auch sonsten die hiesige Belagerung und künf-
tigen Quartiere nach allen Kräften zu impediren sucht, dass ich an
den Herrn Churfürsten zu Hannover schreiben sollte, zum Falle
er keine Offensiv-Operation mehr vorzunehmen gedenkete, dass er
solchenfalls die beiden Regimenter Mercy und Lobkowitz anhero
marschiren lassen wollte, als habe ich es auch in dieser Conforraität
gethan und Einem löbl. Mittel hiervon behörige Nachi-icht hiemit
erstatten wollen.
Uebrigens wird zwar Dasselbe aus angehendem Journal ersehen,
dass ich bei dem letzten Sturm eine Blessur überkommen habe ; nach-
dem ich aber weiss, dass Ein löbl. Mittel hieran seinesorts theilnehmen
wird, so habe ich auch in gegenwärtigem Schreiben Deroselben davon
parte geben und beinebens melden wollen, dass ich mittelst göttlichen
Beistand verhoffe, nächster Tage wiederum ausgehen zu können.
Womit etc.
217.
An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Ryssel,
25. September 1708^.
Ich sage Deroselben dienstlichen Dank ob der mir unterm 1.
dieses ül^er die dortigen Operationes angezogenen Nachrichten und
bin mit Deroselben der Meinung, dass, was die zwei herzogliclien
Bataillons zu dem Corps in das Ferraresische betrifft, es nichts An-
deres gewesen sei, als Seiner königl. Hoheit Intention zu erforschen,
1
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 47.
2j Kriegs-A., Me.l.^rlan.lc 1708; Fase. IX. fjl.
247
derowegen Sie gar wohl gethaii liabeu , hierüber crinnertermassen
nacher Uof zu rescribiren.
Was aber dasjenige angeht, dessen sieh Seine königl. Hoheit so
sehr besehwert, dass man nämlich nacher Mailand wegen der Com-
missiou ratioue des Aequivalents für Vigevanasco geschrieben habe,
da muss ich Deroselben sagen, dass ich nicht glaul^en könne, Avie
etwas Solches würde geschrieben worden sein, ohne mir davon parte
zu geben. Es kann zwar wohl sein, dass man vergessen, mir liievon
zu schreiben ; allein wann schon auch dieses wäre, so würde man mir
doch aus Mailand von dergleichen Schreiben Nachricht gegeben haben.
Ich glaube es solchemnach nicht, sondern, gleichwie Sie selbsten Seine
kcinigl. Hoheit kennen, so ist es nichts als ein Prätext, sich zu be-
klagen, weilen erstgedachte Seine königl. Hoheit Alles aufsuchen und
hervorwickeln werden, um klagen zu können.
Nachdem sonsten die Campagne allda mit gutem Success ge-
schlossen worden, so gelieben Sie unter der Hand nachzuforschen,
was nun oftgedachte Seine königl. Hoheit nach Eroberung Fenestrelle's
und Exilles' künftighin zu thuu gedenken, ob Sie den Krieg weiter
offensiv oder defensiv führen wollen. Womit etc.
218.
An den kaiserlichen Gesandten in Granbünden, Johann
Baptist Wenser von und zu Freienthurn. Feldlager vor
Lille, 26. September 1708 '>
Dero vom 12. passato habe wohl erhalten und bedanke mich
zuvörderst für den Glückwunsch zur Bataille von Oudenarde.
Die Reflexion, so Sie wegen der dort passirenden feindHchen
Deserteure machen, ist zwar gar gut, kann aber nicht umhin, Dero-
selben dagegen zu versetzen, dass solches von hier aus nicht wohl
geändert werden mag, zumalen man sie, Deserteure, allhier nicht be-
halten kann und einfolglich nothwendigerweise anderwärtshin gehen
lassen müsste.
Dass Ihre dasjenige, so Sie unseren dort durchpassirten Recruten
vorgeschossen haben, wiederum ersetzt werde, ist der Billigkeit ge-
mäss, und will nicht zweifeln, es wird die Bonificirung durch den
darinnigen Commissär geschehen.
Dass die Differenz mit dem Bischof zu Como und der Republik
in der Güte verglichen werde, ist in allweg zu wünschen ; wann aber
bei dem vorstehenden Bundestag auch von der Renovation des mai-
*) Krieg3-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 40.
248
länJisclien Capitulats was sollte gemeldet werdeiij so wollen Sie es
suchen zu trainireu.
Von der Toggenburgischen Sache aber glaube nicht, dass diese
weiter gehen und dass es damit zu einer lluptur kommen sollte.
Sonsten habe ich kein Bedenken, wann der Herr Obrist B u o l
bei der erhaltenen Bundcs-Chai'ge auf eine kurze Zeit allda vounüthen
wäre, derselbe auch daselbst verbleiben könne; doch ist es nöthig,
dass er hierüber auch an den Grosskanzler zu Mailand schreibe,
gleich es an selben von hier aus zu thun, nicht ermangelt hcabe.
Bei Ersetzung der Buol'schen Obristlieutenautsstelle werde auf
den recommandirten Plouta(?) zu reflectiren unvergessen und nicht
weniger bei Ersetzung der vacanten Compagnien eine gleiche Conside-
ration haben, auch sonsten gedenken, einen Fundo zu finden, dass
die Compagnien von dem vorm Jahr errichteten Bataillon in cora-
pleten Stand gesetzt werden etc.
219.
Bericht an den Kaiser. Feldlag-er vor Lille, 26. September 1708 ')•
Nachdem der Feind uns die Communication derart abgeschnitten,
dass sogar die Ordinari, welche gestern hätte anlangen sollen, aus-
geblieben, so stehe ich an, ob mein gegenwärtiges allergehorsamstes
Schreiben werde durchkommen können, so mich dann auch verhin-
dert, dass Euer kaiserh Majestät dieser Unsicherheit halber nichts
Anderes allerunterthänigst berichten kann, als was das hiebeigehende
allergehorsamste Journal in sich enthaltet.
Der Marchese de Solares hat mir Dero allergnädigste beide
Befehlschreiben vom 29. August und 1. dieses gestern Früh einge-
liefert, welche, ob sie schon grossentheils durch meine Vorhergegan-
geneu beantwortet sind, so werde nichtsdestoweniger über einen jeden
Punct allergehorsamst antworten ; vorhero aber mit Ein- und Anderem
darüber reden und geflissen sein, durch sichere Gelegenheit solch'
meine alleruntcrthänigste Antwort ehestens einzusenden. Womit etc.
220.
An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 -).
Ich stehe zwar an, ob mein Gegenwärtiges durch- und Einem
löljj. ]\Iittel zu Händen kommen werde, weilen der Feind uns die
') Kriegs-A., Niedeilaii«l(' 1708; Fase. IX. fy>'-.
*) Krieors-A , Niederlaiule 1708; Fa.sc. IX. 57.
I
249
Coramunication solchergestalteu benimmt , dass sogar die ( )i'dinari,
Avelche gestern hätte kommen sollen, ausgeblieben ist.
Einem löbl. Mittel schliesse solchemnacli allein mein gewöhn-
liches Journal hiemit bei, aus welchem Dasselbe, wie die Saelic dahier
beschaffen, mit Mehierem ersehen wird.
Sonsten hat mir der Herr General-FML. Freiherr von Kriech-
b a u m dasjenige communicirt, was er an Ein löbl. Mittel geschrieben
hat, worüber ich Demselben hiemit erinnern wollen, dass man auf
alle Weise gedenken müsste, oder den Herrn Obristen T ö k ö l y zu
eliberiren, oder wann's nicht gleich geschehen könnte, der razischen
Nation inzwischen ein anderes Haupt vorzustellen.
Hiernächst approbire ich seinen, des Herrn Generalen Kriech-
baum, Vorschlag, dass man die Pferde künftighin in loco erzeugen
solle ; hingegen aber möchten ein als den anderen Weg zu Aufwer-
bung der Recruteu die Officiere von Cavallerie und Infanterie heraus-
gesehickt werden.
Der Herr GWM. Browne beschwert sich, dass er ohne Gage
stehe. Wie ich nun an Ein löbl. Mittel hierüber vor einer geraumen
Zeit bereits geschrieben habe, so repetire ich es hiemit nochmalen,
auf dass Dasselbe das Weitere dessenthalben verfügen wolle, inmassen
man ersagtem Herrn General-Wachtmeister und anderen in diesem
Charakter, welche kein Regiment haben, nicht auftragen kann, dass
sie ohne Gage dienen sollten.
So beschwert sich nicht weniger im beigebenden Memorial der
Herr Obrist Freiherr von E c k h, dass er seine Pension weder vor
das Verflossene noch vor das Gegenwärtige erhalten könne. Dieser
Mann ist bekanntermassen ohne Mittel, mithin seines Zustandes halber
zu erbarmen, und wann ihm seine Pension noch weiters ausbleiben
sollte, so ist es gewiss, dass er sammt seiner Familie crepiren müsste.
Ein löbl. Mittel wolle solchemuach ihm zu helfen, sich angelegen
sein lassen.
Demselben wird erinnerlich sein, dass ich vor langer Zeit noch
resolvirt habe, für den Herrn Obristlieutenant Steinlöffel das Referat
seiner Promotion halber zur Obristenstelle hinaufzugeben. Nachdem
er aber darum auf das Neue insistirt, so habe ich auch Einem löbl.
Mittel es zu wiederholen für nöthig erachtet, damit Dasselbe, wann's
noch nicht geschehen wäre, das Weitere verfügen wolle.
In dem weiteren Anschlüsse hat der Herr General-Adjutant
Graf Wurmbrand gleichergestalten um die Obristen-Charge Instanz
gemacht, welche der Herr Churfürst zu Hannover mit einem nach-
drückliehen Recommandations-Schreiben begleitet. Was ich aber Einem
250
sowohl als dem Anderen darauf geantwortet, das zeigen die An-
schlüsse *), so ich Einem löbl. Mittel zu dem Ende communicire, dass
wann auch die Sache hei Demselben, oder bei Hof angebracht würde,
Ein löbl. Mittel, eine gleiche Verbescheidung hinausgehen könnte.
Ich habe übrigens in meinem Letzteren zwar gemeldet, dass man
die Feldkriegs-Secretärs-Chargen nicht so frei vergeben und künftig
nicht mehr als zwei halten sollte. Nachdem aber, wie Einem löbl.
Mittel bekannt, der Feldkriegs-Concipist Brockhausen noch vor-
längst beweglich darum gebeten uud von Seiner königl. Hoheit gar
nachdrücklich hierzu recommandirt worden, sonsten aber in Ansehung
seiner Capacität und etliche Jahre her bezeugten besonderen Fleiss
und Eifer wohl meritirt hat, consolirt zu werden, so wolle Ein löbl.
Mittel für ihn das Decret als Feldkriegs-Secretär, jedoch ohne Gage
ausfertigen lassen. Womit etc.
221.
An den FML. Freiherrn von Kriechbaum. Feldlager vor Lille,
26. September 1708;).
Dass mein Herr General-Feldmarschall-Lieutenant unterm 2 L pas-
sato mir zu der wider die Feinde erfochtenen Bataille von Oudenarde
gratulireu wollen, sage dienstlichen Dank uud erfreue mich unter
einsten mit meinem Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant, dass Der-
selbe den Kdrolyi aus dem Land zu gehen gezwungen hat.
Ueber dasjenige, was mein Herr General-Feldmarschall-Lieute-
nant an den löbl. kaiserlichen Hofkriegsrath rescribirt, wird Dem-
selben hierüber auch die Antwort von dorten zukommen, worüber ich
meinem Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant solchemnach allein
anziehen will, dass ich die Erzeugung der Rlmonta-Pferde darinnen
in loco approbire, wobei doch zur Werbung der Leute ein- als anderen
Weg die Officiere herausgeschickt werden müssen. Womit etc.
222.
An den Hofkriegsrath ThieH. Feldlager vor Lille, 26. Sep-
tember 1708 '-").
Des Herrn Hofkriegsraths vom 8. dieses erhalte ich zurecht, und
wird Derselbe mit denen Nachrichten aus Ungarn, wann sie auch
I
') Nicht voihauden.
2) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 23.
3j Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. IX. 22.
251
spät kommen, umso mehr continiiiren, als durch Particular-Briefe keine
solche Information, wie der Herr Hofkriegsrath glaubt, von dem
dortigen Statu überkomme.
Sonsten kann es freilich nicht anders sein, als dass die bewusste
Sache hat fehlschlagen müssen, wann nuin sie nicht in der erforder-
lichen Geheim und benöthigten Präcaution tractirt, sondern in öffent-
lichen Zeitungen gedruckter ausgehen lasset, da sogar auch Particulares
vor drei AVochen schon IVIeldung davon gemacht haben, so gegen uns
Trauen und Glauben verlieren machen wird.
Von dem was der Herr General Kriechbaum an den lübl. kaiser-
lichen Hofkriegsrath geschrieben, hat derselbe auch mir Communication
gethan, worauf ich mich auf dasjenige berufe, was unter heutigem
Dato an ersagtes löbl. Mittel erlasse und mich hiernächst dahin referire,
so ich des Herrn Barons Brücken thal halber bei voriger Post
geschrieben habe.
Dass die Contagion zu Arad nachlasse, höre ich gern, und wann
im Uebrigen nach des Pascha von Belgrad Einrathen die Sache von
Durazzo mit einem Regal an den Gross-Vezier zu schlichten ist, wäre
es schier das beste Mittel, inmassen man bei allen derlei Fällen vor-
nehmlich sehen sollte, diese und weitere Zwistigkeiten in der Güte
beizulegen. Womit etc.
223.
An den Hofkriegsrath Locher. Feldlager vor Lille, 26. Sep-
tember 1708 ').
Des Herrn Hofkriegsraths vom 8. dieses erhalte ich zurecht,
und kann Derselbe mit denen Nachrichten (weiter wie iu dem Briefe
Nr. 222, Seite 250, Zeile 1 v, u. bis „machen wird", Seite 251, Zeile 9 v. u.).
Dem Herrn General Heister eine positive Ordre wegen Prose-
quirung der Operationen in Ungarn zu geben, ist eine nöthige Sache,
umsomehr, als die Zeit sonsten verlaufen, auch der Winter herbei-
kommen möchte, ehe man wissen würde, wo die Armee zu bequartieren
sein werde.
Sonsten ist zwar vor Allem keine bessere und nützlichere Opera-
tion, als die Hinwegnehmung Neuhäusel's, nöthig aber dabei, dass man
auch die dazu gehörigen Requisiten vorher beisammen habe und mit
einem Wort von der jetzigen Consternation der Rebellen recht-
schaffen profitire.
') Krieg-s-A., Uug-aru 1708; Fase. IX. 24.
252
Ob der Comniunication der durch den Ilerrn General T hur he im
mitgebrachten Rehition bedanke mich und halte für gut, dass solche
mit einer General-Approbation beantwortet worden sei.
In dem Uebrigen ist wohl nöthig, dass der preussischen Sache
einsmals ein Ende gemacht werde, und dasjenige Schreiben, von
Kinem löbl. Mittel, worauf sich der Hei-r Hoficriegsratli, der heurigen
Recruten halber bezieht, habe ich nicht zu Händen bekommen.
Womit etc.
224.
An den Obristlieutenant Grafen Ottokar Starhemberg. Feld-
lager vor Lille, 26. September 1708 ').
Auf des Herrn Obristlieutenauts ohne Datum an mich abgelassenes
Schreiben habe mit Mehrei'em yernommen, was Derselbe wegen
Montirung der alten Mannschaft des löbl. Max Starhemberg'schen
Regiments remonstriren wollen. Ich weiss gar wohl, dass der Obrist
davon gefangen, dahero dem Herrn Obristlieutenant zusteht, sich des
Regiments bestens anzunehmen. Nachdem aber auch dasselbe für das
Verflossene in dem Mailändischen ihre Subsistenz richtig empfangen,
auch diese Campagne aus der Cassa Geld bekommen und noch darüber
15.000 fl. in Böhmen assignirt worden, so wird nicht viel fehlen,
dass es nicht beinahe vollkommen bezahlt sei. Und weilen es auch
für das Künftige nicht schlechter als andere gehalten, sondern gleich
tractirt werden wird, als muss auch der Herr Obristlieutenant auch
machen, was Andere thun. Womit etc.
225.
An den FML. Grafen Königseg-g. Feldlag-er vor Lille,
26. September 1708 ').
Meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant vom 2. dieses
erhalte ich zurecht und bedanke mich für die darin beschehene
Communication dessen, so Derselbe von der Festung Comacchio und
sonsten über den dortigen Stand der Sachen an Einen löbl. Hofkriegs-
rath geschrieben hat. Ich kann aber meinem Ilerrn General-Feld-
marschall-Lieutenant darüber nichts Anderes in Antwort bedeuten, als
dass ich Alles dieses approbire, was Derselbe mit Versehung ge-
dachter Festung mit Artillerie und sonsten gemacht und sich zu dem
<) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. T)ö.
*j Krieg3-A., Italieu 1708; Fase. IX. 5G.
253
Ende Selbsten dabin begeben habe ; inmassen icb vom Ibjf allzuweit
entfernt und suieb bald sein könnte, dass ieh meinem Herrn Gcncral-
Feldmarschall-Lieutenant was befchlete, wohingegen der Hof was
Anderes anordnen könnte. Womit etc.
226.
An den Grafen Gallas. Feldlager vor Lille, 26. September 1708 'j.
Deroselben Wertlics vom 11. September habe Avohl behändigt,
und was die Bezahlung der Werbgelder für die nach Catalonien ab-
marschirten Regimenter betrifft, werden Dieselbe aus meinem Vorigen
ersehen haben, was diesfalls zwischen mir und dem Mylord Duo de
Marlborough dahier für eine Schrift verfasst worden sei und dass
hiernächst ersagter Marlborough versprochen, sobald nur die er-
mangelnden Recruten in Italien angelangt und zum Embarquement
an Ort und End sein werden, dass auch für diese der Erlag der
Gelder ohne Anstand erfolgen solle; worüber, da ersagte Recruten in
Italien schon ankommen sind, ich die Verordnung dahin ergehen
lassen, dieselben im Beisein eines englischen Ministers zu mustern, bei
welcher Beschaffenheit nun auch Sie den völligen Erlag der Gelder
nachdrücklich zu pressiren gelieben wollen.
Was die übrigen angemerkten Nachrichten betrifft, das dient
mir zu meiner weiteren Direction, glaube auch schon, dass der Admiral
L e a k e mit dem Marquis de P r i e di concerto zu gehen. Ordre habe,
bin aber auch dabei der Meinung, dass derselbe mehrers zurück nacher
Haus gedenke. (Der Schluss des Schreibens eutliält Unwichtiges.)
227.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Ryssel,
30. September 1708 0-
Ich habe zwar meine Antwort über Euer kaiserl. Majestät jüngst
gemeldete beide allergnädigste Handschreiben bereits fertig. Da es
mir aber an sicherer Gelegenheit aus der allerunterthänigst erinnerten
Ursache ermangelt, selbe abschicken zu können, so muss ich auch
damit solange zuwarten, bis sich etwo eine ereignen, oder aber ich
einen Expressen werde durchbringen mögen. Aus dieser Ursache nun
kann E. k. M. sonsten mit nichts Anderem allergehorsamst bedienen,
') Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. IX. 73.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 64.
254
massen. soviel den hiesigen Stand anbetrifft. Dieselbe aus dem an-
gehenden Journal die vollkommene Information zu nehmen aller-
gnädigst geruhen Averden. Worauf ich mich beziehe und zu Dero
kaiserlichen Hulden und Gnaden etc.
228.
An den GWM. und Hofkriegsrath Grafen Lamberg:. Feldlager
vor Ryssel, 30. September 1708 ').
Aus des Herrn General- Wachtmeisters vom 15. dieses und denen
Anlagen habe ich ersehen, wie dass des Herrn Gubernatoris in Tyrol
Liebden an die dasigen Grenzen die Ordre gestellt, in's Künftige weder
Miliz noch Montur durch ersagtes Tyrol nacher Italien passiren zu
lassen.
Der Herr General- Wachtmeister hat gar recht gethan, dass Der-
selbe die Nothdurft hierüber nacher Hof rescribirt, und ich muss mich
aber nicht wenig verwundern, dass man, wann es nicht Ihre kaiserl.
Majestät absoluter Befehl gewesen, eine solche Ordre zu erlassen
sich unterstanden habe, und zwar umsomehr, als man auch fremden
Truppen durch das ganze Römische Reich und sonsten, wann sie den
iunoxium transitum begehren, solchen nicht abschlagen kann.
Ich unterlasse dahero auch nicht, das Behörige an Einen löbl.
kaiserlichen Hofkriegsrath zu erinnern, wobei absonderlich zu reÜec-
tiren, dass, wann solchergestalten ein Jeder thun wird, was er will,
keine Möglichkeit sei, in's Künftige in Einem als Anderem zu reussiren.
Womit etc.
229.
An den Ohurfürsten von Mainz. Feldlag-er vor Lille,
30. September 1708').
Aus Euer Gnaden Liebden unterm 17. dieses an mich abge-
lassenem, hochschätzbarem Schreiben habe ich vernommen, was Die-
selbe für den Herrn General-FML. Freiherrn von Leyen wegen
Ausfertigung seines Generals-Patentes an mich zu schreiben gnädig
beliebt haben.
Ich unterlasse nicht, zufolge dessen unter einsten Einem löbl.
kaiserlichen Hofkriegsrath hievon zu erinnern, kann mir aber nicht
einbilden, dass dieses Patent, wann die kaiserliche allergnädigste
') Krieg8-A., Römisches Reich 1780; Fase. IX. 44.
^) Krie^s-A., Römisches Reich 1708; Fase. IX. 47.
255
Resolution hierüber erganj^en , annoch imausgefcrtigter sein sollte;
glauljo daher, dass evsagter Herr Generals-Agent sich vielleicht an
gehörigen Orten und Enden nicht insinuirt haben werde. Womit etc.
230.
An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille, 30. Sep-
tember 1708').
AVas der Herr Hotkriegsrath in seinem vom 12. dieses wegen
des Herrn Feldraarschalls Grafen von Heister meldet, ist eben dieses,
was ich allezeit gefurchten und öfters repetirt habe, inmassen ich fortan
dabei bleibe, dass Seine kaiserl. Majestät ihm, Herrn Feldmarschall,
absolut anbefehlen müssen, was er positive zu thun und zu operiren
habe, wo er sich in Person selbsten einfinden und wo er die Vor-
haben durch andere Generales ausüben lassen solle; dann er sonsten,
wie es jetzo geschieht, mit einem wenigen Theil der Truppen, ohne
was Hauptsächliches zu thun, herumlaufen und das grösste Corps,
ohne was zu unternehmen, müssig stehen lassen wird; wo inzwischen
die Zeit immer mehr verlauft .und solchergestalten man zuletzt nicht
wissen werde, wohin die Truppen verlegt werden sollen, einfolglich
das ganze Onus zu nicht geringer Beschwerlichkeit und Confusion in
dem Repartitionswesen auf die kaiserlichen Erblande zurückfallen
dürfte.
Das Unglück, so denen Räzen zugestossen, bedauere ich, und
zwar umsomehr, als es eben in der Zeit geschehen, wo die Rebellen
am meisten consternirt und man der Hoffnung gewesen, dieses Land
von ihnen zu säubern.
Das übrige Alles dient mir zur Nachricht, und ich sage auch
dem Herrn Hofkriegsrath schönen Dank für die Communication
dessen, so Derselbe von dem tüi-kischen Statu über die Walachei
erhalten hat. Womit etc.
231.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager vor Lille,
30. September 1708 'j.
Aus des Herrn General-Wachtmeisters und Obrist-Kriegscommissarii
unterm 25. passato abgelassenem deutschen und französischen Schreiben
') Kriegs-A., Ungani 1708; Fase. IX. 2t3.
») Kriegs-A., Italien 1708; Fase. IX. 64.
256
habe ich die ang"ezogeuen Ursaclien ersehen, welche Dieselbe bc-
niüssigt haben, mit dem C h a r r i o r den angelegten Contract auf 2 pro
cento zu schliesseu. Ich lasse zwar sothane Ursachen als ein Motivum
der Anticipatiou auf sich beruhen, kann aber den geschlossenen Con-
tract an sich selbsten mit dem Interesse der 2 pro cento nicht ratifi-
ciren, einfolglich selben auch nicht gutheissen, weilen ich nicht zu
verantworten wüsste, auf einen so sicheren und gcAvissen Fundum
dem Aerario ein Interesse von 24 pro cento jährlich aufzubürden.
Der Herr General -Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär
weiss Selbsten wohl, was ich Demselben dessentwegen schon oft vor-
gestellt und ein- für allemal geschrieben habe, dass auf nichts Anderes
als zu Ein pro cento, oder wann die Noth so gross Aväre, dass es keine
moram leidete, endlich (jedoch ohne Consequenz) auf IV2 pi'O cento
tractirt werden solle; worüber dann mich umsomehr wundere, als
ich weiss, dass, wann auch mit dem C h a r r i e r und anderen Turineser
Wechslern nichts zu thuu gewesen wäre, man eine dergleichen An-
ticipation von denen mailäudischen Negocianten um diesen Preis
wohl würde erhalten haben, inmassen es nicht das erstemal gewesen
wäre, dass sie anticipirt und sich auf ein dergleichen raisonnables
Interesse verstanden hätten. Aus welcher Ursache nun ich dem Herrn
General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär auf die beigelegte
Repartition nichts antworten kann.
Sonsten conformire ich mich mit Dessen Meinung, dass der Hof
die eigenen Mittel nicht entziehen und der Virgilianische Kaufschilliug
dem Militari applicirt werden solle; worüber ich dann auch unter
einsten nacher Hof schreibe, und dass dieses Werk pressirt werde,
dem löbl. Hofkriegsrath das Weitere vorzukehren überlasse, und bei
meiner dermaligen Entferntheit aber nicht wissen kann, was es für
einen Effect haben werde.
Der communicirte Stand der Diaria dient mir zu guter Nach-
richt, und dass diese in das Künftige in statu quo gelassen werde,
habe ich dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscom-
missär vorhin schon erinnert, worüber unter einsten an Ihre königl.
katholische Majestät selbsten schreibe.
Was sonsten die bcwusste Geld-Summa von dem Herzog von
Guastalla betrifft, habe ich davon keine Nachricht, der Herr General-
AVachtmeister und Obrist-Kriegscommissär aber wird, da Aveiters was
Positives davon einkommt, mir davon parte geben. Ich werde in-
zwischen gleichwohl eventualiter darüber nacher Hof schreiben.
Was hiernächst das romanische Wesen betrifft, dient mir solches
zur Nachi'icht, kann aber nichts in Antwort bedeuten, weilen ich mich
257
darein zu mengen nicht gedenke und auch dermalen zu weit entfernt
bin, aus welcher Ursache ich auch auf dasjenige, so der Herr General-
Wachtmeister und Christ - Kriegscommissär des Marquis de P r i e
halber, wie auch wegen der Administration zu Mantua anzieht, nichts
zu antworten habe.
In dem Uebrigen hat das löbl. Roccavionische Regiment gebeten,
für gegenwärtigen Winter auf dasselbe eine Particular-ReÜexion zu
machen. Wann ich es nun vor billig erachte, als wird mein Herr
General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär hierauf Sorge haben.
Womit etc.
232.
An den Freiherrn von Heems. Vor Ryssel,
30. September 1708')-
Auf das von Deroselben wohl erhaltene vom 19. passato sage
hiemit in Autwort, wasmassen das, was die Recrutirung der hullän-
dischen in Catalonien stehenden Truppen betreffen thut, ich immerdar
im Zweifel stehe, ob diese erfolgen werde, zumalen vielmehr glaube,
dass, wiewohlen man von Seiten Englands hiezu allen Eifer zeigt,
man jedoch dadurch nichts Anderes suche, als die Zeit zu gewinnen
In spanischen Sachen bin ich von Ihre gewärtig, was Sie mir
darüber berichten werden, und belangend aber Dero Herrn Bruder,
erfreue ich mich, wann demselben was habe dienen können.
Hiernächst bin ich Deroselben auch obligirt, dass Sie die zwei
Verschlägel von dem Herrn Grafen G alias nacher Wien befördert
haben und zweifle nicht, dass, weilen Pörcellain darinnen, Sie werden
die Präcaution genommen haben, damit nichts zerbreche, Sie anbei
ersuchend, dass, wann von ersagtem Herrn Grafen Gallaslhro mehreres
dergleichen zugeschickt werden würde, Sie es allezeit mit sicherer
Gelegenheit nacher Wien befördern wollen.
Betreffend die bewusste Materie wegen des Königs Augusti
zweifelt mir nicht, Sie werden hierüber bereits nacher Hof geant-
wortet haben; dann ich verbleibe diesfalls bei demjenigen, was ich
in der angezogenen Conferenz noch vor meiner Abreise aus dem
Haag gemeldet und eben auch jetzo von dem Pensionario angezogen
worden. Seitdem hat man auch vom Hof in dieser Materie an mich
geschrieben und ich habe mit dem Duc de Marlborough darauf
geredet, welcher .sich dann gleichfalls sothaner Äleinung conformirt, so
ich auch in diesen Terminis nacher Hof antworte; ich will aber erwarten.
') Kriegs-A., Spauieu 1708; Fase. IX. 92.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Supplement-lleft, 17
258
wann hiervon oder sonsten was Neues passiren sollte, was Sie mir
weiters werden erinnern wollen.
Hiernäclist aecusire ich auch den richtigen Empfang Deroselben
vom 22. passato, und zumalen aber das Mehrste und die Hauptsache
ich hier oben schon beantwortet, so habe darüber nichts Anderes
beizuriicken, als dass ich mich in Sachen des spanischen Succurses
mit Ihrer darüber führenden Meinung gänzlichen conformire, in Ver-
bleibung Deroselben etc.
233.
An den Freiherrn von Weyberg. Feldlager vor Lille,
30. September 1708').
Dass Dieselbe, wie ich aus Dero Averthem Schreiben vom 12.
dieses ersehen, wieder nacher Wien gehen werden, erfreue mich um-
somehr, als dadurch nicht nur des Königs eigener Dienst wohl ver-
sehen, sondern auch durch Dero Anwesenheit, mittelst Dero berühmter
Conduite Ihre kaiserl. Majestät selbsten viele Erspriesslichkeiten zu
hoflfen haben.
Es ist nicht ohne, dass die Kreis-Directores geglaubt, eine Direc-
torial-Commission aus der Sache zu machen; ich zweifle aber, dass
es angehen werde. Inzwischen tragt der kaiserliche Hof keine Schuld,
weilen, wie ich bei unserer Zusammenkunft mündlich zu sprechen
mit Deroselben die Ehre haben werde, man seinerseits öfters viel
Sachen dissirauliren muss.
Uebrigens werde ich verlangtermassen an die Herren de Star-
toghe (?), Agenten von Seiner königl, Majestät, die Adresse machen
lassen, in Verbleibung etc.
234.
An den FML. Grafen Königseg'g. Feldlag-er vor Lille,
1. October 1708 'j.
Meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant unterm 28. passato
an mich Erlassenes habe wohl empfangen ; dass aber darauf, und zwar in
dem romanischen Wesen, nichts Positives antworte, weiss mein Herr
General-Feldmarschall-Lieutenant aus meinem Vorigen die Ursachen;
wobei doch verhoffe, es werde inzwischen vom Hof die positive
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. IX. 60.
■•*) Kriegs-A., Italien 1708: Fase. X. 3
259
Resolution eingcloffon sein, weilen ich Nnehriclit liabc, dass (luiiiit ein
eigener Courier abgeschickt worden sei.
In dem bewussten Rangs-Disput kann ich niciiieni Herrn General-
Foldinarschall-Lioutenant nicht TTnrecht gel)cn, und gleichwie ich aber
hievon nichts g(;wusst hübe, als schreibe i<di auch hierüber unter
einsten an den löbl. kaiserlichen Hotkriegsrath und verbleibe etc.
235.
Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 3. October 1708 ')•
Aus Euer kaiserl. Majestät unterm 29. August au mich erlassenem
und mir erst den 25. dieses zugekommenen allergnädigsten Schreiben
habe ich sowohl als aus denen Anlagen mit allergehorsamsten Respect
ersehen, was Sie wegen der von Ihre katholischen Majestät verlangten
schleunigen Ueberschickung einer mehreren Aushülfe an Volk, auf
meine unterm 29. Juli an Dieselbe erlassene allcrunmassgebig-unter-
thänigste Meinung für eine allergnädigste Resolution abfassen und hier-
nächst anziehen wollen, wie Sie gleich wohlen mit diesem und der
gleichen geringen Succurs nicht selieten, dass gegen den feindlichen
Gewalt in Spanien etwas, oder doch wenig ausgerichtet werden konnte,
folglich es auf die Execution des Stanhope'schen Projectes ankomme
und man sieh von Seiten der Alliirten resolvircu müsse, eine Macht
von 20.000 Mann zu überschiffen, damit das Werk auf einmal gehoben
werden möchte; dass ich diesemnach beflissen sein sollte, solchen Vor-
schlag mit Beistand des Duo de Marlborough bei der Königin von
England und Generalstaaten zur Approbation zu bringen, hiernächst
aber es dahin in die Wege zu richten, damit für das abschickende
Wetzersche Regiment nach dem verglichenen Preis das Wcrbgcld
erlegt und baldest ausgezahlt werde.
Soviel nun die Execution des Stanhope'schen Projectes belangt,
wird hievon nicht wohl ehender was zu melden oder dariufalls zu
thun sein, bis nicht die hiesige Campagne geendet sein wird, welche,
wie E. k. M. nächstens mit mehrerer Ausführlichkeit, so ich jetzo
nicht wohl bewerken kann, allorunterthäuigst erinnern werde, sehr
imbroglirt ist, inmassen dieselbe beiweitem nicht so gut geht, als
man geglaubt und E. k. M. ich generaliter allergehorsamst bereits
berichtet habe, dass es dahier eben sowohl, als anderwärts, an P^inem
und Anderem mangle und niemalen Alles zur Genüge vorhanden sei,
da man auch sonsten solchei'gestaltcn beschaffen, dass, sobald es nur
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 17.
17*
2t)0
ein wenig nicht rocht gehen will, man nicht auf Hülfe und Auskunft
gedenkt, sondern gleichsam Hände und Kräfte sinken lässt. Um aber
die AUiirten zur Resolution schi'citen zu machen, einen Succurs von
20.000 Manu in Spanien abzuschicken, solle E. k. M. erstlich in aller
LTnterthänigkeit vorstellen, dass eine so zahlreiche Macht ein- und
überzuschifFen ein nicht Schlechtes und Geringes sei; sodann aber
werde zwar, wie ich schon gethan, mit dem Mylord Duc hiervon
nachdrücklich reden und mit weiterer dessen Wiederholung denselben
beständig angehen; bis aber der Feldzug sich nicht geendigt, werde
E. k. M. hierüber nichts Verlässliches in allergehorsamster Antwort
sagen können. Respectu der Generalstaaten aber finde ich vorträglicii
zu sein, mit deren hier anwesenden Deputirten aus der Sache nicht eher
zu reden, bis man nicht mit vorgedachtem Mylord Duc di concerto sein
werde, wiewohl ich vielmehrers des allergehorsamsteu und unvorgreif-
lichen Gutachtens wäre, weit ehender auf die Completirung des bereits
in Catalonien sich befindlichen ansehnlichen Fusses der daselbstigen
Truppen jetzo gleich zu gedenken, als mit Einschickung eines so
numerosen Succurses sich aufzuhalten und die Zeit zu verlieren, in-
massen gewiss und unvermeidentlich ist, bis man die darunter waltenden
Schwierigkeiten heben und mit Hin- und Herschreiben das Werk nur
in wenigen Vorschein bringen werde, die beste Zeit fruchtlos ablaufen
und man sich mit leerem Aufziehen, Versprechen und Deliberiren end-
lich so weit hinaustrainiren Averde, bis man gegen die Letzt das Tempo
gewinnen und die Unmöglichkeit vorschützen, einfolglich in Spanien
Aveder Succurs noch Recruten, consequenter keine Macht in Händen
haben werde; zu geschweigen, Avann man auch reussiren sollte, dass
allda auf diese Weise mit denen darinnen obgedachtermassen bereits
befindlichen Truppen ein Fuss von 70.000 Mann vorhanden sein, der
Unterhalt ein Grosses betragen und hingegen Alles in lauter Stab,
wenig aber in Soldaten bestehen Averde.
Wann man also die dermaligen Eurer kaiserl. Majestät-, die
englischen, Portugieser, churpfälz- und holländischen, auch letztlicheu
Seiner königl. katholischen Majestät eigenen spanisch-, mailändisch- und
neapolitanischen National-Regimenter zu completiren Hand anlegte
und die AUiirten, welches sie nicht versagen oder difficultiren können,
dazu ebenmässig anhalten und anbei pressiren Avürde, Allerhöchst-
gedachter Seiner königl. Majestät hierzu mit einem namhaften Stück
Geld an die Hand zu gehen, so geruhen E. k. M. aus dem hiebei-
kommenden von mir allerunterthänigst verfassten Aufsatz ') in Aller-
'j Nidit vciiliuiuJeii.
2(;i
höchsten Gnad(3n zu ersehen, class man auf diesen Fall an Infanterie
mehr als 30.000 Mann und über 13.000 Pferde zusammenbringen,
mithin eine considerable Armee formiren könnte, ohne dass der von
mir projeetirte Aufsatz zu hoch verfasst und angesetzt wäre.
Sollte man aber dieser meiner allerunterthänigsten jMeinung nicht
beifallon, sondern auf die Hineinschickung der 20.000 Mann beharren
wollen, so würde man damit gleichwohlen nicht nur keine mehreren
Truppen allda in Spanien beisammen haben, als in meinem öfters be-
rührten Aufsatze enthalten, sondern noch dabei durch die Abschickung
sothaner 20.000 bei denen anderen heraustigen Armeen umso viel
schwächer sein. Ich glaube also, dass meinem allerunterthänigsten
Erachten nach, dieser mein Vorschlag umso leichter in's Werk zu
setzen und auch noch mit mehreren Truppen zu vermehren wäre, als
Frankreich selbsten den Krieg mit Spaniern gegen uns führet und
darinnen der mehrste Theil seiner Truppen bestehe. Solchemnach sehe
ich nicht, kann auch noch weniger die Ursache dessen begreifen,
warum Seine königl. katholische Älajestät mehrers auf die Beibe-
haltung fremder Völker, als den Krieg mit Ihren eigenen Truppen
und Unterthanen zu führen, allergnädigst gedenken, da Sie, wann
Dero oben specificirte National-Regimenter in Stand gerichtet, zum
wenigsten ein eigenes Corps von 10.000 Mann zu Fuss und etwa
5000 Pferde haben könnten, zu geschweigen dass die Politik an sich
Selbsten erforderte, zur Continuirung gegenwärtigen Krieges Ihrerseits
die Unterthanen soviel es möglich zu gebrauchen, um andurch die
Gemüther an sich und hingegen vom Feind wegzuziehen, einfolglich
auch dessen Macht umsomehr zu verringern ; wo im Widerspiel, wann
Sie von fremden Nationen Truppen hineinbekommen, dem Feind eine-
so grössere Gelegenheit, die Unterthanen auf- und an sich zu bringen,
frei und offen gelassen, dadurch aber die Recrutirung der eigenen
Völker Ihro allezeit unmöglich fallen wird.
Was hiernächst das Wetzel'sche Regiment angeht, und E. k. M. mir
dessentwegen bei England zu negotiiren allergnädigst aufgeben wollen,
muss Deroselben ich in aller Unterthänigkeit nicht bergen, wasmassen
es eine bei meiner Anwesenheit im Haag geschlossene und accordirte
Sache war, dass, so viel von Seiten E, k. M. Völkern in Spanien
transportirt werden würde, so viel von England auf demjenigen Fuss
verpflegt und es sonsten mit ihnen gehalten werden sollte, was man
für die beiden Guido Starhemberg'- und Osnabrück'schen Regimenter
eingestanden und verglichen habe. Und gleichwie ich Seiner königl.
katholischen Majestät die vollkommene allerunterthänigste Auskunft
gegeben, so befremdet es mich umsomehr, dass Dieselbe hierauf nicht
262
reflectirt haben, also class E. k. M. mir allergnädigst erlauben weiden,
aus purem Antrieb meiner schuldigsten Treue Deroselben in aller Sub-
mission zu reraonstriren, dass Seine königl. Majestät mit deren AUiirten
Ministris nicht so frei umgehen und, ohne mit E. k. M. die Sache
vorhero zu concertiren, für sich selbsten einzelnweise derlei Dinge
nicht handeln, noch tractiren oder vergleichen sollten; massen, wie
jetzo geschieht, nichts als Inconvenientien daraus entstehen und wann
man diesorts mit denen AUiirten davon reden und zu E. k. M.
Nutzen die Sache in Stand zu bringen vermeint, sich dabei, gleich es
mir in dieser Materie begegnet, und E. k. M. ich in allerunterthänigster
Submission bereits berichtet habe, ihrer, der AUiirten, Gelächter
exponirt sehen muss ; dann als ich mit dem Mylord Duc de M a r 1-
b 0 r 0 u g h von dem Erlag der Ersetzungsgelder reden Avollte, hebte
er zu lachen an und gab mir zur Antwort, dass der König allein
die Verpflegung zu übernehmen angesucht hätte, gleich mir derselbe
den Brief von Seiner königl. Majestät selbsten vorgewiesen; der
Stanhope aber, welcher vorangezogenen Tractat oder Vergleich
wohl gewusst, darum mit harter Mühe auf die Verpflegung accordirt
hat, weilen er dabei seinen Vortheil ersehen und wahrgenommen,
dass man mit DIfficultiren Alles, was man will, machen könne. Weit
mehrei's wundert mich des Duca Mol es, dass derselbe den abge-
schickten Marchesen Solares hierauf instruirt, da er doch durch
die ihm beschehene Commuuication von Allem vollkommene Wissen-
schaft gehabt. Dessenungeachtet aber habe ich gleichwohlen, und
zwar noch vor 14 Tagen an den Grafen von Gallas nachdrücklich
geschrieben, dass derselbe ein- als den anderen Weg sothane Er-
setzungsgelder zu begehren, mit allem Nachdruck insistiren solle,
wiewohlen ich vorsehe, dass es umsonst sein werde. Alles dieses aber
rührt allein von dem her, dass Seine königl. Majestät, wie ich alier-
gehorsamst remonstrirt, derlei Sachen für sich allein thun und solche
Leute, die um Ihro sich stets befinden, anhören, welche oder das
Werk nicht recht capiren und mithin der Sache nicht gewachsen
sind, oder aber an sich selbsten nicht viel Gutes unter ihnen steckt ;
E. k. M. in aller Unterthänigkeit bittend, was mich meine Pflicht zu
sagen obligirt, allergnädigst in Geheim zu halten.
Es wäre also zu wünschen, dass Allerhöchstgedachte Seine königl.
Majestät in nicht mehrere derlei Dinge verfallen, sondern vorhero
mit E. k. M. Alles getreulich communiciren möchten, auf dass, wann
Sic sich gehörig unter einander verstanden, sodann mit beiderseitigen
Kräften dasjenige angegangen werde, was auch zu beiderseitigem Aller-
höchsten Nutzen für gut und conveniont zu sein befunden werden wird.
203
Was schliessliehen E. k. M. weo^en der päpst- und wällischen
Angelegenheit in Dero allergnädigstem Handschreiben an Seine königl.
Majestät angezogen, daran ist zwar sehr wohl beschehen ; Sie werden
aber bei diesen der Sachen Umständen nnr allergnädigst erkennen,
dass weit geschwinder eine Sache angefangen als ausgeführt sei, sich
dahero allergnädigst znrückzuentsinnen belieben, was ich in meiner
Anwesenheit mündlich allergehorsamst gesagt habe, und ist zwar
endlichen zu wünschen, dass dieses Wesen, so gut es sein kann, ver-
glichen und abgethan werde. Es möge sich aber schlichten lassen,
wie es wolle, so wird es gleichwohlen niemalen solchergestalten be-
schehen können, dass nicht dadurch dannoch Dero Allerhöchstem
Decor etwas zu nahe gegangen werde. Womit etc.
236.
Bericlit an den Kaiser. Vor Ryssel, 3. October 1708 *).
Euer kaiserl. Majestät hatte ich bereits mit letztabgegangener
Post den Empfang Dero Allerhöchsten Befehlschreibens vom 1. dieses
in aller Unterthänigkeit benachrichtigt.
Seithero nun habe ich nicht nur die von des Königs Augusti
Ministro, dem Grafen von Wackerbart, verfasste und allergnädigst
angeschlossene Vorstellung durchgelesen, sondern auch diejenigen Be-
denken und Ursachen allergehorsamst vernommen, die E. k. M. in
sothanem Dero allergnädigsten Schreiben gegen dieses des Königs
Augusti Gesuch angezogen und mich dahero allergnädigst zu befehlen
geruhen wollen, wie mich sowohl gegen mehrberührten König, als seinen
Ministro, dem Grafen von Wackerb art, verhalten und in unverfäng-
lichen Termlnis antworten, den völligen Verlauf aber dem Fürsten
von Mindelheim vorstellen sollte, mit der ferneren Erinnerung,
dass E. k. M. beständig festgesetzt hätten, sich bei ohnedem allerseits
habenden Impegni, eines neuen mit Schweden auf alle mögliche Art
zu entschlagen.
Die von E. k. M. in dieser so wichtigen und von grosser Folge
sich findenden Sache abgofassten und angezogenen Fundamente sind
nach Dero Allerhöchsterleuchtem Urtheil gar wohl genommen, und
ich thue mich auch damit in aller Unterthänigkeit durchgehends
conformiren, solchemnach allergehorsamst beistimmen, dass es Dero
Dienst jetzo nicht sei, sich des Königs Augusti halber in ein Impegno
einzulassen; inmassen auch nicht nur der Fürst von Mindelheim
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 15.
264
und Dtic de IM.arlb o rough, mit dem ich aus der Sache geredet,
soudern auch der Pcnsionarius von Holland, gleich E. k. M. von dem
von Heems allergnädigst schon verstanden liahen werden, mit mir
der hcständigen und unumgänglichen Meinung bleiben, dass man sich in
das Gei-ingste nicht verwickeln oder anhängig machen sollte, was die
Krone Schweden zu einer Feindseligkeit oder offenen Krieg verleiten
könnte; es wäre dann, dass dieser König von sich selbsten und ohne
genügsame Ursache seine Waffen gegen Deutschland wenden und das-
selbe aus eigenem Antrieb unter leerem Vorwande angreifen wollte.
Es hatte der König Augustus mir zwar noch vorhin, jedoch
in mehreren Generalien von der Sache geredet, dem ich aber auf
gleiche Weise geantwortet.
237.
Bericht an den Kaiser. Lager vor Ryssel, 3. October 1708 ')•
Ich berufe mich auf meine beiden anderen an Euer kaiserl.
Majestät erlassenden allerunterthänigsten Relationes und schliesse
solchemnach in Gegenwärtigem allein bei, was seit meines Letzteren
bei hiesiger Belagerung sich zugetragen, auf dass E. k. M. davon die
allergnädigste Wissenschaft haben mögen.
In dem Uebrigen aber repetire ich hiemit nochmalen allergehor-
samst den Punct wegen der Hildesheim'schen Assignation ; die Truppen
sind ohne Geld und im hiesigen Land kann man ohne dieses nicht
subsistiren, also dass dieselben bei solcher Beschaffenheit, wo man
sich sonsten von anderwärts her nichts zu schaffen weiss, nothwendig
zu Grund gehen müssen.
Da ich aber so lange Zeit weder Antwort, noch sonsten was
Positives dieser Assignation halber erhalten, obschon man noch vor
meiner Abreise dieselbe mir zu behändigen, nachgehends aber durch
den Grafen Schlik nachzuschicken versprochen hatte, so bin ich
gezwungen, E, k. M. mit allergehorsarasten Respect klar zu sagen, dass
damit was unter der Decke stecken müsse. Womit etc.
238.
An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 3. October 1708').
Eines lübl. Mittels unterm 8. und 12. passato an mich erlassene
beide Schreiben sind mir sammt denen Anschlüssen zurecht eingelaufen,
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 17.
') KriefTS-A., Nlpdfilmid.- 1708; Fase. X. 16.
265
worauf liierait iu Antwort unverlialte, dass, soviel den Kaufscliilling
der Virgilianisclien Güter betrifft, Kin löbl. Mittel sich zu erinnern
belieben wird, was in einer bei mir in meiner daraustigen Anwesen-
heit gehaltenen Conferenz derentwillen geschlossen und resolvirt worden
sei, ob dem dann Ein löbl. Mittel halten und dringen, einfolglich in
Conferenzen und Deputationen davon nachdrücklich reden und zugleich
protestiren wolle, dass es widrigenfalls eine pure Unmöglichkeit sei,
in Italien eine Armee in Stand zu haben.
Was den Punct wegen des Prinzen von Sachsen-Hilpers-
hausen (Hildburghausen) offerirten Dragoner-Regiments belangt, da-
bei hat es sein gutes Bewenden.
Wegen des Herrn Obristlieutenants De P i 1 1 i e r s wird Ein
löbl. Mittel meine Approbation Dero darüber geführten Meinung schon
erhalten haben, worauf ich mich beziehe und ingleichen auch auf
dasjenige referire, was ich Einem löbl. Mittel des Herrn General -
Adjutanten Grafen Wurmbrand angesuchter Obristens -Promotion
halber communicirt habe. Inzwischen aber ist gar gut geschehen, dass
Dasselbe auf die erinnerte Weise der für ihn von dem Herrn Chur-
fürsten zu Hannover eingelegten Recommandation begegnet hat.
Die communicirte Expedition wegen des römischen Unwesens
und sonderlich wegen Abschickung des Wetzel'schen Regiments nacher
Catalonien, dienen mir zur guten Nachricht, habe auch meinesorts
nichts Anderes zu erinnern, als dass ich bei meiner vorigen Meinung
beharre, man sollte nicht das Wetzel'sche Regiment aus der ange-
führten Ursache dahin nacher Catalonien abgehen lassen, sondern
viel eilender von denen sämmtlichen in Napoli stehenden Regimentern
zu Fuss eines herausziehen, um zu diesem Ende zusammenzusetzen.
In dem Uebrigen aber werden Ihre kaiserl. Majestät allergnädigst
schon wissen, was Sie anbefehlen, dann ich meinesorts will mich
weiter darein nicht mischen, wohl aber Einem löbl. Mittel hiemit
nochmalen repetiren und zugleich ausdrücklich recommandiren, dass
Dasselbe in allweg pressiren wolle, damit die säramtliche in Napoli
stehende Soldatesca oder richtig bezahlt, oder aber zurückgezogen
werde und sich der Herr Cardinal Grimani gleichwohl selbsten
andere Truppen formire; dann diese, ohne auf ihren Unterhalt zu
gedenken oder die Hand dazu anzulegen, zu Grunde gehen zu lassen,
wäre nicht zu verantworten.
Auf den Punct der Landrecruten habe ich eben schon geant-
wortet, nicht zweifelnd, Ein löbl. Mittel werde seinesorts nichts er-
winden lassen, dieses Recrutirungswerk in seine Verlässlichkeit zu
setzen, hiernächst aber auch dahin gedenken, wie man der spanischen
266
Kegimenter Recruten halber mit dem Ileriri Feldmavschall Grafen
Guido von Star hemberg sich vernehme, dass diese abgeholt, über-
nommen und hineingeführt werden. Was aber die Recruten für die
neapolitanischen Regimenter angeht, ist es zwar nicht ohne, dass sich
deren Hineinlieferung halber grosse Schwierigkeiten erzeigen; dessen-
ungeachtet aber ist es gleichwohlen nöthig, dass man Sie übernehmen
lasse, dann wann es schon nicht möglich wäre, die obschwebenden
Difticultäten zu heben, so wären doch allezeit die Recruten schon
vorhanden, um selbe bei ereignender Gelegenheit gleich hineinzusenden,
oder inzwischen sich deren anderwärts zu bedienen, oder wohl gar
unter andere Regimenter zu thun.
Wegen des Herrn GWM. Baron Browne und anderer derlei
General- Wachtmeister assignirter Ubristensgage hat es sein gutes
Bewenden.
In puncto der zwei neu zu errichten kommenden Regimenter
von denen für die nach Spanien abgeschickten beiden Guido- imd
Osnabrück'schen Regimenter, von der Krone England bezahlenden
Ersetzungsgeldern ist kein quaestio deren Aufrichtung halber zu
machen, weilen sothane Ersetzungsgelder mit dieser Coudition bezahlt
und also tractirt worden ist; dann soviel deren Verpflegung belangt,
wird dem Aerario dadurch kein neues onus aufgebürdet, weilen, wann
gedachte beide Guido- und Osnabrück'sche Regimenter nicht hinein-
geschickt worden wären, deren Verpflegung niemalen hätte difficultirt
werden können, sondern, wie vorhin, also auch jetzo assignirt werden
müssen.
Ein lübl. Mittel wolle sich solchemnach diesfalls nicht aufhalten
lassen, sondern Ihre kaiserl. Majestät meiner Erinnerung nach den
alleruntertliänigsten Vorschlag darüber hinaufzugeben, damit, nachdem
ich die Gelder täglich erwarte, man nach deren Ankunft sogleich
zur Werbung schreiten könne; mit welchem dann auch die Difficultät
der Sammelplätze in Bayern „abzuleynen'', einfolglich dieselben unver-
weigerlich zu eröflnen sind.
Ein löbl. I^littel wird durch den GWM. Grafen von Lamberg
schon vernommen haben, was des Herrn Gubernatoris in Tyrol
Liebden an diese Grenzen für Ordres ausgestellt haben. Worüber
ich Einem löbl. Mittel hiemit communicire, was ich an denselben in
Antwort bedeutet habe, um dass solchemnach Ein löbl. Älittcl auch
seinesorts die weitere Nothdurft handeln und vorkehren, auch die
Sache hoch anziehen wolle.
So lege ich Einem löbl. Mittel nicht weniger hiebei, was der
Herr Baron von derLeyen wegen Ausfertigung seines General-Feld-
267
marschall-Lieutenants-Patents an micli ^esclirieben ') und niclit wenij!;er
des Herrn Clmrfiirsten zu IVIainz Gnaden LieLden in seinon Favor
erlassen -), ich aber an Jieide in Antwort zurück bedeutet babe. Wann
nun es eine von Ibro kaiserl. Älajestät a]>^efasste allergnädif^ste Reso-
hition wäre, wie ich glaube, so habe ich meinesorts wider die Aus-
fertigung dieses Patents nichts zu sagen und könnte also geschehen.
Was hiernächst der Herr Graf von T a t t e n b a c b inr eine
Attestation von mir verlangt hat, das ersieht Ein löbl. i^Iittel gleich-
falls aus dem Anschlüsse), welche ihm zuzuschicken, Dasselbe die
weitere Verordnung ausstellen wolle.
Endlich hat der Herr Graf von Königsegg in dem hieneben-
liegenden Schreiben *) um den Obristen-Charakter angesucht, so ich an
Ein löbl. Mittel hiemit zu dem Ende remittire, dass Dasselbe diese
Instanz ad notam zu nehmen belieben, oder aber, wann Es darwider
kein Bedenken findete, mir berichten wolle. Womit etc.
239.
An den Grafen Gallas. Feldlager vor Lille, 3. October 1708 ')•
Aus Deroselben vom 18. passato ist mir leider zu vernehmen
gewesen, dass Sie bei zwei angelangten holländischen Posten von
mir nichts erhalten haben, da ich doch keine Ordinari unterlasse, wo
ich nicht Deroselben schreibe oder zum wenigsten das Journal ttber-
schicke ; ich will also nicht hoffen, dass die Briefe verloren gangen sind.
Was die Ersetzungsgelder für beide Regimenter belangt, werden
Sie inmittelst die von dem errichteten Instrument mit dem Mylord
Duc Ihnen zugeschickte Copiam erhalten und hiernächst auch ersehen
haben, was ich der Osnabrück'schen Recruten halber Ihnen erinnert
und ich auch sonsten dessentwegen für eine Verordnung ausgestellt habe.
Sie wollen solcheranach belieben, bei dieser Beschaffenheit auf
die schleunige Uebermachung der Gelder mit Nachdruck zu dringen,
weilen dadurch alle bishero obgeweste Difficultät gehoben ist.
Wegen des Wetzelischen Regiments habe ich Ihnen schon ge-
schrieben und zugleich angezogen, dass man bei solchen von Ihnen
selbst gar wohl genommenen Umständen, in Sachen nicht gar wohl
vorzukommen vermöge ; Sie belieben aber einen als anderen Weg aus
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X ad !•).
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 16 c.
') Nieht vorhaiiden.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 161).
•^) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. X. 5.
2H8
Ihneu darinnen angeführten Ursachen auf die Ersetzungsgelder dieses
Regiments zu dringen, und vom Uebrigen, was ich Ihnen geschrieben,
nichts dergleichen zu thun, als ob Sie davon Wissenschaft hätten.
In puncto der für mich angefrimten Messer, habe ich mich
gegen Sie gleichfalls schon explicirt, wasmassen ich nämlich, weilen
es die Mode also ist, eine Klinge von Silber, die andere aber von
Eisen und mithin zwei Messer haben wolle, welche dann also machen
zu lassen, ich Sie hiemit dienstlich ersuche. A^'as aber die Wappen darauf
zu stechen anbelangt, weilen der Platz zu klein ist, so vermeinte ich,
dass man oder ein blosses Kreuz und in die Mitte nur etwas weniges
vom savoyischen Wappen stechen, oder aber allein ein simples S
darauf graben lassen könnte. Womit etc.
240.
An den GWM. Grafen Brenner. Feldlager vor Lille,
3. October 1708 ')•
Aus des Herrn General- Wachtmeisters vom 25. passato habe ich
Dessen glückliche Ankunft zu Breslau ersehen. Ich erwünschte, dass
ich Deroselben vollends hieherzukommen, die Sicherheit zu procuriren
vermöchte, muss aber bedauern, dass ich solche hier zu verschaffen
dermalen nicht weiss, glaube aber, wann der General von Wacker-
bart einen feindlichen Passe-port hat und zwei Stund weit von ihrer
Armee und Festung passiren würde, dass sich endlich die Passage
bewerken lassen dürfte. Womit etc.
241.
An den Grafen Wackerbart. Feldlager vor Lille,
3. October 1708 -).
Aus Dero vom 25. passato erfahre ich Dero glückliche Ankunft
zu Breslau und wünschte, dass Deroselben vollends hieher zu kommen,
die Sicherheit zu procuriren vermöchte, so ich von hier aus zu verhoffen
dermalen nicht weiss, glaube aber, wann Sie einen Passe-port vom
Feind haben und zwei Stund weit von ihrer Armee und Festung
passiren, dass endlich die Passage noch zu bewerken sein dürften
Womit etc.
') Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase, X. 5.
*) Kiipgs-A., liöniischf-s Roich 1708; Fase. X. 3.
269
242.
An den Grafen Georg- Adam Martinitz. Feldlager vor Lille,
3. October 1708').
Euer Excellenz sage schuldigen Dank vor die Nachricht, so
Dieselbe mir uutenu 19. passato des bewussten Briefes halber haben
geben wollen. Es ist nicht ohne, dass dieser durch die holländische
Post eingeloffen, worüber dann an seine Gchörde schreiben werde.
Inzwischen bin ich E. E. unendlich obligirt vor den Theil, so Sie an
diesen Vorgängen facto haben nehmen wollen, obwohlen ich nicht
glaube, dass Jemanden in der Welt zu einer so ärgerlichen That
Ursache gegeben habe. Womit etc.
243.
An den Freiherrn von Heems. Vor Ryssel, 6. October ITOS'*).
Ich sage Ihnen auf Dero vom 29. passato hiemit dienstlichen
Dank, dass Sie an meiner empfangenen Blessur theilnehmeu AvoUen.
Dass die Herren Staaten endlich dero in Catalonien stehenden
Truppen zu recrutiren resolvirt und wo nicht alle, wenigstens einen
guten Theil noch in diesem Monat dahin schicken werden, daran
geschieht eine gar gute Sache, inmassen Aveit besser Aväre, wann die
sämmtlichen allda stehenden Truppen in completen Stand gesetzt
Avürden, als Avann wiederum neue zum Succurs hineingeschickt werden
sollen ; Aveilen auf diesen letzteren Fall die Hülfe gleichAvohlen nie-
malen stärker oder grösser sein Avürde, als wann man nach meiner
Meinung die daselbstige Armada \^orgedachtermassen in ihrem com-
pleten Stand herstellete, zu geschweigen, auch andurch anderwärts an
denen heraussigen Kräften um so viel entgehen und man geschwächt,
mit der Zeit aber gleichwohlen keine Armee, sondern lauter P. P. (Prima
plana) darinnen haben würde. Welche meine Meinung Sie zu Ihrer
Direction nehmen und bei sich ereignenden Fällen hiernach rcguliren
könnten.
Dass von denen bewussten Geldern 82.000 fl. überwechselt und
mit dem Ueberrest eine gleiche Disposition Aorgekehrt werde, ist dem
gethanen Versprechen gemäss, nicht zweifelnd, Sie werden Ihresorts
nachdrücklich daran sein, damit es auch effectuirt Averde.
') Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. X. 4.
2) Kriegs-A., Spanieu 1708; Fase. X. 14.
270
8u ist nicht weniger gut, duas für die Cliiirpfälzischen eben in
wieilcrholteni Catalunicn üOO bis 700 Kecruten beisammen seien, um
gleicblalls in diesem Monat dahin transportirt zu werden; zu wünschen
wäre es aber, dass das völlige Quantum schon beisammen sein möchte,
dann den üeberrest von denen anderen in der Alliirten Dienst stehenden
churplalzischen Keginientern herauszuzielien , wird sich umsoweniger
thun lassen, als die bei der hiesigen Belagerung ohnedem viel gelitten
und mithin noch schwerer sein würde, nach Auszug sothaner Recruten
dieselben hinwiederum in Stand zu setzen.
Ueber dasjenige, wessen der Herr Raths-Pensionarius wegen
Augmentation und Uebernehmung eines Theiles der Unkosten des
hinein vermeinenden Succurses sich entschuldiget und es auf die Krone
England verschoben, wundere ich mich nicht, weilen man es mir auch
in meiner Anwesenheit im Haag zu vernehmen gegeben hat. Inzwischen
wird bei so beschaffenen Dingen freilich ersagte Krone England,
sonderheitlich des Transportes halber das Beste thun müssen.
Was sonsten dahier passirt und Avic weit man gekonnnen sei, das
zeigt der Anschluss, worauf ich mich beziehe und verbleibe etc.
244.
BericM an den Kaiser. Vor Ryssel, 7. October 1708').
Ich habe zwar geglaubt, Euer kaisei'L Majestät bei heutiger Post
mit etwas Mehrerem in aller Unterthänigkeit zu bedienen, weilen aber
wegen gestörter Commuuication und Unsicherheit der Strassen man
alles in Ziffer setzen niuss und damit nicht fertig werden konnte, so
schliesse E. k. M. allein meinen allergehorsamsten Tagzettel hiebei,
was seit meines Letzteren passirt ist, und thue mich annebens zu
Dero etc.
245.
An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 7. October 1708')-
Einem löbl. Mittel gebe auf beide Dessen unterm 17. und 19.
passato an mich erlassene Schreiben hiemit in Antwort, dass ich:
1, Den Vorschlag mit Einsetzung eines beständigen Comman-
dantens nacher Hermannstadt approbire, einfolglich der Herr GWM.
Baron S a 1 z e r dahin geschickt und annebst die erinnerte schriftliche
Verbescheidung für ilui ausgefertigt werd(!n könnte. Was aber sodann
*) Kriegs-A , Komisches h'eiili 17()S; Fa.sc X. 30.
«) Kriegs-A., Niefli-rlaiidc 17()S; Fase. X. 22.
271
das Coininaurlo zu Coinorn angeht, Hiide ich das Beste zw sein, an
dessen Stelle den Herrn Obristlieutenant Dominique allda an/Ai-
stellen; belangend aber
2. den erinnerten Couferenzschluss beider neu aufzurichten vor-
habenden Regimenter, berufe mich guten Theils auf dasjenige, was
ich Einem löbl. Mittel diesfalls erst mit jüngster Post geantwortet
habe und rücke dem noch weiters bei, wasgestalten es nicht allein
um die Quaestion zu thun sei, dass Ihre kaiserl. Majestät an Ihren
Waffenkräften nicht geschwächt werden sollte ; sondern es ist diese
Aufrichtung sothaner beider Regimenter eine tractirte und solcher-
gestalten geschlossene Sache, dass die Krone England auf diese Con-
dition allein die Ersetzungsgelder herzugeben, mit grosser Mühe und
Arbeit verleitet worden, solchemnach ein Wesen ist, welches absolute
dem Vergleich nach befolgt und nicht mehr umgestossen oder unbe-
wirkt gelassen werden kann, zu geschweigen, dass auch sothane Er-
setzung umso unumgänglicher wäre, als Ihre kaiserl. Majestät iiber
die Guido- und Osnabrück-, auch das Herbeville- und Reventlau'sche
Regiment in Spanien abgeschickt und jetzo wiederum das Wetzel'sche
Regiment hineingehen zu lasseu allergnädigst resolviret haben, und
solchergestalten Dero Kriegsstaat um fünf Regimenter, wann die
Ersetzung nicht geschehen sollte, verringern und einen merklichen
Fuss ihrer Kräfte verlieren würden.
Was sonsten in quaestione quomodo ratione der Stell- und Wer-
bung erwogen worden, es sei solche mit 20 Species-Reichsthaler, wo
nicht unmöglich, doch niemalen in Zeiten zu bewerken, da von andcr-
wärtigen Potenzen ohne Montur und Obergewehr fast so viel Haud-
als dieses Werbgeld abgereicht werde, ist man bei der diesfalls vor-
gewesten Conferenz in einem ganz irrigen Supposito, weil 40 fl. auf
den Mann ein Ehrliches, und gewisslich Niemand mehr an Werbgeld
passiren und bezahlen thut. Ich lasse wohl zu, dass jezuweilen denen
werbenden Oflicieren die Mannschaft höher zu stehen kommt, Aveil
die Leute beklemm und ein jedweder sich zu beschleunigen trachtet;
dieses aber ist der Obristen ihre Sorge, und sie werden schon wissen,
woher die Leute zu nehmen, da hiernächst auch, wie ich Einem löbl.
Mittel bereits erinnert, man daliin trachten müsse, dass in denen er-
richtenden Capitulationen man antrage, dass die Obriste dieser Regi-
menter ein oder andere Compagnieu gratis zu stellen hätten. Alle
diese Schwierigkeiten aber zu heben, wäre freilich der abgefasste
Gedanke der beste, wann man die vier fränkischen Bataillone zu diesem
Ende erhandelte, allermassen Einem löbl. Mittel hiervon vor einigen
Posttagen schon geschrieben und hiernächst auch beigerückt habe,
272
dass man mit denen beiden liiersciendcn würzburgischen Regimentern
Feclieubacli und Stein ein Gleiehmäösiges tentiren könnte, worauf ieh
mieh dann annoeh bezogen haben will.
Dass aber über alle obsteliende Difficultäten die löbl. Hofkammer
sieh erklärt, sie hätte für diese neuen Regimenter so wenig verläss-
lieheu Verlag, als für alle übrigen die hinlängliche Verpflegung er-
mangelt, ist leieht zu glauben, noch weniger aber sich darüber zu
verwundern, weil, wann sie nur könnte, oder es an ihro allein gelegen
wäre, dieselbe heute noch alle Regimenter abthun, oder ihnen nichts
geben würde. Gleichwie aber im offenen Krieg, und sonderlich bei den
jetzigen Conjuncturen, es nicht bei ihrem Arbitrio steht, ob der Kriegs-
staat vermindert oder vermehrt werden sollte, sondern das löbl. Mittel
dabei dasjenige zu thun hat, was man zu Ihro kaiserl. Majestät Dienst
beflndet und vorträglich zu sein erachtet, also wird auch Dasselbe an
dem Allerhöchsten Ort den allerimterthäuigsten Vortrag thun, damit
die Sache dieser zwei Regimenter, es mögen hernach neue errichtet
oder die specificirten alten erhandelt Averden, umso schleuniger ausge-
macht werden möchte, als ich fast alle Stund den AVechsel sothaner
Ersetzungsgelder gewärtig stehe.
AVas den Herrn GWM. von Wachten denk anbelangt, nach-
dem er im Felde zu dienen im Stande ist, so bleibt es auf diesen Fall
bei dem, was ich für ihn noch vorlängst geschrieben habe, zum Fall
man nicht etwa alte Regimenter in corpore erhandeln dürfte.
Wegen des Herrn Obristlieutenauts Dominique habe ich hier
oben schon geantwortet, dass ich meinesorts das Beste erachtete, den
Herrn GWM. Salz er nacher Hermannstadt und ihn nach Comorn zu
setzen ; was aber die von ihme hiernächst prätendirende Obristenstelle
und Gage angeht, weiss ich zwar wohl, dass er ein guter und lange
Jahre dienender Üfficier gewesen sei ; mir ist aber unbekannt, ob er
sich nicht etwa, da er sich verehelicht, geändert und durch seine Ehe-
Consortin verführt worden sei. Ich könnte aber, wann er nicht nacher
Comorn kommen sollte , in dieses sein Ansuchen des Avancement
mit der Gage nicht einrathen, sondern ich muss Einem löbl. j\littel
dagegen sagen, dass Selbiges keineswegs gestatten wolle, dass die Com-
mandanten der Plätze die Erhöhung der Gagen begehren und an-
suchen sollten, weil sodann bei denen hernachfolgenden Vacanzen die
Successores nicht desistiren und ein jeder die gleichmässige Augmen-
tation haben will, dadurch aber schädliche Consequenzen und Be-
schwernisse des Aerarii eingeführt werden.
Und weil wiederholter Herr Obristlieutenant auch hiernächst
anderweite In. stanz- gemacht, dass er wieder in's Feld zu einem
I
273
Rcft'iiiient gezogen werden möchte; so diene Einem löbl. Mittel ein- für
allemal zu dessen Direetion, dass derlei Ofticiers, welche die Feld-
dienste einmal quittirt, nicht mehr dazu gelassen werden, sondern in
denen ihnen verliehenen Posten verbleiben sollen.
Was übrigens der Herr Obrist Gyulai an mich geschricljen
und ich selbem geantwortet, zeigen die Anscldüsse'). Einem löbl. Mittel
ist vorhin bekannt, was für gute Dienste dieses Regiment bishero
geleistet und in was für einem tapferen Kern von guter Mannschaft
es bestehe. Solchemnach finde ich vorträglich, dass man nicht nur in
allweg trachten sollte, selbes mit Ungarn oder Croaten zu completiren,
sondern dass man auch hiernächst weiters reÜectiren möchte, ersagtes
Regiment, wie es gedachter Herr Obrist Gyulai ansucht und die
Officiers ohnedem schon vorhanden sind, auf 2000 Mann zu setzen,
Avomit, zum Fall man heute oder morgen gedenken würde, eine Anzahl
ungarischer Miliz zu errichten oder zu halten, man hierzu einen gar
guten Fuss an der Hand hätte. Womit etc.
246.
An den Obristen Grafen Franz Gyulai. Feldlager vor Lille,
7. October 1708^).
Aus des Herrn Obristens Beiden vom 28. August und 7. passato '')
sage in Antwort, dass, soviel die vacante Obristlieutenants-Stelle anbe-
langt, ich ersehen habe, was für drei Subjecta der Herr Obrist hierzu
hat proponiren wollen, und weil ich aber inzwischen den Herrn Obrist-
wachtmeister Suhajda bereits recommandirt, so bleibe auch annoch
dabei, dass dieser, in Ansehung, dass er ein bekannter wackerer und
braver Officier sei, hiezu avancirt werde; inmassen, was der Herr
Obrist wegen des deutschen Exerciren anzieht, dieser Difficultät durch
Anstellung eines guten Obristwachtmeisters dessen Thun es auch ist,
abgeholfen, sonsten aber, was die Oeconomie und die Aufrechthaltung
des Regiments belangt, der Herr Obrist von demselben niemalen so
weit entfernt sein Averde, dass nicht derselbe die Obsicht darob und
es in Stand erbalten könne. Auf des Herrn S u h a j d a erfolgtes
Avancement nun könnte alsdann der aggregirte Obristwachtmeister
Szekely in dessen Stelle eintreten.
Belangend die verlangte Recrutirung des Regiments mit Böhmen,
Mährern oder Schlesingern, weil erstlicheu dasselbe ein ungarisches
*) Siehe die folgende Nuuimer.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 22a.
») Ki-iegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. ad 22.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band. Sui)i)lemeiit-llet't. lo
274
Regiment ist und verbleiben muss, sonsten aber die Leute so beklemm,
dass man aus diesen Ländern für die deutschen Regimenter die benü-
tliigte Mannschaft kaum aufzubringen vermag, als kann man dem
Herrn Obristen aus beiden vorangefiilirten Ursachen hierinnen umso
weniger willfahren, und würde solchemnach ersagtes Regiment oder
mit Ungarn, oder mit Croaten recrutirt werden müssen. Worüber an
Einen löbl. kaiserlichen Hofkriegsrath unter einsten schreibe, damit
ein Modus ausfindig gemacht werden möchte, wie sothane Recruten
zu verschaffen seien.
Wegen Stellung mehrwiederholten Regimentes auf 14 Compagnien,
wird man, wann das Regiment erstlich auf seinen jetzigen Fuss com-
pletirt sein wird, darauf reflectiren und unter einsten sehen, was wegen
Errichtung der verlangten Grenadier-Compagnie gleichfalls zu thun
sein werde. Womit etc.
247.
An den Fürsten Anton Florian von Liechtenstein. Vor Ryssel,
7. October 1708 M.
Nachdem ich von Euer Liebden eine geraume Zeit nichts ge-
sehen, auch von Ihro königl. katholischen Majestät keine allergnädigste
Befehle erhalten und mir weder der Stanhope'sche Secretarius, noch
der Marchese Solares was mitgebracht haben, so empfange ich end-
lich Euer Liebden hochschätzbare Zeilen vom 25. Augusti; das vom
5, detto und auch dasjenige Allerhöchste Handschreiben aber, worauf
Sie sich beziehen, sind mir nicht eingeloffen.
Aus dem Obigen ersehe ich mit Vergnügen, dass Euer Liebden
drei der Meinigen accusiren, nicht zweifelnd, dass auch inzwischen all'
meine übrigen von Zeit zu Zeit abgeschickten Briefe und posttäglich
ablaufenden Dienst -Zettel Ihro königh Majestät sowohl, als Euer
Liebden gleichmässig zu sicheren Händen werden gekommen sein.
Ich erstatte Euer Liebden den dienstschuldigen Dank vor den
Theil, so Sie an der glücklichen Bataille von Oudenarde nehmen und
mir mit so grossen Expressionen dazu gratuliren wollen, und erfreue
mich mit Euer Liebden wegen Eroberung Sardegna mit eben solcher
Vergnügenheit, als meine gegen Ihro königl. Majestät bis in's Grab
tragende unveränderliche Devotion es an sich selbsten erfordern will.
Bei diesem so glücklichen Erfolg nun stimme ich mit des von
S t a n h o p e gethanem Vorschlag überein, dass das Beste wäre, den
') Kriega-A., Spanien 1708; Fase. X. 17.
275
Porto Maonc (Mahon) g-lcicliniüösig zu rcduciron, uin die See Potenzen
audiirch zu üeberwinterung einer Esquadra umsoniehr zu vermögen.
Was übrigens den darinnigen Zustand der Saehen Ijetrifft, weilen
die Posten uusieher und mithin die Briefe leiclitlieh verloren gehen
können, so habe ich an Ihro königl. katholische Majestät mit Annec-
tirung meiner allerunterthänigsten Meinung eine weitläufige allerunter-
thänigste Relation abgefasst und selbe in Ziffer setzen lassen, aus welcher,
gleich ich mich darauf gänzlich beziehe, Euer Liebdcn Ein- und
Anderes des Mehreren vernehmen werden. Womit etc.
248.
An den Grafen Tarini. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 ';.
Monsieur,
J'ai recu les votres du 12 et 15 du mois passe, et je vous suis
infiniment oblige d'avoir voulu prendre part de la lettre envenimee.
Quant au Prince Emanuel, il n'y n'est pas ädouter que l'Empereur
ne Taccommodera dans ses Services, selon sa parole Imperiale et la
resolution prise lä-dessus, mais il y faut aussi de l'occasion, ainsi
s'attendre ä quoi je contribuerai de ma part tout ce qui depend de moi.
Je savais deja ce que vous me marquez du gouvernement de
Milan, n'ayant jamais songe de la garder; en attendant vous auriez
bien pu concerter cette affaire-lä avec le comte Wratislaw si bien
qu'avec moi.
Au reste je suis fache que vous vous trouvez incommodc de la
goutte et en vous souhaitant bientöt votre restitution, je suis etc.
249.
An den französischen Obersten und Commandanten zu
Betbune, Chevalier de Giraud. Feldlager vor Lille, 7. Oc-
tober 1708 0-
J'ai i-ecu votre lettre du 5™® de ce mois; j'ai fait d'abord exa-
miner l'affaire dont je vous envoie la ci-jointe Information, ce que
l'officier j signe prend sur son honneur. Ce n'est pas ni mon Intention,
ni la maniere, Monsieur, de traiter les gens avec la derniere inhumanite
daus notre armee si bien que dans des autres, etant etc.
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 13.
2) Kricgs-A., Komisches Reich 1708; Fase. X. 19.
18*
276
250.
An den Herrn Charrier. Vor Ryssel, 7. October 1708 ').
Dans le temps qiie vous aurez re9u ma reponse sur vos lettres
precedentes, je viens h recevoir aussi la vötre du 12 du mois passe,
nie remettaiit sur ma dite reponse poui* ce qui regarde l'anticipation
des 45.000 Louis et votre rembourse par des assignations sur la diaria.
Je me rejouis de vous avoir obtenu les ferraes du datio '^), ne
doutant pas que vous aurez tout le soin pour reformer les aLus, sur
quoi i'ai aussi fait ecrire ä Mr. le President Clerici.
Quant u la munition du pain, vous n'avez que vous adresser a
Mons. le Baron Martini, a qui j'ecris par cette poste d'en avoir une
reflexion toute particuliere pour votre personne, et je suis ....
251.
An den Grafen Franz Ehrenreich Trauttmansdorff. Feldlager
vor Lille, 7. October 1708 =M.
Ich sage Euer Excellenz hiemit dienstlichen Dank für dasjenige,
was Sie in Dero Schreiben unterm 19. passato erinnern wollen. Was
nun die französischen Machinationen betrifft, wüsste ich nicht, Avas
diese Krone dermalen für grosse Werke unter Händen haben sollte;
gut wäre es jedoch, wann man hievon Einiges leicht haben konnte,
und wollte ich solchemnach E. E. hiemit ersucht haben, wann Ihnen
hievon etwas Mehreres kund werden sollte, mir es zu communiciren.
Belangend die in päpstlichen Dienst gehenden Deserteurs habe
ich Ihnen jüngst schon geantwortet, dass es schwer zu impediren sei,
dass nicht von hier aus einige dahin abgehen thun, und im Uebrigen
wollte ich Ihnen meinesorts in allweg beizutragen suchen, damit denen
bewussten schweizerischen Officieren die Licenz auf Parola nacher
Haus zu gehen, ertheilt werden möchte. Ich muss Ihnen aber hierüber
unverhalten, dass auf Seite der Alliirten derlei Willfahren und alle
Auswechslung mit dem Feind aufgebebt worden, weilen dieser hier-
innen gebrochen und viele seiner Officiers, denen man auf Parola
zurückerlaubt, ihren ausgesetzten Termin nicht halten und zurück-
kommen thun.
•) Kriegs-A., Italieu 17Ü8; Fase. X. Ki.
*) Verzeliruiigssteuer- Pacht (ital. daziu).
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 1 i.
277
Was sonsten daiiier pnssirt, und wie weit rann gekommen sei,
das zeio:t der Anschluss, worauf ich mich beziehe und verbleibe etc.
252.
An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager vor Lille,
7. October 1708 ').
Ich sehe aus des Herrn Ilofkriegsraths vom 19. passato aberraalen,
dass immer mehr erfolge, was ich gleich nach der glücklichen Action
mit den Rebellen vorgesagt und befürchtet habe ; dannenhero dann
hiemit nochmalen repetire, dass bei so beschaffenen Dingen nien)alen
was Gutes zu hoffen sein werde, wann man nicht durch expressen
kaiserlichen allergnädigsten Befehl dem Herrn General Heister klar
und positive vorschreiben wird, was er zu operiren und zu unter-
nehmen habe, und ist nur zu bedauern, dass mit seinem Herumlaufen,
wie er jetzo gethan, die beste Zeit verloren gangen, ohne dass derselbe
eine Operation, wie er wohl gekonnt, unternommen hätte.
Ich sorge daher nicht unbillig, dass bei nun bevorstehender übler
Saison auch nichts mehr zu thun sein und Alles auf die deutschen
Erbländer zurückfallen werde.
Dass solchemnach Ein löbl. Mittel Ihro kaiserl. Majestät die
Nothdurft hierüber mit allem Nachdruck remonstrire und, wie oben
gedacht, dahin antragen wolle, auf dass derlei positive Ordres ohne
weiteren Anstand erfolge und dariimen augemerkt werde, was er für
seine Person zu thun und hingegen durch andere Generales exequiren
lassen sollte. Widrigenfalls würde das Herumlaufen mit der Cavallerie
niemalen sich enden und ohne was zu operiren, dieselbe ruinirt werden;
womit sodann freilich das Hauptwerk niemalen gerichtet sein und
dieses Jahr, ungeachtet man alle Vortheile gehabt, nicht besser als
die vorigen ergehen würde.
253.
An den Hofkriegsrath Locher. Feldlager vor Lille,
7. October 1708 0-
Der Herr Hofkriegsrath hat auf Seines vom 19. passato hiemit
in Antwort, dass, soviel die Zurückfertigung des Herrn Generals Thür-
heim und die anderen hiernächst gegebenen Nachrichten betreffen,
*) Krieo:s-A., Ungarn 1708; Fase. X. 7.
2) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 15.
278
es dabei sein gutes Bewenden Labe. Bei dem verwirrten Zustand in
Ungarn aber sehe ich, dass immor mehr erfolge, was ich gleich nach
der glücklichen Action (Fortsetzung wie in Nr. 252, Seite 277, Zeile 3 v. o.
liis zum Schlüsse des Sclireibeiis).
Sonsten beruht dasjenige, was mir der Herr Hofkriegsrath von
dem päpstlichen Unwesen meldet, auf sich; dann, da ich mich darein
zu mischen nicht gedenke, weiss ich auch Demselben nichts Anderes
darauf zu sagen, als dass zuweilen eine Sache Aveit geschwinder ange-
fangen, als ausgeführt sei.
Die Nouvellen aus Spanien wegen Sardegna und sonsten, sind
mir auch von anderwärtsher dahier eingeloffen.
Wider die angesuchte Licenz des Herrn Feldmarschall Grafen
von Dann finde zwar auch ich kein sonderliches Bedenken; ich habe
aber dabei zu sagen, dass zwar die Gedanken, so man diesfalls auf den
Herrn Grafen Rabutin hat, nicht zu verwerfen seien; er könnte aber
diesem Commando, wie der Herr Hofkriegsrath meldet, nicht substituirt
werden, weilen, wann er einmal hineingegangen und angestellt ist, er
auch darinnen würde verbleiben müssen, zumalen derselbe als älterer
Feldmarschall einem jüngeren nur ad tempus nicht substituirt sein
kann. "Wann man aber auch diesen nicht hineinnehmen sollte, wäre
gar leicht einen zu substituiren, inmassen bei Herauskunft wiederholtes
Herrn Feldmarschalls man es solchergestalten observiren und halten
lassen könnte, dass ein jedweder der darinnigen subalternen Generales
in seinem District comraandiren, die untereinander sich allezeit wohl
vernehmen und wie vorhin , also auch in Abwesenheit ihm, Herrn
Feldmarschall Grafen von Dann, allezeit angewiesen verbleiben sollten.
254.
An Herrn Mayer. Feldlager vor Lille, 7. October 1708 ').
Dass ich des Herrn Agenten bis den 19. passato inclusive an
mich eingeschickte Nouvellen wohl behändigt habe, berichte Dem-
selben hiemit und bedanke mich zugleich für diese so punctuale Conti-
nuatioD, also nicht zweifelnd. Derselbe werde mich noch weiters wie
bishero, auch fernerhin damit beehren, allermassen auch ich dagegen
nicht unterlassen werde. Demselben zu seiner bewussten Prätension
zu verhelfen. Der Herr Agent wird aber auch wissen, dass man es
nicht allezeit, wie man will, bewerken kann, inmassen es hiezu-
') Krieps-A., Nieflerlande 1708; Fase. X. 23.
279
weilen an Mitteln gebrächet. (Der weitere Text dieses Briefes stimmt fast wört-
lich mit dem folgenden Schreilien Nr. 255, von Zeile 11 v. ii. bis zum Sclilu.sse,
übereiii.)
255.
An den G. d. C. Grafen Johann Pälfiy. Feldlager vor Lille,
7. October 1708')-
Euer Excellenz sage hicmit schuldigen Dank, dass Sie durch
Dero unterm 12. passato an mich Erlassenes mir die völlige Disposition
bei Dero unterhabenden löbl. Regiment zu überlassen belieben wollen,
Dieselbe versichernd, dass, was ich zu Behuf und Conservation, auch
Erhaltung desselben meinesorts dagegen beitragen kann, niemalen
ermangeln werde.
Mir ist nicht wenig leid, dass bei der erinnerten Beschaffenheit
die meisten Truppen in einer Inactiou stehen bleiben und man von
dem erhaltenen so stattlichen Streich und der Kebellen Consternation
nicht besser profitire. Wann man aber die Sachen nicht anders nehmen
will, so kann man auch niemalen was Gutes efFectuiren, und ich besorge
nur, dass bei schon so weit avancirter Zeit man nicht einmal wissen
wird, die Regimenter unter Dach zu bringen, einfolglich dieselben
nicht ohne Confusion und grosse Beschwerlichkeit auf die deutschen
Erblande werden zurückfallen müssen.
Uebrigens habe ich Ihnen jüngst schon erinnert, dass alle guten
Vorhaben sich zerschlagen und man dadurch Trauen und Glauben
verlieren werde, wann man, was man in höchster Stille und geheim
tractiren solle, in öffentlichen Zeitungen in Druck ausgehen lasset.
Schliesslich ist man mit hiesiger Belagerung so weit avancirt,
dass man an unserem Attaque von der völligen Tenaille, dem Ravelin
und der Contrescarpe, bis auf zwei Places d'armes, rechts und links
darinnen völlig Meister und nun an dem beschäftigt ist, gegen die
Haupt-Breche au corps de la place den Graben auszufüttern.
Sonsten aber ist von der feindlichen Armee nichts anderes
Veränderliches, als dass der Feind gegen Gent und Brügge immer
mehrere Truppen abschicke und jüngsthin dem General - Lieutenant
Lamothe, als er unseren Convoi von Ostende verhindern wollte,
ungeachtet derselbe an Truppen weit stärker war, ein guter Streich
versetzt worden sei. Womit etc.
') Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. X. 8.
280
256.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Vor Ryssel,
7. October 1708').
Des Herrn General- Wachtmeisters und ( )brist-Kriegscommissärs
nnterni 12. passato an mich Erlassenes habe wohl erhalten und hat
es bei dem, was Derselbe über Ein- und Anderes mir nachrichtlich
erinnert, sein gutes Bewenden.
Wegen der letzten Charrierischen Anticipation berufe ich mich
auf mein jüngst über diesen Punct Abgelassenes, woraus das Mehrere
zu ersehen gewesen sein wird. Inzwischen sehe gern, wann der Herr
General-Wachtmeister und Obrist-Kriegscommisär den Benedetto
Magni richtig bezahlen wird.
Des von dem parmesanischen Clero rückstehenden Ausstands
halber wird sich Derselbe nach der vom Hofe einschickenden Ordre
dirigiren.
In Sachen der Virgilianischen Expedition habe bereits vorhin
dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär über-
schrieben, dass ich dessentwegen an den kaiserlichen Hof das Weitere
erinnere.
Der Herr GWM. Graf Brenner ist zwar zu Brüssel angelangt,
hat aber, wegen gesperrter Communication vom Feind, nicht anher
kommen können.
Sonsten wird sich der Herr General-Wachtmeister und Obrist-
Kriegscommissär mit dem Herrn Feldmarschall Grafen Guido von
Starhemberg verstehen und das AVeitere mir anhero erinnern,
was für eines Sentiments Derselbe wegen künftiger Ueberschiffung
der Recruten sei, um sich in denen hierseitigen Dispositionen darnach
richten zu können.
Der Stato di Milano hat die Compensation der subministrirten
Wägen und Schiffe verlangt. Wann nun dieses an sich selbsten billig,
als wird der Herr General -Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär
hierin auch das Weitere zu verfügen wissen.
Im Uebrigen sehe ich gern, dass der C harrier mit seiner Com-
pagnie in der Brod-Impresa continuirte, dergestalt jedoch, dass die
Capitulation sowohl zu Behuf der Armee, als des kaiserl. Interesse
avantageuse sei. Womit etc.
♦) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 12.
281
267.
Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 10. October 1708 *).
Euer kaiserl. Majestät habe ich zwar unterm ItJ. September
allergehorsamst erinnert, wie es schon an der Zeit wäre, sowohl dahier
als anderwärts auf die Ueberwinterung Deru Kriegsvolks zu gedenken,
dass man aber respectu der hiesigen, ungeachtet ich schon ein und
das andere Mal davon zu reden angefangen, bis nicht der Feldzug
geendet sei, auch nicht wohl was Yerlässliches sagen oder ausmachen
könnte. Nachdem aber die hiesige Belagerung sich viel weiter hinaus-
zieht, als man anfänglich geglaubt hat, solchergestalten aber auch
durch das hiesige lange Stillliegen und die Fouragirung das herum-
seiende Land und Frontiere gänzlich ausgefressen und consurairt sind,
einfolglich kein Anschein ist, dass die Regimenter in diesem Revier
herum stehen bleiben und subsistiren könnten, hingegen aber ander-
wärts wenig Ort und Gelegenheit hiezu zu finden; ja wann schon
etwo zur Logirung ein Anschein wäre, so würde es doch an der
Verpflegung fehlen, da man uns den geringsten Genuss nicht lassen
würde und die Geldmittel aber aus Deutschland herein zu verschaffen,
da die Verpflegung ob des allzu hoch angestiegenen pretium rerum
über den ordinari reglementmässigen Auswurf erhöht, auch wegen der
Münz-Differenz viel verloren werden müsste, würde sich auf ein sehr
Hohes hinausbelaufen, und solchemnach allein übrig sein, dass mau
auf anderweite Auskunft gedenkete und sehe, wie die Truppen, soviel
möglich, in der Nähe beibehalten, der weite Zurückmarsch vermieden
und mithin die Regimenter vor Ruin errettet, sodann aber mit mög-
lichster Ersparniss und Wirthschaft des Aerarii logirt werden; als
habe bei diesen angezogeneu Umständen für E. k. M. Dienst zu sein
erachtet, mich hierüber mit Dero Generalen der Cavallerie und General-
Kriegs-Commissario Grafen Schlik zu vernehmen und Mittel und
Gelegenheit auszusinnen, wie etwo sothane Logirung bewerkt, zugleich
auch die Verpflegung erzeugt werden möchte. Hierzu nun hat man
die Hildesheim'-, Cöln'- und Lüttich'sche Lande in Vorschlag gebracht,
die Sache pro et contra fundamentaliter examiuirt und dabei befunden,
dass es
1. bei Hildesheim sich gleich in principio stecke, weilen mit
diesem Stift ein Tractat gemacht und vorhanden sein solle, wiewohlen
man nicht weiss, wie dieser beschaffen und wie weit derselbe etwo
hinausgehe. Solchemnach gedenkt mau zwar nicht, einen Anlass an
*) Kriegs-A., Niederlaude 1708; Fase. X.
2G.
909
die Ilaud zu geben, denselben unizustossen, man wollte aber sich
auch nicht gern eine Verantwortung auf den Hals laden, wann die
Truppen zu E. k. M. höchstem Schaden zu Grunde gehen und man
dabei zusehen und die Hand in Sack stecken sollte. Gleichwie
aber die raison de guerre und die Veränderung der Conjuneturen
auch jezuweilen pacta et tractata mutiren, da die Noth kein Gesetz
leidet; also war man der allerunterthänigsten Meinung, dass es vielleicht
sein könnte, dass man mit ersagtem Stift in eine Handlung kommen
und gegen Uebernehmung der Winterquartiere eine anderwärtige
Ersetzung promittiren und geben könnte, wiewohlen man allerunter-
thänigst glaubete, dass man, soviel das mensa episcopalis austraget,
die Logirung zu begehren ohnedem befugt und dahin zwei Regimenter
einzuquartieren seien.
2. Hat es mit dem Cölnischen eine gleiche Beschaffenheit, weilen
auch zwischen diesem Stift und dem König in Preussen ein mit den
Alliirten unter der Hand concertirter Tractat ebenmässig errichtet
ist. Ich meines allerunterthänigsten Orts sowohl, als vorgemeldter
General - Kriegscommissarius Graf S c h 1 i k haben denselben nicht
gesehen, wissen auch allergehorsamst nicht, ob vorgesagter Tractat
mit E. k. M. allergnädigster Genehmhaltung vorhero oder nachgehends
geschehen sei, wäre also nöthig, dass man hievon die schleunigste Com-
munication haben möchte; dann wann man in diesen Landen sich end-
lich logiren und die preussischen Truppen besser hinunter drücken
könnte, so bliebe erst daselbsten das obere Westphalen, das ist Stehlings-
hausen und Arnsberg, zu Statten, worin man nebst einem Regiment
zu Fuss auch den Generalstab bequartieren könnte.
Es ist hiernächst bekannt, dass zwischen der Stadt Cöln und
ersagtem König in Preussen ratione des exercitii religionis einige
Differenzen obschweben ; vielleicht dürfte es sein, dass sie von E. k. M.
gern einige Truppen haben möchten, man müsste aber die Sache
solchergestalten menagiren, dass sie es, nachdem dieselbe eine Reichs-
Stadt, Selbsten an E. k. M. begehrete; auf welchen Fall etwas an
Infanterie hineinzulegen, von ihre, der Stadt, aber, als welche be-
kanntermassen sehr reich und vermöglich ist, zum Unterhalt des
hineinlegenden Fussvolkes der gute Willen beizutragen wäre.
3. Kann man ratione des Lüttichischen positive darum nichts
anziehen, weilen es von dem dependirt, wie weit man mit denen Staaten
diesfalls zurechtkommen und was sie uns etwo in diesem Land gut-
willig einstehen und überlassen möchten. Man ist ebenfalls auf die
Gedanken gefallen, wann die Franzosen Gent und Brügge behaltetcn
und man in dem Land von Waas eine Postirung formiren müsste.
283
claös man tlaliin einen Tlieil von E. k. M. Truppen hiezu nehmen und
allda unterbringen könnte, wann vorgedaehte vStaaten eine Zubusse
zu deren Verpflegung beitrageten. Es hat aber ebenfalls die Beschaflfen-
heit, wie mit dem Lüttichischen, und hanget ob dem, dass man mit
ihnen hierüber rede und nach denen sich hiezu äussernden Conjunc-
turen das Weitere abgleiche.
So ist auch eine Frage, ob man nicht von dem auf Kaiserswerth
geschlagenen Sequester profitiren und dahin ein Regiment zu Fuss oder
zwei Bataillone verlegen und die Einkünfte vorbesagten Sequesters
hiezu verwenden dürfte; worüber E. k. M. allergnädigster weiterer
Befehl zu erwarten steht, welche, wann Sie unter einsten auch aller-
gnädigst erlauben möchten, das Land Limburg, zum Fall es vonnöthen,
zu logiren ; so wollte ich Dieselbe hiemit in aller Unterthänigkeit
belangt haben, hierüber die schriftliche Vollmacht in Allerhöchsten
Gnaden unverlangt einzuschicken und nicht weniger Dero weiteren
allergnädigsten Befehl durch einen eigenen Courier mir zukommen zu
lassen, wie man sich der bevorstehenden Winterquartiere halber zu
verhalten und was Sie über diese allerunterthänigsten und nnvor-
greiflichsten Gedanken allergnädigst anzubefehlen geruhen wollen; auf
welchen Fall mir unter einston die positive Gewalt überlassen werden
raüsste, mit Beiziehung Dero kaiserlichen Kriegs-Commissariats die
Logirung einzurichten und unter einsten auszuwerfen, wie nach dieser
Landen Beschaffenheit Ein- und Anderes sollte taxirt und die Ver-
pflegung eingerichtet werden. Zu gleicher Zeit aber wollte ich auch
die erforderlichen Requisitoriales und andere zur Einrichtung der Quar-
tiere nöthigen Behelfe erwarten, damit man ungehindert vor sich gehen
und das Werk nicht stecken und erliegen bleiben möchte, wann man
bei so weitem Weg mit Hin- und Hei'schreiben die Zeit verlieren müsste.
Sollten E. k. M. alles dieses allergnädigst genehm halten und
approbiren, so wäre gleichwohlen eine unumgängliche Nothwendigkeit,
dass Sie allergnädigst anbefehlen wollten, in der General-Repartition
300.000 fl. im Königreich Böheim und andere 300.000 fl. in Bayern
vorbehalten und in Zeiten versichern zu lassen, damit die Regimenter
vollständig bezahlt werden , einfolglich ihre Wirthschaften darnach
anstellen und sich die nöthige Montirung verschaffen könnten; wie
aber oben allergehorsamst schon gedacht, so müssten diese Summen
in beiden Ländern zeitlich in ihre Richtigkeit gestellt sein, widrigen-
falls die Regimenter ohne Montur und im künftigen Sommer ohne
Subsistenz sein würden.
So wären auch hiernächst in vorgedachtem Königreich Böheim
1200 Rimonta-Pferde, und zwar die Halbscheid in Cürassier- und
284
die Halbscheid in Dragoner-Pfei'den für die hiesige Cavallerie zu
assigniren.
Wann nun nach E. k. M. erfolgter allergnädigster Ratification
diese Gedanken in's Werk gesetzt, auch die von draussen herein
begehrte Geldsumnia der (500.000 fl. verwilligt würde, so glaubete ich,
dass kein Zweifel sei, sodann die Truppen über Winter zu erhalten
und vielleicht auch auf einen Theil des künftigen Sommers. Sollte es
aber obstacula geben und die Geldsummen in Böheim und Bayern
nicht erfolgen, so wäre es auch unmöglich, dass die Regimenter hier
bleiben könnten, und in diesem casum würden E. k M. allerguädigst
geruhen, mir anzubefehlen, wo sie sonsten hingehen sollten. Es möchte
aber sodann der Marsch in was für ein Land er wolle dirigirt werden,
so ist es gewiss, dass die Truppen weit mehr Schaden und Ruin leiden
würden, als die von draussen herein verlangten 600.000 fl. betragen.
Uebrigens will auch eine Nothwendigkeit sein, dass der Bischof
zu Würzburg ohne weiteren Zeitverlust erinnert werde, was derselbe
wegen des Unterhalt beider seiner hiesigen Regimenter zu Fuss zu
disponiren gedenke, so er bishcro ziemlich schlecht gethan und nicht
Einmal recrutirt hat. Mir aber fallet dabei zu wissen nöthig, ob der mit
ihm errichtete Tractat noch weiters fortgehen oder exspiriren werde.
Weilen schliesslichen die Cassamittel völlig zusammengangen und
man mithin genöthigt war, Mittel aufzusuchen, wo man konnte, so hatte
mich unterstanden, in copia beigehendes Schreiben ^) an das Capitel
zu Hildesheim abgehen zu lassen, zumalen da Dero General-Kriegs-
Commissarius Graf Schlik von Wien Brief erhalten, dass es auf
eben diese Weise an E. k. M. Hof also einverstanden sei, allerge-
horsamst nicht zweifelnd, E. k. M. werden es allerguädigst genehm
und mir in keinen Ungnaden aufnehmen. Womit etc.
258.
An das Dom-Capitel zu Hildesheim. Vor Ryssel,
10. October 1708^).
Nachdem mir von dem kaiserlichen Hof eine Anweisung auf
diejenigen 50.000 fl. zugeschickt worden, wegen welcher man sich
mit Deren allda befindlichen Abgeordneten pro mensa episcopali ver-
standen hatte, um dieselben durch das kaiserliche General - Kriegs-
Commissariat abzufordern und zu denen hiesigen des gemeinen Wesens
Bestem so nützlichen Kriegsoperationen zu verwenden; da wegen der
') Siebe das nächste Schreiben Nr. 258.
«) Kriefrs-A., Niorlerlan<le 1708; Fase. X. 28.
285
andcron bewusstcn 50.000 fl., so man von Seiten Ihro kaiserl. Majestät
des, dem in Italien gestandenen Regiment vorgeseliossenen Genusses
halber zu fordern hat, die Sache bis weiter in suspenso gelassen
worden ist, weilen dieser Punct annoeh nicht vciilig ausgeglichen war;
als habe ich auch zufolge obg(;melter mir zugekomnu'uor Assigiiation
dem kaiserlichen Geueral-Kriegs-Commissariat die Verordnung ertheilt,
dass es zu diesem Ende einen Feldkriegs-ZahlamtsÜfficier zu meinen
insonders geehrten und freundlich geliebten Herren abschicken sollte,
welcher sothane 50.000 Ü. pro mensa episcopali erhebe und dafür
gebührend quittire.
Ersuche solchemnach meine p. t. Herren, Sie wollen belieben,
über das bereits ohnedem schon geraume Zuwarten den Erlag öfters-
berührter Summa an Ueberlieferer dieses ohnewcitcrs tliun zu lassen,
damit man bei längerer Verzögerung auch diesseits mit dieser gleich-
wohlen ziemlich moderirten Summa sich nicht vergnügen zu lassen
keine Ursache haben möge. Womit etc.
259.
Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 14. Oetober 1708 *).
Nachdem der Feind die vorletztere von hier abgeloffene Post
aufgehalten und alle Briefe eröffnet hat, ich auch dato nicht weiss, ob
es nicht mit der letzteren gleichmässig ergangen sein möchte, so habe
für nöthig erachtet. Euer kaiserl. Majestät hiemit per duplicatum
allergehorsamst anzuschliessen, was an Dieselbe ich damalcn in Ziffern
allerunterthänigst erlassen habe -), Dero ich hiernächst mein gewöhn-
liches Tagzettel weiters allergehorsamst anlege und mich im Uebrigen etc.
260.
Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 14. October 1708 '*).
Aus Euer kaiserl. Majestät unterm 23. passato an mich erlassenem
allergnädigstem Handschreiben hatte ich in aller Unterthäuigkeit er-
sehen, was Sie mir wegen Ueberwinterung einer Squadra Kriegsschiffe
und Werkstelligmachung des Stauhope'scheu Projects allergnädigst
haben aufgeben wollen, und ich werde diesemnach allergehorsamst
nicht ermangeln, hierüber vornehmlich mit dem Mylord Duc de Marl-
borough zu reden und ihm nebst der zu hoffen stehenden Eroberung
*) Kriegs-A., Römisches KeLcli 1708; Fase. X. 32.
^) In den Acten nicht vorhanden.
3) Kriegs-A., "Niederlande 1708; Fase. X. 33.
286
des Porto Maone auch weitei's vorzustellen, Avie er mir diesfalls seine
Parola bereits gegeben hätte, der allerunterthäuigsten Hoffnung lebend,
dass die Königin von England bei glüeklich erfolgter Eroberung vor-
gedaehten Meerhafens hiezu Ihre Einwilligung nicht abschlagen werde,
da zuvörderst von Seiten der Holländer noch vorhin keine grossen
kSchwierigkeiten zu diesem Werk gemacht worden seien.
Was aber das Stanhope'sche Project belangt, berufe ich mich
auf dasjenige, so E. k. M. erst nächsthin neben Anderem auch dessent-
halben allergehorsamst angezogen habe.
261.
An den Hofkriegsrath. Feldlag:er vor Lille, 14. October 1708 *).
Nachdem der Feind eine von den letzteren Posten zurückbe-
halten und eröffnet, so getraue mich nicht, mit Gegenwärtigem Einem
löbl. Mittel etwas zu schreiben, sondern remittire mich auf das, was
bei letzterer Post an Ihre kaiserl. Majestät in Ziffern erlassen und
anheute per duplicatum repetire, Demselben anbei per extractum com-
niuuicirend, was der Herr General-FML. Graf Königs egg an mich
berichtet hat, auf dass Ein löbl. Mittel hierauf refiectiren und das
Weitere an seine Gehörde verfügen wollte, was Dasselbe zu Herrn-
dienst zu sein befinden wird.
Der Herr General-Adjutant Marquis P a n c a 1 i e r, ein Sohn vom
Marquis Prie bittet um die wirkliche Gage. Es sind, wie ich glaube,
deren eine oder zwei vacant, und da ersagter Marquis Pancalier
schon ein oder zwei Jahre ohne Genuss dient, so ist eine an sich
selbst billige Sache, dass er auch die Gage habe. Ein löbl. Mittel
wolle solchemnach belieben, hierüber das behörige Referat Ihre kaiserl.
Majestät in aller Unterthänigkeit hinaufzugeben.
Schliesslich hat der Herr Obrist von Bartels gebeten, dass man
ihm, weilen der Herr General Lapazeck von Eger abberufen worden
sei, anstatt seiner dahin setzen möchte, da er ohnedem die Gage als
Obrister habe und mithin kein neues Onus machet. Wie ich aber
nicht weiss, was es mit ersagtem Commando eigentlich für eine Be-
schaffenheit habe, so wolle mich Ein löbl. Mittel hierüber berichten;
im Uebrigen aber wäre ersagter Herr Obrist in solche Consideration zu
nehmen, dass, wann man ihm hierinfalls nicht helfen könnte, man selben
ad notam nehme, um seiner bei anständiger Apertur zu gedenken.
Was sonsten dahier passirt, zeigt der Anschluss, auf den mich
berufe.
•) Kriegs-A., Nie^lerlaiuU; 170,S; Fase. X. 34.
287
262.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlag-er vor Lille,
14. October 1708')-
Was mir der Herr General - Wachtmeister und Obrist - Kriegs-
commissarius unterm 19. passato abermalen wegen der Diaria und
denen königlichen Kammer-Gefällen geschrieben hat, da habe ich jüngst
schon erinnert, dass ich dessentwegen in nachdrücklichen Terminis
an Ihro königl. katholische Majestät die Nothdurft remonstrirt hätte,
und ich würde zwar diesfalls an mir nichts erwinden lassen, ich
kann aber gleichwohlen nicht wissen, was etwa in specie der Cameral-
Gefälle halber Ihre königl. katholische Majestät allergnädigst resol-
viren möchten. Inzwischen kann mau diesfalls nach dem alten Fuss
sich dirigiren, solange nicht wirklich was in contrarium einlaufen
möchte, wobei dann der Herr General-Wachtmeister und Obrist-Kricffs-
commissarius gar wohl gethan, hierüber etwas weitläufiger an den
Herrn Grafen von W r a t i s 1 a w zu schreiben.
Was mir der Herr General Wachtmeister und Obrist-Kriesrs-
commissarius sonsten wegen des päpstlichen Unwesens meldet, und
dass hiezu Mittel vonnöthen seien, will ich nicht in Abrede stellen,
dass es anfänglich Geld kosten werde; es ist aber auch zu hoffen,
wann man einmal mit mehr Truppen in das Päpstliche eingerückt
und Quartiere genommen hat, dass mau hiervon merklich wird pro-
fitiren können.
Im Uebrigen wolle der Herr General- Wachtmeister und Obrist-
Kriegscommissarius, nachdem das Huszaren-Regiment mit dahin mar-
schirt, gedacht sein, dass dasselbe, da sich der Herr Graf Csaky
über dessen Nothstand sehr beklagt, wieder in Stand gebracht werde
und zu dessen Recrut- und Rimontirung etwas an Geld bekommen
möge. Womit etc.
263.
An den Churfürsten von Hannover. Feldlag-er vor Lille,
14. October 1708 O-
Euer Gnaden unterm 28. passato auf mein vom 21. detto an
Dieselbe erlassenes Gesuchschreibeu gnädigst überschickte Antwort
habe ich wohl erhalten und daraus die Ursachen und Umstände ersehen,
») Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. X. 26.
2) Kiiegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. X. 31.
288
warum Euer Gnaden die ,verlaiig*ten Regimenter nicht liielierwärts
abmarseliireu lassen können.
Gleichwie nun Euer Gnaden gnädig ersehen haben werden, dass
ich ersagter Regimenter halber allein auf" der Alliirten an mieli
gestelltes Verlangen an Sie geschrieben habe, liiernächst auch ersagter
Marsch auf dem Supposito gegründet war, wann der Feind ein Detache-
ment hieher abschicken und Euer Gnaden auf diesen Fall keine solche
Offensiv-Operation vorzunehmen im Stande sein würden, dass der Feind
andurch obligirt sein könnte, sothanes Detachement hinwiederum zurück-
zuziehen ; als hat es auch dabei sein gutes Bewenden, und ich thue
mich im Ucbrigen zu Dero hohen Gnade empfehlen etc.
264.
An den FML. Grafen Harrach. Feldlager vor Lille,
14. October 1708')-
Meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant unterm 22. passato
an mich Abgelassenes ist mir rechts worden, worauf in Autwort sage,
dass der Herr GWM. Graf von B r e u n e r ob gestörter Communication
noch nicht allhier angelangt sei, mithin auch die demselben mitgegebenen
Commissiones weder vornehmen, noch weniger meine Meinung darüber
erstatten können. Ich muss denselben solchemnach erwarten und sodann
aber werde ich ohne Verzug nach der von demselben aufhabenden
Commission auch meine Gedanken eröffnen. Womit etc.
265.
An den Freiherrn von Heems. Feldlag-er vor Lille,
14. October 1708 ■")•
Dero vom 6. dieses wird mir zurecht und ich will hoft'en, dass
Ihnen meine Antworten auf Dero Vorhei-igen richtig werden eingeloffen
sein, o])Wohlen die Posten ziemlich unsicher laufen, da der Feind erst
jüngsthin von einer die Briefe eröffnet hatte.
Was die pfälzischen Recruten angeht, Aväre zu wünschen, dass
die erwartende Antwort von Düsseldorf eine Verlässlichkeit wegen
vollständiger Recrutirung nacher Catalonien mitbringen möchte. Was
aber die Mundirung für dieses völlige Corps belangt, wann man diesfalls
und sonsten des Transports halber Alles difticultiren will, so wird auch
*) Krieg.s-A., Köiiiisclics Kuicli 1708; Fase. X. 3:5.
*) Krierrs-A., Spaiiimi 170K; Fase. X. y.'J.
289
auf solche Weise nicht wohl forticukommcn sein, wicwohlcn ich tlarhei
nicht in Abretl stollon will, dass auch tler Herr Cluirturst Selbsten
wegen Transportirung der Mundur umsehen und darauf rcHectireu solle.
Öonsten ist sich zu erfreuen, dass die Herren Staaten wegen
Ergänzung deren in ersagtem Catalonien stehenden Regimenter die
endliche Resolution abgefasst haben.
Wegen der Cavallcrie bin ich einer gleichen Meinung, und Sic
wollen im Uebrigen zu pressiren nicht nachlassen, dass die ersparten
bewussten Gelder nach und nach nacher Barcelona transportirt werden.
Was sonsten hier passirt, berufe ich mich auf angehendes Journal.
Womit etc.
266.
Bericht an den König von Spanien. Vor Ryssel,
14. October 1708').
Gleichwie ich allergehorsamst nicht zweifle, es werden Euer königl.
Majestät meine von Zeit zu Zeit abgelassenen allerunterthänigsten
Berichte zu Dero allergnädigsten Händen eingeloffen sein, also lebe
auch der allergehorsamsten Hoffnung, Sie werden aus den posttäglich
an den Herrn Fürsten von Liechtenstein abschickenden Tagzettcl
allergnädigst vernommen haben, in was Stand die hiesigen Kriegsopera-
tionen sich befinden und wie weit man damit gekommen sei, deren ich
E. königl. M. hiemit weiters allergehorsamst anlege, was seit des Letzteren
sich ferners begeben und wie man nunmehro an unserer Attaque von
denen Vorwerken der Stadt sich Meister gemacht habe. Es ist aber
eine gar geraume Zeit, wo von E. königl. M. mit Dero allergnädigsten
Befehlen nicht begnadet worden und auch letzthin weder durch den
abgeschickten Stanhope'schen Secretarium, weder durch den Marchesen
Solares das Geringste nicht erhalten, sondern allein durch den Mylord
Duc de Marlborough vernommen, was E. königl. M. mit dem von
Stanhope des Wetzelischen Regiments halber abgeredet, auch ver-
glichen haben und hiernächst mir weiters von Ihro kaiserl. Majestät
mit mehrerer Ausführlichkeit unterm 29. August durch ein aller-
gnädigstes Handschreiben bedeutet und commuuicirt worden, was
E. königl. M. eines mehreren und grösseren Succurses allergnädigst
verlangt und angesucht haben.
Soviel nun das Wetzelische Regiment belangt, werden E. königl. M,
aus der an Dieselbe abgegangenen allergnädigsten kaiserlichen Antwort
von obgedachten Dato des 29. August mit Mehrerem allergnädigst schon
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. X. 34
Feld/.iige des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. liaml. Supplement-IIett. I J
290
vernuiinnen Laben, dass I. kaiserl. M. die Ueberschiffung vorgemelten
Regiments allergnädigst resolvirt und nächst diesem auch das sogenannte
Feverische (Faber) neapolitanische Regiment nebst denen Osnabrück'-
öchen Recruten und was etwo noch von denen Guido Starhcmbergi-
schen zurück sein möchten, sammt 600 sicilianischen Recruten nachcr
Catalonien unter einsten transportirt werden sollten. E. königl. M. kann
ich aber dabei allergehorsamst nicht verhalten, dass Allerhöchstge-
dachte Seine kaiserl. Majestät mir allergnädigst aufgetragen haben,
respectu des öfters berührten Wetzelischen Regiments die Ersetzungs-
gelder, gleich vor die beiden Guido- und Osnabrück'schen Regimenter
accordirt worden, nach den verglichenen Preisen zu begehren und zu
pressiren, allermassen ich auch diesen allergnädigsten Befehl zu aller-
gehorsamster Folge mit ermeltem Mylord Duc hierüber gesprochen und
daran umsoweniger gezweifelt habe, als es eine in meiner Anwesenheit
im Haag geschlossene Sache war, dass, so viel von Seiten I. kaiserl. AI.
Völkern in Spanien transportirt werden würden, so viel von England
auf demjenigen Fuss verpflegt und es sonsten mit ihnen gehalten
werden sollte, was man obgedachtermassen für die beiden Guido Star-
hemberg'- und Osnabrück'schen Regimenter eingestanden und verglichen,
ich auch hiervon noch damalen E. königl. M. die vollkommene aller-
untei'thänigste Auskunft gegeben hatte. Ich habe aber dagegen in
Antwort vernehmen müssen, dass E. königl. M. bloss und allein die Ver-
pflegung dieses Regiments angesucht und ohne von diesen Ersetzungs-
geldern was zu melden, auf sich genommen hätten, mit I. kaiserl. M.
sich hierüber zu verstehen, wie mir derselbe dann von E. königl. M.
ein allergnädigstes Schreiben vorwies und zu lachen anfing; also dass
bei dieser Beschaifenheit hierinfalls wenig mehr zu thun sein und
E. königl. M. mir allergnädigst erlauben werden, Deroselben meine
noch im vorigen Winter in aller Unterthänigkeit überschriebene
Meinung hiemit abermalen mit allergehorsamsten Respect zu wieder-
holen, dass Deroselben Allerhöchstes Interesse selbsten daran depen-
dire, dass alle derlei und in's Künftige mit denen Alliirten machenden
Handlungen und Vergleiche vorhero mit I. kaiserl. M. oder zum
wenigsten mit Dero und E, königl. M. Ministris concertirt und sodann
erst mit denen Alliirten die weiteren Handlungen angegangen werden,
was man zu beiderseitigem Nutzen und Aufnehmen für gut und am
vorträglichsten befunden haben wird, auf dass keine Disconcerti, wie
es eben mit der jetzigen Abhandlung der Ersetzungsgelder geschieht,
daraus entstehen und auch sonsten die gute Vcrst/indigung zwischen
zweien Allerhöchsten brüderlichen Häuptern in ihrer Aufrichtigkeit
conservirt und festgestellt bleibe.
291
Was aber den mehrs liincinverlangenden Siiccurs anjj^ebt imd
da.ss mau die AUiirten zu diesem Ende dahin persuadiren möchte,
20.000 Mann nacher Spanien abzuschicken, solle E. köuigl. M. erstlich
in aller Unterthänigkeit vorstellen, dass eine so zahlreiche Macht ein-
und überzuschifFen, ein nicht Schlechtes und Geringes sei, und werde
ich zwar meines allerunterthänigsten Orts die Nothdurft dessen meiner
allergehorsamsten Pflicht und Schuldigkeit nach mit unablässlichem
Nachdruck bei dem Mylord Duc zu treiben imermangeln, gleich ich
ohnedem schon gethan hatte; allein bis aber der Feldzug sich nicht
geendigt, gleich er mir positive zur Antwort gab, werde auch hierüber
schwerlich was Verlässliches allergehorsamst berichten können ; dann
respectu der Generalstaaten finde ich nicht vorträglich zu sein, mit
denen hier anwesenden Deputirten aus der Sache ehender zu reden,
bis man nicht mit vorgenanntem Mylord Duc di concerto sein werde, wie-
wohl ich des allergehorsamsten und unvorgreiflichen Gutachtens wäre,
vorhero auf die Completirung des bereits in Catalonien sich befindlichen
ansehnlichen Fusses der daselbstigen Truppen zu gedenken und sodann
auch auf die Hineinschafi"ung eines grösseren Succurses zu dringen,
damit man nicht etwo mit dem abzielenden Succurs allein die Zeit
verlieren und zuletzt in Spanien weder Succurs, noch Recruten, con-
sequenter keine Macht in tempore bei Händen haben dürfte.
Wann man also die dermaligen kaiser-, engl-, portugieser-, chur-
pfälz- und holländischen, auch letztlichen E, königl. M. eigenen spanisch-,
mailändischen und neapolitanischen Natioual-Regimenter zu completiren
Hand anlegete und die AUiirten, welches sie nicht versagen oder
flifficultiren können, dazu ebenmässig anhalten und anbei pressiren
würde, E. königl. M. hiezu mit einem namhaften Stück Geld an die
Hand zu gehen ; so wäre zu hoffen, dass mit Beibringung eines noch
mehreren Succurses, welchen man mit denen AUiirten annoch zu
concertiren und sie dazu zu vermögen all' Erdenkliches anzuwenden
hätte, man die künftige Campagne offensiv agiren könnte.
Es haben zwar mehr Allerhöchstberührte I. kaiserl. M. von der
Exccution des Stanhope'schen Projects mir hiernächst auch eine aller-
gnädigste Meldung gethan; allein Avird hievon nicht wohl ehender was
zu reden oder darinfalls zu thun sein, bis nicht die gegenwärtige
Campagne geendet sein werde, wie E. königl. M. oben allergehorsamst
bereits remonstrirt und mir der Mylord Duc klar in Antwort wider-
setzt hat, da in Wahrheit die Sachen dahier Ziemlichermassen imbro-
glirt sein.
Nachdem sonsten die Campagne in Piemont sich bereits geendet
und nun an dem ist, dass man in Italien für die Armee die Quartiere
19*
292
stal>ilirc und sowohl bei denen wällischen Fürsten die Contributioncn
einrichte, als auch respcctu der mailändischcn Diarii die Sache in
seine Verlässlichkeit setze, so habe ich eine Ununigänglichkeit zu sein
befunden, E. königl. M. in aller Unterthänigkeit vorzustellen, wie bei
der letztcoucertirten Diaria der 22.000 Pfund täglich auch für heuer
umsomehr sein absolutes Verbleiben haben müsse und davon das
Geringste nicht defalcirt werden könne, als ohnedem diese Summa
kaum ausmacht, was die erforderlichen Spesen der kaiserlichen und
E. königl. M. eigenen Truppen und anderer von Deroselben gegebenen
Assignationen und Anweisungen betragen, einfolglich widrigenfalls
eine pure Unmöglichkeit wäre, in Sachen fortkommen zu können,
nicht zweifelnd, E. königl. M. werden es hiebei umsomehr allergnädigst
bewenden lassen wollen, als der State respectu der französischen
vorigen Dominatio ohnedem eine grosse Erleichterung hat, dieses
Quantum mit einer ungekränkten Willfährigkeit erlegt und E, königl. M.
ich in aller Unterthänigkeit versichern kann, dass jeder dabei gar wohl
zufrieden und sich darüber im Geringsten nicht beschwere, gleich
man dazu auch keine Ursache hat.
Uebrigens werden E. königl. M. vielleicht vor Einlaufung meiner
gegenwärtigen allerunterthäuigsten Relation allergnädigst schon wissen,
dass der Senator C a r a v e 1 1 i nach I. kaiserl. M. allergnädigstem
Befehl mit dem Marquis Prie nach dem römischen Hof habe abgehen
müssen, und weilen aber die Zeit und der Sachen Umstände nicht
zugelassen, hierüber E. königl. M. allergnädigste Einstimmung zu
erwarten, so werden Dieselbe allergnädigst geruhen, ihm solch seinen
dem allergnädigsten Befehl geleisteten Gehorsam in keinen Ungnaden
aufzunehmen.
Schliesslichen habe E. königl. M. allergehorsamst anzurücken
nicht unterlassen sollen, mit was für einem Eifer, Conduite und Capa-
cität der Conte Don Giulio Visconti Dero darinniges Commissariat
verwalte und dabei mit einer solchen Attention Dero Allerhöchstes
Interesse observire, als es seine Schuldigkeit erfordert und mit sich
bringen thut. Womit etc.
267.
An den Marquis Pri6. Feldlag-er vor Lille, 14. October 1708 ')•
.Je viens ä recevoir les deux lettres dont l'une etait du 19, et
lautre sans date. Je suis trcs-oblige de la peine que V. E. s'a voulu
donner de me communiquer ce qu'il se passe touchant les affaires
*) Kricfrs-A., Italien 1708; Fase. X. 28.
I
293
roinaines, mais Elle ne prcndra pas en manvais, si je no rcponds rien
lä-de.ssus, etant daus la Situation preseute tellcment eloigne de la
cour, que je ne viens sans raison a craindre que je pourrais bien
dire quelque-ehose qiii serait tout-a-tait contraire h la resolution de
la cour.
All reste Elle saura (pie je me sers de toutes les occasions, oü
je Lni puisse donner des marqiies de mon amiti<^ sincere, ainsi je n'ai
pas manqiie d'ecrire au Conseil de giierre touchant la gage de Monsieur
le marquis de P a n c a 1 i e r votre fils, etant . . .
268.
An den Grafen Mafiei. Vor Ryssel, 15. October 1708*).
J'ai recii la votre du l*"'" de ce niois; je ne saurais aussi conseiller
ä Mr. le Baron de Schiilenb iirg de se risquer sans passe-ports;
ainsi je croirais plutut qu'il y pourrait rester, ne se pouvant ä rien
determiner oii forraer les idees des Operations prochaines, avant que
la campagne dans ce pays ci sera terraine, comrue vous l'avez aussi
bien marqiie dans votre lettre ; vous etant au reste bien oblige des
nouvelles que vous me marquez touchant le secoiirs, que le Marechal
de Villars devrait detacher pour le Pays-bas par ordre de la cour,
et le mouvement que S. A. R. a fait la-dessus. De notre convoi la
plus part de poudre a dejä passe l'inondation, et je suis etc.
269. .
Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 17. October 1708').
Ich will der allerunterthänigsten Hoffnung leben, Euer kaiserl.
Majestät werde meine abgeschickte allergehorsamste Relation sammt
dem Duplicat mit der letzt- und vorhergegangenen Post wohl einge-
loffen sein. Wie nun der Enthalt derselben Dero schleunige aller-
gnädigste Resolution in allweg erfordert, als habe E. k. M. hiemit
nochmalen allerunterthäuigst anlangen sollen, mir dieselbe durch einen
eigenen Courier in Allerhöchsten Gnaden je eher je besser zuzu-
schicken.
Wie es übrigens mit hiesiger Belagerung beschaffen, da berufe
mich dermalen noch auf das beigehende allergehorsamste Tagzcttel.
») Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 27.
2) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. X. 36.
294
270.
An den Hofkriegsrath. Feldlager vor Lille, 17. October 1708').
Eiucm löLl. Mittel ist bekannt, was für eine Resolution ergangen
sei, in puncto Empfang und Verwendung der Kegiments-Gelder, wo
die Herren Generales und Obriste der Regimenter selbsten nicht zu-
gegen sind.
Zumalen es sich nun bei dem hier anwesenden löbl. KoUonits'schen
Huszaren-Regiment gezeigt, dass, als dieses verwichenes Jahr in Bayern
gelegen und seine völlige Bezahlung bekommen hat, der Herr General-
FML. Graf von Kollonits, unter dem Vorwand, die Montur zu ver-
schaffen, alle Gelder nacher Wien sich übermachen lassen, demunge-
achtet aber nicht nur keine Montur geschickt, sondern auch das
Regiment ohne einen Kreuzer Geld auf die sommerliche Subsistenz
gelassen hat; ja, da ich demselben aus der Cassa, damit es nicht zu
Grunde gehe, mit etwas helfen lassen, abermalen dem Herrn Obristen
Dessewffy eine Ordre zugeschickt, dass er ihm auch von diesem
Geld etwas nacher Wien übermachen sollte, so sich bei nächst vor-
nehmender Musterung zeigen und sodann auch das Weitere vorge-
kehrt werden wird. Damit aber bei anderen Regimentern nicht ein
Gleiches erfolge und der ergangenen Resolution die schuldigste Parition
geleistet werde : so wolle Ein löbl. Mittel dieselbe an alle Regimenter
nochmalen repetiren und denen sämmtlichen Commandanten, wo die
Herren Generales oder Obriste nicht anwesend, bei schwerer Strafe
und Verantwortung anbefehlen, dass sie von denen auf die Regimenter
fallenden Geldern, es mögen auch ersagte Herren Generales und
Obristen befehlen oder strepitiren, wie sie wollen, keinen Kreuzer
anderswohin verwenden oder abfolgen lassen, sondern selbe allein und
immediate zu der Regimenter Nutzen so gewiss anwenden sollen, als
sie sich widrigens einer grossen und schweren Verantwortung unter-
werfen würden, dergestalt jedoch, dass ihnen, Obristen, auch ihre
Gage nicht anders, als nach der Proportion, dass die Gelder fallen
würden, ausgezahlt werde.
Der Anschluss *J zeigt hiernächst, was der Herr General-FML.
Graf von Königsegg wegen seines ihm erst anjetzo disputirenden
Ranges an mich geschrieben hat.
Wann ich auch demselben nicht Unrecht geben kann, sondern
gestehen rauss, dass seine adducirenden Behelfe allerdings fundirt
seien, da zudem auch Ein löbl. Mittel wissen wird, wie man resolvirt
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 35.
") Krieg8-A., Italien 1708; Facs. X. ad 35.
295
habe, des Ranges halber nach der Obristlieutenants-Charge sich nicht
mehr binden zu lassen, als habe ich es an Dasselbe, allwo das Mehrere
schon angebracht sein wird, hierait zu Verfügung des Weiteren remittiren
wollen. Womit etc.
271.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Feldlager vor Lille,
17. October 1708')-
Euer Excellenz sage den schuldigen Dank für dasjenige, was
Sie mir unterm 21. passato über das romanische Unwesen und andere
dortige Veranstalt^^ngen haben erinnern wollen. Ich raeinesorts appro-
bire im Ersten das Mouvement, so man gemacht hat, um den Feind
zu verhindern, einen Succurs hierherwärts abzuschicken ; in dem Anderen
aber kann ich nicht weniger als allerdings gut heissen, was E. E.
nach Dero beiwohnenden bekannten Kriegs-Experienz bei den vor-
gemeldeten romanischen Affairen disponirt haben; ich kann aber dar-
über Positives nichts bedeuten, weilen ich nicht weiss, was der Hof
für eine Resolution abgefasst habe, mit welcher ein eigener Courier
zu E. E. solle abgeschickt worden sein, gleich ich dessen die Parti-
cular-Nachricht habe.
Es ist zwar der Herr Graf Brenner hier angelangt, da dieser
aber verstellterweise als ein Bedienter von denen Staaten passirt, als
hat er auch seine mitgehabten Schriften bei dieser Beschaffenheit
zurücklassen müssen, und wann er es auch bei sich gehabt hätte, so
erkennen E. E. selbsten wohl, dass die darinnigen dermaligen Con-
juncturen die ganze Ideam der vermeinenden Quartiere ändern. Wegen
der Operationen aber kann man ehender nichts sagen, bis nicht die
Campagne dahier gänzlich vollendet sei und man sodann mit gemein-
schaftlichem Vernehmen allererst sehen und für gut erkennen werde,
was des gemeinen Wesens Beste erfordern werde. Womit etc.
272.
An den FML. Grafen Roccavione. Feldlager vor Lille,
17. October 1708 '>
Meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant unterm 19. pas-
sato an mich Erlassenes habe wohl behändigt, und gleichwie mir aber
bekannt, dass Derselbe seinerseits nichts habe erwinden lassen, Dessen
1) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 37.
2; Kriegs-A., Italieu 1708; Fase. X. 38.
296
imterliabendes lobl. Regiment in guten Stand zu setzen, also habe
aueli, um meinem Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant zu assistiren,
dasselbe an den Herrn General Grafen von Dann recommandirt,
und weiss übrigens nicht, dass in meines Herrn Geueral-Feldmar-
sehall-Lieutenants Präjudiz man mir jemals was geredet habe, wird
auch Derselbe vielmehr glauben, dass ich gegen Seine Person das alte
Vertrauen und alle Keflcxion habe, inmassen ich nicht wenig bedauere,
dass Dessen und das Hautois'sche Regiment vom vorigen Jahr einen
so grossen Ausstand haben ; ich habe aber öfters dem darinnigen
Kriegs Commissariat committirt, von dem Virgilianischen Kaufschilling
die in dem Mantuanischen gelegenen Regimenter zu contentircn.
Womit etc.
273.
An den Churfürsten von Hannover. Feldlag-er vor Lüle,
17. October 1708 ').
Dass Euer Gnaden mir unterm 6. dieses die dortigen heurigen
Quartier- und Postirungs-Dispositionen gnädig haben communiciren
wollen, dafür erstatte gehorsamsten Dank. Was aber die Würzburger
zwei Regimenter und die kaiserlichen vier allhier seienden Bataillone
belangt, kann ich Euer Gnaden darüber umsoweniger was Positives
antworten, als die Campagne dahier noch nicht vorbei und ich
einfolglich nicht weiss, was die raison de guerre erfordern werde.
Womit etc.
274.
An den Grafen Josepli Scipio Oastelbarco. Feldlager vor
Lille, 17. October 1708^).
Ich sage Deroselben Dank, dass Sie mir unterm 25. passato
nachrichtliche Communication dessen haben thun wollen, so Sie an
Ihie kaiserl. Majestät über Ein- und Anderes unterm 21. detto be-
richtet haben; ich kann aber darüber in Antwort nichts erinnern,
weilen einestheils die Briefe unsicher laufen, anderentheils aber ich
nicht weiss, was höchstgedachte Seine kaiserl. Majestät der romanischen
Affaircn halber für eine allergnädigste Resolution abgefasst haben,
mit welcher, wie ich vernehme, ein eigener Courier in Italien abge-
schickt Avorden sei. Womit etc.
') Kiiegs-A., Römi.sclios Rcicli 1708: Fase. X. .'57.
«) Kriejrs-A., Itnlion 1708: Fase. X. .39.
297
275.
An den Grafen Gallas. Feldlager vor Lille, 17. October 1708').
Auf Deroselbcu Werthes vom 2. dieses sa^^e ich in Antwf)rt,
dass Sie mit stetem Pressiren zu continuircn belieben möchten, damit
die für die zwei nacher Spanien abgegangenen Regimenter accordirten
Gelder einsmals Übermacht werden, inmassen die Zeit immer melirers
avaneirt Tind mithin die Werbung umso viel grr)sscren Schwierigkeiten
unterworfen sein wird.
Dieselbe haben gar Recht, was Sie wegen des Wetzelischen
Regiments erinnert haben, und ist freilich nichts als Confusion und
Disconcerti zu besorgen, wann die beiden Höfe sich nicht besser mit
einander verstehen. Ob ich aber schon weiss, dass an Werbgeldern
für ersagtes Regiment nichts zu erhalten sein werde, so wollen Sie
doch demungeachtet, wie ich bereits vorhin geschrieben, nichts der-
gleichen thun, dass Sie es wüssten, sondern ersagte Werbgelder alle-
zeit begehren und darauf beharren.
Was sich seithero bei hiesiger Belagerung Veränderliches zu-
getragen und wie weit man gekommen, zeigt der Anschluss meines
gewöhnlichen Journals, auf das mich beziehe und verbleibe etc.
276.
An den Obristen Johann Anton Baron Buol. Feldlager vor
Lille, 17. October 1708 0-
Aus des Herrn Obristen vom 25. passato ersehe ich, dass dessen
unterhabendes Regiment in Spanien marschiren solle.
Ich reflectire mich gar wohl, dass ich das abgewichene Jahr
mit dem Herrn Obristen hievon geredet , von dem vorgedachten
Marsch aber habe ich nichts gewusst, weilen, wie Derselbe selbst
wohl weiss, allzuweit entfernt bin und Ihre königl. katholische
Majestät denselben immediate an das dortige Gouverno anbefohlen
haben.
Dass übrigens der Herr Obrist Conditiones nacher Wien ge-
schickt, dabei hat es sein Bewenden, und hoffe ich. Derselbe werde
sich dabei solchergestalten declariren, dass dessen Begehren practi-
cabel sei und man es umso viel ehender thun könne.
1) Kriefjs-A., Spanien 1708; Fase. X. 40.
2) Kneg:s-A., Spanien 1708; Fase. X. 41.
298
Was sonsten den Vailler anbetrifft, beruht es auf sich und
ich kann dem Herrn Obristen sagen, dass ich geglaubt, von dieser
Sache wäre nichts mehr zu gedenken, weilen ich lange Zeit davon
nichts gehört habe. Womit etc.
277.
Bericht an den Kaiser. Feldlag-er vor Lille, 21. October 1708').
Euer kaiserl. Majestät werden mir in keinen Ungnaden auf-
nehmen, wann Deroselben über mein Jüngsteres abermalen in aller-
gchorsamsten Respect repetire, dass Sie allergnädigst geruhen möchten,
mir Dero Resolution über mein unvorgreifliches Project wegen Ueber-
winterung Dero hiesigen Regimenter zu Fuss und Pferd mit einem
eigenen Courier je ehender je besser bedeuten zu lassen; dann die
Zeit avancirt immer mehr und das kalte Wetter fallt mit solcher
Gewalt ein, dass es unumgänglich nöthig ist, sobald die Campagne
hiesiger Enden vollendet, zur Conservation ersagter Regimenter ohne
Anstand zu wissen, wohin dieselben unter Dach zu bringen sein
werden, derowegen dann Dieselbe darum hiemit nochmalen allerunter-
thänigst belange.
Wie weit man sonsten mit unserem Attaque vor hiesiger Festung
avancirt, und wie es damit allgemach auf die letzte komme, das
geruhen E. k. M. aus dem ordinari Tagzettel allergnädigst zu ersehen.
Ich rücke dem allergehorsamst hiebei, dass man hiemit aus allen
Batterien und Kesseln auf der Contre-escarpe au corps de la place
zu spielen angefangen habe, also dass sich nun in etlichen Tagen
wird zeigen müssen, ob die Belagerten einen Hauptsturm zu erwarten
sich opiniatriren, oder aber auf die Stadt werden capituliren wollen.
Es ist zwar Dero GWM. (xraf Brenner aus Italien bei mir
angelangt, weilen er aber unter einem verdeckten Namen eines
Bedienten durchgekommen, so hat er auch seine mitgehabten Sclu'iften
zurücklassen müssen , und lebe ich zwar der allerunterthänigsten
Hoffnung, E. k. M. werden durch Dero Feldmarschall Grafen von
Dann über den dortigen Zustand die vollkommene Information über-
kommen haben; ich aber kann von hier aus vorbedeuten Grafen
Brenner mit nichts Positivem, ob man von mir schon meine Meinung
verlangt hat, abfertigen, weilen mir unbekannt ist, was für eine aller-
gnädigste Resolution E. k. M. in der romanischen Sache abgefasst
haben möchten. Ich wäre aber dabei des allerunterthäniürsten Dafür-
') Kriegs-A,, Nieflerlaiule 1708; Fase. X. 4G.
299
haltenSj dass man in allwe«^ beachten sollte, bei dieser Bewandtniss den
melirsten Tlieil der Truppen in das Ferraresische oder in das päpstliche
Territorium zu logiren, um mit dieser Gelegenheit die anderen Lande
und Districte von der Pex'sonal-Logirung zu befreien und andurch
die Mittel an die Hand zu bringen, Dero darinnigen Kriegs- Staat
umso leichter subsistiren und die Erfordernisse bestreiten zu machen.
Der Herzog von S a v o y e n hat zwar unter einsten seinen
GrWM. von Schulenburg an den Mylord Duc abgesendet, um,
wie mir vorberührter Feldmarschall Graf von Dann berichtet, zu
wissen, ob man künftiges Jahr in Piemont den Krieg offensiv oder
defensiv zu führen gedenke, und begehrt in dem ersten Fall die
Verstärkung der für heuer darinnen gestandenen Armee. Weilen aber
jetztgemelter von Schulenburg wegen gesperrter Communication
nicht vollends anhero kommen können, sondern im Haag verblieben
ist, so kann ich zwar allergehorsamst nicht wissen, ob er nicht viel-
leicht eine particulare geheime Commission an vorbesagten Mylord
aufhaben möchte; ich hoffe aber, wann was daran sein sollte, dass
mir es dickberührter Mylord nicht verhalten, sondern vertrauen werde,
E. k. M. allerunterthänigst versichernd, dass ich solchenfalls genaue
Obsicht darob haben und mir nach meiner Pflicht angelegen sein
lassen werde , Dero AUei'höchstes Interesse meiner ungekränkten
Treue und Schuldigkeit nach zu observiren.
Was aber die künftigen Operationen angeht, haben E. k. M.
aus meinem Vorhergegangenen allergnädigst zu ersehen geruht, dass
dermalen nichts davon zu gedenken, noch ehender was zu reden
sein werde, bis sich nicht die Campagne dahier vollends geendigt
habe. Es möge aber sodann in Vorschlag kommen, was da wolle, so
ist eine unumgängliche Nothwendigkeit, dass E. k. M. Ihres Aller-
höchsten Orts mit allem Nachdruck allergnädigst anbefehlen wollten,
dass das Recrutir- und Rimontirungs-Werk in eine solche Verlässlich-
keit unanständig gesetzt werde, damit man diesfalls in voller Sicher-
heit und mit künftig angehender Campagne Alles gestellt sei, auf
dass nicht erfolge, was diese Jahre her zum grossen Abbruch Dero
Allerhöchsten Dienstes darinfalls geschehen ist. Womit etc.
278.
An den Hofkrieg-srath. Feldlag-er vor Lille, 21. October 1708 %
Gleichwie Einem löbl. Mittel meine vor zwei Posttagen an Ihre
kaiserl. Majestät in Ziffer allerunterthänigst eingeschickte Meinung
<) Kriegs-A., Niederlande 170S; Fase. X. 5.
300
über die winterliche Einquartierung der hiesigen kaiserlichen Regimenter
inzwischen zugekommen sein wird, also habe ich Demselben darüber
erinnern wollen, dass es die allergnädigste schleunige Resolution hierauf
nachdrücklich zu pressiren und mir durch einen eigenen Courier also-
gleich hereinzuschicken sich belieben möchte, damit ich hiernach
meine weitere Mass abfassen könne.
Wie es mit hiesiger Belagerung steht, zeigt mein gewöhnliches
Tagzettel , dem ich weiters beirücke , dass man heute aus allen
Batterien von der Contre - escarpe zu schicssen angefangen habe
und sich nun in wenig Tagen zeigen müsse, ob die Belagerten den
Hauptsturm erwarten oder ob sie werden capituliren wollen.
Wessen mich der Herr GWM. Graven seiner Generalsgage
halber belangt hat, das zeigt der Anschluss, und ich habe ihm darauf
geantwortet, dass ich demselben hierinfalls umsoweniger dienen
könnte, als es eine also gewöhnliche Sache und nicht darüber zu
schreiben sei, inmassen man das erste Jahr denen neupromovirten
Generalen uiemalen keine Gage abreichen lasse; weilen aber seine
adducirende Motive gleichwohlen einer Reflexion würdig, so wäre ich
der Meinung, dass man ihm in der Zeit, solange er ersagte seine
Generalsgage cariren muss, den Genuss der Compagnie lassen könnte.
Weiters bittet der Herr Obristlieutenant .lentis in dem gleich-
falls hienebenliegenden Memorial um die Obristen-Stelle. Der Supplicant
ist ein bekannter guter Officier, welcher ungeachtet man ihn in Nichts
hat schuldig finden können, durch den obgeschwebten Process und
ausgestandenen langwierigen Arrest eine Consolation meritirt hat,
also, dass ich wohl glaubte, Ein löbl. Mittel könnte seinem Petito,
jedoch allein was den Titel und Rang belangt, deferiren und an Ihre
kaiserl. Majestät das gewöhnliche Referat hinaufgehen, wann nicht
etwa gar zu grosse Bedenken darüber sein möchten. Womit etc.
279.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager vor Lille,
21. October 1708')-
Des Herrn General- Wachtmeisters und Obrist-Kriegscommissärs
beide in deutscher und französischer Sprache unterm 2H. passato
an mich erlassene Schreiben habe wohl erhalten, und zwar was das
erste anbetrifft, gilt mir zur guten Nachricht, was der Herr General-
Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissär von Abschickung einiger
Infanterie in das Ferraresische melden thut.
') Krief»s-A., Italien 1708; Fase. X. 47.
301
Inzwischen wird der Herr General Harracli mit der allergnä-
digsten Resolution der heurigen Winterquartiere halber darinnen un-
fehlbar schon angelangt sein, inmasscn ich die Nachricht habe, dass
derselbe vom Hof wirklich abgefertigt worden sei. Ich aber kann
meinerseits der dortigen Quartiere halber umsoweniger was melden,
weilen die Conjuncturen sich geändert und auch nicht weiss, was
Ihre kaiserl. Majestät in der romanischen Sache für eine allcrgnä-
digste Resolution abgefasst haben.
Was hiernächst der Herr General- Wachtmeister und Obrist-Krieffs-
commissarius über das Demselben von der Amts-Substitution zuge-
kommene Intimatum Avegen des allzu hohen Interesse der bishero in
Italien aufgebrachten Anticipation meldet, will ich mich weiters darein
nicht einmengen; dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissarius aber ist bekannt, was ich Demselben wiederholt geschrieben
habe, wie nämlich die Interessen mehr heruntergebracht und so viel
als immer möglich verringert werden möchten, inmassen ich nicht
sehen kann, wo der Fundo sicher ist, die Anticipationes nicht um
ein Leichteres sollten aufgebracht werden können.
Ich lasse den Herrn General-Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissarius erachten, was 24 pro cento für eine Summa abwerfen
und wie beschwersam solches bei denen ohnedem beklemmen Zeiten
dem Aerario fallen müsse, nicht zweifelnd, Derselbe werde es Selbsten
zu Gemüthe nehmen und eifrig dahin trachten, um sich herauszubringen,
auch sonsten nicht ermangeln, dass alle derlei Anticipationes oder Geld-
aufnehmung mit Wissen und Approbation der commandirenden Generale
geschehen.
Wider die Repartition der neu aufgebrachten 4000 Doppien
habe ich, als einer geschehenen Sache, dargegen nichts zu sagen,
sondern es dient mir blos zu einer Nachricht. Das Uebrige aber, was
der Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissarius wegen
der grossen Ausgaben anzieht, weiss ich vorhin wohl und stelle auch
nicht in Abrede, dass zu dem romanischen Unwesen anfänglich Mittel
vonnöthen sein werden; wie ich aber dem Herrn General-Wacht-
meister und Ubrist-Kriegscommissarius jüngsthiu schon erinnert, so
ist dabei auch zu hoffen, wann man nach der vom Hof einmal einge-
loffenen Resolution die Truppen in gedachtem Ferraresischen ein-
rücken und darinnen bequarticren lassen werde, dass man sodann merk-
lich davon wird profitireu und sich eine Erleichterung geben können.
Sonsten ist mir leid, dass von dem Virgilianischen Kaufschilling
bishero nichts eingegangen, weiss auch nicht, warum es nicht geschehen
sei. Inzwischen lasse ich es an mir nicht erwinden, die fortwährenden
302
Remonstrationen dessentwegen nacher Hof zu tliun, und wann dem-
nach der Erfolg geschehen sollte, so wird der Herr General-Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissarius vor Allem gedenken, denen
Regimentern, welche verwichenes Jahr im Mantuanischen gelegen,
ihren Nachtrag aus ihrer verflossenen winterlichen Erforderniss zu thun.
Das änderte und französische Schreiben dient mir theils zur
Nachricht, theils ist es hier oben schon beantwortet und habe also
nichts Anderes anzuziehen, als dass ich nicht weiss, was man dann
denen sachsen-gothaischen Regimentern für ein Douceur schuldig sei,
da sie bewusstermassen in anderer Verpflegung stehen. Womit etc.
280.
An den Feldmarscliall Grafen Dann. Vor Ryssel.
21. October 1708 ')•
Euer Excellenz mit der Gelegenheit des Herrn GWM. von
Schulenburg unterm 13. passato an mich abgelassenes Schreiben
erhalte ich allererst anjetzo, da ich bereits mit voriger Post Dero
jüngeres vom 21. detto beantwortet habe; ersagter Herr GWM. von
S c h u 1 e n b u r g aber ist wegen gesperrter Communication im Haag
zurückgeblieben.
Nun habe ich E, E. in meiner unterm 17. dieses auf Ihr Obge-
meltes abgelassenen Antwort bedeutet, wie nämlich der Herr GWM.
Graf Brenner dahier, jedoch verstellter Weise ankommen sei und
bei dieser Beschaffenheit aber seine mitgehabten Schriften zurück-
lassen müssen ; ja wann er es auch mitgehabt hätte, so konnte ich
E. E. ein als den anderen Weg die von mir verlaugte Meinung um-
soweniger eröffnen , als sich bei denen gegenwärtigen darinnigen
Conjuncturen der Status völlig geändert, und hiernächst sich nach
dem dirigirt werden müsse, was der Hof für eine Resolution in Sachen
abgefasst haben wird, so mir annoch nicht bekannt, einfolglich nichts
bewusst ist, als was ich extrajudicialiter vernommen habe. Was ich
aber E. E. respectu der Winterquartiere meinerseits sagen kann, das
ist, dass die meisten Truppen bei sich solchergestalt geänderten Um-
ständen in das Ferraresische werden verlegt werden müssen und sie
ausser den Recrut- und Kimunten sonsten vom Hof wenig zu hoffen
haben, auch mithin ihrerseits sehen und antragen werden müssen, wie
sie sich helfen, so gut als sie können.
Was aber die von Seiner königl. Hoheit Anfangs gemeldeten
Herrn GWM. von Schulen bürg aufgetragene Coramission der
') Krie<rs-A., Italien 1708; Fase. X. 53.
303
künftigjälirigcn Operationen und E. E. dabei aiuiectirte Ketlcxiun an-
geht, habe ich Deroselben eben in meinem Obangezogenen schon be-
deutet, dass, bis nicht der Foldzug hier vorbei, mau hicrinfalls weder
was Positives sagen, noch einmal davon zu reden anfangen kann ;
kommt also dahin an, dass der Ausschlag gegenwärtigen Feldzuges
abgewartet und sodann auch nach demselben für das Künftige die
weitere Mass genommen werde. Inzwischen ist E, E, dabei gemachte
Reflexion gar vernünftig, worüber auch meinesorts Ein- und das Andere
anziehen wollte ; die Posten aber sind so unsicher, dass man nicht
trauen darf und ich nicht einmal vergewisset bin, ob mein Gegen-
wärtiges durchkommen werde.
Wie es mit der hiesigen Belagerung steht, ersehen Sie aus bei-
gehendem Tagzettel, dem ich noch weiters beirücke, dass man heute
aus allen Batterien auf der Contre-escarpe au corps de la place zu
schiessen angefangen und sich nun in wenigen Tagen zeigen werde,
ob die Belagerten einen Hauptsturm auf die Stadt abwarten oder aber
werden capituliren wollen. Womit etc.
281.
Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel,
24. October 1708 0-
Es ersehen Euer kaiserl. Majestät aus dem neben findigen Tag-
zettel allergnädigst, dass der Feind nach gelegter Breche zu accor-
diren angefangen, auch daraufhin die Capitulation, jedoch nur auf
die Stadt allein, wirklich geschlossen worden sei. Man ist nun an
dem, die feindliche Cavallerie herausmarschiren zu lassen, und nach-
dem sich die übrige Garnison in die Citadelle retirirt haben wird,
die Stadt in Possess zu nehmen und zu sehen, wo man sobald als
möglich die Attaque gegen ersagte Citadelle anfangen und die Tran-
cheen eröffnen möge.
Die Zeit ist mir zu kurz, E. k. AI. was Mehreres allergehorsamst
zu berichten, ich gedenke aber meinen Vetter, den Prinzen Maurice,
an Dieselbe mit der getroffenen Capitulation abzuschicken und sodann
durch ihn in aller Unterthänigkeit zu berichten, sobald als man nur
ob der gesperrten Communication ein wenig werde Luft bekommen
und passiren können.
•) Kriegs-A., Römisches Reiih 1708; Fase. X. 45- — Kin gleidier Berieht
wurde auch dem Könior von Spanien erstattet.
304
282.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 25. October 1708 ').
Aus lueincm güstcni an Euer kaiserl. Majestät abgelassenen
allergehorsanistcu Schreiben werde Dieselbe allergnädigst zu erselien
geruht haben, dass die belagerte Stadt Lille, ausser der Citadelle,
capitulirt und ich allcrunterthänigst angemerkt habe, dass zu E. k. M.
meinen Vettern, den Prinzen Maurice, sobald man nur den gering-
sten Anschein haben werde, bei der vom Feinde bishero gesperrt
gehaltenen Communication durchkommen zu können, mit der errich-
teten Capitulation abordnen würde. Ich wage es aber demungeachtet
und fertige denselben dannenhero zu E. k. M. hiemit allergehorsamst
ab, ob ich schon nicht sicher bin, dass derselbe durchkommen und
ihn der Feind mit dem aufhabenden Passe-port passiren lassen werde.
Li dieser Ungewissheit aber finde ich nicht rathsam, was Mehreres
hiebei anzuziehen, mithin referire mich eincstheils auf seine münd-
liche Ivelation, anderutheils aber sage E. k. M. zu Dero allergnädigsten
Nachricht, dass nicht nur der Feind die Stadt heute wirklich evacuiren,
sondern auch unter einsten seine Cavallerie abmarschiren werde.
Man wird also gegen die Citadelle die weitere Mesur nehmen
und dasjenige vorkehren, was Dero und der gemeinsamen Bünduiss
Allerhöchster Dienst erfordert, anmit zu E. k. M. Allerhöchsten
Hulden etc.
283.
An den Churfürsten von der Pfalz. Loos, 26. October 1708').
Nachdem Euer Gnaden jüngsthin gehorsamliche Nachricht
ertheilt, dass der Feind auf die Stadt Lille zu capituliren angefangen
habe, so fertige ich nun zu Deroselben mit der getroficnen, hierneben-
liegenden Capitulation') den Baron Kössel hiemit ab und unterstehe
mich, ihn unter einsten in Dero hohen Grnaden zu recommandiren,
angesehen er ein Officier vori gar gutem Comportement, voller Eifer
und auch sonsten gar wacker und unverdrossen ist, dass er solchem
nach urasomehr verdient hat, in dieses sein an mich gestelltes Ver-
langen einzuwilligen, ich aber tliue mich im Uebrigen etc.
') Kriegs-A., Niodurlaude 1708; Fase X. 9. — Ein j^leichor Itericht wurde
aucli an den Köiiif^ von Spanien erstattet..
^) Kriegs-A., Krunisclies Reich 170«; Fa.sc. X. 4«,
•') Krie}^s-A., Niederlande 1708; Fase. X. G. lunl Meinoircs milifaires (l'clet)
VIII , Seite i)20.
305
284.
BericM an den Kaiser. Loos, 28. October 1708').
In allcrgehorsamster Hoffnung, dass bei Euer kaiserl. Majestät
mein Vetter, der Prinz Maurice, bereits ankommen und nebst Ueber-
reichimg der Capitulation von Lille Deroselben über Ein- und Anderes
mündlich allcrunterthänigst Bericht abgestattet haben wird, thue ich
mich auf selben hiemit allergehorsamst berufen und Deroselben die
Continuation meiues allerunterthänigsten Journals weiters allergehorsamst
anschliessen, auf dass E. k. M. von dem, was seithero passirt, Wissen-
schaft haben möchten.
Sonsten habe ich mit dem Marn)orough und denen Deputirten
von denen Greneralstaaten über das päpstliche Wesen eine weitläufige
Unterredung gehabt, allermassen dieselben eben befehlt waren, mit
mir in dieser Materie zu sprechen, hiernächst auch der Pensiona-
rius von Holland vorberührtes Duc Meinung hierüber begehrt hatte.
Man ist nun von ihrer, der AUiii-ten, Seite des einhelligen Dafür-
haltens geblieben, dass E. k. M. oder in allweg suchen sollten, die
Sache mit dem päpstlichen Stuhl, zum Fall es nicht etwa zu weit
kommen wäre, in der Güte beizulegen, oder aber, wann es ja zu einer
Weitläufigkeit kommen sollte, mit einem solchen Ernst anzugehen, dass
durch die Gewalt der Waffen noch diesen Winter dieser Zwistigkeit
ein Ende gemacht werden möchte.
Ich meines allerunterthänigsten Orts habe E. k. M. die aller-
unterthänigste Nachricht davon zu erstatten für nöthig erachtet und
weiss Ihre meinerseits in particulari nichts Anderes beizurücken, als
dass ich mich solch' der Alliirten Opinion allergehorsamst conformire.
Mit dieser Gelegenheit, nachdem der von dem Herzog von
Savoyen im Haag angelangte GWM. von Schulenburg wegen
gesperrter Communication noch nicht anhero kommen können, sagte
mir dickberührter Mylord, wasmassen ihm er, der Herzog, geschrieben
hätte, wie er Willens sei, nacher Frankfurt zu kommen, um sich mit
demselben und mit mir daselbsten zu unterreden; dem er aber in
Antwort hinwieder zurück bedeutet hätte: weilen er noch nicht ver-
gewisset sei, wann bei gegenwärtiger später Jahreszeit die Campagne
sich hiesiger Landen endigen werde, dass es ihm nicht möglich falle,
sich länger dahier aufzuhalten und auf Frankfurt zu begeben, da
er nach vollbrachtem Feldzug sogleich nacher England zurückgehen
müsste. Wie ich aber von ihn des Weiteren verstanden, so gedenkt
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. X. 56.
Feldzüge des Priuzeu Eiigeu v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. Supplemeiit-Heft. «sü
306
man den Brigadier Palm es und noch einen Anderen mit neuen Com-
missionen zu erdeutem Herzog abzuordnen, und ich hoffe, dass er,
der Mylord, mir von sothanen Comraissionen Communication thun werde.
Es scheint, dass diese Leute allgemach müde zu werden anfangen,
über die so grossen Geldsummen weitere extraordinari Mittel dahin
beizutragen, wo die Operationen gegen denenselben bei weitem nicht
proportionirt wären. Womit etc.
285.
Bericht an den Kaiser. Loos, 31. October 1708 ').
Nachdem die Post allerst gestern Nachmittag dahier angekommen,
und mithin 3 Tage über ihren sonsten gewöhnlichen Terminum ausge-
blieben ist, so habe Euer kaiserl. Majestät für heute mit nichts Anderem
in aller Unterthänigkeit zu bedienen, als was mein nebengehendes
allergehorsamstes Journal ausweiset, worauf mich auch in aller Sub-
mission beziehe imd annebst zu Dero Allerhöchsten kaiserlichen
Hulden etc.
286.
An den König von Preussen. Feldlager vor Lille, •
2. November 1708-)-
Euer königl. Majestät werden mir in keinen Ungnaden auf-
nehmen, wann mich mit Gegenwärtigem unterstehe, Derosell)en den
Obristen von Weekkerst hiemit allergehorsamst zu recomraandiren.
Die Justiz selbsteu erfordert es, dieses tapferen Officiers besitzende
Verdienste E. königl. M. in aller Submission anzurühmen, und ich
muss ihm das allerunterthänigste Gezeugniss geben, mit was vor einer
Herzhaftigkeit bei Stürmuug des feindlichen Ravelins vor der belagert
gewesenen hiesigen Stadt sich derselbe vornehmlich distinguirt und
auch im Uebrigen die ganze Zeit über sothaner Belagerung sich der-
massen signalirt und eine solche Conduite und Kriegs-Experienz ver-
spüren lassen, dass er sich dadurch nicht nur E. königl. M. Aller-
höchster Gnadens-Erkenntniss würdig gemacht, sondeim mir in parti-
culari zu' meiner besonderen Satisfaction umsomehr Anlass gegeben
hat, dass mich dieser allergehorsamsten Vorschrift vor denselben unter-
nehme, des allerunterthänigsten Hoffens, E. königl. M, werden aller-
») Krieg8-A., NicdorlaiKle 1708; Kasc. X. 12.
*( Kriejrs-A , Niederlaucln 1708; Fase. XI. 7.
307
gnädigst geneigt sein, wiederholten Obristen seiner stattlichen Meriten
halber nicht uuconsolirter /u lassen, mich aber iu den Allerhüchsten
IIiiMcu und Gnaden noch fernerhin /u erhalten, wohin mich dann
allergehorsamst empfehlend ersterbe.
287.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 4. November 1708 ').
Euer kaiserl. Majestät sage hiemit den allerunterthänigsten Dank,
dass Sie in Dero vom 13. passato wegen meiner bei Stürmung der
Tenaille empfangenen Wunden ein allergnädigstes Mitleiden haben
bezeigen wollen, welches mir zu meiner so grösseren Consolation
gereicht, als ich andurch Dero Allerhöchster Gnaden umsomehr verge-
wisset bin. Dieselbe allergehorsamst versichernd, dass mich gewisslich
niemalen glückseliger glauben werde, als wann zu Bezeugung meiner
schuldigsten Pflicht und Treue in E. k. M. Diensten Leib und Leben
aufopfern möge.
Was Sie hiernächst wegen der auf Veranlassung der staatischen
Deputirten von dem obern Rhein-Strom herab verlangten Volkshülfe
allergnädigst anbefehlen wollen, dem solle meinerseits der schuldigste
Vollzug in aller Unterthänigkeit geleistet und dasjenige genau obser-
virt werden, so E. k. M. mit aller Ausführlichkeit hierüber aller-
gnädigst angeführt haben.
Sonsten hatte mir der Mylord M a r 1 b o r o u g h die Nachricht
gegeben, dass das Werbgeld der zwei Regimenter halber zu Amster-
dam bereits ankommen sein solle, und mich gefragt, ob ich dasselbe
allda oder nacher Frankfurt oder wohin es sonsten verlangete. Wovon
E. k. M. ich hiemit den allerunterthänigsten Bericht ertheilen und
dem weiters beirücken wollen, dass ich nun auch den Ueberrest für
die Osnabrück'schen Recruten, welche, wie ich benachrichtigt bin,
jetzt wirklich embarquirt sein sollen, erhalte, um dass man wegen
der neu errichtenden Regimenter ein Endliches ausmachen möge.
E. k. M. werden hiernächst allergnädigst schon ersehen haben,
was an Dieselbe das Governo von Mailand über die von dem Grafen
Castelbarco vorgenommene Investitur des Herzogs von Guastalla
in Sabbioneta in aller Unterthänigkeit gelangen lassen. Wie nun dieser
Actus zu nicht geringer Präjudiz Ihre königl. spanischen und E. k. M.
Selbsten gereicht, und da der State von Mailand, ohne dieser Festung
zuvörderst bei gegenwärtiger Conjunctur nicht wohl bleiben kann, so
') Kriegs-Ä., Niederlaude 1708; Fase. XI. 11.
20'
308
muss ich mir auch nichts Anderes einbilden, als dass die Sache hei Hof
einestheils durch Cabalen, anderentheils aber durch seine, des Grafen
Castelbarco, bekannte Schwachheit erfolgt sei; weilen anderenfalls
von E. k. M. ich als Gubernator von Mailand mit einem allergnädigsten
Befehl darüber würde begnadet oder wenigstens ersagter Graf C a s t e 1-
barco befehlt worden sein, die Sache mit dem Governo zu Mailand zu
concertiren, so mich dann veranlasst hat, an den Feldmarschall Grafen
von Daun die Ordre zu stellen, dass derselbe dem in Sabbioneta
gelegenen Regal'schen Hauptmann von K o r n t h a 1, zum Fall er, Graf
von Daun, nicht von E. k. M. den allergnädigsten Befehl und darauf-
hin er, Hauptmann, nicht von ihm die positive Ordre gehabt hätte,
alsogleich beim Kopf nehmen und um dass er dieser Investitur statt
gethan, wider ihn ein Kriegsrecht nach aller Schärfe besetzen lassen
sollte; dann wann ich darinnen in loco gewesen wäre, so würde es
gewisslich niemalen beschehen sein; ausser es wäre von E. k. M. ein
expresser Befehl dessentwegen an mich eingeloffen, wobei jedoch,
wann es nicht unter einsten mit Allerhüchstgedachter Seiner königl.
katholischen Majestät concertirt gewesen wäre, aus meiner Obliegen-
heit mich gleichwohlen unterstanden haben würde, E. k. M. als
Gubernator von Mailand die Nothwendigkeit dessen allergehorsamst
zu repräsentiren, damit derlei von so grosser Consequenz seiende Sachen
in ihrer Form und Ordnung gerichtet und nicht bei Hof obange-
zogener allerunterthänigstermassen durch Cabalen präeipitirt und so-
dann durch dem Werk nicht gewachsene Minister ohne geringste
Participation Festungen an andere Fürsten eingeantwortet werden.
Ich recusire aber weder das Ministerium, noch den Grafen C a s t e 1-
barco, sondern mein Eid und Pflicht verbindet mich, E. k. M. es
allergehorsamst zu repräsentiren, und mein treuer Eifer macht mir das
Gemüth übergehen, Deroselben in aller Submission uud schuldigsten
Respect zu sagen, dass derlei Actus der ganzen Welt zu einer Aerger-
niss dienen, in particulari aber Italien lachen und Jedermann glauben
machen, dass bei solchen Beschaffenheiten zwischen denen beiden
gekrönten Allerhöchsten brüderlichen Häuptern nichts Anderes als
Missverständnisse und keine gute Harmonie sein müsste; welches, was
es bei gegenwärtigen Conjuncturen in der Situation, als man sich
jetzo befindet, für Uebel creiren könnte, das werden E. k. M. von selbsten
Allerhöchsterleucht des Mehreren erwägen ; ich will aber Dieselbe
hierinfalls nicht weiters behelligen sondern allein in aller Unterthänig-
keit bitten, dass Sie mir in keinen Ungnaden zu nehmen geruhen
möchten, wann mich etwas zu frei herausgelassen habe, nicht zweifelnd,
E. k. IM. werden in diesem passu nicht nur allein die Nothdurft an Seine
309
königl. Majestät, gleich icli meinerseits besage angehender Copia *) in
aller Unterthänigkeit thue, allergnädigst ergehen lassen, in das Künftige
aber ein Werk von solcher Importanz, welches grosses Uebel und
schädliche Dinge nach sich ziehen kfinnte, mit besserer Form tractiren
lassen.
Bei solch' der Sachen Beschaffenheit aber, da von E. k. j\I. in
dieser Materie die geringste Ordre nicht erhalten, so habe ich anbe-
fohlen, dass der k(3nigl. spanische Gubernator zu gedachtem Sab-
bioneta, jMarchese d e 1 P o z z o, sich wiederum dahin begeben und die
Garnison wie vorhin an ihn gewiesen sein solle, bis von E. k. IVI. mir
ein Anderes allergnädigst wird anbefohlen werden. Womit etc.
288.
Bericht an den König- von Spanien. Bei Ryssel,
4. November 1708').
Von Mailand aus werden Euer königl. Majestät mit Mehreren!
allergnädigst schon ersehen haben, was für einen präcipitanten und
unbesonnenen Actum Dero Graf Gaste Ibarco mit Sabbioneta unter-
nommen habe, dem ich in meinem gegenwärtigen allerunterthäuigsten
Schreiben nichts Anderes beizurücken habe, als dass E. königl. M.
allergehorsamst belange, Sie möchten die Sache nicht allzu sehr zu
Gemüth nehmen, inmassen es gewiss ist, dass Ihro kaiserl. Majestät,
ohne E. königl. M. hievon die behörige Nachricht zu geben, oder mir
als Gubernatoren von Mailand den allergnädigsten Befehl darüber ein-
zuschicken, es nicht also gemeint haben werden und allein gedachter
Graf Castelbarco, wie er nicht in diesem zum ersten Mal, sondern in
vielem Anderen bereits gethan, durch seinen Unverstand und schlechtes
Judicium, ohne mit Jemandem zu participiren, ganz blinderweise diese
Investitur vorgenommen habe.
Ich schreibe dahero an Ihro kaiserl. Majestät selbsten in aller-
unterthänigstem Respect, was ich glaube, dass Dero und E. königl. M.
Dienst sei, auf dass derlei Sachen in ihrer Ordnung und Form künftig-
hin tractirt, mithin zwischen beiden gekrönten Allerhöchsten brüder-
lichen Häuptern die gute Verständigung und Particularität in Italien
erhalten werde, so bei gegenwärtigen Conjuucturen umso viel nöthiger
sein will, als in der Situation, wo man steht, die geringste Zwistig-
keit oder übles Vernehmen zwischen I. kaiserl. und E. königl. M.
einen uneinbringlichen Schaden nach sich ziehen könnte.
*) Siehe die folgende Nummer.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. .ad 11.
310
289.
An den Hauptmann Kornthal. Feldlager vor Lille,
4. November 1708').
Ich habe des Herrn Uauptmanns vom 8. passato erhalten und
daraus ersehen, was mit Sabbioneta, Bozzolo und anderen Orten
erfolgt sei.
Wie ich nun dato noch nicht weiss, nachdem der königl. spanische
Gouverneur zu gedachtem Sabbioneta, Herr Marchese del Pozzo,
gegen diese Einräumung protestirt, der Herr Hauptmann aber manu
militari dazu Hülfe und Vorschub geleistet haben solle, ob Derselbe
von dem darinnen commandirenden Herrn Generalen die Ordre und
den Befehl hierauf gehabt habe, woran ich doch meinesorts wegen
der darunter waltenden, verschiedenen nachdenklichen Ursachen nicht
wenig zweifle ; so erlasse ich mit heutiger Post die weitere Verfügung :
zum Fall der Herr Hauptmann sothane Einräumung ohne gehabte
Ordre seiuesorts willig geschehen lassen oder aber noch dazu hülfliche
Hand sollte geboten haben, dass man den Herrn Hauptmann also-
gleich beim Kopf nehmen und nach aller Schärfe über Denselben
unverlangt Kriegsrecht halten, auch den Sentenz ohneweiters exequiren
solle, auf dass Derselbe, wann er es etwo durch seine langen
Dienste noch nicht gelernt hätte, wissen möge, was die Uebergabe
und Einräumung einer Festung, ohne von seiner Instanz, dem com-
mandirenden General, habenden Befehl nach den Kriegs-Artikuln
verdiene und nach sich ziehe.
290.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Vor Ryssel,
4. November 1708 0-
Was für eine unbesonnene Narrheit der Graf Castelbarco mit
Einräumung Sabbioneta, ohne mit jemandem das Geringste davon zu par-
ticipiren, begangen, das wissen Euer Excellenz ohnedem schon; ich muss
mich aber dabei noch mehrers verwundern, dass der Regal'sche Haupt-
mann Kornthal sich unterstanden, diesen Actum geschehen zu lassen,
dann, nachdem mir der E. E. beiwohnende Vernunft und berühmte
Conduite bekannt ist, so kann ich mir destoweniger einbilden, dass
Sie demselben eine Ordre würden gegeben haben, ausser es wäre
Ihro von Ihro kaiserl. Majestät ein allergnädigster Befehl darüber
') KriejT8-A., Italieu 1708; Fase. XI. 7.
*j Knegs-.\., Italien 17« '8; Fase. XI. 8.
311
zugekommen, inmassen ich allerdings glau])e, dass dieses ein zwischen
dem Grafen Castelbarco und dem Herzog von Guastalla machi-
nirtes Werk gewesen sei; dann, nachdem mir ersagter Hauptmann
besage seines hieneben gehenden Original -Schreibens ') erinnert, dass
er zum Gouverneur zu kSabbioneta von erstgedachtem Herzog gemacht
worden, so steift es mich in meiner Opinion umsomehr und dass eben
dieses der Modus gewesen sei, mehrwiederholten Hau])tmann zu ge-
winnen. Wann nun E. E. in dieser Materie einen allergnädigsten
Befehl gehabt haben sollte, so will von Deroselben der weiteren
Nachricht gewärtig sein; da aber Dieselbe von dem Werk nichts
gewusst, und der von Kornthal diese Investitur connivendo, ohne
sich zu widersetzen und die weitere Ordre einzuholen oder E. E.
davon zu berichten, sollte haben geschehen lassen, so wollen Sie
alsogleich die Ordre ausstellen, damit vorgedachter Hauptmann Korn-
thal beim Kopf genommen und wider ihn ein Kriegsrecht bestellt,
auf das Schärfste darinnen procedirt und der ausfallende Sentenz
ohne weiteres Zuwarten exequirt werde. Und weilen ich aber im
Uebrigen weder jetzo, noch vorhin von I. k. M. nicht den geringsten
Befehl überkommen, wie es als Gubernator von Mailand in ordine
noth wendig hätte sein , oder zu wenigsten an das dortige Governo
geschehen und mit selbem die Sache concertirt werden sollen ; so habe
ich befohlen, dass der vorige Gubernator Herr Marchese del Pozzo
sich wieder dahin begeben und bis nicht mir von I. k. M. ein anderer
allergnädigster Befehl einlaufe, in seine Charge wieder eingesetzt,
einfolglich auch an denselben die Garnison gewiesen sein solle.
So E. E. zu Ihrer weiteren Direction und gehöriger Verfügung
hiemit unverhalte und verbleibe etc.
291.
An den Grafen Gallas. Vor Ryssel, 5. November 1708').
Dero vom 19. passato wird mir zurecht und erfreut mich, daraus
ersehen zu haben , dass Ihnen auch die Meinigen richtig eingelaufen
seien, hiernächst aber das Volk an meiner Genesung einen so grossen
Theil nehmen wollen.
Dass die Königin von Portugal von Portsmouth abgereist, dient
mir zur guten Nachricht.
*) Fehlt in den Aoten,
•■*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XI. 4.
312
Das Geld für die zwei Regimenter solle , wie mir der Mylord
Diic gesagt, zu Amsterdam ankommen und auf mich dressirt sein;
ich weiss aber selbsten noch nicht, wie hoch eigentlich die Summa sei.
Was die Recruten angeht, dient Ihnen zur Nachricht, dass man
freilich nicht auf das Wetzelische Regiment vergessen müsse, weilen,
wie man in meiner Anwesenheit im Haag sich verstanden hat, England
das Werbgeld vor die Recruten der sämmtlichen dahin kommenden
kaiserl. Regimenter bezahlen müsse , wie beigehende beide Artikel
ausweisen. Ich wäre also der Meinung, dass es, was die Anzahl sothaner
Recruten selbsten angeht, genug sei, wann man bei denen darinnigen
vier kaiserl. Regimentern einem jeden 500 Mann und also in Allem
2000 Recruten anrechnete, die ich auch in tempore zu liefern über-
nehme ; allein müsste man von kSeiten England wegen der Werbgelder
es unverlangt richtig machen und die gewisse Veranstaltung thun,
dass diese verlässlich und ohne weiteren Anstand zu Händen gebracht
werden ; wobei anzutragen wäre , dass zum Fall nicht ein Mehreres
für einen stellenden Recruten zu erhalten sein würde, auf das wenigste
dasjenige bezahlt werde, was man für die zwei Regimenter Guido und
Osnabrück accordirt hat.
Ein Mehreres an Recruten wird nicht wohl gegeben Averden
können, weilen durch den langwierigen Krieg die Mannschaft ziemlich
abgangen und auch sonsten für die heraussigen kaiserl. Regimenter
allenthalben eine grosse Anzahl Recruten erforderlich ist.
Bei der Reiterei glaubte ich das Beste zu sein, dass man sich
in loco mit dem Herrn Feldraarschall Grafen Guido von Starhem-
berg vergleiche. Worüber von Deroselben, wie Ein- und Anderes
gerichtet worden, die fernere Nachricht erwarten will.
In der päpstlichen Sache habe mit dem Mylord und denen
Deputirten geredet, wobei dieser der Meinung gewesen, dass man
oder, wann es nicht schon zu weit gekommen, die Sache in Güte
vergleichen, oder aber mit solchem Ernst angehen sollte, dass durch
die Gewalt der Waifen darinnen noch diesen Winter ein End ge-
macht werde. Wegen der neuen Convoy nacher Ostende bin ich
schon informirt. Meine übrige Commission recomniandire ich Ihnen
auf's Beste, und bleibt es wegen der Messer darbei, dass deren zwe
gemacht werden, conformire mich auch demjenigen, was Sie mit dem
Meister der Gravüre halber schliessen werden. Bedanke mich übrigens,
dass Sie inzwischen a conto die 320 Pfund Sterling gegeben haben,
und weilen Sie glauben, dass all' und jedes auf 460 Pfund Sterling
hinauflaufen werde, so will ich Ihnen auch die Summam übermachen
lassen.
313
292.
An den FML. Grafen Königseg-g". Feldlager vor Lille,
6. November 1708 ')•
Meinem Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant sage dienstlichen
Dank für die mir unterm 11. passato gethane Communication dessen,
was Ihre kaiserl, Majestät an Denselben geschrieben und mein Herr
General-Feldmarschall-Lieutenant daraufhin geantwortet hat. Ich finde
hierüber nichts Anderes zu bedeuten, als dass Deroselben Antwort in
Allem approbire.
Was sonsten die Differenzen zwischen dem Grafen Castelbarco
und dem Herrn General- Wachtmeister und ObristKriegscommissario
Baron Martini betrifft, habe ich allezeit gezweifelt, dass man dieser
zwei und sonderlich des ersteren harten Kopf werde zwingen und
zusammenbringen können. Schliesslichen ist mir leid, dass dem Herrn
Grenadier-Hauptmann von Gibbon darum nicht dienen könne, weilen
ich bereits für den Herrn Obristlieutenant S u h a j d a an den Herrn
Obristen Gvulai geschrieben habe. Womit etc.
293.
An den GWM. Plischan. Feldlager vor Lille, 6. November 1 708 '^) .
Des Herrn General-Wachtmeisters vom 4. und 25. passato habe
wohl erhalten und bedanke mich im ersten, dass Derselbe an meinen
empfangenen Wunden theil hat nehmen wollen, sage auch dem Herrn
General- Wachtmeister übrigens in Antwort, wasmassen die Werbgelder
zur Errichtung der neuen Regimenter bereits eingelangt seien, und
weilen ich solchemnach darvon nacher Hof schreibe, um dass man
sothaner Regimenter halber nunmehr ein Ende machen möchte, als
wird sich auch Derselbe deshalb des Weiteren anzumelden haben.
Womit etc.
294.
BericM an den Kaiser. Lager vor Lille, 7. November 1708^).
Nachdem ich keine Materie habe, Euer kaiserl. ÄLijestät heute
mit mehrerer Ausführlichkeit in aller Unterthänigkeit zu Ijerichten, so
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 11.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708 ; Fase. XI. 7.
^) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. ad 1.
314
habe ich docli allerp^ehorsamst nicht umgehen sollen, Deroselben die
allernnterthänigste Nachricht abzustatten, wie weit man seit meines
Letzteren mit der Attaque des Citadells gekommen sei. Ich schliesse
solchenmach das gewöhnliche Tagzettel bei und thue mich annebons etc.
295.
An den Hof krieg srath. Vor Lille, 7. November 1708 ').
Einem löbl. Mittel beantworte ich hiemit Dero an mich abge-
lassene drei Rescripta vom 2., 6. und 15. passato, und zwar kann ich
1™° in die Aggregation des Lieutenants S c h w e i d l e r bei meinem
unterhabenden Dragoner -Regiment darum nicht einwilligen, weilen
dieser Officier nach 86jährigen Diensten und aufhabenden drei abson-
derlich schweren Wunden, wie Ein löbl. Mittel selbsten meldet, zu
ferneren Felddiensten nicht mehr tauglich sein kann ; wäre daher weit
besser, denselben in einer Festung unterzubringen, wo er seinen Unter-
halt eben haben und davon subsistiren, Ihro kaiserl. Majestät aber
bessere Dienste zu prästiren vermag.
2*^" Sage Einem löbl. Mittel den schuldigen dienst- und freund-
willigen Dank vor das Mitleiden, so Dasselbe über meine empfangene
Blessur contestiren wollen, wohl wissend, dass Ein löbl. Mittel in Freud
und Leid mit mir gleichen Antheil habe.
3''" Habe ich gern ersehen, dass der Recruten halber von Ihro
kaiserl. Majestät in einer Deputation die endliche Resolution abgefasst
worden. Einem löbl. Mittel recommandire ich das Werk ob seiner
Importanz bestens und ersuche Dasselbe beinebens, auf die vier in
Catalonien stehenden Regimenter keineswegs zu vergessen; wobei ich
der Meinung wäre, dass man zum wenigsten für ein jed weders auf
500 Mann, und also in Allem dahin auf 2000 Mann antragen solle.
4'" Habe ichmeinesorts wider die von dem Herrn Hof-Kriegssecretär
von Rechkron ansuchenden völligen Feldkriegs-Secretariats-Portiones
kein sonderliches Bedenken, wann nur die l()bl. Hofkammer dagegen
nicht schreien und excipiren möchte.
5**^ Habe ich Einem löbl. jMittel noch vorlängst wegen Ausferti-
gung der Hauptmanns-Aggregatiüu bei dem Dietrichsteinischen Regi-
ment, für den Herrn Grafen von S t u b e n b e r g geschrieben ; so ich
demselben hiemit nochmalen repetire, mit der weiteren Erinnerung,
Ein löbl, Mittel wolle, zum Falle es noch nicht geschehen wäre, die
') Krie^s-A., NiederlaTide 1708; Fase. XI. 17.
315
behörige Expedition darüber sogleich ausfertigen und dieselbe von
der Zeit, als ich von Wien abgereist, datiren.
6*" Hat mir der Lieutenant Bodar beigehendes Memorial anhero
eingeschickt, und weilen ich aber von Einem löbl. Mittel über die
Vacanz der ansuchenden Compagnie noch nichts vernommen, so wolle
mich Dasselbe hierüber berichten. Womit etc.
296.
An den Feldmarschall und Hofkrieg-sraths-Vice-Präsidenten
Grafen von Herber stein. Vor Lille, 7. November 1708 'j.
Aus Euer Excellenz unterm 0. passato an mich abgelassenen
werthestem Schreiben ersehe ich den richtigen Empfang meiner von
hier an Dieselbe Erlassenen und bedanke mich gegen E. E. für das
Leidwesen, so Dieselbe meiner empfangenen Blessur wegen haben
contestiren wollen,
Dass an den Herrn Grafen von Löwenstein wegen Erhandlung
der fränkischen Truppen geschrieben worden, daran ist zwar sehr
wohl beschehen, da nuumehro auch das Geld ankommen ist, gleich
ich mit abgewichener Post Ihre kaiserl. Majestät hiervon die schul-
digste Nachricht erstattet und Sie anbei gebeten habe, die Sachen der
zwei zu errichten habenden Regimenter willen, bei so beschaffenen
Dingen umso schleuniger auszumachen ; unverhalte aber E. E. dabei,
wasmassen ich dahier einen gar wackeren und tapferen Officier ge-
funden habe, welcher als General - Wachtmeister in I. kaiserl. M.
Dienst herübergezogen werden könnte, und Hoffnung hat, von dem
Herrn Markgrafen von A n s p a c h ein Bataillon Grenadiers , so
derselbe annoch zu Hause hat, um ein Leichtes zu überkommen, um
mit diesem eines von denen neu errichtenden Regimentern zu formiren,
so nicht allein ein guter Vorschub und Fuss des Regiments wäre,
sondern anbei auch L kaiserl. M, den Vortheil hätten, einen wackeren
Officier von Infanterie in Dero Dienste zu bekommen, den ich specia-
liter kenne und bei obgewester hiesiger Belagerung selbsten gesehen
habe, was unter ihm sei. Ich will mit ihm weiters hierüber reden und
E. E. sodann das Fernere erinnern. Inzwischen aber bleibt es dabei,
dass der Herr GWM. Plischau eines von diesen beiden Regimen-
tern haben sollte.
Wegen des Recrutenwesens ist es unumgänglich, dass dieses
\\'erk einsmals völlig ausgemacht sei, E, E. belieben Sorge zu tragen.
*) Krieg-s-A,, Niederlande 1708; Fase. XI. 19.
damit dabei auf die vier in Spanien stehenden Regimenter nicht ver-
gessen, sondern positive dahin angetragen werde , dass einem jeden
derselben auf das Wenigste 50.0 Recruten und also zusammen in
Allem 2000 Mann angewiesen werden.
Was das Wetzl'sche Regiment anbetrifft, dabei hat es sein Bewenden.
Belangend endlich den Herrn General Heister, ist zu bedauern,
dass durch seine Capricc die beste Zeit verloren gangen. Grleichwie
aber seithero der Status in Ungarn zu einem anderen Anschein ge-
kommen, so habe ich E. E. darüber weiter nichts zu annectiren.
Womit etc.
297.
An den Bischof zu Würzburg". Vor Lille, 7. November 1708 0-
Euer Liebden sage ich den schuldigen Dank vor die unterm
28. passato mir gethane Aggratulation zur Eroberung der Stadt Lille
und erfreue mich mit Deroselben hierüber umsomehr, als Dero beide
dahier stehende Regimenter, sowohl Officiere, als Gemeine das Ihrige
dazu wohl contribuirt und dasjenige gethan haben, was wackeren und
braven Kriegsleuten zukommt und von ihnen gehofft werden kann.
Euer Liebden persuadiren sich, dass ich zu derenselben Behuf
Alles contribuiren will; was aber die Winterquartiere angeht, kann
ich Deroselben darüber weder was versichern, noch Positives sagen,
weilen noch nicht einmal ein Anschein ist, wo die kaiserlichen Regi-
menter zu logiren sein werden.
Im Uebrigen kann ich Euer Liebden nicht verhalten, wasmassen
ersagte Dero beide Regimenter mit Anfang der Campagne nicht nur
nicht complet gewesen, sondern einen Abgang gegen 1000 Mann
gehabt haben. Gleichwie aber solchergestalten eine Unmöglichkeit ist,
dass die Regimenter sich conserviren können und nicht zu Grund
gehen müssen, Euer Liebden aber sonsten wohl wissen, dass Sie ein-
gestanden haben, dieselben complet zu stellen, als habe Euer Liebden
hiemit ersuchen wollen , diesfalls auf Remedur gedacht zu sein.
Womit etc.
298.
An den General-Lieutenant Grumbkow. Vor Lillß,
7. November 1708').
Ich erhalte Dero werthes Schreiben sanimt dem Einschluss Seiner
königl. Majestät zu Preussen zurecht, und nebstdem dass Deroselben
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. 18.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 11.
317
vor dessen Communication liiemit den dienstlichen Dank sage, ersuche
Dieselbe auch /ugleich, in meinem Namen AUcrliöchstgedachter Seiner
königl. Majestät den allerunterthänigsten Dank abzustatten vor die hohe
königliche Gnade, so Sie in dem erwiesen, dass Sie meiner empfangenen
Blessur halber ein allergnädigstes Mitleiden haben tragen wollen. Und
gleichwie dieses zu meiner besonderen Consolation gereicht, umsomehr
werde ich in allen Occasionen beeifert sein, dieselbe allei'gehorsamst
zu verschulden.
299.
An den Erzbischof von Mecheln (Malines). Lager vor Lille,
7. November 1708'}.
Monsieiir, quoiqu'il m'est fort sensible d'apprendre par la votre
du 10 d'octobre la mort de Madame la Comtesse, ma mere, je rae
console neanmoins qu'elle est dccedce administree des sacraments de
l'eglise, vous etant beaucoup obligc , Monsieur, de la part que vous
y avez voulu prendre, vous assurant en mcme temps que je suis plus
que nul, Monsieur, etc.
300.
An den Hofkrieg-srath Thiell. Feldlager bei Lille,
7. November 1708*).
Des Herrn Hofkriegsraths vom ö., 13., 17. und 20. passato habe
nach und nach wohl behändigt und bedanke mich vor die in Einem
und Anderem so punctual gebenden Nachrichten.
Dass nunmehr die Recruten und Rimonten nachcr Siebenbürgen
im wirklichen Marsche zu sein supponirt werde, vernehme ich gern
und conformire mich unter einsten mit dem, dass wegen später Jahres-
zeit der Herauszug beider Regimenter Rabutin und Montecuccoli nebst
denen 11 Löifelholzischen Compagnien auf künftiges Frühjahr ver-
schoben werde, dergestalt jedoch, dass derselben Abmarsch sodann
ohne weiteren Anstand erfolge, wobei aber vornehmlich die Disposition
angekehrt werden muss, dass wegen derselben heurigen Recrutir-
und Rimontirung das Behörige in seine Richtigkeit gebracht werde.
Was der Herr Hofkriegsrath sonsten von der Raab- und
Komorn'schen Einrichtung erinnert, weilen diese vor dem Schlüsse
des ungarischen Landtages nicht wohl geschehen kann, falle ich der
überschriebenen Meinung allerdings bei, dass die daselbstigen Frei-
') Kriegs- A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 12.
^) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. XI. '6.
318
Compagnien inzwischen von denen heurigen Land-Kecrnten completirt
lind deren Verpflegung in dem Quanto der beiden Heister- und
Tollet'schen Regimentor zugeschlagen werden könnten.
Nachdem der Ibrahim Pascha gestorben, so ist zu wünschen,
dass an dessen Platz ein besserer und ruhigerer Nachbar gesetzt werde ;
wobei dann auch nicht so schlimm sein würde, denselben, wer es auch
ist, gleich bei dem Antritt dieser Charge durch ein- oder andere
erweisende Höflichkeit mehr auf unsere Seite zu bringen.
In Sachen des ungarischen Quartierwesens und die durch den
T o 1 V a y von dem Bercsenyi mündlich gemachte Proposition eines
armistitii flnde ich quoad primum des Feldmarschalls Graf von Heister
Gedanken, sich an der Gran hinauf und in die Bergstädtc zu postiren,
um sodann das anderseitige Donau-Land zu säubern, nicht übel; weit
besser aber wäre es gewesen, wann solches gleich nach der glücklichen
Action vorgenommen worden wäre.
Die angeschlossenen Conditionen habe ich durchgelesen und
dabei ad secundum gradum zu erinnern, dass man in allweg trachten
solle, die Bergstädte zu manuteniren, worüber, was für eine Antwort
von dem B e r c s e n y i zurückgekommen und wie hiernach die Postirung
regulirt werden wird, ich von dem Herrn Hoflcriegsrath der weiteren
Nachricht gewärtig sein will.
Ich wäre aber hiebei ein- für allemal meiner vorhin allezeit
gefassten Meinung, dass nämlich zu des Kaisers Dienst viel besser
wäre, Hungarn mit der Gewalt der Waffen zum Ruhestand zu bringen,
als zu Stabilirung desselben sich in Conditiones einzulassen, weilen hiebei
nicht unbillig zu besorgen, dass sich die Fideles mit denen Untreuen
unter der Hand verstehen dürften.
Schliesslich dient mir zur Nachricht, was der Herr Hofkriegs-
rath wegen des resolvirten Commaudo zu Szegedin, Brood und sonsten
erinnern wollen. Womit etc.
301.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager bei Lille,
7. November 1708 •)•
Ich habe des Herrn General - Wachtmeisters und Obrist-Kriegs-
commissarii vom 10. und 17. passato an mich Abgelassene wohl
empfangen, und da ich in dem Ersteren zwar ersehen, dass Derselbe
ein meiniges Schreiben vom 19. Novembris anzieht, in dem Anderen
*) Krieg8-A., Italien 1708; Fase. XI. 12.
319
auch zwei vom 9. und 30. detto accusirt, umso befremdender vernommen,
dass eine Zeit von meinen Vorhergangenen nichts eiugeluffen sei, wo
ich doch kein einziges Schreiben von dem Herrn General-Wachtmeister
und Obrist-Kriegäcommissario unbeantwortet gelassen habe. Ich werde
solchemnach, weilen es für heute zu spät, bei der Kauzlei nachsuchen
und Duplicate verfertigen lassen.
Die eingeschickte Interims-Tabelle von denen Osnabrück'schen
Recruten dient mir inzwischen zur Nachricht ; weilen aber die verlangte
authentische Tabelle bei der erinnerten Beschafienheit von dem engli-
schen Minister nicht unterschrieben werden kann, so wird der Herr
General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissarius den von dem
englischen Gesandten von P a 1 m e s vorgeschlagenen Modum exequiren
lassen; und weilen aber ersagte Recruten noch nicht völlig beisammen,
hingegen aber nach dessen Erinnerung es scheinen will, dass sich
auch deren Transport noch wohl etwas verschieben werde, so wäre
zu wünschen, dass der Ueberrest in tempore eintreffen und Alles
insgesammt überschifft werden möchte. Es geschehe aber in corpore
oder nicht, so habe ich dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-
Kriegscommissarius zu erinnern für nöthig erachtet, dass die noch
Zurückseienden bei ihrer Ankunft keineswegs zu Mantua aufgehalten,
sondern directe gegen Final d'Espagne befördert werden sollen, damit
sie nicht etwo durch ihren Aufenthalt in Mantua von einer Krankheit
angesteckt werden.
Was den letzten Contract mit dem Charrier angeht, bleibe
ich bei meinem Vorigen, dass ich mich hierein nicht mengen, sondern
dem Herrn General-Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissarius über-
lassen will, wie Derselbe der von Seite des Hofes nicht approbirenden
Interessen halber sich herausziehen werde, obwohlen ich mir jedesmal
für eine Freud halte, wann ich Demselben was dienen kann.
Die Remonstration und die Verantwortung, so der Herr General-
Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissarius des Herrn General-Kriegs-
commissärs Excellenz eingeschickt, habe ich nicht gesehen, weilen diese
erkrankt und bereits von der Armee weggereist sind; ich glaube aber,
nachdem von Ihro kaiserl. Majestät die von Demselben gemeldete
Deputation zu Mailand angeordnet ist, dass der Herr General- Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissär dabei Gelegenheit genug haben
werde, nicht nur Seine Behuf, sondern auch die Nothdurft der noch
weiters und vornehmlich anjetzo erforderlichen Mittel remonstriren
zu können.
Für das communicirte Project der heuerigen Winterquartiere sage
Demselben dienstlichen Dank, nachdem aber der Herr General-FML.
320
Graf von Harr ach mit der allergnädigsten kaiserlichen Resolution
darinnen schon ankommen ist, so werden wohl die mehrsten kaiserlichen
Truppen in dem Päpstliciien unterkommen k(3nnen, dabei aber, wie
des Herrn Feldmarschall Grafen von Daun's Excellenz in einem an mich
abgelassenen Schreiben gar vernünftig melden, gesehen werden müssen,
dass die Regimenter nicht nur Subsistenz haben, sondern auch hier-
nächst zu Behuf anderweiter Erfordernuss einige Contribution gezogen
werden möge.
Die mit denen zwei sachsen-gothaischen Regimentern insoweit
errichtenden Puncta über den von ihnen angesuchten Douceur, dienen
mir zur Nachricht, und ist gar wohl geschehen, dass diese und alle
derlei Sachen zur allergnädigsten kaiserlichen Ratihcation eingeschickt
worden,
AVas der Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscom-
missarius wegen der Roccavion'- und Hautois'schen Regimenter meldet,
dabei hat es sein gutes Bewenden.
Vor den Theil, so Derselbe meiner Blessur wegen hat nehmen
wollen, bin dem Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscom-
missario sehr obligirt.
Dass Derselbe übrigens dem bewussteu Maler auf Farben,
Leinwand und sonsten Geld gegeben, dafür thue ich mich hiemit
bedanken und ersuche zwar den Herrn General- Wachtmeister und
Obrist-Kriegscommissarius, ihm damit noch weiters zu secundiren, vorhero
aber, ehe man viel Geld hinausgibt, mit ihm ordentlich zu tractiren
und zu sehen, wie er das Seinige mache und ob es nicht etwo Mängeln
unterworfen sein möchte; inmassen ich wünschen wollte, wann ich
vorhero etwas Weniges von seiner Hand sehen könnte, oder dass er
mir ein kleines Project von einem oder anderen der zu machen
habenden Bilder formirete, so ich dem Herrn General-Wachtmeister und
Obrist-Kriegscommissarius, als welcher die Sache am besten versteht,
überlasse.
302.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Vor Lille,
7. November 1708 Vi.
p]uer Excellenz sage ich hiemit den schuldigen Dank, dass Sie
mich mit Dero werthem Schreiben vom 17. passato beehren und
unter einsten dasjenige communiciren wollen, was Sie sowohl über
die in Piemont zurückgelassenen Truppen , als des päpstlichen
») Kriegs-A., Italien 1708; Fase XI. 14.
321
Unwesens halber an Ihre kaiserl. JMajcstät mit aller Ausführlichkeit
relationirt haben. Ich kann nicht anders, als diesen Ihren erstatteten
Bericht durchgehends approbiren, inmassen Sie Ihrer beiwohnenden
bekannten Vernunft nach die Sache gar wohl und solchergestalt ge-
nommen haben, wie es ein Genoral thun und nehmen solle.
Wegen, der preussischen Truppen allein habe ich Ihnen annectiren
wollen, dass die Schwierigkeit mit denenselben, sich wider die Päpst-
lichen gebrauchen zu lassen, allerdings gehoben ist, gleich ich dahier
nicht nur von dem Mylord Duc de Marlborough, sondern von
einem preussischen General selbsten die Nachricht habe , wasmassen
hierüber von dem König die Ordre wirklich ergangen sei.
Ich ersehe sonsten, dass E. E. um die Erlaubniss Ihrer Hinaus-
reise weiters insistiren, welche, wann es Dero Zustand nicht anders
zulasset, ich Ihnen vom Herzen gönne; wiewohlen Dero Person zu
Beförderung Kaisers Dienste bei gegenwärtigen Conjuncturen in Italien
unumgänglich wäre und gar schwer sein wird, jemanden Anderen zu.
finden, so man Deroselben substituiren kann.
E, E. melden mir hiernächst, dass Sie einige Zeit von mir kein
Schreiben erhalten, ich kann Sie aber versichern, dass ich nicht nur
auf die Ihrigen jedesmals punctual geantwortet, sondern auch a parte
alle Wochen zweimal mein gewöhnliches Tagzettel an Sie abgeschickt
werde, dass also oder die Briefe verloren gangen, oder aber eine Zeit
verliegen blieben sein müssen.
Uebrigens ersuche^ ich E. E., um mich in dem Recrutirungswerk
und sonsten dirigiren zu können , mir von dem darinnigen Stand der
sämmtlichen Truppen eine General-Tabelle zu überschicken und hier-
nächst auf die Rimont- und Recrutirung der darinnigen Cavalieria zu
reflectireu. Dem Herrn GWM. und Obrist-Kriegscommissär Freiherrn
von M a r t i n s b e r g (Martini) ist schon bekannt, was ich hierzu für
einen Fundo in meinem Darinsein applicirt und gesucht habe, worauf
dann auch E. E. beliebig antragen und weiters unbeschwert sehen
wollen, wie man sothane Rimont- und Recrutirung bewerken möge,
umsomehr, als die sonsten in Italien gestandene Cavallerie merklich
verringert worden. Womit etc.
303.
An den G. d. C. Marquis Visconti. Vor Lille, 7. November 1708')-
Euer Excellenz Beide vom 13. und 20. passato Averdcn mir
zurecht. Ich weiss nicht, ob, wie Sie zwar melden, nacher Mailand
») Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 16.
Feldziige des Priuzeu Eugeu v. Savoyeu. II. Serie, I. Baud. Supplement-Ueft. -^1
322
abgehen werde, angesehen die Campagne dahier noch dauert und
man das Ende davon noch nicht wissen kann.
Was das Commando in Italien betrifft, wann der Herr General-
Feldmarschall Graf von Dann herausgehen solle, referire ich mich
auf die Vorigen , in welchen E. E. bedeutet, dass, gleichwie ich nicht
wisse, was des Hofes Intention sei, einfolglich nicht my wegen Ab-
raangel derselben, sondern auch wegen der weiten Entferntheit diesfalls
nichts zu thun vermöge.
Ich habe E. E. nicht weniger des ansuchenden Billets halber bereits
geantwortet, weilen Sie aber davon nochmalige Meldung thun, so will
ich Ihnen auch hiemit gleichfalls wiederholen, dass ich darum darzu
nicht einrathen könne, weilen ich Ihro kaiserl. Majestät in aller Unter-
thänigkeit proponirt und gebeten, dass Sie derlei Billeten nicht mehr
geben möchten.
Belangend den Actum mit Sabbioneta, darüber habe ich nacher
Hof bereits geschrieben und bedanke mich gegen E, E, für die davon
ertheilte Nachricht.
Wegen des klagenden commissariatischen Abzuges werden E. E.
in Dero Anwesenheit zu Wien das Weitere zum besten ausmachen
können, dann von hier aus kann ich diesfalls nichts thun.
Uebrigens habe ich E. E. nach und nach an mich erlassene
Schreiben beantwortet und hoffe, dass sie inzwischen eingeloffen sein
werden, allein braucht es auch dazu Zeit, weilen die Briefe anhero
und zurück gegen 4 Wochen zubringen. Womit etc.
304.
An den Grafen Joseph Scipio Castelbarco. Vor Lille,
7. November 1708')-
Beide Deroselben vom 13. und 16. passato haben mir über die
dortigen Begebenheiten vollkommenes Licht gegeben, wofür Deroselben
auch den geziemenden Dank erstatte und nicht zweifle, es werden
Ihnen auch die meinigen unter der Zeit Abgeloffenen wohl zukommen
sein und Dieselben daraus ersehen haben, dass die hiesige Stadt capi-
tulirt und davon vollkommen Possess genommen und darauf die Attaque
gegen den Citadelle angegangen sei, welche, wie weit sie avancirt, Sie
aus dem angehenden Journal des Mehreren beliebig ersehen werden.
Worauf mich dann Kürze halber beziehe und hiernächst verbleibe etc.
«) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 17.
323
305.
An denselben. Bei Ryssel, 7. November 1708 ').
(Als cliiÖVirtes Billet dem voihergeheuden Schreiben beigeschlossen gewesen.)
Was das Vigevanascische angeht, kann ich Ihnen darüber meiner-
seits nichts Positives sagen, weilen ich nicht weiss, was Ihro königh
katholische Majestät etwan anbefohlen haben möchten, so mir meiner so
weiten Eutferntheit halber nicht allezeit zukommen kann. Sie kennen
hiernächst auch unseren Hof, demungeachtet zweifle ich doch nicht,
dass man Seiner königl. Hoheit auf alle Weise zu vergnügen suchen werde.
Ich weiss wohl , dass der Herzog gesucht habe , der hiesigen
Unterredung von künftiger Campagne beizuwohnen, es hat aber der
Mylord Duc sich entschuldigt, dass er gleich nach geendetem Feld-
zug in England übergehen müsste und sich im Geringsten nicht auf-
halten könnte.
Was aber sonsten das bewusste Absehen belangt, kann man
hievon weder reden, noch was proponiren, bis man nicht von denen
künftigen Operationen handeln wird , allermassen sich dann auch der
von S c h u 1 e n b u r g annoch im Haag befindet und wegen gesperrter
Communication nicht vollends hat anhero kommen können.
306.
An den Grafen Franz Karl Kannitz. Feldlager vor Lille,
7. November 1708').
Aus Deroselben vom 13. passato habe ich gern ersehen, dass das
von hier aus posttäglich communicirende Journal, wovon die Continuation
hiemit abermalen beschieht, richtig einlaufe.
Dass der Marschall T e s s e zu Rom angelangt , dient mir zur
Nachricht; ich zweifle aber allezeit, dass, wie Sie melden, derselbe die
päpstliche Armee bei erfolgender Ruptur commandiren solle. Indessen
thun Sie gar wohl, dass Sie auf Alles genau Obsicht tragen und sowohl
des Hferrn Cardinalen Grimani Eminenz, als des Herrn Prinzen von
Darm Stadt Liebden davon parte geben.
Der Herr Marquis Prie muss indessen allda zu Rom schon an-
gelangt sein, und weilen auch die kaiserlichen Truppen um diese Zeit
in dem Ferraresischen wirklich eingetrofi'en haben werden, so ist zu
hofl'en, dass ersagtes Herrn Marquis Comraission mit der Macht der
•) Kiiegs-A., Italien 1708; Fase. XI. IT'/j.
2) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 18.
21^
324
Waffen wohl wird unterstützt und befordert werden, und zwar umso
viel mehr, als auch die in Italien stehenden königl. preussischen
Truppen allbereits die Ordre erhalten haben, bei erfolgender Ruptur
sich gebrauchen zu lassen. Womit etc.
307.
An den FML. Grafen König-seg^. Feldlager bei Lille,
7. November 1708').
Aus meines Herrn General-Feldmarschall-Lieuteuants Beiden vom
10. passato habe mit Mehrerem ersehen, was Derselbe in Einem für den
Herrn Hof- und Feldkriegs-Secretär Li dl, in dem Anderen aber für den
Administrations - Kanzellisten Jane bürg recommandando hat melden
wollen. Was nun den Ersteren belangt, muss derselbe das Weitere mit dem
löbl. kaiserlichen Hofkriegsrath ausmachen und das Beliörige solchem-
nach dahin gelangen lassen. Wegen des Änderten aber, nachdem derselbe
bewusstermassen aus dem Kriegs-Staat ausgethan und mit seiner Gage
zur Administration von Mantua gegeben worden , als muss derselbe
auch daselbsten seine Besoldung sollicitiren und angewiesen haben,
gleichwie darüber die behörige Expedition ergangen und nicht zu
zweifeln ist, dass er daselbsten wird bezahlt werden und wozu dem-
selben mein Herr General-Feldmarschall-Lieutenant zum besten wird
helfen können. Womit etc.
308.
An den spanischen Gesandten Don Francisco Bernardo de
Quiros. Lager bei Lille, 7. November 1708')-
J'ai re^u les deux lettres dont Votre Excellence a plu de
m'honorer du 23 et 26 passe. Je Lui remercie de la communication
des deux lettres qu'Elle avait ecrit au Milord Duc; j'ai aussi de
bonne esperance que toutes les troupes, qui se trouvent eu Catalogue,
seront recroute, ne raanquant poiut de le presser vivement et d'attri-
buer de mon cote pour le Service de Sa Mtc Catholique tout ce qu'il
pourra dependre de moi ou etre possible.
Je connais Ackinheait (Aikenhead) dont V. E. a envoye la
copie de sa lettre; c'est un veritable fripon, qui ne cherche que
tromper le monde. Je souhaiterais de le prendre par la tete, et je
prie V. E. si Elle en aurait l'occasion, de ne la pas negliger.
») Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 19.
*) Kriejrs-A . .Spanien 1708; Fase. XI. 12.
325
J'ai fait reponclre an beaufils de Monsieur Tleems, en cas qu'il
n'anrait point de passe-port valable, qu'il m'envoie les dcpeches de
Vienne par l'ordinaire. Je suis fache qiie mon neveu a manque
d avertir V. E. a son arrivee de la reduction de cette ville et de Lui
faire en meme temps ses corapliments , l'ayant ordonne expressement.
En attendant j'espere qu'ElIe aura re9u la capitulation iraprimee qu'on
a envoye ä son secretaire par la Chancellerie de guerre, et je suis tres . .
309.
An den Herzog von Savoyen. Bei Lille, 8. November 1708 ').
C'est avec beaucoup de joie que j'ai reyu la lettre de V. A. K,.
du 17^™'' d'octobre, par laquelle Elle deigna de prendre part h, ma
blessure et de vouloir entendre en meme temps, qu'on soit eniin venu
ä beut de l'entreprise de cette ville. Je Lui rends milles gräces de
Son Souvenir, et je suis entierement gueri de ma blessure, ne doutant
point que V. A. R. aura non seulement re9u ma precedente, oü je Lui
ai marque la reduction de la dite ville, mais que Lui en sera aussi
rendue la capitulation par la meme voie dont on se sert pour le Journal.
Le general Schulenburg n'est encore arrive ici, etant
oblige de rester ä la Haye a cause de la communication coupee par
les ennemis; en attendant on ne peut aussi commencer a parier des
Operations prochaines, jusqu'ä ce que la campagne sera terminee, et
croyant qu'on sera alors oblige d'aller dans ces voisinages pour s'y
entendre sur ce point, ainsi j'aurai aussi l'occasion d'entendre de bouche
du dit general ce que V. A. R. me voudra ordonner, l'assurant qu'il
n'y a rien au monde, qui m'est plus au coeur que l'interet de V. A. R.
Pour les recrues d'infanterie on a deja donne les assignations aux
officiers dans les pays, dont la moitie doit etre en etat et rendue sur
la fin du mois de decembre, et le reste au mois de fevrier; et pour
ce qui regarde les recrues et remontes de cavalerie, je les presserai
de ma part autant qu'il sera possible et le service et la conservation
des regiments memes l'exigent.
Au reste V. A. R. a bien juge d'avoir laisse partir toute la cava-
lerie pour le Ferrarois avec quelque Infanterie, sachant bien, com bien
la cause commune exige que dans les conjonctures presentes on y
mette enserable un bon corps de troupes, pour etre en etat de promover
l'accommodement des affaires, ou de les commencer en cas du besoin
avec toute la vigueur et y mettre fin avant le printemps, et je suis
avec tres-profond respect. . . .
1) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 22.
326
310.
An den Marschall Vendöme. Loos, 10. November 1708 ').
Jai regu hier au soir votre lettre du 7 iiovembre. Tous les
generaux ä qui j'ai eu a faire, me rendront la justice a ce que j'espere
que jamais honinie n'a garde plus religieusement sa parole, sans que
jamais les tenips, les coujonctures, ni queUpies raisons que ce soit, m'en
aient empeche. Le Sr. Vendrelinde (Vau der Linden) receveur des
contributious et passeports, a ete arrete parcequ'un certain L'Esveque
s'est sauve malgre la parole, qu'il avait doune de rester. Je ferai
cependant relacher le Sr. Vendrelinde. C'est, Monsieur, tout ce
que je vous puis dire sur ce chapitre et suis Lien aise de trouver
cette occasion etc. etc.
311.
BericM an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 11. November 1708*").
Aus Euer kaiserl. Majestät unterm 20. passato an mich erlassenem
allergnädigstem Handschreiben habe ich in aller Unterthänigkeit mit
Mehrerem ersehen, was Sie mir über die Unbeständigkeit der königl.
preussischen beschwerlichen Anforderungen allergnädigst anzubefehlen
und davon zugleich vollkommenen Unterricht zu ertheilen geruhen
wollen.
AVie ich nun bei denen in meiner Anwesenheit zu Wien öfters
über diese Materie gehaltenen Conferenzen hiervon ohne das (ohne-
dies) die nöthige Auskunft überkommen habe, so hatte ich noch vor
Eiulaufung dieses E, k. M. allergnädigsten Befehls conversationsweise
bereits die Gelegenheit gehabt, hiervon mit dem Mylord Duc de Marl-
borough zu sprechen und werde solchemnach umso weniger uner-
mangeln, wann ich der künftigen Prorogation dieses Tractats bei-
wohnen und mich noch dahier befinden sollte , bei dem Fürsten und
Duc de Marlborough noch zuvor gleichfalls dahin anzutragen und
mich hierzu derjenigen Ursachen zu bedienen, welche E. k. M. aller
gnädigst beigerückt haben.
Was aber übrigens das von dem pi'eussischeu Residenten der
in Italien stehenden Völker halber E. k. M. eingereichte und mir
allergnädigst angeschlossene Memoriale ])etrifft, da wird Deroselben
inmittelst zu allergnädigsten Händen gekommen sein , was der Feld-
raarschall Graf von Dann mit denenselben bis zu Dero allergnädigsten
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. ad 24.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708 ; Fase. XI. 27.
327
Genehmlialtung erriclitet haljc, und ich tliue mich dubei mit E. k. j\[.
allergnädi^ster Meinung in aller Unterthänigkoit conformiren , dass
man ersagten löbl. königl. preussischen Völkern in allweg vergnüglich
begegnen solle, weilen es weit besser ist und E. k, ^l. viel vorträg-
licher fallet, ihnen was Gewisses und Leidentliches einzustehen, als
deuenselben Alles abzuschlagen und sie gar zu genau zu halten, da
sie auf solchen Fall einen als den anderen Weg unter allerhand Namen
und Vorwand vom Land nehmen und leben würden, so gut sie können,
auf diese Weise aber ein weit Mehreres herauspressen und excediren
dürften, als wenn man ihnen etwas Gewisses einwilligen würde. Womit etc.
312.
An den kaiserliclien Gesandten in Graubünden, Johann
Baptist Wenser von und zu Freienthurn. Feldlag-er bei Lille,
11. November 1708').
Auf Deroselben Beide vom ö. und 7. passato, saramt dem An-
schlüsse, sage ich hierait punctatim in Antwort, wasmassen
1™° mir zur guten Nachricht diene, was die Republik Bünden
an die gegen einander streitenden Schweizer wegen der begehrten
Assistenz geantwortet habe.
2'^° Geschieht sehr wohl, wann die Differentien mit dem Herrn
Bischof zu Como amicabiliter beigelegt werden , iumassen bei gegen-
wärtigen Conjuncturen man in Keligionssachen wenig gewinnen wird,
nicht zweifelnd, Dieselbe werden hiervon allezeit mit dem Gouverneur
von Mailand correspondiren und mit demselben diesfalls in gutem
Vernehmen stehen.
3*'" Hat es wegen der denen P. P. Kapuzinern abgenommenen
und wieder restituirten Pfarren sein gutes Bewenden, gleichwie es
dann auch
4'" bei dem beruht, was man wegen verlangter Renovation des
mailändischen Capitulats geantwortet.
510 Was hiernächst wegen der Titulatur, so der König in Frank-
reich der Republik gegeben imd sie hingegen wiederum gebraucht,
gemeldet worden, so ist
6'° gut geschehen, dass Sie sich wegen der verbotenen Ausfuhr
des Getreides mit dem Gross - Kanzler Herrn Marchesen Visconti
verstehen, und ist gar wahr, dass sothanes Verbot nicht auf die Republik
Bünden gemeint sei, allermassen auch dasselbe darum mit einer
1) Kriegs-A., Italien 1708: Fase. XI. 29.
328
solchen Schärfe erf^angen , weilen in dem Mailändischen selbsten ein
o-rosser Misswachs gewesen; es ist aber ratioue Bünden dabei gleich-
wohlen eine solche Modalität zu gebrauchen, dass ein Mehreres nicht
verführt werde, als was der diesfällige Tractat mit sich bringt.
•j-TOo Belangend die Difficultät, so der Herr Obrist Buol und die
bündnerischen Officiers wegen Ueberschiffung seines Bataillons gemacht
haben, da will Ihnen zu Dero Direction unverhalten , wasmassen ich
ihrer gestellten Conditionen halber bereits nacher Mailand geschrieben,
ihnen auch bereits so viel eingestanden worden sei, dass sie damit
wohl zufrieden sein können; wiewohlen man hierzu umsoweniger ge-
bunden gewesen wäre, als dieses Bataillon nach seiner Capitulation
aller Orten hin ohne Widerrede sich gebrauchen zu lassen obligirt
ist. Mich befremdet dahero sehr, dass diese Leute ihrer Gewohnheit
nach bei all' und jedem Difficultäten machen und dadurch, was sie
ihnen einfallen lassen, zu erzwingen glauben, da sie doch hiezu umso
weniger Ursache haben, als sie nirgends besser, als in kaiserlichen
Diensten stehen, und wäre ihnen solchemnach nicht zu gestatten, dass
sie alle Augenblick aufbrechen und wegzugehen Verstössen sollen; ja
wann sie solchergestalten continuiren sollten, so würde endlich weit
besser sein, dass man sie gehen, als sich continuirlich neue Conditionen
aufbürden Hesse, nicht zweifelnd, dass, wann sie unserseits den Ernst
sehen, dass selbe von derlei ungereimten Dingen auch umso ehender
herunterzubringen sein werden; dann wann sie auch in genuesische
Dienste, wie sie vorschützen, gehen sollten, so würden dieselben gleich-
wohlen niemalen den Avantage, welchen sie unsererseits haben, finden,
inmassen ein grosser Unterschied ist, in einen Dienst zu treten, der
auf eine wenige Zeit angesehen, und herentgegen in einem anderen
zu stehen, der fortan dauert.
Dass übrigens die Commandirten aus Bayern und die auf die
Werbung hinausgeschickte Mannschaft glücklich passirt, habe ich gern
vernommen. Womit etc.
313.
An den Churfürsten von Hannover. Feldlager vor Lille,
11. November 1708').
Aus Euer Gnaden unterm 27- passato an mich Erlassenem sowohl,
als dem angelegten Extract habe ich mit Mehrerera vernommen, was
8ie mir zuvörderst wegen der Postirung des Herrn Feldmarschalls
Grafen vonGronsfeld anziehen und anbei verlangen wollen, dass ich
'j Kriegs-A., Römisches Keicli 1708; Fase. XI. 21.
329
sobald es immer möo'lich, die Thüng- und Badisclicii Bataillone hin-
wiederum hinaufscliicken möchte, um sich davon bei der erinnerten
Beschaffenheit auf ein- oder anderen sich ereignenden Zufall zu bedienen.
Euer Gnaden können sich von mir sicherlich versprechen, dass,
gleichwie ich meinerseits den alleinigen Zweck dahin habe , dass des
Publici Wohlfahrt, hauptsächlich aber Ihro kaiserl. Majestät Dienst
nach Kräften befördert und hiernächst Dero alldortigen Landen Sicher-
heit hergestellt werde , also auch umsomehr wünschen wollte , Euer
Gnaden diesfallsigem Verlangen das gehorsamste Vergnügen zu geben.
Nachdem man aber dahier auuoch in voller Operation steht und
nicht weiss, wie lang etwa sich diese hinausziehen dürfte, zu geschweigen
dass von ersagten Bataillons die Badischen bei der obgewesten und
annoch dauernden Belagerung sehr viel gelitten , die Thüngen'schen
aber durch Desertion und Krankheit ziemlich abgenommen, und dieses
hiernächst eine Sache ist, so vorhero mit denen hohen Herrn Alliirten
concertirt werden muss , welche hingegen , nachdem die bayerische
Cavallerie, wie die Kundschaften geben, dahier bereits angelangt oder
anlangen solle, vielmehr darauf dringen, dass man solchenfalls auch
von der Euer Gnaden (Jommando imterstehenden Armee ein Gleiches
thun möchte; ja gesetzt, man Hesse auch nach vollbrachten Operationen
sothaue Bataillons, ungeachtet der oben adducirten und im Wege
stehenden Ursachen von hier aufbrechen, würde doch der Winter
fast verstreichen, ehe sie einmal an Ort und Ende anlangen könnten,
bei so später und rauher Jahreszeit aber während des Marsches sich
solchergestalt ruiniren, dass man von ihnen wenig oder wohl gar
keinen Dienst , mithin auch die vermeinte Aushülfe nicht zu hoffen
hätte; so werden Euer Gnaden von selbsten hochvernünftig ermessen,
dass bei dieser der Sachen Bewandtniss sothane Bataillone von hier
zu entlassen, nicht bei mir allein stehe, obwohl ich vom Herzen
wünschen wollte , Euer Gnaden nicht nur hierinfalls, sondern in all'
anderen Begebenheiten zu erweisen, wie mit allem Respect ich sei etc.
314.
Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel,
11. November 1708 'j.
Euer kaiserl. Majestät lege ich hiemit in aller Unterthänigkeit
bei, was der Herr Churfürst zu Hannover unterm 27. passato Avegen
Zurückschickung der Thüng- und Badischen Bataillone an mich
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 20.
330
geschrieben und ich demselben daraufhin in Antwort zurückerinnert
habe, allergehorsamst nicht zweifelnd, es wei'den E. k. M. aller-
firnädiffst sreruhen, sothaner meiner Antwort umso ehender Beifall zu
geben , als diese Bataillons , wann man sie auch nach vollbrachten
Operationen raarschiren lassen sollte, bei so später Jahreszeit sich auf
dem jMarsche fast gänzlich ruiniren, langsam darobeu im Reich anlangen
und in einen solchen Stand kommen würden, dass man von ihnen
weniir oder sar keine Dienste zu hoffen, solchemnach die vermeinende
Aushilfe von ihnen beiweitem nicht haben würde; wohingegen ich
meines allerunterthänigsten Orts weit ehender hoffen will, dass gedachter
Herr Churfürst zu seiner Postirung umsomehr Truppen genug haben
werde, als bekannt, dass zwischen jetzo und denen vorigen Jahren
im römischen Reich ein grosser Unterschied sei, wo der Feind damalen
nicht nur eine, sondern zwei, ja wohl auch drei Armeen auf den
Beinen hatte, heuer aber, wie es zur Genüge bekannt und noch wirklich
nicht anders ist, eine sehr schwache und ringe (geringe) Macht beisammen
gehabt hat. Ich kann mir also nicht einbilden die Ursachen, so mehr-
wiederholter Herr Churfürst haben muss, dass er seine Infanterie nicht
nach der Raison de guerre ausgetheilt habe, zu geschweigen, dass die
AUiirten vielmehr darauf dringen, dass, nachdem die bayerische
Cavallerie dahier schon angelangt sei, oder doch anlangen solle, dass
man aus dem römischen Reich Gleiches thun und von der dortigen
Armee ebenfalls Truppen anhero schicken möchte.
Wie es übrigens mit der Belagerung des Citadells stehe, das
zeigt Deroselben mein allergehorsarastes Tagzettel, und nachdem ich
E. k. M. nichts Anderes allerunterthänigst zu berichten habe, so
thue mich annebens zu Dero Allerhöchsten kaiserlichen Hulden und
Gnaden in Unterthänigkeit empfehlen etc.
315.
An den FML. Bürkly. Feldlager bei Lille, 11. November 1708 ')•
Meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenants Beide vom 17.
und 24. passato habe wohl behändigt und bedanke ich mich erstlich
für die mir darinnen gegebenen Nachrichten, so Derselbe über den
Stand und die Begebenheiten der Desselben Comraando unterstehenden
Postirung hat erinnern wollen.
Belangend das von dem Canton Zürich meinem Herrn General-
Feldmarschall-Lieutenant offerirende Commando über dero Truppen,
^) Kriegs-A., Römisi-hes Reich 1708; Fase. XI. "^2.
331
zum Fall es zm- Ruptur kommen sollte, darüber kann ich Demselben
als eine Sache, so immediate vom Ilof dependirt, nichts sagen, und hat
sich solcheranach Derselbe allda des weiteren Bescheids zu erholen.
Sonsten ist es nicht ohne, dass zwei Regimenter aufgerichtet
werden sollen, Ihre kaiscrl, Älajestät aber haben damit bereits dis-
pouirt; wobei ich dann gewunschen, dass meinem Herrn General-Feld-
raarschall-Lieutenant hierzu was zu dienen vermögt hätte. Was aber
mein Herr General-Feldmarschall-Lieutenant unter Anderm dabei anzieht,
dass nämlich Selbem das erste vacante Regiment zugesagt worden sei,
dieses kann ich aus dem angelegten Rescript nicht abnehmen, indem
dasselbe allein dahin geht, wie man bedacht sein wolle, dem Herrn
General-Feldmarschall-Lieutenant seine Consolation anderwärtig als bei
einem schweizerischen Regimente zu verschaffen und Denselben zu
gebrauchen. Womit etc.
316.
An den Feldmarschall Grafen Guido Starhemberg. Vor Lille,
11. November 1708 'j.
Ob ich zwar ausser Zweifel setze, es werde Euer Excellenz mein
jüngsthin an Dieselbe Abgelassenes richtig zukommen sein, so habe
ich nichtsdestoweniger eine Nothdurft zu sein erachtet, Deroselben
hiemit nochmalen zu repetiren, dass Sie unbeschwert an die Hand
zu geben belieben möchten, wie Sie vermeinen, zu Uebernehm- und
Abholung der für die in Catalonien stehenden vier kaiserlichen Regi-
menter zu Fuss widmenden Recruten die Ober- und Unterofficiers,
auch gemeine Mannschaft herauszuschicken, oder was Sie etwa sonsten
diesfalls für einen Vorschlag an die Hand zu geben wüssten. Es
müsste aber solches umso ehender geschehen, als der erste Termin
wegen Stellung sothaner Recruten denen Ländern zu Ende künftigen
Monats, der letzte aber im Februar angesetzt ist ; wobei E. E. zu
Ihrer weiteren Direction dient, dass man dahin angetragen habe, einem
jedweden von ersagten vier Regimentern auf das wenigste 500 und
also zusammen 2000 Recruten anzuweisen.
E. E. ersuche ich solchemnach, mir hierüber je ehender je besser
eine Antwort zukommen zu lassen, Dero ich übrigens nichts Anderes
beizurücken habe, als dass nach der eroberten Stadt Lille man nun
den Attaque auf das Citadelle mit allem Eifer poussire und Hoffnung
habe, von denen zwei Contrescarpen sich der ersten, wo man bereits
darinnen Posto gefasst hat, in ein, zwei oder drei Tagen gänzlich
Meister zu sein. Womit etc.
*) Kriegs-A., Spanien 1708; Fase. XI. 21.
332
317.
Bericht an den Kaiser. Lag-er bei Lille, 14 November 1708*).
Nachdora der Feind nocliiiialen anfanfi^t, unsere Ordinari aufzu-
halten und zu eröffnen, so habe Euer kaiserl. Majestät für heute allein
mein hiebeigehendes alleruuterthänigstes Tagzettel anschliessen und
hiernächst zu Dero allergnädigster Nachricht allergehorsamst communi-
ciren sollen, was mir das löbl. Thumb Capitel (Domcapitel) zu Hildes-
heim Avegeu des Erlages der accordirten 5Ü.000 fl. geantwortet hat.
Ich bin zwar nicht inforrairt, was dasselbe wegen meiner Bei-
wirkung zu der ihro zugesagten allergnädigsten Garantie gemeldet,
habe jedoch demselben generaliter in Antwort widersetzt, dass bei
E. k. M., wann ermeltem Capitel was versprochen worden wäre, ich
meines allerunterthänigsten Orts, was ich vermögend sei, gar gern
contribuiren wollte. AVomit etc.
P. S.
Auch allergnädigster Kaiser und Herr Herr etc. werden Dieselbe
aus meinem jüngsteren allergnädigst zu ersehen geruht haben, was
ich occasione der von dem Herrn Churfürsten zu Hannover zurück
hinauf verlangten Thüngen- und Badischen Bataillone neben Anderem
beigerückt habe, dass die Alliirten dahier viel mehrers darauf dringen,
nachdem der Feind die bayerische Cavallerie hieherwärts detachirt
haben solle, auf dass man unsererseits von dem oberen Rhein ein
Gleiches thun möchte.
Seithero nun, nachdem man die Nachricht erhalten, dass obge-
dachter Herr Churfürst von der Armee zurück nacher Hause und
diese völlig auseinandergangen sei, so hatte nicht nur der Mylord
Duc de Marlborough und die Deputirten von denen Herrn General-
Staaten mit mir abermalen stark davon geredet, sondern auch sich
sehr disgustirt gezeigt, dass sich gesagte Armee separirt habe, unge-
achtet sie wiederholten Herrn Churfürsten unablässlich ersucht, die
Campagne dasiger Orten soweit es möglich hinauszuziehen, um andurch
den Feind im Zaum zu halten, dass er von dorten aus nichts deta-
chiren möchte. Und da mir über dieses vorgemelte Deputirte das
nebengehende Schreiben *) nach der Hand übergeben, so habe ich
zwar bei mir lang balancirt, ob E. k. M. ich selbes allergehorsamst
«) Kriegs-A., Niefleilande 1708; Fase, XI. 34, ad 34.
*) Ki-ieg.s-A., Niedf-ilaiule 1708; Fase. XI. 34a.
338
communiciren und auch sonsten von dieser Sache wa^ melden
solle. Weilen aber ersagto Deputirte sehr darauf dringen, dass nach
denen eingeloffenen Nachrichten, als ob der Feind ein starkes
Detachement hieherwärts gemacht habe, man solchemnach auch
von dem oberen Rhein eine Anzahl Truppen hieherwärts abschicken
möchte; so bin ich aus dieser und denen folgenden Ursachen be-
wogen worden, an E. k. M. sothanes, der Deputirten Schreiben, wie
es ist, hiemit per Postscriptum allergehorsamst zu übersenden, weilen
nämlich die Campagne dahier noch eine gute Zeit dauern, man ver-
schiedene Mouvements annoch zu machen haben werde, und wann es
wahr sein sollte, dass sich der Feind hier noch mehrers verstärken
wollte, eine unumgängliche Nothwendigkeit wäre, auch unserseits ein
Gleiches zu thun, inmassen es scheinen will, als ob des Feindes Inten-
tion allein auf dieses Land gerichtet sei.
Bei dieser Beschaffenheit nun pressiren und verlangen die Alliirten,
dass von E. k. M. beide Dero Cavallerie-Regimenter alsogleich und
dann die württembergischen, welche ohnedem im holländischen Sold
stehen, und auch noch andere Truppen, wann 's möglich, anhero ge-
zogen werden; wobei ich aber der allerunterthänigsten unmassgeblich-
sten Meinung wäre, dass Dero beide Cavallerie-Regimenter etwa nur
gegen dem Cölnischen anzurücken, allda aber bis weiteren Befehl
anzuhalten beordert werden sollten, auf dass man, wann es nach denen
weiteren Kundschaften und Conjuncturen nöthig und sein müsste,
dieselbe solchenfalls a portee hätte, alsogleich vollends anhero zu
ziehen, E. k. M. anbei in aller Unterthänigkeit bittend, Sie belieben
Dero allergnädigste Resolution hierüber schleunigst abzufassen und
mir dieselbe je ehender je besser in Allerhöchsten Gnaden wissen zu
lassen. Womit ut in literis.
318.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Vor Lille,
14. November 1708')-
Euer Excellenz unterm 24. passato an mich Abgelassenes habe
ich empfangen und das Andere, worauf Sie sich beziehen, mit jüngster
Post schon beantwortet ').
Dass Sie sich in Ihrer dermaligen Anwesenheit zu Mailand die
Proviant-Impresa de novo mit guter Wirthschaft einzurichten und hier-
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 31.
^) Siehe Supplement-Heft Nr. 302.
334
nächst einige Mittel aufzubringen angelegen sein lassen, nm die nöthige
Löhnung abzureichen, auch den gemeinen Mann mit Schuh und
Strumpf zu verschon, daran geschieht sehr wohl, und zwar bei dem
letzteren umsomehr, als audurch der obseienden Desertion hoffentlich
wird gesteuert werden.
Ich wünsche Ihnen übrigens alles Glück zu Ihrer vorhabenden
Reise zur Armee und bitte Sie darbei, mir von Zeit zu Zeit zu be-
richten, in was Stand sich die Sachen daselbsten hnden werden, gleich
ich auch meinerseits Deroselben hiemit mein gewöhnliches Tagzettel an-
schliesso und verbleibe etc.
319.
An den FML. Grafen Königseg-g. Feldlager bei Lille,
14. November 1708').
Meinem Herrn General-Feldmarschall-Lieuteuant sage dienstlichen
Dank, dass Derselbe unterm 25. passato an meinen empfangenen
Wunden einen Theil hat nehmen wollen, erfreue mich zugleich mit
meinem Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant dass der obgeweste
Rangs-Disput in Dessen Favor decidirt worden. Und gleichwie ich hoffe,
dass der iVttaque mit Bondeno inzwischen werde ausgeführt sein, als
ersuche meinen Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant von denen
weiteren Begebenheiten mir parte zu geben. Womit etc.
320.
An den GWM. de Wendt. Feldlager bei Lille,
14. November 1708')-
Dass der Herr General- Wachtmeister unterm 31. passato mir von
Einem und Anderem Nachricht hat geben und sonderlich an meiner
empfangenen Blessur einen Theil nehmen wollen, dafür sage Demselben
dienstlichen Dank.
Was aber hiernächst der Herr General- Wachtmeister der Ihm
aufgetragenen Werbung halber erinnert hat, darinnen wollte ich dem-
selben gar gern dienen, obwohleu von dem kaiserlichen Hofkriegsrath
diesfalls noch nichts vernommen habe. Weilen aber diese Werbung
eine vom Hof resolvirte Sache sein dürfte, als wird gar schwerlich darin-
falls was zu ändern sein. Womit etc.
') Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. 32.
*) Kriegs-A., Römisches Reicli 1708; Fase. XI. 27.
335
321.
An das Domcapitel zu Hildesheim. Vor Ryssel,
14. November 1708 ').
Dass Sie mir unterm 1. dieses von dem Erlas; derjenigen
50.000 fl. l)eliebige Nachricht ertheilen wollen, welche meine (p. t.) auf
das von mir an Dieselben überreichte Schreiben dem kaiserlichen
Kriegs-Zahlamts-Officier abf'olgen lassen, dafür sage ich meinen (p. t.)
hiemit den dienstlichen Dank und versichere Sie dagegen, dass ich
diese Dero bisherige Willfährigkeit nicht nur allein an den Aller-
höchsten Ort anrühmen, sondern auch wessen Sie mich der aller-
gnädigsten Garantie halber belangt haben, bei Ihro kaiserl. Majestät
das Meinige, soweit ich vermögend bin, in allweg contribuiren werde.
Womit etc.
322.
An den General-Kriegscommissär Grafen Schlik. Feldlag-er
bei Lille, 14. November 1708').
Euer Excellenz communicire ich hiemit, was mir das löbl. Dom-
capitel zu Hildesheim unterm 1. dieses der 50.000 fl. halber geant-
wortet hat. Ich ersuche E. E., gleichwie ich nicht zweifle, der zu ersagtera
Domcapitel abgeschickte Kriegs-Zahlamts-Oflicier werde bei Ihro bereits
zurück angelangt sein, Sie möchten belieben, durch Wechsel, oder wie
Sie es am besten vermeinen, sogleich eine solche Rimessa anhero zu
überraachen, dass man nicht nur denen sämmtlichen Regimentern dar-
von eine Zahlung thun, sondern hiernächst auch dem grossen und
kleinen Generalstab, was sie etwa annoch auf den Sommer zu fordern
haben, abreichen könne.
Es sind hiernächst die englischen Gelder für die beiden nacher
Spanien abgegangenen Guido Starhemberg'- und Osnabrück'schen
Regimenter angelangt, gleich ich E. E. ein oder anderen Tag vor
Dero Abreise schon habe Nachricht davon geben lassen. Nachdem
ich aber von dem Mylord Duc de Marlborough befragt worden, an
was vor einem Ort ich die Summe und in was vor einer ]\Iünzsorte
bezahlter haben wollte, so habe ich ihm meine Erklärung darüber noch
nicht gegeben, sondern vorhero von E. E. erwarten wollen, was Sie
hierbei für einer Meinung sein möchten. Dieselbe ersuchend, dass Sie
mir solche je ehender je besser zukommen lassen wollten.
*) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 29.
2) Kriegs-A , Römisclies Reich 1708 ; Fase. XI. 30.
336
Uebrigens bin ich belangt worden, dass der bekannte Obrist-
lieiitenant Conrchetet niclit allein pro praeterito, wann ihm was
ausständig, sondern auch in futurum richtig l^ezahlt und ihm hier-
nächst dasjenige gutgemacht werden möchte, Avas er an Atzungs-
Unkosten der bewussten zwei Arrestanten zu Constanz ausgelegt hat.
E. E. ist nicht unbekannt, was es mit diesem Mann für eine Beschaffen-
heit habe, und dessentwegen wäre es auch um so viel erfreulicher,
dass er contentirt, nicht weniger der Unterhalt gemeldeter Arrestanten
richtig gestellt werde. Womit etc.
323.
An den Hofkriegsrath. Vor Ryssel, 14. November 1708 ')•
pjinem löbl. Mittel communicire ich hiemit, was der Herr Bischof
von Wiirzburg seiner hier stehenden Regimenter halber an mich ge-
schrieben und ich ihm in Antwort geschrieben habe, um dass Ein
löbl. Mittel hiervon zu diesem Ende Wissenschaft haben möchte, damit
wann ersagter Bischof, wie er es gewohnt ist, obersagter seiner Regi-
menter halber bei Hof schreien und klagen wollte. Dasselbe ihm um
so besser begegnen könne.
In dem Uebrigen ist mir Dero unterm 27. passato an mich
Abgelassenes richtig eingeloffen, und gleichwie ich, was Ein löbl. Mittel
darinnen des Herrn Hof- und Kriegs-Secretarii L i d 1 halber meldet,
noch vorhero den Herrn General-FML. Grafen von Königsegg an
Dasselbe dessentwegen gewiesen habe, so thue ich mich auch hiemit
mit Dero diesfallsigen Meinung conformiren, und nebst Anschliessung
meines gewöhnlichen Journals verbleibe etc.
324.
An den Hofkriegsrath Thiell. Feldlager bei Lille,
14. November 1708 0-
Des Herrn Hofkriegsraths vom 27. passato wird mir zurecht
und ich ersehe daraus, dass die Affairen in Hungarn in ihrem alten Stand
seien und sich nicht nur in nichts gebessert, sondern vielmehr zu
besorgen steht, dass die sämmtlichcn Truppen in die kaiserlichen Erb-
lande zurückfallen dürften. Geschieht dieses, so wird es nicht nur
grosse Confusion in dem Repartitionswosen verursachen, sondern auch
•j Krie^rs A., Römisclics Reich 1708; Fase. X[. 31.
2) KriejTs-A., Uiirrani 1708; Fase. Xf. 8.*
337
Alles solcliergcstalt absorbiren, dass man bei ohne das bekannter Wenig-
keit der Mittel nirgends wird getolgon und hoffen können. Besser
wäre es solchemnaeh, dem Herrn General Heister das Commando
abzunehmen, oder es dahin in die Wege zu richten, dass ersagter
Herr General nichts Anderes unternehmen, sondern allein dasjenige
vollziehen solle, was man demselben vom Hofe aus vorschreiben und
anbefehlen würde.
Dass die Darmstädter Recruten in Steyermark aufgehalten worden,
habe ungern vernommen; nöthig wäre es also, damit derlei Incon-
venientien nicht mehr erfolgen und nicht ein jedweder Officier sich
unterstehe, wider die von Einem löbl. Mittel machenden Dispositionen
Truppen an- und zurückzuhalten, dass Ein löbl, Mittel solche Ver-
fügniss ausstelle, auf dass sich künftighin keiner nicht mehr anmasse,
dergleichen zu thun.
Wann man übrigens die Kecskemeter Sache mit 100 Beuteln
ausmachen und vergleichen könnte, wäre nichts zu unterlassen, das
Geld zusammenzubringen, um denen Türken alle immer erdenklichen
Prätexte zu benehmen, welcher sie sich zu einer Ruptur oder einem
Krieg bedienen könnten. Womit etc.
325.
An den Grafen Gallas. Vor Ryssel, 14. November 1708 'l
Deroselben Schreiben ohne Dato habe wohl behändigt, und ob
ich schon selbsten zweifle, dass wegen des Wetzelischen Regiments
etwas zu erhalten sein werde, gleich Dieselbe aus meinen dahin Abge-
lassenen des Mehreren schon ersehen haben werden , und worauf ich
mich auch, zuvörderst aber auf mein Letzteres, berufe; demungeachtet
jedoch belieben Dieselbe gleichwohlen nichts dergleichen zu thun,
sondern bono modo immer darauf zu verharren und zu urgiren, dass
man dafür das Werbgeld bezahlen möchte.
Eben aus meinem obigen Accusirten werden hieruächst Sie neben
Anderem auch vernommen haben, was Deroselben der wällischen Affaire
halber in Ziffer überschrieben, auf welches mich nicht weniger
beziehe und zu Dero besseren Nachricht hiemit nochmalen repetire,
wie dass ich durch den Mylord die Nachricht habe , dass das Geld
für beide Regimenter Guido und Osnabrück schon ankommen sei, und
weilen von dem letzteren auch die rückständigen Recruten zur Ein-
schiffung an denen Meer-Porten wirklich in Bereitschaft stehen, als
*) Kriegs-A., Spauieu 17ÜS; Fa.sc. XI. 26.
Fekizüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II. Serie, I. Band Suppleiuenllleft, •a^
3:^8
ist auf den Effect zu dringen, damit auch für diese, sobald es miig-lich,
das Geld Übermacht werden möchte.
Schliesslichen weiss ich gar wohl, dass Sie mit mir in Freud und
Leid gleichen Antheil nehmen und bedanke mich solchemnach dienstlich,
dass Sie belieben wollen . mir über den Todfall meiner Frau Mutter
seligen zu condolircu. Womit etc.
326.
An den französischen Commandanten in Marchiennes. Lag-er
bei Ryssel, 14. November 1708').
Votre tambour m'a rendu celle du 12. de ce mois, par laquelle
vous avez voulu rcpeter les prisonniers d'un detachemcnt de votre
garnison, faits le 10 ä neuf heures du matin. Je n'ai aucune difficulte,
Monsieur, de vous les renvoyer sur votre offre que vouö me faites de
me faire fournir le meme nombre de nos prisonniers. Vous n'avez
donc , Monsieur, qu'en envoyer ceux que vous verrez dans la specifi-
cation ci-jointe, vous assurant que dans le meme instant, qu'ils
arriveront ici, on vous renvoyera aussi les votres, et je suis . . .
327.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 18. November 1708 ')•
Nachdem die Posten je mehr und mehr unsicher werden, da
der Feind fast keine weiters hinpassiren lassen will, so habe mit
Heutigem Euer kaiserl. Majestät allein mein allergehorsamstes Tag-
zettel hierait in aller Unterthänigkeit anscliliessen wollen, aus welchem
Sie allei'gnädigst zu ersehen geruhen werden, dass man nunmehr der
ersten Contre-escarpe völlig Meister sei und zu Attaquirung der anderen
die vergangene Nacht den dazwischen seienden Graben passirt und
Posto gefasst hätte. Womit etc.
328.
An den Hofkriegsrath. Bei Ryssel, den 18. November 1708 ').
Es hat nun mit den englischen Geldern der zwei Regimenter
halber seine völlige Richtigkeit, und gleich ich jüngsthin an dieses
Mittels Herrn Präsidenten Excellenz gemeldet, dass ich dahier einen
M Kriegs-A,, Niedeilaiifle 1708; FaHc. XI. 87.
2j Krie;.'s-A., Niederlaiulo 1708; Fase. XI. 4.
=»; Krieg.s-A., Niederlande 1708; Fa«f. XI. 50.
339
gar wackeren Officier lial)c, mit welchem auf" leidentliclie Conditiones
auf eines von beiden Regimentern tractiren wollte , angesehen man
auch sicher wäre, dass es derselbe in dem erforderlichen Termin mit
einem guten alten Fuss stellen würde ; als will ich auch sehen , die
Sache mit ihm weiters auszumachen, und Ein löbl. Mittel wolle solchem-
nach ratione des anderen Regimentes mit dem Herrn GWM. Plischau
das Weitere veranstalten, weilen mir bei Uebergebung der Wechsel
cum protestatione gemeldet worden, dass dieses Geld immediate zu
dieser Werbung applicirt werden solle, und es sonsten conditio sine
qua non sei.
In dem Beischlusse klagt der Herr Obrist Bärthel (Bartels),
dass man ihm die in Bayern verliehene Pflege wieder genommen
habe. Gleichwie er aber ein gar guter Officier und sehr wohl dient,
so ist es auch eine Schande, wann ihn solchergestalten prostituiren
sollte; remittire daher sein Memorial an Ein löbl. Mittel zu dem Ende,
dass es an seine Gehörde das Weitere verfügen und ersagten Herrn
Obristen bei seiner verliehenen Pflege umsomehr zu manuteniren trachten
wolle, als derjenige, dem es gegeben sein solle, in feindlichen
Diensten sich wirklich befinde.
329.
An den General-Kriegscommissär Grafen Schlik. Lager bei
Ryssel, 18. November 1708 'j.
Euer Excellenz habe ich zwar jüngsthin geschrieben, nachdem
die Wechsel wegen beider in Spanien abgegangenen Regimenter
ankommen seien, dass ich von Ihnen Ihre Gedanken erwarten wollte,
wohin Sie glauben , dass man sothane Wechsel zu erheben , dressireu
lassen und in was vor Münzsorten dieselben empfangen sollte.
Wie nun der Mylord Duc de Marlborough mir in seiner
heutigen Anwesenheit sothane Wechsel behändigt, so habe ich zu
Gewinnung der Zeit auch dieselben acceptirt und mich mit ihm dahin
verstanden, dass diese Geldsummen dem Wechsler Rost in Frankfurt
bezahlt werden sollten.
Ich schicke E. E. solchemnach sothane Wechsel zu dem Ende
hiemit zu, um dass Sie sich unbeschwert belieben wellten, nicht nur
mit ersagtem Wechsler Rost die Sache dieser Geldsumma halber
weiters einzurichten, sondern auch unter einsten zu vergleichen, in
was für Münzsorten man selbe zu erheben haben werde; Sie weiters
ersuchend, mir von Ein- und Anderem zu meiner Direction beliebige
') Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XI. 39.
22*
340
Nachricht ertheilen und ihm, Rost, imter einsten niitg-eben Avollen,
dass ohne mein Wissen von dieser Ocklsumma das Geringste nicht
angegriißFen oder ausgegeben werden solle, unisomehr als die Königin
von England conditionem sine qua non macht, dass diese Gelder im-
mediate zu Errichtung zwei anderer Kegimeutcr applicirt werden sollten.
Ich bin übrigens sehr begierig, nachdem die Hildesheim'schen
Gelder augekommen, von E. E. nächstens einen Wechsel hieher zu
erhalten, denn Generales, Stab, OfHciere und Gemeine sind ohne
Kreuzer Geld und mithin Alles in grosser Noth, dass ich Ihnen
also nochmalen zu repetireu bemüssigt bin, wann's nicht schon
geschehen, damit weiters keine Zeit zu verlieren. .
330.
An den Banquier Rost in Frankfurt. Feldlager bei Lille,
18. November 1708').
Nachdem zu Amsterdam von der Krone England eine gewisse
Summa Geld per 53.900 specie Thaler in Bereitschaft liegt, welche zu
Behuf Ihrer kaiserl. Majestät Dienstes an mich bezahlt werden sollten,
und ich nun diese Summa nacher Frankfurt an Denselben dressiren lassen,
als schicke die benöthigten Wechselbriefe an des Herrn General-Kriegs-
commissari Grafen Schlik Excellenz, dass dieselbe mit dem Herrn
die Sache wegen Uebernehmung dieses Wechsels und in was für Münz-
sorten die Gelder empfangen werden sollten, weiters ausmachen sollten.
Ich berufe mich dahero auf gedachte Seine Excellenz und habe
dem Herrn dabei nichts Anderes anzumerken, als dass ohne meine
expresse Erinnerung von dieser Geldsumma das Geringste nicht an-
gegriffen, oder ausgegeben werden sollte.
331.
Bericht an den Kaiser. Vor Ryssel, 21. November 1708 ')•
Ob ich zwar sehr zweifle, nachdem der Feind uns bereits zwei
Posten zurückhaltet und man dahero aus Deutschland keine Briefe
haben kann, ob Euer kaiserl. Majestät mein Gegenwärtiges zukommen
werde, so habe ich es nichtsdestoweniger ablaufen lassen wollen,
weil einestheils nichts als das gewöhnliche Tagzettel darin begriffen,
wann es aber zu den allergnädigsten Händen kommen sollte, E. k. M.
gleichwohlen zu Dero allergnädigsten Nachricht wissen würden, wie es
mit der Belagerung der Citadelle und sonsten dahier beschaffen sei,
*) Krieps-A., Küiiiisches Keich 1708; Fa^sc. XI. 40.
2) Kriefjs-A, Köiuisclies Reiili 1708; Fa.sc. XI. 40.
341
332.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlag-er bei Lille,
21. November 1708 ')•
Beide des Herrn General-Wachtmeisters und ()brist-Krie<:^scounnis-
sarii unterm 28. und 29. passato an mich Erhissene habe richtig
empfangen und aus dem ersteren durch die weitläufig angezogenen
Umstände mit Mehrerem vernommen, wie die neue Brod-Impresa ein-
gerichtet, die Anticipation der 100.000 Doppien gemacht und dass
hingegen die 100.000 Scudi zur Kimonta noch nicht verlässlich seien.
Nun findete ich zwar bei der neuen 13rod-Impresa Ein- und
Anderes, so ich anzuziehen hätte, ich will aber dem Herrn General-
Wachtmeister und Obrist-Kriegscommissario überlassen, die Ursachen
und Circumstantien naclier Hof zu berichten, welche solchergestalten
zu tractiren den Anlass gegeben haben; dann ich kann nicht begreifen,
warum man erstlich für Ueuer den Preis des Brodes erhöht habe, wo
man wider den vorjährigen so grosses Geschrei hat machen wollen.
Andertens finde ich eben nicht, aus was Ursachen für die Comman-
dirten auf der Postirung in Pieraont man es auf den Preis wie in
der Campagne ansetzt, da man diesen Brodgenuss eben nach dem
Fuss, wie Seine königl. Hoheit denen Ihrigen abreichen lassen, hätte
abfassen sollen. Drittens aber kann ich mir eben nicht einbilden,
warum man weiters in dem Päpstlichen eine Differenz und Unterschied
zwischen dem Mailändischen und anderen Landen gemacht hat, da
notorie bei Eindringung in das Land das Getreide in loco zu haben,
oder wenigstens aus dem Mantuanischen eine gute Beihülfe gezogen
werden kann.
Die Rimonta muss in allweg, es sei wie es wolle, ausgemacht
und was dabei möglich oder nicht, wohl untersucht werden. Ich
schreibe der annoch difficultirenden 100,000 Scudi halber nacher
Mailand und kann dem Herrn General -Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissarius dabei unerinnerter nicht lassen, dass, wie Derselbe wohl
weiss, man das verwichene Jahr eben von der aufgebrachten Anti-
cipation 50.000 Doppien zu diesem Ende angcAvendet habe ; sollte
aber mit denen 100.000 Scudi nicht zurechtzukommen sein, so müsste
man auf neue Anticipation hiezu antragen.
Dass der Herr General-Wachtmeister und Obrist-Kriegscommis-
sarius sich noch ein paar Tage länger in Mailand aufgcdialten habe,
um vornehmlich mit dem Herrn Senator Conte Polagnos Ein- und
<) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. XI. A2.
342
Anderes in Rechnungssachen auszumachen, daran ist gar wohl ge-
schehen, dabei aber zu wünschen, dass dadurch Alles solchergestalt
ausgemacht sein möchte, auf dass man weiters in denen Rechnungen
kein imbroglio habe.
Soviel die kleineren Feudatarios anbelangt, muss man, was auf
dieselben ausgeschrieben, in allweg eiuzucassiren trachten, und wann
ja kein anderes Mittel, ihre Quotam zu bekommen, übrig, da die
Güte nichts verfangen wollte, so könnte man endlich die Regimenter
Selbsten dahinein verweisen oder wohl gar dahin verlegen.
Was der Herr General- Wachtmeister und Obrist-Kriegscommis-
sarius weiters des Herrn Marquis de Prie halber obhabenden Pieni-
potenz und Reichs-Commissariat halber anziehen wollen, wird Derselbe
freilich von Rom aus die Sachen nicht ausmachen können ; ich habe
aber geglaubt, dass hierinfalls in der vom Hof allda zu Mailand
angeordneten Commission eine Vorsehung geschehen sei; wann es
also nicht wäre, so müsste von sothaner Commission aus in dieser
Materie ein Project formirt und nacher Hof zu weiters abfassender
Resolution remittirt werden.
Auf das französische Schreiben habe ich weiter nichts zu ant-
worten, weilen es hier oben schon geschehen ist, übrigens aber ist
es nicht ohne, dass man mir von Wien geschrieben, nacher Italien
zu gehen. Nachdem aber die Campagne dahier noch nicht terminirt,
man auch dato nicht weiss, wann es sich etwo enden dürfte, so wird
es wohl zu spät und mir hiezu keine Zeit übrig sein, wiewohlen ich
es noch nicht gewiss sagen kann, sondern Alles von dem Ausgang
der Campagne dependirt.
Schliesslich habe ich zwar wohl gehofft, gleichwohl einmal eine
Tabelle von dem Stand der darinnigen Regimenter zu erhalten; nach-
dem es aber bis anhero nicht geschehen, so will ich derselben annoch
gewärtig sein etc.
333.
Bericht an den Kaiser. Bei Ryssel, 25. November 1708 ')•
Nachdem Euer kaiserl. Majestät allergnädigste Handschreiben
vom 2., 4. und 24. October bis aujetzo wegen Unsicherheit der
Strassen zu Brüssel liegen geblieben und die Communication je länger
je beschwersamer zu werden beginnt, also dass ich mein Gegen-
wärtiges auf gerad Wohl fortlaufen lasse, einfolglich ohne Ziffer an
E. k. ^I. zu schreiben, gar nicht rathsam ist, die Zeit aber für heute
') Kiiej?s-A., Kömisc-lies Reich 1708; Fase. XI. .03.
343
zu kurz und nicht zulassen will, meine auf Dero obige allergnädigste
Befehle bereits verfasste Antwort vollends in Ziffer überzusetzen, so
habe Deroselben hieniit allein den allergehorsamsten Empfang avisiren
und mich hiernächst auf dasjenige allerunterthänigst berufen wollen,
was beigehender Tagzettel in sich enthalten thut.
334.
An den Hofkrieg-srath. Feldlager bei Ryssel,
25. November 1708 0-
Einem löbL Mittel habe ich mit jüngster Post die Nachricht
ertheilt, wasmassen es mit denen Werbgeldern für die beiden nach
Spanien abgangene Regimenter seine vollkommene Richtigkeit, und
ich gegen Extradirung meiner Quittung die Wechselzettel bis auf die
Osnabrück'schen Recruten, weilen man über deren Stand und be-
schehene Einschiffung annoch keine Verlässlichkeit, dann die Fouriere,
Musterschreiber, Feldscherer und Fourierschützen, worauf sie kein
Werbgeld bezahlen wollen, ich aber darob beständig beharre und es
unablässig pressiren werde , wirklich empfangen , bei Einlieferung
derenselben aber man mir conditionem sine qua non gemacht habe,
dass sothane Grelder immediate zu Formirung zwei anderer Regimenter
verwendet werden sollten.
Wie ich nun hiernächst unterm 7. de currentis dieses Mittels
Herrn Vice-Präsidentens Excellenz erinnert, dass ich dahier einen s-ar
wackeren und tapferen Officier gefunden habe, welcher Hoffnung hätte,
zu Aufwerbung eines ersagter beider Regimenter von des Herrn
Markgrafen von Anspach Liebden einen alten Bataillon Grenadiers
zu tiberkommen, der in 600 Mann mit Ober- und Unterofficiers be-
stehen und, wie ich glaube, ohne oder doch um ein geringes Werb-
geld zu erhalten sein würde : so habe ich mit diesem Officier darüber
weiters geredet und, angesehen derselbe bei hiesiger Belagerung, wo
er als Tranchee-Major beständig gedient, ungeachtet er zweimal ver-
wundet worden ist, sich dergestalt signalirt und eine besondere Kriegs -
Experienz und Bravour erwiesen hat, dass ich zu Ihro kaiserl. Majestät
Dienste zu sein erachte: wann man mit ihm auf leideutliche Con-
ditiones zusammenkommen könnte, es nicht nur nicht zu unterlassen,
sondern um ihn in der Werbung umsomehr auzueifern und eine
leichtere Capitulation zu schliessen, denselben unter einsten zum
Greneral- Wachtmeister zu declariren, wozu er ohnedem in gradu promo-
tionis steht.
«) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. Gl.
344
Wie nun dieser Officier der Christ von Seckendorff ist. der
bei obgedachtem Herrn Markgrafen von A n s p a c h Liebden ein
Regiment zu Fuss hat, so hei hiesiger Armee sich befindet und der
best- und schönsten eines ist, als hat er mir hierauf beigehendes
Project einer Capitulation 'j eingebracht. Ich aber habe ihm darauf
geantwortet, dass ich dasselbe nacher Wien remittiren und von da das
Weitere darüber, um ihn zu verbescheiden und das Fernere mit dem-
selben auszumachen, erwarten wollte ; inraassen ich dann auch in dieser
Sache für mich allein nichts habe thun, sondern Einem löbl, Mittel
hievon darum Communication geben wollen, auf dass mir Dasselbe
über einen jeden Punct, besonders wie zu I. k. M. Dienst am besten
sothaue Capitulation zu schliessen wäre, über gehöriger Orten abgefor-
derten Bericht das Eigentliche erinnern möchte, um dass man sodann
dahier mit ersagtem Herrn Obristen die Sache obgedachtermassen
ausmachen und der Werbung einen unverlangten Anfang geben könnte,
im Fall man nicht etwo inzwischen wegen der Franken zum Schlüsse
jrekommen und dieserhalb favorablere Conditiones erreicht haben möchte.
Soviel aber vorangezogenes Project angeht, wäre :
ad P'" bei dem Termino der Stellung 5 bis höchstens 6 Monate
zu setzen.
ad 2"™ Weilen I. k. M. das Uber-Gewehr abzureichen pflegen, so
könnte man anstatt der begehrten 45 fl. auf 36 bis 38 fl. für jeden
mit völliger Montur stellenden Mann antragen.
ad 3»"' Ist es billig.
ad 4"'" Glaube ich, dass man die verlangenden Quartiere nach
dem effectiven Stand in Bayern anweisen könnte.
ad 5""^ Muss die gewisse Zahl, wie viel auf einmal von der wer-
benden Mannschaft assentirt werden sollten, benennt werden.
ad 6"™ Lasse ich dem Gutbefinden Eines löbl. Mittels über.
ad 7""" Wäre der Obriste dahin gebunden, dass derselbe so viele
Leute, als er Geld empfangen, stellen müsste.
ad 8'"" Könnte man endlich geschehen lassen, was alte vor einem
und mehr Jahren desertirte Leute betrifft ; was aber erst diesen Winter
durch- und zu ihm gehen möchte, sollte, und particulariter die von
denen kaiserlichen Kegimentern, anzunehmen verboten sein, und könnte
ad 9"°* eben nicht sein, solange die Anwerbung der Land-Recruten
in denen Erbländern nicht vollendet sein würde.
ad 10'^'" Hätte es ratione der Privilegien, P^molumente und Frei-
lieiten sein Bewenden. Was aber die Reduction anbelangt, wann der
'j Kricgs-A., Nir-dfilaiule 1708; Fase-. XI. ad Ol.
345
Obriste den Bataillon, von dem ich liieroben J\leldun<2^ «^ctlian, liergel)en
Tviirde, könnte man ihm endlich eine gev^Msse Zeit, unter welcher das
Regiment nicht reducirt werden sollte, einstehen.
ad ir"'"Muss eben dieses die Ursache sein, dass, wann der Ba-
taillon umsonst gestellt wird, man mit ihm, Obriston, auf" das Regi-
ment capitulire, und zwar umsoniehr, als ohnedem Verschiedene vor-
handen, die bereits 300 bis 400 Mann gratis zu stellen ofFerirt haben.
ad 12"™ Wird ihm darum in seiner Disposition gelassen werden,
um dass er ein umso geringeres Werbgeld annehmen sollte.
ad 13'*™ Wäre zwar meine Meinung, da er ohnedem in gradu
promotionis steht und Avidrigens sehr disgustirt werden würde, ihn mit
diesem Avancement zu begnaden; es ist aber kein Punct, so der Capi-
tulation zu inseriren wäre.
Worüber dann Ein löbL Mittel mir umso ehender das Fernere
erinnern wolle, als der König Augustus Alles anwendet und sehr
favorable Conditiones offerirt, diesen Officier in seine Dienste zu bringen,
solchemnach nicht zu verantworten wäre, wann dickberührter Obrist
von S ecken dor ff unsererseits vergeblich aufgezogen und anmit
andei'seits seines Glückes verlustio;t würde. Weo;en des einen von
diesen Regimentern aber, wie ich in meinen von Zeit zu Zeit Abge-
lassenen gemeldet, könnte man ebenfalls das Behörige ausmachen, um
dass die Werbungen sogleich angefangen, einfolglich auch sothane neu
errichtende Regimenter mit Anfang der Campagne gestellt und sogleich
zu Diensten gebraucht werden möchten.
Was hiernächst der Herr General-FML. Graf Z ollem wegen
richtiger Anweisung seiner Wiuter-Monater an mich geschrieben, das
zeigt der Original-Anschluss des Mehreren, und gleichwie Einem löbL
Mittel Selbsten bekannt ist, dass er ausser seiner Gage sonsten nichts
zu subsistiren habe, also finde ich sein Begehren umsoviel billiger,
und Ein löbl. Mittel wolle dahero das Weitere zu verfügen belieben.
Endlichen bittet der Hauptmann Eger mn die durch Absterben
des aggregirten Wienerischen Stadt-Guardi Hauptmanns von Z ö p p e 1
vacirende Charge. Ich habe Einem löbl. Mittel, mich hierüber zu in-
formiren, schon einmal erinnert, will solchemnach von Demselben Dessen
Bericht demnächst gewärtig sein.
Schliesslichen repetire Einem löbl. Mittel, auf die Rimonta und
Recrutirung der hiesigen Regimenter zu reflectiren und hiernächst
auch auf die in Italien gleichermassen zu gedenken, da zuvörderst
man mich berichtet, dass allda der dazu verhoffte Fundo solchen
Schwierigkeiten unterworfen, dass darauf wenig Hoffnung zu machen
sei; wann aber hiernächst das päpstliche Unwesen zu keiner weiteren
346
Weitläufigkeit, sondern vielmehr zu einem Vergleich kommen sollte,
so wolle Ein löbl. Mittel, wie ich schon einmal darvon geschrieben
habe, dahin antragen, dass aus der Lombardie ein Regiment zu Pferd,
und benanntlichen das Breunerische und ein anderes aus dem Neapoli-
tanischen, wann's daselbst anders möglich wäre, zeitlich heravisgezogeu
werden, um dieselben zur künftigen hcraustigeu Kriegs-Operation ge-
brauchen zu können. Womit.
335.
An den Hofkrieg-srath. Feldlag-er bei Lille, 25. November 1708 ').
Eines- IöIjI. Mittels an mich erlassene drei Schreiben vom 2. und
3. dieses sind mir anjetzo zukommen, weilen dieselben wegen Unsicher-
heit der Communication zu Brüssel liegen geblieben und ehender nicht
haben durchgebracht werden können.
Soviel nun dasjenige anlaugt was mir Ein löbl. Mittel zu meinem
weitereu Unterricht über das romanische Wesen hat coiumuniciren
wollen, darüber habe ich in Antwort nichts Anderes anzurücken,
als dass ich Eines löbl. Mittels abgefasste und an Ihro kaiserl.
Majestät hinaufgegebene Referata als wohl eingerichtet zu sein hicmit
gänzlich approbire, dabei aber zu melden vor nöthig erachte, dass
dasselbe wegen Rimontir- und Recrutirung der in Italien stehenden
Cavallerie in allweg geflissen darob sein wolle, damit diese allda durch
aufbringende Auticipation oder sonsten richtig gestellt und die hiezu
erforderlichen Mittel auf ein- oder andere Weise ausfindig gemacht
werden, gleichwie ich hierüber selbsten bereits vor einigen Wochen
und erst kurzhin äbermalen dahier an seine Gehörde mit allem Nach-
drucke geschrieben habe; wobei ich Einem löbl. Mittel hiemit nocli-
malen repetire, was ich Demselben ebenfalls, und zwar erst mit letzterer
Post wegen Herausziehung zweier Regimenter zu Pferd erinnert habe,
dem ich hiemit weiters beirücke, wann zu Beilegung des romanischen
Unwesens ein Anschein wäre, auch die Recruten zu denen Regimentern
zu Fuss zeitlich hineinbefördert und diese completirt würden, dass
Ein löbl. Mittel auf diesen Fall über obige zwei Regimenter zu Pferd,
auch auf ein oder zwei Regimenter zu Fuss, um selbe ebeumässig
herausgehen zu lassen, den Antrag machen könnte.
Wegen der beiden neu aufrichtenden Regimenter liabe ich eben
nichts Anderes anzuziehen, als was ich erst mit letzterer Post erinnert
habe, und wann solchemnach mit denen fränkischen Truppen man
noch nicht zurechtkommen wäre, oder die Sache in eine Weitläufigkeit
') KriHgs-A., K.•.lllis(•h(^H Reich 1708; Fase. XI. 49.
347
sich ziehen sollte, so findete ich zu Ihro Majestät Dienst keine vor-
träglichere Capitulation, als diejenige, so ich von dem Herrn Obrist
S eckender ff überschickt habe, insonderheit, wann man den alten
angemerkten Bataillon gratis überkommen könnte.
Die Nachricht von dorn Recrutenwesen, dessen mich Ein löbl. Mittel
getröstet, bin ich umsomehr gewärtig, als ich es zu meiner Dircction
höchst nöthig hätte, und zwar vornehmlich darum, weilen verschie-
dene Particulares den Bericht haben, dass für heuer zu denen Rimonta-
Pferden auch die Mannschaft von denen Ländern gestellt worden solle.
Den Vorschlag wegen Verleihung der vacanten Thürhüterstelle
approbire ich hiemit solchergestalt, dass dem Andrä Märkhl dieselbe
conferirt werden, der Johann Richter sodann diesem in der Kanzlei-
dienerstelle succediren, mein gewester Bedienter, der hiesige Feld-
kriegskanzlei-Diener Adam Baumeister aber, welcher ohnedem das
Jurament schon abgelegt, interim mit der Heizersbesoldung anstatt des
ausser Stand zu dienen sich befindlichen Kanzleidieners Mathiä
Schwertfeger an- und hineingenommen, der Andreas Kraus aber
in Ansehung seiner bei dem Herrn Hofkriegsrath und Referendario
Locher schon einige Jahre her geleisten Dienste als Heizer, jedoch
bis zur wirklichen Apertur dermalen ohne Besoldung angestellt werden
solle; allermassen dann auch Ein löbl. Mittel die behörigen Expedi-
tiones darüber auszufertigen anbefehlen wolle.
Schliesslichen remittire an Ein löbl. Mittel, was der Herr Obrist-
wachtmeister S z e k e 1 y i über die Promotion des Herrn Obristwacht-
meisters Suhajda an mich geschrieben hat. Es ist nicht ohne, dass
er älter als der Letztere sei, nachdem aber dieser in der Wirklichkeit
und schon einige Jahre bei dem Regiment o-estanden, auch ein wackerer
Officier ist, so wäre es wider die Ordnung, wann man dem ersten,
der nur aggregirt war, dem letzteren hätte vorziehen sollen. Wie es
aber auch die Politique erfordern will, dass man bei gegenwärtigen
Conjuncturen die getreuen Ungarn recompensire, so lasse ich Einem
löbl. Mittel über, ob man ihm den blossen Charakter eines Obrist-
lieutenants mit der jetzo geniessenden Obristwachtmeisters-Gage con-
feriren könnte. Womit etc.
336.
An den FML. Grafen Harrach. Bei Ryssel, 25. November 1708 ')•
Meines Herrn General-Feldmarschall- Lieutenants vom 3L Octobris
erhalte erst anjetzo und bedanke mich für die in Ein- und Anderem
<) Kriegs-A., Itaüeu 1708; Fase. XI. 46.
348
ji^egebenen Xachrichten, insonderheit aber, dass Derselbe von des
Feldniarschall Herrn Grafen Dann ExccUenz in dem Mailändischen
zuriiekgeUisseu Avorden sei. Mein Herr Genej al-Fcldmarschall-Lieutenant
wird Selbsten die Nothdurft erkennen, dass allda ein General habe be-
stellt werden müssen, welcher bei dem weiteren Abmarsch der Truppen
in das Ferraresische mit guter Vigilanz und Vernunft bei gegen-
Av artigen Conjuncturen auf Alles genaue Obsicht habe.
^Vas sonsten meines Herrn General-Feldmarschall -Lieutenants
l'artieular-Verlangen betrifft, kann ich zwar von dem Künftigen
nichts \'erlässliches sagen, wann es aber die Occasion sein würde,
so kann sich mein Herr General-Feldmai'schall-Lieutenant versichern,
dass ich allezeit eine Freud haben werde, Denselben unter meinem
Commando zu sehen. Womit etc.
337.
An den Freiherrn von Zinzerling-. Feldlager bei Lille,
25. November 1708').
Dass Sie an der glücklichen Eroberung Lille unterm 2. dieses
einen Theil haben nehmen wollen, dafür bin ich Ihnen höchlich ver-
bunden ixnd erfreue mich zugleich, dass ich von Deroselben was zu
sehen überkommen habe.
Ich wollte wünschen, was das königliche Interesse angeht, dass
ich Kräfte genug hätte, selbes dergestalt befördern und in solchen
Aufnahm bringen zu können, als ich es nach Pflicht ohnedem schuldig
und hiernächst bereit bin, es mit williger Darstreckung Leib und Lebens
zu bewerken.
Der Vortheil, so Ihro königl. Majestät mit Reduction Sardegna
und Porto Mahone zugewachsen, ist freilich gross und von so mehrerer
Importanz, als Sie wohl wissen, dass zwar die See-Potenzen mich von
der Ueberwinterung einer sufficienten Squadra versichert hatten, es
wäre aber ohne Eroberung obgedachten Porto die Hoffnung allezeit so
gering, dass sich wenig darauf zu verlassen gewesen.
Die über die königlichen Anliegenheiten formirten Puncta will ich
Ihnen hiemit auch punctatim beantworten, und zwar was
ad 1"™ die Kecrutir- und Rimontirung der in Catalonien befindlichen
ka'iserlichen Truppen, item die Churpfälzischen betrifft, hatte ich, was
diesfalls meinerseits zu disponiren kommt, um meinen zu I. königl. M-
') Kriegs-A., S])anif'ii 1708: Fase. XI. 41.
349
Dienst tragenden Eifer unisomehr zu erkennen zu geben, noeh vor
etlichen AVoelien darauf gedacht und nicht nur nacher Hof das Behörige
darüber erinnert, dass nuxn bei obgewester Austiieihmg der heuerigen
Landrecruten auf die in Catah>nien stehenden vier Regimenter zu Fuss
zuvörderist refieetiren und für jedes derselljcn wenigstens 500, ein-
folglich in Allem 2000 Recruten assigniren solle, sondern auch des
Herrn Grafen Guido von Starb ernberg Excellenz davon behörigo
Nachricht gegeben und von ihro zu wissen verlangt, wie sie die
Uebernehm- und Einführung ersagter Recruten zu disponiren gedenken.
Sie haben gar Recht, dass zur Bestreit- und Bezahlung dieser Recruten
ein Fundo erzeugt und unverlangt richtig gestellt werden müsse,
allermassen ich hievon nicht nur bereits mit dem Mylord Duc geredet,
sondern auch dem Herrn Grafen von Gallas davon parte gegeben,
um dass auch dieser sothane Werbgelder seinesorts in loco pressire,
welches Sie nicht weniger Ihrerseits, einfolglich gesamniter Hand thun
wollen, und dient Ihnen zur Nachricht, dass für einen derlei stellenden
Recruten, weilen sich seithero mehrere Difficultäten erzeigt, zum
wenigsten 24 bis 30 Species-Thalei-, wann man sich doch zu einem
Mehreren nicht verstehen wollte, zu bezahlen, item wegen des Trans-
ports alle Richtigkeit anzukehren wäre.
Wegen der churpfälzischen Recruten habe ich Nachricht, dass
deren bereits 1000 Mann gestellt seien, mit dem Ueberrest aber dürfte
es grosse Beschwernussen geben. Es beruht aber Alles an dem, dass
man nicht nachlasse, unablässlich zu pressireu, damit dieselben gehoben
und der Herr Churfürst getrieben und animirt werde, das Residuum
gleichfalls beizuschaffen.
Des Herbeville'schen Regiments halber wäre ich der Meinung,
dass in loco zuvörderist, da man nach Eroberung Sardegna die Pferde
von dorten haben kann, man vor einen völlig abgängigen Dragoner
auf 200 Thaler accordiren und antragen könnte.
ad 2*^^^ Wäre gut und zu wünschen, wann I. königl. M. von Ihren
eigenen Truppen 6000 Mann zu Fuss und 3000 Pferde künftiges Früh-
jahr in loco in's Feld stellen würden, worüber ich mit dem Duc de
Marlborough zu reden meinesorts nicht ermangeln will, und Sie
wollen auch Ihrerseits umsomehr darauf insistiren, als Ihnen die Schwierig-
keit und dabei sich äussernde Difficultäten nicht unbekannt sein werden.
Ich sorge aber, dass von ersagtem Mylord, wie Sie selben Selbsten
kennen, niemalen keine positive Antwort zu haben sein Averde, sondern
er wird seiner Gewohnheit nach die Sache auf die Resolution der
Königin und des Parlaments verschieben, dass es solchcmnach allein
dahin ankommen werde, dass Sie in loco die Nothdurft mit allem
350
Naclulnick prcssiron mUssten, so ich meinerseits von hiev aus zu secun-
dircn nicht ermangeln will.
ad 3'"'" Hat es mit der Magaziuirung und denen Subsistenzgeldern
fast eine gleiche Bewaudtnuss und werde ich eben auch meinerseits an
Demonstriren, Vorstellen und Unterreden nichts erwinden lassen, sorge
aber, dass es eben nach dem Hof von England werde verschoben
werden, dass also auch dieser Punct allda in loco ausgemacht werden
muss. So will ich auch
ad 4'"'" die Kothwendigkeit repräsentiren, dass von Seiten Portugal
die angezogene Diversion in's Werk gesetzt werden möchte, und ich
glaube, dass man dieselbe zu versprechen, keine Difficultäten machen
werde; die P^xecution dessen aber kommt eben dahin an, dass in loco
durch stetes SoUicitiren und Pressiren das Werk in seine Richtigkeit
gestellt werde.
ad 5^"™ Kann ich nicht umhin, meine innerliche Vergnügung zu
bezeigen, dass nicht nur das dortige Ministerium, sondern die gesammte
Nation zu I. köuigl. M. Bestem eine so besondere Inclination verspüren
lassen, und Avollte wünschen, dass man zur Verstärkung AUerhöchst-
2cedachter Seiner königl. Majestät von Seiten Ihro kaiserl. Majestät einen
weiteren Beitrag zu thun vermögte. Wie Ihnen aber zur Genüge bekannt,
so hat man diesesorts nicht nur allein bereits Alles, was die Kräfte zu-
gelassen, sondern noch ein Mehreres gethan.
Wcffen eines wolfenbüttelischen Renfort habe ich noch vor einem
Jahr pressirt und die Nothdurft hierin gehandelt; es Avar aber nichts
zu erhalten, mithin kommt es auf I. königl. M. selbsten an, welche
wegen der nahen Anverwandtschaft mit diesem Herzog das Benöthigte
Selbsten auszumachen haben, nicht zweifelnd, dass auch derselbe in
Ansehung dessen I. königl. M. nach seinem Vermögen mit Mannschaft
an die Hand zu stehen nicht unterlassen werde.
Wie die Sachen übrigens dahier beschaffen, remittire ich mich
auf das dem Herrn Grafen von Gallas einschickende Journal,
Womit etc.
338.
An den General-Kriegscommissär Grafen ScMik. Vor Ryssel,
25. November 1708 ')•
Euer Excellenz wertheste Zeilen vom 15. dieses haben mich
umsomehr erfreut, als Sic mich nicht nur Dero glückliche Ankunft
zu Brüssel, sondern anncbst auch verständigt haben, dass Sie sich
') Kriegs-A., Niedeilandu 1708; Fase. XI. 78. _
351
von Tag zu Tag mehrers erholen, woran ieh ob meiner gegen Sie
tragenden unveränderlielien Freundschaft einen nicht geringen Theil
nehme.
Was Sie mir des Thüngen'schen Regiments hall^cr meklen, dessen
bin ich mit Ihnen gänzlichen einstimmig, und ich Avill zwar nicht
unterlassen, dem Herrn Feldmarschall Freiherrn von Thiingen in
nachdrücklichen Terminis zuzuschreiben; das Meiste aber wird sich
bei einer genauen Durchsuchung und Berechnvmg mit dem Regiment
hervorthun und hieruächst des Herrn Fürsten von Holstein Licbden
aufgetragen werden müssen, dass sie nach der vom Hof ergangenen
Resolution künftighin von denen auf das Regiment fallenden Geldern
Rede und Antwort zu geben, einfolglich zu sehen haben werden,
wann sothane Gelder zu Nutzen desselben nicht employirt werden
sollten.
Was die Fels- und Reising'schen Commandirten angeht, weilen
E. E. dermalen in loco sind, so glaubte ich, dass man die Berechnung
auf keine Weise in das Künftige und auf die lange Bank ziehen,
sondern dieselbe aufs Genaueste nach Recht und Billigkeit vornehmen
lassen sollte, massen ich gar nicht gewillt bin, nach dem Verdienen
die Demonstration zu versparen, einfolglich zum weiteren Sündigen
und von einer in die andere Unrichtigkeit zu verfallen Ursache zu
geben.
Dass die Hildesheim'schen Gelder eingegangen, habe ich auch
meinesorts voi'hin schon gewusst, gleichwie E. E. aus meinen Ihro
inzwischen Zugekommenen des Mehreren unbeschwert ersehen haben
werden, dem ich dann hiemit nochraaleu beirücke, wann es durch
E. E. beiwohnender Dexterität anders möglich wäre, dass nicht nur
der grosse und kleine Stab auf ihre Sommer - Erforderniss bezahlt,
sondern auch denen Regimentern selbst mit wirthschaftlicher Ueber-
machung eines Wechsels Geld gegeben werden möchte, und sage ich
Ihnen hiernächst den schuldigen Dank, dass Sie meine Forderniss in
particulari anzuweisen sich beliebt haben.
Was den von Wien angelaugten Courier anbetrifft, ist es nicht
ohne, dass, wie die Conjuncturen jetzo beschaffen und Sie in loco am
besten wissen werden, durchzukommen sehr beschwerlich sei.
Ich weiss dahero auszuhelfen, kein anderes Mittel, als dass man,
wann anders die Posten weitershin noch laufen würden, mit der ohne-
dem abgehenden Ordinari die mitgebrachte Expedition unter einsten
remittire. Sollte nun darinnen wegen der winterlichen Unterbringung
der Regimenter was begriffen sein, so können sich E. E. versichern,
dass ich Deroselben nicht nur unverlangte Communication darvon
352
tlniii. öondern auch das Werk an sich selbsten mit Ihnen weiters
conccrtiren werde, zu welchem Ende dann Dieselbe sehr wohl
gedenken , bei Ilirer guten Theil schon erhaltenen Restitution zu
Brüssel zu verbleiben.
Es ist nicht ohne, dass ich geglaubt habe, um denen Regimentern
nach Kräften zu assistiren, die bewussten englischen Gelder anzugreifen;
da aber die iSache scithero in einen anderen Stand gekommen und
man mir cum protestatione conditionem sine qua non gemacht hat,
wann nuin ersagte Gelder zu Aufrichtung zweier neuen Regimenter
nicht appliciren sollte, ich auch dagegen meine Parola impegniren
müssen, so sind mir nun die Hände gebunden, dass, wann ich auch
schon wollte, mit diesen Geldern ein Anderes nicht disponiren möge,
ob mir freilich gar Avohl wissend ist, dass sonsten kein Fundus, wo
etwas zu erhalten, vorhanden sei.
Ich habe des winterlichen Unterkommens halber für die kaiser-
lichen Regimenter zwar discursive mit dem Mylord Duc gesprochen,
und da mir die Unsicherheit der Posten aber nicht zulasset, E. E,
iiiervon viel zu sagen, so muss ich wider meinen Willen präscindiren,
Deroselben in dieser Materie was Weitläufiges zu melden, und zwar
umsomehr, als ohnedem die gegenwärtigen Conjuncturen also beschaffen,
wo man ein dergleichen Werk mit keiner Verlässlichkeit noch abfassen
kann: die Praecaution aber, die Sie mir bei Auseinandergehung der
Armee anmerken, will ich ad notam zu nehmen nicht ermangeln.
Euer Excellenz judiciren gar vernünftig, dass, wann nur baares
Geld zu Händen gebracht werden könnte, man endlich noch wohl
finden dürfte, wie maii sich den Rest des Winters durchfressen möchte;
ich falle Ihnen also bei , dass es nothwendig hierauf ankommen und
man bei so bcAvandten Umständen trachten müsse, dergleichen auf-
und zusammenzubringen. Hierinfalls nun zurecht zu kommen, wären
die bewussten beiden Abgeordneten, item das bekannte Stift und allen-
falls, wo man was zu erhalten glaubt, positive zu drohen, dass man
unmittelbar kommen und die Quartiere beziehen werde, um diese
Leute dadurch umsomehr zu bezwingen, dass mau von ihnen an Baar-
schaft desto grössere Sunmien ziehen möge, nachdem sie, um sich von
denen Quartieren zu befreien, wann sie sehen werden, dass es Ernst
sei, desto grössere Offerte thun werden ; dann soviel ich E. E. weiters
sagen kann, so dürfte es mit Abreichung von Brod und Fourage, wie
ich in etwas schon verspürt habe, keine Difficultät haben.
Sonsten ist mir an E. F. von dem Stift llildesheim kein
Schreiben zukommen, massen ich, wann mir deren eines eingeloffen
wäre, F. F. selbes sogleich zugeschickt haben würde; sollte es aber
353
auf der Post sich befunden haben, so würde von dem hiesigen Post-
meister ein Gleiches bewerkstellig't worden sein.
An unseren Proviant-Ausstand habe ich niemalen gedacht, den
geringsten Nachlass zu thun; was Sie mir aber wegen der machenden
Prätension des auf unserem Marsche nacher Ath gereichten Proviants
und Fourage melden, finde ich mit nichten, dass wir Eines und das
Andere zu bezahlen schuldig sein sollten.
E. E. muss ich hiernächst anziehen, dass ich, wie Ihnen nicht
unbekannt sein kann, für die von der Krone England vor einigen
Jahren nach Italien vorgeschossene Summa Geld quittirt habe, derge-
stalt jedoch, dass nach gepflogener Berechnung und Richtigkeit sothane
meine Quittung hinwiederum retiriren sollte. Nachdem aber bis auf
diese Stunde ich dieselbe nicht habe erhalten können und nicht gern
wollte, dass die Sache in weiterer Unrichtigkeit verbleibe, und ich
etwo damit heute oder morgen angesprochen werden möchte, so habe
ich E. E. hiemit ersuchen wollen, hierüber die weitere nachdrückliche
Verordnung auszustellen.
P. S.
Auch, nachdem unsere Kranken und Blessirten ohne Kreuzer
Geld gestanden, so war ich gezwungen, dahier 439 Doppien, mit ein-
gerechnet den 9 7;^ darauf accordirteu Agio, wovon E. E. der Herr
Proviant-Obristlieutenant Harrucker ein Mehreres berichten wird, zu
anticipiren, und da ich solches Geld auf keine andere Weise über-
kommen können, unter meiner Hand Wechsel-Briefe zu extradiren.
Wann sie also Deroselben zukommen werden, so wollen Sie unschwer
belieben, es sogleich bezahlen zu lassen. Von diesem Geld nun hat
man 350 Doppien für ersagte Kranke und die übrigen 50 aber für
die Fuhrwesens-Knechte, da sie zwei Monate ohne Geld stehen, ver-
wendet. Und weilen man dahier weiters fast unmöglich Geld finden
und aufbringen kann, ohne dass man nicht obgemeltes und ein noch
höheres Agio bezahle; so wollen E. E., da Sie ohnedem Niemanden
finden können, der Ihnen hieher Geld übermachen will, zwar die
Gebührniss der Regimenter und des Stabes an die Cassa anweisen,
das Geld aber daselbst an gedachter Cassa depositirter behalten, und
allein die Entwürfe anhero überschicken, damit ein Jeder inzwischen
wissen möge, was er zu holen habe, einfolglich bis die Communication
offen, oder ein anderes Mittel gefunden werden möchte, sich durch
Credit, oder wie man kann, helfen möge.
Feldzüge des Piiuzeu Eugeu v. Savoyeu. II. Serie, I. Baud. Siipplement-Hefl, «o
354
339.
An den Feldmarschall Grafen Maximilian Ludwig- Brenner.
Bei Ryssel, 25. November 1708 ').
Euer Excelleuz vom 3. dieses ist mir wohl eingelofFen und erfreue
mich mit Ihueu, daraus ersehen zu haben, dass Ihre kaiserL Majcstiit
Dieselbe mit der Feldmarschalls-Stelle begnadet und E, E. die Justiz
angedeihen lassen, welche Dero langer Dienst und bekannten statt-
liehen Meriten verdient haben. Ich aber habe ein so grösseres contento
daran, als ich hierbei die Gelegenheit gehabt, E. E. im Werk zu er-
weisen, wie unveränderlich sei etc.
340.
An den Hofkriegsratli Thiell. Feldlager bei Lille,
25. November 1708 ')•
Des Herrn Hofkriegsraths abermaliges vom 7. dieses Avird mir
zurecbt, und was mir Derselbe des Herrn Generals Heister halber
meldet, wie endlich sein Gedanken, die Postirung an der Gran in
die Bergstädte zu formiren imd dem Herrn General Palffy das
Commando darüber zu überlassen, und dass sodann er in Person mit
denen specificirten Truppen die Rebellen in dem Bakonyer-Wald aut-
suchen wolle, finde nicht gar uneben, wann er nur dieses sein Vorhaben
nicht etwo seithero wieder geändert haben und zu sothaner Postirung,
wie der Herr Hofkriegsrath in Seinem Schreiben weiters meldet, die
Truppen sufficient und genug sein möchten. Es wäre zu wünschen
gewesen, dass derlei Absehen gleich nach der glücklichen Action vor
die Hand genommen und die Zeit mit leerem Herumlaufen und Bom-
bardirung Neuhäusel nicht vergeblich verloren worden wäre, wo ich
sonderlich das Letztere umsoweniger gut heissen kann, als ich nicht
weiss, was, ohne Belagerung Neuhäusel zu bombardiren und Munition,
deren wir ohnedem wenig haben . umsonst zu verschiessen , hätte
heissen sollen.
Es ist eine Schande, dass Ihre kaiserl. Majestät in Ihrem Aller-
höchsten Angesicht gestattet, dass aus Mangel der Fourage Postirungen
aufgehoben und dem Feind andurch allenthalben auszulaufen, die
Freiheit gelassen werde, wo doch ganz Oesterreich mit Fourage an-
gefüllt ist
•) Kriegs-A., Nieflerlande 1708; Fase. XI. 83.
«) Kriegs-A., Ungarii 1708; Fase. XI. 11.
355
Was der Herr Hofkriegsratli wegen Zuriicklialtung der sieben-
biirgischen Recruten und deren Verlegung halber meldet, finde ich
meincsorts nicht uneben zu sein ; dann die zwei Regimenter, so man
aus gedachtem Siebenbürgen hat abziehen wollen, bleiben ohnedem
darinnen, und ist hiernächst auch gut, dass einige Cavallerie um Fünf-
kirchen, Silvios und der Orten verlegt sei, welche das Heisterische
Vorhaben facilitiren und diese sowohl, als die zu Fuss die heurigen
Recruten nach ihrer Stellung an sich ziehen und künftiges Frühjahr
in corpore zusammen hineinmarschiren können.
Wann der Ali Pascha von Temesvar, nachdem er jetzo zum
Seraskier von Belgrad ernannt worden, gegen uns noch so geneigt
wäre, als vorhin, so könnte man sich über seine Promotion billig
erfreuen ; da er aber, wie mir der Herr Hofkriegsratli erst jüngsthin
berichtet, sich eines ganz widrigen Gemüthes zu zeigen anfangt, hin-
gegen aber eine gemeine Sache ist, wie mit denen Türken, deren
interessirtes Gemüth zur Genüge bekannt, mit Geschenken Alles zu
richten ist; so wäre nicht zu unterlassen, ihm, wie ich jüngsthin schon
gemeldet habe, mit einem stattlichen Präsent, und zwar mehrers als
sonsten gewöhnlich ist, zu regaliren, um denselben auf unsere Seite
zu bringen, ein folglich durch gute Nachbarschaft die Türken solcher-
gestalten zu cultiviren, dass, wie meine Meinung allezeit dahin geht,
sie zu einer Ruptur den geringsten Prätext oder Anlass nicht haben
mögen. Und hat mich nicht wenig zu vernehmen erfreut, die Resolution,
so der türkische Kaiser mit Abschaffung aller Rdkoczischen Agenten
von Constantinopel vorgenommen, ja der Gross-Vezier selbsten auf
dem Sprung gestanden sei. Es dürfte zwar ohnedem schon geschehen
sein, ich will aber nichtsdestoweniger zum Ueberflusse den Herrn Hof-
kriegsrath erinnern, dass man darüber an den Tallman zu rescribiren
hätte, die Porten (Pforte) bei dieser Resolution zu erhalten und dahin
zu vermögen, dass diesen Leuten kein Gehör mehr gestattet werde.
Womit etc.
341.
Bericht an den Kaiser. Oudenarde, 28. November 1708 ').
Nachdem der Feind mit dem unter dem gewesten Churfürsten
aus Bayern zusammengesetzten Corps, gleich Euer kaiserl. Majestät aus
meinem allergehorsamsten Tagzettel mit Mehrerem allergnädigst vorläufig
ersehen haben werden, Brüssel wirklich attaquirt hatte, wie es alle
Kundschaften versicherten, hiernächst aber auch ohnedem die Commu-
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fa.sc, XI. 87.
23*
356
nicatiüii über den Eseaut (Scheide) einmal hätte eröffnet werden müssen ;
so bin ich mit dem Mylord Duo di concerto worden, dass, um das Erstere
zu succurriren und zu diesem Ende auch das Letztere zu bewerken,
da zuvörderst der Feind spargirt hatte, dass er uns wegen sothaner
gesperrter Communication erhungern wollte, sowohl er mit seiner Armee,
als ich mit dem grössten Theil der unter meinem Commando stehenden
uns zugleich moviren wollten, so auch vergangenen Sonntag geschah.
Da aber der Weg sehr schlimm, dass die Pontons und Anderes nicht
wohl folgen können, hatte man die Passage des Eseaut erst gestern
ohne weiteren Verlust glücklich bewerkt. Der Feind hatte sich so-
gleich retirirt, dass es solchemnach zu keiner Hauptaction kommen
können; man hatte jedoch gleichwohl über eine Stunde seine Arriere-
Garde verfolgt, eine ziemliche Anzahl Gefangene, auch Bagage und
etliche Standarten eingebracht, und ich kann E. k. M. für heute die
ausführliche Relation unmöglich darüber erstatten, sondern werde es
auch durch den Grafen C z o b o r , den ich in ein zwei oder drei
Tagen nachschicke, thun.
Der Mylord setzt heute seinen Marsch auf Brüssel fort, ich aber
kehre den Augenblick wieder zurück nach Lille, E. k. M. allergehor-
samst bittend, dass Sie, weilen mir die Zeit ein Mehreres nicht zu-
lasset, in keinen Ungnaden aufnehmen wollen, dass Dieselbe nicht mit
Mehrerem allerunterthänigst bediene. Der mich übrigens etc.
342.
An den Hofkammer-Präsidenten Grafen Gnndacker Thomas
Startieniberg". Feldlag-er bei Lille, 29. November 1708 ').
Nachdem ich den abgewichenen Sonntag, wegen des damaligen
gählichen Aufbruches mit einem guten Theil der unter meinem Com-
mando -stehenden Armee, verhindert war, an Euer Excellenz meine
gegenwärtigen Zeilen abzulassen, so habe ich es hiemit bewerken und
Deroselben durch den Anschluss communiciren wollen, was vor eine
Vorschrift an Ihro kaiserl. Majestät ich für den Herrn Proviant-Obrist-
lieutenant H a r r u c k e r allergehorsamst eingeschickt habe. Die Motive,
so mich hiezu bewogen, ersehen E. E. zwar aus obgedachtem An-
schlüsse; nachdem aber ersagter Herr Proviant-Obristlieutcnant, solange
er noch von Hungarn her und diesen ganzen Krieg hindurch bei
denen unter meinem Commando gewesten Armeen gestanden, sich
solchergestalten verhalten und nicht nur seine Schuldigkeit, wie es
') Kriegs-A., Köiniaclies Keieli llOH; Fase. XI. :")!).
357
dessen aufliabende Pliicht mit sich bringt, erwiesen, sondern auch mit
tag- und nächtliclier Sorge und Mühe bei dem obgewesten Al)mangol
der Mittel die Proviantirung durch seinen Credit und Fleiss, soviel
jemand immer miiglich hätte thun können, bestritten, aiich dem Aorario
grosse Ersparniss und Wirthschaft gemacht, wie es seine raehrereu-
theils gelegten Rechnungen erweisen werden; so bin ich umsomehr
schuldig, mich seinethalben solchergestalten zu impegniren, damit ein
so getreuer und ehrlicher Officier auch seine billige Consolation über-
kommen möge.
" Ersuche solchemnach E. E. hiemit, Sie wollen demselben auch
Ihresorts Dero Gnadens-Protection angedeihen lassen, auf dass ersagter
Herr Proviant - Obristlieutenant durch Dero Vielvormögenheit von
I. k. M. in seinem Gesuche begnadet werden und aumit auch diese
meine Vorschrift ihren Effect erreichen möchte.
343.
Bericht an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel,
30. November 1708')-
Euer kaiserl. Majestät habe ich in meinem unterm 28. aus
Oudenarde an Dieselbe nur mit Wenigem in höchster Eile aller-
unterthänigst abgelassenen allergehorsamst angemerkt, dass ich den
Grafen C z o b o r mit der ausführlichen Relation über die Passage
der Scheide hinachschicken wollte. Ich bewerke es hiemit allerunter-
thänigst, und E. k. M. wollen solchemnach allergnädigst geruhen, aus
dem anschliessigen ausführlichen Tagzettel Ein- und das Andere des
Mehreren allergnädigst zu vernehmen.
Was aber die Abandonnirung der Belagerung Brüssel angeht,
habe ich hievon keine andere Nachricht, als was mir der Mylord
Duc de Marlborough in Eile mit einem paar Zeilen erinnert und
ich es eben auf die Weise in mein Tagzettel setzen lassen. Ich zweifle
aber allergehorsamst nicht, obgedachter Graf C z o b o r werde E. k. M.
die mehreren Particularia erzählen können, nachdem ich denselben
mit ersagtem Mylord gegen gedachtes Brüssel habe marschiren lassen,
mit dem Befehle, dass er Alles wohl ad notam nehmen und allda
meine gegenwärtige Expedition erwarten sollte.
E. k. M. kann ich nicht genug beschreiben, in was Consternation
der Feind nach denen von allen Orten einlaufenden einhelligen Nach-
richten sich befinden solle, von welcher zu profitiren, ich meinesorts,
<) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. 91.
358
was iinraei* von mir dependirt, gewiss nicht vergessen werde, umso-
melir, als ohnedem die Belagerung des hiesigen Citadells nicht lange
mehr dauern kann und hiernächst auch die Deputirten im Namen
der Herrn Generalstaaten darauf dringen, noch diesen Winter zu
unternehmen, was gegen Gent und Brügge zu operiren sein möchte.
Gleich es aber, ohne dass ich oder der Mylord hier verbleiben,
unmöglich zu bewerken sein wird, so verlangen dieselben, dass Einer
von uns den Winter allhier abwarten und sothane Operation vollführen
sollte; wogegen wir aber replicirt, gleichwie sowohl er an dem könig-
lichen, als ich an E. k. M. Hof uothwendig zu thun hätten und dahero
sich ein Jedweder zu seinem allerhöchsten Haupt in aller Unterthänig-
keit verfügen müsste; so wollten wir, wann Alles vorbei und man die
winterliche Postirung einzurichten anfangen würde, uns mit einander
unterreden und dahin verstehen, dass, wenn es möglich. Einer von
uns dahier verbleiben, der Andere aber nacher Haus gehen, jedoch
in etlichen Wochen wiederum zurück sein und den Anderen ab-
lösen solle.
Was die vorhabende winterliche Postirung angeht, kann E. k. M.
ich zwar noch nichts Positives davon melden, ich werde aber, wann
man die Sache einsmal vornehmen und in seine Richtigkeit setzen
wird, mich mit Dero General-Kriegs- Commissario Grafen Schlik sodann
verstehen und nach eingerichtem Werk an E. k. M. denselben mit
aller Information abordnen.
Inzwischen wäre mein unvorgreiflicher Gedanken, weilen die
Alliirten stark darauf dringen, dass E. k. M, und die churpfälzischeu
Regimenter dahier beibleiben sollen, dass zwar erstlich man sich, so-
viel Dero eigene Regimenter angeht, in etwas spreizen, um dadurch
von ihnen desto mehr zu haben und folglich dahin antragen solle,
dass E. k. M. Truppen nebst der Fourage und Brod noch ein anderer
Beitrag gegeben, hingegen in dem Reich, als da ist : das Cöln-, Hildes-
heimische und andere Landen, wo man vorhin geglaubt, die Winter-
quartiere zu nehmen, beständig androhen solle, dass die Truppen gewiss
dahin anmarschiren und sich allda logiren würden, um durch dieses
Mittel diese Stifte und Landen dahin zu vermögen, dass sie, um sich
der Personal- Logirung zu befreien, ihre Offerta von sich selbsten desto
mehr erhöhen müssen und man auf diese Weise zur Subsistenz ersagter
Dero Regimenter, item des grossen und kleinen Stabes ein namhaftes
Stück Geld auf- und zusammenbringen möge, ohne welchen es sonsten
eine so grössere Unmöglichkeit wäre, dass dieselben erhalten und zu
Diensten hinwiederum in Stand gesetzt werden könnten, als sie auch
bei dem Erfolg dessen davon allein nicht zu sul)siätiren vormögen.
359
Was aber liiernächst die Beibloibung der churpfälzischen Truppen
belangt, steht dahin, ob und wessen sieh der Herr Churfürst hierüber
resolviren werde; auf allen Fall aber könnte von E. k. M. derselbe
zum wenigsten dahin obligirt werden , dass die in Dero Diensten
stehenden 4000 Mann dahier verbleiben raüssten, gegen der ihm
gebenden Versicherung, dass dieselben eben denjenigen Douceur zu
gemessen haben sollten, welcher E. k. M. Truppen /ai Statten kommen
würde.
Und weil übrigens die Alliirten künftiges Frülijahr einen grossen
Effort dahier gegen Frankreich zu thun gedenken, so pressiren sie
mich, dass auch von Seiten E. k. M. ein Gleiches bewerkt werden
und zu dem Ende erstlichen die zwei neu errichtenden Regimenter
sogleich formirt, sodann mit zwei alten verwechselt und mit noch
einem anderen alten, also in Allem drei Regimenter zu Fuss und noch
zwei Regimenter zu Pferd gar zeitlich im Frühjahr anhergeschickt
werden möchten, weilen, wie E. k. M. auf der Alliirten Pressiren in
meinem Vorigen allergehorsamst angezogen, jetzo gleich, bei gegen-
wärtig veränderten Umständen, einige Truppen anhero zu schicken,
nicht mehr nöthig ist.
Ob ich nun zwar nicht unterlasse, hierauf zu remonstriren, wie
schwer es E. k. M. fallete, allenthalben so viel Volk abzuschicken
und zu unterhalten, so wäre ich doch dabei der allerunterthänigsten
unvorgreiflichsten Meinung, dass man sich dieser Gelegenheit in allweg
zu bedienen, Euer kaiserl. und Ihro königl. katholischen Majestät
Allerhöchster Dienste Nutzen und Interesse erfordere, inmassen mau
auf diese Weise mit Einrechnung der würzburgischen Truppen und
churpfälzischen 4000 Mann ein gar considerables Corps zusammen-
bringen, einfolglich mit so höherer Raison von E. k. M. Anliegen-
heiten sprechen und zuvörderst auf die Guarnirung ein und anderen
Platzes unvermerkter antragen und dadurch denen Holländern bei
erfolgendem Frieden, welche fast alle Plätze besetzt haben, ihr Ab-
sehen, ein und andere davon zu behalten, wohin sie einzig und allein
abzielen, unterbrochen werden könnte, und glaube ich, dass E. k. M.
die Abschickung sothaner Regimenter umso leichter würden bewerken
können, als es bei gegenwärtigen Conjuncturen ohnedem das Ansehen
hat, dass es mit dem päpstlichen Unwesen zu seiner Endschaft kommen
werde. Sollte es nun, wie zu hoffen, geschehen, so habe E. k. M. zu
Dero allergnädigster Reflexion allergehorsamst erinnern sollen, dass
zuvörderst bei einem derlei errichtenden Vergleich unter Anderem
auch stipulirt werden müsste, dass E. k. M. allezeit frei sei, durch
das Päpstliche nacher Napoli und von dannen wieder zurück Truppen
360
abzuschicken, wie viel auf einmal in corpore passiren und in was
pretio ihnen der Unterhalt in diesem Territorium abgereicht werden
solle. Womit etc.
P. S.
Auch allergnädigster Kaiser und Herr etc. hat mich vorgemelter
Graf C z 0 b o r nachdrücklich belangt, dass ich in gegenwärtiger seiner
Abschickung ihn mit meinem allerunterthänigsten Vorwort begleiten
wollte, so ich auch demselben umso weniger habe abschlagen können,
als er sich, soviel mir wissend ist, ziemlich wohl comportirt und zu
wünschen wäre, dass er also continuiren möchte. Es war ihm zwar,
da er eine Blessur empfangen, ein Unglück zugestossen, so ihm aber,
accidentaliter geschehen ist. Womit ut in litteris.
344.
An den Hofkriegsrath. Lager bei Lille, 30. November 1708 ')•
Einem löbl. Mittel schliesse ich hiemit an, mit was für einen glück-
lichen Success wider des Feindes ausgesprengte Unmöglichkeit man
die Scheide den 27. dieses passirt und denselben dadurch obligirt
hatte, mit einer sobald nicht erhörten präcipitanteu Flucht die Bela-
gerung Brüssel's nach Hinterlassung mehrentheils der davor gehabten
Stück und Mörser zu abandonniren.
Was ich hiernächst aber mit dieser Gelegenheit an Ihro kaiserl.
Majestät schreibe, das zeigt der Anschluss *) ebenmässig; Einem löbl.
Mittel dienet ein guter Theil darum zur Nachricht, zum Theil aber
wolle Dasselbe seiuesorts zu pressiren sich vornehmlich angelegen sein
lassen, damit der ansuchende Effect darauf erfolge. Solohemnach aber
wäre vornehmlich die Sache wegen der hereinzuschicken antragenden
Regimenter, wie ich Einem löbl. Mittel schon ein und anderes Mal
bereits erinnert, zu pressiren, in Hoffnung, dass das päpstliche Unwesen
bei gegenwärtigen Conjuncturen seine Endschaft unfehlbar erreichen
werde — und weil es auch guten Theils an dem hanget, dass die zwei
neu errichtenden Regimenter ohne weiteren Zeitverlust aufzurichten
Hand angelegt werde; so bin ich von Einem löbl. Mittel, sobald nur
immer möglich, hierüber gewärtig, was es der französischen Truppen
halber für eine Beschaffenheit habe, dann ich meinesorts immer auf
der Meinung beharre, dass man zu Ihro Majestät Dienst keine nütz-
lichere Capitulation amplectiren könnte, als diejenige, so ich von dem
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XI. 92.
*) Siehe die vorhergelioiido Ntninuer.
361
Herrn Obristen Seckendorff eingeschickt habe, in dem Fall, dass
man den alten Bataillon gratis überkommen möchte.
Dasselbe mache mich Ein- und das Andere, sobald es möglich,
wissen, und ich thue übrigens wegen Kürze der Zeit nichts Anderes
beirücken, als dass ich sei etc.
345.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Ryssel, 2. December 1708 0-
Euer kaiserl. Majestät habe ich unterm 25. passato den Empfang
Dero unterm 2., 4. und 22. October an mich abgelassenen allergnä-
digsten Handschreiben allerunterthänigst berichtet und anbei zu Dero
allergncädigsten Nachricht angemerkt, wasmassen sothane Dero Schreiben
wegen Unsicherheit der Strasse zu Brüssel liegen geblieben und mir
aus dieser Ursache erst damalen zu allergehorsamsten Händen ge-
kommen seien, die ich aber, in gleichmässiger Betrachtung ersagter
Unsicherheit und weilen auch sonsten mir die Zeit zu kurz war, eben
selbigen Dato allergehorsamst nicht beantworten konnte. Nachdem
aber gleich nach abgeloffener Post das Mouvement gegen der Scheide
vorgenommen worden, so hatte ich meine allergehorsamste Antwort
bis anheute verschieben müssen, weilen es hiernächst auch mit dem
Grafen Czobor darum nicht be werkt werden konnte, da man allererst
von dem Marsche zurückgekommen und mit Verfassung der ihm mit-
gegebenen ausführlichen Relation allzusehr occupirt gewesen war.
Solchemnach nun solle E. k. M. auf die beiden vom 7. und
22. obbesagten Monats hiemit in allergehorsamstem Respect anziehen,
wie dass, soviel das römische Unwesen an sich selbsten angeht, nach
meiner vor meiner Abreise von Wien allerunterthänigst eröffneten
Meinung Aveit besser gewesen wäre, wann man bei gegenwärtigen
Conjuncturen in dieses Impegno niemalen verfallen und die Sache
angefangen hätte. Nachdem es aber bereits beschehen und in wirkliche
Thätlichkeiten ausgebrochen, so ist auch kein anderes Mittel übrig, als
dass man, gleich E. k. M. ich unterm 28. mehrberührten Monats Octobris
allerunterthänigst berichtet, nach dem mit dem Mylord Duc und denen
Deputirten der General-Staaten in dieser Materie gehabten weitläufigen
Discurs und darüber ausgefallenen Gutbefinden, mit welchem auch ich
mich allergehorsamst conformirt, in allweg suchen sollte, diese Sache,
zum Fall es nicht etwo zu weit gekommen wäre, mit dem päpstlichen
Stuhl in der Güte beizulegen oder aber, wann es ja nicht anders
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 12.
362
sein könnte, mit einem solchen Ernst anzugehen, dass durch die
Gewalt der Waflfen noch diesen Winter sothaner Zwistigkeit ein Ende
gemacht werden möchte.
Belaugend aber die hiebei sich ereignenden zwei Anstösse, hat
sich der erste, ob die königlich preussischen Truppen den Zug mit
werden angehen wollen, wie E. k. M. allergnädigst schon bekannt
ist, bereits gehoben; wegen der von ihnen prätendirenden Douccurs
aber werden Dieselbe aus meiner unterm 11. passato allerunterthänigst
erlassenen Antwort allergnädigst zu ersehen geruht haben, wie ich
nämlich zu Dero Allerhöchstem Dienst weit besser und vorträglicher
zu sein finde, ersagten Truppen etwas Gewisses und Leideutliches
einzustehen, als deneuselben Alles abzuschlagen und sie gar zu genau
zu halten, dass sie auf solchen Fall einen als den auderen Weg unter
allerhand Namen und Verwand vom Land nehmen und leben würden,
soviel sie könnten, auf diese Weise aber ein weit Mehreres heraus-
pressen und excediren dürften, als wann man ihnen was Gewisses
einstehen und verwilligen würde.
Dass sonsten bei dem änderten Anstoss, in der Ungewissheit, ob
dem Feldmarschall Grafen von D a u n seine noch immer anhangende
Unpässlichkeit gestatten werde, dem Commando, wie es E. k. M. Dienst
und die Wichtigkeit der Sachen erfordert, abzuwarten, Dieselbe mir
solches in Allerhöchsten Gnaden auftragen wollen, darüber erstatte
E. k, M. nicht nur allein den allernnterthäuigsten Dank, sondern ich
wollte diesen Dero allergnädigsten Befehl umso viel puuctualer zu
exequiren keine Minute verstreichen lassen, als es mir gleichgültig ist,
ob E. k. M. sich meiner Person dahier oder in anderen Landen zu
gebrauchen allergnädigst geruhen wollen ; gleich ich auch dessen weder
Winter, noch Sommer nieraalen einige Difficultät gemacht, wiewohl es
schwer wäre, bei einer so langen, harten und noch dauernden Campagne
gleich wiederum so beschwersame Reisen anzugehen.
Nachdem man also annoch in voller Operation begriffen und
nicht wissend ist, wie lange es etwo sich noch hinaustrainiren möchte,
sonsten aber E. k. M. in meiner durch den Grafen C z o b o r einge-
schickten allergehorsamsten Relation allergnädigst ersehen haben werden,
was die Generalstaatcn durch ihre Deputirten mein- und des Mylord
Duc Person halber für ein Begehren gestellt hatten, hiernächst aber
noch unwissend ist, auf was AVeise und Art E. k. M. allergnädigst
gedenken, das Politicum und Militare allda in Italien einzurichten, so
glaube ich, dass eudlich noch wohl Ein- und Anderer zu finden sein
werde, der sothanem Connuando vorstehen könnte, umsomehr, als es
vielleicht vorbesagter Feldmarschall Graf von D a u n, der der Sachen
363
bereits einen Anfang gemacht, vielleicht selbsten wohl Avird ausfühnni
können; zu geschweigen, dass die Zeit sehr weit avancirt und mich
dahinein zu begeben, es fast 7ai spät sein will.
Sollte aber ersagtes Feldmarschalls Gesundheit nicht zulassen,
dem Werk weiter abzuwarten, so wüsste ich anstatt seiner Niemanden
übrig, als den Feldmarschall Grafen von Rabutin; dann E. k. M.
werden von selbsten die übrigen Dero Generales allergnädigst kennen,
Ihro dabei aber auch vorhin nicht unwissend sein, dass Sie zwar eine
grosse Generalität bezahlen, wenig aber darunter zum Commandircn
haben, viele hingegen, die als Subalterne das Ihrige thuii können.
Die Operationen, wann der päpstliche Zug zu der rechten Gewalt
ankommen sollte, wären der Prudenz des commandirenden Generals
zu überlassen, als welcher diese nach denen in loco sich ergebenden
Conjuncturen dirigiren und unternehmen muss. Es steht aber zu hoffen,
dass dieses Unwesen nach dem glücklichen Success der hiesigen
Unternehmung, da bei solchen beschaffenen Dingen der römische
Hof von Frankreich keine oder doch wenig Hülfe zu hoffen hat, und
dass es, wie ich sonderlich von Venedig vergewisset werde, sicher ist,
dass die wällischen Fürsten sich niemalen in die Sache mischen
werden, solange von E, k. M. dieselbe mit dem Ernst der Waffen
prosequirt und der Papst die Oberhand nicht gewinnen würde, an
sich Selbsten sich ändern und zu einem gütlichen Vergleich kommen
werde.
Was aber den Zug nacher Rom betrifft, werden E. k. M. Dero-
selbeu in allerunterthänigstem Respect vorzustellen mir erlauben, dass
Seine päpstliche Heiligkeit nicht nur allein als ein weltlicher Fürst,
sondern auch als das Haupt der katholischen Kirche zu consideriren
sei, und aus dieser Ursache glaubete ich, dass es wohl zu ponderiren
und weit besser sein mochte, wann in der vorrecensirten Hoffnung
und bei den gegenwärtigen favorablen Conjuncturen E. k. M. Truppen
nicht gar bis auf Rom avanciren möchten, ausser es wäre kein anderes
Mittel und der Sachen Umstände wollten es also erfordern.
Was E. k. M. weiters wegen der von dem Herrn Churfürsten
zu Hannover zu der am oberen Rhein errichteten winterlichen
Postirung verlangenden Dero eigenen hier stehenden und der würz-
burgischen Mannschaft zu Fuss, allergnädigst anbefehlen wollen, da
werden zwar Dieselbe aus meinem unterm 11. und 14. passato aller-
unterthänigst erlassenen Berichten die Ursachen mit Mehrerem aller-
gnädigst ersehen haben, welche diese Abschickung dahin verhindern
und im Weg stehen thun. Ich will also dieselben, um Ihro nicht
molest zu sein, allerunterthänigst zu wiederholen umgehen; E. k. M.
364
aber werden mir gleichwolilen allergnädigst erlauben, beizurücken,
dass ich nicht begreife, warum der Herr Churlurst zu Hannover
sothane Postirung nicht auch durch andere Truppen sollte bestreiten
können, und zwar umsomehrers, als gegen der jetzigen und vorigen
feindlichen Macht daselbsten nicht nur ein grosser Unterschied, sondern
die Conjunturen solchergestalten beschaffen sind, dass der Feind viel
mehr obligirt ist, wie es ohnedem nach meinen vorigen allerunter-
thänigsten Berichten die Nachrichten bestätigt haben und wirklich
geschieht, sich allda weit ehender zu schwächen, als zu verstärken ;
wohingegen die See-Potenzen immer darauf dringen, dass vielmehr
künftiges Frühjahr so viel Truppen als möglich hiehergeschickt werden
sollten, um nicht nur dem Feind, welcher seine völlige Macht da
herabzieht, um seine Grenzen zu bedecken, der Nothdurft nach zu
widerstehen, sondern den Krieg weiters mit allem Vigor offensive
fortzusetzen.
Schliesslich berufe mich hiemit nochmalen auf die dem Grafen
Czobor sowohl von mir mitgegebenen, als seine mündliche Relation,
die er wegen Aufhebung der Belagerung Brüssel E. k. M. in aller
Unterthänigkeit überbringen wird.
346.
An den Feldmarschall Grafen Dann. Lager bei Ryssel,
2. December 1708')-
Allermassen ich, soviel an mir gelegen. Alles anwende, um die
kaiserlichen Truppen nicht nur im Stand zu erhalten, sondern auch
für die künftige Campagne solchergestalten herzustellen, dass sie ihre
Dienste der Nothdurft nach verrichten können; so habe ich unermangelt,
den behörigen Befehl an seine Gehörde nacher Mailand zu erlassen,
damit diejenigen 100.000 Scudi, welche das abgewichene Jahr zur
Kimont- und Recrutirung der alldortigen Cavallerie applicirt worden,
anheuer wiederum assignirt und ausgezahlt werden sollen. Es dürften
sich zwar dabei ein- oder andere Beschwernisse ereignen, ich bin aber
des ungezweifelten Dafürhaltens, dass sothane Summa seine Richtigkeit
haben werde.
Erinnere es Euer Excellenz solchemnach hiemit zu dem Ende,
um dass es Deroselben zu Dero weiterer Direction dienen, und Dieselbe
hiernächst darob sein wollen, damit diese Mittel je eher je besser zur
Hand gebracht und präcise zu diesem Ende verwendet werden.
') Krip{rs-A., Nio.lorlandn 1708; Fase. XII. 10.
365
E. E. werden des Uebrigen aus anliegendem Tagzettel ersehen,
mit was für einem glücklichen »Siiccess mau die Cummunicatiun über
die Scheide eröffnet und den Feind obligirt hat, die Belagerung Brüssels
mit Hinterlassung Stück und Mörser zu abandonniren.
Dieser Streich ist von so grösserer Conscquenz, als ihn der Feind
vor unmöglich ausgeschrien, und zu Dämpfung des päpstlichen Un-
wesens merklich contribuiren wird.
347.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Lag-er bei Ryssel,
2. December 1708 ').
(Der Text dieses Schreilieiis ist inutatis iiiutaudis mit doiii Eiiig'ansi^e des vorlier-
gelieudeu, bis zum Sclilusse des zweiten Alinea übereinstimmend.)
348.
An den Hofkriegsrath. Lager bei Ryssel, 2. December 1708').
(Wie Nr. 347.)
349.
BericM an den Kaiser. Feldlager bei Ryssel,
2. December 17O8 0-
Obzwar auf Euer kaiserl. Majestät unterm 4. Oetober, Avegen
der königlich preussischen Hülfsvölker, sich es mit dem Anstand,
den Zug gegen den Papst mitzumachen, seithero von selbsten gehoben,
auch des ansuchenden Douceurs halber, in specie aber wegen des mit
diesen Truppen zu Ende gehenden Tractates, E. k. M. aus meinem
vorhin, dann einem anderen eben unter heutigem Dato allergehorsamst
Erlassenen das Mehrere allergnädigst vernommen haben werden ; so solle
ich nichtsdestoweniger Deroselben in aller Unterthänigkeit wiederholen,
dass, obzwar der König ersagten Tractats halber Beschwernussen macht,
ich nichtsdestoweniger, wann die Campagne einmal aus sein werde,
an seiner Gehörde das Weitere dessentwegen zu beobachten, alier-
gehorsamst nicht ermangeln werde, mich anmit zu E. k. M. Allerhöchsten
Hulden und Gnaden in Unterthänigkeit empfehlend etc.
1) Kriegs-Ä., Niederlande 1708; Fase. XII. 10.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 10.
*) Kriegs-A., Römisclies Reich 1708; Fase. XII. 5.
366
350.
Bericht an den Kaiser. Bei Ryssel, 5. December 1708 ').
Da Euer kaiserl. Majestät allergnädigste beide Handschreiben
vom 7. passato erbalte, cümmimicirte mir unter einsten Dero Geueral-
Kriegscommissarius Graf Schlik eine copiam Dero anderweiten
allerji;nädigsten Schreibens vom 3. detto, wovon das Original mir noch
nicht zukommen ist, weilen wegen Unsicherheit der Strassen der
Courier damit zu Brüssel anhalten müssen, bei vorgekommener Bela-
gerung dieses Ortes aber ersagter General-Kriegscommissarius den-
selben sammt der Expedition mit sich nacher Antwerpen genommen hat.
Soviel nun das Eine von obge dachten Schreiben wegen des neu
ansuchenden Darlehens in England in sich enthaltet, werde ich nicht
nur nach Dero allergnädigstem Befehl mit dem Mylord Duc de M a r 1-
b o r o u g h darvon nachdrücklich reden, sondern auch darüber mit dem
Grafen von G alias in engerem Verständniss stehen.
Belangend nun das Andere und in speeie das vom 3'"" habe ich
in aller Unterthänigkeit vernommen, w^as E. k. M. auf Meines vom
10. October über die Bequartierung Dero hiesigen Regimenter in aller-
gnädigster Antwort mir haben bedeuten wollen. Diesem zu schuldigster
Folge nun wird dasjenige allerunterthänigst beobachtet werden, was
E. k. M. allergnädigst angemerkt haben, aus was Ursachen das Stift
Hildesheim mit der Logirung umso viel weniger zu bedenken sei, als
die bischöflichen Tafel-Gefälle nach Abzug der Besoldung und Schulden
zur Bestreitung sothauer Logirung beiweitem nicht erklecken, die
Contributiones des Landes aber ohne Destruiruug des stiftischen Regi-
meutes und Reichs-Contingents nicht angegriffen werden könnten.
Weilen aber E. k. M. allergnädigste Intention dabei ist, dass ersagte
Tafel-Gelder pro futuro für die hiesigen Truppen angewendet und
mich darüber mit dem Dom-Capitel, so gut ich kann, vernehmen solle ;
so habe ich auch demselben bereits erinnert, dass es nicht nur zu
diesem Ende, sondern auch zu Verrechnung des ersagtem Regimente
auf dem Marsche aus Italien gethanen Vorschusses jemanden Gevoll-
mächtigten hieherwärts abordnen wolle.
Bei der angetragenen Belegung des Frei-Stiftes Cöln werde ich
mit dem Mylord Duc de Marlborough der preussischen Truppen
halber zu reden allergehorsamst nicht ermangeln und mit den Deputirten
der vereinigten Niederlanden ein Gleiches thun. Es dürfte zwar nicht
viel Mühe brauchen, dieselben dazu zu vcrmcigen, weilen ratio belli
ohnedem erfordert, dass die Trujipcn aus der E. k. M. jüngsthin aller-
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. Xll. 18.
367
untcrtliänigst erinnerten Ursache daliier in der Nähe bciboluilton
werden müssen ; dass aber von dortcn aus diesen Truppen nicht contri-
buirt werden solle, zweifle ich, ob sich die AUiirten darein mischen
werden. Ich habe von sicherer Hand "-ehört, dass dieses Stift an den
König in Preussen abgeschickt und gebeten hiibe, nachdem dem Ver-
nehmen nach E. k. M. Truppen dahin verlegt werden sollten, dass
ersagter König dasselbe dagegen schützen wolle. Ich kann es zwar
für keine gewisse Wahrheit sagen, will mich aber, um auf den rechten
Grund zu kommen, weiters informiren. Sonsten wäre meine allerunmass-
gebigste Meinung, wie ich unterm 30. November schon gemeldet
mehrers dahin gerichtet, Alles, was man nur glaubt belegen zu kiinnen,
mit der Bequartierung zu bedrohen, um andurch diesen Leuten Anlass
zu geben, dass sie von selbsten kommen vmd, um sich von der wirklichen
Einlogirung zu befreien, Offerten thun müssen, auf dass man durch
dieses Mittel einen so mehreren Beitrag in Geld erhalten möge, wo
inzwischen ich bei denen AUiirten dahin antragen und die von E. k. M.
angezogenen Motive vorschützen werde, um die Logirung ersagter
Regimenter mit Abreichung Brod und Fouragc, nebst noch eines
etwelchen Beitrags zu erhalten und nicht weniger die von E. k. M.
specificirten Städte und Landen beizuziehen.
Der M y 1 o r d Duc schickte gestern den General C a d o g a n zu
mir, um sothaner Quartiere halber die Unterredung zu pflegen; ich
hatte ihn aber an obgemelten Dero General- Kriegscommissarium ver-
wiesen und diesen erinnert, dass er die Sache mit ihm vornehmen
und ausmachen solle, wie ich dann, wann Alles geschehen und stabilirt
ist, mehrernennten Dero Geueral-Kriegscommissarium an E. k. M.
mit aller ausführlichen Information allergehorsamst abordnen werde ;
wie aber, wann mau auch einen guten Schluss macht, und noch darüber
nach meinem Antrag durch das hier oben bemerkte Mittel eine Simima
Geld überkommen sollte, es dannoch nicht sufticient sein würde, die
Regimenter subsistiren zu machen und hinwiederum in Stand zu
bringen, wann zuvörderst nach geendeter Belagerung noch was Anderes
unternommen werden und der künftige Feldzug gar frühzeitig angehen
sollte, so werden E. k. M. von selbsten höchsterleucht ermessen, dass
wann in die begehrten 600.000 nicht völlig, wenigstens so viel für die
hiesigen Regimenter in die Repartition eingetragen werden müsstc, als es
der Zustand der Erforderniss und die Kräfte Dero Aerarii zulassen.
Was die würzburgischen Regimenter anbelangt, kann E. k. AI.
in aller Unterthänigkeit nicht verhalten, wasmassen der Herr Bischof
dieselben sehr schlecht besorge und anheuer nicht recrutirter mit
einem Abgang gegen 1000 Mann in's Feld gestellt habe, allermassen
368
ich Dero löbl. Hofkricgsrath, um hierüber an seine Geliörde das Weitere
zu erinnern, noch vorläugst das Behürigc dessentwegen bedeutet habe,
dass also ersagter Bischof, nachdem er auf den completen Stand die
Bezahlung zieht, mit Fug angehalten werden niüsste, dem Tractat
künftighin ein besseres Genügen zu thun. E. k. j\[. habe zwar nächst-
hin allerunterthänigst gemeldet, nachdem die Alliirten verlangen, dass
die churpfälzischen sämmtlichen Truppen hier beibehalten werden
möchten, dass man den Herrn Churfürsten wenigstens dahin anhalten
könnte, die 4000 in E. k. M. Sold stehenden Mann beizulassen; wie
mir aber der Graf von Nassau seithero berichtet, so hätte ersagter
Herr Churfürst ihm die Ordre ertheilt, wann die Belagerung des
Citadells vollendet sein werde, dass er sodann mit allen Truppen zurück-
kommen sollte, weil der Tractat mit E. k. M. nicht geschlossen sei.
Ich habe nöthig erachtet, E. k. M. hiervon die allergehorsamste Nach-
richt zu erstatten, welche dann, was diesfalls weiters zu thun, mir
Dero allergnädigsten Befehl einzuschicken geruhen werden.
351.
Bericht an den Kaiser. Feldlag-er bei Lille, 5. December 1708 *).
Nachdem Euer kaiserl. Majestät ich in meinem anderen aller-
unterthänigsten Schreiben Dero allergnädigsten Rescripta beantwortet,
so habe ich in Gegenwärtigem nichts Anderes allergehorsamst zu erinnern,
als was mein hiebeigeheudes Tagzettel über den Attaque des hiesigen
Citadells in sich enthaltet, auf welches ich mich in allergehorsamstem
Respect berufe und Deroselben weiters allerunterthänigst beirücke,
wasgestalten es sein könnte, dass, um von der grossen Consternation
des Feindes zu profitircn, man noch vor Eingang in die Quartiere
eine Operation vornehmen dürfte, gleich man mit dem Mylord Duc
und denen Deputirten der General- Staaten bereits projectirt hat, und
worüber E. k. M. die fernere allergehorsamste Nachricht demnächst
mit mehrerer Ausführlichkeit werde erstatten können. Womit etc.
352.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Feldlager bei Lille,
5. December 1708 'J.
Auf meines Herrn General- Wachtmeisters und Obrist-Kriegscom-
missärs unterm 12. passato an mich Erlassenes hat es sein gutes
') Krie?8-Ä., Niederlai.fle 1708; Fase. XII. 2.
^) Kriegs-A., Italien 170H; Fase. XII. 3.
369
Bewenden, tLass Derselbe aus denen angezogenen Ursachen meine
beiden Schreiben vom 7. und 14. October nicht ehender beantwortet
habe; dient mir auch zur guten Nachricht die angeschlossene Re-
partition der Regimenter und was Derselbe sonsten diesfalls bei-
gerückt hat.
Die Assegni auf die 300.000 Scudi sind, wie mir der Herr
Marchese C 1 e r i c i berichtet, bereits ausgefertigt, und weilen nach
meinem letzteren an meinen Herrn General-Wachtmeister und Obrist-
Kriegscommissär Abgegangenen ich nun auch hoffe, dass die anderen
100.000 Scudi zu Rimont- und Rccrutirung der Cavallerie nicht weniger
ihre Richtigkeit erreicht haben werden, so wiederhole ich Demselben
hiemit nochmalen, dass diese Summa Geldes absolute nirgends ander-
wärtshin, als präcise zu diesem Ende allein verwendet und assignirt
werden solle, dergestalt jedoch, wann die dortigen Cavallerie-Regi-
menter ihre Rimonta aus den Erblanden in natura bekommen, dass
sogedachte Summa Geldes vor die Recruten, insoweit sie zulangen
wird, unter ersagte Regimenter eingetheilt werde.
Es wäre aber hierbei auch auf das Ebergenyi'sche Huszaren-
Regiment nicht zu vergessen und demselben a proportione soviel zu-
zutheilen, damit sich auch dasselbe in Stand setzen, die deutschen
Cavallerie-Regimenter aber sich völlig complettiren können.
Ich schreibe hiernächst an den löbl. kaiserlichen Hofliricgsrath,
um dass derselbe Mittel und Wege fürsinnen möge, wie dem Gyulai'schcn
Hayducken - Regiment mit Aufbringung einer Anzahl Recruten und
sonsten ebenmässig aufgeholfen würde. Mein Herr General-Wachtmeister
und Obrist-Kriegscommissär wolle auch Seinesorts demselben nach
Kräften assistiren, auf dass dieses Regiment, welches bishero in aller
Occasion so gut gethan und annoch eine so wackere und brave
Mannschaft hat, in behörigen Stand hergestellt werde.
Was es mit der Diaria für eine Beschaffenheit habe, wäre aus
dem angeschlossenen Aufsatz mit Mehrerem zu ersehen, ich will aber
hoffen, wann die Contributionen der wällischen Fürsten eingebracht
und dazu in Zeiten Hand angelegt wird, dass man noch wohl aus der
Sache werde kommen können.
In Sachen der Contributionen in dem Päpstlichen muss des
Hofes Resolution erwartet und nach dieser die weitere Mass abge-
fasst werden. Inzwischen aber hätte ich wohl geglaubt, dass man. unter
dem Namen der Naturalien dieselben unterdessen wohl hätte aus-
schreiben und einbringen können; dann gleichwie ein Stand für den
anderen solche zu geben vermag, also hätte man auch von Anderen
im Namen sothaner Naturalien das Geld eincassiren und nehmen
Feldziige des Prinzen Eugeu v. Savoyeu. II. Serie, I. Band. Supplemeut-Ueft. ''ii
370
künneu. nicht zweifelnd, dass, ehe mein Gegenwärtiges einlauft, die
allergniidigste kaiserliche Resolution, wie sich diesfalls eigentlich zu
verhalten, schon eingelangt sein werde. Womit etc.
353.
Bericht an den Kaiser. Feldlager vor Ryssel,
9. December 1708').
Nachdem Euer kaiserl. Majestät mit jüngster Post vom 3. No-
vember an mich allergnädigst abgelassenes Befehlschreiben auf die von
Dero General-Kriegscommissario Grafen S c h 1 i k mir davon commu-
nieirte Copia beantwortet hatte, lauft mir den Tag darnach das Original
sammt denen Beilagen ein, worüber E. k. M. solchemnach in aller
ünterthänigkeit weiter nichts Anderes anzumerken habe, als dass ich
das Coercitiv für das Freistift Cöln an seine Gehörde abgeschickt und
mit einem Schreiben von mir nach dem Tenor Dero allergnädigsten
Befehls begleitet habe; worauf nun mit Verlangen gewärtig bin, ob
und zu was sich ersagtes Freistift declariren werde, allergehorsamst
nicht ermangelnd, bei Einlaufung sothaner Erklärung E. k. M. davon
die weitere allerunterthänigste Nachricht abzustatten.
354.
Bericht an den Kaiser. Bei Ryssel, 9. December 1708').
Euer kaiserl. Majestät allergnädigstes Handschreiben vom letzten
October ist mir allererst den 5. dieses zu allergehorsamsten Händen
eingeloflFen, aus welchen soAvohl, als dem angeschlossenen Intimato
allerunterthänigst ersehen habe die Ursachen, so Dieselbe die in Mailand
unter meinem Präsidiu angeordnete Deputation zu resolviren bewogen
hatten.
Ich werde zu allergehorsamster Folge dieses allergnädigsten
Befehls denen erinnerten mailändischen Ministris hiernach das
Benöthigte zu überschreiben, sogleich vollziehen, ob mir schon dieselben
noch vorhin bedeutet, wasmassen sie von E. k. M. die allergnädigste
Ordre bereits empfangen hätten. Dieselbe werden mir in keinen Un-
gnaden aufnehmen, wann E. k. ^l. hiemit allorgehor.samst belange,
dass Sie mir in aller Submission und schuldigstem Respect zu sagen
allergnädigst gönnen möchten, wasmassen derlei Anstell- und Verord-
') Krieg8-A., Niederlande 170H; Fase. XI [. 2(5.
«) Kriegs-A., Italien 1708; Fase. X. 5'Jb.
371
nungen vorhero mit Ihrer künig;!. kutliolisehen Majestät luitten concertirt
und ausgemacht werden sollen, auf dass, nachdem E. k, M. den
spanischen Hof ohnedem Allerhöchsterleucht zum besten kennen, keine
Contrar-Ordres ergehen und eine Prostitution heider Allerhöchsten
Seiten erfolgen möchte.
Mich erfreut, wann durch sothane angestellte Deputation die
Mittel der mailändischen Kammer, wie es die allergnädigste Intention
aller Einkünfte ist, werden untersucht Averden, dass sich sodann zeigen
und ergeben wird, wie ersagte Kammer anjetzo ein weit Höher- und
Mehreres, als sonsten alle Jahr und zu Zeiten Caroli V. bezahlt,
heuer mehrmalen die 300.000 Scudi zur Brod-Impresa verwilligt, auch
die Assegni darauf extradirt habe, und dass auch hiernächst zu hoffen
stehe, wie ich meinerseits die weitere Erinnerung ergehen lassen, auch
die anderen 100.000 Scudi zur Rimont- und Recrutirung der alldortigen
Cavallerie zu erhalten.
Mich wundert aber, dass in obgemeltem allergnädigst angelegt
gewesten Intimato allein von vorgedachter mailändiseher Kammer, so
jedoch ein Geringes respectu der Erfordernisse betragt, Meldung
geschieht, da die Diaria, wie ich benachrichtigt werde, schon auf ein
ganzes Jahr hinaus anticipirt und verschrieben ist; womit sich aber
erweisen wird, dass Mailand zu Behuf Dero Truppen alle Jahr mehr
dann zwei Millionen contribuirt habe und dass hingegen von denen
Contributionen der wälschen Fürsten, Stände und Lehen keine vollkom-
mene Meldung gemacht, einfolglich nicht angesetzt oder belehret wird,
wie sich diesfalls respectu E. k. M. beider Reichs-Commissarien, dem
Marquis de Prie und dem Grafen Castelbarco, zu verhalten sei,
weilen von deren Amtsverwaltung die grössten Summen einkommen und
beigebracht werden müssen.
Ich finde solchemnach eine unumgängliche Nothwendigkeit zu
sein, dass diesertwegen Alles solchergestalt debattirt und in seine
Richtigkeit unanständig gesetzt werden möchte, damit durch Compe-
tenzen und andere Strittigkeiten man in dem Werk nicht gehemmt
werde, mit Hin- und Herschreiben und Beilegung derselben die Zeit
fruchtlos verlieren, in dem ZAveck E. k. M. allergnädigsteu Intention
nicht stecken bleiben und alle zu Etablirung Dero Kriegs-Staats auf
die künftige Campagne nöthigen Dispositiones und Veranstaltungen
durch derlei Competenz-Strittigkeiten gehemmt sein mögen; wessent-
wegen dann um E. k. M. weiteren allergnädigsteu Befehl hiemit aller-
gehorsamst angelangt und hiernächst ohne allerunterthänigstes Mass-
geben vermeint haben will, waim unter dem Vorwaud der päpstliclien
vorseienden Feindseligkeiten die Quartiere nicht genommen und den
24*
372
Truppen angewiesen, auch unter anderem Vorschein Contri])utionen
gezogen werden, dass es eine pure Unmöglichkeit sein werde, die
Armee subsistiren zu machen : welches sich, wann man nicht gleich vom
Anfang Geld begehren, sondern unter dem Prätext der ausschreibenden
Naturalien darauf antragen und diese nach der Hand zu Geld schlagen
würde, so in effectu alles eins wäre, endlich noch wird thun lassen,
ohne dass es ein so grosses Geschrei machen würde, als wann man
immediate die Geldbeiträge ausgeschrieben hätte.
355.
An den Hofkrieg-srath. Lager bei Lille, 9. December 1708')-
Eines löbl. Mittels unterm 3. passato an mich Erlassenes, so
mehrentheils eine Antwort auf verschiedene meine Vorhergegangenen
waren, beantworte ich erst hiemit, weilen wegen damalen noch nicht
geöffnet gewesener Communication über die Scheide der Courier zu
Brüssel angehalten, sodann aber bei dem Attaque dieses Ortes von des
Herrn General-Kriegscommissarii Grafen Öchlik Excellenz nacher Ant-
wei*pen mitgenommen worden, also dass mir sothanes Schreiben aller-
erst anjetzo, und zwar durch die Post zukommen war. Belangend nun
ad 1"'° die Communication dessen, was der Herr Churfürst zu
Hannover an Ihro kaiserl. Majestät erlassen und demselben darüber
geantwortet worden, wie nicht weniger dem Herrn Feldmarschall Baron
von T h ü n g e n auf seine eingelegte Protestation des Commando halber
geantwortet worden — solch' Alles dient mir zur guten Nachricht,
und thue ich hiernächst die ergangenen Antworten umsomehrers,
sonderlich aber des Commando halber approbiren , als Einem löbl.
Mittel die Beschaffenheit der anderen beiden Herrn Feldmarschälle
so gut als mir bekannt ist.
Ich finde nicht weniger weitors gar gut geschehen zu sein,
dass ein Theil der Truppen in die Quartiere nach Bayern repartirt
worden, weilen ich umsoweniger am oberen Rhein was Besorgliches
vorsehe, als der geweste Churfürst in Bayern mit dem mehrsten
Theil seiner Truppen dahier angelangt und, wie nicht nur die
Nachriciiten eben dahier, sondern auch in dem römischen Reich selbsten
geben, der Uebcrrest derselben hinnachfolgen solle. Nachdem aber
nach vorgemelter Repartition nur Ein Regiment in die Vorlanden
bequartiert, mithin dieselben, soviel die Pcrsonal-Logirung anbelangt,
gar nicht aggravirt werden, so steht so ehender au hoffen, dass man
') Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. Xll. i>4.
373
solchergestalten umsomehr an Buarscliaft daraus zielien , einfolglich
auch die Truppen umso leichter wird erhalten können.
Was aber die ausgeschriebene Contribution in specic anbetrifft,
ist gar nicht zu zweifeln, dass diese Länder durch deren üeputirten
die Unmöglichkeit der ihnen auftragenden Prästanden vorstellen werden;
es ist aber auch bekannt, dass dieselben ihrem alten Brauch nach
allzeit gewohnt sind, durch die Vorschützung der Impossibilität sich
derlei Bürde zu entheben; ich will aber der Hoffnung loben, dass,
wo nicht die ihnen zuropartirten Quanta völlig, wenigstens mehreren-
theils zu erheben sein werden.
ad 2^^'" Approbire ich ebenraässig die über das eingereichte
Rccruten-Werk mir communicirte Tabellen und erinnere Einem löbl.
Mittel dabei unter einsten, weilen ich occasione der Recrutirung der
in Spanien stehenden Regimenter darauf dringe, dass diese nach dem
zwischen mir und dem Mvlord Duc de Marl b o r o u g h im Jlaag
gemachten Accord, gleich mit denen Regimentern Guido und Osnabrück
geschehen, von der Krone England bezahlt werden sollen und darüber
hin beigehenden Aufsatz ') verfasst und solchen an den Herrn Grafen
1) Kriegs-A., NiederlaiKk- 1708; Fase. XII. ad 24.
Aufsatz
über die Recrutiruug der in Spanien stehenden vier kaiserlichen Re<?imenter
zu Fuss, was zu derenselbeu Completirung anzuwerben und mit was für
Conditionen die Recruteu an die Meer-Porten zu stellen und bis dahin für
einen jedweden Kopf zu bezahlen sein werde.
1™° Glaubt man, dass zu sothaner Regimenter nach deren beiläufig
efiPectiven Stand erforderlichen Completirung nöthig wären :
Guido Starhemberg 488, Reventlau 580, Wetzel 668, Osnabrück 731 ;
zusammen 2467 Mann.
2^^ Offerirt man sich, diese Anzahl Recruten mit völliger Mundur, auch
dem Seiten- und Ober-Gewehr versehener, zur Hälfte in dem Monat Martio
und zur anderen Hälfte im Monat Majo auf Ihrer kaiserlichen Majestät Ver-
pflegung und Gefahr an die Seeküsten zu liefern; herentgegen würden
3"° nachdem die Recrutirung bekanntermassen wegen Abgang der Leute
je länger je beschwerlicher werde, auch die Beischaffung der Mundur und
Gewehr nicht weniger kostbar ist, und da hieruächst die Abführung solcher
Recruten aus denen kaiserlichen Erblanden bis an die Meer-Porten einen sehr
weiten und beschwerlichen marche erfordern, in welchem, wie es bekannter-
massen mit neuen Leuten zu geschehen pflegt, zu grossem Schaden des
kaiserlichen Aerarii viel durch- und verloren gehen werden, für einen jeden
solchen stellenden Recruten wenigstens 30 Thaler in gutem Geld auszuzahlen
sein, und zwar dergestalt, dass
4*0 die Hälfte davon, durch sichere Wechselbriofe alsogleich richtig
gestellt und dieselben dem kaiserlichen Gesandten, Herrn Grafen G alias,
374
von G alias nacher London zu dem Ende abgeschickt habe, auf dass
derselbe in loco die Sache vorläufig incaminiren und pressiren könne,
soviel zur Beförderung des Werkes nöthig sei, dass in Confonnität des
ersagten Aufsatzes mir Ein löbl. Mittel ein ostensibles Schreiben ein-
schicke und unter Anderem mit Beirückung der demselben seinem
Gutbefinden nach vorkommenden Motive, in specie darunter anmerke,
dass für einen Recruten weniger nicht als 35 gute Thaler angenommen
werden könnten.
Ein löbl. Mittel wolle dabei nicht vergessen, das Wetzelische
Regiment, als ob es schon wirklich in Spanien wäre, gleichfalls
darunter zu setzen, allermassen ich es meinesorts bereits gethan habe,
um dass ich dem Mylord Duc de M a r 1 b o r o u g h sothanes Schreiben
vorweisen und mich zudem legitimiren könne, was ich inzwischen
einen als den anderen Weg mit ihm hierüber zu handeln angefangen
und soviel als möglich ist, trachten werde, die Sache I. k. M, Aerario
zum besten einzurichten.
eingeliäiidigt werden sollen, um der Werbung andurcb, bei so weit scbon
avancirter Zeit, den unverlangten Anfang macben zu können, gegen dem
Erbieten, dass man
5^° wann's vorlangt werden sollte, von des kaiserlicben Herrn General-
Lieutenants bocbturstlicben Durcblaucbt eine Caution verfasst und gegen dem
Empfang sotbaner ersten Hälfte der Werbgelder extradiren lassen wollte.
Die änderte Hälfte erstgesagter Werbgelder bingegen wäre in zwei Terminen
zu entricbten, und zwar die erste Hälfte sogleicb als der erste balbe Tbeil
der Recruten wird übernommen sein; die andere Hälfte oder der Rest der
völligen Summa aber solle nicbt eber bezalilt werden, bis nicbt die letzte
Anzahl der Recruten völlig gestellt ist, um zum Fall an der oben speci-
ficirten Anzahl der 2467 Recruten was ermangeln sollte, man sodann die
Berechnung gegen einander macben und soviel an gedachten Werbgeldern
decurtiren könnte, als an jetztgedacbter Anzahl ermangeln würde.
6^° Müsste von Seiten England an denen Meer-Porten ein eigener Com-
missarius oder jemand anderer Bevollmächtigter angestellt werden, welcher
die ankommende Mannschaft sogleich nach ihrer Ankunft über- und in die
engländiscbe Verpflegung, einfolglich in der Krone England Gefahr über-
nehme; weilen der Transport allem Vermutben nach nicbt sogleicb vor sich
gehen, sondern sich in etwas retardiren werde, man also von Seiten Seiner
kaiserl. Majestät allein gehalten sein solle, die \'erpfleguiig bis dahin an die
Seeküsten zu verschaffen.
7'"" Hätte ein derlei anstellender Commissarius oder Gevollmächtigter
auf die Unkosten Ihrer königl. britannischen Majestät den Tmbarco oder
Transport nebst Beisobaffung der erforderlichen Subsistenzmittel während
desselben zu bestreiten ; allermassen solcher Ihro kaiserl. Majestät, welche
olnuulem zur Führung des Krieges in Spanien sich auf das Aeusserste ange-
griffen und mit gänzlicher Entblössung Ihrer Erblandcn eine so namhafte Anzahl
Mannschaft bertüts dahin abgeschickt, nicht wulil aufgcl)ür(let werd(Mi kann.
:i75
Weg^en des Herbeville'schen Regiments muss von dem Herrn
Feldmarscball Grafen Guido allererst erwartet werden, ob die Pferde
in loco zu baben oder nicbt; inzwisehen aber glaubte ich, man könnte
für einen Dragoner um 15 Thaler mehr, als vor einen Recruten zu
Fuss begehren, angesehen davon Mäntel, »Sattel und Zeug zu ver-
schaffen sind.
Bei der gemachten Veranlassung wegen der Farbe dero Moutur
hätte man der Camisol und Hosen halber die Regimentsfarben umso
ungehinderter nehmen lassen können, als dieselben die Länder, da
die Officiers schon längstens hinauskommen, wohl hätten wissen sollen
und einfolglich dessentwegen sich nicht entschuldigen dürfen.
Die Condition, so Ein löbl. Mittel bei der denen innerösterreichi-
schen Ländern nachgesehenen Hälfte der in natura zu stellen habenden
Mannschaft angesetzt, dass das Geld sogleich entrichtet werden solle,
ist eine ganz gute und löbliche Versorge; ich fürchte aber, es dürfte in
diesen Ländern nach dem alten Fuss laufen ; dann gleichwie ich glaube,
dass sie nicht einmal vor das verflossene Jahr völlig bezahlt haben,
so werden sie für heuer nicht weniger thun ; einfolglich will in allweg
nöthig sein, dass Ein löbl. Mittel an dem Allerhöchsten Ort den nach-
drucksamen Beistand ansuche, damit diese Länder zu Prästirung ihrer
Schuldigkeit alsogleich angehalten und sothane Werbgelder ohne
weiteren Anstand entrichtet werden mögen.
ad 3""^ Beruht es wegen des Kriechbaum'schen Vorschlages auf
sich, und nicht weniger was Ein löbl. Mittel des Herrn GWM. Browne
Gage halber erinnert hat.
Ich verlange nicht, dass Ein löbl. Mittel Sollicitatorem der Par-
teien abgebe, so gegen Desselben Autorität laufe ; ich finde aber in
meinem Gewissen und als das Haupt von Einem löbl. Mittel mich
schuldig, der armen Parteien einreichende Suppliquen und Memorialien
nicht sollicitando, sondern vermöge meines Amtes an seine Gehörde
zu remittiren, inmassen es unverantwortlich und I. k. M. Allerhöchster
Autorität selbsten disreputirlich wäre, Avann man derlei arme Suppli-
canten in Noth und Elend fast Hunger sterben lassen solle.
Ein löbl. Mittel wolle solchemnach belieben, hierüber nicht nur
allein scharfe Intimationes ergehen zu lassen, wann die löbl. Hof-
kammer die allergnädigste kaiserliche Resolutiones zu exequiren ansteht,
sondern auch in der Deputation selbsten oder durch Referata von
diesen Materien den allerunterthänigsten Vortrag zu thun und I. k. M.
um die allergnädigste Remedur anzusuchen.
Was Dasselbe wegen des Obristlieutenants Stein löffel und des
Concipisten Brockhausen meldet, das dient mir zur guten Nachricht.
376
Ich habe Einem löbl. Mittel wiederholter geschrieben, ist auch
noch im Winter resolvirt worden, sobald der Herr Obrister Gyulai
vom Regiment weg sein würde, wegen des Ebergenyi'schen Obrist-
lieutenants, Herrn Grafen Csäky, Beförderung zur Obristenstelle das
gewöhnliche Referat an I. k. M. hinaufzugeben. Nachdem es aber noch
nicht geschehen sein solle, und ich darum weiters angegangen werde, so
habe Einem löbl, Mittel zu dem Ende nochmalige Erinnerung davon
thun wollen, dass es das Weitere hierüber zu verfügen sich gefallen
lassen wolle.
ad 4^™ Ist an dem sehr gut geschehen, was Ein löbl. Mittel des
Virgilianischen Kaufschillings halber an die löbl. kaiserliche Hof-
kammer hinübergegeben hat, nicht zweifelnd, Ein löbl. Mittel werde
Dero ohnedem bekannten Eifer nach geflissen sein, auch den Effect
loszuwirken.
Weiters conformire ich mich mit dem, was Ein löbl. Mittel über
des Herzogs von Sachsen-Hilpertshausen (Hildburgshausen)
angeschlossenes Anliegen anbringen beigerückt.
In puncto der zwei neuen zu errichten stehenden Regimenter
habe ich nichts Anderes darüber anzuführen, als was ich Einem löbl.
Mittel erst nächsthin in dieser Sache mit mehrerer Ausführlichkeit
geschrieben und nun Desselben Antwort darauf demnächsten gewärtig
bin. Ich repetire aber Demselben hiemit nochmalen, was ich dabei
zuvörderst des Herrn Obristen S eckender ff halber gemeldet habe.
Dass der gesperrt geweste Durchzug in Tyrol nicht dem Guberno,
sondern des Landes Unvermögen und Unmöglichkeit zuzuschreiben,
will ich nicht disputiren, dann ich weiss nicht, ob's möglich sei oder
nicht. Ich weiss aber wohl, dass es I. k. M. Allerhöchsten Autorität
allein, nicht aber der Länder Willkür zukomme, Pass zu sperren,
sonderlich wo im offenen Krieg Dero Miliz durchzugehen hat. Ein
löbl. Mittel wolle solchemnach in diesen Fällen vor Niemandem keinen
Egard haben, sondern wann es öfters geschehen sollte, bei I. k. M.
durch starke Referata die allergnädigste Ein- und Abstellung ansuchen.
Die Auskunft, so mir Ein löbl. Mittel des Herrn Baron von der
Leyen Patents halber gegeben, item wegen des Hermannstädter
Commando erinnern wollen, dient mir zur Nachricht.
Wegen des Gyulai'schen Regiments referire ich mich auf mein
Letzteres und approbirc Eines löbl. Mittels dessenthalben an die löbl.
kaiserliche Ilofkammer und Commissariat erlassene Intimationes;
Dasselbe wolle solchemnach auf den Effect umsomehr dringen, als
bei dermaligem Stand der Sachen in Ungarn gar nicht schwer sein
Bulle, eine Anzahl Uayducken zur Recrutirung ersagten Regiments
377
um ein gerinji^es Geld aufzubringen, wann nur die dazu erforderlichen
Mittel in Zeiten zusammen- und beigebracht werden, zu gesehweigen, dass
es die Politik an sich Selbsten erfordern will, bei gegenwärtigen Con-
juncturen die ungarischen Regimenter nicht zu Grunde gehen zu lassen,
und man hiernächst auch den Vorthcil hätte, wann sothanes Regiment
recrutirt und in solchen Stand gebracht werden könnte, dagegen ein
anderes deutsches Regiment künftigen Feldzug aus ItaUen herauszuziehen.
Ich recommandire Einem löbl. Mittel dieses Werk hiemit bestens,
inmassen es auch sonsten an sich selbsten schade und unverantwort-
lich wäre, ein so wackeres Regiment, welches in allen üccasionen so
brav gefochten, zu I. k. M. grossem Undienst unrccrutirter und gar
zu Grund gehen zu lassen.
Ratione des von dem Herrn Obrist P a r t h e 1 (Bartels) angesuchten
Commando's zu Eger, lasse ich es bei dem bewenden, was Ein löbl. Mittel
mir hierinfalls zu meiner guten Auskunft gegeben hat; ich repetire
aber nochmalen, dass Dasselbe ersagtem Herrn Obristen ratione seiner
Pflege mit einem solchen Nachdruck assistiren und zu solchem Ende
I. k. M. das Benöthigte remonstriren wolle, damit er auch dieselbe,
nachdem es ihm einsmal conferirt ist, behalten möge.
ad 6'"'" Will ich gewärtig sein, was Ein löbl. Mittel mir dem-
nächst über das päpstliche Wesen wird erinnern wollen.
Ich habe Einem löbl. Mittel im Uebrigen nächsthin meine Meinung
über die Recrut- und Rimontirung der in Italien stehenden Cavallerie
erinnert, bei welcher ich auch bis dato noch verbleibe, einfolglich
Einem löbl. Mittel dieses Werk hiemit nochmalen bestens empfehle. Ich
habe aber auch noch vorlängst, occasione der hier unter meinem
Commando stehenden Regimenter, Demselben bedeutet, dass bei vor-
seiender Repartition der erbländischen Rimonta-Pferde dahin ange-
tragen werden möchte, dass sothanen Regimentern zur Rimonta eine
Anzahl Pferde angewiesen und zugetheilt werden solle.
Nachdem ich aber seithero das Geringste nicht vernommen habe,
was man dieser Anzahl Rimonta-Pferde halber disponirt und wie man
auch hiernächst gedenke, die Recrutirung gedachter Regimenter zu
veranstalten und zu bewerken, so wolle mich Dasselbe nicht nur allein
hierüber unverlangt berichten, sondern auch Deroorts mit allem Nach-
druck daran sein, auf dass zu sothaner Recrutirung die Mittel also-
gleich aufgefunden und mir zur weiteren Verfügung das Behörige
erinnert werde.
Schliesslichen hat das Citadelle gestern dahier zu capituliren
begehrt, wovon ich Einem löbl. Mittel nächstens die Capitulation
schicken werde, ungeachtet man aus Stücken noch nicht geschossen.
378
Die Garnison wird abziehen, so man umso eheuder accordirt,
als man noch 12 oder 14 Tage zu thun gehabt, andurch aber Zeit
gewonnen hat, vor Ende der Campagne noch etwas zu unternehmen.
Wann das vor die Recruten für die in Spanien stehenden kaiser-
lichen Regimenter begehrende Quantum in seine Richtigkeit gesetzt
und zwischen dem Mylord und mir was Schriftliches errichtet sein
wird, so will ich Einem löbl. Mittel davon behörige Communication
zu geben unermangeln, mit welcher gleichwohl dadurch ziemlich über-
kommenden Geld-Summa man sodann ein und andere Erforderniss
wird bestreiten können; worüber aber keine andere Disposition ehender
anzukehren oder vorzunehmen sein wird, bis ich nicht meine fernere
Erklärung darüber eingeschickt und das Weitere erinnert haben werde.
Womit etc.
356.
An den Feldmarschall Grafen Guido Starhemberg. Feldlager
bei Lille, 9. December 1708 •)•
Euer Excellenz habe ich vor einigen Wochen die schuldige
Nachricht ertheilt, wasmassen ich zu Recrutirung der in Catalonien
stehenden kaiserlichen Regimenter den Antrag gemacht und zu dem
Ende an den löbl. kaiserlichen Hofkriegsrath erinnert hätte, dass für
ein jedes derselben 500 Recruten und in Allem 2000 angewiesen
worden, E. E. aber sich belieben lassen möchten, mir zu erinnern, wie
Sie glauben, dass sothane Recruten übernommen und weiter zu ihren
Regimentern in Spanien abgeführt werden möchten. Wie aber von
Ihnen noch keine Antwort eingelangt ist und hingegen merklich daran
gelegen, dass sothane Recruten in tempore allda in Spanien eintreffen
sollten, so hat man inmittelst die Sache dahin disponirt, dass mehr-
wiederholte Recruten denen in der Lombardie stehenden Regimentern
zugetheilt von derenselben auf der Recrutirung heraust sich befind-
lichen Officieren übernommen und also unter dem Namen anderer
Regimenter dahin nacher Italien abgeführt werden sollen, auf dass
man durch dieses Mittel zugleich auch die Desertion verhindern möge,
welche, wann die Leute wüssten, dass sie in Spanien abgeführt werden
sollten, nicht gering sein würde. Und damit aber zugleich auch in
Zeiten deren Transport stabilirt, Ihro kaiserl. Majestät aber sothane
^lannschaft von der Krone England vergütet werde, so habe ich, was
vorgemeldete Recruten zu Fuss belangt, den hiebeigehenden Aufsatz ')
•) Krieg8-A., Spanien 1708; Fase. XII. 8.
*) yiehe Aunierkung zu dem voiliergelieurleii Schreiben Seite 373.
379
verfasst und dem Herrn Grafen von Gallas in En<)jland zugescliickt,
auf dass Derselbe dies Werk allda vorläufig nogociiren wolle, wo in-
zwischen ich dahier mit dem Mylord Marl bor ougii das Weitere
darüber verabreden und bis zur königlichen Ratification inzwischen
etwas Schriftliches zwischen uns aufsetzen lassen werde.
E. E. werden neben Anderm daraus ersehen haben, dass, um
Anfangs gemeldete Regimenter desto mehrers zu completiren, die Anzahl
der 2000 Kecruten um 4ö7 Mann erhöht worden. So ich Ihnen Alles
zu Ihrer Nachricht hiemit communiciren wollen, nicht unterlassend,
wann das Werk des weiteren vollkommen adjustirt sein wird, E. E.
auch davon ferner parte zu geben, welche dann auch Ihresorts belieben
wollen, dasselbe von dorten aus ebenmässig zu prossiren, inzwischen
aber geht die Werb- und Uebernehmung der Leute fort.
Von dem Herbeville'schen Dragoner-Regiment habe ich darum
nichts angezogen, weilen ich vorhero E. E. Intention gewärtig sein
wollte, ob die Pferde in loco zu haben oder nicht, und glaubete ich
in allweg nöthig zu sein, dass, um von dem deutschen Fuss das
Regiment nicht abkommen zu lassen, die Mannschaft in Deutschland
beigeworben und mit Gelegenheit der ohnedem iiberschiffenden Recruten
zu Fuss hineingeführt und transportirt werden sollte.
In dieser Conformität nun hatte ich unter einsten an den Grafen
Gallas geschrieben und ihn erinnert, dass man solchemuach E. E.
Meinung diesfalls erwarten müsste; ich aber will zur Gewinnung der
Zeit bei dem Mylord Duc meinen Antrag auf 80 bis 100 Mann zu
Recruten machen, im Fall ich mit demselben d'accord sein kann.
Womit etc.
357.
An den Grafen Gallas. Bei Ryssel, 9. December 1708').
Gleichwie ich Deroselben jüngsthin per Postscriptum den Empfang
Dero fünf Schreiben vom 30. October, auch 2., 9., 13. und lO.
passato accusiret und dabei gemeldet habe, dass ich Ihnen dieselbe
mit heutiger Post beantworten wollte, als bewerke ich es auch hiemit
und sage Ihnen solchemnach darauf punctatim, dass:
auf das Erste für den zur Eroberung der Stadt Lille gethanen
Gluckwunsch Deroselben hiemit den gebührenden Dank sage und
hiernächst hoffe, dass sothaner Eroberung das Citadelle bald hinnach-
folgen werde, worauf man sodann auch zu sehen uncrmangeln wird,
ob und was etwo weitershin zu thun sein möchte.
<) Krieg.s-A., Spauieu 1708; Fase. XII. 9.
380
Was die Gutraachung des Wetzelisclien Regiments betrifft, kommt
es eben dahin, was icli wohl vorgesehen und Ihnen erinnert habe,
dass man ungeachtet dessen gleichwohlen darum insistiren und ti-achteii
sollte, ob etwas zu erhalten sein möchte. Ich zweifle aber, dass mehr
was zu thun sei, dann mit dem Mylord ]\I a r Ib or ou gh was zu
machen, ist, wie Sie ihn selbst wohl kennen, keine Hoffnung übrig.
Es hat aber, so% iel die Recrutirung ersagten Regiments angeht, eine
andere Beschaffenheit, welche absolut bezahlt und giit gemacht werden
müssen, und werden Sie hierunter und sonderlich aus dem beiliegenden
Autsatz ') des Mehreren ersehen, wie sich nicht nur allein dieses Regi-
ments halber, sondern auch der übrigen in Spanien stehenden kaiserlichen
Infanterie-Regimenter zu verhalten und das Werk zu negociiren sei.
Auf das Änderte habe ich Ihnen wegen des Wetzelischen Regi-
ments hieroben schon geantwortet, die Rimessa wegen Guido Star-
hemberg und Osnabrück aber ist, wie Sie melden, ankommen, und ich
habe dieselbe nacher Frankfurt an den Wechsler Rost dressiren lassen,
schliesse Ihnen auch hiemit bei, auf was Weise ich dafür quittirt, wie
hoch sich diese Summa betrage und was sich wegen Bezahlung einiger
Unterofflciere von Seiten England für ein Anstand gezeigt und ich
darüberhin an den Mylord Duc geschrieben und demselben davon für
eine Auskunft gegeben habe. Er hat es für billig erkannt und darüber
in Enjrland geschrieben, dahero ich Sie ersuche, die Sache weiters zu
pressiren, auf dass für sothane difticultirende Unterofficiere, gleich Sie
in obiger Beilage mit j^Iehrerem ersehen werden, aus den angeführten
billigen Ursachen, wie es auch nicht anders sein kann, das Werbgeld
ebenmässig gut gemacht werde. Und nachdem ich weiters die Nachricht
habe, dass die Osnabrück'schen Recruten nunmehr werden übergeschifft
sein, so wollen Sie unter einsten belieben, auch für dieselben den
Wechsel, gleich Sie mich versichert, zu vergüten, inmassen über deren
effectiven Stand, nach der zwischen dem königl. Ministro zu Turin und
dem kaiserl. General - Kriegs - Commissariat gemachten Veranlassung
durch den Schiffs - Capitain, der sie embarquirt, die Attestation ihres
effectiven Standes bereits eingeschickt sein wird.
Auf das Dritte bedauere ich den Todfall des Prinzen von Däne-
mark, als welcher ein Herr war, der weiters nichts gethan oder sich
viel in Sachen gemischt hat. Es ist freilich zu fürchten, dass die
Ersetzung der Charge eines Grand Admirals in dem Ministerio einige
Confusion verursachen dürfte, dahero das Beste wäre, wann, wie Sie
melden, dieselbe in Commission gegeben würde.
*) .Siehe Aiimerkiiiig zu Nr. 355, Seite 373.
381
Was die Affairen von Italien belangt, habe ich hierüber mit
dem Mylord Due und denen Deputirten der General - Staaten schon
vorlängst erinnertermassen einen langen Discurs gehabt, welche mir
zum Schluss darüber gesagt, dass es weit besser sein würde, wann die
Sache nicht angefangen wäre; da es aber schon geschehen, so hätten Ihre
kaiserl. Majestät es mit einem solchen Ernst der Wafifen zu prosequiren,
dass hiedurch, zum Fall es nicht zu vergleichen wäre, noch diesen
Winter über ein End gemacht werde.
Aus dem Vierten ersehe ich, was Sie mir der Kecrutirung
halber der kaiserlichen in Catalonien stehenden Regimenter zu er-
innern belieben wollen. Ich schliesse Ihnen dagegen einen Aufsatz ')
bei, was von sothanen vier in Catalonien stehenden Regimentern einem
jedweden an Recruten angewiesen, wie bald die Lieferung derselben
geschehen und was für jeden Mann bezahlt werden sollte.
Die Differenz, warum für einen Recruten bis 35 Thaler begehrt
worden, wovon aber, wann es nicht änderst sein oder ein Mehreres
erhalten werden möchte, endlich auf die Letzt 30 Thaler angenommen
werden könnten, besteht in dem, dass der Mann in denen Erblanden
Selbsten I. k. M. sehr hoch zu stehen kommt und dieselben einen
so weiten Weg bis an die Meer-Porten abgeführt werden müssen,
wo unmöglich zu verhüten, dass nicht, wie gemeiniglich zu geschehen
pflegt, eine grosse Anzahl derselben desertirt und I. k, M. dadurch
ein gar grosser Schaden zuwachst.
So müsste auch zugleich die Hälfte des Werbgeldes, um so-
thane Werbung, auch die Beischaffung Gewehr und Mundur zu
bestreiten, erlegt und ausgezahlt werden; wohingegen ich meine Parola
dafür impegnire und wie man will, auch Caution zu geben offerire,
dass sothane Recruten würden gemacht und an denen Meer-Küsten
gestellt werden ; wegen der anderen Hälfte und sonsten aber berufe
mich auf dasjenige, so im obigen Aufsatz enthalten ist.
Ich werde in dieser Conformität mit dem Mylord Due de Marl-
borough die Sachen dahier ausmachen und veranlassen, auch
darüber etwas Schriftliches unter uns aufrichten und Ihnen so-
dann davon weitere Communication geben. Ich erinnere Ihnen
aber Alles dieses inzwischen darum vorläufig, um damit Sie unter-
dessen das Werk gehöriger Orten anbringen und solchergestaltcn
befördern wollen, dass sodann dasselbe umso schleuniger in seiner
Richtigkeit sei, allermassen die Zeit sehr weit avancirt und dem-
nach umso nöthiger ist, dass der erste Erlag der Werbgelder ohne
♦) Wie auf Seite 373.
382
läufigeren Anstand, um der AVerbimg den Anfang machen zu können,
beschehe.
Was Sic mir von dem neuen Darlehen melden, darüber berufe
ich mich auf mein Letzteres und will darüberhiu von Ihnen gewärtig
sein, ob und was Sie mir darinfalls näher an die Hand, zu geben
hätten. Ich ermangle aber unterdessen nicht, mit dem Mylord Duc
mit demjenigen Nachdruck zu reden , der zur Beförderung des
Werkes erforderlich und von I. k. M. mir allergnädigst anbefohlen
worden ist.
Auf das letztere Dero Schreiben habe ich Ihnen nicht viel zu
erinnern, weilen gleich hier oben der Recruten halber ausführlich
geantwortet. Die Vermehrung derselben ist ohnedem geschehen, da
über die vorhin angetragenen 2000 Mann um 467 mehrers ange-
setzt sind.
Was die Cavallerie betrifft, wäre die Sache vorhero mit dem
Feldmarschall Grafen Guido zu adjustireu und von ihm, was er
darüber melden würde, zu erwarten. Ich gebe ihm von Allem diesen
unter einsten die Nachricht, und wann aber die Pferde in loco zu
bekommen wären, so vermeinte ich, dass man für einen blossen mit
guter Mundur versehenen Recruten um ein 15 Thaler mehr, als für
die zu Fuss verlangen sollte, weilen hiervon auch Mäntel, Sättel und
Zeug bestritten werden müssten. Inzwischen haben Sie gar Recht, dass
die Recruten der Cavallerie heraussen gemacht werden müssen, um
den deutschen Fuss darbei zu erhalten und dass der Transport der-
selben ein Geringes austrage, da solcher mit denen ohnedas hinüber-
gehenden Recruten zu Fuss geschehen kann.
Auch erhalte Deroselben vom 20. passato. Wegen des preussi-
schen Wesens ist noch nichts geredet worden, ich werde aber meines-
orts mit dem Mylord darüber reden, ich fürchte aber einestheils
grosse Schwierigkeiten, anderntheils aber kennen Sie den Mylord
Selbsten, wovon ich Ihnen das Weitere zu communicircn unermangeln
werde.
Für den Anschluss von Portugal und die Nachricht der für mich
verfertigten Schlösser halber sage ich Ihnen dienstlichen Dank.
Schliesslichcn hat das Citadelle dahior gestern zu capituliren
begehrt, wovon ich Ihnen nächstens die Capitulation schicken werde,
ungeachtet man aus Stücken noch nicht geschossen. Die Garnison
wird abziehen, so man umso ehender accordirt, als man noch 12 oder
14 Tage zu thun gehabt, andurch aber Zeit gewonnen hat, vor Ende
der Campagne noch etwas zu unternehmen.
383
358.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Lille, 10. December 1708 '\
Nachdem die feindliche Garnison in dem hiesigen Citadelle
vorgestern Früh die Chamada geschlagen und zu capituliren begehrt,
so ist man nach denen von derselben eingereichten Puncten insoweit
übereingekommen und schlüssig worden, wie Euer kaiserl. Majestät aus
nebengehender Abschrift der errichteten Capitulation ^) mit Mehreren!
allergnädigst zu ersehen geruhen werden.
Ich habe meiner allerunterthänigsten Schuldigkeit zu sein erachtet,
E. k. M. durch den eigens damit abschickenden General-Adjutanten
Grafen von Rabutin die allergehorsamste Nachricht davon zu ertheilen.
Es ist nicht ein Geringes und sobald nicht zu hören gewesen,
dass man eine Festung ohne Stückschuss bezwungen und erobert habe,
vor welcher, wann es der Feind auf die Extremität hätte wollen an-
kommen lassen, bis man alle nöthigen Bresch-Batterien in Stand
gebracht, die Descente im Graben gemacht, das Wasser aus demselben
abgezapft, die Galierie verfertigt und die Bresche gelegt haben würde,
man noch wohl ein 12 oder 14 Tage zugebracht hätte.
Eben dieses war eine Ursache, dass man ersagter Garnison den
freien Abzug eingestanden habe, iumassen gewiss ist, wann man es
derselben abgeschlagen hätte, dass sie es zu einem Sturm würde
haben ankommen lassen; wohingegen man solchergestalt die Zeit ge-
wonnen und den Vortheil überkommen hat, vor dem Schluss gegen-
Avärtiger Campagne noch etwas unternehmen zu können, von welcher
E. k. M. demnächst mit Mehrerem in aller Unterthänigkeit was werde
hinterbringen können; vorläufig aber allergehorsamst anmerke, ob es
schon grimmig kalt sei, dass man gleichwohl die Dispositiones, Gent
und Brügge zu attaquiren, ankehre. Womit etc.
359.
An den Churfürsten von Mainz. Lager bei Lille,
20. December 1708').
(Meldet ihm die Capitulation von Lille; — die Fortsetzun«' crleit'lilautend mit
Nr. 358 von: „Es ist nicht ein Geringes" bis: „noch etwas nnternehmen zu können".
<) Kriegs-A., Niederlande 170H; Faso. XII. 3.
2) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. ad 3 - und Memoire.^ militaires
(Pelet) VIU. pag. 520 bis 526.
*) H. H. u. St. A.
384
360.
An den Hofkriegsrath. Lager bei Lille, 10. December 1708 0*
Nachdem das hiesige Citadelle endlich ohne Stückschuss be-
zwungen worden, den 8. dieses die Chamada zu schlagen und zu
i'iipituliren, so schliesse Einem löbl. Mittel liiermit bei, auf was Weis
die darüber gerichtete Capitulation geschlossen Avordcn.
(Die Fortsetzung wie Nr. 359.)
P. s.
Auch habe ich in meinem letzten Schreiben vergessen, Einem h>bh
Älittel zu sagen, dass ich in der Rccruten-Rcpartition etliclier Regimenter
eine ziemliche Zahl angesetzter linde, die hingegen alle Jahre zu Grunde
gehen thun, als wie in specie das Bayreuth'sche eines ist. Solchemnach
vermeinte ich besser zu sein, 400 Manu abzunehmen und die Hälfte
davon dem Badischen Regiment, welches bei der obgewesten hiesigen
Belagerung merklich abgenommen, die andere Hälfte aber dem
Thüngenschen, so durch die bei diesem Regiment obhandene üble
AVirthschaft und daraus eingerissene Desertion viel gelitten, zugetheilt
werde, um dass hiedurch das vorhin ihnen angewiesene Quantum um-
somehr erhöht werde.
361.
An den Herzog von Savoyen. Lager bei Ryssel,
10. December 1708').
IMonseigneur,
La garnison de la citadelle ayant battu la chamade le 8 de ce mois,
]»our demander ä capituler, j'ai cru d'etre mon devoir d'en donner part
a V. A. R. et Lui joindre la capitulation faite ^) avec la dite garnison.
II y a peu d'exemple qu'une place de cette consequcnce ait etc
oblige de se rendre sans que nous ayons tire un coup de canon.
V. A. R. ne s'ctoiinera donc pas, si Elle verra par la dite
f-apitulation, qu'on a accordc la sortie libre avec toutes les honneurs
militaires, etant tres-sür, si Ton avait refuse, que la dite garnison
s'aurait aussi opiniätree d'attendrc un assaut general et de nous faire
perdre par 9a douze ou quatorze jours, ce qui nous a oblige d'y con-
sentir ä raison de gagner du temps d'entroprendre encore quelque
chose avant la lin de la campagne.
') Kriegs-A., Niederl.-iiifle 1708; Fmsc. XII. 4.
*) Kriegs-A., Niederljinde 1708; Fase. XU. 27.
') Krieg.s-A., Niederlaii.le 1708; Fa.sc. XII.
385
362.
An den General-Kriegscommissär Grafen Schlik. Lager bei
Ryssel, 12. December 1708 ')•
Euer Exeellenz habe durch den Herrn Grafen Rabutin den
Empfang Deroselben Schreiben vom 4., 5. und 6. dieses erinnert, da-
malen aber dieselben zu beantworten keine Zeit übrig gehabt, bewcrke
es solchemnach hiemit und sage E. E. den schuldigen Dank, dass Sie
an der glücklichen Passage der Scheide einen Theil nehmen und mir
solchemnach dazu so wohlmeinend gratuliren wollen.
Ueber die artliche ^) Wirthschaft bei dem Thüngen'schen Regiment
wundere ich mich je länger je mehr, und ob ich gleich vor ungefähr
vier Posttagen an den Herrn Feldmarschall Freiherrn von Thüngen
ein nachdrückliches Schreiben dessentwegen erlassen, so repetire ich
es mit heutiger Ordinari nichtsdestoweniger und schreibe unter einsten
an den löbl. kaiserlichen Hoflvriegsrath, damit sothaner Unwirthschaft
mit allem Nachdruck gesteuert werde.
E. E. haben gar Recht, wessen Sie sich über die Fels- und Reisingi-
schen Commandirten bei der erinnerten Beschaffenheit beklagt haben ;
es muss bei diesen Leuten eben eine wunderseltsame Wirthschaft sein
und meritirt daher examinirt und untersucht zu werden. Sie sind,
ohne dass ich davon was gewusst, oder mir bekannt war, wer ihnen
die Ordre ertheilt, bis nacher Menin abmarschirt ; worauf ich sie
befehlen lassen, sogleich wiederum nacher Ath zurückzukehren und
inmittelst ihr Aufsehen auf den dortigen Gouverneur zu haben, welcher
ihnen auch Brod und Fourage abreichen lassen würde.
Die durch den Courier eingebrachte Expedition ist mir zu sicheren
Händen eingeloffen; nachdem Sie aber von dem kaiserlichen Schreiben
Selbsten bereits eine Copiam haben, so habe ich E. E. von denen
darneben begriffen gewesten Anlangen hiemit Abschriften beilegen
wollen, um dass E. E. nicht nur vollkommene Wissenschaft davon haben,
sondern demnächst Ihre Meinung eröffnen möchten, nachdem ich das
kaiserliche Creditiv an das Erzstift Cöln abzuschicken und mit einem
Schreiben von mir zu begleiten gedenke, was Sie etwo Ihresorts für
gut befindeten, dass ich in sothanem Schreiben anzuziehen hätte, auf
dass dasselbe mit beiderseitigem Vernehmen eingerichtet und der damit
eigens Abschickende sodann in seiner aufhabenden Commission umso
vollkommener instruirt werden könnte.
1) Krie<?s-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 33
*) Dieser Art, derartig;.
Feldzüge des Prinzen Eugen v. Savoyen. II .Serie, l Band. Supplement-Heft. -Ö
386
Wegen der bewussten englischen Gelder li.at es nicht anders
sein können, und bedauere ich selbsten, dass man diese Baarschaft
zu dem angezogenen Ende nicht angreifen möge. Ich habe aber einen
anderen Gedanken, und zwar folgenden :
E. E. ist bekannt, dass England, vermöge des zwischen mir und
dem Duc de Marlborough im Haag gemachten Accords, für die
zur Completirung der in Spanien stehenden kaiserlichen Regimenter
abschickenden Recruten die Werbgelder bezahlen müsse, und da ich
dannenhero mit dem Mylord bei unserer nächsten Zusammenkunft das
Pretium eines jeglichen Recruten tractiren und veraccordiren werde,
darüber auch bereits vorläufig an den Herrn Grafen von G a 1 1 a s in
England geschrieben habe, so wird man die für sothane Recruten,
welche inclusive des Wetzelischen Regiments 2467 Mann betragen,
ziehende gleichwohl ziemliche Summa Geld zu Behufe der hiesigen
Erfordernisse verwenden können. E. E. ersuche ich aber, es bei sich
zu behalten, da ich sowohl an Ihre kaiserl. Majestät, als dem kaiser-
lichen Hofkriegsrath davon nur generaliter was gemeldet habe.
E. E. bin ich hoch obligirt, was Sie meiner Versicherung halber
wegen der ausgehändigten Quittung für die von der Krone England
anno 1706 auticipirten Gelder an die Hand geben wollen. Ich ersuche
Sie, Sie wollten belieben, in dieser Conformität das Weitere unschwer
zu verfügen.
Dass die dahier auf meine Versicherung für das Spital auti-
cipirten 400 Doppien refundirt worden, dient mir zur guten Nach-
richt, und was E. E. aber wegen des Herrn Grafen C z o b o r anziehen,
ist sich über ihn nicht zu verwundern, dann Sie ihn so gut wie ich
kennen.
Ueber dasjenige, so E. E. wegen der winterlichen Unterbringung
der kaiserlichen Regimenter melden, will ich hoffen, dass Sie inzwischen
mit dem General Cadogan hievon ein Mehreres schon werden
gehandelt haben. Mit dem Land von Waas aber wird es sich anjetzo
darum verändern, weilen man Gent und Brügge zu attaquiren im
Werk ist. Es ist zwar ersagter Herr General Cadogan, als er bei
mir gewesen, herausgebrochen, dass man uns Quartier geben wollte ;
ich habe mich aber allezeit angestellt, als ob wir nichts begehren
thäten, aus Politik, um diese Leute umsoniehr in dem Wahn zu erhalten,
dass man dahier zu verbleiben nicht gedenkete, einfolglich sodann
umso höher unsere Anforderungen an sie spannen könnte; mein
Gedanken wäre dabei vor Allem, dahin anzutragen, dass die Truppen
nicht weit von einander separirt, sondern in der Nähe beisammen
gelassen und nach Beschaffenheit des Landes oder Standes, wohin man
387
zu stehen kommt, die Subsistenz eingerichtet werde. Ich denke morgen
von hier mit der Armee zu marschircn, womit dann mehr ä portee
von Brüssel kommen werde, und kann solchemnach leicht sein, dass,
um mit E. E. mündlich zu reden, die Gelegenheit überkommen dürfte.
Wann auch Gent und Bruges (Brügge) Aveggenommen werden
sollten, so darf man unserseits hierauf keine Gedanken machen, massen
die Engländer für ordinari ihre Garnison darinnen gehabt, wegen der
Bequemlichkeit, dass sie ihre Nothdurften über Meer aus England zum
füglichsten haben an sich ziehen können , wiewohl E. E. diesfalls
geführte Intention gar gut genommen ist.
Ich weiss gar wohl, dass nach Auszahlung der anhero geschickten
Kimessa nicht nur kein Kreuzer mehr übrig, sondern auch anderswoher
nichts zu hoffen sei; das Expediens aber, so E. E. diesfalls vorschlagen,
ist mehrers zu wünschen, als in effectu davon was zu hoffen; dann ich
will zwar mit denen Deputirten darvon gar gern reden, E. E. kennen
aber diese Leute, wie hart und schwer mit ihnen umzugehen sei.
Wann der vo n Si er s tor ff sich bei mir anmelden wird, werde
ich mit ihm aus der Sache klar und stark reden, E. E. auch das
Weitere davon zu Ihrer Direction bedeuten. Inzwischen erwarte ich
die von Ihnen begehrte Meinung, die ich hieroben von Derselben mir
ausgebeten habe.
Was Sie mir im Postscript im Vertrauen wegen der Alliirten
weiters anziehen wollen, das ist eben die Ursache, dass ich mich, wie
ich Ihnen eben in meinem gegenwcärtigen Schreiben schon gemeldet,
gegen den General Cadogan in nichts herausgelassen habe.
Der vorgeschlagene Vorschuss der 24.000 Reichsthaler bei dem
Wechsler Rost dürfte in dieser Conjunctur das einzige Rettungsmittel
übrig sein.
Mit denen 36.000 fl. habe ich bereits disponirt und nach E. E.
Verlangen dem Cassa-Officier unter meiner Hand ordentliche Auschaf-
funo-en fjeo-eben, wie Sie durch den Herrn Proviant-übristlieuteuant
Ha r ruck er das Mehrere überkommen werden.
363.
Bericht an den Kaiser. Oudenarde, 16. December 1708').
Nach meinem an Euer kaiserl. Majestät letzthin abgelassenen
Bericht hat der Mylord Duc de Marlborough mit seiner Armee
sich gegen Gent gewendet, um nach dem genommenen Schluss diesen
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. Xll. 41.
35^
388
Ort zu attaquiren, wo die Deputirten der General-Staaten die Zusage
und Veranstaltung getlian, dass sie die nöthige Fourage Avährender
dieser Operation aus Holland beibringen lassen wollten. Heute ist es
solchemnach der vierte Tag, wo auch ich bei gegenwärtig anhaltender
starker Kälte mit der Armee ohne Fourage marschirt und die Scheide
bei Oudenarde passirt bin, in meinem Durchmarsch aber allergehor-
samst nicht ermangeln sollen, weilen die Post ohnedem morgen ablauft,
E. k. M. mit gegenwärtigen allerunterthänigsten wenigen Zeilen den
allergehorsamsten Interims-Bericht abzustatten, wo ich mich mit der
Armee befinde.
Soviel aber vorgemelte Operation von Gent in specie anbelangt,
so ereignet sich dabei in dem eine nicht geringe Schwierigkeit, dass
die Canäle und Wässer und mit denselben auch die Schiffe zur Trans-
portirung der Fourage eingefroren sind, welches mich bewogen, dass
mich gleich selbsten zu dem Mylord Duc de Marlborough dahin
gegen Gent begebe, um zu sehen, in was für einen Stand die Sache,
auch ob und was etwo für Mittel dagegen anzukehren sein möchten,
zum Falle es änderst die Möglichkeit zulasset.
E. k. M. werde ich dahero demnächst was mehreres allerunter-
thänigst erinnern, und thue mich anbei etc.
364.
Bericht an den Kaiser. Brüssel, 20. December 1708 *)•
In meinem Durchmarsche zu Oudenarde habe ich Euer kaiserl.
Majestät in aller Unterthänigkeit berichtet, dass ich mit der Armee
etliche Tage im Mouvement damalen gewesen und wegen Attaquirung
Gent ob der angehaltenen Kälte und dadurch zugefrorenen Wässer
grosse Schwierigkeiten sich hervorgethan hätten, ich aber mich zum
Mylord Duc de Marlborough für meine Person begeben und sodann
in loco sehen wollte, wie die Sachen beschaffen und ob die Schwierig-
keiten, die den Attaque verhinderten, zu beheben eine Möglichkeit wäre.
Ich habe es also vollzogen und da sich aber gezeigt, dass sich
das Wetter verändere und wiederum völlig aufzugehen beginne, auch
die Nothwendigkeit, so man zur bevorhabenden Belagerung nöthig
hatte, gefunden und hiernächst zur Subsistenz der Armee die Nothdurft
sowohl an Lebensmitteln, als an Fourage füglich beigeführt werden
konnte; so ist nun der Attaque solchergestalten festgestellt worden,
dass dieser Tage die Tranch6eu wirklich eröffnet werden sollen, und
') Krie{rs-A., Niederlande 1708: Fase. XII. 46.
389
mich er, der Mylurd Duc, dahero gebeten hatte, sothaner Belagerung
mit beizuwohnen, so ich umso lieber zusagte, als ich es einestheils
Selbsten für uöthig erachtete, anderntheils aber aiimit die bessere
Gelegenheit habe, mit demselben von Ein- und Anderem reden zu
können.
Indessen ist von der meinem Commando unterstehenden Armee
E. k. M. und andere alliirte Cavallerie gegen Enghien postirt, die
Infanterie aber in Alost und Grammout gelegt worden.
E. k. M. werden aus meinem Vorigen allergnädigst ersehen haben,
wasmassen der Herr Churfürst zu Pfalz seine hier befindlichen Truppen
insgesammt hinausgehen lassen wollte. Als ich mich nun ersagter-
massen movirt hatte, sagte mir der Feldmarschall Graf von Nassau,
gleichwie er Ordre hätte, sobald die Belagerung Ryssel völlig vorbei
sein würde, mit ersagten Truppen ziu'ück in die churfürstlichen Landen
und mit einem Theil gar in die obere Pfalz abzumarschireu ; dass er
dahero mit denselben jetzo seinen Hinausmarsch wirklich antreten
müsste, ohne dass ersagter Herr Churfürst mir hievon die geringste
Notification gethan hätte, wie es gleichwohl der Ordnung nach an sich
Selbsten wohl hätte sein sollen. Und ob ich zwar bei dieser Beschaffenheit
ersagte Truppen, in specie aber die 4000 in E. k. M. Sold stehenden
Mann wohl hätte anhalten können, allermassen ich es auch Ihro Gnaden
von Nassau also bedeutet, und nicht weniger an den Herrn Churfürsten
Selbsten darüber geschrieben habe, so replicirte mir hingegen dieser,
dass jetztgemelter Herr Churfürst ihm positive berichte, es wäre der
Tractat wegen der 4000 Mann zu keinem Schluss gekommen; zumalen
aber derselbe noch vor meiner Abreise von Wien solchergestalt avancirt
gewesen, dass ich niemalen gezweifelt, es würde damit seine vollständige
Richtigkeit haben, so kann ich diesen, des Herrn Churfürsten Einwurf,
umsoweniger capiren, als nach der Hand von E. k. M. sothaner Tractat
völlig accomplirt und der Herr Churfürst in vollkommene Possess der
oberen Pfalz und Lehen eingesetzt worden. Ich finde solchemnach
nöthig, E. k. M. hiemit die allergehorsamste Nachrieht von diesem
Abmärsche zu erstatten und Dieselbe dabei allerunterthänigst zu
ersuchen, dem Herrn Churfürsten durch ein starkes Schreiben nach-
drücklich zu Gemüthe zu führen, wie hart dieser unverhoffte Abzug
bei jetzigen Conjuncturen dem gemeinen ^Vesen falle und wie sehr
die AUiirten, da der Marsch eben in der Zeit, als die Operationes noch
nicht vollends ausgeführt, und an deren glücklichen Endigung das
Hauptwerk liegt, sich darob alterirt und alarmirt haben : in specie
aber wäre eine hohe Nothdurft, wegen mehrwiederholter 4000 Mann,
zum Fall, ja wie er, der Herr Churfürst, beständig beibringt, der
390
Tractat seine Richtigkeit noch nicht erreicht hätte, denselhen einsmals
in die VoUkummenheit zu bringen und sodann den Herrn Chiirtursten
dahin zu halten, dass er diese Anzahl Truppen, was es eigentlich für
eine seien, was für Generales dabei angestellt, namhaft machen und so-
dann E. k. M. anderen hier stehenden (Truppen) incorporiren lassen solle.
Es dürfte sein, dass mehrwiederholter Herr Churfürst mit dieser
Gelegenheit, der verlangenden Incorporation seiner Truppen, den Rang
begehren möchte, so findete ich denselben zu verwilligen, meines aller-
unterthänigsteu Orts umsoweniger Bedenken, als durch diese Einver-
leibung E. k. M. hiesiger Landen ein stärkeres Corps zusammensetzen
und davon denjenigen Vortheil haben könnte, wie denselben ich
bereits allerunterthänigst erinnert habe; dann es ist gewiss, dass Sie
auf solche AVeise in denen sich ereignenden Begebenheiten dahier zu
Ihre und Ihro königl. katholischen Majestät Allerhöchstem Interesse
viel höher sprechen konnten, zu geschweigen, dass es erstlich die
Politik an sich selbsten erfordert, weilen England in allen acquistirten
Orten von Ihren Truppen Garnisonen hat; andertens aber die ratio
belli zugleich haben wolle, nachdem der Feind dahier seinen mehresten
Efi'ect macht, alle Truppen, was er nur kann, von anderwärts anhero
zieht, und die Alliirten dahero auch ihrerseits hiernach dero Mass
solchergestalten abfassen, damit ihre Völker ebenfalls verstärkt werden,
dass E. k. M. auch Ihresorts ein Gleiches allergnädigst thun möchten.
Wie nun die Unternehmung der Belagerung Gent fest beschlossen
und bis die Requisiten dazu zur Hand gebracht, ein etliche Tage
nichts zu thun ist, so habe ich hievon profitirt und mich darum anhero
begeben, um dass ich mit Dero General-Kriegscommissario Grafen
Schlik die winterliche Verlegung E. k, M. Regimenter endlich in eine
Richtigkeit zu bringen vermöchte, inmassen auch zu diesem Ende von
dem Mylord Duc der General Cadogan hieher abgeschickt worden.
Man ist solchemnach gestern Früh zusammengetreten und hat
gegen einander verschiedene Propositiones gemacht, nichts aber zum
Schlüsse bringen können, weilen ersagter General Cadogan Alles
ad referendum genommen vmd sich nach Leuze, um mit dem Feind
eine Unterredung wegen Auswechseins der beiderseits Gefangenen zu
pflegen, begeben hatte, mit der Vertröstung jedoch, dass er darüber
die unverlangte Resolution bringen wollte, welche dann zu erwarten
steht, an mir aber nichts erwunden Averden soll, E. k. M. mit einem
eigenen Courier zu Dero allergnädigstcn Nachricht die allergehorsamste
Information einzusenden.
Ich kann also E. k. M. dermalen nichts Anderes allerunterthänigst
erinnern, als dass man noch sehr weit von einander sei und man
391
Alliirterseiten glaube, eiu gar Grosses zu thun, wann man Brod uud
Fourage reichen würde, welches sie vor die vier Monater auf 400.000
hiesige Gulden und mehrers hinausrechnen wollen. Bei dieser der
Sachen Bewandtnuss und da noch nicht eigentlich bewusst, ob und
auf was man sich positive zii verlassen habe, werden E. k. M. von
Selbsten allergnädigst urtheilen können, wie nöthig es sei, dass, um
Dero hierseitige Regimenter nicht nur subsistiren zu machen, sondern
zur nächstkünftigen Campagne bei so weit avancirter Zeit unverlangt
in Stand zu bringen, erstlichen für dieselben eine erkleckliche Summe
Geld in die Erblande assignirt, sodann aber auf eine zulängliche
Anzahl Rimonta-Pferde ein so sicherer Staat gemacht werde, dass die
hinavis detachirendeu Officiere solche gleich empfangen und die Länder
damit nicht in mora sein möchten. Und damit man aber dahier mit
der Logirung und zuvörderst mit der Subsistenz umso leichter gefolgen
könne, so habe ich mit Gutbetinden obengemeltes Dero General-Kriegs-
commissarii Grafen S c h 1 i k unumgänglich zu sein erachtet, nebst dem
General d'Arnan, welcher ohne das einen Theil seines Regiments
in Bavern hat, auch das Mehrste von dem kleinen Stab alldahin hinaus-
zusenden, die, weilen diese Leute in dem Winter ohnedem so sehr
nicht nothwendig sind, bei angehendem Frühling mit denen ohne das
hereingebenden Recruten und Rimonta-Pferden in Zeiten bei der Armee
eintreffen können.
E. k. M. ist schliesslich allergnädigst nicht unbekannt, dass die
Huszaren - Regimenter wegen Abgang der Mittel viele Jahre nicht
haben recrutirt werden können. Nachdem aber dieselben, und zuvörderst
die hier seienden, gleichwohl in etwas ergänzt und remittirt zu sein,
E. k. M. Allerhöchster Dienst vornehmlich erfordern will, so glaubte
ich, dass bei gegenwärtigem Stand der Sachen im Königreich Hungarn
mit keinen allzugrossen Unkosten man soviel endlich wohl in die Wege
richten könnte, dass ein jedwedes von ersagten beiden Huszaren-
Regimentern auf 600 Köpfe gestellt werden möchte, E. k. M. aller-
unterthänigst bittend, Sie geruheten, allergnädigst das Weitere darüber
nachdrücklich anzubefehlen. Womit etc.
365.
An den Hofkriegsrath. Brüssel, 20. December 1708 ').
Wasmassen ich mich nach etlichtägigem Mouveraent zum Myloi-d
Duc begeben, dass die Belagerung Gent resolvirt, die churpfälzisch en
•) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 45.
392
Truppen nach ihren Landen ahmarschirt seien und wie ich mich zu
des Herrn General - Kriegscomiuissarii Grafen Schlik's Excellenz an-
hero verfügt und mit Beisein des englischen Herrn Generals Cadogan
von denen künftigen Winterquartieren in einer eigens dessentwegen
gewesten Zusammenkunft zu reden angefangen und darüber mit heutiger
Post an Iliro kaiserl. Majestät mit mehrerer Ausführlichkeit geschrieben
habe , solches Alles wird Ein löbl. Mittel aus dem Anschlüsse
mit ]^[ehrerem beliebig ersehen; so ich Demselben zu dem Ende
cummunicire, um dass es zum Theil die behörige Wissenschaft zu
Dero weiteren Direction haben, zum Theil aber, als da ist: der Ab-
marsch ersagter churpfälzischer Truppen, die Assignirung der Rimonta-
Pferde und einer ergäbigen Summa Geld in Erb-Landen, die Recru-
tirung der Huszaren - Regimenter auf 600 Manu, item die Hinaus-
schickung des Herrn Generals d'A r n a n und des Mehrsten vom
kleinen Stab in Bayern, an seiner Gehörde das Weitere pressiren und
erinnern möge. Womit etc.
366.
An den Chiirfürsten von der Pfalz. Brüssel,
20. December 1708*).
Da ich jüngsthin nach vollbrachter Belager- und Eroberung des
Citadells von Ryssel mit der meinem Commando unterstehenden Armee
aufgebrochen imd einen Theil derselben in die Gegend Enghien, einen
Theil aber in die Gegend Alost abmarschiren Hess, sagte mir der
Feldmarschall Graf von Nassau, dass er von Euer Gnaden Ordre
hätte, mit dem sämmtlichen dahier stehenden Corps der löbl. Truppen,
inclusive der 4000 in kaiserlichem Sold befindlichen Mann, in Deutsch-
land abzumarschiren.
Obwohlen nun ich wohl geglaubt hätte, von Euer Gnaden dieses
ihm, Grafen von Nassau, gegebenen Befehls halber, gleich es der
Ordnung gemäss wäre, mit einer etwelchen Nachricht begnadet zu
werden, und solchemnach mit gutem Fug den Marsch ersagter Truppen
hätte aufhalten können, so habe ich es doch aus der gegen Euer Gnaden
tragenden grossen Veneration in keine Weg thun, dabei aber uuer-
innert nicht lassen wollen, dass, soviel die 4000 Mann belangt, mir
mehrwiederholter Herr Graf von Nassau beigebracht, dass ihrethalber
der Tractat mit Ihro kaiserl. Majestät nicht geschlossen sei. Gleichwie
ich aber mich allzu wohl zurück entsinne, dass, als ich von Wien
') Kriegs-A., NiederlÄn.le 1708; Fase. XII. 47.
393
abgereist, Euer Gnaden ersagten Tractats halber bereits Alles accordirt
gewesen Avar, allermassen nach der Hand die Einräumung der oberen
Pfalz und Anderes wirklich erfolgt ist, so kann icli bei mir nicht
begreifen, warum derselbe seine Richtigkeit nicht erreicht haben und
zum vollkommenen Effect kommen sein sollte.
Solchemnach aber will ich gar nicht zweifeln, Euer Gnaden auch
allenfalls gehorsamlich belangt haben, dass Sie zum wenigsten solche
Verfügnisse ankehren zu lassen geruhen möchten, auf dass ersagte
Truppen nicht zu weit von denen hiesigen Landen entfernt und dabei
vorgesehen und veranstaltet werden möchte, dass sie auf den bedürftigen
Fall gleich an der Hand sein und zu dem Ende auf I. k. M. oder
mein Verlangen, wohin es des gemeinen Wesens Dienst erfordert, ohne
weitere Verweigerung anziehen und unanständig in vollkommenen imd
guten Stand gesetzt werden möchten, umsomehr, als Euer Gnaden von
dem Feldraarschall Herrn Grafen von Nassau Selbsten ernädig- zu
vernehmen haben werden, wie sehr sich die hohen Herrn Alliirten
alterirt haben, dass ersagte Truppen eben zu einer Zeit, wo man durch
eine neue Operation die Campagne zu schliessen glaubt und vielmehr
sucht, alle Truppen beizubehalten, den Abzug genommen. Womit etc.
367.
An den Hofkriegsrath. Lager bei Gent, 26. December 1708 *).
Es hat der Herr General -FML. von Kriech bäum unterm
17. October bei mir seiner Promotion halber eine Anregung gethan ; wie
zumalen nun derselbe wegen seiner bekannten Dienste umso ehender
zu consideriren und in allweg zu consoliren wäre, als er bei dem
aufhabenden mühsamen Commando in Siebenbürgen eine Extra-Conso-
lation in allweg meritirt, so glaubte ich, dass Ein löbl. Mittel seinet-
halben an Ihro kaiserl. Majestät das gewöhnliche Referat abgeben
könnte.
Der Herr GWM. de Wandt schreibt mir, er habe, um sein
unterhabendes Regiment zeitlich in Stand zu setzen, §x propriis die
Recrutirung anfangen lassen, beklagt sich aber dabei, dass er von
denen ihm assignirten Werbgeldern noch keinen Kreuzer überkommen
hätte. Nun weiss ich zwar gar wohl, wie langsam es diesfalls mit denen
Ländern hergehe und was dieselben für Aufzüge zu machen pflegen,
und dass es solchemnach an stetem Pressiren Eines löbl. Mittels nicht
erwinde ; ich wollte aber Dasselbe gleichwohl ersucht haben, die Noth-
durft auch in der Deputation vor L k. M. zu urgiren.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 58.
394
Der Herr Obrist H an st ein bescliwcrt sicli, dass er seinen Sold
nicht bekomme, weilen aber derlei Sachen von hier aus zu rcmediren,
nicht von mir dependirt, so habe ich an Ein löbl. Mittel sein an mich
erlassenes Schreiben hiemit zu dem Ende remittiren wollen *), um dass
Dasselbe an seine Gehörde das Weitere verfugen, hiernächst aber bei-
gehendes des Herrn Obristen von Hauben Memoriale *), bis zu meiner
Zurückkunft ad notam nehmen Avolle.
Uebrigens schreibt mir des abgestorbenen Thüngen'schen Haupt-
manns Hogan hinterlassene Wittib aus Philippsbui'g unterm 30. No-
vembris *) und bittet mich wehmüthig um die gewöhnlichen drei
Gnaden-Monater, welcher darauf geantwortet, dass sie diese bei dem
Regiment suchen , ich aber nichtsdestoweniger an Ein löbl. Mittel
schreiben wollte, auf dass sie dieselbe umso sicherer erhalten könnte.
Ein löbl. Mittel beliebe derohalben, ersagter Wittib ex commiseratione
in ihrem Petito zu assistiren. Womit verbleibe etc.
368.
An den General-Krieg-scommissär Grafen Schlik. Vor Gent,
26. December 1708*).
Auf Euer Excellenz unterm 22. dieses an mich Erlassenes appro-
bire ich, dass Sie denen dort befindlichen 20 Keisingischen Dragonern
und einem von dem Fels'schen Regiment, sammt denen gesammten
gleichfalls dort stehenden Huszaren eine wöchentliche Löhnung ab-
reichen und, um es zu bewirken, Alles haben zusammensuchen lassen.
So ist nicht weniger gar gut geschehen, dass E. E. beliebet
haben, an die Stände von Lüttich wegen Absendung ihres Gesandten
zu rescribiren.
Sonsten lasse ich nach der unterm 19. dieses gepflogenen Abrede
an die sämmtlichen Regimenter zu Fuss und Pferd die Notification
ergehen, dass die letzteren die behörigen Ober- und Unterofficiers,
auch Gemeinen in Bereitschaft setzen sollen, um selbe zu Ueberneh-
mung der Rimonta und Bewerkung der Recrutirung in die deutschen
Erblanden abzusenden ; denen Infanterie-Regimentern aber befehle ich,
dass dieselben über die von ihren Garnisonen aus dem römischen
Reich bereits abgeschickte Mannschaft, auch von hier zu Uebernehraung
der Recruten das behörige Quantum beordern und hinaus abgehen
') Kriegs-A., Nieflerlaude 1708; Fase. XII. 58a.
*) Kriegs- A., Niederlande 1708; Fase. XII. ad 58.
") Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 58 c.
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 60.
395
lassen sollen, mit dem weitereu Betleuten, dass künftiffhin die hier
stehenden Bataillone, inelusivc der Grenadiers, 11 Compagnien stai-k
sein und jedwede Compagnie auf 130, die Grenadiere aber auf 100,
und also zusammen 1400 Mann gesetzt werden, einfolglich der Abgang,
zum Fall das angewiesene Landrecruten-Quantum zu völliger Coraple-
tirung des Regiments nicht erklecklich wäre, bei denen in Garnison
in gedachtem Roraischen Reich bleibenden Compagnien sein solle.
Nachdem ich aber glaube, dass das Badische Regiment bereits
12 Compagnien, mithin um eine mehr, als der abzielende Fuss aus-
tragt, hier habe, so thäte es in der obseienden Intention nichts ändern,
sondern man könnte die 12. Compagnie, weil sie schon in loco ist,
beibleiben und passiren lassen.
Schliesslich ist man mit dem Feind der Auswechslung halber
eins worden, und weilen solchemuach dieser Tage eine Anzahl aller-
hand unserer Gefangenen nacher Brüssel geliefert werden wird und
dabei für gut befunden worden ist, dass von einer jeden Nation zu
Uebernehmung der seinigen ein Ofiicier in loco sich einfinden solle;
so wollen E. E. respectu der Kaiserlichen und Würzburgischen den
Herrn Obristlieutenant Betten dorff zu diesem Ende benennen, ein-
folglich ihm befehlen, dass derselbe bei Ankunft sothaner Gefangenen
die Unserigen empfangen, E. E. aber dieselben sodann zu ihren Regi-
mentern absenden, oder aber inzwischen daselbsten, wie Sie es am
besten zu sein vermeinen, verbleiben lassen wollen.
Ich weiss nicht, ob von den churpfälzischen Truppen etwo ein
oder anderer Officier noch zurück sein möchte, welcher bei diesem actu
ihre Gefangenen übernehmen könnte. Wann also Jemand von ihnen
vorhanden, so wollte ich E. E. ersucht haben, demselben das Behörige
diesfalls zu bedeuten, widrigenfalls aber vorgemeldetem Herrn Obrist-
lieutenant Bettender ff unter einsten auch der Churpfälzischen halber
die Commission auftragen. Womit etc.
P. S.
Nach Schliessung dieses erhalte E. E. weiteres Schreiben vom
25. dieses, worüber mit heutiger Post an Ihre kaiserl. Majestät das
Behörige allergehorsamst erlasse und E. E. dabei unverhalte, wie ich
heute zu Mittag mich zu dem Mjlord Duc express begebe, um der
Quartiere halber die Sache einstens auszumachen. Wann man, wie hoflfe,
eins sein wird, so gedenke mich mit dem General Cadogan nacher
Brüssel zu verfügen, um sodann mit E. E. das Bedürftige voUkom-
mentlich einzurichten. AVomit etc.
396
369.
Bericht an den Kaiser. Lager zu Melle, unweit Gent,
27. December 1708').
Euer kaiserl. Majestät habe ich aus Brüssel in aller Unterthäuigkeit
erinnert, was bei Dero General-Kriegscommissär Graten Schlik mit
dem englischen General Cadogan über die Bequartierung Dero
hierseitigen Regimenter abgeredet worden sei. Wie aber dieser da-
malen Alles ad referendum genommen und darauf dato keine positive
Antwort erfolgt ist, so gedenke ich mich nach abgefertigter Post
heute noch zum Mylord Duc zu begeben, um die Sache mit ihm
endlich auszumachen, sodann aber, wann man sich vergleichen kann,
zu sehen, die Regimenter unter Dach bringen und einrücken zu lassen.
Inzwischen habe ich klar zu verstehen gegeben, wann man sich alliirter-
seits zu gar Nichts verstehen oder einlassen wollte, dass man bei
solcher Beschaffenheit bemüssigt sein würde, mit denen Regimentern
von hier nicht nur völlig abzuziehen, sondern auch künftighin gar
keine Truppen mehr hieherwärts abzuschicken, weilen sie E. k. M.
unglaublich viel kosteten, die Alliirten aber von anderen zu dem
Römischen Reich gehörigen Landen, als da ist das Cöln- und Lüttichische,
ganz frei disponiren thäten, wohin man sonsten wiederholte Regimenter
gar füglich logiren könnte, mit dem weiteren Beisatz, was grosse
Benefiz Ihre Auxiliares hingegen von E. k. M. wirklich geuiessen und
Ihre fast soviel, als ihnen, Alliirten, selbsten kosten thäten, allermassen
es mit denen königl. preuss- und sachsen-gothaischen in Italien wirklich
beschehe, auch vor etlichen Jahren mit denen im Römischen Reich
gewesten 12 Bataillonen eben also erfolgt ist.
Es scheint zwar, dass sie, die Alliirten, die Raison gar wohl
begriffen; bis dato aber kann ich gleichwohlen nichts Positives alier-
gehorsamst erinnern, sondern werde E. k. M. mit nächsten den
au.sfiihrlichen allerunterthänigsten Bericht, was in Sachen geschehen,
einschicken.
Als ich un Schlüsse meines Gegenwärtigen bereits war, erhalte
ich das in Copia hienebenliegeude Schreiben *), allermassen auch ein
anderes der Mylord Duc in eben dieser Conformität bekommen hat.
Wir werden solchemnach pressirt, dass einer von uns beständig
allhier verbleiben solle, und ich will zwar die Antwort auf sothanes
Schreiben mit ihm, Mylord, concertiren ; es scheint aber fast unmöglich
zu sein, dass man dieses an uns gestellte Verlangen abschlagen
') Krieg8-A., Nierlerlandc 1708; Fase. XII. 63.
*) Nicht vorhanden.
J
397
könne, iimsomolir, als wir es selbsten für eine Notli zu sein erkennen
und sonst Niemand von Autorität vorhanden ist, welcher diesem so
grossen Werk gewachsen wäre. Ich gedenke solchemnach, den Mylord
dahin zu disponiron, dass er bis in Martio dahier verbleiben möclite,
um damit ich, sobald die Belagerung Gent vorbei, mich nacher Wien
begeben und E. k. M. in aller Unterthänigkeit zu Füssen werfen
möge, der allergehorsamsten Zuversicht lebend, E. k. M. werden mir
in keinen Ungnaden aufnehmen, nachdem Sie die Campagno dahier zu
machen, mir in Allerhöchsten Gnaden bewilligt haben, wann ich mich
auf vorgemelte Weise mit ihm, Mylord, verstehen werde, inraassen die
Zeit zu kurz, dass ich Dero allergnädigsten Befehl darüber vorhero
einholen könnte.
Sowohl er, der Mylord, als dio Deputirten von Holland haben
mir hiernächst von dem päpstlichen Wesen sehr stark gesprochen,
weilen sie aus Frankreich und anderen Orten die Nachiücht erhalten
hätten, dass diese Zwistigkeit ein weites Aussehen gewinnen wolle
mit dem Vermelden, dass sie bei so beschaffenen Dingen, wann E. k. M.
Macht daselbsten impegnirt sein solle. Alles allein dahier nicht thun
könnten und man dahero beiderseits an Dieselbe selbsten schreiben
wollte, auf dass durch dieses Unwesen in der bevorstehenden Campagne
kein Hinderniss geschehen möchte, von welcher man sich hingegen
eine so gute Hoffnung zu machen hätte, dass sie wohl die beste sein
dürfte, angesehen man alliirterseits hiezu allen Effort thun wollte,
einfolglich nicht billig wäre, dass E. k. M. Waffen anderwärts in einer
Sache, die von keiner sonderlichen Consequenz, gebraucht und
angewendet würden.
Ich that zwar meinerseits alle ersinnliche Motive einwenden,
um sie einestheils bei ihrem guten Vorhaben zu erhalten, anderentheils
aber dieselben zu versichern, dass man von Seiten E. k. M. Alles vor
die Hand nehmen und appliciren würde, dieses Werk noch gegen-
wärtigen Winter auszumachen. Sie haben mich aber nichtsdestoweniger
ersucht, E. k. M. in ihrem Namen gleichwohl in aller Unterthänigkeit
darum zu belangen, welches ich dann auch hiemit allergehorsamst
bewerken und Deroselben allerunterthänigst zu erinnern unerraangeln
solle, wie man bereits an dem Monat Januario und mithin keine Zeit
mehr übrig sei, sich ferners mit leeren Worten speisen und aufziehen
zu lassen. Dahero dann E. k. M. aus dem Vorhergehenden selbsten
Allerhöchst erleucht erachten werden, dass kein Augenblick mehr zu
verlieren sei, die päpstlichen Streitigkeiten oder unverlangt dui'ch
einen Tractat beizulegen, oder die Sache mit der Gewalt der Waffen
auszuführen und zur Raison zu bringen. Das Principalste aber wäre.
398
dahin zu gedenken, die Truppen in Italien subsistircn zu machen oder
denenselben mit einem erklecklichen Stück Geld aufzuhelfen, weilen,
wie E. k. M. allergnädigst bekannt, allda auf Jahr und Tag fast Alles
anticipirt, und die Regimenter unfehlbar zu Grunde gehen müssten,
wann man nicht von der Gelegenheit rechtschaffen profitiren wollte.
Was sonsten dahier passirt, geruhen E. k. M. aus der Anlage
allergnädigst zu ersehen.
Schliesslichen habe auf E. k. M. allergnädigsten Befehl sowohl
Dero General-Kriegscommissario Grafen S c h 1 i k unterm 26. passato,
als auch unterm 6. dieses dem Domcapitel zu Hildesheim zuge-
schrieben, dass solches Jemanden anhero abordnen möge, um mit
demselben sowohl ratione mensae episcopalis, als sonsten zu tractiren;
nachdem aber von demselben weder eine Antwort erfolgt, noch von
einem derlei Abgeordneten das Geringste zu vernehmen ist, so habe
E. k. M. allergehorsamst belangen sollen, an ersagtes Domcapitel ein
ernstes und bedrohliches Rescript hierüber allergnädigst ausfertigen
zu lassen. Womit.
370.
Bericht an den Kaiser. Lager bei Melle, 27. December 1708 ').
Es sagte mir jüngsthin der Mylord Duc, wasmassen Frankreich
denen Holländern die Proposition thun lassen, dass es, um zum Frieden
zu gelangen, oder Spanien und Indien, oder aber Italien cediren wollte.
Dieser Vortrag hätte zwar bishero kein Gehör gehabt und hoffete er,
Mylord Duc, auch den Krieg noch weiters fortzuführen und das Werk
hinauszutrainiren, bis man zur völligen spanischen Monarchie gelangen
könne; es sei aber solches zu bewerken unumgänglich nöthig, dass
man sowohl alliirterseits die Armee allhier soviel als möglich verstärke,
als auch von Seiten Euer kaiserl. Majestät ein Gleiches bewerke,
damit er mit so stärkerer Raison sprechen könne; mit welcher
Meinung dann auch ich mich conformirte und mit ihm, Mylord, also
di concerto blieb.
Seithero erhalte ich aus dem Haag beigehende Nachricht *), und
da das Werk bei dieser Beschaffenheit von Importanz, so habe ich
für nöthig erachtet, E. k. M. davon die allergehorsamste Nachricht zu
erstatten. Ich werde nicht ermangeln, hierob genaue Obsicht zu tragen
und wann es die Noth erforderte, E. k. M. durch eigenen Courier
davon zu berichten, sonsten aber bei meiner Ankunft den allerunter-
thänigsten weiteren Vortrag mündlich zu thun.
*) Krieg8-A., Niederlande 1708; Fase. XII. ;m1 G3.
') Nicht vorhanden.
399
371.
An den Churfürsten von der Pfalz. Lager vor Gent,
27. December 1708 0-
Euer Gnaden sage liieniit den gehorsamen Dank, dass Sie mir
unterm 18. dieses zu der eroberten Citadelle von Ryssel gnädig zu
gratuliren belieben wollen.
Was den Abmarsch Euer Gnaden hier gestandener Truppen
angeht, da werden Dieselbe aus meinem Jüngsteren bereits gnädig
ersehen haben, dass ich derselben Abmarsch nicht nur allein habe
geschehen lassen, sondern sie sind auch bereits einen guten Weg von
hier avancirt, Euer Gnaden des Weiteren den gehorsamen Dank
erstattend, dass Sie dieselben diese Campagne über meinem Commando
unterstehen lassen, nicht zweifelnd, gleichwie ich ihnen das Gezeugniss
geben muss, dass sowohl Officiere, als Gemeine bei der obgewesten
Belagerung und sonsten dasjenige gethan haben, was wackeren, uner-
schrockenen und unverdrossenen Kriegsleuten zusteht; dass also auch
wiederholte Truppen mit mir alle Zufriedenheit haben und erkennen
werden, dass dagegen auch ich meinerseits Alles dasjenige gethan und
beigetragen habe, was immer zu ihrem Behufe sein konnte.
Ich repetire Euer Gnaden dabei gehorsam, dass aus der jilngst-
hin angeführten Ursache Sie diese Ihre Truppen nicht allzuweit ent-
fernen, sondern in der Nähe verlegen, dieselben schleunig wiederum in
Stand setzen und anbei gnädig befehlen lassen möchten, dass, wann's
die Conjuncturen und des gemeinen Wesens Beste erforderten, Sie
auf Ihre kaiserl. Majestät allergnädigstes Verlangen, oder auf mein
Ersuchen sogleich aufbrechen und wohin es verlangt werden würde,
hinwiederum anziehen möchten; Euer Gnaden dagegen gehorsamlich
versichernd, dass man dabei sich vor Allem angelegen sein lassen werde,
sothane Truppen nicht vergeblich zu strapaziren oder vor der Zeit
aus denen Quartieren zu ziehen, wann es nicht die höchste Noth
erfordern würde. Womit etc.
372.
An den Feldmarscliall Freiherrn von Thüngen. Feldlager
bei Gent, 27. December 1708 'j.
Euer Excellenz sage dienstlichen Dank für die unterm I., 8.,
11. und 15. dieses mir in Ein- und Anderm gegebene Nachricht und
1) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XII. 64.
^) Kriegs-A., Römisches Keicli 1708; Fase. XII. 20.
400
bin Deroselben zuvörderst obligirt, dass Sie über die glückliche Passage
der Scheide einen Theil nehmen und mir dazu so Avohlmeinend gratu-
liren wollen.
Ich habe nie gezweifelt, dass nicht occasione Dero unterhabenden
lübl. Regimentes über die empfangenen Gelder die behörige Berech-
nung und Richtigkeit gelegt werden könne, auch dieselben allein zu
Nutzen des löbl. Regimentes verwendet worden seien. E. E. aber werden
von Selbsten erkennen, Avie bei denen erinnerten Beschaffenheiten
gleichwohlen nöthig gewesen ist, die Sache zu untersuchen und zu
sehen, woher dann der Fehler rühre, dass die Leute zu grosser Dis-
reputation Ihrer kaiserl. Majestät Allerhöchster Autorität in E. E.
Selbsten und meiner nicht geringen Prostitution auf öffentlichen Gassen
gebettelt haben. Wobei ich der festen Zuversicht leben will, E. E.
werden künftighin diesem inconvenienti mit solchem Nachdruck zu steuern
belieben, dass dasselbe nicht nur allein eingestellt, sondern auch die
hiesigen Bataillone in Mundur und sonsten in einen solchen Stand
gesetzt werden, auf dass sie auch die behörigen Dienste zu prästiren
ehebaldigst im Stande sein mögen.
Im Uebrigen habe ich verordnet, dass von denen hiesigen
Bataillonen auch die behörige Mannschaft zu Uebernehmung ihres
Recruten-Quanti hinausgeschickt werde, und weilen künftighin dieselben
mit denen Grenadieren in II Compaguien bestehen, jedwede derselben
130 Köpfe stark und auf diese Zahl völlig complet sein sollen, also
dass von denen übernehmenden Recruten zuvörderst ersagte 1 1 Com-
paguien völlig ergänzt und der Abgang, wann die angewiesenen
Recruten nicht sufficient sein sollten, bei denen im Römischen Reich
in Garnison zurückseienden Compaguien verbleiben solle.
Ersuche E. E. solchemnach hierüber Ihresorts das Beliebige zu
disponiren. Womit etc.
373.
An den Feldmarschall Grafen Herberstein. Lag-er bei Gent,
27. December 1708').
Was der FZM. Herr Graf von Guttenstein seiner in Bayern
stehenden Bataillone halber an mich erinnert, das ersehen Euer
Excellenz aus der Anlage ^) des Mehreren.
Nun wird zwar ermelter Herr General-Feldzeugmeister nicht
hiegegen sein können, wann es Ihro kaiserl. Majestät Dienst erfor-
') Krieg8-A., Kömisclies Reich 1708; Fase. XII. 21.
*) Nicht vorliaiideii.
401
derte, zu Aufwerbung der beiden vorhabenden Regimenter ein- und
andere Compagnien von seinem unterhabenden Kegimente abfolgen
zu lassen; ich finde aber gleichwohlen dessen Begehren ali/.eit biüig,
dass man ihm das völlig in Bayern stehende Bataillon nicht ab-
nehmen solle.
So ich an E. E. zu dem Ende hiemit remittiren wollen, um dass
Sie, wann sich der Casus ereignen sollte, hierauf zu halten belieben
wollten. Womit etc.
374.
An den Hofkriegsrath Thiell, Lager vor Gent,
27. December 1708 ').
Des Herrn Hofkriegsraths an mich Abgelassene sind mir bis
auf das vom 8. dieses inclusive richtig eingelaufen, ich habe aber
dem Herrn Hofkriegsrath darauf darum nicht ehender als anheute
antworten können, weilen das obgeweste Mouvement und eine kleine
Reise, so ich nach Brüssel gethan, mich daran verhindert hatte.
Demselben sage ich solchemnach freundwillig Dank für die über
die ungarischen Affairen so punctual abstattende Nachrichten, welche
mir zu meinem guten Unterricht dienen. Ich zweifle nicht, weilen
der Herr Feldmarschall Graf von Heister bei Hof ankommen, man
werde wegen der Postirung in den Bergstädten und Unterbringung
der Truppen auf der anderen Seite die Mass solchergestalten abge-
fasst haben, dass das Eine manutenirt, das Andere aber bewerkt
werden möge, wann anders die Weitläufigkeit ersagter Postirung es
zulassen und gestatten wird.
Ich approbire hiernächst den Schluss wegen Unterbringung der
dänischen Truppen und vornehmlich, dass die Präcaution genommen
worden, damit zu Erzeugung der nöthigen Subsistenz die Naturalien
nicht in Confusion verzehrt, sondern, um damit zuzulangen, mit denen
Gespanschaften das Benöthigte eingerichtet werde.
Es wäre freilich von dem Offerte des Lubomirski in alhveg
zu profitiren, und eine Hauptsache, wann man sich dadurch in denen
Bergstädten mehr vorwärts erweitern könnte ; es ist aber mit dem
noch nicht genug, noch geholfen, dass der Herr Feldmarschall Graf
Heister diesfalls nichts thun zu wollen, sich erklärt, sondern, wann
es der Hof und Ein löbl. Mittel für practicabel und anständig zu
sein erachtet, wäre ihm diesfalls der positive Befehl zu ertheilen oder
aber die allda commandirende Generalität dessen zu instruiren ; dann
*) Kriegs-A., Ungarn 1708; Fase. XII. 9.
FeldzUge des Prinzen Eugen v. .Savoyen. II. Serie, I. Band. Snpplementneft. 26
402
dass ersagter Herr Feldmarschall die Ordre von Wien aus hinunter
ertheilen und das Cummando von dorteu, wie im Sommer, führen
wolle, muss ihm umsoweuiger gestattet werden, als es eine Neuerung
wider des löbl. Mittels Autorität und von keinem in Ungarn com-
raandirenden Generalen niemalen also bewerkt worden ist; dann
gleichwie es zu meinen und der vorigen beiden General-Lieutenants
sei. Zeiten geschehen , so hat das löbl. Mittel , wann die Armee
einsmals auseinander gegangen und in die winterliche Postirung
eingerückt war, die ferneren Befehle und Verordnungen, wie es
dasselbe zu Ihro kaiserl. Majestät Dienst zu sein befunden hat, er-
gehen lassen.
Es ist zu bedauern, dass in dieser Confusion alle gute Gelegen-
heit aus Händen gelassen werden müsse und, wie man konnte, von
der Rebellen Confusion proiitirt werden möge. Ich fürchte dahero viel-
mehr, dass sie daraus unsere Schwachheit erkennen und man ihnen
dadurch, anstatt derselben Unfähigkeit und Consternation zu ver-
grössern, mehrers einen neuen Muth machen werde.
Ich vernehme übrigens, dass die Rebellen häufig um Pardon
anlangen, welcher, um ihre Partie umsomehr zu schwächen , ihnen
auch in allweg zu verwilligen, dabei aber gleichwohlen zu observiren
wäre, dass die Häupter davon, aus der von mir schon öfters ange-
führten Ursache, allezeit ausgeschlossen bleiben. Womit etc.
375.
An den FML. Freiherrn von Kriechbaum. Lager vor Gent,
27. December 1708*).
Dass mir meines Herrn General-Feldmarschall-Lieutenants vom
17. und 29. October wohl eingeloffen seien, berichte ich hiemit und
sage Deroselben dienstlichen Dank vor die Communication desjenigen,
was Derselbe über den dortigen Stand an den löbl. kaiserlichen Hof-
kriegsrath erlassen hat. Worüber ich wegen der weiten Entferntheit
und auch darum nicht wohl was Positives antworten kann, weilen
mein Herr General-Feldmarschall-Lieutenant inzwischen von ersagtem
löbl. Hofkriegsrath gehörig schon verbescheidet sein wird.
Betreflfend aber Deroselben Promotion, kann mein Herr General-
Feldmarschall-Lieutenant versichert sein, dass ich daran nicht ver-
gessen, sondern die Nothdurft an mehrwiederholten löbl. kaiserlichen
Hofkriegsrath erinnert habe, inmassen es für eine besondere Freude
'I Krieg8-A., Ungarn 1708; Fase. XII. 10.
403
halte, wann ich Deroselben, wie es die Billigkeit an sich selbsten ist,
zu Dessen Consolation zu verhelfen und anbei zu zeigen vermag, dass
ich sei etc.
376.
An den GWM. de Wendt. Lag-er bei Gent, 27. December 1708 ').
Dem Herrn General- Wachtmeister sage dienstlichen Dank für
die unterm 1. und 12. dieses in Einem und Anderm überschriebenen
Nachrichten. Soviel aber das Dessen Regiment assignirte und annoch
ausständige Werbgeld betrifft, ist gar löblich, dass der Herr General-
Wachtmeister inzwischen von dem Seinigen die Werbungen anzufangen
den Vorschuss thut. Ich schreibe nacher Wien und lasse den baldigen
Erlag sothaner Werbgelder durch den löbl. kaiserlichen Hofkriegsrath
pressiren ; der Herr General-Wachtmeister kennt aber auch die Länder,
dass sothane Werbgelder zwar sicher, der Erlag aber sich gemeiniglich
in etwas verziehen thue. Womit etc.
377.
An den FML. Grafen Königsegg. Lager bei Gent, '
27. December 1708 ').
Dass mein Herr General -Feldmarschall -Lieutenant mich mit
Seinem vom 25. Novembris abermalen hat beehren wollen, dafür sage
ich den dienstlichen Dank und versichere, dass, was Dero obhabendes
Commando zu Mantua anbetrifft, ich niemalen ermangeln werde, meinen
Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant dabei, soweit es die Kräfte
zulassen, zu manuteniren, wie ich dann bishero noch nichts gehört
habe, dass man jemand Anderen dahin zu senden Willens sein solle.
Was inzwischen meine Hineinreise anbelangt, dürfte, nachdem die
Campagne dahier noch nicht vollendet und mithin die Zeit zu weit
avancirt ist, es gar schwer sein, dass ich mich nacher Mailand sollte
begeben können. Womit etc.
378.
An den Herzog Ernst zu Sachsen-Hildburgliausen.
Im December 1708').
Auf Euer Liebden vom 28. passato wohl Erhaltenes sage Dero-
selben in schuldigster Antwort, wasmassen, soviel das von Dero Herrn
«) Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. XII. 22.
2) Kriegs-A., ItaUen 1708; Fase. XII. 19.
3) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. XU. 73.
26*
404
Sohns Liebden offcrirte Dra,2:onei-Re<:jimeut, als auch die verlangte
Dienstleistung bei der meinem Commando unterstehenden Armee
betrift't. ich nicht ermangelt habe, das Behürige naehcr Hof zu rescri-
biren ; dann, nachdem der bei ersagter Armee bedürftigen Generalität
halber bereits vorhin die Dispositiones sind ausgestellt worden und
mithin diese in der erforderlichen Anzahl schon vorhanden sind, also
dependirt auch dieses Gesuch immediate von der von Ihrer kaiserl
Majestät darüber abfassenden allergnädigsten weiteren Resolution, die
ich also erwarte und Euer Liebden ansonsten versichere, dass ich
nichts mehrers als die Gelegenheit wünsche, Euer Liebden zu bezeugen,
dass ich sei etc.
379.
An den G. d. C. Marquis Visconti ').
(Ohne Datum.)
Ich erhalte Euer Excellenz vom 1 4. dieses zurecht und approbire,
dass Sie sich nacher Mantua begeben haben, um nicht nur die hessi-
schen Truppen mobil zu machen, sondern auch die mehreren Excessen
zu verhüten und sodann eine neue Logirung der kaiserlichen Regi-
menter und Artillerie einzurichten, bei dem es dann auch sein Be-
wenden hat.
AVas den Mangel der Fourage anbelangt, schreibe ich des harten
Futters wegen an den Herrn General- Wachtmeister und Obrist-Kriegs-
commissario Freiherrn von Martinsberg (Martini), und wegen des
Heu aber muss man sich zu behelfen suchen, so gut als es die Möglich-
keit zulasst, und wann es ja nicht anders sein könnte, so müsste man
auch aus dem Venezianischen eine Beihülfe zu überkommen suchen.
Sonsten thun E. E. gar wohl, dass Sie ersagte Regimenter sub-
sistirend zu machen, sich angelegen sein lassen, wobei Derosclben
hiemit in aller Geheim erinnere, dass resolvirt sei, einige kaiserliche
Regimenter aus Italien herauszuziehen, und mithin zuvörderst aus dem
Mantuanischen und etwa Mirandola einige weggehen zu lassen, Avomit
dann die übrigen umso leichter werden subsistiren können; dessenun-
geachtet muss man dennoch den Antrag für alle zu machen fortfahren,
damit man sodann nach Abmarsch der herausgehenden mit denen
anderen umso leichter zurecht kommen möge. Wann aber das Württem-
bergische Regiment auch darunter begriffen werden würde, so glaubte
ich, dass man von Cremona aus ein anderes Regiment dahin abschicken,
selbes aber mit ihrer Bezahlung in stato angewiesener lassen könnte.
') Krieg8-A., Italieu 1708; Fase. XII. 21.
406
Ich erinnere dieses E. E. gedachtermassen, damit Dieselbe umsomehr
darob sein möchten, dass die Kaiserliclion das Ihrige bekommen und
sich umso besser hiezu in Stand setzen können, womit dann auch
dem Württembergischen Regiment eo ipso geholten sein würde. Was
aber das Memorial der recrutirenden Offieiero von der Cavallcrie
betrifft, darüber schliesse die Antwort punctatim bei.
Uebrigens ist schon recht geschehen, dass dem Herrn GWM.
Freiherrn von Falkcnstein die angesuchte Licenz verwilligt worden,
welche ich ihm auch meinesorts ertheilt habe. Womit etc.
380.
An den Feldmarschall Grafen Nassau. Wien, 1. Juni 1708 'j.
Nachdem ich höre, dass Euer Excellenz allbereits zu Frankfurt
angelangt seien, so habe ich Dieselbe mit Gegenwärtigem erinnern
wollen, dass auch ich demnächst alldort einzutreffen verhoffe und mich
zu diesem Behufe morgen von hier wegzubegeben gedeidce, wobei
E. E. dienstlich ersuche, dass Sie die gesammten löblichen churpfälzischen
Truppen gegen der Mosel, so schleunig als es möglich ist, avanciren
und gegen Coblenz oder dortherum ein bequemes Ort aussuchen lassen
wollen, wo die gesammten Truppen zusammenstossen und sich ver-
sammeln können, E. E. des Weiteren ersuchend, dass Sie respective
vorgedachter löblicher pfälzischer Völker beliebig disponiren wollten,
damit diese jedesmal mit Proviant bis zu deren weiterem Aufbruch
solchergestalt daselbst versehen sein möchten, dass sie, Avann die Armee
völlig beisammen und sich in das Mouvement setzen würde, einen
viertägigen Vorrath sowohl an Brod und Haber mit sich nehmen können.
Welches ich Deroselben nur zu Dero beiläufigen Disposition erinnere,
bei meiner Ankunft aber mit E. E. das Weitere zu concertircn un-
ermangeln werde, und weilen übrigens keinen General-Quarticrmeister
bei denen kaiserlichen Truppen habe, so ersuche ich Sie, den
Wolkershoffen, welcher ein hierinfalls capables und gutes Subjectum
sein soll, hierzu zu gebrauchen. Womit etc.
381.
An den FML. Marchese de Vaubonne. Im Juni 1708').
Euer Excellenz an mich Abgelassenes vom 11. dieses ist mir
rechts worden und gebe daraufhin Derselben zurück in Antwort, dass,
*) Kriegs-A., Niederlande 1708; Fase. VI. 1.
2) Kriegs-A., Ualieu 1708; Fase. XII. 30.
406
weilen das besondere Commaudo, als auch das verlangende Gouverho
nicht von mir, sondern immediate von Seiner katholischen Majestät
darüber abfassender Resolution dependiren thut, ich für mich auch
diesfalls nichts disponiren könne, E. E. jedoch anbei versichernd, dass,
wann ich hierinfalls zu Dero Avantage auf ein- und andere Weise
was contribuiren könne, ich Deroselben nicht entfallen werde als
E. E. etc.
382.
An den GWM. Freiherrn von Martini. Im Juli 1708 ').
Was mir der Herr General-Wachtmeister und Obrist-Kriegscom-
missarius in Seinem vom 20. passato, betreffend die Proviantirung über
das Gebirg, anerinnern wollen, solches habe ich aus gedachtem Dessen
Schreiben wohl vernommen, worgegen ich aber Demselben in Antwort
nichts weiters melden wollen, als dass, weilen inzwischen diese Sache
in seine vollkommene Verlässlichkeit schon muss gebracht, auch in
Erwägung der schon so weit avancirten Zeit der Anfang damit
gemacht worden sein, ich nicht zweifeln wolle, der Herr General-
Wachtmeister und Obrist-Kriegscomraissarius wird hiebei dasjenige ob-
servirt haben, was zu Kaisers Dienst und dessen Aerario zum besten
gedeihen mag, gleich es auch des Herrn General- Wachtmeisters und
Obrist-Kriegscommissari aufhabende Pflicht mit sich bringen thut.
Wegen der Tragthiere aber sonsten hat es sein gutes Bewenden.
Weiters dient mir auch zur guten Nachricht, auf was für einen
Fuss die wälschen Contributionen errichtet worden, occasione deren
ich auch gegen dem nichts einzuwenden habe, wann der kaiserliche
Hof die 4500 von Lucca und was noch von anderen kleinen Feudis
zu erhalten, zur Subsistenz des Herrn Marquis P r i e Excellenz gewidmet
hat; in Betreffung aber der Ersetzung des Ueberrestes auf die anti-
cipirten 100.000 Doppien, da habe ich dem Herrn General-Wacht-
meister und Obrist-Kriegscommissario bereits vorigermalen positive
geschrieben, was diesfalls zu thun sei, auf welches mich berufend ver-
bleibe etc.
•) Krieg8-A., Italien 1780; Fase. XII. 20.
407
ISraohttrag-.
383.
An den kaiserlichen Gesandten im Haag-, Freiherrn von Heems.
Feldlag-er vor Lille, 3. October 1708 ').
Deroselben ist vorhin bekannt, was sich durch einen sicheren
Urief mit mir für Casus ereis^net habe. Wann mir nun hierüber die
in dem Original- Anschluss enthaltene Nachricht '^l /ukommen, so habe
ich sie Deroselben hierait übersenden und zugleich das Couvert
anschliessen wollen, unter welchem mir das vermeinte Gift zugesendet
worden , damit Sie dem argwohnenden Thäter nachforschen und,
was sousten hierinfalls etwa zu thun, sehen wollen. Womit etc.
') Kriegs-A., Römisches Reich 1708; Fase. X. 5.
*) In den Acten nicht vorlianclen.
^^amcii-Register
„Militärischen Correspondenz des Prinzen Eugen von Savoyen"
IT'OS.
A.
Ackinheait, siehe Aikenbeafl.
Administration, kaiseil., iu Bayeiu, 19,
32, 120, 125.
Aikenhead (Ackiuheait), 324.
Alexander, Prinz, siehe Württemberg.
Ali, Pascha, Gross-Vezier, 251, 355.
Ali, Pascha von Temesvär, 355.
Anhalt-Dessau, Leopold I., Fürst von, 17.
Anna, Königin von England, 66, 66, 67,
68, 69, 69, 69, 69, 79, 232.
Anspach, AVilhelm Friedrich Markgraf,
315, 343, 344.
Anton Ulrich, Herzog, siehe IJrauu-
scliweig- W( dffeubüttel.
Archinto, Cardinal, 26.
Armstrong, englischer Hauptmann, 137.
Auersperg, Wolf Georg Graf, kaiserl.
Obrist, 149.
August II. (Friedrich), Churfürst von
Sachsen, Ex-König von Polen, 50, 78,
206, 210, 219, 257, 263, 263, 263, 264,
345.
B.
Bartels (Bärthel), Johann Heinrich Frei-
herr, kaiserl. Obrist, 163, 185, 286, 339,
377.
Batte, Heinrich von, kaiserl. GWM., 147.
Bayern, siehe Administration.
Bayern, Max Emanuel, Ex-Churfürst von,
113, 126, 146, 355, 372.
Feldzüge des Priuzeu Eugen v. Savoyeu. II. Ser
Beckhers, Joliaun Stephan Freiherr,
kaiserl. Obrist, 235.
Belchs, siehe Dilks.
Bercsenyi, Nikolaus Graf, Truppen-
l'ührer der uugarisclien Conföderation,
318, 318.
Berneck, kaiserl. Artillerie-Haui)tiiiaiui,
149.
Bernstorff, von, liannover'scher General-
Major, 156.
Berwick, .Jacob Herzog von, Marschall
von Frankreich, 113, 187, 190, 191,
191, 197.
Berzetti, Cesare Conte, kaiserl. GWM.
und Artillerie-Obrist, 164.
Bettendorf, Philipp Ludwig Freiherr,
kaiserl. Obristlieutenant, 395, 395.
Bevern, siehe Braunsclnveig-Wolffen-
Ijüttel-Bevern.
Bezeredy, Emerich, Truppenführer der
ungarischen Conföderation, 239, 239.
Bighi, Haferlieferant, 29, 29, 29.
Bodar, kaiserl. Lieutenant, 315.
Bonneval, Alexander Graf, kaiserl. GWM.,
169, 171, 241.
Börner, Christoph Freiherr, kaiserl.
FZM., 83, 110.
Bottyän, Johann, Truppenführer der
ungarischen Conföderation, 242.
Bouffiers (Bouflers), Ludwig Franz
Herzog von, Marschall von Frankreich.
185, 185, 191, 225, 243.
•ie, I. Band. Xameu-Rcgister. 1
Boussee, Freiherr, Obrist des schwäb.
Kreises, 14i>, 198.
Braunschweig - Lüneburg (Hauuover),
Georg Ludwig Cliurfürst vuu, siehe
Hannover.
Braunschweig-Wolflfenbüttel-Bevern,
Ferdiuaud Albert Prinz von, 1G5, 2ü9,
•212, 238.
Braunschweig - Wolffenbüttel, Anton
riricli Herzog- von. 12, 35ü.
Braunstorff, siehe Prauustorff.
Brentano, Giuseppe, Haupt-Cassier, 19,
27, 103, 142.
Brenner, Ferdinand Graf, kaiserl. GWM.,
•Jb^, 2b0, 288, 295, 298, 302.
Brenner, Max Ludwig Graf, kaiserl.
FZM., dann Feldmarschall, 5, 6, 148,
354.
Brenner, S( yfried Graf, kaiserl. GWM., 94.
Brockhausen, Wilhelm von, kaiserl. Feld-
kriegs-Concipist, 250, 375.
Broun, siehe Browne.
Browne (Broun) de Camus, Georg Freiherr,
kaiserl. Obrist, dann GWM., 99, 199,
200, 200, 249, 266, 375.
Bruckentlial, Georg Freiherr, kaiserl.
Obrist, 235, 239, 239, 251.
Bmgnati, Kaufmann, 31.
Brunsvic - Lunebourg, siehe Braun-
schweig-Lüneburg.
Buol, .Johann Anton Freiherr, graubünd.
Obrist im kais. Dienste, 248, 297, 328.
Burgund, Ludwig Herzog von, französ.
Generalissimus, 191, 191, 224.
Bürkly, Johann Heinrich von, kaiserl.
FML., 330.
Byng, Georg, englischer Admiral, 61, 192.
c.
Cadogan, englischer General-Major, 132,
1 IS, 153, 154, 154, 191, 197, 367, 386,
386, 387, 390, 390, 392, 395, 396.
Camus, siehe Browne.
Caraffa, Joannes Graf, kaiserl. FML.,
53, 56, 93.
Caravelli. fJraf, Senator, 292.
Carminati, Concipist iu Neapel, 235, 235.
Castelbarco, Joseph Baptist Graf,
kaiserl. Administrator zu Mantua, 46,
223. 307, 308, 308, 308, 309, 309, 310,
311, 313, 371.
Castelbarco, Joseph 8cipio Graf, kaiserl.
Gesandter iu Turin, 37, 203, 214, 222,
246, 296, 322, 323.
Cattenazzi, 17.
Chambaud, französischer Lieutenant, 40.
Chamillart, Michael von, franz. Kriegs-
Minister etc., 185, 185.
Charrier, Turineser Wechsler, 256, 256,
276, 280, 319.
Chetwynd, englischer Minister, 33, 181,
183, 183, 194.
Cifuentes, Ferdinand Sylva Graf, 34.
Clemens XL, Papst, 159, 359, 361, 363,
397.
Clemens Joseph, Churfürst, siehe Cöln.
Clerici, Giuseppe, 88.
Clerici, Giorgio Marchese, Mitglied der
^Mailänder Regierungs-Junta uud Chef
des dortigen Finanzwesens, 276, 369.
Collen, Ferdinand van, Generalstaateu-
Deputirter, 245.
Cöln, Clemens Joseph Churfürst von, 21.
Courcbetet, kaiserl. Olnistlieutenaut,
336.
Croissy, Chevalier de, französ. Trujiitcu-
Commaudant, 192.
Csäky, Georg Graf, kaiserl. Oliristlieu-
tenaut, 287, 376.
Cusani, Jacob Joseph Marquis, kaiserl.
G. d. C, 39, 94.
Czobor, Graf, kaiserl. General-Adjutant.
356, 357, 357, 360, .-361, 362, 364, 386.
D.
Dänemark, Friedrich IV., König von, 173.
Dänemark , Georg Prinz von , Genial
der Königin Anna von England, 380.
Darmstadt, siehe Hesseu-Darmstadt.
DArnan, siehe Dusaix.
Dann, Wirich Lorenz Graf, kaiserl. Feld-
marschall, 9, 31, 44, 53, 56, 60, 77,
85, 89, 91, 97, 100, 100, 103, 103,
106, 106, 130, 130, 146, 168, 169,
183, 204, 235, 240, 278, 278, 295,
296, 298, 299, 302, 308, 308, 310,
320, 320, 322, 326, 333, 348, 362,
.362, 364.
3
Dessewfly (Dossöffy), Steplmn von, kaisorl,
Ol.rist, 108, llß, '394.
Diemantstein, Graf, 109, 109.
Dietrich, kaiserl. Hauptmann, 147.
Dilks (IJolchsJ, englischer Contr(>-A(l-
miral, 10, o3.
Dominique, Jacob Ferdinand, kaiserl.
Ol.ristlioutenaut, 40, 40, 41, 271, 272.
Dopf (Dopff, auch Topf), holländischer
General-Lieutenant, 156, 168.
Dusaix d'Arnan, Hu1)ert Dominik Frei-
herr, kaüsorl. FML., 291, 392.
E.
.Ebergenyi, Ladislaus Baron, kaiserl.
(aVM., 94, 104.
Eberhard Ludwig, Herzog-, siehe Würt-
temberg.
Eckh, Georg Freilierr, kaiserl. Obrist,
249.
Eckh, Christian Graf, kaiserl. GWM.,
.36, 102.
Effern (Effereu), Graf, cliurpfälzischer
GWM., 13.
Eger, kaiserl. Hauptmann, 345.
Egg, sielie Eckh.
Elberthhausen, Prinz von, siehe Sachsen-
Hildburghauseu.
Elster, Albrecht Freiherr, kaiserl. General-
Quartiermeister, 38, 83.
Eltz, Freiherr, hannoverischer Minister
und geheimer Kath, 62, 174.
Emanuel, Prinz von Savoyen, 275.
England, Anna Königin von, siehe Anna.
Erbach, Graf, holländischer General-
Major, 185.
Estanhope, siehe Stanhope.
Este, Rainold von, Herzog, siehe Modena.
Esterhäzy, Paul Fürst, Palatinus Hun-
gariae, 236.
Eugen von Savoyen, Prinz, kaiserl.
General-Lieutenant und Hofkriegsraths-
Präsident, 22, 47, 47, 47, 50, 66, 70,
73, 81, 82, 82, 83, 83, 129, 152, 153,
153, 374.
F.
Fabrico, Pietra Santa Conte, 89.
Fagel, I'aron, holländischer General-Lieu-
tenant, 156.
Falkenstein, Franz Leopold Mar([uard
Freiherr, kaiserl. GWM., 405.
Fechenbaoh, Johann Reichard Freilierr,
wiirzburgischer GWM., 108, 115.
Fels, Karl Colonna Graf, kaiserl. FML.,
121, 123, 134, 137, 137, 148.
Fiesco, Urbano Conte, 174.
Fontana, General -Intendant, 143.
Förster, kaiserl. Rittmeister, 201.
Frey, kaiserl. Fähnrich, 40, 41.
Friedrich, Erbprinz, siehe Hessen-Cassel.
Friedrich, Herzog vonSachsen-Gotha, 12.
Friedrich L, König, siehe Prenssen.
Friedrich IV., König, siehe Dänemark.
Friedrich Wilhelm, Prinz, siehe Hol-
stein.
Fritz, kaiserl. Kriegs-Commis.sär, 25, 31, 92.
Frizi, Jude, 46.
Fugger, Eustachius Maria Graf, kaiserl.
FML. 203.
G.
Gallas, Johann Wenzel Graf, kaiserl.
Gesandter in London, 13, 13, 15, 63,
63, 78, 80, 139, 160, 175, 180, 186,
192, 207, 207, 207, 209, 217, 218,
220, 230, 232, 253, 257, 257, 262,
267, 297, 311, 337, 349, 850, 366,
373, 374, 379, 379, 379, 386.
Gallovay, siehe Gahvay.
G-alway (Gallovaj'), Rouvigny, Earl of,
englischer Gesandter und comman-
dirender General des britischen Con-
tingents in Portugal, 80.
Gamba, Baron, 103, 103, 142, 194.
Gayer (Geyer), Ferdinand Leopidd Frei-
herr, kaiserl. 01)ristTieutenant, 200.
Gelder Malsen (Geldermalsen), M., Ge-
neralstaaten-Deputirter, 245.
Georg, Prinz, siehe Dänemark.
Georg Ludwig, Clmrf,, siehe Hannover.
Ghillänyi, Johann Baron, Parteigänger,
227.
Gibbon, von, kaiserl. Hauptmann, 313.
Giraud, Clievalier de, französ. Oliorst
und Commandant zu Bethune, 275.
Godolphin, 8iduey, Enrl of, Loi-dschatz-
meister von England, 177, 207, 212,
218.
Gombos, Emerich von, kaiserl. FML , 94.
1*
Gondrecourt, Adam (Iraf, kaisorl. Obrist,
3(5.
Görtz, Freiherr, liainiover'sclior Minister
und Kamnier-Präsidoiit, 11"), 115, 115,
1-27, 1-28.
Goslingen (Gosliiijra), G. vau, General-
staateii-Dejnitirter, 245.
Graven, Ferdinand von, kaiserl. GWM.,
300.
Grimaldi, Marcheso (Duc-a Telcsa), ehe-
malicrer kaiserl. Obristlieutenant , 57.
Grimani, Cardinal nnd Vice-König von
Xeai^el, 56, 103, 106, 216, 217, 226,
234. 241, 265, 323.
Gronsfeld, Johann Franz Graf, kaiserl.
Feldmarschall und innerösterreichischer
Hofkriegsraths-Präsident, 199, 210, 211,
238, 328.
Gross-Vezier, siehe Ali Pascha.
Grumbkow, königl. preiissischer Obrist
und Brigadier, Commissär im ver-
bündeten Hauptquartier, 316.
Gschwlnd, Martin Johann Freiherr von
Pöckstein, kaiserl. FZM., 213.
Guastalla (Vincenzo Gouzaga), Herzog
von, 256, 307, 311.
Güklll Villi Weiubruch, kaiserl. Obrist, 99.
Guttenstein, Wenzel Hroznata Graf,
kaiserl. FZM., 400.
Gyulai, Franz Graf, kaiserl. Oljrist, 273,
273, 273, 313, 376.
H.
Hamilton, Andre Graf, königl. span.
Oberst, 34, 42, 105.
Hannover, Georg Ludwig Churfürst von,
20, 21, 50, 61, 62, 63, 70, 72, 73, 75,
76, 80, 81, 82, 112, 113, 113, 114, 119,
122, 126, 132, 141, 145, 149, 158, 165,
174, 195, 198, 237, 244, 244, 245, 246,
249, 265, 287, 296, 328, 329, 332, 333,
364, 372.
Hanstein, .Jnliann Rcinliard von, kai.serl.
Obrist, 394.
Harrach, Joseph Philipp Graf, kaiserl.
GWxM., dann FML,, 98, 200, 288, 301,
:i20, :j47.
Harrenbroul (IJossnm d'Ardenbroeck?),
Generalstaaten-Deputirter, 245.
Harrucker, Johann Georg von, kaiserl.
Proviant - Obristlieutenant , 353, 356,
387.
Harsch (recte llarrsch), Ferdinand
Amadoc. Graf, kaiserl. FML., 83.
Hartleben, Philipp Michaol von, kai.serl.
GWM., ^»4.
Hauben, Julmim Friedrich Hartmann
Frciliorr, kaiserl. Obrist, 116, 394.
Heems, Arnold Freiherr, kaiserl. Ge-
sandter im Haag, 63, 64, 64, 64, 65,
166, 172, 175, 180, 182, 186, 217, 257,
264, 269, 288, 407, Schwieger- (Stief-)
Solm, 325.
Heimhausen, Graf, 42, 43.
Heindl, Johann Franz Freiherr, Graf zu
Sonnberg, kaiserl. Obrist, dann GWM.,
146, 146, 216.
Heinsius, Rathspensiouär von Holland,
64, G4, 66, 270, 305. .._
Heister, Siegbert Graf, kaiseri. Foldmar-
schall, 5, 94, 94, 95, 96, 104, 104, 105;-
196, 196, 211, 239, 251, 255, 256, 277,
316, 318, 337, 354, 401, 401.
Herberstein, Ernst Gundacker Graf,
kaiserl. Obrist, 181, 222, 236.
Herberstein, Leopold Graf, kaiserl. Feld-
marschall und Hofkriegsraths-Vice-Prä-
sident, 22, 210, 227, 238, 315, 400.
Herbeville, Ludwig Graf, kaiserl. Feld-
marscliall, 101, 159.
Hessen-Cassel, Karl Landgraf zu, 123,
134, 184.
Hessen-Cassel, Friedrich Erbprinz von,
82, 114, 122, 134, 137, 148, 148, 165.
Hessen-Darmstadt, Philipp Prinz von,
kaiserl. Feldmarschall, 100, 103, 103,
106, 210, 237, 323.
Hildburghausen, siehe Sachsen-Hild-
liurgliaiiscn.
Hilpertshausen, siehe Sachseu-lliblburg-
haiiscn.
Hildesheim, Dom-Capitel zu, 284, 332,
335, 335, 352, 398.
Hofkriegsrath, 110, 129, 143, 148, 158,
180, 1S9, 198, 209, 226, 232, 246, 248,
264, 270, 286, 294, 299, 314, 336, 338,
343, 346, 360, 365, 372, 384, 391, 393.
Hogan, kaiserl. llauj)tuiann, 394.
Hohendorf (Hocliondorff), Gcor;^ ■Wilhelm
FroiliPi-r , kaiserl. General - Adjutant,
132, 133, 136, 145, ir)l, ir.i, 152, 15S,
190, 198.
Hohenfeld, Otto Heiuricii Graf, kaiserl.
llniiptmanii, 2o7, 237.
Holstein (-Beck), Friedrich Wilhelm
Prinz, kaiserl. Obrist, 108, 116, 351.
Hope, Goneralstaaten-Depntii-ter, 66.
Hurter, kaiserl. Hauptmann, 40, 41.
I.
Ibrahim, Pascha, 318.
Ilperthausen, siehe Sachsen-Hildljuri;--
hausen.
J.
Janeburg, kaiserl. Administrations-Can-
cellist, 334.
Jentis, kaiserl. Obristlieuteuant, 300.
Johann V., König, siehe Portugal.
Johann Wilhelm, Churfürst, siehe Pfalz.
Joseph I., römischer Kaiser, 5, 6, 8, 19,
■JO, 35, 57, 59, 61, 63, 65, 69, 93, 97,
107, 107, 112, 117, 120, 125, 127, 144,
147, 149, 151, 152, 165, 167, 171, 174,
175, 184, 187, 189, 190, 197, 207, 209,
211, 215, 218, 219, 224, 224, 230, 232,
243, 248, 253, 259, 263, 264, 270, 281,
285, 285, 293, 298, 303, 304, 305, 306,
307, 313, 326, 329, 332, 338, 366, 368,
340, 342, 355, 357, 361, 365, 370, 370,
383, 387, 388, 396, 398.
K.
Kaiser, siehe Joseph I.
Karl, Landgraf, siehe Hessen-Cassel.
Karl III., König von Spanien, 15, 34,
52, 59, 78, 105, 138, 157, 165, 180,
20S, 289 .304, 309.
Karl IV., von Nevers (Gonzagaj, Herzog,
siehe Mantua.
Karl V., Kaiser, 371.
Karl Xn., König von Schweden, 54.
Karl Philipp, Pfalzgraf bei Rhein, Gu-
bernatiir in Tyrol, 2.54.
Kärolyi, Alexander Graf, Truppenführer
im Heere der ungar. Conföderatiou, 250.
Kannitz, Franz Karl Graf, 214, 323.
Kinsky, Graf, 215.
Kohäry, Stcj.han (Jraf, kaiserl. FJNIL.. 94.
Kollonits, Adam (Jraf, kaiserl. FML., 294.
Königsegg, Lothar Joseph Dcnninik
Graf, kaiserl. GVVM., dann FML., 28,
111, 170, 203, 204, 222, 230, 233, 252,
258, 267, 286, 294, 313, 324, 334, 336,
403.
Kornthal, von, kaiserl. Hauptmann, 308,
310, 310, 311, 311.
Kössel, Baron, 304.
Kraus, Andreas, Heizer, 347.
Kriechhaum, Georg Friedrich Freiherr,
kaiserl. FML., 32, 39, 46, 89, 201, 217,
240, 249, 249, 250, 251, 393, 402.
Lamberg, Franz Anton Graf, kaiserl.
Obrist, 227, 229.
Lamberg, Franz Signnuid Graf, kaiserl.
GWM., Hofkrieg.srath, 11, 254, 266.
Lamberg, Johann Philipp Graf, Cardinal,
113, 116, 116, 125, 152, 215.
Lamothe , Graf, französischer General-
Lieutenant, 279.
Lancken, Philipp Ernst von der, kaiserl.
GWM.. 94.
Langetl, Johann Michael von, kaiserl.
Feldkriegs-Commissarius, 119.
Lapazeck, Leonhard Alexander Freiherr,
kaiserl. GWM., 286.
Latour (und Taxis) , Lamarold Graf,
kaiserl. G. d. C, 43.
Lattermann, Georg Ludwig, kaiserl.
Obrist, 129, 236.
Leake, J(diann, englischer Admiral, 44,
48, 56, 69, 69, 79, 170, 176, 253.
Lecheraine (Lescheraine), Graf, pfäl-
zischer Gesandter, 78,
Leithmann, Mathias, kaiserl. Obrist,
222, 227, 236, 236, 239.
Leopold I., Fürst, siehe Anhalt-Dessau.
L'Esveque, 326.
Leyen, Freiherr von der, churmain-
zischer FML., 254, 266, 376.
Lidl von Schwanau, Matthäus, kaiserl.
Hof- und Feld- Kriegs -Secretär, 324,
336.
Liechtenstein, Anton Florian Fürst,
Obersthofuieister Karl III.; 161, 274,289.
6
Lippe, kaiserl. Obristw.ichtmeister, 200.
Livingstein, Alaim Oraf, kaiserl. 01)rist,
170.
Lobkowitz, .losepli Fürst, kaiserl. Obrist,
•laini GWSL, S2, 83.
Locatelli, Antonio Conte, kaiserl. Obrist,
•JOl.
Locher von Liudonheim, Karl, kaiserl.
Hufkriegsralh, 202, 216, 2-4-i. 2.51, 277,
347.
Löflfelliolz , (ii'or«;- AVillielni Freiherr,
kaiserl. FML.. 94.
Lothar, Franz Chiirfiirst, siebe Mainz.
Lothum frielitig: Lottnm), Graf, preiissi-
scber FZM., 156, l.öG.
Löwenburg, Friedrieb Graf, kaiserl.
FML,, 94.
Löwenstein , Maximilian Karl Graf,
kaist-rl. Aduiinistrator in Bayern, 315.
Liabomirski, Theodor Fürst, 401.
M.
MaflFei, Graf, herzoglich savoyischer Ge-
sandter, 206, 293.
Magni, Benedetto, 194, 280.
Mainz, Lothar Franz Chnrfürst von, 20,
72, 7.5, 109 112, 113, 113, 115, 115,
119, 136, 184. 254, 267, 383.
Mantna (Karl IV. von Nevers), letzter
Herzog von — imd Montferrat, 203.
Maria Anna, Königin, siehe Portugal.
Märkhl, Andrä, Thürbüter, 347.
Marlborough, Herzog von, Fürst von
Mindelheim, 49, 50, 56, 59, 62, 64, 64,
64, 64, 65, 65, 65, 65, 66, 66, 67, 67,
67, 69, 70, 72, 78, 78, 78, 80, 81, 82,
84, 114, 114, 117, 117, 118, 121, 124,
127, 128, 128, 129, 132, 132, 134, 136,
139, 140, 141, 141, 141, 144, 145, 145,
146, 148, 150, 153, 157, 167, 171, 172,
175, 175, 177, 177, 177, 177, 178, 178,
179, 179, 180, 180, 180, 182, 182, 185,
185, 186, 187, 187, 188, 189, 190, 191,
191, 191, 193, 197, 197, 205, 207, 207,
208, 208, 210, 211, 212, 212, 217, 218,
218, 218, 219, 220, 220, 220, 220, 220,
220, 221, 224, 225, 226, 226, 230, 231,
232, 232, 2.53, 253. 257, 259, 260, 260,
262, 263, 263, 264, 267, 285, 289, 290,
291, 291, 291, 299, 299, 299, 305, 305,
306, 307, 312, 312, 321, 323, 324, 326,
326, 332, 335, 337, 339, 339, 349, 352,
356, 357, 358, 361, 366, 366, 367, 368,
373, 374, 378, 379, 379, 380, 380, 381,
381, 382, 382, 386, 387, 388, 388, 389,
390, 395, 396, 396, 396, 397, 398.
Martini, .Johann Georg, Freiherr von
Martinsberg, kaiserl. GAVM. und Übrist-
Kriegs-Commissär, 9, 9, 16, 25, 26, 26,
26, 45, 57, 87, 87, 88, 99, 100, 103,
111, 142, 181, 183, 183, 193, 223, 240,
241, 255, 276, 280, 287, 300, 313, 318,
319. 3-21, 321, 341, 365, 368, 404,404, 406.
Martinitz, Georg Adam Graf, ehemaliger
kaiserl. Botschafter, 269.
Maurice, siehe Moriz, Prinz von Savoyen.
MaxEmanuel,Ex-Chnrfürst, siehe Bayern.
Mayer, Agent, 278.
Menageot, Stabs-Chirurgus, 158.
Mendosio, Abbate, 99.
Meroy, Claudius Florimuud Graf, kaiserl.
FML., 82, 83, 202.
Messner, Wechsler, 17, 27, 142.
Modena (Rainold von Este), Herzog von, 87.
Mohr, kaiserl. Proviaut-Admodiator, 164,
164.
Moles, Francesco Duca de, kaiserl. Bot-
schafter in Barcelona, 36, 178, 262.
Molinari, Carlo Borromeo, kaiserl. Resi-
dent in Genua, 34, 37.
Montecuccoli, Hercules Graf, kaiserl.
GWM., 94,
Montecuccoli, Fürstin, 169.
Moriz, Prinz von Savoyen, 303, 304, 305.
N.
Nädasdy, Franz Graf, kaiserl. FML. 94,
227.
Nassau -Weilburg, .Johann Ernst Graf,
kaiserl. und pfälzischer Feldmarschall,
109, 109, 114, 118, 124, 124, 125,
125, 126, 126, 128, 133, 133, 136, 144,
145, 162, 212, 221, 221, 368, 389, 389,
392, 392, 392, 393, 405.
Nehem , Dietrich Heinrich Freiherr,
kaiserl. FZM., .58, 94.
Nesselrode, Hermann Franz Graf,
kaiserl. Obri.st, 107.
Neuburg, Prinz Karl von, 229.
Nicolotti, kaiserl. 01)er-Qiiartiermeistcr,
yi, 242.
Noyelles, Graf, liullüuil. Fclduuirseliall,
Gl.
O.
Obizzi, Ferdiuanil Marchcse dej^li, kai.->erl.
Felduiarschall imtl Obrist-Laud- und
Haus-Zeugraeister, 6.
O'Calaham, Ilauptnumn, 31.
Ocskay, Ladislans, TruppentÜhrer der
unirarischen Confödcratiou, 239.
ODwyer, Johann Josepli Autou Graf,
kaiserl. Obrist, 206.
Oettingen, Wolfgang Graf, Keichs-Hof-
ratlis-Präsideut, 22.
P.
Palatinus Hungariae, sielie Paul Fürst
Estorliazy.
PälflFy, Johann Graf, Banu.s von Croatieu,
kaiserl. G. d. C, 11, 94, 104, 200, 213,
242, 279, 354.
Palmes, engl. Brigadier, dann General
nnd (iesandter, 86, 306, 319.
Pancalier, Johann Anton Prie-Turiuetti,
Marqnis de (Sohn des Marquis Prie),
kaiserl, General-Adjutant, 286, 286, 293.
Paumeister, Adam, 347.
Peroni, kaiserl. Ingenieur-Obrist, 102.
Persuini, 91.
Peswald, Schnltheiss, 16.
Pfalz, Johann Wilhelm Cliurfürst von der,
21, 50, 75, 80, 108, 113, 116, 118, 121,
123, 125, 131, 136, 144, 212, 237, 304,
359, 368, 389, 390, 392, 399.
Pfalzgraf bei Rhein, siehe Karl Philipp.
Philipp, Prinz, siehe Hessen-Darmstadt.
Pilliers, de, Theodor Franz Graf, kaiserl,
Obristlieutenant, 158, 265.
Plischau, Engelhard von, kaiserl. Obrist,
dann GWM., 161, 165, 200, 209, 212,
228, 313, 315, 3.39.
Plouta, 248.
Polagnos, Coute, Senator, 91, 341.
Portugal, Johann V., König von, 176.
Portugal, Maria Anna, Erzherzogin v.
Oesterreich, Königin von, 311.
Pozzo, Marcdiese dol, königl. spanisidier
Gubernator in Sablnoneta, 309, 310,
311.
Praunstorff (Brauusturtl'j, kaiserl. Obrist,
217, 222, 226.
Preussen, (Friedrich I.) König von, 48,
72, 75, 129, 306, 367.
Prie, Heracles Marquis, kaiserl. Goncral-
Comuiissär und Plenipoteutiär zu Koiu,
87, 89, 100, 194, 214, 221, 253, 257,
2>^r>, 292, 292, 323, 342, 371, 406.
Proune, sielie Browne.
Quiros, Don Franciseo Bernardo de,
Bevollmächtigter Karl III. in den Nieder-
landen, 13, 14, 173, 217, 217, 324.
R.
Rabutin, Johann Ludwig Graf, kaiserl.
Feldmarschall, 93, 101, 106, 278, 363.
Rabutin, Amadeus Graf, kaiserl. General-
Adjutant, 383, 385.
Rainold von Este, Herzog, siehe Modena.
Rappach, Karl Ernst von, kaiserl.
FML. und Präsident der Zeugs-Com-
missiou, 6.
Rechkron, von, Hof- Kriegs - Secretär,
314.
Rechteren, Graf, Generalstaaten-Üepu-
tirter, 66, 7.5, 81, 81, 82, 82, 83, 83,
128, 134, 137, 157, 245.
Renaud, kaiserl. Obristlieutenant, 199,
236.
Rhebinder, Bernhard Otto von, herzog-
lich savoyischer FML. 14.
Richter, Johann, 347.
Ricita, Principessa della, 147.
Ritterschaft, schwäbische, 164.
Rivarolo, Abbate, 214.
Rivers, Lord, englischer General, 64, (57.
Roccavione, Karl Ludwig Birago Graf,
kaiserl. FML., 205, 295.
Romeo, Don Juan Antonio , Minister
Karl III. 34.
Rosenthal, v..n, 193.
Rossum d'Ardenbroeck, siehe Ilarren-
br.ml.
8
Rost, Cliiistian, Haiiquier in Fiaiikfuit,
:)39, 339, 310, UO, 380, 387.
Rovero, Maria Graf, kaiserl. Obristlieii-
tciiaiit, 8, 9, 25, 31.
Sachsen, ClmrtÜrst von, siehe August.
Sachsen-Gotlia, Herzog:, siehe Friedrieh.
Sachsen - Hildburghausen (HiljK'rts-
lianseii), Ernst llerznp- zu, 403, 37G.
Sachsen - Hildburghausen (Elberth-
hauseu, Hilpertshausen), Priuz vou, 112,
130, 198, 235, 265.
Sachsen-Hilpertshausen, Herzog, siehe
Sai-hsen-llil(lhurp;liauseii.
Sachsen-Weimar-Eisenach, 72.
Sachsen -Zeitz, Cardiual von, Primas
Koo-iii, 112.
Saint- Amour, Johann Peter vou, kaiserl,
Obrist, 227.
Salm, Karl Theodor Otto Fürst, Feld-
uiarsfhall und Obristhofmeister Kaiser
Joseph I., 22.
Salzer, Johann Melchior, Freiherr von
Kosenstein, kaiserl. GWM., 94, 270,
272.
Saint-Martin, Hubert de, kaiserl. Miueur-
( )bristlieutenant, 223.
Savioni, 98, 200.
Savoyen, Victor Aniadeus Herzog, 3ü,
45, 48, 50, 54, 168, 192, 247, 299, 305,
310. 323, 325, 384.
Schellard, Graf, chnrpfälzischer General,
13, 85.
Scherzer, Albert Franz Freiherr, kaiserl.
GWM., 222, 227.
Schlangerlandt, von, (36.
Schlik, L<M,p<dd Graf, kaiserl. G. d. C.
und General- Kriegs -Commissär, 221,
227, 264, 281, 282, 284, 335, 339, 340,
350, 358, 366, 370, 372, 385, 390, 391,
392, 394, 396, 398.
Schönborn, Friedricli Karl firaf, Keichs-
Vifc-Kanzler, 22.
Schulenburg, Lewin Fiiedri^h Freiherr
von der, herzogl. aavoy'scher GWM., 293,
299. 299, 302, 302, 302, 305, 323, 325.
Schweidler, kaiserl. Lieutenant, 314.
Schwertfeger, .Matliiä, 347.
Seckendorff, Friedrich Heinrich von,
markgrällich anspach'scher Ubrist, 344,
345, 347, 361, 376.
Seidlitz, Christoph Heinrich von, kaiserl.
Obristlieutenant, 147.
Seillern (richtig Seilern), Joh. Friedrich
Freiherr, kaiserl. Hofkanzler, 22.
Sickingen , Johann Damian Pliilipp
Freilierr, kaiserl. GWM., 94.
Sierstorflf, von, 387.
Simonetti, kaiserl, Kriegs -Conunissarius,
120.
Sinzendorf, Ferdinand Graf, kaiserl.
Obrist-Wachtmeister, 104.
Sluga, Commissarins im Heere der un-
garischen Conföderatiou, 11.
Solares, Don Andrea Emanuele, Marchese
de Campo, 248, 262, 274, 289.
Spanien, König von, siehe Karl III.
Spiegel (Spigl), Graf, hessischer General,
116, 134, 134, 137, 137.
Stair, Lord, englischer General-Lieute-
naut, 187.
Stanhope, Jacob von, englischer General-
Mniorund Bevollmächtigter in Spanien,
10, 47, 64, 67, 77, 78, 79, 80, 80, 80,
84, 139, 167, 177, 193, 205, 206, 220,
226, 226, 262, 274, 289.
Starhemberg, Gräfin, 98.
Starhemberg, Guido Graf, kaiserl. Feld-
mar.schall, 15, 35, 35, 36, 36, 36, 36,
37, 37, 37, 37, 37, 37, 44, 51, 53, 56,
64, 68, 69, 102, 105, 143, 174, 178,
178, 179, 179, 179, 193, 198 205, 266,
280, 312, 331, 349, 375, 378, 382.
Starhemberg, Gundacker Thomas Graf,
1 [i it'k;i uiMier-Präsideut, 356.
Starhemberg, ]Max Graf, kaiserl. FML.,
94.
Starhemberg, üttokar Graf, kaiserl.
Obrislieutenant, 252.
Startoghe, Agent des Königs von Däne-
iiiarlv, 2.J8.
SteinlöfFel, Franz Anton, kaiserl. Obrist-
lieutcniant, 249, 375.
Stein ville, Stephan Graf, kaiserl. FML.,
94.
Stubenberg, Cliristiau Graf, kaiserl.
llauptiiiauu, 314.
Styllen, vou, preussischer Gentral-Major,
17, 8S.
Suhajda, kaisorl. ()l)rist-Waclitmeister,
dann (H.iistlieuteuaiit, 273, 273, 313, 347.
Szekely, kaiserl. Obrist - Waclitmeister,
273, 347.
T.
Talman (Tallman), Micliael von, kaiserl.
Resident in Constautiuopel, 57, .58, 355.
Tarini, Ie:uaz Victor Graf, savoy'sclier
Gesandter in Wien, 275.
Tattenbach, Philipp Rudolf Graf, kaiserl.
nnd königl. spanischer GWM., 267.
Tavonat, Freiherr, kaiserl. Administrator
zu Mantua, 111, 111.
Telesa, Duca, siehe Grimaldi.
Tesse, Rene de Froulai Graf, Marschall
von Frankreich, 323.
Thiell (richtig Tiell). Johann vou, kaiserl.
Hofkriegsrath, 196, 221, 239, 250, 255,
277. 317, 336, 354, 401.
Thüngen, Hans Karl Freiherr (Ende
1708 Reichsgraf), kaiserl. Feldmarschall,
40, 49, 82, 83, 83, 83, 112, 118, 223,
351, 372, 385, 399.
Thürheim, Franz Sebastian Graf, kaiserl.
FML., dann FZM., 20, 22, 252, 277.
Tige, Johann Karl de, kaiserl. GWM., 240.
Tillier, Johann Franz Chevalier, kaiserl.
Obristlieutenant, 40, 41.
Tilly, Claudius Tserclaes Graf, hollän-
discher G. d. C, 175.
Tököly (-Popovics), Johann, kaiserl. Obrist
und Commaiidant der raizischen Miliz,
217, 222, 227, 249.
Toldo, Bartholomäus Beda vou, kaiserl.
GWM., 216.
Tollet, Anton Aegidius Freiherr, kaiserl.
GWM., 94, 107.
Tolvay, Gabriel, königl. Palatin-Protono-
tarius, 318.
Topff, siehe Dopf.
Toralba, 107.
Traun, Otto Ehrenreich Graf vou Abens-
perg und — , uiederösterr. Landmar-
schall. 104.
Trauttmansdorff, Franz Ehrenreich Graf,
kaiserl. Gesandter bei der Schweizer
Eidgenossenschaft, 16, 32, 40, 159, 162.
187, 195, 276.
Trier, Johann Hugo von Orsbeck, Chur-
fürst von, 109, 113.
Truchsesa von Wetzhausen, Veit Hein-
ricli, kai.seri. FML., dann G. d. C ,
111.
Tursis, Herzog von, Cominandant Jjour-
lii'uischor Kriegsschiffe, 97.
Tyrol, Gubernator in, siehe Karl Pliilipii,
Pfalzgraf bei IJhein.
U.
Urbicll, Johann Christopli , russischer
Minister und Plenipotentiär zu Wien,
218, 219.
Urli, kaiserl. Obrist-Waclitmeister, 31.
Vailler, 298.
Van der Linden ^Vendrelinde), 326, 326,
326.
Van Prossele, Adrian, Generalstaaten-
Deputirl^r, 245.
Van Roatem, Tyt., Generalstaaten-Dei)U-
tirt.-r, 245.
Varenbühler, kaist-rl. Haui)tmanu, 201.
Vaubonne, .luseph Marquis, kaiserl. FML.,
92, 405.
Vehlen, Otto Graf, kaiserl. Oltrist, GO,
60, 78.
Vendöme, Ludwig Herzog von, Marsdiall
von Frankreich, 187, 1^0, 197, 326.
Vendrelinde, siehe Van der Linden.
Veterani, Julius Graf, kaiserl. GWM., 94.
Viard, de, kaiserl. GWM., 94.
Villara, Ludwig Hector Herzog von,
Marschall von Frankreich, 293.
Viaconti, Hannil)al Marchese, kaiserl.
G. d. C, 8, 25, 30, .37, 43, 46, 51, 84,
88, 91, 98, 99, 102, 106, 129, 130, 130,
168, 321, 404.
Viaconti, Don Giulio Conte, königl.
si)auischer Commissär, 292.
Viaconti, Piere Marchese, Gros.s-Kanzler
von Mailand, 327.
Vodropp, kaiserl. Hauptmann, 25, 31.
Volkershoffen, siehe Wolkershoffen.
Feldziige des Prinzen Eugen v. .Savoyen. II. Serie, I llaii'l. Xiiiaen-Rei^ister.
10
w.
Wachtendonk, 15ertrani Anton Freilierr,
kaisorl. GWM., 158, "209, 212, 212, 272.
Wackerbarth, August Christoph Graf,
säclisischer Goneral -Lienteiiant, IGO,
2G3, 263, 2b8, 268.
Wanko, "Wenzel, kaiserl. Geiural-Krieos-
zahlamts-Cassier, 116.
Warttenberg, Graf, proussischer Ober-
Käiiiinerer, 1(^9, 109.
Weekkerst, von, preussischer Obrist,
306.
Weitersheim, Borthold Freilierr, kaiserl.
GWM,, 108.
Welvelde, Geueralstaaten-Deputirter, 245.
Wendt, de, Johann Adam, kaiserl. GWM.,
92, 94, 101, 182, 188, 334, 393, 403.
Wenser von und zu Freienthurm, Johann
Baptist, kaiserl. Gesandter in Grau-
bün.len, 247, 327.
Werschur (auch "Wersiers), von, hessiscdier
General-Major, 134
Weatermayer , Johann Georg, kaiserl.
Obrist- Wachtmeister, 144, 144.
Wetzel, Johann Adam P'reihfrr, kaiserl.
FML., 36, 36, 102.
Weyberg, Friedrich Freiherr, dänischer
Gesandter in Wien, 197, 258.
Wilhelm Friedrich, Markgraf, siehe
Anspacli.
Wolfenbüttel, Herzog von, sielie Brauu-
schwfio-Wolffeubüttel.
Wolkershoffen (auch Volkcr.shoffeu), pfäl-
zischer General, 40.').
Wratislaw, Johann AVenzel Graf, böh-
uiLsciier Hofkanzler, 20, 132, 133, 185,
275, 287.
Wurmbrand, Heinrich Casimir Graf,
kaiserl. General-Adjiitant, 249, 265.
Württemberg, Eberhard Ludwig, regie-
render Herzog, 71.
Württemberg, Alexander Prinz, kaiserl.
FML., dann FZM., 26, 100, 130.
Würzburg, Bischof zu, 181, 158, 316,
336, 367.
Z.
Zanardi, 111.
Zinzerling, Freiherr, Bevollmächtigter
Karl III. im Haag, 12, 348.
Zollern, Hermann Graf, kaiserl. FML.,
345.
Zöppel, von, Wiener Stadt-Guardi-Haupt-
maiiu, 315.
Zum Jungen, Johann Hieronymus Frei-
herr von und • — , kaiserl. GWM., dann
FML., 85, 85, 111.
0
(
D Austro-Hungarian Monarchy.
27^ Kriegsarchiv
E8A8 Peldzuge des prinzen
Bd. 10 Eugen von Savoyen
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