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Full text of "Festschrift Adolf Schwarz zum siebzigsten Geburtstage, 15 Juli 1916 gewidmet von Freunde und Schülern"

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FESTSCHEIFT 
ADOLF  SCHWAEZ 

ZUM 

SIEBZIGSTEN  GEBURTSTAGE 

15.    JULI    1916 

GEWIDMET  VON 

i^REUNDEN   UND   SCHÜLERN 


UNTER  MITWIRKUNG  VON 

V.  APTOWITZER 

HERAUSGEGEBEN  VON 

SAMUEL   KEAUSS 


BERLIN  UND  WIEN 
R.    LÖWIT   VERLAG 

1917 


BN 


Boehdruckerei  Carl  Fromme,   Ge».  m.  b.  H.,  Wien 


Inhaltsverzeichnis. 


Seite 
Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz 1 


* 


H  Redisch,   '  er  bit  hillani  und  seine  Verwendung  bei  den  salomonischen 

Bauten 13 

Z.  Karl,  Der  israelitische  Prophetismus 29 

H.  Torczyner,  Biblische  Miszellen ^^ 

Th.  Kroner,   Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Entweihung  Gottes  63 

J    Ziegler,  Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch 75 

J.  Bergmann,  Geschichte  und  Legende 89 

A    Freimann,    Die  hebräischen  Kommentare  zu  den  13  Middot  des  Rabbi 

Ismael 1^^ 

V.  Aptowitzer,   Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  für  die  agadische 

Auslegung  der  Heiligen  Schrift 121 

A.  Büchler,    Familienreinheit   und  Familienmakel  in  Jerusalem  vor  dem 

Jahre  70 133 

L,  Freund,  Über  Genealogien  und  Familienreinheit  in  biblischer  und  tal- 
mudischer Zeit 1^^ 

L.  Blau,  Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts 193 

S.  Rubin,   Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei  im  talmudischen  und  römischen 

Rechte 211 

A.  Abeles,  Alle  Israeliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen      ....  231 
S.  Gandz,  Kritische  Studien  über  das  Verhältnis  der  Misna  zu  den  anderen 

tannaitischen  Quellen 247 

M.  Steckelmacher,   Etwas   über  die  „leichten  und   schweren  Gebote"  in 

der  Halacha  und  Agada 259 

S.  Kr  au  SS,  S:ü.    Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel  in  geschicht- 
licher Beleuchtung 269 

F.  Perles,  Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch     .  293 

J.  Low,  Asphodelus      11 

J.  N.  Epstein,  Zur  Babylonisch-Aramäischen  Lexikographie 317 

L.  Ginzberg,  Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen 329 

J.  Theodor,   Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba  .  361 

S.  Klein,  Weinstock,  Feigenbaum  und  Sykomore  in  Palästina 389 

J.  Taglicht,  Die  Dattelpalme  in  Palästina ^03 


IV  Inhaltsverzeichnis. 

Seite 
L.  Venetianer,  Die  Beschlüsse  zu  Lydda  und  das  Apostelkonzil  zu  Jeru- 
salem          .    .  417 

S.  Funk,  Beiträge  zur  Geschichte  Persiens  zur  Zeit  der  Sasaniden  ....  426 
A.  Kaminka,  Die  Komposition  der  Scheeltoth  des  R.  Achai  und  die  Rhetorik 

in  den  babyl.  Hochschulen 437 

A.  Marmorstein,  Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gaonäischen  Halacha  455 

S.  Poznanski,  Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats 471 

M.  Rosenmann,  Das  Lehrhaus  des  Rabbi  Nissim  Gerundi  in  Barcelona  (|"n)  489 

M.  Brann,  Samson  Wertheimers  Rabbinats-Diplom  aus  Eisenstadt  ....  499 

D.  Simonsen,  Dänemark  und  die  Juden  in  Prag  1745 509 

M.  Schorr,  Die  Hauptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft 519 

D.  Feuchtwang,  Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet) 539 

B.  Bernstein,  Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges 557 

* 

Nachtrag  zu:  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz 570 

S.  Krauss,  Nachträgliche  Bemerkungen 571 


Hebräische  Abteilung. 

M.  Guttmann,  nio^na  mm 1 

Ch.  Tschernowitz,  msDinn '^yn  ^B»  liD^n -[nS 9 

H.  P.  Chajes,  ppco  n^DD^  ninjn •  .   .  19 

A.  Z.  Schwarz,  K^trsn  N"n  ■i"2  nniax  'i  mjK 23 

H.  Brody,  n"»-inD  'pDS 37 

J.  L.  Landau,  hD2)')p  jonj 'la  Dunao  »atp 47 


Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 


I.  Schriften  mit  Ausschluß  der  Predigten. 

1.  AVerke. 

Der  Jüdische  Kalender  historisch  und  astronomisch  unter- 
sucht. Eine  vom  jüdisch-theologischen  Seminar  gekrönte  Preis- 
schrift. Breslau  1872,  Schletter  (H.  Skutsch).  [8  +]   136  S. 

Die  Tosifta  des  Tractates  Sabbath  in  ihrem  Verhältnisse  zur 
Mischna  kritisch  untersucht.  (Nebentitel:  Die  Tosifta  der  Ordnung 
Moed  ...  I.  Teil:  Der  Tractat  Sabbath.)  Karlsruhe  1879,  A.  Biele- 
feld. VIII  +  143  S. 

Die  Tosifta  des  Tractates  Erubin  in  ihrem  Verhältnisse  zur 
Mischna  ki-itisch  untersucht.  Nebst  einem  Anhange:  Der  Tosifta- 
text  zu  den  Mischnajoth  der  Tractate  Sabbath  und  Erubin.  (Neben- 
titel: Die  Tosifta  der  Ordnung  Moed  .  .  .  IL  Teil:  Der  Tractat  Erubin. 
Der  Anhang  unter  dem  Titel:  rar  mnrcia'?  nririan  mc  "s"?  snscinn 
nmiDöi  nsnu'ü  i^nTi,  Karlsruhe  1882,  A.  Bielefeld.  [8  -}-]  120  -[-  40  S. 

]r^a-\  pbn  .nnx  jr:^  ni'S  nr  n-nicai  nrmrss  nr;ran  -nc  'zh  Nnacirn 
cy-iT  mc.  (Nebentitel:  Tosifta  juxta  mischnarum  ordinem  recomposita 
et  commentario  instructa.  Pars  I  Ordo  Seraim.)  Wilna  1890,  Komm. 
XXVI  +  431  S. 

Die  Controversen  der  Schammaiten  und  Hilleliten.  I.  Die 
Erleichterungen  der  Schammaiten  und  die  Erschwerungen  der 
Hilleliten.  Ein  Beitrag  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Halachah. 
Ausgegeben  am  15.  Oktober  1893,  dem  Eröffnungstage  der  Israel.- 
theol.  Lehranstalt  in  Wien.  Wien  1893,  Verlag  der  Lehranstalt. 
[4  -f-]  109  [i-  2]  S.  [Auch:  Karlsruhe  1893,  J.  Bielefeld.] 

Die  hermeneutische  Analogie  in  der  talmudischen  Litteratur. 
In:  IV.  Jahresbericht  der  Israelitisch-theologischen  Lehranstalt  in 
Wien.  Wien  1897,  Verlag  der  Lehranstalt.  S.  1  —  195.  [Selbständig 
erschienen:  Karlsruhe  1897,  J.  Bielefeld.] 

Festschrift.  1 

I 


2  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 

Hebräische  Übersetzung:  . . .  niri^nn  nnsD3  nmnnsnn  nn^in  ,nm'n  mt;in 
CD'iD  pna  n'iin  Npsnp  .snj'r  d'^  mirr  .nn  nu  DJiino.  Brief  des  Verfassers  an 
den  Übersetzer  S.  VII— VIII. 

Frankfurt  a.  M.  [1901],  Kauffmann.  [6  +]  81  S. 

Der  hermeneutische  Syllogismus  in  der  talmudischen  Litte- 
ratur.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Logik  im  Morgenlande. 
In:  VIII.  Jahresbericht  der  Israelitisch-theologischen  Lehranstalt 
in  Wien.  Wien  1901,  Verlag  der  Lehranstalt.  S.  1—192.  [Selbständig 
erschienen:  Karlsruhe  1901,  J.  Bielefeld.] 

Hebräische  Übersetzung:  no^n  nnSina  pis  nnioSnn  nn3D3  loim  hp  mu 
n"D-in  Nps-ip  .B'D'iispiya  ^o^ra  nsrs  n^-iay  npnyn  . . .  .cnpn  ni:iis'3  jv^nn.  —  Verlag 
„Jabneh",  Warschau. 

Der  Mischneh  Thorah,  ein  System  der  mosaisch-talmudischen 
Gesetzeslehre.  Zur  Erinnerung  an  den  siebenhundertjährigen  Todes- 
tag Maimuni's.  In :  XII.  Jahresbericht  der  Israelitisch-theologischen 
Lehranstalt  in  Wien.  Wien  1905,  Verlag  der  Lehranstalt.  S.  1—230. 
[Selbständig  erschienen:  Karlsruhe  1905,  Braun.] 

Die  hermeneutische  Induktion  in  der  talmudisehen  Litteratur. 
Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Logik.  In:  XVI.  Jahresbericht  der 
Israelitisch-theologischen  Lehranstalt  in  Wien.  Wien  1909,  Verlag 
der  Lehranstalt.  S.  1  —  256.  [Selbständig  erschienen:  Wien  und 
Leipzig  1909,  Holder.] 

Die  Tosifta  des  Traktates  Nesikin  Baba  Kamma  geordnet  und 
kommentiert.  Mit  einer  Einleitung:  Das  Verhältnis  der  Tosifta  zur 
Mischnah.  Hebräischer  Titel:  xbp  i<nn  -pp'T:  nac^n  nnrsimnD  "ab  «naoinn 
nn«  |r:n  m"s  Drn-niD?:n  nsiiy».  In:  XIX.  Jahresbericht  der  Israelitisch- 
theologischen Lehranstalt  in  Wien.  Wien  1912,  Verlag  der  Lehr- 
anstalt. XL  -|-  122  S.  [Selbständig  erschienen:  Frankfurt  a.  M.  1912, 
Sänger  &  Friedberg.] 

Die  hermeneutische  Antinomie  in  der  talmudischen  Literatur. 
In:  XX.  Jahresbericht  der  Israelitisch-theologischen  Lehranstalt  in 
Wien.  Wien  1913,  Verlag  der  Lehranstalt.  S.  1—211.  [Selbständig 
erschienen:  Wien  und  Leipzig  1913,  Holder.] 

2.  Abliaiidlungeii  und  andere  kleinere  Veröflentliclumgen. 

Zur  Geschichte  des  constanten  Kalenders.  —  Monatsschrift 
für  Geschichte  und  Wissenschaft  des  Judentums  XXIIl  (1874), 
S.   375  -383. 

II 


Die  Schriften  von  Adolf  Scliwarz.  3 

Ein  enthülltes  Geheimnis.  —  Magazin  für  die  Wissenschaft 
des  Judentums  I  (1874),  S.   52. 

Studien  über  die  Tosifta  [I].  —  Monatsschrift  XXIII  (1874), 
S.  464  —  470,   561—568;   XXIV  (1875),  S.  25—31,  87—90,   126—139. 

„Aufklärung"  [an  Jacob  Hoofien  in  Amsterdam].  —  Monats- 
schrift XXIV  (1875),  S.  286—287. 

Studien  über  die  Tosifta  II.  Die  Tosifta  zu  Schekalim.  — 
Monatsschrift  XXIV  (1875),  S.  274—281,  325—330,  351—366, 
460—472,   492  —  500. 

nDun  —  Jüdisches  Literaturblatt  VIII  (1879),  S.  4. 

A  badeni  közsegek  szervezete  [Organisation  der  badischen 
Gemeinden].  —  Magyar-Zsidö  Szemle  I  (1884),  S.  332 — 337. 

Beleuchtung  einer  dunklen  Mischnah.  —  Jubelschrift  zum 
siebzigsten  Geburtstage  des  Professors  Dr.  H.  Graetz,  Breslau  1887, 
S.  57 — 80.   [Auch  Sonderabdruck.] 

Une  mischna  mal  comprise.  —  Revue  des  Etudes  Juives  XXI 
(1890),   S.   280  —  281. 

Censoria.  —  Jüdisches  Literaturblatt  XIX  (1890),  S.  113. 

Die  corrumpierte  LA.  in  Raschi  (M.  K.  28^  .  .  .).  —  Jüdisches 
Literaturblatt  XIX  (1890),  S.  180, 

Egy  monda  Mözes  jellemzesehez  [Eine  Sage  zur  Charakte- 
risierung Mose's].  —  Magyar-Zsidö  Szemle  VIII  (1891),  S.  98—101. 

Das  Corruptel  in  der  Tosifta  Kethuboth  cap.  XI.  —  Jüdisches 
Literaturblatt  XXI  (1892),  S.  78. 

Die  erste  halachische  Controverse.  —  Monatsschrift  XXXVII 
(1893),  S.    164  —  169,  201—206. 

Ungarisch:  Az  elsö  halakhikus  kontroverzia.   Magyar-Zsidö  Szemle  X 
(1893)  S.  16-25. 

Pessach-Gedanken.  —  Reichsbote,  Zeitschrift  für  soziale  .  .  . 
Interessen  des  Judentums,  I.Jahrgang,  Nr.  2,  13.  April  1894,  S.  1 — 2. 

Die  Verjüngungsfähigkeit  des  jüdischen  Stammes.  —  Kalender 
für  Israeliten  für  das  Jahr  5655  =  1894/5.  Herausgegeben  von  der 
Österreichisch-Israelitischen  Union.  Wien  1894,  S.  307 — 315. 

Pedagögiai  tanulsäg  a  bibliäböl  [Pädagogische  Lehre  aus  der 
Bibel].  —  Evkönyv.  Kiadja  az  izr.  magyar  irodalmi  tarsulat  1895 
Budapest,  S.   110—115. 

n"nn  fyn  'd  main  n:wü-\  n:ur  mrüiai  miiao  -  ?ji'?n  riT^n-i  i«  j'nn  rrrrn 

S.    91  —  95. 

Rabbiner  Jacob  Fleissig.  —  Neue  Freie  Presse,  Nr.  13.008, 
Abendblatt  vom  9.  November  1900,  S.  1. 

1* 
III 


4  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 

Die  Ehe  im  biblischen  Altertum.  —  Monatsschrift,  45.  Jahr- 
gang (1901),  S.  278—291. 

(Der  Treulose  handelt  treulos.  —  n^nv;  ntTö  -"iJn  "iai:n  -  [nrntm] 
Eine  Begebenheit).  Krakau  1902,  S.  15  —  17. 

Das  Verhältnis  Maimuni's  zu  den  Gaonen.  —  Moses  ben 
Maimon,  Band  I.  Leipzig  1908,  S.  332—410.   [Auch  Sonderabdruck.] 

Ein  Steinwurf  gegen  Ernst  Häckel  [Zuschrift].  —  Neue 
Freie  Presse,  Nr.  15.641,  Morgenblatt  vom  7.  März  1908,  S.  6. 

Erklärung  [gegen  Zuckermandel].  —  Allgemeine  Zeitung  des 
Judentums,  73.  Jahrgang.,  Nr.  29,  16.  Juli  1909,  S.  348. 

[Kurzer  Beitrag.]  —  Denkschrift  des  Vereins  zur  Unter- 
stützung mittelloser  israelitischer  Studierender  in  Wien,  1911,  S.  57. 

.S.  73  -80  x"r^n  'n  auTaxmn  'J  n-iDin 

La  victoire  des  Pharisiens  sur  les  Sadduceens  en  matiere 
du  droit  successorial.  —  Revue  des  Etudes  Juives  LXIII  (1912), 
p.   51—62. 

Ein  mißverstandenes  Gleichnis.  —  Freie  Jüdische  Lehrer- 
stimme, I.  Jahrgang,  Nr.  1  (1912),  S.  4 — 5,   [Auch  Öonderabdruck.] 

Enthymematische  Analogieschlüsse  in  der  Bibel.  —  Judaica. 
Festschrift    zu    Hermann    Cohen's    70.    Geburtstage.    Berlin    1912 
S.  185—205.   [Auch  Sonderabdruck.] 

Randbemerkungen  zur  Megillah.  —  Freie  Jüdische  Lehrer- 
stimme, IL  Jahrgang,  Nr.  1  (1913),  S.  2 — 4.   [Auch  Sonderabdruck.] 

Offener  Brief  an  den  Geh.  Kirchenrat  Herrn  Prof.  Kittel  in 
Leipzig.  —  Freie  Jüdische  Lehrerstimme,  IV.  Jahrgang,  Nr.  1 
und  2  (1915),  S.  1—4.  [Auch  Sonderabdruck.] 

Zweiter  offener  Brief  an  den  Geh.  Kirchenrat  Herrn  Prof. 
Kittel  in  Leipzig.  —  Freie  Jüdische  Lehrerstimme,  IV.  Jahrgang, 
Nr.  5  und  6  (1915),  S.  65—67.  [Auch  Sonderabdruck.] 

Ferner:  Bericht  des  Rektors  in  sämtlichen  22  bis  jetzt  er- 
schienenen Jahresberichten  der  Israelitisch-theologischen  Lehr- 
anstalt in  Wien  (1894—1915). 

3.  Rezensionen. 

Die  Schrift  des  Lebens  .  .  .  von  Rabbiner  Dr.  Leopold  Stein. 
L  Bd.  Mannheim.  —  Monatsschrift  XXII  (1873),  S.  189—191. 

Zur  neueren  Geschichte  der  Juden  in  Ungarn,  von  Leopold 
Löv.  2.  Ausgabe.  Budapest  1874.  —  Monatsschrift  XXIII  (1874), 
S.  285—288. 

IV 


Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz.  5 

Korszerü  predikacziök  [Zeitgemäße Predigten]. Tartotta  dr.Perls 
Armin,  förabbi.  Keeskemet.  —  Magyar-Zsido  Szemle  I  (1884), 
S.  622—625. 

Hitszönoklatok  es  beszedek  [Religiöse  Homilien  und  Reden]. 
Irta  dr.  Neumann  Ede,  nagy-kanizsai  förabbi.  Elsö  kötet.  Nagy- 
Kanizsa  1886.  —  Magyar-Zsidö  Szemle  III  (1886),  S.  178—179. 

Festschrift  zu  Israel  Lewy's  siebzigstem  Geburtstag,  heraus- 
gegeben von  M.  Brann  und  J.  Elbogen.  Breslau  1911.  —  Deutsche 
Literaturzeitung  XXXII  (1911),  Sp.  2716—2719. 

Wilhelm  Bacher,  Die  Proömien  der  alten  jüdischen  Homilie. 
Leipzig  1913.  —  Deutsche  Literaturzeitung  XXXIV  (1913),  Sp.  1678 
bis  1680. 

W.  Bacher,  Die  Agada  der  babylonischen  Amoräer.  2.  Auflage. 
Frankfurt  a.  M.  1918.  —  Deutsche  Literaturzeitung  XXXIV  (1913), 
Sp.   2399—2400. 

4.  Vorträge  und  Grelegeuheitsreden. 

Baruch  Spinoza,  Vortrag  im  Verein  für  jüdische  Geschichte 
und  Literatur  in  Karlsrahe  am  1.  Februar  1892.  —  Jüdisches 
Literaturblatt  XXI  (1892),  S.  45—47,  49—51,  53—54,  57—59.  [Auch 
Sonderabdruck.] 

Saadia  Gaon.  Vortrag  .  .  .  am  16.  Januar  1893  im  Verein  für 
jüdische  Geschichte  und  Literatur  in  Karlsruhe.  —  Jüdisches 
Literaturblatt  XXII  (1893),  S.   17—18,  21—22,  25—26,  29—31. 

Die  Hochschulen  in  Palästina  und  Babylon.  —  Jahrbuch  für 
jüdische  Geschichte  und  Literatur.  II.  Band.  Berlin  1899,  S.  83  — 106. 
[Auch  Sonderabdruck.] 

Der  Talmud.  Vortrag  ...  im  „Jüdischen  Museum"  am  31.  Jänner 
1901.  —  Gesellschaft  für  Sammlung  und  Konservierung  von  Kunst- 
und  historischen  Denkmälern  des  Judentums.  Vierter  Jahresbericht 
für  das  Jahr  1899.  Wien  1901,  S.  55—71.  [Auch  Sonderabdruck.  | 

Die  Frauen  der  Bibel.  Drei  Vorträge  ...  in  der  ,  Jüdischen 
Toynbee-Halle"  in  Wien.  Wien  1903,  Löwit,  45  S.  [Der  erste  und 
zweite  Vortrag  Abdruck  aus:  Die  Welt,  Wien  1902,  Nr.  52,  S.  3 — 7; 
1903,  Nr.   9,  S.  2—4;  Nr.   10,  S.   4—6.] 

Die  Erzählungskunst  der  Bibel.  Drei  Vorträge  ...  in  der 
„Jüdischen  Toynbee-Halle"  in  Wien.  Wien  1904,  Alexander  Hirsch, 
34  S.  [Der  zweite  Vortrag  aus  dem  Satz  abgedruckt  in:  Die  Welt, 
Wien   1904,  Nr.  14,  S.  13—15;  Nr.  15,  S.  11  —  12;  Nr.  16,  S.  14—16.] 


6  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 

R.  Mose  ben  Nachman.  Rede  bei  der  Entlassung  der  Rabbinats- 
candidaten  aus  dem  jüdisch-theologischen  Seminar  zu  Breslau.  — 
Jüdisches  Literaturblatt  II  (1873),  S.  9—10,  13—14,   17—18. 

Rede  .  .  .  bei  der  Eröffnung  der  israelitisch-theologischen  Lehr- 
anstalt in  Wien.  —  Österreichische  Wochenschrift,  X.  Jahrgang, 
Nr.  42  vom  20.  Oktober  1893,  S.  820—822.  [Abgedruckt  in:  Jüdi- 
sches Literaturblatt  XXII  (1893),  S.  171—173.] 

Zacharias  Frankel.  Gedächtnisrede  bei  der  vom  Verein  für 
jüdische  Geschichte  und  Literatur  in  Berlin  veranstalteten  Centenar- 
feier  ...  1.  Oktober  1901.  —  Jahrbuch  für  Jüdische  Geschichte  und 
Literatur.  V.  Band.  Berlin  1902,  S.  140—158.  [Auch  Sonderabdruck.] 

[Wortlaut  der  anläßlich  des  70.  Geburtstages  des  Herrn 
Dr.  Alfred  Stern  gehaltenen  Ansprache.]  —  Dr.  Blochs  Öster- 
reichische Wochenschrift,  XVIII.  Jahrgang,  Nr.  39  vom  27.  Sep- 
tember 1901,  S.   649—650. 

Jüdisches  Bewusstsein.  —  Eröffnungsrede  in  der  Toynbee- 
Halle  ...  am  31.  Oktober  1903.  Wien  1903,  Alexander  Hirsch,  8  S. 

II.  Predigten,  Trauungsreden  und  Grabreden. 

1.  Sammlungen. 

Sabbath-Predigten  zu  den  Wochenabschnitten  des  ersten  Buches 
Mosis.  (Nebentitel:  Predigten.  I.  Teil:  Sabbath-Predigten  zum  ersten 
Buche  Mosis.)  Karlsruhe  1878,  A.  Bielefeld.  [8  +]  125  [+  3]  S. 

Sabbath-Predigten  zu  den  Wochenabschnitten  des  zweiten 
Buches  Mosis.  (Nebentitel:  Predigten.  II.  Teil  .  .  .)  Karlsruhe  1879, 
A.  Bielefeld.  [8  +]  140  [+  4]  S. 

Sabbath-Predigten  zu  den  Wochenabschnitten  des  dritten 
Buches  Mosis.  (Nebentitel:  Predigten.  III.  Teil  .  .  .)  Karlsruhe  1881, 
A.  Bielefeld.  [8  +]  135  S. 

Sabbath-Predigten  zu  den  Wochenabschnitten  des  vierten 
Buches  Mosis.  (Nebentitel:  Predigten.  IV.  Teil  .  .  .)  Karlsruhe  1882, 
A.  Bielefeld.  [8  -1-]  142  [+  2]  S. 

Sabbath-Predigten  zu  den  Wochenabschnitten  des  fünften 
Buches  Mosis.  (Nebentitel:  Predigten.  V.  Teil  .  . .)  Karlsruhe  1883, 
J.  Bielefeld.  [8  +]  143  S. 

Festpredigten  für  die  Hauptfeiertage  des  Jahres.  (Nebentitel: 
Predigten.  VI.  Teil  .  .  .)  Karlsruhe  1884,  J.  Bielefeld.  [8  -f]  311  S. 

Festpredigten  für  die  Hauptfeiertage  des  Jahres.  Neue  Folge. 
(Nebentitel:  Predigten.  VII.  Teil  .  .  .)  Karlsruhe  1892,  J.  Bielefeld. 
[8  -f]  344  S. 

VI 


Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz.  7 

2.  Enthalten  in:  Israelitisches  Predigtmagazin,  heraus- 
gegeben von  M.  Rahmer. 

Bete  und  bereue.  Predigt  am  Vorabende  des  Versöhnungs- 
tages 5635  ...  I.  Jahrgang,  S.  42 — 47. 

Schlußworte  zu  Neilah  ...  I.  Jahrgang,  S.  48 — 50. 

Worte  der  Trauer  gesprochen  an  der  Bahre  des  Ober- 
rabbiners und  Seminardirectors  Dr.  Zacharias  Frankel  in  der 
Seminarsynagoge  am  16.  Februar  1875.  I.  Jahrgang,  S.  120 — 124. 
[Auch  separat  erschienen  unter  dem  Titel:  Rede  an  der  Bahre  .  .  .] 

Die  Offenbarung  des  Versöhnungstages.  II.  Jahrg.,  S.  33 — 41. 

Trauungsrede  zum  Wochenabschnitt  Wajera.  IL  Jahrgang, 
S.  62-64. 

Das  Land  der  Verheißung.  Predigt  am  Sabbath  -jb-n'^ty  5635. 
IL  Jahrgang,  S.  257—264. 

Das  Veilchen  unter  den  jüdischen  Festen.  Am  Purimfeste  5637. 
IV.  Jahrgang,  S.  81—86. 

Unsere  Huldigung  und  unsere  Losung.  Predigt  zum  Geburts- 
tag des  deutschen  Kaisers.  IV.  Jahrgang,  S.  155-160. 

3.  Einzelne. 

Predigt  gehalten  bei  der  Einweihung  der  neuen  Synagoge  in  der  Residenz- 
stadt Karlsruhe  am  12.  Mai  1875.  Karlsruhe  1875,  14  S. 

Predigt  gehalten  beim  Antritt  seines  Amtes  am  ersten  Schabuothtage  5635. 
Karlsruhe  1876,  A.  Bielefeld,  13  S. 

Dankbarkeit,  die  Erstlingsfrucht  des  Herzens.  Predigt  zum  Geburtstage 
Sr.  K.  Hoheit  des  Großherzogs  ...  9.  September  1876,  Karlsruhe  1876,  11  S. 

Volles  Gewicht  und  volles  Maaß.  Predigt  zur  150jährigen  Geburtstagsfeier 
Moses   Mendelssohns  ...  30.   August   1879.   Karlsruhe   1879,   A.   Bielefeld,    12  S. 

Das  Israelitische  Fremdengesetz.  Predigt  am  8.  Januar  1881  .  .  .  Karlsruhe, 
J.  Bielefeld,  15  S. 

Die  dreifache  Bestimmung  des  jüdischen  Gotteshauses.  Predigt  bei  der 
Einweihung  der  neuen  Synagoge  in  Pforzheim  am  27.  Dezember  1892  .  .  .  Karls- 
ruhe 1893,  A.  Bielefeld,   15  S. 

Licht  und  Treue.  Abschiedspredigt,  gehalten  am  Sabbath  hachodesch  5653 

den  18.  März  1893.  Karlsruhe  1893,  Maisch  &  Vogel,  13  S. 

*  * 

* 

Trauungsrede  bei  der  Vermählungsfeier  des  Fräulein  Marie  Weil  mit 
Herrn  Dr.  med.  Leopold  Homburger  am  20.  August  1883  ...(...  als  Manuskript 
gedruckt').  Karlsruhe  188S,  7  S. 

Trauungsrede  zur  Vermählungsfeier  des  Fräulein  Flora  Levinger  mit 
Herrn  Professor  Ludwig  Levy  am  8.  Oktober  1890.  Karlsruhe  1890,  8  S. 


*  Ebenso  alle  folgenden  Reden,  ausgenommen  die  mit  *  bezeichneten. 

VII 


8  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 

Gedächtnißrede  ...  an  der  Bahre  des  .  .  .  Herrn  Elias  Lob  Willstätter  .  .  . 

29.  März  1876.  [Karlsruhe],  6  S. 

Gedächtnißrede  an  der  Bahre  des  .  .  .  Herrn  Moritz  Urbino  ...  3.  April 
1877  .  .  .  [Karlsruhel,  7  S. 

Gedächtnißrede  auf  den  .  .  .  Hof-  und  Gerichtsadvocaten  Herrn  Veit  Ett- 
linger  .  .  .  gestorben  den  24.  Juli  1877.  Karlsruhe  1877,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Kaufmann  Hirsch  Wimpfheimer  ...  27.  Sep- 
tember 1877.  Karlsruhe  1877,  6  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Veit  L.  Homburger  ...  12.  Mai  1878.  Karls- 
ruhe 1878,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Sigmund  Anselm  Levis  ...  11.  September. 
Karlsruhe  1879,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Joseph  Bielefeld  seu.  ...  17.  September. 
Karlsruhe  1879,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Hauptlehrer  M.  Rosenfeld  ...  2.  November  1879.  [Litho- 
graphiert, 6  S.  4".] 

Rede   gehalten   am  Grabe  des  .  .  .  Herrn  Lazarus  Maas  .  .  .  gestorben  den 

30.  Dezember  1879.  Mannheim  1879,  7  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Frau  Fanny  Rothschild  .  .  .  gestorben  den  1.  März 
1880  in  Pforzheim.  Karlsruhe  1880,  6  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Frau  Regina  Nelson  .  .  .  gestorben  den  13.  Mai  1880. 
Karlsruhe  1880,  8  S. 

Worte  an  der  Bahre  der  .  .  .  Frau  Fanny  Herrmann  am  ersten  Tage  des 
Wochenfestes  5640.   [Karlsruhe,  3  S.] 

Gedächtnißrede  auf  den  .  .  .  praktischen  Arzt  Herrn  Albert  Herrmann  .  . 
gestorben  den  26.  November  1880    Karlsruhe  1880,  8  S. 

Gedächtnißrede  .  .  .  auf .  .  .  Frau  Sophie  Fulda  .  .  .  gestorben  den  23.  De- 
zember 1880  .  .  .  Karlsruhe  1881,  7  S. 

Gedächtnißrede  .  .  .  auf  .  .  .  Frau  Henriette  Bielefeld  .  .  .  gestorben  den 
18.  Januar  1881.  Karlsruhe  1881,  7  S. 

Worte  der  Trauer  an  der  Bahre  seines  verewigten  Vaters,  Rabbi  Jakob 
Schwai-z  .  .  .  gesprochen  im  Trauerhause  zu  Papa  am  24.  Mai  1881.  Karlsruhe 
1881,  13  S.* 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Max  Homburger .  .  .  gestorben  den  30.  August 
1881.  Karlsruhe  1881,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Adolf  Willstätter  .  .  .  gestorben  den  2.  Sep- 
tember 1881  .  .  .  Karlsruhe  1881,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Max  von  Haber  ...  4.  Januar  1882.  Karls- 
ruhe 1882,  7  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Philipp  Nelson  ...  17.  Januar  1882.  Karls- 
ruhe 1882,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Max  Dreyfus  .  .  .  gestorben  den  7.  April  1882. 
Karlsruhe  1882,  7  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Jul.  L.  Homburger  ...  7.  Januar  1883. 
Karlsruhe  1883,  8  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  Frau  Lea  Seeligmann  geb.  Worms  ...  5.  April 
1883.  Karlsruhe  1883,  8.  S. 

VIII 


Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz.  9 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Medicinalrath  Dr.  Sigmund  Homburger  .  . 
20.  Mai   1883.  Karlsruhe  1883,  10  S. 

Gedächtnißrede  auf  ...  Kreisgerichtsrath  a.D.  Meir  Heimerdinger  ...  19.  Juni 
1883.  Karlsruhe  1883,  11  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Rechtsanwalt  Adolf  Straws  ...  12.  August 

1883.  Karlsruhe  1883,  8  S. 

Worte  an  der  Bahre  der  .  .  .  Frau  Therese  Ettlinger  ...  2.  Oktober  1883. 
Karlsruhe  1883,  7  S. 

Gedächtnißrede  auf  .  .  .  Herrn  Simon  Herrmann  ...  11.  Dezember  1883. 
Karlsruhe  1883,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Esther  Hochstetter  ...  in  Liedolsheim  ...  17.  De- 
zember 1883.  Karlsruhe  1883,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Emma  Ettlinger  ...  25.  Februar  1884.    Karlsruhe 

1884,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Fräulein  Betty  Lenz  ...  6.  April  1884.  Karlsruhe  1884,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Rebekka  Neuburger  ...  20.  Juni  1884.  Karlsruhe 
1884,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Johanna  Rosenthal  ...  in  Liedolsheim  ...  9.  Oktober 
1884.  Karlsruhe  1884,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Prof.  M.  Wertheim  Wwe.  ...  9.  November  1884. 
Karlsruhe  1884,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Rebecca  Homburger  ...  16.  November  1884.  Karls- 
ruhe 1884.  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Sigmund  Weill  ...  16.  November  1884.  Karlsruhe 
1884,  8  S. 

Grabrede  auf 
ruhe  1884,  8  S. 

Grabrede  auf 
1884,  8.  S. 

Grabrede  auf  . 
ruhe  1884,  8  S. 

Grabrede  auf  . 
Karlsruhe  1885,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Judas  Hochstetter  ...  in  Liedolsheim  ...  26.  Fe- 
bruar 1885,  8  S. 

Grabrede  auf . 
ruhe  1885,  7.  S. 

Grabrede  auf . 
Karlsruhe  1885,  8  S. 

Grabrede  auf  - 

Grabrede  auf 
ruhe  1886,  8  S. 

Grabrede  auf 
Karlsruhe  1886,  7  S. 

Grabrede  auf . 
1886,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Jonas  Billigheimer  ...  13.  April  1886.  Karlsruhe 

1886,  7  S. 


Frau  Anna  Heinsheimer  ...  10.  November  1884.  Karls- 
Herrn  Sigmund  Roos  ...  14.  Dezember  1884.  Karlsruhe 
Herrn  Kaufmann  Karl  Haas  ...  19.  Dezember  1884.  Karls- 
Frau  Lina  Veith  ...  [in  Grötzingen]  ...  17.  Februar  1885. 


.  Herrn  Henrique  M.  Eder  ...  22.  Oktober  1885.    Karls- 

,  Herrn   Prof.   Sigmund  Schuster  ...  24.  November  1885. 

Herrn  Felix  Veit ...  8.  Dezember  1885.  Karlsruhe  1885,  8  S. 
.  Frau  Röschen  Homburger  ...  4.  Januar  1886.   Karls- 

.  Herrn  Privatier  Salomon  Mayer  ...  28.  Januar  1886. 

.  Frau  Jette  Ottenheimer  ...  24.  Februar  1886.  Karlsruhe 


IX 


10  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Jacob  Fulda  ...  4.  Mai  1886.  Karlsruhe  1886,  8  S. 
Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Dr.  E.  Auerbach,  Wittwe  ...  19.  Mai  1886.  Karls- 
ruhe 1886,  8  S. 

Grabrede   auf  .  .  .  Frau  Johanna  Reutlinger  ...  6.  Juni  1886.  Karlsruhe 

1886,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Kaufmann  Aron  Levis  ...  13.  Januar  1887.  Karls- 
ruhe 1887,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .   Herrn    Adolf    Blum  ...  24.    Januar    1887.    Karlsruhe 

1887,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Betty  Homburger  geb.  Strauß  ...  31,  Januar  1887. 
Karlsruhe  1887,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Zilla  Herz  ...  24.  Februar  1887.  Karlsruhe  1887,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Medicinalrath  Dr.  S.  Homburger  ...  8.  Mai  1887. 
Karlsruhe  1887,  8  S. 

Grabrede  auf .  .  .  Frau  Laura  Levinger  ...  1.  Juni  1887.  Karlsruhe  1887,  8  S. 

Grabrede  auf .  .  .  Herrn  Dr.  med.  Leopold  Homburger  ...  11.  Juli  1887. 
Karlsruhe  1887,   10  S. 

Grabrede   auf  .  .  .  Frau  Mathilde  Traumann  ...  14.  Juli  1887.    Karlsruhe 

1887.  8  S. 

Grabrede  auf .  .  .  Herrn  Sigmund  Eichtersheimer  ...  22.  Juli  1887.  Karls- 
ruhe 1887,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Sophie  Herrmann  ...  23.  Oktober  1887.  Karls- 
ruhe 1887,  8  S. 

Worte  der  Trauer  am  Grabe  seines  verewigten  Bruders,  des  Herrn  Moritz 
Schwarz  ...  4.  Dezember  1887   [in  Wien].  Karlsruhe  1887,  9  S. 

Trauer-Rede  auf  weiland  Se.  Majestät  Kaiser  Wilhelm  I.  gehalten  in  der 
Synagoge  zu  Karlsruhe  Freitag,  den  16.  März  1888.  Karlsruhe  1888,  Maisch  & 
Vogel,  9  S.  * 

Worte  an  der  Bahre  des  .  .  .  Herrn  stud.  ehem.  Morry  Eder  ...  28.  März 

1888.  Karlsruhe  1888,  7  S. 

Worte  an  der  Bahre  des  .  .  .  Herrn  Theodor  Herrmann  ...  2.  April  1888. 
Karlsruhe  1888,  8  S. 

Grabrede  auf  . . .  Herrn  Simon  Model  ...  27.  April  1888.  Karlsruhe  1888,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Fräulein  Anna  Kuppenheim  .  .  .  gehalten  in  Pforzheim  am 
7.  Mai  1888.  Karlsruhe  1888,  7  S. 

Trauer-Rede  auf  weiland  Se.  Majestät  Kaiser  Friedrich  III.  gehalten  in 
der  Synagoge  zu  Karlsruhe  Freitag,  den  22.  Juni  1888.  Karlsruhe  1888. 
Maisch  &  Vogel,  10  S.  * 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Bernhard  Hirsch  ...  9.  Dezember  1888.  Karls- 
ruhe 1889,  8  S. 

Grabrede  auf . . .  Herrn  Julius  Marx  ...  25.  Januar  1889.  Karlsruhe  1889,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Richard  Otto  Herrmann  ...  13.  März  1889.  Karls- 
ruhe 1889,  8  S. 

Grabrede   auf  .  .  .  Frau   Hofgeriehtsadvocat  Sara  Ettlinger  ...  25.  April 

1889.  Karlsruhe  1889,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Elise  Schlesinger  ...  29.  April  1889  [in  Pforzheim]. 
Karlsruhe  1889,  8  S. 

Grabrede  auf . . .  Frau  Helene  Kuhn  ...  15.  August  1889.  Karlsruhe  1889,  7  S. 


Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 


11 


Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Auguste  Sinauer  ...  16.  September  1889.  Karls- 
ruhe 1889,  7  S. 

Grabreden  auf  .  .  .  Herrn  Kantor  A.  Reichenberger  .  .  .  gehalten  am  2T.  Ok- 
tober 1889  vom  Stadtrabbiner  Dr.  Schwarz  und  Rabbiner  Dr.  Treitel.  Karls- 
ruhe 1889,  10  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Fräulein  Charlotte  Brisac  ...  17.  November  1889.  Karls- 
ruhe 1889,  7  S. 

Grabrede  auf . 

1889,  8  S. 

Grabrede  auf 
ruhe  1890,  8  S. 

Grabrede    auf 

1890.  6  S. 
Grabrede  auf 


Herrn  Moritz  Ettlinger  ...  8.  Dezember  1889.  Karlsruhe 

Herrn  Heinrich  Gutmann  ...  29.  Dezember  1889.  Karls- 

.  Frau    Mina    Gutmann  ...  9.    Januar    1890.    Karlsruhe 

.  .  .  Herrn  Rechtsanwalt  Rudolf  Kusel  ...  28.  Januar  1890. 
Karlsruhe  1890,  7  S, 

Grabrede  auf  den  im  Duell  gefallenen  Herrn  cand.  med.  Eduard  Salomon 
.  .  .  gehalten  am  16.  Februar  1890  [in  Freiburg  i.  Br.]  [Drei  Auflagen].  Karls- 
ruhe 1890.  Maisch  &  Vogel,  10  S.  *  [Nachdruck  in  Hannover  veranstaltet.] 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Sophie  Mahler  ...  4.  März  1890.  Karlsruhe  1890,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Bernhard  Dieffenbronner  ...  25.  Juni  1890.  Karls- 
ruhe 1880,  8  S. 

Grabrede  auf  .  ,  .  Frau  Hannchen  Leon  ...  6.  Juli  1890.  Karlsruhe  1890.  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Julius  Seeligmann  ...  26.  November  1890.  Karls- 
ruhe 1890,  7  S. 

Grabrede    auf 
1891,  7  S. 

Grabrede   auf 
1891,  7  S. 

Grabrede  auf  , 
1891,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Maier  Wimpfheimer  ...  14.  Juni  1891.  Karlsruhe 
1891,  8  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Sara  Freund  ...  5.  Juli  1891.  Karlsruhe  1891,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Jenny  Jakob  geb.  Fuchs  ...  20.  Oktober  1891. 
Karlsruhe  1891,  7  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Lea  Offenheimer  ...  27.  Oktober  1891.  Karlsruhe 
1891,  9  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  David  Kusel  ...  2.  März  1892.  Karlsruhe  1892,  6  S. 

Grabrede  auf  .  .  .  Frau  Fanny  Wimpfheimer  ...  18.  September  1892.  Karls- 
ruhe 1892,  8  S. 


.  Herrn  Max  Elikann  ...  11.  Februar  1891.    Karlsruhe 

.  Frau  Jeanette  Levinger  ...  19.  April   1891.    Karlsruhe 

.  Frau   Regine  Nachmann  ...  31.  Mai  1891.    Karlsruhe 


Worte  der  Trauer  an  der  Bahre  seines  verewigten  Bruders  und  Schwieger- 
vaters des  Herrn  Ignatz  Schwarz  ...  18.  April  1894.  Karlsruhe  1894,  9  S. 

Worte  der  Trauer  an  der  Bahre  des  . .  .  Herrn  Dr.  David  Rosin  ...  3.  Januar 
1895.  —  Die  Neuzeit,  Wien  1895,  Nr.  4,  S.  36.  [Auch  Separatabdruck.] 

Trauerrede  auf  .  .  .  Herrn  Rabbiner  Jacob  Fleißig  ...  11.  November  190i). 
[Karlsruhe  1900,  10  S.] 


XI 


13  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz. 

Abschieds-Worte  an  der  Bahre  seiner  verewigten  Mutter,  Frau  Sarali 
Schwarz,  geb.  Wallenstein  ...  am  4.  Mai  1902  im  Trauerhause  zu  Papa  gesprochen. 
[Karlsruhe  1902,  11  S.] 

Rede  an  der  Bahre  des  .  .  .  Herrn  Moriz  Karpeles  am  20.  März  1903.  — 
Die  Welt,  Wien  1903,  Nr.  13,  S.  6  und  7. 

Trauer-Rede  auf .  .  .  Herrn  Lektor  M.  Friedmann  ...  25.  November  1908. 
[Karlsruhe  1908,  7  S.] 

Trauerrede  auf  .  .  .  Herrn  Rektor  Moses  Bloch  ...  10.  August  1909.  — 
Egyenlöseg,  Budapest  1909,  Nr.  32,  S.  4—6. 

Grabrede  auf  .  .  .  Herrn  Oberrat  Leopold  Ettlinger  ...  am  9.  Dezember  1912 
[in  Karlsruhe]  gehalten.  Karlsruhe  1912,  8  S.  * 

Rede  am  Grabe  des  Orientalisten  Hofrat  Professor  D.  H.  v.  Müller  [24.  Dezem- 
ber 1912].  —  Der  Jüdische  Volksrat,  Nr.  105,  Czernowitz,  17.  Januar  1913,  S.  2 
und  3.  [Auch  Sonderabdruck.] 


X 


xn 


Der  bit  hillaiü  und  seine  Verwenduiig  bei  den 

•  

salomonischen  Bauten. 

Von  Prof.  I)r.  Heinrich  Redisch,  Wien. 
Mit  Zeichnungen  von  Prof.  Dr.  Josef  Dell,  Brunn. 

Einleitung. 

Der  vorliegende  Aufsatz  ist  ein  Teil  einer  größeren  Arbeit, 
welche  ich  in  Gemeinschaft  mit  dem  Architekten  Herrn  Professor 
Dr.  Dell  in  Brunn  vor  einigen  Jahren  vollendet  hatte,  deren  Ver- 
öffentlichung jedoch  sich  durch  verschiedene  Umstände,  haupt- 
sächlich durch  meine  amtliche  Versetzung  nach  Wien,  verzögert 
hat.  Die  Kultur  des  einst  mächtigen  hettitischen  Volkes  hat  in 
jüngster  Zeit  das  Interesse  weiter  Kreise  erregt;  dieses  Interesse 
wurde  noch  gesteigert  durch  die  historischen  Arbeiten  Eduard 
Meyers,  sowie  durch  die  überraschenden  Mitteilungen  Hroznys 
über  die  Sprache  der  Hettiter.  Es  erschien  mir  daher  zeit- 
gemäß, unsere  Studie  über  den  bit  hillani,  dessen  hettitischer 
Ursprung  sichergestellt  ist,  in  der  vorliegenden  Jubelschrift  der 
Öffentlichkeit  zu  übergeben.  Der  bit  hillani  hat  nach  den  Ergeb- 
nissen unserer  Forschung  in  den  salomonischen  Bauten  seine  Ver- 
wendung gefunden.  Diese  Verwendung,  aber  nur  diese,  soll  in 
folgenden  Zeilen  behandelt  werden,  nicht  aber  eine  vollständige 
Rekonstruktion  der  salomonischen  Bauten. 

Die  Quellen,  auf  welche  die  Studien  über  die  Bauten  des 
Königs  Salomo  zurückgreifen  müssen,  sind  die  Bibelstellen 
1.  Kön.  5,  21—32;  6;  7;  ferner  die  Parallelstelle  2.  Chron.  3  und  4 
und  Ezech.  40  —  43,  17.  Unter  den  genannten  Schriftstellen  gebührt 
dem  Berichte  im  Königsbuche  vor  allem  der  Vorzug.  Der  Redaktor 
des  Königsbuches  hat  Quellen  benützt,  welche  die  größte  Zuver- 
lässigkeit für  sich  in  Anspruch  nehmen  können,  weil  sie  der  Zeit, 


14:  Prof.  Dr.  Hemrich  Kediseh. 

Über  welche  sie  berichten,  am  nächsten  stehen.  Der  1.  Kön.  11,  41 
genannte  n'tbp  nn^  -isp,  Buch  der  Geschichte  Salomos,  ist  wohl  ein 
Werk,  welches  in  der  Königszeit  entstanden  ist  und  sich  sicherlich 
auf  offizielle  Annalen  stützt,  wie  wir  solche  ganz  analog  den  der 
assyrischen  und  babylonischen  und  ägyptischen  Könige  auch  für 
die  Zeit  Salomos  und  der  Könige  der  geteilten  Reiche  voraus- 
setzen dürfen.  Der  Text  des  Bauberichtes  wie  er  1.  Kön.  5,  21  ff. 
vorliegt,  ist  freilich  in  heillosem  Zustand.  Der  Abschreiber  hat  die 
technischen  Ausdrücke  vielfach  nicht  mehr  verstanden  und  den 
ursprünglichen  Text,  der  sicherlich  von  einem  Manne  herrührt, 
der  den  Tempel  noch  gesehen  hat,  mit  Zusätzen  versehen.  Man 
denke  an  1.  Kön.  6,  16,  wo  D'pn;5n  ty-ipb  sicher  spätere  Glosse  ist. 
Der  Text  der  LXX  zeigt  wesentliche  Abweichungen  von  dem  über- 
lieferten hebräischen  Texte.  Es  sei  zu  diesem  Punkte  auf  die  grund- 
legenden Arbeiten  Stades,  ZATW.  1883,  129—177;  1885,  275—297; 
1886,  156 — 189  und  Silbersteins  „Über  den  Ursprung  der  Cod.  Alex, 
und  Vat.  des  3.  Königsbuches  der  alexandrinischen  Übersetzung 
überlieferten  Textgestalt"  ZATW.  1893,  1  —  75  und  1894,  1—30 
verwiesen. 

Ganz  anders  muß  die  Glaubwürdigkeit  der  tendenziös  ge- 
arbeiteten biblischen  Bücher  der  Chronik  beurteilt  werden.  In 
der  Chronik  haben  wir  eine  zur  Kirchengeschichte  umgestaltete 
Geschichte  des  Volkes  Israel,  in  welcher  der  Chronist  die  Königs- 
bücher korrigiert  hat,  wo  ihre  Darstellung  nicht  mit  seinem  in 
die  Vergangenheit  projiziertem  Ideal  des  Judentums  übereinstimmte. 
Nichtsdestoweniger  hat  auch  der  Chronist  alte  Quellen  benützt 
und  in  Fällen,  wo  die  kirchengeschichtliche  Tendenz  nicht  so 
ohneweiters  zutage  tritt  —  und  dies  ist  im  allgemeinen  bei  dem  Be- 
richte über  den  Tempelbau  anzunehmen  —  muß  das  vom  Chronisten 
gebotene  Material  sorgfältig  geprüft  werden,  ob  nicht  irgend  eine 
brauchbare  Notiz  darin  gefunden  werden  kann. 

Der  Prophet  Ezechiel  hat  den  salomonischen  Tempel  gesehen 
und  da  er  priesterlicher  Abkunft  war,  wohl  auch  daselbst  amtiert. 
Man  wird  daher  die  ezechielische  Vision  zur  Aufklärung  und  Ver- 
vollständigung der  Königsbücher  mit  Nutzen  verwenden.  Man 
wird  sich  jedoch  davor  hüten  müssen,  den  Bericht  Ezechiels  mit 
dem  der  Königsbücher  ohneweiters  zu  vermischen.  Ezechiel  be- 
schreibt im  wesentlichen  einen  anderen  Tempel,  seine  Maße  sind 
größer,  der  Tempel  ist  umgestaltet  und  mit  Anbauten  versehen, 
welche  dem  salomonischen  Tempel  fremd  sind. 


II 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc.  15 


Bit  hillani. 

Die  assyrischen  Könige  Tiglat  Pileser/  Sargon,^  Sanherib^ 
und  Asurbanipal^  berichten  in  ihren  Inschriften,  daß  sie  im  Hatti- 
lande  einen  Palastbau,  welcher  in  der  Sprache  der  Hatti  bit  hillani, 
einmal  auch  bit  hitlani  heißt,  kennen  gelernt  hatten  und  nach 
dem  Muster  des  genannten  bit  hillani  Paläste  erbauen  ließen. 

Die  bisherigen  Versuche,  5  das  Wesen  des  bit  hillani  als  säulen- 
getragenes Tor  oder  als  getäfeltes  Mauerwerk  zu  bestimmen,  haben 
zu  keinem  befriedigenden  Resultate  geführt.  Will  man  nach  den 
Inschriften  und  aus  den  vorhandenen  Bauresten  bestimmen,  was 
die  Hettiter  und  nach  ihnen  die  Assyrer  unter  bit  hillani  ver- 
standen haben,  so  wird  man  zunächst  beachten  müssen,  daß  in 
allen  Inschriften  berichtet  wird,  daß  das  Eigentümliche  der 
bit  hillani  in  der  Verwendung  von  Holz  und  Stein  besteht.  So 
erzählt  Sanherib  ia  der  angeführten  Stelle  (auch  Delitzsch,  Assyr. 
Lesebuch,  4.  Aufl,  S.  67,  Z.  42)  ikalli  aban  pili  u  isu  irini  nipisti 
mat  Hatti  usepis  „einen  Palast  von  Quadersteinen  »^  und  Zedern- 
holz im  Stile  des  Hattilandes  ließ  ich  erbauen."  Der  Holzreichtum 
in  den  armenischen  Bergen  und  am  Libanon  hatte  zur  Folge,  daß 
die  Bewohner  Kleinasiens  und  Syriens  ihre  Wohnhäuser  aus  Holz 
herstellten'  und  sie  erreichten  in  dieser  Art  des  Bauens  einen 
hohen  Grad  von  Kunstfertigkeit. 

Auf  Holzsäulen  ruhten  Schwellen,  welche  die  Böden  von 
einem  oder  mehreren  Geschossen  trugen.*^  In  diesen  Geschossen 
befanden  sich  die  Wohnräume.  Tatsächlich  ist  in  den  Inschriften 
immer  von  Säulen  des  bit  hillani  die  Rede.  In  dem  von  Bezold 
aufgefundenen  Fragment  K  943  liest  man:  ,Wann  wird  man  die 
Bronzebasen  (gullati)    der    hillani   liefern."    Die   genannte  guUatu, 


1  Toninschrift  von  Nimrüd  (Keilinsehr.  Bibl.  von  Schrader  II,  S.  23). 

2  Zylinderinschrift  (Schrader  KB.  II,  S.  49). 

3  Prismainschrift  (KB.  II,  S.  113). 

■4  Rassam  Zylinder  (KB.  II,  S.  235). 

s  Friedrich,  Die  Holztektonik  Vorderasiens;  Die  Ausgrabungen  von 
Sendschirli  und  das  bit  hillani,  BA.  =  Beiträge  zur  Assyr.  IV,  227;  Puchstein, 
Jahrbuch  des  Arohäol.  Inst.  VII,  1 ;  Rost,  Noch  einmal  der  bit  hillani  und  die 
assyrische  Säule. 

t'  Nach  Rost  „Alabaster",  nicht  wahrscheinlich,  da  Alabaster  zu  wenig 
widerstandsfähig  ist. 

■J  Viollet,  Histoire  de  I'habitation  humaine,  S.  125. 

8  Assarhaddon  bezog  aus  dem  Westlande  ,.gu§ure  rabuti",  „große  Balken"; 
„dimme  .sirute",  gewaltige  Säulen.  Vgl.   1.   Kön.  10.   12. 

III 


16  Prof.  Dr.  Heinrich  Redisch. 

hebräisch  .Tpj,  ist  ein  Säulenwulst,  auf  dem  die  Säule  steht^  Sc 
muß  man  wohl  annehmen,  daß  hillani  „Säule",  und  zwar  , Holz- 
säule" bedeutet.  War  das  Gebäude  größer,  so  mußte  an  der  Außen- 
seite des  Holzbaues  eine  Steinmauer  aufgeführt  werden,  welche 
dazu  diente,  das  Ausweichen  der  Holzsäulen  zu  verhindern.  Sc 
verwendeten  die  Bewohner  von  Karlen  und  Lykien,  die  Vorläufer 
der  Jonier,  mit  Vorliebe  Holz,  welches  von  Steinmauern  um- 
schlossen ist,2  daneben  sind  Grabdenkmäler  erhalten,  welche  das 
ganze  Gebäude  aus  hölzernem  Rahmenwerk  ausgeführt  zeigen, 
deren  Felder  durch  Holzkonstruktion  verschlossen  sind.  Es  ist 
ein  Irrtum  Friedrichs, ^  wenn  er  behauptet,  daß  der  bit  hillani  ein 
getäfeltes  Mauerwerk  sei.  Es  müßte  eine  Holzriegelwand  zuerst 
mit  der  Mauer  verbunden  werden,  an  welche  die  Vertäfelung 
kommt.  Diese  Art  des  Baues  ist  nicht  phönizisch  und  nicht 
hettitisch.  Nach  dem,  was  wir  an  phönizischen  Bauten  und  besonders 
an  Bauten  dieser  Zeit  in  Mykenä  sehen,  wird  ein  Maueroblongum 
hergestellt,  vor  welche  die  Holzkonstruktion  angeordnet  ist.^  Dies 
ist  auch  aus  den  cilizischen  Bauten  zu  erschließen.^  Die  Holz- 
konstruktion wird  durch  die  äußere  Mauer  geschützt,  sonst  würde 
sie  besonders  bei  größeren  Bauten  umkippen. 

Was  die  Anlage  des  bit  hillani  betrifft,  so  finden  wir  eine 
vollkommene  Übereinstimmung  der  Grundrisse  in  Kujundschik 
(Fergusson),  in  Khorsabad  (Place),  Sendschirli  und  die  ein- 
schlägigen Darstellungen  der  Reliefs  von  Kujundschik  und 
Khorsabad  bei  Place  und  Layard. 

Der  Grundriß  zeigt  überall  eine  Dreiteilung.  Das  Charakte- 
ristische ist  ein  zentraler  Hof  oder  eine  Halle  mit  in  verschiedenen 
Stockwerken  herumgeführten  Seitenbauten.  An  der  einen  Seite  ist 
ein  Eingangsraum  in  größeren  Dimensionen,  dessen  Front  durch 
die  charakteristischen  Säulenstellungen  oder  Portalfiguren  (Löwen 
oder  Menschengestalten)  ausgezeichnet  sind.  Wegen  der  Dreiteilung 
des  Gebäudes  muß  die  mittlere  Halle  unbedingt  durch  hohes  Seiten- 
licht erhellt  werden.  Die  Anzahl  der  Stockwerke  variierte  jeden- 
falls, doch  dürften  selten  weniger  als  zwei  und  mehr  als  drei  ge- 


1  Jensen,  ZA.  IX,  1894. 

*  Viollet  a.  a.  O.;  Bendorf  und  Niemann,  Reisen  in  Lykien  und  Karien, 
S.  97;  Mitteilungen  aus  den  orientalischen  Sammlungen  der  königlichen  Museen 
zu  Berlin,  Heft  12:  Ausgrabungen  im  Sendschirli,  137  ff. 

3  a.  a.  O. 

^  Viollet,  Hist.  de  l'habit.  hum.,  S.  125. 

Ä  Bendorf  und  Niemann,  Reisen  in  Lykien  und  Karien,  53  und  97. 

IV 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc.  17 

wesen  sein.  Der  bit  hillani  erweist  sich  daher  als  ein  durch 
eine  Mauer  eingeschlossener  Holzsäulenbau, 

Was  die  Etymologie  des  Ausdruckes  bit  hillani  betrifft,  so 
kann  man  nur  Vermutungen  aussprechen.  Nach  den  Untersuchungen 
Hroznys^  ist  die  hettitische  Sprache  als  eine  indogermanische 
anzusprechen.  In  dem  Worte  hillani ^  könnte  demnach  »ani"  eine 
Bildungssilbe  wie  in  silv-an-us  und  die  Wurzel  des  Wortes  hill 
oder  nach  der  Lesart  hitlani  „hitl"  sein.  Die  Wurzel  hitl  ist  viel- 
leicht identisch  mit  der  indogermanischen  Wurzel,  welche  dem 
germanischen  „Holz"  „holt",  dem  griechischen  „xAacJ-og"  zugrunde 
liegt.  Bit  hillani  würde  demnach  „Holzpalast"  bedeuten. 


Der  Tempel  Salomos. 

Der  salomonische  Tempel  ist  ein  phönizisches  Bauwerk  und 
zeigt  im  wesentlichen  die  Merkmale  phönizischer  Baukunst,  welche 
wieder  in  der  hettitischen  ihr  Vorbild  hat.  Zur  Herstellung  des 
Tempels  wurden,  wie  bei  den  hettitischen  Bauten,  Holz,  und  zwar 
Zedern-  und  Zypressenholz  aus  dem  Libanongebirge,  sowie  schwere 
Steine,  welche  die  Bauleute  Hirams  und  Salomos  sowie  die  Be- 
wohner von  Byblos  behauten,  verwendet.  Das  Gebäude  hatte  drei 
Räume,  welche  „Ulam"  DbiK  —  wohl  richtiger  nach  dem  Assyrischen 
undEzechiel  „Elam"  nb^^  _  Hekal  'r>3\i  und  D^bir  Tm  hießen.  Es 

77  T      ■  T       •■  '       '■ 

ist  bezeichnend,  daß  die  Namen  der  Haupträume  Fremdwörter 
sind,  Elam  ist  das  assyrische  „elammu"  „Vorderseite",  „Front", 
wahrscheinlich  identisch  mit  dem  geographischen  Begriff  „Elam", 
welches  „Ostland"  Ideogramm  NIM  KI  bedeutet,  die  Vorhalle  war 
an  der  Ostseite  des  Tempels.''  Hekal  =  assyr.  „ekallu"  Palast 
ist  sumerischen  Ursprungs  und  bedeutet  „großes  Haus".''  Die 
Etymologie  des  Wortes  D^bir  ist  unbekannt,  doch  dürfte  auch 
dieses  Wort  entlehnt  sein,  im  Hebräischen  wenigstens  findet  sich 
kein  passender  Stamm, 


1  Mitteilungen  der  Deutschen  Orient-Gesellschaft  zu  Berlin,  Nr,  56,  S.  17. 

»  Daß  tillani  nicht  ein  nach  assyrischer  Art  gebildeter  Plural  ist,  ergibt 
sich  aus  dem  Umstände,  daß  wir  in  der  genannten,  von  Bezold  veröffentlichten 
Inschrift  3,  12  den  Dual  von  dem  Worte  hillani  „lullanani"  finden. 

5  dSin  ist  aus  nS'«  verschrieben,  doch  hat  sich  das  Wort  in  dieser  Gestalt 
eingebürgert  und  auch  in  der  Mischnah  Middoth  IV  heißt  die  Vorhalle  dSik. 

*  Jensen  ZA,  VI,  S.  70. 

•'  Siehe  meinen  Aufsatz  ..Sumerisches  in  der  Bibel".  Monatsschrift  für 
Geschichte  und  Wissenschaft  des  Judentums  1911. 

F«*ti*chritt.  '  2 

V 


18 


Prof.  Dr.  Heinrich  Redisch. 


1? 

ö5" 


VI 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc.  19 

Die  Einteilung  in  drei  Räume  finden  wir  in  gleicher  Weise 
bei  denjenigen  griechischen  Tempeln,  welche  dem  Mysterienkult 
geweiht  waren  —  die  drei  Räume  hießen  JiQovaog,  vaög  und  ädvtov 
—  ebenso  in  den  ägyptischen  Tempeln  zu  Karnak  und  Luxor  und 
in  den  Totentempeln  des  Königs  Newoser-re,  sowie  in  den  dem 
Mithras  erbauten  Tempeln  der  Parsen.^ 

Der  Ulam  war  20  Ellen  breit  und  10  Ellen  lang  und  40  Ellen 
hoch'  und  muß,  wie  aus  dem  Grundrisse  Fig.  1  zu  ersehen  ist, 
noch  zwei  Nebenräume  gehabt  haben.  Diese  beiden  Nebenräume 
waren  auch  im  herodianischen  Tempel,  dort  aber  größer,  weil  der 
Ulam  rechts  und  lioks  über  das  Hauptgebäude  hinausreichte.  Im 
herodianischen  Tempel  hießen  die  beiden  Nebenräume  ma'''?n  "nr,  die 
Räume  für  die  Schlachtmesser.  Wir  dürfen  ohne  Zögern  auch  im 
salomonischen  Tempel  für  die  zwei  Nebenräume  des  Ulam  die- 
selbe Bestimmung  voraussetzen,  da  ja  der  Opferaltar  unter  freiem 
Himmel  vor  dem  Ulam  stand  und  es  sehr  wahrscheinlich  ist,  daß 
die  zum  Opfern  bestimmten  Geräte  auch  in  der  Nähe  des  Opfer- 
altars aufbewahrt  wurden. 

Vor  dem  Ulam  standen  die  zwei  mächtigen  ehernen  Säulen 
Jakin  und  Bo'az,  für  welche  entsprechende  Analogien  in  den 
ägyptischen  Tempeln  zu  finden  sind.  Jakin  und  Bo'az  sind  Per- 
sonennamen, keineswegs  symbolische  Bezeichnungen  der  Eigen- 
schaften Gottes.  Ezech.  40,  49  hat  in  seinem  Bauplan  hier  eine 
Änderung  eintreten  lassen,  indem  er  die  zwei  vor  dem  Ulam 
stehenden  Säulen  durch  zwei  andere  kleinere  im  Portal  des 
Ulam  einverbaute  ersetzt. 

Aus  dem  Ulam  kam  man  in  den  Hekal,  welcher  60  Ellen 
lang,  20  Ellen  breit  und  30  Ellen  hoch  ist.  An  der  Innenseite 
der  aus  Quadersteinen  n'u  \:dk  hergestellten  Mauer  ist  eine  Holz- 
konstruktion mit  Säulen  als  Stützen  aufgeführt.  Dieser  Seitenbau 
heißt  rir.  Die  Säulen  tragen  drei  Stockwerke  {n't-'b\p,  nDls'n,  njinnn), 
welche  in  Absätzen  nli?-i2ü  von  5,  (i  und  7  Ellen  Breite  rings  um 
das  Gemäuer  herumlaufen.  Der  Raum  zwischen  den  Säulen  ist 
durch  eine  Holzwand  verschlossen  und  auf  den  durch  die  Stock- 
werke gebildeten  Bühnen  befinden  sich  die  Türen  zu  den  30  Kam- 
mern nir^^,  welche  zur  Aufbewahrung  der  priesterlichen  Gewänder, 
der  Musikinstrumente    und  wohl  auch    der  Tompelschätze  dienen. 


1  Spiegel  Avesta  II,  LXX. 

2  2  Chr.  3,  4  wird  für  den  Ulam  die  ganz  unwahrscheinliche  Höhe  von 
120  Ellen  ----  60  Meter  (!)  angegeben;  offenbar  ist  statt  nnK-Vl  ^**'h  ^^1**  °'"'.r5r; 
zu  lesen. 

2* 

vn 


20 


Prof.  Dr.  Heinrich  Redisch. 


VIII 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc.  21 

Der  Zugang  zu  den  Kammern  befindet  sich  im  Innern  des  Hekal, 
und  Wendeltreppen  o'b^h  führten  von  einem  Stockwerk  zu  dem  an- 
deren. Dieser  kunstvolle  Holzbau  ist  ein  bit  hillani.  Man  beachte: 
1  Kön.  6,  4  wird  gleich  zu  Beginn  der  Beschreibung  des  Hekal  ge- 
sao-t:  ■r.'pri  rrn*?  t'V"  wt^vcii  a'E'pr,  eine  wahre  crux  interpretum.  Hier 
ist  nicht  von  „verschlossenen  und  vergitterten  Fenstern"  die  Rede. 
Was  sollte  auch  der  status  constructus  'Ji"?-?  Das  dunkle  'jibn  ist 
nichts  anderes  als  der  hettitische  bautechnische  Ausdruck  hillani  in 
kananäischer  Aussprache  hillöni.  Er  baute  dem  Hause,  d.  h.  der 
St  ein  Umfassung  ein  hillani  ein.  Er  errichtete  „Holzsäulen"  n'Biptt*, 
welche  durch  eine  Holzwand  miteinander  verbunden  ü^n^m  waren, 
während  im  Libanonwaldhaus,  wo  derselbe  Ausdruck  a'p^pt  steht, 
die  Holzwand  fehlte  und  die  Säulen  einen  „Durchblick"  gewährten. 
Der  technische  Ausdruck  für  das  Aufrichten  der  Säulen  ist  in 
den  assyrischen  Bauberichten  1  das  Verbum  „zakapu"  „aufrichten"; 
oftmals  aber  auch  „sakapu",  besonders  im  Praeteritum  „äskup" 
ich  errichtete  die  Säulen.  a'£-p"f  sind  daher  die  „aufgerichteten 
Holzsäulen",  welche  die  Stockwerke  trugen.  Von  „Fenstern"  kann 
nach  dem  Zusammenhange  nicht  die  Rede  sein,  da  der  Schrift- 
steller ja  erst  den  Hekal  zu  beschreiben  beginnt.  Wohl  aber  kann 
die  Beschreibung  damit  beginnen,  daß  der  Hekal  als  ein  hillani 
mit  Holzsäulen  geschildert  wird.  Die  Fenster,  die  gar  nicht  er- 
wähnt sind,  befinden  sich  im  Oberraum  des  hillani,  wie  bereits 
dargelegt  wurde. 

Ezechiel  läßt  den  kunstvollen  Seitenanbau  fort  und  auch 
im  herodianischen  Tempel  war  er  nicht  vorhanden.  An  Stelle  der 
Bühnen  war  eine  Mauer  von  der  Stärke  des  mittleren  Stock- 
werkes 6  Ellen.  Offenbar  war  man  in  späterer  Zeit  nicht  mehr 
imstande  eine  so  kunstvolle  Holzkonstruktion  aufzuführen,  wobei 
wohl  auch  die  eminente  Feuersgefahr  mitbestimmend  war,  eine 
so  wesentliche  Änderung  an  dem  Heiligtum  vorzunehmen.  Es  ist 
das  Verdienst  Friedrichs,-  erkannt  zu  haben,  daß  der  Seitenbau 
im  Innern  des  Tempels  gesucht  werden  muß.  In  der  Deutung 
des  Ausdruckes  n'v'?'^  jedoch  als  Rippen,  gleich  den  Schiffsrippen, 
ist  er  auf  eine  falsche  Fährte  geraten.  Die  von  Friedrich  an- 
geführte keilinschriftliche  Stelle  spricht  von  Teilen  des  Schiffes, 
welche  nach  Teilen  des  tierischen  Körpers  benannt  werden  — 
heißt  ja  auch  „elippu"   Schiff,  wie  nach  dem  aramäischen  HBha  zu 

1  Assurbaripal  Rassam  Cyl.  col.  X,  101  und  102,    Delitzsch,    Handwörter- 
buch 691°. 

2  a.  a.  O. 

IX 


22 


Prof.  Dr.  Heinrich  Redisch. 


CO 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc. 


23 


XI 


24  Prof.  Dr.  Heinrich  Redisch. 

schließen  ist:  „Rumpf".  Daß  tt,  der  an  die  Steinmauer  angelehnt, 
im  Innern  des  Tempels  errichtete  Seitenbau  ist,  geht  noch  aus 
folgender  Erwägung  hervor.  Bit  hillani  heißt  auch  bit  appati.^ 
appati  =  talm.  xnss,  durch  welches  baba  bathra  61^  unser  rr  er- 
klärt wird.  Zweifellos  ist  auch  Jer.  22,  14  ^yibn  nichts  anderes  als 
ein  bit  hillani,«  welches  der  König  Sallum  aufführen  läßt  und  des- 
wegen von  Jeremia  getadelt  wird. 

Die  Höhe  des  Gebäudes  wird  1  Kön.  6,  2  mit  30  Ellen  an- 
gegeben, da  nun  alle  Maße  vom  Standpunkt  des  im  Innern  des 
Tempels  stehenden  Beobachters  gedacht  sind,  so  ist  auch  die  Höhe 
von  30  Ellen  so  zu  verstehen,  d.  h.  der  Hekal  war  30  Ellen  hoch. 
Nun  entsteht  eine  Unklarheit  dadurch,  daß  der  D«bir  als  ein  Kubus 
von  20  Ellen  Dimensionen  beschrieben  wird.  Das  AUerheiligste 
war  demnach  20  Ellen  hoch.  Stade,  sowie  die  meisten  Erklärer, 
nehmen  daher  einen  Raum  von  10  Ellen  über  dem  AUerheiligsten 
an,  ohne  daß  dafür  im  Texte  eine  Stütze  zu  finden  wäre.  Man 
wird  daher  daran  festhalten  müssen,  daß  der  Ulam  und  der  D'^bir 
20  Ellen,  der  in  der  Mitte  zwischen  beiden  stehende  Hekal  30  Ellen 
hoch  war,  woraus  sich  eine  nach  schönster  Symmetrie  errichtete 
Basilika 3  mit  dem  mittleren  der  zwei  Seitenteile  um  10  Ellen  über- 
ragenden Mitteltrakt  ergibt. 

An  den  Seiten  dieses  überragenden  Teiles  waren  die  Fenster 
angebracht,  durch  welche  von  oben  das  Licht  in  das  Innere  fiel. 
Der  D^bir  war  vollständig  dunkel,  denn  „die  Gottheit  thront  im 
Dunkeln",  während  der  Ulam  durch  die  Türe  erleuchtet  wurde. 
Der  Grundriß  des  Tempels  läßt  vermuten,  daß  neben  den  drei 
Haupträumen  auch  verschiedene  Nebenräume  vorhanden  waren, 
welche  1  Kön.  6  u.  ff.  nicht  genannt  werden.  Doch  ist  2  Kön.  23,  11 
und  1  Chron.  26,  18  von  einem  solchen  Nebenraum  nn-is  die  Rede. 
Dieser  Raum  befand  sich  hinter  dem  D^bir.  Middoth  IV,  7  wird 
von  einem  Tore  hinter  dem  Gemach  der  Vorhänge  =  Alier- 
heiligstes  gesprochen.  Dieses  Tor  ist  nach  Estori  ha  Parchi  im 
Westen,  und  zwar  gegenüber  der  Mitte  des  AUerheiligsten 
und  heißt  Parbar  Tor.''  Parbar  nach  Lewy  WB.  pers.  A^J:i  „Schatz" 

1  Siehe  Meissner  und  Rost.  Noch  einmal  bit  hillani  a.  a.  0. 

2  Barth  ZA.  3,  93. 

3  Auch  die  palmyren Ischen  Tempel  hatten  die  Form  der  Basilika,  siehe 
Lidzbarskl  Ephem.  II,  S.  278:  ^3  na  n  snan  ipSo^a  n  m'jD  n  jn^nti'  |^«,  . .  .  welche 
die  sechs  messingenen  Türflügel  in  der  großen  Basilika  des  Beltempels 
[herstellen  ließen]. 

4  Grünhut,  Zeitschr.  d.  P.  V.  31,  S.  289. 

XII 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc. 


25 


0-^ 


XIII 


26 


Prof.  Dr.  Heinrich  Redisch. 


xn 


Der  bit  hillani  und  seine  Verwendung  etc.  27 

ist  die  Schatzkammer  und  hat  seine  Analogie  in  den  griechischen 
Tempeln,  wo  der  Raum  hinter  dem  Adyton  „Opisthodon"  genannt 
wurde  und  zur  Aufbewahrung  der  Schätze  diente.  So  wurde  der 
Staatsschatz  des  athenischen  Reiches  seit  438  im  Opisthodon  des 
Parthenon  aufbewahrt.^  Von  den  Nebenräumen  des  Ulam  war 
bereits  die  Rede. 

Das  Libanonwaldhaus. 

Das  zweite  Bauwerk  des  Salomo,  das  Libanonwaldhaus,  wird 
1  Kön.  7  ff.  näher  beschrieben.  Hier  fällt  zunächst  auf,  daß  die 
Dimensionen  mit  dem  des  Tempels  beinahe  ganz  übereinstimmen. 
Die  Länge  ist  wie  beim  Tempel  100  Ellen,  die  Höhe  30  Ellen,  nur 
die  Breite  ist  um  10  Ellen  kleiner,  50  Ellen  gegen  60  des  Tempels. 
In  drei  Reihen  —  so  muß  man  nach  LXX  gegen  den  masoretischen 
Text,  welcher  von  vier  Reihen  spricht,  lesen  —  sind  Säulen  auf- 
gestellt, je  15  in  einer  Reihe,  zusammen  45.  Diese  Säulen  sind,  wie 
beim  Tempel,  Träger  von  Bühnen  und  Kammern.  In  der  Anordnung 
dieser  drei  Säulenreihen  sind  die  Forscher  nicht  einig;  man  ver- 
gleiche die  Zeichnungen  bei  Stade  und  Benzinger.  Ordnet  man 
die  Säulen  so,  daß  die  erste  Reihe  in  einer  Entfernung  von  5  Ellen 
von  der  Hauptwand  steht,  die  zweite  20  Ellen  von  der  ersten,  die 
dritte  10  Ellen  von  der  zweiten  entfernt  ist,  so  ist  der  dadurch  ge- 
bildete Grundriß  identisch  mit  dem  Grundriß  des  Tempels  und  dem 
des  bit  hillani.  Wir  haben  wieder  einen  dreigeteilten  Raum,  in 
welchem  der  mittlere  Teil  die  größte  Ausdehnung  hat  und  eine 
Halle  darstellt.  In  dieser  Halle  war  der  v.  7  genannte  Thron,  auf 
welchem  der  König  Recht  sprach,  aufgestellt.  Auch  hier  heißen  die 
Säulen  a'B'ipp;  doch  da  sie  nicht,  wie  beim  Tempel,  durch  eine 
Holzwand  verbunden  sind,  sondern  freistehen  und  einen  „drei- 
fachen Durchblick"  D'ssrs  irbtt»  ntna  ba  nmm  gewähren,  so  fehlt  hier 
der  Ausdruck  ü'fsaK. 

Fassen  wir  die  Resultate  unserer  Untersuchung  zusammen, 
so  ergibt  sich:  der  den  assyrischen  Königsiuschriften  genannte 
hettitische  bit  hillani  ist  ein  Holzpalast  mit  einem  drei- 
geteilten Grundriß,  ein  Hallenbau  von  einer  Steinmauer 
umfaßt.  Der  Tempel  Salomos  und  das  Libanonwaldhaus 
sind  bit  hillani.  ^3l'?n  ist  von  dem  Massoreten  mißverstanden 
worden  und  ist  als  hillani  anzusprechen,  a^z^pp  =  Holzsäulen,  ü'ö^k 
bedeuten  die  Holzverschlüsse  zwischen  den  Säulen. 


1  Müller,  Handbuch  des  Altertums.  V.  19. 


XV 


Der  israelitische  Prophetismus. 

Von  Zwi  Karl,  Lemberg. 

,Die  historische  Größe  eines  Volkes  ist  nicht  durch  kriege- 
rische Ruhmes-  und  nationale  Heldentaten  bedingt,  sie  hängt 
im  letzten  Grunde  von  den  Leistungen  ab,  mit  welchen  es  den 
geistigen  und  sittlichen  Fortschritt  des  ganzen  Menschengeschlechtes 
gefördert  hat."i  Israel  hat  instinktiv  die  Wahrheit  dieser  These 
empfunden.  Denn  wiewohl  seine  Geschichte  keinen  Mangel  an 
kriegerischen  Helden  aufweist,  so  baut  es  doch  nicht  seinen  Stolz 
auf  die  Zeugen  seiner  physischen  Kraft  und  seines  unerschrockenen 
Mutes,  als  vielmehr  auf  seine  Leistungen  in  sittlicher  und  reli- 
giöser Hinsicht.  Daher  haben  die  Juden  in  ihrem  Herzen  wie  in 
ihrem  Schrifttum  das  schönste  Denkmal  ihren  Propheten  gesetzt, 
den  erleuchteten  Männern,  die  sich  um  die  sittliche  und  religiöse 
Größe  ihres  Volkes  das  größte  Verdienst  erworben  haben.  Zwar 
hat  die  Arbeit  auf  dem  Gebiete  der  Religiosität  und  Sittlichkeit 
mit  dem  Abtreten  der  Propheten  vom  Schauplatze  noch  lange 
nicht  aufgehört.  Man  darf  nämlich,  wie  auch  Schwarz  bemerkt,^ 
in  den  Schriftgelehrten  die  Nachfolger  der  Propheten  erblicken. 
Doch  reicht  deren  Bedeutung  lange  nicht  an  die  Größe  der  Pro- 
pheten, die  in  einer  Zeit  des  Tiefstandes  des  sittlichen  und  reli- 
giösen Niveaus  es  vermochten,  sich  zur  höchsten  Stufe  sittlichen 
und  religiösen  Empfindens  emporzuschwingen  und  um  dieses 
allgemein  zur  Geltung  zu  bringen,  sich  nicht  scheuten,  in  einen 
zeitlebens  währenden  Kampf  einzutreten,  der  nicht  selten  mit 
Gefahr  für  Leib  und  Leben  verbunden  war. 

Es  kann  daher  nicht  wundernehmen,  daß  man  zu  allen  Zeiten 
den  Versuch    gemacht    hat,    über    das  Wesen    dieser  Männer    und 


»  Schwarz,  Der  Miscbneh  Thora,  Einleitung. 
2  Daselbst. 


30  Zwi  Karl. 

deren  Wirken  sich  einen  klaren  Begriff  zu  verschaffen.  Allein 
wenn  auch  die  überreiche  Literatur  auf  diesem  Gebiete  auf  den 
ersten  Blick  den  Anschein  erweckt,  daß  die  Forschung  den  Gegen- 
stand bereits  vollständig  erschöpft  hat,  so  wird  man  bei  einer 
näheren  Betrachtung  leicht  von  der  Unrichtigkeit  solcher  An- 
nahme überzeugt.  Wir  wollen  daher  in  nachstehenden  Zeilen  ver- 
suchen, einen  wenn  auch  kleinen  Beitrag  zur  Aufhellung  manchen 
Dunkels  auf  besagtem  Gebiete  zu  liefern. 


Seit  den  ältesten  Zeiten  und  schon'  mit  den  ersten  Kultur- 
anfängen gibt  sich  beim  Menschen  das  Bestreben  kund,  die  Zu- 
kunft zu  erforschen.  Es  liegt  nämlich  einerseits  im  menschlichen 
Naturell,  sich  mit  den  bereits  erlangten  Erkenntnissen  nicht  zu 
begnügen,  sondern  immerfort  nach  neuen  Erkenntnissen  im  Gebiete 
des  Unbekannten  zu  streben.  Anderseits  hat  der  Mensch  zuweilen 
auch  praktisches  Interesse,  die  Geheimnisse  der  Zukunft  zu  er- 
fahren. Der  Glaube  aber  an  die  Möglichkeit,  die  Zukunft  zu  ent- 
schleiern, wird  wohl  dank  gewissen  Zufällen  entstanden  sein.  So 
mochten  gewisse  Geschehnisse,  die,  weil  sie  durch  ihre  Ungewöhn- 
lichkeit  auffielen  und  beim  Beobachter  je  nach  ihrem  Inhalte  eine 
schreckhafte  oder  freudige  Gemütsbewegung  hervorriefen,  Furcht 
oder  Hoffnung  erzeugten,  als  ungünstige,  beziehungsweise  günstige 
Vorzeichen  gedeutet  worden  sein,  sobald  sich  zufällig  das  eine 
oder  das  andere  Mal  jene  Furcht  oder  Hoffnung  als  begründet 
erwies.  Anderseits  mochten  auch  Träume,  die  bisweilen  Bilder 
von  später  sich  abspielenden  Ereignissen  vorführen,  den  Glauben 
erwecken,  daß  die  Götter  dem  Menschen  nicht  verwehren  wollen, 
mitunter  in  ihre  Pläne  und  Ratschlüsse  einen  Blick  zu  tun.^  Man 
gewöhnte  sich,  daher  den  Mitteilungen  der  Träume  öfters  Glauben 
zu  schenken  und  ebenso  jedes  Phänomen  regelmäßig  in  besagter 
Weise  zu  deuten.  Man  blieb  aber  dabei  nicht  stehen,  sondern 
suchte  Mittel  und  Wege,  der  Gottheit  auch  dort,  wo  sie  schwieg, 
ihre  Geheimnisse  zu  entlocken.  Man  suchte  z.  B.  Träume  auf  Dinge 
zu  beziehen,  die  mit  den  Traumbildern  in  gar  keinem  Zusammen- 
hange stehen.2  Ebenso  lauschte  man  auf  allerhand  Naturereignisse 
und  suchte  sie,  mit  Recht  oder  Unrecht  zu  jenen  Dingen  in  Be- 
ziehung zu  bringen,   die  gerade  das  Interesse  des  Beobachters  in 


1  Gen.  41,  26. 

2  Vgl.  die  Träume  Gen.  37,  40  und  41. 


II 


Der  israelitische  Prophetismus.  31 

Anspruch  nahmen.  ^  Erfahrung  und  Einsicht  einerseits,  Einfalt  und 
Kurzsichtigkeit  anderseits  mögen  im  Verein  mit  dem  Zufall  Ursache 
davon  gewesen  sein,  daß  die  Wahrsagerei  in  der  geschilderten 
Form  Jahrtausende  hindurch  Anerkennung  fand. 

Auch  der  hebräische  Prophetismus  entsprang  dem  Bedürfnis, 
das  Kommende  zu  erfahren.  Doch  erscheint  im  Laufe  seiner  Ent- 
wicklung diese  Kenntnis  nicht  als  Ziel  des  hebräischen  Propheten ; 
sie  wird  vielmehr  von  ihm  bloß  in  den  Dienst  höherer  sittlicher 
Ziele  gestellt  und  er  schwingt  sich  auf  dem  Wege  zu  diesen 
Zielen  zu  einer  Höhe  empor,  auf  welcher  er  seine  Berufsgenossen 
unter  anderen  Völkern  weit  überragte. 

Bevor  wir  jedoch  in  eine  genauere  Erörterung  des  Wesens 
des  Prophetismus  eingehen,  möchten  wir  vorausschicken,  daß  die 
Propheten  als  Roim  wie  als  Nebiim-  und  ausnahmsweise  sogar 
als  Bene-hanebiim3  bezeichnet  werden.  Da  es  anderseits  erwiesen 
ist,  daß  die  verschiedenen  Bezeichnungen  ursprünglich  verschie- 
denen Kategorien  entsprachen,''  so  erscheint  es  notwendig,  sich 
über  das  Wesen  aller  dieser  drei  Kategorien  klar  zu  werden,  um 
deren  nachherige  Identifizierung  begreifen  zu  können.  Wir  stellen 
zunächst  die  Frage: 

Was  sind  die  Nebiim? 

Bei  Beantwortung  dieser  Frage  wird  es  am  einfachsten  sein 
von  dem  Begriff  „2'd"  auszugehen,  worauf  der  Ausdruck  Nabi  (k^^j) 
offenbar  zurückgeht,  „ys"  bedeutet  „Rede",  „x^no"  heißt  beredt, 
der  in  der  Redekunst  geübte,  der  Redner.^  Zu  den  wohl  viel- 
fachen Funktionen  des  Redners  zählen  wir  in  erster  Reihe  die 
Verrichtung  des  Gebetes  und  der  sich  ihm  anschließenden  Lob- 
gesänge. Es  war  wohl  nicht  Sache  eines  jeden  Laien,  Gebete  zu 
verrichten,  deren  Abfassung  sowohl  hinsichtlich  des  Inhaltes  als 
auch  bezüglich  der  Form  immer  eine  gewisse  Kunstfertigkeit 
voraussetzt.  Dies  erklärt  wohl  die  Erscheinung,  daß  in  alter  Zeit 
als  Beter  gewöhnlich  nicht  die  hilfsbedürftige  Person  selbst,  son- 

1  Von  dieser  Art  sind  auch  die  Omina  Eliesers  und  Jonathans,  vgl.  Gen.  24 
und  I.  Sam.  14,  9  f. 

2  Vgl.  I.  Sam.  9,  9. 

3  II.  Reg.  9,  1  ff. 

*  Die  Nebiim  zur  Zeit  Samuels  waren  keine  R(Mm.  Daß  man  durch  die 
Hinzufügung  des  Wörtchens  ':2  zu  c'N'2:n  etwas  von  den  Nebiim  verschiedenes 
bezeichnen  will,  braucht  nicht  erst  gesagt  zu  werden. 

5  Die  Resultate  der  Untersuchung  des  Begriffes  Nabi  durch  Redslob  in 
seinem  „Begriff  des  Nabi  bei  den  Hebräern"  können,  wie  uns  scheint,  zu 
unserem  Zwecke  wenigstens  direkt  nicht  verwendet  werden. 

III 


32  Zwi  Karl. 

dem  vielmehr  eine  Mittelsperson  erscheint.  Der  „"nn^  n'''?u''',  der 
Gemeindevertreter,  spielt  noch  in  späterer  Zeit  beim  Gottesdienste 
der  Juden  die  Hauptrolle.^  Solche  ßeter  werden  in  biblischer  Zeit 
Nebiim  genannt.  „Gib  zurück  die  Frau  des  Mannes,"  heißt  es,  „denn 
er  ist  ein  Nabi,  so  wird  er  für  dich  beten  und  du  wirst  am  Leben 
bleiben,"'  Solche  Beter  waren  wohl  die  Nebiim  zur  Zeit  Samuels. 
Deren  Gebete,  beziehungsweise  Lobpreisungen  wurden  von  diesen 
wahrscheinlich  singend  unter  Musikbegleitung  vorgetragen.  Ihre 
Vortragsweise  war  von  hinreißender  Wirkung  auf  ihre  Zuhörer.' 
Wir  begegnen  ihnen  in  Ausübung  ihrer  Funktion,  während  sie  in 
einer  Prozession  von  der  Opferhöhe  herabwallen.  Ein  andermal 
sehen  wir  sie  in  Gesellschaft  Samuels  ihres  Amtes  walten.  Daß  diese 
Nebiim  eine  geschlossene  Gruppe,  eine  Art  Orden  bildeten,  ist  nicht 
ersichtlich.  Daß  wir  ihnen  nur  scharenweise  begegnen,  kann  dies 
keineswegs  erhärten.  Hingegen  kann  der  unvermutete  Anschluß 
Sauls  an  dieselben''  eher  für  das  Gegenteil  sprechen.  Aus  der  In- 
stitution dieser  Nebiim  mochten  sich  die  späteren  Tempelsänger 
entwickelt  haben,  deren  bekannten  Vertreter  die  Asaphiten,  Hej- 
maniten  und  Jeduthuniten  waren.^ 

In  welchem  Verhältnisse  aber  stehen  die  erwähnten  Nebiim 
zu  den  Nebiim  Ahabs,  unter  denen  Zidkijah  ben  Kenaana  die  be- 
kannte klägliche  Rolle  spielt? 

Daß  diese  Nebiim  vom  Propheten  nicht  zu  unterscheiden 
sind,  geht  aus  den  bezüglichen  Berichten^  unzweideutig  hervor. 
Die  Nebiim  sind  hier  diejenigen,  die  der  israelitische  König  zu 
dem  Behufe  vor  sich  kommen  läßt,  um  von  ihnen  den  Ausgang 
des  von  ihm  begonnenen  Krieges  zu  erfahren.  Die  große  Zahl, 
die  gleichzeitig  dem  König  ihren  Prophetenspruch  verkünden,  darf 
mit  den  Scharen  obgedachter  Nebiim  um  so  weniger  in  Parallele 
gestellt  werden,  als  ihr  Zusammentreffen  nur  einem  Zufall  zu 
verdanken  ist.  Treibt  sie  doch  Ahab  in  solch  ungeheurer  Menge 
nur  aus  dem  Grunde  zusammen,  um  die  gewünschte  Prophezeiung 
auf  ihre  Richtigkeit  prüfen  zu  können.'  Der  monotonen  Antwort 

'  Vgl.  die  bezüglichen  Stellen  in  den  Traktaten  Berachoth,  Roscb  haschanah, 
Megilla. 

2  Gen.  20,  7. 

3  I.  Sam.  10,  10;  19,  20  ff. 
*  Daselbst. 

'  I.  Chron.  25. 
6  I.  Reg.  22,  5  ff. 

'7  Den  Mikhajhu  ben  Jimla  läßt  er  ganz  beiseite,  weil  er  zu  ihm  gar 
kein  Vertrauen  hat. 

IV 


Der  israelitische  Prophetismus.  33 

derNebiim  liegt  nicht  eine  bestimmte  Form  zugrunde,  nach  welcher 
sich   der  Prophetenspruch  zu  richten    hatte,    sie  ist  vielmehr  die 
Folge   mechanischer  Nachahmung   und    des  Mangels   an    innerem 
Empfinden.    Eben  das  Monotone  in  der  Form  fällt  dem  Josaphat 
auf  und  er  sieht  sich  deshalb  um  nach  einem  anderen  Propheten, 
um  bei    ihm    den    gewünschten  Bescheid    einzuholen.    Gleichwohl 
muß  angenommen  werden,    daß    die  oben  erwähnte  Funktion  der 
Nebiim    aus    der    Zeit   Samuels    auch    den    Nebiim    des    in    Rede 
stehenden  Zeitalters  oblag.  Besteht  doch  augenscheinlich  zwischen 
den  von  Ahab  verfolgten  Jahve-  und  den  Baalpropheten,  abgesehen 
von    der    Gottheit,    in    deren    Namen    sie    ihren   Beruf    ausüben, 
wesentlich  kein  Unterschied.  Nun  wird  aber  von  den  Baalpropheten 
berichtet,    daß    sie    beim    Opfer   ihre  Gebete    und   Lobpreisungen 
anstimmten,  1  weshalb  diese  Funktion  auch  den  Jahve  -  Nebiim  zu- 
geschrieben werden  muß.  In  diesem  Sinne  wohl  bezeichnet  sich  Elia 
als  Nabi.2  Er  meint,  obwohl  die  Baalanbeter  in  großer  Zahl  vertreten 
sind,  die  Zahl  der  Jahveanbeter  aber  sich  auf  ihn  allein  beschränke, 
sei  er  doch  der  Überzeugung,  sein  Flehen  werde  erhört  werden. 
Sehen  wir  jetzt,  welchen  Wirkungskreis  der  Röe  (Seher)  hat. 
Der  Seher  oder  der  Prophet   ist  bekanntlich   derjenige,    der 
den  Schleier  von    dem    dem    menschlichen  Auge  Verborgenen  zu 
lüften  weiß    oder  ebendies    behauptet.    Man  wendet    sich    an    ihn, 
um    das  Unbekannte    zu    erfahren,    sei  es,    daß    man    durch    diese 
Kenntnis    einen  Vorteil  erreicht  oder  zu  erreichen  hofft.    Sowohl 
in  privaten  als  auch  in  wichtigen  Staatsangelegenheiten  zieht  man 
ihn  zu  Rate.    Seine  Allwissenheit  führt  der  Prophet  auf  Gott  als 
deren  Urheber  zurück  und  führt  als  solcher  das  Prädikat  „a\-i'?K  tt?^«" 
(Gottesmann). 3  Neben  diesem  führt  er  auch   den  Beinamen  „nsn" 

'  Daß  „«23nn"  nicht  den  Begriff  des  ekstatischen  Tanzes  bezeichnet,  wie 
Kölscher  (Die  Propheten)  meint,  folgt  unwiderleglich  aus  I.  Reg.  18,  26,  29,  wo 
zwischen  dem  Tanz  und  „xajnn"  deutlich  unterschieden  wird.  „N3:nn"  ist  das 
formvollendete  Beten  mit  den  Gesängen  und  Lobpreisungen,  umfaßt  aber  nicht 
ein  formloses  kurzes  Gebet,  wie  „13:v  H'-H". 

J  I.  Reg.  18,  22. 

3  Anzunehmen,  daß  „cn'?«  C'X"  unter  Berücksichtigung  von  I.  Sam.  28,  13 
die  Bedeutung  hat  von  „nnn  C'K"  und  daß  dieser  Titel  ihm  vom  Geiste,  von 
dem  er  besessen  ist,  beigelegt  wird,  ist  unzulässig,  weil  in  I.  Sam.  28,  13  „cn.x" 
nicht  Geist,  sondern  Gott  bedeutet  und  durch  die  Tatsache,  daß  die  Manen  bej 
den  Alten  als  Götter  angesehen  wurden,  gerechtfertigt  erscheint.  Daß  „cTiSk  C'k" 
nicht  determiniert  ist,  spricht  nicht  gegen  die  Beziehung  von  „D>n'?K"  auf  Gott; 
vielmehr  könnte  aus  diesem  Umstände  der  Schluß  gezogen  werden,  daß  die 
Bezeichnung  „D>r\hn  V'H"  schon  aus  der  Zeit  des  strengen  Monothoismus  stammt, 
als  nämlich  der  Gottesname  „d'H^n"  sich  bereits  zu  einem  nomen  proprium 
Festschrift.  3 

V 


34  Zwi  Karl. 

oder  „riTin"  =  Seher,  von  seiner  Fähigkeit,  in  die  Zukunft  zu  blicken, 
beziehungsweise  das  Verborgene  zu  sehen/  daher  das  von  ihm 
Gesehene  „pm"  oder  „nxniü"  genannt  wird.  Als  Gottesmann  wird 
von  ihm  vorausgesetzt,  daß  sein  Gebet  erhört  wird.  Man  wendet 
sich  daher  an  ihn  in  der  Stunde  der  Not,  um  Gott  durch  seine 
Fürsprache  günstiger  zu  stimmen.^  Diese  Tätigkeit  hat  der  Röe 
mit  dem  Nabi  gemein  und  vielleicht  ist  es  neben  der  rednerischen 
Begabung  auch  diesem  Umstände  zu  verdanken,  daß  dem  Röe 
zuletzt  der  Name  Nabi  beigelegt  wird. 

Die  geschilderten  Funktionen  lassen  den  Seher  eine  ähnliche 
Rolle  bei  den  Hebräern  spielen,  wie  die  der  Wahrsager  bei  anderen 
Völkern,  etwa  wie  die  des  Kähin  bei  den  Arabern,  die  der  Pythia  bei 
den  Griechen  —  auch  weibliche  Propheten  gibt  es  bei  den  Hebräern. 
Doch  der  hebräische  Seher  bleibt  bei  den  erwähnten  Funktionen 
nicht  stehen.  Der  Prophet  hat  ein  höheres  Ziel  vor  Augen,  dem 
er  entgegenstrebt.  Die  Sitten  seines  Volkes,  die  seiner  Könige  zu 
verbessern,  deren  Moral  zu  heben,  den  Götzendienst  auszurotten 
und  das  Volk  im  Unglück  zu  trösten^  dies  ist  das  hehre  Ziel,  das 
sich  die  Propheten  gesteckt  und  in  dessen  Dienst  sie  ihre  Fähig- 


entwickelt  hat.  Nun  wird  darauf  hingewiesen,  daß  in  einer  Stelle  eines  medi- 
nensischen  Dichters  Kähin  und  der  „Besitzer  eines  'iläh"  nebeneinandergestellt 
werden.  Aber  abgesehen  daj^on,  daß  das  Arabische  für  die  Bedeutung  des 
„□'n^x  C'x"  bei  den  Hebräern  nicht  viel  beweisen  würde,  bleibt  es  noch  eine 
offene  Frage,  ob  „'iläh"  die  Bedeutung  Dämon  gehabt  habe.  Denn  sein  Denomi- 
nativ, welches  „verwirrt  sein"  bedeutet,  könnte  auch  auf  'iläh  in  der  Bedeutung 
Gott  zurückgeführt  werden,  indem  in  dem  Verwirrtsein  etwas  Übermenschliches, 
Göttliches  erblickt  wurde.  Vgl.  Kölscher,  Die  Propheten  S.  127,  N.  2. 

1  Holscher  (Die  Propheten,  S.  127)  meint,  der  babylonische  Seher,  bara, 
hat  „mit  der  Beobachtung  der  Omina  zu  tun;  seine  Sache  ist  die  Opferschau, 
Becherwahrsagung,  Vogelschau,  Wolkendeutung  usw.  Es  ist  also  die  gleiche 
Verwendung  des  Begriffes  „sehen",  wie  sie  in  den  Ausdrücken  olovoaaonög, 
d-vocKOTiög,  auspex,  haruspex  vorliegt.  Was  man  schaut,  sind  nicht  die  zu- 
künftigen Dinge  selbst,  sondern  das  siiinenfällige  Zeichen,  aus  dem  man  die 
Zukunft  erschließt  und  deutet".  Es  liegt  also  nahe,  dem  hebräischen  Röe  die 
gleichen  Funktionen  zuzuschreiben.  Allein  der  Umstand,  daß  der  Wolkendeuter 
(fjiyo),  sowie  der  Becherwahrsager  der  ü'nJO,  welcher  übrigens  mit  der  Beob- 
achtung allerhand  Naturzeichen  zu  tun  hat,  niemals  das  Epitheton  Röe  führen, 
läßt  es  sehr  gewagt  erscheinen,  in  dem  Röe  der  Hebräer  den  Baru  der  Baby- 
lonier  zu  erblicken.  —  Auch  die  Annahme,  daß  die  Bezeichnung  Röe  von  der 
vom  Seher  erlebten  Vision  abzuleiten  sei,  ist  zurückzuweisen,  da  einerseits  der 
Seher  seine  Erfahrungen  nicht  immer  auf  Visionen  zurückführt  und  anderseits 
die  Erscheinungen  gewöhnlich  sich  nicht  als  Gesichts-,  sondern  Gehörwahr- 
nehmungen erweisen.  Vgl.  I.  Sam.  3. 

>  I.  Reg.  13,  6;  II.  Reg.  5,  11;  19,  4. 

VI 


Der  israelitische  ProphetismuB.  35 

keit  zu  weissagen  stellten,^  Dieses  erhabene  Streben  erhebt  sie 
hoch  über  ihre  Berufsgenossen  bei  den  anderen  Völkern  und  ver- 
leiht ihnen  ein  ganz  eigenartiges  Gepräge. 

Wie  wird  der  Prophet  der  Offenbarung  inne? 

Um  von  der  mosaischen  Offenbarung  abzusehen,  die  sich  für 
eine  wissenschaftliche  Untersuchung  überhaupt  nicht  eignet,  gibt 
sich  bei  den  Propheten  die  Offenbarung  vermittels  des  Traumes 
oder  der  Vision  kund.^  Über  das  Wesen  des  prophetischen  Traumes 
schweigen  unsere  Quellen.  Im  allgemeinen  dürfte  er  sich  vom 
gewöhnlichen  Traume  wesentlich  kaum  unterscheiden.^  Der  Unter- 
schied aber  zwischen  dem  Propheten  als  Träumer  und  dem  ge- 
wöhnlichen Träumer  (oibn  üh^n),  der  ebenfalls  aus  seinen  Traum- 
bildern Schlüsse  für  die  Zukunft  zieht,  mochte  wohl  darin  be- 
stehen, daß  während  jener,  insofern  ihm  der  Traum  als  Vorzeichen 
erschien,  sich  das  Zukunftsbild  im  allgemeinen  dem  Traumbild 
genau  entsprechend  vorstellte,  dieser  im  Traume  verblümte  An- 
spielungen auf  Dinge  erblickte,  zu  denen  die  Traumbilder  ohne 
Deutung  in  gar  keiner  Beziehung  stehen. 

Etwas  mehr  als  über  den  Traum  erfahren  wir  über  den  Zu- 
stand des  Propheten  während  der  Vision.  Aus  dem,  wie  uns 
Ezechiel  seine  Vision  schildert,  erfahren  wir,  daß  er  sich  dabei 
in  einem  halb  schlafenden,  halb  wachenden  Zustand  befindet.  Er 
fällt,  während  allerhand  Bilder  an  seinem  geistigen  Auge  vorüber- 
ziehen, zu  Boden,  ermannt  und  erhebt  sich  jedoch  bald  wieder, 
immerfort  im  trunkenen  Zustande.  Dieser  hält  ziemlich  lange  an, 
ja  sogar  nach  dem  Verschwinden  der  visionären  Bilder.  Visions- 
erlebnisse dieser  Art  scheint  der  Pentateuch  von  Abraham  und 
Bileam  erzählen  zu  wollen.''  Die  psychologische  Erklärung  dieser 
Erscheinung  siehe  bei  Kölscher.^ 

Die  Ursache  des  geschilderten  visionären  Zustandes,  bezie- 
hungsweise dieser  Zustand  selbst,  wird  als  „Hand  Gottes"  be- 
zeichnet. Die  Hand  als  Ursache  ist  im  Hebräischen  ein  Terminus 
für  den  Schlag,  den  man  jemandem  versetzt,  beziehungsweise  für 
jede  Krankheit,   jedes  Unglück,  von  dem  man  heimgesucht  wird.« 

1  Ausführlicheres  darüber  findet  man  bei  Knobel,  Der  Prophetismus  der 
Hebräer,  Einleitung. 

»  Num.  12,  6. 

5  Ob    „nh-^hn  niNnr2"    sich    vom    gewöhnlichen    Traum    unterscheidet,    ist 

ungewiß. 

4  Gen.  17,  3;  Num.  24,  4.  16. 

5  Die  Propheten,  I.  Kapitel. 

«  Weil  hier  die  Hand  Gottes  als  Ursache  gedacht  wird. 

3* 
VlI 


36  Zwi  Karl. 

, Meine  Hand  sei  nicht  in  ihm,"  „Israel  sah  die  große  Hand,  die 
Gott  in  Ägypten  tat."  Da  der  visionäre  Zustand  eine  Verschiebung 
des  körperlichen  Gleichgewichtes  bedeutet  und  vom  Propheten 
einerseits  als  Leiden  empfunden  und  anderseits  seine  Ursache 
in  einem  speziellen  Eingreifen  Gottes  erblickt  wird,  so  wird  er 
als  „Hand  Gottes"  bezeichnet.  Wegen  seines  vorübergehenden 
Charakters  sagt  man  vom  visionären  Zustand  nicht,  die  Hand 
Gottes  ruht  in,  sondern  auf  dem  Propheten.  Das  plötzliche  Auf- 
treten dieser  göttlichen  Macht  wird  zuweilen  als  ein  Überfallen 
der  Hand  Gottes  gedacht.^ 

Was  die  Bilder  der  prophetischen  Träume  und  Visionen  an- 
langt, so  setzen  sich  in  diesen  offenbar  Impressionen,  die  der 
Prophet  im  wachen  Zustande  empfangen,  zu  Kompletten  zusammen, 
die  je  nach  der  Wirkung  der  Phantasie  mehr  oder  weniger  farben- 
reiche Bilder  liefern.  Vermutlich  werden  die  Bilder  nicht  mit  so 
scharfen  Umrissen  vom  Propheten  gesehen,  wie  sie  von  ihm  ge- 
zeichnet werden.  Vielmehr  wird  er  aus  so  manchem  Gewirre  nur 
das  Verständliche  herausgehoben  haben.  Bedenkt  man,  daß  der 
Prophet,  wie  wir  später  zeigen  werden,  die  Wirkung  der  Phantasie 
in  seinen  Träumen  oder  Visionen  erkannte,  dann  ist  man  keines- 
wegs berechtigt,  aus  den  geschilderten  Gesichten  Konsequenzen 
für  die  Glaubensmeinungen  des  Propheten  zu  ziehen.  Wir  dürfen 
ebensowenig  behaupten,  daß  Jesaias  die  reale  Existenz  der  Sera- 
phim im  Hofstaate  Gottes  vorausgesetzt  hat,  wie  es  ungereimt 
wäre  anzunehmen,  daß  Zacharias  sich  das  Vorhandensein  von 
speziellen  göttlichen  Boten  in  Gestalt  von  Pferden  vorstellte. 
In  allen  von  ihm  geschilderten  Visionen  erblickte  der  Prophet 
Andeutungen  für  seine  Mission,  weshalb  er  die  Bilder  uns  vor- 
zuführen für  nötig  erachtete,  die  er  jedoch  möglicherweise  selber 
nicht  ganz  verstand.  Bemerkt  sei  noch,  daß  der  in  den  Visionen 
erwähnte  „Malakh"  trotz  dieser  Bezeichnung  nicht  als  der  in  der 
Vorstellung  späterer  Zeit  existierende  Engel  aufgefaßt  werden 
darf.  Nehmen  wir  z.  B.  den  „Malakh"  bei  Zacharias,  so  erhält  dieser 
dies  Epitheton  erst  in  dem  Augenblicke,  wo  er  als  Sprecher  im 
Namen  Gottes  auftritt.  Auch  der  zweite  dort  auftretende  Malakh 
hat  bloß  die  Mission  der  Verkündung  im  Namen  Gottes  und  führt 
wohl  nur  als  solcher  diese  Bezeichnung.  Ezechiel,  der  in  der 
Vision  den  Sprecher  nicht  sieht,  erzählt  von  einer  Stimme,  die 
an  sein  Ohr  dringt.  Ebenso    spricht  er  von  einer  Hand,    die  sich 


1  Ezech.  11,  5. 

VIII 


Der  israelitische  Prophetismus.  37 

ihm  entgegenstreckt,  dort,  wo  deren  Besitzer  unsichtbar  erscheint. 
Ein  anderer  Prophet  jedoch  bezeichnet  den  unsichtbaren  Urheber 
der  Berührung  und  Rede  als  Malakh.^  Mitunter  bezeichnet  man 
die  Stimme  Gottes,  die  bisweilen,  wie  bei  Ezechiel,  als  etwas  von 
Gott  Getrenntes  und  weiterhin  als  Gottesbote  gedacht  werden 
mochte,  als  Malakh.-  Von  einem  bestimmten  Wesen  aber,  das 
Malakh  heißt,  ist  in  den  Visionen  nirgends  die  Rede.  Auch  der 
Satan  in  der  Vision  Zacharias  ist  nicht  ein  einem  bestimmten 
Ressort  im  Reiche  Gottes  vorstehendes  Wesen;  vielmehr  handelt 
es  sich  hiebei  um  alle  diejenigen,  die  sich  den  Bemühungen  Jesuas 
um  den  Tempel  hindernd  in  den  Weg  stellten  und  die  der  Prophet 
insgesamt  mit  dem  Namen  Satan  (Hindernis)  bezeichnet.^  Es  sind 
dieselben  Personen,  durch  welche  sich  nach  der  Verheißung  des 
Malakh  Jesua  bahnbrechen  wird.^ 

Indessen  werden  prophetisch-visionäre  Elemente  oft  zum 
Substrat  volkstümlicher  Glaubensmeinungen. ^  Mitunter  mochte 
auch  der  Prophet  selbst  an  die  Realität  der  Bilder  seiner  Vision 
geglaubt  haben.  Von  Ezechiel  könnte  man  das  auf  Grund  von 
1,  28  behaupten.  Doch  erklärt  sich  diese  Eigenart  des  Propheten 
aus  dem  Umstände,  daß  ein  und  dasselbe  Bild  oftmals  vor  seinem 
geistigen  Auge  vorüberzog.^ 

Außer  den  erwähnten  zwei  Offenbarungsformen  gibt  es  noch 
eine  andere  Art  der  Offenbarung. 

Der  Prophet  fühlt  sich  nämlich  zuweilen  plötzlich  von  Be- 
geisterung ergriffen  und  zu  feuriger  Rede,  beziehungsweise  einer 
Handlung  ermuntert,  wobei  er  von  der  Überzeugung  durchdrungen 
ist,  daß  Gottes  Worte  seinem  Munde  entströmen,  beziehungsweise 
Gottes  Befehl  es  sei,  den  er  vollzieht  Diese  Begeisterung  kann 
auch  künstlich  erzeugt  werden.^ 

1  I.  Reg.  19,  5  f. 

2  Gen.  21,  17.  22.  11.  15;  I.  Reg.  13,  18;  IL  Reg.  1,  3,  siehe  Gunkel  zu 
Gen.  21. 

3  Gleichwohl  scheint  die  falsche  Auffassung  der  Prophetie  Zacharias  den 
Anlaß  zur  Vorstellung  der  Existenz  eines  Anklägers  im  Himmelreich  gegeben 
zu  haben. 

*  Zach.  3,  7.  „fcti'n"  mit  dem  Artikel  bezeichnet  die  Gesamtheit  der 
Hindernisse,  vgl.  „nonnn"  (Gen.  1,  25;  Lev.  1,  2)  für  die  Gesamtheit  des  Viehs. 

5  Vgl.  Job  1.  Ein  vollständiges  Himmelreich  wird  im  Buche  Daniel  ge- 
schildert, das  indessen  nur  zum  Teil  den  Visionsschilderungen  der  Propheten 
entnommen  ist. 

6  Vgl.  Ezech.  3,  23;  8,  4. 

7  I.  Reg.  18,  46;  II.  Reg.  3,  15.  16. 

8  Das.  3,  15. 

IX 


38  Zwi  Karl. 

Andere  Offenbarungsformen,  wie  sie  bei  den  Wahrsagern  im 
Schwange  sind,  werden  von  den  israelitischen  Propheten  nicht 
anerkannt.  Nur  dasjenige,  welches  sie  deutlich  vernehmen,  bezie- 
hungsweise was  sie  empfinden,  kann  für  sie  den  Ausdruck  gött- 
licher Mitteilung  bedeuten;  was  aber  durch  Deutung,  verstandes- 
mäßige Beurteilung  gewonnen  wird,  welche  ebenso  richtig  wie  un- 
richtig sein  kann,  kann  unmöglich  ein  Gotteswort  sein.  Wegen  der 
Gefahr  für  den  Monotheismus,  die  die  anderen  Offenbarungsformen 
in  sich  bargen,  wird  deren  Anwendung  von  den  Propheten  oft 
bekämpft.  Man  hat  schon  in  Samuel  den  Urheber  der  Verfolgung 
der  Oboth  und  Jideonim  durch  Saul  erblickt.^  Die  jüngeren  Pro- 
pheten ziehen  sehr  häufig  gegen  sie  zu  Felde. 

Die  vom  Propheten  erlebten  Offenbarungen  geben  sich  bei 
ihm  im  Reden  und  Handeln  kund. 

Was  die  Handlungen  des  Propheten  betrifft,  so  bestehen 
sie  zuweilen,  wie  bei  den  älteren  Propheten,  in  einem  direkten 
Eingreifen  in  die  menschlichen  Verhältnisse,  um  das  von  ihm  er- 
strebte Ziel  zu  erreichen  oder  in  dem  Symbol,  d.  h.  in  einer  sinn- 
fälligen Demonstration  des  Propheten,  um  seine  Weissagungen  zu 
veranschaulichen  und  dadurch  eindringlicher  zu  gestalten. 

Was  die  prophetischen  Symbole  überhaupt  betrifft,  so  zer- 
fallen dieselben  in  zwei  Kategorien,  in  das  natürliche  und  das 
künstliche.  Zur  ersten  Kategorie  gehören  jene  Symbole,  die  sich 
den  Propheten  in  den  Geschehnissen  und  Vorfällen  darbieten, 
indem  sie  in  diesen  Vorfällen  einen  Fingerzeig  Gottes  für  gewisse 
gegenwärtige  oder  künftige  Verhältnisse  erblicken.  Zur  zweiten 
Kategorie  aber  gehören  jene  Handlungen,  die  der  Prophet  selber 
mit  Vorbedacht  behufs  Veranschaülichung  seiner  Prophezeiung 
ausführt.  Beide  Kategorien  scheint  unsere  Chronik  auf  einen  und 
denselben  Ursprung  zurückführen  zu  wollen.  Die  erste  Anwendung 
des  Symbols,  und  zwar  das  der  ersten  Kategorie  durch  einen 
Propheten  wird  von  Samuel  erzählt,  welcher  dem  Saul  das  Zer- 
reißen des  Kleides  als  Symbol  für  seinen  Thronverlust  bezeichnete.^ 
Dieses  Symbol  diente  offenbar  dem  Achia  aus  Silo  zum  Vorbild, 
indem  er  dem  Jerobeam  das  gleiche  Symbol  demonstrierte. ^  Es 
wies  aber  sein  Symbol  gegenüber  dem  Samuels  einen  Unterschied 
darin  auf,  daß,  während  jenes  ein  natürliches  war,  sich  Achias  als 


1  Vgl.  Maybaum,  Die  Entwicklung  des  israelitischen  Prophetismus  S.  34  f. 

2  I.  Sam.  15,  27  f. 

3  I.  Reg.  11,  .30  f. 


Der  israelitische  Prophetismus.  39 

ein  künstliches  erwies.  Wir  finden  von  nun  an  die  Anwendung 
des  Symbols  fast  bei  allen  Propheten.  ^ 

Was  das  künstliche  Symbol  betrifft,  so  tritt  dessen  An- 
wendung in  erster  Linie  in  der  Tracht  zutage.  Dabei  kann  zuweilen 
der  Prophet  gegen  die  Regeln  der  Schicklichkeit  verstoßen.^  Ferner 
bedient  er  sich  des  Symbols  oft  bei  der  Namengebung  seiner 
Kinder.  Aber  auch  in  anderen  Handlungen  des  Propheten  kommt 
das  Symbol  oft  zum  Ausdruck.  Mitunter  erscheint  das  künstliche 
Symbol  mit  dem  natürlichen  verbunden.  Hosea  erscheint  die  un- 
glückliche Wahl  seiner  treulosen  Gattin  als  natürliches  Symbol 
für  das  Verhältnis  zwischen  Gott  und  Israel.  Dieses  Symbol  wird 
von  ihm  durch  die  Namengebung  seiner  Kinder  künstlich  weiter 
entwickelt.  3 

Hinsichtlich  des  natürlichen  Symbols  sei  bemerkt,  daß  diese 
Art  der  Betrachtung  der  Ereignisse  in  der  Natur  und  der  Ge- 
schichte, deren  sich,  wie  es  scheint,  auch  der  Seher  Bileam  be- 
diente und  die  übrigens  zu  allen  Zeiten  auch  dem  Laien  eigen 
ist,  QTnD  genannt*  und  als  solche  vom  Pentateuch  verboten  wird.s 
Auch  der  Prophet  Jeremias  eifert  gegen  die  Furcht  vor  den 
Himmelszeichen.  Gleichwohl  deuten  auch  die  Propheten  die  Er- 
eignisse, wie  erwähnt,  als  Offenbarungen  göttlichen  Willens  in 
der  Form  des  Symbols.  Es  scheint  jedoch,  daß  die  Propheten 
sich  von  den  ü''tt'nDS2  darin  unterscheiden,  daß  während  diese  auf 
die  Suche  nach  solchen  Zeichen  ausgehen,  der  Prophet,  ohne  sie 
zu  suchen,  plötzlich  auf  ein  ominöses  Ereignis  aufmerksam  wird.*' 
Ferner  scheint  der  Prophet  auf  solche  Symbole  allein  sich  nicht 


^  Verschieden  vom  Symbol  ist  das  vom  Proplietensehüler  vor  Ahab  auf- 
geführte Schauspiel  (I.  Reg.  20,  35  ff ),  indem  dieses  bloß  die  Bedeutung  eines 
Gleichnisses  hat.  Das  Gleichnis  stellt  nämlich  an  denjenigen,  an  den  es  gerichtet 
ist,  die  Anforderung,  in  irgend  einem  erdichteten  Vorfall  ein  Urteil  zu  fällen, 
um  dann  diesem  Urteil  in  einem  aktuellen  Falle  leichter  Geltung  zu  verschaffen. 
Dies  zeigt  sich  in  der  von  Nathan  erzählten  Parabel  anläßlich  der  Ermordung 
Urias,  sowie  in  dem  Gleichnisse  der  Frau  aus  Thekoa  bei  deren  Verwendung 
für  Absalom.  Dieselbe  Bewandtnis  hat  es  mit  obigem  Beispiele. 

2  Jes.  20,  2  ff. 

3  Hos.  1. 

"»  „DVn  'JqS  mpn"  oder  „•>:sih  -i\"i^s*  n  mpn"  bezeichnet  ein  Geschehnis,  worin 
man  den  Fingerzeig  Gottes  erblickt.  Daher  „D'n^s  ip'l"'  und  „mps"  Rezeicli- 
nungen  für  derartige  Ereignisse,  aus  welchen  der  Seher  Bileam  den  Willen 
Gottes  erkundete.  Eben  dieses  Verfahren  wird  Num.  24,  1  als  „n'ü'nj"  bezeichnet. 
Vgl.  Gen.  24  und  I.  Sam.  14,  9  ff. 

'"  Deut.   18,  10. 

6  Eine  Ausnahme  bildet  Elisa  II.  Reg.  13,  16  ff. 

XI 


40  Zwi  Karl. 

ZU  verlassen  und  dieselben  bloß  als  Bestätigung  seiner  anderweitig 
gefaßten  Überzeugung  aufzufassen. 

Bei  den  jüngeren  Propheten  erscheint  das  natürliche  Symbol 
auch  in  der  Vision.  Arnos  sieht  eine  mit  dem  Senkblei  aufgeführte 
Mauer,  an  der  Gott  mit  dem  Senkblei  in  der  Hand  steht.  Dies 
bedeute,  Gott  werde  ein  Senkblei  setzen  im  Volke  Israel  und  ihm 
nicht  mehr  verzeihen.  ^  Jeremias  sieht  einen  Mandelbaum  (ipt?  hph) 
in  der  Vision,  dessen  Bedeutung  ihm  dahin  erklärt  wird,  daß  Gott 
über  seinem  Werk  wache  (npitr),  es  zu  vollbringen.-  Schwierig  scheint 
jedoch  in  diesen  Beispielen  die  Erklärung,  in  welcher  Weise  die 
Vorstellung  des  über  seinem  Werke  wachenden  Gottes  die  Halluzi- 
nation eines  Mandelstrauches,  oder  die  Vorstellung  vom  Ende 
Israels  die  Halluzination  eines  Korbes  mit  Herbstobst  auslösen 
konnte.  Man  wird  mit  Hölscher^  deshalb  bei  derartigen  Visionen 
annehmen  müssen,  daß  darin  Dichtung  und  Wahrheit  miteinander 
verschmolzen  sind,  indem  z.  B.  beim  Anblick  eines  wirklichen 
Mandelbaumes  der  Prophet  in  den  visionären  Zustand  versetzt 
wurde,  wobei  der  ihm  gerade  gegenwärtige  Gedanke,  Gott  wache 
über  seinem  Worte,  es  zu  vollbringen,  sich  mit  dem  Bilde  des 
Mandelbaumes  verband. 

Die  oben  geschilderten  geistigen  Erlebnisse  werden  vom 
Propheten  als  göttliche  Offenbarung  aufgefaßt.  Daß  dies  wirklich 
seine  innerste  Überzeugung  ist  und  Bemerkungen  in  diesem  Sinne 
nicht  auf  Täuschung  oder  Blendung  berechnet  sind,  beweist 
unzweideutig  die  Art  und  Weise,  wie  die  Propheten  für  ihre  An- 
schauungen, den  Inhalt  ihrer  Offenbarungen  eintreten.  Kühn  und 
jede  Gefahr  verachtend  suchen  sie  ihre  Ansichten  zur  Geltung 
zu  bringen.  Unentwegt  steuern  sie  auf  ihr  Ziel  los,  wiewohl  sie 
allerhand  Plackereien  und  unmenschlichen  Qualen  ausgesetzt  sind. 
Allein  es  drängt  sich  uns  die  Frage  auf,  welche  Gewähr  boten 
dem  Propheten  seine  geistigen  Erlebnisse,  daß  sie  wirkliche  Mani- 
festationen göttlichen  Willens  und  nicht  bloße  Ausgeburt  der 
Phantasie  sind?  Die  Frage  hat  ihre  Geltung  nicht  allein  in  bezug 
auf  die  Traumerscheinungen,  deren  phantastischer  Charakter  keinem 
der  erleuchteten  Geister,  also  auch  nicht  den  Propheten  entging, 
sie  ist  nicht  weniger  berechtigt  hinsichtlich  der  Visionen,  wenn 
auch  die  dabei  zutage  tretenden  körperlichen  und  geistigen  Zu- 
stände   schon    wegen    ihrer   Ungewöhnlichkeit    einen    gewaltigen 

1  Am.  7,  7  ff. 

2  Jer.  1,  11  f. 

3  Die  Tropheten  S.  45  f. 

XII 


Der  israelitische  Prophetismus.  41 

Eindruck  auf  den  Propheten  machen  mußten.  Unsere  Quellen 
lassen  uns  nämlich  nicht  im  Zweifel,  daß  der  Prophet  sich  die 
Wirkung  der  Phantasie  in  der  Vision  gar  nicht  verhehlte.  Wenn 
Ezechiel  sagt:  „Ein  Wind  trug  mich  zwischen  Erde  und  Himmel 
und  brachte  mich  nach  Jerusalem  in  der  göttlichen  Vision,"^  so 
will  er  offenbar  diesem  Geschehnis  den  Charakter  der  Wirklich- 
keit absprechen  und  es  auf  bloße  Einbildung  zurückführen. 

Indessen  gibt  es  Anzeichen  dafür,  daß  der  Prophet  seinem 
gesamten  geistigen  Erlebnis  zuweilen  prüfend,  ja  sogar  skeptisch 
gegenübersteht.  Samuel  kommt  gar  nicht  auf  den  Gedanken,  die 
von  ihm  wohl  im  Traume  vernommene  Stimme  auf  Gott  zurück- 
zuführen.2  Von  Jeremias  wird  erzählt,  Gott  habe  ihm  mitgeteilt,  es 
werde  bei  ihm  sein  Vetter  (oder  Oheim)  Hananel  erscheinen  mit  dem 
Antrage,  bei  ihm  seinen  Acker  in  Anathot  zu  erstehen.  „Und  es 
kam  zu  mir  mein  Vetter  Hananel  nach  dem  Worte  Gottes  in  den 
Kerkerhof  und  sagte  mir:  Kaufe  mein  Feld  in  Anathoth  im  Lande 

Benjamin ,  da   wußte  ich,    daß  es    Gottes   Wort    isf^     Die 

letzte  Wendung  will  offenbar  sagen,  daß  er  die  Echtheit  seiner 
Offenbarung  erst  nach  dem  Eintreffen  ihrer  Voraussage  aner- 
kannte. Solange  aber  die  Erfüllung  ausblieb,  war  er  im  Zweifel 
darüber,  ob  er  in  der  ihm  gewordenen  Mitteilung  die  Stimme 
Gottes  zu  erkennen  oder  sie  als  Produkt  der  Phantasie  zu  nehmen 
habe.  Ja,  noch  mehr,  der  Prophet  kann  mitunter  an  der  von  ihm 
bereits  anerkannten  Echtheit  seiner  Offenbarung  irre  werden.*  Es 
ist  daher  verständlich,  daß  der  echte  Prophet  den  Prophezeiungen 
anderer  Propheten,  die  auf  erlebten  Träumen  beruhten,  keinen 
Glauben  schenkte,'^  indem  der  Traum  als  solcher  kein  Merkmal 
göttlicher  Offenbarung  enthält.  Was  von  dem  Propheten  als  untrüg- 
liches Merkmal  der  Echtheit  seiner  Verkündigungen  betrachtet 
wird,  das  ist  ein  innerer  Trieb,  der  ihn  zum  Reden  aufstachelt, 
dem  er  sich  unmöglich  entziehen  kann.  „Mein  Wort  gleicht  dem 
Feuer,  sagt  Gott,  dem  Hammer,  der  Felsen  zerschmettert."  ^  „Ich 
dachte,  ich  werde  seiner  nicht  gedenken  und  nicht  mehr  in  seinem 
Namen  sprechen,  da  ward  es  in  meinem  Innern  wie  brennendes 
Feuer,   ich  wurde    müde  es  zu  fassen   und  vermochte  es  nicht."'' 

»  Ezech.  8,  3,  vgl.  8,  24. 

2  I.  Sam.  3,  4  ff. 

3  Jer.  32,  6  ff. 

*  I.  Reg.  13,  19. 

*  Jer.  23,  28  und  andere  Stellen. 
6  Jer.  23,  29. 

1  Das.  20,  9. 

XIII 


42  Zwi  Karl. 

Arnos  bringt  diesen  unwiderstehlichen  Drang  folgendermaßen  zum 
Ausdruck:  „Brüllt  der  Leu,  wer  fürchtet  nicht?  Spricht  der  Herr, 
wer  prophezeit  nicht?"!  Der  prophetische  Trieb  flößt  dem  Pro- 
pheten Kraft  und  Mut  ein,  die  ihn  vor  keiner  Gefahr  zurück- 
schrecken, Leiden  und  Qualen  geduldig  ertragen,  ja  sogar  dem 
Tode  kühn  ins  Auge  blicken  lassen.  „Ich  wurde  erfüllt  mit  Kraft, 
mit  dem  göttlichen  Ruach,  mit  Rechtsbewußtsein  und  Stärke,  um 
an  Jakob  sein  Verbrechen,  an  Israel  seine  Sünden  zu  rügen. "^ 
„Gott  hat  mir  das  Ohr  geöffnet,  ich  wich  nicht  zurück.  Meinen 
Leib  gab  ich  den  Schlägern,  meine  Wangen  den  Raufern  preis, 
mein  Gesicht  verbarg  ich  nicht  vor  Beschämung  und  Anspucken. "^ 
Der  prophetische  Antrieb,  das  ist  der  göttliche  Ruach,  von  dem 
der  Prophet  spricht.  Derselbe  ist  von  der  göttlichen  Hand  wohl 
zu  unterscheiden  Letztere  bezeichnet  im  allgemeinen  die  passive 
Seite  des  prophetischen  Zustandes,  sie  umfaßt  sowohl  den  Zustand 
der  Vision  (und  des  Traumes?)  als  auch  des  nach  dem  Ver- 
schwinden der  Bilder  zurückbleibenden  Gefühls  der  Betäubung.^ 
Hingegen  bedarf  die  aktive  Seite  des  prophetischen  Zustandes 
des  göttlichen  Ruach.  Ezechiel,  der  durch  die  göttliche  Hand  ge- 
bannt erscheint,  bedarf  in  dem  Momente,  wo  er  zur  Verkündung 
des   göttlichen  Wortes    aufgefordert  wird,    des  göttlichen  Ruach. ^ 

Will  man  sich  über  das  Wesen  des  göttlichen  Ruach  klar 
werden,  so  hat  man  folgendes  zu  erwägen. 

„mn"  bezeichnet  den  durch  die  Luftbewegung  erzeugten 
Wind.  Da  man  die  Luft  nur  durch  deren  Bewegung  wahrnimmt, 
so  wird  die  Luft  mit  dem  Winde  identifiziert  und  ebenfalls  „nn" 
genannt.  Der  Wind,  nach  alter  Auffassung  der  Odem  Gottes,*^  wird 
als  Ursache  der  Bewegung  betrachtet.  Er  ist  es,  der  die  Wogen 
türmt,'  der  das  Wasser  des  Meeres  aus  seinem  Bette  treibt,*^  der 
das  Eis  in  Fluß  setzt ^  und  der  dem  Flieger  den  Impuls  gibt.^" 
Er  ist  in  seiner  Form  als  Atem  das  Lebensprinzip.  Aus  allen 
vier  Winden    kommt    der  Wind,    der  in  die  Toten  Ezechiels    ein- 


1  Am.  .3,  8. 

2  Mika  3,  8. 

3  Jes.  51,  6  f. 

i  Ezech.  4,  14. 

5  Das.  11,  4  f. 

p  Exod.  15,  8,  wohl  deshalb  „n'n^N  nn"  genannt. 

'  Daselbst. 

8  Exod.  14,  21. 

9  Ps.  147,  18. 

10  Exod.  10,  13.  19;  Zach.  5,  9. 

XIV 


Der  israelitische  Prophetismus.  4:3 

dringt  und  sie  belebt.^  Entweicht  dieser  Wind,  so  kehrt  der 
Mensch  zur  Erde  zurück.-  Vor  Erstaunen  pflegt  bisweilen  der 
Atem  zu  stocken;  man  sagt  dann,  es  fehlt  derWind.^  Jede  außer- 
ordentliche Tat,  also  ungewöhnliche  Bewegung  setzt  einen  beson- 
deren Antrieb  voraus,  welcher  wieder  in  einem  besonderen  Winde, 
beziehungsweise  in  einem  speziellen  Luftquantuni  erblickt  wird. 
Die  Begabung  mit  solch  speziellem  Winde  wird  auf  besonderes 
Eingreifen  Gottes  zurückgeführt,  weshalb  dieser  Wind  vorzugs- 
weise Gottes  Wind  genannt  wird.  Bezalel  ist  voll  des  göttlichen 
Ruach,  um  ungewöhnliche  Handarbeiten  verrichten  zu  können.* 
Josef  ist  nach  der  Meinung  Pharaos  voll  vom  göttlichen  Ruach, 
der  ihm  den  Impuls  gibt,  entsprechende  Maßregeln  zu  treffen, 
um  vor  der  Hungersnot  gesichert  zu  sein.^  Moses  leitet  die 
Geschäfte  seines  Volkes  vermittels  des  dazu  nötigen  göttlichen 
Ruach.«  Auch  Gideon,  Jephtah  und  Simson  werden  durch  den 
göttlichen  Ruach  zu  ihren  außerordentlichen  Heldentaten  ange- 
spornt. Bei  Heldentaten  stellt  man  sich  bisweilen  vor,  daß  der 
antreibende  Wind  alle  Glieder  des  Helden  durchdringt  oder  ihn 
wie  ein  Kleid  umhüllt.^  Der  Begriff  „Schreck"  ist  mit  der  Vor- 
stellung des  Zurückweichens  unzertrennlich  verbunden.  Die 
Ursache  wird  daher  ebenfalls  in  dem  Bewegungsantrieb,  in  dem 
Winde  erblickt.^  Der  Wind  ist  es,  der,  wie  erwähnt,  auch  dem 
Propheten  zum  Handeln  und  Reden  den  Impuls  gibt.^  Soll  der 
Prophet  etwas  verkünden,  da  kommt  über  ihn  der  Wind.^o  Er 
dringt  nämlich  in  den  Mund  des  Propheten   ein    und    setzt  sozu- 


1  Ezech.  37,  9.  10. 

2  Ps.  146,  4. 

3  I.  Reg.  10,  5. 

1  Exod.  31,  3;  36,  31. 

5  Gen.  41,  38. 

6  Num.  11,  17.  Die  Ältesten,  die  zur  Mitarbeit  von  Moses  herangezogen 
werden,  erhalten  einen  Teil  von  dem  ihm  zuteil  gewordenen  Ruach.  Dadurch 
sollte  ihm  gezeigt  werden,  daß  seine  Beschwerde,  er  sei  außerstande  die  Agenden 
seines  Volkes  allein  zu  besorgen,  unbegründet  sei,  indem  die  Resultante  der 
vereinten  Kräfte  sich  nicht  größer  erwies  als  die  früher  von  Moses  selbst 
geäußerte  Kraft  entsprechend  dem  gleichen  Luftquantum,  welches  nach  wie  vor 
den  Antrieb  gab. 

■7  Jud.  6,  34,  vgl.  tr;  n  \i^2h. 

'^  I.  Sam.  16,  14  f.  Auch  hier  wird  wegen  des  krankhaften  Auftretens  des 
Windes  ein  besonderes  Eingreifen  Gottes  vorausgesetzt  und  daher  dieser  Wind 
Gotteswind  genannt. 

9  Vgl.  „Gott  schickte  mich  und  sein  Wind".  Jes.  48,  16. 

10  Ezech.  11,  .5. 

XV 


44  Zwi  Karl. 

sagen  dessen  Zunge  in  Bewegung.^  Der  Wind  Gottes  ist  aber 
nicht  als  Vertreter  Gottes  zu  denken,  der  dem  Propheten  sein 
Wort  überbringt,  sondern,  wie  gesagt,  als  Impuls,  als  Erreger 
der  Zunge  zum  Vortrage  aufzufassen.- 

Der  Wind  wird  oft  als  Wind  des  Himmels,  d.  h.  als  ein  zum 
Himmel  gehöriger  Körper  bezeichnet.^  Die  Himmelskörper  werden 
wieder  „D'')2t:'n  s*3^"  Himmelsheer  genannt.  Es  ist  somit  begreiflich, 
daß  der  Prophet  Mika  in  der  Vision  den  Wind  aus  den  Gott  um- 
gebenden Himmelsscharen  als  Glied  derselben  heraustreten  läßt.* 
In  der  Vision  kann  der  Wind  auch  redend  erscheinen. ^  Ähnlich 
reden  auch  Schlangen  (Seraphim)  in  der  Vision.« 

Der  Ruach  Gottes  ist  teilbar,  er  wird  deshalb  „gegossen",'' 
ebenso  wird  ein  Teil  von  dem  auf  einer  Person  befindlichen 
Ruach  „getrennt"  und  einem  anderen  zugewiesen.^  Diese  Vor- 
stellungen sind  der  sicherste  Beweis  dafür,  daß  man  unter  dem 
Ruach  Gottes  nur  ein  Luftquantum  und  nicht  einen  Gei&t  ver- 
stehen darf. 

Ist  aber  auch  der  göttliche  Ruach  bei  den  Propheten  nur 
als  der  natürliche  Wind  gedacht,  so  erscheint  er  doch  m  der 
Phantasie  der  Späteren  als  personifiziertes  Wesen,    als  ein  Geist.^ 

Um  wieder  auf  den  göttlichen  Antrieb  zurückzukommen,  so 
ist  derselbe  beim  Propheten,  wie  gesagt,  der  eklatanteste  Beweis 
für  seine  Mission.  Er  ist  so  sehr  davon  überzeugt,  daß  sich  ihm 
oft  seine  eigene  Persönlichkeit  gänzlich  verflüchtigt  bei  dem 
mächtig  vorwaltenden  Gedanken,  Gott  allein  sei  die  Quelle,  der 
seine  Worte  entströmen,  er  aber  spiele  bloß  die  Rolle  eines 
Sprachrohres;  daher  die  öftere  Ichrede  in  den  Prophetien,  wenn 
an  Stelle  Gottes  gesprochen  wird.  Die  Überzeugung  von  seiner 
Mission  hat  zur  Folge,  daß  der  Prophet  alles  daran  setzt,  um  die 
empfangenen  Aufträge  auszuführen.  Doch  nicht  immer  wird  seine 


1  I.  Reg.  22,  22  f. 

2  Daselbst  ist  in  „ims*  '\2th  n  nn"  Gott  und  nicht  der  Ruach  das  Sub- 
jekt zu  „^3■l'?".  Ähnliches  gilt  von  Ezech.  11,  5,  indem  das  Subjekt  zu  „iriS'M" 
in  „'."l"  und  nicht  in  „nn"  zu  erblicken  ist. 

3  Zach.  2,  10;   6,  6. 

*  I.  Reg.  22,  21  Ein  andermal  gilt  der  Wind  als  Erdkörper.  Ps.  148,  7  f. 
Vielleicht  ist  dies  eine  jüngere  Anschauung. 

5  I.  Reg.  22,  21  f. 

6  Jes.  6,  7. 
'  Joel  3,  1. 

8  Num.  11,  17.  25. 
3  Job  4,  15. 

XVI 


Der  israelitische  Prophetismus.  45 

Absicht  erreicht.  Zuweilen  stellen  sich  ihm  Hindernisse  in  den 
Weg,  daß  er  von  seinem  Vorhaben  Abstand  nehmen  muß.  So  wird 
der  Auftrag  zur  Designierung  der  Könige  in  Aram  und  Israel 
und  seines  Nachfolgers  von  Eliah  wahrscheinlich  wegen  unüber- 
windlicher Schwierigkeiten  nur  zum  Teil  zur  Ausführung  gebracht. 
Die  Schwierigkeit,  eine  erhaltene  Weisung  zu  befolgen,  gibt  dem 
Propheten  Anlaß,  an  seinem  Auftrag  zu  deuteln.  So  glaubt  Eliah 
seinem  Gotte  gehorsam  zu  bleiben,  wenn  er  den  Auftrag  zur  Ein- 
setzung der  Könige  von  Aram  und  Israel  dem  Elisa  zur  Aus- 
führung übermittelt.  Ebenso  glaubt  Ezechiel  ohne  Zweifel  den 
erhaltenen  unausführbaren  Auftrag,  das  auf  dem  Ziegelsteine 
dargestellte  Jerusalem  zu  belagern  und  390  Tage  auf  der  linken, 
beziehungsweise  40  Tage  auf  der  rechten  Seite  zu  liegen  und  ekel- 
hafte Speisen  zu  genießen,!  nicht  beobachten  zu  müssen  und  begnügt 
sich  mit  der  bloßen  Bekanntgabe  seiner  Weisung,  sich  wohl  sagend, 
daß  der  Zweck  dadurch  sicherer  als  durch  die  Ausführung  erreicht 
wird,  indem  letztere  bloß  von  einer  sehr  kleinen  Anzahl  von  Leuten 
hätte  beobachtet  werden  können.  Das  gleiche  gilt  von  der  Weisung, 
mit  den  Händen  zu  schlagen  und  mit  den  Füßen  zu  stampfen,-  die 
er  offenbar  ebensowenig  wie  obgedachten  Auftrag  befolgte. 

Zuweilen  aber  werden  die  Aufträge  bloß  in  der  Vision  aus- 
geführt. Jeremias  reicht  den  Weinbecher  des  Zornes  fast  allen 
Völkern  Asiens  offenbar  nur  in  der  Vision. ^ 

Bemerkt  sei  noch,  daß  die  in  den  Prophetien  erwähnten  Auf- 
träge nicht  immer  vom  Propheten  als  solche  empfunden  werden. 
Oft  werden  von  ihm  spontane  Handlungen  auf  Gott  als  Auftrag- 
geber, beziehungsweise  Ursache  zurückgeführt.  Diese  Tatsache 
rückt  so  manche  scheinbar  dunkle  Prophetie  in  helle  Beleuchtung. 
Wir  wollen  uns  durch  ein  Beispiel  verständlich  machen.  Jeremias 
erzählt,  er  sei  beauftragt  worden,  sich  einen  Flachsgürtel  anzu- 
schaffen und  an  seinen  Lenden  zu  befestigen,  ihn  aber  nicht  ins 
Wasser  zu  legen,  was  er  auch  tat.  Er  habe  dann  wieder  die  Wei- 
sung erhalten,  den  Gürtel  am  Euphrat  in  einer  Felsspalte  zu  ver- 
stecken und  tat  es.  Nach  einiger  Zeit  sei  wieder  an  ihn  der  Befehl 
ergangen,  den  Gürtel  aus  seinem  Versteck  hervorzuziehen.  Als 
dies  geschah,  fand  er  den  Gürtel  verfault  und  zu  nichts  nütze, 
worauf  er  die  Weisung  zu  einer  Predigt    erhielt.''    Wie  wäre  nun 


1  Ezech.  4. 

2  Ezech.  6,  lt. 

3  Jer.   26,  15  ff. 
<  Jer.  i;;. 


XVII 


46  Zwi  Karl. 

diese  Erzählung  psychologisch  zu  erklären?  Anzunehmen,  daß  jede 
einzelne  Handlung  separat  befohlen  worden  war,  ist  unmöglich. 
Denn  da  jede  Handlung  für  sich  zwecklos  erscheint  und  erst  in 
der  Vereinigung  aller  ein  vernünftiger  Gedanke  zutage  tritt,  dann 
bliebe  es  psychologisch  unerklärlich,  wie  sich  die  allmähliche  Ent- 
wicklung eines  Gedankens  in  mehreren  voneinander  getrennten 
Gesichten  vollzog.  Der  Bericht  soll  aber  wohl  so  aufgefaßt  werden: 

Der  Prophet  kauft  sich  zum  privaten  Gebrauch  einen 
Gürtel.  Bald  darauf  führten  ihn  seine  Privatgeschäfte  an  den 
Euphrat,  wo  er  den  Gürtel  in  einer  Felsspalte  versteckte.  Wozu? 
Wir  wissen  es  zwar  nicht.  Aber  jedenfalls  konnte  er  dabei  ein 
Privatinteresse  haben.  Vielleicht  hat  er  ihn  gar  dort  vergessen. 
Er  holt  sich  ihn  endlich  ab  und  siehe  da,  er  ist  ganz  faul.  Da 
gerät  er  in  einen  visionären  Zustand  und  hört  Gottes  Wort  oder 
es  kommt  über  ihn  der  göttliche  Ruach  und  seine  prophetische 
Rede  setzt  ein.  Er  hat  also  in  der  Tat  bloß  den  Antrieb  zur  Rede 
als  Gottesbefehl  empfunden,  er  bezieht  aber  gleichwohl  alle  voran- 
gegangenen Handlungen  auf  Gott  als  Initiator.  In  ähnlicher  Weise 
ließe  sich  Jer.  18,  2  f.  erklären. 

Aus  den  bisherigen  Ausführungen  haben  wir  nun  erfahren, 
wie  sich  die  Propheten  von  der  Echtheit  ihrer  geistigen  Erlebnisse 
überzeugten.  Es  erhellt  aber  auch  aus  dem  Gesagten,  daß  die 
Überzeugung  zumeist  einen  bloß  subjektiven  Charakter  hatte. 
Das,  was  er  fühlte,  wovon  sein  ganzes  Wesen  durchdrungen  war, 
war  nicht  mitteilbar,  es  war  kein  Kriterium  für  seine  Zuhörer. 
Allein  dem  Propheten  ist  an  seinen  Empfindungen  nicht  genug. 
Er  ist  nicht  der  Eremit,  der  sich  von  der  Welt  abschließt  und 
von  ihr  nichts  wissen  will.  Er  ist  ein  Kind  der  Gesellschaft,  dort 
ist  seine  Welt,  er  lebt  für  sie  und  will  von  ihr  anerkannt  werden. 
Er  muß  also  seine  Weissagungen  auch  den  anderen  glaubhaft 
machen. 

Es  lag  nahe,  das  Eintreffen  von  Prophezeiungen  als  Kriterium 
für  die  Echtheit  derselben  anzunehmen.  Allein  man  wußte,  daß 
zuweilen  sich  Prophezeiungen  trotz  ihrer  offenbaren  Unechtheit 
bewahrheiten  können. ^  Man  stellte  daher  als  Grundsatz  auf,  daß 
„was  der  Prophet  im  Namen  Gottes  verkündet  und  nicht  eintrifft, 
dies  sei  es,  was  Gott  nicht  verkündet  hat".^  Der  Prophet  Jeremias, 
der  sich  wohl  von  der  Ungenauigkeit  dieser  Regel  überzeugt 
haben  mochte,   gab  ihr  eine  etwas  geänderte  Form,    daß  nämlich 

1  Deut.  13,  2  ff. 

2  Deut.  18,  22. 

XVIII 


Der  israelitische  Prophetismus.  47 

jener  Prophet,  der  Friedensprophezeiungen  im  Munde  führt,  nur 
beim  Eintreffen  derselben  den  Glauben  an  seine  Echtheit  be-. 
festigen  kann.i  Enttäuschungen,  die  der  Prophet  erlebt  haben 
mochte,  führten  ihn  jedoch  bei  anderer  Gelegenheit  zu  dem  Ge- 
ständnis, daß  auch  echte  Prophetien,  sei  es,  daß  sie  Glück  oder 
Unglück  verkünden,  nicht  immer  in  Erfüllung  gehen.  Diese  Tat- 
sache fand  zwar  beim  Propheten  eine  Erklärung.  Er  meint,  daß 
Gott  bei  seinem  Entschlüsse,  ein  entartetes  Volk  der  Vernichtung 
preiszugeben,  nur  so  lange  verharre,  so  lange  dies  Volk  sich 
nicht  bekehrt  und  ebenso  sei  Gottes  Glückverheißung  nur  dann 
von  Bedeutung,  wenn  das  Volk  sich  ,  dieser  Wohltat  auch  fortan 
würdig  zeigt.2  Oft  betrachteten  die  Propheten  das  Ausbleiben  ihrer 
Verheißungen  und  Drohungen  als  bloßen  Aufschub  und  werden 
nicht  müde,  in  diesem  Sinne  zu  predigen.  Allein  das  Volk  gibt 
sich  mit  solchen  Vertröstungen  nicht  zufrieden.  ,Soll  er  doch 
eilig,  rasch  seine  Arbeit  verrichten;  es  nahe  heran  und  komme 
der  Ratschluß  des  Heiligen  Israels,  damit  wir  es  wissen,"  hörte 
man  rufen.^  Spottlieder  werden  geprägt,  wie:  ,Es  mehren  sich 
die  Tage  und  verloren  geht  die  Prophetie."*  Es  ist  daher  begreif- 
lich, daß  die  Propheten  sich  sehr  unglücklich  darüber  fühlten, 
wenn  ihre  Prophezeiungen  nicht  eintrafen.  Die  Erzählung  Jona 
ist  ein  charakteristisches  Beispiel  dafür. 

Fragt  man,  was  man  objektiv  von  den  prophetischen  Weis- 
sagungen zu  halten  habe,    so  wäre  darauf  folgendes  zu  erwidern. 

Es  ist  eine  unleugbare  Tatsache,  daß  viele  Weissagungen  der 
israelitischen  Propheten  in  Erfüllung  gegangen  sind.  Wir  ver- 
weisen als  Beispiele  auf  die  Voraussage  des  Sturzes  der  Dynastie 
Jehus  durch  Hosea,'^  sowie  auf  die  Voraussage  des  Abzuges  San- 
heribs  von  Jerusalem  durch  Jesaias.^ 

Hinsichtlich  der  Prophezeiungen  dieser  Art  ist  jedoch  zu  be- 
merken, daß  die  Propheten  nicht  immer  einen  klaren  Blick  in 
die  Zukunft  zeigen.  Oft  ist  das  Seherauge  verschleiert,  und  nur 
verschwommene  Bilder  ziehen  an  demselben  vorüber.  So  fällt 
Hosea  im  Widerspruche  mit  den  Tatsachen  der  Sturz  der  Jehuiden 


1  Jer.  28,  9. 

2  Jer.  18,  7  ff. 

3  Jes.  5,  19. 

*  Ezech.  12,  22 

'•>  Hos.  1,  4. 

6  Jes.  37,  7.  33    Ausführlicheres  bei  Knebel,  Der  Prophetismus  der  Hebräer, 

I,  7,  §  24. 

XIX 


48  Zwi  Karl. 

mit  dem  Untergange  des  israelitischen  Staates  zeitlich  zusammen. 
Ebenso  scheint  Jesaias  die  Pest,  die  eigentliche  Ursache  des  Rück- 
zuges der  Assyrier,  nicht  vorausgesehen  zu  haben  ^  und  erblickte 
diese  in  einer  unvermuteten  Nachricht,  wohl  vom  Angriffe  des 
äthiopischen  Königs. 

Anderseits  aber  sind  viele  Prophezeiungen  überhaupt  nicht 
eingetroffen.2 

Eine  Erklärung  für  die  Prophezeiungen  ersterer  Art  zu  finden, 
wird  kaum  möglich  sein.  Denn  wenn  auch  hie  und  da  Scharfblick 
und  einsichtsvolle  Beurteilung  der  Verhältnisse  —  natürlich  ohne 
daß  sich  der  Prophet  dessen  bewußt  ist  —  die  Quelle  ist,  aus 
der  die  Weissagung  fließt,  so  wird  dies  doch  im  allgemeinen  nicht 
der  Fall  sein.  Wir  werden  uns  daher  mit  der  bloßen  Konstatierung 
der  Tatsache  begnügen  müssen. 

Noch  einige  Worte  über  das  äußere  Verhalten  des  Propheten. 

Der  Prophet  unterschied  sich  in  der  Regel  auch  äußerlich 
von  seinen  Mitmenschen.  Er  trug  eine  eigenartige  Kleidung  und 
machte  sich  auch  durch  ein  eigentümliches  Betragen  kenntlich.^ 
Was  die  Kleidung  betrifft,  so  wurde  diese  oft  durch  seine  Offen- 
barungen bedingt.  Doch  trugen  die  Propheten  in  späterer  Zeit 
in  der  Regel  einen  verbrämten  Mantel,^  was  vermutlich  eine  Nach- 
ahmung des  älteren  Propheten  Eliah  war,  welcher  seinerseits  diese 
Tracht  wohl  nur  mit  Rücksicht  auf  die  Verhältnisse,  unter  denen 
er  lebte,  trug. 

Erwähnt  sei  noch,  daß  der  Prophet  in  der  Regel  für  seine 
Bescheide  zumindest  in  Privatangelegenheiten  Geschenke  erhielt. 
So  mancher  hat  dadurch  sein  Dasein  gefristet.  Bei  den  jüngeren 
Propheten  wird  jedoch  diese  zu  ihrer  Zeit  noch  herrschende 
Sitte  verpönt.-^  Doch  hat  diese  Sitte  den  Anlaß  dazu  gegeben,  daß 
sich  Leute  als  Propheten  gerierten,  die  gar  nicht  dazu  berufen 
waren.  Wir  meinen  nämlich  jene,  die  in  der  Schrift  als  falsche 
Propheten  bezeichnet  werden,  deren  Existenz  wir  in  den  bis- 
herigen Ausführungen  bereits  angedeutet  haben. 

Über  die  falschen  Propheten  ist  viel  gesprochen  worden. 
Doch  dürfen  nicht  alle  mit  gleichem  Maßstabe  gemessen  werden. 

1  Jes.  daselbst. 
5  Knobel  daseibat. 
3  II.  Reg.  9,  11. 

*  Zach.  13,  4.  Die  falschen  Propheten  ahmten  den  echten  nach, 

*  Am.  7,  14  will  wohl  sagen,  daß  sein  Beruf  ihm  nicht  als  Erwerbsquelle 
diene.  „Ich  bin  kein  Prophetensohn"  heißt,  ich  wurde  auch  bei  meinem  Vater 
nicht  vom  Prophetenmetier  ernährt.  Vgl.  den  Tadel  Mika  3,  5. 

XX 


Der  israelitische  Proplieiismus.  49 

Man  darf  diese  Männer  unserer  Ansicht  nach  in  zwei  Klassen 
teilen,  in  relativ  falsche  und  absolut  falsche  Propheten.  Zu  den 
ersteren  gehören  jene,  die  selber  der  Meinung  waren,  daß  Gottes 
Ratschluß  sich  auch  ihnen  offenbare.  Jeremias  wirft  ihnen  vor, 
daß  sie  sich  auf  die  Vorspiegelungen  des  Traumes  verlassen, 
wobei  sie  verkennen,  daß  Gott  sich  eigentlich  nur  in  dem  pro- 
phetischen Antrieb  offenbart.  „Was  hat  Stroh  mit  Korn  zu  tun?'*' 
In  älterer  Zeit  hat  man  diesen  Pseudopropheten  auch  den  gött- 
lichen Antrieb  nicht  abgesprochen,  indem  man  annahm,  daß  auch 
die  falschen  Aussagen  im  Plane  Gottes  begründet  sind.^ 

Neben  diesen  gibt  es  aber  auch  absolut  falsche  Propheten, 
die  in  Berücksichtigung  von  Privatinteressen  mit  Vorbedacht  das 
Volk  zu  täuschen  und  zu  betrügen  suchten.  Um  ihr  Ziel  zu  er- 
reichen, bemühten  sie  sich  soweit  als  möglich,  sich  den  aner- 
kannten Propheten  ähnlich  zu  machen.  Sie  taten  es  zunächst 
durch  ihre  Kleidung,  indem  sie  gleich  den  echten  Propheten 
einen  verbrämten  Mantel  trugen. ^  Weiters  plagiierten  sie  Weis- 
sagungen echter  Propheten  und  verkündigten  sie  in  eigenem 
Namen.^  Ferner  widmeten  sie  sich  der  Rhetorik  und  suchten 
durch  die  Kunst  das  zu  ersetzen,  was  ihnen  die  Natur  versagt 
hatte.^  Bekanntlich  zeichneten  sich  die  echten  Propheten  als  Redner 
aus.  Ihren  Vorträgen  hörte  man  mit  Vergnügen  zu,  selbst  wenn 
man  gar  nicht  daran  dachte,  ihren  Ermahnungen  Gehör  zu 
schenken.*^  Dieses  Mittel  der  Popularität  griffen  die  falschen  Pro- 
pheten bald  auf  und  suchten  ebenso  wie  jene  durch  formvollendete 
Reden  zu  glänzen.  Da  das  kühne  Auftreten  den  echten  Propheten 
Mißhandlungen  und  Schläge  eintrug,  so  trachteten  sie  auch  solche 
Merkmale  an  ihrem  Körper  ersichtlich  zu  machen.''  Im  übrigen 
waren  sie  darauf  bedacht,  nur  das  zu  verkünden,  was  dem  Ohr 
des  einfachen  Mannes  angenehm  klang. 

Erinnert  man  sich,  daß  auch  Prophezeiungen  falscher  Pro- 
pheten zuweilen  in  Erfüllung  gingen,  dann  ist  es  kein  Wunder, 
wenn  das  Volk  zwischen  den  echten  und  falschen  Propheten 
nicht  unterscheiden  konnte  und  öfters  eher  zu  den  letzteren  als 
zu    den    ersteren    hielt.     Dort    Verheißungen,    die    das    Herz    vor 

1  Jer.  23,  25  ff. 

2  I.  Reg.  22,  21  f. 

3  Zach.  13,  4. 
*  Jer.  23,  .30. 
5  Das.  23,  31. 

e  Ezech.  33,  31  f. 
7  Znch.  13,  6. 

Festscbiil't. 

XXI 


50  Zwi  Karl. 

Freude  erbeben  machten,  hier  immerfort  Tadel  und  fürchterliche 
Strafandrohung,  deren  Eintreffen  gleich  den  Prophezeiungen  der 
falschen  Propheten  oft  ausblieb.  Die  falschen  Propheten  erfreuten 
sich  daher  eines  großen  Einflusses  auf  das  Volk,  den  die  echten 
Propheten  vergeblich  bekämpften.  Erst  der  Untergang  des  jüdi- 
schen Staates  hat  ihren  Einfluß  vollständig  vernichtet.  Damals 
erst  erkannte  man,  daß  das  Volk  ein  Spielball  in  den  Händen 
dieser  Männer  war,  daß  diese  bloß  Privatinteressen  frönten  und 
das  Volk  betörten  und  irreführten.  Wir  hören  daher  von  nun  an 
nichts  mehr  von  falschen  Propheten  und  diese  treten  erst  nach 
der  Rückkehr  aus  dem  Exil  wieder  auf  den  Plan.^ 

Gehen  wir  jetzt  zu  den  Bene-hanebiim  über. 

Es  ist  nicht  leicht  zu  sagen,  worin  die  Wirksamkeit  dieser 
Männer,  die  offenbar  eine  geschlossene  Körperschaft  bildeten, 
bestand.  Ihr  Name  wird  gewöhnlich  durch  Propheten  schul  er 
wiedergegeben.  Daß  die  Propheten  Jünger  hatten,  wird  .ander- 
weitig bezeugt.  Halten  wir  nun  an  der  erwähnten  Deutung  fest, 
so  bleibt  es  noch  immer  ungewiß,  welche  Bestimmung  die  Pro- 
phetenschüler hatten.  Was  von  ihnen  erzählt  wird,  nämlich  daß 
sie  weissagen,  haben  sie  mit  den  Propheten  gemein.  Worin  aber 
besteht   ihre  Eigenart,    die  sie  von  den  Propheten  unterscheidet? 

Um  auf  diese  Frage  zu  antworten,  wollen  wir  zunächst  auf 
den  intimen  Verkehr  zwischen  den  Bene-hanebiim  und  Elisa  hin- 
weisen, welcher  einen  auffallenden  Gegensatz  zu  dem  zwischen 
ihnen  und  Elia  bestehenden  Verhältnis  bildet,  indem  sie  sich  von 
letzterem  in  respektvoller  Entfernung  hielten.  Was  also  verbindet 
sie  so  eng  mit  Elisa?  Welches  ist  das  gemeinsame  Band,  das  sie 
umschlingt? 

Ziehen  wir  eine  Parallele  zwischen  Elisa  und  den  anderen 
Propheten,  so  stellt  es  sich  alsbald  heraus,  daß  er  sich  von  allen 
anderen  Propheten  spezifisch  unterscheidet.  In  erster  Reihe  fällt 
seine  Wahl  zum  Propheten  auf.  Sämtliche  Propheten  werden  durch 
höhere  Inspiration  zu  ihrem  Amte  berufen.  Elisa  allein  wird  sein 
Prophetenamt  von  einem  Menschen  übertragen.  Weiters  begegnen 
wir  bei  ihm  dem  künstlichen  Erzeugen  der  prophetischen  Be- 
geisterung, was  ebenfalls  bei  anderen  Propheten  nicht  zu  finden 
ist.  Überhaupt  ist  es  zweifelhaft,  ob  sich  bei  Elisa  natürliche  In- 
spiration je  einstellte.  Die  Wundertaten,  die  ihm  zugeschrieben 
werden    und  die  gegenüber  denen  Elias  sich  wie  Doubletten  aus- 

1  Neh.  6,  14. 

XXII 


Der  israelitische  Prophetismus.  51 

nehmen,  sind  vielleicht  von  Elia  auf  ihn  übertragen.  Gegen  die 
entgegengesetzte  Annahme  i  spricht  schon  der  Umstand,  daß  die 
Wundertaten  bei  Elia  natürlicher  gedacht  sind.  Endlich  beob- 
achten wir  bei  ihm  das  Suchen  nach  Vorzeichen  und  das  künst- 
liche Erzeugen  derselben,  eine  Gewohnheit,  die  an  den  Seher 
Bileam  erinnert  und  die,  wie  wir  bereits  erwähnt  haben,  vom 
Pentateuch  und  den  Propheten  verpönt  wird.  Im  allgemeinen  er- 
scheint die  Wirksamkeit  Elisas  nicht  wie  bei  anderen  Propheten 
als  etwas  Natürliches,  das  aus  der  Tiefe  der  Seele  quillt,  sondern 
als  etwas  Künstliches,  Angelerntes.  Man  wird  daher  nicht  fehl- 
gehen, wenn  man  in  dieser  Erscheinung  eine  Eigentümlichkeit 
erblickt,  die  unserem  Propheten  als  Mitglied  der  Bene-hanebiim 
zukommt.  Daher  der  enge  Anschluß  der  Bene-hanebiim  an  ihn, 
der  aus  ihrer  Mitte  hervorging  und  zu  solch  bedeutender  Stellung 
gelangte.  Die  Tätigkeit  der  Prophetenschüler  dürfte  demnach  darin 
bestanden  haben,  sich  die  Fähigkeit  anzueignen,  die  prophetische 
Begeisterung  künstlich  zu  erzeugen,  sowie  in  der  Übung,  den  Vor- 
fällen aufmerksam  nachzuspüren  und  danach  Horoskope  für  die 
Zukunft  aufzustellen  und  mitunter  diese  Geschehnisse  künstlich 
hervorzurufen.  Diese  Männer  wurden,  nachdem  sie  in  den  er- 
wähnten Dingen  einen  gewissen  Grad  der  Fertigkeit  erlangt  haben, 
zu  Propheten  ernannt.  Doch  pflegt  man,  wie  es  scheint,  zwischen 
ihnen  und  anderen  Propheten  stets  zu  unterscheiden,  daher  das 
Abwechseln  der  Bezeichnun-,'^en  Nebiim  und  Bene-hanebiim. - 

Wir  haben  in  den  bisherigen  Ausführungen  eine  wichtige 
Frage  unerörtert  gelassen,  nämlich  jene  nach  dem  Ziel  der  Pro- 
pheten. Wir  müssen  uns  aber  wegen  der  Beschränktheit  des 
Raumes  diesmal  versagen,  auf  diese  Frage  näher  einzugehen  und 
werden  uns  daher  mit  dem  hierüber  eingangs  Gesagten  begnügen. 

Zum  Schlüsse  erscheint  uns  noch  wichtig,  auf  die  übliche 
Einteilung  in  ältere  und  jüngere  Propheten  hinzuweisen.^ 

Das  in  die  Augen  springende  Unterscheidungsmerkmal  ist 
die  schriftliche  Fixierung  der  Prophetien  bei  den  jüngeren  Pro- 
pheten.* Die  Bedeutung  dieser  Tatsache  soll  nicht  gering  ein- 
geschätzt werden.  Durch  diese  Tätigkeit  wurde  zunächst  erreicht, 
daß  die  prophetischen  Reden  weiteren  Kreisen  zugänglich  gemacht 
wurden.    Wichtiger    aber  ist  die  Schriftstellerei  der  Propheten  in 


«  Hülsciier,  Die  Propheten,  S.  77. 

2  I.  Reg.  20,  35.  41;  II.  Reg.  9,  1.  4. 

3  Vgl.  auch  Maybaum,    Die  Entwicklung  des  israelitisclien  FrophetisruuB. 
■*  "Vgl.  zu  dieser  Frage  Budde,  Das  prophetische  Schrifttum. 

i* 
XXIII 


52  Zwi  Karl. 

anderer  Hinsicht,  indem  dank  dieser  Tätigkeit  ihre  Reden  beim 
Volke  in  dauernder  Erinnerung  blieben. 

Der  Anlaß  zum  Beginn  dieser  Tätigkeit  der  jüngeren  Pro- 
pheten scheint  aber  mit  dem  speziellen  Charakter  ihrer  Weis- 
sagungen in  Verbindung  zu  stehen.  Während  nämlich  die  älteren 
Propheten  bloß  für  die  Gegenwart  weissagten,  betrafen  die  Pro- 
phezeiungen der  jüngeren  Seher  oft  eine  spätere  Zeit.  Von  der 
Echtheit  ihrer  Verkündigungen  überzeugt  und  anderseits  bestrebt, 
diesen  auch  bei  den  Skeptikern  Anerkennung  zu  verschaffen, 
brachten  sie  ihre  Worte  aufs  Pergament  oder  anderes  Schreib- 
material, um  nach  deren  Erfüllung  auf  die  Echtheit  ihrer  Pro- 
phezeiungen hinweisen  zu  können.^ 

Später  tritt  bisweilen  die  Schrift  an  die  Stelle  der  Rede.  Es 
läßt  sich  beweisen,  daß  manche  der  jeremianischen  Prophetien,  die 
uns  vorliegen,  nur  auf  schriftlichem  Wege  in  die  Öffentlichkeit 
drangen. 

Doch  ist  die  schriftstellerische  Tätigkeit  nicht  das  Haupt- 
merkmal, durch  das  sich  die  jüngeren  Propheten  von  ihren  älteren 
Vorgängern  unterscheiden.  Dieses  liegt  vielmehr  in  den  Weis- 
sagungen selbst. 

Die  älteren  Propheten  erscheinen,  so  oft  sie  uns  vorgeführt 
werden,  als  Vormünder  und  Erzieher  lediglich  des  Königs.  Selbst 
dort,  wo  es  sich  um  einen  Gegenstand  der  Allgemeinheit  handelt, 
wandten  sie  sich  nur  an  die  Person  des  Königs.  Elia  überhäuft 
nur  den  Ahab  wegen  des  Baaldienstes  mit  Vorwürfen,  obwohl 
dieser  im  Volke  weit  verbreitet  war.  Das  religiöse  und  sittliche 
Niveau  des  Königs,  des  Herrn  im  Lande,  ist  nach  der  Meinung 
dieser  Propheten  für  jenes  seiner  Untertanen  entschieden  maß- 
gebend. In  seiner  Hand  liege  es,  die  Religiosität  und  Sittlichkeit 
in  seinem  Lande  zu  heben  und  er  macht  von  dieser  Macht  Ge- 
brauch, wenn  er  es  vermöge  seiner  persönlichen  religiösen  und 
sittlichen  Überzeugung  für  nötig  erachtet.  Daher  machen  die  Pro- 
pheten nur  den  Lebenswandel  des  Königs  zum  Gegenstand  einer 
strengen  Kontrolle.  In  diesem  Punkte  tritt  bei  den  jüngeren  Pro- 
pheten eine  durchgreifende  Änderung  ein.  Diese  erblicken  die 
Ursache  des  religiösen  und  moralischen  Verfalles  im  Volke  selbst 
und  rufen  auch  dieses  zur  Bekehrung  auf.  Daher  in  ihren  Predigten 
die  Berücksichtigung  der  verschiedenen  Volksschichten,  ihnen 
gelten    ihre    Drohungen,    ihnen    ihre  Verheißungen.    Dies    erklärt 

1  Jes.  8. 

XXIV 


Der  israelitische  Proplietisniup.  53 

auch  die  bedeutende  Anzahl  der  Prophetien,  die  aus  dieser  Zeit 
stammen,  indem  ihnen  der  intimere  Verkehr  mit  dem  Volke  oft 
Gelegenheit  zu  Predigten  gab. 

Dieser  Wandel  in  der  Haltung  der  Propheten  wird  begreif- 
lich, wenn  man  sich  erinnert,  daß  mit  der  Reform  Jehus  das 
von  den  Propheten  ersehnte  Ziel  der  Ausrottung  des  Baalismus 
nicht  erreicht  wurde.  Noch  zur  Zeit  Jerobeams  II.  hören  wir 
den  Propheten  Hosea  über  die  Verdrängung  Jahves  durch  Baal 
klagen.  Diese  traurige  Erfahrung  brachte  den  schon  früher 
dämmernden  Gedanken  zur  Reife,  daß  nämlich  die  Makellosigkeit 
des  Königs  noch  lange  nicht  für  jene  des  Volkes  bürgt  und  daß 
man  vielmehr  dieses  selbst  zum  Gegenstand  der  Ermahnung  und 
Belehrung  machen  muß,  um  sein  religiöses  und  sittliches  Niveau 
zu  heben. 


XXV 


Biblische  Miszellen. 

Von  Harry  Torczyner,  Wien. 

Zu  Jesaia  34,  5. 

Im  Zusammenhange  des  Verses  diik  bv  ri:r\  ^mn  q^ü^v^  nnn  ^s 
Estyia"?  'ann  av  bv'i  mn  scheint  mir  der  Ausdruck  Gottes  Schwert 
trinke  sich  im  Himmel  satt,  störend,  da  es  sich  ja  um  ein  Straf- 
gericht über  Edom  auf  Erden  handelt.  Es  wird  wohl  wieder  einmal 
tt?  für  y  verlesen  sein;  vgl.  ZDMG  LXVI,  395  ff.  und  weiter  unten 
zu  Hos.  11,  9.  Lies  D'^sys  und  übersetze:  „satt  trinkt  mein  Schwert 
sich  an  den  Völkern,  auf  Edom  fährts  hinab  und  auf  mein  Bann- 
volk zum  Gericht." 

Zu  Jesaia  41,  25. 

Daß  für  i{3''i  in  to'D  düt  i:ir  iüdi  -i^in-ix::  n";:D  xn'i  in  Parallele  zu 
cöT  zu  lesen  ist  onr,  ist  bereits  festgestellt  worden.  Aber  sn^'i  ist 
nicht  etwa  für  dd""!  verlesen  worden;  vielmehr  steht  d  von  cn'i 
am  Beginne  des  folgenden  Wortes:  q'::.c,  wofür  nach  Jes.  6  3,  7 
••EK2  ü''öi;  mnsi;  Hab.  3,  12  a-'u  unn  s^xn;  Jes.  18,  2  ncisai  p  ^p  'i3 
(vgl.  ZDMG  LXVI,  393)  etc.  zu  lesen  ist:  cia,  wodurch  das  unannehm- 
bare Bild  vom  Zertreten  der  Statthalter  durch  das  gewöhnliche 
vom  Zerstampfen  der  Völker  ersetzt  wird,  kd"  entstand  als  ortho- 
graphische Ergänzung  des  als  defekte  Schrei!)ung  aufgefaßten  [  ]ti. 
Die  gleiche  Ergänzung  siehe  unter  anderen  auch  unten  zu  Hos.  i  i, !'. 

Zu  Jesaia    12,  10.   11   und  Richter  5,  11. 

Die  beiden  Verse  Jes.  42,  10  f.  lauten  in  Übersetzung:  „Singet 
dem  Herrn  ein  neues  Lied,  sein  Lob  vom  Ende  der  Erde,  die  aufs 
Meer  steigen'  und  was  in  ihm  ist,  die  Inseln  und  ihre  Bewohner! 


1  Wahrgcheinlicli    ist   mit   anderen   nncli   Ps.  96,  11;   98,   7;    1   Chr.   16,  3ti 
wj-)^  oder  mv  „es  lärme  (preise)  das  Meer"  zu  lesen. 


56  •        Harry  Torezyner. 

Es  stimme  an  die  Wüste  und  ihre  Städte,^  Gehöfte  beivohnt  Qedar 
{-\'\p  nrn  D'-i:ün),  es  jubeln  die  Bewohner  Sela's,  von  den  Berges- 
gipfeln jauchzen  sie!"  Was  soll  in  solchem  Zusammenhange  die 
Mitteilung,  daß  Qedar  in  cmsrn  wohne?  Und  auch  sachlich  ist  es 
gar  nicht  richtig,  daß  die  Beduinen  Qedars  in  festen  Nieder- 
lassungen {j.^\^^)  und  nicht  in  ihren  Zeltlagern  gewohnt  hätten. ^ 
An  unserer  Stelle  birgt  sich  in  Dn:in  eine  Form  des  von  m:::in 
abgeleiteten  Zeitwortes  i:in  trompeten,  dessen  Partizipium  nach 
dem  Q«re  1  Chr.  15,  24;  2  Chr.  5,  12.  13;  7,  6;  13,  14;  29,  28  Dn::na 
zu  schreiben  ist.  Parallel  zu  dem  unmittelbar  darauffolgenden 
vbo  ''nu'i''  131T  „es  jubeln  die  Einwohner  Sela's"  ist  wohl  zu  lesen 
-np  ''3tt?n  i-i::n^  „es  trompeten  (=  jubeln)  die  Bewohner  Qedars".  Die 
richtige  Vokalisation  der  Verbalformen  Dn::ntt  (nach  der  Masora: 
Dn:ünb)  und  in^rn^  dürfte  doch  wohl  nn;:riip  und  ^n^n^^  sein,  das  durch 
Vereinfachung  eines  unaussprechbaren  mehas^s^^rlm  entstand.  Das- 
selbe Wort  konnte  aber  auch  durch  regressive  Assimilation,  des  -i 
an  das  vorhergehende  ::  mundgerecht  gemacht  werden,  und  so 
halte  ich  denn  a''Vi?na  Ri.  5,  11  für  eine  in  der  wirklichen  Sprache 
vorkommende  Variante  zu  nn^rnn  „Trompeter,  Jubelnde".^  ^_ 

Zu  Jeremia  51,  30. 

Das  schwierige  nnc:  in  amn:  nnt'D  anbr\b  '?nn  ']bf2  mnj  i'?in  wird 
mit  nnD3  x^:in  D:wb  Jes.  41,  17  zusammengestellt.  Das  folgende 
D"'tt'3':5  rn,  das  wohl  eine  Glosse  zu  nntt^j  ist,  zeigt  indes,  daß  dieses  — 
mit  Recht  oder  Unrecht  —  als  Denominativ  von  q"^]!?:  „Frauen" 
aufgefaßt  wurde:  „Die  Krieger  des  Königs  von  Babel  haben  den 
Kampf  aufgegeben  ,verweiblicht'  ist  ihre  (Heeres)macht  [sie  wurden 
zu  Weibern]". 

Zu  Hosea  11,  9. 

•T'rs  X12K  x"?!  v^Mp  l^ipD  T'K  k"?!  "d:«  "?«  "'S.  Der  Schluß  dieses  Halb- 
verses ist  sehr  schwierig.  Zwar  führt  der  genaue  Parallelismus 
ganz  eindeutig  auf  das  Richtige,  und  so  erschließt  auch  z.  B.  Nowack 
aus  der  Proportion  der  Satzglieder  für  die  Unbekannte  am  Vers- 
ende die  Bedeutung  „Mensch":  „Denn  ein  Gott  bin  ich  und  kein 
Mann,  ein   Heiliger  ist  in   deiner  Mitte  und  nicht    [ein   MenschJ." 


1  Lies  wohl  nmyi  „und  Steppe". 

2  Ein  Lager  von  Hirtenstämmen  bezeichnet  hebräisch  "ivn  wohl  ebenso- 
wenig wie  die  arabischen  und  aramäischen  Wortentsprechungen.  Auch  Gen.  25,  16 
steht  "isn  im  Gegensatz  zu  m^tD  „Zeltlager". 

8  on^vnr:  zu  lesen  ist  bereits  vorgeschlagen  worden. 

II 


Biblische  Miszellen.  57 

Vgl.  Num.  23,  19;  Jes.  31,  8.  Die  Versuche  indes,  ein  Wort  dieser 
Bedeutung  in  Tr-  ki:x  wiederzufinden,  sind  als  mißglückt  zu  be- 
zeichnen. Man  meint  s'isx  sei  etwa  für  d"i«  verschrieben;  darum 
zieht  man  -."rn  (dafür  vorgeschlagen:  -lyn^,  Trnb,  -;"yDK,  irr  etc.) 
zum  folgenden,  wo  man  damit  freilich  nichts  rechtes  anfangen 
kann.  Aber  Trn  ist  eben  das  gesuchte  Wort  für  „Mensch",  denn 
es  ist  für  -ito  verlesen  wie  umgekehrt  Jer.  11,  15:  r.-i"'  ^tp  T»r::i 
für  n^r  "tnp  i'ym  (parallel  zu  ^ri^nn)  steht;  siehe  ZDMG  LXVI,  398. 
Vgl.  Stellen  wie  irnbs'  'n  i::2yT  n^a  rn?  lör  2  Chr.  32,  8;  i"?  nu^n  Tyn 
ns-in  tri;x  msna-DK  Hiob  10,  4;  i"?  -irn  ncT"  rra  xtk  k"?  *nnaD  a"n'?s'2 
Ps.  5  6,  5  etc.  etc.  Zwischen  ^,co  (ns*)  x":»!  entstand  nun  die  Dittographie 
rs',  die,  besonders,  nachdem  für  -^r::  -:r2  gelesen  wurde,  als  ab- 
gekürztes Sias  verstanden  ward. 

Zu  Psalm  46,  5. 

In  Ps.  46  wird  Gott  bekanntlich  als  Schutz  und  Wehr  in  aller 
Not  und  Gefahr  verherrlicht.  Die  Gefahr  selbst  wird  in  den 
Bildern  eines  gewaltigen  Erdbebens  und  einer  verheerenden  Flut 
dargestellt.  Wenn  diese  Schilderung  nun  durch  einen  Vers  wie 
jrbj?  "Drrsi  trnp  dti'?«  n^r  ir\f:!i]:;'  v^ba  -in:  „Des  Stromes  Betten  erfreuen 
die  Gottesstadt,  des  Höchsten  heilige  Wohnung"  unterbrochen  wird, 
so  liegt  die  Hauptschwierigkeit  nicht  darin,  daß  es  in  Jerusalem 
keinen  Strom  gibt,  sondern  vielmehr  in  dem  Umstände,  daß  der 
Vers  von  der  wohltätigen  Bedeutung  des  Stromes  mitten  in  der 
Schilderung  der  verheerenden  Wirkung  der  Wasserflut  sich 
findet.  In  der  Tat  kann  mit  dem  Strom  in  Vers  5  auch  nur  das- 
selbe wie  mit  va'üi  in  Vers  4  gemeint  sein  und  für  das  den  Sinn 
verändernde  in!2C"  „erfreuen"  muß  ein  in  den  Zusammenhang  besser 
passendes  Wort,  vielleicht  :n^:  „überschwemmen"  stehen.  Übersetze 
Vers  4—6:  „Es  brausen  und  toben  seine  Wogen,  erbeben  Berge 
ob  seinem  Schwellen.  Des  Stromes  Betten  überfluten  die  Gottes- 
stadt, des  Höchsten  heilige  Wohnung.  Mit  Gott  in  ihrer  Mitte, 
wankt  sie  nicht,  er  hilft  ihr  gegen  Morgen." 

Zu  Psalm  55,  24. 

in  nars  ':si  orr-ia-'  ii'n'  ab  rüanm  D"'a-;  -u?;«  nntr  -iHZih  ar-'.in  l  D'n'?s  i  nnsi. 
Das  Zeitwort  n:£n  heißt  „teilen,  abtrennen'",  "i-n  heißt  eigentlich  nur 
„Teil"  und  nur  weil  bei  einer  Teilung  ein  Ding  zumeist  in  zwei 
Teile  „entzwei"  geht'  a  potiori  als  „Teil"  xaz'  i^o;^j>:  die  Hälfte. 
Daß   indes  das   Verbum   für   teilen,   worin    die  ursprüngliche   Be- 

1  Vgl.   meine   Eiitstoluiii';   des  scmiiiscliuii  Sprachlypi.s  1.   20i  . 

III 


58  Harry  Torczyner. 

deutung  „zerbrechen,  ein  Ganzes  halb  machen"  lebendig  ist,  auch 
den  Gegensatz  „ein  Halbes,  die  Hälfte  ganz,  voll  machen"  be- 
deuten könnte,  wie  dies  die  Übersetzung  „sie  werden  die  Hälfte 
ihrer  Tage  nicht  voll  machen"  für  an'fi'  un*'  s*?  voraussetzt,  ist  recht 
unwahrscheinlich.  Auch  muß  zugegeben  werden,  daß  eine  solche 
Wendung  allzu  gekünstelt  erscheint.  Wir  erwarten  einfach  einen 
Ausdruck  für  „die  Tage  voll  (nicht  halb)  machen"  und  dafür  bietet 
sich  für  n:in  mit  einer  leichten  Änderung  nx-),  das  für  das  Voll- 
zählen des  Geldes  (=  ahp),  wie  für  das  Vollmachen  einer  Zeit  sehr 
beliebt  ist;  vgl.  Lev.  26,  34  ff.  u.  ö.  Dasselbe  Wort  liegt  zweifellos 
auch  vor  Hiob  14,  6:  iiav  TDira  n::T  ir  hin-"i  vhsa  nrtr  „Blicke  nur  fort 
von  ihm  und  schon  ist  er  zu  Ende,  gerade  daß  er  wie  der  Tag- 
löhner  seinen  Tag  voll  macht. ^  Wie  dort  mit  dem  Tage  das 
Leben  gemeint  ist,  so  wird  auch  hier  das  vom  Taglöhner  ge- 
nommene und  im  Volke  wohl  sprichwörtliche  Bild  angewendet: 
„Und  du,  o  Gott,  versenke  sie  in  die  Gruft,  Männer  des  Blutes 
und  des  Trugs  mögen  ihre  Tage  nicht  voll  machen  (ctd''  i:::"!""  ab), 
ich  aber  vertraue  auf  dich." 

Zu  Psalm  58,  10.  ^' 

Der  Vers  myc^"'  ]'\'\n  iü2  "n  iü3  ntsx  dstitd  id"'2''  aitsn  hat  eine  kleine 
Literatur  aufzuweisen;  klarer  ist  er  darum  nicht  geworden.  Wie 
immer  man  DS^nTo  zu  deuten  oder  durch  Konjekturen  zu  heilen 
suchte,  es  bot  sich  niemals  ein  passendes  Subjekt  zu  iD'n''  nntsn.  In 
der  Tat  ist  gerade  dieses  mißverstanden  worden.  Voran  (Vers  7  ff.) 
gehen  Verwünschungen  der  Feinde,  die  schmelzen  sollen  wie 
Wasser,  das  dahinfließt,  abgeschnitten  werden  wie  Gras  (lies  mit 
andern  ib'r'Jsn'  "T'i'n  is::),  der  Schnecke  gleich,  die  im  Kriechen  zer- 
schmilzt, wie  die  Frühgeburt  einer  Frau,  die  die  Sonne  nicht  sieht. 
Wie  diese  plötzlich,  ahnungslos  vergehen,  so  sollen  auch  die  Feinde 
vergehen  „ohne  daß  sie  etwas  davon  ahnen".  Das  muß  ^Tn^  D-i^n 
bedeuten,  also  eine  modale  Bestimmung  zu  einem  Zeitwort  sein, 
das  besagt,  sie  (die  Feinde)  werden  zugrunde  gehen.  Dieses  ist  in 
caTTD  zu  suchen,  nicht  das  Subjekt  zu  u'd^  D"id2,  das  ja  aus  den 
vorhergehenden  Sätzen  genugsam  bekannt  ist.  Schon  der  Vergleich 
der  Frühgeburt  hätte  an  Koh.  6,  5  erinnern  sollen,  wo  es  ganz 
ähnlich  nach  na~\  ah  dsu?  d:  „auch  die  Sonne  sah  sie  nicht"  heißt 
rT  ab^  „und  sie  weiß  es  nicht  (daß  sie  lebt  und  stirbt)"  wie  Ps.  58: 
im-'  öntaa  „ohne  daß   sie  es  merken".    Und  auch  der  Ausdruck  pD 

'  Budde  unrichtig:  „So  blicke  fort  von  ihm  und  laß  ab  ['jim],  daß  er 
doch  wie  der  Lohnarbeiter  seines  Tages  froh  wc  rde." 

IV 


Biblische  Miszellen.  59 

findet  sich  in  ganz  entsprechendem  Zusammenhang:  j'n.'a  j'Kn  a^acKS 
„sie  werden  weggerafft,  ohne  daß  sie  es  merken"  Jes,  f)?,  1.  Welches 
Zeitwort  steckt  nun  in  dstitd?  Ist  es  überhaupt  ein  Verbum,  so 
muß  es  hier  objektlos  in  dritter  Person  stehen.  d2  gehört  also  nicht 
dazu.  Da  nun  das  folgende  Tl2K  zweifellos  ein  weiteres  Bild  für  die 
Vernichtung  der  Feinde  sein  muß,  muß  in  as  die  Vergleichungs- 
partikel IM  stecken.  Der  n^x  ist  aber  nach  Ri.  9,  14  ff.  ein  holziger 
Strauch,  der  sich  erfrechen  durfte,  nach  der  Königskrone  der 
Bäume  zu  greifen.  Auf  seine  Vernichtung  paßt  nur  das  Verbum  mr, 
das  sich  deshalb  in  (ü3)"'n-i''D  bergen  muß,  und  so  ergibt  sich  für 
Vers  10^  die  sichere  Lesung:  ntox  lar  im:'  lo'n'  D-itan  „unvermerkt 
mögen  sie  abgeschnitten  werden  wie  ein  Atad!" 

Zu  Psalm  62. 

Hier  bieten  Vers  4  und  5  sachlich  die  größten  Schwierig- 
keiten. Man  übersetzt  etwa:  „Wie  lange  noch  sc/irt/Y  ihr  gegen  den 
Menschen,  lärmt  ihr  alle  wie  bei  einer  fallenden  Wand,  einer 
stürzenden  Mauer,  nur  von  seiner  Höhe  raten  sie  [ihn]  hinab- 
zustürzen, lieben  die  Lüge,  mit  dem  Munde  segnen  und  in  ihrem 
Innern  fluchen  sie.  Sela."  Unter  dem  Menschen,  gegen  den  man 
„schreit",  versteht  man  allgemein  den  Dichter  selbst,  und  weil  z.  B. 
auch  Duhm  diese  Auffassung  unbestreitbar  scheint,  sind  ihm  r'x  hi' 
und  ins*::?»  „recht  unglückliche  Glossen,  schon  darum,  weil  der  Ver- 
fasser nicht  von  einer  dritten  Person,  sondern  von  sich  selber 
redet".  Ja,  wenn  dies  selbst  sachlich  gesichert  wäre! 

Ps.  62  drückt  in  drei  durch  n'^D  abgeschlossenen  Strophen  i 
dreimal  den  Gedanken  aus:  auf  Gott  allein  vertraue  ich,  er  allein 
ist  mein  Heil  und  meine  Hilfe.  Wo  in  solchem  Zusammenhang  vom 
Menschen  die  Rede  ist,  da  steht  dieser  im  Gegensatz  zu  Gott  als 
das  schwache,  nichtige  und  unzuverlässige  Wesen,  das  nicht  helfen 
kann  und  dessen  Versprechen  unwahr  ist.  Dies  bedeutet  auch  das 
Wort  tr'K  in  Vers  4  und  das  Zeichen  der  menschlichen  Schwäche 
ist  die  fallende  Wand,  die  stürzende  Mauer. 

Der  Beweis  für  diese  Auffassung  ergibt  sich  aus  der  Beziehung 
unseres  Psalms  zu  Jes.  30,  6  ff.,  welcher  Zusammenhang  teilweise 
schon  erkannt  worden  ist.  Wie  es  Ps.  62,  U  heißt:  b':2^  pwa  in-^rn  ha, 
so  sagt  Jes.  30,  12:  (lies  ^m.T)  r\ir\  nmn  crcsD  jy  Sn-.u?"  cnp  -as  n:  pb 


1  V.  2—6,  G— 9,  10—13.  Ob  die  Strophen  in  Ordnung  sind,  ist  allerdings 
nicht  sicher;  so  ist  es  mir  fraglich,  ob  die  Wiederholung  von  V.  2—3  in  V.  6—7 
ursprünglich  ist. 

2  Vgl.   ZDMG  LXVl.  397. 


60  Harry  Torezyner. 

vbv  ijrrm  ^'l^h:^  pt^ya  "intaam.  Hier  heißt  es  aber  auch  sogleich  Vers  13: 
yns3  Dxns  -i^a  nnw:  niainz  npsD  ^£33  ps3  nn  (lies  jjjtt^an  ?)  prn  na'?  ^^'^^  p*? 
n-i2tt>  sin'.  Hier  an  der  Grundstelle,  die  unser  Psalmist  benützt  hat, 
kann  kein  Zweifel  daran  sein,  daß  unter  der  stürzenden  Mauer 
Menschen,  und  zwar  die  mächtigen  Könige  zu  verstehen  sind,  auf 
die  Israel  sich  verlassen  wollte.  Und  auch  die  Lügner,  die  zum 
Unglück  raten  (nnnb  ny  Ps.  55,  5)  werden  Jes.  30,  10  näher  als 
die  falschen  Propheten  bezeichnet.  Von  solchen  heißt  es  in  der  Tat 
Thr.  2,  14:  a^nnssi  xitr  mxtrö  "[b  itit-i,  womit  Pinn*?  ^:1T  inx^ia  -]X  Ps.  55,  5 
unverkennbar  zusammenhängt.  Es  ist  dafür  wohl  zu  lesen:  ns*u>»  yi 
n'nn'?  ^2T  xitr  „Nur  in  Lügenreden  raten  sie  zum  Unglück",  iiw 
konnte  neben  riKm  leicht  ausfallen.  Ist  dem  so,  dann  kann  inmnn 
in  Vers  4  nicht  ein  Verbum  für  „schreien",  sondern  nur  eines 
für  „vertrauen,  hoffen,  sich  stützen"  oder  ähnliches  sein;  ob  es  ein 
mn  dieser  Bedeutung  gab  oder  ob  hier  ein  Schreibfehler  vorliegt,  ^ 
kann  ich  nicht  entscheiden.  Unsicher  ist  die  Bedeutung  von  in^inn 
02^3,  wofür  man  etwa  erwarten  könnte :  ihr  alle  werdet  (mit  euren 
Helfern)  zermalmt  werden,  wie  unter  einer  stürzenden  Mauer.  Doch 
läßt  der  Satz  sich  auch  anders  konstruieren. 

Schwierig  ist  ferner  noch  mD'  's  h'n  in  Vers  11.  Die  Über- 
setzung „nimmt  auch  das  Vermögen  zu,  so  kümmert  euch  nicht 
darum"  oder  ähnlich  scheint  mir  nicht  richtig.  Es  kann  sich  hier 
entsprechend  der  Situation  in  Jes.  30  nicht  um  das  Vermögen 
eines  Bösewichtes,  sondern  nur  um  die  Heeresmacht  eines 
Feindes  handeln,  vor  der  man,  auf  Gott  vertrauend,  nicht  zu  ver- 
zagen braucht.  Und  da  führt  doch  wohl  b'n  nna  Ps.  33,  16,  i"?'!!  n"i2i 
Vers  17  auf  3T'  'D  "^'n.^  „Vertraut  nicht  auf  Verkehrtes  und  Lügen- 
haftes, .  .  .  und  um  die  große  Heeresmacht  braucht  ihr  euch  nicht 
zu  bekümmern!" 

Zu  Psalm  77,  11. 

Ps.  77,  12 — 21  ist  der  Beginn  eines  historischen  Gedichtes, 
das  ähnlich  Ps.  78  die  Taten  Gottes  an  Israel  schildern  will,  wovon 
aber  nur  die  Geschichte  der  Erlösung  aus  Ägypten  und  des  Durch- 
zuges durch  das  Meer  erhalten  sind.^  Das  Fragment  schließt  mit 
dem  Satze:  Du  führtest  wie  Schafe   dein   Volk    durch   Mose  und 


1  Das  ursprüngliche  ist  wohl  n^jl  C'p>3  (Graetz). 

2  Lies  hy  D^nipn?  Aber  Vers  6:  'mpn  uno  ">::. 

3  Graetz  injv 

*  Mit  Bickell  und  Duhm  sind  indes  die  dreistichigen  Verse  17—20  vielleicht 
als  aus  einem  anderen  Liede  stammend  zu  betrachten. 

VI 


Biblische  Miszellen  61 

Ahron.  Vor  diesen  Versen,  aber  durch  nSo  von  Vers  10  geschieden, 
steht  Vers  11:  jr'^y  pü^  mati' s",i  ^mi^n  ^ttxi.  Man  übersetzt  etwa:  Und 
ich  sprach:  dies  ist  mein  Durchbohrtsein  (Bickell  u.  a.  'nibn  „mein 
Kranksein";  Graetz  'nn'cn  „meine  Sünde";  LXX:  vvv  '^Qh,d^i]v  = 
■ni^nri  etc.),  „daß  sich  die  Hand  des  Höchsten  geändert  hat".  Das 
mutet  dem  Dichter  denn  doch  zuviel  Geschmacklosigkeit  zu.  Ich 
möchte  nun  vermuten,  daß  in  ><"n  -mbn  die  Buchstaben  n-  den  Gottes- 
namen darstellen,  n'h-  steht  meines  Erachtens  für  mbn  =  nl'prin: 
„und  ich  will  erzählen  die  Ruhmestaten  Gottes  (,t  m'?nn  naiji).  Von 
N'n  bleibt  nun  nur  x"  übrig.  Vielleicht  ist  indes  x\-!  nur  ortho- 
graphische Korrektur  für  allein  ursprüngliches  «n,  wonach  für  ^\^:z" 
etwa  zu  lesen  wäre:  irbr  pa-' mrtr" :  Und  ich  will  erzählen  die  Ruhmes- 
taten Gottes,  die  Hilfe  der  Rechten  des  Höchsten''.  Vgl.  ira"  rr" 
Ps.  20,7;  -jrti'  :^i''Z'^r\  Ps.  60,7;  108,7;  ferner  98,  1;  138,7;  Hiob  40, 14. 
Daran  würde  Vers  12  trefflich  anknüpfen:  mDTX  'a  n-'-'b'r'yia  Trix 
-tx'r'S  Dnp!2  „Ich  nenne  Gottes  Taten,  gedenke  deiner  Wunder  aus 
der  Vorzeit".  Erwähnen  will  ich  noch,  daß  Vers  6  mps:  d'D''  'nr^'n 
a-übir  ^\^w  „ich  überdenke  die  Tage  von  einst,  die  Jahre  der  Ewig- 
keit" wohl  von  vor  Vers  li  an  seine  jetzige  Stelle  hinaufgeraten 
sein  wird.  Mit  ihm  hat  das  Gedicht  wohl  begonnen.  Vom  Leidens- 
schicksal des  Psalmtextes  zeugt  der  Umstand,  daß  eine  Variante 
unserer  Verse  nach  Ps.  143,  5  in  einen  ganz  fremden  Zusammen- 
hang versprengt  worden  ist:  nnu?N  -jn^  nüys2D  -^bvz,-h'z^  'n'jn  Dnpa  dw  'n-iri. 

Zu  Esra  2,  65. 

In  Vers  64  f.  i  wird  gesagt,  daß  die  ganze  Gemeinde  zusammen 
42.360  Seelen  gezählt  habe,  nicht  gerechnet  7337  Sklaven  und 
Mägde.  Darauf  heißt  es:  d'ns*»  m-n?:'^i  omra  cnbi  „und  ihnen  ge- 
hörten 200  Sänger  und  Sängerinnen",  nnb}  ist  unverständlich,  da  die 
Sänger  weder  den  Sklaven,  die  unmittelbar  vorher  genannt  sind, 
noch  auch  überhaupt  den  anderen  Juden  gehörten.  „Zu  ihnen 
gehörten"  hieße  aber  hebräisch  ansi,  n^ari  oder  ähnlich,  nicht  cnbv 
Das  Wörtchen  cnbi  scheint  mir  möglicherweise  ein  Beweis  dafür  zu 
sein,  daß  die  Originalurkunden  über  die  Rückwanderung, 
die  im  Esra-Nehemiabuch  benutzt  und  ausgezogen  sind, 
nicht  in  hebräischer,  sondern  in  aramäischer  Sprache 
abgefaßt  waren.  Eine  solche  Annahme,  die  nach  Auffindung  der 
Elephantinepapyrus  gewiß  nicht  unwahrscheinlich  genannt  werden 
kann,  wird  durch  die  Aramäisnien  im  Esrabuche  (vgl.  in  Vers  "U 


i  Vgl.  Neh.  7,  6fi. 

VII 


62  Harry  Torczyner. 

nnK3  =  aram.  sina,  cf.  3,  9 ;  6,20)  nicht  erwiesen,  da  solche  Aramäismen 
wohl  schon  in  das  damalige  Hebräische  eingedrungen  waren.  Ein 
sicheres  Beispiel  der  Benützung  aramäischer  Vorlagen  bietet  da- 
gegen Esra  1,  7  f.  verglichen  mit  5,  14  und  6,  5. 

Esra  5,  14:  Esra  6,  5:  Esra  1,  7  f. 

Man  sieht  leicht,  daß  der  Anakoluth  in  Esra  1,  7  f.  („Und  der 
König  Kyrus  nahm  die  Gefäße,  welche  N  .  .  .  genommen  und  .  . 
gegeben  hatte,  diese  nahm  Kyrus")  dadurch  verursacht  ist,  daß 
in  der  aramäischen  Vorlage  des  Verfassers  der  Satz,  den  Esra  1,  7 
mit  dem  doppelten  Relativsatz  herübernahm,  mit  (s*)''3Kb  begann. 
Esra  2,  65  scheint  aber  eine  falsche  Übersetzung  aus  dem  Ara- 
mäischen vorzuliegen.  Das  aramäische  Original  lautete  etwa:  pb 
jnx)2  xman  a'-\ü^  jn^i  .  .  .  fnnn«2Xi  j.Tnny  „außer  ihren  Knechten  und 
Mägden  .  .  .  und  außer  den  200  Sängern  und  Sängerinnen".  Das 
aramäische  \nb  hat  der  hebräische  Übersetzer  an  der  ersten  Stelle 
richtig  mit  inbn  wiedergegeben,  während  er  es  an  der  zweiten 
Stelle  unrichtig  als  pb  „zu  ihnen"  =  hebräisch  ar\b  verstand. 


VIII 


Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Ent- 
weihung Gottes. 

Von  Theodor  Kroner,  Stuttgart. 

Das  2.  Buch  Samuel  bringt  in  Kapitel  21  eine  Erzählung 
über  eine  Hungersnot  zu  Zeiten  des  Königs  David.  Sowohl  der 
Text  als  der  Inhalt  der  Erzählung  bieten  viele  Schwierigkeiten, 
deren  Lösung  die  Schwächen  unserer  sogenannten  Kritik  zeigt, 
dagegen  die  so  oft  unbeachtet  bleibende  talmudische  und  midra- 
schische  Auffassung  in  ein  helles,  wohltuendes  Licht  setzt. 

Die  Erzählung  bezeichnet  die  Hungersnot  als  eine  ungewöhn- 
lich lange,  drei  Jahre  hintereinander. ^  David  vermochte  sich  eine 
solche  nicht,  wie  sonst  ein  allgemeines  Leid,  in  der  üblichen  Weise 
zu  erklären.2  Deshalb  kam  er  auf  den  Gedanken,  daß  eine  Schuld 


1  Eine  Hungersnot  ist  an  sich  in  jedem  Lande  eine  schwere,  das  ganze 
Volk  tiefbeugende  Leidenszeit.  Wie  schwer  sie  das  Volks-  und  Familienleben 
bedrückt,  zeigen  die  Berichte  über  eine  solche  zu  den  Zeiten  Abrahams,  Isaks. 
Jakobs,  Josephs.  Wozu  sie  führen  kann,  ersehen  wir  aus  Jes.  8,  21:  ntrpa  n3  n;yi 
vnSsni  liSca  hhp^  .T^jpnm  2';t  '2  n'm  ^yii.  Wie  sie  auf  religiöse  Gemüter  wirkt,  zeigt 
das  Verhalten  Davids  bei  dieser  Hungersnot. 

2  Nach  der  Meinung  des  R.  Ghana  ben  Adda  prüfte  König  David  den 
religiös-sittlichen  Zustand  des  Volkes,  um  festzustellen,  ob  dieses  sich  nicht  durch 
die  Sünden  versündigt  habe,  auf  welche  Hungersnot  als  Strafe  angedroht  war. 
Er  forschte,  ob  Götzendienst  die  Schuld  sei  (Deut.  11,  17).  Es  fand  sich  ein 
solcher  niclit  im  Volke.  Im  zweiten  Jahre  forschte  David,  ob  Verwahrlosung 
der  Ehe  (mn«;  mS':;)  die  Schuld  sei  (Jer.  3,  .3);  er  fand  auch  eine  solche  nicht. 
Im  dritten  Jahre  forschte  David,  ob  vielleicht  großsprecherische  Bewilligung  von 
Spenden  für  werktätige  Menschenhilfe  ohne  Erfüllung  geblieben  sei  (Prov.  25,  14); 
auch  diese  Schuld  ergab  sieh  nicht  (Talm  bab.  Jebam.  79").  Etwas  anders 
erklärt  es  der  Midrasch  in  Bam.  rabbah  cap.  8.  David  liabc  gewußt,  daß  es 
fünf  Arten  von  Sünden  gebe,  die  Kegenmangel  und  Dürre  zur  Folge  haben, 
Götzendienst,  Verwahrlosung  der  Ehe,  Blutvergießen,  NichterfüUen  öffentlicher 
Wohltätigkeitsversprechungen,  Vernachlässigung  der  Zehentabgabe.  David  habe 
sein  Volk  im  ersten  Jahre  auf  die  erste  Sünde  aufmerksam  gemacht,  aber  sie 
war   nicht    vorhanden.    Im    zweiten   Jahre   habe   er   auf   die   zweite   Sünde  hin- 


64  Theodor  Kroiier. 

auf  dem  Königshause  liegen  müsse  und  suchte  das  Angesicht 
Gottes  auf.'  Was  war  die  Antwort  Gottes?  „Wegen  Saul  und 
wegen  des  Hauses  der  Blutschuld,  weil  er  (es?)  die  Gibeoniter 
getötet  hat."  2 

Diese  Antwort  Gottes  ist  uns  nicht  klar  genug  in  der 
Feststellung  der  Schuld  und  war  es  auch  den  Schriftgelehrten 
nicht.    Man    muß    fragen:    Hat    Saul    wirklich  Gibeoniter  getötet? 


gewiesen,  aber  sie  fand  sich  nicht;  im  dritten  Jahre  auf  die  anderen  drei 
Sünden,  aber  sie  waren  nicht  begangen  worden.  Der  Gaon  Saadia  (892 — 'J42 
n.  d.  g.  Z.)  erklärte  es  etwas  rationell.  Im  ersten  Jahre  habe  David  die  Hungers- 
not für  eine  in  den  Naturvorgäugen  allein  begründete  gehalten  und  sie  als 
solche  hingenommen.  Im  zweiten  Jahre  aber  habe  David  in  der  Hungersnot 
eine  Strafe  Gottes  für  Verschuldung  des  Volkes  wie  die  mit  dem  n^v:  hcQ  sehen 
zu  müssen  gemeint,  nachgeforscht,  aber  eine  Volksverschuldung  nicht  gefunden. 
(Kommentar  des  p'm  zur  Stelle;  Biur  zu  Samuel  II,  21,  Dyhernfurth  1828). 

1  Er  befragte  die  Urim  und  Tumim  (Bam.  rabbah  cap.  8;  ebenso 
Talm.  bab.  Jebam.  79  ). 

2  Hier  bietet  der  Text  Schwierigkeiten.  Erstens,  daß  Sx  statt  h)!  gebraucht 
ist;  doch  ein  Gleiches  findet  in  1  Sam.  25,  25  statt.  Dann  das  D'onn  n'3.  Der  maso- 
retische  Text  lautet:  D'3lj,'2jn  n«  n\*3n  ntTN  D'Oin  n^a  S«l  ^INC  hit.  Das  Targum  über- 
setzt: ^IDp  <2"n  n'3  hat  '^IStf  Sn.  Die  Septuaginta  hat:  snl  Eaahl  ^al  snl  rbv'  olzov 
avrov  aÖMLcn.  sv  &avar cp  al^äzcov  avxov  tisqI  ov  k&avKZOjas  zovg  raßacovitag. 
Gestützt  auf  diese  liest  Kittel  (Kautzscb,  Die  Heilige  Schrift,  Tübingen  1909) 
statt  n'Qnn  n>2  die  Worte  CD"!  nh'3  und  übersetzt:  „Auf  Saul  und  auf  seinem 
Hause  ist  Blutschuld."  Wie  Kittel  verbessern  auch  Budde  (Haupt,  The  sacred 
books  of  the  Old  Testament,  Leipzig  1894)  und  Ehrlich  (Randglossen,  Leipzig  191'», 
Hinrichs).  Dieser  Textesänderung  stehen  aber  erstens  Targum  und  die  talmudiscli- 
midraschischen  Lesarten  entgegen.  Dann  aber  ist  auch  der  Text  der  Septuaginta 
ein  Beweis,  daß  diese  nicht  etwa  die  Kitteische  Lesart  vor  sich  gehabt  habe, 
sondern  die  masoretische,  aber  in  ratloser  Weise  Verbesserung  und  Masora 
nebeneinandergestellt  hat.  Das  beweisen  die  gar  nicht  verständlichen  Worte 
aÖLMa  SV  &avdT(a  ai[iÜTcov  avxov.  Sollen  diese  eine  Umschreibung  für  D'J31  sein? 
Eine  solche  hat  die  Septuaginta  für  n'OT  nirgends.  Soll  aSixia  sv  &avdtq}  „Todes- 
schuld" bedeuten?  Wie  mo  üBCra?  Dafür  sagt  die  Septuaginta  in  Deut.  19,  6 
und  Jerem.  26,  11  ^Qi'acg  d-aväxov.  Wie  mo  Nun?  Dafür  setzt  die  Septuaginta  in 
Deut.  22,  26  cc^dQxrjiia  d'aväxov.  Was  aber  bedeuten  dann  noch  die  Worte  cclfiazcov 
ttvxov^  Hier  erkennt  man  deutlich,  daß  die  Septuaginta  sni  ZccovX  -aal  snl  rbv 
olxov  cclfiuxav  also  wie  die  Masora  gelesen,  aber  den  Sinn  nicht  verstanden  und 
darum  erstens  für  n'2  nri'2  las  und  oLkov  avxov  übersetzte,  dann  aber  die  Be- 
deutung „Blutschuld"  doppelt  wiedergab,  einmal  aömta  sv  &avccxcp  und  dann 
KLficctcov  avxov.  Oder  ist  die  ganze  Stelle  verderbt?  Jedenfalls  kann  man  sich 
kritisch  auf  sie  nicht  stützen.  Inhaltlich  ist  mit  dieser  Textveränderung  auch 
nicht  geholfen.  Nach  der  Masora,  welche  das  Targum  sehr  gut  mit  Sup  U"n  n'2 
wiedergibt,  ist  es  nicht  gerade  das  Haus  des  Saul,  sondern  das  Haus,  welches 
alle  die  umfaßt,  deren  Sünde  die  Todesstrafe  verdient.  Nach  der  kritischen  Text- 
verbesserung ist  es  nur  das  Haus  des  Saul,  welches  schuldbelastet  ist.  Dann 
bleibt  die  Frage,  warum  leidet  das  ganze  Volk  drei  Jahre  hintereinander? 

II 


Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Entweihung  Gottes.  65 

Wo?  Wann?  Warum?  Inwiefern  hat  sich  sein  Haus  verschuldet? 
Oder  gar  das  ganze  Volk?  Tatsächlich  berichtet  auch  die  Schrift 
an  keiner  Stelle  darüber.^  Alle  diese  Fragen  beantwortet  uns  aber 
der  Bericht  in  seiner  weiteren  Darstellung.  Er  erzählt:  David 
habe  die  Gibeoniten  rufen  lassen  ^  und  sprach  zu  ihnen.  Aber 
was  er  gesagt  hat,  erzählt  der  Bericht  erst  nach  einem  Zwischen- 
satz,'' der  da  lautet:  „Und  die  Gibeoniten  gehörten  nicht  zu  den 
Sühnen  Israels,  sondern  zum  Überrest  der  Emoriter.  Ihnen  hatten 
die  Kinder  Israels  einen  Eid  geleistet;  Saul  aber  trachtete  danach, 
sie  zu  erschlagen,  da  er  für  die  Kinder  Israel  und  Jehuda  eiferte." 
Erst  nach  diesem  Zwischensatze  fährt  der  Bericht  fort  und  sagt: 
„Und  es  sprach  David  zu  den  Gibeoniten  usw."  Ist  dieser  Zwischen- 
satz ein  Teil  des  Berichtes  oder  ein  späteres  Einschiebsel  und, 
bejahendenfalls,  wozu  ist  dasselbe  gemacht  worden?  Dazu  kommt, 
daß  dasselbe  im  Widerspruch  mit  der  dem  David  gemachten 
göttlichen  Belehrung  steht.  Diese  gibt  an,  daß  Saul  die  Gibeoniten 
getötet  habe,  jenes,  daß  er  danach  getrachtet  habe,  die 
Gibeoniter  zu  schlagen.^ 

Doch  lesen  wir  den  Bericht  der  Schrift  weiter,  da  er  weitere 
Angaben  bringt.  König  David  fragt  die  Gibeoniten,   „was  soll  ich 


1  Talmud  und  Midrasch  wollen  sogar  eine  zweifache  Versündigung  in 
dem  Gottesworfe  angegeben  finden.  Die  eine  sei  an  Saul,  die  andere  von  Saul 
begangen.  An  Saul  habe  man  sich  versündigt,  indem  man  die  einem  solchen 
Fürsten  gebührende  Trauer  unterlassen  habe.  Saul  selbst  habe  sich  an  den 
Gibeoniten  vergangen.  (Bam.  rabb.  cap.  8.) 

»  Der  Bericht  erzählt  nicht,  daß  David  erst  genauer  feststellte,  worin  das 
an  den  Gibeoniten  begangene  Unrecht  bestand.  Er  war  über  ein  solnhes  gar 
nicht  im  Zweifel  und  darüber  klar,  daß  es  nur  zu  sühnen  sei  wenn  die  Gibeoniten 
Forderung  der  Sühne  stellen. 

■^  Siehe  vorhergehende  Anmerkung. 

i  Talmud  und  Midrasch  haben  zwei  Auffassungen.  Nach  der  einen  hat 
Saul  bei  der  Hinrichtung  der  Priester  von  Nob  sieben  Gibeoniten  hinrichten 
lassen,  und  zvar  zwei  Holzspalter,  zwei  Wasserschöpfer,  einen  Kultdiener  (cr^c), 
einen  Ku1taufs"hpr  (ftn)  und  einen  Kultschreiber  (isid).  (Talm.  jer.  Sanh.  Keth. 
perek  3  und  Bam.  rabb.  cap.  8.)  Die  andere  Ansicht  geht  dahin,  daß  er  gar 
keinen  Gibeoniten  hinrichten  ließ,  und  daß  das  Textwort  non  sich  darauf  be- 
z  che,  daß  er  durch  Hinrichtung  der  Priesterschaft  den  Gibeoniten  zu  Nob  die 
Existerizquellen  jjeraubt  habe,  was  ihm  die  Schrift  so  schwer  anrechne,  als  ob 
er  die  Gibeoniten  getötet  hätte.  (Raachi  zu  2  Sam.  21;  Bam.  rabb.  cap.  H.)  Der 
Kommentar  R  Levi  ben  Gerson  (1288—1344  n.  d.  g.  Z.)  vermutet,  daß  Saul  einige 
Gibeoniter  gütötet  habe,  die  übrigen  töten  wollte,  sie  im  Lande  Israel  nicht  wohnen 
ließ  und  das  alles  deshalb,  weil  sie  einst  unter  Joiua  die  Ältesten  des  Volkes  ge- 
täuscht hatten.  Stade  (Gesch.  d.  Volkes  Israel,  Groto,  Berlin  1881,  S.  27'n  meint,  daß 
Saul  die  Gibeoniten  trotz  ihres  Hundesverhältnisses  mit  Israel  überfallen  habe. 
Festschrift.  ö 

III 


Ö6  Theodor  Kroner. 

für  euch  tun?  Und  womit  kann  ich  sülinen?  Daß  ihr  segnet  das 
Erbe  des  Ewigen?"  [Aus  dieser  Frage  geht  zweifellos  hervor,  daß 
den  Gibeoniten  Unrecht  geschehen  ist,  das  eine  Sühne  verlangte 
und  zu  einem  Fluche  über  Israel  führen  konnte,  jedenfalls  zu 
einer  göttlichen  Strafe,  die  nur  dann  gehoben  werden  konnte, 
wenn  die  Gibeoniten  zufriedengestellt  und  so  befriedigt  wären, 
daß  sie  dem  ganzen  Volke  nicht  mehr  zürnen,  sondern  dasselbe 
segnen,  weil  es  sich  als  ein  solches  erweise,  das  vor  dem  Gotte 
gerechtfertigt  sei,  der  das  Land  als  Erbe  dem  Volke  zugeteilt 
habe.]  Die  Gibeoniten,  so  fährt  der  Bericht  fort,  lehnen  aber  jede 
Geldbuße  ab,  ebenso  jede  Tötung  eines  Israeliten.^ 

Darauf  erklärt  David  den  Gibeoniten:  „Was  saget  (bestimmet) 
ihr?  Ich  will  es  euch  erfüllen."  Die  Gibeoniten  antworten:  „Der 
Mann  (war  es),  der  uns  den  Garaus  gemacht,  der  uns  stumm 
gemacht  hat.  Ausgestoßen  sind  wir,  so  daß  wir  uns  nicht  in 
irgend  einem  Gebiete  Israels  ständig  seßhaft  machen  können! 
Mögen  uns  von  seinen  Kindern  sieben  Männer  übergeben  werden, 
daß  wir  sie  henken  für  den  Ewigen  auf  dem  Hügel  Sauls  des 
Gesalbten  des  Ewigen."  ^  |. 


i  Im  masoretischen  Texte  lautet  die  Antwort  in  der  Beziehung  sonderbar, 
daß  sie  zuerst  sagt  inu  cv'i  hia^'  o';  ann  c\D2  ih  px,  dann  aber  n'on'?  i:"x  nS  pxi 
^NnB-'a.  Targum  liat  ]''2''~\-s  NjnsN  n^S,  Septuaginta  hat  ova  saxlv  rjfilv.  Der  Midrasch 
aber  hält  an  der  masoretischen  Lesart  fest  und  erklärt,  warum  erst  ''?  und 
dann  laS  im  masoretischen  Text  gebraucht  wurde,  auf  folgende  Weise:  David 
habe  den  Gibeoniten  zu  bedenken  gegeben,  daß  sie  doch  davon  gar  keinen 
Gewinn  hätten,  wpnn  sie  eine  Person  aus  der  Familie  des  Saul  töteten.  Sie 
sollten  die  Höhe  der  Bußgelder  bestimmen,  und  Israel  ebenso  segnen,  wie  Jakob 
einst  Pharao  in  den  Jahren  der  Hungersnot  gesegnet  habe.  David  bemerkte 
aber  nicht  den  gewünschten  Eindruck  seiner  Worte,  da  habe  er  die  Gibeoniten 
einzeln  vorgenommen,  um  so  besser  einzuwirken. 

2  Die  Septuaginta  verfährt  mit  den  Schwierigkeiten  dieser  Textstelle  in 
hrer  Art.  Sie  gibt  13''3  mit  awfTfXtja^v  s(p'  fßicig.  laS  nOT  einmal  mit  S()lco^sv  y^iüi;, 
dann  aber  mit  ug  TtuQsloyiaccto,  h^olod-QSvaai  rjfiag  wieder,  als  hätte  der  Text 
gelautet:  mn;tJ'nS  nr;3i  icw.  Targum  hat  •\:h  a'cm  für  n^  hoti,  dann  aber  X3:i^^^^^ 
sie  liat  also  wie  die  Masora  UIOB'J  gelesen.  Die  Septuaginta  hat  aber  auch 
KCfiaviacofisv  aurdv,  sie  hat  also  auch  laTr^s':  gelesen.  Hier  zeigt  sich  wieder  die 
Ratlosigkeit  der  Septuaginta.  Aber  noch  sinnloser  ist  ihre  Übertragung  von 
as'nn'3  in  den  Worten  rov  ^irj  kazüvai  ainov  ev  navxl  oqluj  ^Ioqui^X.  Wenn  Budde 
und  Elirlicli  deshalb  vorziehen  für  lannc:  i:S  hdt  die  Worte  ii-iv:rn'^  nr^n,  so 
erseheint  das  zwar  zweckmäßig,  da  auch  in  Bam.  rabb.  cap.  8  die  Textworte 
mit  den  Worten  '?n-ik''  ^nj  ^32  mv;y  lih  n'H'  i(ht'  uTOtt-nS  2B'n  liS^  xin  wieder- 
gegeben werden.  Aber  die-e  Textverbcsseniiig  beseitigt  niclit  alle  Schwierig- 
keiten. Wie  soll  man  nach  der  Anschuldigung  i:^:,  einer  Tat,  die  doch  scii wachere 
einer  Beabsichtigung  verstehen?  Freilich  auch  das  Targum  faßt  den  Sinn  des 

IV 


Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Entweihung  Gottes.  67 

Soweit  der  biblische  Bericht  über  die  Angaben  der  Gibeoniten. 
Nunmehr  liegen  aber  auch  alle  Anklagen  vor  uns.  Stellen  wir  sie 
zusammen,  so  ergibt  sich  folgender  Tatbestand:  Saul  hat  den 
Gibeoniten  den  Garaus  zu  machen  getrachtet  (typ^),  er  hat  seine 
Absicht  soweit  ausgeführt,  daß  die  Gibeoniten  in  ganz  Israel 
keinen  festen  Fuß  fa^^sen  konnten  (nrnna),  daß  sie  ausgestoßen  und 
dem  Verderben  preisgegeben  {^ntiv:),  beinahe  ganz  aufgerieben 
waren  (i;'?2,  rh  nan),  staatlich,  wirtschaftlich,  vielleicht  auch  mit 
ihrem  leiblichen  Dasein  „tot"  sind  (n'Jsn).  Dieser  Tatbestand  bedarf 

Wortes  nm  wie  in  Num.  33,  56  oder  Jud.  20,  5.  Man  sollte  doch  aber  ein 
Synonym  zu  13^3  erwarten.  n:2T  findet  sich  in  solchem  Sinne  in  der  Nifalbildung 
achtmal  in  den  Prophetenreden  Jes.  15,  1;  Jerem  47,  6;  Obadja  5;  Hosea  lü,  7; 
auf  die  Vernichtung  von  Land  und  Stadt,  dreimal  Hos.  10,  15;  4,  ß;  Zeph.  1,  11; 
auf  dio  von  Menschen  und  Völkern  ganz  besonders  aber  in  Jes.  6,  5  'n^mj  '3  'S  'ix 
angewendet.  Daß  i:not:':  das  Ausgestoßen-,  Ausgerottetsein,  der  Hifil  das  aktive 
Ausstoßen,  Ausrotten  bedeutet,  beweisen  die  Stellen  in  Jer.  48,  42;  Jud.  21,  16; 
Ez.  14,  9;  Jos.  2S,  1:5;  1  Sam.  24,  22;  2  Sani.  14,  16.  Aber  die  bestimmte  Be- 
hauptung, die  in  laiar:  liegt,  liegt  nicht  in  i3Tr:;t:T,S  DB'n.  Die  masoretische  Lesar  t 
hat  nur  die  Schwierigkeit,  daß  uh  nach  nan  steht,  statt  i:on;  sie  hat  aber  für 
die  Wuclitigkuit  der  Anklage  den  Vorzug.  Die  letzten  masoretisehen  Texteswurte 
'-  Tn2  haben  nicht  nur  den  modernen  Kritikern,  sondern,  wie  es  scheint,  auch 
dem  Midrasch  Schwierigkeiten  bereitet;  er  sagt,  diese  Worte  habe  ein  Sip  n:,  die 
göttliche  Stimme,  hinzugefügt,  um  für  Saul  ein  rettendes  Wort  einzulegen.  Nun 
haben  aber  Targum  'm  KTHS,  die  Septuaginta  sxlf'xTovg  kvqi'ov,  Budde  (Haupt, 
The  sacred  books  of  the  Old  Testament,  Leipzig  1894,  C.  Hinrichs)  liest  aber 
n  nns,  ebenso  Kittel,  auch  Ehrlich.  Gegen  diese  anscheinend  so  einfache,  treff- 
liche Verbesserung  sprechen  aber  gewichtige  Bedenken.  Erstens  haben  die  alten 
Versionen  die  masoretische  Lesart.  Dann  aber  wird  die  Bezeichnung  'n  in  in 
der  Schrift  nur  auf  die  Berge  '3'D,  2iin  und  ])'"J  angewendet.  Ferner  ist  es  nie 
und  nimmer  zulässig  gewesen,  auf  einem  dem  n  gewidmeten  Kultorte  Tote  auf- 
zuhängen, '?iNt:*  nyD,i  ist  aber  der  Name  für  die  Wohnstätte  des  Saul  (l  Sam.  15,  83). 
Das  ist  auch  verständlich,  daß  die  Leichen  an  dieser  Stelle  aufgehängt  werden 
sollten,  um  da  von  aller  Welt  gesehen  zu  werden.  Für  ni'3.i  die  Lesart  jiva.'  7.ii 
nehmen,  weil  die  Septuaginta  fv  tw  Faßacov  hat,  wie  Ehrlieh  es  macht,  ist  auch 
niclit  begründet.  Denn  die  Septuaginta  braucht  sonst  für  das  Wort  pi*2.i  nie  die 
Umschreibung  m'  tm  Fußaüiv;  wohl  hat  sie  dafür  rr/v  Faßaäv  Jos.  10,  6;  21.  17, 
oder  xTis  Paßawv  Jes.  10,  41;  für  py^Jia  auch  hv  Faßawv  Jes.  H»,  10.  Dagegen 
hat  sie  für  nvr.i  die  Lesung  Faßaujü;  FaßahO-,  Faßaä.  -  Die  ganzo  Schwierig- 
keit, welche  dio  Worte  n  i'n:  bieten,  liegt  nur  darin,  daß  in  dein  Munde  der 
Gibeoniten  ein  solches  Wort  über  Saul  ganz  unmöglich  erscheint,  zumal  sie  ilim 
sehr  schwere  Vorwürfe  machen.  Die  Schwierigkeit  weicht  aber,  sobald  wir  das 
Wort  nS  beachten.  Was  will  denn  dieses  Wort  in  ihrem  Munde  bedeuten?  Wie 
versteht  man  die  Worte  'rh  mr;pini?  Es  ist  aber  klar,  daß  die  Gibeoniten  auf 
das  Wesen  Gottes  hinweisen  und  ihre  Forderung  als  gerechtfertigt  vor  dem  'n 
hinstellen.  Darum  sei  das  an  ihnen  begangene  Unrecht  so  schwer  weil  es  der 
'n  Tna  getan  hat,  der  als  „Auserwählter  des  'n"  solches  nicht  tun  durfte. 

6* 
V 


68  Theodor  Kroner. 

aber  weiterer  Beleuchtung.  Das  Ausrottungsverfahren  des  Saul 
war  zugleich  ein  Eidesbruch  der  Regierung,  des  Volkes,  dessen 
Vertreter  den  Gibeoniten  Schonung  ihres  Lebens  und  Besitzes 
zugeschworen  hatten  (Josua  9,  5).  Und  der  Beweggrund  zu  solch 
eidbrüchiger  Ausrottung?  Weil  Saul  eiferte  für  die  Söhne  Israels 
und  Juda.^  Diese  Begründung  ist  wohl  zu  beachten.  Nicht  etwa, 
weil  sich  die  Gibeoniten  etwas  hatten  zuschulden  kommen  lassen, 
weil  sie  an  dem  Hochverrat,  den  Saul  den  Priestern  von  Nob 
fälschlich  zum  Vorwurf  machte,  teilgenommen  hatten,  sondern 
aus  nationalen  Gründen  verfolgte  sie  Saul.  Dazu  kommt,  daß 
gegen  dieses  Vergehen  Sauls  sich  anscheinend  keine  Stimme 
erhoben  hatte.  Ja,  nicht  nur  die  Diener  Sauls  vollzogen  in  seinem 
Auftrage  seine  Anordnung,  gewiß  seine  Söhne  auch,  sondern  das 
ganze  Volk  unterließ  jeglichen  Einspruch  und  die  Gibeoniten 
waren  die  Geächteten  im  ganzen  Lande,  denen  kein  Mensch  bei- 
stand. So  gab  es  ein  großes  „Haus  der  Blutschuld",  das  die 
Gibeoniten  tot  machte. ^ 

Diesen  Tatbestand  und  diese  Begründung  hat  David  nicht 
bestritten.  Die  von  der  Gottesstimme  selbst  erhobene  Anklage 
war  also  eine  gerechte,  furchtbar  schwere.  Daß  die  Gibeoniten 
Gerim  waren,  war  kein  Grund,  die  Sünde  des  ganzen  Volkes 
kleiner  erscheinen  zu  lassen.^ 


1  Nach  dem  Biur  (Dyhernfurth  1828):  cnois  nw;^  S«ltt'>  nx  nriüSl  mpiS. 

2  Es  stellt  sich  durch  diesen  Zusammenhang  heraus,  daß  der  im  Satz 
2  Sam.  21,  2  eingeschobene  Zwischensatz  eine  Erklärung  dafür  ist,  daß  David 
die  Gibeoniten  rufen  ließ,  um  mit  ihnen  zu  reden,  also  für  den  Sinn  des  Be- 
richtes über  den  ganzen  Vorgang,  daß  die  Gottesstiinme  das  Verhalten  Sauls 
als  ein  sehr  schweres  bezeichnete,  daß  David  ohneweiters  die  Gibeoniten  rufen 
ließ,  unentbehrlich  ist.  Der  Zwischensatz  ist  nicht  eine  spätere  redaktionelle 
Einfügung,  sondern  eine  Parenthese  des  Berichterstatters  selbst.  Ebensowenig 
ist  das  Wort  miH'l,  wie  mehrere  Kritiker  annehmen,  ein  späterer  Zusatz.  Ehrlich 
gesteht  das  selbst  zu.  Einmal  haben  Targum  n-in'1  und  Septuaginta  Hcei  "lovöa, 
da-in  nber  zeigen  die  Stellen  in  1  Sam.  11,  8  (-"in'  -rwi  ....  SnTlI"  '3:)  und 
2  Sam.  24,  9  (min>  tJ"Xi  ....  Sn-iC'^),  dnß  tatsächlich  das  israelitische  Volk  staatlieh 
und  militärisch  in  Sxtü'^  '3:  und  rtim-'  li'^N  geschieden  war.  Saul  hat  eben  für 
ganz  Israel  und  Jehuda  oeeifert.  —  Auch  der  Kommentator  Malbim  in  seinem 
Kommentar  zu  Samuel  faßt  den  Tatbestand  des  an  den  Gibeoniten  begangenen 
Unrechtes  so  zusammen  'n  n'?n:;  n-incnD  ciri:!  innvi  hmc  n'2i  cn::  nsp  cixcv  n>r;r,ü' 
s'jnn  -ipj?  cn'2i  Sistt-  n^t:.  ins  cvn  t;  nr;  ir::'r>:r  Sn-ik"  n^2  dj  SSni  »an'i  2';-\2  in;D  >'";) 
Mt-s  amDxS  ir:«'?  |>^Q3  nrn  inn  ^r^v  nh'y  h-;  'n  nsr:  ci^ip  'n'i  noco^  cnis  nc-^-  Sikc-  Sn 

:iS.in  -ti'n:  iB'xSi 
'  Nach  Baui.  rabb.  cap.  8  habe  David  an  Gott  die  Frage  gericiitet:  Wegen 
solcher  Gerim  verfährst   du   so   mit   deinem  Volke?    Darauf   habe   ihm  Gott  ge- 
antwortet: D'Dlipn  ns'  -mS  -[SId  cpimn  n«  p'mn  du.  Zum  Beweise  für  die  Richtig- 

VI 


Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Entweihung  Gottes.  61' 

So  mußten  die  Gibeoniten  gerufen  werden,  damit  sie  sagen, 
wie  sie  die  Sühne  sich  denken  Die  bestehende  Gesetzgebung 
schrieb  für  einen  solchen  Fall  nichts  vor.  Der  Urheber  der  Sünde 
war  ein  König;  er  war  tot.  Mitschuldige  waren  in  gewissem  Sinne 
alle,  das  ganze  Volk,  unmittelbar  wohl  nur  das  Haus  des  ver- 
storbenen Königs,  das  demselben  gehorsame  Dienste  geleistet 
hatte.  Hier  blieb  nur  eine  besondere  Entscheidung  des  regierenden 
Königs  über,  sobald  er  wußte,  was  die  von  der  Vergewaltigung 
Betroffenen  wollen.  Seine  Fragen  an  dieselbin,  an  jeden  einzelnen 
von  ihnen  oder  auch  an  sie  insgesamt,  waren  deshalb  erstens: 
nttTK*  na  und  zweitens:  -isrs  nam.  Er  wollte  also  einen  solchen  Sühne- 
akt, daß  der  berechtigte  Zorn  der  Gibeoniten  schwinden  und  ihr 
Mund  das  schwergeprüfte  Land  segnen  solle.  David  wollte  keine 
oberflächliche  Scheinsühne,  sondern  eine  volle  Aussöhnung.^  Und 
warum  wohl?  Nicht  abergläubische  Angst  vor  Menschenfluch, 
sondern  heiße  Liebe  zur  Versöhnung  der  Menschen,  glühendes 
Verlangen  nach  Auslöschung  einer  Sündenschmacli,  die  auf  dem 
Volke  Gottes  lastete,  leiteten  den  König.  Er  wollte  den  Zorn  Gottes 
abwenden,  die  Hungersnot  bekämpfen,  das  Land  retien 

Aber  was  antworteten  die  Gibeoniten?  Anscheinend  sehr 
versöhnlich,  sehr  hochherzig.  Sie  sagen:  „Ich  will  nicht  Silber 
noch  Gold  von  Saul  und  seinem  Hause.  Wir  wollen  auch  nicht 
einen  Mann  in  Israel  töten."  Einer  solchen  Sprache  gegenüber 
konnte  David  mit  vertrauendem  Herzen  entgegenkonjmen.  Es  war 
zu  erwarten,  daß  die  Gibeoniten  eine  Änderung  ihrer  niederen 
Stellung,  die  Josua  ihnen  gegeben  hatte,  vielleicht  gar  eine  volle 
Gleichstellung  mit  den  geborenen ,  Israeliten  verlangen  werden. 
Da  sie  aber  noch  nicht  gesagt  hatten,  was  sie  wollten,  sprach  der 
sichtlich  vertrauensvoll  und  von  der  Hoffnung  auf  einen  glücklichen 
Ausgang  erfüllte  König  das  weitgehende  und  vielumfassendc  Wort: 
„Was  saget  ihr?  Ich  will  es  euch  erfüllen."  Ein  Köni;_,swort! 
Und  nun  sagen  die  Gibeoniten  offen  und  ganz  deutlich,  was  sie 
denken  und  wollen.  „(Saul  war)  der  Mann,  der  uns  den  (daraus 
gemacht,  der  uns  stumm  gemacht  hat.  Ausgestoßen  sind  wir,  so 
daß  wir  uns  nicht  in  irgend  einem  Gebiete  Israels  ständig  seßhaft 
machen  können.    Mögen    uns  von    seinen  Kindern    sieben   Männer 


keit   dieser  Warnung   habe   ihn    Gott   daran   erinnert,    daß   Josua   zur   Zeil   den 
gleichen   Gedanken   über  diese   Gerim   gehabt   habe,   aber  von   Gott  daran  ge- 
mahnt wurde,  daß  sein  eigener  Alin  auch  ein   Ger  gewesen  sei. 
1  So  versteht  auch  Elirlich  den  Sinn  des  12"13:. 

VII 


TO  Theodor  Kroner. 

Übergeben  werden,  daß  wir  sie  tienken  für  den  Ewigen  auf  dem 
Hügel  Sauls  des  Gesalbten  des  Ewigen."  ^ 

Diese  Forderung  mit  den  frommen  Worten  der  Ehrerbietung 
gegen  den  'n  war  für  David  gewiß  eine  bittere  Enttäuschung.  Das 
war  nicht  die  Sprache  der  Versöhnlichkeit,  Barmherzigkeit,  wirk- 
lichen Scheu  vor  dem  'n,  dem  Gotte  unendlicher  Liebe.  Diese 
Worte  erinnerten  mit  ihrer  frommen  Färbung  an  jene  Überlistung, 
die  die  Gibeoniten  zu  Josuas  Zeiten  angewendet.  Es  war  nicht 
die  Sprache,  wie  sie  die  Nachkommen  Jakob-Israels  ihren  Drängern 
in  den  Zeiten  ägyptischen  Elends,  aber  auch  nicht  in  den  Zeiten  des 
schaurigen  Geschickes  späterer  Verfolgungen  christlicher  Staaten 
gegenüber  führten,  als  man  bereit  war,  das  Unrecht  vergangener 
Zeiten  gut  zu  machen.  Die  Israeliten  segneten  den  König  Pharao, 
für  die  späteren  Fürsten  und  Völker  beteten  sie.  Die  Sprache  der 
Gibeoniten  war  nicht  im  Sinne  des  'n,  auf  den  sie  hinwiesen.  Ihr 
Verlangen  hätte  abgewiesen  werden  müssen.  Aber  —  ein  Königs- 
wort muß  gehalten  werden,  wie  einst  die  Ältesten  ihr  Wort  hielten. 
Wie  aber  war  es  denn  möglich  das  Königswort  zu  halten?  Der 
Ausführung  des  Verlangens  der  Gibeoniten  standen  doch'  An- 
ordnungen der  Thora  entgegen!  V.  B.  M.  24,  16 :  mnx  bv  "iriiar  nb  C'ja. 
Wie  durfte  man  Kinder  wegen  des  Vaters  Schuld  töten?  War 
doch  die  Schuld  der  Kinder  nicht  so  erwiesen! 

Der  König  sagte  dennoch:  Ich  gewähre  es.  Diese  Zustimmung 
des  Königs  ist  außerordentlich  schwer  zu  verstehen.  Man  muß  die 
Frage  stellen  und  zu  beantworten  suchen:  Was  bestimmte  den 
König,  selbst  bei  einem  solchen  thorawidrigen  Verlangen^,  sein 
Wort  zu  halten?  War  es  vielleicht  eine  Genugtuung  an  dem 
Untergang  des  Hauses  Saul?  Das  stellt  aber  selbst  Stade  in  Ab- 
rede.^  War  es  Angst  vor  dem  Fluche  der  Gibeoniten  ?3  Ein  David, 
der  sich  vor  dem  Fluche  des  Schimei  nicht  fürchtete,  sollte  sich 
vor  dem  Fluche  solcher  Menschen  fürchten?  David  kannte  auch 
keine  Furcht  vor  geheimen  Mächten,  nur  Furcht  vor  Gott.  Oder 
war  es  Furcht  vor  dem  Volke?  Das  Volk  war  ja  moralisch  selbst 
mitschuldig.    Oder    waren    es,    wie    Stade    meint,    „unentwickelte 


1  Bam.  rabb.   cap.  8   gibt   als   Grund   für   die  Wahl   dieses   Ortes   an:   n3 

rniDV-n^  vp  c':a  n"2pn  na  nh  iSa^  ex 

2  Stade,  Geschichte  des  Volkes  Israel,  Berlin  1881,  Grote,  I.  Teil,  S.  273—274. 

3  Kittel:  Samuel  (E.  Kautzsch,  Die  Heilige  Schrift  des  Alten  Testamentes, 
Halle  1009,  S.  .S78,  451).  Bei  David  hat  „die  unheimliche  Angst  vor  der  Kraft 
dos  Fluches,  den  die  Gibeoniten  ausgestoßen   hatten,  gewirkt." 

VIII 


Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Entweihung  Gottes.  '^l 

religiöse    Vorstellungen",     „lediglich    Gewissensangst,    die    David 
trieb,    eine  Anschauung,    wie    sie    jeder  Zeitgenosse   damals  hatte, 
in  der  man  Psalmen  unseres  Psalters   noch   nicht  gedichtet?"    Ja 
nach  den  von  Stade  angenommenen  unentwickelten  Anschauungen^ 
der  Völker  war  die  Behandlung  von  Volksfremden    in  der  Weise 
wie    es    Saul   getan,    gar    kein    Unrecht!    In    welchem    Volke    der 
damaligen  Welt  hätte  man  dem  Volksfremden  ein  Recht  gewährt? 
Wo  hätte  ein  Gott  der  Völker  darüber  gezürnt,  daß  man  Fremde 
mißhandelte?    Aber    selbst    die   „entwickelten"   Völker,    die  christ- 
lichen mit  den  Justizmorden  der  Inquisition,   kannten  diese  nicht 
die    Psalmen?    Die  Völker   mit    den  Blutopfern    der   Revolutions- 
gerichte, der  Kreuzzüge  und  Pogrome?   Stades  Erklärung  erklärt 
also    nichts     Die    größeren    enzyklopädischen    Werke    geben    eine 
Aufklärung  hierüber  auch  nicht.-  Auch  die  Kommentatoren  Saadia 
und  D.  Kimchi  gehen   auf   eine   solche  nicht  ein.    Nur  Malbim  in 
seinen    Kommentaren    zu    Samuel  ^   gibt    die    auf  die   talmudische 
Auffassung  gestützte  Lösung.  Darum   sei  diese  selbst  ani,eführt.^ 
Sie  lautet  im  Talmud:  Es  steht  doch  geschrieben  (V.  B.  M.  24,  16): 
Es  sollen  nicht  Kinder  der  Väter  wegen  getötet  werden !  R.  Chija 
ben  Abba  sagt  (im  IL  Jahrhundert),  R.  Jochanan  ben  Nafcha  (im 
II.  Jahrhundert)  habe  gesagt:  Besser,  daß  eine  Stelle  aus  der 
Thora   aufgehoben  werde,    als    daß  der  Name   Gottes   vor 
der    Öffentlichkeit    entweiht    werde.^    Weiter    heißt   es   dann 
im  Talmud  nochmals,  deutlicher:  Es  steht  doch  aber  geschrieben 
(V.  B.  M.  21):    Lasse  seinen   Leichnam  nicht   die   Nacht    über    am 
Holze  hängen!   (Wie  konnte  David  gestatten,   daß  die  Leichen  der 
sieben  Israeliten    bis   zum   Eintritt  des   Regens   hängen    blieben?) 
R.  Jochanan  sagte  im  Namen  des  R.  Simon  ben  Jehozadak:  Besser, 
daß    eine    Stelle    der    Thora    aufgehoben,    aber    der    Name 
Gottes    in    der    Öffentlichkeit    geheiligt    werde.    Denn    die 
(an  den  Gehenkten)  Vorübergehenden   fragten:  Was   sind   das   für 
Leute?    (Man  antwortete:)  Könige   sind  es.    (Man  fragte:)  Und  was 
haben   sie  getan?    (Man   antwortete:)   Sie   haben   ihre  Hände   nach 
niedrigen  Fremden  (nmnj  n^nj)  ausgestreckt.  Da  sagten  sie :  Es  gibt 
kein  Volk,  das  verdient,  daß  man  sich  an  dasselbe  anschließe,  wie 


1  Stade  a.  a.  O. 

5  Hamburger,   Realencyclopädie,   Berlin   1870,    1,   S.  'i^Q,   449;    II,   S.  440. 
The  Jewish   Encyclopodia,  V,  OGO.  üzar  Jisraöl   lll,  S.  247. 
:>  Warschau   1866. 

'  Jebam.  b.  79    und  Bam.  rabh.  ca]).  8. 
5  N'Dms:  D'ocn  ctr  hhnr\>  Sw  minn  jo  nnx  niK  -ipvntr  zam. 

IX 


72  Theodor  Kroner. 

dieses.  Wenn  es  schon  Königskindern  so  ergeht,  wie  erst  Privaten 
(mtsrnn).  Wenn  schon  wegen  niedriger  Fremder,  wie  erst  wegen 
Israeliten !  ^ 

Hier  zeigen  die  talmudischen  Lehrer  über  Nationalverbrechen, 
Chillul  haschem  und  Kiddusch  haschem  eine  Anschauung,  wie  sie 
ergreifender,  glanzvoller  nirgends  sonst  zu  finden  ist.  Nach  ihr 
ist  wohl  die  Rechtskraft  und  Unantastbarkeit  der  Thora  Grund- 
gesetz. Aber  über  dem  Buchstaben  des  Gesetzes  steht  als 
ethische  Pflicht:  Heilige  Gott;  und  das  schwerste  Ver- 
gehen ist  „Entweihung  Gottes",  d.  h.  die  Tat,  durch  die  der 
Schöpfer  der  sittlichen  Menschenwelt  entwürdigt  wird.  Und  eine 
solche  Entwürdigung  Gottes  ist  die  Mißhandlung  und  Gewalt- 
tat an  Gerim,  selbst  wenn  diese  auf  niedriger  sittlicher 
Stufe  stehen  (nnn:).  Ist  eine  solche  geschehen  und  für  die  Zu- 
kunft zu  verhüten,  dann  tritt  der  Buchstabe  der  Thora  außer 
Kraft  und  Außerordentliches  muß  geschehen. 

Wohl  mag  für  unsere  Zeit  auch  diese  Erklärung  des  Ver- 
haltens Davids  keine  volle  Befriedigung  geben.  Aber  die  aus  ihr 
sprechende  Verurteilung  jeder  Gewalttat  an  Nationalfremden  hat 
in  ihr  einen  so  gewaltigen  Ausdruck  gefunden,  daß  ihr  Posaunen- 
ruf über  alle  Erdteile  ertönen  sollte.^ 


1  Etwas  anschaulicher  der  Midrasch  in  Bam.  rabb.  cap.  8.  Die  Völker  der 
Welt  sagten:  Die  Thorah  dieser  (Israeliten)  ist  eitel  Trug.  Es  steht  in  ihr:  Du 
sollst  seine  Leiche  nicht  über  Nacht  lassen  und  da,  die  Leichen  hängen  sieben 
Monate.  In  der  Thora  steht:  Man  verurteilt  nicht  mehrere  an  einem  Tage  zum 
Tode,  die  da  haben  sieben  verurteilt.  In  der  Thora  steht:  Kinder  sollen  nicht 
der  Väter  wegen  getötet  werden,  die  da  sind  getötet  wegen  der  Schuld  ihrer 
Väter.  Dann  fragten  sie:  Was  haben  die  da  verbrochen,  daß  die  Gesetze  der 
Gerechtigkeit  verändert  wurden?  Darauf  antworteten  die  Israeliten  (den  Völkern 
der  Welt):  Die  Väter  dieser  da  haben  ihre  Hand  nach  niedrigen  Fremden  aus- 
gestreckt. Darauf  fragten  jene:  Was  hatte  es  mit  diesen  (Fremden)  für  ein 
Bewandtnis?  Darauf  antworteten  sie:  Das  sind  die  Gerim  (Proselyten),  die  zu 
den  Zeiten  Josuas  den  Israeliten  sich  anschlössen.  Da  fragten  sie  (die  Völker 
der  Welt):  Wegen  solch  niedriger  fluchwürdiger  Fremden  verfährt  der  Heilige 
Gott  so  mit  seinem  Volke!  Da  gibt  es  kein  Volk,  dem  anzuschließen  sich 
empfiehlt,  wie  dieses.  Wenn  es  schon  Königskindern  so  geht,  wie  erst  i'rivaten. 
wenn  schon  wegen  solcher  Gerim,  die  nicht  um  Gottes  willen  Israel  sich  an- 
geschlossen haben,  Gott  solches  Strafgericht  übt,  wie  erst  wegen  der  Gerim,  die 
um  Gottes  willen  solche  geworden  sind. 

2  Daß  diese  talmudische  Auffassung  von  dem  Rechte  der  Gerim,  das  Gott 
schützt,  auch  noch  bis  in  unsere  Zeit  vom  jüdischen  Geiste  hooligchalten  wurde, 
bezeugt  die  Erklärung  des  Malbim.  Seine  Ansicht  ist  folgende:  Die  Gibeoniten 
hatten   nicht   die   Absicht,   sich   zu   rächen,   sondere   woitere  Vergewaltigung   zu 


Die  Mißhandlung  der  Volksfremden  eine  Entweihung  Gottes.  73 

Talmud  und  Midrasch  sind  hier  vortreffliche  Lehrmeister, 
insbesondere  der  Midrasch.  Die  Gerim  sind  das  Thema,  das  er 
in  Bam.  rabb.  cap.  8  behandelt.  Er  bringt  über  sie  folgende 
Sätze:' 

1.  Gott  sagt:  Mir  sind  die  Namen  der  Gerim  so  wert,  wie 
der  Opferwein  des  Altars, 

2.  Wenn  jemand  aus  Israel  einem  Ger  Eigentum  nimmt,  ist 
es  ebenso,  wie  wenn  er  es  einem  Israeliten  tut. 

3.  Die  Gerim  sind  ebenso  wert  wie  die  Israeliten. 

4.  Gott  liebt  die  Gerim  in  hohem  Maße, 

5.  Gott  hat  besonders  eingeschärft:  Liebet  den  Ger. 

6.  Die  Gerim  sind  von  besonderem  Werte,  denn  überall  stellt 
sie  die  Schrift  gleichberechtigt  neben  die  Israeliten. 

7.  Die  Sünden  in  Israel  hält  Gott  von  sich  fern;  die  Gerim, 
welche  um  seinetwillen  zu  ihm  kommen,  bringt  er  sich  nahe. 

8.  R.  Pinchas  sagt:  Als  die  Könige  der  Welt  hörten,  dali 
Gott  bestimmt  hat,  wer  einen  Ger  beraubt,  muß  ebenso  behandelt 
werden,  wie  wenn  er  einen  Israeliten  beraubt,  sagten  sie:  Wo  gibt 
es  einen  Gott,  wie  dieser,  der  die  liebt,  welche  ihn  lieben,  und 
die  Fernen,  welche  um  seinetwillen  zu  ihm  kommen,  sich  so 
nahe  bringt,  wie  die,  welche  ihm  nahe  sind.  Da  standen  sie  von 
ihren  Thronen  auf  und  verehrten  ihn. 

9.  Sage  nicht,  daß  alle  diese  Sätze  sich  nur  auf  die  Gere 
zedek  beziehen,  die  nur  um  Gottes  willen  (cj^tt*  cz'b)  sich  Israel 
angeschlossen  haben.  Sie  beziehen  sich  auch  auf  die,  welche  es 
nicht  aus  diesem  Grunde  getan  haben.  Gott  läßt  auch  diesen 
kein  Weh  tun. 


verhindern,  damit  alle  Welt  deutlich  Söhe,  daß  dor  heilige  Gott  Israels  die 
scliwer  bestraft,  welche  ihr  (der  Gibeoniten)  Leben  bedrohen,  daß  man  bessere, 
worin  man  bisher  jjefehlt  habe.  Deshalb  gab  David  nach.  Und  nur  er  hatte  das 
gesetzliche  Recht  dazu,  da  das  Verlangen  der  Gibeoniten  wider  mehrere  Gesetze 
der  Thora  war.  Des  Königs  Recht  war  es.  wenn  es  die  Zeitumstände  fordern, 
von  denselben  abzusehen,  um  die  Gewalt  der  Frevler  zu  brechen,  die 
Ordnung  der  sittlichen  Welt  herzustellen. 

1  Wie  wenig  die  Gibeoniten  bei  allem  Mitleid,  das  ihr  Schicksal  einflößt, 
wirklich  zu  den  Israeliten  paßten,  hat  David  nicht  übersehen  können.  Das  von 
ihm  stammende  Eheverbot  mit  den  c>;'r:  findet  in  solchem  Verhalten  der 
Gibeoniten  seine  zutreffende  Erklärung.  Die  drei  Eigenschaften,  welche  er 
nach  Midrasch  und  Talmud  an  den  Israeliten  iiochsehätzte,  waren,  daß  sie 
p:C":,  piom  und  cnrn  •>hr2):.,  barmherzig,  schani haftig  seien  und  Werke  der 
Nächstenliebe  üben 

XI 


fj^  Theodor  Kroner. 

Die  Erzählung  im  2.  Buche  Samuel  Kap.  21  bietet  somit  außer 
interessanten  Textschwierigkeiten  zu  der  rabbinischen  Auffassung 
von  Ehre  oder  Schmach  einer  Nation  einen  bedeutungsvollen 
Beitrag  Sie  predigt  laut,  daß  die  Ehre  Gottes  fordere,  Volks- 
fremde vor  jeder  Ungerechtigkeit  und  Gewalttätigkeit  zu  schützen, 
selbst  wenn  ihr  ganzes  Verhalten  den  Gefühlen  edler  Menschlich- 
keit nicht  entspricht. 


XII 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch. 

Eine  Skizze. 

Von  Dr.  J.  Ziegler,  Karlsbad. 

Der  Gedanke,  daß  die  Entwicklung,  welche  die  jüdische 
Religion  mit  dem  babylonischen  Exile  genommen  hat,  keines- 
wegs die  gradlinige  Fortsetzung  der  Prophetie  sei,  sondern  die 
der  Priestersatzungen,  und  daß  erst  Jesus  die  verschüttete 
Prophetenlehre  aus  der  Asche  herausgeholt  und  wieder  zu  Ehren 
gebracht  habe,  ist  auch  heute  noch  die  fixe  Idee  der  protestanti- 
schen Theologie.  Hie  und  da  ist  allerdings  schon  eine  Korrektur 
wahrzunehmen.  Man  läßt  sich  zu  dem  kleinen  Zugeständnis  herbei: 
Der  Judaismus  habe  auch  auf  seiner  falschen  Bahn  die  Prophetie 
nicht  gänzlich  beiseite  schieben  können  und  manch  ein  tieferes 
Gemüt,  gleich  Hillel,  habe  ahnend  die  Bruderhand  einem  Amos 
und  Jesaja  gereicht.  Das  wären  aber  Ausnahmen  gewesen.  In  toto 
bedeute  der  Talmudismus  ausschließlich  die  Entwicklung  des 
Gesetzes,  des  Formalismus. 

Von  jüdischer  Seite  wird  diese  These  selbstverständlich 
ununterbrochen  angefochten  und  als  tendenziös,  unwahr  und 
unwissenschaftlich  eifrigst  bekämpft.  An  dieser  Stelle  ist  wohl 
überflüssig  die  Männer  zu  nennen,  die  in  liervorragender  Weise 
der  Rettung  des  Judentums  ihre  Arbeit  gewidmet  haben.  Mit  dem 
Erfolge  dürfen  wir  nicht  unzufrieden  sein.  Wer  die  Bedeutung 
dieser  ganzen  Frage  speziell  für  den  Protestantismus  wohl  zu 
ermessen  versteht,  wird  es  begreifen,  daß  die  besten  Werke 
unserseits  in  die  mit  so  kluger  Strategie  aufgerichtete  Mauer 
vorerst  nur  eine  kleine  Bresche  zu  schlagen  imstande  waren. 
Einen  Irrtum  ehrlich  bekennen,  fällt  selbst  einer  Minderheit 
schwer,  geschweige  einer  Mehrheit,  zumal  einer  Mehrheit  vou 
Theologen,  insbesondere  christlicher  Theologen  gegenüber  jüdi- 
schen.   Was  wir  verlangen,    ist    doch    das    Zugeständnis,    daß    das 


76  Dr.  J.  Ziegler. 

Urchristentum  dem  Heidentum  zweifellos  vieles,  dem  Judentum 
aber  im  Wesen  an  religiös-sittlichen  Ideen  nichts  hat  bieten  und 
bringen  können,  was  es  nicht  schon  aus  eigenem  in  gleicher 
Vollendung  besessen  hätte;  daß  dagegen  die  alte  jüdische  Literatur 
eine  Fülle  von  religiös-ethischen  Gedanken  und  Forderungen  lehre, 
die  wir  im  Neuen  Testament  vergeblich  suchen.  Dies  Zugeständnis 
erlangen  ist  von  so  großer  prinzipieller  Bedeutung,  daß  wir  es 
nicht  übel  nehmen  sollten,  wenn  es  uns  bisher  vorenthalten 
worden  ist.  Es  durchsetzen,  zum  Gemeingut  machen  in  christlichen 
wie  jüdischen  Kreisen,  wird  es  noch  vieler  emsiger,  selbstloser 
Arbeiten  bedürfen.  Eine  der  wichtigsten  würde  in  dem  mit 
strengster  Wissenschaftlichkeit  geführten  Nachweis  bestehen,  daß 
der  Talmudismus  unseren  religiös-sittlichen  Horizont  nicht  nur 
um  bedeutsame  neue  Erkenntnisse  bereichert,  sondern  auch  jede 
religiös  ethische  Idee  der  Prophetie  sorgfältigst  erhalten  und  ver- 
tieft hat.  -: 

Aus  der  Fülle  des  großen  Materials,  das  ich  ziemlich  voll- 
ständig aufgesammelt  habe,  will  ich  einen,  der  Aktualität  heute 
sicherlich  nicht  ganz  entbehrenden  Gedanken  herausgreifen,  um 
in  hier  gebotener  Kürze  an  ihm  zu  zeigen,  wie  der  Talmudismus 
keineswegs  einen  Stillstand  hineingetragen  hat  in  die  religiös- 
sittliche Entwicklung  der  Prophetie,  sondern  sie  in  lebendigem, 
kräftigem  Fluß  erhalten  hat. 

Wie  behandelt  der  Midrasch  —  Midrasch  hier  im  alten, 
alles  zusammenfassenden  Sinne  gebraucht —  die  biblische  Sünde 
Mord? 


Der  religiös-ethische  Ursprung  des  Mordverbotes  der  Bibel 
liegt  nicht  in  der  Blutrache.  Zwar  schreit  ungeahndeter  Mord  zu 
Gott  (Gen.  4,  10;  Ez.  24,  7  f.;  Jes.  26,  21;  Hiob  16,  18),  wie  ja  auch 
jede  andere  Schuld,  die  ungeahndet  bleibt,  zu  Gott  schreit 
(Gen.  18,  20  f.;  19,  13;  Ex.  3,  9;  22,22,  26;  Ps.  9,  13;  34,7,  i8;  77,2), 
und  hat  die  Gerechtigkeit  zur  Grundlage.  Darum  tritt  Gott  selbst 
als  Rächer  auf  für  seine  Kinder  und  im  eigenen  Volke  für  seine 
engeren  Kinder,  die  Propheten  und  Frommen  (II.  Reg.  9,  7; 
Ps.  79,  10).  Der  Rachegedanke  der  israelitischen  Gottesidee  hat 
nicht  in  der  Gottesidee  an  sich,  sondern  im  Kindsverhältnis 
Israels  zu  Gott  seinen  Ursprung.  —  Auch  der  Schutz  vor  unver- 
dienter Blutrache  geht  auf  das  Streben  nach  Gerechtigkeit  zurück. 
Trotz  alledem  hätte  sich  auf  Basis   der  Blutrache  das  Verbot  des 


II 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch.  77 

Mordes  niemals  zu  einer  religiös-sittlichen  Idee  ersten  Grades 
entwickelt. 

Zur  sittlichen  Idee  wurde  das  Verbot  erst  durch  die  Be- 
ziehung des  Blutes  zur  Gottheit.  Im  Blute  liegt  das  Leben,  liegt 
die  Seele  des  Menschen,  der  im  Ebenbilde  Gottes  geschaffen 
wurde.  Wer  daher  das  Leben  eines  Menschen  vernichtet,  vergreift 
sich  zugleich  an  Gott.  Gott  ist  aber  das  Gute,  das  Prinzip,  die 
Idee  der  Sittlichkeit:  eine  Sünde  gegen  Gott  ist  eine  Sünde  gegen 
die  Sittlichkeit.  Einen  Menschen  des  Lebens  berauben,  ist  daher 
eine  Sünde  gegen  die  Sittlichkeit,  weil  es  eine  Sünde  gegen  Gott 
ist.  So  wurde  das  Verbot  des  Mordes  schon  in  der  Bibel  zur 
höchsten  sittlichen  Idee. 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  die  Identifizierung  des  Blute.? 
mit  der  Gottheit  erst  dann  zu  einer  sittlichen  Idee  wurde,  als  die 
Sittlichkeit  nicht  nur  eine  Forderung  Gottes  —  das  war  sie 
wohl  in  urältesten  Zeiten  schon,  und  nicht  nur  bei  den  Israeliten 
—  sondern  das  innerste  Wesen  Gottes  wurde.  Vor  dieser 
Identifizierung  unterschied  sich  die  Auffassung^  über  das  Blut 
bei  den  alten  Israeliten  nur  wenig  von  der  der  anderen  Völker 
des  Altertums.  Ebenso  selbstverständlich  ist,  daß  das  sittliche 
Postulat  des  Mordverbotes,  wie  es  in  seiner  Reinheit  und  vollsten 
Unabhängigkeit  von  jedem  Atavismus  Moses  den  Israeliten  mit 
dem  Worte  n::nn  nb  gegeben  hat,  uns  nicht  darauf  schließen  lassen 
darf,  daß  das  Verbot  schon  damals  auch  vom  Volksgewissen  in 
seiner  vollen  sittlichen  Größe  erfaßt  wurde.  Religiöse  Uranschau- 
ungen  sind  unausrottbar  und  pflanzen  sich  an  der  Unterschwelle 
des  Volksbewußtseins  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  fort,  nicht 
nur  in  den  Ausdrücken,  die  aus  den  Urzeiten  sich  erhalten  und 
die  alten  Erinnerungen  nie  vollständig  schwindf^n  lassen,  sondern 
auch  im  Volksgefühle.  Ein  Stück  Blutrachedurst  und  ein  gut 
Teil  des  Urhorrors  vor  Blutvergießen  lebt  auch  heute  noch  in 
jedem  .Menschen.  Erst  nach  und  nach  haben  im  alten  Israel 
Priester,  Weise,  Erzähler,  Dichter  und  Propheten  das  Volk  erzogen, 
im  Mordverbote  eine  hohe  sittliche  Idee  zu  verehren  und  zu 
heiligen,  ohne  daß  jemals  die  atavistischen  Reste  des  Verbotes 
gänzlich  geschwunden  wären.  So  wird  z.  B.  der  Brudermord 
Kains  vom  Erzähler  in  rein  atavistischer  Form  geschildert,  da- 
gegen steht  die  Josefserzählung  in  diesem  Punkte  schon  auf 
hoher  sittlicher  Stufe  Mit  den  Worten:  ii's:  ^3::  s"?  (Gen  B7.  2i). 
DT  ir-ri'n  ha,  'z  -r.hz'n  bin  ti  (V.  22)  wird  der  Mord  als  solcher  ver- 
urteilt,   und    mit  Judas  Worten:  s"n  'ncn  i3"nx  "z  ''Z  'nn  "tk  idti  wird 

III 


78  Dr.  J.  Ziegler. 

dem  Volksgefühl  Rechnuijg  getragen,  das  den  Mord  an  Verwandten 
als  eine  noch  größere  sittliche  Versündii^uiig  ansieht  als  den  an 
einem  Fremden  verübten  Mord. 

Aber  auch  beim  Morde  an  einem  Fremden  kennt  die  Bibel 
schon  jene  Unterschiede,  die  auch  uns  geläufig  sind.  ti!2  und  ::^^', 
die  in  der  talmudischen  Literatur  eine  so  eingehende  Behandlung 
erfahren,  werden  schon  in  der  Bibel  scharf  auseinandergehalten 
und  der  Mord  nJairn  ganz  anders  beurteilt  als  der,  dessen  Be- 
weggrund Gewalttätigkeit  ist  (Num.  Kap.  35;  Ex.  21,  12  ff.).  Noch 
schärfer  beurteilt  die  Bib.el  einen  Mord,  der  ddü  -  wohl  identisch 
mit  ri'ri  na  (Gen.  37,  26)  —  verübt  wird  (I.  Sam.  25,  31)  und  am 
allerschärfsten  brandmarkt  sie  den,  der  ^p:  dt  vergießt.  Während 
aber  der  Ausdruck  D;n  beim  Morde  in  der  Bibel  selten  vorkommt, 
(I.  Sam.  25,  31;  I.  Kön.  2,  31;  mit  "pj  zusammen  I.  Sam.  19,  5; 
Prov.  1,  11)  wird  von  'p;  d-;  in  der  Bibel  um  so  häufiger  gesprochen. 
Im  Pentateuch  jedoch  ausschließlich  im  Deut.  19, 10,13;  21.  8  f.;"27,  25. 
Und  wenn  wir  beachten,  daß  die  judäischen  Könige  Manasse  und 
Jojakim  angeklagt  werden,  'p:  an  vergossen  zu  haben  (IL  Reg.  21,16; 
24,  4),  daß  ferner  Jeremia  an  allen  Stellen,  wo  er  von  der  Sünde  des 
Mordes  spricht,  ebenfalls  den  Ausdruck  ^p:  on  gebraucht  (2,  34; 
7,  6;  19,  4;  22,  3,  17;  26,  15),  werden  wir  mindestens  historisch 
manche  Schlüsse  aus  diesem  Dreiklang  ziehen  dürfen.  Ob  die  Aus- 
drücke aan  und  ^p:  beim  Morde  eine  ethische  Entwicklungsphase 
bedeuten,  ist  allerdings  fraglich;  jedenfalls  hält  es  die  Erzählung 
in  I.  Sam.  25,  31  für  eine  besondere  göttliche  Gnade,  wenn  jemand 
verhindert  wird  ojn  ai  i^^b.  Dem  Weheruf  über  den  Mord  an  einem 
'p:  kommt  dann  gleich  die  Klage  über  die  Ermordung  eines  p-'i::  fx 
(Ex.  23,  7;  IL  Sam.  4,  11;  L  Reg.  2,  32;  siehe  auch  Threni  4,   i .')). 

Der  Prophet  Ezechiel  ist  nicht  nur  für  die  religiös-gesetzliche 
Ausgestaltung  des  Judentums  von  einschneidendster  Bedeutung, 
sondern  auch  für  den  Ausbau  der  religiös-sittlichen  Ideen.  Wir 
werden  bezüglich  des  Mordverbotes  Gelegenheit  haben,  später  noch- 
mals darauf  zurückzukommen.  Hier  sei  nur  bemerkt,  daß  Ezechiel,  der 
jüngere  Zeitgenosse  des  Jeremia,  der  Mann,  dem  zweifellos  die  Re- 
gierungsweise des  Manasse  und  des  Jojakim  lebendig  vor  Augen  stand, 
in  seinem  Buche  nicht  ein  einziges  Mal  von  •'p:  di  spricht.  So  oft  er 
der  Sünde  Mord  Erwähnung  tut,  geschieht  es  mit  dem  Ausdruck 
d-i  "]Ety.  Ist  das  Zufall  oder  ostentative  Opposition?  Will  Ezechiel 
die  Entschuldigung  des  Mordes,  die  aus  der  Betonung  des  "po 
eventuell  deduziert  hätte  werden  können,  kurzerhand  beseitigen? 
Will    er    die    Gemeinde    lehren,    daß    morden    verboten    sei,    ohne 

IV 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch.  79 

Rücksicht  auf 'p:  oder  nicht  ■'p:?  Irgend  eine  Absicht  liegt  sicher- 
lich bei  diesem  so  ostentativen  Vermeiden  des  Wortes  "»p:  vor, 
zumal  die  spätere  Prophetie  anstandslos  wieder  von  der  Sünde 
des  Mordes  Unschuldiger  spricht  (Jes.  59,  7;  Joel  4,  19;  siehe 
auch  Prov.  6,  17).  Bewegt  sich  diese  Absicht  Ezechiels  in  der  von 
uns  angedeuteten  Richtung,  dann  involviert  sie  eine  Vertiefung 
der  sittlichen  Idee  im  Mordverbote.^  Eine  weitere  Vertiefung  wäre 
auch  darin  zu  finden,  daß  Ezechiel  die  Sünde  Mord  schon  bildlich- 
gebraucht, um  seinen  Lesern  den  Schrecken  schwerer  Versündi- 
gung im  allgemeinen  vor  Augen  zu  führen.  Prüfen  wir  nämlich 
Stellen,  wie  3,  18,  20;  7,  23;  9,  9;  33,  8,  so  sehen  wir,  daß  an 
diesen  Stellen  das  Wort  m  einfach  „Sünde",  „Schuld"  heißt,  und 
Ezechiel  mit  diesem  Worte  das  sittliche  Vergehen  an  sich  drastisch 
und  sinnfällig  ausdrücken  will,  wodurch  dann  wieder  der  Mord 
als  höchste  sittliche  Verfehlung  gekennzeichnet  wird.  Ezechiels 
Neuerung  wird  auch  von  den  Psalmen  festgehalten,  wo  c^i  u'"'« 
nicht  mehr  einen  Mörder  bezeichnet,  sondern  einfach  den  Sünder, 
den  grausamen,  harten  Menschen,  wie  ja  auch  wir  für  einen 
solchen  das  Wort  Blutmensch  kennen  (5,  7;  9,  13;  26,  9;  51,  16; 
55,  24  u.  a.,  siehe  auch  Sprüche  1,  11,   16,  18;  29,  10). 

So  offenbart  sich  uns  in  der  Bibel  auch  im  Mord  verböte 
die  große  sittliche  Entfaltung  des  israelitischen  Volkes.  Unermüd- 
lich sehen  wir  Priester,  Propheten,  Erzähler  und  Weise  am  Werke, 
dieses  Verbot  zu  einer  der  höchsten  sittlichen  Ideen  auszugestalten: 
„Entweihet  nicht  das  Land,  in  dem  ihr  lebet,  denn  das  Blut  ent- 
weiht den  Boden.  Für  den  Boden  gibt  es  für  das  auf  ihm  vergossene 
Blut  keine  andere  Sühne,  als  das  Blut  dessen,  der  es  vergossen 
hat"   (Num.  35,  ;33). 

* 

Einen  ganz  anderen  Standpiaikt  nimmt  die  Bibel  bekannt- 
lich ein,  wo  es  sich  um  den  Mord  im  Kriege  handelt.  Ist  doch 
die  Bibel  bei  aller  Hoclischätzung  und  Würdigung  des  Friedens 
und  seiner  Segnungen  eines   der   gewaltigsten  Kriegsbücher  aller 


'  Es  ist  allerdings  auch  möglich,  daß  wir  es  in  m  19C  nur  mit  einem 
Sprachgebrauch  der  l'riestersatzungen  zu  tun  haben,  während  der  Ausdruck 
'p;  v.i  mehr  der  erzählondon  und  ijr()i)hcti-chen  Literatur  an^^eliört.  Ezechiel 
lehnt  sich  auch  sprachlieh  an  die  priesterliche  Gesetzgebung  an,  in  der  cn  iDC* 
gebräuchlich  war  (Lov.   17,  4,   K^;  Deut.  21,  7). 

*  Bildlieli  gi'l)rauclit  ist  auch  schon  iot  n«  li'C^i  in  Gen.  ;!7.  2S,  dns  ii  it 
Raschi  zur  Stolle  nichts  anderes  bedeutet  al-<  i.inv:  n«  a'^y;!;  auch  Hiob  16,  18 
'Ol  '3^n  Sk  pN:  „möge  ich   keine  Grabstätte  finden." 


80  Dr.  J.  Ziegler. 

Zeiten.  Selbst  ein  Jesaja,  der  uns  die  Idee  vom  Friedensmessias 
geschenkt  hat,  schwelgt  in  Verzückung,  wenn  er  Gott  die  Feinde 
züchtigen,  Israel  Sieg  um  Sieg  verleihen  sieht.  —  Auch  Palast- 
revolutionen betrachtet  die  Bibel  als  Kriegserscheinungen:  die 
Königsmorde  werden  von  den  Chronikschreibern  zumeist  ohne 
jede  weitere  Bemerkung  registriert.  Hingegen  wird  die  Ermordung 
einzelner  Personen  aus  politischen  Gründen  perhorresziert.  Der 
Erzähler  läßt  dafür  den  König  David  den  klassischen  Ausspruch 
prägen:  mbtrn  r\f2tibt2  ■'»-i  ü^^)  (I.  Reg.  2,  5).  Mit  noch  größerer  Schärfe 
als  der  politische  Mord  an  Einzelnen  wird  die  Hinrichtung  Un- 
schuldiger von  Seiten  der  Könige  oder  ihrer  Feldherren  gegeißelt 
und  als  schwere  Sünde  geahndet.  So  die  von  Saul  anbefohlene 
Hinrichtung  des  Priesters  Achimelech  und  seiner  Familie  zu  Nob 
(I.  Sam.  22),  der  Tod  Urijjas  auf  listiges  Anstiften  Davids 
(II.  Sam.  11  und  12),  die  Ermordung  Naboths  von  Jesreel  auf 
Befehl  Achabs  (I.  Reg.  21).  Ebenso  wird  die  Ausrottung  ganzer 
Familien  wegen  des  Vergehens  eines  Einzelnen  scharf  getadelt.  Ihren 
Widerhall  findet  diese  einmütige  Verurteilung  solcher  Hinrichtungen 
in  dem  Satze  des  Deuteronomium:  .  .  .  cjis  hl'  mas  inw  ah  (24',  16). 
Wir  haben  hier  das  bis  auf  den  heutigen  Tag  vergebliche  Streben 
vor  uns,  die  soziale  Moral  der  politischen  aufzupfropfen,  oder, 
richtiger  gesagt,  die  soziale  Moral  an  Stelle  der  politischen  Un- 
moral zu  setzen. 

II. 

Hat  der  Talmudismus  zur  Vertiefung  der  sittlichen  Idee  des 
Mordverbotes  beigetragen,  und  wie  hat  er  es  getan?  Wir  müssen 
da  auf  die  Methode  der  Bibel  zurückgreifen  in  der  Behandlung 
der  sittlichen  Ideale,  um  die  des  Midrasch  richtig  einzuschätzen. 
Die  Bibel  arbeitet,  wie  wir  wissen,  weder  mit  abstrakten  Begriffen 
noch  mit  Philosophemen.  Ihre  Domäne  ist  die  Praxis,  das  Leben, 
die  Erfahrung.  Das  a  priori  ist  ihr  unbekannt,  ihre  Werkstatt  e 
ist  das  a  posteriori.  Sie  vertieft  ihre  religiös-sittlichen  Ideen  nicht 
durch  Abhandlungen,  die  sie  zu  bestimmten  Schlüssen  kommen 
lassen,  sie  zieht  ihre  Konklusionen  aus  den  Tatsachen  des  Rechts- 
und Wirtschaftslebens.  Mit  einem  Wort:  sie  theoretisiert  nicht,  sie 
doziert  nicht,  sondern  sie  stellt  kurz  und  bündig  Normen  und 
Satzungen  auf  und  ül)erläßt  es  den  späteren  Geschlechtern,  aus  ihren 
Gesetzen  den  in  ihnen  liegenden  sittlichen  Fortschritt  zu  deduzieren. 

Der  Midrasch  ist  auch  hierin  der  direkte  Fortsetzer  der 
biblischen    Methode.    Auch    er    kennt  nur  die  Praxis,    das  Leben, 

VI 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midraach.  81 

auch  er  stellt  nur  die  Meilensteine  auf,  die  den  Weg  bezeichnen 
sollen,  den  Generation  auf  Generation  wandelt  und  überläßt  es 
der  Muße  sinnender  Geschlechter,  die  Gedankenpfade  rückwärts 
zu  verfolgen,  die  von  der  letzten  Etappe  zum  Ausgangspunkte 
führen.  So  bietet  uns  auch  der  Talmud  in  seinen  religiös-sittlichen 
Teilen  keine  Abhandlungen,  sondern  Lehren,  Satzungen,  aus  dem 
Leben  geholt  und  für  das  Leben  bestimmt. 

Dazu  kommt  noch,  daß  der  Midrasch  als  die  Erläuterung 
der  Bibel,  des  Gotteswortes  ein  „warum"  ebensowenig  kennt  als 
die  Bibel  selbst,  das  Wort  Gottes.  Philosophische  Abhandlungen 
gehen  aber  von  dem  „Avarum"  aus,  ihre  Quelle  ist  der  Zweifel.  Da 
dem  Midrasch  das  „warum"  fehlt,  hat  er  auch  keinen  Grund,  eine 
religiös-sittliche  Lehre  bis  in  ihre  innerste  Tiefe  aufzuwühlen,  sie 
von  allen  Seiten  zu  beleuchten.  Seine  Aufgabe  war,  Herz  und  Sinn 
des  Volkes  für  das  Gebot  zu  erwärmen,  für  das  Verbot  zu  stählen. 

Das  gilt  auch  für  das  Verbot  des  Mordes.  Der  Zweck  war, 
es  dem  Volke  Fleisch  und  Blut  werden  zu  lassen.  Das  geschah 
nicht  durch  gelehrte  Abhandlungen,  sondern  so,  daß  man  einer- 
seits mit  allen  den  Weisen  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  den 
Horror  vor  dieser  Sünde  im  Volksgewissen  zu  stärken  suchte, 
anderseits  den  Zaun  des  Verbotes  immer  weiter  steckte,  d.  h. 
alles,  was  geeignet  war,  den  Respekt  vor  dem  Verbote  zu  lockern, 
in  den  Kreis  des  Verbotes  mit  hineinbezog. 

So  war  denn  das  erste  Bemühen  der  Lehrer  dahin  gerichtet, 
die  Sünde  Mord  immer  von  neuem  zu  einem  der  schwersten  sitt- 
lichen Vergehen  zu  stempeln.  Sie  wurde  unter  dem  Einfluß  von 
Ezechiel  16,22  und  23  der  Sünde  mt  minr  und  nvny  ^^b^:  gleichgestellt. 
D'^n  mr'stri  v:  .iy  sind  nach  der  einmütigen  Lehre  aller  Weisen  die 
Kardinalsünden,  die,  verübt,  die  Lossagung  vom  Judentum  be- 
deuten. Unermüdlich  sind  die  Weisen  in  der  Belehrung  des  Volkes, 
der  Mord  sei  die  sündhafteste  aller  Sünden. 
-jiös  irn"?  nDriKi  bv  -irr  .nman  mi'a  hv  iisr'?  ibid  r\bp  m^a  bv  -ar  dk* 
nr  iiar  i'nx  •'m  bv  lurb  ididi  -nran  ^b  bv^  opn  nb  "^n  sJtt'n  ab  bv  "1121?'?  isid 
D'öT  ma^Btt''?  Kntr  (Sifre,  ed.  Friedmann  zu  Deut.  19,  14  und  zu 
Dout.  22,  13  f.). 

.miTSj  --jn  msiüü  •-ria  ab^  j-'rnv  nn  . . .  nwsD  ny  bv  anvn  nx  pia^K^  nrs 
ab^vr\  p|1d  ir  in  pi"?:!  vnrrnT  am  iian  mursD  •'d-'-t  Ab  nsDnai  paa  jm]  dik  m;iü)a  ^:n 
-.yna  'öi  aba  ynn  m  -lüi«  irs  D'pn::  -pnx  ^an  -^t^aw  vnn  ns  nnu?  ppa  u'^isro  pv? 
rnryni  mi  lai  (Mischna  Sanh.  IV,  5). 

,KDD  ■.b■'a^  bHf2D  xn  vnbiyb  n]:;rt  n-'N'i .  .  .  'dk  -läX"!  vsk  omaN  ba  pnr  ^dk"! 
•]b  nojö  QH^  i|D  njia  bv  ■.b"ü  namtrb  i*?!.-!  nx  n:v  nüfib  "-[b  pw  p  \^zb  main 

Festschrift.  g 

VII 


82  •  Dr.  J.  Ziegler. 

b"K  !p*i3  by  nnn  :b"H  .(Hiob  4,  2)  ■pnx'^n  yha  -ai  r\D:r\  'n^f2vh  brin  j=a  nnv 
ip  njü  *?!?  t"?"«  .iö"i  naac'i:'  nnx  an  ^aiiy  i-i"?  nax-'  -in^ab  (Jalk.  Gen.  zur  Stelle). 

In  der  Begründung  der  Sünde  bleibt  der  Midrasch  natürlich 
ganz  auf  dem  Boden  der  Bibel:  i'?x3  vbr  D^'^ra  d'^üt  ■]Ent:'  Kinc  'ö  bs 
mtt'in  n«  tsraa  s*in.  Diesem  Ausspruch  Rabbi  Akibas  blieben  alle 
Zeiten  treu  (Tos.  Jebam.  8;  Gen.  r.  XXXIV,  4;  Pes.  r.  107^;  siehe 
auch  Ex.  r.  XXX,  16). 

Aus  diesem  Grunde  galt  das  Verbot  des  Mordes  als  ein 
natürliches  Vernunftverbot,  das,  stünde  es  nicht  in  der  Bibel, 
unbedingt  geschrieben  hätte  werden  müssen,  'mpn  nxi  wvr\  •"DSirü:  nx 
pns"?  «"n  pi2  innsD  ah  i'tkd  minn  n^mran  a-'-imn  r\ha  (Lev.  18,  4)  i-iaurn 
pna"?  ,Tn  p-is  innsD  s"?  ^b^^  n'ssn  mr'stin  Durn  n'^'^pi  H"V^  nmrm  m'?nn  p:3 
(Sifra  zur  Stelle;  siehe  auch  Joma  67^  und  andere  Stellen). 

Wer  daher  gegen  dieses  Verbot  sündigt,  wird  in  dieser  und 
in  der  kommenden  Welt  bestraft:  -rnra  üiHr\  p  pries  onni  ibn  hv 
fföi  ma^ED  bs^  S"i  bv^  rs  bv  ;n"mrb  ^b  na^'p  ppm  (Tos.  Pea  I,  2;  Jer, 
Pea  15^;  Aboth  di  R.  Nathan  I,  cap.  40). 

Für  Blutvergießen  gibt  es  überhaupt  keine  Verzeihung:  tit'^bv 
d'!2"7  'Stt'ü  pin  nn^bo  tr^"'  jbD  '?n  . .  .  .  pu^xin  dix  mtsüD  nnm  (Deut.  r.  11,  26). 
Und  da  macht  es  keinen  Unterschied,  ob  einer  der  direkte  Mörder 
ist  oder  Mörder  gedungen  hat:  ^nbw\  3''Ti  «in  ©SDn  nx  2nn  Ksnmbtr'?  njaixn 
:3"n  vnbitr  ^'^:n  ^jn  Dityn  iöik  fp?n  ''Küd  -ntaB  (Kidd.  43*^). 

Selbstverständlich  ist  auf  Grund  der  Bibel  auch  im  Talmud 
die  Unterscheidung  zwischen  beabsichtigtem  und  unbeabsichtigtem 
Morde,  tiö  und  :iw,  beibehalten.  Ebenso  wird  mit  Ezechiel  Kap.  3 
und  33  —  in  dem  wohl  auch  eine  alte  Sitte  sanktioniert  wird  — 
an  der  nninn  festgehalten. 

Um  nun  dieser  schweren  Sünde  so  weit  als  möglich  aus  dem 
Wege  zu  gehen,  war  jeder,  auch  der  geringste  Nutzen  von  einer 
Sache  untersagt,  die  irgendwie  mit  einem  Morde  zusammenhing. 
.(Ex.  21,  28)  nu>3  na  b:2H^  ^b)  mtrn  bpo^  ^ipo  nfi)  ntrs  nx  ik  ^"h  ns  -nti'  nr  'di 
:-imm  bp  mia«  vnKDra  -no«  xin^y  pDia  -nb^ax  -no^x  aba  ''b  px  .iitt^D  ns  b'^n'^  ab^ 
•]Qw  n^n^  bpDDn  iiu  ,r\a:rt2  ti^^dh  x^^  nn  -i'X'  bv  msDia  x\-i?i'  neiny  n'r^^r  ny  n.'ai 
nxjnn  -nos  x,td  pi  O'-m.  .Ein  anderer  r[")p  lautet  wieder:  n'^sr  ns  nm 
■^pDJü  "iitt^  -riKina  n-nos  x'^n  nn  ns^^stm  nx  ripbof^i  ab^  }n^n  nx  nxiaaa  nrxtr  nany 
nx3nD  niDX  xn^tt*  xin  pn  nraiyn  nx  np'?DDi  Y-\nn  nx  xiatsia  xintr.  Einen  dritten 
n""ip  wendete  Rabbi  an:  Dbiy'?  msa'?  x'^x  pxn  psti'  D^snrjn  eis  dx  niai 
nxsnn  -nox  xn-'t^  xin  pn  dbirb  nea'?  X3  irxc?  "^pCDn  mt'  ^na::!:^  p-nox  (Mechiltha 
zur  Stelle). 

Nicht  einmal  zu  Heilzwecken  soll  man  etwas  benützen,  das 
mit  Mord  in  Verbindung  ist.  Das  wurde  zu  einem  weittragenden 
Grundsatz    erhoben,    der    in    seiner    epigrammatischen  Kürze   der 

VIII 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch.  83 

Judenheit  aller  Zeiten  tief  im  Gedächtnis  geblieben  ist:  p«Binö  h'D2 
n^D-i  niD'Stt'i  r'Ji  ü"1'^  pn  (Pes.  25'^;  Jer.  Sabb.  14'^  und  viele  andere 
Stellen).  Abgeleitet  wird  dieser  Grundsatz  von  Gen.  9,  6:  nax' dn«? 

n"a!r)a  msannn'?  nbinn  "^id^  -jK^n  ibü^  iö-t  (Ex.  r.  XVI,  2), 

Selbst  wo  es  gilt,  jemanden  aus  Lebensgefahr  zu  befreien, 
ist  es  nicht  gestattet,  wenn  es  nur  mittels  der  Sünde  von  td  ge- 
schehen könnte  (das  trifft  natürlich  nicht  die  Notwehr):  n^siptt?  ']h  j'S 
D"»-!  'SD1  r"3  'VV  :Dnm  r\wbii}  ^ba  wb:  mp-s  "ds^  (Tos.  Sabb.  XV,  17; 
Joma  82^;  Keth.  19^). 

So  erleide  der  Mensch  lieber  selbst  den  Tod,  ehe  er  einen 
umbringe.  Das  war  einer  der  wichtigsten  in  Lydda  verkündeten 
Lehrsätze:  pn  i-\n'  b^:  msy  nnn  bi<^  mnr  ms'?  piaiK  ds  n-nrou^  nn^ni?  ba 
Tt»i  r"3i  sy's  (Sanh.  61^;  Joma  82-^;  Jer.  Sanh.  21^;  Schebiith  35«^). 
So  hüte  sich  denn  jeder  vor  allem,  was  ihn  verführen 
und  verleiten  könnte,  diese  Sünde  zu  begehen.  Insbesondere  halte 
sich  der  Mensch  vom  Weingenuß  zurück,  denn  im  Rausche  begeht 
man  leicht  dies  Verbrechen:  n^^w  ,  .  .  ba'\'W'  yr\bH  r^bn  n^K  pn  -|inf3 
ynn  ptr"?!  tut  ,i"':  rv  -.Dnnn  nyn-iKb  (Tauch.  B.  Lev.  13«').  Man  hüte  sich 
auch  vor  Leichtsinn,  denn  leichter  Sinn  führt  zu  allem  Bösen.  Wer 
leichten  Sinnes  z.  B.  gelobt  und  sein  Gelübde  bricht,  wird  auch 
leichten  Sinnes  die  ärgsten  Sünden  begehen,  zu  denen  auch  der 
Mord  gehört,  ^öö  .  .  .  n'U'i  r"Ji  -t'T  "i'b  snu?  ^iid  i-n:  ns  nT:v}ü^  nmstt^  "ö  b'D 
]b^o  •'t'?  KD  nnD  n«  ^r\w'i  nnDif  ■'T  br  .!:prö  jpnbD  na'?  nns  (Lev.  r.  XXXVII; 
Koh.  r.  zu  5,  4;  vgl.  Gen.  r.  LXX,  4). 


Ein  zweites  Mittel  der  Weisen,  die  Schwere  der  Sünde  Mord 
dem  Volk  recht  tief  einzuprägen,  war,  Vergehungen,  die  vom 
Volksbewußtsein  besonders  stark  empfunden  wurden,  mit  dieser 
Sünde  zu  vergleichen,  auf  gleichen  Rang  oder  sogar  noch  höher 
zu  stellen.  Man  erreichte  damit  ein  doppeltes:  das  Vorgehen,  das 
verglichen  wurde,  kam  zu  schärferer  Verwarnung  und  das  Ver- 
i)rechen  des  Mordes  wurde  abermals  in  seiner  ganzen  Schwere 
vorgeführt.  Schon  im  Deut.  22,  26  wird  der  Mord  zu  einem  solchen 
Vergleiche  herangezogen.  Im  Midrasch  werden  zumeist  jene  religiös- 
sittlichen Vergehungen  mit  dem  Morde  verglichen,  die  Ezechiel 
in  Kap.  18  in  eine  Reihe  mit  ihm  stellt;  insbesondere  wird  '?;: 
und  rrinn  da  herangezogen.  Aber  auch  Beschämung,  Verleumdung, 
Gehässigkeit  werden  dem  Morde  gleichgestellt,  Entweihung  des 
göttlichen  Namens,  Mißachtung  der  Thora  sogar  noch  höher. 

6* 
IX 


84  Dr.  J.  Ziegler. 

jntt'n'?  i3n"j  «■?  (B.  Mez.  61^). 

bsn  nj33  biptt?  "^iji  -T'tt^i  r"aöi  7"y  nmr  ins  rntr  mx  ^Dn*:?  birö  (Lev.  r. 
XXXIII,  3;  vgl.  Koh.  r.  zu  1,  13;  3,  10). 

n-'ön  isic?  i'?"'X3  D-'mn  in^nn  --ds  j^D^bn  ba  (B.  Mez.  58^). 

(Arachin  lö^^). 

V":  bv^  rv  bv  :y'n)vb  ib  nö^p  pp:^)  rr\^v^  ünxn  i»  j^rnsj  a^^^n  i"?«  "^r 
{•^D  1333  rnn  jw"?  "^n  »Ttr;  bn  (Tos.  Pea  I,  2;  Aboth  di  R.  Nathan  I,  60^^; 
siehe  auch  Tauch,  zu  Lev.  14,  2  und  andere  Stellen). 

T^a}^  yj  ,vv  :nn''3r  ^b^  "i33d  D3n  nxstr  nbipu;  (Joma  9^). 

Dttrn  '7i'?''n  by  -irr-i  «bi  Tw^  V"i^  rv  bv  n3DDn  nrirn  n"3pn  -in'^n  (Schoch.  t. 
zu  Ps.  27,  4). 

nn^i  ab  minn  ddko  bri  n"iy  bvi  r:  bv^  rv  bv  bmu'^'?  n-npn  nn^i  (Jer. 
Chagiga  76";  Echa  r.  Peth.  2;  Esth.  r.  zu  3,  8;  Pes.  K.  121«^).  Bezüg- 
lich der  Einhaltung  der  Weisungen  der  Gelehrten  siehe  das  gleiche 
Urteil  Jer.  Nasir  56^  in  den  Worten  des  R.  Elieser  und  R.  Josua, 
die  sie  an  R.  Akiba  gerichtet  haben  sollen:  n^ntr  nroai  nrca  b^  br 

tü'f2i  DOSiV}  ib'H'D  ybv  \'bvf:>  roiB 

Das  Verbot,  Theater  und  Ringplätze  zu  besuchen,  hofften  die 
Lehrer  auch  nicht  besser  einschärfen  zu  können  als  mit  den  Worten: 
D^ön  -laitr  ni  nn  pntsrsa  acrn  (Jer.  Ab.  Zar.  40^;  vgl.  Tertullian  „Über 
die  Schauspiele"). 

Welch  ein  großes  Gewicht  die  Weisen  auf  die  Übung  der  Wohl- 
tätigkeit legten,  zeigt  folgender  Satz:  ib-'KD  npnsjn  nx  in  yybi^^  n-'jyn  b:: 
D^D-i  ']ZiW  (Sanh.  35^).  Dagegen  aber  auch:  "i^n  btfli3  i3''«i  b^zt'^b  ins:  Kin^r  'ü  b'D 
p\s  b^  Kb  j^3-nn  bv  D"n  ab  >Ttt'D3  bv  rbv  □n-inn'?  iidki  d'ö-i  "laitt?  ni  (Jer.  Pea  21^). 

Selbst  gesellschaftliche  und  Anstandsregeln  trachtete  man 
auf  die  Weise  einzuprägen,  daß  man  ihre  Übertretung  hyperbolisch 
mit  T'tt?  verglich:  D-'m  "law  ib^KD  n^br\ü^  ni^Ja  i3''«U7  ba  (Sota  46'^). 

nnir  'm  tx'i  yj  :rfi'r:iV  trbtr  n^b  xa  mn  pjid  irr-n  "imn  niTi^  hö^n  '^■'taün  "ja 
(Gittin  6b). 

Daß  derjenige,  der  absichtlich  für  die  Fortpflanzung  des 
Menschengeschlechtes  nicht  sorgt,  ein  Blutvergießer  genannt  wird, 
liegt  nach  biblischer  und  späterer  Auffassung  auf  der  Hand. 
Will  "isitt'  ^b'ü'D  .Tnni  nnen  poir  i:'kc>  mrr'  bs  (Jebam,  63"^). 

Alle  diese  Aussprüche  haben,  wie  schon  gesagt,  den  Zweck, 
die  Lehren,  um  die  es  sich  handelte,  vom  Volke  hoch  einschätzen 
zu  lassen.  Ihr  Erfolg  ist  aber  zugleich,  daß  die  Scheu  vor  dem 
Morde  im  Volksbewußtsein  und  im  Volksgefühle  immer  tiefere 
und  festere  Wurzel  schlug. 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch.  85 

Die  Frage,  warum  Israel  ins  Exil  mußte,  warum  es  so  viel 
zu  leiden  hatte,  politisch  geknechtet  und  erdrückt  wurde,  kam  seit 
586  V.  Chr.  in  den  Herzen  und  auf  den  Lippen  der  Frommen 
Israels  nicht  zum  Stillstand.  Und  mit  einem  beispiellosen  Ernst 
und  Heroismus  suchte  man  nicht  außerhalb  der  eigenen  Grenzen 
die  Ursache  des  Verfalls,  sondern  in  sich  selbst.  Der  Niedergang 
ward  als  göttliche  Züchtigung  angesehen  für  die  Sünden  und  Ver- 
gehen Israels  gegen  Gott.  Die  eigene  Schuld  hat  uns  erniedrigt, 
wie  die  Prophetie  es  vorausgesagt  hat.  Und  die  eigene  Sühne,  die 
Besserung,  soll  uns  wieder  aus  dem  Staube  erheben,  wie  auch  das 
die  Propheten  vorausverkündet  haben.  Man  wühlte  nicht  in  den 
eigenen  Sünden,  um  sich  zu  zerfleischen,  um  zu  verzweifeln,  sondern 
um  aus  innen  heraus  den  religiös-sittlichen  Stand  zu  veredeln  und 
die  Restitution  durch  göttliche  Huld  zu  verdienen.  So  wird  es  uns 
nicht  befremden,  daß  bei  der  Frage:  warum  die  göttliche  Strafe, 
das  D"»"!  mD''Dtt'  in  erster  Reihe  mit  in  Betracht  kam. 

n"3  ann  t'u?  '':söi  ny^^n  nx  npbDiai  pxn  n«  Kiatsö  d'ö-i  ms^e^'  (Sifra  zu 
Lev.  16,  26;  Sifre  zu  Num.  35,  33;  vgl.  Tos.  Jom  ha-kipp.  I,  2; 
Schebuoth   I,  4;   Babli  Sabb.  33^;    Joma  85»  und  andere  Stellen). 

nainn  .Tna^  -firi  v":^  rv  ''3B?3  ro-in  nö  •'ja»  \wir\n  pjn  (Tos.  Men.  XIII,  22 ; 
B.  Joma  9^), 

T'tr  hs^  V":  bri  vr  nmr  hv  Qb^vh  a^  nih:  (Ab.  V,  lO;  vgl.  Num.  r. 
VII,  10;  Taan.  69»;  Echa  r.  Peth.  23  und  andere  Stellen). 

T'u?  bri  V"i  rv  h:}  tD-'xn  ffr::  u^'i^i  n-itrr  bv  (Lev.  r.  XVII,  3  und 
andere  Stellen). 

Tty  bvi  (Num.  r.  VII,  5  und  andere  Stellen). 

Schon  dem  König  David  wird  diese  Erkenntnis  zugeschrieben : 
D'DT  'Dsitt?!  S"i^^  rv  naiy  prn  :in;::r3  d^'iütt'jn  annn  nrniN  prn  :"tTi  iüs  (Jer. 
Kidd.  65°;  Taan.  66«;  Sanh.  23^;  Num.  r.  VIII,  4). 

Bei  der  Verschwörung  Absaloms  gegen  seinen  Vater  David 
waren  es  besonders  Doeg  und  Achitofel,  die  die  Sünde  der  Ver- 
schwörung noch  verschärften.  Wodurch ?  tu?!  V"i  "iTin  nn  T'tn  r"3  -iTin  m 
(Gen.  r.  XXXVIII,  1). 

Und  die  Sünde  beim  biV  bestand  nur  in  der  rv  ?  Nein !  r\n\v  'd  -in  i^b 
Txn  y:  nba  nnbn  iw  rv  üb^  ,  .  ,  >  D.T'tt'r'a  ib^nz'  ab^  nn::'  p«  ,^tiv  (Ex.  r. 
XLII,  1;  Tanchuma  zur  Stelle). 

Wie  sollte  es  denn  anders  sein?  Muß  denn  nicht  Gott  Israel 
wegen  dieser  Sünde  strafen?  Hat  doch  Gott  Israel  nur  unter 
der  Bedingung  aus  Ägypten  erlöst,  daß  es  nicht  Blut  vergieße. 
n"'tt"i  '3Biiy  m  VT  übw  "iDnnQ  p  nsia  bv  (Sifre  zu  Deut.  21,  8). 

* 

XI 


86  Dr.  J.  Ziegler. 

Den  Sünden  der  Väter  wurde  je  später  je  mehr  die  Frömmig- 
keit der  Urväter  gegenübergestellt.  Abraham,  Isaak  und  Jakob,  denen 
man  mit  besonderer  Vorliebe  Josef  angereiht  hatte,  Sara,  Rebekka, 
Rachel  und  Lea,  Jochebed  und  Mirjam  als  Urmütter  und  Helden- 
frauen Israels  wurden  zu  Vorbildern  der  Gottesfurcht,  denen  nach- 
zueifern Männer  und  Frauen  ihr  heißestes  Bemühen  daransetzen 
sollten.  Man  trachtete  daher  jeden,  auch  den  kleinsten  Schatten  zu 
beseitigen,  der  das  herrliche  Bild  der  Urväter  und  Urmütter  ver- 
dunkeln hätte  können;  jede  Tat,  die  zum  Tadel,  zum  Nachteil  diesen 
Männern  und  Frauen  hätte  ausgelegt  werden  können,  wurde  so 
gedeutet,  daß  sie  als  eine  segensvolle  und  berechtigte  gepriesen 
und  gerühmt  werden  sollte.  Saras  Vorgehen  gegen  Ismael  schien 
wohl  manchem  hart  und  grausam.  Man  fühlte  sich  verpflichtet, 
diese  Tat  der  Urmütter  zu  begründen,  aba  pnstia  px  naix  '?xyöu.""  'i 
na  ann"?  jisn.'si  pmn  ü''i"n  biar.  hai:^v^  rix  n^n  nntr  nmnt:?  naba  . .  .  m  iBit' 
p  p"-"!::  bw  in^Dn  r^n'r^  ab  m'?::'!  on  mai«  ....  pnT  (Tos.  Sota  VI,  6). 

Esau  besonders  wurde  zum  Prototyp  der  Mörder.  Die 
Midraschlehrer  können  sich  nicht  genug  tun  in  der  Schilderung 
dieses  Mannes,  der  der  Ahne  aller  Sünder  war.  nrirs  iia::ir  =i:'ia  vüt 
1"^  jiai  m'Drn  p  iJairr  "i"i:  ^0T^  ttdi  (Tanch.  zu  Deut.  25,  18;  Pes.  r,  49**). 

■"pD  D"i  msDitt?  □'T'  iptr  jicb  mj:"!  ü^tv  it^rn  vn  ]b^^2  XDity  n"3pntt'  m-r-nr  b^ 
(Tanch.  Gen.  zu  25,  28;  ähnlich  Tanch.  ed.  Buber  Gen.  63^  und 
andere  Stellen). 

ns  nm  ncmsvj  ,"nr3  bs  X3  :  am  imsa  r^n  ims*  n*!'  m-T'Dr  rssn  :  \:rtv  n"s 
u?33n  (B.  Bcithra  16^;  Ex.  r.  I,  1   und  andere  Stellen). 

Abraham  hatte  nur  ein  Alter  von  175  Jahren  erreicht,  Isaak 
dagegen  wurde  180  Jahre  alt.  Warum  wurde  Abraham  um  fünf 
Jahre  seines  Lebens  gebracht?  Kein  anderer  trug  die  Schuld  als 
Esau.  vnn  n"npn  ro^u?  d'du?  'n  imx  x"?«  !S"p  pnn  n:v!  n"vp  n^'^  on-i^s  K:::ia  nnx 
r\"':ipTi  n»x . . . .  »rasn  nx  :-\r\v; . . .  .-1011x^2  ,-nrD  bv  xdu>  :nn'2r  "nir  wv  -larsr  "DSr^ 
Kim  nmta  nn'"ir  K^■^  it  01*7^  -i'mnx  "^x  xnn  nnxi  iS  tiiüxi  on-ax  nx  Tintann  -js 
dibtt^n  ntsa^ir  h  ntsia  -T'üi  r"Jüi  r'y  "imri33 p':' nxn  (Gen.  r.  LXIII,  12;  siehe 
auch  Pes.  K.  22^ ;  Pes.  r.  47^;  Tanch.  zu  Deut.  25,  27  und  andere  Stellen). 

Warum  mußte  Jakob  auch  die  Lea  heiraten?  ,tix-i  nrnn xb  nx"? 
.Vera  na  wv  bv  nbxity  Q's-n  ntr-ien  rairv  nab  nm-n  .npy-'b  '^nm  iwb  x':'X  x^rin'? 
••jx  :  maixi  naiD  nn\i  ja  n'f^w  nr\^n^  jirs  . '.  .  .  d^di  ^ziW  yn  ex  :  n"?  c-iaix  rm 
virtrin  ityyb  'dxi  p""!:!:!  ::pvb  xtrjn  "^m  iDxr  nnx  r^aa  "mnx  ^n-n  (Tanch.  zu 
Gen.  29,   31). 

Sollte  aber  gefragt  werden,  zu  Esaus  Zeiten  waren  ja  die 
zehn  Gebote  mit  dem  Verbote  niann  üb  noch  nicht  gegeben,  so 
wurde    geantwortet,    daß    das    Mordverbot    zu    jenen    Satzungen 

XII 


Die  Sünde  Mord  in  Bibel  und  Midrasch.  87 

gehörte,  die  schon  den  Söhnen  Noachs  angeordnet  wurden.  Ja 
noch  mehr.  Schon  die  Sintflut  kam  über  die  Menschheit  wegen 
keiner  anderen  Sünde,  als  wegen  der  Morde,  die  dazumal  verübt 
wurden,  hn)  V"y  bv^  Dtt'n  r\hbp  bn  r'r  bn  p^^n  bp  -.n  ^:2  nt:^:  m::ia  rar  bv 
; .  .  T'ttr  (Tos.  Ab.  Zar.  VIII,  4;  B.  Sanh.  56*^^  57»^  ^^(j  y^^i^  andere 
Stellen;  vgl.  Mech.  86^). 

» . .  V"i  nt  Dttn  . » .  T"r  ni  oan  -.''^b  t'k  .(Gen.  6,  13)  oian  pKn  nabKi  '2 
T'cr  nr  Dan  (Gen.  r.  XXI,  6). 

Und  später  der  Untergang  Sodoms  hatte  ebenfalls  nur  den 
Mord  mit  zur  Ursache.  ::?'x  dt-i  :(Gen.  13,  13)  -ixö 'nb  ö-rn  ono  "fjxi 
□-on  m2^Bi:>3  niKü  -r'ys 'n"?  ,v":2.  D'xiam  iTnn  "^y  (Tos.  Sanh.  XIII,  8;  Jer. 
Sanh.  29C;  R.  Sanh.  109=^;  Gen.  r.  XLI,  7  und  andere  Stellen). 

Hat  doch  selbst  der  Pharao,  der  Bedrücker  Israels,  den  Mord 
als  die  größte  aller  Sünden  erkannt,  ny  bs  ids3  i^'^b  n^a  nxn  ns: 
ni'on  na  nu?a  nna^a  -?-ir2  .iiara  ynv  Kin  b'C'ann  n«  "^at^tr  ■'la  i^ib  -i"k  . . .  ?tD'?pa 
-i.tis*  ."imK  nna  '^''nnn  , . .  sia^b  nax"!  ni  Dr  m  pria  dt^ki  jmb  «::di  'Dtr  dv:  xri 
cnm  nü2  :nas  p  ny-is  ratycr  jra  ?''-i3:)2n  nx  nj-in  nt:?«3  -iüin  nriK  ■'Dnn'?n  ^b 
in'iN  iDsn  T'sir  ny  r^nD  jvs 'npnDi  ■'ny^att'  (Jalk.  Ex.  zu  Ex.  2,  13). 

Darum  soll  Israel  seinen  Stolz  darein  setzen,  von  dieser 
Sünde  vollständig  frei  zu  sein.  Es  sei  der  charakteristische  Unter- 
schied zwischen  Juden  und  Heiden,  daß  diese  der  Sünde  Mord 
leicht  anheimfallen,  während  ein  Jude  von  vornherein  selbst  von 
dem  Verdachte  frei  sei,  einen  Mord  begangen  zu  haben.  In 
früheren  Zeiten  hatten  wohl  die  heidnischen  Völker  das  Recht, 
vor  Gott  hinzutreten  und  Klage  zu  führen :  w  ""iDU'  i*?«!  jy  ''"imy  "^ba 
-t"io  ^bü^  D'ön  'rsiu?  )bH  y":ä  ibsi  ysa  )ba  (Gen.  r.  XXI,  4 ;  XXXVII,  1  und 
andere  Stellen),  jetzt  aber  wäre  Israel  gottesfürchtig  geworden  und 
die  Sünde  Mord  komme  in  seiner  Mitte  nicht  vor.  a^ni  ma-st^K  ^^v;n  "-'c;, 
das  war  allgemeine  Annahme,  der  Jude  nicht.  Mit  großer  Genug- 
tuung durfte  die  Mischna  den  zweifellos  im  Durchschnitt  durch 
die  Erfahrung  als  richtig  erwiesenen  Satz  aufstellen:  nf^r^n  pTaya  px 
bs  ]''n}\:;tiv;  ■'jsö  pay  nc^x  nn'nn  ab)  nymn  bv  ]n)Z'n^  ''320  onr:  bw  nxpirE^ 
a'an  mreu»  bv  p-iwniy  •'jEia  cnay  mx  nn-ri"'  ab^  mnyn  (Mischna  Ab.  Zar.  II,  1 ; 
Tos.  Ned.  II,  4;  Sifre  zu  Deut.  23,  10;  vgl.  Briefe  des  Paulus  an 
die  Kolosser  III,  5;  Ephesier  V,  3  ff.;  Thessaloniker  I,  4). 


Ich  habe  an  dieser  kleinen  Skizze  hoffentlich  mit  Erfolg 
gezeigt,  wie  die  Midraschweisen  eine  große  sittliche  Idee,  das 
Verbot  des  Mordes,  ganz  außerordentlich  vertieft,  d.  h.  dem 
Volke  immer  von  neuem  eingeprägt  haben,  bis  es  dem  jüdischen 

XIII 


88  Dr.  J.  Ziegler. 

Volke  ZU  Fleisch  und  Blut  geworden  und  bis  auf  unsere  Tage 
im  großen  und  ganzen  geblieben  ist.  Maimunis  Wort  ist  auch 
heute  noch  jedem  Juden  aus  der  Seele  gesprochen:  im  ^D^f:?  "ü  b^ 
im'?''r  i<b^  m  ]^v  "iJ35  j^biptr  vö"  b^  nwtt'  micön  b'D  j-^xi  iia:  rtri  xm  ''in  m  pi? 
rnnp  (M.  T.  Nes.  IVa). 


Bezüglich  des  Krieges  lag  es  in  der  Natur  der  politischen 
Verhältnisse,  unter  denen  das  Judentum  lebte,  daß  die  Midrasch- 
lehrer  je  später  je  mehr  Männer  des  Friedens  waren.  Mit  hin- 
reißenden Worten  wird  der  Frieden  verherrlicht,  die  Quelle  alles 
Segens.  Wohl  können  die  Weisen  nicht  umhin,  der  Anschauung 
der  Bibel  gerecht  zu  werden,  die  Gott  als  den  Kriegshelden,  den 
Herrn  der  Heerscharen  preist  und  rühmt,  aber  mit  ganzem  Herzen 
sind  sie  nur  dort,  wo  sie  des  Herrn  dankbar  gedenken,  der 
Frieden  spendet  und  die  Gaben  des  Friedens  in  reichster  Fülle 
seinem  Volke  verleiht.  Dieser  Bevorzugung  der  Friedensidee  ist 
wohl  die  Unterscheidung  zu  danken,  die  unsere  Talmudweisen 
zwischen  ms:»  nönbö  und  nwin  nianba  machen,  wie  auch  die  aller- 
dings nur  akademische  Bestimmung,  daß  dem  König  nur  mit  Zu- 
stimmung des  großen  Synhedrions  Krieg  zu  führen  gestattet  sei 
(Mischna  Sanh.  I,  1;  H,  3;  Sota  VHI,  3;  Tos.  Er.  III,  6;  Erub.  17^; 
Talmud  Sota  ii^).  Den  Midraschlehrern  ist  der  Krieg  eine  schwere 
Heimsuchung,  ein  Unheil,  das  über  die  Menschheit  hereinbricht: 
pnn  rrny  bv^  pin  'W  bv  nbiyb  K3  ann  (Aboth  V,  8).  Die  Macht  des  Mord- 
verbotes zeigt  sich  auch  in  der  fast  allen  Lehrern  gemeinsamen 
überaus  großen  und  peinlichen  Vorsicht  bei  m^as  '':n.  Es  genüge 
an  dieser  Stelle,  auf  den  Traktat  Sanhedrin  hinzuweisen,  der  in 
den  Abschnitten  4 — 6  Zeugenschaft  ablegt  von  der  Schätzung  des 
Menschenlebens,  die  nach  und  nach  Gemeingut  des  gesamten 
jüdischen  Volkes  geworden  ist.  Auch  der  Ausspruch:  nmnn  p-i"inDD 
psiö  '1  ,r\:\s  wvnv;b  nnx  :-iait<  nnry  p  ^irba  n  ;n'Dbmn  riKipj  rutrr  nnx 
D':'iya  QiH  nn:  ^b  p-nnDD2  i3",i  i"?«  tonüiK  xrpr  '-n  (Makk.  7'^)  ist  nur  in 
einem  Volke  möglich,  das  von  der  Erkenntnis  aufs  tiefste  durch- 
drungen ist,  es  gebe  kein  größeres  Vergehen,  keine  schwerere 
Sünde  als  den  Mord,  das  Blutvergießen. 


XIV 


Geschichte  und  Legende. 

Von  J.  Bergmauu,  Berlin. 

1.  Das  Wort  Legende  kommt  aus  der  Kirche.  Dort  bedeutete 
es  im  Anfang  die  Tageslesung  der  Geistlichen  aus  den  Heiligen- 
geschichten. Ursprünglich  war  die  Legende  die  Erzählung  aus 
dem  Leben  der  Heiligen.  Wir  nennen  heute  Legenden  nicht  nur 
die  Wundergeschichten  und  die  frommen  Erzählungen,  die  einen 
religiösen  Stoff  behandeln,  sondern  bezeichnen  mit  diesem  Namen 
jede  unwahre  Geschichtserzählung  überhaupt. 

Die  Legende  steht  im  Gegensatz  zur  Geschichte.  Denn  die 
Geschichte  will  der  Wahrheit  dienen,  die  Legende  dagegen  ent- 
hält Dichtung  oder  Dichtung  und  Wahrheit  zugleich.  Was  ist 
Geschichte  und  was  gehört  in  das  Reich  der  Legende?  Das  fest- 
zustellen und  zwischen  beiden  unterscheiden  zu  können,  ist  für 
den  Historiker  von  großer  Wichtigkeit. 

Das  erste  Merkmal  der  Legende  ist,  daß  sie  mit  den  als 
historisch  festgestellten  Berichten  nicht  übereinstimmt  oder  etwas 
völlig  Neues  erzählt,  das  in  keiner  Geschichtsquelle  berichtet  wird. 
So  erzählt  die  Geschichte  nichts  von  dem  Schicksal  der  zehn 
Stämme  nach  der  Gefangennahme  durch  den  König  von  Assyrien 
Allein  gerade  dort,  wo  die  Geschichte  aufhört,  stellt  sich  die 
Legende  mit  ihren  Erzählungen  oin.  Die  Legende  versetzt  die 
zehn  Stämme  in  das  ferne  Land  Arzaret  jenseits  des  Eufrat^  oder 
in  das  Land  jenseits  des  wunderbaren  Flusses  Sabbation,  der  alle 
Tage  der  Woche  Steine  mit  sich  zieht  und  am  Sabbat  ruht."  Oder 
sie  erzählt,  daß  ein  Teil  der  zehn  Stämme  in  der  Erde  verborgen  ^ 
oder  in  einer  Wolke  verhüllt  weilt.'  Wenn  am  jüngsten  Tage  die 

1  4.  Esr.  LS,  39  f. 

2  Gen.    r.  73. 

'  Pes.  r.  31,  S.  147". 
<  j.  Sanh.  29°. 


90  J.  Bergmann. 

Stunde  der  Erlösung  schlägt,  dann  steigen  die  Verbannten  aus 
ihrer  Verborgenheit  empor  und  erscheinen  im  heiligen  Lande. 
Die  Erzählungen  von  dem  Schicksal  der  zehn  Stämme  gehören 
in  das  Reich  der  Legende. 

Das  zweite  Merkmal  der  Legende  ist  das  Groteske  und 
Wunderbare.  Die  Legende  ist  Volksspekulation,  das  Volk  aber 
liebt  die  Übertreibung  und  das  Wunder.  Wie  das  erste  Makkabäer- 
buch  berichtet,  haben  die  siegreichen  Makkabäer  das  achttägige 
Weihefest  eingeführt  als  Ersatz  für  das  achttägige  Hüttenfest,  das 
das  Volk  in  der  Zeit  der  Not  nicht  feiern  konnte. ^  Das  könnte 
Geschichte  sein.  In  das  Reich  der  Legende  dagegen  gehört  die 
Erzählung,  das  achttägige  Weihefest  sei  wegen  eines  Wunders  ein- 
gesetzt worden:  Im  Heiligtum  wurde  ein  ölkrüglein  gefunden, 
dessen  geringer  Inhalt  nur  für  einen  Abend  reichen  sollte,  aber 
durch  ein  Wunder  für  acht  Abende  reichte.^  —  Josephus  erzählt, 
vor  dem  Ausbruch  des  Krieges,  der  mit  der  Zerstörung  des 
Tempels  endete,  habe  man  vor  Sonnenuntergang  über  der  ganzen 
Gegend  in  der  Luft  Wagen  und  bewaffnete  Scharen  durch  die 
Wolken  dahineilen  und  Städte  umkreisen  gesehen. ^  Wenn  auc,h 
Josephus  seinen  Bericht  mit  den  Worten  einleitet:  „Was  ich  er- 
zählen will,  könnte  man  für  ein  Märchen  halten,  wäre  es  nicht 
von  Augenzeugen  berichtet,"  so  ist  doch  seine  Erzählung  von  der 
wunderbaren,  unheilverkündenden  Himmelserscheinung  Legende 
und  nicht  Geschichte. 

Das  dritte  Merkmal  der  Legende  ist  ihre  häufige  Wieder- 
holung. Die  gleiche  Legende  wird  von  verschiedenen  Ereignissen 
und  Personen  erzählt  und  kehrt  nicht  nur  bei  demselben  Volke, 
sondern  auch  bei  verschiedenen  Völkern  wieder.  Die  Erzählung 
von  dem  wunderbaren  ölkrüglein  im  Heiligtum  wird  in  der 
jüdischen  Legende  noch  zweimal  wiederholt.  Im  Lehrhause  des 
R.  Jechiel  aus  Paris  war  eine  Öllampe,  die,  an  jedem  Freitagabend 
angezündet,  die  ganze  Woche  ohne  öl  brannte.^  R.  Salomo  Lurja 
hatte  in  seinem  Lehrhause  ein  kleines  Licht,  das  kaum  für  eine 
Stunde  reichen  konnte.  Doch  es  geschah  ein  Wunder:  der  Fromme 
lernte  bei  dem  Lichte  viele  Stunden,  und  es  erlosch  niclit.s    Das 


1  1.  Mkb.  4,  56. 

2  Sabb.  21^ 

3  Jos.  b.  j.  VI,  5,  3. 

*  Schalschelet  hakabbala.  Amsterdam  lfi97,  44''.  Seder  hadorot.  Warschau 
1883,  I,  219. 

■>  Sehern  hagedolim  s.  v.  Salomo  Lurja. 

II 


Geschichte  und  Legende.  9  I 

gleiche  Wunder  wird  auch  in  der  griechischen  Sage  erzählt:  Am 
Bild  der  Athene  auf  der  Akropolis  brannte  eine  Lampe;  „wenn 
sie  mit  Öl  gefüllt  ist,  wartet  man  wieder  bis  zu  demselben  Tag 
übers  Jahr,  und  das  Öl  reicht  aus,  obwohl  die  Lampe  Tag  und 
Nacht  brennt.  "1  —  Als  R.  Samuel,  der  Enkel  des  hohen  R.  Low, 
neben  dem  Großvater  bestattet  werden  sollte,  zog  sich  das  Grab- 
mal des  Großvaters  zurück  und  schuf  Raum  für  den  Enkel.- 
Als  R.  Efraim  Schor  neben  seinem  Freunde  in  die  Erde  gebettet 
wurde,  erweiterte  sich  die  Grabstätte,  damit  der  Fromme  an  dieser 
Stelle  ruhen  könne.  ^  Von  einem  ähnlichen  Wunder  erzählt  auch 
die  christliche  Legende:  Ein  Abt  von  Präneste  wandte  sieh  im 
Grabe  auf  die  Seite  und  schuf  Platz  für  den  toten  Freund,  der 
bei  ihm  beerdigt  werden  sollte.*  Von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert 
wandert  die  Wundererzählung  und  wird  von  m.ehreren  Ereignissen 
und  Personen  bei  demselben  Volke  und  auch  bei  verschiedenen 
Völkern  gleichförmig  erzählt.  Das  aber  gilt  auch  von  der  Legende, 
wo  sie  keine  Wunder  berichtet,  sondern  unwahre  Geschichts- 
erzählung überhaupt  enthält.  Als  Alexander  der  Große  auf  seinen 
Zügen  Jerusalem  berührte,  ging  ihm  der  Hohepriester  Simon  der 
Gerechte  entgegen.  Der  König  stieg  aus  dem  Wagen  und  ver- 
neigte sich  vor  dem  Hohepriester.  Dem  erstaunten  Gefolge  be- 
gründete der  König  sein  Vorgehen  mit  folgenden  Worten:  In  jeder 
Schlacht  sehe  ich  das  Bild  dieses  Hohepriesters  und  trage  den 
Sieg  davon.s  Dasselbe  wird  auch  von  zwei  palästinensischen 
Lehrern  erzählt.  R.  Jona  und  R.  Jose  begrüßten  in  Antiochien 
den  siegreichen  Feldherrn  und  wurden  von  ihm  geehrt  wie  der 
Hohepriester  von  Alexander  dem  Großen  Auf  die  Frage,  warum 
er  den  jüdischen  Lehrern  Ehre  erweise,  erwiderte  er:  In  der 
Schlacht  sehe  ich  die  Erscheinung  dieser  Männer  und  siege. *^  — 
R.  Simon  b.  Jochai  weilte  mit  seinem  Sohne  dreizehn  Jahre  in 
einer  Plöhle,  wo  sie  dem  Thorastudium  oblagen.'  Zwölf  Jahre 
lang  hielt  sich  Moses  Maimonides  in  einer  Höhle  auf,  wo  er  von 
seinem  Lehrer  unterwiesen  wurde.^  —  Von  den  Juden  in  Worms 

1  Pausanias,    Führer  durch   Griechenland  I,  26.    Günter,    Die  christliolio 
Legende  des  Abendlandes.  Heidelberg  1910,  67. 
■^  Grün,  Der  holie  R.  Low.  Prag  1885,  38. 
3  Schftm  hagedolim  hechadasch.  Warschau  1864:,  6". 
*  Günter  a.  a.  O.  10(5  f. 
5  Joma  69'. 
''  j.  Berach.  9  . 

7  Sabb.  33". 

8  Schalschelet  32\ 

III 


92  J.  Bergmann. 

wird  berichtet,  sie  hätten  von  Esra  ein  Sendschreiben  erhalten 
mit  der  Aufforderung,  zu  den  Wallfahrts  festen  nach  Jerusalem 
zu  kommen.  Sie  aber  antworteten,  daß  sie  am  Rhein  ein  neues 
Jerusalem  gegründet  haben  und  von  dem  alten  nichts  mehr  wissen 
wollten.^  Das  gleiche  wird  von  den  Juden  in  Marokko  erzählt,^ 
und  auch  bei  den  Juden  in  Jemen  findet  sich  die  „Überlieferung", 
daß  sie  dem  Rufe  Esras,  nach  Jerusalem  zurückzukehren,  nicht 
folgen  wollten.  Esra  sprach  über  sie  den  Fluch  aus,  sie  möchten 
nie  wieder  nach  Jerusalem  zurückkehren  können.  Darum  war 
der  Name  Esra  bei  den  Juden  in  Jemen  verpönt,  kein  Vater  hat 
diesen  Namen  seinem  Kinde  beigelegt.^  —  Abudraham  und  Elia 
Levita  berichten,  daß  die  Haftara  zur  Zeit  der  syrischen  Religions- 
verfolgung als  Ersatz  für  die  von  Antiochus  verbotene  Thora- 
vorlesung  eingeführt  wurde.*  Ähnliches  erzählt  Jehuda  b.  Barsilai 
vom  Piut:  seine  Einführung  fand  während  einer  Religions Verfol- 
gung statt,  weil  die  Beschäftigung  mit  der  Thora  damals  verl30ten 
wurde.^  In  der  Geschichte  hat  jede  Begebenheit  und  jede  Persön- 
lichkeit ihr  Eigenartiges,  in  ihr  gibt  es  keine  gleichförmige  Wieder- 
holung. Wo  das  Erzählte  gleichförmig  wiederholt  wird,  haben  wir 
Grund,  seine  historische  Wahrheit  zu  bezweifeln.  Freilich  wird 
die  Glaubwürdigkeit  der  erstmaligen  Erzählung  durch  die  häufige 
Wiederholung  nicht  berührt;  „allein  erfahrungsgemäß  kommt  es 
sehr  selten  vor,  daß  wahrhafte  Begebenheiten  in  solcher  Weise 
zu  Wandersagen  werden,  weil  denselben  gewöhnlich  nicht  jener 
anekdotenhafte  oder  romantische  Reiz  innewohnt,  der  die  Phan- 
tasie zur  umdichtenden  Wiedererzählung  reizt."  ^  Was  gleichförmig 
wiederholt  wird,  ist  selten  Geschichte,  sondern  fast  immer  Legende. 
An  drei  Merkmalen  erkennt  man  die  Legende:  sie  stimmt 
mit  den  historischen  Quellen  nicht  überein,  sie  liebt  das  Wunder, 
und  sie  wandert  ruhelos  durch  die  Jahrhunderte  und  Länder 
und  wird  von  mehreren  Ereignissen  und  Personen  in  demselben 
Volke  und  auch  bei  verschiedenen  Völkern  gleichförmig  erzählt. 
Nicht  alles  zwar,  was  die  Legende  erzählt,  ist  erdichtet;  die  Volks- 
phantasie schafft  nicht  aus  dem  Nichts,  sondern  knüpft  an  wirk- 
liche Geschehnisse  und  lebende  Personen  an.  Dennoch  bleibt  die 


1  Grätz  V  \  184,  aus  dem  Maase-Nissim-Buch. 

2  Toledano,  Ner  hamaarabh  I,  5. 

3  Eben  Safir,  Lyk  1866,  I,  99".  Mitt.  zur  jüd.  Volksk.   1914,  1  f. 
*■  Abudraham  63''.  Tischbi  s.  v.  itSD.  —  Zunz,  GV.2,  6. 

5  Sefer  ha  Ittim  252.  Elbogen,  Gottesdienst  282. 

6  Bernheim,  Lehrbuch  der  historischen  Methode,  5.  und  6.  Aufl.,  Leipzig 
1908,  353. 

IV 


Geschichte  und  Legende.  93 

Legende  die  Feindin  der  geschichtlichen  Wahrheit,  denn  sie  deutet 
die  Geschehnisse  um  und  übermalt  die  historischen  Gestalten 
bis  zur  Unkenntlichkeit.  „Die  Legende  ist  in  vieler  Hinsicht  die 
schlimmste,  nie  rastende  Feindin  der  wirklichen  Geschichte.  Man 
kann  sie  der  Schlingpflanze  vergleichen,  die  aufwächst,  wo  nur 
immer  Geschichte  aufwächst.'"  ^  Sehr  vielen  Historikern,  besonders 
denen  aus  der  Rankeschen  Schule,  galt  die  Legende  als  völlig 
wertlos.  Sie  waren  der  Meinung,  der  Historiker,  der  nicht 
unkritisch  sein  will,  müsse  den  Legenden-  und  Sagenstoff  außer 
acht  lassen.  Allein  das  trifft  nicht  in  allen  Punkten  zu.  Auch  der 
Historiker,  besonders  aber  der  Religions-  und  Kulturhistoriker, 
kann  aus  der  Legende  reiche  Belehrung  schöpfen.  Die  Legende 
ist  für  die  Geschichte  keineswegs  völlig  wertlos.  Das  soll  an  der 
jüdischen  Legende  dargetan  werden. 

2.  Wir  kennen  die  griechische  Sage  von  Kadmus,  der  aus 
Phönizien  nach  Griechenland  kam  und  dort  die  Kultur  begründete. 
Das  ist  eine  Sage,  aber  wir  wissen,  daß  sie  eine  zutreffende 
historische  Erinnerung  aufbewahrt  und  eine  Wahrheit  ausspricht: 
die  Wahrheit,  daß  die  phönizischen  Kaufleute  mit  ihren  Waren 
auch  Kulturwerte  nach  Griechenland  gebracht  haben.  Solche 
Wanderungslegenden  kennt  auch  die  christliche  Kirche.  Der 
Apostel  Andreas,  der  mit  seinen  Schülern  in  das  Land  der 
Cadarener  gehen  wollte,  kam  ans  Meer.  An  der  Küste  erschien 
ihm  ein  Seeungetüm,  das  einst  den  Propheten  Jona  verschlungen 
hat,  und  verschlang  den  Apostel  mit  seinen  Schülern  und  trug 
sie  in  drei  Tagen  in  das  Land  der  Cadarener,  wo  sie  die  neue 
Lehre  verkündeten.-  So  führte  eine  wunderbare  Fügung  das 
Christentum  in  das  Land  der  Cadarener,  und  eine  wunderbare 
Fügung  brachte  es  auch  nach  Frankreich.  Nach  einer  Verfolgung 
in  Jerusalem  setzten  sich  viele  christliche  Flüchtlinge  auf  ein 
Schiff,  das  ohne  Steuermann  und  Kapitän  nach  Marseille  fuhr. 
Einer  der  Flüchtlinge  wurde  Bischof  in  Marseille  und  ein  zweiter, 
Maximinus,  in  Aix.^  Ähnlich  erzählt  auch  die  jüdische  Legende, 
wie  das  Talmudstudium  von  Babylon  ausgehend,  durch  eine 
wunderbare  Fügung  in  andere  Länder  gelangte.  Vier  jüdische 
Gelehrte  aus  Babylon  fuhren  nach  dem  Auslande,  um  Gelder  für 
die  Erhallung  der  Lehrhäuser  zu  sammeln.  Das  Schiff,  auf  dem 
sie    fuhren,    wurde    von    dem  Admiral    des  Kalifen  Abdurrahman 

»  Harnack,  Reden  und  Aufsätze.  Giessen  1904,  I,  4. 

2  Lipsius,  Die  apokryphen  Apostellegenden.  Braunschweig  1884,  II o.  77. 

3  Gallia  ohristiana  I,  301. 


94  J.  Bergmann. 

gekapert,  und  die  Gelehrten  wurden  als  Gefangene  nach  Nord- 
afrika und  Europa,  unter  anderem  auch  nach  Spanien,  gebracht, 
wo  sie  das  Talmudstudium  zu  neuer  Blüte  führten.^  Gleich  dem 
Talmudstudium  wurde  auch  die  jüdische  Mystik  durch  eine 
wunderbare  Fügung  nach  dem  Abendlande  getragen.  Abu  Aharon 
aus  dem  Hause  Joab  hat  sie  aus  dem  Lande  Bagdads  nach  Italien 
verpflanzt.  Von  seinem  Vater  wegen  eines  Vergehens  auf  drei 
Jahre  ins  Exil  gesandt,  kam  Abu  Aharon  nach  Joppe,  bestieg 
dort  ein  Schiff  und  versprach  den  Schiffern  eine  ruhige  und 
sichere  Fahrt.  In  ganz  kurzer  Zeit  legten  sie  den  weiten  Weg 
nach  Italien  zurück:  noch  in  derselben  Nacht  kamen  sie  nach 
Gaeta,  wo  Abu  Aharon  einen  Mann  aus  dem  Geschlechte  des 
Kalonymos  in  die  Kabbala  einführen  konnte.-  Wie  in  der  Kadmus- 
sage  ist  auch  in  den  beiden  jüdischen  Legenden  eine  zutreffende 
historische  Erinnerung  aufbewahrt:  die  Juden  in  Nordafrika  und 
Spanien  haben  in  ihrem  Talmudstudium  an  die  babylonischen 
Lehrhäuser  angeknüpft  und  von  dort  Belehrung  empfangen;  die 
Mystik  ist  vom  Morgenlande  ausgegangen  und  zu  den  Juden  des 
Abendlandes  gelangt.  Wie  in  diesen  beiden  Legenden,  so  i3t 
auch  in  anderen  eine  lieschichtliche  Wahrheit  enthalten.  Als  Auf- 
bewahrerin  historischer  Erinnerungen  gehört  die  Legende  zur 
Geschichte. 

3.  Noch  nach  einer  anderen  Richtung  hin  hat  die  Legende 
Wert  und  Bedeutung  für  die  Geschichte.  Wie  das  Kind  das  Neue 
und  Große  in  der  Welt  staunend  betrachtet,  so  betrachtet  auch 
das  Volk  mit  Bewunderung  das  Große  und  Gewaltige,  das  sich 
in  der  Geschichte  ereignet.  Die  Legende  fixiert  den  Eindruck, 
den  das  Volk  von  den  großen  Männern  und  ihren  Werken  emp- 
fangen hat;  sie  ist  die  Stimme  und  das  Urteil  des  Volkes  über 
seine  Helden  und  ihre  Schöpfungen. 

An  dem  Tage,  an  dem  Sixtus  V.  zum  Papste  gewählt  wurde, 
warf  er  die  Krücken  von  sich  und  ging  von  jetzt  an  frei.  In  einem 
treffenden  Bilde  zeichnet  hier  die  christliche  L-^gende  den  Gegen- 
satz zwischen  dem  Kardinal  und  dem  Papst:  Als  Kardinal  war 
Sixtus  V.  zurückhaltend  und  vorsichtig,  als  Papst  selbständig  und 
energisch. 3  Von  R.  Eleasar  b.  Asarja  erzählt  die  jüdische  Legende, 
er    sei   im    achtzehnten    Lebensjahre    zum   Oberhaupte    des    Lehr- 


1  Sefer  hakabbala  von  Abraham  b.  David  bei  Neubauer,  Mediaeval  Jewish 
Chronicles.  London   1887,  I,  67  f.,.  vgl.  auch   Eppenstein  in  MGWJ.   1911,  324  ff. 

2  REJ.   1891,   2.30!. 

2  Harnack,  a    a.  O.  l-l. 

VI 


Geschfehte  und  Legende.  95 

hauses  erwählt  worden.  Da  geschah  ihm  ein  Wunder:  über  Nacht 
wuchs  ihm  weißes  Haar,  damit  er  ehrwürdig  aussehe.*    In  dieser 
Legende  wird  ein    zutreffendes  Urteil    über  den  Patriarchen    aus- 
gesprochen:   In  jungen  Jahren    zur  höchsten  Würde  gelangt,    hat 
Eleasar    b.   Asarja   im    Amte    die  Weisheit   und   Lebenserfahrung 
eines  Greises  bekundet  und  bei  dem  Volke  Verehrung  gefunden. 
Der  Kaiser  Julian,  der  sich  gegen  das  Christentum  aufgelehnt 
hatte,  soll,  auf  dem  Schlachtfelde  sterbend,  ausgerufen  haben:  Du 
hast  gesiegt,  Galiläer!  Für  seine  Entdeckung  zum  Tode  verurteilt, 
soll  Galilei  das  Wort  gesprochen  haben:  Und  sie  (die  Erde)  be- 
wegt sich  doch!  Beide  Worte  sind  nicht  historisch.  Allein  in  ihnen 
wii-d  der  Charakter  und  das  Streben  der  beiden  Männer  treffend 
beurteilt:  Die  Auflehnung  des  Kaisers  hat  sich  als  vergeblich  er- 
wiesen,   die    Wahrheit    Galileis    ist    siegreich    geblieben.     In    eine 
Thorarolle  gehüllt,  wurde  R.  Chanina  b.  Teradjon  auf  den  Scheiter- 
haufen gelegt.  Den  in  den  Flammen  verklärt  aufblickenden  Lehrer 
fragten  die  Schüler:  Meister,  was  siehst  du?    Er  antwortete:  Das 
Pergament  wird  verbrannt,  aber  die  Buchstaben  fliegen  auf.^  Das 
ist  Legende:   daß  der  für  die  Verbreitung  der  Lehre  zum  Feuer- 
tode Verurteilte  im  Beisein  des  römischen  Henkers    noch    lehren 
durfte    und    aus   den  Flammen   heraus   mit  seinen  Schülern  noch 
Gespräche  führen  konnte,  muß  bezweifelt  werden.   Diese  Legende 
aber  enthält  das  Urteil  des  Volkes  über  das  vergebliche  Beginnen 
der  Römer:  die  Buchstaben  fliegen  auf,  der  Geist  kann  nicht  ver- 
brannt und  die  Wahrheit  nicht  getötet  werden.    -    Als  R.  Akiba  den 
Märtyrertod  starb,  soll  er  zu  seinen  Schülern  gesagt  haben:  Alle 
meine  Tage  grämte  ich  mich  wegen  des  Schriftwortes:  „Du  sollst 
lieben   den  Ewigen  deinen  Gott  mit  ganzer  Seele^   auch  wenn  er 
dir   die  Seele   nimmt.    Denn   ich   dachte:    Wann   werde   ich   dieses 
Wort  erfüllen   können?  Und  nun,  da  ich  es  erfüllen  kann,  sollte 
ich  es  nicht  tun?^  Diese  Legende  hält  den  Eindruck  fest,  den  das 
Volk   von   der  Heldengestalt  R.  Akibas  empfangen  hat:    R.  Akibn 
hat  seinem  Volke  Begeisterung  und  Opferfreudigkeit  gekündet  und 
sie  bis  zum  letzten  Atemzuge  auch  sell)er  bewährt. 

Als  Attila  vor  Rom  lag,  zog  der  römische  Bischof  Leo  I., 
von  seinen  Priestern  umgeben,  zum  Hunnenkönig  hinaus,  um  ihn 
zu  beschwören,  daß  er  die  Stadt  nicht  vernichte.  Während  er  zu 

1  Berach.  28". 

J  Ab.  z.  18'.  Schocher  tob  zu  Ps.  9,  13.  Nach  Semachot  8  sprarh  R  Chanina 
das  Wort  nicht  zu  den  Schiilorn,  sondern  zu  seiner  Tochter, 
s  Berach.  61''. 

VII 


96  J.  Bergmann. 

Attila  redete,  sah  dieser  die  Apostel  Petrus  und  Paulus  mit  ge- 
zückten Schwertern  neben  dem  Papste  stehen.  Im  tiefsten  er- 
schreckt, gab  Attila  Befehl  zum  Rückzüge.^  Diese  christliche  Legende 
will  aussprechen,  welch  überragende  Persönlichkeit  Leo  I.  gewesen, 
und  zugleich  das  moralische  Übergewicht  des  Papstes  über  den 
Barbarenkönig  verherrlichen.  Ähnlich  bringt  auch  die  jüdische 
Legende,  die  von  der  Begegnung  zwischen  dem  Hohepriester  Simon 
dem  Gerechten  und  Alexander  dem  Großen  erzählt,-  zum  Aus- 
druck, welch  ehrfurchtgebietende  Persönlichkeit  Simon  der  Gerechte 
gewesen:  vor  diesem  ehrwürdigen  Diener  Gottes  hätten  sich  selbst 
Welteroberer  verneigen  dürfen. 

Eine  jüdische  Legende  aus  dem  Mittelalter  berichtet,  Ari- 
stoteles sei  von  Geburt  Jude  gewesen  oder  er  habe  die  Wahrheit 
der  jüdischen  Religion  erkannt  und  sei  in  das  Judentum  aufge- 
nommen worden. 3  Das  ist  gewiß  Legende  und  nicht  Geschichte, 
allein  wer  da  weiß,  in  welchem  Maße  Aristoteles  von  den  Juden 
im  Mittelalter  verehrt  wurde  und  wie  seine  Gedanken  in  den 
jüdischen  Lehrhäusern  gelehrt  und  auf  den  jüdischen  Kanzeln  ge- 
predigt wurden,  wird  zugeben  müssen,  daß  diese  Legende  in 
höherem  Sinne  eine  Wahrheit  ausspricht:  Aristoteles  wurde  mit 
seinen  Ideen  in  der  Tat  in  das  Judentum  aufgenommen  und  seine 
Gedankenwelt  für  jüdisch  erklärt. 

Die  Legende  enthält  das  Urteil  des  Volkes  nicht  nur  über 
die  großen  Männer,  sondern  auch  über  ihre  Schöpfungen,  deren 
Wert  und  Bedeutung  sie  fixiert.  Eine  Legende  erzählt:  Am  8.  Tebet 
wurde  die  Thora  unter  der  Regierung  des  Ptolemäus  ins  Griechische 
übergetragen,  da  kam  über  die  Welt  eine  Finsternis  drei  Tage 
lang.*  Hier  wird  die  griechische  Bibelübersetzung  verurteilt,  die 
dem  Geiste  des  heiligen  Buches  nicht  überall  gerecht  geworden 
und  den  Gegnern  die  Waffen  zur  Bekämpfung  der  jüdischen  Lehre 
geliefert  hat.  —  Bevor  Raschi  seinen  Kommentar  zur  Thora  schrieb, 
fastete  er  613  Tage.  Nach  der  Vollendung  des  Werkes  erschien 
ihm  Mose  und  rief  ihm  zu:  Heil  dir!^'  In  der  Nacht,  in  der  Mai- 
monides  sein  Werk  „Mischne  Thora"  vollendete,  hatte  er  ein  wunder- 
bares Traumgesicht:    Im  Traume    sah  er  den  Vater  und  an  des 


1  Harnack,  a.  a.  O.  14. 

2  Joma  69". 

3  Seder   hadorot  I,    135;    Horovitz,    Die  Stellung   des  Aristoteles   bei   den 
Juden  des  Mittelalters,  Leipzig  1911,  4. 

*  Meg.  Taan.  g.  E. 

5  Sehern  haged.  s.  v.  Raschi. 

VIII 


Geschichte  und  Legende.  97 

Vaters  Seite  den  Propheten  Mose,  der  Maimonides  zurief:  Deine 
Kraft  erneuere  sichl^  Was  wollen  diese  beiden  Legenden  anderes 
aussprechen,  als  daß  Raschis  Kommentar  —  im  wahren  Sinne  des 
Wortes  ein  Volksbuch  —  zur  Verbreitung  der  Thorakenntnis  und 
das  Werk  des  Maimonides  zur  Festigung  der  jüdischen  Lehre  bei- 
getragen haben.  Beide  Männer  verdienten  den  Beifall  des  Propheten, 
dessen  Lehre  sie  im  Herzen  des  Volkes  befestigt  haben. 

4.  Aus  der  Legende  erfahren  wir,  welchen  Eindruck  das 
Volk  von  seinen  Helden  und  ihren  Schöpfungen  empfangen,  aber 
auch  wie  es  über  die  Geschehnisse  der  Vergangenheit  gedacht 
hat.  Als  der  Tempel  in  Flammen  stand,  so  erzählt  eine  Legende, 
stiegen  die  jungen  Priester  auf  das  Dach  des  Tempels,  warfen  den 
Schlüssel  zum  Himmel  empor  und  riefen :  Herr  der  Welt,  wir  sind 
nicht  würdig,  deine  Verwalter  zu  sein  und  geben  dir  die  Schlüssel 
wieder.-'  Bei  diesen  Worten  langte  eine  Hand  vom  Himmel  nach 
den  Schlüsseln  herunter.  Das  Volk  fragt:  Warum  hat  Gott  sein 
Heiligtum  den  Feinden  preisgegeben?  Wessen  Schuld  hat  das 
Heiligtum  zerstört?  Und  das  Volk  antwortet:  Der  Priester  Schuld 
hat  das  Heiligtum  entweiht  und  ihm  das  Daseinsrecht  entzogen. 
Wer  aus  der  Geschichte  die  Zustände  in  der  Priesterschaft  während 
der  letzten  Jahrzehnte  des  zweiten  Tempels  kennt  (die  Legende 
von  den  Schlüsseln  des  Heiligtums  ist  nach  der  Zerstörung  des 
zweiten  Tempels  entstanden),  wird  zugeben,  daß  das  in  der  Legende 
ausgesprochene  Urteil  wohl  begründet  ist:  Wir  (Priester)  sind  nicht 
würdig,  deine  Verwalter  zu  sein. 

Die  Legende  enthält  die  Geschichtsphilosophie  des  Volkes. 
Ist  die  Weltgeschichte,  wie  ein  griechischer  Weiser  einmal  meinte, 
ein  launenhaftes  Spiel,  das  die  Götter  mit  Völkern  und  Menschen 
treiben,  oder  ist  sie,  wie  die  jüdischen  Propheten  verkündeten, 
das  Walten  eines  gerechten  Gottes?  Dem  jüdischen  Volke  erschien 
die  Geschichte  als  das  Walten  eines  gerechten  Gottes,  der  den 
Übermut  des  Bedrängers  straft  und  das  Recht  des  Bedrängten 
zum  Siege  führt.  Das  erfahren  wir  aus  der  Legende.  Nebukadnezar, 
der  das  Heiligtum  zerstörte,  verfiel,  wie  die  Legende  erzählt,  dem 
Wahnsinn  und  lebte  wie  ein  wildes  Tier.''  Antiochus  Epiphanes 
wollte  Jerusalem   zum  Totenacker  der  Juden  machen,   doch  Gott 


'  Seder  hadorot  1,  206. 

-  Taan.  29'.  Tes.  r.  131"  werden  die  Schlüssel  von  dem  Hohepriester,  Lev. 
r.  19  von  Jechonja  zum  Himmel  emporgeworfen. 
3  Dan.  4. 
Festschrift.  7 

IX 


98  J.  Bergmann. 

schlug  ihn  mit  einer  qualvollen,  todbringenden  Krankheit.'  Nach- 
dem Titus  das  Allerheiligste  entweiht  hatte,  spottete  er  über  die 
Ohnmacht  Gottes;  da  sandte  Gott  eine  Mücke,  und  das  kleinste 
von  Gottes  Geschöpfen  genügte,  um  den  Übermut  des  Eroberers 
zu  Strafen.^  Jezdigerd,  der  König  von  Persien,  der  über  die  Juden 
eine  Religionsverfolgung  verhängte,  wurde  in  seinem  Schlafgemach 
von  einem  Drachen  verschlungen/^  So  läßt  die  Legende  über  alle 
Bedränger  Israels  das  Strafgericht  Gottes  kommen. 

In  ihr  gelangt  der  fromme  Glaube  des  Volkes  zum  Ausdruck: 
den  Bedrängten  schafft  Gott  Recht,  in  der  Not  sendet  er  seine 
Boten  und  hilft  den  Verfolgten.  Als  die  Schlacht  zwischen  Judas 
Makkabäus  und  Timotheus  heftig  entbrannte,  erschienen  vom 
Himmel  fünf  herrliche  Männer  auf  goldgezäumten  Rossen  und 
stellten  sich  an  die  Spitze  der  Juden.  Sie  schleuderten  Geschosse 
und  Donnerstrahlen  gegen  die  Feinde  und  warfen  sie  nieder.^ 
Ptolemäus  IV.  Philopator  wollte  die  Juden  seines  Landes  ver- 
nichten und  ließ  sie  in  die  Rennbahn  schleppen,  wo  sie  von  den 
Elephanten  zertreten  werden  sollten.  Da  stiegen  vom  Himmel  zwei 
Engel  herab  und  stellten  sich  dem  in  der  Rennbahn  versammelten 
Heere  des  Königs  entgegen,  sie  erfüllten  es  mit  Furcht  und  be- 
wirkten, daß  die  Feinde  sich  nicht  bewegen  konnten.  Die  Ele- 
phanten wandten  sich  gegen  die  Truppen  des  Königs  und  zertraten 
sie.^  Der  palästinensische  Lehrer  Eleasa  sagte  zu  einem  Römer 
Philippus:  So  oft  ihr  sitzet  und  Pläne  schmiedet,  um  Israel  zu 
verderben,  zerstört  Gott  euren  Plan.  Darauf  erklärte  der  Römer: 
Bei  deinem  Leben  so  ist  es!  In  jedem  Jahre  wollen  wir  euch  ver- 
nichten, aber  jedesmal  kommt  ein  Greis  und  zerstört  unseren 
Plan.*^  Auf  dem  Reichstag  zu  Warschau  sollte  beschlossen  werden, 
die  Juden  für  vogelfrei  zu  erklären,  zu  berauben  und  auszuweisen 
oder  zu  töten.  Da  erhob  sich  in  der  Versammlung  ein  Mann  und 
sprach:  Ich  erlaube  es  nicht.  Da  die  erforderliche  Einstimmigkeit 
fehlte,  fiel  der  Antrag.  Als  ein  polnischer  Edelmann  dies  einem 
befreundeten  Juden  mitteilte,  rief  der  Jude  aus:  Der  Mann,  der 
das  Veto  eingelegt  hat,  war  der  Prophet  Elia,  der  von  uns  in  der 


»  2.  Mkb.  <»,  3  f. 

2  Gittin  56"'. 

3  Scherirabrief  hei  Neubauer  a.  a.  O.  I,  .S4. 

4  2.  Mkb.  10,  29  f. 
'"  3.  Mkb.  6,  16  t. 

6  Schoch.  tob.  zu  Ps.  9,  9. 


X 


Geschichte  und  Legende.  99 

höchsten  Not  unverschuldetes  Unheil  abwendet. ^  Als  die  Juden  in 
Worms  unschuldig  angeklagt  wurden  und  getötet  werden  sollten, 
erschienen  zwei  unbekannte  Männer  und  nahmen  die  Schuld  auf 
sich  und  erretteten  die  Gemeinde  aus  der  Not.^  Zur  Zeit  der 
Judenverfolgungen  im  Jahre  1096  sahen  die  Leute  in  Metz  durch 
die  Judengasse  drei  Greise  gehen,  die  Gott  verherrlichten.  R.  Simon, 
das  Oberhaupt  der  Gemeinde,  erklärte,  es  seien  die  drei  Erzväter 
gewesen,  die  die  Juden  vor  den  Verfolgern  gewarnt  und  der  Ge- 
meinde Hilfe  gebracht  haben.'  Die  Zahl  der  Legenden,  die  von 
Gottes  wunderbarer  Hilfe  erzählen,  ist  Legion.  Sie  ist  fast  so  groß 
wie  die  Zahl  der  blutigen  Verfolgungen  und  schweren  Prüfungen, 
von  denen  das  jüdische  Volk  heimgesucht  wurde.  „Siehe,  es  schläft 
und  schlummert  nicht  der  Hüter  Israels",  das  ist  die  Geschichts- 
philosophie des  Volkes  und  der  Glaube,  zu  dem  es  durch  alle 
Leiden  sich  durchgerungen  hat. 

5.  Der  eigentliche  Wert  der  Legende  besteht  darin,  daß  sie 
uns  zur  Erkenntnisquelle  für  die  religiösen  und  ethischen  Ge- 
danken des  Volkes  wird.  In  jeder  Religionsgemeinschaft  besteht  ein 
Unterschied  zwischen  den  geläuterten  religiösen  Ansichten  der 
geistigen  Oberschicht  und  dem  schlichten  Glauben  des  Volkes. 
Die  Lehrer  des  Judentums  haben  sich  zwar  nie  in  aristokratischer 
Entfremdung  dem  Volke  ferngehalten,  das  ^odi  profanum  vulgus" 
war  ihr  Wahlspruch  nicht.  Sie  haben  vielmehr  mit  dem  Volke 
gelebt  und  gefühlt  und  die  Lehre  zu  seinem  Lebensquell  gemacht. 
Im  Judentum  war  die  Lehre  nie  der  ausschließliche  Besitz  einer 
Gelehrtenkaste,  sondern  „das  Erbe  der  Gemeinde  Jakobs",  das 
Gemeingut  des  ganzen  Volkes.  Trotzdem  gab  es  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  Unterschiede  zwischen  dem  religiösen  Denken  der 
geistigen  Führer  und  dem  Glauben  des  Volkes.  Das  Denken  der 
geistigen  Führer  erkennen  wir  aus  ihren  Werken,  den  Glauben 
des  Volkes  dagegen  aus  der  Legende. 

Das  Volk  glaubt  an  Engel  und  Dämonen.  Es  erzählt  in  der 
Legende  von  Engeln,  die  den  Menschen  in  der  Not  helfen,  und 
von  Dämonen,  die  den  Menschen  Schaden  zufügen  Avollen.  Die 
palästinensischen  Lehrer  haben  zwar  die  Dämonenaustreibung  be- 
kämpft und  von  den  Exorzisten  gesagt,  daß  sie  keinen  Anteil  an 


1  Bloch  in  der  Zeitschrift  der  historischen  Gesellschaft  für  die  Provinz 
Posen  VI,  466  f.  Knoop,  Sagen  und  Erzählungen  aus  der  Provinz  Posen,  Posen 
18113,  312. 

2  Kuttner,  Jüdische  Sagen  und  Legenden,  III,  69  aus  Sefer  Mnasc  Adonai. 

3  Seder  hadorot  I,  196. 

7* 
XI 


100  J.  Bergmann. 

der  zukünftigen  Welt  haben  werden.  Trotzdem  vermochten  sie  den 
Dämonenglauben  nicht  völlig  auszurotten.  Die  Legende  berichtet 
von  einzelnen  Frommen,  daß  sie  die  Gewalt  über  die  Geister  hatten. 
R.  Simon  b.  Jochai  sprach  zu  dem  Dämon,  der  in  die  Kaisers- 
tochter fuhr:  Ben  Talmion,  weiche!  Und  der  Dämon  fuhr  aus  dem 
Körper  der  Kranken. i  Chanina  b.  Dosa  verbot  der  Dämonin  Agrat 
b.  Machlat,  in  bewohnten  Gegenden  umherzustreifen,  und  die  Dä- 
monin fügte  sich  in  das  Verbot.^  Acha  b.  Jakob  besiegte  den 
Dämon  durch  sein  Gebet. ^  Chanina  b.  Papa  überwand  den  Herrn 
der  Geister  mit  Hilfe  eines  Bibelverses.'*  Dem  Satan,  der  ihm  den 
Weg  versperrte,  rief  Abraham  zu:  „Möge  dich  Gott  bedrohen, 
Satan!"  Zach.  3,  2.  Und  der  Weg  wurde  frei.^ 

Das  Volk  kann  nicht  glauben,  daß  auch  seine  Helden  dem 
allgemeinen  Menschenlos  unterliegen  und  sterben  und  verwesen. 
Die  Legende  erzählt:  Neun  sind  lebend  in  das  Paradies  eingegangen, 
ohne  den  Tod  geschmeckt  zu  haben ;^  sieben  hat  der  Wurm  nicht 
berührt,  und  sie  sind  der  Verwesung  nicht  anheimgefallen.^  Die 
Frommen  schlafen  in  ihren  Gräbern  und  nehmen  an  allen  Vor- 
gängen des  Lebens  teil.  Sie  erscheinen  den  Lebenden  und  warnei 
sie  und  helfen  ihnen  in  der  Gefahr''  und  lösen  ihre  Zweifel,-'  oder 
die  Lebenden  pilgern  zu  den  Gräbern  der  Frommen  und  heischen 
dort  Entscheidung  im  Streite  und  im  Zweifel.  ^"^  Das  Volk  glaubt, 
daß  die  Frommen  in  den  Gräbern  die  Gebete  der  Lebenden  hören, 
darum  betet  es  an  den  Gräbern  um  Regen  zur  Zeit  der  Dürre 
und  zur  Zeit  des  Erdbebens  um  Rettung. '^  Der  Sohn  eilt  in  der 
Not  auf  das  Grab  des  Vaters  und  findet  Hilfe, ^^  und  das  Volk 
zieht  zu  den  Gräbern  der  Erzväter  und  wird  erhört.  ^^  So  werden 
die  Gräber  der  Frommen  des  Volkes  Heiligtum,  das  die  Legende 
pietätvoll  mit  den  Blüten  der  Phantasie  schmückt.  Über  dem  Grabe 


I  Meila  17\ 

-  Pesachim  112''. 

3  Kidduschin  29^ 

4  j.  Pea  21";  j.  Schek.  49". 

5  B.  H.  I,  37. 

6  Derech  erez  zutta  1. 

7  Baba  bathra  17'. 

8  Seder  had.  I,  221.    Sehern  haged.  s.  v.  Mose  Alschieh. 

9  Moöd  kat.  28". 

10  Berach.  18";  Baba  kamma  117'';  Baba  mez.  84". 

II  Luncz,  Palästina- Almanach  VII,  9;  X,  13. 
12  Taan.  23". 

i^  Frankl,  Nach  Jerusalem  II,  474  f. 


XII 


Geschichte  und  Legende.  101 

des  Propheten  Arnos  schwebt  in  der  Nacht  ein  großes  Licht,  über 
dem  Grabe  Zefanjas  lagert  ständig  eine  Wolke,  und  aus  den 
Gräbern  Ezechiels  und  Esras  steigt  in  der  Nacht  eine  Feuersäule 
empor.  1 

Das  Volk  glaubt,  daß  den  Tieren  ein  höherer  Instinkt  eignet, 
der  sie  das  Göttliche  ahnen  läßt  und  zu  verehren  zwingt.  Die 
Raben  bringen  dem  Propheten  Elia  Nahrung,  die  Löwen  fügen 
Daniel  kein  Leid  zu,  und  die  wilden  Tiere,  die  die  Tore  des  ägypti- 
schen Königspalastes  bewachen,  versammeln  sich  um  Mose  und 
Aron  und  lecken  die  Füße  der  Frommen.-  Die  Adler  breiten  ihre 
Schwingen  über  den  Leichnam  Davids  aus,  die  Vögel  des  Himmels 
bestatten  die  Leiche  Abels,  und  die  Löwen  hüten  das  Grab 
Zipporas.^  Eine  Schlange  bewacht  das  Haus  eines  frommen  Wall- 
fahrers und  die  Grabeshöhle  des  R.  Simon  b.  Jochai."* 

Die  Männer  der  Vorzeit  wachsen  in  der  Vorstellung  des 
Volkes,  die  Vergangenheit  erscheint  ihm  glorreicher  als  die  Gegen- 
wart. Trotzdem  wird  Gott  nicht  ausschließlich  zum  Gotte  der 
Väter  und  der  Vergangenheit.  Im  Volke  lebt  vielmehr  der  Glaube, 
daß  die  himmlische  Offenbarung  fortwirkt.  ,Seit  dem  Tode  der 
letzten  Propheten  Haggai,  Zacharja  und  Maleachi  ist  der  heilige 
Geist  von  Israel  gewichen,  und  man  bediente  sich  von  jetzt  an 
der  Himmelsstimme". ^  Die  Himmelsstimme  tritt  an  die  Stelle  des 
Sehers  und  bringt  Kunde  von  einem  Ereignis,  das  sich  in  der 
Ferne  abgespielt  hat.  So  hörte  Simon  der  Gerechte  im  Aller- 
heiligsten  die  Himmelsstimme  rufen:  Vereitelt  ist  der  Plan  der 
Feinde,  die  das  Heiligtum  zerstören  wollten;  Kaligula  ist  getötet 
und  sein  Dekret  aufgehoben  worden.*'  Gleich  den  Propheten  ver- 
kündet die  Himmelsstimme  das  drohende  Unheil  und  weist  die 
Menschen  in  ihre  Schranken.  Am  Pfingstfeste,  so  berichtet  Josephus, 
vernahmen  die  Priester  im  inneren  Heiligtum  den  tausendfachen 
Ruf:  Laßt  uns  von  hinnen  ziehen!^  Nach  dem  Tode  des  R.  Eleasar 
aus  Modim  erging  an  Barkochba  eine  Himmelsstimme:  Du  hast 
Eleasar  getötet,  der  Israels  Arm  und  rechtes  Auge  gewesen;  so 
wird  auch   dein  Arm  verdorren  und  dein  rechtes  Auge  sich  ver- 

1  Luncz  a.  a.  ü.  VIII,  6;  Rundreise  des  R.  Petachja  aus  Regensburg 
ed.  Grünhut  I,  16,  18. 

2  Jalk.  Ex.  181. 

ä  Rut  r.  zu  1,  17;  Gen.  r.  22;  Luncz  a.  a.  O.  XI,  5. 

*  Schir  r.  zu  7,  2;  Baba  mez.  84''. 

=  Joma  9''. 

8  Schir  r.  zu  8,  10. 

■<  b.  j.  IV,  6,  3. 

XIII 


102  J.  Bergmann. 

dunkeln.^  Als  Jonathan  b.  Usiel  auch  die  Hagiographen  übersetzen 
wollte,  gebot  ihm  die  Himmelsstimme:  Es  ist  genug!'-  Die  Himmels- 
stimme bezeugt  die  Größe  und  das  Verdienst  des  Frommen.  Wie 
im  Evangelium  eine  Stimme  vom  Himmel  Jesus  zuruft:  „Du  bist 
mein  lieber  Sohn,  an  dem  ich  Wohlgefallen  habe",^  so  erzählt 
auch  die  jüdische  Legende,  vom  Berge  Horeb  gehe  Tag  für  Tag 
eine  Himmelsstimme  aus,  die  den  Menschen  verkündet:  Die  ganze 
Welt  wird  um  meines  Sohnes  Chanina  willen  gespeist.*  Als  die 
Mutter  mit  ihren  Söhnen  den  Märtyrertod  starb,  rief  die  Himmels- 
stimme: „Fröhliche  Mutter  der  Kinder"  Ps.  113,  9.^  Bei  dem  Tode 
R,  Akibas  verkündete  sie:  Heil  dir,  Akiba,  denn  du  bist  für  das 
Leben  der  zukünftigen  Welt  bestimmt.''  Als  der  Henker  des 
R.  Chanina  b.  Teradjon,  von  der  Seelengröße  des  Märtyrers  hin- 
gerissen, in  die  Flammen  sich  warf,  ließ  eine  Himmelsstimme  sich 
vernehmen:  Chanina  und  sein  Henker  sind  für  das  Leben,  der 
zukünftigen  Welt  bestimmt."  Auch  in  späterer  Zeit  verstummt  die 
Himmelsstimme  nicht.  Sie  verkündet  dem  Vater  Raschis:  Dir  wird 
ein  Sohn  geboren  werden,  der  Israel  erleuchten  wird.''  Sie  beant- 
wortet R.  Jakob  dem  Frommen  aus  Marvege  die  religionsgesetz- 
lichen  Fragen,  die  er  an  den  Himmel  richtet;  seine  Fragen  und 
die  Antworten,  die  er  erhalten  hat,  finden  sich  in  dem  Werke: 
Die  Responsen  vom  Himmel  auf  die  Fragen  des  R.  Jakob  aus 
Marvege.^  Wie  die  christliche  Legende  die  schönsten  Hymnen  und 
Gebete  auf  Himmelsoffenbarungen  zurückführt, i"  so  erzählt  auch 
die  jüdische  Legende  von  dem  Gebete  „Baruch  scheamar":  es  fiel 
ein  Brief  vom  Himmel,  in  dem  diese  Lobpreisung  aufgeschrieben 
stand. ^1  Zuweilen  wurde  die  himmlische  Offenbarung  den  Frommen 
im  Traume  zuteil  oder  durch  einen  Engel  vermittelt  Im  Traume 
wurde  Chanina  b.  Papa  wegen  einer  falschen  religionsgesetzlichen 
Entscheidung  getadelt. ^^  R.  Elieser  b.  Nathan  und  R  David  b.  Zimra 


1  j.  Taan.  68";  Echa  r.  zu  2,  2. 

2  Meg.  3\ 

3  Mc.  1,  11. 

*  Berach.  1". 

5  Gittin  67*. 

6  Berach.  61\ 

7  Ab.  z.  18*. 

8  Seder  had.  I,  198. 

9  Sehern  haged.  s.  v.  Jakob  hechasid.  Groß,  Gallia  judaica  364. 
i"  Günter  a.  a.  O.  92. 

11  in  pn  zu  Schulchan  Aruch,  Urach  chajim  61,  1. 
«  j.  Moed  kat.  83\ 


XIV 


Geschichte  und  Legende.  103 

empfingen  im  Traume  die  Offenbarung,  daß  sie  in  einer  Frage 
falsch  entschieden  haben. i  Saadia  wollte  wissen,  wie  viel  Buch- 
staben die  Thora  enthält.  Da  kam  ein  Engel  und  offenbarte  es  ihm.^ 

Das  Volk  steht  ehrfurchtsvoll  vor  seinen  Helden  und  fragt: 
Woher  kommen  ihre  Geistesgaben?  Seine  Antwort  lautet:  Die 
Geistesgaben  der  großen  Männer  sind  ein  Geschenk  des  Himmels. 
Die  griechische  Sage  erzählt,  Äschylos  sei  einmal  als  Knabe  auf  dem 
Felde  eingeschlafen.  Da  kam  zu  ihm  der  Gott  Dionysos  und  befahl 
ihm,  eine  Tragödie  zu  dichten.  Von  da  ab  wurde  er  ein  Tragödien- 
dichter.^  Derselbe  Glaube  kommt  auch  in  der  jüdischen  Legende 
zum  Ausdruck.  In  der  Kindheit  aß  Eleasar  Kalir  einen  Kuchen, 
der  mit  einer  heiligen  und  wunderwirkenden  Inschrift  versehen 
war.  So  wurde  er  ein  Dichter.'  Moses  Maimonides  schlief  im 
Gotteshause  ein;  als  er  erwachte,  war  er  für  die  Wissenschaft  be- 
geistert.5  Über  R.  Juda  den  Frommen  sprach  der  Vater  im  Lehr- 
hause den  Gottesnamen  aus,  der  Sohn  sank  zu  Boden  und  ver- 
barg sein  Antlitz.  Von  jetzt  an  übertraf  er  alle  Schüler  des  Vaters 
an  Weisheit. »^  Menachem  Recanati  fastete  und  betete,  daß  ihn  der 
Himmel  erleuchte.  Als  er  während  des  Gebetes  im  Gotteshause 
eingeschlafen  war,  kam  ein  Unbekannter  und  gab  ihm  aus  einem 
Gefäße  zu  trinken.  Als  er  erwachte,  war  er  erleuchtet  und  fähig, 
seine  Werke  zu  schreiben." 

Die  biblische  Zeit  erzählte  von  Kriegshelden,  später  wurden 
die  Frommen  die  Helden  des  Volkes.  Die  Bilder  der  Kriegshelden 
in  der  Bibel  wurden  von  der  späteren  Legende  übermalt  und 
die  Kriegshelden  als  Gelehrte  und  Fromme  dargestellt,  die  im 
„Kampfe  der  Thora"  und  im  sittlichen  Ringen  sich  bewähren. 
Gottes  Lieblinge  und  Vertraute  sind  in  der  jüdischen  Legende  die 
Frommen:  um  ihretwillen  wird  die  Welt  erhalten  und  die  Natur- 
ordnung aufgehoben;  ihnen  zuliebe  tut  Gott  Wunder,  und  auch 
sie  selber  vermögen  Wunder  zu  vollbringen.  Bei  allen  Völkern 
erzählt  die  Legende  von  wundertätigen  Männern.  Auch  die  jüdische 
Legende  berichtet  von  einem  David  Alro'i  und  Sabbatai  Zebhi,  daß 
sie  Wunder  tun  konnten.  Allein  die  Wundertäter  dieser  Art  sind 


1  Schein  haged.  s    v.  Elieser  b.  Nathan. 

2  Sehern  haged.  s.  v.  Saadia. 

3  Paus.  a.  a.  O.  I,  42;  Günter  a.  a.  O.  51. 
*  Aruch  8.  V.  thp  . 

5  Schalschelet  35".;  Seder  had.  I,  206. 

s  Kuttner  I,  29  f.  aus  dem  Küdelheiiner  Maasebuch. 

"  Seder  had.  I,  224. 


XV 


104  J.  Bergmann. 

die  Ausnahme.  Als  Regel  gilt:  Wunder  vollbringen  können  nur 
die  Frommen.  Der  Wundertäter  der  jüdischen  Legende  ist  kein 
Zauberer  oder  Ekstatiker,  sondern  ein  Frommer,  der  des  Gottes- 
geistes teilhaftig  geworden,  weil  er  einen  sittlichen  und  frommen 
Lebenswandel  führt.  Auf  den  Befehl  des  R.  Pinechas  b.  Jair,  teilte 
sich  der  Strom.  Als  seine  Schüler  ihn  fragten,  ob  auch  sie  das 
gleiche  Wunder  vollbringen  könnten,  erwiderte  er:  Nur  der  ver- 
mag es,  der  das  Bewußtsein  hat,  nie  einen  Israeliten  gekränkt  zu 
haben. 1  An  einem  Orte  war  eine  Schlange,  die  die  Menschen  biß. 
Sie  meldeten  es  Chanina  b.  Dosa.  Dieser  setzte  seinen  Fuß  auf 
das  Loch  der  Schlange.  Die  Schlange  kam  heraus  und  biß  den 
Frommen.  Sie  starb,  der  Fromme  aber  blieb  unversehrt.  Chanina 
nahm  die  Schlange  auf  die  Schulter,  trug  sie  in  das  Lehrhaus 
und  sprach:  Sehet,  nicht  die  Schlange  tötet,  sondern  die  Sünde.^ 
Mit  anderen  Worten:  Das  Wunder  und  die  wunderwirkende  Kraft 
werden  dem  Frommen  zuteil,  weil  er  einen  sittlichen  Lebens- 
wandel führt. 

Wodurch  aber  wird  der  Fromme  zum  Vertrauten  Gottes  und 
zum  Nutznießer  seiner  Gnade?  Was  gilt  in  der  jüdischen  Legende 
als  Frömmigkeit?  Hier  offenbart  uns  die  Legende  das  religiöse 
und  sittliche  Denken  des  Volkes.  Von  Gott  gesegnet  wird  der 
Fromme,  der  den  Sabbat  auszeichnet.  Josef,  der  Sabbatverehrer, 
kaufte  am  Rüsttage  des  Sabbats  einen  Fisch,  in  dem  er  eine  kost- 
bare Perle  fand.^  Das  Volk  glaubt  an  die  schützende  Macht  des 
Thorastudiums:  Von  David,  R.  Chisda,  Rabba  bar  Nachmani  erzählt 
die  Legende,  daß  der  Todesengel  ihnen  nicht  nahen  durfte,  solange 
sie  dem  Thorastudium  oblagen.^  Mehr  jedoch  als  das  Thorastudium 
gilt  das  Üben  der  Liebeswerke.  Von  der  Pest,  die  in  Sura  aus- 
brach, blieb  die  Nachbarschaft  Rabs  verschont,  nicht  etwa  um  des 
thorabeflissenen  Rab  willen,  sondern  wegen  eines  schlichten  Mannes, 
der  zu  Begräbnissen  Schaufel  und  Spaten  verlieh."'  Hoch  gewertet 
wird  in  der  jüdischen  Legende  die  Mildtätigkeit.  Almosensamm- 
lern, die  für  ein  armes  Brautpaar  sammelten,  gab  EUeser  aus  Bar- 
tota  sein  ganzes  Geld  und  wurde  dafür  reich  gesegnet."  Die  Tochter 
R.  Akibas  wurde  vom  Schlangenbiß  bewahrt,  weil  sie  am  Hochzeits- 


»  j.  Demai  22*. 

J  Berach.  33'. 

3  Sabb.  119\ 

*  Sabb.  30'';  Makkot  10";  Baba  mez.  86\ 

s  Taan.  2l\ 

6  Taan.  24^ 

XVI 


Geschichte  und  Legende.  10«^ 

tage  ihr  Mahl  mit  einem  Armen  geteilt  hat.i  Als  ein  Mann  ein 
Vorhaus  erbaute,  das  den  Armen  den  Eintritt  in  das  Haus  er- 
schwerte, hörte  der  Prophet  Elia  auf,  das  Haus  zu  besuchen, 
weil  es  dieser  Auszeichnung  unwürdig  geworden.^  Die  Legende 
verherrlicht  die  Reue.  R.  Jose  b.  Joeser  sah  im  Traume  die 
Bahre  des  Alkimos,  der  seine  Abtrünnigkeit  bereute,  in  der 
Luft  schweben,  und  er  rief  aus:  Um  eine  kleine  Stunde  ist  mir 
Alkimos  auf  dem  Wege  in  das  Paradies  vorangegangen.*  So  öffnet 
sich  dem  reuigen  Sünder  das  Tor  der  Gnade  in  gleichem  MaOe 
wie  dem  Frommen.  Wie  die  Reue  dem  Sünder,  so  ebnet  die 
kindliche  Pietät  dem  Sohne  den  Weg  zu  Gott.  Als  Salomo  den 
Tempel  erbaute,  betete  er,  daß  Feuer  auf  den  Altar  herabkomme. 
Allein  das  Feuer  kam  nicht.  Da  rief  der  König:  Gedenke  der  Liebe 
zu  David.  Als  er  betend  des  Vaters  gedachte,  kam  sogleich  das 
Feuer.4  So  wertet  das  Volk  als  Frömmigkeit  die  Sabbatverehrung, 
das  Thorastudium,  die  Mildtätigkeit,  die  Reue  und  die  kindliche 
Pietät.  Zum  Helden  der  Legende  wird  auch  der  Märtyrer,  der 
seinem  Glauben  Treue  bewahrt  und  bereit  ist,  für  ihn  das  Leben 
zu  opfern.  Daniel  kam  unversehrt  aus  der  Löwengrube  heraus, 
seine  drei  Freunde  wurden  aus  dem  Feuer  errettet.  Als  Abraham 
vor  Nimrod  den  einzigen  Gott  laut  bekannte,  stürzten  die  Götter- 
bilder im  Thronsaale  mit  ihrem  Gesicht  zur  Erde.^  Als  R.  Akiba 
und  R.  Chanina  b.  Teradjon  den  Märtyrertod  starben,  verhieß 
ihnen  eine  Himmelsstimme  das  zukünftige  Leben. "^ 

In  der  Legende  verherrlicht  das  Volk  die  Stätten,  die  seinem 
Herzen  heilig  sind:  das  heilige  Land,  Jerusalem,  das  Heiligtum, 
berühmte  Gottes-  und  Lehrhäuser,  das  Haus,  in  dem  der  Fromme 
gelebt,  und  das  Grab,  in  dem  er  ruht.  Das  heilige  Land  wurde 
von  der  Sintflut  verschont."  In  Jerusalem  brach  nie  ein  Feuer 
aus."  Der  Altar  des  Heiligtums  w^urde  nie  vom  Regen  getroffen.'-' 
Bei  allen  Feuerbrünsten,  von  denen  Prag  heimgesucht  wurde,  blieb 
die  Altneusynagoge  unversehrt.'"  In  den  Lehrhäusern  des  R.  Jechiel 

1  Sabb.  156\ 

2  Baba  bathra  7''. 

3  Gen.  r.  65. 

4  Schocher  tob  zu  Ps.  7,  6. 
s  B.  H.  I,  30. 

6  Berach.  61";  Ab.  z.  18". 
1  Zebach.  113". 
8  Ab.  di  R.  N.  36. 
«  Pirke  Abot  5,  .''>;  Joma  2\". 
lu  Sippurim  II,  158. 

XVII 


106  J.  Bergmann. 

aus  Paris  und  des  R.  Salomo  Lurja  ereignete  sich  ein  ähnliches 
Wunder  wie  im  Tempel  zu  Jerusalem.^  An  der  Stelle,  wo  früher 
das  Haus  des  Isaak  Lurja  gestanden,  baute  ein  Jude  sein  Wohn- 
haus. Ein  Greis  warnte  ihn:  Der  Ort,  auf  dem  du  stehst,  ist  heiliger 
Boden  und  darf  nicht  entweiht  werden.  Allein  der  Mann  hörte 
nicht  auf  die  Warnung.  Als  das  Haus  vollendet  wurde,  brach  ein 
Feuer  aus  und  verwandelte  das  Haus  in  einen  Trümmerhaufen.- 
Drei  Männer  stiegen  in  die  Höhle  Machpela  hinunter  und  wurden 
verbrannt.  3 

Tief  im  Herzen  des  Volkes  lebt  die  Ehrfurcht  vor  allem 
Heiligen,  doch  die  schönsten  Sterne  holt  das  Volk  vom  Himmel 
für  den  Frommen.  Der  Fromme  erscheint  in  der  Legende  wie 
Gott  von  Lichtglanz  umgeben,  bei  alledem  wird  er  nie  zum 
Heiligen  erhoben.  Ein  Frommer,  der  sich  für  sündenrein  hielt, 
wurde  von  einem  Dämon  versucht  und  besiegt.^  Von  R.  Akiba 
und  R.  Meir  berichtet  die  Legende,  daß  sie  über  die  Sünder 
spotteten.  Da  erschien  ihnen  der  Satan  als  Weib  und  bewies  ihnen, 
daß  auch  sie  nur  schwache  Menschen  sind.^ 

Es  ist  ein  in  der  jüdischen  Legende  verbreitetes  Motiv:  def 
Fromme,  der  die  Demut  verliert  und  die  Schranken,  die  Gott  dem 
Sterblichen  gesetzt,  überschreitet,  wird  gestraft  Levi  b.  Sisi  ordnete 
ein  Fasten  an,  aber  es  kam  kein  Regen.  Da  rief  er:  „Herr  der  Welt, 
du  bist  zur  Höhe  emporgestiegen  und  erbarmst  dich  deiner  Kinder 
nicht".  Der  Fromme  wurde  erhört,  aber  wegen  seiner  Kühnheit 
heimgesucht.^  Raba  erschien  der  Vater  im  Traume  und  offenbarte 
ihm,  daß  er  wegen  seines  kühnen,  der  Demut  entbehrenden  Gebetes 
des  Todes  schuldig  sei.^  Der  Sohn  des  R.  Jose  von  Joqeret  for- 
derte vom  Feigenbaum  zur  Unzeit  Früchte.  Der  Feigenbaum  brachte 
die  Früchte,  doch  der  Fromme,  der  die  Änderung  der  Naturord- 
nung erzwungen  hatte,  mußte  sterben.^  Der  hoho  R.  Low  errettete 
seine  Gemeinde  von  dem  Tode,  doch  er  selber  erlag  der  Gewalt 
des  Todesengels.^  Zu  einem  Toten  gerufen,  schwur  Baalschem,  der 


1  Sehalschelet  44";   Seder  had.  I,  219;   Scheni  haged.  s.  v.  Salomo  Lurja; 
Sabb.  21'. 

2  Luncz  a.  a.  O.  X,  7. 

3  Luncz  a.  a.  0.  IX,  6. 
*  j.  Sabb.  3\ 

5  Kidd.  81\ 
0  Taan.  25\ 
^  Taan.  24\ 

8  Taan.  23\ 

9  Knoop  a.  a.  O.  .304  f. 

XVIIl 


Geschichte  und  Legende.  107 

Tote  werde  auferstehen.  Die  Seele  mußte,  dem  Schwüre  des  Frommen 
gehorchend,  in  den  entseelten  Leib  zurückkehren,  doch  Baalschem 
empfing  für  seinen  Schwur  Feuerruten. ^  Bei  aller  Verherrlichung 
der  Frommen  betont  die  jüdische  Legende  den  weiten  Abstand 
zwischen  Gott  und  den  Menschen  und  lehnt  den  Heiligenkult  ent- 
schieden ab. 

6.  Die  jüdische  Legende  hat  ihre  Geschichte.  Von  den  Karäern 
und  anderen  Gegnern  des  Judentums  wurden  die  Wundererzäh- 
lungen der  Legende  als  „rabbinischer  Aberwitz'"  verspottet,  von 
den  jüdischen  Religionsphilosophen  des  Mittelalters  dagegen  alle- 
gorisch gedeutet  und  als  Einkleidung  philosophischer  Wahrheiten 
erklärt.  Die  allegorische  Deutung  der  Legenden  dauerte  bis  in 
unsere  Zeit  fort.  Ein  Schulbeispiel  für  diese  unwissenschaftliche 
Auffassung  der  Legenden  ist  das  Schriftchen  Friedländers:  Ben 
Dosa  und  seine  Zeit.^  Die  Erzählung,  Chanina  b.  Dosa  habe  durch 
seinen  Befehl  die  Dämonin  Agrat  b.  Machlat  vertrieben,  wird  von 
Friedländer  allegorisch  gedeutet:  „Die  Geisternebel  zerflossen,  wo 
die  Sonne  Chaninas  sichtend  sie  durchdrang". ^  Auch  die  Legende 
von  dem  Stein,  den  Chanina  in  der  Wüste  gefunden  und  mit  Hilfe 
gottgesandter  Engel  nach  Jerusalem  gebracht,  wird  als  „Bild"  er- 
klärt: „Wir  glauben  demnach  in  der  wüsten  und  verödeten  Ge- 
gend des  uns  gelieferten  Bildes  die  Zeit  und  in  dem  darin  liegen- 
den Gestein  das  verwahrloste,  in  Geistlosigkeit  versteinerte  Volk 
erkennen  zu  dürfen". ^  Es  fehlte  der  jüdischen  Legende  auch  nicht 
an  rationalistischen  Deutungsversuchen.  So  behauptete  Abraham 
Maimuni  in  seiner  bekannten  Abhandlung  über  die  Agada,  die 
Legenden,  die  von  dem  Zusammentreffen  der  Weisen  mit  Dämonen 
und  Propheten  (wie  Elia)  erzählen,  enthielten  nur  die  Schilderung 
von  Traumerscheinungen:  die  Dämonen  und  Propheten  wären  den 
Frommen  nur  im  Traume  und  nicht  in  Wirklichkeit  erschienen.-' 
Noch  mehr  als  die  philosophisch-allegorische  und  rationalistische 
Erklärung  war  im  Judentum  die  buchstäbliche  Auffassung  ver- 
breitet: die  Wundererzählungen  der  Legende  galten  als  buchstäb- 
lich wahr. 

Zur  wissenschaftlich  richtigen  Auffassung  der  jüdischen  Le- 
genden führt  uns  am  besten  die  Vergleichung  mit  verwandten  nicht- 


1  Schibche  Beseht  16. 

2  M.  Friedliinder,  Ben  Dosa  und  seine  Zeit,  Prag  1872. 

3  Friedländer  a.  a.  O.  21. 
*  Friedländor  a.  a.  O.  82. 

'■>  Kobez  Teschubot  R.  M.  B.  M.  cd.  Lichtenberg,  Leipzig  1851»,  II.  42" 


XIX 


108  J.  Bergmann. 

jüdischen  Erzählungen.  Im  Rahmen  der  nichtjüdischen  Parallelen 
verliert  die  jüdische  Legende  das  Seltsame;  sie  hört  auf  „rabbinischer 
Aberwitz",  aber  auch  das  allegorische  Gewand  für  philosophische 
Wahrheiten  zu  sein.  Sie  erscheint  vielmehr  als  schlichte  Volks- 
erzählung, die  zwar  der  objektiven  aber  nicht  der  subjektiven 
Wahrheit  entbehrt,  als  eine  Schöpfung  des  jüdischen  Volksgeistes, 
in  der  der  fromme  Glaube,  das  Denken  und  Hoffen  des  Volkes  in 
einfacher,  oft  poetischer  Form  zum  Ausdruck  kommt. 

Die  wissenschaftlische  Betrachtung  der  Legende  und  die 
kritische  Erkenntnis  dessen,  was  Geschichte  und  Legende  ist, 
macht  uns  ärmer  und  reicher  zugleich.  Manche  jüdische  Legende 
wurde  für  eine  Geschichtsquelle  in  realem  Sinne  gehalten,  die  sie 
nicht  sein  darf.  Durch  die  Kritik  wird  ein  Teil  früher  gültigen 
Quellenmaterials  hinfällig.  Aber  die  Kritik  lehrt  uns  auch,  wie  die 
Legende  in  idealem  Sinne  wieder  zur  Geschichtsquelle  wird.  In 
der  Legende  bewahrt  das  Volk  zuweilen  zutreffende  historische 
Erinnerungen;  in  ihr  urteilt  es  über  Menschen,  Werke  und  Ge- 
schehnisse; in  ihr  spricht  es  seine  religiösen,  sittlichen  und  ge- 
schichtsphilosophischen  Gedanken  aus.  So  wird  die  Legende  odt'-r, 
wie  sie  einmal  genannt  wurde,  die  „Lügende"  bei  wissenschaftlicher 
Betrachtung  wieder  zu  einem  Quell  der  Wahrheit. 


XX 


Die  hebräischen  Kommentare  zn  den  i;i  Middot 

des  Rabbi  Ismael. 

Von  A.  Freimanu,  Frankfurt  a.  M, 

Unter  den  Regeln,  an  welche  die  Auslegung  des  Gesetzes 
gebunden  ist,  nehmen  die  13  Middot  des  Rabbi  Ismael  (rna  :'") 
eine  hervorragende  Stelle  ein.  Sie  bilden  den  ersten  Abschnitt  des 
Sifra  und  werden  bald  als  Baraita  bald  als  Midrasch  bezeichnet 
(Zuuz  G.  V.  -  S.  53).  Von  den  Karäern  bekämpft  (Jehuda  Hadassi, 
Eschkol  ha-Kofer  §  162),  hat  man  ihnen  seitens  der  Rabbinen  eine 
solche  Bedeutung  beigemessen,  daß  sie  schon  früh  (Amrams  Siddur, 
ed.  Warschau  1865,  fol.  2'"^)  unter  die  täglichen  Gebete  eingereiht 
wurden.  Weil  sie  am  Anfang  des  Buches  Torat  Kohanim  stehen, 
das  von  den  Opfern  handelt,  hat  man  sie  für  geeignet  gehalten, 
neben  den  Abschnitten  von  den  Opfern  rezitiert  zu  werden 
(Abudrahim  zitiert  von  S.  Baer  im  Kommentar  seiner  Ausgabe  der 
Gebete  Abodat  Israel,  Rödelheim  1868,  S.  47).  Eine  Anzahl  von 
Arbeiten  des  Jubilars,  zu  dessen  Ehrung  diese  Studie  beitragen 
möchte,  beschäftigen  sich  mit  der  Untersuchung  diesei  hermeneu- 
tischen  Regeln.  Sie  haben  folgende  Erklärer  gefunden: 

1.  Saadia  Gaon  ben  Josef  (gest.  941/42)  schrieb  einen 
arabischen  Kommentar,  der  von  Nachum  [ha-Maarabi]  übersetzt 
wurde.  Ms.  Fischl  jetzt  in  Bodl.  2496*  (HB.  XXI,  134;  H.  Üb.  935, 
vgl.  395  A.  183).  Er  ist  von  Schechter  im  ma'^n  n'D,  Bd.  4,  S.  235—245 
herausgegeben  und  von  Joel  Müller,  Oeuvres  ...  de  Saadia  ben 
Josef  IX,  73  nochmals  gedruckt  worden.  Steinschneider  (HB.  XXI, 
134;  Saadia  Gaons  Arabische  Schriften  in  Kaufmann-Gedenkbuch, 
S.  148,  Nr.  11,  wiod(3r  g.'druckt  in  Arabische  Übers.  S.  50)  und 
Neubauer  (Cat.  p.  969)  bezweifeln  die  Autorschaft  Saadias.  Schechter 
schließt  jedoch  auf  die  Echtheit,  weil  bekannt  ist,  daß  Saadia 
ein  Werk  über  die  Methodologie  des  Talmud  geschrieben  (Stein- 
schneider, Arab.  Übers.  S.  50,  Nr.  10)   und  Abudrahim  in   seinem 


110  A    Freimann.  "    , 

Kommeatar  zu  den  13  Middot  eine  Stelle  im  Namen  Saadias  zitiert, 
die  sich  in  unserem  Kommentar  findet  (Beth  Talmud  IV,  S.  236). 

2.  Salomo  ben  Isak  (Raschi  gest.  1105)  wird  vom  Kopisten 
des  cod.  München  305  ^  und  cod.  Casanata  173^  der  Kommentar 
zugewiesen,  der  sich  anonym  in  cod.  München  279  ^  und  in  der 
Handschrift  V  des  ungarischen  Nationalmuseums  zu  Budapest 
(Kohn  S.  16)  findet.  Er  ist  von  Kobak  im  Jeschurun  6,  hebr.  Abt., 
S.  38 — 44  nach  ms.  Fischl  und  aus  dem  Jeschurun  nochmals  in 
a^DitaJip  nmap  ed.  Hirschensohn,  Jerusalem  1882,  I,  fol.  12,  13,  ge- 
druckt worden.  Schorr  im  Zion  II,  147  wollte  Lilienthals  Angaben 
in  Allgem.  Zeitung  des  Judent.  1839,  S.  56,  bezweifeln  und  für 
Salomo  ben  Isak  Simson  ben  Isak  aus  Chinon  lesen.  Oppenheim  im 
Jeschurun  6,  S.  201,  weist  auf  Zitate  aus  unserem  Kommentar  hin. 

3.  Hillel  ben  Eljakim  (12.  Jahrhundert)  angeblich  Raschis 
Schüler,  nach  Samuel  Krauss,  Studien  zur  Byzantinisch-Jüdischen 
Geschichte,  S.  118,  „vermutlich  in  Candia  heimisch";  Steinschneider 
in  Geigers  Jüd.  Zeitschr.  X,  S.  316,  „ich  möchte  an  Unteritalien 
(Groß-Griechenland)  denken,  welches  noch  im  12.  Jahrhundert  an 
der  griechischen  Bildung  zehrte",  jedoch  in  HB.  XVIII,  S.  131  und 
Luncz's  Jerusalem  3,  deutscher  Teil,  S.  45,  „der  in  Griechenland 
oder  Unteritalien  lebte".  Sein  Kommentar  zum  Sifra  ist  in  cod 
Wien  116  (Goldenthal  S.  12  f.),  cod.  Neub.  424,  426,  427  und  cod 
Merzbacher  97  (geschrieben  13.  Tamus  1212).  Er  zitiert  außer  den 
Gaonim  Hai  und  Nissim  und  Baruch  aus  Griechenland  keinen 
späteren  Autor  als  Nathan  ben  Jechiel  (Rabbinowicz,  Dikd.  Sofr.  V 
zu  Erubin,  Vorrede).  Schwierige  Stellen  des  Textes  übersetzt  er 
ins  Griechische  (J.  Perles,  Jüdisch-byzantinische  Beziehungen  in 
Byzantinische  Zeitschrift  II,  S.  577). 

4.  Abraham  ben  David  aus  Posquieres  (Rabed  gest.  1198) 
schrieb  einen  Kommentar  zum  Sifra,  der  zum  Teil  schon  zirka 
1523  von  Salomo  ben  Masaltob  in  Konstantinopel  gedruckt  wurde 
(Z.  f.  H.  B.  XI,  49).  Es  sind  hiervon  nur  vier  Exemplare,  und 
zwar  im  Rabbinerseminar  Budapest  (ehemals  della  Torre),  in  der 
Frankfurter  Stadtbibliothek,  im  Br.  Museum  (Straalen  p.  219)  und 
im  Besitze  Elkan  Adlers  bekannt.  Wieder  gedruckt  ist  nach  einer 
Handschrift  der  Anfang  von  B.  Goldberg  in  J.  F.  Fuens  bönan  I, 
S.  239  und  ganz  von  J.  H.  Weiss  in  seiner  Sifra- Ausgabe,  Wien  1862; 
daraus  übernommen  in  die  Sifra-Ausgabe  mit  Kommentar  des 
Simson  ben  Abraham  aus  Sens,  Warschau  1866.  Von  dem  Kom- 
mentar zu  den  13  Middot  gibt  es  aber  auch  besondere  Hand- 
schriften,   z.    B.    cod.    Neub.    H47  i,    die    auch    gesondert   gedruckt 

II 


Die  hebräischen  Kommentare  zu  den   13  Middot  des  Rabbi  Ismael.      111 

wurden,  so  in  D^ösn  püb,  Livorno  1781  (vgl.  Gross  in  Monatsschr 
1874,  S.  182  und  Gall.  Jud.,  S.  448).  Philippus  Ferdinandus  (gest.  1598) 
übersetzte  ihn  ins  Lateinische  (OB.  p.  679)  und  ließ  ihn  in  Cambridge 
1597  drucken  (CB.  p.  980). 

5.  Simcha  ben  Samuel  in  Speier  war  im  Sommer  1223 
noch  am  Leben  (Zunz,  Ltg.  309).  Seinen  Kommentar  zum  Sifra  er- 
wähnen Or  Sarua  I,  333,  336  und  Machsor  Nürnberg  (Mag.  XIII,  190), 
vgl.  Epstein  in  Monatsschr.  1895,  S.  451,  Nr.  11.  Der  Kommentar 
ist  nicht  mehr  erhalten. 

6.  Samuel  nennt  der  Schreiber  von  cod.  München  59  ^  den 
anonymen  Verfasser  des  Kommentars  zum  Sifra,  über  den  Stein- 
schneider schon  in  Geigers  Jüd.  Zeitschr.  X,  814  f.  eine  Untersuchung 
anstellte,  ohne  sicheres  zu  ermitteln.  Epstein  will  ihn  Baruch  ben 
Isak  zuschreiben  (Monatsschr.  1895,  S.  455  f.).  Jedenfalls  ist  der 
Verfasser  ein  Deutscher,  vielleicht  ein  Schüler  Samuel  he-Chasids. 

7.  Jehuda  ben  Kalonymos  ben  Meir  schrieb  gegen  Ende 
des  12.  Jahrhunderts  sein  groß  angelegtes  talmudisches  Lexikon 
D'KmttKT  D^«3n  'Din^  (Epstein  in  Monatsschr.  1895,  S.  398  ff.).  In  diesem 
behandelt  er  s.  v.  bxyiaiy"  in  ganz  ausführlicher  Weise  die  13  Middot. 
Er  zitiert  Raschi  (Nr.  2),  Hillel  (Nr.  3),  seinen  Bruder  Meir,  der 
viele  andere  Beweisstellen  herangezogen  habe,  und  Samuel  (Nr.  6). 

8.  Simson  ben  Abraham  aus  Sens  (gest.  um  1230,  vgl. 
Revue  VI,  179)  schrieb  einen  Sifra-Kommentar,  der  zu  einem  be- 
trächtlichen Teile  ein  Auszug  aus  dem  des  Abraham  ben  Davids 
ist  (Revue  VII,  S.  62).  Er  ist  mit  Noten  von  Jakob  David  aus 
Wischegorod  nach  einem  mangelhaften  Manuskript  in  Warschau 
1866  herausgegeben  worden.  Die  Vorrede  zum  Kommentar  des 
Rabed  ist  aus  Sifra  ed.  Wien  1862  übernommen. 

9.  Meir  Abulafia  ha-Leviben  Todros  in  Toledo  (gest.  1244). 
Sein  Kommentar  ist  im  cod.  München  305  ^  und  cod.  Vat.  277  -^ 
von  Assemani  p.  245  Todros  zugeschrieben.  Verschieden  ist  cod. 
Fischl,  der  mit  h"i  ')hr:  omita  3T,  schließt,  vgl.  Steinschneider  in 
Cut.  München  S  S.  VIII  und  Joel  Müller,  Oeuvres  ...  de  Saadia 
ben  Josef  IX,  S.  XXXII,  Note  1. 

10.  Isak  ben  Josef  aus  Corbeil  (gest.  1280,  vgl.  Gross,  Gall. 
Jud.  p.  563),  der  Verfasser  des  nbun  m^ar  soll  einen  Kommentar 
zu  den  13  Middot  geschrieben  haben,  der  sich  nach  Senior  Sachs' 
handschriftlichem  Katalog  in  cod.  Günzburg  366  ■'•  findet.  Ich  habe 
während  meines  Aufenthaltes  in  Petersburg  im  Jahre  1911  zum 
Studium  der  Günzburgischen  Handschriften  nicht  Zeit  gefunden, 
die  Angabe  zu  prüfen. 

III 


112  A.   Freimann.  ■    , 

11.  Bechai  ben  Ascher  schrieb  seinen  Pentateuchkommentar 
zu  Saragossa  im  Jahre  1291  (CB.  p.  777).  Im  Abschnitt  -[m'^rnn 
(ed.  Venedig  1546,  fol.  164^^  und  164°)  behandelt  er  die  13  Middot 
in  der  Reihenfolge,  die  Raschi  (Nr.  2)  vor  ihm  befolgt  hat  und 
nach  der  sich  unter  vielen  anderen  David  Nieto  in  seinem  p  nt2!2, 
fol.  87^  und  Isak  Lampronti  im  Pachad  Jizchak  richten  (Oppenheim 
in  Kobaks  Jeschurun  6,  S.  201).  Ob  der  in  cod.  Günzburg  109  ent- 
haltene Kommentar  ein  anderer  ist,  habe  ich  nicht  prüfen  können. 

12.  Simson  ben  Isak  aus  Chinon  um  1300  (Gross,  Gall 
Jud.  p.  581  f.)  erklärt  die  13  Middot  im  ersten  Teile  seines 
methodologischen  Werkes  mnn:  nao,  der  den  Titel  mfü  'na  trägt, 
in  ausführlicher  Weise.  In  der  Zählung  und  Einteilung  der  Regeln 
befolgt  er  einen  von  seinen  Vorgängern  und  Nachfolgern  ab- 
weichenden Weg  (Oppenheim  in  Kobaks  Jeschurun  6,  S.  204). 

13.  David  Ibn  Bilia  ben  Jomtob  aus  Portugal  schrieb  um 
1320  (CB.p.  857)  seine  philosophische  Begründung  der  13  Glaubens- 
lehren b'str^^n  nmo',  gedruckt  in  c^nrn  nm,  ed.  El.  Aschkenasi,  Metz 
1819,  mit  französischer  Übersetzung  von  Salomo  Klein.  Er  über- 
setzte 1338  Johannes  Pauli,  Salus  vitae  (H.  Üb.  S.  806).  Von  seinen 
logischen  Grundregeln  jvjnn  'b'?2  ist  nur  ein  Fragment  in  cod. 
Neub.  2168  erhalten  (H.  Üb.  S.  4  99).  Seinen  Kommentar  zu  den 
13  Middot  enthält  cod.  Cambridge. 

14.  Ahron  Kohen  aus  Lunel  schrieb  sein  Ritualwerk  a^n  mn-is 
vor  1327  (Gross,  Gall  Jud.  p.  290).  Es  enthält  in  seinem  ersten 
Teile,  Livorno  1750,  p.  ^'^  und  6%  eine  kurze  Erklärung  der 
13  Middot,  die  von  dem  Sammler  des  Kol  bo  §  3  wörtlich  über- 
nommen wurde. 

15.  David  Abudrahim  ben  Josef  in  Spanien,  der  seine 
Erklärungen  zu  den  Gebeten  1341  schrieb  (CB.  p.  855),  kommen- 
tierte auch  unsere  Baraita  (ed.  Prag  1784,  p.  18  f.),  meist  nach 
Raschi,  zuweilen  aber  auch  nach  Saadia  (Joel  Müller  in  Oeuvres  IX, 
S.  XXIII,  Anm.  2).  Er  zitiert  Midrasch  Haschkem  (vgl.  D'ispbn  nao, 
ed.  Grünhut  I,  S.  18,  Anm.  2),  Saadia  und  Raschi.  In  der  Zählungs- 
weise folgt  er  dem  Abraham  ben  David. 

16.  Levi  ben  Gerson  in  Avignon  und  Orange  (gest.  1344) 
schrieb,  vielleicht  zur  Einleitung  in  seine  größeren  Werke,  eine 
Erklärung  der  13  hermeneutischen  Regeln,  die  unter  dem  Titel 
pi::  nyu?  (der  aber  wahrscheinlich  vom  Herausgeber  herrührt),  in 
dem  Buche  nprTT'-is  von  Jakob  Feitusi,  Livorno  1800,  fol.  123^— 125^^ 
zuerst  gedruckt  ist  und  von  Isak  Jakob  Wolfinsohn,  Jerusalem  1884, 
mit  einer  Biographie  des  Verfassers  aus  Kaiman  Schulmanns  rrnbin 

IV 


Die  hebräischen  Kommentare  zu  den  13  Middot  des  Rabbi  Ismael.      113 

ba^^^v'  ■'ösn  versehen,  neu  herausgegeben  wurde  (Steinschneider  in 
Ersch  und  Gruber,  II.  Sect.,  43.  Teil,  S.  297,  Nr.  9).  Er  zitiert 
Rabbenu  Nissim  und  R.  Simson  aus  Sens.  Schechter  (Beth  Talmud  IV, 
S.  237,  Anm.  5),  vermutet  Interpolationen  in  den  Text. 

17.  Dem  15.  Jahrhundert  gehört  das  mystische  Buch  Pelia 
Korzec  1784  an  (Jellinek  in  Beth  ha-Midrasch  III,  Einleitung, 
p.  XXXVIIIf.  und  ynn  DitcDip  S.  43  f.,  HB.  18,  S.  4.  Festschrift 
Guttmann,  S.  206,  Anm.  2),  das  auf  Blatt  74  die  von  anderen 
übernommenen  Erklärungen  in  krauser  und  tendenziöser  Weise 
entstellt  (Jellinek  D''?'?2n  citaDp  S.  24,  Nr.  175). 

18.  Aus  cod.  Günzburg  331,  der  am  14.  Tischri  1453  beendet 
wurde,  veröffentlichte  Zebi  Scherschewski  einen  anonymen  Kom- 
mentar in  S.  J.  Fuenö  banan  VIII  (1870),  S.  213—214;  221—222. 
Er  stimmt  meist  mit  der  Raschi  (Nr.  2)  zugeschriebenen  Erklärung 
überein. 

19.  Abraham  Elia  Kohen  ist  Verfasser  des  Kommentars 
in  cod.  Vat.  37,  der  fol.  74  mit  den  von  Berliner  in  Michaels  D'"nn  ms 
S.  611  angegebenen  Worten  beginnt  und  nach  jeder  Regel  mit 
einem  kleineu  Gedicht  schließt.  Die  Handschrift  stammt  aus  dem 
16.  Jahrhundert  und  dürfte  in  Greta  entstanden  sein.  Cod.  Vat.  107^ 
enthält  die  in  onDS  mnia,  Venedig  1599,  p.  21^  gedruckte  Abhandlung 
Ibn  Musas  über  -iiaim  hp. 

20.  Samuel  Ibn  r^n^D  (Serillo?)  (erste  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts in  Ägypten,  CB.,  p.  2480)  hat  in  seinem  methodologischen 
Werke  '?xi^i:?  "'bbD,  Abschnitt  'ö,  gedruckt  in  a''itt?' n^n,  Venedig  1622, 
Abt.  IV,  fol.  16  f.,  die  13  Middot  genauer  untersucht  mit  Heranziehung 
des  Abraham  ben  David,  seines  Lehrers  Isak  de  Leon  u.  a. 

21.  Jochanan  ben  Josef  Treves,  der  Verfasser  des  Kom- 
mentars x:ic"'2Kn  anf^p  zum  römischen  Machsor  (Brüll  in  Jahrbücher 
für  jüd.  Gesch.  und  Liter.  I,  S.  108),  der  in  Bologna  1540  im  Druck 
erschien  (CB.  Nr.  2579),    erklärt  auch  die  Baraita  der  13  Middot. 

22.  Naftali  Hirz  Treves  ben  Elieser  (Vorbeter  in  Frank- 
furt a.M.,  gest.  vor  1556),  dessen  meist  aus  kabbalistischen  Schriften 
geschöpfter  Kommentar  zu  den  Gebeten  zuerst  Thiengen  1560 
gedruckt  ist  (CB.  p.  2029  und  Brüll  in  Jahrbücher  für  jüd.  Gesch. 
und  Liter.  I  [1874],  S.  101  —  104),  erklärt  auch  die  Baraitii  der 
13  Middot  in  kurzer  Weise.  Sein  Kommentar  ist  ein  zweites  Mal, 
Berlin   170  i  (CB.  Nr.  2246),  erschienen. 

23.  Vidal  Zarfati  ben  Isak  aus  Fez  schrieb  um  die  Mitte 
des  17.  Jahrhunderts  seinen  Kommentar  tt,npn  "["in  zum  Sifr;i,  viel- 
leicht   als    sein  erstes  Werk,    da   er  keine  seiner   Schriften   darin 

Festschrift,  g 

V 


114  A.  Freimann.  '    • 

nennt   (vgl.  meine  Anzeige  in  Z.  f.  H.  B.   12,  S.  132).    Er   ist  vom 
Verein  Dobhebhe  Sifte  Jeschenim  in  Husiatyn  1908  gedruckt  worden. 

24.  Isak  ben  Jakob  Josbel  Levi  (um  1600)  hat  in  seiner 
Erklärung  der  Gebete,  die  in  den  Machsorim  seit  1600  unter  dem 
Titel  ly-np  nitn  gedruckt  ist  (CB.  p.  1126),  auch  einen  Kommentar 
zu  den  13  Middot.  Er  ist  aus  drei  verschiedenen  Kommentaren 
gesammelt  (Baer,  bni^^  mnr  n-ic,  Einl.  S.  VI,  Anm.  4).  Die  Er- 
klärung der  13  Middot  ist  aus  dem  anonymen  Gebetkommentar 
pna  ^hiVKi  (CB.  Nr.  3856),  zuerst  in  der  Machsor-Ausgabe  Venedig 
1567  (CB.  Nr.  2455)  gedruckt,  wörtlich  übernommen,  der  hin- 
wiederum den  Anfang  aus  der  Erklärung  des  Naftali  Hirz  Treves 
(Nr.  22)  bringt. 

25.  Immanuel  Aboab  schrieb  1616 — 1625  sein  Werk  Nomo- 
logia  o  Discursos  legales,  Amsterdam  1629  (D.  Cassel,  Einl.  zum 
Kusari  p.  XXXI).  Er  erklärt  darin  (p.  108—118)  die  13  Regeln  in 
spanischer  Sprache. 

26.  Chajjim  Vital  ben  Josef  (gest.  in  Damascus  1620)  hat 
die  kabbalistischen  Aussprüche  seines  Lehrers  Isak  Loria  nieder- 
geschrieben. Die  niDna  aus  seinem  Werke  D''''n  yv  '"is  bezüglich  der 
13  Middot  sind  aneinander  gereiht  in  nban  mc  Zolkiew  1781,  fol.  48 
(Zedner  p.  487),  gleichsam  als  Kommentar  zu  diesen  Regeln. 

27.  Ahron  Ibn  Chajjim  ben  Abraham  aus  Fez  (gest.  in 
Jerusalem  1632,  vgl.  CB.  p.  719  und  Add.,  Ozar  Nechmad  III,  145) 
schrieb  einen  sehr  ausführlichen  Kommentar,  der  unter  dem  Titel 
pn«  m"iö  vor  seinem  Sifra-Kommentar  pnx  pip  Venedig  1609 — 1611 
und  nochmals  Dessau  1742  gedruckt  ist.  Er  möchte  die  drei  letzten 
Regeln  nicht  unter  die  13  zählen. 

28.  Jakob  Chagis  ben  Samuel  (gest.  1674)  schienen  die 
von  Simson  Chinon  (Nr.  12)  im  mnna  "idd  behandelten  methodo- 
logischen Regeln  der  Ergänzung  und  Verbesserung  fähig.  Er 
sammelte  aus  dem  Talmud  und  seinen  Erklärern  Raschi  und 
Tosafot,  aus  Jeschua  ben  Josefs  d'?iy  ims'-bn,  Josef  Ibn  Vergas 
^IDV  n-'-iK^y,  Josef  Karos  -na'^nn  ^bh:D  und  Ahron  Ibn  Chajjims  pn«  nnö 
und  konnte  auch  noch  das  eben  (1639)  erschienene  Werk  nriöD  pn'' 
des  Salomo  Algasi  kurz  studieren  und  benützen  (CB.  p.  1204). 
Er  fügte  seine  Erklärungen  hinzu  und  ließ  sie  unter  dem  Titel 
niaan  n'^nn  zusammen  mit  mnn^  isd  in  Verona  1647  drucken.  Sie 
erschienen  auch  Amsterdam  1709  (CB.  p.  2634). 

29.  Jesaja  Hurwitz  (gest.  um  1630)  hat  in  seinem  großen 
ethisch-aszetisch- kabbalistischen  Werke  nnan  mm"?  ^w,  Amsterdam 
1648—1649  und  öfter  gedruckt  (CB.  p.  1387),  am  Beginn  des  Ab- 

VI 


Die  hebräischen  Kommentare  zu  den  13  Middot  des  Rabbi  Ismael.      115 

Schnitts  na  bvnt'  nnin  auch  die  13  Middot  in  ganz  ausführlicher 
Weise  erklärt.  Während  aber  dieser  Kommentar  in  rein  halachi- 
scher  Weise  die  Regeln  erläutert,  ist  der  in  der  Gebetausgabe 
D'örn  -11'?:',  volkstümlich  n"bt'  -iitd  genannt,  die  zuerst  Amsterdam 
1717  (OB.  p.  2335)  erschienen  ist,  enthaltene  kurze  Kommentar 
ganz  kabbalistisch. 

30.  Samuel  ben  Josef  (gest.  in  Hamburg  1699)  ist  Ver- 
fasser eines  Gebetkommentars  (OB.  p.  2430),  wahrscheinlich  des 
in  der  Ausgabe  Amsterdam  1681 — 1682  (OB.  Nr.  2184)  gedruckten, 
in  welchem  die  13  Middot  (fol.  10  f.)  mit  starker  Anlehnung  an 
David  Abudrahims  Kommentar  erläutert  sind.  Er  hat  aber  auch 
den  Kommentar  des  damals  noch  in  Mainz  (1677 — 1681)  als  Rabbiner 
lebenden  David  Lida  (vgl.  Vorrede)  benützt.  Baer  in  bx-ii:»''  nmai''  -i"id 
Einl.  p.  VI,  Anm.  3  schreibt  den  Kommentar  Zebi  ben  Chanoch 
und  seinem  Sohne  Chanoch  zu;  mir  fehlt  eben  die  Möglichkeit, 
diese  Angabe  zu  prüfen. 

31.  Ein  Mitglied  der  Familie  Gases  ist  Verfasser  des  Kom- 
mentars der  13  Middot  im  cod.  Almanzi  302,  jetzt  Br.  Museum  471. 
Dem  Katalog  nach  (p.  90)  ist  die  Handschrift  aus  dem  18.  Jahr- 
hundert. Sie  enthält  nur  die  Einleitung,  eine  längere  Abhandlung 
über  -lüim  hp  und  eine  kurze  über  mu?  nin. 

32.  Jechiel  Michael  Epstein  ben  Abraham  aus  Lemberg, 
Rabbiner  in  Proßnitz  (CB.  p.  1274)  hat  in  seinem  oft  aufgelegten 
Gebetkommentar  r\'-\'^''  -|-n,  zuerst  erschienen  Frankfurt  a.  M.  1697 
(CB.  Nr.  2219),  auch  die  13  Middot  erläutert. 

33.  Menachem  Asaria  ben  Jehuda  Lob  y-z,  Schwiegersohn 
des  Elieser  ben  Jehuda  Lob,  Dajan  und  Darschan  in  Redwitz  (bei 
Bamberg)  fügte,  als  er  das  Werk  "inr  jn"?::?  seines  Schwiegervaters 
nach  dessen  Tode  im  Jahre  1G97  in  Fürth  erscheinen  ließ  (Löwen- 
stein, Zur  Gesch.  der  Juden  in  Fürth  HI  im  Jahrbuch  der  jüd.-lit. 
Gesellsch.  X,  S.  66  f.),  eine  kurze  Erklärung  der  13  Middot  bei,  die 
dort  p.  27  gedruckt  ist. 

34.  Simon  Akiba  Baer  aus  Wien,  Rabbiner  in  Gunzen- 
hausen  (D.  Kaufmann,  Letzte  Vertreibung  der  Juden  aus  Wien, 
S.  202  f.)  gab  1707  in  Sulzbach  die  Neubearbeitung  seiner  Gebet- 
erklärung snn  mi2r  btt"  Kins  Ninna  heraus  (CB.  Nr.  2275),  in  der  er 
die  13  Middot  in  ethischer  Weise  erläutert. 

35.  Jehuda  Arje  L(")b  ben  Josef  Samuel,  Dajan  in  Frank- 
furt a.  M.  (Horovitz,  Frankfurter  Rabbinen  H,  S.  57;  CB.  p  1333 
und  2938),  der  Herausgeber,  der  von  seinem  Vater,  dem  Rabbiner 
in  Frankfurt,    Samuel   Kaidenower    (Horovitz  a.  a.  O.  S.  56)    und 

8* 
VII 


116  A.  Freimann. 

Schwiegervater  Samuel  Schotten  (Horovitz  a.  a.  O.  S.  73  und 
Landshut  in  Kohn-Zedeks  nmn  "iiK  I,  S.  51  f.)  korrigierten  Talmud- 
Ausgabe  Amsterdam-Frankfurt  a.  M.  1714 — 1721  (CB.  Nr.  1414 
und  Rabbinowicz  miabnn  riDS-tn  bv  -112x0,  S.  88  ff,),  schrieb  ein  Kom- 
pendium der  13  Middot  'r'Nriaty^  "n  r\Mf2  y^  •'bbs  nnp,  das  er  dem  ersten 
Bande  jener  Ausgabe  des  Talmuds  beifügte  und  das  in  den  späteren 
Talmuddrucken  meist  wieder  abgedruckt  ist.  In  der  ed.  Wilna  noch 
mit  dem  Superkommeutar  nn«  p  mnjn  von  Seeb  ben  Arje  aus  Telz. 

36.  David  ben  Arje  Lob  aus  Lida  (gest.  in  Lemberg  1690, 
vgl.  Buber,  Dt:?  ■'cdk,  S.  56)  kommentierte  in  seinem  großen  Werke 
n  bD  T  Frankfurt  a.  M.  1727  (CB.  p.  877)  in  ganz  kurzer  Weise 
die  13  Middot.  Die  Erklärung  ist  in  dem  q^ivv!  ''nns  betitelten 
Kommentar  enthalten. 

37.  Ahron  ben  Zebi  Hirsch  aus  Dessau,  Einwohner  Frank- 
furts, begründete  1737  in  Homburg  v.  d.  H.  eine  hebräische  Druckerei 
(Ersch  und  Gruber,  Sect.  II,  28,  S.  80).  Er  ließ  dort  1737  eine 
Machsor-Ausgabe  in  zwei  Teilen  erscheinen  (Zedner,  p.  467),  die 
mit  einem  Kommentar  versehen  ist,  welcher  auch  die  13  Middot^ 
kurz  erläutert.  Ob  Ahron  ben  Zebi,  der  die  deutsche  Vorrede 
unterzeichnet,  auch  der  Verfasser  des  Kommentars  ist,  kann  ich 
jetzt  nicht  untersuchen. 

3.8.  Jakob  Emden  ben  Zebi  (gest.  1776)  begann  die  Be- 
arbeitung des  Gebetbuchs  nach  seiner  Genesung  von  einer  schweren 
Krankheit  im  Jahre  1743  (Wagenaar,  p'^r'  rinbin,  p.  8  f.).  Er  erklärte 
auch  die  13  Middot  mit  Benützung  des  Talmud  und  seiner  Kom- 
mentare und  druckte  sie  im  ersten  Teile  seines  nban  "ino,  die  den 
Titel  D''ütr  möy  führt  und  in  Altona  1744  erschienen  ist  (Zedner, 
p.  460). 

39.  Elia  Wilna  ben  Salman  (gest.  1797)  schrieb  Text- 
verbesserungen und  Bemerkungen  zur  Baraita  über  die  13  Middot, 
die  unter  dem  Titel  x'njn  '^^p^b  im  i<  i^n -iitd  Jerusalem  1895  —  1898 
gedruckt  sind.  Die  Textverbesserungen  druckte  als  s"-ijn  mnii  Israel 
Meir  ben  Arje  Seeb  Kohen  aus  Radun  (Nr.  49)  in  seinem  Sifra- 
Kommentar  Pietrkow  1911  ab. 

40.  Jakob  Koppel  Lipschütz  schrieb  einen  ganz  im  lur- 
janischen  Sinne  gehaltenen  Gebetkommentar  ■npT  b'ip,  der  mit  dem 
•^'i '"nxno -iiTD  Slobuta  1804  gedruckt  ist  (Zedner,  p.  488).  Die  Er- 
klärung der  13  Middot  in  kabbalistischer  Weise  (50^ — 51'')  ist 
ganz  knapp  gehalten. 

41.  Gedalja  Lipschütz  (gest.  1826,  vgl.  Berliner  in  Monats- 
schrift 50,   S.  216)   ließ  in   Breslau  1818   sein  Werk  bü")^^  ncj3  er- 

VIII 


Die  hebräischen  Kommentare  zu  den  13  Middot  des  Rabbi  Ismael.     117 

scheinen    (Bj.   s  235),    das    unter  vielem    andern    auf  Blatt  49   die 
13  Middot  erklärt. 

42.  Zebi  Hirsch  ben  Naftali  Hirz  Rapoport  aus  Lem- 
berg,  Rabbiner  in  Dubno  (gest.  1865,  vgl.  Pesis,  n^onm  «Dnn  -rr 
S.  33  f.),  veröffentlichte  seineu  Doppelkommentar  □•'jnD  mir  und 
n-^)sr(  msDin  zum  Sifra  und  der  Baraita  der  13  Middot  in  Wilna 
1845  (Zedner,  p.  699).  Er  ist  sehr  ausführlich. 

43.  Isak  Eisik  Jehuda  Jechiel  b.  Alexander  aus  Komorno 
schrieb  einen  eingehenden  Kommentar  na"«,-!  nn'o  zum  Sifra,  der 
meist  auf  Ahron  Ibn  Chajjims  pna  p-ip  beruht  und  nur  Zusätze 
dazu  macht.  Er  erschien  in  Lemberg  1848  (Zedner,  p.  700). 

44.  Jakob  Zebi  Meklenburg  (gest.  1865)  untersucht  in 
seinem  Gebetkommentar  n'?an  jry  das  Wort  pi,  das  die  letzte  Regel 
einleitet  und  meint,  es  verbinde  die  letzte  Regel  mit  den  zwei 
vorangehenden,  um  ihre  Ähnlichkeit  zu  dokumentieren  und  es  ist 
nicht  pi  (=  jK3i),  wie  Wolf  Heidenheim  in  seinem  Raschi-Kommentar 
xnpfan  riDnn  zu  Numeri  VH,  85  in  Berufung  auf  Taschbaz  §  214, 
der  dieses  im  Namen  seines  Lehrers  Meir  Rothenburg  sagt,  zu 
lesen.  Vgl.  auch  Oppenheim  in  Kobaks  Jeschurun  6,  S.  204. 

45.  Isak  Hirsch  Weiss  (gest.  1906)  gab  in  Wien  1862  den 
Sifra  mit  der  Erklärung  des  Abraham  ben  David  (Nr.  4)  heraus, 
den  er  mit  meist  kurzen  Noten,  Tia'?nn  nnof^  betitelt,  versah.  Er  hat 
auch  zur  Erklärung  der  13  Middot  kurze  Bemerkungen  geschrieben. 

46.  Isak  Seligmann  Baer  (gest.  1897)  behandelt  in  seinem 
Kommentar  zu  den  täglichen  Gebeten,  gedruckt  in  bsity  nT,sr  "nc 
Rödelheim  1868,  S.  53  f.  die  Regeln  in  selbständiger  und  wissen- 
schaftlicher Form,  oft  mit  Heranziehung  des  Abudrahim.  ^ 

47.  Chajjim  Palagi  (der  jüdische  Polyhistor,  gest.  1868, 
seine  Grabschrift  und  seine  Schriften  in  A.  Freimann,  •'s:::  Tat' "rjy 
Berlin  1912,  S.  149  f.)  behandelt  in  seinem  methodologischen 
Werke  D^nn  b2,  Smyrna  1874,  fol.  9*^  in  kurzer  Weise  die  13  Middot. 

48.  Naftali  Herz  ha-Levi,  Rabbiner  in  Jaffa,  schrieb  einen 
Doppelkommentar  'bnss  -irr  und  -istr  nax  zu  den  Gebeten,  in  dem 
er  auch  die  13  Middot  erklärt  hat.  Er  ist  im  x'-ijn -iitd  Jerusalem 
1895—1898  gedruckt. 

49.  Israel  Meir  ben  Arje  Seeb  Kohen  aus  Radun  (Gouver- 
nement Wilna)  schrieb  seinen  Kommentar  zum  Sifra,  indem  er 
aus  den  Erklärungen  des  Abraham  ben  David,   Simson  aus  Sans, 

1  Es  ist  mir  unmöglich  alle  Erklärer  der  Gebete  anzugeben,  die  auch 
die  LS  Middot  kommentiert  haben,  weil  mir  die  neuen  und  neuesten  Siddur- 
Ausgaben  meist  nicht  zugänglich  sind. 

IX 


118  A.  Freimann. 

Ahron  Ibn  Chajjim  u.  a.,  das  ihm  einleuchtendste  sammelte  und 
mit  den  Textverbesserungen  des  Elia  Wilna  (Nr.  39)  versehen  in 
Pietrkow  1911  drucken  ließ. 

50.  Meir  Friedmann  (gest.  1908)  beschließt  den  Reigen  der 
Erklärer  der  13  Middot.  Als  posthumes  Werk  gab  die  Gesellschaft 
zur  Förderung  der  Wissenschaft  des  Judentums  in  Berlin  seine 
Sifra- Ausgabe,  Breslau  1915,  heraus,  die  leider  ein  Torso  geblieben 
ist.  Eine  ausführliche  Einleitung  und  ein  bis  ins  einzelne  gehender 
Kommentar  zu  den  13  Middot  geben  Berichtigungen  zum  Text 
und  Erläuterungen  der  Auffassung,  welche  die  Regeln  in  der 
talmudischen  Literatur  gefunden  haben. 

51.  Anonyme.  Ohne  Namen  des  Verfassers  sind: 

a)  cod.  Neub.  1267  ^^e  ^^(j  qq^  2496^,  sie  sind  identisch  und 
ganz  kurz  gehalten,  vgl.  Neubauer,  Cat.  Add.,  p.  1156  und 
Schechter  in  Beth  Talmud  IV,  S.  236,  Anm.  1;  cod.  2496  «  ist 
am  Ende  defekt,  cod.  Neub.  2164  3^  ist  gleichfalls  ganz  kurz. 

h)  Anonym  ist  ferner:  cod.  de  Rossi  62,  cod.  Parma  105  (Cat. 
Perreau  p.  191).  v 

c)  cod.  Leyden  59  5  (Steinschneider,  Cat.  p.  268  f.). 

d)  cod.  Günzburg  33,  cod.  Günzburg  937  (ob  auch  Günzburg 
1184,  weil  darauf  nn'BD  iirr  "'s  folgt?)  und  cod.  Günzburg 
1432 — 1433,  letzterer  in  italienischer  Sprache. 

Außer  diesen  Kommentaren  gibt  es  noch  einen  „Midrasch 
über  die  13  Middot".  Er  hat  unsere  Baraita  zur  Grundlage,  statt 
der  16  Beispiele  nur  14,  die  Beispiele  aber  sind  dem  Midrasch 
entnommen.  Er  findet  sich  im  Midrasch  ha-Gadol  und  ist  von 
D.  Hoffmann  in  Berliner  Festschrift,  hebr.  Teil,  S.  55  —  71,  mit 
einer  Einleitung  und  Noten  versehen,  herausgegeben  worden. 


Die  hebräischen  Kommentare  zu  den  13  Middot  des  Rabbi  Ismael.     119 


Register. 


Abraham  ben  David  4. 
Abraham  Elia  Kohen    19. 
Ahron  ben  Zebi  Hirsch  37. 
Ahron  Ibn  Chajjim  27. 
Ahron  Kohen    aus  Lunel 

14. 
Anonyme  51. 
Baer,  I.  S.  46. 
Baruch  ben  Isak  6. 
Beehai  ben  Ascher  11. 
Gases  31. 
Chajjim  Vital  26. 
David  Abudrahim  15. 
David  ben    Arje  Lob   aus 

Lida  36. 
David  Ibn  Bilia  13. 
Elia  Wilna  39. 
Friedmann,  M.  50. 
Gedalja  Lipschütz  41. 
Hillel  ben  Eljakim  3. 
Jakob  Chagis  28. 


Jakob  Emden  38. 
Jakob  Koppel Lipschiitz 40. 
Jechiel  Michael  Epstein. '^2. 
Jehuda     Arje     Lob     ben 

Josef  Samuel  35. 
Jehuda     ben     Kalonymos 

ben  Meir  7. 
Jesaja  Hurwitz  29. 
Immanuel  Aboab  25. 
Jochanan  ben  Josef  Treves 

21. 
Isak     ben     Jakob    Josbel 

Levi  24. 
Isak  ben  Josef  aus  Corbeil 

10. 
Isak  Eisik  Jehuda  Jechiel 

43. 
Israel  Meir  Kohen  49. 
Levi  ben  Gerson  16. 
Meir  Abulafia  9. 
Meklenburg,  J.  Z.  44. 


Menachem      Asaria      ben 

Jehuda  Lob  33. 
Naftali  Herz  ha-Levi  48. 
Naftali  Hirz  Treves  22. 
Palagi,  Gh.  47. 
Saadia  Gaon  1. 
Salomo  ben  Isak  2. 
Samuel  6. 

Samuel  ben  Josef  30. 
Samuel  Ibn  Serillo  20. 
Simcha  ben  Samuel  6. 
Simon  Akiba  Baer  34. 
Simson  ben  Abraham  aus 

Sens  8. 
Simson      ben     Isak      aus 

Ghinon  12. 
Todros  9. 
Vidal  Zarfati  23. 
Weiß,  I.  H.  46. 
Zebi    Hirsch    ben    Naftali 

Hirz  Rapoport  42. 


-  .32  nitt'''  fn  -  .23  \nipr\  "|-in  -  .12  m-ria  ^nn  -  .u  Q'^^n  mniN  -  .4s  nssi?  niax 

-  .47  u^'nn  b^  -  ,14 13  b'D  -  ,7  D''K-iittKi  D'xsn  ^mn^  -  .21  u^tp  min  -  .39  xnjn  mnjn 
nnoa  -  .27  pnx  nna  -  .39  i«"ijn  "'Dip^'?  -  .41  '^xnü"'  noDa  -  .20  hH^KiV  ^bh^ 

-  .4G  D'sna  niir  -  .4g  '^Knu''  mnr  -  .34  x-ns  nmar  -  .24  pn::  ''b:i?ü  —  .45  "nabnn 

-  .3G  nnyr  •'nna  -  .17  ns"'?s  'd  -  .43  r^z^ar^  nn-rr  -  .38  ffiau?  n^nv  -  *u  nbsn  jvr 

-  .29  rinnri  nimb  "^w  -  .21  XDitr^ax-i  üüf:}p  -  .35  mtü  y^  •''^ba  '^)Tp  -  .40  npy  "^ip 
.28  nüsn  n'?nn  -  .42  n-iiyn  nisoin  -  .ig  pn::  nru;  -  .48  ^br\s>i  nrir  -  .29  n"'iaiyn  nrir 


Handschriften. 

Leyden:  69^  .  .  .  51. 

Oxford:  Neub.  1267"";  2164  3";  2496  S;  2496  ^^^  ...  51. 
Parma:  Rossi  62;  Perreau  105  ...  51. 
Rom:   Vat.   107  *  ,  .  .   19. 

St.  Petersburg:  Günzburg  33  ...  51;   109  ...  11;  331 
1432-  1433   ...  51. 


18;  937 


61; 


XI 


Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  für 
die  agadische  Auslegung  der  Heiligen  Schrift. 

Von  V.  Aptowitzer,  Wien. 

Die  Interpretation  der  exegetischen  Normen  bildet  ein  Haupt- 
gebiet der  wissenschaftlichen  Tätigkeit  des  verehrten  Jubilars,  dem 
diese  Festschrift  gewidmet  ist.  Ihm  verdanken  wir  eine  Reihe 
scharfsinniger  Werke  auf  diesem  Gebiete  und  werden  ihm  —  wir 
hoffen  und  wünschen  es  —  noch  viele  andere  verdanken.  So  sei 
dem  Interpreten  der  Middoth  dieser  Beitrag  zur  Literaturgeschichte 
der  exegetischen  Normen  als  bescheidene  Festgabe  gewidmet. 
Dem  Meister  von  seinem  in  Dankbarkeit  und  Verehrung  ergebenen 
Schüler  und  Kollegen. 

Die  Frage  nach  dem  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  der 
agadischen  Auslegung  hat  bis  vor  einigen  Jahren  in  der  modernen 
literarhistorischen  Kritik  sich  in  normalem  Geleise  bewegt.  Ihre 
Beantwortung  hat  nicht  jene  Divergenzen  und  Extreme  hervor- 
gerufen, wie  sie  in  bezug  auf  manche  andere  Werke  der  talmudi- 
schen Literatur  bestehen.  Die  Zugehörigkeit  der  Baraita  zur  talmudi- 
schen Literatur  wurde  überhaupt  nicht  angezweifelt.  Auch  ihr 
tannaitischer  Ursprung  blieb  im  ganzen  unangefochten.  Von  den 
Beispielen  zu  den  einzelnen  Normen  behaupten  zwar  manche, 
daß  sie  ganz  oder  teilweise  der  amoräischen  Zeit  gehören, '  über 
die  Normen  selbst  aber  sind  auch  die  meisten  modernen  Forscher 
einig,   daß  gegen  die  Zuweisung  ihrer  Verfassung  oder  Zusammen- 


1  Vgl.  Katzenollenbogen,  ohv;  nn'n:,  Wilna  1859,  S.  XXVIII:  Koifmann, 
-131  a^C'D  S.  8  ff.;  Berlinor,  im  Israelit  18G9;  Bloch  in  Kobaks  Jeschuruu  IX, 
3.  49  ff.;  Bacher,  Agada  der  Tannaiten  II  293,  Anm.  1;  Exegetisclio  Terminologie 
Bd.  I.  S.  100  f.  Vgl.  auch  Frankel,  nJTOn  '2-n,  S.  187.  Vgl.  noch  Schwarz,  Die 
liermeneutische  Induktion  in  der  talraudischen  Literatur  S.  12  und  Schwarz, 
Die  liermeneutische  Antinomie  8.  24  f. 


122  V.  Apto witzer. 

Stellung  an  den  Tannaiten  R.  Elieser,  den  Sohn  R.  Jose  des 
Galiläers,  nichts  Ernstliches  vorgebracht  werden  kann.^  Der  Einzige, 
der  gegen  die  Autorschaft  R.  Eliesers  schwachen  Zweifel  aussprach, 
war  A.  Berliner,  der  sich  wie  folgt  äußert r^  „Die  Verbindung,  in 
welche  die  XXXII  (seil.  Middoth)  mit  dem  Namen  des  R.  Elieser 
ben  R.  Jose  des  Galiläers,  gebracht  wird,  dürfte  sich  in  folgender 
Weise  erklären  lassen.  Man  hatte,  und  vielleicht  gar  ohne  besondere 
Absicht,  an  die  Spitze  der  XXXII  Middoth  jenen  Satz  aus  Chullin  89^^ 
gestellt:  •]:'a  n^:!  mann  'b^b:n  'or  'i  bz'  lon  x"n  b'^s  r-ot  xsciö  nnxu?  mpö  b'D 
nD^-isKS.  Denn  erst  hierauf  beginnen  die  Middoth  selbst,  eingeleitet 
mit  den  Worten:  n^n-iD  mjK  miö  yb::.  Jener  Satz  steht  in  dieser 
Weise  ganz  ohne  Zusammenhang  mit  dem  nachfolgenden;  allenfalls 
bietet  er  nur  einen  schwachen  Anhalt  für  die  Authentizität  des 
R.  Elieser.  Es  sprechen  auch  innere  Gründe  dagegen,  den  R.  Elieser 
als  Redakteur  der  XXXII  Middoth  zu  halten,  da  Autoritäten  "darin 
angeführt  werden,  welche  lange  nach  R.  Elieser  gelebt  haben.  So 
z.  B.  in  Regel  VIII  R.  Chija,  oder  R.  Jizchak  nach  der  Lesart  des 
Jalkut  (Exod.  §  170),  in  Regel  X  R.  Jakob  ben  Chija.  Man  müßten 
sonst  annehmen,  daß  ursprünglich  R.  Elieser  die  XXXII  Middoth 
nur  präzis  zusammengestellt  habe  wie  R.  Ismael  die  XIII  Middoth, 
spätere  aber  zur  weiteren  Ergänzung  die  Beispiele  hinzugefügt 
haben." 

Wir  sehen  also,  daß  auch  Berliner  nur  zweifelt  und  noch 
immer  die  Baraita  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  der  amoräischen  Zeit, 
also  der  talmudischen  Literatur  zuweist. 

Aus  dieser  normalen  Bahn  wurde  die  Frage  nach  dem  Alter 
unserer  Baraita  gedrängt  durch  eine  vor  drei  Jahren  erschienene, 
dieser  Frage  besonders  gewidmete  Schrift  von  Dr.  Leo  Bardowicz.^ 

In  dieser  Schrift  wird  unserer  Baraita  die  Zugehörigkeit  zur 
talmudischen  Literatur  abgesprochen  und  sie  in  ihrer  jetzigen  Form 
für  ein  Produkt  der  nachsa'adianischen  Gaonimzeit  erklärt.  Der 
Verfasser    hat    seinem    Thema    viel    Fleiß    gewidmet    und    seine 


1  Zunz,  Gottesdienstliche  Vorträge*  SS.  90,  337;  Einhorn,  c>N3n  ß-no  Vor- 
wort und  passim.  Frankel,  nitron  »JiT  S.  186;  Graetz,  Geschichte  IV  3,  S.  185; 
Weiss,  VK'ini  -in  nn  II,  SS.  167,  205;  Brüll,  n:t:'r2n  xnr:  I,  3.  212;  Hoffmann,  Ein- 
leitung in  die  halachischen  Midraschim  S.  4.;  Katzenellenbogen,  Reifmann,  Bacher, 
Bloch,  Schwarz  an  den  hier  in  der  vorhergehenden  Anmerkung  genannten 
Stellen. 

3  Israelit  1869. 

3  Die  Abfassungszeit  der  Baraita  der  32  Normen  für  die  Auslegung  der 
Heiligen  Schrift.  Eine  Untersuchung  von  Dr.  Leo  Bardowicz,  Berlin  1913.  Vgl. 
auch  des  Verfassers  Aufsatz  in  „Freie  Jüdische  Lehrerstimme"  III,  S.  31. 

II 


Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  etc.  123 

Argumentation  geschickt  und  mit  großem  gelehrten  Apparat 
durchgeführt.  Seine  Argumente  wirken  auf  den  ersten  Blick  be- 
stechend und  sind  geeignet,  den  unbefangenen  Leser  ganz  für 
die  These  zu  gewinnen.  So  hat  auch  manch  ernster  Gelehrte  sich 
von  ihr  gefangen  nehmen  lassen. 

Es  gilt  aber  auch  in  der  Wissenschaft  das  Verbot  der  Be- 
stechungsannahme: man  darf  von  dem  Radikalismus  einer  These 
und  dem  äußern  Glanz  der  Beweisführung  sich  nicht  dazu  ver- 
leiten lassen,  ohne  weitere  Prüfung  die  These  selbst  für  erwiesen 
zu  halten.  In  der  Tat  hat  eine  genaue  Prüfung  der  Bardowicz- 
schen  Beweise  ergeben,  daß  keiner  von  ihnen  stichhältig  ist,  daß 
also  seine  These  wohl  radikal,  aber  ganz  wurzellos  ist. 

Dies  nachzuweisen  und  so  für  die  Baraita  eine  „restitutio  in 
integrum*  —  im  wörtlichen  und  juristischen  Sinne  —  zu  vindi- 
zieren, ist  Zweck  der  folgenden  Ausführung. 

Gegen  die  althergebrachte,  geläufige  Ansicht  über  Alter  und 
Autor  unserer  Baraita  hebt  Bardowicz  eine  Reihe  von  Schwierig- 
keiten hervor  und  faßt  dann  das  Resultat  seiner  Untersuchung 
wie  folgt  zusammen: 

„R.  Elieser,  Sohn  des  Galiläers  R.  Jose,  kann  nicht  als 
Schöpfer  und  Urheber  der  32  Middoth  angesehen  werden,  da 
28  derselben  sich  an  die  Namen  anderer,  zumeist  viel  älterer 
Tannaiten  knüpfen.  Aber  auch  die  Sammlung  und  Zusammen- 
stellung, sozusagen  die  Redaktion  der  32  Middoth  kann  REbJG 
nicht  zugeschrieben  werden,  da  zwei  derselben,  die  14.  und  28., 
erst  in  der  amoräischen  und  wieder  zwei,  die  9.  und  11.,  erst  in 
der  gaonäischen  Zeit  nachweisbar  sind,  davon  ganz  abgesehen, 
daß  REbJG,  wäre  er  der  Redaktor  unserer  Baraita  gewesen,  von 
den  in  ihr  vereinigten  Regeln  in  seinen  eigenen  Schriftauslegungen 
häufigen  Gebrauch  hätte  machen  müssen,  während  er  in  Wirk- 
lichkeit die  Middoth  überhaupt  verhältnismäßig  selten  verwendet 
und  sich  überdies  auf  den  Gebrauch  nur  einiger  weniger  Regeln 
beschränkt,  die  zu  den  populärsten  gehörten.  Die  Sammlung  und 
Vereinigung  unserer  32  Middoth  kann  aber  auch  in  die  amoräische 
Zeit  nicht  verlegt  werden,  weil  die  9.  und  11.  Regel  viel  jünger 
sind.  Neben  den  bezeichneten  Argumenten  spricht  auch  noch  die 
Tatsache,  daß  in  der  ganzen  Traditionsliteratur  der  32  Middoth 
keine  Erwähnung  geschieht,  dafür,  daß  deren  Sammlung  und  Zu- 
sammenstellung weder  in  der  tannaitischen  noch  in  der  amoräischen 
Zeit  stattgefunden  hat;  denn  bei  der  eminenten  Bedeutung  der 
Middoth    und   deren   häufiger   Anwendung    seitens    der  Tannaiten 

III 


124  V.  Aptowitzer.  "    • 

und  Amoräer  hätten  sie  entschieden  genannt  werden  müssen, 
würde  diese  Vereinigung  von  Interpretationsnormen  in  jener  Zeit 
bestanden  haben.  Dies  alles  führt  mit  Notwendigkeit  zu  der  An- 
nahme, daß  die  32  Middoth,  die  erst  in  der  gaonäischen  Zeit  auf- 
tauchen, in  eben  dieser  Zeit  erst  aus  den  im  rabbinischen  Schrifttum 
vorkommenden  Auslegungsregeln  (mit  Ausnahme  der  9.  und  11.  Regel) 
ausgewählt  und  vereinigt  worden  sind.  Durch  diese  .  .  .  Lösung 
unserer  Frage  werden  all  die  oben  behandelten  Schwierigkeiten 
mit  einem  Schlage  behoben,  ebenso  die  zuletzt  berührte,  warum 
nämlich  Scherira  in  der  oben  aus  seinem  Sendschreiben  zitierten 
Stelle  unsere  „Baraita"  nicht  kennt.  Er  konnte  da,  wo  er  von  den 
Behelfen  spricht,  deren  sich  schon  die  Alten  bei  ihrer  Gesetzes- 
forschung bedienten,  wohl  die  13  Middoth  des  R.  Ismael,  sowie 
auch  einzelne  Regeln,  die  in  den  32  Middoth  vorkommen,  nennen, 
nicht  aber  die  Vereinigung  dieser  letzteren  als  Ganzes,  w^il  es 
ein  Anachronismus  gewesen  wäre." 

Diese  Beweisführung  leidet  an  dem  Fehler,  daß  die  als 
Prämissen  dienenden  Tatsachen  falsch  gedeutet  sind.  Ist  dies 
erkannt,  so  fällt  der  ganze  Bau  in  sich  zusammen. 

I.  In  der  rabbinischen  Literatur  wird  mit  der  Jugend  der 
Quelle  oder  des  Autors  nicht  immer  zugleich  auch  die  Jugend 
des  von  dieser  Quelle  oder  diesem  Autor  Überlieferten  mitgesetzt. 
Dies  beweisen  die  unzähligen  Fälle,  in  denen  amoräische  Sätze 
inhaltlich  und  oft  auch  wörtlich  mit  einer  Baraita  oder  der 
Tosefta  übereinstimmen. ^  Es  ist  überflüssig,  einzelne  Belege  an- 
zuführen: alle  MTinD  «"Dn,  xron  ]b  rat'öp  •'kö  und  n^b  r"D!2  KSi'''?  sind 
Beispiele  dafür.  In  vielen  Fällen  ist  die  Übereinstimmung  vor- 
handen, ohne  daß  der  Talmud  darauf  aufmerksam  macht,  wie 
schon  Nachmanides  konstatiert  hat-  Äußerst  lehrreich  sind 
folgende  Beispiele: 

1.  Baba  Bathra  151^  unten  heißt  es:  „Wenn  jemand  aus 
Anlaß  seines  Todes  Legate  vermacht,  so  ist  dabei  der  Mantel- 
griff nicht  nötig;  aber  nur  wenn  er  gestorben  ist,  wird  die  Zu- 
wendung rechtskräftig;  ist  er  genesen,  kann  er  rückgängig  machen, 
selbst  wenn  der  Mantelgriff  stattgefunden  hat",  s*'?  nn^^  niania  miscia 
n-'o^ö  i3pT  DJ  hv  t|Ki  -inn  -lar  ,nf2i  Kim  pop  K-'rn.  Dieser  Satz  wird  mit  «na'^m, 


1  Vgl.  Aptowitzer,  Monatsschrift  1908,  S.  74S  f. 

2  Vgl.  Jad  Maleachi  N.  639.  Die  dort  erwähnten  Stellen  sind:  Sabbath  128", 
Baba  Mezia  52"  n'prn  und  53''  unten  die  Baraita,  Baba  Bathra  11\  Abodah 
Sarah  38".  Vgl.  Auch  Pesachim  49*  und  Tossafoth  v.  «':n. 

IV 


Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  etc.  125 

also  mit  der  der  Schlußredaktion  des  Talmuds  oder  gar  den 
Saburäern  gehörenden  Formel  angeführt.  Diese  Rechtsnorm  findet 
sichabernicht  bloß  schon  in  derTosefta,^  sondern  auch  fast  wörtlich 
bei  Paulus-.-  „Denn  dort,  wo  ein  Testament  vorhanden  ist,  muß  der 
Tod  dessen,  der  es  errichtet,  bekannt  sein.  Denn  nur  durch  den 
Tod  wird  gefestigt  das  Testament,  und  es  hat  keine  Kraft,  so 
lange  der,  der  es  errichtet,  am  Leben  ist".  Wir  sehen  also,  daß 
eine  Rechtssatzung,  die  im  Talmud  als  spätamoräischen  Ursprungs 
erscheint,  schon  vom  Hebräerbrief  als  bekanntes,  geläufiges  Recht 
vorausgesetzt  wird. 

2.  Aussprüche  R.  Akibas  finden  sich  mehr  oder  weniger 
wörtlich  im  Sirach.^  Die  Erubin  54^  im  Namen  Rabs  mitgeteilte 
Sentenz  befindet  sich  in  Sirach  14,  11—18. 

3.  Sätze  aus  der  Mischna  werden  im  Namen  später  Amoräer 

angeführt* 

4.  Und  werden    nicht    auch    sogar   Bibelstellen  im  Namen 

von  Lehrern  angeführt?^ 

5.  Und  wer  zählt  die  Fälle,  wo  eine  Baraita  in  der  einen 
Quelle  —  als  Satz  eines  Amoras  in  einer  anderen  erscheint?  »^ 

Angesichts  dieser  Tatsachen  —  die  Bardowicz  unbekannt  zu 
sein  scheinen,  da  er  sich  sonst  mit  ihnen  hätte  auseinandersetzen 
müssen  —  ist  aus  dem  Umstand,  daß  wir  die  Anwendung  der 
14.  und  28.  Middah    nur   bei    Amoräern    finden,    der  Schluß,    daß 


1  Baba  Bathra  VII  10  (409"):  r«  n:no  ,n  inn'?  hiy  (Sia&ijxrj)  'p'n»n  sman 
13  nnnS  ht2\  Wenn  jemand  ein  Testament  schreibt,  kann  er  es  rückgängig  macheu ; 
(wenn  er)  eine  Schenkung  (schreibt),  kann  er  sie  nicht  rückgängig  machen. 

2  Hebräerbrief  9,  16—17.  Vgl.  Aptowitzer,  Die  syrischen  Rechtsbücher,  S.  42. 

3  Vgl.  Pesachim  112"  mit  Nidda  16";  Chagiga  15"  mit  Sirach  7,  12;  Syn- 
hedrin  66",  Gen.  K.  XI,  5.  Pesikta  Rabbathi  ed.  Friedmaun  119"  und  Tanchuma 
NKTi  ':)  §  33  mit  Sirach  36  (33),  7  und  9.  Vgl.  Graetz,  Gnostizismua  und  Judentum, 
SS.  119,  121;  Bacher,  Ag.  Tan.  I,  SS.  277,  296;  Theodor  zu  Gen.  R.  a.  a.  O.,  S.  93. 

4  Synhed.  37",  Baba  Bathra  78".  Vgl.  noch  Joma  19"  mit  Aboth  I,  13. 
Ukzin  Ende  wird  Synhed.  100"  im  Namen  Rabba  bar  Mari  angeführt. 

•'  Aboth  IV,  19,  Kethuboth  22",  Synhed.  101"  unten.  Vgl.  auch  Aboth  IV,  14. 

6  Vgl.  z.  B.  die  Baraita  Tosofta  Sotah  XIII  Ende,  Joma  9",  Sotah  48"  und 
Baba  Mezia  90",  die  im  Jerusch.  Sotah  IX  10  24»  im  Namen  R.  Jochanans  mit- 
geteilt wird.  Die  Baraita  Joma  20"  erscheint  Gen.  r.  VI  7  als  Ausspruch  Levis. 
Die  Baraita  Kethuboth  112"  wird  Jerusch.  Teah  VII  3,  Sotah  I  7  und  Sotah  IX  13 
im  Namen  R.  Chijah  bar  Abba  mitgeteilt.  Die  Tosefta  Ma'asser  Scheni  II  2  er- 
scheint Berachot  38"  als  Ausspruch  Rab  Assis.  Vgl.  dazu  nScn  d'KI^  68",  Anm.  31 
Ende;  Sifre  Deut.  §  6  erscheint  Gen.  Rabl)ali  XVI  14  als  Erklärungen  Judas. 
Vgl.  dazu  Bacher,  Ag.  der  paläät.  Am.  III  240,  Anm.  6.  Vgl.  noch  die  Baraita 
Synhed.  66"  mit  Gen.  XVI,  16. 


126  V.  Aptowitzer. 

diese  Amoräer  auch  die  ersten  Urheber  dieser  Middoth  gewesen, 
absolut  unsicher.^ 

IL  Auch  die  Baraita  des  R.  Ismael  besteht  ja  größtenteils 
aus  älteren  Regeln,  da  sie  die  sieben  Middoth  Hillels  enthält,  die 
ihrerseits  zum  Teil  ebenfalls  älter  sind  als  Hillel.- 

Es  kann  also  die  Baraita  der  32  Normen  ebensogut  und  in 
demselben  Sinne  R.  Elieser  ben  R.  Jose  ha-Gelili  gehören,  wie  die 
Baraita  der  13  Middoth  R.  Ismael. 

III.  Daß  Scherira  sie  nicht  erwähnt,  erklärt  sich  einfach  aus 
der  Tatsache,  daß  er  in  der  fraglichen  Stelle  des  Sendschreibens 
nur  von  der  halachischen  Forschung  spricht.^  Da  konnte  er 
die  Baraita,  die  hauptsächlich  der  Agada  dient  und  sich  als  Samm- 
lung von  Normen  für  die  agadische  Auslegung  bezeichnet,  nicht 
anführen.  Daher  erwähnt  er  bloß  einzelne  Regeln  der  Baraita,  die 
in  der  Halacha  Verwendung  finden;  die  Baraita  als  Ganzes  konnte 
er  nicht  erwähnen. 

IV.  Daß  R.  Elieser  nicht  alle  Middoth  der  Baraita  anwendet, 
würde  nur  dann  vielleicht  einen  Anhaltspunkt  gegen  seine  Autor- 
schaft abgeben,  wenn  es  feststünde,  daß  uns  alle  agadischen  Aus- 
legungen R.  Eliesers  überliefert  sind.  Es  wird  aber  auch  schwer 
sein  nachzuweisen,  daß  R.  Ismael  alle  von  ihm  überlieferten 
Middoth  anwendet. 

V.  Daß  die  Baraita  in  der  talmudischen  Literatur  nicht  erwähnt 
wird,^  beweist  nichts.  Auch  die  Mechilta,  sowohl  die  des  R.  Ismael 


1  Was  die  14.  Middah  betrifft,  ist  es  aucli  nicht  richtig,  daß  sie  nur  von 
Amoräern  angewendet  wird,  da  sie  auch  in  der  Mecliilta  und  in  Aboth  R.  Nathan 
vorkommt,  was  ja  Bardowicz  Itennt.  Wenn  sie  im  Midr.  Ps.  im  Namen  Chiskias 
mitgeteilt  wird,  so  ist  dies  ein  neuer  Beleg  für  das  hier  im  Text  Ausgeführte, 
nicht  aber,  wie  Bardowicz  meint,  dafür,  daß  Chiskia  der  Autor  der  Stelle  ist. 
Es  ist  auch  möglich,  daß  der  Redaktor  des  Midr.  Ps.,  der  Chiskia  für  den 
Redaktor  der  Mechilta  des  R.  Simon  hielt,  aus  diesem  Grunde  die  Mechilta- 
stelle  in  Chiskias  Namen  anführt,  wie  der  Jeruschalmi  die  Tosefta  im  Namen 
R.  Chijas  und  die  Mechilta  im  Namen  von  R.  Ismael. 

2  Vgl.  Schwarz,  Die  hermeneutisclie  Induktion  S.  145.  Vgl.  auch  Bardowicz 
S.  6,  Anm    2. 

-.lühn  j'^in  'S'Q  j'S'x  ,finS  onjnj  im  nn  h^  ,pnn3S'l  o'Jit^'NT  nroN  nn  id„  ^ 

4  S.  19  ff.  erinnert  Bardowicz  an  die  Tatsache,  „daß  im  Talmud  und  in 
den  Midraschim  allerliand  Werke  in  nicht  geringer  Zahl  zum  Zwecke  der  Beweis- 
führung, der  Quellenangabe  und  aus  sonstigen  Anlässen  mit  Namen  angeführt 
werden".  Er  gibt  dann  eine  lange  Liste  solcher  Werke,  die  aber  vielfach  be- 
richtigt werden  muß:  1.  D'Snn  m.ix  und  m-ix  ü'9'n  -i£3D  sind,  wie  S.  19,  Anm.  9, 
richtig  angegeben  wird,  ein  Werk;  sie  dürfen  also  nicht  zweimal  gezählt  werden.  — 

VI 


Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  etc.  127 

wie    die    des    R.   Simon,^    und    Aboth    R.  Nathan    werden    in    der 
Traditionsliteratur  nicht  erwähnt. 

VI.  Daß  die  9.  und  11.  Middah  erst  in  gaonäischer  Zeit  vor- 
kommen, setzt  ja  schon  die  Unechtheit  der  Baraita  voraus;  es 
geht  nun  nicht,  aus  dieser  Behauptung  wieder  die  Unechtheit  der 
Baraita  zu  beweisen.  Übrigens  ist  es  noch  gar  nicht  ausgemacht, 
daß  diese  Middoth  im  rabbinischen  Schrifttum  nicht  angewendet 
werden;  was  der  Verfasser  S.  28  ff.  gegen  die  von  Einhorn  und 
Katzenellenbogen  angeführten  Beispiele  einwendet,  ist  nicht  immer 
stichhältig.  So  sind  Sifre  Deut.  §  211,^  Pesachim  118^  und  Joma  87^ 


2.  Daß  TKQ  '3-n  »33X  kein  Werk  dieses  Namens  ist,  steht  längst  fest;  vgl.  Bacher, 
Ag.  Tann.  2  II  S.  10,  Anm.  4.  Bardowiez'  Verweis  auf  Epstein,  Beiträge  zur 
jüdischen  Altertumskunde  S.  98,  ist  irrig,  da  Epstein  die  Annahme,  das  fragliche 
r;""n  »^3N  sei  ein  Midraschwerk,  entschieden  zurückweist.  Bekannt  ist  die  geist- 
reiche Erklärung  D.  Lurjas,  die  ich  einmal  gelegentlich  der  Exegese  der  be- 
treffenden Midraschstelle  dahin  ergänzt  habe,  daß  für  '^3«  die  Abbreviatur  '"ajx 
zu  vermuten  ist,  d.  h.  'oSrn'n  'O:  kd^n,  woraus  dann  'Dix  geworden.  Übrigens 
fehlt  der  Hinweis  in  den  Handschriften  bei  Theodor.  —  3.  xnnns  xn"iiN 
Sabbath  116"  ist  kein  Werk.  Dort  sagt  der  Judenchrist,  daß  die  Thora  Moses 
durch  eine  andere  Thora  ersetzt  wurde.  Denkt  man  aber  an  das  Evangelium, 
wie  Handschriften  bei  Rabbinowicz  lesen,  dann  dürfen  nicht  D'jv'jjn  besonders 
angeführt  werden.  —  4.  Da  ni'X'  nnSn  und  m'i''  "iSD  identisch  sind,  dürfen  sie 
nicht  als  zwei  Werke  gerechnet  werden.  Die  anderen  10  nn^n  sind  „Satzungen" 
und  keine  Schriften.  Weiß'  gegenteilige  Annahme  ist  durch  nichts  begründet. 
Solcher  m^^n  werden  bei  fünfzig  erwähnt;  vgl.  Guttmann,  Zur  Einleitung 
in  die  Halacha  S.  20—24.  Von  den  dort  erwähnten  no^n  sind  vielleicht  manche 
als  selbständige  Werke  oder  Baraitas  zu  betrachten.  —  5.  Daß  nh^  n^DD  kein 
Werk  dieses  Namens  ist,  vgl,  Aptowitzer  in  Monatsschrift  1908,  S.  306,  REJ  1909, 
S.  239  ff.  und  iJH  pNO  TiSi^n  IV,  S.  19  f.  —  6.  n»D2n  mSra  und  n'H'ity  m^co 
werden  nicht  als  Werke  zitiert.  —  7.  nnyio  mo  ist  ebenfalls  kein  Werk,  sondern 
bloß  „Ordnung  der  Festtage".  Es  handelt  sich  um  die  Einsetzung  des  festen 
Kalenders.  Vgl.  Frankel,  Introductio  101";  Grätz  IV2  344;  Weiß,  Zur  Geschichte 
III  114;  Bacher,  Ag.  der  pal.  Am.  III  235.  —  8.  Nnp'DB  in  Gen.  r.  I  6  ist  Be- 
merkung eines  Kopisten,  was  schon  Buber,  Einleitung  zur  Pesikta,  S.  XXXVIIl, 
erkannt  hat.  Vgl.  Theodor  zur  Stelle  in  Gen.  r.,  wo  der  Hinweis  in  den  Hand- 
schriften fehlt. 

1  Nach  Hoffmann,  Einleitung  in  die  halachischen  Midraschim  S.  27  ist 
v'aun  mo  in  Midr.  Ps.  36,  1  die  Mechiltha  des  R.  Simon.  Dies  ist  aber  gar  nicht 
sicher.  Das  Wort  scheint  vielmehr  dasselbe  zu  bedeuten  wie  Gittin  67"  und 
Menachoth  18":  Lehrmeinung,  Lehrsystem.  In  Gittin  sagt  R.  Simon  selbst  'nnfi  UK*. 
Vgl.  Friedmanns  Einleitung  in  die  Mechiltha  S.  XXXII.  Vgl.  auch  Hoffmanns 
Einleitung  zu  seiner  Mechilthaedition, 

2  Die  Deutung  beruht  offenbar  auf  dem  Gebrauch  der  weniger  häufigen 
Form  nu-N  statt  nti'N.  Gewiß  ist  für  uns  riü-N  Status  constructus  mit  iNn  ns'  als 
nomen  rectum;  der  Sifre  aber,  der  die  Tradition  in  der  Bibel  nachweisen  will, 
meint,  daß  die  Thora  doch  richtiger  hätte  sagen  müssen  iNfi  ns'  nC'X,  wenn  sie 

VII 


128  V.  Aptowitzer.  ■    . 

in  der  Tat  sichere  Belege  für  die  Anwendung  der  9.  Middah.  Wenn 
der  Verfasser  von  den  zwei  letzten  Beispielen  meint,  sie  brauchen 
nicht  widerlegt  zu  werden,  so  ist  dies  eine  allzu  bequeme  Methode, 
die  mit  des  Verfassers  unberechtigter  Voraussetzung  zusammen- 
hängt, daß  die  Schwierigkeiten  derart  beschaffen  sein  müssen, 
daß  auch  wir  sie  auf  keine  andere  Weise  lösen  können.  Daß  diese 
Voraussetzung  unberechtigt  ist,  beweist  unsere  Baraita  selbst, 
von  deren  Beispielen  für  die  11.  Middah  nur  eins,  das  aus 
II  Chr.  30,  18 — 19,  so  beschaffen  ist,  daß  die  Notwendigkeit  des 
Zusammenziehens  der  beiden  Verse  ersichtlich  ist,  während  bei 
den  übrigen  drei  Beispielen  die  Annahme  eines  pbnw  -mo  als  eine 
rein  willkürliche  erscheint. ^  —  Das  Prophetentarguin  ergänzt  oft 
den  Bibeltext; 2  daß  diese  Ergänzungen  durchwegs  auf  eine  von 
unserem  Texte  abweichende  Vorlage  zurückgehen  und  nicht  viel- 
mehr auf  der  Anwendung  der  9.  Middah  beruhen,  wird  -doch 
niemand  behaupten  wollen,  besonders  in  den  Fällen,  wo  die  ältere 
Bibelübersetzung,  die  Septuaginta,  nicht  mitTargum  übereinstimmt. 
Dies  ist  aber  der  Fall  gerade  bei  den  von  unserer  Baraita  ge- 
gebenen Beispielen:  Richter  7,  18  und  II.  Sam.  13,  39,  wo  das 
Targum,  abweichend  von  der  LXX,  D-in,^  beziehungsweise  trsD'*  er- 
gänzt. Die  Anwendung  der  9.  Middah  in  tannaitischen  und  amo- 
räischen  Quellen  ist  also  sichergestellt.  Auch  für  die  11.  Middah 
sind  die  von  Katzenellenbogen  angeführten  Beispiele  Chullin  60^ 
und  Jerusch.  Peah  I  1  nicht  „mit  einem  Strohhalm  wegzudrängen". 
Wenn  auch  nicht  absolut  sicher,  so  ist  es  doch  wahrscheinlich 
oder  wenigstens  möglich,  daß  in  ihnen  die  11.  Middah  angewendet 


uns  nicht  durch  die  Wahl  der  Form  nti'X  auf  ein  nomen  rectum  hinweisen 
wollte,  das  notwendig  den  Status  constructus  von  nc'N  erfordert,  also  CK, 
während  ixr  ns'  doch  richtiger  als  Adjektiv  mit  ntJ'N  ausgedrückt  werden  müßte; 
es  ist  daher  nach  ntr«  das  Wort  t:*'«  hinzuzudenken.  Also  die  9.  Middah. 

1  Es  ist  im  allgemeinen  keine  Berechtigung  vorhanden  zu  der  von  Bardo- 
wicz  so  scharf  betonten  Behauptung,  daß  die  Schwierigkeiten,  die  mittels  der 
9.  und  11.  Middah  gelöst  werden  sollen,  von  uns  erkannt  und  anerkannt  werden 
müssen.  Was  uns  glatt  erseheint,  konnte  für  die  alten  Ausleger  eine  Schwierig- 
keit haben;  oder  die  Schwierigkeit  wurde,  wie  in  der  behandelten  Sifrestelle, 
zu  einem  bestimmten  Zwecke  betont,  wenn  sie  auch  leicht  zu  lösen  war. 

Übrigens  wurden  auch  die  13  Middoth  des  R.  Ismael  nicht  immer  unter 
den  ursprünglichen  Bedingungen  angewendet,  worüber  man  sich  aus  den 
methodologischen  Schriften  von  Rektor  Schwarz  unterrichten  kann. 

2  Zahlreiche  Beispiele  bei  Aptowitzer,  Das  Schriftwort  in  der  rabbinischen 
Literatur  I— V. 

3  So  auch  die  Pesehita,  die  aber  oft  von  Targum  abhängt. 
'  Vgl.  Aptowitzer,  Das  Schriftwort  III,  S.  41. 

VIII 


Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  etc.  129 

wird.  Für  das  erste  Beispiel  ist  diese  Wahrscheinlichkeit  groß.* 
Übrigens  stehen  die  alten  Versionen  selbst  oft  unter  dem  Einfluß 
der  rabbinischen  Deutung,-  die  natürlich  viel  älter  ist  als  die 
Quellen,  in  denen  sie  überliefert  ist. 

Gegen  das  Alter  der  11.  Middah  macht  Bardowicz  S.  36  ff. 
folgendes  geltend:  Diese  Regel  setzt  eine  autoritative,  feststehende 
Versabteilung  voraus,  eine  solche  hat  es  aber  in  tannaitischer 
und  amoräischer  Zeit  noch  nicht  gegeben.^  Dieses  Argument  ist 
ganz  unbegreiflich.  Selbst  wenn  es  tausend  und  abertausend  Vers- 
abteilungssysteme gegeben  hätte,  hätte  ein  Bibelerklärer  auf  Grund 
einer  für  ihn  maßgebenden  Abteilung  die  Regel  pbnw  mnoö  auf- 
stellen können.  Wenn  der  Tannaite  Isi  ben  Jehuda  sagt,^  daß 
Gen.  49,  6—7  die  Versabteilung  schwankt,  und  wenn  im  Talmud'' 
die  Mitte  der  Verse  angegeben  wird,  so  folgt  daraus  unausweichlich 
eine  von  den  beiden  Tatsachen:  entweder  hat  es  zur  Zeit  der 
Autoren  dieser  Nachrichten  eine  allgemeine  oder  wenigstens  in 
einem  bestimmten  Kreise  anerkannte  Versabteilung  gegeben,^  oder 
diese  Autoren  haben  ihre  Angaben  von  dem  für  sie  maßgebenden 


1  Vgl.  Aptowitzer  a.  a.  O.  IV,  S.  135. 

»  Vgl.  Frankel,  Über  den  Einfluß;  Aptowitzer  ZAW.  1909,  S.  241—252; 
Heller,  Untersuchungen  über  die  Peschita. 

3  S.  37,  Anni.  2  hätte  Bardowicz  auf  Responsen  der  Gaonim  ed.  Harkavy 
N.  5  verweisen  sollen,  wo  der  Unterschied  zwischen  palästinischer  und  baby- 
lonischer Versabteilung  hervorgehoben  wird.  Dasselbe  Responsum  auch  in 
D'JiC'KT  Se*  jmin  II,  S.  48. 

*  Mechiltha  zu  Ex.  17,  9;  Joma  52",  Aboth  R.  Nathan  II.  Rez.  Kap.  44; 
Jerusch.  Abodah  sarah  II  7  iV;  Gen.  r.  LXXX  6;  Cant.  r.  I  17;  Baraita  von 
der  Stiftshütte  Kap.  10;  Tanchuma  nh^'2  §  26. 

5  Kidduschin  30". 

6  Wenn  es  in  tannaitischer  Zeit  nicht  eine  allgemein  anerkannte, 
autoritative  Versabteilung  gegeben  hätte,  so  wären  die  auf  Verszählung 
beruhenden  Bestimmungen  der  Mischnah  Megilla  24''  und  Tosefta  Megilla  IV 
16 — 17  unmöglich  gewesen,  da  ja  jeder  Vers  beliebig  geteilt  und  wieder  eine 
Anzahl  von  Versen  zu  einem  Vers  zusammengezogen  werden  konnten.  Die  Sache 
verhält  sich  aber  so:  Es  hat,  was  ja  nicht  im  Ernst  bezweifelt  werden  kann, 
eine  allgemein  gültige  Versabteilung  gegeben,  die  aber  an  einigen  Stellen 
unsicher  war.  Darauf  beziehen  sieh  die  Stellen,  die  für  eine  schwankende  Vers- 
teilung zu  sprechen  scheinen.  Sehen  wir  doch,  daß  selbst  nach  Feststellung  des 
Bibeltextes  durch  die  Massorah  mit  ihrer  fast  dem  Gewicht  des  Bibelwortes 
gleichkommenden  Autorität  viele  Abweichungen  vom  rezipierten  Text  vorkommen. 
Vergleicht  man  aber  die  Zitate  im  rabbinischen  Schrifttum,  so  findet  man,  daß 
die  den  Rabbinen  bekannte  Versabteilung  —  vielleicht  mit  einigen  wenigen 
Ausnahmen  —  mit  der  unseres  Massorahtextes  sich  deckt.  Das  gilt  im  großen 
ganzen  auch  von  den  alten  Versionen. 

Fostscbrit't.  9 

IX 


130  V.  Aptowitzer. 

Bibeltext  abgeleitet,  ohne  sich  um  die  anderen  Texte  zu  kümmern. 
Warum  soll  nun  nicht  dasselbe  auch  von  der  Regel  p'?rott>  mnoö 
gelten?  Und  noch  viel  wichtigeres:  Gorade  bei  den  Bibelstellen, 
die  die  Baraita  als  Beispiele  für  die  1 1.  Middah  anführt,  läßt  sich 
die  von  ihr  vorausgesetzte,  mit  unseren  Texten  übereinstimmende 
Versabteilung  in  tannaitischer  Zeit  nachweisen.  Die  Beispiele  sind: 
I.Sprüche  23,  31—32;  2.  Job  6,  13-14;i  3.  Job  17,  4—5;  4.  IL  Chr.  30, 
18—19.  Vergleicht  man  dazu  die  alten  Versionen,  so  findet  man, 
daß  in  1  bis  3  die  LXX  und  in  1,  2  und  4  die  Peschita  dieselbe 
Versabteilung  bietet  wie  die  Baraita  und  der  Massorahtext.^  Wenn 
aber  der  Tannaite  Isi  ben  Jehuda  sagt,  daß  an  einer  Stelle  der 
Bibel  die  Versabteilung  schwankt,  so  ist  in  diesem  Ausspruch 
indirekt  die  Regel  pbnjtr  mnoa  enthalten ;3  denn  wenn  die  eine 
Abteilung  richtig  ist,  so  liegt  in  der  anderen  ein  pbn:]:;  -niD  vor. 
Wenn  nun  dieser  Tannaite  sagt,  daß  man  lesen  könnte  -ins'-nr,* 
so  kann  er  ja  seinen,  mit  MT  übereinstimmenden  Text  nur 
mittels  der  11.  Middah  p"?™'!:? -incü  erklären;  ebenso  mußte  er, 
wenn  er  die  Abteilung  in  seinem  Text  für  die  richtige  hielt^. 
die  Lesart  der  andern  Texte  -nnx  -nty  für  einen  pbm'i:;  -mo  halten. 
Es  ist  also  auch  die  Anwendung  der  11.  Middah  in  tannaitischer 
Zeit  gesichert. 

VIL  Eine  Stütze  für  seine  These  glaubt  Bardowicz  in  einer 
Stelle  des  einem  Schüler  Sa'adias  zugeschriebenen  Chronikkom- 
mentars gefunden  zu  haben.  Die  Stelle  zu  I  Chr.  23,  3  lautet: 
ji«:  nnro  nn  ■^övb'?«  n^dhu^  m'^nrn  -isd::i  ö^xsrn  nnöa  "rra  ibbn  ünm  p3rm 
n3''tt'\i  nsDQ.  Die  Stütze,  die  Bardowicz  aus  dieser  Stelle  gewinnt, 
beruht  auf  der  künstlichen  Deutung  des  Ausdruckes  ."Q"'U>\i  nsD, 
daß  darunter  von  den  Gaonim  verfaßte  Werke  zu  verstehen  sind, 
während  der  natürliche  Wortsinn  es  fordert,  in  diesen  „Büchern 
des  Lehrhauses"  nichts  anderes  zu  sehen,  als  Bücher,  die  im 
Lehrhause  vorhanden  waren,  wie  Ginzberg,  Geonica  I  178,  Anm.  l, 
gegen  Harkavy  bemerkt.  Auch  daß  das  von  Sa'adia  aus  dem  Lehr- 
hause mitgebrachte  n"'örn  nna  unsere  Baraita  ist,  ist  mit  Rücksicht 


1  Nur  in  der  RezenBion  des  Midrasch  ha-gadol,  wo  aber  das  Beispiel  aus 
Sprüche  fehlt. 

2  In  der  Chronikstelle  liest  die  LXX  wie  die  Baraita  verlangt:  ^2  t;2. 
In  Job  17  liest  die  Peschita:  18  p^na  irDOnn^  und  19  Sn-V,  also  weder  wie  MT 
und  LXX,  noch  wie  die  Baraita  fordert. 

3  Was  Friedmann  in  seiner  Bemerkung  zur  Mechilthastelle  richtig  er- 
kannt hat. 

*  IIB'  mit  dem  folgenden  Vers  verbindet  der  Samaritaner,  der  aber 
in«  -iic  liest. 


Das  Alter  der  Baraita  der  32  Normen  etc.  131 

auf  den  Zusammenhangt  nicht  wahrscheinlich.  Wahrscheinlicher 
die  ältere  Auffassung,  daß  die  Baraita  der  39  Middoth  gemeint  sei. 
Aber  auch  zugegeben,  daß  n'»2:n  mna  unsere  Baraita  ist  und  nsc 
nD'^'n  von  Gaonim  verfaßte  Werke  sind,  ist  es  sehr  fraglich,  ob 
'larsbx  s'2nr  sich  auch  auf  a'^arn  nna  bezieht  und  nicht  vielmehr 
auf  das  unmittelbar  vorher  genannte  D'bsrn  isd  allein,  wofür  ja 
auch  vielleicht  «•'isnu?  sprechen  würde.  Und  selbst  sämtliche  Deu- 
tungen Bardowicz'  zugegeben:  Sa'adia  habe  unsere  Baraita  aus  den 
von  Gaonim  verfaßten  Schriften  mitgebracht,  so  folgt  daraus  noch 
immer  nicht,  daß  unsere  Baraita  selbst  von  Gaonim  verfaßt  wurde. 
Sie  kann  ja  einem  gaonäischen  Werk  als  Ganzes  einverleibt 
gewesen  sein,  wie  z.  B.  die  Traktate  Derech  Erez  und  Soferim, 
das  Werk  -KriDrn  n'2  -isc  und  die  Baraita  betreffend  die  mn^arü  den 
Halachoth  Gedoloth.2 


1  Es  handelt  sich  um  die  nnoß'C,  welches  Thema  mit  dem  Inhalt  der 
32  Normen  nichts  gemein  hat.  Mitten  in  der  Behandlung  dieses  Themas  be- 
merkt der  Kommentator  n^rirn  r.nr^a  '3»y^2  i^^n  anan  pi?2i,  was  doch  unmöglich 
etwas  anderes  bedeuten  kann  als:  über  dieses  Thema  habe  ich  studiert  die 
c^rD^n  nno,  oder  nach  der  richtigen  Lesart  des  ms.  Rostock  u'SD:  über  dieses 
Thema  haben  wir  gefunden  in  n^oon  nna.  Es  kann  also  nur  ein  Werk  gemeint 
sein,  das  die  nnocr^  behandelte,  also  wahrscheinlich  die  Baraita  der  39  Middoth, 
in  der,  wie  Zitate  bei  älteren  Autoren  beweisen,  dies  Thema  behandelt  wurde. 
Dem  Chronikkommentator  lag  diese  Baraita  in  vollständiger  Form  vor,  wie  er 
eine  vollständigere  Baraita  von  der  Stiftshütte  besaß.  Vgl.  zu  I  Chr.  2.S,  2  und 
Epstein,  onin^n  nraanpa  S.  84.  Daß  der  Chronikkommentator  die  agadischen 
Elemente  der  Baraita  der  39  Middoth  nicht  mit  herübergenommen,  kann  bei 
einem  auf  einfache  Erklärung  gerichteten  Kommentar  nicht  auffallen.  —  Wie 
aber  Bardowicz,  S.  81,  Anm.  1,  i^^n  nnii  in  der  fraglichen  Stelle  mit  „exegetische 
Studien  überhaupt"  erklären  kann,  ist  mir  unerklärlich.  Abgesehen  davon,  daß 
diese  Deutung  gegen  den  einfachen  Wortsinn  ist,  der  eine  Beziehung  auf  den 
unmittelbar  vorher  und  nachher  behandelten  Gegenstand  erfordert,  ist 
nach  dieser  Deutung  die  ganze  Bemerkung  ohne  irgendwelchen  Zusammenhang. 
Mau  stüUe  sich  vor:  „Die  Mischmaroth  waren  so  und  so.  In  betreff  meiner 
exegetischen  Studien  habe  ich  Middoth  Chachamim  studiert.  Im  Jahre  N.  .  .  . 
setzte  David  Mischmaroth  ein."  Ist  es  denkbar,  daß  der  Kommentator  einen 
solchen  Gallimathias  geschrieben?  Mit  welchem  Recht  darf  ihm  dies  zugemutet 
werden?  —  Für  seine  Deutung  von  wt^on  nno  hätte  Bardowicz  einen  scheinbaren 
Anhaltspunkt  finden  können  in  Aboth  R.  Nathan  Kap.  XIV  Anf. :  DVjin  Sc  nnrD, 
vgl.  dazu  Friedmanns  Einleitung  in  die  Mechiltha  S.  XXXII.  Es  wäre  aber  nur 
ein  Schein  gewesen. 

2  Ed.  Tlildesheimer  S,  615  f.,  630  f.,  644-652.  Auf  die  entsprechenden 
Stellen  in  den  alten  Ausgaben  verweisen  Ilildesheimers  Noten  —  Nach  Bardowicz 
stellt  sich  die  Sache  so  dar,  daß  die  ältere  Sammlung  bloß  30  Middoth  enthielt, 
zu  denen  später  die  von  Sa'adia  geschaffenen  9.  und  11.  Middali  hinzukamen. 
Wie  ist  OS  aber  dann  zu  erklären,  daß  diese  neuen  Middoth  in  die  Mitte  der 
Sammlung  und  an  zwei  Stellen  eingeschaltet  werden? 

9* 
XI 


132  V.  Aptowitzer. 

VIII.  Bardowicz  erklärt,  man  habe  deshalb  unsere  Baraita 
R.  Elieser  ben  R.  Jose  ha-Gelili  zugeschrieben,  weil  an  der  Spitze 
der  Sammlung  ein  die  Meisterschaft  dieses  Tannaiten  in  der 
agadischen  Auslegung  rühmender  Satz  steht.  Man  muß  aber  fragen, 
wie  kommt  es,  daß  dieser  Satz  überhaupt  unserer  Baraita  voran- 
gestellt wurde?  Begreiflich  ist  es,  daß,  wie  in  der  Rezension  des 
Midrasch  ha-Gadol,  Sätze  hinzugefügt  wurden,  die  den  Wert  und 
die  Bedeutung  der  Agada  betonen;  wie  kommt  aber  der  fragliche 
Satz,  der  über  die  Agada  selbst  nichts  aussagt  und  nur  einen 
Tannaiten  als  Meister  der  Agada  rühmt,  an  die  Spitze  der  Samm- 
lung? Auf  diese  Frage  kann  es  nur  die  eine  Antwort  geben:  weil 
die  Baraita  als  das  Werk  R.  Eliesers  galt,  hat  man  den  fraglichen 
Satz  an  ihre  Spitze  gestellt,  um  ihren  Autor  zu  nennen  und  um 
auf  die  Wichtigkeit  und  den  hohen  Wert  der  von  dem  großen 
Meister  der  Agada  stammenden  Regeln  hinzuweisen.  Auch  der 
Sammlung  der  13  Middoth  wurde  der  Name  ihres  Autors,  R.  Ismaels 
hinzugefügt. 

Es  bleibt  also,  wie  wir  gesehen,  von  Bardowicz'  Beweisführung 
auch  nicht  ein  ernster  Anhaltspunkt  zurück. ^  Da  dies  festge- 
stellt wurde,  so  gilt  für  das  Alter  unserer  Baraita  der  alte  Satz: 
inprn  "rr  "ist  "löi^n :  Die  Sache  bleibt  beim  Alten. 


1  Was  bisher  ausgeführt  wurde,  gilt  von  der  Zusammenstellung  der  Regeln 
selbst.  Die  Beispiele  zu  diesen  Kegeln  stammen  sicher  nicht  alle  aus  tannaiti- 
scher  Zeit. 


XII 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in 
elerusalem  vor  dem  Jahre  70. 

Von  A.  Büchler,  London. 

1.  Weder  Josephus,  noch  die  rabbinischen  Quellen  berichten 
Einzelheiten  über  die  Wahrung  der  ererbten  Familienreinheit  in 
Jerusalem  vor  dem  Untergange  des  jüdischen  Staates  im  Jahre  70, 
obwohl  aus  ihren  gelegentlichen  Bemerkungen  deutlich  hervor- 
geht, daß  vornehme  Familien  darauf  Wert  legten,  sich  nur  mit 
reinen  Familien  zu  verschwägern.  Nur  von  der  Friesterschaft  er- 
zählt Josephus,  daß  sie  ein  vornehmes  Geschlecht  bildete  (Vita  1), 
und  daß  die  Vorfahren  der  Juden  für  die  beständige  Unvermischt- 
beit  und  Reinheit  des  Priestergeschlechtes  Sorge  trugen  (Contra 
Apion.  I,  7).  Wer  an  der  Priesterwürde  teil  hat  —  sagt  er  —  darf 
ein  Weib  nur  aus  demselben  Volke  ehelichen,  .  .  .  und  muß 
dessen  Stammbaum  untersuchen,  indem  er  dessen  Geschlechtsfolge 
von  alten  Zeiten  her  betrachtet  und  viele  Zeugen  heranzieht  .  .  . 
Frauen,  die  Kriegsgefangene  waren,  lassen  die  Priester  nicht  mehr 
zu  wegen  des  Verdachtes,  jene  hätten  mit  Fremden  Umgang  ge- 
pflogen, wie  es  ja  oft  bei  solchen  Frauen  geschieht.  In  seiner 
Wiedergabe  des  die  Priester  betreffenden  Ehegesetzes  (Antiquit.  II, 
12,  2)  erklärt  ferner  Josephus,  daß  dieselben  Frauen  nicht  ehelichen 
dürfen,  die  sich  früher  preisgegeben,  die  Leibeigene  oder  Kriegs- 
gefangene waren,  die  sich  mit  Kramerei  oder  Wirtschaft  abgegeben 
haben,  oder  die  von  ihren  Männern  aus  irgend  einem  Grunde  ver- 
stoßen worden  sind.  Die  Misna  (Middoth  V,  Ende)  berichtet,  daß 
das  große  Synhedrion  in  der  Quaderhalle  den  Stammbaum  der 
sich  zum  Tempeldionste  meldenden  Priester  untersuchte,^  und  der 


1  In  der  Parallele  in  Toß.  I.lagiga  II,  9  n^n'?  'DiH'  nm  n:in3  »Din'  nn  ppmai 
sind  auch  die  Leviten  genannt,  womit  Kiddu^  IV,  5  übereinstimmt.  Kiddus.  76'' 
n^iS  <Dn"?2i  n:in3  'Dn"r3  n»2U'V  vn  c^'C  irs  inNT  hat  offenbar  die  Toßifta  im  Auge,  die 
in  den  Ausgaben  lautet   n^iS  »Din^  n:in2  'or:  l^pni:i  czcv  cv^,  (Sifre  Num.  116,  36'' 


134  A.  Büchler. 

Priester,  dessen  Familie  als  bemakelt  befunden  wurde,  sich  trauernd 
zurückzog.  Die  wichtige  Meldung  hat  es  unterlassen,  die  Arten  der 
ausschließenden  Makel  auch  nur  anzudeuten;  offenbar  gab  es  hie- 
für bekannte  Regeln,  die  nicht  nur  für  die  Zulassung  zum  Priester- 
dienste galten,  sondern  auch  für  die  zu  anderen  religiösen  und 
öffentlichen  Ämtern.  Denn  die  Misna  (Kiddus.  IV,  5)  schreibt  vor, 
daß  die  Familienreinheit  nicht  über  den  Altar,  über  den  levitischen 
Chor  und  über  das  Synhedrion  hinaus  untersucht  zu  werden 
brauche;  und  wessen  Väter  öffentliche  Beamte  oder  Schatz- 
meister der  Wohltätigkeitsanstalten  waren,  dessen  Tochter  sind 
zur  Ehe  mit  Priestern  geeignet  (nDins*?  pK'trü).  Während  hiernach 
alle  diensttuenden  Priester  und  Leviten  als  familienrein  gelten, 
bedarf,  mit  wenigen  Ausnahmen,  die  Familie  jedes  Laien  genauer 
Prüfung. 

Auf  unbemakelte  Laien  in  Jerusalem  verweist  die  völlig  ver- 
läßliche Nachricht  des  R.  Simon  b.  Gamaliel  11:^  In  früherer  Zeit 
unterzeichneten  die  Ehepakten  von  familienreiuen  Frauen  entweder 
Priester  und  Levitra,  oder  Laien,  deren  Töchter  zur  Ehe  m't 
Priestern  geeignet  waren.  Wir  hören,  daß  R.  Johanan  b.  Zakkai, 
der  allerdings  wahrscheinlich  Priester  war,^  die  Ehepakten  der 
Tochter  des  Nakdimon  b.  Gorjon  in  Jerusalem  unterschrieb.'  Zu  den 
genannten  Laien  gehörten  die  als  nrnn  "p3,  reingesinnt,  vorsichtig 
bezeichneten  Jerusalemer,  die  keine  Urkunde  als  Zeugen  unter- 
zeichneten, an  keinem  Richterkollegium  teilnahmen'*  und  sich  zu 
keinem  Gastmahle  setzten,  ehe  sie  wußten,  wer  ihre  Genossen  sein 
würden.^  R.  Simon  b.  Gamaliel  erzählt  von  dem  großen  Volks- 
feste am  15.  Ab,  an  dem  die  Mädchen  Jerusalems  in  den  Wein- 
bergen tanzten  und  die  jungen  Männer  mit  den  Worten  ansprachen  : 
Jüngling,  achte,  wen  du  wählst;  achte  nicht  auf  Schönheit,  die 
vergeht,  sondern  auf  Familie  (Ta'an.  IV,  8)!  Darunter  sind  wohl 
reine  Familien  zu  verstehen,  wie  in  dem  Grundsatze  der  Schamma- 
iten,    nur   msx  p,    Söhne    aus    guter  Familie    in  das  Lehrhaus  zu- 


nur  Priester).  Grätz  in  Monatsschrift  36,  1887,  106,  Note,  bestreitet  die  Richtig- 
keit des  Hinweises  auf  die  Leviten  ohne  zureichenden  Grund. 

1  Toß.  Synh.  VII,   1,  Baraitha  jer.  I,  17  c  9;  nur  jer.  hat  miB':]. 

2  Aptowitzer  in  Monatsschrift  52,   1908,  744  ff. 

3  Kethub.  66'',  Sifre  Deut.  305,  130";  Bacher,  Agada  der  Tannaiten  I,  42,  4. 
*  Misna  Synh.  VI,  2,  fordert  für  einen  Strafgerichtshof  Priester,   Leviten 

und  Laien  niinsS  J'N^B'Dn.  Toß.  Synh.  IV,  7  bemerkt,  daß  die  Thorarolle  für  den 
König  von  einer  Behörde  (iurchgesehen  und  verbessert  wird,  die  aus  Priestern, 
Leviten    und   Laien   niTH^S  j'X'ti'fDn   besteht.    Siehe  mein  Synhedrion  05,  Note  59. 
5  Baraitha  Synh.  23"  unten,  Misna  Gittin  IX,  8  und  die  Talmude. 

II 


Familienreinheit  und  Farailienmakel  in  Jerusalem.  135 

zulassen.^  Auch  in  den  Landstädten  gab  es  solche  Familien,  wie 
die  Meldung  des  R.  Jose  b.  Halaftha  ('Arakh.  II,  4)  zeigt,  daß  die 
Flötenspieler  am  Altare  bei  gewissen  Anlässen  weder  Leviten, 
noch  Sklaven  von  Priestern,  sondern  die  beiden  Familien  beth- 
ha-Pegarim  und  beth-Sipparaja  aus  Emmaus  waren,  deren  Töchter 
zur  Ehe  mit  Priestern  geeignet  waren.  Es  ist  wohl  als  selbst- 
verständlich anzunehmen,  daß  das  Haus  des  R.  Simon  b.  Gamaliel  I. 
den  Josephus  (Vita  38)  als  einem  sehr  vornehmen  Geschlechte 
angehörend  bezeichnet,  auf  die  Reinheit  der  Familie  streng  achtete 
und  sich  nur  mit  Unbemakelten  verschwägerte. 

Damit  nun  die  Priester  und  die  Vornehmen  bei  der  Wahl 
ihrer  Frauen  der  Familienreinheit  derselben  sicher  seien,  wäre  es 
ratsam  gewesen,  Töchter  aus  ihrem  eigenen  Verwandtenkreise  zu 
freien.  Bekanntlich  sagt  Philo  (De  monarchia  II,  8,  II,  229),  daß 
der  Priester  eine  Jungfrau  eheliche  gezeugt  von  reinen  Eltern, 
Großeltern  und  Urgroßeltern  reinen  Geblütes;  und  der  Hohe- 
priester (II,  10)  nehme  eine  Jungfrau,  eine  Priesterin  aus  priester- 
lichem Geschlecht,  so  daß  der  Mann  und  die  Frau  aus  demselben 
Hause  und  in  gewissem  Sinne  desselben  Blutes  seien.-  Geiger,  der 
der  Frage  besondere  Aufmerksamkeit  gewidmet  hat,  hat  die  eben 
berührte  Seite  nicht  weiter  verfolgt;  er  hätte  sonst  gefunden,  daß 
der  vornehme  Priester  Josua  b.  Gamala,  ehe  er  Hohepriester 
wurde,  Martha,  die  Tochter  des  Boethos,  die  kinderlose  Witwe 
seines  Bruders  als  Levir  ehelichte; ^  sie  war  die  Tochter  eines 
vornehmen  Priesters  und  wurde  schon  in  erster  Ehe  die  Frau 
eines  solchen.  Josephus  (Vita  1)  führt  seinen  Stammbaum  auf  den 
Priester  Simon  den  Lispler  zurück,  der  eine  Tochter  des  Hohen- 
priesters Jonathan  geehelicht  hat;  er  fand  dieses  in  den  öffent- 
lichen Geschlechtsverzeichnissen.  In  der  Klage,  die  Abba  Saul 
b.  Batnith  im  Namen  des  Abba  Josef  b.  Hania  überliefert,  sagt  er 
von  den  Familien  der  Hohepriester  Boethos,  Hanin,  Katharos  und 
Ismael  b.  Fiabi,  daß  diese  selbst  Hohepriester  sind,  ihre  Söhne 
Schatzmeister  des  Tempels  und  ihre  Schwiegersöhne  Amarkale.^ 
Somit    heirateten    die    aristokratischen    Priester    die    Töchter   von 

1  .\both  R.  Natlian  III,  7' ;  zweite  Rezension  IV,  7''  hatni3K  »:2  ^i^hl  msN  »:3S. 
Viele  Lehrer  waren  Priester. 

2  Do  Rossi  in  c'ry  ^^xo,  Cassel,  118.  Ritter,  Philo  und  die  Halacha  7."^, 
Geiger  in  phr^n  V,  74  ff.,  nachgelassene  Schriften  V,  133  ff.  RSBM.  zu  Lev.  23,  1. 

3  Jebam.  VI,  4,  Sifra  zu  Levit.  21,  10,  95\ 

*  Baraitha  Peßah.  57',  Toß.  Menah.  XIII,  21.  Die  zwei  letzten  Ämter  im 
Berichte  vom  Hohei)riester  Pinehas  aus  I.Iabtha  in  Toß.  Joma  I.  C-,  Sifra  zu 
Lev.  21,   10,  94'  ff.;  Toß.  Öekal.   II,   15  und  sonst. 

III 


136  A.  Büchler.  "    . 

hochstehenden  Priestern.  Und  in  der  so  oft  angezogenen  Nachricht 
des  Leviten  R.  Josua  b.  Hananja  in  Jerusalem  lesen  wir,  daß  er 
zwei  große  Familien  in  dieser  Stadt  gekannt  hat,  die  von  Frauen 
abstammten,  die  als  kinderlose  Witwen  von  ihren  Schwägern 
geehelicht  wurden  und  deren  Mitfrauen  als  nahe  Verwandte  der 
Levire  von  diesen  nicht  geheiratet  werden  konnten;  von  den  Söhnen 
waren  einige  Hohepriester,  die  am  Altare  Dienst  taten.'  Hienach 
waren  die  Väter  dieser  Hohenpriester  Brüder  der  ersten  Gatten, 
und  da  sie  nahe  Blutsverwandte  von  deren  Frauen  waren,  offenbar 
Onkel  und  Väter,  waren  die  Frauen  Töchter  von  vornehmen  Priestern, 
den  Brüdern  der  Gatten.  Wir  verstehen  jetzt,  warum  gerade 
Nichten,  die  nächst  möglichen  Verwandten  zu  Frauen  genommen 
wurden.2  Das  gleiche  tat  der  aus  der  vornehmen  Hillel-Familie 
stammende  Abba,  der  Bruder  des  Gamaliel  IL,  der  die  Tochter 
des  letzteren  ehelichte.  Der  Fall  muß  nicht  selten  in  Jerusalem 
vorgekommen  sein,  da  die  beiden  Schulen  der  Schammaiten  und 
Hilleliten  die  Folgen  einer  solchen  Ehe  erörtern  im  Falle,  daß  der 
Mann  kinderlos  stirbt  und  dem  Bruder  die  Pflicht  obläge,  seine 
eigene  Tochter  und  deren  Mitfrau  als  Levir  zu  ehelichen,  R.  Doßa 
b.  Harkinas,  der  schon  in  Jerusalem  als  Lehrer  gewirkt  hatte, 
berichtete  in  Jamnia  eine  alte  Überlieferung,  die  auf  den  Propheten 
Haggai  zurückgeführt  wurde,  die  im  Sinne  der  Hilleliten  die  Mit- 
frau der  Tochter  deren  Vater  als  Levir  zur  Ehe  verbot.  Auch 
gemeine  Priester  zogen  es  vor,  Priestertöchter  zu  ehelichen,  wie 
wir  zufällig  erfahren,  daß  der  Bruder  der  Mutter  des  R.  Tarfon 
ein  Priester  in  Jerusalem  war,^  somit  war  die  Frau  des  Vaters 
des  R.  Tarfon,  eines  Priesters,  die  Tochter  eines  Priesters.  Solche, 
nur  zufällig  erhaltene  Nachrichten  berechtigen  zur  Annahme,  daß 
solche  Ehen  häufig  waren.  Dafür  spricht  auch  die  Erklärung  der 
alten  Sitte,  genannt  n:i:ip  in  Kethub.  28^  unten;  jer.  H,  26^1  72: 
Wenn  einer  der  Brüder  in  einer  Familie  eine  bemakelte  Frau 
ehelichte,  brachten  die  anderen  Mitglieder  der  Familie  ein  Faß 
voll  Obst,  das  sie  in  der  Straße  zerbrachen,  und  erklärten:  Brüder, 

1  Baraitha  Jebam.  166;  Toß.  I,  10;  Jer.  I,  3'  56.  Trotz  des  gegen  diese 
Erklärung  erliobenen  Widerspruclies,  der  sich  auf  Rasis  abweichende  Meinung- 
gründet,  scheint  sie  mir  nach  dem  von  R.  Gamaliel  berichteten  Falle  in  Jebam.  15" 
und  dem  R.  Tarfons  riclitig.  Auch  lautet  die  Meldung  über  den  Streit  der  beiden 
Schulen  in  Jamnia  in  Jebam.  16'  oben:  TnsS  nnn  m^i  n^nn  D:'3"in  ]2  «on  'DT  '0^2, 
wo  die  Brüder  ausdrücklich  genannt  sind. 

2  Siehe  Jewish  Quarterly  Review  111,  1913,  438  ff. 

»  Baraitha  Kiddus.  71",  vgl.  jer.  Joma  III,  40'*,  67;  Sifre  Num.  75,  jer. 
Joma  I,  38",  39. 

IV 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  137 

Haus  Israel's,  höret!  Unser  Bruder  hat  eine  bemakelte  Frau  ge- 
ehelicht und  wir  befürchten,  daß  sich  seine  Nachkommen  mit  den 
unsrigen  verschwägern;  nehmet  dies  als  Zeichen  für  kommende 
Geschlechter,  um  solche  Vermischung  zu  verhindern!  Der  technische 
Ausdruck  für  die  bemakelte  Frau  spricht  dafür,  daß  es  sich  um 
Priester  handelt.  Vornehme  Laienfamilien  nahmen  für  ihre  Töchter 
Priester  zu  Männern,  um  der  Familienreinheit  ihrer  Schwieger- 
söhne sicher  zu  sein.  So  finden  wir  Simon  b.  Nethanel,  den  Priester, 
als  Schwiegersohn  des  R.  Gamaliel  I.  (Toß.  'Aboda  zara  III,  10),  und 
umgekehrt  erzählt  R.  Hanina  b.  Gamaliel,  daß  der  letzte  Hohe- 
priester Pinehas  aus  Habtha  ein  Schwiegersohn  der  Familie  des 
R.  Hanina  war.^  Allerdings  war  Pinehas  nach  dem  Berichte  des 
Josephus  (Bell.  Jud.  IV,  3,  8)  aus  keinem  der  hohepriesterlichen 
Geschlechter. 

2.  Natürlich  konnten  es  weder  die  vornehmen  Priester,  noch 
die  streng  familienreinen  Laien  verhindern,  daß  unpassende  Ehen 
oder  andere  Umstände  die  Reinheit  ihrer  Familien  trübten.  Zwei  sehr 
bezeichnende  Vorfälle  aus  der  Zeit  des  Tempelbestandes  zeigen,  wie 
sich  die  Priesterschaft  zu  solchen  Männern  und  Frauen  verhielt. 
R.  Josua  b.  Hananja  teilt  im  Namen  seines  Lehrers  R.  Johanan 
b.  Zakkai  eine  Überlieferung  vom  Sinai  mit,  wonach  der  Prophet 
Elia  einst  Personen  nicht  allgemein  für  unbemakelt  oder  bemakelt 
erklären,  oder  solche  fernhalten  oder  nahebringen  wird,  sondern 
daß  er  nur  solche  entfernen  wird,  die  mit  Gewalt  nahegebracht, 
und  solche  nahebringen,  die  mit  Gewalt  entfernt  worden  sind. 
Eine  Familie  nsni:  rr'n  jenseits  des  Jordan  wurde  von  ben  Sion 
mit  Gewalt  entfernt,  und  eine  andere  Familie  daselbst  wurde  von 
ben  J5ion  mit  Gewalt  nahegebracht;  solche  wird  Elia  unbemakelt 
oder  bemakelt  erklären,  entfernen  oder  nahebringen. ^  Der  Name 
des  überliefernden  Lehrers  verweist  die  berichteten  Vorfälle  vor 
das  Jahr  70;  und  selbst  wenn  diese  nicht  zum  ursprünglichen 
Berichte  des  R.  Johanan  b.  Zakkai  gehören  sollten,  beweist  die 
Macht  des  gewalttätigen  Mannes  und  der  Gegenstand  seiner  Ver- 
fügung, daß  es  sich  um  dieselbe  Zeit  handelt.  Die  genannten 
Familien  waren  nach  dem  Gesetze  und  nach  der  Entscheidung  der 
maßgebenden  Behörde  die  eine  rein,  die  andere  bemakelt;  aber 
ben  §ion  handelte  gegen  jene.  R.  Johanan  war  entweder  bloß  ein 
zeitgenössischer  Zeuge  der  ungesetzlichen  Gewalt  oder  selbst  an 
der  Entscheidung  als  Mitglied  der  Behörde  beteiligt;  er  erwartete 

1  Toß.  Joma  I,  6;  Sifra  zu  Lev.  21,  10,  94*=. 

2  'Eduj.   VIII,  7;  Toß.  III,  4;  jer.  Kiddus.  IV,  ßä',  43,  b.   71'. 


138  A.  Büohler. 

keine  Abhilfe  in  der  Gegenwart,  sondern  nur  von  der  messiani- 
sclien  Zeit.  Wie  die  technischen  Ausdrücke  D-ipbi  pmb  und  die  ganze 
Frage  zeigen,  handelte  es  sich  um  die  An-  und  Aberkennung  der 
Reinheit  zweier  priesterlichen  Familien  und  der  gewalttätige 
ben  Sion,  der  die  eine  ausschloß,  muß  ebenfalls  Priester  gewesen 
sein.  Vielleicht  bezog  sich  eine  in  'Eduj.  VIII,  3  angeführte  Be- 
merkung des  R.  Johanan  b.  Zakkai  zum  Teil  auf  diesen  Fall,  wo- 
nach es  nutzlos  sei,  Beschlüsse  über  bemakelte  Personen  zu  fassen, 
da  die  Priester  der  Behörde  nur  gehorchen,  wenn  die  Person 
ferngehalten,  nicht  aber  wenn  sie  zugelassen  wird.  Die  Art  des 
ausschließenden  und  unbedeutenden  Makels  ist  nicht  angedeutet; 
der  Vorfall  selbst  aber  zeigt  das  Vorhandensein  solcher  Familien, 
und  die  Stellungnahme  ben  Sion's  gegen  die  Entscheidung  der 
Behörde  legt  die  Zeit  nahe,  als  R.  Johanan  b.  Zakkai  im  phari- 
säischen beth-din  wirkte,  und  ein  Sadduzäer  sich  ungestraft  gegen 
dessen  Beschlüsse  über  die  Familienreinheit  priesterlicher  Familien 
auflehnen  konnte. 

R.  Jose  der  Priester  und  R.  Zacharia  b.  hakassab  sagten  aus: 
Die  Mitglieder  einer  Familie  schlössen  ein  Mädchen  aus,  das  in 
Askalon  verpfändet  gewesen  war,  obgleich  Zeugen  aussagten,  daß 
es  sich  dort  mit  keinem  Manne  zurückgezogen  hatte  und  auch 
nicht  geschändet  worden  war.  Die  Lehrer  sagten  der  Familie:  Da 
ihr  den  Zeugen  glaubt,  daß  das  Mädchen  verpfändet  war,  glaubt 
ihnen  auch,  daß  es  sich  mit  keinem  Manne  zurückgezogen  hatte 
und  auch  nicht  geschändet  worden  war;  und  wenn  ihr  ihnen  das 
Letztere  nicht  glaubt,  glaubt  auch  das  Erstere  nicht.  Wieder  sehen 
wir  den  technischen  Ausdruck  pn^,  den  auch  schon  die  Kommen- 
tare auf  den  Ausschluß  von  einer  Ehe  mit  einem  Priester  beziehen; 
aber  auch  die  Familie,  die  für  den  Ausschluß  eintritt,  sind  Priester, 
die  jeden  Makel  von  sich  fernhalten  wollen.  Bezeichnenderweise 
sind  auch  die  Lehrer,  die  den  Vorfall  dem  Lehrhause  in  Jamnia 
vorführen,  Priester.  Die  Frage  lag  ursprünglich  den  Weisen  zur 
Entscheidung  vor,  d.  h.  einer  pharisäischen  Behörde,  die,  wie  im 
vorher  behandelten  Falle,  einen  weniger  strengen  Standpunkt  ein- 
nahm, aber  von  Priestern,  d.  h.  Sadduzäern  bekämpft  und  durch 
die  Tatsache  der  erfolgten  Ausscheidung  hilflos  gemacht  wurde. 
R.  Johanan  b.  Zakkai's  obiger  Ausspruch  kann  sich  auch  auf  diesen 
Fall  bezogen  haben.  Der  Grund  der  Ablehnung  ist  in  dem  Argument 
der  Behörde  angeführt:  das  Mädchen  mag  freiwillig  mit  Nicht- 
juden  in  Askalon  Umgang  gepflogen  haben  oder  vergewaltigt 
worden    sein.    Der  Verdacht   ist    dem    gegen    eine   Gefangene    bei 

VI 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  139 

Josephus    ausgesprochenen    sehr   verwandt,    und    daher    gilt    das 
Mädchen  als  geschändet. 

In  der  rabbinischen  Literatur  sollten  sich  zu  Josephus'  Regel 
und  dem  eben  angeführten  Falle  Parallelen  finden,  da  die  Erobe- 
rung Jerusalems  und  Judäa's  durch  die  Römer  im  Jahre  70  viele 
Fragen  über  die  angezweifelte  Reinheit  von  überlebenden  Frauen, 
besonders  von  Frauen  von  Priestern  veranlaßt  haben  muß.  Viele 
mögen  geschändet  worden  sein,  von  denen  nichts  verlautet;  manche 
von  denen  wurden  nachher  getötet,  wie  vielleicht  die  von  R.  Simon 
b.  Lakis  in  Gittin  58*  erwähnte  Tochter  des  Hohepriesters  Peniel. 
Andere  mögen  nachher  in  Gefangenschaft  geführt  und  in  dieSklaverei 
verkauft  worden  sein,  so  daß  nur  befreite  und  ausgelöste  Frauen  vor 
die  Lehrer  gekommen  sein  dürften.  Josephus,  ein  Priester  vornehmer 
Herkunft,  scheute  sich  nicht,  wie  er  sagt,  auf  Befehl  Vespasians 
eine  Jungfrau  aus  Caesarea,  die  mit  anderen  Jungfrauen  dort 
gefangen  war,  zur  Frau  zu  nehmen  (Vita  75) ;  offenbar  ohne  sich 
mit  der  naheliegenden  Frage  der  Zulässigkeit  einer  solchen  Ehe 
zu  befassen.  Das  Hindernis  war  ihm  natürlich  bekannt,  da  er  es 
viele  Jahre  später  in  Antiquit.  II,  12,  2,  Contra  Apion.  I,  7,  anführt, 
und  er  in  Antiquit,  XIII,  10,  5,  erzählt,  daß  ein  Pharisäer  den 
Fürsten  Johann  Hyrkan  öffentlich  aufgefordert  hat,  die  hohe- 
priesterliche Würde  niederzulegen,  da  von  den  Alten  berichtet 
worden  sei,  daß  seine  Mutter  unter  König  Antiochos  Epiphanes 
kriegsgefangen  gewesen  sei.^  Und  in  Antiquit.  XIII,  14,  5,  erzählt 
er,  daß  das  Volk  den  König  am  Laubhüttenfeste  mit  Zitronen 
bewarf  und  ihn  als  den  Sohn  einer  Gefangenen  beschimpfte.  Baß 
er  wußte,  daß  sich  das  Verbot  einer  solchen  Ehe  auch  auf  den 
gemeinen  Priester  bezog,  erhellt  aus  den  erst  angeführten  Regeln; 
und  so  haben  es  auch  die  Priester  und  die  Rabbiner  verstanden. 
Denn  in  der  Misna  wird  berichtet,  wie  R.  Zacharia  b.  hakassab 
vor  den  Lehrern  erklärte :  „Bei  diesem  Tempel  versichere  ich, 
daß  die  Hand  meiner  Frau  nicht  aus  der  meinigeu  wich  von  dem 
Augenblicke,  da  die  Heiden  in  Jerusalem  einzogen,  bis  zu  ihrem 
Auszüge."  Aber  die  Lehrer  erwiderten  ihm:  niemand  kann  über 
sich  selbst  aussa'j;en  (Kethub.  II,  0).  Die  dazu  gehörige  Baraitha- 
erzählt,  welche  Vorsichtsmaßregeln   R.  Zacharia   hierauf  traf,  um 


1  Kiddus.  66";  J.   Friedländer  in  Jewisli  Quarterly  Review   IV,   l'.)14.  44r>. 

2  Kethub.  27'',  unten;  Toß.  111,  2.  Da  die  Kömer  nach  dor  Eroberung 
Jerusalems  im  Jahre  70  die  Stadi  nicht  bald  verließen,  nimmt  Derenbourg  in 
Geiger's  Jüd.  Zeilschrift  V,  1867,  75,  an,  daß  sich  dor  Vorfall  unter  Florus 
(64-66)  zutrug. 

VII 


140  A.  Büchler. 

ein  Beisammensein  mit  seiner  Frau  ohne  Zeugen  zu  verhindern. 
Die  große  Strenge  des  Gesetzes  betraf  Priester  allein,  wie  die 
Misna  unmittelbar  vorher  einleitend  die  allgemeine  Regel  aus- 
spricht: in  einer  Stadt,  die  vom  Feinde  erobert  wurde,  sind  alle 
Friestersfrauen  für  die  weitere  Ehe  verboten;  wenn  sie  aber  Zeugen 
haben,  selbst  einen  Sklaven  oder  eine  Sklavin,  wird  ihre  Aussage 
als  glaubwürdig  angenommen.  Diese  Regel  wird  von  Lehrern  in 
Jamnia  um  das  Jahr  100  als  unbestritten  vorausgesetzt,  indem 
R.  Josua  b.  Hananja  dem  R.  Gamaliel  IL  und  dem  R.  Eliezer  ent- 
gegenhält, daß  auch  sie  zugeben,  wenn  Zeugen  aussagen,  daß  eine 
Frau  in  Gefangenschaft  geraten  sei,  und  sie  behauptet,  unverletzt 
geblieben  zu  sein,  wir  ihr  nicht  glauben.  Die  genannten  Lehrer 
antworten:  Jawohl,  weil  NichtJuden  zumeist  unzüchtig  sind.i  Trotz 
dieser  Strenge  konnten  die  Lehrer  in  Jerusalem  das  in  Askalon 
Verpfändete  Mädchen  für  unbemakelt  erklären,  weil  ihre  Zeugen 
für  ihre  volle  Reinheit  eintraten. 

3.  Wenn  ein  Mädchen  aber  von  einem  ihm  unbekannten 
Manne  vergewaltigt  wurde,  waren  die  Bedenken  der  Lehrer  ernsterer  ' 
Natur.  R.  Jose  b.  Halaftha  erzählt,  daß  R.  Johanan  b.  Nuri  im 
Falle  eines  Mädchens,  das  beim  Wasserschöpfen  an  der  Quelle 
vergewaltigt  ward,  entschied,  daß  wenn  die  Mehrzahl  der  Bewohner 
der  Stadt  familienrein  für  die  Priester  sind,  das  Mädchen  für  einen 
Priester  zur  Ehe  erlaubt  sei.^  R.  Johanan  b.  Nuri,  der  bis  zum 
Ausbruch  der  hadrianischen  Verfolgungen  dem  Lehrhause  von 
Lydda  und  Jamnia  angehörte,  vertritt  hier  offenbar  nur  die  all- 
gemein anerkannte  Ansicht  über  die  Zulässigkeit  der  Ehe  eines 
Mädchens,  das  von  einem  familienreinen  Juden  vergewaltigt  wurde, 
mit  einem  Priester.  Wie  weit  das  Mädchen  bemakelt  wird  und 
welche  Folgen  es  für  seine  künftige  Ehe  hat,  wenn  die  Bewohner 
der  Stadt  nicht  zumeist  familienrein  für  die  Priester  sind,  sagt 
R.  Johanan  b.  Nuri  nicht,  obgleich  es  aus  seinen  Worten  folgt, 
daß  in  dem  Falle  das  Mädchen  keinen  Priester  heiraten  dürfe. 
Aber  darf  sie  jeden  Laien  ehelichen?  Dieses  bildet  den  Gegenstand 
eines  Streites  zwischen  drei  Genossen  desselben  Lehrers  in  Jamnia 
(Kethub.  I,  8):  Man  sah  ein  Mädchen  mit  einem  Manne  sprechen  ^ 
und,  befragt  über  dessen  Familienreinheit,  gibt  es  dessen  Namen 


1  Baraitha  in  Kethub.  13'';  Toß.  I,  6. 

-'  Kethub.  I,  10;  nach  Rabh  in  Kethub.  14',  15";  jer.  I,  25",  37,  trug  sich 
der  Fall  an  der  Quelle  in  Sepphoris  zu. 

3  Umgang  haben,  Kethub.  13";  jer.  25'",  14. 

VIII 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  141 

an  und  bezeichnet  ihn  als  einen  Ahroniden;^  R.  Gamaliel  und 
R.  Eliezer  meinen,  daß  wir  ihr  glauben,  R.  Josua  meint,  man  dürfe 
auf  ihre  Aussage  nichts  geben,  vielmehr  müsse  sie  als  eine  Frau 
gelten,  die  mit  einem  iiiaöi  pnD  Umgang  hatte,  bis  sie  ihre  Worte 
durch  Zeugen  erhärtet  (9).  Dasselbe,  wenn  ein  Mädchen  schwanger 
ist  (6),  wenn  ein  Mädchen  nach  der  Eheschließung  nicht  als  Jung- 
frau gefunden  wird  und  sagt,  daß  sie  nach  der  Verlobung,  somit 
bereits  als  sein  Eigentum  vergewaltigt  wurde  (7);  wenn  es  nach 
der  Eheschließung  nicht  als  Jungfrau  erkannt  wird  und  sagt,  daß 
sie  durch  Holz  entjungfert  ward,^  R.  Gamaliel  und  R.  Eliezer 
glauben  ihr,  R.  Josua  verlangt  Beweise,  sonst  setzt  er  voraus,  daß 
der  Mann  stark  bemakelt  ist. 

Der  von  ihm  genannte  Mamzer  findet  sich  auch  sonst  in 
Verhandlungen  der  Lehrer  in  Judäa  vor  dem  Jahre  135.  In  dea 
noch  immer  ganz  klaren  Fragen  und  Antworten  des  R.  Eliezer 
und  seiner  Jünger  ^  wollten  diese  von  ihrem  Lehrer  erfahren,  ob 
ein  Mamzer  für  die  kinderlose  Witwe  als  Levir  zu  gelten  habe 
und  an  ihm  der  Brauch  des  Schuhausziehens  zu  vollziehen  sei. 
R.  Eliezer  antwortete  mit  der  Gegenfrage :  Gilt  er  als  erbberechtigt? 
Sie  fragen  weiter:  Darf  man  sein  Haus  tünchen?,  und  er  ant- 
wortet: Darf  man  sein  Grab  tünchen?  Es  sind  wichtige  Fragen  ehe- 
und  erbrechtlicher  Natur  und  nicht  bloß  akademisch;  und  aus  der 
ausweichenden  Antwort  des  R.  Eliezer  scheint  hervorzugehen,  daß 


1  Die  parallele  Baraitha  in  Kethub.  13"''  lautet:  Man  sah  das  Mädchen 
mit  einem  Manne  in  ein  Versteck  oder  eine  Ruine  gehen,  und,  darüber  befragt, 
sagt  es:  er  ist  ein  Ahronide  und  der  Sohn  des  Bruders  meines  Vaters.  Somit 
ist  sie  selbst  die  Tochter  eines  Ahroniden,  und  wahrscheinlich  die  Verlobte 
ihres  Vetters. 

2  Heißt  das,  daß  sie  sich  selbst  die  Wunde  mit  Absicht  beigebracht  hat 
nach  einem  abergläubischen  Brauche,  von  dem  Schwally  in  Nöldekes  Oriental. 
Studien  I,  418,  im  Zusammenhange  mit  Tobits  Dämon  der  Brautnacht  handelt 
und  der  heute  noch  in  Ägypten  besteht?  Nach  der  aus  einer  mir  unbekannten 
Quelle  entlehnten  Erzählung  in  Midras  Agada  Buber  I,  60''  zu  Genes.  24,  64, 
Jalkut  I,  109,  vgl.  Pirke  R.  Eliezer  XVI  (Ginzberg,  Geonica  I,  208  und  Revue 
des  Etudes  Juives  LXVII,  1914,  140),  ist  es  durch  Zufall  geschehen;  doch  hat 
der  Verfasser  seine  Quelle  vielleicht  nicht  mehr  verstanden.  Es  findet  sich  in 
Sätzen  von  Tannaiten  des  2.  Jahrhunderts  in  jer.  Jebam.  VI,  7",  19;  Misna 
Jebam.  VI,  4;  Baraitha  60";  Kethub.  I,  3;  Sifre  Deut.  244,  119'  und  sonst.  Hat 
y3SN2  iVQ  in  Jebam.  34''  damit  etwas  zu  tun?  Es  wird  dort  von  Tamar  in  Gen.  38 
gebraucht,  wofür  sich  in  Genes,  r.  51,  9  von  den  Töchtern  Lot's  MOinan  »an  lON 
n'Jtt'  r^H'^t::}  i-iDynai  ;nny  iN'sini  jasya  idSc  findet. 

»  Toß.  Jebam.  III,  3;  Joma  66'';  Baraitha.  David  Pardo  verweist  für  die 
erste  Frage  auf  die  bejahende  Regel  in  Jebam.  II,  5,  siehe  seine  Bemerkungen. 

IX 


142  A.  Büchler. 

er  für  eine  bejahende  Antwort  war,  aber  eine  solche  nicht  erteilen 
wollte.  Bei  einer  anderen  Gelegenheit  wurde  er  gefragt,  wie  es 
sich  mit  einer  weiblichen  Mamzereth  nach  zehn  Geschlechtern  ver- 
halte; er  antwortete:  Gäbe  mir  jemand  eine  des  dritten  Ge- 
schlechtes, ich  würde  sie  familienrein  erklären.^  R.  Tarfon 
(Kiddus.  III,  13)  meint,  daß  Mamzere  familienrein  werden  können; 
wenn  ein  solcher  eine  Sklavin  heiratete,  würde  ihr  Sohn  ein 
Sklave,  der,  vom  Herrn  befreit,  ein  voller  Jude  würde.  Dagegen 
bemerkt  R.  Eliezer:  der  Sohn  würde  Sklave  und  Mamzer,  die  Be- 
seitigung seines  Makels  daher  unmöglich. ^  Als  ein  Mann  in  der 
Synagoge  Ezech.  16,  2  als  Prophetenabschnitt  wählte,  sprach  der 
anwesende  R.  Eliezer  zu  ihm:  Gehe  und  untersuche  die  Schande 
deiner  Mutter!  Als  man  den  Stammbaum  des  Mannes  prüfte,  fand 
man,  daß  er  ein  Mamzer  war.^  In  der  Erörterung  der  Leibesfehler 
eines  Priesters  erzählt  R.  Jehuda  b.  Hai,  daß,  als  zu  R.  Tarfon  ein 
Mann  kam,  der  an  jeder  Hand  sechs  Finger  und  an  jedem  Fuße 
sechs  Zehen  hatte,  R.  Tarfon  ihm  sagte:  Möge  es  viele  wie  du  in 
Israel  geben!  Nach  R.  Jose  sagte  er:  Mögen  Mamzere  und  Nethine 
weniger  in  Israel  werden  (sowenig)  wie  deinesgleichen!''  Die  Version 
des  R.  Jose  setzt  das  Vorhandensein  von  Leuten  der  beiden,  schwer 
bemakelten  Klassen  in  der  jüdischen  Bevölkerung  Palästinas  um 
das  Jahr  100  voraus,  und  da  natürlich  nicht  anzunehmen  ist,  daß 
alle  diese  Personen  ihren  Makel  erst  nach  dem  Jahre  70  erwarben, 
müssen  solche  schon  in  Jerusalem  und  Judäa  gelebt  haben. 


1  Jebam.  78";  jer.  VIII,  9%  62-,  Kiddus.  IV,  65*,  15,  Der  Talmud  erklärt 
R.  Eliezers  Antwort  dahin,  daß  die  Mamzere  vor  dem  dritten  Geschlecht  aus- 
sterben, nach  R.  Simon  b.  Lakis,  in  jer.  in  der  Baraitha  R.  Eleazar  b.  R.  Simon 
dagegen,  weil  sich  das  Verbot  in  Deut.  23,  3  nur  auf  das  männliche  Geschlecht 
bezieht.  So  auch  Midras  Tannaim  zu  Deut.  23,  3,  p.  145. 

2  In  der  parallelen  Baraitha  Kiddu§.  69"  entgegnen  die  Lehrer  dem 
R.  Tarfon:  Auf  die  von  dir  bezeichnete  Weise  reinigst  du  männliche,  aber  nicht 
weibliche  Mamzere.  Dies  ist  eine  dritte  Ansicht  über  den  Gegenstand.  Zu  beachten 
der  technische  Ausdruck  nnn  im  Satze  des  R.  Tarfon  und  des  R.  Eliezer;  der- 
selbe wird  in  der  Frage  über  die  dereinstige  Reinigung  der  Mamzere  auch  von 
R.  Jose  und  R.  Meir  gebraucht  in  der  Baraitha  Kiddus.  72'',  unten;  Toß.  V,  4; 
jer.  III,  65",  5  und  von  R.  Josua  b.  Levi  in  Kiddus.  71\  Siehe  unten  über  die 
Reinigung  durch  Zeugen  und  Behörden. 

3  Jer.  Megill.  IV.  75",  43;  in  der  Parallele  Megill.  25"  dagegen:  man  fand 
an  ihm  einen  Makel,  der  ungeeignet  macht,  Sidd  |>r:::*,  wie  im  Satze  des  R.  Josua 
b.  Levi  in  Kiddus.  71''  und  Rabh's. 

4  Bekhor.  45''  oben,  Baraitha.  Rasi  erklärt  R.  Joses  Worte  folgender- 
maßen: Alle  Mamzere  in  Israel  mögen  dir  gleichen  und  es  zu  erkennen  sein, 
daß  sie   bemakelten  Ursprunges  sind,   damit  sich  niemand  mit  ihnen  verbinde. 


Familienreinheit  und   Familienmakel  in  Jerusalem.  143 

Auch  die  Meinungsverschiedenheit  der  Lehrer  in  Jamnia  über 
die  genaue  Feststellung  des  Ursprunges  des  Mamzer  in  Jebam.  IV,  13 
beweist,  daß  es  sich  um  ein  zu  ihrer  Zeit  bestehendes  Übel  han- 
delte. R.  Akiba  lehrte,  daß  das  Kind  aus  jeder  in  der  Thora  ver- 
botenen Ehe  ein  Mamzer  sei;^  er  geht  aber  hierin  über  den  Wort- 
laut des  biblischen  Gesetzes  hinaus,  indem  er  das  Kind  aus  der 
Ehe  eines  Mannes  nicht  nur  mit  einer  geschiedenen  und  nach 
ihrer  zweiten  Ehe  verwitweten  oder  geschiedenen  Frau  nach 
Deut.  24,  4,  sondern  auch  mit  der  von  ihm  zurückgewiesenen 
kinderlosen  Witwe  seines  Bruders,  mit  der  Schwester  derselben, 
und  mit  der  Schwester  seiner  geschiedenen  Frau,  als  aus  einer 
biblisch  verbotenen  Ehe  entsprossen,  als  Mamzer  bezeichnet.-  Nach 
seinem  Gegner,  R.  Simon  aus  Tema,  und  nach  R.  Ismael  entspringt 
ein  Mamzer  nur  aus  solchem  Umgange,  der  in  Lev.  20  mit  Aus- 
rottung bestraft  wird,  wie   der  in  Deut.  23,  1  verbotene  mit  der 


1  Nach  dem  amoräischen  Material  in  Jebam.  49";  jer.  IV,  6^  68  leitete 
R.  Akiba  seine  Regel  aus  Deut.  23,  1  ab:  so  wie  aus  dem  dort  verbotenen  Um- 
gänge mit  einem  vom  Vater  bezwungenen  Weibe  ein  Mamzer  hervorgeht  — 
was  aus  der  Zusammenstellung  dieses  Verbotes  mit  dem  Gesetze  über  den 
Mamzer  in  Vers  3  folgt  —  so  aus  jedem  verbotenen  Umgange.  Die  Grundlage 
dieser  Folgerung  findet  sich  schon  in  Sifre  Deut,  zu  23,  1.  248.  Im  Midi-as 
Tannaim  zu  Deut.  23,  1,  144  Hoffmann:  «2'  nh  •iOn:c*  'S^  ,y\'i  i:'K  ncx  ^xyr^c  m 
x::>  nS  n>S  iv:di  ras  res  nx  c^n  np'  »h  V'n  «in  no  nr  irao  :3i,'r:tp  nh  h^n  'n  hr\p2  irr:?: 

njsr  nnji  noi  yns  nni  pnT  »ai  i^  ion  ,iTcr2  nSnn  sn^t:'  Kin  jn  nsan  nnjjic'  Syi  m^ 
pn  n^zh  mniK  n  nn  nhn  vza  nti'N  nx  c"n  np'  tth  h"r.  nr^i  p'DSO  setzt  R.  Ismael  dieselbe 
Ableitung  aus  Vers  1  und  3  voraus,  nur  folgt  sie  nicht  der  Meinung  des  R.  Akiba, 
sondern  der  des  R.  Simon  aus  Tema,  der  in  Vers  1  daß  Verbot  des  Umganges 
mit  der  Stiefmutter  sieht. 

2  Jebam.  IV,  12;  Toß.  VI,  5;  Baraitha  44'':  Ntruni  ini'i^n  KCiim  inti'TiJ  -innren 
nrnp  n2m:2  cmm  iicr:  nSnn  px  cnrsiK  D'rDani  ,{<3V>  '^"1  '"^^n  iTDr:  n'^nm  N^vr  in^'i^n  nanp 
iTOü  n^nnc*  intt'nj.  Die  widersprechenden  Lehrer  erkennen  keinen  Fall  in  R.  Akibas 
Satz  an,  geben  aber  zu,  daß  das  Kind  aus  der  Ehe  mit  der  Schwester  der  ge- 
schiedenen Frau  ein  Mamzer  ist.  R.  Simon  b.  Lakis  in  Jebam.  44''  erkennt  den 
letzteren  Fall  als  biblisch  an,  bezeichnet  aber  den  der  ni'i^n  nins  (Misna  Jebam.  IV,  8) 
als  rabbinisch,  so  daß  R.  Akiba  auch  aus  einer  nur  rabbinisch  verbotenen  Ehe 
das  Kind  als  Mamzer  erklärte.  In  Gittin  Sl*"  Baraitha;  Toß.  VIII,  9  erklärt  er 
sogar  das  K'nd  aus  der  Ehe  mit  einer  geschiedenen  Frau,  deren  gefalteter 
Scheidebriel  statt  eines  fehlenden  Zeugen  die  Unterschrift  eines  Sklaven  hatte, 
als  Mamzer.  In  jer.  Jebam.  X,  lO'',  72  (dagegen  b.  49')  erklärt  der  Talmud,  daß 
aus  dem  Umgang  des  Mannes  mit  seiner  des  Ehebruches  verdächtigen  Frau 
nach  R.  Akiba  ein  Mamzer  entsprieße.  In  Toß.  Gittin  VIII,  6  führt  R.  Meir 
mehrere  Fälle  an,  in  denen  R.  Akiba  im  Zusammenhange  mit  der  Leviratsehe 
Kinder  als  Mamzere  betrachtete  (Gittin  VIII,  5,  Jebam,  X,  1).  Vgl.  noch  Kiddus.  64" 
und  Parallelen. 

XI 


144  A.  Büchler. 

Stiefmutter  oder  der  kinderlosen  Witwe  des  Bruders  des  Vaters. 
Nach  R.  Josua  b.  Hananja  war  das  Kind  nur  aus  solchem  Ver- 
kehre, der  nach  Lev.  20  mit  dem  Tode  bestraft  wurde,  ein  Mamzer, 
wie  der  Umgang  mit  der  Stiefmutter  bei  Lebzeiten  des  Vaters  in 
Deut.  23,  1.  Simon  b.  'Azzai  erzählte,  daß  er  in  einer  Familienrolle 
aus  Jerusalem  den  Vermerk  gefunden  habe,  N.  N.  sei  ein  Mamzer 
aus  Ehebruch,  womit  er  die  Ansicht  seines  Lehrers  R.  Josua  be- 
stätigte. Alle  diese  Erörterungen  könnten  als  rein  akademisch  be- 
trachtet werden  und  als  kein  Beweis  für  das  Vorhandensein  von 
bemakelten  Personen  gelten,  wenn  nicht  die  eben  angeführte  Rolle 
deutlich  bezeugte,  daß  nicht  nur  der  genau  umschriebene  Begriff 
Mamzer  vorhanden  war,  sondern  auch  der  Makel  im  praktischen 
Leben  schon  vor  dem  Jahre  70  in  Jerusalem  in  den  Verzeich- 
nissen von  Familien  vermerkt  wurde.  Auch  der  Ton  des  Ausrufes 
des  R.  Jesebab,  eines  Kollegen  des  R.  Akiba  (Kiddus.  68*^):  Kommt, 
lasset  uns  gegen  R.  Akiba  protestieren,  weil  er  die  Kinder  aus  jeder 
verbotenen  Ehe  als  Mamzere  erklärt!  scheint  mir  entschieden  für 
praktische  Erwägungen  zu  sprechen. 

4.  Was  lehrt  die  überlieferte  Praxis  des  Lebens  über  Ver- 
bindungen, aus  denen  ein  Mamzer  hervorgeht?  LXX  übersetzt 
müö  in  Deut.  23,  3  durch  ix  JtÖQvrjg,  aus  Ehebruch,  so  daß  diese 
Worte,  die  allerdings  die  weiteste  Anwendung  auf  jeden  verbotenen 
Umgang  zulassen,  die  Annahme  nahe  legen,  daß,  als  jene  Über- 
setzung entstand,  die  Ansicht  bereits  bekannt  war,  daß  der  Mamzer 
aus  unzüchtigem  Verkehr  hervorging.  Bezeichnend  ist,  daß  Aquila 
und  Symmachos,  die  jene  Übersetzung  kannten,  das  hebräische 
Wort  in  Deut.  23,  3  und  Zechar.  9,  6  —  wo  LXX  dXloysvslg,  aus 
heidnischem  Blute, ^  —  beibehielten,  offenbar  weil  die  genaue  Be- 
deutung desselben  unter  den  Lehrern  ihrer  Zeit  strittig  war. 
Simon  b.  'Azzais  Familienrolle  nennt  einen  Mamzer  aus  Ehebruch. 
Einen  solchen  setzt  der  Vorfall  in  Alexandrien  zur  Zeit  Hilleis 
voraus,  als  dort  Juden  ihren  jüdischen  Nachbarn  ihre  Verlobten 
entrissen  und  sie  ehelichten  und  deshalb  die  Kinder  aus  diesen 
Ehen  als  Mamzere  erklärt  werden  sollten.  Hillel  verhinderte  dieses 
durch  den  Hinweis  auf  die  Bedingung  in  den  Ehepakten  der  Ver- 
lobten, wonach  diese  nur  nach  Eintritt  in  die  Brautkammer  als  Ehe- 
frauen gelten  sollten.'^  Somit  bestand  schon  damals  das  Gesetz, 
daß  aus  Ehebruch  Mamzere   entsprossen.  Dasselbe   finden  wir  im 


1  So  viel  wie  lo^n  p,  Geiger,  Urschrift  54  ff. 

2  Jer.    Kethub.    IV,    28",    76;    Toß.    IV,    9;    Baba   nies.    104';    Halevy   in 
c^jiE'Nin  nnn  III,  52". 

XII 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  145 

Satze  des  R.  Eliezer  und  seines  Kontrovertenten,  daß  die  Kinder 
eines  Zeugungsunfähigen  aus  Ehebruch  mit  seinem  Weibe  entstanden 
sein  müssen  und  Mamzere  sind.^  In  sehr  strenger  Anwendung 
dieses  Gesetzes  lehrte  K.  Eliezer,  daß  einer  einen  Mamzer  zeuge, 
der  beim  ehelichen  Umgange  an  eine  andere  Frau  denkt  (Nedar.  20*^^). 
Beide  Stellen  lehren,  daß  R.  Eliezer  bezüglich  der  Entstehung  des 
Mamzer  mit  R.  Josua  übereingestimmt  hat.  Doch  zeigt  der  Ver- 
merk in  ben  'Azzais  Familienrolle,  daß  es  Mamzere  auch  aus  anderen 
Verbindungen  wie  Inzest  gab,  wie  wir  in  Wirklichkeit  einmal  erwähnt 
finden,  daß  R.  Eliezer  b.  Jacob,  wahrscheinlich  der  ältere  dieses 
Namens,  vor  Leichtfertigkeit  im  geschlechtlichen  Leben  warnte, 
da  solche  dazu  führen  könne,  daß  einer  seine  eigene  Tochter  zur 
Frau  nehmen  oder  Geschwister  einander  ehelichen  würden  und 
die  Erde  von  Mamzeren  voll  werden  könnte.-  Ferner  sagt  R.  Johanan 
ben  Nuri  vom  Streite  der  beiden  Schulen  über  die  Zulässigkeit 
der  Ehe  zwischen  einer  kinderlosen  Witwe  und  dem  Levir,  wenn 
die    andere  Witwe    desselben  Mannes    die   Tochter    des  Levir   ist 


1  Nidda  10'  sagen  die  Lehrer  dem  Eliezer  in  der  Baraitha:  ni:iis':  x^m 
T';^  N'siic«  ;t3ia  ar\h  no«  .cnrofi  cnc  t:3  hv  vjh  N^i'io  Nsr:ai  nrsc  nn^j  nxn:i  v'?:!"!  Sy  ptn^a 
cipr:n  •'ith  nns  ny^-  ';c"i  itiT;  r\c"-;->  hii^  cntor;  ]nc'  T-::  hy.  In  Sabb.  30"  unten  wird 
erzählt,  daß  ein  Mann  zu  Rabbi  kam  und  sagte:  Deine  Frau  ist  meine  Frau 
und  deine  Kinder  sind  meine  Kinder.  Er  wollte  damit  sagen,  daß  diese  Mamzere 
seien.  Das  «ileiche  bezweckte  ein  anderer  Mann,  der  dem  R.  Hijja  sagte:  Deine 
Mutter  ist  meine  Frau  und  du  bist  mein  Sohn,  d.  h.  ein  Mamzer.  In  Toß.  Gittin  IV,  3 
sagt  R.  Eliezer,  daß  wenn  ein  Mann  nachträglieh  findet,  daß  der  Grund,  aus 
dem  er  seine  Frau  durch  Scheidebrief  entließ,  nicht  bestand,  hü2  ujni  ITOO  lh))n  Xiv^j 
ist  das  Kind    aus   ihrer   zweiten  Ehe   ein  Mamzer;   s.  Blau,  Ehesclieidung  I,  36. 

2  Jebam.  37'';  Toß.  Kiddus.  I,  4;  Sifra  zu  Lev.  19,  29,  90",  5;  Bacher, 
Agada  der  Tannaiten  I,  65  ff.  Vgl.  den  von  bar-Kappara  in  Kiddus.  80"  erzählten 
Fall,  daß  man  eine  Frau,  die  nach  Jerusalem  kam,  verdächtigte,  mit  ihrem  eigenen 
Sohn  Umgang  zu  pflegen.  In  Antiquit.  XX,  7,  3  erzählt  Josephus  von  einem 
Gerücht,  daß  Berenike  mit  ihrem  Bruder  Agrippa  II.  in  Blutschande  lebte.  Eine 
NichtJüdin,  die  mit  ihrem  Sohne  einen  zweiten  Sohn  erzeugt  hatte,  bat  R.  Eliezer 
um  Aufnahme  ins  Judentum;  als  er  sie  zurückwies,  ging  sie  zu  R.  Josua,  der 
sie  zuließ  (Kohel.  rab.  1,  8,  4;  Aboda  zara  17"  von  R.  Hisda  erzählt).  In  einer 
Baraitha  in  Kiddus.  81'  lacht  ein  Jünger  über  die  Bemerkung  des  R.  Tarfon, 
daß  man  ihn  vor  einer  Sünde  mit  seiner  Schwiegertochter  bewahren  möge. 
R.  Abahu  im  Namen  des  R  Hanina  b.  Gamaliol  erzählt,  daß  sich  der  Jünger  bald 
darauf  mit  seiner  Schwiegermutter  verging.  Vgl.  noch  die  Anklage  der  Psalmen 
Salomos  VIII,  D  a;egen  die  Blutschande  der  Sadduzäer  in  Jerusalem  vor  der  Erobe- 
rung Jerusalems  durch  Pompejus.  Und  den  Satz  des  R.  Josua  b.  Levi  im  Namen  der 
Jerusalomer:  nimm  deine  Frau  in  acht  vor  ihrem  ersten  Schwiegersohn  (nicht 
Bräutigam,  wie  Bacher  in  Agada  der  pal.  Amoräer  I,  135  übersetzt;  siehe  die 
Apokalypse  Abrahams  in  J.  Q.  Review  VII,  1895,  588,  wo  eine  Frnu  mit  ihrem 
Schwiegersohne  buhlt). 

Festschrift.  JQ 

XIII 


146  A.  Büchler. 

und  deshalb  von  ihm  nicht  geehelicht  werden  kann:  Siehe,  wie 
sich  diese  Halacha  in  Israel  verbreitet  hat!  Befolgen  wir  die  Mei- 
nung der  Schammaiten,  die  die  Ehe  gestatten,  so  ist  das  aus  dieser 
entsprossene  Kind  nach  Ansicht  der  Hilleliten  ein  Mamzer.^  Sonach 
setzt  R.  Johanan  b.  Nuri  als  anerkannt  voraus,  daß,  wenn  jemand 
die  kinderlose  Witwe  seines  Bruders  gegen  das  Gesetz  in  Lev.  20,21 
ehelicht,  die  Kinder  aus  solcher  Ehe  Mamzere  sind.  Abba  Saul 
erklärt  jede  Leviratsehe  als  unzulässig  und  die  Kinder  aus  einer 
solchen  als  an  Mamzere  grenzend,  weil  solche  Ehen  in  seiner  Zeit 
nicht  mehr  aus  religiöser  Pflicht,  sondern  aus  weltlichen  Gründen 
geschlossen  wurden.-  Zum  Schlüsse  sei  noch  auf  einen  Satz  des 
späten  Tannaiten  R.  Simon  b.  Menaßja  hingewiesen,  der  das  Ge- 
krümmte, das  nicht  gerade  zu  machen  ist  (Kohel.  1,  15),  durch 
den  Fall  eines  Mannes  erklärt,  der  im  Inzest  einen  Mamzer  er- 
zeugt hat  (Hagiga  I,  7). 

Auch  ein  Kind,  aus  dem  Umgänge  eines  Juden  mit  einer 
NichtJüdin  entsprossen,  wird  als  Mamzer  bezeichnet.  Als  R.  Sadok 
als  Gefangener  nach  Rom  gebracht  wurde  und  eine  Matrone  ihm 
eine  Sklavin  zum  ehelichen  Umgange  sandte,  lehnte  er  dies  ab 
und  gab, als  Grund  folgendes  an:  Was  soll  ich  tun?  Ich  stamme 
von  Hohepriestern  ab  und  möchte  nicht  die  Zahl  der  Mamzere 
vermehren.3  Dieses  könnte  allerdings  als  Übertreibung  gelten,  da 
nach  rabbinischem  Gesetze  das  Kind  eines  Juden  von  einer  Heidin 
als  Heide  gilt,  wie  es  auch  in  der  bekannten  Auslegung  von 
Lev.  18,  21  im  Buche  der  Jubiläen  30,  10  und  im  Talmud  von 
R.  Ismael*  als  an  das  Heidentum  verloren  erklärt  wird,  da  es  bei 
der  Mutter  aufwächst.^  Die  Meldung  in  Synh.  IX,  6:  wer  mit  einer 
NichtJüdin  Umgang  pflegt,  den  greifen  die  Zeloten  an,  gibt  keinen 
Aufschluß  über  den  Charakter  des  daraus  entsprossenen  Kindes; 
ebensowenig  die  aus  derselben  Zeit  stammende  Verordnung  der 
Schammaiten,  die  jeden  Umgang  mit  den  Töchtern  der  Heiden 
verbüt,6  und  das  Verbot  des  fleischlichen  Umganges  mit  Heidinnen, 


1  Baraitha  Jebam.  14'',  unten;  Toß.  I,  9;  jer.  I,  3",  44. 

2  Baraitha  Jebam.  39^  jer.  I,  2\  6;  Toß.  VI,  9. 

Ä  Aboth  R.  Nathan  XVI,  32°;  R.  Akiba,  dem  das  gleiche  widerfährt,  gibt 
einen  anderen  Grund  an. 

*  Baraitha  Megilla  jer.  IV,  7.5%  30;  Misna  IV,  9,  b.  25";  Sifre  Deut.  171; 
Midras  Tannaim   109;  Targum  Jonathan  Lev.  18,  21. 

5  Mekhiltha  zu  Exod.  21,  4,  76'  und  R.  Simon  b.  Johai  in  Kiddus.  CS'; 
jer.  III,  (;4',  58;  Genes,  r.  7,  2. 

li  R.  Simon  b.  Johai  in  der  Baraitha  jer.  Sabb.  I,  3",  51,  und  eine  andere 
Baraitha  in  b.  Sabb.  17'';  jer.  I,  3%  38;  Lerner  in  Berliners  Magazin  IX,  1882, 126. 

XIV 


Familien reinheit  und  Familienmakel  Ih  Jerusalem.  147 

das  auf  eine  hasmonäische  Behörde  zurückgeführt  wird  (Synh.  82*). 
Es  lag  ihnen  bloß  die  Frage  des  Verkehres  und  nicht  auch  die 
der  Folgen  für  das  Kind  vor,  wie  wir  finden,  daß  auch  die 
Schammaiten  und  Hilleliten  in  ihren  Erörterungen  unregelmäßiger 
und  verbotener  Ehen  nur  die  Gültigkeit  dieser  behandeln,  aber 
nicht  auch  den  Makel  der  aus  den  Ehen  entsprossenen  Kinder.  ^ 
Viel  besser  bezeugt  ist  die  Bezeichnung  eines  Kindes  als 
Mamzer  aus  dem  Umgang  einer  Jüdin  mit  einem  Sklaven  oder 
einem  Heiden  in  der  Misna.-  Der  Redaktor  der  Misna  vertrat  diese 
Meinung  auch  sonst,  wie  der  Talmud  (Jebam.  TO^^)  hervorhebt,^ 
obwohl  die  Überlieferung  darüber  schwankt  (Jebam.  45^).  Er  nahm 
hierin,  wie  sonst,  die  Ansicht  des  R.  Meir  an,*  der  aus  dem  Um- 
gange einer  befreiten  Sklavin,  d.  h.  einer  freien  Israelitin,  mit 
einem  Sklaven  einen  Mamzer  hervorgehen  läßt.  Wahrscheinlich 
geht  die  Regel  auf  R.  Akiba  (Kiddus.  75^)  oder  auf  R.  Ismael^ 
zurück.  R.  Hananja  b.  Iddai,  ein  Lehrer  der  zweiten  Hälfte  des 
2.  Jahrhunderts  sagt,  daß  der  Sohn  der  Israelitin  und  des  Ägypters 
in  Lev.  24,  10  ein  Mamzer  war.**  Ein  Jahrhundert  später  behauptet 
R.  Johanan,  daß  alle  Lehrer  das  Kind  aus  solcher  Verbindung 
für  einen  Mamzer  erklärten,''  und  er  selbst  erklärte  in  einem 
praktischen  Falle  die  Kinder  von  Jüdinnen  und  nicht  richtig  auf- 
genommenen Proselyten  als  Mamzere,^  und  sein  Schüler  R.  Ammi 
berief  sich  auf  seine  Meinung  in  einem  anderen  Falle.  R.  IJanina, 


1  Z.  B.  Jebam.  II,  1,  5;  XIII,  1;  Toß.  I,  6.  In  8.  9  gehört  der  Hinweis 
auf  das  Kind  späteren  Tannaiten. 

2  Jebam.  VII,  5;  Sifra  zu  Lev.  22,  13,  97^ 

3  Ebenso  berichtet  R.  Jannai  in  Rabbis  Namen  in  jer.  Kiddus.  III,  64',  9. 
*  Baraitha  in  jer.   Kidduä.   III,  64',  76  ff.;  Jebam.  VQ":  HT^ini  nnss-  -nnt:' 

iTOO  n^nn  p;  anders  und  verworren  in  Toß.  Kidduä.  V,  11. 

5  Jer.  Jebam.  VII,  8'',  65:  dico  SxyiDB"  'ai  üz-2  ]inv  »n  .]»SiDa  ;n  no  Dvra  pno 
"irrir:  nSnn  Sxitr'  nn  h-j  H2n  ^3y^  n.^,  doch  sagt  dieses  in  der  Parallele  jer.  Gittin 
I,  43%  69,  R.  Johanan  im  Namen  des  R.  Eleazar,  der  wahrscheinlich  der  anonyme 
Lehrer  der  Baraitha  Jebam.  45",  oben  und  Kontrovertent  des  R.  Simon  b.  Jehuda 
(im  Namen  des  R.  Simon  b.  Johai  in  der  Parallele  jer.  Kiddus.  III,  64°,  74; 
Jebam.  IV,  6%  4;  in  Toß.  Kiddus.  IV,  16  irrtümlich  R.  Simon  b.  Eleazar)  ist. 
In  Jebam.  68'';  jer.  VII,  8',  40;  Kiddus.  75''  erklärt  R.  Ismael  die  Frau  durch 
den  Umgang  mit  einem  Heiden  für  den  Genuß  von  Iriesterhebe  ungeeignet; 
er  handelte  demnach  von  einer  Priestertochter  allein,  und  von  dem  Kinde  sagt 
er  nichts. 

'"'  Toß.  'Eduj.  II,  4;  Sifra  zu  Lev.  2J,  10,  104%  dazu  die  Bemerkungen 
RABDs;  Lev.  r.  32,  4. 

■?  Jebam.  U",  unten;  jer.  Kidduä.  III,  64%   11. 

8  Jebam.  46";  jer.  Kiddus.  III,  64",  44. 

10* 

XV 


148  A.  Büchler. 

R.Simon  b.  Lakis  und  R.  Eleazar  teilten  die  Ansicht  des  R.  Johanan, 
wäiirend  der  Tanna  bar  Kappara,  R.  Josua  b.  Levi  im  Namen  des 
R.  Jannai,  R.  Jonathan  und  R.  Gamaliel  III.  in  Palästina,  Rabh 
und  Samuel  in  Babylonien  sich  teils  für  einen  geringeren  Makel, 
teils  für  die  Reinheit  des  Kindes  aussprachen.  Wie  diese  Übersicht 
zeigt,  war  bereits  R.  Akiba  und  vielleicht  auch  R.  Ismael  um  das 
Jahr  100  für  die  strenge  Beurteilung  des  Kindes  als  Mamzer; 
aber  war  diese  schon  in  Jerusalem  vor  dem  Jahre  70  bekannt 
und  befolgt? 

Zwei  strenge  Sittenprediger  berichten  von  Unzucht  und  Ehe- 
bruch in  Jerusalem;  der  eine  ist  der  unbekannte  Verfasser  der 
Psalmen  Salomos,  der  die  Zustände  in  der  Hauptstadt  Judäas  vor 
deren  Eroberung  durch  Pompejus  im  Jahre  63  v.  d.  g.  Z.  schildert, 
der  andere  ist  ein  ungenannter  Lehrer  in  Sota  IX,  9,  der  die 
Überhandnähme  von  Ehebruch  in  Jerusalem  zwischen  den  Jahren  50 
und  70  kurz  meldet.  Der  erstere  verweist  in  parteiischer,  gehässiger, 
stark  übertreibender  Verallgemeinerung  auf  den  Ehebruch,  dessen 
sich  Sadduzäer  häufig  schuldig  machten  (4,  5;  8,  10)  und  auf 
unnatürliche  Blutschande,  die  von  denselben  geübt  wurde  (8,  9). 
Da  uns  keine  anderen  Quellen  über  das  Privatleben  der  Vornehmen 
in  Jerusalem  zur  Verfügung  stehen,  ist  es  schwer,  über  die  Glaub- 
würdigkeit dieses  Verfassers  ein  Urteil  zu  fällen;  hat  er  auch  nur 
zum  geringen  Teile  aus  dem  Leben  geschöpft,  dann  gab  es  in 
Jerusalem  eine  Anzahl  von  Mamzeren  aus  Ehebruch  und  Blut- 
schande, besonders  in  sadduzäischen  Kreisen,  zu  denen  in  erster 
Reihe  die  vornehmen  Priester  gehörten.  Sota  IX,  9  meldet:  Seit 
Ehebrecher  an  Zahl  zunahmen,  hörte  der  Gebrauch  der  bitteren 
Prüfungswasser  auf;  R.  Johanan  b.  Zakkai  stellte  denselben  ein, 
denn  es  heißt  (Hosea  4,  14) :  ich  strafe  euere  Töchter  nicht,  wenn 
sie  buhlen,  und  euere  Schwiegertöchter,  wenn  sie  ehebrechen.  Die 
Parallele  in  Toß.  Sota  XIV,  2  hat  noch  die  Erklärung:  seit  Ehe- 
brecher an  Zahl  zunahmen,  hörten  die  Wasser  auf,  denn  diese 
wurden  nur  im  Zweifelfalle  zu  trinken  gegeben.  ^  Ein  ungenannter 


i  Wie  Low  in  Ben  Chananja  V,  95,  Gesammelte  Schriften  III,  102  hervor- 
hebt, ist  in  dem  angezogenen  Bibelverse  wohl  der  Ehebruch  der  Frauen  ge- 
tadelt, der  Schwerpunkt  des  Verbrechens  aber  liegt  in  der  Sünde  der  Männer. 
So  sagt  auch  R.  Akiba  in  Sifrc  Nr.  21,  7",  Sota  47'';  jer.  IX,  24",  24:  tt"!<nB*3  .  . 
h'j  npnx  xS  irrNJs*  p:y2  pyo  np-.y^  cwn  pj<c*3  n'^i  n:iy  nx  süti  N»nn  ncxn  pva  npi:o 
DV3n  qs  nur  in«  csin  nriNi  -"Nin  nnh  "irox  .  .  .  -:3x:n  ■'::  c::'niS^  ^vi  n2':Tn  'd  DiJ'mjD 
.  .  .  c;'r2  rti  ip^av  Die  Mäunor  verführten  die  Frauen  (siehe Psalmen  Salomos  4,  4,  5), 
ilire  Siiteiilosigkeit  bewerkstelligte  die  gänzliche  Aufhebung  des  Prüfungswassers. 

XVI 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  149 

Lehrer  des  2.  Jahrhunderts  (Sota  IX,  13)  meldet  gleichfalls,  daß 
der  Untergang  Jerusalems  durch  Unzucht  und  Zauberei  herbei- 
geführt wurde.  ^ 

5.  Aus  der  zweiten  Hälfte  des  1.  Jahrhunderts  ist  eine 
Kontroverse  der  Schulen  in  Judäa  erhalten,  die  nach  einer  Er- 
klärung für  die  Frage  des  Mamzer  in  Jerusalem  von  besonderem 
Interesse  ist.  Eine  Baraitha  berichtet  nämlich r^  Als  die  Lehrer 
der  Schule  in  Jamnia  den  R.  Doßa  b.  Harkinas  besuchten,  um  ihn 
wegen  seines  schammaitischen  Standpunktes  in  der  umstrittenen 
Frage  der  nnn  ms:  zu  Rede  zu  stellen,  führte  er  eine  alte  Über- 
lieferung an.  Ich  rufe  Himmel  und  Erde  als  Zeugen  an,  daß  der 
Prophet  Haggai  auf  diesem  Mörser  gesessen  und  drei  Regeln  aus- 
gesprochen hat:  die  nan  nns:  ist  dem  Levir  verboten,  die  Juden 
im  Gebiete  von  Ammon  und  Moab  müssen  den  Armenzehnt  im 
Brachjahr  leisten,  und  von  Karduenern  und  Palmyrenern  dürfen 
keine  Proselyten  angenommen  werden.  Die  zwei  letzten  Punkte 
scheinen  auf  den  ersten  Blick  von  R.  Doßa  nur  als  die  Fortsetzung 
des  Berichtes  und  ohne  jede  andere  Veranlassung  angeführt 
worden  zu  sein.  In  Wahrheit  jedoch  erfahren  wir,^  daß,  als  R.  Jose 
b.  Dormaskith  aus  Jamnia  nach  Lydda  kam  und  auf  Befragen  dem 
R.  Eliezer  über  die  jüngsten  Beschlüsse  des  Lehrhauses  in  Jamnia 
berichtete,  R.  Eliezer  bemerkte:  Legt  kein  Gewicht  auf  euere  Ab- 
stimmung (sie  ist  überflüssig),  ich  habe  eine  sinaitische  Überliefe 
rung  von  R.  Johanan  b.  Zakkai,  daß  die  Juden  im  Gebiete  von 
Ammon  und  Moab  im  Brachjahre  den  Armenzehnt  leisten  müssen. 
Somit  war  auch  die  zweite  der  von  R.  Doßa  angeführten  Regeln 
in  Jamnia   erörtert  und   durch  Abstimmung  entschieden  worden, 


1  Low  verweist  auf  die  widersprechende  Schilderung  der  Zustände  der- 
selben Zeit  seitens  R.  Johanans  b.  Torta  in  jer.  Joma  1,  :^8%  58;  Toß.  Menal.i.  XIII,  22. 
Aber  aus  dessen  Angabe  der  Tugenden,  Thorasiudium  und  Beobachtung  der 
Gebote  der  Thora  ist  ersiclitlich,  daß  er  bloß  die  Pliarisäer  im  Auge  liatte, 
nicht  aber  auch  den  hcrodianischen  und  römerfreundliohen  Adel.  Läßt  doch 
Josephus  in  Anti(iuit.  XVII,  11,  2  die  Abordnung  der  Juden  vor  Augustus  in 
ihrer  Schilderung  von  Herodes'  Regierung  sagen,  daß  dieser  mit  der  größten 
Unverschämtheit  Jungfrauen  und  Frauen  geschändet  habe.  Das  würde  eine 
weitere  Anzahl  von  Mamzeren  erklären.  Reachtenswert  ist,  daß  auch  für  den 
Untergang  gewisser  galiläisclier  Städte  in  jer.  Ta'an.  IV,  60",  44;  Gittin  57", 
unten,  Unzucht  und  Zauberei  genannt  werden.  In  Vita  15  und  50  beteuert 
Josephus,  daß  er  während  seiner  Verwaltung  Galiläas  die  Frauen  nicht  verletzt 
habe;  er  muß  sonach  dnsseii  angeklagt  word(!n  sein,  wahrscheinlich  von  Justu» 
von  Tiberias  in  seinem  Buche  über  den  galiiäisclien  Krieg. 

2  Jebam.  Ifi";  jer.  I,  3",  68. 
»  Jadaj.  IV,  3:  Toß.  II,  16. 

XVII 


150  A.  Büchler. 

wie  auch  Jadaj.  IV,  3  erzählt,  daß  „an  demselben  Tage "  R.  Tarfon, 
K.  Eleazar  b.  'A^arja,  R.  Ismael  und  R.  Josua  b.  Hananja  dieselbe 
Frage  besprachen  und  entschieden.  Hieraus  folgt  mit  hoher  Wahr- 
scheinlichkeit, daß  auch  R.  Doßas  dritte  R3gel  über  die  Zulassung 
von  Proselyten   aus   den  zwei  genannten  Völkerschaften  bei  der- 
selben  Gelegenheit  erörtert  wurde.    Dafür    spricht  auch   die  Tat- 
sache, daß  „an  demselben  Tage"  Jehuda,  ein  ammonitischer  Proselyt.i 
und   ein   ägyptischer  (Toß.  Jalaj.  H,  17)  vor  R.  Gamaliel  und  die 
Lehrer  in  Jamnia  kam  und  die  Frage  ihrer  Zulassung  besprochen 
wurde.   Eine  Baraitha  (Jebam.  16%  unten)   spricht  sich  gegen  die 
Zulassung  der  Karduener  als  Proselyten  aus.   Älteres  Material  ist 
sonst  nicht  vorhanden  und  nur  noch  die  schwankende  Überlieferung 
eines  Satzes  des  R.  Johanan,   daß  Palmyrener  aufgenommen  oder 
nicht  aufgenommen  werden  dürfen,  wird  vom  Talmud  verzeichnet.^ 
Als    Ursache    der  Ablehnung   gibt    R.  Johanan    die    Sklaven 
Salomos  an  und  andere  Lehrer  nennen  jüdische  Frauen;  die  ersteren 
nahmen,  als  sie  unter  König  Salomo  in  Palmyra  lebten,  Israelitinnen 
zu  Frauen  und  aus  diesen  Ehen  entsprossen,  nach  der  oben  (S.  XV) 
behandelten  Regel,  Mamzere.  Nach  der  zweiten  Ansicht  erklärt  ein 
Schüler  des  R.  Johanau,-^  daß  bei  der  Eroberung  Jerusalems  viele 
Tausend  palmyrenischer  Soldaten,  besonders  Bogenschützen,  mit- 
wirkten   und    sich  vieler    jüdischer  Frauen   bemächtigten    (die  sie 
mitnahmen).    Aus    einem  Satze  des  babylonischen  Lehrers  Rabha 
erfahren    wir    (Jebam.  17^),    daß    auch    die   jüdische    Bevölkerung 
Palmyras    eine    sehr    gemischte    war,    indem    die    Unreinen    von 
Harpania    denen    von  Mesan,    diese    denen  von  Palmyra,    und   die 
Unreinen    von    Palmyra    den    Sklaven    Salomos    ihren  Makel    ver- 
danken.   Da  nun  R.  Johanan  keine  Kenntnis  von  palmyrenischen 
Bogenschützen  im  babylonischen  Heere  unter  Nebukadnezar  gehabt 
haben  kann,  bezog  sich  sein  Satz,  wie  andere  in  der  Schilderung 
der  Eroberung  Jerusalems  durch    die    Babylonier,    auf  Vorgänge 
im  Jahre  70,   und  N.  Brüll  verweist  als  Parallele  auf  die  Dogen- 
schützen des  Perserkönigs  Vologeses.*  Da  jedoch  die  von  R.  Doßa 

1  Jadaj.  IV,  4;  Toß.  II,   17. 

2  In  jer.  Jebam.  I,  :i'',  S  sagt  R.  Nahman  b.  Jishak  dasselbe  wie  R.  Doßa, 
daß  Proselyten  von  Karduenern  und  Palmyrenern  angenommen  werden 
dürfen,  und  R.  Johanan  beweist  dasselbe  bezüglich  der  Palmyrener  mittelbar 
aus  einer  Misna,  wie  in  Jebam.  16'',  oben.  R.  Josua  b  Levi  und  R.  Hanina  scheinen 
sich  mit  derselben  Frage  befaßt  zu  haben. 

^  In  jer.  Ta'an.  IV,  69',  LS  Johanan  selbst;  Genes,  r.  6G. 
4  Sueton,    Vespasian    VI;    vgl.    Tncitus,    Ilistor.  IV,    51    iu    Brülls    Jahr- 
büchern V,  173. 

XVIII 


Familieureinheit  und  Familientuakel  in  Jerusalem.  1^1 

ben  Harkinas  angeführte  Überlieferung  unzweifelhaft  älter  als  der 
Krieg  ist,  an  dem  die  Palmyrener  toiiuahnien,  und  der  Streit  der 
Schammaiten  und  Hilleliten  über  den  Punkt  augenscheinlich  schon 
in  Jerusalem  geführt  wurde,  kann  die  Abweisung  palmj'^renischer 
Proselyten  nicht  auf  ihrem  Kampfe  gegen  Jerusalem,  wie  über- 
haupt nicht  auf  politisch-nationalem  Hasse  beruhen.  Es  müssen 
ganz  andere  Gründe  dafür  maßgebend  gewesen  sein.  Der  älteste 
Hinweis  auf  Palmyrener  in  der  rabbinischen  Literatur  ist  die 
Frage  eines  Juden  an  Hillel  nach  dem  Grunde  der  eigenen  Be- 
schaffenheit der  Augen  der  Palmyrener  (Sabb.  31*^).  Da  nach  dem 
Berichte  Hillel  damals  bereits  der  Vorsitzende  des  Lehrhauses 
in  Jerusalem  war,  hatte  man  hier  schon  einige  Kenntnis  von 
Palmyrenern,  vielleicht  weil  palmyrenische  Juden  zur  Wallfahrt 
nach  Jerusalem  kamen.  Eine  Jüdin  aus  Palmyra,  Mirjam,  wird  in 
Verbindung  mit  Opfern  angeführt,  die  sie  als  Naziräerin  dar- 
gebracht hat.i  gie  muß  eine  vornehme  und  bekannte  Frau  gewesen 
sein,  sonst  wäre  der  von  ihr  berichtete  Fall  allgemein  ohne 
Namensnennung  vorgetragen  worden. ^  Ihre  Zeit  ist  nicht  näher 
bekannt  und  ihr  Nazirat  ist  eines  der  wenigen  aus  den  babyloni- 
schen Ländern,  welches  die  rabbinische  Literatur  bewahrt  hat, 
wie  das  der  Königin  Helena  von  Adiabene  (Nazir  HI,  6)  und  das 
der  aus  Babylonien  kommenden  Naziräer,  die  erst  nach  dem  Falle 
Jerusalems  hier  anlangten  und  von  Nahum,  dem  Meder,  über  ihr 
Gelübde  belehrt  wurden  (Nazir  V,  5).  Dieser  Zug  der  Naziräer 
aus  dem  Osten  ist  sehr  merkwürdig  und  mag  unmittelbar  und 
mittelbar  mit  dem  Übertritt  der  Königin  Helena  zum  Judentum 
zusammenhängen.  Es  ist  möglich,  daß  sich  in  deren  Begleitung 
Heiden  aus  Palmyra  befanden  und  sich  während  ihres  Aufenthaltes 
in  Jerusalem  zur  Aufnahme  ins  Judentum  meldeten.  Die  Frage 
kam  vor  die  beiden  Lehrhäuser,  denen  die  gleichzeitig  in  der 
Hauptstadt  befindlichen  babylonischen  und  modischen  Wallfahrer 
über  die  Zusammensetzung  der  palmyrenischen  Bevölkerung  Aus- 
kunft gaben.  Die  Schammaiten,  wie  später  ihr  Anhänger  unter 
den  Lehrern  in  Jamnia,  K  Eliezer,  waren  für  die  relative  Reinheit 
des  Ur.sprunges  von  Proselyten  und  wiesen  die  Palmyrener  al»; 
die  Hilleliten,  wie  später  R.  Josua  b.  Hananja  gegen  R.  Eliezer, 
ließen  sie  zu,  und  das  Zeugnis  des  R.  Doßa  b.  Harkinas  spricht 
dafür,  daß  sie,  wie  in  den  von  Königin  Helena  vorgelegten  Fragen 
maßgebend  waren. 

1  Nazir  VI,   11;  ToU.  IV,   lU. 

2  Perles  in  Monatast-hrift  XXXVIII,  1893,  301. 

XIX 


152  A.  Bächler. 

Nach  den  Hiiiweisungen  Rabhas  auf  den  Makel  der  jüdischen 
Bevölkerung  von  Palmyra  und  anderer  Städte  des  Ostens  läßt 
sich  einigermaßen  der  gegen  die  Palmyrener  erhobene  Vorwurf 
ermitteln.  Mesans  Unreinheit  wurde  durch  die  Palmyras  ver- 
ursacht. Nun  sagt  Rabh:i  Babel  ist  gesund,  Mesan  ist  tot  und 
Elam  im  Sterben  begriffen;  der  Untersclüed  zwischen  Kranken 
und  Sterbenden  ist  der,  daß  die  meisten  Kranken  genesen  und 
die  meisten  Sterbenden  sterben.  Damit  ist  gemeint,  daß  die  jüdi- 
sche Bevölkerung  von  Mesan  hoffnungslos  von  schwer  bemakelten 
Elementen  durchsetzt  ist.  Doch  wird  dieses  strenge  Urteil  von 
seinem  Kollegen,  dem  Babylonier  Samuel,  nicht  geteilt,  da  er  aus- 
drücklich erklärt,  daß  in  Mesan  weder  Sklaven,  noch  Mamzere 
sich  mit  der  Bevölkerung  vermengt  haben,  und  diese  nur  deshalb 
zu  beanstanden  ist,  weil  die  dortigen  Ahroniden  es  nicht  ver- 
meiden, geschiedene  Frauen  zu  ehelichen. ^  Dieser  Widerspruch 
Samuels  läßt  erkennen,  daß  Rabh  behauptete,  die  Juden  in  Mesan 
seien  Sklaven  und  Mamzere,  d  h.  wahrscheinlich  Söhne  von  Sklaven 
und  jüdischen  Müttern.  Nun  wurde  Mesan  von  Palmyra  verseucht.^ 
was  nur  besagen  kann,  daß  es  so  viele  Sklaven  und  Mamzere 
unter  den  Juden  enthielt,  daß  durch  Verschwägerung,  die  durch 
den  bekannten  regen  Handel  gefördert  wurde,^  viele  Fan  ilien  in 
Mesan  bemakelt  wurden.  Sehr  sonderbar  ist,  daß  sich  die  beiden 
eben  genannten  Elemente  auch  in  anderen  Städten  und  Ort- 
schaften Babyloniens  fanden.  Ein  angesehener,  aus  Nehardea 
stammender  Jude  in  Pumbeditha  wurde  auf  Veranlassung  des 
R.  Jehuda  b.  Jehezkel  als  Sklave  erklärt  (Kiddus.  70^),  worauf  in 
Nehardea  die  Ehekontrakte  von  zahlreichen  Mitgliedern  seiner 
Familie  vernichtet  wurden.  Als  R.  Jehuda  dafür  von  der  Be- 
völkerung mit  Steinen  beworfen  wurde,  drohte  er  mit  weiteren 
Enthüllungen  auf  Grund  des  Hinweises  seines  Lehrers  Samuel 
auf  zwei  Familien  in  Nehardea,  deren  eine  bemakelt  war.  In 
Pumbeditha  (nach  einer  anderen  Lesart  Nehardea)  verlautbarte 
R.  Jehuda,  daß  ein  gewisser  Adda  und  ein  Jonathan  Sklaven 
seien,  Jehuda  b.  Pappos  Mamzer,  Bati  b.  Tobia  habe  aus  Hoch- 
mut seine  Befroiungsurkundo  nicht  genommen.  Zu  beachten,  daß 
in   mehreren  Fällen  Sklaven,  in  einem  Falle  ein  Mamzer  heraus- 


'  Kiddu.ii,  71"'  unten;  jer.  Jebam.  I,  3'',  12;  Genes    r.  37. 

2  Kiddus.  72';  jer.  Jebam.  I,  3'',  12,  wo  R.  Jehuda,  der  Schüler  Samuels, 
als  Verfasser  genannt  ist;  offenbar  fehlt  ^sintr  Dt:*2. 

»  Siehe  Grätz,  Das  Königreich  Mesene  18;  22;  35  und  Blau  in  ZDMG.  ^7, 
1873,  638. 

XX 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  153 

gefunden  wurden.  Rabha  in  Maliuza  verlautbarte,  daß  dort  fünf 
Familien  bemakelt  seien.  Nach  einer  anderen  Feststellung  Rabhs' 
(Kiddus.  72^  unten)  waren  alle  Bewohner  von  Homanja  in  Babylon - 
Ammoniter,  die  von  Masgeraja  alle  Mamzerim,  und  in  Birka 
tauschten  Brüder  ihre  Frauen  gegenseitig  aus.'  R.  Jehuda  sagte 
von  einer  Familie,  daß  sie  Gibeoniden,  von  einer  anderen,  daß 
sie  Nethinim  wären,  und  R.  Josef  behauptete  von  den  Einwohnern 
eines  Dorfes  in  der  Nähe  von  Pumbeditha,  daß  sie  Sklaven  wären. 
Am  unteren  Tii^ris  gab  es  ein  oberes  und  ein  unteres  Apamea; 
das  mesenisch  sprechende  hat  bemakelte  Bevölkerung,  das  andere 
reine  (Kiddus.  71^^).  R.  Papa  sagt  von  einem  Orte  oder  Kreise  in 
Babylonien,  daß  "xma,  entweder  Samaritaner  oder  NichtJuden,  sich 
mit  dessen  jüdischen  Einwohnern  vermischt  haben  (Kidd.  72-^). 
Alle  diese  Einzelheiten  machen  es  verständlich,  daß  Palmyra  viele 
jüdische  Sklaven  und  Mamzere  in  seiner  Bevölkerung  hatte;  und 
ein  Schluß  auf  ©ine  ansehnliche  Anzahl  von  Heiden,  die  Söhne 
von  heidnischen  Sklaven  und  Heiden  einerseits  und  jüdischen 
Müttern  anderseits,  d.  h.  nach  rabbinischem  Gesetze  Mamzere 
waren,  ist  nicht  unwahrscheinlich  und  bestätigt  nur  die  ausdrück- 
liche Erklärung  R.  Johanans  von  diesem  Sachverhalte. 

Handelte  es  sich  in  allen  diesen  Fällen  um  bemakelte  Laien- 
familien, so  durfte  kein  Ahronide,  der  auf  die  Familienroinheit 
seiner  Nachkommen  bedacht  war,  eine  Tochter  aus  solchem  Hause 
ehelichen.  Nun  behauptete  R.  Jehuda  im  Namen  Samuels  von 
Nehardea  folgendes:  Pashur,  der  Sohn  Immers  hatte  400  oder 
4000  Sklaven,  die  sich  alle  mit  Priesterfamilien  verschwägerten, 
und  jeder  freche  Ahronide  stammt  von  ihnen  ab  (Kiddus,  70^). 
Nach  dem  parallelen  Ausspruche  des  R.  Josua  b.  Levi  ver- 
schwägerten sich  jene  Sklaven  sogar  mit  Hohepriestern  (jer.  IV, 
65'',  48).  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  Samuel  und  R.  Josua 
von  babylonischen  Verhältnissen  sprechen,  da  Pashur,  ein  vor- 
nehmer Priester  zur  Zeit  des  Propheten  Jeremias  (20,  1-  6),  nach 


1  Trotz  dea  Interesses  des  Patriarchen  Rabbi  an  der  Frage  der  Familien- 
reinheit der  babylonischen  Juden  (Kiddus.  71")  ist  hier  offenbar  der  babylonische 
Lehrer  Rabh  yemeint,  der  die  Erklärung  auf  seinem  Sterbebette  abgab. 

»  liabylon  ist,  wie  aus  den  anderen  Sätzen  über  Familionreinheit  zu 
folgen  scheint,  im  engeren  Sinne  gebraucht;  es  ist  daher  unriclitig,  in  den  ge- 
nannten Orten  solche  in  Mesene  zu  vermuten,  wie  bei  Neubauer,  Geographie  SR?; 
Blau  in  ZDMG.  27,  187:^,  326  ff.  Auch  lag  Ilomania  nach  Kiddus.  73'  unweit 
Nehar-Pekod  und  dieses  nicht  weit  von  Nehardea  (l.luU.  96'';  Neubauer  366). 

3  Vgl.  ähnliches  unter  Fremden  in  Kiddus.  71";  Genes,  r.  37,  6;  Peßikt. 
rab.  XXI,   107'  ff. 

XXI 


154  A.  Büchler. 

dessen  Drohung  in  babylonischer  Gefangenschaft  sterben  sollte. 
Zum  Überflusse  fügt  Abbai  hinzu,  daß  alle  die  genannten  Priester 
in  der  Schulreihe  (oder  in  Sura  und  Nehardea)  sitzen.  Es  gab 
sonach  unter  den  babylonischen  Juden  bemakelte  Ahroniden,  wie 
Samuel  in  dem  bereits  angeführten  Satze  (oben  S.  XX)  von 
Ahroniden  in  Mesene  spricht,  die  kein  Bedenken  trugen,  ge- 
schiedene Frauen  zu  ehelichen.  In  Palmyra,  wo  sich  Salomos 
Sklaven  mit  jüdischen  Frauen  vermengten,  können  Laien-  sowohl 
als  Priesterfamilien  als  durch  ihre  Nachkommen  bemakelt  genannt 
sein.  Und  dieses  führt  auf  die  Vermutung,  daß  die  Frage  über 
die  Zulassung  der  schwer  bemakelten  Heiden  in  Palmyra  als 
Proselyten  in  Jerusalem  auch  aus  Rücksicht  auf  zukünftige 
Priesterehen  genau  erörtert  werden  mußte.  Haben  die  beiden 
Schulen  bei  dieser  Gelegenheit  den  Begriff  des  Mamzer  in  dem 
eben  behandelten  Sinne  auf  die  palmyrenische  Bevölkerung  wirk- 
lich angewendet,  dann  hätten  wir  einen  Beweis  dafür,  daß  jener 
um  das  Jahr  45  bereits  genau  umschrieben  war. 

Wie  R.  Jehuda  in  Babylonien  von  den  jüdischen  Bewohnern 
eines  Ortes  sagte,  daß  sie  Nethinim  wären  (Kiddus.  70^),  so  hat 
um  das  Jahr  100  R.  Josua  b.  Hananja  in  Judäa  das  Vorhandensein 
von  Nathin  neben  Mamzer  angenommen  (oben  S.  XIX).  Außer 
den  Fällen,  in  denen  Lehrer  des  2.  Jahrhunderts  in  der 
Misna  und  Baraitha  Nethinim  erwähnen,  finden  sich  diese  noch 
iu  jer.  Kiddus.  IV,  G5°,  59,  wo  R.  Huna  berichtet:  In  den  Tagen 
des  R.  Eleazar  b.  'Azarja  suchte  man  die  Nethine  nahezubringen 
(in  die  Gemeinde  als  Juden  gleichwertig  aufzunehmen).  R.  Abahu 
berichtet  den  Vorfall  im  entgegengesetzten  Sinne:  In  den  Tagen 
des  R.  Eleazar  sagten  die  Lehrer  (gegen  die  Aufnahme):  wer  wird 
den  Anteil  des  Altares  (an  ihnen)  rein  erklären?  In  der  Parallele 
(Jebam.  79^  oben)  lautet  der  Bericht:  In  den  Tagen  Rabbis  wollte 
man  die  Nethine  zulassen;  da  sprach  Rabbi:  wir  können  unseren 
Anteil  zulassen,  wer  wird  aber  den  Anteil  des  Altares  zulassen? 
Was  den  Namen  des  hier  erwähnten  Lehrers  betrifft,  ist  es  wahr- 
scheinlicher, daß  hier  nach  Rabbi  ein  Name  ausgefallen  ist,  als 
daß  Eleazar  b.  'Azarja  willkürlich  hinzugefügt  wurde.  Die  ver- 
schiedenen Elemente  der  jüdischen  Bevölkerung  in  Judäa  wurden, 
wir  wissen  nicht  aus  welchem  Anlasse,  um  das  Jahr  100  unter- 
sucht und  R.  Eleazar  b.  'Azarja  vertrat  die  Ansicht,  daß  die  aus 
der  Tempelzeit  überlebenden,  längst  Juden  gewordenen  und  nur 
durch  Überlieferung  durch  Jahrhunderte  abgesonderten  Tempel- 
sklaven zugelassen  werden   sollten.    So  ist  R.  Tarfon    für   die  aus 

XXII 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  155 

früherer  Zeit  stammenden  Mamzere  eingetreten  (oben  S.  X), 
wobei  es  beachtenswert  ist,  daß  beide  Lehrer  Ahroniden  waren. 
Vielleicht  geschah  es  im  Zusammenhange  mit  der  Frage  der  Zu- 
lassung des  Ägypters  Minjamin  und  des  Ammoniters  Jehuda 
(oben  S.  YIII)  im  Lehrhause  von  Jamnia,  in  welchem  Falle  alle  in 
Deut.  23,  3 — 9  zur  Aufnahme  in  die  Gemeinden  verbotenen  Klassen, 
Ägypter,  Ammoniter,  Mamzere,  gleichzeitig  von  den  Rabbinen 
erörtert  worden  wären. 

6.  In  den  bisher  besprochenen  Stellen  sind  solche  bemakelte 
Elemente  in  der  Judenheit  in  Judäa  behandelt  worden,  die  klar 
umschriebene  Gruppen,  voneinander  unterschieden,  bildeten.  Es 
gibt  aber  eine  weitere  Klasse  von  Leuten,  die  als  no-'i?,  Teig  be- 
zeichnet wurde.  R.  Josua  und  R.  Jehuda  b.  Bethera  sagten  aus, 
daß  die  Witwe  der  nc"!?  zur  Ehe  mit  einem  Friesler  geeignet  ist  .  .  . 
R.  (Simon  b.)  Gamaliel  sagte:  Wir  nehmen  euere  Aussage  an, 
aber  was  sollen  wir  tun,  nachdem  R.  Johanan  b.  Zakkai  verfügt 
hat,  daß  kein  Gericht  in  der  Frage  einberufen  werde,  da  die 
Ahroniden  euern  Beschluß  im  Ausschließen,  aber  nicht  in  der 
Zulassung  (der  Frau)  befolgen.  Die  Namen  der  aussagenden 
Lehrer  machen  es  zunächst  unzweifelhaft,  daß  R.  Gamaliel  II.  in 
Jamnia  und  nicht  sein  Sohn  oder  sein  Vater  gemeint  ist.  Die 
beiden  Lehrer  bezeugen,  wie  in  anderen  Fällen  in  dem  Traktate 
'Edujoth,  eine  ältere  Regel  oder  einen  Brauch  aus  Jerusalem  vor 
dem  Jahre  70,  die  von  ihnen  angeführt  wurden,  um  die  ent- 
gegengesetzte schammaitische  Ansicht  des  R.  Eliezer  zu  widerlegen. 
Es  handelt  sich  um  die  Frage,  ob  Priester  die  Witwe  der  ncT, 
deren  Charakter  als  bekannt  vorausgesetzt  wird,  ehelichen  dürfen; 
und  wie  die  Verfügung  des  R.  Johanan  b.  Zakkai  und  die  Berufung 
des  R.  Gamaliel  auf  sie  zeigt,  ist  es  keine  akademische,  sondern 
eine  wichtige,  praktische  Frage.  Die  Ahroniden  waren  in  der 
Wahrung  ihrer  Familienreinheit  bei  der  Wahl  ihrer  Frauen  viel 
strenger  als  die  Lehrer,  nicht  etwa  aus  gesetzlichen  Gründen, 
sondern,  wie  eine  hieher  gehörige  Nachricht  des  R.  Johanan 
besagt,  beobachteten  sie  seit  der  Zerstörung  des  Tempels  be- 
sondere Vornehmheit,  indem  sie  z.  B.  im  Sinne  des  R.  Eliezer 
b.  Jacob  Töchter  von  Proselyten  zur  Ehe  ablehnten.'  Die  nrr- Witwe 
war  die  Frau  eines  Mannes,  dessen  Abkunft  einen  kaum  zu  be- 
achtenden Makel,  eine  geringe  Trübung  der  vollen  Reinheit  des 
Stammbaumes     aufwies.     Welchen    Grades     der    Makel    der    ncT 


1  Kiddug.  TS";  jer.  Bikkur.  I,  64",  27:  Sid'jd  o'jnr  un:  t:n,-,-:n  n'2  ainc  niv:! 

XXIII 


156  A.  Büchler. 

war,  ist  aus  den  Erörterungen  der  Lehrer  des  2.  und  3.  Jahr- 
hunderts nicht  auf  den  ersten  Blick  klar  und  wurde  miß- 
verstanden. Da  Rosenthal  ^  darin  die  Tochter  der  genannten  Witwe 
erblickt  und  dafür  in  einer  Baraitha  eine  Stütze  fand,  ist  dagegen 
zunächst  auf  eine  Erklärung  der  Sache  bei  Lehrern  des  dritten 
Jahrhunderts  hinzuweisen.^  ,R.  Eleazar  b.  Pedath  erwiderte  dem 
R.  Johanan:  Siehe,  die  no-y-Witwe  ist  (für  die  Ehe  mit  einem 
Priester)  geeignet,  dagegen  ihre  Tochter  ungeeignet.  R.  Johanan 
antwortete:  Die  vorher  angeführte  Stelle  folgt  der  Ansicht  dessen, 
der  sowohl  die  Witwe  als  auch  deren  Tochter  für  geeignet  er- 
klärt .  .  .  R.  Meir  erklärt  auch  die  Tochter  für  geeignet,  die  anderen 
Lehrer  erklären  sie  für  ungeeignet."  Auch  die  darauffolgende 
Erörterung  macht  es  klar,  daß  zumindest  im  palästinischen  Talmud 
noT  nicht  die  Tochter,  sondern  deren  Mutter,  die  Witwe  .be- 
zeichnet. Eine  Baraitha  daselbst  führt  nämlich  die  Ansichten  von 
Lehrern  um  das  Jahr  150  folgendermaßen  an:^  „Was  ist  eine  für 
die  Priesterehe  geeignete  no'y?  Jede,  in  der  kein  aus  unerlaubter  Ehe 
stammender  Priester,  kein  Mamzer  oder  Nathin  (vermengt)  ist.  R.  Meir 
sagte:  Die  Tochter  einer  no"!?,  in  der  keiner  der  genannten  (vermengt) 
ist,  darf  einen  Priester  heiraten;  dagegen  müssen  in  einer  Familie, 
in  der  ein  Bemakelter  vermengt  ist,  vier  Mütter  (auf  ihren  Stamm- 
baum) untersucht  werden  und  dann  darf  die  Familie  ihre  Tochter 
einem  Priester  zur  Frau  geben,  meint  R.  Meir."  Hier  ist  riD^y  un- 
mißverständlich als  eine  Familie  gekennzeichnet,  die  durch  Ver- 
schwägerung mit  unreinen  Personen  bemakelt  wurde.  Die  ge- 
nannte Witwe  war  die  Frau  eines  Mannes  aus  solcher  Familie, 
und  es  handelt  sich  in  dem  Streite  R.  Meirs  und  seines  Kollegen 
darum,  ob,  wenn  die  Witwe  in  zweiter  Ehe  einen  unbemakelton 
Mann  heiratet,  die  Tochter  aus  dieser  Verbindung  noch  als 
mütterlicherseits  bemakelt  zu  gelten  hat.*  Schwierig  erscheint  nur 
die  Erwähnung  des  aus  unerlaubter  Ehe  stammenden  Priesters, 
der  eine  Laienfamilie  durch  Verschwägerung  nicht  bemakelt;  in 
den  Parallelstellen    fehlt    er  und  ist  durch  Königssklaven  ersetzt, 


1  Monatsschrift  XXX,  1881,  41. 

2  Jer.  Kethub.  I,  26",  15:  ni'tjo  N'n  nn  no'j?  mü^H  nn  (pnr  mS)  ntyf'  '2i  n'^  ^on 

^3  -loix  i'xr:  '21  .j»n3  nSi  itod  nht  S^n  nh  na  ]>w  h:i  .ni^'a  no'y  xm  n'x  x'jn  » 
ny  piu  iDix  Txo  m  ^idq  na  ypnB'Jtt*  nnacr:  Sax  naina^  niü'a  nna  i^x  h^ü  nnx  na  pxc 

:  «»troi  ninox  yanx 

4  Siehe  Toß.  Kiddus.  V.  3. 

XXIV 


Familienreinheit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  157 

wie  wir  oben  neben  Mamzer  und  Nathin  Salomos  Sklaven  fanden. 
Es  ist  jedoch  möglich,  daß  er  aus  Rücksicht  auf  die  Erhaltung 
der  Familienreinheit  der  Priester  erwähnt  ist,  die  sich  scheuen 
würden,  die  Tochter  einer  Familie  zu  ehelichen,  die  durch  ihn 
bemakelt  wurde.  Es  ist  hiebei  zu  beachten,  daß  der  Sohn  aus 
der  Ehe  mit  einer  in  Lev.  21,  7  verbotenen  Geschiedenen  und 
aus  der  mit  einer  von  den  Rabbinen  der  Geschiedenen  gleich- 
gestellten m)bn  schon  von  den  Lehrern  des  l.  Jahrhunderts, 
R.  Eliezer  und  R.  Josua  (Terum.  VIII,  1),  R.  Tarfon  und  R.  Akiba 
(Kiddus.  66^  und  Parallelen)  als  zum  Opferdienste  ungeeignet 
vorausgesetzt  wird,  d.  h.  schon  in  Jerusalem  vor  dem  Jahre  70 
als  solcher  galt;  diese  beiden  Klassen  von  untauglichen  Priestern 
sind  aber  durchgehends  als  d''bbn  bezeichnet. 


1 


Eine  Vergleichung  mit  der  ausführlichen  Parallelbaraitha  in 
Kethub.  14*b  bestätigt  die  obige  Erklärung  von  ncyr^  „Eine 
HD-'r-Witwe  ist  die,  bei  der  ein  Bedenken  weder  wegen  des  Charakters 
von  Mamzer,  noch  von  Nathin,  noch  von  Königssklaven  vorliegt. 
R.  Meir  sagte:  Ich  habe  (von  meinem  Lehrer)  gehört,  daß  eine 
solche,  bei  der  keines  der  genannten  Bedenken  vorliegt,  ihre 
Töchter  an  Priester  verheiraten  darf.  R.  Simon  b.  Eleazar  im 
Namen  des  R.  Meir  und  ebenso  R.  Simon  b.  Menaßja  sagten:  eine 
nD''y-Witwe  ist  die,  in  der  der  Sohn  eines  Priesters  aus  der  Ehe 
mit  einer  nicht  sicher  verbotenen  Frau  durch  Verschwägerung 
vermengt  ist;  die  Juden  kennen  die  Mamzere  in  ihrer  Mitte,  nicht 
aber  die  Priester  aus  solchen  Ehen  in  ihrer  Mitte."  Wie  schon 
erwähnt,  stehen  hier  Königssklaven  statt  bbn  im  ersten,  anonymen 
Satze;  statt  r\:in^b  n-iüD  nnn  ist  das  kürzere,  technische  r^':^n•Db  pK-'U'/a 
gebraucht.  Neu  ist  hier  die  von  zwei  Schülern  des  R.  Meir  an- 
geführte Umschreibung  der  noT-Witwe  seitens  dieses  Lehrers  als 
ausschließlich  von  der  Vermischung  eines  bemakelten  Priesters 
abhängig,  weil  bemakelte  Priester  als  solche  den  Leuten  nicht 
bekannt  sind.  Es  scheint,  daß  entweder  Priesterfamilien  allein 
oder  in  erster  Reihe  vom  Gesichtspunkte  des  sicheren  oder 
ungewissen  Makels  als  no^v  bezeichnet  wurden,  oder  daß  Laien- 
familien von  zweifelhafter  Reinheit,  no^r  genannt,  nur  behufs  Fest- 


1  Vgl.  auch  Jebam.  59*;  jer.  Gittin  I,  43%  45;  Synh.  5". 

mt?D  üh)  ni:»nj  mtro  nhi  nnroo  mtt'a  nS  na  pKC  h^  .no'V  niO^N  ^niT'N  |32T  lin  * 

-iv;hn  p  pvr2C  'an  .niinsS  i^k^ct:)  iSx  h::t2  tn«  n2  pxc  h:  Tt-;::^  tno  '21  -\^k  .d'^Sq  n:v 
i,viü:tr'  h:  ~di-;  n:r:^x  'nips  v\2i2  loix  n'dj.'j  p  |iyr:ti'  >3i  rrn  pi  i'KO  '21  mcvi  n:::x 


XXV 


158  A.  Büchler. 

Stellung  ihrer  Eignung  für  Verschwägerung  mit  Priestern   unter- 
sucht wurden.^ 

Aus  der  Fassung  der  Baraitha  im  palästinischen  Talmud,  der 
nach  riD^r  das  Eigenschaftswort  niti'D  hat,  ist  ersichtlich,  daß  es 
sich  in  dem  Zusammenhange,  in  dem  die  Baraitha  stand,  um  die 
Frage  handelte,  welche  Frauen  für  die  Ehe  mit  Priestern  geeignet 
seien.  Da  R.  Meir  in  der  Fassung  seines  zweiten  Satzes,  wie  sie 
Toßafoth  hat,  die  Frage  stellte,  warum  die  Lehrer  die  noT  für 
die  Ehe  mit  einem  Priester  ungeeignet  erklärten,  war  im  ersten 
Satze  nncD  am  Platze.^  Da  nun  die  Lehrer  ausdrücklich  erklären, 
daß  die  ncv  weder  durch  einen  Mamzer,  noch  einen  Nathin,  noch 
einen  Königssklaven  bemakelt  wurde,^  fragt  es  sich,  welches  der 
Makel  der  in  dem  Zeugnis  des  R.  Josua  und  des  R.  Jehuda 
b.  Bethera  benannten  nD'y- Witwe  war.  Die  Misna  Kiddus.  IV,  1 
teilt  die  aus  Babylonieu  heimkehrenden  Juden  vom  Standpunkte 
der  Familienzugehörigkeit  und  Familienreinheit  in  zehn  Gruppen. 
Von  diesen  sind  die  ersten  drei,  Priester,  Leviten  und  Israeliten, 
makellos;  andere  zwe:,  Mamzere  und  Nethine,  sind,  wie  eben  er- 
wähnt, in  der  Familie  der  noT  nicht  vermengt,*  so  daß  nur  die 
Priester  aus  bemakelten  Ehen,  Proselyten,  befreite  Sklaven,  Per- 
sonen verschwiegenen  Ursprungs,  d.  h.  die  ihren  Vater  nicht 
kennen,  und  Findlinge  übrig  bleiben.  Keine  ältere  Stelle  enthält 
eine  Regel  über  die  zwei  letzten  Personen,  wiewohl  anzunehmen 
ist,  daß  R.  Josua  b  Hananja  nach  seinem  Grundsatze  (S.  XXII) 
solche  Kinder  wegen  Mangels  an  Beweis  als  schwer  bemakelt  an- 
gesehen hätte  (Kiddus.  74-'^).  Ein  kleines  Mädchen  wurde  auf  einem 
Kehrichthaufen  ausgesetzt  gefunden,  und  R.  Ismael  b.  R.  Jose  in 


1  Die  Parallele  in  Toß.  Kiddus.  V,  2  ist  mit  der  Baraitha  in  Kethubot 
identisch,  nur  hat  sie  no'j?  für  no^y  naaS«  und  in  R.  Meirs  erstem  Satze  fehlt  ina, 
die  aber  als  richtig  auch  durch  px'C'O  in  Jerurichalmi  gesichert  ist.  Toßafoth 
Kethub.  14:"  s.  v.  un  hält  nari'^N  für  einen  Fehler  und  streicht  es  unnötigerweise. 

2  Die  nc-;  findet  sich  noch  in  Toß.  Kiddus.  V,  3:  .nainan  p  r\h)D3  i3T  ^Sn  hd 
nna  ^nic^S  nnvi  ,n:in3S  nSiDS  no^i?  .u'ji'jjh  n^inon  p  nSiDS  13t  hhn  n33  lat  "i;i  na  ^r^1^<  '3-1 
riKB'^s  ,n3in3'7  h^idb  nmu  ,n:in3'7  niBo  nna  ^Nitt'^^  mtvi  ,n:in3S  n^ioe  nS^n  .n^ina'?  rrm-^ 
D'jnaS  nipo  Sxnc"  iN^o:  .  .  .  n-nm^'D  nnotr  .  .  .  n^ios  n^nc  .naino'i)  mr^  nna  ^nik"^ 
j'SiDsn  h^h  mpD  nnac'i.  Die  no':?  ist  die  Mutter,  die  Witwe  eines  Mannes  aus  be- 
makelter Ehe;  ihre  Tochter  ist  aus  zweiter  Ehe  mit  einem  unbemakelten  Juden 
entsprossen.  In  der  Aufzählung  steht  die  ncy  neben  anderen  bemakelten  Frauen, 
die  Priester  nicht  ehelichen  dürfen,  und  es  würde  scheinen,  daß  sie  mit  keiner 
derselben  identisch  sein  kann.  Was  sonst  könnte  ihr  Makel  gewesen  sein? 

:  'S1DN1  >pinB'  '3'n3  •>']->v:ir:)  mim  nM  'S^n  'Snib'»  "iS  'ina  ^aay  iSy  d^dhi'  me'v  * 

*  Die  Königssklaven  sind  entweder  als  Heiden  nicht  genannt,  oder  es 
gab  überhaupt  keine  Sklaven  unter  den  babylonisch-palästini.schen  Juden. 

XXVI 


Familienreinlieit  und  Familienmakel  in  Jerusalem.  159 

Sepphoris  um  das  Jahr  200  über  den  Charakter  des  Kindes  be- 
fragt, antwortete:  es  soll  der  na''V  zugerechnet  werden  (jer.  Kethub. 
I,  25'!,  75).  Es  scheint,  daß  ihm  keine  ältere  Halacha  über  den 
Gegenstand  bekannt  war  und  er  nach  eigenem  Urteil  das  Mädchen 
der  weiten  Gruppe  der  Bemakelten  zuwies.  Das  gleiche  galt  wahr- 
scheinlich vom  ■'pinir,  von  dessen  Charakter  die  für  die  Misna  ver- 
antwortlichen Lehrer,  R.  Jehuda,  R.  Meir  und  Abba  Saul  nichts 
Bestimmtes  geäußert  haben.  Keinesfalls  scheint  R.  Josua  diese 
beiden  Gruppen  unter  seiner  nou'  verstanden  zu  haben.  Frei- 
gelassene Sklaven  und  Proselyten  sind  wegen  ihrer  heidnischen 
Vergangenheit  bemakelt  und  darf  ein  Priester  weder  eine  Pro- 
selytin  noch  eine  freigelassene  Sklavin  ehelichen,  doch  dürfen  sie 
deren  Töchter  heiraten.  Nur  wenn  sowohl  der  Vater  als  auch  die 
Mutter  Proselyten  oder  Freigelassene  waren,  verbietet  R.  Eliezer 
b.  Jakob  die  Ehe  der  Tochter  mit  einem  Priester,  und  dieses 
Verbot  erstreckt  sich  sogar  über  zehn  Geschlechter,  wenn  nicht 
die  Mutter  eine  Jüdin  ist.^  Wir  erfahren  durch  R.  Johanan 
(Kiddus.  78^^),  daß  die  Ahroniden  seit  der  Zerstörung  des  Tempels 
die  von  R.  Eliezer  b.  Jakob  vorgetragene  Ansicht  befolgten.  Der 
Vorfall,  berichtet  von  R.  Jakob  b.  Iddi  b.  Osaja  ist  sehr  lehrreich. 
Als  ein  Verdacht  gegen  die  Reinheit  einer  Familie  in  Judäa 
erhoben  wurde,  Rabbi  den  R.  Romanos  behufs  Untersuchung  des 
Stammbaumes  hinschickte,  fand  dieser,  daß  die  Großmutter  des 
in  Rede  stehenden  Mädchens  im  Alter  von  weniger  als  drei  Jahren 
Proselytin  geworden  war,  weshalb  Rabbi  die  Familie  als  rein  und 
das  Mädchen  für  die  Ehe  mit  einem  Priester  geeignet  erklärte.- 
Aus  beiden  Berichten  von  der  tatsächlichen  Beobachtung  der 
Reinheit  der  Familie  seitens  der  Ahroniden  im  1.  und  2.  Jahr- 
hundert ist  ersichtlich,  daß  Proselyten  in  der  Familie  der  Priester 
als  störender  Makel  galten,  auch  wo  die  Rabbinen  solche  Proselyten 
als  völlig  rein  erachteten;  sie  waren  für  die  Priester  no'r.  Das- 
sel!)0  ergab  sich  betreffs  des  hhn,  des  aus  verbotener  Ehe 
stammenden  Priesters,  der  in  der  Fassung  der  Baraitha  über  die 
noT  dieselbe  Stelle  einnahm,  wie  der  Königssklave  in  der  anderen, 
als  eine  bemakelte  Person.  Die  befreiten  Sklaven  stehen  in  der 
Misna  des  R.  Eliezer  b.  Jakob  auf  derselben  Stufe  wie  die  Pro- 
selyten, so  daß  sie  für  die  Ahroniden  gleich  bemakelnd  gewesen 
sein    dürften.    Somit    haben    wir    als  noT  dieselben   ermittelt,    die 


1  Kiddus.  IV,  6;  Bikkur.  I,  .5;  dazu  verschiedene  Ansichten  von  Lehrern 
des  2.  Jahrhunderts   in  Usa  in  jer.  Bikkur.  I,  64',  22;   Kiddus.  IV,  6G'' ff. 

2  Jer.  Bikkur  I,  (;4",  32;  Jebam.  60''. 

XXVII 


160  A.  Büchler. 

in  der  Misna  Kiddus.  IV,  1  niim  nM  ^bbn  beisammen  stehen;  und 
obwohl  diese  von  Lehrern  des  2.  Jahrhunderts  stammt,  be- 
lehrt uns  R.  Johanan,  daß  die  Übung  der  Priester  seit  der  Zer- 
störung des  Tempels  die  gleiche  war.i  Und  da  die  Priester  zur 
Zeit  des  Tempelbestandes  in  der  Wahrung  ihrer  Familienreinheit 
nicht  weniger  streng  gewesen  sein  können,  müssen  sie  sich  von  der 
Verschwägerung  mit  Proselyten  ferngehalten  haben.  Das  Zeugnis 
des  R.  Josua  und  des  R.  Jehuda  b.  Bethera,  daß  die  Witwe  einer 
no^V,  eines  bemakelten  Juden  für  die  Ehe  mit  einem  Priester  ge 
eignet  sei,  stellt  die  Ansicht  der  Rabbinen  in  Jerusalem  dar,  die 
den  Makel  der  drei  genannten  Personen  als  so  unbedeutend  er- 
achteten, daß  ihre  Witwe  nicht  als  bemakelt  gelten  konnte.  Aber 
R.  Johanan  b.  Zakkai  hatte  schon  in  Jerusalem  zu  seinem  Ver- 
drusse  erkannt,  daß  die  Priester  die  nachsichtige  Beurteilung  des 
Makels  durch  Proselyten,  befreite  Sklaven  und  Priester  aus  ver- 
botenen Ehen  nicht  anerkannten  und  nicht  beobachteten;  und  des- 
halb erklärte  er  es  für  nutzlos,  einen  solchen  Fall  von  ncr  vor 
eine  rabbinische  Behörde  zu  bringen  und  zu  entscheiden.  Wir 
lernen  aus  seinen  Worten  mit  Sicherheit,  daß  das  rabbinische 
Gesetz  der  ncy  schon  vor  dem  Jahre  70  in  Jerusalem  bestand, 
und,  da  der  Charakter  der  .10"^'  bereits  genau  umschrieben  war, 
solche  Fälle  auch  entschieden  wurden.  Im  Jamnia  mögen  ähnliche 
Vorfälle  das  Lehrhaus  veranlaßt  haben,  das  Gesetz  zu  erörtern 
und,  da  wahrscheinlich  R.  Eliezer  als  Schammaite  für  die  Ab- 
weisung der  leicht  bemakelten  Personen  war.  lud  R.  Gamaliel  die 
Lehrer  ein,  die  Kenntnis  von  älteren  Entscheidungen  hatten.  Der 
Streit  wurde  durch  die  Aussage  der  beiden  Lehrer  zugunsten  der 
Hilleliten  entschieden,  führte  aber  zu  keinem  praktischen  Ergebnis, 
da  R.  Gamaliel  aus  Rücksicht  auf  die  abweisende  Haltung  der 
Priester  es  ablehnte,  ein  Urteil  fällen  zu  lassen. 

Der  Bericht  von  der  Aussage  der  beiden  Lehrer  enthält 
außer  der  Zulassung  der  Witwe  zur  Ehe  mit  einem  Priester  noch 
die  Begründung:  „denn  die  no'^r  ist  geeignet,  unrein  und  rein  zu 
erklären,  fernzuhalten  und  nahezubringen;-  und  Toß.  'Eduj.  III,  2 
hat    die    Meldung :  ^    eine    spätere  Behörde  beschloß,    daß  die  noT 


1  Beachtenswert  ist  die  Behauptung  des  R.  Hisda  in  Kiddus.  75°,  daß 
alle  Lehrer  übereinstimmen,  daß  die  Witwe  eines  leicht  bemakelten  Laien  für 
die  Ehe  mit  einem  Priester  ungeeignet  ist. 

;  2•\ph^  pmS  ina^i  Hta^h  mtJ'3  ncjjntt'  ^ 
Six  2•^ph^  pniS  -ivin^i  id.x^  into^i  noüS  no'y  naoxa  t-icn  annnN  hv  ;n  n'::  ^ 

XXVIII 


Familienreinheit  und  Familienmakei  in  Jerusalem.  161 

beglaubigt  ist,  unrein  und  rein,  verboten  und  erlaubt  zu  erklären, 
fernzuhalten  und  nahezubringen;  aber  an  die  Witwe  der  ncr 
haben  sie  nicht  gerührt."  Die  Nachricht  ist  nicht  leicht  zu  erklären; 
aber  auch  aus  der  Gegenüberstellung  von  ncv  und  nrr  riDöbK  ist 
ersichtlich,  daß  die  erstere  die  Mitglieder  der  bemakelten  Familie 
selbst  bezeichnet.  Die  spätere  Behörde  hat  den  alten  Beschluß, 
daß  die  Witwe  eines  bemakelten  Mannes  für  die  Ehe  mit  einem 
Priester  ungeeignet  ist,  unverändert  gelassen,  indem  sie  die  Frage 
gar  nicht  zur  Verhandlung  gestellt  hat.  n:Dx;  zeigt,  daß  es  sich 
um  eine  Zeugenaussage  der  no'r  handelt  und  es  fragt  sich  nur, 
auf  wen  sich  dieselbe  bezieht,  ob  auf  die  noT  selbst  oder  jemand 
anderen?  Sollte  sie  sich  selbst  unrein  erklären  wollen?  Dieselben 
Tätigkeiten  eines  Zeugen  finden  sich  wieder  in  einer  Baraitha:^ 
Zeugen  sagen  aus,  daß  jemand  rein  oder  unrein  ist,  daß  er  zu 
entfernen  oder  näherzubringen  ist,-  daß  er  verboten  oder  erlaubt 
ist  .  .  .  Sonach  kann  ein  Mitglied  der  bemakelten  Familie  als 
Zeuge  in  der  Frage  der  Familienreinheit  anderer  auftreten  und 
hätte,  wenn  noch  am  Leben,  auch  Auskunft  darüber  geben  können, 
welche  Personen  seiner  Familie  in  Wirklichkeit  bemakelt  sind  und 
daß  er  selbst  nicht  zu  ihnen  gehörte;  darum  soll  seine  Witwe 
nicht  als  bemakelt  gelten,  sondern  als  rein  für  die  Ehe  mit  einem 
Priester. 

Fassen  wir  das  Ergebnis  dieser  Untersuchung  kurz  zusammen, 
so  finden  wir,  daß  im  letzten  Jahrzehnt  vor  der  Tempelzerstörung 
die  Priester  und  auch  vornehme  Laien  ihre  Familienreinheit  streng 
wahrten  und  bei  der  Wahl  ihrer  Frauen  deren  Stammbäume 
prüften;  sie  ehelichten  oft  Töchter  von  Priestern.  Doch  gab  es 
auch  in  ihren  Familien  bemakelte  Personen,  die  von  hochstehenden 
Priestern  als  unwürdig  ferngehalten  wurden  trotz  der  günstigen 
Entscheidung  der  pharisäischen  Behörde  des  R.  Johanan  b.  Zakkai. 
Es  fanden  sich  in  Jerusalem  auch  schwer  bemakelte  Personen, 
wie  Mamzere,  und  auch  in  Judäa  nach  dem  Jahre  70,  die  von 
den  Lehrern  in  Jamnia  besprochen  wurden;  die  Abstammung  der 
Mamzere    war    der    Gegenstand    langer    Erörterungen.    Die    Frage 


»  Jer.  Kethub.  II,  20'',  53;  Toß.  II,  1:  nnc?  p:  Hi:'jh  pn  n'vnc  -nyn  pi  '3n 
:  n-'pnjti'  t;  nz\nh  p:  nirrS  p;  iv^nS  pa  iid.v^  ]<:  r-:p^  p;  prr'^  pa 
-  Rein  und  unrein  bezieht  sich  auf  den  Stammbaum  einer  Familie, 
Toß.  Kethub.  II,  .S;  bab.  l'S'';  jer.  II,  20',  68:  n  nnsev:  s:k  ''^  ■";«  ^r:lS  cin-  jcx: 
.  .  .  'jno^  >:i'7B  ;'::r  ::)s:ipz  u'-rsri  min-.:  n  nnscr:  nx-'j  und  zy?)  pmS  liabon  wir 
in  Gamaliels  Antwort  an  R.  Josua  und  II.  Jeliuda  b.  üethera  über  l'riester,  die 
eine  Person  zur  Ehe  mit  ihnen  zulassen  oder  ablehnen. 

Festschrift.  j  j 

XXIX 


162  A.  Büchler. 

der  Aufnahme  palmyrenischer  Proselyten  in  Jerusalem  setzt  das 
Vorhandensein  gesetzlicher  Bestimmungen  über  bemakelte  Per- 
sonen voraus,  ebenso  die  Behandlung  des  Makels  der  nD''r-  Der 
vorhandene  Stoff  beleuchtet  eine  schwierige  Frage  des  Privat- 
lebens der  Priester  und  Vornehmen  in  Jerusalem  und  die  des 
Gesetzes  betreffs  der  Familienreinheit  vor  dem  Untergange  des 
Staates. 


XXX 


über  Genealogieu  und  Familieiireinheit  in 
biblischer  und  talmudischer  Zeit. 

Von  Dr.  Lewi  Freund,  Lemberg. 

I.  Die  biblische  Zeit  bis  auf  Esra. 

Die  ältesten  historischen  Berichte  der  Bibel  enthalten  genea- 
logische Verzeichnisse,  die  die  Generationen  des  sich  entwickelnden 
Menschengeschlechtes  1  oder  die  Abstammung  dos  israelitischen 
Volkes-  und  der  benachbarten  Völkerschaften'  genau  angeben. 
An  manchen  Stellen*  werden  auch  die  Stammbäume  einzelner 
israelitischer  Familien  gelegentlich  erwähnt.  Man  darf  daher 
schließen,  daß  noch  in  vorexilischer  Zeit  Abstammungsregister 
bei  den  Israeliten  bekannt  und  verbreitet  waren.  Auch  der 
Umstand,  daß  der  judäische  Statthalter  von  den  Exulanten 
bei  ihrer  Rückkehr  in  die  Heimat  einen  urkundlichen  Nachweis 
über  ihre  reine  israelitische  Abstammung  fordert,^  spricht  dafür, 
daß    die   israelitischen  Stämme   und  Familien  noch  vor  der  Weg- 


1  I.  B.  M.  4,  17  ff.;  5,  1  —  32;   10. 

a  I.  B.  M.  11,  10-27;  25,  19,  26;  29,  32-30,24;  36,  18,23—26;  38,  3—6, 
29-30;  46,  8—27;  II.  B.  M.  6,  14-24;  IV.  B.  M.   Iff.;  26,  6-61. 

3  I.  B.  M.  19,  37,  38;  25,  2-5,  13—16;  36,   10—30. 

i  IV.  B.  M.  27,  1;  Jos.  7,  1;  Jud.  .3,  15;  10,   1;  I.  Sam.  9,  1;  Ruth  4,  18-22. 

5  Esra  2,  3  -62;  Neh.  7,  8—64;  vgl.  E.  Meyer,  Die  Entstehung  des  Juden- 
tums, S.  158  ff.  und  S.  195  f.;  Graetz,  Geschichte  II,  2,  S.  150,  Anm.  2.  Seine 
Annahme,  daß  die  Untersuchung  des  genealogischen  Verzeichnisseß  zuerst 
von  Nehemia  durchgeführt  und  nachher  dem  Buche  Esra  einverleibt  wurde, 
leuchtet  nicht  ein.  sntrin  kann  ja  auch  den  Statthalter  bezeichnen,  der  die 
Exulanten  in  die  Heimat  zurückgeführt  hat.  Wahrscheinlich  war  es  is:c*c  = 
Sinbelusur  (siehe  Esra  1,  8  —  11),  ein  Onkel  Zerubabels,  wie  Meyer  a.  a.  0.  S.  72  ff. 
mit  Recht  behauptet.  Auch  das  zweite  Argument  von  Graetz,  daß  die  Worte 
Neh.  7,  5:  cn'nn^  ....  cnnn  n^<  ns;pKi  •'Z.h  hi<  'nhtt  ;n'i  darauf  hindeuten,  daß 
Nehemia  erst  durch  höhere  Eingebung  veranlaßt  wurde,  die  Abstammung  der 
Familien  zu  untersuchen,   ist  nicht  stichhaltig.    Denn    aus   diesen   Worten   folgt 

l 


164  Dr.  Lewi  Freund. 

führung  in  die  Gefangenschaft  solche  Verzeichnisse  führten,  die 
sie  dann  im  Exil  aufbewahrten  und  fortsetzten.  Unzweideutig  be- 
stätigt diese  Tatsache  der  Chronist.  In  I.  Clironik  9,  1  heißt  es: 
„Und  ganz  Israel  ließ  sich  in  einem  Geschlechtsregister  verzeichnen. 
Sie  sind  im  Buche  der  Könige  Israels  und  Judas  ^  niedergeschrieben; 
sie  wurden  wegen  ihrer  Untreue  nach  Babel  weggeführt."  Der 
Chronist  hat  also  Familienverzeichnisse  in  den  königlichen  Regesten 
vorgefunden,  die  bekanntlich  die  Hauptquelle  der  biblischen  Ge- 
schichtsbücher bildeten. 

Bei  der  israelitischen  Stammesverfassung  waren  auch  aus 
politisch-sozialen  Gründen  solche  genealogische  Tabellen  not- 
wendig und  zweckmäßig.  —  Allerdings  mögen  die  ältesten  Genea- 
logien in  Genesis  bloß  aus  dem  historischen  Interesse  und  dem 
Drange,  alles  auf  einen  Ursprung  zurückzuführen,  entstanden  sein 
—  aber  sollten  Israels  Stämme  und  Familien  in  festen,  unver- 
rückbaren Grenzen  ihren  Grundbesitz  haben,-  so  mußten  sie  in 
Evidenz  gehalten  werden,  damit  Angehörige  eines  Stammes  nicht 
in  das  Besitztum  eines  anderen  Stammes  eindringen  und  sich' 
dort  Boden  aneignen  könnten.  Daß  die  Teilung  des  Landes  eine 
solche  Tendenz  verfolgt  hat,  ist  klar  und  deutlich  in  der  Ent- 
scheidung Moses  in  der  Erbrechtsfrage  der  Töchter  Zelafhads 
ausgesprochen.  Num.  36,  6  -7  lautet:  „Das  ist,  was  der  Ewige  ge- 
boten in  betreff  der  Töchter  Zelafhads:  Sie  können  nach  ihrem  Gut- 
dünken heiraten;  jedoch  nur  denen,  die  aus  dem  Geschlechte  des 
Stammes  ihres  Vaters  sind,  dürfen  sie  zu  Weibern  werden.  Damit 
nicht  übergehe  ein  Erbe  der  Kinder  Israels  von  Stamm  auf  Stamm; 
sondern  jeder  soll  sich  an  das  Erbe  seiner  Väter  halten."  Die 
praktische  Anwendung  dieser  Verordnung  ohne  Familienregister 
wäre  undenkbar. 

Auch  religiös-nationale  Motive  dürften  zur  Aufbewahrung 
und  Fortführung  von  Abstammungsurkunden  viel  beigetragen 
haben.    Nach    dem    biblischen  Gesetz  war    den  Israeliten    die  Ehe 


ja  nicht,  daß  Nehemia  als  erster  diese  Verzeichnisse  geprüft  hat;  es  mag  ja 
sein,  daß  er  sie  bloß  revidierte,  um  nur  Jenen  von  urkundlich  verbürgter 
reiner  Abstammung  den  Einlaß  in  die  heilige  Gemeinde  zu  gewähren,  was  er  für 
eine  Eingebung  Gottes  hielt.  Für  diese  Auffassung  spricht  der  Schluß  des 
zitierten  Verses:  u  2in:  SiViNi  n3it:*Ni2  o'Siyn  C'H'n  idd  ksdxi,  welcher  deutlich  sagt, 
daß  dio  Exulanten  sogleich  nach  der  Rückkehr  auf  Grund  alter  Genealogien- 
vfrzoichnisse  in  ein  Register  aufgenommen   wurden. 

'  So  ist  die  Auffassung  der  Septuaginta,  die  das  Wort  mi.Ti  mit  dem 
Snib*'  oSr.2  verbindet.  Siehe  Meyer  a.  a.  O.  S.  101,  Anni.   1. 

•i  IV.  B.  M.  26,  52-57;  36,  7  ff.;  Jos.  13  ff. 

II 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  165 

mit  Kanaanitern,!  Bastarden,  Ammonitern  und  Moabitern  ewig, 
mit  Edomitern  und  Ägyptern  aber  bis  zur  dritten  Generation  ver- 
boten.^ Daß  dieses  Gesetz  der  national-religiösen  Überzeugung 
des  Volkes  entsprach  und  auch  tatsächlich  beobachtet  wurde, 
geht  aus  folgenden  Stellen  deutlich  hervor.  Abraham  beschwört 
seinen  Haushalter  Elieser,  für  seinen  Sohn  Isaak  kein  Weib  von 
den  Töchtern  Kanaans  zu  nehmen. ^  Esaus  Eheverbindung  mit 
Chittiterinnen  bereitet  Isaak  und  Rebekka  Kummer.*  Jakob  wird 
von  seinem  Vater  vor  einer  Ehe  mit  Kanaaniterinnen  gewarnt 
und  in  das  Haus  seines  Großvaters  Betuel  geschickt,  um  sich  aus 
der  Familie  eine  Frau  zu  wählen  ^  und  seine  Söhne  betrachten 
es  als  eine  Schmach,  ihre  Schwester  einem  Unbeschnittenen  zur 
Frau  zu  geben.*'  Sogar  Moses  wird  von  seinen  Geschwistern 
getadelt,  daß  er  eine  Kuschitin  zum  Weibe  genommen  hat'  Israel 
verfiel  in  den  Götzendienst,  weil  es  Ehen  mit  den  kanaanitischen 
Völkerschaften  einging.^  Simsons  Entschluß,  eine  Philistäerin  zu 
lieirateu,  wird  von  seinen  Eltern  mit  scharfen  Worten  mißbilligt.-' 
Und  auch  dem  König  Salomo  macht  der  Verfasser  des  Königs- 
buches Vorwürfe,  daß  er  fremde  Weiber  geehlicht,  die  sein  Herz 
von  Gott  abwandten. 1"  In  all  diesen  Stellen  wird  der  Tadel  über 
die  Mischehen  offen  ausgesprochen,  und  da  aber  trotzdem  solche 
Ehen  zu  allen  Zeiten  geschlossen  wurden,  so  dürfte  auch  die 
Sorgfalt  für  die  Erhaltung  der  Reinblütigkeit  des  israelitischen 
Stammes  zur  Führung  von  genealogischen  Verzeichnissen  mit 
Anlaß  gegeben  haben. 

Die  alte  Stammesverfassung  wurde  zwar  durch  den  Unter- 
gang des  Nordreiches,  nach  dem  die  Überreste  der  zehn  Stämme 
im  judäischen  Reiche  eine  neue  Heimat  suchten  und  fanden,  wie 
auch  durch  die  Vernichtung  des  judäischen  Staatswesens  gelockert," 
aber    die    Geschlechtsverbände    sind   dennoch   durch   diese  Ereig- 


1  II.   B.  M.  34,   12—16;   V.   B.   M.  7,  2—4. 

2  Das.  2.^,  3-9. 

»  1.   B.  M.  24,  3  ff. 

*  Das.  26,  34,  35. 

'■>  Das.  28,  1,  2. 

•i  Das.  34,   14 

^  IV.  B.  M.  12,  1. 

8  Jud.  .'5,  6. 

a  Das.  14,  3. 

'»  1.  Reg.  11,   1—6.    Siehe   L.  Low,    Gesammelte  Schriften  III,   S.  112,  wo 
nocli  mehrere  Belege  angeführt  werden. 

11  Siehe  Graetz,  Geschichte  II,  2,  S.  lOiK 

III 


166  Dr.  Lewi  Freund. 

nisse  nicht  ganz  gesprengt  worden.  Auch  im  Exil  war  das  Volk 
in  Stämme  ^  und  in  Klassen  geteilt:  Ahroniden,  Leviten,  Israeliten, 
Tempelsklaven  =Nethinim  undSalomo-Sklaven.Die  einzelnen  Klassen 
zerfielen  in  Hauptfamilien  nach  Väterhäusern  oder  gründeten  neue 
Verbände  und  benannten  sie  nach  ihrem  Wohnorte  in  der  Heimat.^ 
Es  ist  nun  begreiflich,  daß  die  Exulanten,  die  alles  Hergebrachte 
als  Heiligtum  hochhielten,  auch  die  Urkunden  über  ihre  Abstammung 
mit  besonderer  Sorgfalt  aufbewahrten  und  fortführten.  Hier  kam 
vielleicht  noch  ein  anderer  Umstand  hinzu,  der  die  Führung  von 
Genealogien  notwendig  machte,  nämlich  das  Zuströmen  von  Pro- 
selyten,  denen  die  biblischen  Gesetze  gleiche  Rechte  wie  den  Israeliten 
einräumen.3  Tatsächlich  aber  war  ihre  soziale  Stellung  in  der  judäi- 
schen  Gesellschaft  eine  niedrige  und  sie  wurden  als  minderwertig 
behandelt.^  Man  darf  daher  annehmen,  daß  der  israelitische  Stamm 
auch  im  Exil  im  großen  und  ganzen  reinblütig  geblieben  ist. 

Anders  aber  gestalteten  sich  die  Verhältnisse  im  heiligen 
Lande  nach  der  Rückkehr  der  Exulanten  bis  zum  Eintreffen 
Esras.  Der  kleine  Bruchteil  des  Volkes,  der  auch  nach  der  Er- 
mordung des  Statthalters  Gedaljah  im  Lande  zurückgeblieben  war,'' 
verschwägerte  sich  mit  den  fremden  Völkerschaften,  die  sich  im 
judäischen  Reiche  angesiedelt  hatten,  und  konnte  daher  die  Stammes- 


1  Vgl.  I.  Chr.  9,  3  ff.,  aus  denen  hervorgeht,  daß  noch  zu  dieser  Zeit  die 
Einteilung  nach  Stämmen  bekannt  war. 

2  Siehe  das  Verzeichnis  bei  Esra  2  und  Neh.  7,  wo  zuerst  17  Hauptfamilien 
aufgezählt  und  darauf  Verbände  mit  Ortsnamen  angeführt  werden.  In  der  Tat 
aber  dürfte  zwischen  Familiensippen  und  Lokalverbänden  kein  großer  Unter- 
schied vorhanden  sein,  da  die  Judäer  in  vorexilischer  Zeit  in  festen  Gebieten 
wohnten. 

3  II.  B.  M.  12,  19,  48,  49;  III.  B.  M.  19,  34;  IV.  B.  M.  9,  14;  16,  29; 
V.  B.  M.  1,  16  und  noch  mehrere  Stellen. 

*  Vgl.  Meyer  a.  a.  O.,  S.  227  ff.  Man  darf  es  auch  aus  Jes.  56,  3  —  7  und 
Ezech.  47,  22  schließen,  von  denen  der  erstere  den  Proselyten  die  Gleichstellung 
vor  Gott,  der  letztere  die  soziale  Gleichberechtigung  im  künftigen  Staate  mit 
Nachdruck  verspricht. 

*  II.  Reg.  26,  26  und  Jer.  43,  6-7,  wo  gesagt  wird,  daß  alle  Zurück- 
gebliebenen nach  Ägypten  ausgewandert  sind,  darf  nicht  wörtlich  genommen 
werden.  Es  mögen  die  Flüchtlinge  gewesen  sein,  die  während  Nabü/eriddins 
grausamer  Verfolgung  in  den  Nachbarländern  Zuflucht  gesucht  hatten  und 
unter  Gedaljahs  Statthalterschaft  zurückgekehrt  waren  (Jer.  40,  7-  8).  Als  an- 
gesehene Männer  werden  sie  vom  Propheten  mit  rmrr  nnNC  bezeichnet.  Daß  auch 
nach  der  Flucht  nach  Ägypten  ein  kleiner  Rest  im  Lande  zurückgeblieben  ist, 
gellt  unzweifelhaft  aus  Esra  6,  21  hervor,  wo  neben  den  Exulanten  auch  andere 
Israeliten  erwähnt  werden,  die  sich  von  den  fremden  Völkerschaften  abgesondert 
hatten.  Vgl.  Low,  Gesammelte  Schriften  HI,  S.  144  und  Meyer  a.  a.  0.,  S.  112. 

IV 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  167 

Feinheit  nicht  aufrecht  erhalten.  Auch  unter  den  Exulanten  gab 
es  drei  israelitische  Hauptfamilien,  652  Männer  an  der  Zahl,  und 
drei  ahronidische  Geschlechter,  die  ihre  reine  Abstammung  nicht 
urkundlich  beweisen  konnten  ^  und  somit  von  zweifelhafter  Ab- 
kunft waren.  Diese  unreinen  und  zweifelhaften  Elemente  wurden 
noch  von  den  Exulanten  selbst  vermehrt,  indem  ein  großer  Teil 
von  ihnen;  sogar  Ahroniden  und  Leviten,  Mischehen  mit  Kanaanite- 
rinnen,  Moabiterinnen,  Ammoniterinnen  und  Ägypterinnen  ein- 
gingen,^  wodurch  der  heilige  Stamm  Israels  bedroht  und  ge- 
fährdet wurde.  So  traurig  waren  die  Dinge  vor  dem  Eingreifen 
Esras. 

IL  Von  Esra  bis  zum  Untergange  des  Staates. 

Wie  Esras  Reformen  im  allgemeinen  für  die  weitere  Ent- 
wicklung des  Judentums  bahnbrechend  gewirkt  haben,  so  war 
auch  sein  energisches  Auftreten  gegen  die  Mischehen  für  mehrere 
Jahrhunderte  richtunggebend.  Gewiß  war  Esra  über  die  traurigen 
Zustände  im  judäischen  Reiche  hinreichend  informiert.  Vielleicht 
hatten  sogar  die  Nachrichten  aus  Palästina  die  Sachlage  über- 
trieben und  sie  als  Gefahr  für  die  Erhaltung  des  judäischen 
Stammes  und  der  väterlichen  Religion  dargestellt.  Dadurch  wird 
es  erklärlich,  daß  Esra  nicht  allein  im  heiligen  Lande  als  Re- 
formator und  Schriftgelehrter  auftreten  wollte,  sondern  eine  statt- 
liche Gruppe  von  Exulanten  mitbrachte,  die  er  sicherlich  zum 
Kern  einer  neuen  Exulantengemeinde  machen  wollte.  Dafür  spricht 
der  Umstand,  daß  er  volle  drei  Tage  die  Abstammungsurkunden 
der  versammelten  Exulanten  prüfte  und  als  er  sich  überzeugt 
hatte,  daß  die  Levitenklasse  nicht  vertreten  war,  Mittel  und  Wege 
suchte,  um  auch  Leviten  von  reiner  Abkunft  für  seinen  Zug  zu 
gewinnen.'  Daß  aber  Esra  erst  bei  seiner  ersten  Zusammenkunft 
mit  den  Volkshäuptern  dieselben  über  die  Mischehen  Klage  führen 
läßt  und  erst  jetzt  sein  Entsetzen  und  seine  Entrüstung  zum  Aus- 


1  Esra  2,  59—62;  Neh.  7,  61—64. 

'^  Esra  9,  1  —  2.  Daü  diese  Mischehen  nicht  vereinzelt  waren,  beweist 
Mal.  2,  11,  wo  der  Prophet  klagt:  „Treulos  handelte  Juda  und  Abscheuliches 
ist  geschehen  in  Israol  und  Jerusalem.  Denn  Juda  hat  das  Heiligtum  Gottes 
entweiht,  das  Er  liebte,  und  sieii  mit  der  Tochter  eines  fremden  Gottes  ver- 
mählt", und  daselbst  3,  3,  wo  der  Prophet  verheißt,  daß  der  Stamm  Levi  wie 
Silber  und  Gold  gereinigt  werde.  Auch  in  Esra  10  werden  mehr  als  100  Männer 
aufgezählt,  die  fremde  Weiber  geheiratet  haben. 

3  Esra  8,  1—16. 


168  Dr.  Lewi  Fi'eund. 

druck  bringt,  ist  wohl  aus  Rücksicht  auf  die  Wirkung  und  Zweck- 
mäßigkeit seines  Unternehmens  gauz  begreiflicli. 

Die  Entscheidung,  daß  die  fremden  Weiber  samt  Kindern 
entlassen  werden  müssen,  die  Esra  herbeigeführt  und  sie  zu  be- 
folgen das  Volk  durch  Schwur  verpflichtet  hat,'  war  auch  zu 
strenge  und  kann  weder  mit  dem  biblischen  Gesetze  noch  mit 
der  späteren  Halacha  in  Einklang  gebracht  werden.  Denn  die 
fremden  Weiber  hatten  ja  das  Heidentum  fahren  lassen  ^  und 
konnten  als  Proselytinnen,  mit  Ausnahme  der  Moabiterinncu 
und  Ammoniterinnen,  denen  Deut.  23,  3  die  Aufnahme  in  die  Ge- 
meinde verweigert,  von  Juden  geehelicht  werden.  Nach  der  Halacha 
aber  bezieht  sich  auch  dieses  Verbot  nur  auf  das  männliche  und 
nicht  auf  das  weibliche  Geschlecht.'^  Auch  das  Volk  dürfte  diese 
Maßregel  für  zu  rigoros  gehalten  und  sich  dagegen  aufgelehnt 
haben.  Und  so  ist  es  begreiflich,  daß  trotz  der  Autorität  und 
Energie  Esras,  trotz  der  Unterstützung  von  selten  der  einfluß- 
reichen Familienhäupter  Mischehen  auch  fernerhin  vorkamen.  Erst 
Nehemia  gelang  es  durch  Anwendung  seiner  Amtsgewalt,  die  Misch-' 
ehen  ganz  zu  verdrängen.' 

Die  in  den  Mischehen  gezeugten  Kinder  wurden  gewiß  nicht 
strenger  als  Proselyten  behandelt  und  nicht  ganz  aus  der  Gemeinde 
ausgeschlossen."'  Sie  dürften  daher  zu  den  Proselyten  gestoßen  worden 

1  Das.  10,  5. 

2  Vgl.  Low  a.  a.  O.,  S.  143  und  Graetz  a  a.  O.,  S.  118  Anm.  und  S.  136, 
wo  aus  den  Woiten  Esras  9,  2  ni:J"i«n  'Oya  trnpn  yit  mj?nm  mit  Reclit  geschlossen 
wird,  daß  die  Ursache  seiner  Entriistung  eher  in  der  Verletzung  des  nation;tIen 
Bewußtseins  als  in  der  religiösen  Überzeugung  zu  suchen  ist.  Ich  findo  für 
diesft  Annahme  eine  Stütze  in  dem  bis  nun  nicht  berücksichtigten  Umstände, 
daß  unter  den  mit  fremden  Frauen  Verheirateten  bloß  Ahroniden,  Leviten  und 
Israeliten  aufgezählt  werden  (Esra  ]Q,  18  ff.),  aber  keine  Nethinim  und  Salomo- 
Sklaven  erwähnt  werden,  die  gewiß  niclit  skrupulöser  als  die  Vornehmen  waren. 
Diese  Unterlassung  läßt  sich  nur  dadurch  erklären,  daß  die  Mischehen  der 
Tempel-  und  Salomo-Sklaven  ilmi  für  die  Erhaltung  des  reinen  judäischen 
Stammes  nicht  gefährlich  erschienen,  da  sie  ohnehin  abgesondert  waren. 

3  Darüber  weiter  unten  ausführlich. 
*  Neh.  13,  23—27 

^  Siehe  Rosenthal,  Monatsschrift  für  Geschichte  und  Wissenschaft  des 
Judentums,  Jalirgang  1881,  S.  120,  Anm  3.  Er  erklärt  mit  Recht  den  Satz  in 
Neh.  13,  3:  Sx"H."'f2  a-iy  h^  iSn^'i  „daß  man  das  Gemengsei  bloß  von  den  Israeliten 
reiner  Abstammung  zum  Zwecke  der  Verhinderung  von  Ehen  mit  denselben 
abgesondert"".  Ein  Ausschluß  aus  der  Gemeinde  Israels  würde  ja  mit 
Neh.  10,  29  in  Widerspruch  stehen.  Löws  (a.  a.  O.,  S.  151)  Annahme,  daß  hier 
die  Verweigerung  des  Wohnrechtes  der  Fremden  zum  Ausdruck  kommt,  ist 
nicht  baltbar.  Sein  Beweis  für  diese  Auffassung,  daß  Nehemia  darauf  die  Ver- 

VI 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  169 

sein  und  zusammen  mit  itinen  eine  abgesonderte  Klasse  innerhalb  der 
Exulantengemeinde  gebildet  haben.  Esras  und  Nehemias  rigoroses 
Vorgehen  hatte  also  zur  Folge,  daß  die  Dreiteilung  der  judäischen 
Bevölkerung,  die  schon  beim  Rückzug  unter  Zorubabel  bestanden 
hatte,'  nach  der  Rückkehr  aber  durch  das  Zuströmen  der  in 
Palästina  Zurückgebliebenen  und  durch  die  Mischehen  aufgehoben 
werden  sollte,  jetzt  mit  aller  Strenge  durchgeführt  wurde. 

Das  Volk  zerfällt  nun  auf  Grund  der  Abstammung  und  Rein- 
blütigkeit  in  drei  Klassen,  die  durch  einige  Jahrhunderte  sich  be- 
haupten. Zur  ersten  Klasse  gehörten  Ahroniden,  Leviten  und 
Israeliten,  die  durch  genealogische  Urkunden  ihre  reine  israelitische 
Abstammung  beweisen  konnten.  Zur  zweiten  wurden  die  Nethinim- 
Tempelsklaven  und  die  Knechte  Salomos  gerechnet.  Die  dritte 
bildeten  ursprünglich  einige  Hauptfamilien  unter  den  Exulanten, 
die  von  zweifelhafter  Abstammung  waren.  Mit  der  Zeit  aber  ist 
diese  Klasse  durch  den  Anschluß  allerlei  Gemengsels  und  fremder 
Elemente  zu  einer  breiten  Volksschichte  geworden.  Bedenken  wir, 
daß  die  reine  Abstammung  eine  dominierende  soziale  Stellung 
sicherte,  indem  sie  die  Grundlage  für  die  Erlangung  von  politi- 
schen und  religiösen  Ämtern  bildete,  so  begreifen  wir,  daß  die 
erste  Klasse  über  ihre  reine  Abstammung  sorgfältig  wachte, 
genealogische  Verzeichnisse  aufbewahrte  und  fortführte.  Das  be- 
stätigen auch  die  aus  jener  Zeit  stammenden  Quellen. 

Die  ersten  neun  Abschnitte  der  Chronik  verfolgten  sicherlich 
den  Zweck,  wie  Graetz  richtig  behauptet,^  die  reine  Abstammung 
der   jüdischen    vornehmen    Familien    und    der    gesamten    Bevöl- 


treibung  Tobias  folgen  läßt  (13,  4— 8),  ist  nicht  stichhältig.  Denn  der  vierte  Vers 
beginnt  mit  den  Worten  nta  ':bSi,  was  doch  deutlich  besagt,  daß  hier  kein  sach- 
licher Zusammenhang  besteht. 

1  lui  Verzeichnis  Esra  2  und  Neh.  7  werden  zuerst  die  Exulanten  von 
urkundlich  verbürgter  reiner  Abstammung,  dann  Tempel-  und  Salomosklaven 
und  an  letzter  Stelle  diejenigen  von  zweifelhafter  Abkunft  aufgezählt.  Siehe 
Rosenthal  a.  a.  O.,  S.  119. 

2  Geschichte  II,  2,  N.  15,  S.  420  ff.  Vgl.  Kittel,  Die  Bücher  der  Chronik, 
Einleitung,  S.  Vll  f.  und  bab.  Baba  bathra  15":  l*i  ly  D»a'n  nnn  hc  DH'i  nsD  ano  Nity. 
Rasclii  erklärt  diese  Stelle  in  dem  Sinne,  daß  Esra,  nach  dem  Talmud  Verfasser 
der  Bücher  Esra  und  Chronik,  darin  seine  reine  Abstammung  nachweisen 
wollte.  Mein  verehrter  Freund,  Dr.  Aptowitzer,  der  die  Güte  hatto,  diese  Arbeit 
durchzusehen,  machte  mich  auf  die  Erklärung  R.  Ciiananels  aufmerksam,  der 
die  Worte  ^^  i-;  auf  II.  Chr.  21,  2  bezieht,  d.  h.  Esra  schrieb  bis  cn«  i^l.  So 
aucli  ein  Gaon  (Geonica  ed.  Ginzberg  II,  S.  16  —  17.).  Tosafotli  zur  Stelle  s.  v.  ih  ly 
bringt  die=;e  Erklärting  und  widerlogt  sie.  Man  darf  daher  der  Erklärung 
Raschis  den  V^orzug  geben. 

VII 


170  Dr.  Lewi  Freund. 

kerung  Jerusalems  zu  dokumentieren.  Im  Buche  Esther  2,  5  wird 
Mordehais  Stammbaum  angegeben.  Das  erste  Makkabäerbuch  2,  1 
leitet  die  Abstammung  Mattathias'  vom  Geschlechte  Jojarib^  ab. 
Das  Buch  Tobit  beginnt  mit  Tobits  Genealogie  und  Judith  8,  1 
enthält  die  Liste  ihrer  Vorfahren  zwölf  Generationen  aufwärts. 
Josephus  hebt  gewöhnlich  die  vornehme  Abstammung  der  von 
ihm  angeführten  Männer  hervor.^  Die  Mischna  überliefert  uns 
die  Namen  der  vornehmen  Familien,  die  angeblich  auf  Grund 
eines  unter  Nehemia  erworbenen  Privilegs  zur  Zeit  des  zweiten 
Tempels  zu  bestimmten  Tagen  Holz  für  den  Altar  lieferten.^  Der 
Talmud  erwähnt  Genealogien,  die  noch  im  zweiten  und  dritten 
Jahrhundert  in  Palästina  vorhanden  waren.*  Auch  im  Neuen 
Testament  wird  Jesus  Stammbaum  bis  auf  David  und  Abraham 
zurückgeführt,^  und  noch  Paulus  beruft  sich  auf  seine  reine 
israelitische  Abkunft,  die  er  vom  Stamme  Benjamin  ableitet.^ 

Haben  nun  die  angeführten  Stellen  ergeben,  daß  Genealogien  zu 
jener  Zeit  bekannt  und  verbreitet  waren,  so  darf  man  voraus- 
setzen, daß  es  auch  ein  öffentliches  Amt  oder  ein  Archiv  gaI5, 
das  die  Genealogien  der  vornehmen  Familien  registrierte.  In  der 
Tat  finden  wir  auch  Quellen,  die  für  diese  Aufstellung  sprechen.' 

Josephus  führt  seinen  Stammbaum  mit  genauer  Datenangabe 
bis  auf  die  Zeit  des  Hohenpriesters  Hyrkanos  zurück  und  fügt 
die  Bemerkung  hinzu,  daß  er  ihn  den  amtlichen  Urkunden  ent- 
nommen habe.^  An  einer  anderen  Stelle'^  sagt  er:  „.  .  .  sondern 
sie  (unsere  Vorfahren)  ließen  es  sich  angelegen  sein,  das  Geschlecht 


1  Siehe  Neh.  12,  6. 

2  Vita  §§  38  und  54  wie  auch  an  vielen  andere  Stellen. 

3  Taanith  4,  1  bab.  und  jer.  Gemara  zur  Stelle.  Vgl.  Taanith  12°,  Erubin  41" 
und  jer.  Taanith  4,  6;  GS*":  pD'J2  p  [nt<:D]  3N3r  hu  Vi2  '330  ':n  pfTS  ]z  -iry^x  -i"Nn. 
Meyers  Annahme  (a.  a.  O.,  S.  16ö  f.),  daß  schon  zur  Zeit  des  Chronisten  „durch 
die  fortschreitende  Individualisierung  der  Politik  wie  der  Religion  die  Ge- 
schlechtsverbände zersprengt  wurden",  erweist  sich  als  nicht  ganz  richtig 

<  Jeb.  4.  16.  bab.  das.  49",  Pes.  62''  und   jer.  Taanith  4,  2:  68°. 

5  Matth.  1,  Iff.;  Lukas  3,  23  ff. 

6  Römerbrief  9,  1  und  Phil.  3,  5.  Vgl.  Lukas  2,  36. 

•7  Vgl.  A.  Büchler,  Das  Synedrion,  S.  33,  N.  31.  Vgl.  auch  Krauß,  Tal- 
mudische Archäologie  II,  S.  434,  Anm.  91,  der  sowohl  Josephus  vita  §  1,  als 
auch  einige  hier  weiter  unten  zitierte  Stellen  übersehen  hat  und  daher  zu 
diesem  Resultate  nicht  gelangen  konnte. 

8  Vita  1.  , 

^  c.  Apionem  1,  7  übersetzt  von  H.  Clementz.  Icli  zitiere  diese  lange 
Stelle  wörtlich  wegen  ihrer  wesentlichen  Bedeutung  für  unsere  weitere  Unter- 
suchung. 

VIII 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  171 

der  Priester  unvermischt  und  rein  zu  erhalten.  Denn  wer  des 
Priestertuins  teilliaftig  ist,  darf  nur  mit  einer  Landsmännin  Kinder 
zeugen  und  .  .  .  ihre  Herkunft  prüfen,  indem  er  die  Erbfolge  aus 
den  alten  Geschlechtern  in  Betracht  zieht  und  zahlreiche  Zeugen 
beibringt.  Und  so  halten  wir  es  nicht  nur  in  Judiia  selbst  — 
sondern  überall,  wo  zahlreiche  Gemeinden  unseres  Volkes  sich 
befinden,  da  werden  auch  die  Vorschriften  über  die  Eheschließung 
der  Priester  genau  beobachtet,  wie  in  Ägypten,  in  Babylon  und 
wo  sonst  in  der  Welt  jüdische  Priester  zerstreut  sind.  Denn  die 
letzten  schicken  dann  die  Namen  ihrer  Eltern  und  der  Voreltern 
väterlicherseits  nach  Jerusalem  unter  gleichzeitiger  Angabe  von 
Zeugen.  Bricht  ein  Krieg  aus,  wie  dies  schon  oft  der  Fall  war, 
z.  B.  als  Antiochus  Epiphanes,  Pompejuß  Magnus  und  Quintilius 
Varus  ins  Land  einfielen,  besonders  aber  in  unseren  Tagen,  so 
stellen  die  übriggebliebenen  Priester  aus  den  alten  Ur- 
kunden wieder  neue  zusammen  .  .  ."  An  diesen  beiden 
Stellen  ist  zwar  nur  von  amtlichen  genealogischen  Urkunden  des 
Priestergeschlechtes  die  Rede,  es  mag  aber  sein,  daß  Josephus 
als  Priester  diesem  Geschlechte  sein  besonderes  Interesse  zu- 
gewendet hat,  das  er  vor  seinen  heidnischen  Lesern  verherrlichen 
wollte.*  Man  darf  aber  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  annehmen, 
daß  auch  die  Leviten  und  die  mit  der  Priesterschaft  verschwägerten 
vornehmen  Familien  mit  strenger  Gewissenhaftigkeit  auf  die  Ab- 
stammungsreinheit ihrer  Mitglieder  achteten  und  für  ihre  Re- 
gistrierung in  den  amtlichen  Urkunden  Sorge  trugen. ^  Die  Leviten 
waren  sicher  in  der  letzten  Zeit  des  zweiten  Tempels  in  bezug 
auf  Familienreinheit  den  Priestern  gleichgestellt.  Die  Tosefta  be- 
richtet uns,  daß  das  große  Beth-Din  zu  Jerusalem  mit  der  Unter- 
suchung der  Stammbäume  der  Priestor  und  Leviten  sich  be- 
faßte.'   Aber    auch    die    israelitischen    Familien,     deren     Töchter 


'  Siehe  Rosenthal  (a.  a.  O.,  S.  207,  Anm.  1),  der  darauf  hinweist,  daß  die 
in  der  oben  aus  Josephus  zitierten  Stelle  vorkommenden  Worte  „wer  des 
Friestertums  teilhaftig  ist",  im  Original  tov  (isvt'xovru  rrjs  isQcoavvtje  lauten. 
Josephus  habe  diese  geschraubte  und  dunkle  Redeweise  absichtlich  gebraucht, 
damit  die  Heiden,  denen  die  Verhältnisse  unbekannt  waren,  Priester  darunter 
verstehen,  während  die  Juden  darin  all  diejenigen  bezeichnet  fanden,  die  in 
gewisser  Weise  der  Priesterwürde  teilhaftig  sind,  insoferne  dieselben  in  ihren  Nach- 
kommen durch  die  Verheiratung  ihrer  Töchter  an  Priester  dazu  gelangen  können. 

J  Vgl.  Ginzberg,  MGWJ.,   1912,  S.  666. 

3  Chagiga  2,  9,  S.  235;  Sanli.  7,  1,  S.  425  und  b.  Kid.  70":  ppnni  pacr  dcm 
n^i''  'Din'  nxi  n:\no  'Din'  nx.  Graetz,  MGWJ.,  Jahrg.  1879,  S.  499,  Anm.  4  hat  die 
Parallele    im  Talmud    übersehen    und    versieht,    gestützt    auf  die  Parallelstelle 

IX 


i72  Dr.  Lewi  Freund. 

Ahroniden  beiraten  dürfen,  werden  in  den  talmudischen  Quellen 
in  Fragen,  wo  reine  Abstammung  Bedingung  ist,  in  eine  Reihe 
mit  Priestern  und  Leviten  gestellt.  Da  aber  die  reine  Abstammung 
nicht  nur  die  Verschwägerung  mit  Priesterfamilien  ermöglichte 
und  dadurch  eine  ausgezeichnete  Stellung  in  der  Gesellschaft 
sicherte,  sondern  auch  politische  Vorrechte  gewährte,  wie  Sitz  im 
Synedrion  und  Zulaß  zu  Ehrenämtern, ^  durch  die  man  gewisser- 
maßen Einfluß  auf  die  Staatsgewalt  erlangen  konnte,  so  dürfte 
sie  doch  von  einer  öffentlichen  Behörde  kontrolliert  worden  sein. 
Diese  Auffassung  wird  auch  durch  eine  historische  Quelle  be- 
stätigt, die  vom  Chronisten  Africanus  überliefert  ist.^  Nach  Rosen- 
thals scharfsinniger  und  richtiger  Interpretation  dieser  Stelle,  der 
die  erklärenden  Zusätze  ausscheidet,  die  Africanus  aus  dem  Miß- 
verständnisse und  der  Verkenuung  der  historischen  Ereignisse  und 
tatsächlichen  Verhältnisse  seiner  Quelle  hinzugefügt  hat,  dürfte  der 
ursprüngliche  Bericht  im  wesentlichen  folgendes  überliefert  haben. 
Herodes  habe  die  in  den  Archiven  vorhandenen  Geschlechts- 
register  der  hebräischen  Familien,  wie  auch  der  Nachkommen  der 
alten  Proselyten  und  der  Vermischten  verbrannt,  damit  keine 
israelitische  Familie  die  Möglichkeit  habe,  ihre  edle  Abstammung 
ihm  gegenüber  zu  beweisen.  Ähnliches  berichtet  auch  Synkellos.^ 
Rosenthal  konstatiert,  daß  die  drei  hier  aufgezählten  Gruppen 
sogar  in  der  Reihenfolge  den  drei  im  genealogischen  Verzeich- 
nisse   bei   Esra  und  Nehemia    angegebenen  Klassen    entsprechen, 

in  der  Mischna  (Middotli  Ende),  die  nur  nain^n  n«  naii  enthält,  die  Worte  in  der 
Tosefta  n"lS  'cm'  dni  mit  einem  Fragezeichen,  die  aber  angesichts  dreier  Stellen 
als  gesichert  anzusehen  sind.  Vgl.  Biichler,  Synedrion,  S.   107,  N.  93. 

1  Mischna  Sanli.  4,  1;  Kid.  4,  5  und  beide  Gemaren  zur  Stelle  und 
Tos  das.  7,  1.  Vgl.  auch  das.  4.  7  und  Biichler  a.  a.  O.,  S.  fiö,  N.  59.  Rosen- 
thal a.  a.  O.,  S.  163  macht  einen  Unterschied  zwischen  D'Dni'O  a'^NiC"  und 
n:in3^  fK'B'on  dOnic"  und  behauptet,  daß  die  ersten  mit  einem  genealogischen 
Nachweis  versehen  waren,  während  die  letzten  einen  solchen  nicht  besaßen.  Dies 
scheint  mir  aber  gekünstelt  und  unrichtig.  Abgesehen  davon,  daß  die  Wendung 
pDnrri  cSxiti'V  meines  Wissens,  in  den  Quellen  nicht  vorkommt  —  im  Talmud  ist 
an  einigen  Stellen  von  nionin^n  ninatTTi  die  Rede,  aber  diese  stammen  aus  späterer 
Zeit  (Ket.  12'',  Kid.  70'')  —  ist  auch  sachlich  diese  Behauptung  nicht  haltbar. 
Denn  die  Mischna  Kid.  4,  5  statuiert,  daß  die  Töchter  der  Synhedrialmitglieder, 
die  ja  nain::'?  p^icT^n  ';xntt''  waren,  wie  die  Töchter  der  Priester  zu  gelten  haben 
und  nach  ilirer  makellosen  Abkunft  nicht  untersucht  werden  dürfen,  was  nur 
auf  der  Voraussetzung  der  nachgewiesenen  reinen  Abstammung  beruhen 
kann.  Ausführlicher  weiter  unten. 

''■  Euseb.  bist.  eccl.  1,  7,  {5  5.  Siehe  Sachs,  Beiträge  11,  S.  155  und  Rosen- 
thal a.  a.  0.,  S.   118  ff. 

2  Clironograpliia,  S.  595. 


über  Genealogien  und  Familienreinlieit.  173 

imd  zwar  ist  die  Gruppe  'EßQaixäv  ysväv  mit  der  Klasse  der  mit 
einem  urkundlichen  Nachweis  über  ihre  reine  Abstammung  Ver- 
sehenen identisch,  die  zweite  täv  äQiLnQoaslvTov  mit  der  Klasse 
der  Tempel-^  und  Salomosklaven,  die  dritte  t&v  sTtifiixtcov  mit  der 
von  zweifelhafter  Abkunft.  Die  letzte  Gruppe  wurde  nach  Africanus 
auch  ysKDQag  genannt,-  da  mit  der  Zeit  auch  die  Proselyten  zu 
dieser  gestoßen  wurden.  Möge  auch  die  hier  überlieferte  Nach- 
richt, daß  Herodes  die  genealogischen  Tabellen  verbrannt  habe, 
die  sonst  nirgends  erwähnt  ist,  als  zweifelhaft  und  unglaubwürdig 
erscheinen, •■'  die  Dreiteilung  der  jüdischen  Bevölkerung  auf  Grund 


1  Aus  Jeb.  89''  und  jer.  Kid.  IV,  1,  65"  darf  man  schließen,  daß  sie  noch 
im  zweiten  Jahrhundert  als  abgesonderte  Klasse  bestanden  haben. 

2  Sachs,  S.  155,  leitet  es  aus  dem  aramäischen  {<"ir.3  ab. 

3  Schon  Graetz  a.  a.  0.,  S.  481  bezweifelt  die  Richtigkeit  dieser  Angabe, 
ohne  darauf  näher  einzugehen.  Mir  scheint  nach  gründlicher  Untersuchung 
dieser  Zweifel  begründet.  Denn  all  die  Beweise,  die  Sachs  und  speziell  Rosen- 
thal für  die  Glaubwürdigkeit  dieser  Überlieferung  erbringen,  sind  nicht  stich- 
hältig Josephus  hat  ja  seinen  Stammbaum  den  amtlichen  Urkunden  entnommen 
(Vita  1),  also  waren  sie  zu  seiner  Zeit  noch  vorhanden.  Die  Annahme,  daß  auch 
unter  Herodes  aus  den  alten  Urkunden  neue  zusammengestellt  wurden,  wie  es 
nach  Josephus  oft  in  Kriegsfällen  geschah,  ist  unwahrscheinlich,  da  Josephus 
einen  solchen  Fall  unter  Herodes  nicht  erwähnt.  Josephus  war  gewiß  kein  Lob- 
redner des  Herodes,  denn  in  seiner  Archäologie  XIV,  15,  2  legt  er  dem  Anti- 
gonos  folgende  Worte  in  den  Mund:  „Herodes  sei  ein  Privatmann  und  als 
Idumäer  nur  ein  halber  Jude."  Der  Talmud,  der  Herodes  als  Mörder  der  Hasmonäer 
und  Schriftgelehrten  hinstellt  (Baba  bathra  3"  und  4*),  erwähnt  mit  keinem 
Worte  die  Verbrennung  der  Genealogien,  wo  es  doch  zur  Charakteristik  des 
Herodes  am  Platze  wäre.  Im  Gegenteil  heißt  es  dort  weiter:  „Bist  du  (Herode.") 
stolz  auf  deine  Waffen,  dein  Buch  (seil.  Genealogie,  vgl.  Raschi)  ist  hier.  Kein 
König  (bist  du)  und  kein  Königssohn,  sondern  Herodes,  der  frei  gemachte  Sklave." 
Auch  die  Tatsache,  daß  die  Frage  der  ncv  —  wird  weiter  unten  ausführlich 
behandelt  —  die  doch  nach  Rosenthal  die  Folge  der  Verbrennung  der  Tabellen 
wai',  erst  unter  R.  Jochanan  ben  Zakkai  aktuell  wurde,  spricht  gegen  die  Ver- 
brennung durch  Herodes.  Daß  die  Zeit  des  Hillel  und  Schammai  in  bezug  auf 
Familienreinheit  weniger  rigoros  wäre,  ist  nirgends  angedeutet.  Das  Gegenteil 
darf  man  aus  dem  Talmud  schließen.  Vgl.  Gittin  81":  C':iC'N"in  min^  N^C  nxii  K2 
'>n::'Z'  n'3  D':ry:'i<in  min  c^:nnxn  nni-.  Auch  ist  nicht  erwiesen,  daß  der  Grundsatz 
der  Mischna  (Horajoth  Ende):  'pNn  c-;  hn.t  fnsS  cmp  non  ino^n  ~\V2r:  aus  dieser 
Zeit  stammt.  Die  Annahme,  daß  die  Stelle  in  Pes.  62'':  ponv  tSD  i:mc'  nra  auf  die 
Verbrennung  der  Genealogien  durch  Herodes  anspielt,  ist  auch  nicht  richtig, 
denn  diese  bezieht  sich  auf  andere  Zeiten  und  Verhältnisse,  wie  weiter  unten 
bewiesen  werden  soll.  Als  sicher  ist  nur  anzunehmen,  daß  unter  Herodes  dui  ch 
die  Berufung  seiner  Anhänger  auf  hohe  Posten  (Jüd.  Krieg  I,  18,  4;  Arch.  XV,  1) 
und  durch  Vorschwägerung  seiner  Angehörigen,  die  nach  dem  Talmud  Proselyten 
und  Sklaven  waren,  mit  den  vornehmen  F;',milien  die  Familienreinheit  getrübt  tu  d 
die  Genealogien  inVcrwiirung  gebracht  wurden,wie  Graetz  a.a.O.  richtig  behauptet. 

XI 


174  Dr.  Lewi  Freund. 

der  Abstammung,  wie  auch  die  amtliche  Registrierung  der  vor- 
nehmen Familien  zur  Zeit  des  zweiten  Tempels  dürfen  dennoch 
als  Tatsachen  angesehen  werden,  da  sie  die  auch  sonst  bekannten 
Verhältnisse  jener  Zeit  widerspiegeln. 

III.  Die  talmudische  Zeit. 

Die  Zerstörung  des  Tempels  und  die  Vernichtung  des  jüdi- 
schen Staatswesens  waren  auch  für  die  Familienreinheit  Ereignisse 
von  großer  Tragweite  und  tiefgreifenden  Folgen.  Lehre  und 
Gesetz,  die  zwei  wichtigsten  Merkmale  des  Judentums,  gelangen  erst 
jetzt  nach  der  Beseitigung  des  Opferkultes  zu  ihrer  eigentlichen 
Bedeutung.  Nun  sind  nicht  mehr  die  Priester  die  Vertreter  der 
Religion,  sondern  jene  Männer,  die  die  göttliche  Lehre  vertiefen 
und  verbreiten.  1  Mit  dem  Altar  ist  auch  der  Nimbus  von  der 
Priesterklasse  für  immer  geschwunden  und  die  Verschwägerung 
mit  dem  Priestergeschlechte,  die  jetzt  keinen  realen  Nutzen  mehr 
brachte,  konnte  auch  nicht  lange  das  Ideal  der  vornehmen 
Familien  bilden.  Ein  Archiv  zur  Aufbewahrung  von  Genealogien 
gab  es  nicht  mehr  und  die  zersplitterten  Glieder  des  jüdischen 
Volkes  mußten  eher  ihr  Augenmerk  auf  die  Erhaltung  des 
Judentums  richten,  als  auf  die  Kultivierung  von  alten  Stamm- 
bäumen.2 

Seit  Esra  und  Nehemia  trat  ja  auch  eine  große  Umwälzung 
der  sozialen  Verhältnisse  ein.  Die  dritte  Volksklasse,  nämlich  die- 
jenigen von  zweifelhafter  Abstammung,  wenn  sie  auch  zu  einer 
Zeit  in  genealogischen  Tabellen  verzeichnet  worden  wäre,^  wurde 
gewiß  noch  vor  Herodes  nicht  mehr  registriert.  Denn  seit  den 
Eroberungskriegen  unter  Jochanan  Hyrkan,  Juda  Aristobul  und 
Alexander  Jannai  bildeten  die  Proselyten  einen  großen  Teil  des 
jüdischen  Volkes  und  wohnten  in  den  weitesten  Gegenden  des 
Reiches,  daher  war  eine  Evidenz  derselben  bei  der  Unzulänglich- 
keit der  damaligen  Staatsämter  undurchführbar.  Sie  selbst'  aber 
konnten    gar    kein   Interesse  an  der  Führung  von  genealogischen 


♦  Vgl.  Schürer,  Geschichte  II,  S.  366. 

2  Vgl.  Büchler,  Die  Priester  und  der  Kultus,  Wien  1895,  S.  20  und  2.3. 

3  Außer  dem  Exulantenverzeichnisse  bei  Esra  und  Nehemia,  das  die  Zahl 
der  Männer  von  zweifelhafter  Abstammung  angibt,  findet  man  dafür  in  der 
späteren  Literatur  keinen  Anhaltspunkt.  Die  Angabe  des  Africanus  dürfte 
daher  kaum  richtig  sein. 

XII 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  175 

Verzeichnissen    haben,    die    den    ihrer    Abstammung    anhaftenden 
Makel  auf  ihre  Nachkommen  übertragen  hätten.  ^ 

Aber  auch  die  vornehmen  Familien  konnten  sicherlich  unter 
der  Regierung  des  Herodes  und  seiner  Nachfolger  ihre  doku- 
mentarisch verbürgte  reine  Abstammung  schwer  bewahrt  haben 
und  dürften  noch  vor  der  Zerstörung  des  Tempels  auf  einen 
kleinen  Rest  zusammengeschmolzen  sein.  Herodes'  Macht  hatte 
gewiß  für  den  Adel  eine  zu  große  Anziehungskraft,  als  daß  er 
eine  Verschwägerung  mit  dem  königlichen  Hause  hätte  verschmähen 
können.  Und  in  der  Tat  finden  wir  Herodianer  zur  Zeit  des  Auf- 
standes, die  sogar  den  vornehmsten  Priesterfamilien  angehörten. - 
Das  Beispiel  der  Vornehmen  wirkte  auch  auf  die  anderen,  und 
so  hatte  die  herodianische  Familienverzweigung  eine  allgemeine 
Trübung  der  Sittenlauterkeit  herbeigeführt.  Die  Mischna  Kid.  IV,  1. 
die  nach  Samuels  Überlieferung  von  Hillel  stammt,^  berichtet: 
„Zehn  Abstammungskategorien  zogen  hinauf  aus  Babel  (seil,  in 
das  Heilige  Land):  Ahroniden,  Leviten,  Israeliten,  entweihte  Priester, 
Proselyten,  Freigelassene,  Bastarde,  Tempelsklaven,  Schweiglinge* 
und  Findlinge."  Die  Gesellschaft  in  Judäa  hatte  also  zu  jener 
Zeit  unter  sich  Elemente,  die  gewöhnlich  Merkmale  des  Sitten- 
verfalles sind.  Damit  stimmt  auch  eine  andere  Tradition,  daß 
R.  Jochanan  ben  Zakkai  den  vorschriftsgemäßen  Brauch  abgeschafft 
hat,  wonach  eine  vom  Manne  des  Ehebruches  angeklagte  Frau  das 
Bitterwasser  im  Tempel  zu  trinken  hatte,  da  vor  dem  Untergang 
des  Tempels  Fälle   des  Ehebruches   sich  so   sehr  gehäuft  haben. •'^ 

All  diese  Ereignisse  und  Erscheinungen  dürften  den  Lehrern 
die  Überzeugung  beigebracht  haben,   daß   an   eine  Erhaltung  der 


1  Die  entgegengesetzte  Annahme  Ginzbergs  a.  a.  O.,  S.  666  ist  nicht  ge- 
nügend begründet.  Denn  nach  ihm  hätten  auch  alle  israelitischen  Familien 
Stammbäume  führen  müssen,  damit  sie  nicht  zu  den  '^np  '71dd  gestoßen  würden, 
wofür  aber  in  den  Quellen  kein  Anhaltspunkt  enthalten  ist.  Übrigens  mag  sein, 
daß  die  Schrift  der  Zadokiten  die  alten  Verhältnisse  schildert. 

-  Siehe  Graetz,  Monatsschrift  a.  a.  O.,  S.  455. 

3  Kid.  75'  und  Jeb.  37".  Allerdings  scheint  mir  diese  Überlieferung  nicht 
sicher.  Denn  nach  dieser  Mischna  wäre  eine  Ehe  zwischen  Leviten  und  Prose- 
lyten oder  Freigelassenen  zulässig:  nn  nr  xi3^  ;nm?2  nnm  n»j  »SSn  '>hniz">  "iS,  was 
aber  nur  der  Ausdruck  der  späteren  Halacha,  aber  nicht  der  tatsächlichen  Ver- 
hältnisse zur  Zeit  des  Tempels  sein  kann,  denn  zu  jener  Zeit  wurde  auf  die 
Abstammungsreinheit  der  Leviten  wie  auf  die  der  Priester  geachtet.  Vgl.  das  : 
nSya^  pnn  ;a  nSi. 

*  Nach  der  Erklärung  derselben  Mischna  sind  dies  die  Kinder,  die  ihre 
Mutter,  aber  nicht  ihren  Vater  kennen. 

5  Sota  9,  9;  Tos.  das.  14,  2,  S.  320. 

XIII 


176  Dr.  Lewi  Freund. 

vnp  riT  =  heiligen  Nachkommenschaft  im  Sinne  Esras,  der  nur 
Vollblutjuden  in  der  Gemeinde  Gottes  haben  wollte,  nicht  mehr 
zu  denken  sei.  Und  so  mußte  auch  eine  Umwandlung  dieses 
Begriffes  eintreten.  Nicht  die  urkundlich  verbürgte,  reinblütige 
israelitische  Abstammung,  sondern  die  Gesetzmäßigkeit  der  ge- 
schlossenen Ehe  und  das  in  Übereinstimmung  mit  den  Vorschriften 
gepflegte  eheliche  Zusammenleben  sollten  den  Maßstab  für  Familien- 
reinheit bilden.  Das  ist  die  Richtung  der  späteren  Halacha.^ 

Für  Israeliten  ist  nun  eine  Ehe  mit  all  denen,  die  dem 
Judentume  beigetreten,*  erlaubt.  Anders  aber  gestalten  sich  die 
Dinge  für  Ahroniden,  die  dem  alten  Brauche  gemäße  nur  Frauen 
von  reiner  israelitischer  Abstammung  heiraten  durften.  Da  infolge 
des  Verlustes  der  amtlichen  Urkunden  nur  wenige  Familien  ^  im 
Besitze  eines  genealogischen  Nachweises  waren  und  auch  das 
Beth-Din  zu  Jamnia  sich  nicht  mehr  mit  der  Untersuchung  der 
Stammbäume  befassen  konnte  und  wollte,  so  mußten  die  Lehrer 
für  den  Eheschluß  der  Ahroniden  Beatimmungen  treffen.  Und 
diesem  Umstand  ist  es  auch  zuzuschreiben,  daß  die  Quellen  nur? 
ausgiebiger  fließen. 

Die  Mischna^  statuiert:  „Wenn  (ein  Ahronide)  eine  Priester- 
tochter heiratet,  so  muß  er  die  Uubescholtenheit  von  vier  Müttern 
aufwärts  untersuchen,  das  sind  acht  (vier  von  mütterlicher  und 
vier    von    väterlicher  Seite).    .  .  .  Heiratet    er    eine  Levitin    oder 

1  Vgl.  Geiger,  Urschrift,  S.  350  f. 

'  Die  Ausnahmen  werden  weiter  ausführlich  besprochen  werden. 

3  Siehe  c.  Apionem  1,  7.  Im  Talmud  Kid.  78'  wird  dieses  Gebot  aus 
Ezech.  44,  12:  Sxnc"  n'2  i"]v:  nihin^  nx  >::  abgeleitet,  dagegen  wird  Esra  gar  nicht 
berücksichtigt. 

4  Diese  Familien  übersiedelten  zur  Zeit  der  Zelotenregierung  nach  Sepphoris, 
wie  Büchler  überzeugend  nachgewiesen  hat  (Die  Priester,  S.  37  ff.),  wohin  sie 
die  Traditionen  des  jerusalemisehen  Adels  verpflanzten.  Ob  es  dort  aucli  ein 
Archiv  gab,  in  dem  man  die  Zivilstandesiegister  führte,  wie  Krauss  (Antoninus 
und  Rabbi,  Wien  1910,  S.  117)  aus  der  Mischna  Kid.  4,  5  sehließen  will,  ist 
sehr  fraglich  Dagegen  spricht  der  Wortlaut:  r;  Dinn  n»nK'  nj  qx.  Vgl.  Büchler 
a.  a.  O.,  S.  198,  Note  2. 

5  Kid.  IV,  4  und  5.  Diese  Mischna,  die  sich  unzweifelhaft  auf  Ahroniden 
bezieht  (vgl.  Tosafoth  zur  Stelle),  steht  scheinbar  im  Widerspruch  mit  der 
Baraitha  in  jer.  Ket.  1,  it,  25'  und  Kid.  4,  4,  66"  Mitte,  wo  die  Untersuchung 
nur  für  eine  Heirat  aus  einer  notorisch  niakolhaften  Familie:  hlCB  n:  ypntt'JC*  nnera 
bestimmt  wird.  Graetz  a.  a.  0.,  S.  605,  Anm.  1  sucht  den  Widerspruch  in  folgender 
Weise  zu  lösen.  Die  Mischia  empfehle  die  Untersuchung  aus  Skrupulosität: 
paiT  npni,  die  Baraita  aber  aus  Pflicht:  xn'nisn  npns.  Er  erkennt  aber  nicht 
die  Tatsache,  daß  hier  eim-  historische  Entwii-klurg  voi'liegt  Denn  ursprünglich 
galt   diese   Bcstiiiimung    nur   für  Ahroniden.    dann   übertrug   man   sie  auch  auf 

XIV 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  177 

Israelitin,  so  muß  er  noch  einen  Grad  aufwärts  hinzufügen.  Nicht 
braucht  man  zu  untersuchen  von  einem  am  Altar  fungiert  habenden 
Priester  und  von  einem  im  Säagerchor  beteiligt  gewesenen  Leviten 
und  von  einem  Synhedrialmitgliede.  Alle,  bei  denen  es  verbürgt 
ist,  daß  deren  Vorfahren  zu  den  öffentlichen  Beamten  oder  Almosen- 
pflegern gehörten,  können  ihre  Töchter  an  den  Priesterstand  ver- 
heiraten ohne  Untersuchung."  Diese  Verordnung  ist  unzweifelhaft 
bald  nach  der  Zerstörung  des  Tempels  erlassen  worden; 
denn  vor  der  Zerstörung  wäre  ja  die  Untersuchung  bei  einer 
Priestertochter  sowohl  nach  der  Mischna  als  auch  nach  Josephus^ 
ganz  überflüssig.  Aus  dem  Zusammenhange  kann  man  auch  den 
Terminus  ad  quem  bestimmen,  da  hier  die  Existenz  des  Altars, 
des  Sängerchors  und  des  Synedrions  in  nicht  weit  zurückliegender 
Zeit  vorausgesetzt  wird. 

Eine  andere   Mischna^  berichtet:    „R.  Josua  und   R.  Jehuda 
ben  Bethera  bezeugten,    daß    eine  'Issawitwe    von    einem  Priester 


Israeliten,  die  aus  verrufenen  Familien  heiraten  wollten.  Die  zweite  Auf- 
fassung machte  es  notwendig,  die  Lesart  in  der  Mischna  n'SNiC'i  n'iS  in 
□»"?Knti"i  c'M^  zu  emendieren.  Beide  Erklärungen  sind  noch  im  jer.  und  bab.  Talmud 
angedeutet.  Der  bab.  Talmud  sucht  den  Widerspruch  damit  zu  lösen,  daß  er 
zwei  verschiedene  Auffassungen  annimmt  (76'':  xn  'ant:  tih  xn  ':naT  («o),  was  aber 
nach  unserer  Auffassung  eine  historische  Entwicklung  zum  Ausdruck  bringt. 

1  Vgl.  c.  Apionem  1,  7,  wo  er  sagt,  daß  auch  die  außerhalb  Judäas 
lebenden  Priester  in  den  amtlichen  Urkunden  registriert  wurden. 

2  Edujoth  8,  3,  In  der  Bedeutung  des  Wortes  no'y  gehen  die  Auffassungen 
sowohl  der  alten  Kommentatoren  als  auch  der  neueren  Forscher  auseinander. 
Die  Ursache  dafür  ist  die  Unklarheit  im  Talmud  selbst.  Während  die  Tosefia 
(Kid.  5,  2,  S.  341)  die  no'y  definiert:  Diti'o  Hb)  nnror:  mrri  n^i  mj'ri:  oiro  nh  na  pxc  h^ 
□»3^f3  nay,  erklärt  der  jer.  Talmud  f'n:  nSi  itod  t<hi  hhn  nh  na  psE-  h^  (Ket.  1,  9,  26"; 
Kid.  4,  4,  66").  Der  bab.  Talmud  liest  in  der  Tosefta  nicht  no'y,  sondern  no'j?  mnhn 
(Ket.  14°).  Raschi  zur  Stelle  meint,  no'i'  bedeute  eine  Frau,  an  der  durch 
illegitime  Heirat  ein  zweifelhafter  Makel  haftet.  Tossafoth  das.,  Maimuni  und 
Rabad  (zur  Stelle  in  Edujoth)  erklären,  ncy  sei  eine  Familie,  deren  Reinheit 
durch  Beimischung  von  unsicheren  Elementen  zweifelhaft  geworden  ist.  Nach 
Graetz  a.  a.  O.  bezeichnet  dieses  Wort  einen  Komplex  von  Familien,  unter 
denen  verdächtige,  aber  unbekannte  Eleuiente  vorhanden  sind.  Die  Bezeugung 
in  der  Mischna  will  die  Purifikation  der  Familien  durch  Ausschaltung  der 
unreinen  Elemente  durch  die  Familien  selbst  durchsetzen.  Zur  Zeit  R.  Jochanan 
ben  Zakkais  wurde  sie  durch  den  Widerstand  der  Priester  vereitelt.  Unter 
R.  Gamaliel  wurde  die  Frage  noch  einmal  ohne  Erfolg  aufgeworfen.  Erst  nach 
dem  Bar-Kochba-Aufstande,  da  durch  die  allgemeine  Verwirrung  nacl^weisbar 
reine  Familien  überhaupt  nicht  mehr  vorhanden  waren,  konnte  lin  späteres 
Kollegium  diese  Reform  durchsetzen.  Rosenthal  a.  a.  0.,  S.  113  ff.,  geht  noch 
weiter  und  nimmt  an,  daß  unter  no'i'  die  Klasse  der  Leute  von  zweifel- 
hafter   Abstammung    im  Verzeichnis    Esras   zu   verstehen   ist.    Diese  Klasse, 

Festschrift.  12 

XV 


178  Dr.  Lewi  Freund. 

geehelicht  werden  dürfe  und  daß  die  'Issa  selbst  glaubwürdig  ist, 
[manche  Elemente]  für  unrein  oder  rein  zu  erklären,  zu  entfernen 
oder  aufzunehmen.  R.  Gamaliel  sagte:  Wir  nehmen  euere  Be- 
zeugung für  richtig  an,  aber  was  könn&n  wir  machen,  nachdem 
R.  Jochanan  ben  Zakkai  verordnet  hat,  daß  kein  Richterkollegium 
für  diese  Frage  zusammengesetzt  werde;  denn  die  Priester  werden 
euch  gehorchen,  um  zu  entfernen,  aber  nicht  um  aufzunehmen 
[die  'Issa]."  Der  Umstand,  daß  diese  Frage  an  den  Namen 
R.  Jochanan  ben  Zakkais  geknüpft  ist,  zeigt,  daß  die  Verhält- 
nisse infolge  zu  dieser  Zeit  eingetretener,  tief  in  das  Familienleben 
eingreifender  Ereignisse  es  notwendig  machten,  die  Kreise,  aus 
denen  Ahroniden  heiraten  dürfen,  halachisch  zu  bestimmen.  Man 
darf  aber  auch  aus  dieser  Mischna  schließen,  daß  die  Halacha  einer 
milderen  Auffassung  von  Abstammungsreinheit  als  die  Priesterschaft 
zuneigte.  Der  erste  Versuch  der  Lehrer,  der  Priesterklasse  neue 
Familienkreise  zuzuführen,  mußte  mit  Rücksicht  auf  den  Widerstand 
der  Priester  aufgegeben  werden.  Später  aber,  als  die  Verhältnisse  sich 
immer  mehr  für  die  Priesterklasse  ungünstig  gestalteten,  wurdö 
dieser  Versuch  erneuert  und  mit  Erfolg  durchgeführt.  Eine  Stelle 
in  der  Tosefta,"  die  sich  gewiß  auf  die  oben  angeführte  Mischna 
bezieht,  berichtet:  „Ein  späteres  Richterkollegium  sagte:  die  'Issa 
selbst  sei  glaubwürdig,  ihre  Reinheit  oder  Unreinheit  zu  bezeugen"; 
somit    ist  sie   allen   anderen  israelitischen  Familien  gleichgestellt. 

der  sich  mit  der  Zeit  Proselyten  angeschlossen  haben,  war  durch  Jahrhunderte 
abgesondert  und  zurückgesetzt.  Durch  Herodes,  der  selbst  proselytischer  Ab- 
stauimung  war,  kam  sie  zu  Ehren  und  wurde  so  sehr  zu  einer  Macht,  daß  man  sie 
nicht  mehr  in  Absonderung  halten  konnte.  Die  Halacha  wollte  sie  allen  anderen 
Familien  gleichstellen,  weil  die  spätere  Zeit  überhaupt  gegen  Proselyten  milde 
war  Dann  unterschied  man  zwei  Arten  von  no'j::  Eine,  an  der  ein  Verdacht 
der  Abstammung  von  Proselyten  haftete,  die  purifiziert  wurde:  mtt'D  no'j?,  und  eine 
zweite:  hSidej  no'y,  die  im  Verdacht  der  illegitimen  Beimischung  stand,  was  aus 
dem  jer.  Ket.  1,  10  zu  schließen  ist.  In  Babylonien  war  nur  die  zweite  Art  be- 
kannt, daher  die  strenge  Auffassung  im  bab.  Talmud,  der  die  ncy  für  unrein 
hält  und  nur  über  die  'Issawitwe  diskutieren  läßt.  Gegen  die  Aufstellung  Rosen- 
thals, die  ich  —  mit  der  kleinen  Änderung,  daß  ich  den  Wendepunkt  in  der  Zer- 
störung des  Tempels  sehe  —  für  wahrscheinlich  halte,  würde  aber  die  Tos.  Kid.  5,  3, 
S.  341  sprechen  —  diese  Stelle  scheint  Rosenthal  übersehen  zu  haben  —  wo 
nc^";  mit  nhhn  und  mi'j  zusammengestellt  und  bestimmt  wird  nainaf?  n^iDQ  no^j,*. 
Man  wird  daher  gezwungen  sein  anzunehmen,  daß  hier  noch  die  alte  Auffassung 
zum  Ausdruck  kommt. 

1  Edujoth  3,  2,  S.  469:  i'nn^i  iDN^  nnta^i  NOta^  HD^j?  n3f^x3  nox  onnnN^K'  pi  n'3 
ly.i:  xS  no'V  nari^xs  73x  2ipSi  pm^.  Der  Zusatz  .....  Sas  will  besagen,  daß  durch 
die  Entscheidung  über  'Issa  eine  Diskussion  über  die  'Issawitwe  überflüssig 
wurde,  wie  Rosenthal  a.  a.  0.,  S.  42  f-  richtig  bemerkt 

XVI 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  179 

Eine  dritte  Mischaa'  befaßt  sich  mit  der  Ehe  eines  Priesters 
mit  der  Tochter  eines  Proselyten:  „R.  Juda  sagt:  die  Tochter 
eines  [männlichen]  Proselyten  ist  der  Tochter  eines  profanierten 
Priesters  gleichgestellt  [d.  h.  untauglich  für  die  Ehe  eines  Priesters]. 
R.  Elieser  ben  Jakob  sagt:  Wenn  ein  Israelite  eine  Proselytin 
heiratet,  ist  seine  Tochter  tauglich  für  eine  priesterliche  Ehe  und 
wenn  ein  Proselyte  die  Tochter  eines  Israeliten  heiratet,  ist  seine 
Tochter  tauglich  für  eine  priesterliche  Ehe  .  .  .  R.  Jose  sagt: 
Auch  wenn  ein  Proselyte  eine  Proselytin  heiratet,  ist  seine  Tochter 
für  eine  priesterliche  Ehe  tauglich."  Und  auch  in  dieser  Frage 
hielten  sich  die  Priester  an  die  strengere  Auffassung  als  die 
spätere  Halacha.  Obwohl  im  Talmud  die  Ansicht  R.  Joses  zum 
Gesetz  erhoben  wird,  befolgten  dennoch  die  Priester  nach  der 
Zerstörung  des  Tempels  die  Ansicht  R.  Eliesers^  und  heirateten 
nicht  die  Töchter  aus  rein  proselytischen  Ehen. 

Wie  die  neuen  Verhältnisse  einerseits  zu  halachischen  Be- 
stimmungen über  die  priesterliche  Ehe  geführt  haben,  so  dürfen 
sich  anderseits  Sitten  und  Bräuche  eingebürgert  haben,  die  den 
Zweck  verfolgten,  die  noch  wenigen  vorhandenen,  sicher  reinen 
Familien  vor  der  Vermischung  mit  zweifelhaften  Elementen  zu 
bewahren  Eine  solche  Sitte  wird  in  der  Tosefta  erwähnt  und  in 
beiden  Talmuden  genau  geschildert.^ 

„Wenn  einer  von  den  Brüdern  eine  ihm  unebenbürtige  Frau 
heiratet,  so  kommen  die  Familienmitglieder  und  bringen  ein  mit 
Früchten  gefülltes  Faß  und  zerbrechen  es  auf  der  Straße  [nach 
dem  jer.  Talmud,  damit  die  Gassenjugend  die  Früohte  aufsammelt] 
und  rufen  aus:  Brüder,  Söhne  Israels,  höret.  Unser  Bruder  N.  N. 
heiratet    eine   ihm    unebenbürtige  Frau,  und  wir  befürchten,    daß 

'  Kid.  4,  6.  Rosenthal  a.  a.  O.,  S.  160  nimmt  mit  Recht  an,  daß  hier 
R.  Elieser  ben  Jakob  der  Ältere  angeführt  ist,  der  um  die  Zeit  der  Zerstörung 
des  Tempels  gelebt  hat.  Somit  wäre  die  Ansicht  R.  Judas  ein  Überbleibsel  der 
früher  herrschenden  Normen.  R.  Juda  wäre  einer  der  letzten  Vertreter  Her 
strengen  Absonderung  der  Proselyten  (das.  209).  Aus  der  Tosefta  (Kid.  5,  3,  S.  341) 
geht  aber  hervor,  daß  noch  der  Patriarch  R.  Juda  I.  diese  Meinung  vertrat. 

2  Bab.  Kid.  78":  jriSVD  hioho  D':nDn  i.in:  cnpon  n'2  ;inc*  ctoi  "cv  ':n:;  no^n  . .  ♦ 
2pv^  p  irj^hn  '112.  Vgl.  jer    Kid    J,  6,  6h^  oben. 

^  Tos.Ket.3,  3,  S.  263; bab.  Kct.  28'' ;  jer.  Ket.  2,  10,  26'  und  Kid.  1,  .".,  60°  Mitte. 
Aus  dem  Unistande,  daß  die  Tosefta  diese  Sitte  im  Zusammenhang  mit  anderen 
Bestimmungen  erwähnt,  die  sich  auf  Ahroniden  beziehen,  darf  man  schließen, 
daß  hier  von  den  vornehmen  Familien  die  Rede  ist,  mit  denen  Ahroniden  sich 
verschwägerten.  Unrichtig  ist  daher  die  Auffassung  Ilirsclibergs  in  Tnyn, 
Jahrg.  IV,  S.  18,  der  die  Worte  )h  ni^in  nj'XC'  mit  „Buhlerin"  identifizieren  will. 
Vgl.  Krauss,  Talm.  Archäologie  II,  S.  33. 

IZ* 
XVII 


180  Dr.  Lewi  Freund. 

seine  Nachkommenschaft  mit  der  unserigen  sich  vermischen 
werde.  Kommet  und  merket  euch  diesen  Vorgang  für  spätere 
Generationen,  damit  seine  Nachkommenschaft  mit  der  unserigen 
sich  nicht  vermische."  [Nach  dem  Jer.:  „N.  N.  ist  von  seiner 
Familie  ausgeschieden."]  Diese  Sitte  wurde  rT^:ip  =  Ausscheidung 
benannt. 

Aus  denselben  Gründen  dürfte  auch  bei  manchen  Familien 
die  Heirat  innerhalb  der  Familie  zur  Regel  geworden  sein.i  Im 
Buche  Tobit  wird  eine  solche  Ehe  mit  scharfer  Betonung  empfohlen. 2 
Auch  die  Tosefta^  erteilt  den  Rat,  nur  eine  Schwestertochter  oder 
eine  ebenbürtige  Frau  zu  heiraten  und  der  Talmud*  zählt  die  Ehe 
mit  einer  Schwestertochter  zu  den  Verdiensten,  durch  die  man 
Gottes  Gunst  erwirbt.  Ein  pal.  Amoräer  motiviert  sogar  die 
strengeren  Bestimmungen  bei  einer  Ehe  zwischen  Ahroniden  und 
Israeliten,  „damit  jeder  sich  seinem  Stamme  und  seiner  Familie 
anschließe",  s 

Wie  die  großen  Männer  jener  Zeit  durch  halachische  Be- 
stimmungen die  alte  Scheidewand  zwischen  der  Priesterklasse  unä 
den  weiten  Volkskreisen  zu  beseitigen  suchen,  so  sind  sie  auch 
bestrebt,  die  in  bezug  auf  Familienreinheit  bestehenden  Unter- 
schiede unter  den  Israeliten  selbst  aufzuheben.  Wie  schon  oben 
ausgeführt  wurde,  waren  die  Proselyten  nach  der  Zerstörung  des 
Tempels  den  Israeliten  rechtlich  und  sozial  gleichgestellt  und  nur 
die  Priesterklasse  mit  Rücksicht  auf  hergebrachte  Sitte  hielt  sich 
von  ihnen  fern.  Es  bestanden  aber  noch  immer  Proselytenzweige, 
und  zwar  die  Abkömmlinge  der  Ammoniter  und  Moabiter,  denen 
das  mosaische  Gesetz  die  Ehe  mit  Israeliten  niemals  gestattet,*' 
oder  Edomiter  und  Ägypter,  die  von  einer  israelitischen  Ehe  bis 
zur  dritten  Generation  ausgeschlossen  sind.'  Obwohl  das  Gesetz 
klar  und  deutlich  formuliert  ist,  wird  es  dennoch  von  der 
Halacha  auf  Grund  einer  philologischen  Interpretation  gemildert. 
So  werden  die  Worte  •'jiar  und  "-axifa  nur  auf  das  männliche  Ge- 
schlecht bezogen,  dagegen  aber  wird  die  Ehe  mit  Ammoniterinnen 
und   Moabiterinnen   gestattet,    obwohl    eine   solche  Interpretation 

1  Vgl.  Graetz  a.  a.  O.,  S.  509. 
»  Tobit  1,  9;  4,  12;  6,  13;  7,  10. 

3  Kid.  1,  4,  S.  335:  iS  najinn  nx  N:iO'E*  ny  is  ininK  nn  Sn^ntr  ny  ncK  m«  nc"  nh. 
*  Jeb.  62''.    Dr.   Aptowitzer    verweist    dazu    auf    Krauss    in    der    Kohler- 
Festschrift,  S.  168  f. 

5  Jer.  Ket.  1,  5,  2Ö'  Mitte  und  Kid.  4,  4,  66":  innBC'031  iJ33r2  p3T  üia  «n^c  n:j. 
«  V.  B.  M.  23,  4. 
1  Das.  V.  8-9. 


XVIII 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  181 

in  bezug  auf  Edomiter  und  Ägypter  nicht  zugelassen  wird.'  Die 
bedeutendsten  Männer  dieser  Zeit,  wie  R.  Josua  und  K.  Akiba 
wollten  auch  diese  biblischen  Gesetze  durch  Umgehung  ganz  auf- 
heben. So  wird  berichtet,  =^  daß  R.  Josua.  der  am  Tage  der  Ent- 
hebung R.  Gamaliels  vom  Vorsitz  im  Lehrhause  zu  großem  Ein- 
flüsse gelangte,  trotz  der  Opposition  R.  Gamaliels  einen  Beschluß 
durchgesetzt  habe;,  nach  dem  sogar  einem  ammonitischen  Pro- 
selyten  die  Ehe  mit  einer  Israelitin  erlaubt  wurde.  Begründet 
wurde  diese  Beschlußfassung  damit,  daß  Sanherib  durch  seine 
Kriegszüge  alle  Völkerschaften  miteinander  vermischt  habe,  somit 
sind  Ammoniter  und  Moabiter  unter  anderen  Nationen  auf- 
gegangen und  wohnen  nicht  mehr  in  geschlossenen  Gebieten  wie 
zur  Zeit  Moses.  Nach  der  Tosefta^  soll  R.  Akiba  aus  dieser  Be- 
gründung R.  Josuas  die  weiteren  Konsequenzen  gezogen  haben 
und  in  einem  analogen  Fall  auch  einem  ägyptischen  Proselyten 
eine  israelitische  Ehe  noch  vor  Ablauf  von  drei  Generationen 
gestattet  haben. 

In  einer  anderen  Stelle  wird  berichtet,*  daß  zur  Zeit  R.  Elieser 
ben  Azarjas  angeregt  wurde,  auch  die  Nethinim  =  Tempelsklaven, 
die  seit  jeher  eine  abgesonderte  Klasse  gebildet  hatten,  für  rein 
zu  erklären  und  den  Israeliten  gleichzustellen. 

Die  Tatsache,  daß  solche  dem  Geiste  des  Gesetzes  wie  auch 
den  alten  Traditionen  kaum  entsprechende  Interpretationen  vor- 
geschlagen   und    zum  Teil    auch  angenommen  wurden,    zeigt,  daß 


1  Jeb.  8,  3  und  die  beiden  Gemaren  zur  Stelle,  auch  Berachoth  25".  Wenn 
auch  die  Hagada,  um  Davids  Abstammung  zu  legitimieren,  diese  Einschränkung 
in  den  Mund  Abners  legt,  so  ist  doch  unzweifelhaft,  daß  sie  späteren  Ursprungs 
ist  Immerhin  war  diese  Auslegung  des  Gesetzes  Esra  unbekannt  Vgl.  Low 
a.  a    O.,  S.  150. 

2  M.  Jadaim  4,  4;  Tos.  das.  2,  17—18,  S.  683;  bab.  Berach.  28". 

3  Kid.  5,  4,  S.  342.  Diese  Entscheidung  R.  Akibas  geht  weit  über  die  An- 
sicht H.  Josuas  hinaus.  Denn  nach  der  Tos.  Jad.  2,  18  stimmte  K.  Josua  mit 
R.  Gamaliel  überein,  daß  den  ägyptischen  Proselyten  erst  nach  drei  Generationen 
eine  Ehe  mit  einer  Israelitin  erlaubt  ist,  und  R.  Josua  motivierte  diese  Inkonsequenz 
mit  dem  Prophetenworte  (Ezech.  29,  13),  wonach  die  Ägypter  nach  40  Jahren 
wieder  in  ihre  Heimat  zurückgekehrt  sind.  R.  Akibas  Ansicht  ist  auch  von  der 
Ilalacha  nicht  akzeptiert  worden  und  damit  ist  zu  erklären,  daß  der  bab.  Talmud 
diesen  Fall  au  drei  Stellen  erwähnt  (Jeb.  76",  78"  und  Sota  9")  ohne  Anführung 
von  R.  Akibas  Ansicht.  Auffallend  ist  es  aber,  daß  der  jer.  Talmud  (Jeb.  8,  2,  9" 
und  Kid.  4,  3,  6<r)  eine  ganz  andere  Ansicht  R.  Akibas  in  diesem  Falle  tradiert, 
die  mit  der  Tosefta  im  Widerspruch  steht. 

♦  Jer.  Kid.  4,  2,  66°:  \2-\ph  wpi2  nnty  p  iTyS  '3"i  'O'i.  Nach  bab.  Jeb.  79'' 
wurde  diese  Frage  erst  unter  K.  Juda  1  aufgeworfen.  Vgl.  Low  a.  a.  0.,  S.  172. 

XIX 


182  Dr.  Lewi  Freund. 

nach  der  Zerstörung  des  Tempels  eine  Umwertung  der  alten  Be- 
griffe von  der  persönlichen  Würde  eingetreten  war,  deren  Ursache 
wohl  in  den  veränderten  sozialen  und  kulturellen  Verhältnissen 
zu  suchen  ist.  Ein  schwer  geprüftes  Volk,  das  seine  Unabhängig- 
keit eingebüßt,  sein  Heiligtum  verloren  hat  und  in  der  Erhaltung 
seiner  erhabenen  Lehre,  seines  Schrifttums  und  seiner  alten 
Traditionen  seine  Zukunft  sieht,  eine  Gesellschaft,  die  Leistungen 
von  Männern  niedriger  Abkunft  wie  die  R.  Akibas^  gesehen  und 
anerkannt  und  sogar  den  Proselyten  Akylas^  zu  verdienstvollen 
Männern  gezählt  hat,  mußte  sich  einen  neuen  Maßstab  für  An- 
sehen und  Würde  bilden  und  die  hergebrachten  Vorurteile  gegen 
Proselyten  ablegen. ^  Mögen  noch  einzelne  Familien  Stammbäume 
aufbewahrt  und  über  reine  Abstammung  gewacht  haben,  mögen  auch 
die  Männer  von  vornehmer  Herkunft  noch  lange  in  der  Praxis  für 
hohe  Würden  und  Posten  als  prädestiniert  angesehen  worden  sein, 
wie  die  Wahl  R.  Elieser  ben  Asarjas  zum  Vorsitzenden  des  Lehr- 
hauses* und  der  fast  erbliche  Vorsitz  in  der  Familie  Hilleis  zeigen, 
die  Halacha  konnte  diese  Distinktion  nicht  mehr  aufrecht  halten, 
weil  sie  dem  Geiste  der  Zeit  nicht  entsprach.  An  Stelle  des  Adels 
der  Geburt  tritt  nun  der  Adel  des  Geistes,  der  mit  der  Zeit  jenen 
in  den  Schatten  rückt  und  zuletzt  ganz  verdrängt. 


1  Allgemein  wird  angenommen,  daß  er  proselytischer  Abstammung  ist. 
Dr.  Aptowitzer  machte  mich  aufmerksam,  daß  die  Quelle  für  diese  Annahme 
Dikduke  Soferim  zu  Synhed.  96"  ist  und  daß  sie  nicht  für  historisch  gelten 
kann,  wie  Bacher,  Agada  der  Tannaiten  II,  S.  5,  Anm.  6  richtig  nachgewiesen 
hat.  Immerhin  darf  man  aber  aus  diesem  Umstände  schließen,  daß  er  nicht  von 
vornehmer  Abstammung  war. 

1  Siehe  jer.  Megilla  1,  11,  7V  oben    Vgl.  bab.  Megilla  H'\ 

3  Die  vereinzelt  im  Talmud  vorkommenden  Aussprüche  gegen  Proselyten 
wie  R.  ChelboB  (Kid.  70''  und  Parallelen)  „nneoD  S.sit:'''?  an;  wz'p  =  die  Proselyten 
sind  Israel  schädlich  wie  ein  Aussatz",  dürfen  nicht  als  Maßstab  für  die  An- 
schauungen der  gelehrten  Kreise  angesehen  werden.  Ginzbei'gs  Annahme 
a.  a.  O.,  S.  667  f.,  daß  die  Einschränkung  der  Rechte  der  Proselyten  aus  späterer 
Zeit  stamme,  steht  nicht  im  Einklang  mit  den  Quellen.  Denn  die  Disqualifikation 
der  Proselyten  für  öffentliche  Ämter  wird  schon  in  der  Mischna  Kid.  4,  5 
vorausgesetzt,  die,  wie  wir  oben  nachgewiesen  haben,  wahrscheinlich  aus  den 
letzten  Dezennien  des  ersten  Jahrhunderts  stammt  und  ältere  Verhältnisse 
schildert. 

*  Siehe  jer.  Ta'anith  4,  2,  67'':  n'ni  .  .  .  n2'ti"2  nnti'  p  x"T  nx  unjJi  i^Sn  TO 
on«  ntTK  ':!3o  inr  n^^nj  p  Ninc  k^n  'j^o  ini'  min  p  Nintr  nS  ncxi  -lyui'ai  2i:*r  nypv  'i 
H-\vih  n'B'y  Ninty  . . .  i2  m^n'nS  nrr  iS  B'^b*  mx  ncK  vmax  iS  ntii'.  Zu  beachten  ist,  daß 
auch  R.  Akiba  nicht  die  priesterliche  und  reine  Abstammung  R.  Eliesers  hervor- 
hebt, sondern  die  Abkunft  von  berühmten  und  verdienstvollen  Männern  □'Sn;  p 
betont,  was  der  bab.  Talmud  als  ni3N  ni3T  bezeichnet. 

XX 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  183 

Aus  deu  Anschauungen  dieser  Zeit  entspringen  auch  Grund- 
sätze: „ein  gelehrter  Bastard  hat  den  Vorzug  vor  einem  unwissenden 
Hohenpriester"^  und  „ein  NichtJude,  der  mit  der  Lehre  sich  be- 
faßt, ist  einem  Hohenpriester  gleich". ^  Wie  weit  die  vornehme 
Abstammung  mit  der  Zeit  das  alte'  Ansehen  zugunsten  der 
Gelehrten  verlor,  zeigt  folgende  Erzählung:  „Die  Weisen  sagten 
zu  R.  Frida,  daß  R.  Esra,  Enkel  des  R.  Abtulos,  der  in  zehnter 
Generation  von  R.  Eleasar  ben  Asarja  und  in  zwanzigster 
von  Esra  abstammt,  an  der  Tür  warte.  Darauf  antwortete 
er:  Was  bedeutet  das?  ist  er  ein  gelehrter  Mann,  so  ist  er 
würdig;  ist  er  ein  gelehrter  Mann  und  ein  Mann  von  vornehmer 
Abkunft,  so  ist  er  würdig;  ist  er  aber  ein  Mann  von  vornehmer 
Abkunft,  besitzt  aber  keine  Lehre,  so  möge  ihn  ein  Feuer  ver- 
zehren." ^  Daß  diese  angesehene  und  bevorzugte  Stelle  der  Ge- 
lehrten nicht  ohne  Einfluß  auf  die  Epigamio  bleiben  konnte,  ist 
wohl  begreiflich.  Die  Verschwägerung  mit  einem  Gelehrten  bildete 
nun  ein  Ideal,  wofür  das  Aufgebot  des  ganzen  Vermögens  emp- 
fohlen wird.'  Die  Folge  davon  war,  daß  eine  Scheidewand  zwischen 
den  Gelehrtenfamilien  und  den  unwissenden  Volksschichten  auf- 
gerichtet wurde. 

Neben  den  besprochenen  Elementen,  deren  Makelhaftigkeit 
in  der  fremden  Abstammung  lag,  gab  es  unter  den  Juden  noch 
eine  vom  mosaischen  Gesetz  verbotene  Kategorie,  und  zwar  die 
Bastarde,^  deren  Unreinheit  als  Folge  der  gesetzwidrigen  Ver- 
bindung rein  israelitischer  Eltern  aufgefaßt  wurde. "^  Geiger''  nimmt 
an,  daß  das  Wort  "i?üö  aus  der  Zusammensetzung  der  Worte  "ii  Drö 
entstanden  ist  und  ursprünglich  ein  in  dem  geschlechtlichen  Ver- 
kehre eines  Juden  mit  einer  Fremden,  und  zwar  Philistäerin  oder 
umgekehrt,  erzeugtes  Kind  bedeutete;  später  aber,  als  die  natio- 
nalen und  religiösen  Verhältnisse  sich  umgestaltet  und  die  Religion 
Allem  ihren   Stempel  aufgedrückt    hatte,    wodurch    einerseits    die 


•  FTorajoth,  letzte  Mischna. 

2  Baba  kama  38";  Sanh.  69"  und  Aboda  zara  3":  iS'dkb'  p'3D  noiN  TNa  '"i  n'H 
^nj  ;n33  xinc  mina  pciyi  nr:.  Vgl.  Midrasch  Rab.  Num.  13,  der  anstatt  n33  die 
Lesart  hat:  T^non  'U, 

3  Menachoth  63" :  ■<t<>  Nin  p:iH  im  pnix  "i3  'N  'K»  Nin  pm«  ia  'K  »nh  '^n  >no  in« 

:  n'S^n  nb"n  pnix  id  nh)  pa«  -12  'ki 

*  Pes.  49°:  in:  nx  «'B-^i  ddh  nvsSn  na  str^i  17  t:"C'  nr:  h^  din  iiac'  ühvjh  T'n 

jnan  TO^nS 

»  V.  B.  M.  23,  3. 

'■•  Jeb.  4,  13;  Kid.  3,  12  und  Gemara  zur  Stelle. 

'  Geiger,  Urschrift,  S.  52  ff.  und  350  f. 

XXI 


184  Dr.  Lewi  Freund. 

Proselyten  den  Juden  gleichgestellt  wurden,  anderseits  Ehen 
zwischen  Juden  und  NichtJuden  gar  keine  Gültigkeit  hatten,  be- 
zeichnete man  mit  Mamser  ein  aus  verbotener,  aber  doch  unter 
religiös  anerkannten  Personen  geschlossener  Ehe  stammendes 
Kind.  Er  weist  darauf  hin,  daß  der  Satz  Zach.  9,  6  „und  wohnen 
wird  ein  Bastard  in  Asdod"  nur  dann  einen  richtigen  Sinn  ergibt, 
wenn  Mamser  als  Mischling  aufgefaßt  und  daß  im  Talmud  ^  eine 
alte  Tradition  erhalten  ist,  die  lautet:  „Ein  Kind,  welches  aus  dem 
Umgange  eines  NichtJuden  oder  Sklaven  mit  einer  Jüdin  hervor- 
geht, ist  ein  Mamser." 

Die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  soll  hier  noch  durch 
nndere  Beweise  gestützt  werden.  Schon  der  Umstand,  daß  die 
ältesten  Tannaiten  in  der  Definition  des  Begriffes  „Mamser"  nicht 
einig  sind  und  verschiedene  Ansichten  äußern, ^  zeigt,  daß  hier 
eine  Entwicklung  vorliegt,  deren  letzte  Phase  auf  das  letzte 
Dezennium  des  Tempelbestandes  anzusetzen  ist.  Für  diese  An- 
nahme würde  auch  die  folgende  Überlieferung  sprechen:  „König 
Agrippa  stand  auf  und  nahm  (die  Tora  aus  der  Hand  des  Hohe- 
priesters)  und  las  stehend  vor  —  die  Weisen  lobten  ihn  dafür.  — 
Als  er  aber  zu  [V.  B.  M.  17,  15]:  ,du  darfst  nicht  über  dich  ein- 
setzen einen  Fremden'  gelangte,  flössen  Tränen  aus  seinen  Augen. 
Da  riefen  ihm  die  Weisen  zu:  Fürchte  nicht,  Agrippa,  du  bist  unser 
Bruder,  du  bist  unser  Bruder."  ^  Diese  Stelle  ist  auf  den  ersten 
Blick  unklar.  Worauf  soll  denn  die  Meinungsverschiedenheit 
zwischen  Agrippa  und  den  Weisen  beruhen?  Raschi  erklärt  die 
Ansicht  der  Weisen  damit,  daß  Agrippas  Mutter  Jüdin  war,  und 
somit  ist  er  nach  der  Halacha  Jude.  Aber  diese  Auffassung,  wenn 
sie  allgemein  angenommen  wäre,  hätte  ja  auch  Agrippa  kennen 
müssen.  Die  Schwierigkeit  wird  aber  beseitigt,  wenn  man  annimmt, 
daß  zu  Agrippas  Zeit  noch  die  alte  Auffassung  Geltung  hatte, 
wonach  der  Sohn  aus  einer  Mischehe  Mamser  ist.  Agrippa  als 
Abkömmling  des  Herodes,  der  im  Talmud  als  Sklave  und  Fremder 
bezeichnet  wird,  müßte  daher  als  Bastard  respektive  Fremder 
betrachtet  werden  und  dürfte  nicht  König  sein.  Die  Weisen  aber, 

»  Toaefta  Kid.  4,  15,  S.  341;  bab.  Jeb.  45";  Kid.  75"  und  jer.  Kid.  3,  14,  64"^: 
nroD  n:  nn  j:  n'Sini  ^nic»  na  hv  insE'  isyi  'U.  In  bab.  Kid.  wird  diese  Ansicht 
R.  Akiba  zugeschrieben. 

2  Mischnah  Jeb.  4,  13:  pvotJ»  Nn'py  'i  nai  k2>  «^3  Ninc  ici  ink'  h^  itr^o  ini'N 
:p  n'2  nn'o  vh-j  pa^ntf  h^  imj<  yti'i.T  'n-n  .  . .  D'Ot:'  n^a  ms  vh'<;  pa^nB*  h^  irsis  'jD'nn 

3  Sota  7,  7;  Sifre  Deut  §  157.  Hier  ist  Agrippa  II  gemeint,  wie  Brann, 
MQWJ.,  Jahrg.  1870,  S.  542  ff.  und  Büchler,  Die  Priester,  S.  13  ff.  überzeugend 
beweisen. 

XXII 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  l^-*^ 

bei  denen  damals  der  Sturz  der  Sadduzäer  Begeisterung  hervor- 
gerufen hatte/  dürften  auch  wegen  Agrippa,  der  sich  ihren  Ver- 
ordnungen angepaßt  hatte,  eine  neue  Bestimmung  getroffen  haben, 
wonach  in  Mischehen  die  Abstammung  der  Mutter  ausschlaggebend 
sei,  die  auch  nicht  allgemeine  Zustimmung  fand.^  Nun  aber,  da 
anderseits  die  Familienreinheit  und  Sittenlauterkeit  zu  jener  Zeit 
unter  den  Juden  selbst  derart  getrübt  waren,  daß  Blutschande 
und  Ehebruch  nicht  zu  den  Seltenheiten  gehörten,  belegten  die 
Weisen  mit  dem  Schimpfworte  „Mamser"  die  Kinder  aus  ver- 
botenem geschlechtlichem  Umgange. 

Das  Mamsertum  griff  im  talmudischen  Zeitalter  tief  in  das 
Familienleben  ein  und  bedrohte  die  Reinheit  und  die  Heiligkeit 
der  Ehe.  Die  Weisen  wendeten  daher  die  strengsten  Maßregeln 
an,  um  dieses  Element  zu  bekämpfen.  Derselbe  R.  Akiba,  der  die 
Makelhaftigkeit  auf  Grund  der  Abstammung  aufheben  wollte,  zieht 
betreffs  der  illegitimen  Ehe  die  weitesten  Grenzen  und  stempelte 
jedes  Kind  aus  verbotenem  Umgang  zum  Mamser.^  In  derselben 
Richtung  bewegt  sich  die  Halacha,  die  sogar  zweifelhafte  Bastarde: 
Schweiglinge,  Findlinge  und  Kutäer,^  weil  sie  angeblich  nicht  alle 
impedimenta  matrimonii  angenommen  haben, ^  von  einer  Ehe  mit 
einem  Juden  ausschließt.  R.  Juda  gestattet  selbst  einem  Proselyten 
nicht,  eine  solche  Ehe  einzugehen.«  Die  Furcht  vor  dem  Eindringen 
dieses  Elementes  war  so  groß,  daß  man  aus  manchen  Gegenden 
keine  Proselyten  aufnahm,  weil  die  Einwohner  jener  Ortschaften 
mit  den  Juden  sich  vermischt  haben  sollten  und  sie,  da  sie 
das  jüdische  Eherecht  nicht  beobachteten,  dem  Gesetze  nach 
zweifelhafte  Bastarde  waren.'  Aus  einer  Mischna^  darf  man  sogar 
schließen,  daß  man  auch  die  Bastarde  in  die  Genealogien  einzu- 
tragen pflegte,  um  eine  Vermischung  mit  ihnen  zu  verhindern. 

Aber  all  diese  Maßnahmen  konnten  den  Sittenverfall  nicht 
aufhalten  und  dem  Eindringen  dieser  Elemente  in  die  reinen  jüdi- 
schen Familien  nicht  steuern.»  In  der  ersten  Zeit  waren  diese  makel- 


*  Vgl.  Bnchler  a.  a.  O. 

2  Tos.  Sota  7,  15;  bab.  das.  41"  und  jer.  das.  7,  7,  22":  DDn.i»<S  iV  iDVnB'i, 

3  Jeb.  4,  1.3. 

*  Kid.  4,  3;  vgl.  Gemara  das.  73^  ...  ^B'^  'pint?  niin  im  kdt  iok. 

5  Das.  75"  und  76\ 

6  Tos.  Kid.  f),  2,  S.  341  und  bab.  das.  72''. 
1  Jeb.  16"",  jer.  Kid.  4,  1,  65"^  unten. 

9  Jeb.  4,  13  und  Gemara  zur  Stelle:  |'Dm'  nS'JO  'nKSD  »Ntj?  13  pync   t  iion 

9  Vgl.   Graetz  a.  a.  O.,  S.  496  ff. 

XXIII 


186  Dr.  Lewi  Freund. 

haften  Familien  noch  gering  und  bekannt,  daher  konnten  sie  von 
den  dazu  berufenen  Faktoren  bloßgestellt  werden;'  nachher  aber,  als 
die  Depravation  große  Dimensionen  angenommen  hat,  mußten  die 
Weisen  selbst  von  Enthüllungen  absehen.^  Und  als  manche  eifrige 
Lehrer  die  für  rein  gehaltenen  Familien  nach  ihrem  Ursprünge 
zu  untersuchen  begannen,  mußten  sie  bald  vor  der  Gefahr,  die 
ihnen  von  selten  der  einflußreichen  Familien  drohte,  weichen  und 
ihr  Säuberungswerk  einstellen.'^  Durch  Verschwägerung  mit  diesen 
wurden  auch  die  angesehensten  Gelehrtenfamilien  makelhaft, 
worüber  R.  Jochanan  wehmütig  klagt:  „Beim  Tempel,  wir  könnten 
ihre  Makelhaftigkeit  beweisen,  aber  was  sollen  wir  tun,  da  die  be- 
deutendsten Männer  dieser  Generation  mit  ihnen  vermischt  sind."  * 
R.  Jochanan  selbst  mußte  den  tatsächlichen  Verhältnissen  Rech- 
nung tragen  und  die  Weisung  geben,  daß  man  solche  Familien 
nicht  durch  Untersuchungen  behellige."'  Andere  trösteten  sich  damit, 
daß  in  der  messianischen  Zeit  die  makelhaften  Element3  für  rein 
erklärt  werden  würden.''  Als  Widerspiegelung  dieser  Verhältnisse  mag 
der  Ausspruch  von  R.  Josua  ben  Levi  gelten :  „Geld  reinigt  Bastarde".'' 
Bei  diesem  traurigen  Zustande  der  Familienreiuheit  in  Palästina 
mußten  sich  die  Palästinenser  gefallen  lassen,  daß  ein  Grundsatz 
geprägt  wurde,  der  sie  im  Vergleiche  mit  Babylonien  zum  Gemeng- 
teig degradierte.^ 

Als  Folge  der  Trübung  der  Familienreinheit  in  den  vor- 
nehmsten Kreisen  darf  man  das  fast  gänzliche  Verschwinden  der 
Genealogien  im  dritten  Jahrhundert  ansehen.  Africanus'  Bericht 
über  die  Verbrennung  der  Genealogien  durch  Herodes^  schließt 
damit,  daß  die  besonders  um  ihre  Abstammung  Besorgten  aus 
den  privat  angefertigten  und  aufbewahrten  Verzeichnissen  oder 
aus  dem  im  Gedächtnisse  Aufbewahrten  oder  aus  den  von  früher 


1  Edujoth,  letzte  Mischnah;  Tos.  das.  3,  4;  bab.  Kid.  71"  und  jer.  Jeb.  8,4,  9'' 
oben:  ynn  p':i  'in  mpmi  pi'n  lays  nn'n  nsni*  n'2  nnstr-n.  Vgl.  Tos.  Kid.  5,  2  und 
bab.  Ket.  14'':  nn^i'^c  cnTrDrji  j'j'na  Sn-ic'<  ;n'30. 

2  Bab.  Kid.  71":  nniS.'i'?  n^nsn  nn  k^i  nn^n  mn«  niy. 

3  Kid.  das.:  icnsi  nonoS  lyMPity  ly  ipiniuB". 

4  Das.:  na  lyajaa  inn  ''i'nj  nnB*  ntry:  no  ^2«  xin  isn^n  xSa^n.  Ähnlich  in  jer. 
Jeb.  8,  4,  9"  oben  und  Kid.  4,  1,  65". 

5  Jer.  das.:  nnn«  \'>p'\p'}i:i  j'x  Sidq  nn  vpnric  nnsü-ri  Sd  pnr  "i  -ir:«.  Siehe 
bab.  Kid.  a.  a    O.,  wo  derselbe  Ausspruch  im  Namen  R.  Jizehaks  tradiert  ist. 

6  Tos.  Kid.  5,  4,  S.  342;  bab.  Kid.  71"  und  76"  und  jer.  Jeb.  a.  a.  O. 

7  Bab.  das.  71":  onror:  -inur:i  qoa. 

s  Das.:  S23S  no'y  ^kic"  }nxi  S^<^t^"  ytü'?  nD'y  ni^'iN  h2. 
9  Siehe  oben,  S.  X. 

XXIV 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  187 

angeschafften  Abschriften  der  amtlichen  Urkunden  ihre  Abstam- 
mung nachzuweisen  suchten  und  die  neu  angelegten  Register  an 
das  Buch  der  Chronik  knüpften.^  Wenn  auch  der  Hauptpunkt 
dieser  Mitteilung,  und  zwar  die  Verbrennung  der  Urkunden  durch 
Herodes  oben  in  Frage  gestellt  und  für  diese  Tatsache  eine  spätere 
Zeit  angenommen  wurde,  so  muß  doch  zugegeben  werden,  daß 
der  Schluß  dieses  Berichtes  die  tatsächlichen  Verhältnisse  wahr- 
heitsgetreu schildert,  da  er  in  den  anderen  Quellen  seine  Bestäti- 
gung findet.  Josephus  sagt,  daß  er  seinen  Stammbaum  den  amt- 
lichen Urkunden  entnommen  habe,^  somit  mußte  er  sich  eine  Ab- 
schrift angefertigt  haben.  An  einer  anderen  Stelle  ^  berichtet  er, 
daß  die  Priester  nach  der  Vernichtung  der  genealogischen  Ver- 
zeichnisse während  des  letzten  Krieges  aus  den  alten  Genealogien 
sich  neue  zusammengestellt  haben.  Auch  im  Talmud  ist  an  mehreren 
Stellen  von  Genealogienrollen*  oder  von  einem  Geneaiogienbuch^ 
die  Rede,  welche  die  Tannaiten  und  die  ersten  Anioräer  vorge- 
funden und  gekannt  und  sogar  zu  halachischen  Zwecken  benützt 
haben.  Es  kann  daher  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  manche 
Familien  auch  nach  der  Zerstörung  des  Tempels  und  Vernichtung 
des  Archivs  Genealogien  aufbewahrten  und  fortführten.*^ 

Dagegen  aber  wird  im  Namen  Rabs  (lebte  im  dritten  Jahr- 
hundert) überliefert:  «Seit  dem  Tage,  da  das  Genealogienbuch 
dem  Gebrauche  entzogen  wurde,  ist  die  Kraft  der  Weisen  gelähmt 
und  das  Licht  ihrer  Augen  verdunkelt."''  Die  Erklärung  dieser 
Stelle  bereitet  auch  den  Talmudisten  Schwierigkeiten.  Raschi  über- 
setzt das  Wort  t:::  „vergessen  worden",  was  aber  nicht  dem  talmudi- 
schen Gebrauche  dieses  Wortes  entspricht.^  Denn  gewöhnlich 
ist  es  mit  dem  gebräuchlichen  Ausdruck  „Apokryph''  identisch 
und  bedeutet  „dem  Gebrauche  auf  Befehl  einer  berufenen  Be- 
hörde entziehen".-'    Dann    fällt    auf,    daß    dieser  Tag    nicht    näher 

1  Vgl.  Sachs  a.  a.  O.,  S.  156  f. 

2  Vita  1. 

^  c.  Apionem  1,  7,  vgl.  oben  S.  VIII. 

*  M.  Jeb.  4,  13;  bab.  das.  49";  jer.  Ta'anith  4,  2,  68". 

'"  Bab.  Pesachim  62''  und  Jalkut  Chron.  1077. 

6  Vgl.  -inos  xmjKi  nDD  ed.  Buber,  S.  62  u.  Jalkut  das.  1063,  wo  Mordechais 
Stammbaum  bis  auf  Jakob  überliefert  ist.  Diese  Stelle  verdanke  ich  Herrn 
Dr.  Aptowitzer. 

"  Bab.  Pesachim  02'':  ^B»  jm::  »BTi  pom'  iQD  tuiB»  DVü  2n  noN  Nir  3i  la  »oi  ion 

8  Siehe  Sachs  a.  a.  O. 

'J  Vgl.  bab.  Sabbat  13",  30":  n^np  idd  m^h  dv:d~  irp2;  115':  n:ji  i'Sy  nn*; 
Pesachim  56"  m«iD1  -iqd  r:;!;  jer.  Sanh.18"  unten  und  noch  mehrere  Stellen. 

XXV 


188  Dr.  Lewi  Freund. 

bezeichnet  ist.  Auch  die  Verbindung  der  Abnahme  der  Kraft  und 
des  Lichtes  der  Weisen  mit  dem  Verschwinden  des  Genealogien- 
buches erscheint  rätselhaft.  Sachs'  vermutet,  daß  diese  Stelle  auf 
die  Verbrennung  der  genealogischen  Urkunden  durch  Herodes 
anspiele,  wodurch  der  Zusammenhang  zwischen  der  Zeit  der 
Mischna  und  der  glorreichen  Epoche  der  Makkabäer  wie  auch 
der  Restauration  des  religiösen  Lebens  unter  Esra  und  Nehemia 
zerrissen  wurde  und  eine  Lücke  in  der  jüdischen  Geschichte  ent- 
standen war.  Ihm  stimmt  Rosenthal  -  bei  und  er  weist  noch  darauf 
hin,  daß  Herodes  auch  die  Weisen  und  die  Mitglieder  des  Synedrions 
verfolgt  hat.  Die  Tradition  Rabs  will  also  die  beiden  Tatsachen 
durch  zeitliche  Verknüpfung  zum  Ausdruck  bringen.  Das  Wort 
DVö  wäre  daher  in  dvd  zu  emendieren.  Daß  diese  Erklärung  ge- 
zwungen ist,  hat  Sachs  selbst  erkannt,  indem  er  sie  bloß  als  Ver- 
mutung hinstellt.  Denn  gegen  sie  spricht  schon  die  Tatsache,  daß 
die  Tannaiten  dieses  Genealogienbuch  gekannt  haben  und  daß 
R.  Simlai  daraus  noch  bei  R.  Jochanan  lernen  will.  Auch  der 
Umstand,  daß  die  Überlieferung  an  den  Namen  Rabs  geknüpft  ist, 
weist  darauf  hin,  daß  sie  auf  Ereignisse  aus  der  nahen  Vergangen- 
heit sich  bezieht. 

Diese  dunkle  Stelle  wird  aber  klar,  wenn  man  sie  im  Zu- 
sammenhang mit  dem  Sittenverfall  in  Palästina  zu  dieser  Zeit 
erklärt.  Es  muß  aber  vorausgeschickt  werden,  daß  die  Genealogien 
jener  Zeit  nicht  bloß  auf  die  Angabe  von  Stammbäumen  der  vor- 
nehmen Familien  und  der  bedeutenden  Männer  sich  beschränkten, 
wie  aus  dem  Wortlaut  zu  schließen  wäre,  sondern  auch  die 
charakteristischen  Züge  der  in  denselben  eingetragenen  Persön- 
lichkeiten enthielten.  Diese  Tatsache  geht  unzweideutig  aus  einer 
bis  nun  nicht  genügend  beachteten  Baraita  hervor,  welche  lautet:^ 
„Simon  ben  Azzai  sagte:  Ich  habe  eine  GenoalogienroUe  in  Jeru- 
salem aufgefunden  und  in  der  stand  geschrieben  ,N.  N.  ist  Bastard 
aus  Ehebruch  [erzeugt]';  noch  stand  darin  geschrieben  ,Die  Lehre 
des  R.  Elieser  ben  Jakob  ist  winzig  (ein  kleines  Maß),  aber  klar';-* 

1  a.  a.  O. 

J  a.  a.  O.,  S.  122.  Auch  Krauss,  Talm.  Archäologie  II,  S.  434,  N.  91. 

3  Bab.  Jeb.  49":  tf'K  na  ainai  Q'^ciTa  ponr  n^jo  TiKiJO  noix  'Nty  p  nyoc  '3n 
:  n»5?B"  n«  jnn  ncoo  na  ainai  'pai  ap  nnty  p  it^'^s  't  naca  na  mn^T  c"n  ra-KO  1:0:2  'jiSq 

4  Rosenthalß  Annahme  (a.  a.  O.,  S.  121,  Anm.  1),  daß  diese  Worte  sich  auf 
die  Übereinstimmung  R.  E liesers  mit  der  geltenden  Halacha  über  Proselyten  be- 
ziehen und  daß  der  Wortlaut  in  der  Familienrolle  nicht  so  gewesen  sein  dürfte, 
entbehrt  jeder  Begründung,  da  hier  deutlich  steht  na  ainai.  Sein  Hinwei«  auf 
Raschi  zur  Mischna  s.  v.  u^^p  beruht  auf  einer  unrichtigen  Auffassung  der  Worte 

XXVI 


über  Genealogien  und  Familienreinheit.  189 

noch  stand  darin  geschrieben  , [König]  Menasse  hat  den  [Propheten] 
Jesaia  getötet'."  Diese  drei  aus  jener  Rolle  herausgerissenen  Einzel- 
heiten streuen  helles  Licht  über  die  Beschaffenheit  solcher  Genea- 
logien aus.  Unzweifelhaft  war  auch  das  Genealogienbuch,  von  dem 
Rab  spricht,  ein  Sammelwerk  dieser  Art.  Anknüpfend  an  die  Ge- 
schlechtsregister der  Chronik  1  enthielt  es  die  Stammbäume  der 
angesehenen  Männer  der  späteren  Zeiten,  gab  aber  auch  Bemer- 
kungen persönlicher  und  sachlicher  Art  an,  z.  B.  ihre  Verdienste 
um  die  Vertiefung  und  Verbreitung  der  Lehre,  halachische  Ent- 
scheidun,!;en  und  hagadische  Erörterungen,  die  Raschid  treffend 
n-i^n  ""ürto  bezeichnet.  Das  Material  ist  mit  der  Zeit  so  angewachsen, 
daß  ein  Amoräer  in  seiner  Übertreibung  das  Gewicht  der  an  die 
Verse  L  Chron.  8,  37—9,  43,  die  die  Geschlechtsregister  der  Ein- 
wohner Jerusalems  enthalten,  geknüpften  Erläuterungen  auf 
400  Kamellasten  schätzt.^  Es  ist  daher  begreiflich,  daß  die  Lehrer 
das  Verschwinden  eines  solchen  enzyklopädisch  angelegten  Hand- 
buches als  großen  Verlust  empfunden  haben  und  in  ihrer  Bilder- 
sprache als  dessen  Folge  die  Abnahme  der  Kraft  und  die  Ver- 
dunklung des  Augenlichtes  der  Weisen  schildern.  Das  Verschwinden 
des  Genealogienbuches  dürften  aber  die  Weisen  selbst  herbei- 
geführt haben.  Denn  die  Genealogien  enthielten  auch  Angaben 
über  die  makelhafte  Abstammung  mancher  angesehener  Personen 
und  Familien,  wie  aus  der  oben  zitierten  Stelle  hervorgeht.^  Es 
ist  daher  wahrscheinlich,  daß  die  Weisen  in  ihrem  eigenen  Interesse 
oder  aus  Furcht  vor  den  einflußreichen  und  rein  geltenden 
Familien  das  Genealogienbuch  aus  dem  Lehrhause  verdrängen 
mußten,  was  der  Talmud  mit  nj3  bezeichnet.  Für  diese  Auffassung 
spricht  auch  der  Umstand,  daß  es  gerade  R.  Jochanan  war,  der 
R.  Simlai  keine  Mitteilungen  aus  dem  Genealogienbuche  machen 
wollte,    von    dem    auch    andere  Stellen  berichten,  daß  er  Beweise 

Raschis  Denn  Raschi  behauptet  nur,  daß  die  Worte  yti'in^  i  n^i  n"pS  in  der 
Rolle  nicht  gestanden  haben,  aber  nicht,  daß  der  Wortlaut  der  Rolle  ein  anderer 
gewesen  wäre. 

1  Siehe  Sachs  a.  a.  O.  und  Krauss  a.  a.  O. 

2  Pesachim  62'',  s.  v.:  jnn  tt'trn.  Für  diese  Auffassung  spricht  auch 
der  Umstand,  daß  jer.  Pesachim  6,  3,  82"  unten  in  der  Parallelstelle  zu 
bab.  Pesachim  62''  die  Worte  pom'  "i3D  10  'S  'in»3  bei  Verwechslung  der  Person 
R.  Jochanans  mit  R,  Jonathan  mit  mjx  ;qSn  identifiziert.  Dann  lassen  beide 
Talmude  den  R.  Simlai  eine  halachische  Frage  aufwerfen  in  dem  Moment,  als 
seine  Bitte,  daß  R.  Jochanan  ihm  das  Genealogienbuch  mitteile,  zurück- 
gewiesen wurde. 

3  Pesachim  das.  —  Dr.  Aptowitzer  liest  'S'l.i,  wie  Toss.  Hullin  95". 

*  Vgl.  Judelewitz:  xynin:  idd  i)ühnr\  jan  amn^n  "n;  Wilna  1896,  S.  66,  Anm.  2. 

XXVII 


190  Dr.  Lewi  Freund. 

für  die  Makelhaftigkeit  mancher  Familien  aus  Rücksicht  auf  die 
mit  ihnen  verschwägerten  Gelehrten  nicht  veröffentlichen  wollte  und 
auch  die  Weisung  gegeben  hat,  keine  Untersuchungen  über  makel- 
hafte, aber  allgemein  als  rein  geltende  Familien  anzustellen.^ 

IV.  Familienreinheit  bei  den  Juden  in  Babylonien. 

Wie  bekannt,  wurde  Babylonien  nach  der  Zerstörung  des 
ersten  Tempels  nicht  bloß  zur  Heimat  des  jüdischen  Volkes, 
sondern  auch  zum  Hort  seiner  Lehre  und  Tradition.  Hier  hat  sich 
dieRenaissancedes  Judentums  vollzogen,  von  hier  stammen  auch  die 
großen  Männer,  die  zur  Vertiefung  der  Lehre  und  Erhaltung  der 
Religion  während  des  zweiten  Tempels  viel  beigetragen  haben.- 

Auch  in  bezug  auf  Familienreinheit  wird  Babylonien-  über 
Palästina  gestellt.  Und  mit  Recht.  Denn  all  die  historischen  Um- 
wälzungen, die  den  Sitten-verfall  in  Palästina  herbeigeführt  und 
die  Familienreinheit  getrübt  haben,  vermochten  keinen  ungünstigen 
Einfluß  auf  die  Familienverhältnisse  der  Juden  in  Babylonien  aus- 
zuüben. Wie  sie  während  des  Exils  bis  Esra  ganz  von  der  Landes- 
bevölkerung sich  abgesondert  hielten,  so  daß  für  sie  die  Mischehen- 
frage überhaupt  nicht  existierte,^  so  dürften  sie  auch  nachher  über 
die  Familienreinheit  gewacht  haben,  wenn  auch  nirgends  erwähnt 
ist,  daß  sie  genealogische  Verzeichnisse   auch  nach  Esra  führten.^ 

1  Siehe  oben,  S.  XXIV. 

2  Bab.  Sukkoth  20":  nnsriB*:!  mtn  mo^i  ^aari  nitj?  nSy  S{<itt'»o  min  nn^ntt'Jtr'^ 
nnD'i  r:3i  x^n  'i  i^r  nn::nc:':i  nirn  nict  '^nnn  hhn  r\h';.  Vgl.  Halevy  Q':ic'X"in  nrn  11% 
S.  162  ff.,  der  mit  Recht  gegen  die  ältere  Geschichtsforschung  annimmt,  daß  die 
Juden  in  Babylonien  zu  allen  Zeiten  die  Lehre  pflegten  und  daß  sie  sogar  auf 
die  kulturellen  Verhältnisse  Palästinas  Einfluß  übten. 

3  Siehe  Low  a.  a.  O.,  S.  146.  f^ein  Argument,  daß  Esra  und  Nehemia 
wegen  der  Mischehen  nicht  so  sehr  in  Zoi'n  hätten  geraten  können,  wenn  die- 
selben in  ihrer  Heimat  einheimisch  gewesen  wären,  muß  ja  jedem  einleuchten. 
Vgl.  S.  Funk,  Die  Juden  in  Babylonien  I,  Einl.,  S.  5. 

4  Vgl.  Rosenthal  a.  a.  O.,  S.  214,  Anm.  1,  der  richtig  behauptet,  daß  die 
im  bab.  Talmud  ausnahmsweise  angegebene  Abstammung  mancher  babyloni- 
scher Lehrer  bloß  auf  Tradition  beruhe.  Die  entgegengesetzte  Annahme  Funks 
(a.  a.  O.,  S.  136,  Anm.  1)  und  Krauss'  (a.  a.  O.),  die  aus  Jos.  c.  Apion.  1,  7 
schließen  wollen,  daß  die  Juden  in  Babylonien  Geschlechtsregister  geführt 
haben,  ist  nicht  bewiesen.  Denn  Josephus  sagt  dort  nur,  daß  die  Priester  in  der 
Zerstreuung  sich  in  Jerusalem  eintragen  ließen.  Aus  dem  Umstände,  daß  er  die 
Angabe  der  Zeugen  und  nicht  die  Bestätigung  des  heimischen  Archivs  fordert, 
darf  man  schließen,  daß  in  der  Heimat  keine  Register  geführt  wurden.  Judelewitz' 
Behauptung  (a.  a.  O.),  daß  sogar  die  Antwort  11.  Jochanans  an  R.  Simlai 
(bab.  Pesachim  62')    die    Führung   von  Stammbäumen  in  Nehardea  voraussetzt, 

XXVIII 


über  Genealogien  und  Familienreinheit  191 

Die  Aufbewahrung  und  Fortführung  von  Stammbäumen  war  auch 
in  der  Zerstreuung  beim  Mangel  eines  Archivs  für  die  Dauer  un- 
möglich und  nach  der  Restauration  des  Tempels  und  Staatswesens 
ganz  überflüssig.  Priester  und  Leviten  wanderten  sicherlich  nach 
Palästina  aus,  und  die  wenigen  Zurückgebliebenen  konnten  ja  im 
Tempelarchiv  zu  Jerusalem  eingetragen  werden.^  Ehrenämter,  die 
das  Privileg  der  mit  einem  urkundlichen  Nachweis  über  reine  Ab- 
stammung versehenen  Familien  bildeten,  gab  es  hier  nicht.  Der 
Verdacht  einer  Vermischung  mit  den  Völkerschaften,  mit  denen 
das  mosaische  Gesetz  die  Epigamie  verbietet,  war  schon  mit  Rück- 
sicht auf  die  Entfernung  ausgeschlossen.  Die  einzigen  unreinen 
Elemente,  die  in  Betracht  kommen  könnten,  wären  die  Sklaven 
und  die  Mamserim  nach  der  talmudischen  Auffassung,  diesen 
aber  konnten  die  Lehrer  auch  durch  andere  Mittel  steuern. 

So  berichtet  der  Talmud:  „R.  Jehuda  ließ  in  Pum-Beditha 
ausrufen:  Ada  und  Jonathan  sind  Sklaven;  Jehuda,  Sohn  Papas 
ist  Bastard;  Bali,  Sohn  Tobias,  habe  aus  Übermut  keinen  Freiheits- 
brief genommen." 2  Die  Gegenden  und  Ortschaften,  die  von  diesen 
Elementen  nicht  frei  waren,  wurden  unter  genauer  Grenzenangabe 
für  unrein  erklärt.^  Die  Skrupulosität  der  Babylonier  ging  so 
weit,  daß  der  babylonische  Amoräer  Zeira  sich  weigerte,  die 
Tochter  seines  palästinensischen  Lehrers  Jochanan  zu  heiraten, 
was  R.  Jochanan  mit  ironischen  Worten  rügt:  „Unsere  Lehre 
ist  euch  würdig,  unsere  Töchter  aber  sind  euch  unwürdig?"* 

Bei  dieser  Sorgfalt  für  die  Familienreinheit  konnten  die 
Babylonier  mit  berechtigtem  Stolz  von  sich  behaupten:  „Babel 
ist  als  rein  anzusehen."  ■'  Daß  dieser  Satz  den  tatsächlichen 
stabilen  Verhältnissen  entsprungen  ist,  beweist  der  Umstand, 
daß  die  in  Palästina  entstandene  Mischna  alle  unreinen  Elemente 
aus  Babylonien  nach  Palästina  einwandern  läßt,^  was  von  beiden 
Talmuden  auf  die  Zeit  der  Exulantenrückkehr  bezogen  wird.''  Das 


ist  unrichtig.  Denn  der  Grund  für  die  Baraita  xvTin:^  N^i  nm^S  nh  ['iir  p«  ist 
nicht  ihre  Abstammung,  wie  die  zweite  Erklärung  Raschis  angibt,  sondern 
wie    der    jer.    das.    5,    3,    32'    erklärt,    daß     sie    stolz    und    unwissend  'DJ  pz' 

niin  'Divfii  nn  sind. 

1  Vgl.  vorige  Anmerkung. 

2  Bab.  Kid  70";  vgl.  70":  um  Kn^in  ^'^'J  Tn:)0. 

^  Das.  71' :  ...  «nnr::  k2"i  rnrr: ;  Jer.  das.  -1, 1,  65''  oben:  . ,  .  pv  "in:  t;  ponr^  hz:. 

*  Das.:  ptrj  nS  i'n:3  mc'3  ;n"-nN  V'n. 

*  Das.  71":  mrjiy  niti':  nprni  hzz. 
6  Das.  4,  1. 

■'  Vgl.  das.  69''  und  71'':  n^^^:  nSioa  HNcyc  ^J,•  ^3ar3  Kity  nSy  nh. 

XXIX 


192  Dr.  Lewi  Freund. 

Bestreben  der  Palästinenser  zur  Zeit  R.  Judas  I,  ihrer  Heimat 
den  Vorrang  vor  Babyloiiien  einzuräumen,  blieb  auch  angesichts 
der  alten  Tradition  und  der  Zeugnisse  der  bedeutenden  Lehrer 
dieser  Zeit  erfolglos,  und  so  konnten  die  babylonischen  Juden  den 
endgültigen  Sieg  über  ihre  palästinensischen  Brüder  davontragen 
und  auf  ein  ganzes  Jahrtausend  die  erste  Stelle  im  jüdischen 
Volke  einnehmen. 


^ 


XXX 


Zur  Geschichte  des  jüdischeu  Eherechts. 

Von  Direktor  Dr.  Ludwig  Blau,  Budapest. 
I.  Die  Feststellung  des  Todes  des  Mannes. 

Eheschließung  und  Ehescheidung  war  bei  den  Juden  wie  bei 
den  meisten  alten  Völkern  reine  Privatsache,  eine  Familien- 
angelegenheit, um  die  sich  keine  wie  immer  geartete  Behörde 
kümmerte.  Das  altjüdische  Eherecht,  soweit  es  zurückverfolgt 
werden  kann,  forderte  für  den  eingetretenen  Tod  des  Mannes 
gar  keine  Beweise  und  eine  formelle  Todeserklärung,  zu  welcher 
eine  Behörde  nötig  gewesen  wäre,  gab  es  überhaupt  nicht.  Wenn 
die  Frau  den  Tod  des  Mannes  für  erwiesen  hielt,  hinderte  sie 
kein  Mensch  daran,  eine  neue  Ehe  einzugehen.  Für  das  Gegenteil 
ist  wenigstens  aus  vortalmudischer  Zeit  keine  Angabe  vorhanden. 
Die  Schammaiteu  und  Hilleliten  schenkten  der  Aussage  der  Frau 
selbst  Glauben,  wobei  auf  frühere  Weisen  Berufung  geschieht 
und  keine  Kontroverse  gemeldet  wird.^  In  Anbetracht  der 
fortschreitenden  Entwicklung  wird  aus  dieser  Tatsache  zu 
schließen  sein,  daß  es  in  früheren  Zeiten  zu  einer  Aussage  vor 
den  Weisen  überhaupt  nicht  gekommen  war,  die  Wieder- 
verheiratung erfolgte  ohne  jede  Befragung  irgendwelcher  Be- 
hörde. Dasselbe  wird  auch  für  den  Fall  der  Wiederverheiratung 
auf  Grund  voraufgegangener  Scheidung  anzunehmen  sein.  Die 
Frau  brauchte  in  ältester  Zeit  hiefür  keine  Beweise  beizubringen, 
selbst  wenn  sie  als  verheiratet  bekannt  war,  solange  kein  Mann 
da  war,  der  die  Scheidung  in  Abrede  stellte.  Der  auch  später 
geltende  Rechtssatz:  „Die  Frau  sei  beglaubt,  wenn  sie  dem  Manne 
ins  Gesicht   sagt:    Du  hast  mir  die  Scheidung  gegeben," ^  ist  ein 


1  Miachna  Jebamoth  15,  1,  7,  8,  13 — 16. 
5  Gittin  64^ 
F«8t«ehrift.  J.3 


194  Dr.  Ludwig  Blau. 

Widerhall    der    alten  Sitte,    der    nur    rationalistisch    damit  be- 
gründet wird,  daß  die  Frau  dem  Manne  gegenüber  die  Frechheit 
zu  einer  solchen   Behauptung,   wenn    sie    falsch  wäre,    nicht    auf- , 
bringen  könnte. 

Der  Kanon  „In  Sachen  von  Unzucht  und  Inzest  können 
weniger  als  zwei  Zeugen  nicht  entscheiden"  ^  ist  erst  von  Amoräem, 
vielleicht  von  R.  Jochanan,  formuliert  worden,  während  die  alte 
Zeit  in  eherechtlichen  Fragen  nicht  schroff  den  Zeugenbeweis 
forderte.  Eine  Regelung  bedurfte  in  erster  Reihe  das  Verfahren 
gegen  die  des  Ehebruchs  verdächtige  Frau  (IV.  Moses  5,  11 — 31), 
worüber  es  einen  eigenen  Traktat  (Sota)  gibt.  Da  finden  wir  nun 
daß  R.  Eliezer,  ein  Hochkonservativer,  der  nie  etwas  tradierte, 
was  er  nicht  gehört  hatte,  den  geringsten  Indizienbeweis  für  ge- 
nügend erachtet.  Zwei  Zeugen  wurden  nur  gefordert,  um  die 
Frau  nicht  leichtfertig  in  Verdacht  zu  bringen.-  Aus  diesem  straf- 
rechtlichen Teil  des  Eherechts  drang  der  Grundsatz  von  dem 
Zweizeugenbeweis  in  den  zivilrechtlichen  Teil  desselben  ein,  dessen 
genauer  Zeitpunkt  jedoch  aus  Mangel  an  Daten  nicht  festgestellt 
werden  kann.  Wenn  der  Mann  ausgewandert  war  und  bloß  ein 
Zeuge  den  Tod  des  Mannes  meldete,  wird  die  Rechtspraxis  ge- 
schwankt haben.  Der  erste  Gesetzeslehrer,  von  dem  wir  Kenntnis 
haben,  daß  er  in  dieser  Rechtsfrage  Stellung  genommen  hatte,  ist 
der  Patriarch  Gamliel  I  (um  50).  Er  stellte  den  Rechtssatz  auf:  „Man 
darf  einer  Ehefrau  schon  auf  die  Aussage  eines  einzelnen  Zeugen 
hin  die  Wiederverheiratung  gestatten",  den  sein  Enkel  Gamliel  II. 
(um  90),  nachdem  er  daran  erinnert  worden  war,  bei  Frauen  von 
Märtyrern  praktisch  zur  Ausführung  brachte.  Die  zwei  ältesten 
Schüler  Jochanan  ben  Zakkais,  der  Schammaite  Eliezer  und  der 
Hillelite  Josua,  erklärten  jedoch  noch  die  Annahme  eines  einzelnen 
Zeugen  für  unzulässig,  Akiba  beschränkte  die  Unzulässigkeit  auf 
Frauen  und  Verwandte,  in  der  Folgezeit  entschied  man  sich 
indessen  allgemein,  bei  Fragen  der  Wiederverheiratung  von 
Frauen  von  allen  Anforderungen,  welche  sonst  an  die  Rechts- 
gültigkeit von  Zeugen  gestellt  werden,  überhaupt  abzusehen.^ 

i  D'>:&ü  mnE3  n)')^::^^  12-1  J'X  (Gittin  2",  3%  64";  Kidduschin  66";  Jebamoth  88"). 

2  M.  Sota  6,  4. 

3  Jebamoth  16,  7:  uin:B'  Sn>Soj  'i  ist:  .  .  .  in«  ny  >s  h-j  ntt'Kn  ns  pN^rr: 
'131  nnx  ^nn  DMnn.  Unter  owin  sind  von  den  Römern  hingerichtete  Juden  gemeint, 
Aufständische,  „politische  Verbrecher".  Aus  dem  Bar  Kochba-Kriege  ist  eine 
Nachricht  erhalten,  nach  welcher  „60  Menschen  gingen  hinunter  in  die  Uni- 
wallung  von  Bether  und  kein  einziger  von  ihnen  kehrte  zurück.  Diese  Frage 
gelangte  vor  die  Weisen  und  sie  erlaubten  ihren  Frauen  zu  heitaten"  (Toaeftha 

II 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  195 

Historisch  betrachtet,  stellt  sich  die  Sache  wie  folgt  dar. 
In  vorrabbinischer  Zeit  hat  sich  keine  amtliche  Stelle  um  die 
Frage,  ob  eine  Ehefrau  sich  wiederverheiraten  dürfe,  gekümmert, 
es  war  eine  Privatsache,  welche  dem  Ermessen  der  Frau,  be- 
ziehungsweise der  Familie  überlassen  wurde.  Es  folgte  nun  eine 
zweite  Stufe,  auf  welcher  die  Praxis  eine  schwankende  war,  ob 
nämlich  zur  Feststellung  des  Todes  des  Ehemannes  zwei  Zeugen 
nötig  seien  oder  auch  ein  einzelner  Zeuge  genüge.  Wie  in  anderen 
Stücken  des  Eherechts  griff  auch  hier  Gamliel  I.  regelnd  ein, 
indem  er  sich  für  letzteres  entschied.  Sein  Rechtssatz  scheint  in 
Vergessenheit  geraten  oder  überhaupt  nicht  allgemein  bekannt 
geworden  zu  sein.  Jedenfalls  hat  es  noch  rund  100  Jahre  ge- 
dauert, bis  er  allgemein  durchgedrungen  war.  Die  Schüler  Akibas 
gingen  noch  einen  Schritt  weiter  und  erklärten  jede  Nachricht 
vom  Tode  des  Ehemannes  für  annehmbar. ^ 

Die  Entwicklung  des  Eherechts  in  diesem  Betracht  hängt 
enge  mit  den  politischen  Zuständen  Palästinas  im  fraglichen  Zeit- 
räume zusammen.  Nach  dem  starken  Regiment,  das  Herodes  ge- 
führt hatte,  traten  zuerst  unter  der  Regierung  seiner  Söhne,  bald 
darauf  unter  der  Herrschaft  der  römischen  Landpfleger  politische 
Unruhen  ein,  welche  letzten  Endes  zu  dem  verzweifelten  Aufstand 
des  Jahres  70  führten.  Der  Aufstand  war  eigentlich  seit  dem 
Tode  des  Herodes  konstant  gewesen,  der  auch  nach  der  Nieder- 
Wvirfung  des  Jahres  70  weiterglimmte  und  im  Jahre  132  wieder 
in  hellen  Flammen  aufloderte.  Die  Auswanderung,  welche  schon 
unter  der  nicht  nur  politisch,  sondern  auch  wirtschaftlich  äußerst 
drückenden  Regierung  des  Herodes  übermäßig  eingesetzt  haben 
dürfte,  steigerte  sich  im  Laufe  der  Zeit  ständig:  ,die  Männer 
wanderten  in  die  Küstenländer,  Frau  und  Kinder  in  der  Heimat 
zurücklassend". 2  Rückwanderer  und  Händler,  Juden  und  Nicht- 
juden,  Frauen  und  Sklaven  brachten  Nachrichten  von  den  Aus- 
gewanderten,   meldeten    gelegentlich    den  Tod   des  einen  und  des 


Jebamoth  14,  8—259,  22).  Man  sielit,  daß  der  Krieg  die  Weisen  veranlaßte,  von 
jeder  Zeugenaussage  abzusehen  und  den  sonst  nicht  zulässigen  Indizienbeweis 
für  vollgültig  anzunehmen. 

1  Jebamoth  8,  1:  i'^ya  no  nS  ncKllNai.  „Man  kam  und  sagte  ihr",  bedeutet 
nicht  „ein  Zeuge"  (Talmud  87'  zur  Stelle),  sondern  Nachrichten,  die  zur  Frau 
gelangen,  welche  von  Frauen,  Sklaven,  Durchreisenden  usw.  stammen  könne. i, 
die  ein  Zeu^^nis  abzulegen  gar  keine  Absicht  haben,  folglich  al.>  Zeugen  übtr- 
haupt  nicht  behandelt  werden  können.  Siehe  jedoch  den  Schluß  dieses  Kapitels. 

2  Jer.  Jebamoth  11',  39:  131T  ,'iv:3  i:'«t:'  i;t  h^;  nr.T  nSi  »ivo  Kintt*  i^t  S;'  nr.'! 

X3* 
III 


196  Dr.  Ludwig  Blau. 

anderen.  Was  die  Jahrhunderte  hindurch  ein  Ausnahmefall  ge- 
wesen, wurde  nunmehr  zu  einer  alltäglichen  Erscheinung,  die  ehe- 
rechtlich eine  Regelung  forderte.  Es  lag  in  der  Natur  der  Sache, 
daß  man  nicht  immer,  höchstwahrscheinlich  sogar  sehr  selten, 
zwei  Zeugen  zur  Hand  hatte  und  so  „erlaubte  Gamliel  I.  die 
Wiederverheiratung  auch  auf  die  Aussage  eines  einzelnen  Zeugen 
hin".  Doch  bald  genügte  auch  diese  „Erleichterung"  nicht,  denn 
der  Zeuge  wird  wohl  sehr  häufig  ein  Verwandter  gewesen  sein 
der  sich  naturgemäß  um  eine  solche  Angelegenheit  kümmerte 
und  nicht  ein  Fremder,  den  die  Sache  nichts  anging.  In  der  Mehr- 
zahl der  Fälle  wird  die  betreffende  Nachricht  überhaupt  nur 
durch  NichtJuden,  Sklaven,  Frauen,  und  anderen  nach  rabbinischem 
Recht  nicht  vollgültigen  Zeugen  in  das  Heimatsdorf  gelangt  sein.  Je 
länger  desto  mehr  mehrten  sich  die  Mißstände,  bis  die  Rabbinen, 
die  entgegen  der  herrschenden  Anschauung  den  Notständen  alle- 
zeit Rechnung  trugen  und  in  ihren  gesetzlichen  Bestimmungen 
stets  die  alltäglichen  Erscheinungen  des  wirklichen  Lebens  vor 
Augen  hielten,  sich  entschlossen,  in  Sachen  der  Wiederverheiratuug 
auf  ein  Zeugnis  bezüglich  des  Todes  des  Ehegatten  überhaupt 
zu  verzichten  und  sich  mit  einem  „man  kam  und  sagte  der  Frau, 
ihr  Mann  sei  gestorben",  zu  begnügen. 

Diese  letzte  Stufe  der  Entwicklung  ist  in  der  Mischna 
Jebamoth  8,  1  ff.  als  fortab  geltendes  Recht  an  erster  Stelle 
kodifiziert,  während  die  voraufgegangenen  Rechtsstadien,  wie 
ähnlich  im  Traktat  Gittin,  an  das  Ende  des  Traktates  gesetzt, 
gleichsam  in  einem  historischen  Anhange  nachgeholt  wurden.  Es 
war  eine  einschneidende  Neuerung,  für  die  es,  nachdem  auf  allen 
anderen  Gebieten  des  rabbinischen  Rechts  der  Zeugenbeweis  zur 
Alleinherrschaft  gelangt  war,  keine  andere  Begründung  als  die 
harte  Notwendigkeit  gab.  Um  aber  Mißbräuchen  zu  steuern,  legte 
man  der  wiederverheirateten  Frau,  falls  der  totgesagte  Gatte 
zurückkehrte,  dreizehn  Strafen  auf.  Wir  wollen  nun  diese  Mischna 
näher  betrachten.  Sie  lautet  in  der  Ausgabe  von  Lowe  wie  folgt: 
13  -iHKi  nsr^ji  yhv2  nö  n"?  nasi  ixm  d\-i  n:na'?  n'^rn  ']brnL>  r^v^nn  i. 

nntaiB  ru;Ni  r»^  rnaü  nnTbn  ix  nrix-'S  iiaiN  pratr  "i  'i3i  -iöik  "dv  "n  2. 

:  -h  iMnb  nima  mtt>"i3  xbu?  nxr^:  dx  "isi  nnn:: 
nn"m  xi:n  n  rr'a  's  hv  ahm  p-ipn  p  rrmtaei  i<:in  j^n  n"'2  -'S  hv  naw^:  3. 
:  Kt»3n'7  xbs  nn'nn  x'^r  ]::.'^pz  nr-'n  r\bpbp^  ns^m  xu'jnb  pn  rr'S  nmn  'i3i  jnipa 
Zuvörderst   bemerke   ich,    daß    die    an    die   letzte  Stelle   ge- 
rückte Mischna  offenbar  die  älteste  ist,  da  sie  von  Opfern  redet, 

IV 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  19? 

somit  sicherlich  noch  zur  Zeit  des  Tempelbestandes  abgefaßt 
wurde.  Ob  sie  ursprünglich  auch  die  Bestimmung,  „sie  verlasse 
den  Mann"  (s'i'n)  enthielt,  mag  dahingestellt  bleiben.  Was  hier 
durch  nKu?-:!  ns'^m  H^:r\b  n-n  :i'i'^)n  ausgedrückt  wird,  erscheint  in  der 
I.  Mischna  zu  dkd'di  abgekürzt,  während  in  Tosefta  11,4  noch 
der  ursprüngliche  Ausdruck  erhalten  ist,  und  zwar  im  Namen 
Eliezers,  der  die  Traditionen  treu  bewahrte.  Aus  diesem  vollen 
Ausdruck  entsteht  der  gedrängtere  pi  n-n  "s  br  nxr"3.  So  anfangs  3 
und  bab.  Jebamoth  91*:  pi  n'n  "'s  br  dcdd  -^'h  nrxr"2  pn,  wofür  jer. 
Jobamoth  (10%  15  von  unten)  bloß  -isbn  a"«  nc^K  fia  pn  hat.  Der 
Terminus  nmn  zeigt  auf  eine  Opferhalacha  hin  (vgl.  den  Namen 
des  Traktates  mmn).  Die  Erlaubnis,  wieder  zu  heiraten,  wird  auch 
durch  T'n  mria  nxcr  ausgedrückt.  Das  Wort  nxr':!  in  Mischna  1 
kann  demnach  eine  Abkürzung  von  nsr'3i  a^vinb  t'3  nmn  oder  von 
T'3  ST  naz^':  oder  von  n"2)  mc^nr  ns&";  sein.  Ist  letzteres  der  Fall, 
dann  bilden  die  Worte  mmn  xbtt'  nKi:"j  in  Mischna  2  den  Schluß 
der  Haupthalacha,  die  durch  die  Einfügung  der  auf  einige  Punkte 
der  Strafbestimmungen  sich  beziehenden  abweichenden  Ansichten 
von  Jose  und  Simon  unterbrochen  sind.  In  der  vorliegenden 
Formulierung  der  Mischna  ist  es  zweifelhaft,  ob  der  Satz 
i"?  -nTn"?  n-im)2  mitna  n'?c'  r\av':  ex  den  Gegensatz  zu  nTiai  nia  s:cn  na^^:) 
der  1.  Mischna  oder  die  Schlußworte  Simons  bildet. 

Sachlich  macht  dies  keinen  Unterschied,  denn  auch  aus  der 
1.  Mischna,  welche  Strafen  nur  für  den  Fall  vorsieht,  wenn  die 
Frau  bei  mangelndem  vollgültigen  Zeugenbeweis  auf  Grund  einer 
eigenen  gerichtlichen  Entscheidung  geheiratet  hatte,  folgt  ja  mit 
Sicherheit,  daß  in  dem  anderen  Falle,  wo  die  Wiederverheiratung 
auf  Grund  eines  einwandfreien  Zeugenbeweises,  der  Aussage  von 
tadellosen  zwei  Zeugen,  wobei  eine  gerichtliche  Entscheidung  nicht 
einzuliolen  ist,  stattgefunden  hatte,  die  Frau  straflos  ausgeht.  Den 
Gegensatz  von  niDi  niü  xi'n  bildet  ^h  -\v,nh  n-ma  auch  dann,  wenn 
diese  Worte  Simon  angehören.  Der  Redaktor  der  Mischna  hat  die 
1.  Halacha,  wie  gewöhnlich,  dem  Mischnawerk  Meirs  entnommen, 
in  welche  er  dann  die  bezüglich  einzelner  Punkte  der  Strafe 
abweichenden  Meinungen  Joses  und  Meirs  mit  ihren  eigenen 
Worten  einfügte.  Nachdem  nun  Simon  seine  Halacha  mit  den 
Worten  •■?  -nrn'?  nnn"?2  m^'-i::  ahv  rKtr'';  geschlossen  hatte,  welche  mit 
der  allgemeinen  Ansicht  übereinstimmte,  erachtete  der  Redaktor  es 
für  überflüssig,  über  diesen  Punkt  auch  die  Worte  Meirs  noch 
aufzunehmen.  So  hat  die  Mischna  Schescheth  aufgefaßt,  der  Jeba- 
moth   !•!''    behauptet,    es    bestehe    über    diesen    Punkt   gar   keine 


198  Dr.  Ludwig  Blau. 

Kontroverse,  während  Rab,  der  zu  dem  fraglichen  Satz  bemerkt: 
so  ist  zu  entscheiden  (xn^bn  ^sn),  scheinbar  anderer  Meinung  war. 
Aber  nur  scheinbar,  denn  Rabs  Bemerkung  muß  ja  nicht  eben 
eine  Interpretation  der  Mischna  sein,  sie  kann  ebenso  lediglieh 
die  Feststellung  der  Norm  für  die  Praxis  enthalten.  Jedenfalls 
haben  so  Rab  wie  Schescheth  den  in  Rede  stehenden  Mischna- 
satz als  Simon  angehörig  betrachtet,  was  seine  Richtigkeit  haben 
wird,  denn  stilistisch  ist  der  erste  Satz  unserer  Mischna  nach 
dem  Zusammenhange  passender  durch  (nxD'Ji)  nsbm  als  durch 
mtt'-ia  (nKtt''':i)  zu  ergänzen.  Ein  nicht  uninteressantes  Beispiel  für 
die  Art  der  Mischnaredaktion,  für  das  Ineinanderfügen  von  Lehr- 
sätzen verschiedener  Autoren. 

Wie  wir  dargelegt  haben,  handelt  es  sich  in  unserer  Mischna 
nicht  bloß  um  die  Aussage  eines  Einzelzeugen  {nna  nr),  sondern 
um  jede  beliebige  Nachricht  (nh  nüKi  is*n),  welche  von  einem 
Gerichtshof  für  geeignet  erklärt  wurde,  worunter  selbstverständ- 
lich auch  die  Aussage  eines  Einzelzeugen  subsumiert  werden 
kann.  Den  Grund  für  die  Zulässigkeit  von  Indizienbeweisen 
bildeten  die  Zeitumstände.  Die  Sache  war  so  selbstverständlich, 
daß  die  ältesten  Amoräer  (Rab,  Samuel,  Jochanan),  deren  Be- 
merkungen im  Talmud  an  erster  Stelle  zu  erscheinen  pflegen, 
hier  ganz  schweigen.  Erst  in  einem  späteren  Zeitpunkt  (etwa 
um  300)  wird  im  Anschluß  an  unsere  Mischna  die  Gültigkeit  des 
Eiczelzeugen  diskutiert,  die  mit  Recht  verneint  wird,  da  doch  in 
unserem  Falle  auch  zeugnisunfähige  Personen  rechtsgültige  Aus- 
sagen machen  können.  Die  Diskussion  schließt  Zera  mit  der 
folgenden  Begründung:  „Wegen  der  schweren  Strafen,  welche  die 
Frau  am  Ende  betreffen,  hat  man  ihr  die  Wiederverheiratung 
erleichtert",  in  der  Voraussetzung,  jede  Frau  werde  sich  genau 
erkundigen  (88*^). 

Der  technische  Ausdruck  hiefür  ist  racDiai  Kpn  hdx  (Jeba- 
moth  25'^;  93^^;  115^;  11 6^).  Es  wird  nun  an  Schescheth  die  Frage 
gestellt,  ob  auch  bei  der  Leviratsehe  ein  Einzelzeuge  beglaubt  sei. 
Ist  nämlich  der  Grund  für  die  Annahme  eines  Einzelzeugen  der, 
daß  die  Frau  der  Sache  genau  nachgeht  oder  daß  man  in  einer 
Sache,  die  an  den  Tag  kommt,  nicht  lügt? 

"ibj"?  NTnr-t  Hn"?»  üitt'ö  K"rn  xayta  ?ina  nia:2''2-nnx  ir  :n\s^  snö  .td-ü  im 
«2d:öi  Kp"-i  ^TK^  mu'a  'i3i  KD'^n  \s  'i3i  npira  ah  (Jebamoth  93^). 

Hiezu  bemerken  die  Tosafisten  (sub  xr):  Es  sei  ja  schon 
oben  erwiesen,  der  Grund  sei  sdd3!21  Kp-'n  ntt'X?  Die  Frage  ist  ja  gewiß 
berechtigt,    die  Antwort    dagegen   unbefriedigend.    Man    kann    sie 

VI 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  199 

nur  in  der  Chronologie  finden.  Sehescheth  gehört  nämlich  einer 
früheren  Generation  an  als  Zera.  Zur  Zeit  des  ersteren  wurde 
die  Frage  nach  dem  Grunde  der  Glaubwürdigkeit  des  Einzel- 
zeugen noch  diskutiert  und  die  Diskussion  in  den  Talmud  auf- 
genommen; als  man  dann  später  sich  für  den  zweiten 
Grund  erklärte,  änderte  man  an  der  einmal  in  den  Text 
aufgenommenen  Diskussion  nicht  mehr.  Was  aber  die  Frage 
von  nj2n^2  "inx  "ir  anbelangt,  wird  anzunehmen  sein,  daß  dieser  Fall 
von  den  Tannaiten  darum  nicht  in  Erwägung  gezogen  wurde, 
weil  er  selten  eintrat,  somit  keinen  Notstand  bildete  und  keine 
Regelung  erheischte.  Die  Palästinenser  (jer.  Jebamoth  11*^,  31) 
lassen  die  Frage  unentschieden,  neigen  jedoch  der  Ansicht  zu, 
die  Leviratsehe  könne  nur  auf  die  Aussage  von  zwei  Zeugen  hin 
gestattet  werden.  Während  man  der  Frau  glaubte,  daß  ihr  Mann 
gestorben  ist,  glaubte  man  ihr  nicht,  daß  ihr  Levir  gestorben  sei 
(Mischna  Jebamoth   15  Ende:  a'c:nv  'aa*  na  -\f2^b  nsaxj  nrxn  pxc)- 

Das  Motiv  von  der  genauen  Erkundigung,  eingehender  Nach- 
forschung der  Frau  erscheint  auch  im  palästinischen  Talmud, 
wenn  auch  in  etwas  abweichender  Schattierung.  Es  dient  hier  als 
Begründung  der  verhängten  Strafen  im  Falle  der  Rückkehr  des 
Ehegatten  (jer.  Jebamoth  8  Anfang:  na- npmr  xnnD  ns  nn  ic:p).  Die 
älteren  Gesetzeslehrer:  Gamliel  I.,  Josua,  Eliezer,  Akiba  sprechen 
von  diesen  Strafen  nicht,  es  ist  auch  nicht  wahrscheinlich,  daß 
sie  von  ihnen  herrühren,  denn  sie  haben  die  Erleichterungen  bei 
der  Annahme  der  Zeugenschaft  in  Anbetracht  der  Notstände, 
welche  die  Zeitverhältnisse  mit  sich  brachten,  eingeführt.  Wie 
aus  den  Kontroversen  der  letzten  Mischna  von  Jebamoth 
hervorgeht,  haben  sich  diese  Erleichterungen  schrittweise 
durchgesetzt  und  es  ist  auch  nicht  einzusehen,  warum  eine  Ehe- 
frau, die  sich  auf  Grund  eines  Gerichtsbescheides  neu  ver- 
mählt hat,  strafbar  wäre.  Tatsächlich  opponiert  noch  Jose,  wie  es 
scheint,  in  allen  Strafakten  (vgl.  jer.  Jebamoth  10'^  42  und  ll«' unten). 
Erst  als  einerseits  die  Zeitverhältnisse  ruhiger  geworden  waren  und 
anderseits  sich  Mißstände  gezeigt  hatten,  sah  man  sich  bemüßigt, 
die  Aufrechterhaltung  des  bereits  eingebürgerten  Gesetzes  durch 
neue  Rechtsmittel  einerseits  zu  begründen  und  anderseits  zu 
stützen. 

In  der  Erklärung  der  Mischna  Jebamoth  10,  1  haben  wir 
uns  im  Wesen  an  den  Talmud  gehalten,  daß  nämlich  mit  den 
Worten  „man  kam  und  sagte  der  Frau,  ihr  Mann  sei  gestorben", 
keine  rechtsgültige  Zeugenschaft  gemeint  sei.  Ich  möchte  indes  nicht 

VII 


200  Dr.  Ludwig  Blau. 

verschweigen,  daß  der  fragliche  Satz  auch  zu  n"?  i-iöni  Conr]  1x2 
ergänzt  werden  könnte.  Das  Gesetz  würde  dann  die  Strafen  zur 
Sühne  des  Ärgernisses  verhängt  haben,  während  Simon  dies  nicht 
für  notwendig  hielt.  Rab  behauptete  sogar,  daß  die  Frau  in  diesem 
Falle  beim  zweiten  Manne  verbleiben  dürfe  (Jebamoth  88«').  Daß 
Rab  gemeint  hätte,  die  Frau  darf  zum  ersten  Manne  zurückkehren, 
wie  Aschi  erklärt,  verträgt  der  Wortlaut  seines  Ausspruches  nicht. 
Die  älteren  Amoräer,  die  der  Zeit  Rabs  näher  standen,  wie  auch 
die  Palästiner  (jer.  Jebamoth  11°,  33),  haben  den  Lehrsatz  Rabs 
im  einfachen  Sinne  genommen.  Daß  die  letzteren  hierüber 
„gelacht"  hätten,  sagt  der  Jeruschalmi  nicht.  Offenbar  hat  Rab 
die  gesetzmäßige  Todeserklärung  als  rechtskräftig  an- 
erkannt und  die  Frau  dem  zweiten  Manne  belassen,  ob- 
gleich der  erste  zurückgekehrt  war.  Da  das  rabbinische 
Recht  die  Auflösung  der  Ehe  durch  Todeserklärung  des  Ehe- 
mannes nicht  kennt,  konnten  die  Gesetzeslehrer  Rab  gar  nicht 
begreifen  und  versuchten  seinen  Worten  eine  auch  in  ihrem  Sinne, 
annehmbare  Bedeutung  zu  unterlegen.  Mehr  als  eine  Vermutung 
will  dies  nicht  sein. 

IL  Die  gangbare  Verlobungsformel. 

Samuel  sagte  (Kidduschin  5^):  Hat  ein  Mann  einer  Frau  Geld 
oder  eine  Wertsache  gegeben  und  dabei  eine  Angelobungsformel 
gesprochen,  ist  die  Verlobung  zustande  gekommen.  Er  führt  drei 
Formeln  an:  1.  n^iipa  ns  ^-in,  2.  noiixo  nx  ''-n,  3.  ^nab  r\H  '^n.  Der  Text 
ist  durch  die  Bemerkung  Abajes,  Samuel  sei  der  Ansicht,  j'kit  D't 
nn"'  pnn  miT'aiia,  sichergestellt,  d.  h.  Samuel  redete  von  Formeln 
ohne  ^b.  Wenn  man  Nedarim  5^-6'^,  Nazir  2^,  Gittin  85'',  sowie 
Tosafoth  Kidduschin  ö^  i^sn  und  andere  Kommentare  vergleicht, 
kommt  man  zu  der  Überzeugung,  daß  die  Frage  von  mn":iD  pxu'  an' 
überhaupt  nicht  lösbar  ist  Es  verbleiben  unausgleichbare  Wider- 
sprüche. Tatsächlich  hat  Samuel  diese  Formel  nicht  gebraucht, 
sie  ist  eine  Abstraktion,  welche  Abaje,  Raba  und  R.  Papa  gemacht 
und  diskutiert  haben.  Diese  Rechtslehrer  wollten  den  Innern  Kern 
des  einzelnen  Rechtsfalles  erfassen  und  machten  aus  dem  Speziellen 
ein  Allgemeines,  dem  gegenüber  der  Rechtsstoff  sich  spröde  er- 
weist. Wie  mn'^Dia  pxiy  ü-'T,  ist  auch  ht-q  (Gittin  25'^  und  sonst), 
rfsa  nn-ns  ,1"''?  Dp  (Kethuboth  29  ff.)  eine  von  den  Tannaiten  nicht 
gekannte  Formel,  welche  gleichfalls  undurchführbar  ist.  Einen  un- 
lösbaren Knoten  bildet  auch  das  amoräische  -nD\s  bs  bn  -nD'N  (Chullin 

VIII 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  201 

98^  ff.  und  sonst),  das  aus  Einzelfällen  abstrahiert  und  zu  einem 
allgemeinen  Lehrsatz  erhoben  wurde.  Man  kann  die  Beispiele  nach 
Belieben  häufen.  Hat  der  Talmud  eine  derartige  Abstraktion 
glücklich  unters  Dach  gebracht,  kommen  die  Tosafisten  mit  neuen 
Schwierigkeiten. 

Ich  meine  also,  daß  Samuel  bei  seinem  Ausspruche  an  ein 
Rechtsprinzip  gar  nicht  gedacht  hatte,  sondern  lediglieh  konkrete, 
zu  seiner  Zeit  im  praktischen  Leben  noch  vorkommende  Fälle 
behandelt  oder  besser:  geregelt  hat.  An  anderer  Stelle  (Jüdische 
Ehescheidung  II,  14)  habe  ich  nachgewiesen,  daß  die  von  Samuel 
für  ungültig  erklärten  Formeln  uralt  waren.  Die  allerjüngste  stellt 
die  von  Samuel  an  die  erste  Stelle  gesetzte  und  für  gültig  erklärte 
Angelobungsformel  nt:?iipi2  nx  nn  dar.  Wie  wir  schon  bemerkt  haben, 
hatte  er  eine  Formel  ohne  'b  im  Auge.  Sie  muß  also  noch  zu 
seiner  Zeit  im  Gebrauche  gestanden  haben.  Es  fragt  sich  nun,  wie 
ist  die  Entstehung  dieser  unklaren  Formel  zu  erklären.  Um  diese 
Frage  beantworten  zu  können,  muß  ich  vorerst  den  Terminus 
Kidduschin  überhaupt  untersuchen. 

Er  ist  nach  meinem  Dafürhalten  noch  nicht  befriedigend  erklärt. 
Die  Saboräer  meinen  (Kidduschin  2^)  trnp  sei  im  Gegensatz  zum 
biblischen  n'DpD  (n?rs*n)  ein  rabbinischer  Terminus  {\::i'\'\  üi^vb)  und 
sie  erklären  die  Kidduschinformel  folgendermaßen:  ,Der  Mann 
verbietet  die  Frau  jedem  anderen  Manne  wie  etwas  Heiliges" 
(ttnpns  y:«  r\b  ~idk"i).  Die  Tosafisten  erheben  gegen  diese  Erklärung 
Einwendungen  und  meinen,  der  einfache  Sinn  sei:  „Sei  mir  be- 
stimmt" {'b  nsanö  mriva  nx  m).  Doch  wo  bedeutet  ntrmpa:  njiaiT^:?^ 
Die  Amoräer  haben  ru:?mpü  tatsächlich  im  wirklich  einfachen  Sinne 
als  „heilig"  aufgefaßt.  Bei  der  Verhandlung  über  "b  nc?mpa  -["icn 
wird  gefragt:  nbiaa  ""u^np  nb  itarB''D%  wobei  als  Analogie  auf  die  Weihung 
des  Opfertieres  verwiesen  wird  (Kidduschin  7^).  Es  wird  also  da- 
bei bleiben  müssen,  daß  der  Terminus  ^ip  auch  in  der  Ange- 
lobungsformel den  Grundbegriff  der  , Heiligkeit"  im  priesterlichen 
Sinne  enthält.  DerRabbinismus  hat  den  Grundstock  seiner  Termino- 
logie dem  Heiligtume  entlehnt,  so  z.  B.  -urs,  "^'cs,  xat:.  Die  ältesten 
ScliriftgeleLrten  waren  Priester,  welche  naturgemäß  ihre  Kunst- 
ausdrücke auch  auf  Materien  übertruuen,  welche  außerhalb  der 
Sphäre  des  Heiligtums  und  seines  Kultus  lagen.  Nun  wird  »Tip 
und    seine  Derivate    im   Mischnisch-Hebräischen    bis    auf    geringe 


1  Die  paar  Stellen,  an  denen  die  Bibelerklärer  ünp  in  diesem  Sinne  auf- 
fassen, kommen  für  das  Hebräisch  der  Mischna  und  des  Talmuds  nicht  in 
Betracht. 

IX 


202  Dr.  Ludwig  Blau. 

Ausnahmen  lediglich  vom  Heiligtum  und  der  Priesterschaft  ge- 
braucht. Ein  , heiliger"  Mann  wird  nicht  ]D)ip,  sondern  tdh  ge- 
nannt, vinpn  ir^-i  ist  die  die  Regel  bestätigende  Ausnahme,  übrigens 
auch  nicht  alt.  In  älterer  Zeit  hießen  nur  Priester  „Heilige",  so 
n^'^tt'iTrur  n»^-ip  nbrtp  (Beza  14^,  27^;  Rosch  Haschana  19^;  Büchler, 
Priester  und  Kultus  40),  ntt'np  my  (Koh.r.  9,  9;  Büchler  1.  c).  Priestern 
lag  es  also  nahe,  die  Angelobung  durch  nu?mpia  nx  nn  „sei  heilig", 
d.  h.  werde  meine,  des  Priesters,  Frau  auszudrücken.  Eine  Priesterin 
(n:n2)  kann  nur  eine  aus  priesterlichem  Geblüt  geborene  sein,  aber  die 
Frau  eines  Priesters,  eine  jna  n^s  kann  auch  eine  geborene  Israelitin 
werden;  der  Priester  konnte  also  wohl  die  Formel  ntr'Tpia  nx  nn 
aber  nicht  die  Formel  riDn:  nx  nn  gebrauchen.  Da  nun  in  der  Formel 
selbst  ausgedrückt  ist,  die  Frau  soll  eine  Priesterfrau  werden,  ist 
"b  entbehrlich.  Wie  etwa  heute  ein  Rabbiner  sprechen  würde: 
Werde  Rabbinerin. 

Ob  nun  die  vorgetragene  Vermutung  richtig  ist  oder  nicht, 
sicher  ist,  daß  Samuel  kein  abstraktes  Rechtsprinzip  über 
mn"3ii2  pxty  D'T  aufstellen  wollte.  Dies  wird  von  Abaje  lediglich 
deduziert  und  ohne  Erfolg  durchzuführen  versucht.  Juridisch  mag 
die  Subsumierung  verschiedener  Rechtsmaterien  unter  ein  allge- 
meines Rechtsprinzip  eine  höhere  Entwicklungsstufe  darstellen, 
Abaje  mag  also  die  Rechtswissenschaft  in  diesem  Punkte,  wie  auch 
in  anderen  ähnlichen  Punkten,  gefördert  haben,  aber  historisch 
dürfte  seine  Interpretation  des  Samuelschen  Rechtssatzes  nicht  zu 
Recht  bestehen. 

Der  talmudische  Scharfsinn  kulminiert  in  Abaje  und  Raba. 
Sie  haben  ihre  Corona  mit  ihren  Aussprüchen  sehr  oft  verblüfft. 
Diese  Tatsache  darf  man  auch  bei  der  Interpretation  ihrer  Rechts- 
sätze nicht  aus  dem  Auge  verlieren.  Ich  werde  hier  nur  ein  Bei- 
spiel anführen.  Der  Mann  kann  die  Angelobung  durch  Übergabe 
von  Geld  an  die  Frau  bewerkstelligen.  Nun  schuldet  eine  Frau 
einem  Manne  eine  Mine  (100  Denare;,  die  er  zu  diesem  Zwecke 
verwenden  will.  Er  kann  dies  in  zweierlei  Weise  tun:  1.  Er  erläßt 
die  ganze  Schuld,  2.  er  stundet  bloß  die  Schuld.  Man  möchte  nun 
meinen,  daß  die  Angelobung  im  ersten  Falle  eher  rechtskräftig 
wird,  als  im  zweiten  Falle.  Abaje  überrascht  nun  seine  Schule, 
indem  er  vor  ihr  das  »gerade  Gegenteil  vorträgt:  im  1.  Fall  ist 
die  Angelobung  ungültig,  denn  mit  einem  Darlehen  kann  man  die 
Angelobuna-  nicht  bewerkstelligen,  im  2.  Fall  dagegen  ist  sie  trültig, 
denn  die  Frau  wäre  ja  gerne  bereit,  einem  Dritten  eine  Peruta  zu 
geben,   damit  er  ihren   Gläubiger  zu  einem  Moratorium   bewege, 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  203 

sie  erhält  also  ein  Verlobungsgeld  (Kidduschin  6^  tt'tpi^n  ":s*  nns* 
n5mp!i:  m"?^  nxjnr  ntrmpü  rt:'a  m'^^n).  So  nach  Raschi.  R.  Tarn  meint, 
es  handle  sich  hier  um  einen  Fall,  wo  der  Mann  einem  Gläubiger 
der  Frau  Geld  gibt,  damit  er  ihren  Zahlungstermin  hinausschiebe. 
Hätte  Abaje  das  gemeint,  hätte  sein  Rechtssatz  nichts  Überraschendes. 
Die  Interpretation  des  R.  Tarn  kann  also  unmöglich  richtig  sein. 
Sie  wäre  es  selbst  dann  nicht,  wenn  die  von  ihm  gemachte  Ein- 
wendung nicht  zu  beheben  wäre,  was  hier  wohl  nicht  der  Fall 
ist,  denn  es  würde  daraus  nur  folgen,  daß  der  Rechtssatz  der 
tosafistischen  Kritik  nicht  standhalt,  nicht  aber,  daß  ihm  ein  anderer 
Sinn  zu  unterlegen  sei.  Im  allgemeinen  möchte  ich  den  folgenden 
Kanon  aufstellen:  Wenn  gegen  die  traditionelle  Interpretation  eines 
talmudischen  Satzes  sachliche  Schwierigkeiten  sich  erheben,  so 
folgt  daraus  noch  lange  nicht,  daß  sie  falsch  sei  und  durch  eine 
andere  ersetzt  werden  müsse. 

Der  Talmud  war  nie  ein  vergessenes  Buch.  Die  Amoräer  sind 
die  unmittelbaren  Nachfolger  und  Fortsetzer  der  Tannaiten,  die 
Saboräer  die  der  Amoräer,  die  Gaonen  die  der  Saboräer.  Es  gab 
keinen  einzigen  Zeitpunkt,  in  welchem  die  lebendige  Überlieferung 
eine  Unterbrechung  und  dadurch  die  Kenntnis  des  Sinnes  eine 
Trübung  erfahren  hätte.  Von  den  Gaonen  kam  die  Kenntnis  des 
Talmuds  über  den  R.  Gerschom  nach  Europa  und  gelangte  in 
gerader  Linie  zu  Raschi,  dessen  Kommentar  demnach  im 
großen  und  ganzen  die  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  sich 
fortpflanzende  babylonische  Interpretation  darstellt.  Die  Tosa- 
fisten,  vorzüglich  R.  Tam,  diese  eindringenden  und  scharf- 
sinnigen Kritiker  des  Talmuds,  haben  nicht  selten  Widersprüche 
aufgedeckt,  Rechtssätze  (Aussprüche,  Mischna-Interpretationen) 
der  Amoräer  erschüttert,  wenn  man  will:  widerlegt  —  folgt 
aber  aus  der  Widerlegung  eines  alten  Ausspruches,  daß  er 
einen  anderen  Sinn  haben  müsse,  als  denjenigen,  in  welchem 
ihn  der  Autor  gebraucht  hatte?  Talmudisch  gesprochen:  Aus 
Tosafoth  Kasche  folgt  nicht,  daß  der  Peschat  anders 
ist  wie  Rasche. 

IIL  Der  Verlobungsring. 

Das  rabbinische  Gesetz  fordert  zur  Bewerkstelligung  des 
Verlöbnisses,  das  den  Hauptakt  der  Eheschließung  bildet,  die  Über- 
reichung von  Geld  oder  Geldeswert  an  die  Braut.  In  talmudischer 
Zeit  gab   der  Bräutigam   gewöhnlich   ein   Geldstück,    nicht    selten 

XI 


204  Dr.  Ludwig  Blau. 

100  Denare,  den  vollen  alten  Brautpreis. ^  Hier  soll  aber  nur  der 
noch  jetzt  übliche  Verlobungsring  historisch  betrachtet  werden. 
DieMischna  erwähnt  als  ,  Wertsache":  eine  Dattel,  einen  Becher  Wein 
(Kidduschin  4«»,  4  8^),  der  babylonische  Talmud:  Myrtenzweig, 
Marmorstein,  Sack  mit  Baumwolle  und  anderes  (Kidduschin  12%  ^, 
vgl.  9%  45%^  und  sonst).  Diese  Dinge  sind  gewiß  nur  ausnahms- 
weise zur  Verwendung  gekommen,  dagegen  dürfte  das  Seidenkleid 
(l'"xn'D),  über  welches  bezüglich  der  Notwendigkeit  der  vorherigen 
(oder  nachherigen)  Schätzung  zwei  Schulhäupter  kontroversieren 
(Kidduschin  7^),  in  Babylonien,  wo  die  Frauen  bei  Hochzeiten  in 
Seidenstaat  zu  erscheinen  pflegten,  häufig  als  Verlöbungsgabe  ge- 
dient haben.  Die  Töchter  Jannais  gaben  sich  nur  mit  drei  Maß 
(Kab)  Golddenaren  zufrieden  (ebenda  11**^),  von  Geschmeide  ist  aber 
nirgends  die  Rede.  Erwähnt  wird  einmal,  daß  eine  Frau  zu.einem 
Goldarbeiter  sagte:  „Verfertige  mir  [aus  meinem  Golde]  Arm- 
bänder, Nasen-  und  Fingerringe,  dann  will  ich  dir  dafür  verlobt 
sein,2  daß  aber  der  Bräutigam  ein  Armband  oder  einen  Ring  als 
Angelobung  geschenkt  hätte,  wird  im  Talmud  nicht  gemeldet.  Es 
ist  mir  ein  solches  Beispiel  auch  aus  der  gaonäischen  Literatur 
nicht  bekannt.  Das  gangbare  Verlobungsgeschenk  war  die  Gold- 
und  Silbermünze,  welche  im  Orient  auch  noch  heute  als  „Frauen- 
schmuck"  verwendet  wird. 

Der  erste,  der  den  Verlobungsring  erwähnt,  ist  Jakob  Tarn,  der 
1171  in  Troyes  gestorben  ist.  Er  sagt:  „Es  ist  allgemeine  Sitte,  die 
Trauung  durch  einen  Ring,  der  keinen  Stein  hat  [Reif],  zu  voll- 
ziehen".^ Von  diesem  Zeitpunkte  an  figuriert  bei  den  rabbinischen 
Autoren  als  Trauungsgegenstand  normal  der  Fingerring,  unter 
ihnen  befindet  sich  auch  der  in  Valencia  1:^26  geborene  und  in 
Algier  wirkende  Isak  ben  Schescheth,^  während  Maimuni  (ll.'^ö 
Cordoba  —  1204  Fostat),  der  in  Ägypten  wirkte,  in  seinem  Gesetz- 
buch den  Verlobungsring  nicht  erwähnt.  Sein  Schweigen  ist  beweis- 
kräftig, denn  sonst,  z.  B.  beim  Scheidebrief,  beruft  er  sich  auf 
die  allgemeine  Sitte.  Ischut  7,  18,  wo  er  das  Seidenkleid  des 
Talmuds  durch  den  Ausdruck  „schöne  Kleider,   nach  welchen  die 


1  Kidduschin  8",  60";  Gittin  79"  und  meine  Ausführungen  in  Magyar  Zsido 
Szemle  XXXII,  (1915),  103. 

2  Baraitha  Kidduschin  48";  Baba  Kamma  99',  eine  Kontroverse  zwischen  Meir 
und  den  Weisen:  'I3i  r:"i  n2T  nttmprj  ;Nti'yc  fro  i^  '^.y  tinpxi  mj?2t:i  □»ot:  on'B*  '^  nti'y. 

3  Kidduschin  9"  8ub  sn^Sm :  ]3n  n3  yxc  rr;::;:  cnpS  D^iyn  una  i^'sS.  (Siehe 
weiter  unten  S.  XIV.) 

*  Beth  Josef  Eben  Haezer,  Kap.  27;  Simon  b.  Z.  Duran,  Kap.  31,  Anf. 

XII 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  205 

Frau  Verlangen  trägt'  ersetzt,  wäre  es  am  Platze  gewesen,  der 
Schmucksachen,  zumal  des  Ringes  Erwähnung  zu  tun,  wenn  dieser 
bei  den  orientalischen  Juden  als  Verlobungsgegenstand  gebraucht 
worden  wäre.^  Das  Schweigen  der  Orientalen,  wo  die  Europäer 
reden,  ist  ein  Mitbeweis,  daß  die  Juden  den  „Trauring"  euro- 
päischer Sitte  entlehnten.  Zu  dem  Schweigen  des  Talmuds,  der 
Gaonen  und  der  orientalischen  Rabbiner  gesellt  sich  die  Un- 
stimmigkeit der  Halacha  über  diesen  Punkt,  worauf  ich  noch  zurück- 
komme. Während  ich  dies  schreibe,  stehen  mir  die  einschlägigen 
Werke  über  die  Eheschließung  im  Mittelalter  nicht  zur  Verfügung, 
doch  kann  ich  aus  einem  volkstümlichen  Buche  einige  Daten  bei 
bringen,  welche  den  europäischen  Ursprung  des  Trauringes  beweisen. 
Es  sind  im  ganzen  nur  einige  Angaben,  die  ich  Ed.  Ottos  „Deutsches 
Frauenleben  im  Wandel  der  Jahrhunderte"  (2.  Aufl.,  Leipzig  1909. 
Aus  Natur  und  Geisteswelt  Nr.  45)  entnehme,  sie  dürften  indes 
für  unseren  Zweck  genügen. 

In  dem  lateinischen  Gedicht  „Rudlieb",  das  ein  Geistlicher 
aus  Tegernsee  um  1030  verfaßt  hat,  findet  sich  die  Schilderung 
einer  Hochzeit,  in  welcher  die  folgende  Stelle  vorkommt: 

„Der  Bräutigam  zieht  das  Schwert  und  wischt's  am  Hut, 
steckt  an  das  Heft  den  goldenen  Ehering  und  beut  ihn  der 
Braut,-  indem  er  spricht:  'Wie  dieser  Ring  den  Finger  rund  um- 
schließt, verpflicht'  ich  dich  zu  fester  ew'ger  Treue,  die  du  mir 
hältst  bei  Strafe  deines  Lebens'."  Nachdem  auch  der  Bräutigam 
Treue  versprochen,  schließen  sie  die  Ehe.  ,Es  freuen  sich  Alt' 
und  Junge;  alle  stimmen  die  Hochzeitsgesänge  an  und  loben  Gott." 
Rudlieb  schenkt  dem  Bräutigam  einen  Mantel  von  Pelz,  „der  Braut 
drei  Spangen,  Zierde  für  die  Brust,  vier  Ringe  für  die  Arme, 
drei  Fingerreife,  auch  mit  Edelsteinen"-  (S.  51). 

„Die  gewöhnliche  Form  der  Verlobung  ist  Eid  und  Hand- 
schlag. Das  Handgeld  („Goldschilling  und  Silberpfennig")  .  .  .  emp- 
fängt die  Braut,  und  zwar  meistens  in  Gestalt  eines  Ringes.  Ein 
Ringwechsel  findet  nicht  statt,  sondern  der  Bräutigam  gibt  den 
Ring  an  die  Braut  und  vollzieht  hiedurch  den  bindenden  Ab- 
schluß des  Verlobungsvertrages:  „Ist  der  Finger  beringt,  ist  die 
Jungfrau  bedingt"  (S.  48). 


1  Maimunis  „Schildknappen"  mißverstehen  den  Satz  ünh  n;Knr;j  ntrNntr, 
wenn  sie  ihn  als  gegen  Edelsteine  und  Perlen  gerichtet  auffassen.  Maimuni 
erwähnte  die  letzteren  darum  nicht,  weil  sie  als  Verlobungsgeschenk  nicht 
üblich  waren. 

2  Von  mir  gesperrt. 

XIII 


206  Dr.  Ludwig  Blau. 

Wir  sehen  hier,  daß  der  Brautring  symbolische  Bedeutung 
hat  und  mit  dem  Akt  der  Eheschließung  enge  zusammenhängt. 
Da  die  Edelsteine  des  Ringes  eigens  hervorgehoben  werden,  wird 
der  „Goldring"'  einen  solchen  bezeichnen,  in  welchem  kein  Edel- 
stein eingefaßt  ist.  Übrigens  versteht  sich  dies  beim  Volk  ohnehin 
von  selbst.  Die  Juden  übernahmen  nun  die  Landessitte  ohne  jeden 
Skrupel,  da  sie  mit  dem  jüdischen  Gesetz  vortrefflich  überein- 
stimmte. Sie  kam  von  den  Franken  zu  den  Germanen,  sie  wird 
also  bei  den  Juden  in  der  Champagne,  der  Heimat  Jakob  Tams, 
noch  früher  Eingang  gefunden  haben  als  bei  den  deutschen  Juden. 
Der  Ursprung  der  Sitte,  wenn  man  sich  dessen  überhaupt  jemals 
bewußt  war,  war  im  12.  Jahrhundert  längst  vergessen  und  es  ist 
begreiflich,  daß  Jakob  Tarn,  der  im  Talmud  lebte  und  webte,  für 
die  Ausschließung  des  Edelsteins  beim  Brautring  eine  rabbinisch- 
gesetzliche  Begründung  suchte.  Sie  lautet  wie  folgt: 

Bei  einem  Seidenkleid  muß  der  Wert  nicht  durch  Schätzung 
festgestellt  werden,  weil  dessen  Wert  beiläufig  bekannt  ist  und 
große  Irrtümer  dabei  nicht  vorzukommen  pflegen,  während  bei 
Edelsteinen  und  Perlen,  unter  denen  es  geringwertige  gibt,  wobei 
irrtümliche  Schätzungen  häufig  und  bedeutend  sind,  der  wirkliche 
Wert  genau  festgestellt  werden  muß,  weil  die  Frau  sonst  nicht 
einwilligt.  Daher  stammt  die  allgemeine  Sitte,  bei  der  Ver- 
lobung nur  einen  solchen  Ring  zu  verwenden,  in  welchem 
kein  Stein  eingefaßt  ist.^ 

Nun  verweist  dagegen  schon  Jakob  Tarn  selbst  auf  zwei  im 
Talmud  2  erwähnte  Fälle,  wo  Steine  das  Verlobungsgeschenk  bil- 
deten und  zwingt  sich  zu  einer  Unterscheidung  zwischen  Stein 
und  Stein,  wonach  gerade  Edelsteine  ausgeschlossen  wären.  Das 
Gegenargument  verliert  nichts  von  seiner  Kraft,  weil  es  schon  der 
Autor  selbst  vorgebracht  hat  Die  Sitte,  lediglich  einen  Reifen  zu 
geben,  hatte  so  tiefe  Wurzeln  geschlagen,  daß  man  den  Stein  aus 
dem  Verlobungsringe  entfernte.  Ascher  ben  Jechiel  (RASch),  die 
größte  rabbinische  Autorität  am  Anfang  des  14.  Jahrhunderts, 
findet   für    diese   Sitte    gar   keine  Begründung.    „Warum    entfernt 

1  Kidduscbin  9'  sub.  xnj'jm:  pN  na  pxB'  nyataa  npS  aSi^'n  un:  id'dS. 

2  Kidduscbin  12'  N^nn  '>:ii<  eine  Art  Marmor.  Ebenda  48'':  i^E'O  lai:  n^  q'Din. 
Über  die  Etymologie  von  -[SU  siehe  Aruch  (Edelstein),  Levy  III,  420  (Hinzu- 
gefügtes), Fleisclier  zu  Levy  S.  718  (verwirft  beide).  Sachlich  paßt  hier  nur 
„Edelstein",  da  von  Armbändern,  Nasen-  und  Fingerringen  die  Rede  ist,  welche 
die  Frau  sich  aus  ihrem  eigenen  Metall  anfertigen  läßt,  zu  dem  der  Gold- 
arbeiter etwas  von  seinem  eigenen  hinzufügt.  Keinesfalls  ist  aus  der  „Zugabe" 
der  Edelstein  ausgeschlossen. 

XIV 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  207 

man   den  Stein   vom  Ring  ....  man  gibt  ja   den  Wert  des  Trau 
ringes  gar  nicht  an",   folglich  kann  diesbezüglich  von   einem  Irr- 
tum gar  nicht  die   Rede   sein?^    Er   kennt  weder    für  den   allge- 
meinen Gebrauch  des  Ringes  noch  für  die  Entfernung  des  Steines 
aus  demselben  eine  rabbinische  Begründung. 

Gegen  das  unbestrittene  rabbinische  Gesetz,  wonach  die  Ver- 
lobung durch  Übergabe  der  geringsten  Münze  oder  eines  solchen 
Gegenstandes  an  die  Braut  zustande  kommt,  erlangte  der  Braut- 
ring die  Alleinherrschaft  in  dem  Maße,  daß  man  sich  gegebenenfalls 
zu  diesem  Zwecke  den  Ring  eigens  entlieh.  Isak  ben  Abba  Mari 
(geboren  in  der  Provence  um  1122),  Freund  und  Korrespondent 
Jakob  Tams,  meldet,  daß  über  die  Frage  der  „Angelobung  durch 
einen  entliehenen  Ring''^  die  Meinungen  geteilt  sind,  er  entscheidet 
aber  dagegen.  Daß  eine  solche  Sitte  aufkommen  konnte,  ist  um  so 
auffallender,  weil  nach  rabbinischem  Recht,  wie  erwähnt,  jeder 
beliebige  Gegenstand  zulässig  ist,  folglich  eine  Nötigung  zur  Ent- 
leihung überhaupt  nicht  vorlag,  ja  dem  Gesetz  gerade  widersprach, 
da  doch  der  Verlobungsgegenstand  ein  Geschenk  sein  muß.  Der 
Talmud,  der  die  praktischen  Fälle  der  Verlobung  diskutiert,  er- 
wähnt den  Fall  von  „Verlobung  durch  eine  entliehene  Sache" 
überhaupt  nicht  und  ein  solcher  wird  auch  von  Maimuni  nicht 
berücksichtigt.  Nichtsdestoweniger  blühte  diese  Gepflogenheit  in 
deutschen  Landen.  Baruch  von  Mainz  (starb  1221)  mißbilligt  noch  die 
Sitte  mancher  Leute,  bei  der  Verlobung  einen  entliehenen  Ring 
zu  verwenden,  seine  Autorität  konnte  es  indessen  nicht  verhindern, 
daß  diese  Sitte  rund  100  Jahre  später  schon  eine  allgemeine  wurde, 
so  daß  der  bereits  genannte  Ascher  ben  Jechiel,  der  von  Deutsch- 
land nach  Toledo  ausgewanderte  Rabbiner,  in  seinem  Gesetzes- 
kompendium dieser  Gepflogenheit  ein  umfangreiches  Kapitel  widmet, 
das  mit  den  Worten  beginnt: 

„Da  ich  in  Deutschland  gesehen  habe,  daß  man  die  Ver- 
lobung mit  einem  entliehenen  Ring  zu  vollziehen  pflegt,  will  ich 
untersuchen,  woher  diese  Sitte  zu  ihnen  kam."^ 


1  Tur  Eben  Haezer,  Kap.  31,  Anf. :  cSiyn  i-^ri:  nraS  KOVt:  'Kn  '^  Ninn  xS  in'Oi 
ny^'jS  H!2)C  nrh  i-n  ;\si  sop  H:^"<hh  whs  Kh  im  So3  pna«  xm  nyscn  p  ]2nn  vonh 
]^K*np  h^.  Siehe  Beth  Josef  zur  Stelle. 

'  nhtHV  nv2U2  ^tpon. 

5  Halachoth  zu  Kidduschin  I,  Kap.  20,  wo  auch  die  von  uns  genannten 
Autoren  angeführt  werden.  Siehe  auch  dessen  Rabbinische  Gutachten  Nr.  36 
(ediiio  princeps,  sonst  zitiert  man  Nr.  3.ö),  wo  die  eigene  Tochlor  einer  Witwe 
dem  Bräutig;im  ilirer  Mutter  den  Ring  geliehen  hatte,  fern'>r  Tur  Eben  Haezer, 
Kap.  28,  gegen  Ende,  und  Beth  Josef  daselbst. 

XV 


208  Dr.  Ludwig  Blau. 

Er  wendet  viel  Scharfsinn  und  Gelehrsamkeit  auf,  um  die 
Gültigkeit  einer  solchen  Verlobung  zu  rechtfertigen,  versucht  aber 
gar  nicht,  das  Aufkommen  der  Sitte  zu  begründen,  was  schon  in 
Anbetracht  der  Einschränkungen,  die  er  selbst  macht,  am  Platze 
gewesen  wäre.  Sowohl  die  älteren  Autoren  (etwa  von  1150  an), 
wie  auch  Ascher  und  spätere  sprechen  lediglich  von  der  , Ge- 
pflogenheit der  Leute"  (linj),  nicht  aber  von  einer  rabbinischen 
Verordnung.  Eine  solche  kennen  sie  nicht,  sie  haben  hiefür  auch 
keinen  Anhaltspunkt  aus  dem  Talmud^  auf  den  sich  zu  berufen  sie 
gewiß  nicht  unterlassen  hätten.  Während  der  Talmud  die  Frage 
behandelt,  ob  die  Verlobung  zustande  gekommen  ist,  wenn  der 
Mann  der  Frau  einen  geraubten  (sich  unrechtmäßig  angeeigneten) 
Gegenstand  als  Verlobungsgeschenk  übergeben  hatte,i  faßt  er 
die  Möglichkeit  der  Übergabe  einer  entliehenen  Sache  gar.  nicht 
ins  Auge,  weil  dies  mit  einer  Schenkung  unvereinbar  und  daher 
auch  nie  vorgekommen  ist.  Das  ganze  „Vorgehen  der  Leute"  kann 
nur  daraus  erklärt  werden,  daß  einerseits  der  ursprüngliche  Be- 
griff der  Schenkung  sich  vollständig  verflüchtigt  und  anderseits' 
sich  die  Vorstellung  festgesetzt  hatte,  daß  der  Akt  der  Eheschließung 
(Verlobung,  Trauung)  nur  durch  das  Anstecken  eines  Ringes  an 
den  Finger  der  Braut  bewerkstelligt  werden  könne.  Hat  sich  ein- 
mal eine  solche  Vorstellung  durch  lange  Übung  des  Aktes  heraus- 
gebildet, geht  der  ursprüngliche  Sinn  der  „ Verl obungs gäbe"  ver- 
loren und  wandelt  sich  in  den  der  „Antrauung  durch  den  Ring", 
gleichviel  ob  der  Ring  ein  eigener  oder  ein  entliehener  ist.  In 
Ermanglung  eines  eigenen  Ringes  griff  man  zu  einem  fremden, 
wie  man  auch  beim  Fehlen  eines  Goldringes  zu  einem  vergoldeten, 
ja  sogar  zu  einem  Messingring  die  Zuflucht  nahm,  was  dann  gleich- 
falls zu  halachischen  Erwägungen  Anlaß  gibt.  Die  Kodifikatoren, 
die  vom  Talmud  abhängig  sind,  fixieren  noch,  wenn  auch  in  mehr 
juridischer  Form,  die  vom  Talmud  erwähnten  Verlobungsgaben, 
wo  aber  von  wirklichen,  praktischen  Fällen  die  Rede  ist,  erscheint 
ausschließlich  der  Ring,  und  zwar,  soweit  ich  sehe,  im  Hochmittel- 
alter nur  in  Europa,  was  die  Einwirkung  der  Umwelt  auf  die 
franko-germanischen  Juden  in  diesem  Punkte  außer  jeden  Zweifel 
setzt.  Bemerkenswert  ist  auch  die  Tatsache,  daß  nur  die  jüdische 
Trauung  die  alte  allgemeine  Sitte  bis  auf  den  heutigen  Tag  rein 
bewahrt  hat,  während  die  nichtjüdische  Welt  zum  „Ringwechsel" 
übergegangen  ist. 


1  Kidduschin  13"  DDnai  Sn2  ncnp.  Siehe  Talmud  daselbst  und  Ascher  a.  a.  0. 

XVI 


Zur  Geschichte  des  jüdischen  Eherechts.  209 

Nach  altjüdischer  Sitte  zerfiel  die  Eheschließung  in  zwei 
zeitlich  getrennte  Akte,  in  den  dar  Verlobung  (j'crK),  welcher 
durch  Überreichung  der  Verlobungsgabe  (p^np)  und  in  den  der 
Hochzeit  (pxir:),  welcher  durch  die  Heimführung  (nein)  bewerk- 
stelligt wurde.  Dies  gilt  für  das  Mittelalter  in  Europa  nicht  mehr; 
soweit  es  für  uns  sichtbar  ist,  finden  wir  schon  die  zwei  Akte  in  der 
„Trauung"  vereinigt.  Die  Namen  leben  noch,  merkwürdigerweise 
in  umgekehrter  Reihenfolge,  nämlich  \']:;Mp',  nein  (weil  der  Trau- 
himmel vor  dem  Akt  der  Kidduschin  betreten  wird,  oder  noch 
wahrscheinlicher,  weil  die  Trauungsbenediktion  mit  diesen  Worten 
endet),  aber  eherechtlich  hat  die  Verlobung  keine  bindende  Kraft 
mehr.  In  der  „Trauung",  sowohl  in  der  Vereinigung  der  beiden 
Akte  der  Eheschließung,  wie  auch  in  der  Sitte,  diesen  Akt  im  Vor- 
hof der  Synagoge  durch  den  Rabbiner  vornehmen  zu  lassen,  liegt 
Angleichung  an  allgemein  herrschende  Sitte  vor,  welche  mit  der 
Einehe,  die  durch  die  bekannte  Verordnung  R.  Gerschoms  sicherlich 
legalisiert  (nicht  erst  eingeführt)  wurde,  eingesetzt  haben  wird. 
Merkwürdige  Beispiele  für  die  Anpassungsfähigkeit  des  jüdischen 
Volkes,  wie   für   die   Schmiegsamkeit   des  rabbinischen   Gesetzes.^ 


'  Über  diese  Fragen   soll  an  anderer  Stelle  noch   ausführlich   gehandelt 
werden. 


Festschrift.  14 

XVII 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei  im  taliimdischen 
und  römischen  Rechte/ 

Von  Lektor  Dr.  Simon  Rnbin,  Wien. 

Einleitung. 
I. 

Die  Sklaverei  wird  in  der  Bibel  als  ein  von  altersher  be- 
stehender Rechtszustand  akzeptiert.  Schon  die  Patriarchen  hatten 
Sklaven  und  Sklavinnen.  Abraham  wird  vom  ägyptischen  König 
beschenkt  und  er  besitzt  „Kleinvieh,  Rindvieh,  Esel,  Sklaven, 
Sklavinnen,  Eselinnen  und  Kamele"  (I.  B.  M.  12,  16),  Die  Sklaverei 
scheint  schon  damals  eine  alte  Institution  gewesen  zu  sein.  Schon 
damals  hat  es  Sklaven  gegeben,  die  zu  Macht  gelangt  waren,  wie 
Elieser,  der  Sklave  Abrahams,  welcher  Hausverwalter  war  und 
sogar  präsumtiver  Erbe,  solange  Abraham  keine  Kinder  hatte 
(I.  B.  M.  15,  3),  Das  hohe  Alter  dieser  Institution,  die  im  Corpus 
iuris  auf  das  „ius  gentium"  zurückgeführt  wird,  beweist  die  Er- 
zählung in  der  Bibel,  daß  Noah,  der  zweite  Vater  des  Menschen- 
geschlechtes, seinem  Sohne  Cham,  dem  Vater  Kanaans,  mit  der 
Sklaverei  geflucht  habe  (I.  B.  M.  9,  25—27).  Daraus  scheint  die 
Bibel  die  moralische  Berechtigung  der  Sklaverei  ableiten  zu 
wollen. 

In  ein  neues  Stadium  tritt  die  Sklaverei  mit  der  mosaischen 
Gesetzgebung.  Im  Gesetze  Mosis  wird  der  Israelit  von  der  Sklaverei 


1  Vorliegende  Abhandlung  bildet  das  erste  Kapitel  einer  größeren  für  den 
Druck  bereitliegenden  Arbeit,  deren  Veröffentlichung  durch  die  Ungunst  der  Zeit 
verschoben  werden  mußte.  Ich  übergebe  hier  dieses  Kapitel  samt  der  Einleitung 
unverändert  der  Öffentlichkeit  in  der  Hoffnung,  auch  die  übrigen  Kapitel  bald 
veröffentlichen  zu  können.  Dem  ausdrücklichen  Wunsche  von  Fachleuten  ent- 
sprechend habe  ich  alle  Belegstellen  übersetzt,  damit  sie  auch  Nichttalmudisten 
benützen  können.  Der  Verfasser. 

14* 
I 


212  .Dr.  Simon  Kubin. 

gänzlich  ausgeschlossen.  Er  kann  nicht  auf  ewig  verkauft  werden 
und  darf  auch  nicht  während  der  Dienstzeit  zur  harten  Sklaven- 
arbeit angehalten  werden  (IL  B.  M.  21,  2;  III.  B.  M.  25,  39—43; 
V.  B,  M.  15,  12).  Daher  gibt  es  seit  der  mosaischen  Gesetzgebung 
einen  Unterschied  zwischen  einem  gekauften  Israeliten  und  einem 
gekauften  Nichtisraeliten.  Während  der  Nichtisraelite  ewig  dienen 
und  Sklavenarbeit  leisten  muß,  kann  der  Israelit  nur  auf  eine 
bestimmte  Zeit  gekauft  und  zu  keiner  Sklavenarbeit  gezwungen 
werden.  Wohl  wird  auch  der  gekaufte  Israelit  mit  dem  Aus- 
drucke „nny"  bezeichnet,  und  zwar  mit  „nar -inr"  (II.  B.  M.  21,  2) 
„hebräischer  idj?"  zum  Unterschiede  vom  Nichtisraeliten,  der  mit 
„nnr*  schlechthin  bezeichnet  wird,  allein  das  Wort  „nnr",  auf  den 
Israeliten  bezogen,  darf  nicht  mit  „Sklave"  übersetzt  werden, 
weil  der  Israelit  sehr  wenig  vom  Sklaven  an  sich  hat.  Die 
Mischnah  bezeichnet  den  erworbenen  Nichtisraeliten  mit  dem  Aus- 
drucke „':r35  inr"  „kanaanitischer  ^nr"  (Kidduschin  I,  3),  angeblich 
(Raschi  Kidduschin  22^)  auf  den  Fluch  hinweisend,  mit  dem  Noah^ 
wie  oben  erwähnt,  seinen  Sohn  Cham,  den  Vater  Kanaans,  belegt 
hatte,  demzufolge  jeder  Sklave  als  „kanaanitischer  -ay"  bezeichnet 
wird.  Da  nun  der  „hebräische  n^y"  kein  Sklave  ist,  so  muß  er 
an  anderer  Stelle  behandelt  werden,  während  hier  nur  vom  er- 
worbenen Nichtisraeliten  die  Rede  sein  wird. 

Aber  auch  der  erworbene  Nichtisraelite,  also  der  Sklave,  er- 
hält mit  der  Gesetzgebung  Mosis  eine  günstigere  Stellung.  Durch 
die  Bestimmung,  daß  der  Sklave,  dem  sein  Herr  eines  seiner 
Glieder  verstümmelt  hat,  ipso  iure  die  Freiheit  erlangt  (§  31)  und 
durch  die  strenge  Strafe,  die  der  Herr,  welcher  seinen  Sklaven 
getötet  hat,  erleidet  —  Enthauptung  nach  talmudischer  Auffassung 
(§  19)  —  wird  der  Sklave  in  die  Kategorie  der  Rechtspersonen 
gerückt,  obwohl  er  auch  nach  talmudischem  Rechte  in  vielen  Be- 
ziehungen als  Rechtsobjekt  gilt  (§  12  u.  f.).  Die  spärlichen  Sklaven- 
gesetze der  Bibel  haben  sich  erst  im  Laufe  der  Zeit  durch  den 
Zwang  des  Lebens  und  durch  den  Einfluß  der  Gesetze  derjenigen 
Völker,  mit  welchen  die  Israeliten  in  Berührung  kamen,  zu  der 
Vollkommenheit,  in  der  sie  uns  im  Talmud  erscheinen,  entwickelt 
und  entfaltet. 

IL 

Unter  den  Rechtssystemen  der  Völker,  mit  denen  die  Juden 
in  Berührung  kamen,  ist  das  römische  Recht  dasjenige,  dessen 
Einfluß    auf   das  Sklavenrecht  im  Talmud  unverkennbar  ist.    Das 

II 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  213 

darf  nicht  wundernehmen,  wenn  man  bedenkt,  daß  Mischnah  und 
Baraitha,  worauf  der  Talmud  basiert,  nicht  in  Babylonien,  sondern 
in  Palästina  entstanden  sind  und  daß  die  meisten  der  berühmten 
Amoräer  entweder  Palästinenser  waren,  wie  Rabbi  Jochanan, 
R.  Simon  ben  Lakisch  u.  m,  a.,  oder  Babylonier,  die  in  Palästina 
ihre  Ausbildung  genossen  hatten,  wie  Rab,  Samuel  usw.  Daß  aber 
in  Palästina,  das  eine  römische  Provinz  war,  römische  Rechtssätze 
bekannt  waren,  wird  niemand  ernstlich  bezweifeln  wollen.  Freilich 
lateinische  Termini  kommen  auch  im  Sklavenrechte,  wenn  wir 
von  der  Vindicta  (§  31)  absehen,  nicht  vor.  Allein,  was  man  auf 
einen  Terminus  zu  geben  hat,  beweist  am  besten  das  Wort  „"^innis", 
das  ein  griechischer  Name  für  ein  Dokument  ist,  das  die  Auf- 
hebung der  Schulden  durch  das  mosaische  Erlaßjahr  verhindern 
soll  und  welches  sich  als  eine  rein  jüdische  Institution  darstellt 
(Schebiith  X,  3).  Es  kommt  eben  auf  den  Geist  und  auf  die  Ent- 
wicklung der  Institution  an,  und  da  ist  der  römische  Einfluß 
unbestreitbar.  Gewiß  hat  Jost  mit  seiner  Behauptung,  daß  die 
Rabbinnen  manche  Institution  „aus  älteren  römischen  Quellen  fast 
abgeschrieben"  hätten  (Jost,  Geschichte  der  Israeliten  IV,  S.  240), 
unrecht,  denn  die  Talmudlehrer  waren  keine  gedankenlosen  Ab- 
schreiber. Aber  auch  Frankeis  Behauptung  in  bezug  auf  das 
talmudische  und  römische  Recht,  ,daß  nicht  eine  Rechtslehre  von 
der  anderen  abgeholt"  wurde  (Frankel,  Der  gerichtliche  Beweis  S.  58), 
der  auch  Grätz  (Bd.  IV,  S.  222)  folgt,  erweist  sich  als  unrichtig. 
Wir  werden  in  den  folgenden  Teilen  des  talmudischen  Rechtes 
oft  Gelegenheit  haben,  auf  diesen  Punkt  zurückzukommen,  und 
möchten  hier  nicht  vorgreifen.  Aber  eines  kann  schon  hier  als 
sichergestellt  gelten,  daß  die  Talmudlehrer,  obwohl  sie  in  vielen 
Institutionen  ihre  eigenen  Wege  gingen,  doch  wieder  in  manchen 
anderen  römische  Prinzipien  akzeptierten,  und  zwar  nicht  als  ge- 
dankenlose Nachbeter,  sondern  indem  sie  sie  als  selbständige  Denker 
in  ihrer  Weise  verarbeiteten.  Das  erhellt  aus  der  Institution  der  „un- 
vollständigen Freilassungen"  (§31),  die,  wie  dort  nachgewiesen,  nur 
infolge  römischen  Einflusses  entstanden  sein  kann.  Dasselbe  er- 
hellt auch  aus  der  „fideicommissaria  libertas"  (§  34),  bezüglich 
deren  Rabbi  Jochanan  einen  Lehrsatz  des  Ulpian  im  Lehrhause 
zur  Diskussion  bringt.  Alle  diese  Talmud])artien  sind  nur  nach 
einem  gründlichen  Studium  des  römischen  Rechtes  verständlich. 
Aber  nicht  nur  für  diejenigen  Teile  des  talmudischen  Rechtes, 
die  mit  dem  römischen  Rechte  übereinstimmen,  ist  das  Studium 
des    römischen  Rechtes   notwendig,    sondern    auch    für  diejenigen 

in 


214  Dr.  Simon  Rubin. 

Teile,  die  eine  absichtliche  Ablehnung  römischer  Lehrsätze  ent- 
halten (vgl.  S.  XII  Anmerkung),  weil  dadurch  erst  recht  der  Sinn 
der  talmudischen  Lehrsätze  klar  vor  Augen  tritt. 

III. 

Anderseits  erhellt  aus  dieser  Arbeit,  welchen  Nutzen  jeder 
Romanist  aus  einem  gründlichen  Talmudstudium  ziehen  kann.  So 
ist  die  „manumissio  vindicta",  die  „dem  syrischen  Rechtsbuche 
in  der  Londoner  Handschrift  vollständig  fremd  ist"  (Mitteis, 
Reichsrecht  .  .  .  S.  380)  durch  den  palästinensischen  Talmud  für 
die  römischen  Provinzen  gesichert  (§31  und  Anmerkung).  Ebenso 
ist  eine  „manumissio  per  pileum",  die  Sohm  (Institutionen  S.  169  n) 
annimmt,  Wlassak  aber  (Savigny-Zeitschrift,  Bd.  28)  bezweifelt, 
durch  dieselbe  Talmudstelle  bewiesen.  Ebenso  läßt  sich  von  den 
unvollständigen  Freilassungen  im  Talmud  (§  31)  durch  einen 
Rückschluß  auf  das  römische  Recht,  von  dem  sie  stammen,  ein 
Beweis  für  die  Theorie  von  der  Formlosigkeit  der  prätorischen 
Manumissionen  gegen  Wlassak  (Savigny-Zeitschrift,  Bd.  26)  an- 
führen (vgl.  §  31).  Selbst  ein  direkter  Einfluß  der  Mischnah  auf 
das  römische  Recht  konnte  (§  33)  festgestellt  werden.  Sollte  es 
dem  Verfasser  gelingen,  durch  diese  Arbeit  die  Aufmerksamkeit 
der  Romanisten  auf  das  talmudische  Recht  zu  lenken,  so  würde 
er  schon  das  als  reichen  Lohn  betrachten. 

Von  meinen  Vorgängern  bin  ich  in  den  meisten  Punkten  ab- 
gewichen. Das  ist  begreiflich,  da  bei  ihnen  auf  eine  historische 
Entwicklung  der  talmudischen  Institutionen  und  deren  Vergleichung 
mit  dem  römischen  Rechte  gar  nicht  eingegangen  wird. 


Zum  Schlüsse  fühle  ich  mich  gedrängt,  Herrn  Dr.  Stanislaus 
Pineles,  Dozenten  für  das  reimische  Recht  an  der  Universität  Wien, 
meinen  wärmsten  Dank  auszusprechen  für  das  Interesse,  das  er 
meinen  Studien  entgegenbrachte  und  für  die  Fingerzeige,  die  er 
mir  gab. 


IV 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  215 

Die  Sklaverei. 
Kapitel  I.  Die  Erwerbung  von  Sklaven. 

§  1.  Wie  wird  man  Sklave? 

Sklave  wird  man  nach  talmudischem  Rechte  entweder  durch 
Geburt  oder  durch  Kriegsgefangenschaft  oder  durch  Selbstverkauf. 

Und  zwar  werden  alle  drei  Arten  schon  in  der  Bibel  erwähnt. 
Anläßlich  des  Beschneidungsgebotes  an  Abraham  (I.  B.  M.  17, 12  — 13) 
heißt  es,  daß  Hausgeborene,  wie  auch  um  Geld  Gekaufte,  beschnitten 
werden  müssen.  Und  in  Leviticus  (Kap.  22,  11),  wo  von  den  Per- 
sonen gesprochen  wird,  die  Heiliges  verzehren  dürfen,  heißt  es, 
„wenn  ein  Priester  jemanden  kauft,  so  kann  derselbe  es  essen, 
ebenso  kann  sein  Hausgeborener  sein  Brot  verzehren".  Wir  sehen 
hier  sowohl  in  der  vormosaischen,  wie  auch  in  der  nachmosaischen 
Zeit  gekaufte  und  hausgeborene  Sklaven. ^  Allerdings  ist  aus  diesen 
Stellen  nicht  zu  schließen,  daß  auch  ein  freier  Mann  durch  Selbst- 
verkauf Sklave  werden  kann.  Allein  in  Leviticus  (Kap.  25,  44 — 46) 
heißt  es  „Knecht  und  Magd,  die  dein  Eigentum  bilden,  kannst  du 
von  den  Völkern,  die  um  Euch  herum  wohnen,  kaufen.  Auch  von 
den  Kindern  der  Geduldeten,  die  bei  Euch  wohnen,  könnt  Ihr 
kaufen  und  von  ihrer  Familie,  die  bei  Euch  ist,  die  sie  nämlich 
in  Eurem  Lande  gezeugt,  die  können  Euer  Eigentum  bleiben.  Ihr 
könnt  sie  Euren  Kindern  als  Erbgut  hinterlassen,  ewig  könnt  Ihr 
mit  ihnen  arbeiten". 

Daraus  folgt,  daß  auch  ein  freier  Nichtisraelit  durch  Selbst- 
verkauf Sklave  werden  kann.  Hier  wird  zwar  der  Hausgeborene 
nicht  ausdrücklich  erwähnt,  er  ist  aber  in  den  Worten  „,-i:nN  nrnS'' 
enthalten.  Denn  beim  Erbgut  gehören  ja  auch  die  Früchte  dem 
Eigentümer. 

Was  die  Kriegsgefangenschaft  betrifft,  heißt  es  im  IV.  B.  M.  31, 
wo  vom  Kriege  gegen  Midjan  berichtet  wird,  daß  die  Israeliten 
die  Gefangenen  unter  sich  verteilten. 

Anders  verhält  sich  die  Sache  im  römischen  Rechte.  Die  regel- 
mäßigen Quellen  der  Sklaverei  sind  hier  nur  Kriegsgefangenschaft 
und  Geburt.  Selbstverkauf  ist  auch  dem  Peregrinen  verboten.  Hat 
sich  jemand  trotzdem  verkauft,  ist   der  Handel  null  und  nichtig.- 


*  Auch  die  Griechen  teilten  die  Sklaven  in  Gekaufte  und  Ilausgeborene 
ein.  Vgl.  Mittel»,   Reiclisrocht  und  Volksrecht  S.  30. 

-  Mitteis,  ibid.  S  .301;  ferner  L.  37,  D.  40,  12:  „Conventio  privata  neque 
sprvum  queinquam  nequo  libertum  alicuius  facere  potest." 


216  Dr.  Simon  Rubin. 

Nur  wenn  jemand,  der  alter  als  zwanzig  Jahre  ist,  um  am 
Kaufpreise  zu  partizipieren,  sich  hat  verkaufen  lasseo,  bleibt  er 
strafweise  Sklave,  falls  der  Käufer  nicht  wußte,  daß  er  einen 
Freien  kauft.  „Servi  autem  in  dominium  nostrum  rediguntur,  aut 
iure  civili  aut  gentium;  iure  civili,  si  quis  se  maior  viginti  annis 
ad  pretium  participandum  venire  passus  est:  iure  gentium  servi 
nostri  sunt,  qui  ab  hostibus  capiuntur  aut  qui  ex  ancillis  nostris 
nascuntur."  „Si  quis  sciens  liberum  emerit,  non  denegatur  vendito 
in  libertatem  proclamatio  adversus  eum  qui  eum  comparavit  .  .  .".i 

§  2.  Die  Arten  der  Erwerbung. 

Auf  dieselbe  Weise,  wie  man  nach  talmudischem  Rechte  Sklave 
wird,  wird  man  auch  jemandes  Eigentum,  nämlich  durch  Geburt, 
Kriegsgefangenschaft  und  Kauf.  Ebenso  geht  nach  römischem 
Rechte  der  Sklave  durch  Kauf  vom  Eigentume  des  einen  in  das 
Eigentum  des  anderen  über,  obwohl  man  nach  dem  römischen 
Rechte  in  der  Regel  nicht  durch  Kauf  Sklave  werden  kann.  Die 
angeführten  Arten  der  Sklavenerwerbung  sind  im  Talmud  ent- 
wickelt und  näher  bestimmt  worden,  wie  folgt: 

§  3.  Geburt. 

Jedes  Neugeborene  einer  Sklavin  wird  eben  dadurch  Sklave 
ihres  Eigentümers.  Dabei  bleibt  es  sich  gleich,  von  wem  sie  das 
Kind  empfangen  hat.  Auch  wenn  der  Vater  ein  Freier  gewesen 
ist,  bleibt  das  Kind  Sklave.-  Hingegen  ist  das  Kind  einer  Israelitin 
Israelit,  mag  auch  der  Vater  Sklave  sein.^  Darin  stimmt  das 
talmudische  Recht  mit  dem  römischen  überein,  nach  welchem  die 
Kinder  einer  Sklavin  Sklaven,  die  Kinder  einer  Freien  oder  auch 
nur  Freigelassenen  hingegen  Freie   sind.^    Daher    kann    man    eine 

1  L.  6  §  1.  D.  de  statu  hominum  I,  5;  ferner  L.  7  §  2.  D.  de  liberali 
causa  40,  12. 

2  Kidduschin  III,  12:  nvHi  nniOD  n^in  \^z"iip  onns  hv  ah)  vh)}  ah  nh  pwc*  'o  Sji 
nn3:i  nnaB*  iht  nr.  „Das  von  einem  Israeliten  empfangene  Kind  derjenigen  Frau, 
die  mit  einem  Israeliten  überhaupt  keine  Ehe  eingehen  kann,  folgt  dem  Stande 
der  Mutter;  wer  ist  damit  gemeint?  das  Kind  einer  Sklavin  und  einer  Nicht- 
jüdin."  Vgl.  Jebamoth  II,  6. 

3  Baraitha  Jebamoth  45":  pynt:*  '21  "iL-^o  ihm  Sxitt"  nn  hv  x^n  myi  n'23n  nmj,' 
m3  truyi  nny  ii-\y  mn^xc  vj^  xS«  nroa  ;»n  ir^i«  mm'  p.  „Das  Kind  einer  Israelitin, 
das  sie  von  einem  NichtJuden  oder  Sklaven  empfangen  hat,  ist  ein  Bastard; 
R.  Simon  ben  Jehuda  meint:  Bastarde  gibt  es  nur  von  blutschänderischem 
Umgänge,  worauf  die  (himmlische)  Ausrottung  gesetzt  ist."  Vgl.  Jeruschalmi 
Kidduschin  III,  14.    In  Jebamoth  1.  c.  wird  die  Norm  wie  R.  Simon  aufgestellt. 

*  L.  6  §  1—3.  D.  de  statu  hominum  I,  5. 

VI 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  217 

schwangere  Sklavin  nicht  derart  befreien,  daß  der  Partus  Sklave 
bleibe,  weil  das  neugeborene  Kind  einer  Freien  oder  Freigelasseneu 
nicht  Sklave  werden  kann.^  Anders  aber  scheint  man  es  mit  der 
Befreiuner  eines  Partus  im  Leibe  einer  Sklavin  gehalten  zu  haben. 
Denn  wir  haben  eine  Baraitha,  welche  sagt,  „wenn  jemand  zu  seiner 
Sklavin  sagt,  du  bleibst  Sklavin,  dein  Partus  hingegen  sei  frei, 
erwirbt  sie  ihm  die  Freiheit,  falls  sie  tatsächlich  schwanger  ist".^ 

§  4.  Kriegsgefangenschaft. 

Jeder  im  Kriege  gefangene  Nichtisraelite  wird  Eigentum  des 
Siegers.3 

§  5.  Kauf. 

Durch  Kauf  erwirbt  man  Sklaven  auf  dieselbe  Weise,  wie 
man  Immobilien  erwirbt.  Der  Kauf  im  talmudischen  Rechte  ist 
keine  Obligation,  wie  im  späteren  römischen  Rechte,^  sondern 
Erwerbskausa,  wie  die  Manzipation  bei  res  mancipii  und  die 
Tradition  bei  res  nee  mancipii  im  alten  römischen  Rechte.  Nur 
teilt  der  Talmud  die  Dinge  in  bezug  auf  deren  Erwerbung  nicht 
wie  das  alte  römische  Recht  in  res  mancipii  und  res  nee  mancipii, 


1  Jeruschalmi  Kidduschin  fol.  60,  Spalte  1  unten:  nav  "I^^^^  jmn  na  ntt  nn 
n)hD  nv;  xS  onnix  a'aom  'h^h^n  'dt  "\  nan  i'0"p  mal.  „Du  seist  frei,  dein  Partus 
aber  Sklave,  so  sind  die  Worte  giltig  nach  der  Meinung  des  R.  Jose  des 
Galiläers,  die  Weisen  hingegen  meinen,  er  habe  nichts  erreicht"  (d.  h.  der  Partus 
ist  auch  frei).  So  korrigiert  und  erklärt  der  Jeruschalmi  diese  Quelle.  Ebenso 
ist  aus  Babli  Kidduschin  69'  und  Temurah  25'',  wo  diese  Quelle  angeführt  wird, 
zu  schließen,  daß  nicht  R.  Jose,  wie  daselbst  angeführt  wird,  sondern  die  Weisen 
es  sind,  die  auch  den  Partus  befreien.  Denn  auf  ihre  angebliche  Ansicht,  daß 
der  Partus  nicht  frei  wird,  folgt  eine  Begründung,  die  gerade  im  Gegenteil 
besagt,  daß  auch  der  Partus  frei  wird.  Der  Talmud  sah  sich  dahor  gezwungen, 
d.ese  Begründung  auf  die  Ansicht  des  R.  Jose  zu  beziehen,  was  aber  ganz 
deplaciert  erscheint,  während  sie  nach  der  Korrektur  des  Jeruschalmi  am  rich- 
tigen Platze  steht.  Selbstverständlich  richtet  sich  die  Norm  nach  der  Majorität. 
Maimonides  Abadim  VII  §  6  und  Schulchan  Aruch  Joreh  Deah  267  §  61  folgen 
der  Version  des  Babli,  wodurch  die  Norm  eine  andere  wird.  Auch  Farbstein, 
Das  Recht  der  unfreien  und  der  freien  Arbeiter.  S.  14,  folgt  kritiklos  der  baby- 
loniEchen  Version. 

'  Gittin  23^  Temurah  25'' :  iS  nnat  mmy  nn'n  d«  jmn  p  inSn  nnets'  nx  ^ir\. 
Diese  Baraitha,  deren  Übersetzung  im  Texte  angeführt  wird,  wurde  von  den 
Amoräern  so  interpretiert,  daß  sie  außer  Norm  gesetzt  wurde.  Vgl.  Rubin,  Der 
nasciturus. 

3  Kidduschin  78:  mnstfSi  nna^'S  'o^h  Tnn.  psm.  „Die  Weisen  fassen  den 
Sinn  der  Worte  (IV.  B.  M.  .'U,  18,  bei  den  Kriegsgefangenen  von  Midjan)  .lasset 
am  Leben  für  Euch'  zu  Sklaven  und  Sklavinnen."  Vgl.  Gittin  38  und  Tossa- 
foth  B.  V.  Sax. 

«  Czyhlarz  Inst.  173. 

VII 


218  Dr.  Simon  Rubin. 

sondern  in  Mobilien  und  Immobilien.  Mobilien  erwirbt  man  ent- 
weder durch  das  Hochheben  des  Gegenstandes  von  seinem  Platze 
oder,  wenn  er  zu  schwer  ist,  um  hochgehoben  zu  werden,  dadurch, 
daß  man  ihn  an  sich  zieht.  Immobilien  hingegen  erwirbt  man 
entweder  durch  die  Übergabe  des  Kaufpreises  oder  durch  den 
Empfang  eines  Verkaufsdokumentes,  in  welchem  die  Worte  ge- 
schrieben stehen,  „mein  Feld"  —  falls  der  Kauf  ein  Feld  betrifft  — 
sei  dir  verkauft,  oder  durch  Besitzergreifung,  indem  der  Käufer 
gewisse  Arbeiten  im  gekauften  Objekte  verrichtet.^  Das  Tausch- 
geschäft, das  in  alter  Zeit  der  vorherrschendste  Erwerbungsakt 
gewesen  ist,*'^  erscheint  zur  Zeit  der  Mischnah,  nach  der  vor- 
herrschenden Meinung  wenigstens,  nur  auf  Mobilien  beschränkt.^ 
Erst  später  erlangt  es  im  babylonischen  Talmud  seine  frühere 
Bedeutung,"*  während  es  im  jerusalemischen  Talmud  tatsächlich  auf 
Mobilien  beschränkt  bleibt.^  Es  ist  nun  charakteristisch,  daß  der 
Sklave  im  Talmud  nicht  zu  den  Mobilien  oder,  richtiger  gesprochen, 


1  Kidduschin  I,  5:  mnnx  onS  j'Ntri  nprnai  itscii  P[D2:i  p3p:  ninnx  onh  v^v  d'Doj 
n^'t^DD  nhn  pjpj  ]'X.  „Güter,  die  als  Sieherstellung  dienen  (Immobilien),  werden 
erworben  entweder  durch  Geld  oder  durch  Verkaufsdokument  oder  durch  Besitz- 
ergreifung. Güter,  die  nicht  als  Sicherstellung  dienen  (Mobilien),  werden  er- 
worben durch  das  ,An  sich  ziehen'."  In  bezug  auf  das  Hochheben  vgl.  Baba 
Bathra  86  und  Choschen  Mischpat  198  §  1.  Der  Wortlaut  des  Verkaufsdokumentes 
wird  Kidduschin  26"  angegeben:  nn^  pNB"  s"j?N  Dinn  Sj,"  IN  -i"3n  h'j  )h  m^  ni'2  "inrn 
n:in2i  mnrs  n  ''-\n  -jS  n:in2  nc  -\h  moo  nc*  nana  mc.  Die  Einzelheiten  über  diese 
Dinge  können  erst  in  der  Lehre  über  den  Kauf  vorgebracht  werden. 

2  Ruth  IV,  7:  iSyj  tt"N  s\hv  lan  Sd  wph  miann  Sj,*i  nSiKJin  Sj?  ^X"i2"3  d':qS  hnti 

3  In  der  Mischnah  werden  nur  die  drei  angeführten  Erwerbungsakte 
aufgezählt. 

<  Baba  Mezia  47":    nh  n:pi2  hv  vhs^  naxn  'iS^i  a^ih  Nnipmö  Nrn  an  n»S  -lün 
mnnN  nnS  ]»nc  d'dd:  c;  ;'3p:i  mnnx  ünh  b"C'  d»d3:  n'S  im  y'tt  no>Sji  2J!N  n:,""in  '3p  ap 
......  pn  K3B»N  pNi.    „R.  Huna  aus  Diskarta  sagte  dem  Raba:  Nach  Levi,   der 

meint,  das  symbolische  Tauschgeschäft  bestünde  darin,  daß  der  Übertragende 
einen  Gegenstand  dem  Erwerbenden  übergibt,  würde  man  ein  Feld  (wenn 
man  es  mittels  symbolischen  Tauschgeschäftes  erwirbt)  mittels  eines  Mantels  (den 
der  Übertragende  gibt),  erwerben;  daraus  würde  nun  folgen,  daß  Güter,  die 
als  Sicherstellung  dienen,  mittels  Übertragung  solcher  Güter,  die  nicht  als  Sicher- 
stellung dienen,   erworben  werden  können,   während  wir  das  Gegenteil  gelernt 

haben "  Daraus  erhellt  jedenfalls,  daß  zur  Zeit  der  babylonischen  Amoräer 

auch  Immobilien  mittels  des  symbolischen  Tauschgeschäftes  übertragen  wurden. 
Dasselbe  erhellt  auch  aus  Kidduschin  22**  aus  der  Antwort  auf  die  Frage,  warum 
die  Mischnah  nicht  das  Tauschgeschäft  anführt. 

■'  Jeruschalmi  Kidduschin  fol.  60,    Spalte  3:    h-;iDr\  ns'Sca  piip  rn   nJiB'Nna 

v:np  vn  intinN  mr  i2ia  Dii<  n'nc*  nytr;  vnvvpa  inr:  .n-^-xpa  pjip  nrnS  nrn 

'iiS3  ]*vp3  naiNi  p'jpSo  mpu'nni  nipu'nn  '3s'?  [naitri  ptuKi  nvhp  jniK  p'jDoi  nvan  pj<'30 

VIII 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  219 

ZU  den  Moventes,  sondern  in  den  meisten  Fällen  zu  den  Immobilien 
gezählt  wird.^  Das  kommt  ohne  Zweifel  daher,  daß  man  den  Sklaven, 
in  der  alten  Zeit  wenigstens,  nicht  zum  Tiere  degradieren  wollte. 
Darum  hat  man  ihn  nicht  in  die  Klasse  der  Mobilien,  der  Moventes, 
gestellt,  welche  der  Eigentümer  töten  und  vernichten  kann,  was 
beim  Sklaven  nach  dem  talmudischen  Rechte  nie  der  Fall  gewesen 
ist.  Er  paßt  daher  viel  eher  in  die  Klasse  der  Immobilien,  die 
meistens  unzerstörbar  sind  und  Früchte  tragen.  Daher  wird  der 
Sklave  auch  wie  Immobilien  erworben,  entweder  durch  die  Über- 
gabe des  Kaufpreises  oder  durch  die  Entgegennahme  eines 
Verkaufsdokumentes  oder  durch  Besitzergreifung,  d.  h.  dadurch, 
daß  der  Sklave  dem  neuen  Herrn  gewisse  Arbeiten  verrichtet,  z.  B. 
ihn  ankleidet  oder  auskleidet,  ihn  wäscht,  salbt,  reibt  u.  dgl.  m. 
—  lauter  persönliche  Dienstleistungen,  die  als  Sklavenarbeiten  gelten.^ 


nprn^i  TJtrni  cior;  |';ip  nrn^  ntn  ..........  innnKa.  „Zuerst  pflegte  man  zu  er- 
werben (Immobilien)  durch  das  Ausziehen  des  Schuhes  (durch  das  symbolische 
Tauschgeschäft) Dann  fing  man  an  zu  erwerben  durch  „nr^'p'".  Ver- 
kaufte nämlich  jemand  ein  Erbgut,  so  brachten  seine  Verwandten  mit  gebrannten 
Ähren  und  Nüssen  gefüllte  Fässer,  zerschlugen  sie  und  schütteten  deren  Inhalt 
vor  den  Kindern  der  Straße  aus,  die  ihn  auflasen  und  man  sagte:  N.  N.  ist 
von  seinem  Erbgute  abgeschnitten  worden  (]>i'pi).  Daher  der  Ausdruck  „n'i:ip" 
Noch  später  begann  man  zu  erwerben  durch  Geld,  durch  ein  Verkaufs- 
dokument oder  durch  Besitzergreifung."  Daraus  geht  ja  klar  hervor,  daß  zur 
Zeit  der  Einfühlung  der  drei  letzteren  Erwerbungsarten  für  Immobilien  das 
symbolische  Tauschgeschäft  auf  diese  keine  Anwendung  fand.  Nur  dadurch  ist 
es  begreiflich,  daß  die  Mischnah  weder  bei  Immobilien  noch  bei  Sklaven  vom 
symbolischen  Tauschgeschäft  spricht.  Damit  ist  die  Frage  des  L.  Heller  in  seinem 
Mlschnah-Kommentar  Kiddusehin  I,  5  gelöst.  R.  Nissim  zu  Mischnah  6  führt 
allerdings  eine  Tossifta  (Kidduschin  1)  an,  aus  der  hervorgeht,  daß  man  aucli 
Immobilien  durch  Tausch  erwerben  kann.  Diese  Tossifta  stimmt  mit  jener  überein 
(vgl.  weiter  unten  S.  X,  Anm.  1),  die  auch  bei  Sklaven  das  Tauschgeschäft  gelten 
lassen  will,  während  die  Mischnah  beides  ablehnt.  Vgl.  Tossafoth  Kidduschin  27" 
s.  v.  i::ipt2i  und  die  angegebenen  Parallelstellen.  Meine  Vorgänger  erwähnen  von 
alledem  nichts. 

'  Vgl.  weiter  unten. 

'  Kidduschin  I,  3:  nptn:i  iticrai  e\D2i  T\3p:  '2J?:3  ITJ.  „Der  kanaanitische  Sklave 
wird  erworben  durch  Geld,  durch  ein  Verkaufsdokument  oder  durch  Besitz- 
ergreifung.'' Was  die  angeführten  Arbeiten  betrifft,  so  werden  sie  in  folgender 
Baraitha  Kidduschin  22''  aufgezählt:  t'73  i^Sin  IN  iVy:r.}  iS  Tnn  nptna  n^i'O  p^i  un 
iN:p  in'ajn  iS'yin  icaSn  m.i  dd  ii'>mn  vj'Cejh  fman  n^aS  inn«.  „Die  Lehrer  lehren: 
worin  besteht  die  Besitzergreifung  (des  Sklaven)?  Darin,  daß  er  (der  Sklave) 
ihm  (dem  Käufer)  den  Scliuh  ausgezogen  oder  die  Kleider  ins  Bad  nacligetragen, 
oder  ihn  entkleidet  oder  gewaschen  oder  gesalbt  oder  frottiert  oder  angekleidet 
oder  ihm  die  Schuhe  angezogen  oder  ihn  aufgehoben  hat;  auf  diese  Weise  hat 
er  ihn  erworben." 

IX 


220  Dr,  Simon  Rubin. 

Eine  ßaraitha  fügt  noch  die  Erwerbung  durch  Tausch  hinzu.  ^ 
Diese  Baraitha  stimmt  mit  einer  anderen  überein,  die  auch 
Immobilien  durch  Tausch  erwerben  läßt,  während  die  Mischnah 
beides  negiert.  Samuel  fügt  noch  das  Erwerben  durch  das  „An 
sich  ziehen"  hinzu.-  Aber  auch  dabei  unterscheidet  sich  der  Sklave 
von  den  Moventes.  Denn  um  ein  Tier,  das  keinen  Verstand  hat, 
zu  erwerben,  genügt  schon,  daß  der  Erwerbende  es  ruft  und  es 
auf  den  Ruf  hin  sich  bewegt;  den  Sklaven  hingegen  muß  er  an- 
fassen und  zu  sich  führen.  Ist  der  Sklave  noch  ein  Kind,  das 
keinen  Verstand  hat,  dann  genügt  auch,  wie  beim  Tiere,  daß  der 
Erwerbende  den  jungen  Sklaven  zu  sich  ruft. 

Verkauft  wurden  die  Sklaven  auf  dem  Sklavenmarkt.  Dort 
wurden  sie  auf  einer  Erhöhung  zur  allgemeinen  Besichtigung  aus- 
gestellt.3 

Nach  der  Erwerbung  gab  der  Herr  dem  Sklaven  seine  Etikette 
au  den  Hals  und  auf  das  Kleid.* 

§  6,  Sklavenerwerbung  bei  Nichtisraeliten. 

Einer  eigentümlichen  Auffassung  begegnen  wir  bei  den 
Lehrern  der  nachtannaitischen  Zeit  in  bezug  auf  das  Verhältnis 
des  nichtisraelitischen  Sklaven  zu  seinem  nichtisraelitischen  Herrn. 


1  Kidduschin  22'':  unh'D  '2np  j'^^S^sa^  xd'St  Kn'?\'3  ':'pn  N:m  .pD^^n;  qx  K:n 
'jnp  nh  f'S'isStDrDi  xn^NT  „Man  lehrte:  auch  durch  Tausch  (kann  der  Sklave  erworben 
werden).  Und  unser  Lehrer?  (warum  zählt  er  in  der  Mischnah  das  Tauschgeschäft 
nicht  auf?)  er  zählt  nur  solche  Erwerbungsakte  auf,  die  bei  Mobilien  nicht  vor- 
kommen, Erwerbungsakte,  die  bei  Mobilien  auch  vorkommen  (wie  das  Tausch- 
geschäft nämlich)  zählt  er  nicht."  Vgl.  oben  b.  VlII,  Anm.  5,  wo  diese  Frage  viel 
einfacher  gelöst  wird. 

*  Ibid.  1.  c:  X31  isip  ix:p  iSxk  xai  ispn  ni'»3  n:D'B'D3  n:pj  'ayjD  nni?  'rxioc  irix 

ntt^rn»  IX  nxa  tfm  nS  Niip  na'coa  iv'i «»jnni  ?nh  ixipi .........  ^^e3p  ah  iSvn 

n'nynN  nny  tthra  moi  Nnynx  nona  nox ntt^p  '7J-11  t  nipi?E'  |i'd  i'jss'?  nn^Jii  Spon 

'on  nnn23  i^p  nsy  'CX  i  nox  .h^^Kp  n'tt'£3:i.  „Samuel  sagt:  ein  kanaanitiseher  Sklave 
wird  erworben  durch  das  ,An  sich  ziehen',  nämlich  ergreift  er  ihn  und  er  kommt 
zu  ihm,   hat  er  ihn   erworben,  ruft  er  ihn   und   er  kommt  zu  ihm,   hat  er  ihn 

nicht   erworben Wenn  er  ihn  gerufen,  nicht?    man  lehrt  doch 

wie  ist  das  ,An  sich  ziehen'?  er  ruft  sie  (die  Kuh)  und  sie  kommt  oder  er  schlägt 
sie  mit  einem  Stock  und  sie  läuft  vor  ihm;  wie  sie  nur  Vorder-  und  Hinterfuß 
bewegt,  hat  er  sie  erworben.  Ich  werde  dir  sagen,  das  Tier  bewegt  sich  nur 
nach  dem  Sinne  des  Herrn,  der  Sklave  hingegen  hat  seinen  eigenen  Willen. 
R.  Aschi  sagt:  ein  junger  Sklave  gleicht  (in  dieser  Beziehung)  dem  Tiere." 

^  Sifra  Abschnitt  Behar  Kap.  6:  NaQD2  UTOj,''  x'jc  „ITJ  m^arD  njD'  nh"  in«  -i2T 

:npfDn  pK  hv  uToyi 

*  Sabbat  58":  iniojatf  omn^  xS  hzit  nxisaB'  onina  nayn  tc^sv.  „Der  Sklave  darf 
(am  Sabbat)  ausgehen  mit  der  Etikette  an  seinem  Halse,  aber  nicht  mit  der  auf 
seinem  Kleide". 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  221 

Danach  kann  der  Nichtisraelite  überhaupt  kein  Eigentumsrecht 
an  seinem  Sklaven  erwerben.  Alles,  was  er  an  seinem  Sklaven 
erwirbt,  ist  das  Recht  auf  seine  Arbeitskraft,  mehr  nicht. ^  In  der 
Mischnah  und  den  älteren  Quellen  ist  davon  nichts  bekannt. 
Welche  praktischen  Folgen  dies  für  die  Erwerbung  eines  Sklaven 
aus  der  Hand  eines  Nichtisraeliten  von  Seiten  eines  Israeliten 
hatte,  werden  wir  bald  sehen. ^ 

§  7.  Die  Erwerbung  durch  Leistung  der  Steuer. 

An  den  römischen  „incensus"  erinnert  der  Ausspruch,  daß 
derjenige,  der  die  Steuer  nicht  bezahlen  kann,  von  demjenigen,  der 
diese  für  ihn  bezahlt,  dafür  zum  Sklaven  gemacht  werden  kann.' 

§  8.  Die  Haftung  für  Mängel. 

Nach  älterem  römischen  Rechte  haftet  der  Verkäufer  für 
Mängel,  welche  etwa  der  Sache  anhaften,  nicht*  Erst  nach  ädilizi- 
schem  Rechte  ist  der  Verkäufer  für  alle  verborgenen  Mängel  der 
Ware,  durch  die  deren  Brauchbarkeit  vermindert  wird,  verant- 
wortlich, gleichviel,  ob  der  Verkäufer  von  den  Mängeln  wußte 
oder  nicht.''  Dem  Käufer  stehen  diesbezüglich  zwei  Klagen  zu  Gebote: 

1  Gittin  37' :  □'3tt'inn  '320  dji„  iroxic'  vT  ntryD^  njjn  n«  nztpz'  n2J^  pjo  V'i  idkt 
nrr:  n;  o'Jip  on  n^i  ü^ü  a'2ip  an  s^i  ono  wi'p  nn«  "i3pn  Dn:2  a^roy  nn^n.  „Simon  ben 
Lakisch  sagt:  Woher  wissen  wir,  daß  ein  NichtJude  den  anderen  nur  in  bezng 
auf  seine  Arbeitskraft  erwirbt?  Es  heißt  (III.  B.  M.  25,  45)  ,auch  von  den  Kindern 
der  Geduldeten,  die  bei  euch  wohnen,  könnt  ihr  kaufen'.  Nur  ihr  könnt  vou 
ihnen  erwerben  (Sklaven  als  Eigentum),  aber  sie  können  weder  von  euch,  noch 
unter  sich  selbst  (Sklaven  als  Eigentum)  erwerben."  Vgl.  Jebamoth  45 — 46. 

2  Vgl.  §  10. 

3  Jebamoth  46":  '•vyay  >nT  'ann  j<2n  na  «DD  ^21  'jn  la  nr,  ni-^h  kdd  '1  n'^  nr:x 
unh^r:  xn  nS  nax  ah  »3»atr  ir'x  h"n  v«'?  ix  xnii'm  xuu  ':!ns  'pDa  '2  ina  »iDvcrsi  in".3ir9 
]Hüh  i^ynca  xjid  it,''  nhi  ;xo  nr;x  xaSrji  n:a  x^Sdt  xddds  ':m  in»'pinia  ncr  'i  "lax  'rn 
XJ-13  2\-n.  „R.  Papa  sagte  dem  Raba:  Siehe  Meister,  diese  Leute  des  Papa  ben 
Abba  geben  den  Leuten  das  Steuergeld  (bezahlen  für  sie  die  Steuer)  und  arbeiten 
mit  ihnen  als  ihren  Sklaven.  Wenn  sie  dieselben  dann  freigeben,  müssen  sie 
auch  einen  Freilassungsbrief  haben  oder  nicht?  ("Vgl.  Raschi  an  Ort  und 
Stelle,  wo  erklärt  wird,  daß  diese  Leute  NichtJuden  waren).  Darauf  antwortete 
dieser:  Wäre  ich  gestorben,  hätte  ich  euch  dies  nicht  gesagt;  so  sagt  R.  Schescheth : 
das  Sklavensiegel  dieser  Leute  liegt  im  königlichen  Schranke  und  der  König 
befiehlt,  wer  die  Steuer  nicht  bezahlt,  muß  Sklave  sein  bei  demjenigen,  der  sie 
für  ihn  bezahlt."  Vgl.  Baba  Mezia  SS*"  in  bezug  auf  Wucher. 

*  Czyhlarz  Inst. 

5  Dernburg  Pandekten  II,  276  ff.  L.  1  §  2,  D.  21,  1:  „dummodo  sciamus, 
venditorem,  etiam  si  ignoravit  ea,  quae  Aediles  praestari  jubent,  etiam  teuere 
debere.  Nee  est  hoc  iniquuni,  potuit  enim  ea  nota  habere  venditor:  nequo  en'ra 
interest  emptoris,  cur  fallatur,  ignorantia  venditoris,  an  calliditate." 

XI 


222  Dr.  Simon  Rubin. 

die  , actio  redhibitoria"  auf  Auflösung  des  Geschäftes  und  die  „actio 
quanti  minoris"  auf  Rückerstattung  desjenigen  Betrages,  um  welchen 
der  Gegenstand  durch  die  Mängel  weniger  wert  ist,  als  er  gezahlt  hat.i 
Ebenso  haftet  nach  ältestem  talmudischen  Rechte  der  Ver- 
käufer für  verborgene  Mängel  der  Sache,  die  deren  Brauchbarkeit 
vermindern  und  vom  Käufer  nicht  bemerkt  werden  konnten.  Nur 
hat  nach  talmudischem  Rechte  der  Käufer  nur  das  Recht  auf 
Vertragsauflösung,  nicht  aber  den  Anspruch  auf  Rückzahlung 
irgendeines  Betrages,  falls  er  den  gekauften  Gegenstand  trotz 
der  Mängel,  die  ihm  anhaften,  behalten  möchte.^  Kauft  nun  jemand 

1  Dernburg  1.  c. 

2  ToBsilta  B.  B.  4:  K>n  n^in  it  nnstr  i^  nox  paio  nn  c^tr  :2"]!  n^an^  nnsv  laion 

myD  npa  nr  ptt  loj?  nnx  ü^ü^  man  im«  iS  "inx.  „Wenn  jemand  einem  eine  Sklavin 
verkauft  mit  dem  Geständnis,  daß  sie  Fehler  besitzt,  indem  er  ihm  sagt,  diese 
Sklavin  ist  krank,  blöde,  epileptisch  und  gemütskrank;  sie  hat  aber  in  Wirklich- 
keit nur  einen  von  allen  diesen  aufgezählten  Fehlern,  so  kann  der  Kauf  rück- 
gängig gemacht  werden;  sagt  er  ihm  aber,  sie  hat  diesen  Fehler  (nennt  er  den 
Fehler,  den  sie  wirklich  hat,  beim  Namen)  und  noch  andere  (ohne  Namen  auf- 
zuzählen), so  ist  der  Kauf  gültig."  Der  Grund  dieser  Lehre  ist  folgender:  Hat 
der  Verkäufer  viele  Fehler  mit  Namen  aufgezählt,  von  denen  nur  einer  sich  in 
Wirklichkeit  vorfindet,  ao  ist  der  Käufer  dadurch  getäuscht  worden,  weil  er 
erkannt  haben  mochte,  daß  vieles  von  dem,  was  der  Verkäufer  sagt,  nicht  wahr 
ist,  und  daher  geglaubt  haben  mag,  daß  gar  nichts  wahr  ist;  was  aber  nicht 
der  Fall  ist,  wenn  er  nur  den  einen  Fehler,  den  sie  wirklich  besitzt,  beim  Namen 
genannt,  andere  Fehler  aber  nur  unbestimmt  angedeutet  hat,  in  welchem  Falle 
der  Käufer  hätte  untersuchen  müssen,  ob  dieser  eine  Fehler  sich  vorfindet  oder 
nicht.  Hieraus  folgt  zweierlei:  Erstens,  daß  Fehler  —  selbstredend,  welche  die 
Brauchbarkeit  vermindern,  wie  Epilepsie  usw.  —  den  Kauf  rückgängig  machen; 
zweitens,  daß  der  Käufer,  wenn  er  den  Kauf  aufrecht  erhalten  will,  auf  Ersatz 
keinen  Anspruch  hat,,  nach  der  Regel,  daß  dort,  wo  der  Kauf  rückgängig  ge- 
macht werden  kann,  kein  Anspruch  auf  Ersatz  stattfindet,  falls  der  Kauf  auf- 
recht erhalten  wird.  Vgl.  Choschen  Mischpat  232,  §  4.  Vgl.  ferner  Baba  Mezia  80", 
wo  die  oben  angeführte  Tossifta  mit  unwesentlichen  Änderungen  angeführt  wird. 
Was  den  Blödsinn  betrifft,  stimmt  der  Talmud  hier  mit  dem  Corpus  iuris  über- 
ein, wo  es  L.  4  §  3.  D.  21,  1  heißt:  „Idem  Pomponius  alt,  quamvis  non  valide 
sapientem  servum  venditor  praestare  debeat,  tamen,  si  ita  fatuum  vel  morionem 
vendiderit,  ut  in  eo  usus  nuUus  sit,  videri  Vitium."  Hingegen  werden  Gemüts- 
fehler nach  dem  römischen  Rechte  nicht  als  solche  Fehler  betrachtet,  durch  die 
der  Kauf  rückgängig  gemacht  werden  kann.  Daher  kann  der  Käufer  eines  Zug- 
tieres, das  sich  als  scheu  und  zum  Ausschlagen  geneigt  herausteilt,  den  Kauf 
deshalb  nicht  rückgängig  machen,  „unde  quidam  iumenta  pavida  et  calcitrosa 
morbosis  non  esse  adnumeranda  dixerunt"  1.  c.  Während  nach  dem  talmudischen 
Rechte  der  Käufer  eines  Pflugochsen  den  Kauf  rückgängig  machen  kann,  wenn 
es  sich  herausstellt,  daß  der  Ochs  stößig  ist. 

Baba  Bathra  92":  la«  'jxirjtri  nij;t2  npo  nt  nn  noK  =t  jnjj  Nva:i  n>3n^  mc  iJJion 
iS  vmoa  rrj'riB'^  iS  loi'?  h2\    „Wenn  einer  dem  anderen  einen  Ochsen  verkauft 

XII 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  223 

einen  Sklaven  und  findet  nachher  an  ihm  einen  Fehler,  der  dessen 
Brauchbarkeit  vermindert,  so  hat  er  das  Recht,  auf  die  Vertrags- 
auflösung zu  dringen.  Leibesfehler,  welche  die  Brauchbarkeit  nicht 
vermindern,  werden  nicht  beachtet.^  Ebensowenig  kann  der  Käufer 
den  Kauf  rückgängig  machen,  wenn  es  sich  herausstellt,  daß  der 
Sklave  ein  Dieb  oder  Kartenspieler  ist.^  Dagegen  findet  Vertrags- 


und es  sich  nachher  herausstellt,  daß  der  Ochs  stößig  ist,  meint  Rab,  daß  der 
Kauf  rückgängig  gemacht  werden  kann,  Samuel  meint,  er  kann  ihm  sagen,  ich 
habe  dir  ihm  zum  Schlachten  verkauft.  (Falls  der  Käufer  nicht  ausdrücklich 
gesagt,  zu  welchem  Zweck  er  den  Ochsen  braucht.)"  Vgl.  noch  Tossifta  Baba 
Bathra  4  und  babli  Baba  Mezia  80. 

^  Kidduschin  11",  Kethuboth  67'':  'Si  n^S  nnp  xn  'xisNi  'NT  ii2>h  cnays  psr:»D 
n»9  ns:?«  kS  inontri  'V2  xp  naxSrs'?  'xun.  „Schönheitsfehler  gibt  es  bei  Sklaven  nicht. 
Denn  sind  sie  an  den  unbedeckten  Körperteilen,  so  hat  sie  der  Käufer  gesehen, 
sind  sie  aber  an  den  bedeckten  Körperteilen,  so  genieren  sie  ihn  nicht,  da  man 
Sklaven  nur  zur  Arbeit  braucht."  So  übersetzt  Maimonides,  Mechirah  XV,  12,  mit 
vollem  Recht  diese  Stelle;  derselben  Ansicht  sind  auch  die  Tossafisten.  Vgl.  Baba 
Mezia  80"  s.  v.  nnotr  und  Gittin  s.  v.  JQ.  Krauss,  Talmudische  Archäologie  II,  89, 
macht  hier  einen  Unterschied  zwischen  Sklaven  und  Sklavinnen.  Er  schreibt 
wörtlich:  „Nur  bei  schriftlicher  Vereinbarung  bilden  die  berührten  Mängel  .... 
einen  dolus,  sonst  ist  der  Kauf,  wie  bereits  gesagt,  auf  jeden  Fall  gültig,  auch 
wenn  der  Sklave  ein  Falschspieler  ....  oder  ein  mit  Leibesfehlern  behafteter 
Mensch  ist;  bei  Sklavinnen  freilich  ist  der  Leibesfehler  (auch  Krankheit,  Irrsinn, 

Epilepsie)  schwerer  zu  beurteilen "  Das  ist  ein  Irrtum.  Denn  der  Lehrsatz 

.,K2'S  cnsy;  pD.':c"  bezieht  sich  nicht  nur  auf  Sklaven,  sondern  auch  auf  Sklavinnen, 
wie  aus  der  angeführten  Stelle  aus  Talmud  Kidduschin  11'  unzweideutig  hervor- 
geht, wo  dieser  Lehrsatz  auf  „n'2^*23  nnsr"  angewendet  wird.  Wenn  Epilepsie, 
Krankheit  und  Irrsinn  bei  der  Sklavin  den  Kauf  rückgängig  machen,  so  ist  der 
Grund  einfach  der,  daß  diese  Fehler  die  Brauchbarkeit  vermindern;  sie  würden 
auch  bei  Sklaven  zur  Auflösung  des  Geschäftes  führen.  Warum  aber  die  Tossifta 
von  einer  Sklavin  spricht,  erklärt  sieh  sehr  leicht  aus  dem  Zusammenhange. 
Unmittelbar  vor  dieser  Stelle  handelt  es  sich  um  eine  schwangere  Sklavin  und 
um  eine  säugende  Sklavin,  daher  fährt  die  Tossifta  fort,  auch  bei  den  Fehlern 
von  einer  Sklavin  zu  sprechen,  was  aber  selbstverständlich  den  Sklaven  nicht 
ausschließt.  Ebenso  ist  das,  was  Krauss  in  Anmerkung  603  zur  angeführten  Stelle 
schreibt  „Hingegen  nnsjc*  TBb  4,  6,  403 1^  außer  p-jiG  auch  ,N'n  n'Bo:  s'n  H>'';^ 
K\T  nSin  ,x'n  nmr",  woraus  hervorgeht,  daß  er  pair:  und  die  angeführten  Übel 
für  nicht  identisch  hält,  falsch.  In  der  Tossifta  sind  vielmehr  die  angeführten 
Übel  die  Erläuterung  des  Wortes  poio.  Vgl.  Baba  Mezia  80",  wo  diese  Krankheiten 
yrm  genannt  werden. 

*  Tossifta  Baba  Bathra  4:  d'iod'^  i;"jn  orjcrap  ix  2:j  KSQJi  n'2n^  n:y  "isirDn 
nivt  npo  nr  ^^n  m^Sro^  inuir^  n\nr  ix.  „Wenn  jemajid  einem  einen  Sklaven  ver- 
kauft und  es  sich  herausstellt,  daß  er  ein  Dieb  oder  ein  Kartonspieler  ist,  ist 
trotzdem  der  Kauf  gültig.  Ist  er  aber  ein  Räuber  oder  von  der  Behörde  vor- 
gemerkt, so  ist  der  Kauf  nichtig."  Vgl.  hiezu  Baba  Bathra  92'',  wo  anstatt 
„myj  npa  ni  ^'\r:"  die  Worte  i'JS^  -[hv  nn  ih  noix  stehen,  während  im  Jeruschalmi 
Baba  Bathra  VII,  3,  S.  15,  Spalte  4,  die  Worte  ly'jn  x^  vorkommen.  Sowohl  durch 

XIII 


224  Dr.  Simon  Rubin. 

auilösung  statt,  wenn  es  sich  herausstellt,  daß  ar  ein  Kapital- 
verbrechen begangen  hat,  oder  wenn  er  von  der  Behörde  vor- 
gemerkt worden  ist,  um  für  öffentliche  Arbeiten  eingezogen  zu 
werden,  da  in  solchen  Fällen  die  Brauchbarkeit  nicht  nur  ver- 
mindert ist,  sondern  ganz  aufhört.^  An  das  ädilizische  Edikt  er- 
innert die  Vertragsformel,  die  R.  Juda  eingeführt  hat.^  Sie  lautet: 
dieser  Sklave  gehört  rechtmäßig  der  Sklaverei  an,  ist  weit  ent- 
fernt, irgend  welchen  Anspruch  auf  Freiheit  erheben  zu  können, 
wie  auch  von  Reklamationen,  besonders  von  selten  des  Königs 
und  der  Königin,  und  das  Zeichen  (das  Sklavenzeichen,  das  man 
einem  fugitivus  auf  den  Körper  zu  drücken  pflegt,  damit  er  nicht 
flüchten  soll)  irgend  eines  Menschen  befindet  sich  auf  ihm  nicht  ^ 
und  er  ist  frei  von  jedem  Fehler  und  von  Krätzen,  nicht  nur 
jetzt,  sondern  auch  von  solchen,  die  jetzt  geheilt,  aber  bis  vier 
Jahre    nach    dem  Verkaufe  wieder    ausbrechen  können.*    Ein  be- 


die  Lesart  der  Tossifta,  wie  auch  durch  die  Lesart  des  Jeruschalmi  ist  RABDs 
Erklärung  der  Talmudstelle  Baba  Bathra  92  widerlegt.  Vgl.  die  Anmerkungen 
desselben  Mechirah  XV,  13.  Vgl.  zu  DitDDi«Dp  ToBsafoth  B.  B.  I.  c.  s.  v.  DitsDi'^p. 
Vgl.  zu  niiSaS  3n3iD  Maimonides,  Mechirah  XV,  13.  Ebenso  heißt  es  im  römischen 
Rechte:  „Item  aleatores  et  vinarios  non  contineri  edicto  quosdam  respondisse 
Pomponius  ait,  quemadmodum  nee  gulosos  nee  impostores  aut  mendaces  aut 
litigiosos"  L.  4  §  2.  D.  21,  1.  In  bezug  auf  Kapitalverbrechen  vgl.  Corpus  iuris 
L.  1  §  1.  D.  21,  1,  wo  es  heißt:  „Item  si  quod  mancipium  capitalem  fraudem 
admiserit  ....  ex  his  enim  causis  iudicium  dabimus." 

1  Vgl.  die  vorhergehende  Anmerkung. 

2  Gittin  86":  jo  TDj?i  TDDi  naj?*'  p^^1'2  |2T  xnaj?  nav"i  '3»3t  iDtfa  mirr  3t  ppriK 
p03T  pHE'  pi  ai!D  h^a  npurii  'niSy  n^n  i<h  B":«nt  rncii  «ns^ai  »2^12  nny  foi  ^h&j  pi  nnn 
p^n^i  mn  inxu  tj.  Vgl    die  Übersetzung  im  Texte. 

3  So  übersetze  ich  die  Worte  ^mS^?  n'S  tih  tJ^'J^sn  mtyii  nach  Tossifta  Mak- 
koth  III,  9  iiDB  n-i2'  nhv  n2V  Sy  nenn.  Wenn  jemand  seinem  Sklaven  ein  Zeichen 
ins  Fleisch  eingräbt,  damit  er  nicht  entfliehen  soll,  ist  er  befreit  (von  der  Strafe, 
die  aus  Leviticus  19,  28  auf  solches  Vergehen  folgt).  Daß  diese  SteUe  nur  von 
Ausnahmsfällen  spricht,  sagt  schon  der  Wortlaut,  wie  es  schon  Moses  Isseries 
(Joreh  Deah  180,  §  4)  anmerkt.  Es  ist  daher  verfehlt  von  Krauss  (Archäologie  II,  89) 
unter  Hinweis  auf  diese  Tossifta  zu  schreiben:  „der  neue  Besitzer  drückt  dem 
Sklaven,  wahrscheinlich  in  unverwischbarer  Weise,  wie  es  z.  B.  auch  der  Pfriemen- 
stich der  Bibel  ist,  eine  Marke  mcn  auf,  die  es  verhindern  soll,  daß  ihm  der 
Sklave  entläuft",  als  ob  das  eine  alltägliche  Maßnahme  wäre.  Auch  das  an- 
geführte ädilizische  Edikt  verlangt  die  Angabe,  ob  der  Sklave  ein  fugitivus  sei 
oder  nicht. 

*  In  der  Übersetzung  des  Worjes  nnSD  folge  ich  den  Responsen  der  Gaonen 
('^  t\-\  pi-i  nvE»).  Auch  hier  ist  Krauss  nicht  glücklich  in  der  Übersetzung.  Er 
schreibt  (Archäologie  1.  c.)  „er  ist  frei  von  jedem  Leibesfehler  und  von  Krätzen, 
von  da  an  rückwärts  auf  vier  Jahre  gerechnet."  Er  verlegt  also  die  Haftung  nach 
rückwärts,  was  entschieden   unrichtig  ist.    Vgl.  die  Erklärer   an  Ort  und  Stelle. 

XIV 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  225 

liebtes  Mittel,  den  Käufer  zu  betrügen,  scheint  das  Färben  der 
weißen  Haare  alter  Sklaven  gewesen  zu  sein,  damit  sie  jünger 
aussehen.  Der  Talmud  verbietet  das,  auch  wenn  der  Verkäufer 
keinen  höheren  Preis  dadurch  erzielt. ^ 

§  9.  Die  Übervorteilung. 

Nach  dem  alten  römischen  Rechte  war  Übervorteilung  kein 
Grund,  den  Kauf  rückgängig  zu  machen.  Man  kann  eben  teuer 
und  billig  kaufen  und  ebenso  verkaufen.  Hatten  einmal  die  Par- 
teien auf  den  Preis  sich  geeinigt,  so  konnte  keine  von  ihnen 
nachher  einwenden,  daß  sie  übervorteilt  worden  wäre.  Erst 
Diokletian  verordnete,  daß,  falls  der  Verkäufer  nicht  einmal  die 
Hälfte  des  Wertes  des  Verkaufsgegenstandes  empfangen  hat,  das 
Geschäft  rückgängig  gemacht  werden  kann.^  Der  Grund  dieses 
Gesetzes  wurde  im  Mittelalter  im  „dolus"  des  Übervorteilenden 
erblickt  und  daher  dieses  Gesetz  auch  auf  den  Käufer,  der  über 
die  Hälfte  des  Wertes  des  Kaufs;^egenstandes  übervorteilt  worden 
ist,  ausgedehnt.^  Allerdings  konnte  auch  der  Übervorteilende  den 
Betrag,  um  den  es  sich  handelte,  ersetzen,  um  das  Geschäft  auf- 
recht zu  erhalten. 


1  BabaMeziaIV,  12:  nrsnnn  nx  nSi  onsn  nx  nh  pDiisr:  J'k.  „Man  darf  weder 
Menschen  noch  Tiere  herausputzen  (wenn  man  sie  verkaufen  geht)  "  Dazu  führt 
der  Talmud  erläuternd  folgendes  Histörchen  an:  ^ilnm  kh  '3  tcn  'ND  ü-\hi  di3td 
'33  D"3y  vn»  itS  ION  pan  n»S  ^DN  «am  n'opS  hhh  n'ipnSi  iTcnS  n'j?3s  Sukt  N2D  Nnaj,* 
n'trnS  nmin  ^rx  x'a  p'ptrK  n'^  nos  nn  koi»  n»:2t  Sxiatr  in  hdb  ani  n^üph  xnx  ^rrn 
rnnn  in«  xn^i  yhn:  mxrD  pn-j  .te'sjx  -'tp  -\^2Hr:  r>rp  x:Nn  ^tn  n-'h  •\t:n  n^^pn'^i.  Was 
versteht  man  unter  „diotd"  beim  Menschen?  Wie  folgt.  Ein  alter  Sklave,  der 
sich  Kopfhaar  und  Bart  färbte,  kam  zu  Raba  und  sagte  ihm,  kaufe  mich.  Dieser 
antwortete  ihm  (unter  Hinweis  auf  Mischnah  Aboth  I,  6),  es  sollen  Arme  (näm- 
lich Israeliten  und  keine  Sklaven)  dein  Hausgesinde  bilden.  Darauf  ging  er  zu 
K.  Papa  bar  Samuel,  der  ihn  wirklich  erwarb.  Eines  Tages,  als  er  von  ihm 
Wasser  zum  Trinken  verlangte,  ging  der  Sklave  und  entfärbte  sich  Kopfhaar 
und  Bart  und  sagte  zum  Herrn :  schau  ich  bin  älter  als  dein  Vater  (wie  kannst 
du  verlangen,  daß  ich  dich  bedienen  soll?),  da  wendete  R.  Papa  auf  sich  den 
Vers  (Sprüche  11)  an,  der  Fromme  (Raba)  wird  vom  Unglück  gerettet  und  ein 
anderer  (in  der  zitierten  Stelle  heißt  es  eigentlich  „ein  Bösewicht")  kommt  an 
seine  Stelle.  Vgl.  hiezu  „nsnipo  nu'B'"  an  Ort  und  Stelle. 

2  L.  2.  C.  4,  44:  „Rem  majoris  pretii  si  tu  vel  pater  tuus  minoris  pretii 
distraxit,  humanum  est,  ut  vel  pretium  te  restituente  emptoribus  fundum  ven- 
ditum  recipias  auctoritate  intercedente  judicis,  vel  si  emptor  elegerit,  quod  deest 
justo  pretio  recipies  minus  autem  pretium  esse  videtur  si  nee  dimidia  pars  veri 
pretii  soluta  sit."  Vgl.  Stanislaus  Pineles  in  der  von  ihm  herausgegebenen  Zeit- 
schrift „Gaius"  I,  6,  7,  8;  II,  1. 

•''  Dernburg,  Pandekten  II,  §  102,  S.  284. 
Festschrift.  15 

XV 


226  Dr.  Simon  Rubin. 

Eine  viel  wichtigere  Rolle  spielt  die  Übervorteilung,  welche 
schon  die  Bibel  verbietet,  im  talmudischen  Rechte.  Übertrifft  die 
Übervorteilung  auch  nur  den  sechsten  Teil  des  Wertes  des  Ver- 
kaufsgegenstandes, so  kann  schon  das  Geschäft  annulliert  werden. ^ 
Nur  sind  Immobilien  und  Sklaven,  welche  in  den  meisten  Fällen 
wie  Immobilien  behandelt  werden,  vom  Gesetze  der  Übervorteilung 
ausgeschlossen.'  Nur  R.  Jochanan  vertritt  hier  den  Standpunkt, 
den  später  Diokletian  einnimmt.  Er  behauptet  —  gegen  den  ein- 
fachen Wortlaut  der  Mischnah  —  steif  und  fest,  daß  auch  bei 
Immobilien,  wenn  die  Übervorteilung  die  Hälfte  des  Wertes  über- 
trifft, der  Kauf  annulliert  werden  kann,  was  selbstverständlich 
auch  auf  Sklaven  anzuwenden  ist.^ 

§  10,  Die  Beschneidung. 

Ein  wichtisfer  Akt  bei  der  Erwerbung  von  Sklaven  war  die 
Beschneidung.  Schon  in  der  Bibel  heißt  es  (I..  B.  M.  17,  13):  „Be- 
schnitten soll  werden  dein  Hausgeborener  und  der  um  dein  Geld^ 
Gekaufte."  Daraus  geht  klar  hervor,  daß  man  den  Sklaven,  wie 
den  eigenen  Sohn  beschneiden  muß.  Ebenso  folgt  daraus,  daß 
man  einen  Sklaven,   der  in  die  Beschneidung  nicht  einwilligt,  gar 


1  Baraitha  Baba  Mezia  50'':  npo  hiiz  mriB»  H'  "in'  npo  n^p:  ninco  mns  nK:iK 
.......  jni  "1  nan  nx3ix  innr^i  n:p  ninc.  „Erreicht  die  Übervorteilung  nicht   den 

sechsten  Teil  (vgl.  Baba  Mezia  49*"  die  Kontroverse  zwischen  Rab  und  Samuel, 
was  man  unter  dem  „sechsten  Teil"  zu  verstehen  hat;  näheres  in  der  Lehre 
vom  Kaufe),  so  ist  der  Kauf  perfekt;  übersteigt  sie  den  sechsten  Teil,  wird  der 
Kauf  annulliert;  erreicht  sie  den  sechsten  Teil,  ist  wohl  der  Kauf  gültig,  doch 
muß  der  Betrag,  um  den  der  eine  den  anderen  übervorteilt  hat,  zurückerstattet 

werden,   das  sind   die  Worte   des  R.  Nathan "  (So  wird  im  Babli  1.  c. 

gegen  die  Mischnah  die  Norm  festgesetzt.) 

2  Mischnah    Baba    Mezia    4,    9:    nnucni   nn^yn    nxJiN   cnS    yuc  nnm  i^x 

mj?p"ipni.  „Bei  folgenden  Dingen  gibt  es  keine  Übervorteilung:  Bei  Sklaven, 

bei  Wechseln,  bei  Immobilien." 

3  Jeruschalmi  Kethuboth  ed.  Krotoschin,  Fol.  34,  Spalte  3:  n»n  an  pnr   i  ir:« 

jiSsic  U'KC  ^;^  nnSsi  nS  ins)  ....  "nii-pipm.  „R.  Jochanan  sagt:  Wenn  er  um  mehr 
als  die  Hälfte  übervorteilt  worden  ist,  gibt  es  eine  Übervorteilung  (auch  bei 
Immobilien  usw.).  Die  Mischnah  widerspricht  dem  R.  Jochanan,  da  sie  lehrt: 
,Bei  folgenden  Dingen  gibt  es  keine  Übervorteilung:  Bei  Sklaven,  bei  Wechseln, 

bei  Immobilien '  Er  erklärt  sie  dahin,  wenn  die  Übervorteilung  die  Hälfte 

nicht  übersteigt."  Vgl.  hiezu  Tossafoth  Baba  Mezia  57"  s.  v.  "ir:.*«  und  Kiddu- 
schin  42''  s.  v.  .V'n.  Ferner  Moses  Isseries  in  Choschen  Mischpat  227,  §  29  und 
Kommenlare.  Zadok  Kahn  (Die  Sklaverei  nach  Bibel  und  Talmud  S.  60),  dem 
Krauas  (Archäologie  II,  87),  folgt,  weiß  davon  nichts. 

XVI 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  2.27 

nicht  halten  darf  ^  Der  Talmud  unterscheidet  zwischen  Haus- 
geborenen  und  Gekauften.  Die  Hausgeborenen  werden  wie  die 
eigenen  Söhne  im  Alter  von  8  Tagen  beschnitten,  während  die 
Gekauften  am  Tage  der  Erwerbung,  mochten  sie  auch  am  selben 
Tage  geboren  sein,  beschnitten  werden  müssen.  Doch  führt  der 
Talmud  Fälle  an,  in  welchen  diese  Regel  keine  Geltung  hat.^ 
Auch  verlangt  der  Talmud  ein  Tauchbad  nach  der  Beschneidung, 
wie  bei  jedem  Proselyten.  Dieses  Tauchbad  gewann  später  noch 
größere  Bedeutung  bei  der  Erwerbung  von  Sklaven  aus  dem 
Besitze  eines  Nichtisraeliten.  Wie  schon  früher  erwähnt,  hat  sich 
in  der  nachtanaitischen  Zeit  die  Auffassung  herausgebildet,  daß 
der  Nichtisraelit  überhaupt  kein  Eigentumsrecht  an  seinem  Sklaven 
besitzen  kann.  Kaufte  nun  der  Israelit  einen  Sklaven  bei  einem 
Nichtisraeliten.  so  konnte  er  vom  Verkäufer  nicht  mehr  erwerben 
als  dieser  selbst  besaß,  nämlich  nur  die  Arbeitskraft.  In  das  Eigen- 
tum des  Israeliten  trat  der  Sklave  erst  nach  der  Beschneidung, 
während  er  das  Tauchbad  nahm.  Daher  mußte  darauf  geachtet 
werden,  daß  der  Sklave,  während  er  das  Tauchbad  nahm,  faktisch 
in  der  Gewalt  des  Herrn  war,  sonst  konnte  der  Sklave  sagen,  ich 
tauche  unter,  um  Proselyt  zu  werden,  und  da  er  noch  nicht  im 
Eigentume  des  Herrn  stand,  würde  er  Proselyt,  also  freier  Mann 
werden.^  Im  Talmud  wird  die  Prozedur  eines  solchen  Tauchbades 
geschildert.  R.  Aschi  wollte  einen  von  einem  Nichtisraeliten  er- 
standenen Sklaven  das  Tauchbad  nehmen  lassen.  Er  übergab  ihn 
zu  diesem  Zwecko  dem  Rabina  und  R.  Acha,  dem  Sohne  des  Raba 
und  sagte  ihnen:  „Ihr  seid  mir  Bürgen,  daß  ich  ihn  durch  das  Tauch- 
bad nicht  verliere."  Darauf  legten  sie  dem  Sklaven  eine  Schlinge  um 
den  Hals  und  ließen  ihn  in  das  Bad  steigen.  Während  er  unter- 
tauchte, ließen  sie  für  einen  Moment  die  Schlinge  locker  werden. 


i  Was  Zadok  Kahn  (Die  Sklaverei  nach  Bibel  und  Talmud  S.  78)  hierüber 
sagt,  ist  unrichtig. 

1-  Talmud  Babli  Traktat  Sabbat  136\   Vgl.  hiezu  Joreh  Deah  2fi7,  §  1. 

3  Talmud  Babli  Traktat  Jebamoth  45":  nav  npiSn  2"i  lOK  Mmj  12  NOn  "\  lON 
rxh  upi  'SC  7\-h  ':p  nS  nsij  »u  vxoyta  'ko  i'iin  p  lasy  rM'yi  imn  \i  dk'S  Sddi  aipi  'un  ;o 
....  nnuytrS  t^'-,-^>^v.  piin  p  ccS  hi^-\  mpi  \V2\  '^nicS  r\'h  ';poi  «in.  „K.  Chama  bar 
Goria  sa^t  im  Namen  des  Rab:  ,Wenn  jemand  einen  Sklaven  bei  einem  Nioht- 
juden  kauft  und  der  Sklave  zuvorkommt  und  untertaucht,  in  der  Absicht,  als 
Proselyt  freizuwerden,  ist  er  befreit.'  Was  ist  der  Grund?  Der  NichtJude  selbst 
konnte  ihn  ja  nicht  (als  Eigentum)  erwerben.  Er  vermag  daher  nur  das,  was  er 
an  ihm  besitzt  (nämlich  die  Arbeitskraft)  dem  Israeliten  weiter  zu  übertragen; 
kommt  nun  der  Sklave  zuvor  und  taucht  unter,  in  der  Absiclit,  befreit  zu  werden, 
so  wird  dadurch  jede  Verpflichtung  autgehoben." 

16* 
XVII 


228  Dr.  Simon  Rubin. 

damit  das  Wasser  alle  Teile  des  Körpers  berühre,  zogen  sie  aber 
sofort  fest,  damit  er  die  Macht  des  Herrn  spüre  und  so  wie  er 
das  Haupt  aus  dem  Wasser  hob,  legten  sie  ihm  ein  Gefäß  mit 
Ton   darauf   mit    den  Worten:    ,Gehe,  trage  das  deinem  Herrn. "' 

Diese  Beschneidung  der  Sklaven  mochte  in  ruhigen  Zeiten, 
solange  keine  Verfolgungen  stattfanden,  keine  Schwierigkeiten 
verursacht  haben.  Der  Sklave  fügte  sich  wahrscheinlich  ohne  zu 
murren  und  dies  um  so  mehr,  da  er  beim  jüdischen  Herrn  auf 
ein  besseres  Los  hoffen  konnte.  Gegen  seinen  Willen  durfte  der 
Sklave  nicht  beschnitten  werden. ^ 

Anders  gestaltete  sich  die  Sache  in  unruhigen  Zeiten,  während 
deren  den  Israeliten  selbst  die  Beschneidung  oft  verboten  wurde. 
Da  war  die  Beschneidung,  welche  als  mit  der  Bekehrung  heid- 
nischer Sklaven  gleichbedeutend  galt,  mit  großen  Gefahren  ver- 
bunden, da  der  Sklave  selbst  bei  der  geringsten  Bestrafung  von 
Seiten  des  Herrn  diesen  aus  Rache  anzeigen  konnte.  Hat  doch 
sogar  noch  der  judenfreundliche  Antoninus  Pius  es  den  Juden 
verboten,  an  NichtJuden  die  Beschneidung  vorzunehmen. ^ 

Solche  Zustände  mögen  die  Lehre  des  R.  Ismael  hervor- 
gebracht haben,  daß  man  auch  unbeschnittene  Sklaven  halten 
dürfe.*  Er  stützt  sich  dabei  auf  einen  Vers  im  IL  B.  M.  23,  12, 
wo  es  heißt:  „Sechs  Tage  verrichte  deine  Arbeit,  am  siebenten 
sollst  du  ruhen,  damit  auch  ruhe  dein  Ochs  und  dein  Esel  und 
sich  erhole  der  Sohn  deiner  Magd  und  der  Fremde."  Da  es  schon 
im  20.  Kapitel  heißt:  „Der  siebente  Tag  sei  heilig  dem  Ewigen 
deinem  Gotte;  du  sollst  keine  Arbeit  verrichten,  weder  du  noch 
dein  Sohn  oder  deine  Tochter,  dein  Sklave  oder  deine  Sklavin  .  .  .", 
daher   meint  er,    daß    hier    im  20.  Kapitel    von   beschnittenen,    im 


1  Talmud  Babli  Traktat  Jebamoth  46':  Ny2  'ti'S  sin  n>-i2';  i'a'jrsi  >nn  o 
n»^  iü"i  n'S  Ni'yap  n^ran  irn  inh  idk  «mn  n'''\2  xnx  21^1  Nr^nS  in^Sn^j  nnors  n^^naxS 
nhi  '2'n  ':;  n'^  iosds  nvn'n  'in*:  n^t  'D'h  '3  n'S  ibik  n^S  losavi  n^h  isik  nnKii^^'D  n'onx 
noKi  n'cn«  kvdt  nd^it  n'S  insx  N'r:a  n'cn  ^Sin  nns  S^it:  <3S  piin  p  nc'?  Kr^'hi  nnp^ 
"110  '2^  ^DON  h')i  n'S.  Die  Übersetzung  ist  im  Texte  gegeben. 

2  Talmud  Babli  Traktat  Jebamoth  46":  VH  \z  h:2  nnx  'SB"  DtTD  nh)-;  noK  pani 
ima  hv2  B"K  133;  So  nnx  's  12  :m3  hv--  „Ulla  sagt:  Die  Ansicht  der  Lehrer  ist: 
So  wie  du  keinen  freien  NichtJuden  gegen  seinen  Willen  beschneiden  darfst, 
ebensowenig  darfst  du  einen  Sklaven  gegen  seinen  Willen  beschneiden." 

3  L.  11  pr.  D.  48,  8:  „Circumcidere  judeis  filios  suos  tantum  rescripto 
Divi  Pii  permititur;  in  non  eiusdem  religionis,  qui  hoc  fecerit,  castrantis  poena 
irrogatur." 

<  Baraitha  Jebamoth  47^  N3»pj:  '31  ^Kyotr»  ui  nsn  pSio  c^KV  wtz-;  p?:"po  T'n 
j'0»»pD  f»K  nniN.  „Man  kann  unbeschnittene  Sklaven  halten,  das  sind  die  Worte 
des  R.  Ismael;  R.  Akiba  meint,  man  dürfe  nicht  halten." 

XVIII 


Ein  Kapitel  aus  der  Sklaverei.  229 

23.  Kapitel  hingegen  von  unbeschnittenen  Sklaven  die  Rede  ist, 
woraus  hervorgeht,  daß  man  unbeschnittene  Sklaven  halten  dürfe. 
Daß  diese  Auslegung  lediglich  der  Not  der  Zeit  ihre  Entstehung 
verdanke,  ist  klar.  R.  Akiba  ist  tatsächlich  auch  der  Meinung,  daß 
man  keine  unbeschnittenen  Sklaven  halten  dürfe.  Später  wählte 
man  einen  I.Iittelweg.  Hat  der  Herr  den  Sklaven  unter  der  Be- 
dingung gekauft,  ihn  nicht  zu  beschneiden,  so  darf  er  ihn  halten,^ 
hat  er  ihn  aber  unter  der  Bedingung  gekauft,  ihn  zu  beschneiden 
und  weigert  sich  der  Sklave  nachher,  die  Bedingung  zu  erfüllen, 
darf  er  ihn  12  Monate  halten,  um  zu  sehen,  ob  der  Sklave  die 
Gesinnung  ändern  werde.  Weigert  er  sich  dann  noch,  die  Bedin- 
gung zu  erfüllen,  muß  er  ihn  an  einen  Heiden  verkaufen.^ 

§  11.  Wer  darf  Sklaven  halten? 

Frauen  dürfen  nur  Sklavinnen,  aber  keine  Sklaven  halten, 
damit  man  sie  nicht  der  Unzucht  verdächtige.  ^ 

1  Ibid.  1.  c:  nmroEÖ-ij,' ^-*>  inr^x  loco  ^h  ncs  'nm  hzi  'x^'^'s  '3-n  n'or?:  pm  nhv 
•i'j)üh  xSt?  n:o  h).'  m  inp^t:-  nr  irD"pS.  „Welchen  unbeschnittenen  Sklaven  darf  man 
halten?  Den,  welchen  der  Herr  unter  der  ausdrücklichen  Bedingung  gekauft 
hat,  ihn  nicht  zu  beschneiden." 

2  Ibid.  1.  c:  hü  nh  cnn  iB'y  d'je*  tv  loy  ^j^jo  SioS  n^f-i  xSi  'un  jö  ^3J7  npihn 
n^aS  njQl  inn.  „Wenn  einer  einen  Sklaven  von  einem  Heiden  kauft  und  der 
Sklave  gich  weigert,  sich  beschneiden  zu  lassen,  wartet  er  zwölf  Monate;  will  er 
auch  dann  nicht,  so  soll  er  ihn  einem  Heiden  zurück  verkaufen." 

3  Baraitha  Baba  Mezia  71":  pi^riti'  pi  wiyjn  nx  niip  HJ'Xi  ninDtrn  nx  nrp  ncx 
nnayn  nx  niip  qx  nrsix  '?x^'?d.i  p.  „Eine  Frau  darf  wohl  Sklavinnen  kaufer,  aber 
keine  Sklaven;  R.  Simon  ben  Gamliel  meint,  sie  dürfe  auch  Sklaven  erwerben." 
Selbstverständlich  gilt  die  erste  Ansicht,  welche  die  Majorität  repräsentiert, 
alfl  Norm.  Es  ist  daher  unbegreiflich,  wie  Krauss  (1.  c.  S.  83)  achreiben  kann 
„Frauen  .  .  .  durften  keine  hebräischen  Sklaven  kaufen ;  Frauen  nicht,  damit  sie 
nicht  in  Verruf  kämen  —  docli  brachte  es  die  Kasuistik  zustande,  zu  dekretieren, 
daß  sie  einen  heidnischen  Sklaven,  gerade  weil  er  von  lasziven  Sitten  ist,  halten 
dürfen."  Dieser  Gedanke  taucht  nur  gelegentlich  auf,  um  einen  Widerspruch 
zwischen  R.  Simon  ben  Gamliel  und  einer  Baraitha  zu  beseitigen,  hat  aber  für 
die  Norm  gar  keine  Bedeutung.  Vgl.  Joreh  Deah  267,  §  19. 


XIX 


Alle  Israeliten  sind  Burgen,  Einer  für  den 

Anderen. 

Von  Dr.  Armin  Abeles,  Wien. 

Dieser  so  oft  gebrauchte  und  ebenso  oft  mißbrauchte  Aus- 
spruch findet  sich  bereits  in  einer  der  ältesten  Quellenschriften 
der  jüdischen  Literatur,  in  Sifra  zu  III.  B.  M.  XXVI,  37:  d"« 'btt'si 
*nn  ni  cnnr  '?KnD^  '?du^  if^bri  ,rna  nw  tt'"«  k"?«  ,rna2  ^'n  "ims  irx  -rnxD.  Schon 
auf  den  ersten  Blick  ist  erkennbar,  daß  hier  nicht  von  einer  mate- 
riell rechtlichen  Bürgschaft  im  Sinne  des  römischen  Rechtes  und 
unseres  bürgerlichen  Gesetzbuches  die  Rede  ist,  sondern  vielmehr 
von  einer  solchen,  deren  Wesen  in  religiös-ethischen  Vorstellungen 
verankert  liegt.  Nach  der  Lehre  des  römischen  Rechtes  ist  Bürg- 
schaft ein  Vertrag,  durch  welchen  der  Bürge  sich  verpflichtet, 
mit  der  eigenen  Persönlichkeit  (dem  eigenen  Kredit)  als  Neben- 
schuldner in  die  Verbindlichkeit  des  Hauptschuldners  einzutreten.'* 
Für  eine  solche  Rechtslage  fehlen  in  der  genannten  Stelle  alle 
juristischen  und  materiellen  Bedingungen.  Es  handelt  sich  vielmehr 
darum,  daß,  nachdem  die  Israeliten  durch  einstimmiges  Treu- 
gelöbnis di>j  Annahme  des  sinaitischen  Religionsgesetzes  bekundeten, 
sie  dadurch  zugleich  für  dessen  strenge  Einhaltung  die  gegen- 
seitige,  religionsgesetzliche    Verantwortung    übernommen    haben.^ 

1  Ob  hier  eine  vom  massoretiachen  Text  abweichende  Lesart  oder  bloß 
eine  andere  Auffassung  vorliegt,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Die  Parallel- 
stelle in  babl.  Sanhedr.  27"  lautet:  n;;  nt  c'^ny  oSnc  lü^ro  vmt  pya  CK  -  vnK2  c"k. 

2  Vyl.  R.  Sohm,  Instit.   des  röm.  Rechtes,  S.  490. 

3  Vgl.  auch  babli  Rosch  Hasch.  29",  Raschi  s.  v.  KS»tr  q'vk  :m:iQS  ;»3iy  ?Knc"  ^r. 
Hievon  das  in  manchen  jüdischen  Gemeinden  noch  heute  übliche  Aufgeben 
des  nmv  bei  Beerdigungen,  indem  mit  dem  Tode  alle  rcligionsgesetzlichen 
Verpflichtungen  aufhören.  Die  religionsgesetzliche  Verbindlichkeit  des  einen 
für  den  anderen   hat  auch  im  Parsismus  grundsätzliche  Bedeutung.    Der  Parae 


232  Dr.  Armin  Abeles. 

Wohl  kommt  diese  auch  praktisch  dadurch  zum  Ausdruck,  daß  sobald 
eine  Verletzung  des  Religionsgesetzes  von  selten  des  A  vorliegt, 
die  B,  obwohl  er  in  der  Lage  war,  es  zu  tun,  nicht  rechtzeitig 
verhinderte,  nicht  nur  A,  sondern  auch  B  der  Strafe  verfällt;  mit  der 
Schulderfüllung  eines  Bürgen  im  romanistischen  Sinne  ist  solche 
Strafe  jedoch  schon  deshalb  nicht  vergleichbar,  weil  sie  eine  göttliche 
und  ihre  Verhängung  außerhalb  menschlicher  Willensbestimmung 
gelegen  ist.^  Der  Gedanke  der  religionsgeselzlichen  Verantwortung 
des  einen  für  den  anderen  bildet  einen  Hochpunkt  der  nachbiblischen 
Theologie  und  als  solcher  einen  Lieblingsgegenstand  agadischer  Aus- 
legung. Aber  nicht  nur  der  Gedanke,  auch  die  Form,  in  welcher  er  im 
Sifra  dargestellt  erscheint,  nämlich  die  der  Bürgschaft,  gelangt  in 
Talmud  und  Midrasch  häufig  zur  Anwendung.  So  z.  B.wird  an  einer 
weiterhin  noch  ausführlicher  zu  behandelnden  Stelle  in  babl.  Sota  37«^ 
an  der  Hand  des  Ausspruches  snir-i  Kmri  xnny,  ziffermäßig  das 
Maß  der  gegenseitigen  Verantwortlichkeit  festgestellt,  wozu  die 
Israeliten  am  Sinai  sich  verpflichtet  hatten.  In  Sinn  und  Wesen 
verschieden,   der  Form   nach  aber  gleich  sind  Stellen,   wie  Jalkut 

Prov.  VI,  1 :  D^nnr  ^b  ^:^\ r:":ipri  b"a  -^ro  in  b'j  bsnu?'  narr  nrtt^n  oder 

Tanchuma,  I.  B.  M.  XLIV,  18;  Schoch  Tob.  Ps.  VIII,  3:  ^pz^  nv^n 

DDO  irp2ö  D'n-iy  b"^ bü-\v}'^b   nmnn  nx  ]n'b  ^"■^pn;  ferner  Gant. 

rabbal,  3: o'mts  n^3-ir  'b  ix^nn  :^":ipn  b"ü  .....  ba-iW'  nöyir  nrt^n  anx 

D'3-iy  pDn:i  oaTinK  b"a.  Diese  Beispiele  ließen  sich  vermehren,-  sie 
genügen  aber,  die  Frage  als  berechtigt  erscheinen  zu  lassen: 
Welche  Veranlassung  lag  für  die  Agadisten  vor,  zur  Charakte- 
risierung des  sinaitischen  Bundesverhältnisses  sich  des  Rechts- 
begriffes der  Bürgschaft  mit  solcher  Vorliebe  zu  bedienen,  daß 
man  füglich  von  einem  Bürgschaftsmotiv  in  der  jüdischen  Literatur 
sprechen  kann?  Diese  Frage  beantwortet  sich  von  selbst,    sobald 


glaubt,  daß  es  seiner  Religiosität  nicht  genügt,  wenn  er  auf  seinen  eigenen 
Lebenswandel  bedacht  ist,  er  muß  sich  vielmehr  wie  ein  einzelnes  Glied  des 
ganzen  Körpers  betrachten  und  mit  der  gleichen  Sorgfalt  über  seine  Religions- 
genossen wachen.  Vgl.  Vendidad  I,  31  in  Ben  Chananjah  VIII,  300.  Die  Ver- 
antwortung für  die  Gesamtheit  trägt  nach  jüdischer  Auffassung  der  einzelne 
besonders  in  dem  Fall,  wenn  er  durch  Alter  und  Gelehrsamkeit  ausgezeichnet 
ist.  Vgl.  Jalkut  zu  Prov.  VI,  1 :  -ii2sn  hv  any  n'B'r^  -n'jon::?  w^v- 

1  Im  Talmud  werden  mehrere  solcher  Fälle  berichtet,  z.  B.  babli  Aboda 
Zara  18%  wo  erzählt  wird,  daß  die  Frau  des  R.  Chanina  ben  Teradjon  mit  ihrem 
Gatten  gleichzeitig  die  Todesstrafe  erlitt,  weil  sie  das  wenn  auch  nur  zu  Lern- 
und  Übungszwecken  erfolgte  Aussprechen  des  vierbuchstabigen  Gottesnamens 
durch  Chanina  nicht  verhindert  hatte. 

5  Vgl.  Abot  III,  16,  babl.  Sukka  53»,  jer.  Kilajim  IX,  3. 

II 


Alle  Israeliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen.  233 

man  sich  das  Wesen  unserer  Traditionsliteratur  vor  Augen  hält 
und  bedenkt,  daß  nicht  nur  die  Normen  der  Halacha,  sondern 
auch  die  Auslegungen  von  Midrasch  und  Agada  keinesfalls  will- 
kürliche Konstruktionen  und  traumhafte  Luftgebilde,  vielmehr  der 
Niederschlag  sind  von  Gedanken  und  Vorstellungen,  die  in  An- 
lehnung an  das  Bibelwort  jahrhundertelang  im  tiefen  Grunde 
des  Volksbewußtseins  lebten  und  von  dort  aus  mit  lebensvoller 
Kraft  immer  wieder  an  die  Oberfläche  strebten.'  Ob  und  inwieweit 
diese  Erkenntnis  auch  auf  die  „Bürgschaft"  anwendbar  ist,  soll  in 
Nachfolgendem    an    einigen  Funkten   zu  zeigen  versucht   werden. 


Im  Pentateuch,  der  klassischen  Rechtsquelle  für  das  israeli- 
tische Altertum,  ist  von  einer  Begründung  oder  Abwicklung  des 
Rechtsverhältnisses,  das  wir  mit  dem  Wort  „Bürgschaft"  bezeichnen, 
keine  Spur  zu  finden.  Diese  Tatsache  bietet  zunächst  nichts  Auf- 
fallendes. Denn  die  Zeiten  und  Verhältnisse,  die  im  Fünfbuch  ge- 
schildert oder  vorausgesetzt  werden,  entsprechen  der  untersten 
Stufe  wirtschaftlicher  und  sozialpolitischer  Gliederung.  Die  Bürg- 
schaftsverpflichtung setzt  aber  schon  eine  gewisse  Kompliziertheit 
des  Handels  und  Kreditwesens  voraus,  für  welche  die  Bevölkerung 
des  biblischen  Israel,  die  beinahe  ausschließlich  Viehzucht  und 
Ackerbau  getrieben,  offenbar  keinerlei  Verständnis  hatte.  Das 
bißchen  Handel,  worauf  einzelne  Bestimmungen  im  3.  und  5.  Buch 
Bezug  nehmen,  bewegt  sich  in  den  primitivsten  Formen.  Von 
einem  mit  dem  Handel  notwendig  zusammenhängenden  Kredit- 
system weiß  die  mosaische  Gesetzgebung  nichts,  ihr  sind  noch 
allo  Schuldverhältnisse  lediglich  in  der  Armut  einzelner  begründet.- 
Gleichwohl  wäre  aber  nichts  verfehlter  als  die  Annahme,  daß  die 
Bürgschaft  in  keiner  wie  immer  gearteten  Form  bekannt  gewesen 
war  in  altisraelitischer  Zeit.  Dagegen  spricht  schon  die  Tatsache, 
daß  die  Darstellung  des  wichtigsten  Ereignisses  in  der  Geschichte 
Israels,  die  Bundesschließung  am  Sinai,  von  bürgschaftsrechtlichen 
Gedanken  getragen  erscheint.  Denn  bei  Licht  betrachtet,  erweist 
sich  in  der  Darstellung  von  II.  B.M.  XXIII  und  XXIV  der  sinaitische 
Bund  als  ein  Vertrag,  abgeschlossen  zwischen  zwei  Kontrahenten, 
deren  rechtspersönlicher  Charakter  daraus  erhellt,  daß  beide  für 
die    genaue    Einhaltung    des  Vertrages    eine    bürgschaftliche  Ver- 


*  Vgl.  J.  H.  Weias,  i'Enm  in  in,  Bd.  I,  Abschnitt  1. 
"  Vgl.  auch  Benzinger,  Ilebräiache  Archäologie,  S.  349. 


m 


234  Dr.  Armin  Abeles. 

pflichtung  eingehen,  wobei  aber  nicht  stark  genug  betont  werden 
kann,    daß  diese  weit  entfernt  ist,    eine  Bürgschaft  im  romanisti- 
schen Sinne  dieses  Rechtsbegriffes  darzustellen,   dessen  Wesen  ja 
darin    besteht,    daß    der  Bürge    in    die  Verpflichtung    des   Haupt- 
schuldners akzessorisch  als  Nebenschuldner  eintritt.  Es  ist  darunter 
vielmehr  ein  Verhältnis  gegenseitiger  Verpflichtung  in  dem  Sinne 
zu  verstehen,    wie    er    den  sozialen  Gestaltungen   und  rechtlichen 
Verhältnissen    der    Zeit    entspricht,    auf    welche    die    bezeichnete 
biblische  Darstellung  hinweist.  Dem  Kenner  der  Kulturgeschichte 
braucht  nicht  erst  besonders  bewiesen  zu  werden,   daß   die  patri- 
archalische Stammes   und  Geschlechterverfassung  bei  den  antiken 
Völkern  zentrale  Bedeutung  hatte,  wie  sie  solche  bei  den  niederer 
or  >anisierten  Völkern    noch    heute    besitzt.    Im  Beginn    ihres    ge- 
schichtlichen  Werdeganges  sind  Stamm   und  Geschlecht  bei  allen 
Völkern  nicht  nur  die  Grundlagen    des  sozialen  Lebens,    sondern 
auch  die  Quelle,  aus  der  alles  Recht  und  alle  Sitte   erflossen.   So 
war,  um  nur  ein  Beispiel  anzuführen,    in    der   Vorzeit    der   römi- 
schen Geschichte  der  Staat  ein  Geschlechterstaat,    das  Geschlecht 
(die  Sippe),  die  Keimzelle  des  römischen  Staates  gewesen.  Politisch 
und  wirtschaftlich    lebte    der    einzelne    nur    durch    seine  Familie, 
diese    wiederum    nur    im    Schutz    und    Schirm    der    Sippe    (gens), 
während  die  letztere  durch  das  Band  der  Kurie  (curia)  umschlossen 
war.    Nach  dem  Recht  der  Zehntafelu   ist  die  gens  —  der  nneu;» 
m  alten  Israel  entsprechen  die  gentes  der  Italiker  und   die  ysvrj 
der  alten  Griechen,   dem  ntsa  die  Kurien  und  Phratrien  —  wenn 
auch  nicht  mehr  als  politische,    so    doch   als   vermögensrechtliche 
Einheit  anzusehen.   Sie  haftet  durch  den  Geschlechtsältesten,   aus 
dessen  Stellung  das  Königtum  hervorgewachsen  war,  für  die  Schuld 
ihrer   Angehörigen,    zahlt    die    Strafe,    die    sie    nicht    aufbringen 
können,    das    Lösegeld   für  in  Gefangenschaft  geratene  Genossen 
und  gegebenenfalls  das  Wehrgeld  als  Ablösung  für  den  von  einem 
Stammesgenossen  verübten  Totschlag.^  Ein  flüchtiger  Blick  in  die 
Bibel    läßt    uns    für   die    altisraelitische    Zeit   den   nämlichen  Tat- 
bestand erkennen.  Das  im  mosaischen  Gesetz  kodifizierte  Familien-, 
Erb-  und  Strafrecht  kann  nur   aus  Verhältnissen  hervorgegangen 
iredacht  werden,  wie  solche  das  Stammes-  und  Geschlechterleben 
gezeitigt  hatten.    Das  Kriterium    des  Stammes-  und   Geschlechter- 
lebens,   die    gegenseitige  Haftung    der  Gentilen  ist  auch  im  alten 
Israel   von    grundsätzlicher   Bedeutung.    Familie,    Geschlecht   und 

1  Vgl.  Sohm  a.  a.  O.  S.  40;    Mommsen,  Römisches  Staatsrecht  III,  S.  2.'i; 
Stade,  Geschichte  des  Volkes  Israel  I,  369  ff. 

IV 


Alle  Israeliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen.  235 

Stamm  sind  auch  hier  zivil-  und  strafrechtliche  Einheiten  und 
als  solche  moralisch  und  materiell  haftbar  für  und  nötigenfalls 
auch  gegeneinander.  Beispielshalber  sei  hier  auf  V.  B.  M.  XXI 
hingewiesen,  wo  über  das  Opfer  berichtet  wird,  das  die  „Ältesten" 
als  die  Vertreter  einer  Stadt  gebracht  hatten,  in  deren  Nähe  man 
einen  Erschlagenen  gefunden,  dessen  Mörder  unbekannt  geblieben 
ist.  Sozusagen  vor  unseren  Auyen  übernehmen  hier  die  n';pT  die 
rechthche  Haftung  für  das  von  ihnen  repräsentierte  „Geschlecht" 
und  sie  bringen  dieselbe  durch  eine  kultische  Handlung  zum 
Ausdruck,  indem  sie  ihre  Hände  über  einer  zur  Sühnung  be- 
stimmten Kuh  waschen  und  dabei  die  eidesstattliche  Versicherung 
ihrer  Unschuld  geben.  Wäre  der  Mörder  jenes  auf  dem  Felde 
gefundenen  Erschlagenen  nicht  unbekannt  geblieben,  so  wäre  ihm 
nach  altisraelitischer  Rechtssitte  aus  dem  Kreis  der  Familien-  und 
Stammesangehörigen  des  Ermordeten  ein  Mann  entgegengetreten, 
dem  es  oblag,  die  Bluttat  zu  rächen,  oder  als  Ablösung  ein  Wehr- 
geld von  der  Familie  des  Totschlägers  entgegenzunehmen.  Freilich 
war  auf  der  anderen  Seite  auch  der  Totschläger  durch  seine  Ge- 
schlechter- und  Stammesgenossen  vor  Übergriffen  seitens  des 
Bluträchers  geschützt,  so  daß  hier  Stamm  gegen  Stamm  als 
Rechtssubjekte  mit  gegenseitiger  Haftverpflichtung  sich  gegen- 
überstehen.^  Nicht  minder  lehrreich  ist  Josua  VH,  der  Bericht  über 
den  Diebstahl,  den  Achan,  ein  Mann  aus  dem  Stamme  Juda,  an  dem 
geheiligten  Tempelschatz  verübt  hatte.  Nicht  nur  ist  hier  die  mora- 
lische und  rechtliche  Wirksamkeit  der  Haftung  des  Stammes  für 
den  einzelnen  über  allen  Zweifel  sichergestellt,  sie  tritt  auch  praktisch 
dadurch  in  Kraft,  daß  für  das  begangene  crimen  zunächst  der  tisc' 
dann  die  nnsu>!a  und  schließlich  das  rr^a,  eines  nach  dem  anderen 
zur  Verantwortung  gezogen  werden,  um  schließlich  durch  Voll- 
ziehung der  Todesstrafe  an  dem  der  Tat  überwiesenen  Täter  den 
rechtlichen  Abschluß  zu  finden.  Schon  aus  den  bisherigen  Aus- 
führungen erhellt  zur  Genüge,  daß  die  Bürgschaft  in  altisraelitischer 
Zeit  eine  direkte  Folge  der  stammesrechtlichen  Sitte  ist.  Freilich  ist 
der  stammesrechtliche  Bürge  nicht  Bürge  im  Sinne  der  Romanistik. 
Er  ist  nicbt,  wie  dieser,  akzessorischer  Schuldner,  der  neben  dem 
Hauptschuldner  dasselbe  (idem)  wie  dieser  zu  leisten  sich  ver- 
pflichtet, sondern  ähnlich  wie  im  altgriechischen  und  mehr  noch 
im  altbabylonischen  Recht,  Hafter,  der  unabhängig  von  dem  Inhalt 
der  Hauptschuld  durch  sein  Eintreten  mit  seinem  Körper  den  Ge- 


1  Vgl.  auch  II.  B.  M.  XXI,  30;  IV.  B.  M.  XXXV,  12,  19,  26  [.Tjy]. 


236  Dr.  Armin  Abeles. 

schlechter-  oder  Stammesaugehörigen  vor  dem  Angriff  eines  feind- 
lichen Dritten,  oder  —  ins  privatrechtliche  Gebiet  übertragen  — 
den  Schuldner  vor  dem  Zugriff  des  Gläubigers  beschützt'  Von 
solcher  oder  ähnlicher  Art  scheint  die  Bürgschaft  in  der  erwähnten 
Darstellung  des  Aktes  der  sinaitischen  Bundesschließung  zu  sein. 
Ist  dabei  auch  von  einer  ausdrücklichen  Übernahme  moralischer 
oder  materieller  Haftung  nicht  die  Rede,  so  genügt  es  doch,  sich 
II.  B.  M.  XXIII,  XXIV  genau  anzusehen,  um  den  bürgschaftlichen 
Charakter  dieses  Berichtes  zu  erkennen:  Gott  als  Bürge  für  die 
Stämme  Israels,  die  siebzig  Ältesten  als  Vertreter  dieser  Stämme, 
beide  als  bürgschaftsrechtliche  Subjekte  in  wechselseitiger  Haftung 
füreinander.  Der  Inhalt  der  letzteren  besteht  darin,  daß,  während 
die  Stämme  die  Verpflichtung  auf  Einhaltung  des  auf  zwölf  Denk- 
steinen für  die  zwölf  Stämme  Israels  niedergeschriebenen  Vertrages 
übernehmen,  Gott  einerseits  sich  verbürgt,  Israel  vor  den  Angriffen 
feindlicher  Stämme  zu  beschützen  =  -jn-i::  riK  Ti"!^!  T'n'x  nx  'n3"'Ki, 
wobei  auch  die  kultische  Handlung  nicht  fehlt,  durch  die 
nach  antiker  Rechtssitte  die  Bürgenverpflichtung  in  den  Rang 
der  Rechtsgültigkeit  erhoben  ward.-  Wie  sehr  diese  Auffassung 
von  der  Bürgschaft  noch  in  eine  Zeit  hineinreicht,  in  welcher 
die  Geschlechterverfassung  in  Israel  zu  bestehen  längst  auf- 
gehört hat,  beweisen  Stellen  wie  Ps.  CXIX,  122;  Jes.  XXXVIII,  14; 
Job  XVII,  3;  woselbst  das  Verbum  nnr,  der  Terminus  für  «bürgen" 
in  der  biblischen  und  talmudischen  Literatur,  als  Paraphrase  für 
die  Bitte  um  Gewährung  eines  wirksamen  Schutzes  seitens  Gottes 
gebraucht  wird.^  Die  Wahrscheinlichkeit  dieser  Aufstellungen  wird 
durch  die  Analogie  in  anderen  Rechten  erhöht.  Zunächst  sei 
darauf  hingewiesen,  daß  bei  Völkern  mit  niederen  Organisations- 
formen die  Bürgschaft  noch  heute  nicht  sowohl  vermögens- 
rechtlichen,   als    vielmehr    politischen    und   prozessualen  Zwecken 


1  Vgl.  Koschaker,  Babyl.-Assyr.  ßürgschaftsrecht  1911,  S.  6. 

2  Vgl.  II.  B.  M.  XXIII,  22;  XXIV,  1—10. 

3  Hätte  die  Bürgschaft  um  jene  Zeit,  aus  welcher  die  oben  bezeichneten 
Stellen  stammen,  die  romanistische  Bedeutung  eines  akzessorischen  Schuld- 
versprechens gehabt,  dann  wären  Ausdrücke,  wie  z.  B.  'jaij?  '^  npci"  in  Jes. 
XXXVIII,  14  nicht  leicht  zu  erklären.  Erst  unter  der  Voraussetzung,  daß  diese 
Bürgschaft  Haftung  mit  dem  Leibe  ist,  gelangt  man  zur  Erkenntnis,  daß,  je 
kritischer  solcherart  die  Lage  des  Bürgen  war  —  er  verpflichtete  sich  mit  seinem 
Leibe,  für  den  Schuldner  einzutreten  —  desto  gesicherter  die  des  Gebürgten, 
so  daß  vom  Standpunkte  des  letzteren  das  Wort  „aiv"  in  Wirklichkeit  „be- 
schützen" bedeutet. 

VI 


Alle  Israeliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen.  237 

dient,'  ferner,  daß  auch  das  deutsche  „bürgen"  von  Haus  aus  die  Be- 
deutung „beschützen"  hat,  wie  überhaupt  der  älteste  gernaanische 
Bürgschaftsvertrag  ein  Schutz-  und  Vergeiselungsvertrag  ist.^ 
Noch  deutlicher  tritt  die  Analogie  im  altbabylonischen  Bürg- 
schaftsrecht in  Erscheinung.  In  manchen  altbabylonischen  Rechts- 
urkunden dient  als  technische  Bezeichnung  für  Bürge  =  mukil 
qaqqadisu,  wörtlich,  der  das  Haupt  (des  Schuldners)  hält,  d.  i. 
ihn  beschützt.  Mit  Zuhilfenahme  der  in  den  altbabylonischen 
Briefen  unter  den  Segenswünschen  an  den  Adressaten  häufig  be- 
gegnenden Redewendung  „dein  Schutzgott  möge  dein  Haupt  zum 
Glücke  halten"  (resäm  kullu),  deren  Ähnlichkeit  mit  mts"?  -j-or  ^^s 
in  Ps.  CXIX,  122  nicht  zu  verkennen  ist,  wird  dieser  Ausdruck 
dahin  erklärt,  daß  der  altbabylonische  Bürge  durch  sein  Eintreten 
den  Schuldner  dem  Zugriff  des  Gläubigers  entzieht.^  Aber  nicht 
nur  die  bürgschaftsrechtlichen  Termini,  sondern  auch  die  diesem 
zugrundeliegenden  Rechtsgedanken  weisen  zwischen  Bibel  und 
Babel  eine  gewisse  Ähnlichkeit  auf:  ,Wo  Tarämsagila  feindlich 
ist,"  heißt  es  in  einem  altbabylonischen  Ehevertrag,  „wird  auch 
Iltani  zürnen,  wo  sie  freundlich  ist,  wird  auch  Iltani  es  sein."^ 
Wenn  sonach  dieser  Abschnitt  mit  der  Behauptung  eingeleitet 
wurde,  daß  die  Bürgschaft  im  Fünfbuch  nicht  vorkommt,  so  muß 
auf  Grund  der  bisherigen  Darlegungen  diese  Behauptung  dahin 
ergänzt  werden,  daß  in  der  Zeit,  aus  welcher  die  mosaische  Rechts- 
gesetzgebung stammt,  die  Bürgschaft  den  Boden  des  Stammes- 
rechtes, auf  welchem  sie  sich  im  Pentateuch  vorfindet,  noch  nicht 
verlassen    hat,    um    in    die  Sphäre    des   Privatrechtes    einzutreten. 


1  Prozessualen  Zwecken  diente  die  Bürgacliaft  auch  im  altrömischen  Prozeß. 
Schon  in  ältester  Zeit  mußte  im  römischen  Zitationsvadium  zur  Sicherung  der 
Pflichterfüllung  im  Prozeß,  z.  B.  für  das  Erscheinen  vor  Gericht,  für  die  Be- 
stellung eines  Praes  oder  vas  gesorgt  werden,  der  als  Geisel  mit  seinem  eigenen 
Leibe  für  die  Pflichterfüllung  seitens  des  Hauptverpflichteten  haftete.  Eine  ähn- 
liche Art  prozessualer  Bürgschaft  (Geiselschaft)  liegt  vor  in  I.  B.  M.  XLIl, 
15—20,  wo  der  Bürge  in  leibliche  Bürgenhaft  [ic.x'  nn«  QO^nN]  zur  Sicherung 
der  Pflichterfüllung  der  Hauptverpflichteten  genommen  wird.  Vgl.  zum  Ganzen 
Sohm  a.  a.  O.  S.  71;  Post,  Grundriß  der  ethnologischen  Jurisprudenz  II,  S.  664. 

2  Post  a.  a.  0.  Amira,  Nordgermanisches  Obligationsrecht  S.  45. 

3  Vgl.  Meissner,  Beitr.  zum  altbabyl.  Privatrecht  S.  3S8  und  Koschaker 
a.  a.  O.  S.  3. 

*  Vgl.  Schorr,  Urk.  d.  altbabyl.  Zivil  und  Proz.  1913,  Nr.  4,  21-23  und 
Torczyncr  W.  Z.  K.  M.  XXVIII,  S.  414,  der  zur  obigen  Stelle  bemerkt:  J.  ver- 
pflichtet sich,  T.'s  Feinde  gleichfalls  als  ihre  Feinde  zu  betrachten,  gegen  ihre 
Freunde  aber  hilfreich  zu  sein.  Ein  ähnliches  Verpflichtungsverliältnis  liegt  nach 
Torczyner  auch  in  I.  B.  M.  XII,  3  vor:  ikk  i'rSpoi  -;>212C  noirKi. 

VII 


238  Dr.  Armin  Abeles. 

Neben  den  positiven  Beweisen,  die  wir  für  die  Richtigkeit  dieser 
Aufstellung  erbracht  zu  haben  glauben,  bildet  das  Fehlen  der 
Bürgschaft  in  den  Sätzen  dos  mosaischen  Privatrechtes  ein  nicht 
zu  unterschätzendes  argumentum  e  silentio. 

IL 

Wie  der  gegenwärtige,  in  der  Weltgeschichte  einzig  dastehende 
Krieg  in  seinen  letzten  Ursachen  und  Ergebnissen  ein  Welt  Wirtschafts- 
krieg ist,  so  haben  wirtschaftliche  Umwälzungen  auf  die  Gestaltung 
des  politischen  und  sozialen  Lebens  der  Völker  zu  allen  Zeiten 
einen  entscheidenden  Einfluß  ausgeübt.  In  Rom  hat  schon  im  Be- 
ginn der  Königszeit  das  Aufkommen  des  Privateigentums  des 
einzelnen  zur  Auflösung  der  Geschlechterverfassung  und,  im 
weiteren  Verlauf,  da  Rom  zum  Träger  des  Welthandels  geworden 
war,  dieser  zur  Umwandlung  des  einseitigen  und  national-formalen 
jus  civile,  in  das  klassische  jus  gentium  geführt. ^  Gleiche  Ursachen 
werden  ihre  Wirkungen  auch  in  Palästina  nicht  verfehlt  haben. 
Der  Übergang  vom  Nomadentum  zur  Seßhaftigkeit,  mehr  aber 
noch  der  bereits  zur  Königszeit  mächtig  aufblühende  Handel,  der 
den  Ackerbau  allmählich  lahmlegte,  dürften  auch  an  der  jüdischen 
Bev(')lkerung  Palästinas  nicht  spurlos  vorübergegangen,  vielmehr 
die  Ursache  so  manch  einer  Umbildung  und  Umwälzung  im 
Leben  des  einzelnen  wie  der  Gesamtheit  gewesen  sein.-  Und  wie 
das  Recht  im  allgemeinen,  ist  das  Bürgschaftsrecht  im  besonderen 
davon  nicht  unberührt  geblieben.  Haben  wir  im  vorigen  Abschnitt 
das  Fehlen  der  Bürgenobligation  im  Fünfbuch  als  natürliche 
Folgeerscheinung  der  primitiven  sozialen  und  wirtschaftlichen 
Verhältnisse  zu  erklären  versucht,  die  in  ihm  vorausgesetzt  er- 
scheinen, so  genügt  ein  Blick  in  Bücher  wie  Proverbia,  Job, 
Ezechiel,  Nehemia,  um  den  völlig  geänderten  Kurs  wahrzunehmen. 
Hier  erscheint  die  Bürgschaft  bereits  als  selbstverständlicher  Behelf 
und  notwendige  Begleiterscheinung  von  Handel  und  Wirtschaft, 
so  sehr,  daß,  um  nur  eines  zu  erwähnen,  der  bürgschaftsrechtliche 
Terminus  r-r  in  diesem  Literaturkreis  einerseits  bereits  als  Aus- 
druck  metaphorischer  Redewendungen,  dann  aber  auch  für  die 
Bezeichnung  des  Handels  schlechtweg  verwendet  wird."^  Damit  ist 


1  Mommsen,  Römische  Geschichte  I,  S.  46;  Sohm  a.  a.  O.  §  10. 
1  Benzinger,   Hebr.  Archäol.,  Abschnitt  I. 

3  Job  XVII,  3;  Ezech.  XXVII,  9,  17;  Neh.  V,  2,  statt  D'2-]  vermutlich  a'3-ij; 
zu  lesen,  wie  Neh.  V,  3. 

VIII 


Alle  Israeliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen.  239 

nicht   gesagt,    daß    der    Rechtsbegriff    der   Bürgschaft    in    dieser 
Epoche    bereits    die    Höhe    erreicht    hat,   auf  der  wir  ihn  im  ent- 
wickelten römischen  Recht  sehen.  Vielmehr  machen  Terminologie, 
der    Formalismus    des    Verbürgungsaktes    und    zahlreiche,    wegen 
der  Knappheit    des    zur  Verfügung  stehenden  Raumes  hier  nicht 
näher    zu    erörternde,    innere    Momente    es    höchstwahrscheinlich, 
daß    im  Rechtsleben    der    biblischen    Zeit    der  Bürge    noch  Leib- 
bürge ist  und  die  Bürgschaft  einen  durch  das  Handsymbol  (Hand- 
reichung, Handschlag)  charakterisierten  Formalakt  darstellt,  durch 
welchen    der   Bürge    seine    Person   (seinen  Leib)    der   Gewalt    des 
Gläubigers  unterwirft,    um    ihm    für  den  Fall,   daß  der  Schuldner 
nicht  erfüllt  oder  vor  Gericht  erscheint,  zur  Verfügung  zu  stehen. 
Aus  der  Fülle  der  Beispiele,  welche   diesen   Tatbestand  erhärten, 
sei    hier,    gleichsam    als    Stichprobe,    Frov.  VI,  1    hervorgehoben: 
„Mein  Sohn,    hast  du  gebürgt  für  deinen  Nächsten,    bist    du  ver- 
strickt durch  die  Reden  deines  Mundes,    so  trachte,    daß  du  dich 
errettest.  Denn  du  bist  geraten  in  die  Hand  (Gewalt  -]:-!  rp::)  deines 
Nächsten,  rette  dich  wie  eine  Gazelle   aus   seiner  Gewalt,    wie  ein 
Vogel  aus  der  Hand  des  Vogelstellers."  Hier  wird  klar  und  deut- 
lich gesagt,    daß    der  Bürge    nicht  Schuldner,    sondern  Hafter  ist, 
der  durch  sein  vom  Handritus  (r^r)  begleitetes  Eintreten  der  Zu- 
griffsmacht   des    Gläubigers    ebenso    verfallen   ist,    wie  der  Vogel 
der  Gewalt  des  Vogelstellers,  während  in  Frov.  XXII,  28  die  Rechts- 
folgen einer  solchen  Haftung  dahin  beschrieben  werden,    daß  bei 
Eintritt    des    Bürgschaftsfalles    die    Zugriffsmacht    des   Gläubigers 
nicht  den  Schuldner,  sondern  zu  allererst  den  Bürgen  trifft,  eine 
Annahme,    die    durch    die  Analogie    in    den    altgermanischen  und 
altbabylonischen  Rechten  vollauf  bestätigt  wird.^  In  ganz  anderem 
Licht  erscheint  die  Bürgschaft  in  der  Literatur  des  Talmuds  und 
Midrasch,  ist  also  auch  hier  ein  getreuer  Spiegel  der  sozialen  und 
wirtschaftlichen     Zeitverhältnisse.    Wir    wissen,    daß    schon    eine 


1  Vgl.  Koschaker  a.  a.  O.  227;  Nowack,  Kommentar  zu  Proverbia,  S.  39, 
der  allerdings  die  Ansicht  vertritt,  daß  unter  yn  und  -ir  nicht  der  Gläubiger, 
sondern  der  Schuldner  zu  verstehen  ist,  dem  auch  der  Handschlag  des  Bürgen 
gegolten  habe.  Gleichwohl  iiindert  dieso  Auffassung,  gegen  welche  nicht  nur 
das  Zeugnis  der  Septuaginta,  sondern  auch  vielfache,  von  mir  an  anderer  Stelle 
hervorgehobene  juristische  Redenken  sprechen,  Nowak  nicht,  anzunehmen,  daß 
der  Bürge  der  Gewalt  des  Gläubigers  unterworfen  war.  Natürlich  schließt  das 
Vorhandensein  der  Leibbürgschaft  die  Konl^urrenz  der  Sachhaftung  im  biblischen 
Recht  keineswegs  aus,  vgl.  Prov.  XXII,  28.  Indessen  greifen  alle  diese  Fragen 
tief  in  das  biblische  Bürgschaftsrecht  ein,  dessen  Behandlung  nicht  im  Plan 
dieser  Arbeit  gelegen  ist. 

IX 


240  Dr.  Armin  Abeles. 

geraume  Zeit  vor  dem  Untergang  des  jüdischen  Reiches  die 
römische  Kultur  in  alle  Poren  der  jüdischen  Bevölkerung  Palästinas 
eingedrungen  war.  Die  römischen  Prokuratoren  hatten  das  Steuer-, 
Zoll-  und  Finanzwesen  ganz  nach  römischem  Muster  ausgestaltet 
und  mit  ihrer  Macht  sicherlich  auch  in  die  Sphäre  aller  anderen 
Rechtsangelegenheiten  eingegriffen. ^  Ein  ansehnlicher  Teil  der 
jüdischen  Bevölkerung  wohnte  aber  auch  in  Babylonien  und  hatte 
dort  eine  Bevölkerung  um  sich,  die  seit  längster  Zeit  im  Besitze 
gefestigter,  auf  einem  hochentwickelten  Urkundenwesen  beruhender 
Rechtsverhältnisse  gewesen  war.  Es  ist  ganz  undenkbar,  daß  die 
privatrechtlichen  Verhältnisse  der  damaligen  Judenheit  von  alle- 
dem unberührt  geblieben  sind.  Es  lassen  sich  vielmehr  deutliche 
Spuren  von  dem  Einfluß  nachweisen,  den  Rom  und  Babel  auf 
das  im  Talmud  behandelte  Privatrecht  im  allgemeinen  und  das 
Bürgschaftsrecht  im  besonderen  ausgeübt  hatten.  So  ist  denn 
auch  der  talmudische  nnr  ein  ganz  anderer  als  der  nanr  rsiP  der 
biblischen  Zeit.  Er  ist  nicht  „Geisel",  auch  kein  „Handschläger", 
er  gewinnt  vielmehr  allmählich  die  Bedeutung,  die  ihm  im  ent- 
wickelten römischen  Recht  als  akzessorischer  Schuldner  inne- 
wohnt. Diese  Umwandlung  zeigt  sich  vor  allem  darin,  daß  in  der 
talmudischen  Literatur  mit  wenigen  Ausnahmen  alle  die  juristi- 
schen Einzelfälle  behandelt  werden,  welche  das  römische  Bürg- 
schaftsrecht aufweist,  dann  aber  auch,  daß  an  Stelle  der  in  alt- 
israelitischer  Zeit  allgemein  üblichen  mündlichen  Abschließung 
von  Rechtsgeschäften  der  Brauch  der  Beurkundung,  also  auch 
der  Bürgschaftsurkunde  getreten  war,  womit  aber  keineswegs 
gesagt  ist,  daß  das  objektive  talmudische  Recht  die  Schrift- 
lichkeit  zu  einem  unerläßlichen  Fordernis  der  Bürgschaft  gemacht 
habe.' 


^  Vgl.  Schürer,  Geschichte  des  jüdischen  Volkes  I,  §  17. 

2  Eb  scheint  vielmehr,  daß  beide  nebeneinander  einhergingen.  Fälle,  wie 
die  in  babli  Baba  Bathra  nG*"  fn  n>2l  21^,'  10  NnaSni  oder  babli  Baba  Bathra  175'' 
pica  IHK  n«  p:inn  nn  behandelten,  sind  wohl- kaum  anders  als  unter  dem  Gesichts- 
punkt mündlicher  Vereinbarung  vorstellbar.  Anderseits  werden  genaue  Be- 
stimmungen mitgeteilt,  in  welcher  Form  die  Unterschrift  des  Bürgen  zu  erfolgen 
habe,  um  die  Urkunde  in  den  Rang  eines  rechtskräftigen  Vertrages  zu  erheben. 
Vgl.  babli  Baba  Bathra  176*  "it:B'  ninn  inj<S  Ni*rn  an;*.  Solche  Umwandlungen 
vollziehen  sich  eben  nicht  abrupt,  vielmehr  geht  das  Alte  eine  Zeitlang  neben 
dem  Neuen  einher.  So  war  in  Rom  das  Geschlecht  von  vorstaatlichen  Zeiten 
her  auf  wirtschaftlichem  und  sakralem  Gebiet  auch  unter  dem  Königtum  als 
Einheit  noch  lebendig,  wie  im  späteren  römischen  Recht  die  Stipulation  aufrecht 
blieb,  nachdem  die  Bürgschaft  längst  aus  einem  Verbal-  zu  einem  Literalkontrakt 
geworden  war.  Vgl.  Mitteiß,  Reichsrecht  und  Volksrecht,  S.  459;  Sohm  a.  a.  O.  S.  40. 

X 


Alle  Israpliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen.  241 

Für  diese  Aufstellungen  bildet  ein  Schulbeispiel  der  an  der 
Spitze  dieser  Abhandlung  stehende  Ausspruch:  nn  nr  D''2ir  '?xic'''  ba. 
Im  römischen  Privatrecht  wie  auch  in  den  babylonischen  Rechts- 
urkunden nimmt  das  solidarische  Schuldverhältnis,  nach  römischem 
Rechtsausdruck  die  Korrealobligation,  einen  verhältnismäßig  breiten 
Raum  ein,  jedoch  ist  der  Rechtsbegriff,  welcher  diesem  Terminus 
zugrunde  liegt,  in  den  beiden  Rechtsquellen  ein  verschiedener. 
Die  Verschiedenheit  bezieht  sich  nicht  bloß  auf  den  Formalismus  der 
Verbürgung,  sondern  auch  auf  das  Meritum  des  Begriffes  selbst. 
Das  Wesen  der  römischen  Korrealobligation  besteht  darin,  daß  zwei 
oder  mehrere  ein  Darlehen  aufnehmen,  wobei  jeder  expressis  verbis 
auf  Rückzahlung  der  ganzen  Summe  haftet.  Die  weitere  Folge  davon 
ist,  daß  die  Leistung  des  einen  Korrealschuldners  die  anderen  befreit, 
d.  h.  daß  durch  die  Befriedigung  des  Gläubigers  seitens  eines 
Korrealschuldners  das  ganze  Schuldverhältnis  für  alle  Beteiligten 
aufgehoben  wird.  Die  Korrealobligation  ist  sohin  ein  gemeinsamer 
Schuldvertrag,  aus  dem  formell  oder  inhaltlich  deutlich  hervor- 
gehen muß  —  ursprünglich  durch  die  Form  der  korrealen  Stipu- 
lation, später  durch  eine  besondere  Klausel  solidarischer  Verein- 
barung —  daß  nicht  Teilschuld,  sondern  Gesamtschuld,  d.  i,  auf 
das  Ganze  der  Schuld  gerichtete  solidarische  Verpflichtung  der 
am  Vertrage  Beteiligten  gewollt  ist.  Erst  durch  diese  positive 
Vereinbarung  oder  Solidarberedung  wird  das  gemeinsame  Schuld- 
verhältnis zum  korrealen  Vertrag.'  Anders  verhält  es  sich  mit  dem 
solidarischen  Schuldverhältnis  in  den  babylonischen  Rechtsquellen. 
Wohl  weisen  zahlreiche  neubabylonische  Rechtsurkunden  eine 
typische  Formel  für  die  solidarische  Vereinbarung  der  Haftung 
auf,  aber  die  vielen  anderen,  in  denen  eine  solidarische  Haftung 
auch  ohne  formelle  Vereinbarung  gegeben  erscheint,  beweisen,  daß 
die  letztere  zwar  die  Regel,  keineswegs  aber  ein  unerläßliches 
Erfordernis  der  rechtskräftigen  Begründung  des  neubabylonischen 
Solidarschuldvertrags  bildete.  Zur  Statuierung  der  solidarischen 
Haftung  mehrerer  Schuldner  wird  in  den  babylonischen  Urkunden 
am  häufigsten  die  Formel  (Klausel)  verwendet:  igten  put  sani  nasu  = 
„einer  ist  für  den  anderen  Bürge",  und  zwar  in  der  Regel  am 

1  Vgl.  Soliai  16,  466,  dagegen  Pineles,  Solidarhaftung  und  Teilliaftung, 
in  Gaius  1910,  S.  0,  der  gegen  diese  herrsclionde  Lehre  des  römischen  Rechtes 
Stellung  nimmt  und  nachzuweisen  sucht,  daß  die  Form  der  altröraischen  Stipu- 
lation für  die  Begründung  der  Solidarhaftung  völlig  belanglos  ist.  Erst  für  die 
jüngere  Stipulationsurkunde  und  die  später  zur  Anerkennung  gelangten  Kon- 
trakte sei  die  Hervorhebung  der  Solidarhaftung  durch  eine  besondere  Klausel 
statuiert  worden. 

Festschrift.  ig 

XI 


242  Dr.  Armin  Abeles. 

Schlüsse  der  Urkunde  vor  den  Zeugennamen.  ^  Während  solcherart 
das  Grundsätzliche  der  römischen  Korrealobligation  darin  gelegen  ist, 
daß  jeder  Solidarschuldner  das  Ganze  schuldet  mit  der  Maßgabe,  daß 
der  Leistung  eines  jeden  von  ihnen  gesamtbefreiende  Wirkung  zu- 
kommt, liegt  der  Schwerpunkt  der  babylonischen  Solidarschuld- 
haftung  darin,  daß  die  Schuldner  in  wechselseitiger  Bürgschaft  zu- 
einander treten.  Jeder  der  am  Vertrage  Beteiligten  ist  zugleich 
Schuldner  des  Gläubigers  und  Bürge  für  seine  Genossen.  Wie  dieses 
Doppelverhältnis  näher  beschaffen  ist,  ob  hier  Gesamtschuld  und 
Gesamthaftung  vorliegt,  nach  außen,  d.  i.  dem  Gläubiger  gegenüber, 
Teilschuld  und  Teilhaftung  im  Verhältnis  nach  innen,  d.  i.  unter 
den  Mitschuldnern,  alle  diese  und  ähnliche  Fragen  lassen  sich 
angesichts  der  Farblosigkeit  der  babylonischen  Solidarhaftungs- 
klausel auch  für  das  babylonische  Recht  nur  hypothetisch  be- 
antworten.- Ein  ähnlicher  Zustand  scheint  im  talmudischen  Recht 
zu  bestehen.  Aus  Stellen  wie  Jerusch.  Schebuoth  V,  1  Hin  -dv  -ik 
nt"?  m  j-'Kn"!»!  j^K-inx  ,i:h  r\i  pKS-in  pK-inK  pams  xbi  j'tk  "inxia  ^^b^  a^:^  r\ii^n 
p  iriDr  üh^  scheint  jedenfalls  ein  Dreifaches  hervorzugehen. 

a)  War  in  Palästina  ursprünglich  zur  Begründung  der  Ver- 
pflichtung zweier  Schuldner  zu  einer  gemeinsamen  Schuld 
eine  besondere  Klausel  nicht  erforderlich,  deshalb  nicht,  weil 
die  Solidarhaftung,  d.  i.  die  Haftung  jedes  einzelnen  auf 
das  Ganze,  sich  eben  von  selbst  verstanden  hat.^ 

b)  Scheint  die  Klausel,  durch  welche  die  Vereinbarung  der 
solidarischen  Haftung  der  Schuldner  festgestellt  wird,  im 
talmudischen  Solidarschuldvertrag  ganz   ähnlich  gelautet  zu 


i  Kosohaker  S.  84. 

2  Bei  der  römischen  Korrealobligation  wird  das  Innenverhältnis  der 
Schuldner  zueinander  durch  das  unterliegende  Rechtsverhältnis  bestimmt,  welches 
den  Grund  ihrer  Beteiligung  an  dem  Gesamtschuldnerverhältnis  darstellt.  Vgl. 
Sohm  S.  460. 

2  Diese  Annahme  entspricht  ganz  den  Aufstellungen,  die  wir  im  vorigen 
Abschnitt  hinsichtlich  der  altisraelitischen,  stammesrechtliclien  Bürgschaft  ge- 
macht haben,  deren  Wesen  eben  darin  besteht,  daß  gleichwie  bei  den  gentes 
der  Italiker  und  den  sogenannten  Hausgenossenschaften  der  Altgermanen  im 
alten  Israel  die  Angehörigen  des  Stammes  (Haus,  Geschlecht)  gegenseitig  für- 
einander, also  auch  für  die  Gesamtheit  der  Schulden  liafteten.  Es  entspricht 
dem  Gesetze  der  Rechtsentwicklung,  die  sich  nicht  sprungweise  vollzieht,  daß 
diese  Auffassung  noch  lange  in  Geltung  blieb,  als  die  Geschlechterverfassung 
bereits  anfgehoben  war.  Wenn  aber  der  obgenannte  Bericht  im  Jeruschalmi  mit 
den  Worten  schließt:  p  f:nDV  i<hi,  so  ist  es  wahrscheinlich,  daß  diese  Umbildung  — 
d.  h.  die  Eintragung  einer  solidarischen  Klausel  im  Schuldschein,  unter  dem  Ein- 
fluß des  römischen  Rechtes  der  Kaiserzeit  erfolgte.  Vgl.  auch  Pineles  a.  ».  0.  S.  2. 

xn 


Alle  Israeliten  sind  Bürgen,  Einer  für  den  Anderen.  243 

haben  wie  die  obenerwähnte  in  den  babylonischen  Rechts- 
urkunden: „A  und  B  sind  Bürgen  einer  für  den  anderen"  = 
rtTb  m  i'Ksin  psnns. 
c)  Ist  nach  talmudischem  Recht,  ähnlich  wie  im  babylonischen 
und  zum  Unterschied  vom  römischen,  im  solidarischen  Schuld- 
verhältnis die  wechselseitige  Verbürgung  der  Mitschuldner 
das  Wesentliche,  ohne  aber  daß  für  die  Aufhellung  des  Doppel- 
verhältnisses, in  welchem  die  Schuldner  zum  Gläubiger  und 
als  Bürgen  zueinander  stehen,  in  den  vorhandenen  Quellen 
genauere  Anhaltspunkte  geboten  würden.  —  Von  hier  aus 
erscheinen  nun  auch  die  Worte  nn  nt  n'3-ir  b^'W^  b'2  ins  rechte 
Licht  gerückt. 

Es  wurde  im  vorhergehenden  Abschnitt  dieser  Abhandlung 
hervorgehoben,  daß  die  Darstellung  der  Bundesschließung  zwischen 
Gott  und  Israel  in  IL  B.  M.  XXIII  und  XXIV  von  bürgschafts- 
rechtlichen Denkformen  beherrscht  ist  —  bürgschaftsrechtlich 
freilich  nur  in  dem  Sinne,  wie  er  durch  das  patriarchalische  Stammes- 
leben jener  Zeit  bedingt  erscheint.  Durch  die  Worte  G'anr  b^-vs"  ■?= 
werden  wir  belehrt,  wie  diese  Denkformen  und  Vorstellungen  im 
Laufe  der  Zeit  eine  Weiterbildung  erfahren  haben,  die  den  ein- 
zelnen Phasen  entspricht,  welche  die  Bürgschaft  als  Rechtsbegriff 
in  ihrer  Entwicklung  durchmessen  hat.  Denn  hier  erscheint  der 
Akt  der  sinaitischen  Bundesschließung  bereits  als  korrealer  Schuld- 
vertrag, Gott  als  Schuldherr,  die  Israeliten  samt  und  sonders, 
einer  für  alle,  als  Korrealschuldner,  d.  h.  jeder  einzelne  Israelite 
als  Schuldner  gegenüber  Gott  und  zugleich  als  Bürge  für  seine 
Genossen.  Die  Worte  n-'n-iy  "^K^ty  bs  sind  sonach  nichts  anderes, 
als  die  talmudische  Solidarhaftungsklausel  aus  dem  juristischen 
in  Jas  religiös-ethische  Gebiet  übertragen.  Daß  sie  aber  für  solche 
Zwecke  der  Volksbelehrung  benützt  wurde,  beweist,  wie  sehr 
das  Institut  der  solidarischen  Schuldhaftung,  deren  Statuierung 
die  erwähnte  Formel  dient,  im  Rechtsleben  der  talmudischen  Zeit 
verbreitet  war.*  Treten  mehrere  Bürgen  in  die  Verbindlichkeit 
des  Hauptschuldners  als  Mitbürgen  ein,  so  haftet  in  konsequenter 
Weiterbildung  der  Bürgenobligation  nach  römischem  Recht  jeder 
von  ihnen  für  das  idem  der  Hauptschuld,  also  ipso  jure  auf  das 
Ganze.  Erst  Iladrian  hatte  den  Mitbürgen  (Konfidejussoren)  die 
exceptio  divisionis  gegeben,  d.  i.  das  Recht,  daß  jeder  von  ihnen 
auf  einen  Kopfteil  verklagt  werde.    Aber    selbst  in   diesem   Falle 

1  Das   nämliche   gilt   für   manche   andere   dem  Schuld-   und   Wechselrecht 
entlehnten  Termini.  Vgl.  Krauss,  Talmudische  Archäulogie  II,  S.  86. 

16* 
XIII 


244  Dr.  Armin  Abeles. 

sind    die    Mitbürgen    im   Verhältnis    zueinander    Gesamtschuldner, 
da  die  eine  Bürgschaft  von  der  anderen   Bürgschaftsschuld  nicht 
abhängt,    sobald    keine    solidarische    Verabredung    zwischen    den 
Bürgen  besteht.^  Die  auf  der  Grundlage  solidarischer  Verabredung 
ruhende  Haftung  mehrerer  Bürgen  findet  sich  auch  in  den  baby- 
lonischen Urkunden.  Die  Vereinbarung  erfolgt  in  der  Regel  durch 
eine  ähnliche  Klausel  wie  bei  der  solidarischen  Haftung  mehrerer 
Schuldner:  „A.  und  B.  sind  für  das  Zahlen  Bürgen,  einer  ist  für  den 
anderen  Bürge", ^  doch   begegnet  die  Interpretation  in   den  baby- 
lonischen Rechtsquellen  Schwierigkeiten.  Denn  wenn  die  solidarische 
Haftung  der  Mitschuldner  oder  die  Verbürgung  mehrerer  schon  an 
sich  zur  wechselseitigen  Haftung  führt,  wo  ist  das  Plus,  das  durch 
die  auf  besonderer  Vereinbarung  beruhende  Haftung  der  Mitbürgen 
erreicht  werden  soll?^  Im  talmudischen  Bürgschaftsrecht  scheinen 
diese  Verhältnisse  ein  Analogen  zu  haben.    Daß    das  Institut    der 
Bürgschaft    mehrerer    Bürgen   im    Rechtsleben    der    talmudischen 
Zeit    allgemein    bekannt    war,   geht  schon   aus  dem  Rechtssatz  in 
Tosefta  Baba  bathr.  X,  9  hervor,*   weit  mehr  aber  noch   aus  der 
Tatsache,  daß  der  diesem  Institut  zugrunde  liegende  Gedanke  viel- 
fach zu  agadisch-paränetischen  Zwecken  verwendet  erscheint,  z.  B. 
Jalkut  Prov.  VI,  1 :  o^mr  'b  lon  n"npn  b"^  "ro  in  bv  ba-y^s'  niartt'  nyir- 
oder  Tanchum.  Gen.  XLIV,  18;  Schoch.  Tob  Ps.  VIII,  3:  Dp^u»  nrüo 
D3Ü  irp^ia  D'^-ir  b"H  n-nn  p'b  n"2pn.  Diese  besonders  in  der  jüngeren 
Midraschliteratur   beliebten  Parabeln,    deren  Kern  aber  zweifellos 
alt  ist,  bieten  auch  nach  einer  anderen  Richtung  Interesse.   Wird 
nämlich  im  ni^  m  D^any  ba-iv'  bs  der  fertige,  bereits  mit  der  Klausel 
versehene  Schuldvertrag  vorausgesetzt,  so  zeigen  die  letzteren,  in 
welcher  Weise    ein    solcher  Vertrag   zustandegekommen    war.    In 
beiden  Fällen  wird  Gott  als  auf  der  Suche  nach  geeigneten  Bürgen 
zur    Sicherstellung    seines  Vertrages    begriff-jn    dargestellt,   wobei 
vielleicht    in    den    Worten    a'-n'iy  ^b  i:n    und    asb  u?pnö  a''nny    An- 
klänge an  die  Verbalform    der   römischen  Stipulation    zu  suchen 


1  Im  Deutschen  B.  G.  §  769  erscheint  die  Teilungseinrede  sowohl  für  Mit- 
bürgen als  auch  Korrealschuldner  beseitigt. 

2  Vgl.  Koschaker  a.  a.  0.  S.  99. 

3  Vgl.  Koschaker  S.  44. 

<  f.TO  nnsD  ;no'  nh  p::"!!"  ':^' n>  H'iiin  nx  mSan.  In  der  vorliegenden  Fassung 
ist  die  Stelle  allerdings  nicht  ganz  klar,  da  sie  beide  Deutungen,  Kopfteiluug 
und  Haftung  auf  das  Ganze  zuläßt.  Die  erstere  wird  durch  Nachmanides,  die 
letztere  durch  Maimonides  vertreten,  dem  sich  Adreih  und  die  meisten  Dezisoren 
anschließen.  Vgl.  Josef  Karo  in  Maim.  Hilch.  Malveh  Veloveh  §  26;  Adreth  bei 
Tur,  Chosch.  Mischp.  132,  i. 

XIV 


Alle  Israeliten  sind  Bärgen,  Einer  für  den  Anderen.  245 

sind.*  Aber  nicht  nur  das  Institut  der  Bürgschaft  mehrerer  Mitbürgen, 
auch  das  auf  solidarischer  Vereinbarung  beruhende  wechselseitige 
Haftungsverhältnis  solcher  Bürgen  hat  im  Rechtsleben  der  talmudi- 
schen Zeit  bestanden,  unbeschadet  der  inneren  Schwierigkeiten, 
die  sich,  gleichwie  in  den  babylonischen  Rechtsquellen,  der  Inter- 
pretation auch  hier  entgegenstellen.  Fehlen  uns  auch  authentische 
Urkunden,  in  welchen  das  erwähnte  Rechtsverhältnis  expressis 
verbis  bezeugt  erscheint,  so  finden  sich  in  der  talmudischen 
Literatur  doch  deutliche  Spuren  von  den  Klauseln  oder  gar  die 
Klauseln  selbst,  durch  welche  die  solidarische  Vereinbarung  der 
Mitbürgen  in  der  Regel  erfolgte.  Denn  die  in  Talmud  und  Midrasch 
vorkommenden  Ausdrücke  tii'  Knny  'p'^i',  oder  ^ny  i'ii  "l^nr,  oder 
x^ny-i  K^-in  s3-iy-  kommen  nicht  wie  aus  der  Pistole  geschossen. 
Weit  entfernt  davon,  eigens  und  plötzlich  für  agadische  Zwecke 
geprägt  worden  zu  sein,  stellen  sie  sich  vielmehr,  genau  betrachtet, 
als  Ausläufer  einer  langen,  genetischen  Entwicklungsreihe  dar.' 
Selbst  wenn  die  Ähnlichkeit  der  Klausel  in  den  babylonischen 
Solidarhaftungsurkunden  mehrerer  Bürgen  es  nicht  bezeugte, 
können  diese  Ausdrücke  wohl  kaum  anders  denn  als  typische,  der 
Statuierung  bostimmter,  bürgschaftrechtlicher  Vorgänge  dienende 
Formeln  aufgefaßt  werden.  Daß  sie  an  den  bezeichneten  Stellen 
im  Midrasch  ihres  strengen,  bürgschaftsrechtlichen  Charakters 
entkleidet  und  im  übertragenen  Sinne  angewendet  erscheinen, 
kann  nicht  nur  nicht  als  Gegenargument,  sondern  vielmehr  wieder 
nur  als  Beweis  dafür  gelten,  daß  das  Institut  der  solidarischen 
Haftung  mehrerer  Bürgen  im  talmudischen  Rechtsleben  gang  und 
gäbe  war.  Will  man  aber  darüber  noch  irgendwie  im  Zweifel  sein, 
so  genügt  ein  Blick  in  babl.  Sota  37^,  wo  an  der  Hand  der  Formel 
K::"in  xriyi  srnj?,  die  Wirksamkeit  eines  solchen,  auf  solidarischer 
Haftung  mehrerer  Mitbürgen  ruhenden  Verhältnisses  ziffermäßig 
festgestellt  wird.  Ausgehend  von  der,  freilich  nur  auf  kasuistischem 
Wege  gewonnenen  Annahme,  daß  jedes  Gebot  im  Fünfbuch  durch 
48,  jedenfalls    urkundliche    Bundesschließungen  verbürgt  ist,    daß 


1  über  den  Ursprung  der  Wortbedeutung  von  atipulari  =  erbitten,  erfragen, 
vgl.  Rhein.  Museum  Bd.  59,  3.  ^46.  Die  Ähnlichkeit  zeigt  sich  auch  darin,  daß, 
wie  aus  dein  Kontext  der  beiden  Midraschstellen  hervorgeht,  die  Büi'gen  hier 
nicht  im  Verhältnis  wechselseitiger  Haftung  stehen,  sondern,  wie  im  römischen 
Korrealvertrag,  unabhängig  voneinander,  jeder  für  das  Ganze  haften. 

2  Babl.  Gittin  28",  babl.  Sukka  26",  babl.  Sota  37".  Aus  der  letzten  Stelle 
deduziert  Maimonides,  Malv.  Veloveh  XXV,  12:  Sagt  A.  zu  B.:  bürge  für  C,  ich 
bürge  für  dich,  so  ist  A.  dem  B.  ebenso  haftbar  wie  B.  dem  Gläubiger. 

3  Vgl.  auch  Zunz,  Ges.  Schriften  III,  S.  216. 

XV 


246  Dr.  Armin  Abeles. 

ferner  bei  jeder  dieser  Vertragsschließungen  603.550  Israeliten 
zugegen  waren  und  sieh  solidarisch  als  Bürgen  verpflichtet  hatten, 
wird  nun  herausgebracht,  daß  jeder  Israelite  in  seiner  doppelten 
Eigenschaft  als  Schuldner  gegenüber  Gott  und  als  Bürge  seiner 
Genossen  für  jedes  Gebot  003.550  x  48  haltbar  ist,  während  in 
Cant.  rabba  I,  3  die  Entstehung  eines  solchen  Vertragsverhältnisses 
uns  gleichsam  ad  oculos  demonstriert  wird.'  Faßt  man  die  vor- 
stehenden Ergebnisse  zusammen,  so  gelangt  man  zur  Erkenntnis, 
daß  alle  auf  die  Bürgschaft  sich  beziehenden  Stellen  aus  Talmud 
und  Midrasch,  die  im  Rahmen  dieser  Untersuchung  behandelt 
wurden,  in  ihrem  Wesen  viel  mehr  darstellen  als  sie  der  Form 
nach  vorstellen.  Wenn  auch  in  agadischem  Gewände  auftretend, 
erscheinen  sie  doch  als  wichtige  Korrelate  zu  den  wenigen  bürg- 
schaftsrechtlichen Normen  der  Halacha.  Sie  bilden  gewissermaßen 
einen  Gradmesser,  von  dem  man  den  jeweiligen  Stand  ablesen 
kann,  welchen  der  Rechtsbegriff  der  Bürgschaft  in  seiner  geschicht- 
lichen Entwicklung  im  Judentum  erreicht  hat  und  dessen  Wert 
sich  noch  erhöht,  wenn  man  bedenkt,  daß  es  in  der  jüdischen 
Literatur  an  authentischen  bürgschaftsrechtlichen  Urkunden  fehlt, 
die  allein  geeignet  sind,  die  Entwicklung  des  Bürgschaftsrechtes 
im  Judentum  einwandfrei  festzustellen. 

In  solchem  Licht  betrachtet,  erscheint  die  „Bürgschaft"  als 
vollwertiger  Zeugenbeweis  für  die  Richtigkeit  des  Werturteiles, 
welches  die  bedeutendsten  Historiker  der  jüdischen  Traditions- 
literatur als  das  wichtigste  Ergebnis  ihrer  Forschungen  hingestellt 
haben:  Midrasch  und  Agada  sind  keineswegs  bloß  „Schrift- 
erklärungen", sondern  Kulturdokumente  von  unschätzbarem  Wert. 
Sie  sind  Quellenschriften  ersten  Ranges,  denn  ihre  Quelle  ist 
das  —  Leben. 


*  p^nx  D3'ni3N  y'H ....  d'dies  d»2ij?  '^  iN'3n  V'N  ,'2»D  in  ^isih  ^xir'  noyc  nyi^s 
□»3"iV.  Hier  ist  die  wechselseitige  Haftung  ausdrücklich  bezeugt. 


XVI 


Kritische  Studien  über  das  Verhältnis  der  Misua 
zu  den  anderen  tannaitischen  Quellen. 

Von  Dr.  Salomon  Gaiidz,  Wien. 

In  der  Vorrede  zum  Werke  „Recht"  in  den  „Monumenta 
Talmudica"  und  im  Aufsatze  „Die  ältere  Misna  im  Sifra'  in 
Rahmers  Jüd.  Literaturblatt  XXXIV,  S.  105 ff.  habe  ich  einige 
Thesen,  die  sich  mir  bei  der  Anwendung  der  historisch-kritischen 
Methode  auf  die  talmudische  Literatur  und  insbesondere  auf  die 
tannaitischen  Quellen  ergaben,  aufgestellt.  In  dieser  Jubelschrift 
zu  Ehren  eines  Mannes,  dessen  wissenschaftliche  Tätigkeit  vor- 
wiegend der  Anbahnung  dieses  neuen  Weges  der  historischen 
Kritik  auf  dem  Gebiete  der  talmudischen  Literatur  gewidmet  war, 
möchte  ich  einige  Beobachtungen  mitteilen,  welche  zur  Erhärtung 
dieser  obgenannten  Thesen  dienen  oder  sie  durch  neue  Wahr- 
nehmungen ergänzen.  Die  Erhärtung  und  Vervollständigung  dieser 
Thesen,  die  sich  mir  durch  die  neubehandelten  Stellen  des  zweiten 
bereits  gedruckten  Heftes  , Recht,  Monumenta  Talmudica  IV  und 
der  folgenden  noch  nicht  erschienenen  Hefte  ergaben,  muß  einer 
anderen  Gelegenheit  vorbehalten  bleiben.  Hier  sollen  nur  die  an 
dieser  Stelle  behandelten  Fälle  herangezogen  werden,  auf  welche 
ich  bei  den  Thesen  mit  Nr.  1 — 15  verweise. 


MT  I  (=  Monumenta  Talmudica,  Vorrede,  S.  XV,  These  I): 
„Die  Stellen  sind  nach  den  Parallelen  zu  ergänzen,  zu  verbessern 
oder  zu  erklären."   Nr.  8^,  11. 

MTII  (=  1.  c.  These  II):  „Rabbi  kürzt  in  der  Mihia  die  älteren 
Quellen,  bringt  diesen  gegenüber  seinen  Standpunkt  zur  Geltung" 
(oder  stilisiert  sie  anders).  Nr.  1 — 13. 


248  Dr.  Salomon  Gandz. 

MT  III  (=  I.e.  Thesö  III):  „Die  Tosefta  erklärt  und  ergänzt 
unsere  Mihia,  sei  es  selbständig,  sei  es  nach  anderen  Quellen 
(halachische  Midrasim)".  Nr.  1,  4,  5,  7,  Sa,b,d,  11,  12,  15. 

MT  IV  (=  1.  c.  These  IV):  „In  der  Gomara  wird  die  wahre 
Bedeutung  der  alten  Quellen  verkannt;  sie  werden  ungenau  zitiert 
und  ergänzt  oder  es  werden  gezwungene  Versuche  gemacht,  Gegen- 
sätze derselben  auszugleichen."  Nr.  6,  10. 

MS  II  (=  Aufsatz  „Misna  im  Sifra",  1.  c,  S.  108,  These  II): 
„Die  im  Sifra  zitierte  Minna  wird  von  Rabbi  amplifiziert  oder 
erklärt  oder  in  dieser  Form  gebracht."  Nr.  15. 

MS  IX  (=  1.  c.  These  IX):  „Manche  scheinbar  willkürliche  oder 
dunkle  Bemerkungen  des  Talmud  zur  Mihia  finden  ihre  volle 
Bestätigung  oder  Aufhellung  in  der  Müna  des  Sifra.''  Nr.  3,  6. 

Neue  Thesen: 

I.  Die  verschiedenen  Lesarten  in  der  Minna  Rabbis,  und  der 
des  Sifra  geben  die  verschiedenen  Lehrmeinungen  einer  alten 
Kontroverse  wieder.  Auch  die  Amoräer  setzen  dieselbe  fort.  Nr.  6. 

II.  Eine  Minna  oder  Baraita  ist  aus  verschiedenen  Quellen 
zusammengesetzt  (oder  aus  verschiedenen  Quellen  neu  zu  kon- 
struieren, d.  h.  in  den  verschiedenen  Quellen  sind  offenbar  nur 
die  Fragmente  einer  ursprünglichen  alten  Misna  erhalten;  vgl. 
MS  VI,  MT  V).  Nr.  10. 

in.  Die  Baraita  ist  eine  Randglosse  zur  Minna,  welche  sie 
nach  Tosefta  (eventuell  einer  anderen  alten  Quelle)  ergänzen  will. 
Nr.  10. 

IV.  Die  alte  Reihenfolge  der  halachischen  Midrasim  nach  der 
Versordnung  wird  von  Rabbi  im  allgemeinen  eingehalten  und  nur 
aus  logischen  Gründen  abgeändert.  Nr.  14. 


1.  Misna  Pea  I,  4,  5  ist  in  ihrer  ursprünglichen  vollständigen 
Form  im  Sifra  Kddonim  1,  7,  8  erhalten,  orp"?  ^ü'':^z^•\  nnN3  ints'p'?  sind 
die  zwei  Punkte,  wodurch  sich  die  Feldecke  vom  Zehent  unter- 
scheidet, und  werden  im  Sifra  erklärt:  bnx  nnsD  ints^p^tt»  •'  srx  mpn'  ixr 
:  nn«3  intap"?  px  ■?=«  avp"?  p^jaö^r  ^"bi^nü  D'jxnn  ixr  orp*?  jd^dsö  j\s 

Daß  diese  Erklärung  in  der  Minna  ursprünglich  war,  ersehen 
wir  aus  dem  folgenden  nrn  b^DD  nv:iDpm  nxianm,  welcher  Satz  zur 
Voraussetzung  hat,  daß  früher  etwas  von  dem  hb'2  ausgeschlossen 
wurde.  Aus  Babli  NiddaöO"  und  Parallelstellen  könnte  man  schließen, 

II 


Kritische  Studien  über  das  Verhältnis  der  Misna.  249 

daß  eine  alte  Erklärung  zu  allen  fünf  Punkten  existiert  hat,  aus  der 
Sifra  nur  die  zu  den  letzten  zwei  erhalten  hat.  Tosefta  Pea  I,  7 
(ed.  Schwarz  zur  Stelle)  ergänzt  die  Mlkna  nach  Sifra.  — 
Jgr.  zur  Stelle  (1 6' )\)Ymgi  für  t^rpb  id'W^i  nnxr  '\r\\::'pb  teilweise  unseren 
Sifra  und  noch  einen  anscheinend  alten  halachischen  Midras  zu 
Deut.  24,  20,  21,  den  wir  nicht  mehr  haben 

2.  Misna  Pea  IV,  1,  2  ist  wohl  in  ihrer  ursprünglichen  Form 
im  Sifra  lOdo.nm  3,  5,  6  erhalten,  woselbst  auch  die  Stilisierung 
viel  glücklicher  ist  und  der  wesentliche  Punkt,  der  im  Gegensatze 
zwischen  TSTnb  und  ^brh  besteht,  viel  klarer  zum  Ausdruck  kommt 
als  in  der  MiSna.  Vgl.  J9r.  und  Kommentare  zur  Stelle. 

3.  Misna  Tarumot  VI,  ö  ^hii::  on^na  D^ürm  erklärt  R.  Jochanan 
im  JdT.  zur  Stelle  (44^')  nach  der  Lesart  des  Sifra  Emor  6,  5  a-'^asm 
üb)::ü  Q''f:h^f2  onjai«;  es  heißt  nämlich  im  J9r.  jn'^is  bv  h"ü  pnr  'n. 

Die  modern  klingende  Annahme  des  pnK  p-ip  zum  Sifra,  der 
sich  auch  Frankel,  Hodegetica  247,  anzuschließen  scheint,  daß  der 
Sifra  nach  dem  J9r.  korrigiert  wurde,  ist  durchaus  unbegründet. 

4.  Misna  Vrla  I,  1  wird  von  der  Tosefta  (I,  1)  korrigiert 
(d^it'^i  m-np'?)  und  ergänzt  ('i:i  x"-q  ratpi  -iön)  nach Äi/raif^ofo.sm  ///,  2, 3. 
Auch  A.  Schwarz  in  seinem  Tosefta-Kommentar  konstatiert  aus 
Tosefta  die  Lesart  D'-i'rbi  nmp'?  und  beweist  sie  aus  J^r.  zur  Stelle  (60'). 
Ähnlich  nöbtr  nrx'^o,  der  zur  Zeit  der  Tosefta-ed.  Schwarz  noch 
nicht  veröffentlicht  war:  raria^Dm  m-npbi  D'srr'?!  Tüh  rounonji  jk'D 'nxi'.'s 
•Ja'^^iTn  ni-p.  Der  Jdr.  zitiert  aber  nur  den  Sifra,  der  eben  die  alte 
vollständige  Misna  erhalten  hat. 

5.  Misna  'Orla  I,  2  wird  in  der  Tosefta  I,  2  nach  Sifra 
Kddosim  TU,  4  ergänzt;  vgl,  Schwarz  zur  Tosefta. 

6.  Misna  Sahbnt  VII,  I  =  Sifra  Choba  /,  7.  Die  Differenz  zwischen 
der  Lesart  des  Sifra  rctr  ipr  rnr  j-xtr  ^t2  und  der  Lesart  der  Misna 
nac^  '^\:>':}  nanrn  bD  bildet  zugleich  die  Differenz  zwischen  s'^'pr  'n  und 
DDiü  in  ihrer  Kontroverse  in  der  Tosefta  SahhatVIII(IX)  5  (ed.  Schwarz 
zur  Stelle).  Nach  R.  Aqibn  muß  man  i?-ir  p«iy  'fi  und  nach  Monbaz 
naitrn  ba  lesen,  womit  ich  aber  nicht  sagen  will,  daß  R.  'Aqiba  und 
Monbaz  über  die  Auffassung  der  Misna  streiten.  Wir  werden  weiter 
unten  (am  Schlüsse  dieser  Nummer)  sehen,  daß  die  Misna  entschieden 
erst  nach  R.  'Aqiba  verfaßt  worden  sein  konnte.  Man  muß  also 
annehmen,  daß  Ral)bi  in  seiner  anonymen  Mihia  die  Ansicht  des 
Monbaz  rezipiert,  während  die  Misna  des  Sifra  die  Ansicht  des 
R.  'Aqiba  rezipiert  hat.i  Im  Babli  Sahbat  68^  wird  nun  die  Tosefta 

1  Im  Jsr.  zur  Stelle  9"  heißt  es:  »31  n'^T  "2n  nnr  ip'v  nsirn  ^2  p:n  ;:« 
natrip^y  ini'r»*'^*^^'  Es  ist  nun  klar,  daß  unter  «an  nun  "sn  der  Baraita-Sammler 

III 


2Ö0  Dr.  Salomon  Gandz. 

SO  zitiert,  als  ob  R.  'Aqiba  und  Monbaz  unsere  Misna  erklären 
wollten  und  über  die  Auffassung  von  nanrn  bs  streiten  würden. 
'121  nDtrif  pirn  ?  ira  'i3i  nair  -ip^r  riDurn  bs  T)2id^  nas  bnj  "^bs  ■^nTi'ia.  Es  ist 
jedoch  aus  vielen  Gründen  leicht  zu  erkennen,  daß  die  Fassung 
in  der  Tosefta  die  ursprüngliche  ist.  Nach  der  Frage  nr:  paßt 
nicht  der  Schluß  -itais  DDiiai,  im  Satze  b:!^  nnK  sbnn  bn  nnx  Din  "^r  2'"m 
nnx  niDyn  verarbeitet  der  Babli  nur  die  Tosefta  VIII,  6.^  —  Ebenso 
unrichtig  ist  es,  wenn  im  Babli  ebenda  die  Sache  so  dargestellt 
wird,  als  ob  Rab  und  Samuel  auf  der  einen  Seite  und  R.  Jochanan  und 
Res  Laqis  auf  der  andern  Seite  ebenfalls  in  der  Erklärung  der 
Müna  und  über  die  Auffassung  von  nonrn  b'z  streiten  würden. 
Richtig  vielmehr  ist,  daß  die  babylonischen  Amoräer  hier  die  Misna 
des  Sifra  akzeptiert  haben,  während  die  Palästinenser  R.  Jochanan 
und  Res  Laqis  die  Misna  Rabbis  lehrten.  Nach  Jdr.  zur  Stelle  9"  yvürde 
auch  R  Jochanan  die  Misna  des  Sifra  akzeptieren  und  R.  Le'azar 
sich  der  Misna  Rabbis  anschließen.  'Dm  ain^  ]:nr  "21  pn^Dnös  nir*?  "3"! 
••m  n"'2"!.  Freilich  den  gewaltsamen  Versuch  der  jerusalemischen 
Gdm.,  zum  Schlüsse  doch  beide  Lesarten  miteinander  zu  harmoni- 
sieren, Knn  K^'^  K-in  K\n  m^ax  Kin,  können  wir  nicht  billigen,  nachdem 
wir  uns  überzeugt  haben,  daß  sie  eine  Kontroverse  wiedergeben, 
die  drei  Generationen  lang  gedauert  hat:  zwischen  R  'Aqiba  und 
Monbaz,  zwischen  der  Misna  des  Sifra  und  der  Rabbis  und 
zwischen  den  ersten  babylonischen  und  palästinensischen  Amoräern. 
Unsere  Misna  ist  im  Vergleiche  zur  Misna  des  Sifra  gekürzt, 
aber  auf  Kosten  der  Klarheit.  Im  Sifra  kommen  drei  Grundsätze 
deutlich  und  eindeutig  zum  Ausdrucke  r^  1.  Wenn  jemand  das 
Sabbatgesetz  nicht  kennt,  bringt  er  nur  ein  Sühnopfer,  obwohl 
er  viele  Hauptgattungen  von  Arbeiten  (niDK":?^  m2s)  an  vielen 
Sabbaten  verrichtet  hat.  2.  Wenn  der  Irrtum  sich  auf  den  Sabbat- 
tag bezieht,  dann  muß  er  für  jeden  Sabbat  ein  Opfer  bringen 
ohne  Rücksicht  auf  die  Zahl  der  Arbeiten  (lies  im  Sifra  np^r  rnv.ii 


aus  der  Schule  Rabbis  zu  verstehen  ist,  der  eben  im  Sifra  die  Lesart  ynv  pxr  ^3 
hatte,  nicht  aber  die  Misna  Rabbis,  wie  Frankel  in  seinem  'a'^ciTH  xiaa  20" 
meint,  da  man  eben  sonst  annehmen  müßte,  daß  unsere  Misna  nicht  von  Rabbi 
sei;  vgl.  Frankel,  ebenda  19",  21";  A.  Schwarz,  Die  Tosifta  des  Traktates 
Sabbat,  45. 

1  Vgl.  auch  A.  Schwarz  1.  c. 

2  Vgl.  auch  A.  Schwarz,  Die  Tosifta  des  Traktates  Sabbat,  41:  „Der 
Hauptgrundsatz,  welcher  bei  der  Übertretung  des  Sabbatgesetzes  zur  Anwendung 
kommt,  besteht  darin,  daß  die  Strafe,  welche  die  verrichteten  Arbeiten  zur  Folge 
haben,  nicht  nach  deren  Zahl,  sondern  nach  dem  Irrtum,  der  zu  ihnen  Ver- 
anlassung gegeben,  bemessen  wird." 

IV 


Kritische  Studien  über  das  Verhältnis  der  Misna.  251 

nnc?  17  px  1DK1  ^irtii  nsD).  3.  Bezieht  sich  der  Irrtum  auf  die 
Arbeit,  weiß  jemand  nicht,  ob  diese  Arbeit  verboten  ist,  dann 
muß  er  für  jede  Hauptgattung  von  Arbeiten  ein  Sühn- 
opfer bringen,  wobei  es  sich  gleich  bleibt,  ob  er  dieselbe 
Arbeit  an  vielen  Sabbaten  wiederholt  hat.  Der  Irrtum  war 
eben  nur  einer.  —  Dies  letztere  geht  besonders  klar  aus  der 
Müna  hervor:  br  br  a^n  rann  ninntt^i  nann  max'?«  nrri  nsD  xinr  rnrn 
(sc.  na -in  mriDtt'n)  nnx  Ti'D^bii  fr»  nnnn  nyzvh^  T}^m't\  .nDxbüi  naxba  nx 

:  nnK  n^an  sbx  n-'-n  i2'k 
Nun  ist  es  aber  gerade  dieser  letzte  Fall,  den  R.  'Aqiba  zum 
Gegenstande  einer  Frage  macht,  die  er  an  seinen  Lehrer  R.  Eli'ezer 
richtete  2  (MÜna  Kretot  III,  10  [16^]  =  Sifra  Choba  1,  13).  Anders 
kann  diese  Frage  des  R.  'Aqiba  nicht  erklärt  werden  trotz  aller 
weitläufigen  Debatten  und  Untersuchungen  im  Babli  Kretot  16'' ff. 
und  J^r.  Sahbat  VII,  1  (9''f.);  denn  sie  stimmt  wörtlich  überein 
mit  dem  den  dritten  Fall  bezeichnenden  Passus  im  Sifra. 

Sifra  Choba  I,  7:  Misna    Kretot    III,    10  =  Sifra 

Choba  1,  13: 

Tonh^  IT  px  -laxi  ni?t2i  ryyn  xn^  rnrm  maj«'?»  ntnrn  'k  'n  nx  ^rh^'^  v"-\  nax 

nnnn    mDK*?»    hüti    r\^ab7i   v   px  n^abfi  pra  n:i'yn  mnntrn  nz-\r\ 

nsxba  pro  dk  , . .  nn-^:^  mn-jrn  h^v  nns*  n"n  ?inia  nnx  ü'^yna  nns 

tobym  n'?rn  ':)d  *?!'  s^^n  nnx  vnnxi  nnx  "^a  br  a"n  in  ]h)^ 
(Wenn  aber  -ins*  abvn,  dann  ist 
J'^iD  '?y  nnx  n''^n). 

Unsere  Mima,  die  die  Frage  bereits  entschieden  hat,  muß 
daher  jünger  sein  als  R.  'Aqiba,  was  sich  uns  am  Anfange  dieser 
Nummer  auch  aus  anderen  Gründen  ergeben  hat. 

Der  Sifra  bringt  hier  die  vier  Fragen  des  R.  'Aqiba,  die 
ursprünglich  wohl  einen  zusammenhängenden  Komplex  bildeten 
(Choba  1,  8 — IS  =  Misna  Kretot  III,  7  —  10),  nur  we<^en  der  vierten 
Frage,  die  sich  auf  den  Sabbat  bezieht  und  den  Fall  Choba  1,  7 
=  Misna  Sabbat   VII,  1  behandelt. 

7.  Minna  Sabbat  X,  5  (92'')  geht  zurück  auf  Sifra  Choba  VII,  9, 10, 
der  auch  im  Babli  zur  Stelle  zitiert  wird.  Rabbi  hat  die  ältere 
Misna  des  Sifra  gekürzt. 

In  der  Tosefta  IX,  10  (ed.  Schwarz  zur  Stelle)  ist  sie  noch 
ganz  erhalten. 

1  Nicht  ncvi- 

2  Die  Antwort  des  R  Eli'ezer  nimmt  R. 'Aqiba  wohl  nicht  an;  vgl.Frankel, 
Hod    76    Die  öam.  läßt  es  strittig. 


252  Dr.  Salomon  Gandz. 

Die  Variante  in  der  Mima  ed.  Wilna  und  bei  Diqduqe  Sofrim 
ix'^in"?  bc  nnx  pK  ax  stimmt  mit  Sifra  und  Tosefta  überein. 

8.  Mima  Chulin  I,  4 — 7  bilden  einen  Zusammenhang.  Zuerst 
werden  in  I,  4  (19^)  die  Differenzen  zwischen  na''ntr  und  r^p^bn  auf- 
gezählt und  darauf  folgt  der  epigrammatische  Schlußsatz,  der 
nur  die  Tatsache  des  Gegensatzes  feststellt  und  mit  s':i?2D  ein- 
geleitet wird:  nt3'"mrn  hioz  np''?ö3  -nr::  np'b^^  Sids  nta'niyn  nr:  «i'^aD. 
In  den  folgenden  Misnajot  stellt  nun  Rabbi  ähnliche  epigram- 
matische Schlußsätze,  die  bloß  das  Vorhandensein  eines  Gegen- 
satzes konstatieren,  zusammen,  unterläßt  es  aber,  die  vollständigen 
Misnajot  zu  bringen,  aus  denen  sie  sich  ergeben  und  in  denen 
eben  die  wesentlichen  Differenzen  enthalten  sind.  Der  Talmud 
ergänzt  sie  überall  zur  betreffenden  Misna  in  der  Form  einer  mit 
nn  zitierten  Baraita,  woraus  mit  einer  gewissen  Evidenz  hervor- 
geht, daß  alle  diese  Baraitas,  in  denen  die  epigrammatischen  Schluß- 
sätze unserer  Mihia  auch  mit  «2:12;  eingeleitet  werden,  die  älteren 
Misnajot  sind,  die  Rabbi  hier  gekürzt  und  in  ihrem  epigrammati- 
schen Extrakte  gebracht  hat.  Vgl.  die  Baraitot  in  Chulin  22",  23^, 
24a^  24^^  25",  26^,  die  überall  unmittelbar  nach  der  Mima  von 
der  Gdmara  gebracht  werden  und  die  ich  im  folgenden  zu  jeder 
Mima  besprechen  werde. 

n)  Mima  1,4(19^)  ergänzt  ^i^Tosefta  1,12  nach  Sifra  Nsdaha  VII,  3; 

vgl.  A.  Schwarz  in  seiner  ed.  Tosefta  Chulin,  Anm.  73. 
b)  Mima  I,  5  (22").  Die  ursprüngliche  Mima  ist  die  unmittelbar 
darauf  vom  Talmud  zitierte  Baraita,  die  auf  Sifra  Nddaha  8^3,4,6 
(auch  im  Talmud  zur  Stelle  zitiert)  zurückgeht.  Der  Satz  n'^nn 
b^cz  n•i::^  nn  m.T^in  =  Nddaba  8,  5  wurde  in  der  Baraita  wohl  nur 
zurVormeidung  vonWiederholuni;en  ausgelassen.  Der Ä/ra (8, 5) 
erklärt  nun  D'bnj  und  D^^ap  näher  und  gibt,  wie  es  die  Natur 
der  Sache  verlangt,  für  die  Q'hM:  den  terminus  a  quo  und 
für  die  a''3iDp  den  terminus  ad  quem  an.  Ja'aqob  Qorcha 
ergänzt  den  Sifra  und  gibt  auch  für  die  n^Dtap  den  terminus 
a  quo  an.  Die  Tosefta  I,  16  (ed.  Schwarz  zur  Stelle)  erklärt 
nun  die  Mima  nach  Sifra,  den  sie  jedoch,  dem  Beispiele 
Qorchas  folgend,  vollständig  ergänzt,  indem  sie  für  beide  — 
n^'br^l  und  n-'rop  —  den  terminus  a  quo  und  ad  quem  angibt. 
Man  muß  daher  mit  A.  Schwarz  in  der  Tosefta  das  Wort 
iK  streichen  und  inns-tria  =  inrnrtrö  erklären. 
c)  Mima  I,  6  (23^).  Die  im  Talmud  zur  Stelle  zitierte  Baraita 
war  die  ursprüngliche  Mima,  die  auf  einen  halachischen 
Midras  zu  Num.  19  oder  Deut.  21  zurückgeht,   der  im  Sifre 

VI 


Kritische  Studien  über  das  Verhältnis  der  Mi^na,  253 

nicht  mehr  erhalten  ist,  wohl  aber  im  Talmud  zur  Stelle.  Der 
alte  Midras  lautete  ungefähr  nach  Talmud  nsnrr  nnit-r  n-i£  xnm 
nio'nc'z  n-TC'rinty  ms  nanrr  mt:'nn  n^Tirr  nimn  abv:  n'^ar  r^ü''.  rpji 
xnm  ♦«■?  n£'-ii?D  fx  nta^nirn  npim  tant:?i  snp  -iük  •?  nanrn  nnii'rmr  pn  "rx 

ab  nis'ntrs.  Die  Stelle  von  io^-l  bs^  bis  nsnra  n-.ns'  j\si  ist  Er- 
klärung der  Gdmara  (24").  Vgl.  Sifra  Nddaba  8,  3,  4  zur 
vorigen  und  Sifre  Num.  §  62,  63  zur  nächsten  Mima. 

fl)  Mima  I,  6  (24"').  Die  im  Talmud  zu7^  Stelle  zitierte  Baraita 
ist  die  ältere  Mihia,  welche  auf  Sifre  Num.  §  62,  63  zurück- 
geht. Die  Tosefta  I,  16  (ed.  Schwarz  zur  Stelle)  erklärt  die 
ältere  Mima  {ürb^cz,  D'Drr:  .  .  .  w^'h  .  .  .  nn-c:  ütvci  n'^im)  nach 
Sifre;  vgl    zu  I,  5. 

e)  Mima  I  6  (24^)  {-a^  ann  'b'zz  mnt:).  Die  im  Talmud  zur  Stelle 
zitierte  Baraifa  ist  die  eigentliche  Mima,  sie  wird  auch  in 
der  Tosefta  T,  20  (ed  Schwarz  zur  Stelle)  gebracht  und 
geht  auf  Sifra  Somini  VII,  5,  6  zurück. 

fj  Mima  I,  6  (25'')  {^^z^  pr  'brr  -nnt:).  Die  im  Talmud  zur  Stelle 
zitierte  Baraifa  ist  die  eigentliche  Mi^na  und  wird  in  der 
Tosefta  I,  21   (ed.  Schwarz  zur  Stelle)  gebracht. 

g)  Mima  I,  6  (25')  (an^n  anprz  :i''^nr{).  Die  im  Talmud  zur  Stelle 
zitierte  Baraita  ist  die  eigentliche  Misna.^  Selbstverständlich 
ist  der  Schlußsatz  n'pinia::  z'^nri  D'pinian  itcb  D'-ian  onprs  D"nn  s::»: 
D'-iDr  niice,  der  in  der  Baraita  fehlt,  nach  allen  obigen  Bei- 
spielen und  nach  der  Tosefta  I,  24  (ed.  Schwarz  zur  Stelle) 
zu  ergänzen  und  nach  diesem  Schlußsatz  beginnt  der  Zusatz 
der  Baraita  "ci  rza  aiua  -i)2ix  "cr  '-12  ':'S*rJ:r"  'i.  —  Diese  kritische 
Betrachtung  wird  uns  zum  richtigen  Verständnis  dieses  Zu- 
satzes verhelfen.  Nach  dem  unvollständigen  Texte  im  Talmud 
nämlich  müßte  sich  der  Zusatz  des  'er  'nz  bxyat:"  "^  auf  das 
voraufgehende  amtcs  ü'3t:p  beziehen  und  der  Sinn  wäre  mit 
Iiasi  zur  Stelle  -irctib  [D'pTü  pn  a'ia  j"d]  nr  m  [a'ropz],  was  jedoch 
—  wie  Tosafot  zur  Stelle  beweisen  —  nicht  richtig  sein  kann. 
Unser  ergänzter  Text  hingegen  spricht  für  die  richtige  Er- 
klärung in  Tosafot  zur  Stelle  und  Ea.n  'Eruhin  28''  (vgl. 
A.  Schwarz  in  der  Tosefta  Anm.  134);  denn  "cr  '-a  bsycr"  'i 
bezieht    sich    auf    das   voraufgehende    n-ioa  ""."ue    und    sagt: 


1  Schon    Frankel,    Hodegetica  248  f.    hat    dies  zu   Misna  Ma'aseröt  I,  4 
bemerkt. 

VII 


254  Dr.  Salomon  Gandz. 

-■\)^^h  [D'"7nj  p3  ö^Dlop  pn]  nn  m  [ü''^i22l.  In  der  Tat  bietet  Tosefta 
Ma'aser  rison  I,  8^  Jdr.  I,  4  (49")  die  beste  Bestätigung  für 
die  Auffassung  von  Toisafot.  Wobei  die  Lesart  des  Jdr. 
a''-ntoe  ibx  nn  a''-iön  anp^^  rst«  mria  ^dv  ■'2-1  "3  '^xroti^'  'i  •'jn  die  Grund- 
lage ist  für  unsere  Version  -ntaBb  nn  nt,  während  der  Text  in 
der  Tostfta,  der  jedoch  nach  Var.  ed.  Zuckermandel,  den 
Drucken  und  der  ed.  Schwarz  zu  lesen  ist  ■'dT'  ''nia  '?Nyöt:>''  '-1 
D-'bnj  pn  D''DtDp  pi  p3"n  D-'ibn  o^iptr  r^K  dutö  -iöi«,  offenbar  die  Grund- 
lage bildet  für  die  Version  avnb  nn  riT  nb  nöxi. 

9.  Misna  Chulin  III,  6  (59").  Der  Satz  'idi  d'^ösh  iiök  "^las'  weist 
auf  eine  ältere  Misna  hin.  Die  im  Talmud  zur  Stelle  (65")  zitierte 
Baraita  ist  die  ältere  iHfis^/ia,  die  aus  der  Zeit  des  zweiten  Tannaiten- 
geschlechtes  {p)i:i  'im  "^iTba  "\  bn^bti:  p-i)  stammt  und  auf  den 
scheinbar  noch  älteren  halachischen  Midras  im  Sifra  Sdmini  5,  6 
zurückgeht,  den  Rabban  Gamliel  in  eine  positive  Form  gefaßt  hat. 
Die  Angabe  des  Ti'in  ist  in  unserer  Misna  sehr  gekürzt.  —  Diese 
Baraita  ist  nichts  anderes  als  die  Tosefta  III,  2  (ed.  Schwarz  zur 
Stelle),  welche  eben  nach  unserer  Baraita  zu  emendieren  ist. 

10.  Misna  Chulin  IV,  4  (72"/'')  ist  zusammengesetzt  aus  der 
Tosefta  Chulin  IV,  3,  4  (ed.  Schwarz  zur  Stelle)  und  dem  Sifra 
Sdmini  X,  2,  3,  die  jedoch  beide  von  Rabbi  stark  gekürzt  wurden. 
In  der  Tat  können  wir  den  ersten,  aus  der  Tosefta  stammenden 
Teil  der  Misna  (neij  nrxt:"  -lan  .  .  .  nb^h  ^^pf^ri  nf^r]^)  ohne  Tosefta  gar 
nicht  verstehen.  Im  Babli  zur  Stelle  (73)  werden  zwei  Baraitot 
zitiert.  Die  eine  a'-i  ph  -iök  '2n  ''125  K''2n  ist  eine  vollständige  Para- 
phrase der  Debatte  in  derTosefta;  die  andere  dagegen  !2"i  pb  i)as'  s'^Dn 
war  ursprünglich  nichts  anderes  als  eine  Randglosse  zur  Misna, 
welche  die  in  der  Misna  fehlenden  Teile  der  Debatte  aus  der 
Tosefta  ergänzen  wollte.  Daß  diese  Baraita  an  und  für  sich 
keinen  Sinn  ergibt,  hat  schon  die  G9mara  zur  Stelle  zum  Aus- 
druck gebracht  (-i^sxp  ■^kü)  und  Raba  findet  keinen  anderen  Aus- 
weg, als  sie  für  korrupt  zu  erklären  und  nach  der  vollständigen 
Baraita  zu  emendieren  (^inp  ''am  nonzs  mon).  Die  Entstehung  dieses 
Fragmentes  aber  kann  in  befriedigender  Weise  nicht  anders 
erklärt  werden  als  durch  die  Annahme,  daß  es  ursprünglich  als 
Randglosse  zur  Misna  gedacht  und  aufgeschrieben  war  und  diese 
Bestimmung  später  in  Vergessenheit  geriet,  so  daß  man  glaubte, 
es  als  ein  Ganzes  für  sich  und  als  eine  selbständige  Baraita  auf- 
fassen und  erklären  zu  müssen.  Zur  besseren  Veranschaulichung 
dieses  interessanten  und  für  das  Quellenstudium  höchst  instruktiven 
Falles  stelle  ich  die  Parallelstellen  gegenüber. 

VIII 


Kritische  Studien  über  das  Verhältnis  der  Misna. 


255 


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IX 


256  Dr.  Salomon  Gandz. 

Da  nun  gerade  in  der  ML^na  von  nnintaa  nntD''nc't:>  nsnts  die 
Rede  ist,  bringt  Rabbi  den  entsprechenden  Sifra  dazu  (zu  lesen 
ist  in  der  Misna  nnintaia  nnt2''nt:?ir'  ns-iüb  pDSsi  mit  n"a  und  Varianten  . 
ed.  Wilna),  jedoch  in  kurzer  Fassung.  Die  ersten  zwei  Analogie- 
schlüsse Sdmini  X,  1  werden  ausgelassen  und  X,  3  wird  gekürzt, 
indem  Rabbi  ^n  nsür  p  als  nts'nty  i3^ü~  px  betrachtet;  vgl.  Bahli  74% 
Sabbat  136",  Sifra  S3mmi  X,  6.  —  Zu  lesen  ist  in  der  3Iisna 
nb^^Kn  n^iDK  nsnai  nb^ssn  nniDN  hköö  n»,i^  mit  n"2  -nöbty  nD«ba  und 
Varianten  ed.  Wilna  nach  Sifra. 

11.  MiÄMa  CÄwZm  V,  3  (8P)  =  Ä/ra  Emor  8,  8.  Unsere  üfis-^ia 
hängt  mit  der  Mihia  ChuHn  VI,  2  (85")  zusammen,  welche  auf 
Sifra  Achare  11,  5,  6  zurückgeht.  Wenn  R.  Jochanan  in  Chnlin  85" 
sagt :  D-in  "iDan  jiratr  "r-ni  D^aan  jwbn  isjtri  id3  nxi  iniKS  !a"-i  bir  vns-i  "2-1  nsn 
Wü^n  ptt'bn  iKDtt'i,  so  hat  er  dies  nicht  bloß  wegen  der  Ähnlichkeit 
der  beiden  Fälle  vermutet,  sondern  seine  Ansicht,  daß  die  d-dsh 
inV,  3  R.Meir  sind,  wird  durch  Sifra  und  Tosefta  V,  2  (ed.  Schwarz 
zur  Stelle)  bestätigt,  die  ausdrücklich  ^^^nö  ö'n  lesen.  Die  Tosefta  ^ 
zur  Stelle  ergänzt  die  Misna  nach  Sifra  mit  dieser  Angabe  und 
außerdem  noch  mit  dem  Satze  D^nba  n^aKbi  d^u  rh^-^^b  nsisnb  tsmtrn. 
Ebenso  Tose/to  VI  4  (ed.  Schwarz  VI,  2)  zur  Misna  VI,  2  nach 
Sifra  Achare  11,  5.  nKis^"?  tsmrn  fehlt  an  beiden  Stellen  im  Sifra, 
wird  aber  von  a^an  in"!  gelesen.  -  Die  Var.  ed.  Wilna  2^'nö  S2  n 
pntais  D'üam  zu  unserer  Mima  wird  von  der  Gdmara  85"  widerlegt; 
sie  ist  wohl  nach  Misna  VI,  2  entstanden. 

12.  Misna  Chulin  V,  3  (82")  geht  zurück  auf  Sifra 
Emor  8  (3),  4,  5,  6.  Rabbi  bringt  8,  4  gekürzt  und  in  anderer 
Form  und  8,  6  ebenfalls  gekürzt  und  umgestellt;  8,  5  wird  aus- 
gelassen, da  es  den  Fall  von  8,  6  nur  in  aufsteigender  Linie  be- 
handelt. Die  Tosefta  V,  6  (ed.  Schwarz  zur  Stelle)  ergänzt  nun 
die  Misna  nach  Sifra,  indem  sie  zugleich  letzteren  erklärt  und 
amplifiziert.  Aus  8,  4  hat  Rabbi  ausgelassen  nian  nx  tsnu?!  -inx  Knu'  ns* 
pa^-'H  D'DTinxn  d-3ü  nns  nx  anin  -inx  xai  nas'  nx  tan^^i  -ins  xm.  Die  Tosefta 
bringt  den  Fall  mit  dem  erklärenden  Zusätze  mtaa  ^r^rcsm.  Statt 
D-TiK  r\v^r\  im  Sifra  hat  die  Misna  n^ja  ^w  und  die  Tosefta  n^D3  r\^^n; 
vgl.  Schwarz  zur  Stelle,  Anm.  36,  37,  39.  Rabbi  hat  nur  8,  6 
'B  JS1D  nro  rc  Dxy  nna  nxi  ntant:?  und  nicht  8,  5  'b  aeio  n)2S  dx  nxi  nöx  nxi  ntan^. 
Die  Tosefta  bringt  beide  Fälle  amplifiziert  mmi  nran  ^r  i'?'bs.  Die 
Korrektur  von  A.  Schwarz  Tosefta,  Anm.  33,  35  :^:^^v>'ixr\  bv  ^^  ^'^n 
wird  auch  durch  Sifra  bestätigt.  Es  wäre  doch  sonderbar,  wenn 
Tosefta  ohneweiters  sich  in  Gegensatz  zu  Misna  und  Sifra  stellen 
würde. 


Kritische  Studien  über  das  Verhältnia  der  Misna.  257 

13.  Misna  ChuUn  V,  3  (83<*)  =  Sifra  Emor  8,  12  von  Rabbi 
gekürzt. 

14.  Die  Reihenfolge  in  den  Misnajot  dieses  Perek  stimmt  mit 
der  Reihenfolge  im  Sifra  bis  auf  einen  Punkt  überein.  Mima  V,  1 
-  Sifra  Emor  VIII,  7;  M.  V,  3  (Sl^J,  (82")',  4  (83«);  V,  5  (83'^) 
=  S.  Emor  8,  8,  4,  6,  10,  11,  12.  Die  Bemerkung  Weiss'  zu  8,  8 
ist  nicht  richtig.  Die  Reihenfolge  in  der  Misna  ist  die  logische. 
Zuerst  werden  die  auf  eine  Person  bezüglichen  Halachas  gebracht, 
dann  die  auf  zwei  Personen  bezüglichen  und  endlich  die  durch 
mehrere  Glieder  der  Tiere  sich  ergebenden  Komplikationen.  Daher 
V,  3»  =  8,  8  und  V,  3^  =  8,  4,  6.  Im  Sifra  wird  die  Versordnung 
beobachtet.  Ebenso  stimmt  auch  die  Reihenfolge  in  den  Misnajot 
des  Perek  VI  mit  der  Reihenfolge  im  Sifra  Achare  überein 
(VI,  2  =  A  11,  5,  6;  VI,  4  =  A  11,  4,  7,  8;  VI,  5  -  A  11,  9;  VI,  7  = 
A  11,  10,  11)  bis  auf  VI,  2,  die  aus  logischen  Gründen  vor  VI,  4 
stehen  muß,  wie  auch  im  früheren  Perek  die  entsprechende  Parallel- 
misna  V,  3»  vorangestellt  ist. 

15.  Misna  Chulin  IX,  2  (122")  geht  zurück  auf  Sifra  Ssmini  7, 1, 
den  Rabbi  amplifiziert.  Die  Bemerkung  'idi  pa  -jbriD  in  parc  jbiDi 
ist  aber  entschieden  nicht  am  richtigen  Platze,  sie  gehört  nach 
tsöinm  MKü'^m  nrm  np:art  -nn.  R.  Jehuda  und  R.  Jochanan  ben  Nuri 
gehören  zusammen,  da  sie  beide  den  Satz  'lai  np:ü:i  mn  bekämpfen; 
sie  stehen  auch  im  Sifra  und  in  der  Tosefta  VIII,  17  zusammen.  Da- 
gegen behandelt  Tosefta  VIII,  15,  16  den  Satz  pa  ^br\v  ik  parcr  i^iai 
vor  R.  Jehuda.  Man  darf  daher  nicht  mit  A.  Schwarz  Tos.  IX,  2, 
Anm.  6  die  Tosefta  nach  der  Misna  umstellen,  da  die  Tosefta 
sowohl  der  Ordnung  des  Sifra  als  auch  dem  Gebote  der  Logik 
besser  entspricht. 


Festsolirift.  ^- 

XI 


Etwas  über  die  „leichten  und  schweren  Gebote" 
in  der  Halacha  und  Agada. 

Von  Stadtrabbiiier  Dr.  M.  Steckelmacher,  Mannheim. 

Der  durch  seine  zahlreichen  Werke  um  die  talmudische 
Wissenschaft  hochverdiente  Jubilar,  zu  dessen  Ehrung  auch  die 
folgenden  schlichten  Bemerkungen  ein  ganz  klein  wenig  beitragen 
möchten,  hat,  wie  namentlich  der  Bearbeitung  der  Logik,  so  hin 
und  wieder  auch  dem  Nachweise  der  ethischen  Tendenzen  in  der 
jüdischen  Überlieferungsliteratur  seinen  Fleiß  und  seinen  Scharf- 
sinn gewidmet.  Ich  denke  dabei  an  Veröffentlichungen  wie  den  vor- 
trefflichen und  originellen  Aufsatz  über  pT-iiö  nh)  p"?!?»  ab  in  der  Zeit- 
schrift njn  yiHfi  ns"i::n  (1.  Jahrg.,  3.  Heft)  und  ähnliches.  Vielleicht  wird 
es  darum  der  Absicht  dieser  Jubelfestschrift  nicht  unangemessen 
sein,  wenn  ich  hier  an  einem,  wie  mich  dünkt,  noch  nicht  be- 
handelten Exempel  den  übrigens  ja  bekannten  Tatbestand  zu  be- 
leuchten versuche,  wie  die  Halacha  durch  die  Agada  nach  der 
ethischen  Seite  hin  ergänzt  wird. 

Welche  Gebote  haben  als  „schwere"  und  welche  als  „leichte" 
zu  gelten? 

Darauf  finden  wir  die  Antwort  in  b.  Schebuoth  2^  (Mischnah) 
und  12^  in  der  Gemara  daselbst,  sowie  in  b.  Joma  85^'  gegeben 
und  von  Maimonides  in  seinem  Mischneh  Thorah  Tesch.  1,  2  also 
zusammengefaßt:  nn'b  an'bs  pn^nc?  p  nmann  ,nmi2nn  p  ntii  n)bpn  p  niai 
ah  m::D  -iku>i  ,nmönn  fö  p  nn  nnr  jnr  pxc>  B'rs  iptt^i  xiir  nrntn  ,m3  in  p-i  n-'n 

1  Keßef  Mischna  daselbst  erörtert  gut,  warum  Maimonides  sich  nicht  nach 
der  Baraitha  in  Joma  a.  a.  0.  richtet,  der  gemäß  auch  alle  ncv*?  pri'3  xStr  n"^,  die 
also  mit  der  Mulkuthstrafe  verbunden  sind,  zu  den  nniDH  gehören.  Vgl,  ferner 
Mischna-Koinmentar  des  Maimonides  zu  Abotli  2,  1,  wo  gleichfalls  die  Stufen- 
grade der  nnTi  lediglich  nach  deren  Strafmaß  bezeichnet  werden.  Ebenso  bei 
Saadja  Em.  wed.  V,  S.  88  ed.  Slucki:  Sy  n"'  Sax  ,n'S  nir^  i)y  laiyn  Mn  Ntiinn  i« 
Sv  "121V   Nipi  xim   ,Tn"iy3  ctrjy  i^njn  k^c  'jbd  ,nmon  Di'«»'  yi:  nv  nnwai  .nniann 

17* 
I 


260  Dr.  M.  Steckelmacher. 

Diese  Auffassung,  wonach  für  die  Charakterisierung  der  Ge- 
bote als  „schwerer  und  leichter"  nur  die  bei  ihnen  ausdrücklich 
angegebenen  größeren  oder  geringeren  Strafen  maßgebend  sind, 
darf  wohl  als  die  in  der  Halacha  herrschende  angesehen  werden. 
Vgl.  unter  anderen  etwa  Stellen  wie  Mechilta  n"^  xa,  wo  gesagt  wird: 

:p-i  n^s  nn^ö 
Nun  dürfen  wir  sicher  im  Geiste  des  Maimonides  (Moreh, 
III.  Teil)  annehmen,  daß  der  göttliche  Gesetzgeber  nicht  weniger 
als  die  ihm  als  ihrem  Vorbilde  nacheifernden  Propheten  von  der 
ungleich  größeren  Wichtigkeit  derjenigen  Satzungen,  die  wir 
moralische  nennen,  gegenüber  denen,  die  wir  als  zeremoniale  an- 
sprechen, durchdrungen  war,  daß  er  aber  für  seine  Zeit  gewissen 
zeremonialen  Geboten  wegen  ihrer  auf  Abwehr  des  Heidentums 
oder  auf  Einprägung  dogmatisch  und  geschichtlich  grundlegender 
Daten  abzielenden  pädagogischen  Bedeutung  einen  besonders 
starken  Nachdruck  zu  geben  sich  veranlaßt  sah  und  darum  bei- 
spielsweise die  Übertretung  des  Verbotes  bezüglich  des  Genusses 
von  ^bn  oder  m  oder  pian  am  Passachfeste  oder  bezüglich  des 
Arbeitens  am  Sabbath  mit  schweren  Strafen  belegte,  während  er 
bei  manchen  der  erhabensten  moralischen  Forderungen  wohl 
gerade  wegen  ihrer  ohne  weiteres  einleuchtenden  Kraft  solchen 
Nachdruck  nicht  für  nötig  erachtete. 

Eben  deshalb  aber  möchte  uns  jene  starre  halachische  Klassi- 
fizierung der  Gebote  als  , schwere  und  leichte"  nur  nach  den 
mit  ihrer  Übertretung  verbundenen  größeren  oder  geringeren 
Strafen,  wodurch  die  Vorstellung  erweckt  wird,  als  ob  dieses  ganz 
äußerliche  Moment  den  Maßstab  auch  für  den  Wert  an  sich,  für 
eine  innere,  bleibende  und  nicht  bloß  geschichtlich  bedingte 
Wichtigkeit  bildete,  gar  bedenklich  anmuten. 


nxtn  nSyoa  lyi)!^  nrS  nonni  tynsi  msjiyai  T:tDytn  nsiui  n^33D  hp'>üv  ms  Nim  ,n"^  ni^D 
D^ntJ»  n'3  nn»Di  wt^^  nn  ms  n  cp'tr  oni  ,nmonn  H*  "isivtr  «in  ttüh  h^tt  .Ntann  jo 
nooa  pm  :3n"V2  n^^sxni  nzv  ^i^m  mnyn  id3  nnion  an  '3  v\:  nrai  .T''d  mn'O  'ii 
ntS  nonm.  Ebenso  spricht  Jeh.  hal.  Kus.  III,  49  von  nip^a  cn2  3"n  ni^pn  nn'ay 
und  sogar  Bachj.  ibn  Pak.  im  Chob.  haleb.  naitrnmyc,  S.  99"  ed.  Baumgarten  von 
D'Dtr  n'3  niDi  mx  n'2  nrra  anii  tf'c  m^nj  m-ray.  Außer  der  im  Texte  erwähnten 
Hauptklassifizierung  nach  der  Größe  der  Strafe  geht  im  Talmud  nebenher  auch 
die  Bezeichnung  eines  iidn  als  "iiön,  weil  n:  '322  jm:  niDN,  wie  nvir\  nu  nach 
B.  Jehuda  (Cholin  100''  und  101»,  vgl.  auch  das.  90")  und  'nn  ;o  ":2S  (das.  102"), 
oder  weil  nnznz  mOK  (das.  101"  Rasohi  'iin'  2i  "lON  .V'n  n'i).  Ja  es  wird  daselbst 
sogar  der  m22  qun  riKaiu  gegenübergestellt  mpoa  n^nii  n'S  n'?T  nnan  "it'2  nxoit:. 
Also  gleichfalls,  wie  man  sieht,  lauter  äußerliche  Kriterien. 

II 


Etwas  über  die  „leichten  und  schweren  Gebote".  261 

Solche  Vorstellung  wird  denn  vom  Talmud  in  der  Tat  ganz 
unbefangen  als  Tatsache  vermerkt,  z.  B.  b.  Sota  7^:  ktid  ni:  nai 
n^b  KTön  mm  m:  njmsn  k'h  ]:z'i'i  »ü"3  k7  ixbn  k\ii:'  ntsio  n^'^y  jök:  n'^ya  nnaa 

Es  ist  aber  höchst  interessant,  was  schon  die  Tosafoth  daselbst 

inb  -löx  n"-i  ausführen,  nämlich:  r]'^':2V  '^'."üb  in*?  K-i'^srn  ['k'jd  'nrna  jnrrK 
ühi  m'?"'DK  jnb  n*!2n-i  n"y  "i  mainsn  p"ss  pjD  mian  nTnyia  'si:  n:"»  -ariDiai  n'?p 
^r\b  ^'^^''^n  r\•^^n'  '-n  nnnKD  K"y  n":  ppi^jn  'sm  .man  «'ntt'  mj»  pn-na  sbx  "in 
b'pn  -i<n  friJas'  3"y  's  riTzi  p"s  u^nai  .n'?''pD3  sr-ic  nau^ia  ixb  x*?«  Kr"'?n  rrysir 
Dno  -i'^m  nnt:'  ♦•"'is  •o"r  "231  srn:  xDn  j*?  oncT  rcsp  ■'s:  c'ü  -idki  'bis  npri-^n  -j'-iic 
:xr£'N  p3!an  KriTianü  "sd  xn':'''pi2  '"^ns  j":»!  kö^k  ""hr  jb  ano  "^'pT  a-'v  irna  p 

Wir  begegnen  also  hier  schon  einer  gegen  die  üblichen  von 
der  Halacha  lediglich  nach  den  Strafabstufungen  fixierten  Kriterien 
der  Dignität  der  n':iü  sich  erhebenden  Reaktion  des  Volksempfindens 
bezüglich  gewisser  das  Gemüt  (wie  bei  m'?'ax)  besonders  äff izierender 
oder  die  soziale  Ethik  (wie  bei  rryatr)  betreffender  Observanzen. 

Ganz  besonders  bedeutsam  erscheint  es  auch,  wenn  die  Tosa- 
foth zu  Cholin  101^  Tin  m  sagen,  daß  obgleich  Sabbathentweihung 
n'^'pDm  -i'am,  dennoch  nb-'nm  nnsa  nr  xinu?  "sb  3"nv  n"'?  -iiön,  was  doch 
eine  ganz  entschiedene  Würdigung  der  inneren  Bedeutung  der 
Gebote  gegenüber  einer  solchen,  der  lediglich  äußere  Merkmale 
als  maßgebend  gelten,  erkennen  läßt.  ^ 

Die  Bemerkung  der  Tosafoth,  wonach  das  Volk  oft  rabbinische 
Anordnungen  höher  als  solche  der  Schrift  wertet,  erinnert  übrigens 
an  eine  andere  merkwürdige  Alterierung  der  halachischen  Ein- 
teilung der  m:ia  als  „leichter  und  schwerer"  nach  dem  Strafausmaß. 

In  b.  Erubin  21^  lesen  wir  nämlich:  Tiia::  nn  ü^jd'  d:i  a'tnn 
mnu^  nüö  nnr  'a:iy  "^y  'mu  niTn  n^in  y"u;a-i  :^":ipn  "jsb  '?a'\fS'  noja  nnöK  n^b 
D'^Din  i^b  yöu?  'O  ,Tap  xm^K  -i-idö  sp  mm  pania  im"?  ancn  a-i  b"a  .D"'nö""'pi  "by 
D'öya  D'iaya  nmn  "si  b"»  .nmian  müiö  i*?«!  mbp  m::»  T?x  '?"«  .ina  d":«'"'  dj 

:  onaiD  nmö  ib'^m  n-nn  na-tö  i"?*?:!  kSk  njn: 

Hiernach  werden  also  die  n-nn  nai  als  mbp  und  die  d'T 
([v'^-n]  j^'^DT  -nj  -inji^  -n-,1  -n-i  "^an  lu^nnriDtr)  als  nman  bezeichnet.  Der  große 
Haiachist  Raba  bringt  daselbst  allerdings  auch  hier  das  Prinzip 
des  Strafmaßes  zur  Anwendung,  indem  er  dieses  in  Anlehnung  an 
Koh.  12,  12  für  die  Übertreter  der  aneia  nan  noch  als  verschärfter 
in  Aussicht  stellt.^ 


1  Auf    diese    wichtige  Tosafothstelle    hatte    Herr    Prof.   Aptowitier    die 
Güte,  mich  aufmerksam  zu  machen. 

2  Der    gleichen    aus    religiös    disziplinarischen    Griindon    entsprungenen 
Neigung  zur  Vermehrung,  beziehungsweise  Verschärfung  der  Strafen  entspricht 

III 


262  Dr.  M.  Steokelmacher, 

Wir  sind  indes  mittlerweile  schon  auf  das  Gebiet  der  Agada 
gelangt,  und  da  gewahren  wir  denn  des  weiteren  verschiedent- 
liche  Abweichungen  von  der  herkömmlichen  halachischen  Klassi- 
fizierung, zum  Teil  zwar  noch  ohne  näheren  Bezug  auf  morali- 
sche Erwägungen,  zum  Teil  aber  schon  entschieden  durch  solche 
orientiert. 

Zur  ersteren  Art  gehört  z.  B.  die  Stelle  im  Sifre,  Abschnitt 
nsn,  wo  es  zu  Deut.  12,  13  heißt:  r\'b  ,-T'Dtt?  ^-im  \sir  p  praty  'n  nox 
"iTnn  uöö  bp  m^ün  "ran  psD  a-i  na  -iöi"?  ,in  X2:rr  mi'^n  ban  pxi  nmnn 

Also  obgleich  es  sich  um  einen  ^vh  mit  nna  handelt  (Lev.  7,  27), 
wird  doch  von  ihm  ausgesagt,  daß  es  kein  leichteres  unter 
allen  Geboten  gebe.  Hier  ist  aber  offenbar  nur  erst  eine  rein 
äußerliche  Tatsache,  nämlich  die  der  leichten  Ausführbarkeit 
für  das  Prädikat  „leicht"  bestimmend,  allerdings  schon  unter  Mit- 
wirkung eines  ästhetischen  Faktors,  wie  aus  Raschis  Erklärung 
zu  Deut.  12,    23    zu  ersehen  ist:   o tn  pxu?  ijüd  natt'nb  "^pn  Kina?  mn  ds 

Das  Moment  der  leichteren  und  schwereren  Ausführbarkeit 
erscheint  zunächst  auch  maßgebend  für  die  Bezeichnung  des 
]pr\  mbvf  betreffenden  Gebotes  als  „des  leichtesten  unter  den  leichten" 
und  des  Gebotes  der  Elternverehrung  als  „des  schwersten  unter 
den  schweren"  in  Jerusch.  Peah  ed.  Luncz  6^.  Nachdem  vorher 
von  der  ungemein  schweren,  die  äußerste  Opferfähigkeit  bedingenden 
rechten  Erfüllung  der  Pflicht  der  Elternverehrung  gesprochen 
worden,  wird  der  Ausspruch  des  XDriD na xn  n ^  angeführt:  ainan  mtrn 
na  j'^ip)  ipn  mbv^  n?  ni'^pau?  n'^D  ms:»  .m-nönac?  n-\^^n  m^fü'?  m'^pau?  r\bp  m::» 


wohl  auch  die  Baraitha  b.  Kethub.  86*  (u.  a.)  Sa«  n"h  nn02  (D^yanx  piSn  "ci»D)  n"13 
iB'Q2  Ksntr  t;  im«  prf3  'i3i  ntriv  irxi  naio  ncy  iS  'noiw  [ur  nry  ni^jon.  Vgl.  zu  dem 
Ausdruck  b.  Jebam.  121"  in  der  Mischna.  Ferner  Mischna  Nasir  4,  3  und  die 
Kommentare  daselbst,  Ran  zu  Kethub.  46  und  Maim.  Cham,  ummaz.  6,  12, 
sowie  Resp.  d.  Ib.  b.  Scbesch.  90,  der  die  Maßregel  in  milderem  Lichte  zu 
zeigen  sich  bemüht. 

1  Derselbe  Ausspruch  daselbst  auch  im  Namen  R.  Gamaliels. 

2  In  ähnlicher  Weise,  wenn  auch  in  anderer  Beziehung,  sehen  wir  die 
Ästhetik  bei  der  Abschätzung  des  c'Vi::'  niDN  zur  Geltung  gebracht  b.  Baba 
mez.  61\  Es  heiße  bei  diesem  iidn  abweichend  von  dem  Ausdruck  der  Schrift 
bei  n»an,  n'ss  und  mSptro  statt  x'Xion  vielmehr  nntio  pKO  aanx  n^'^^n,  nicht  weil 
in'njN  t8"D:,  sondern  weil  ina'Sari'?  d'nq  ^du. 

3  Im  Tanch.  ed.  Buber  j  apy  wird  der  gleiche  Ausspruch  R.  Simon  b.  Jochai 
in  den  Uund  gelegt. 


lY 


Etwas  über  die  „leichten  und  schweren  Gebote".  263 

D"m  n-nt3  ns  ty'D)  s"ik  tm  ht  nmonaü  nmön  maiai  (Luncz   'd'^  jinom  niito 

'tD"!»"  ns-iKm  STia  {.Trimi  (Luncz 

Also  eine  bloße  ntrr  nitn  wird  wegen  der  in  ihr  enthaltenen 
überaus  schweren  Verbindlichkeiten  und  ungeachtet  der  ganz 
gleichen  Lohnverheißung,  wie  sie  bei  dem  ohne  jedes  Opfer  aus- 
führbaren Gebote  des  \pn  mb^s  gegeben  ist,  eine  nmürcr  n-nian  genannt. 

Die  Bezeichnung  wird  aber  bei  diesem  letzteren  Beispiel  auch 
schon  motiviert  durch  die  große  innere  sittlich-religiöse  Dignität, 
wie  sie  dem  Gebote  der  Elternverehrung  innewohnt,  und  die  auch 
Jeruschalmi  a.  a.  O.  in  Äußerungen  zum  Ausdrucke  kommt  wie : 
ü''!2^  ü-\^üb  QK^  ns  K-n;a  v;^pn  und  Dpön  -nM*?  dki  =ik  Tca  D''pn. 

Einer  Erhebung  über  die  verschiedentliche  Abschätzung  der 
Gebote  nach  Lohn  und  Strafe,  wie  sie  hier  hinsichtlich  einzelner 
m::«  wahrgenommen  wird,  begegnen  wir  aber  auch  schon  im  all- 
gemeinsten Sinne  in  der  bekannten  Mischna  Aboth  2,  1:  th:  nm 
'1D1  Dcnia  •'im  n):if2  b^  jnDtr  |n,^  riv  nnK  '^h^  nmiannr  :^bp  m::a3  (wo  Heller 
das  Moment  der  Mühe  und  der  Kosten  zur  Erklärung  heranzieht) 
und  noch  prägnanter  im  Sifre  id'j;'  nx-',,  wo  es  heißt:  nban  n'^-onn  nx 
missn  nniaD  ybs  r:2'nn  r\bp  nna  snn^  ."ii::»  "-sj«  -htk,  wo  Friedmann  trefflich 
kommentiert:  "^i^iia  "Sj^u'  "q"?  '^b^.  Damit  wäre  sogar  schon  eine 
völlige  Überwindung  des  Vergeltungsgedankens  im  Hinblick  auf 
die  Ausübung  der  m::a  erreicht. 

Ganz  deutlich  aber  gehört  schon  zu  dieser  zweiten  Art 
die  Stelle  in  Mechilta  h"  's  S3,  wo  zu  lesen  ist:  ü«  nöi  rp  D^nai  xbm 
in  ittsj  m-inb  :n:  is"«!  n'?"''?m  ara  jmj  is"«!  nru?"?  k^k  id'ku'  bprt  n"",:::»  nca  üi 

:  '131  irmaiy  d-i:  --a  xbx  nTrtt'ian  jit'  xbw  D""DKy  nmi'?  n:mDi  nb^'^m 
Da  wird  also  wieder  eine  bloße  n^r  m2fö  eine  n-nssn  genannt 
wegen  ihrer  ständigen  Geltung  und  in  erster  Linie  wegen 
ihrer  hohen  religiösen  Bedeutung.  (Vgl.  über  die  letztere  in 
weiterer  Ausführung  Mischneh  Thorah  Mesusa  6,  13  und  be- 
sonders Tur  Jore  Dea  285.) 


»  Vgl.  Mischna  ChuU.  142":  DK  noi  jjiivan  HK  "inuS  »B«  □»ja  h]}  DK  m.y  ^its»  nh 
fp  iS  3t3"  lyo^  min  mos  (tsyio  lan  «W  D'3  pon  hd  I'.xc  vc-i.q)  id»k3  kmk*  n^p  nivo 

:  min:c  nnion  r.nc  Sj,* 

2  Vgl.  auch  Jerusch.  Kidd.  I,  7;  Schoch.  tob  zu  Ps.  9  und  Deut.  rabb.  6, 
sowie  Machsor  Vitry,  S.  403,  der  die  verschiedoncn  hierhergehörigen  Midraschim 
zur  Erläuterung  von  Ab.  11,  1  zusammenstellt.  Es  wird  da  überflll  an  Fror.  .5,  5 
angeknüpft  und  gemahnt:  S'Nin  lOiN  «nn  xSi , . ,  mm  '7t:'  n'nivr23  hpv^^  ntri'  «nn  nS 
'm  n2nf2  m::tt'tt'  nni«  nti'iy  'jk  nSnj  n  mvoni.  Also  auch  eine  Wertung  der  Gebote 
nach  größerem  oder  geringerem  Lohn  wird  perhorresziert. 


264  Dr.  M.  Steckelmacher. 

Eine  solche  Würdigung  religiöser  Vorschriften  und  Bräuche 
nach  ihrer  sittlich-religiösen  Wirkung  findet  sich  unter  anderem 
auch  Bamidm.  r.  20,  20,  wo  mit  Hinweis  auf  die  durch 
an"  nb'taj  bii'?!  verursachten  religiösen  und  sittlichen  Versündigungen 
gesagt  wird:  p^  -13-1  x"?  •'3  ':w  ■nbp  m^füs  'h'StH  bai^^  nK  n"3pn  n^•^^  "pbi 
t  D"'»''  manxi  ü'^'n  ro  ribp")  npn  ,imi«  nxn  nn«i:'  m:iö  -ai  "sk  '15i  D3ö  kiü 
Ähnlich  wird  Sifre  Abschnitt  rap  nbtt»  und  b.  Menach.  44*^  an 
einem  Vorkommnis  veranschaulicht,  wie  der  n"2:i*  mxs:,  obgleich  sie 
nur  eine  n'?p  mriia  ist  («labyri  nry  Raschi),  eine  höchst  wertvolle  ver- 
sittlichende  Wirkung  eigne.  Die  vertiefte  religiöse  Auffassung 
spricht  sich  in  dem  schönen  Satze  R.  Meirs  aus  (Sifre  daselbst): 
KD^b  'ön  rpim  '^■z^  ü''b  nön  n'?Dnnsr  ny::^  •'jb  b-'Dpn  ibxs  n':::^:  m::»  n^pfan  b^r 
-nasn,  ebenso  daselbst  in  dem  Ausspruch:  ni:'i"tp  it  D3\"i'7i«b  Q'V)']p  dn",'n 

■^Kitt^'n  r^v^1p  dbdi»  n-":::::!!:?  tjö  .n"'::^,  ferner,  allerdings  mit  starker 
Betonung  des  Lohngedankens,  daselbst:  na  '3i  13\iSk  "i  ms:  n'^p  nna 
rns'''?  Tny  '«i  nau'  nb^b  Tnr  ''SK  '13i  c^ars  ''3tt>  'idi  D3\-i'?s  'n  'dk,  sowie  in 
dem  Ausspruch:  misisn  Sa  D^^p  i'?>o  r'?r  n'^bria  n^::::  m::i2  D^pön  bau'  T'JJs. 
Den  letzterwähnten  Satz  nach  seinem  Inhalte  bringt  Maimonides 
in  Mischneh  Thorah  (Zizith  3,  12)  als  Motiv  der  Schlußmahnung, 
das  Schaufädengebot  ja  mit  Eifer  zu  beachten. 

Es  ist  mir  nun  zwar  keine  talmudische  oder  midraschische  Stelle 
bekannt,  in  der  (ähnlich,  wie  bei  dem  Mesusagebot)  auch  die  n':i2  m::» 
eine  rt'-\)f:tn  genannt  würde,  aber  Maimonides  im  Kommentar  zu 
Abot  II,  1  nennt  sie,  vielleicht  mit  Rücksicht  auf  die  ihr  in  der 
Agada  beigemessene  sittliche  und  religiöse  Kraft  —  analog  jener 
Benennung  der  nma  msria  in  der  Mechilta  —  gleichfalls  eine  mian  m::D.^ 

Eine  ganz  unzweideutige  sittliche  Abzweckung  enthält  der 
über  den  Maßstab  der  vorgeschriebenen  größeren  oder  geringeren 
Sühnemittel,  wenn  auch  nicht  über  die  Vergeltungsidee  überhaupt, 
sich  hinwegsetzende  Satz  des  R.  Judan  in  Schir  r.  5,  14  und 
Wajikra  r.  9,  2  und  25,  5:   ina  n^bi  oiira  T"mrD  mnetra  nmi  D''jm3tt>  ibx 

t  ^''rb  orT'tt'K-i  '"ipipa  t^^brinb  p  Dniaiy  du?«i  riKDh  abü 

Ebenso  der  Satz  im  Tanch.  (Buber)  zu  Mezora  4 :  rt^vp  n)2  nx-i 
ryöi  "i'U^öi  y'iü  ntrp  Kintt»  rnn  ]wb  und  die  Bemerkung  im  Schoch.  tob 
zu  Psalm  52,  daß  bei  jenen  drei  Sünden  nur  bnj,  bei  nn'?  da- 
gegen mbiiJ  stehe.  Es  ist  wohl  gemeint,  daß  die  sittlichen  Schäden, 
die  -^"n^b  zur  Folge  hat,  eine  noch  viel  größere  und  verderblichere 
Tragweite  haben,  als  die  genannten  drei  Sünden,  darum  sei  noch 
schwerwiegender  als  diese  die  Sünde  der  rin  ]wb. 

1  Allerdings  erscheint  es  dann  merkwürdig,  daß  Maimonides  dort  neben 
n'ss  zwar  nS'O  und  hdd  ntaTiB",  aber  nicht  nnta  nennt. 

VI 


Etwas  über  die  „leichten  und  schweren  Gebote".  265 

Aus  dem  gleichen  Grunde  wird  wohl  auch  von  der  viele 
Menschen  schädigenden  Sünde  des  Raubes  C??:)  ausgesagt 
Waj.  r.  3,  3 : 1  n^:^v  nsba  s"ntt'  naab  bvn  pnr  'i  avz  x"z  c'"-i  üh'z  ^:'s-a  npiizi 
nr-ir  ''?jai  rs  naiy  jro  rntr  din  'jr*?  b^fi  pnr  '-i  Du^n  pr  'i  ."^t:  .nn  :ntapa  'la 
bapm'  mo  mi^an  t'd  niik  '-i  nu?n  n-K  12  npi"  'i  .'?2n  -ijjs  b'-pc?  ':?7:i  a-an  -asici 

t  '131  bnz  übü  ann  k*?  a'^'rDi 

Hier  gilt  das  Verbot  von  Raub,  obgleich  ein  bloßer  ix*?,  für 
schwerer  als  jene  drei  Kardinalverbrechen  und  Sabbathentweihung, 
von  der  ja  gleichfalls  in  dem  betreffenden  Kapitel  (Ezech.  22)  die 
Rede  ist,  trotzdem  daß  diese  mit  nn"ö  und  nna  belegt  sind. 

Ja  in  Waj.  r.  22,  3  erscheint  das  Prinzip  der  äußerlichen 
Wertung  der  Gebote  nach  Lohn  und  Strafe  vollends  zugunsten 
der  Moral,  und  zwar  der  durch  den  Hinblick  auf  die  Pflicht  der 
„Heiligung  des  Gottesnamens"  mit  noch  gesteigertem  religiösen 
Ernst  gefaßten,  durchbrochen.  Wir  lesen  nämlich  dort:  n"nr"i  j'n  ina 
ü"nx  jQi  '1  'ö  "maxi  'ncnai  yat'x  fs  pn  ur\b  'Dsnan* .  -jns'a  'nbsc  dtiu?  er  'h  'Strro) 
•"V  bs  n"npn  -in-'itr  iri'ia  b"a  .T'ju^n  ix  njitrxnn  ncp  jna  nrx  /nbs  cc  'ruram  ^naDJi 
ntrn  'T'i'r'pi  "^y  -^n^i  ab\  welcher  durch  Diebstahl  verübt  wird  (Matn. 
Kehun.  daselbst).  Selbst  die  Sünde  des  Götzendienstes  steht  der 
des  Diebstahls  nach.^ 

Es  zeigt  nun  von  dem  erleuchteten  Sinn  des  Maimonides, 
daß  er  in  seinem  xMischneh  Thorah  zwar  gewissenhaft  die  Ge-  und 
Verbote  nach  der  halachischen  Tradition  kodifiziert,  also  auch 
die  für  die  Übertretung  eines  jeden  von  ihnen  vorgesehenen 
Strafen  (mp'?ü,  ma  und  ,-in'a)  getreu  registriert,  aber  doch  bei 
manchen  besonders  verwerflichen  moralischen  Vergehungen  nicht 
unterläßt  zu  sagen,  sie  seien,  ob  auch  bei  ihnen  keine  der  genannten 
Strafen  vorgeschrieben  ist,  gleichwohl  von  schwerstem  Gewichte. 
Z.  B.  Deoth  6,  8  bezüglich  der  Beschämung  des  Nächsten:  sys' 
D-'a-ia  iTnn  'js  ]'::bfin  d'mh  nax  -p  ,xin  b^-t:  pr  vbs  npib  i3'S'  n-an  nx  cb-z^nz' 

t  y'n^vb  pbn  ib  px 

Daselbst  6,  10  bezüglich   der  Versündigung  an   Waisen   und 

Witwen  durch  lieblose  Behandlung:  s  rx  (pjrn  üb  Din'i  nüba  bz)  n;  Mib^ 

X  n-ina  nrns  ■'nnm  'ek  nnm  n-nrc  cmsa  w)V  ''in  rbv  i'p^b  j^x^r 

Daselbst  7,  1  bezüglich  der  Sünde  der  Verleumdung:  bnan 
D-iui  xin  bii:  pr  m  -121  bs  i'p'ib  r'xc  a"rKi  'n  'j-s-i  i'?n  xb  'jü  n"'?^  -lair  n-^ana 

:  '131  man  nics3  ji-in"? 


»  Vgl.  auch  Kohel.  r.  1,  34  und  3,  12. 

-  Vgl.    dagegen    die   Halacha  b.  Sabb.  91":   2»nr\:  na:;»'  s'^n  natra  do  33un 
nnsa  pN3  nat?  now  na'::)  iicn  nnti-  nma  nsim  tuo  n\n  .natr  niD'«  n»^  Na'c  mip  n3'2J3, 


also  n'i'D  nana  n»S  o'p. 


VII 


266  Dr.  M.  Steckelmacher. 

Daselbst  bezüglich  des  Racheverbots :  'W  n"bs  -i^aiy  ii^ania  apijn 
^nai  -iiKia  s-n  nrn  nri  v'^r  npi'?  iD^t^ir  s"ys'i  Dipn  x"? 

Man  darf  wohl  in  solchen  Weiterungen  ethische  Vertiefungen 
erblicken,  die  den  Einfluß  der  Agada  erkennen  lassen,  wenngleich 
die  zuweilen  hinzugefügte  Versicherung,  auf  die  Übertretungen 
würden  doch  große  Strafen  —  ob  sie  auch  nicht  immer  in  der 
Schrift  spezifiziert  werden  —  erfolgen,  von  dem  Bestreben, 
möglichst  innerhalb  der  Sphäre  der  überlieferten  Anschauungen 
zu  bleiben,  zu  zeugen  scheint.^ 

Jedenfalls  aber  bedeuten  solche  über  den  engen  Rahmen  des 
Haiachismus  hinausgreifende  Gedanken,  wie  wir  sie  bei  Maimonides 
und  manchen  anderen  jüdischen  Denkern,  wie  namentlich  dem 
etwa  um  ein  Jahrhundert  älteren  Bachja  ibn  Pakuda,  der  unge- 
achtet der  Beibehaltung  der  hergebrachten  halachischen  Jilassi- 
fizierung  (vgl.  oben)  den  unter  keinerlei  paragraphierten  Straf- 
bestimmungen stehenden  Herzenspflichten  den  höchsten  Rang 
zuweist,^  des  öfteren  antreffen,  einen  starken  Zug  zur  Agada  in  ihren 
edelsten  Bestandteilen  und  vermittels  ihrer  zu  der  Religion  der 
Propheten  hin,  im  vorteilhaften  Unterschied  gegenüber  den 
halachistischen  Einseitigkeiten,  wie  man  ihnen  bei  anderen  späteren 
talmudischen  Autoritäten  begegnet.  So  wenn  etwa  Nissim  aus 
Gerona  zu  Alfasis  Halachoth  GhuU.  S.  113  also  argumentiert:  Die 
Lesart  des  Rif  bezüglich  n^aro  bü  nnpns^  niaiirn  sei  deshalb  der 
Raschis  vorzuziehen,  weil  mnan  ns*  "rnj  ij^ki  x^^"^  'D  nDpn  i*?  fxn  xn"«  dx 
'in 'st3  T'ani  mnan  nx  m  b'Dsia  b"ST,  oder  wenn  es  im  njcria  pjdd  zu 
Mamrim  2,  2  heißt:  -^ab  bv'h:i  iDnb  dr  nsn  ,t,t  js  -[b  nött>n  n^iro  '3t?  na 
sin  nwn  bsi  ^^  sm  nn'^nbb  j^yjüDtt'S  nnr  nn  naj"?  k-iid^k.  Oder  wenn  wir 
gar  in  Isserleins  Pesakim  96  die  Gestattung  abergläubischen  Zauber- 

1  Vgl.    Chinnuch    416,    wo   zu    mxnn  nh  gesagt   wird:  yaipi  nr  hv    i3ivni 

nn:i  sxn«  nB'j?D2  yn^r  ir33  m^pn  nnsS  nao  um  '3  niKO  Snj.  In  Mischneh  Thorah 
Gesela  1,  9  vermisse  ich  eine  ähnliche  Hinzufügung,  die  wir  nach  den  im  Texte 
angeführten  Beispielen  wohl  hätten  erwarten  mögen. 

2  Vgl.  Schwarz,  Der  Mischneh  Thora,  S.  18,  wo  treffend  hervorgehoben 
wird,  daß  Maimonides  zwar  bei  jeder  sich  darbietenden  Gelegenheit  den  Philo- 
sophen herauskehre,  aber  doch  in  der  Hauptsache  Kodifikator  bleibe  und  als 
solcher,  ob  er  will  oder  nicht,  den  talmudischen  Standpunkt  vertreten  müsse. 
Der  herrschende  Standpunkt  des  Talmud  aber  bezüglich  des  Wertmessers  der 
Gebote  ist  eben  der  halachistische  nach  den  Abstufungen  der  Strafen  Die  oben 
zitierte  Baraitha  aus  Keth.  86''  zeigt  ja,  wie  auf  diesem  Standpunkte  nicht  nur 
kein  Absehen  von  dem  Strafprinzip  möglich  ist,  sondern  sogar  eine  Übertragung 
desselben  auf  nry  m:JO  für  unerläßlich  gilt. 

'  Vgl.  Ghob.  llaleb.  ed.  Baumgarten,  S.  SM.,  10^  144^ 

VIII 


Etwas  über  die  „leichten  und  schweren  Gebote".  267 


n 


spuks  am  Krankenbette  damit  motiviert  finden,  daß  ja  gar  kein 
IS*?  "iiCK  vorliege,  sondern  nur  ein  nry  -nc\s,  nämlich  nur  das  Gebot 
1''"'':'K '1  ny  rrnn  a"!2n !  Wie  bezeichnend  ist  doch  dieses  „nur",  und 
wie  sehr  verrät  der  Mann  damit,  daß  ihm  ein  volles  Bewußtsein  von 
der  sittlich-religiösen  Bedeutung  dieses  erhabenen  Gebotes  fehlt! 
Und  dabei  beruft  er  sich  auf  Maimonides!  Er  meint  Mischneh 
Thorah  Akk.  11,  16,  läßt  aber  merkwürdigerweise  außer  acht,  wie 
Maimonides  daselbst  11, 12  aufs  schärfste  sich  gegen  derartigen  aber- 
gläubischen Unfug  wendet  und  jedenfalls  durchaus  keinen  Anlaß  zu 
der  Annahme  gibt,  als  dächte  er  von  jenem  rrnn  n"s:n  so  gering. 
Freilich  dürfte  das  verwunderliche  Responsum  Isserleins  nicht 
allein  auf  Rechnung  seines  streng  halachistischen  Standpunktes, 
sondern  auch  des  übermäßigen  Einflusses  seiner  abergläubischen 
Umgebung  zu  setzen  sein.^ 

Zum  Schluß  sei  noch  daran  erinnert,  wie  der  Talmud  zwar 
für  gewöhnlich  seine  strengen  halachischen  Wege  geht  und  zu- 
weilen durch  seine  Dialektik  sich  sogar  zu  Konsequenzen  treiben 
läßt,  die  seiner  anderwärtig  eingeschärften  Ethik  schnurstracks 
widerstreiten  und  sicherlich  nur  akademische  Scharfsinnsproben 
bedeuten  und  nie  praktisch  wurden,-  aber  gleichwohl  selbst  an 
unzähligen   Stellen   der  Agada  das   Wort  und  an  manchen   einen 


1  Wie  sehr  auch  Stocktalmudisten  einen  einseitigen  Haiachismus  zu  über- 
winden wußten,  kann  übrigens  unter  anderem  an  Elieser  b.  Joel  (vgl.  Apto- 
witzer,  Elieser  b.  Joel,  S.  892)  ersehen  werden.  Vgl.  auch  Weiss,  Dor  der 
wedor.  V^,  S.  2b2,  der  schon  auf  jenen  schwachen  Punkt  bei  Isserlein  aufmerksam 
macht  und  ihn  gleichfalls  wie  aus  der  damals  herrschenden  talmudistischen 
Einseitigkeit,  so  auch  aus  dem  damals  allenthalben  in  Deutschland  grassierenden 
Aberglauben  und  Zauberspuk  zu  erklären  sucht.  Siehe  auchGraetz,  Gesch.  VHP, 
S.  207,  wo  Isserlein  als  ein  Mann  von  sittlicher  Hoheit  und  besonderem  Edel- 
mut gelobt  wird,  ferner  Güdemann,  Gesch.  d.  Erz.  III,  S.  54  ff.,  wo  von 
Männern  wie  Isserlein  und  Maharil  die  größte  persönliche  Moralität  und  sogar 
ein  großer  Liberalismus  in  zeremonialen  Dingen  nachgerühmt  wird. 

2  Man  denke  etwa  an  die  mnron  mxcn  ti'r^n  in  bab.  Temura  16"  und 
Kidd.  55\  wo  es  heißt:  n^Sxr^  nna  «\ni  ns'^''  nc:iD  (Raschi  das.,  Bertinoro  zu 
Sebachim  8,  1  \r\ihnü  imD'C  n;'  lUD  Dip02  jniN  fn^io),  was  doch  bei  der  ungeheuren 
Rücksicht,  die  sonst  immer  auf  c"n  '^v^  "J'i  genommen  wurde,  sicherlich  niemals 
vorkam,  aber  die  akademische  Kasuistik  glaubte  eben  alles  auch  nur  in  der 
Phantasie  Mögliche  behandeln  zu  müssen.  Hierher  gehören  auch  Fälle  wie  die 
Mischna  Temura  n,  1,  4  ausgetüftelten,  die  bei  den  sonst  herrschenden  strengen 
Ansichten  über  Sittenreinheit,  zumal  in  Verbindung  mit  Gottesdionstlichem,  als 
in  der  Wiikliclikeit  ganz  ausgeschlossen  erachtet  werden  müssen;  oder  auch 
die  offenbaren  kasuistisciien  Parado.xa  Makk.  16'':  'n  in«  tc2rA  [''70:  'D  pon 
n7'3:  n't3  Ditro  '«i  n'<-\:i  mco  'n  ,'i  npM»  nnj^  jo'^tJ'ni,  Sabb.  5":  'i3i  njp  fy:  und 
Kidd.  7":  'i3i  "-jn^  »^  'Bnpnn  sdi  idk  und  alle  die  m»5:a  Rabas  das. 

IX 


268  Dr.  M.  Steckelmacher. 

Vorzug  eiDräumt,  aus  dem  starren  Felsen  der  Halacha  plötzlich 
die  erquickenden  Gewässer  der  Agada  in  reicher  Fülle  hervor- 
sprudeln läßt  und  zu  einer  höheren  Frömmigkeit  auffordert,  wie 
sie  z.  B.  im  liebevollen  Verzicht  auf  das  strenge  Recht  sich  offen- 
bart. Vgl.  unter  anderem  die  Mahnung  Rabs  in  b.  Baba  mez.  83^ 
D^mta  i-nrs  -[bn  jr»b  und  dessen  Ausspruch  daselbst  SS*^  bezüglich 
des  Vorrechtes  bei  der  Bergung  des  eigenen  Verlorenen  vor  der 
eines  anderen :  -[btt?  jrnx  na  n^n^  k"?  ^5  dbk  xnp  nöx  in  ^ök  niirr  n"X  t2"rifz 
ip  n^b  s'2  s^iD  ^3  iü::yn  Q'^^i^r:  b^  sn  nax  nim^  i"ki  .mx  b^  btrb  nnip.  Ferner 
Jer.  Teruma  46^^'^  ed.  Krotosch.,  wo  R.  Josua  durch  den  Propheten 
Elia  von  der  strengen  Halacha  weg  auf  eine  n-'TDn  t\wh  gewiesen 
wird.  Alles  das  dokumentiert  das  stets  lebendig  gefühlte  Bedürfnis, 
die  Halacha  durch  die  Agada  zu  ergänzen;  es  beweist,  daß  man 
von  der  Wahrheit  durchdrungen  war,  welche  Sifre  Ekeb  S. -85  ed. 
Friedmann    im    Namen    der   möwn  ^tm-i    überliefert:   'ö  n^aritt»  y^T^ 


* 


Vorstehende  Notizen  machen  selbstredend  keinerlei  Anspruch 
darauf,  das  Thema  irgendwie  erschöpft  zu  haben,  regen  jedoch 
vielleicht  manchen  über  mehr  Zeit  und  Kraft  Verfügenden  zu  einer 
ausführlichen  Bearbeitung  an.  Der  mit  ihnen  zunächst  beabsichtigte 
Erfolg  aber  wäre  erreicht,  wenn  der  verehrte  Jubilar,  dem  sie 
gewidmet  sind,  in  dieser  Widmung  erblicken  wollte  ein  kleines 
Zeichen  treuer  Anhänglichkeit  und  des  herzlichen  Wunsches,  daß 
ihm  ein  hohes,  glückliches,  an  Freuden  und  Segnungen  reiches 
Alter  möge  beschieden  sein. 


vSnt: 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel 
in  geschichtlicher  Beleuchtung, 

Von  Samuel  Krauss,  Wien. 

Das  im  Neuhebräischen  sehr  stark  gebrauchte  Wort  b^'c  hat 
bis  jetzt  keine  richtige  Erklärung  gefunden.  Es  bedeutet  (nach 
Levy,  Neuhebr.  und  chald.  Wb.  II,  136)  „Früchte  (Getreide, 
Wein  u.  dgl),  die  soweit  zugerichtet  sind,  daß  sie  zur  Entrichtung 
von  Priester-  und  Levitengaben  tauglich  sind,  von  denen  aber  diese 
Entrichtung  noch  nicht  erfolgt  ist,  Tebel*  Letzteres  Wort  will 
besagen,  daß  man  eigentlich  eine  richtige  Definition  des  mit  tebel 
gegebenen  Begriffes  nicht  geben  kann,  vielmehr  das  Wort  selbst 
als  terminus  technicus  beibehalten  müsse.  Etymologisch  pflegt  das 
Wort  wie  folgt  erklärt  zu  werden :  ] .  Die  Frucht  ist  vergleichbar 
einer  hölzernen  Tafel  («"^rj),  indem  man  von  ihr,  da  die  Hebe 
und  der  Levitenzehent  noch  nicht  abgegeben  wurden,  nicht  essen 
darf.  So  R.Nathan  Romi,  1  I.Jahrhundert,  in  seinem  bekannten  rabbini- 
schen  Wörterbuche  'Arukh.  2.  '?3I2  synonym  mit  "^bd,  eigentlich  also: 
Früchte,  in  denen  das  Heilige  dem  Profanen  noch  anhaftet,  ähnlich 
ro-i.  So  Levy  a.  a.  O.  (Früher  schon,  wie  es  scheint,  P.  Smolenski: 
Anhängsel,    was   einer  anderen  Sache   beigegeben  ist.)    Das  Wort 


'  Diese  Studie  bringe  ich  dem  in  Adasz-Tevel  1846  geborenen  Rektor 
Dr.  Adolf  Schwarz  zu  seinem  70.  Geburtstage  als  kleines  Zeichen  meiner  Huldi- 
gung dar.  Gern  erinnere  ich  mich,  daß  ich  als  zehnjähriger  Knabe  meinen 
ersten  Talmudunterricht  in  demselben  Orte  genossen  habe.  In  reifen  Jahren 
sollte  uns  ein  gemein?ame8  Wirken  verbinden,  nicht  zuletzt  auch  in  der  Talmud- 
forschung, in  der  unser  Jubilar  der  allseits  gefeierte,  vorbildliche  Meister  ist. 
Etwas  von  seinem  Geiste  weht  auch  in  dieser  anspruchslosen  Studie  dem 
Leser  entgegen. 


270  Samuel  Krauss. 

rüi,  worauf  man  sieh  hier  beruft,  ist  selbst  von  ungewisser  Be- 
deutung, wie  noch  weiter  unten  zu  zeigen  sein  wird.  3.  bats  =  bh.  b^n, 
dieses  von  der  Wurzel  '?'r>D,  also  eine  Mischung,  wie  auch  rat.  So 
Kohut  in  seinem  'Arukh  completum  IV,  10.  Diese  Erklärung  war 
insofern  von  Glück  begünstigt,  als  sie  auch  aufgenommen  wurde 
in  das  , Lehrbuch  der  Neuhebr.  Sprache  von  H.  L.  Strack  und 
C.  Siegfried  (1884)  und  in  dessen  Nachfolger  , Neuhebr.  Gram- 
matik" von  K.  Albrecht  (1913),  wogegen  sie  z.B.  von  Ben  Jehuda, 
Thesaurus  1839,  mit  Recht  verworfen  und  bereits  auch  von  mir 
(gelegentlich  der  Anzeige  des  Albrechtschen  Buches  in  ZDMG 
LXVII,  734)  angefochten  wurde.  Ben  Jehuda  selbst  wagt  übrigens 
keine  Etymologie  und  punktiert  i^ntj  (ich  halte,  schon  wegen  ran, 
das  zum  gleichen  Begriffskreis  gehört,  bna  für  richtiger).  Man 
höre  nur  Albrecht:  bh.  bnn  Befleckung,  bn^  Frucht  —  wie  kommt 
eins  zum  andern?  „Frucht,  von  der  die  Abgaben  noch  nicht  ab- 
gesondert sind";  aber  das  „nicht  zugerichtet  sein"  (jpnj  k"?),  wie 
der  rabbinische  Ausdruck  lautet,  ist  doch  (für  die  Frucht?)  keine 
Befleckung!  4.  Nach  Jastrow  (Dictionary  517)  soll  unser  bnts  mit 
bats  eintauchen  (von  Speisen)  zusammenhängen.  5.  Soll  noch  die 
echt  rabbinische  Erklärung  registriert  werden?  Diese  geht  von 
aram.  xbats  aus  und  zerlegt  das  Wort  in  ab  nts  =  nicht  gut.  Nomen 
est  omen.  Diese  von  Maimüni  und  Bertinoro  vertretene  Ansicht, 
im  Talmudischen  nicht  unerhört,  ist  in  der  Tat  nicht  gut. 

Schon  die  bisherigen  Redewendungen  haben  dargetan,  daß 
in  «^atD  eigentlich  nichts  steckt  als  der  Begriff  „Frucht"  schlecht- 
hin. Die  Benennungen  für  „Frucht"  werden  in  den  semitischen 
Sprachen,  besonders  im  Hebräischen,  das  ich  am  besten  zu  über- 
schauen vermag,  von  dem  bloßen  Begriff  des  Einbringens  abge- 
leitet; so  namentlich  in  bh.  nxnn  (vgl.  lat.  proventus),  das  den 
„Ertrag"  eines  Landes,  der  Tenne,  der  Kelter  und  des  Weinberges 
bedeutet  (siehe  Gesenius.i  Hwb.  13.— IB.  Aufl.),  bei  dem  jedoch 
im  Neuhebräischen  bereits  die  kleine  Verschiebung  eingetreten 
ist,  daß  es  vorzugsweise  (wie  in  der  Bibel  pn)  das  Getreide  be- 
deutet (vgl.  H.  Vogelstein,  Landwirtschaft  in  Palästina  S.  44 
und  63,  mit  der  Bemerkung,  daß  lat.  frumentuni  speziell  vom 
Körnerertrage  gesagt  wird).  Auch  deutsch  „Getreide"  (ehemals 
Getraide,  Traid,  Drait)  scheint  sich  mir  in  demselben  Gedanken- 
gang zu  bewegen:  althd.  gitragidi,  von  tragan  =  tragen,  d.  h.  was 
man  vom  Felde  einträgt;  denn  wenn  bei  Kluge,  Etymol.  Wb.  der 

1  Verwiesen  wird  unter  anderem  auf  ass.  erbu  Einkünfte,  Ertrag,  sürubtu 
Ernte,  von  erehu  hineingehen. 

II 


Eine  neu  erschloBseue  hebräische  Vokabel.  271 

deutschen  Sprache,  5.  Aufl.  (die  7.  Aufl.  besitze  ich  nicht),  gelehrt 
wird:  .alles  was  getragen  wird,  Kleidung,  Gepäck",  so  kann  doch 
das  Tragen,  das  zugrunde  liegt,  doch  nur  die  Tätigkeit  des  Menschen 
sein,  und  es  ist  logisch  verfehlt,  hernach  zu  sagen:  „was  der  Erd- 
boden trägt  (Blumen,  Gras),   Getrei-de'".  Doch,  dies  nur  nebenbei. 

Im  Hebräischen  findet  man,  wie  nxian  selbst,  so  auch  das 
Verb  K13  in  intransitiver  und  transitiver  Bedeutung  zu  einer  be- 
sonderen Prägnanz  entwickelt,  wie  an  der  Stelle  Lev.  XXV,  22 
nriNiDn  ^{in  ny,  von  Geld-  und  anderen  Einkünften  I  Kön.  X,  14; 
II  Chr.  IX,  13;  dann  Haggai  I,  6  aya  «am  „einführen''  [in  die 
Scheune],  II  Sam.  IX,  10  nxnm  absolut  (fehlt  bei  Ges.  13.  Aufl.,^ 
wogegen  die  bei  ihm  angeführte  Stelle  Ps.  XC,  12  wenig  sicher  ist). 

Desgleichen  riDk  das  Einsammeln  (besonders  des  Obstes, 
Jes.  XXXII,  10,  was  zugleich  als  Beweis  dienen  kann,  daß  auch 
""p  'SDK  Mi.  VII,  1  gut  überliefert  ist  und  nicht,  wie  Ehrlich  will,  in 
p'p  ""DaK  emendiert  werden  darf)  und  wohl  auch  die  eingesammelten 
Vorräte,  wie  in  D''apKn  n^n  I  Chr.  XXVI,  15  (und  das.  17  cscxn 
allein) :2  Haus  der  Vorräte  (Sing.  *fibs');  vgl.  s^''car\  :n  .Fest  der 
Obsternte",  wo  stdk  genau  so  ein  Konkretum  sein  kann,  wie  cmrn 
und  m::a  im  Namen  der  übrigen  zwei  Feste;  vgl.  n^'^rnn  ''D-  die 
Baalsfeste  Hos.  II,  15.  So  sind  r|CK  (Niph.)  und  sin  synonym  auch 
noch  in  der  Phrase  rnns'  ba  i=]CH'j)  Nin  „eingehen  (eingetan  worden) 
zu  seinen  Vätern",  Im  Neuhebräischen  ist  von  der  gleichen  Art 
DD31I2  (z.  B.  in  Tos.  ed.  Z.  94  Z.  9,  in  ed.  Schwarz  328  CDa-'b  nvit'yn), 
doch  hat  Levy  III,  113  bloß  die  Form  djdö,  beziehungs- 
weise d"':dü. 

Bei  ninr»  (bh.,  nh.;  aram.  und  syr.  ]^n^^  =  Korn,  nh.  nisr 
Schwangerschaft  =  Tragen  der  Frucht)  Ertrag,  Feldfrucht,  liegt 
die  Sache  nicht  so  klar,  wenigstens  macht  assyr.  ebüru  =  Feld- 
frucht den  Eindruck,  daß  wir  es  mit  einem  nomen  sui  generis  zu  tun 
haben.  Aber  als  Stamm  mag  dennoch  -lay  gelten  (siehe  Barth  §  82'^), 
und  da  mag  man  immerhin  an  ein  Überführen  des  Getreides  (vom 
Felde  in  den  Hof)  denken,  und  mar*  ist  geradezu  das  Überführte, 
das  Getreide.  Auch  "^id"«  wird  am  besten  von  h^  abgeleitet,  doch 
denkt  Barth  §  124<",  156''  Anm.  an  bin,  also  für  br^.  Vgl.  noch 
1^3  Tribut  [in  Naturalien],   das   man  freilich   für  assyr.  abälu  hält. 

Im  Arabischen  gehören  hieher  die  Begriffe  J^>  =  Ernte, 
Einkommen  (etwas  verschieden  davon  J^j.w>,  bei  dem  an  die 
Ernte  oder  den  Ertrag  des  Feldes  nicht  mehr  gedacht  ^vird)  und 

1  Vorhanden  in  der  16.  Auflage. 
'  Vgl.  weiter  unten  nnsiK. 

III 


272  Samuel  Krauss. 

Älft  Lese,  Ernte,  Einkommen.  Zu  letzterem  stellt  sich  von  selbst 
aram.  '^'^r,  k"?*?!?  (richtig  Levy,  Trg.  Wb.  II,  219:  eigentlich  was  in 
die  Scheune  oder  Kelter  kommt,  vgl.  Gen.  XL VII,  24  Onkelos;  daß 
jedoch  dieses  verschieden  wäre  von  -iinT  =  Erderzeugnis,  sehe  ich 
nicht  ein),  Kn'?'?r  I^^^Ui^  (P.  Smith  2880  in  Bibelübersetzungen  für 
gr.  dßcpoQK,  aKfpoQta,  TiQÖGodoi),  und  vielleicht  auch  ^]^bb^V  die  Traube 
der  Nachlese,  als  das,  was  mit  besonderem  Fleiß  eingebracht  wurde 
{bbv  =  tun,  handeln  befriedigt  nicht). 

Ein  Wort  sei  noch  gestattet  zu  dem  eingangs  berührten  ron, 
das  nach  der  Annahme  von  Levy  und  Kohut  unser  bnta  erklären 
helfen  soll.  Keine  Spur,  daß  röT  etwas  mit  dem  Begriff  der  Ver- 
mischung zu  tun  haben  sollte.  Was  es  aber  in  Wirklichkeit  sei, 
ist  nicht  leicht  zu  sagen.  Die  gewöhnliche  Zusammenstellung  mit 
röi  =  Träne'  (trop.  von  Wein  und  öl,  die  aus  den  gekelterten 
Trauben  und  Oliven  tröpfeln),  ist  ganz  unhaltbar.  Mit  Recht  betont 
Ben  Jehuda  (Thes.  964),  daß  dieses  urwüchsige  Wort  nur  eine 
eigentliche  und  keine  figürliche  Bedeutung  haben  kann.  Er  sieht, 
sehr  richtig,  daß  nsbö  und  ran  Exod.  XXII,  28  genau  so  in 
Parallelismus  stehen  mit  der  Erstgeburt  der  Menschen  (daselbst),  wie 
in  Num.  XVIII,  12  „alles  Fett  von  Öl,  alles  Fett  von  Most  und 
Getreide",  daselbst  noch  durch  rrirx-i  verdeutlicht,  im  Pflanzen- 
reiche nichts  anderes  ist,  als  die  Erstgeburt  von  Mensch  und  Tier 
daselbst  Vers  15.  Er  meint  sogar,  daß  daselbst  Vers  27  ursprünglich 
pn  jö  yais  (statt  jj'td)  stand  neben  :ip''n  p  nx'?ö3i,  wie  es  in  Exodus 
der  Fall  ist.  Demzufolge  sind  für  ihn:  1133  das  Erste  (n-'U'K-i)  von 
Lebewesen,  oniDn  das  Erste  von  Feldfrüchten,  nsba  das  Erste  der 
Kelter  und  der  Ölpresse,  rci  aberr  das  Erste  der  Tenne;  alle  vier 
sind  also  synonyme  Wörter.  Für  die  Etymologie  von  riai  bringt 
er  nichts  bei.  Sollte,  da  mit  ihm  auch  nhn  =  Fett  synonym  ist, 
arab.  ^U:>  =  Gehirn  (vgl.  ii^\.>  spathe  de  palmier  qui  sort  de  la 
moelle,  Belot,  vgl.  Frey  tag)  zu  fern  liegen?  Dem  sei  wie  ihm 
wolle;  keinesfalls  kann  dieses  yai  das  obige  '?2io  im  Sinne  von 
Mischung  decken. 

Vorangehend  noch  eine  kleine  Forschung  über  ein  rabbini- 
sches,  anscheinend  dem  Griechischen  entlehntes  Wort,  das  uns 
über  das  von  uns  postulierte  Einführen  des  Getreides  etwas  Näheres 
besagt.  Das  Wort  iiq^ddid  (auch  pü-^Dpits  geschrieben),  ist  zweifellos 


1  So  im  wesentlichen  Ges.  noch  in  der  16.  Aufl.  F.  Perles,  in  Orient. 
Ltzg.  XV,  218,  macht  darauf  aufmerksam  (wie  es  auch  D.  Hoffmann  in  seiner 
Mekhiltha  RSbJ  152  Anm.  8  tut),  daß  samarit.  ym  =  das  Auserwählte,  das  Beste 
sei,  was  auch  wir  hier  behaupten. 

IV 


Eine  neu  erschlosaene  hebräische  Vokabel.  273 

=  tocb^iiiov,  d.  i.  jedes  Gemüse,  besonders  aber  die  Endivie  (siehe  meine 
Griech.  und  Lat.  Lehnwörter  im  Talmud  etc.  II,  271  und  die  Note 
I.  Löws  zur  Stelle).  Nun  kommt  aber  die  Verbindung  pa'-crntt  -jn-i 
vor  (vgl.  cj:a  "j-n  j.  KilaMm  II,  1,  27°,  69),  die  man  früher  nicht 
deuten  konnte  (Lehnw.  daselbst  einige  Vorschläge).  Dies  in  folgendem 
Satze:  „Die  früheren  Geschlechter  pflegten  ihr  Getreide  (niTa 
xat'  s^oxi]v  =  Kornfrucht)  nach  Art  (-|-n  nicht  Weg,  sondern  Art 
und  Weise!)  der  Endivie  einzuführen,  um  ja  zum  Zehent  ver- 
pflichtet zu  sein,  und  infolgedessen  kam  auch  Segen  in  ihr  Ge- 
treide" (tannaitischer  Text  oder  Baraitha  b.  Baba  M.  87^  Gittin  81* 
siehe  Tosafoth;  Berakhoth  36^,  Jalqut  Dt.  §  938;  etwas  abweichend 
Rasi  Pesahim  9^).  Das  heißt,  wie  'Arukh  (bei  Kohut  IV,  82, siehe  da- 
selbst Zusatz  des  'Aseri)  erklärt:  Sowie  der  Landbauer  nicht  ansteht, 
seine  Endivie  frei  und  offenkundig  durch  das  Haupttor  seines 
Gehöftes  einzuführen,  aus  dem  Grunde,  weil  er  davon,  als  einer 
Gattung  des  Gemüses,  keinen  Zehent  geben  muß  und  es  nicht  nötig 
hat,  Schleichwege  einzuschlagen,  so  haben  die  früheren  Geschlechter, 
die  noch  willig  ihren  Zehent  entrichteten,  auch  ihre  Hauptfrucht,  das 
Getreide,  offen  und  beim  Haupttor  eingeführt,  damit  um  so  sicherer 
die  Zehentpflicht  herbeiführend.  Nach  rabbinischer  Anschauung  haftet 
nämlich  die  Zehentpflicht  auf  der  Frucht  erst  wenn  dieselbe  in 
das  Haus  (rrs,  R.  Jannais  Ansicht),  beziehungsweise  in  den  Hof 
(ii'pT,  R.  Johanans  Ansicht)  eingeführt  wird  (Maimonides,  nrys  III,  3 
und  IV,  7  akzeptiert  -i^in),  bis  dabin  wurde  ein  improvisiertes  Essen 
davon  auch  ohne  Zehent  gestattet.  Darum  nun  die  Erwägung,  ob 
wirklich  eingeführt  oder  nicht,  beim  Haupttore  oder  auf  einem 
Schleichweg. 

Der  hier  oft  berührte  Modus  der  Einfuhr  des  Getreides  verrät 
uns,  wie  mir  scheint,  einen  noch  nicht  gewürdigten,  weil  noch  nicht 
erkannten,  geschichtlichen  Vorgang.  Nach  der  Katastrophe  vom 
Jahre  70  haben  die  Römer,  wie  bekannt,  die  früher  von  der  Judenheit 
der  ganzen  Welt  an  den  Tempel  zu  Jerusalem  geleistete  Abgabe  von 
einem  halben  Schekel  auch  jetzt,  da  es  keinen  Tempel  mehr  gab,  weiter 
eingehoben  (gezahlt  wurde  ein  Didrachmon)  und  dem  Jupiter 
Capitolinus  gewidmet;  der  Jupiter  Capitolinus  aber,  so  sagt 
Mommsen,  ist  auf  Erden  der  römische  Kaiser.  Diese  Abgabe, 
bekannt  unter  dem  Namen  ßscus  Judaicus  (das  Nähere  darüber 
siehe  in  meinem  Artikel  in  J.  Enc.  V,  402  und  bei  Schürer  11^  314 
und  III  ^  117,  wo  auch  die  Literatur),  soll  hier  nicht  weiter 
erörtert  und  nur  zum  Ausgangspunkte  unserer  ferneren  Aus- 
führungen   genommen    werden.    Stellt    schon    dieses    Didrachmon 

Festschrift.  18 

V 


274  Samuel  KrausB. 

eine  Perfidie  ^  des  römischen  Reiches  dar,  so  noch  mehr  alles, 
was  damit  zusammenhängt  und  besonders  die  Pflicht  der  übrigen 
Leistungen,  die  ehemals  zum  Tempelleben  gehörten.  Was  wir  hier 
betonen  wollen,  ist,  daß  auch  Hebe  und  Zehent  für  die  römische 
Staatskasse  gezahlt  werden  mußten.  Der  große  Zeitgenosse  der 
großen  Katastrophe,  R.  Johanan  ben  Zakkai,  scheint  in  einer  seiner 
Homilien  darauf  anzuspielen,  wenn  man  nur  seine  Worte  richtig 
zu  deuten  versteht.  Er  sagt:  „Ihr  habt  nicht  Gott  dienen  wollen, 
so  seid  ihr  den  Völkern  dienstbar  geworden;  ihr  habt  nicht  einen 
ypn  für  den  Kopf-  wägen  wollen  Gott  zu  Ehren,  so  wäget  ihr 
15  SchekeH  im  Reiche  eurer  Feinde;  ihr  habt  nicht  die  Wege  und 
Straßen  herrichten  wollen  für  die  Festwallfahrer,  so  müßt  ihr  die 
Türme  (pcmnn  von  TcvQyog)  und  Burgen  (pjsm^n  1.  mit  Jalqut  prmn)  "* 
herrichten  für  die,  welche  zu  den  Weinbergen  der  Könige  hinauf- 
ziehen" (d.  i.  für  die  römischen  Soldaten,  die  in  Friedenszeiten 
mit  Straßen-  und  Landbau  beschäftigt  waren  und  zur  Sicherheit 
der  Landesgrenzen  Wachttürme  und  Burgen  errichteten;  siehe 
Schiller,  Gesch.  der  röm.  Kaiserzeit  I,  F81  und  meine  Ausfüh- 
rungen in  Magazin  für  die  Wiss.  des  Judent.  1892—93  XIX,  243  f., 
XX,  105  f.).  Vorher  schon  heißt  es  (in  Mekhiltha  zu  Exod.  XIX,  1 9 
p.  61%  dieser  Satz  auch  in  MRSbJ  p.  93),  daß  die  Israeliten,  weil 
sie  nicht  ihre  eigene  Ära  wert  hielten,  nunmehr  gezwungen  seien, 
nach  der  Ära  der  fremden  Reiche  zu  zählen.  Eine  Parallclstelle 
zu  unserer  Mekhiltha  findet  sich  in  Aggadath  Canticum  zu  I,  6 
ed.  Schechter^  (anonym):  Ihr  wolltet  den  Tempel  nicht,  wie  es  sich 
gebührt,  hüten,  so  hütet  ihr  jetzt  die  große  Festung  (?).  Statt 
piöiD  wäre  auch  hier  richtiger  pbpiii'  zu  lesen:  ihr  habt  jetzt  in 
die  große  Festung"^  (Jabne)  eure  Bodenfrüchte  abzuwägen,  d  i.  zu 
entrichten.  Dieses  bpw  kommt  nämlich  genau  in  demselben  Sinne, 
wie  wir  gleich  sehen  werden,  in  Verknüpfung  mit  Jabne  vor. 
Vorher  ist  jedoch  noch  eine  ähnliche  Gegenüberstellung  von  Einst 
und  Jetzt  zu  erwähnen:   „Durch  die  mit  Heben  und  Zehnten  be- 


1  Ausdruck  Justers,  Les  Juifs  dans  l'empire  Romain  II,  282. 

2  Das  ist  eben  der  halbe  Schekel. 

3  Eine  Berechnung  dieser  Summe  siehe  weiter  unten.  A.  Bücliler,  The 
Economic  Conditions  of  Judaea  after  the  Destruclion  of  the  Sucond  Temple, 
London  1912,  S.  63,  vermag  sie  nicht  zu  deuten. 

*  Was  ich  in  Magazin  weiter  unten  a.  a.  O.  und  in  Lehnw.  II,  14:i  für  p:jii: 
gesetzt  habe,  habe  ich  seitdem  aufgegeben;  siehe  meine  mfi^nn  nviiriip  I,  38. 

5  Auch  abgedruckt  in  Midra«  Zuta  ed.  Buber;  siehe  meine  „Griechen  und 
Römer"  in  Monum.  Talm.  V,  1,  Nr.  117. 

«  Büchler  1.  c.  62,  Anm.  1.  denkt  an  Caesarea  oder  an  Rom. 

yi 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  276 

gangene  Schuld  worden  die  Himmel  verschlossen  und  lassen  keinen 
Tau  und  Regen  fallen,  und  das  Volk  wird  (in  bezug  auf  dieselbe 
Sache,  nämlich  in  bezug  auf  Heben  und  Zehnten)  der  Regierungs- 
gewalt (mab,^)  überantwortet"  ('Aboth  di  RN  Version  I,  c.  38,  p.  113, 
nach  Schechter  noch  immer  Ausspruch  des  R.  Josija,  der  un- 
mittelbar vorher  sprechend  eingeführt  wird;  er  lebte  noch  in  der 
hadrianischon  Zeit,^  war  wohl  jünger  als  R.  Johanan  b.  Zakkai, 
immerhin  aber  älter  als  der  Fall  Bethars).^ 

Wäre  uns  die  Straf  rede  des  R.  Johanan  b.  Zakkai  vollständig 
erhalten,  was  bekanntlich  mit  solchen  Reden  selten  der  Fall  ist, 
wäre  wahrscheinlich  die  Liste  all  der  Dinge,  die  dem  Tempel 
böswillig  vorenthalten  worden  waren,  jetzt  aber  dem  gierigen 
Römer  zu  zahlen  sind,  eine  weit  größere  geworden.  Namentlich 
hätten  wir  von  ihm,  wie  von  R.  Josija,  erfahren,  daß  auch  Heben 
und  Zehnten  dem  Römer  bezahlt  werden  mußten.  Er  scheint  selbst 
in  der  erhaltenen  Rede  soweit  darauf  anzuspielen,  daß  er,  von  der 
Kopfsteuer  des  Didrachmon  zur  Bodensteuer  überspringend,  die 
Summe  beider  Arten  von  Abgaben  mit  15  Schekel  angibt;  da 
V2  Schekel  =  2  Drachmen,  so  sind  15  Schekel  =  60  Drachmen, 
was  ungefähr  das  Maximum  dessen  sein  mag,  was  ein  vermögender 
Jude  nach  dem  Falle  Jerusalems  an  Kopf-  und  Bodensteuer  dem 
Fiskus  zu  zahlen  hatte.  Noch  immer  nämlich  muß  daran  festgehalten 
werden,  daß  die  Juden  immer  und  überall  die  gleiche  Kopfsteuer 
bezahlt  haben;  dies  folgt  sowohl  aus  der  Quelle,  aus  der  das 
Didrachmon  abgeleitet  wurde,  als  auch  aus  der  Bezeichnung 
Didrachmon  selbst.  Darum  wohl  konnte  Josephus  aus  der  Summe 


»  Vgl.  Bacher,  Ag.  der  Tann.  II,  :^51  f. 

>  Aus  späterer  Zeit  ist  zu  vergleichen  der  Spruch  'Ullas:  „Galil,  Galil, 
du  hassest  die  Thora;  du  wirst  dazu  kommen,  daß  du  deine  Abgaben  entrichten 
wirst  (so  ist  fp'DOD  niryS  -]B1d  zu  verstehen)  in  Gewalt  der  Oranger"  (j,  Sabb.  XVI 
E.,  15',  Z.  61;  siehe  Bacher,  Ag.  der  Tann.  1=  24).  Der  Begriff  pp'DO  ist  der- 
selbe, wie  in  dem  Satze  Skt.-»  j>-in2  ns  ipnnnr  n'p'vr:  :hit  Sifre  Deut.  317,  B.  1:^5" 
(^iehe  dazu  Büchler,  Der  galiläische  'Am  ha-'Ares ,  S,  .35),  doch  wird  hier  der 
Bodenbesitz  der  Römer  im  allgemeinen  geschildert.  Zur  Frage:  Wem  gehörten 
Grund  und  Boden  in  Palästina?  siehe  übrigens  mein  Antoninus  und  Rabbi, 
S.  138.  F.  Klingmüller,  Die  Idee  des  Staatseigentums  am  römischen  Provinzial- 
boden,  Philologus,  Bd.  L.XIX,  S.  71  —  118,  beweist,  nach  Pomponius  D.  (49,  15) 
20,  1  (II,  7)  36,  daß  alles  eroberte  Land  grundsätzlich  Eigentum  des  römischen 
Staates  faff"r  puHicuB  popuH  JtomaniJ  war;  in  den  amtlichen  Namen  cimiates 
deciimanne  und  rtvilates  cennoriae  drückt  sich  dasjenige  aus,  was  von  solchen  Ländern 
an  Steuern  eingehobon  werden  sollte.  Die  erste  Benennung  (,,Feld  oder  Land, 
von  dem  der  Zeiicnt  gegeben  werden  muß"),  ist  geradezu  förderlich  für  die  uns 
beschäftigende  Frage. 

18* 
VII 


276  Samuel  KrauBS. 

der  Kopfsteuer  die  Zahl  der  Einwohner  Ägyptens  berechnen  ;i 
ein  gewisser  Papyrus  aus  Arsinoe  und  der  Zeit  Vespasians,  der 
dem  entgegenzustehen  scheint,  muß  wohl  anders  gedeutet  werden. 
Vielmehr  ergibt  das  in  den  letzteren  Jahren  namentlich  von 
C.  Wessely  wiederholt  besprochene  ^lovdaicov  Tslaoaa  (Papyrus- 
verzeichnis der  Judensteuer  aus  Ägypten  zur  Zeit  Vespasians), 
daß  stets  ein  Betrag  von  zwei  römischen  Denaren  zu  bezahlen  war, 
„deren  Kurs  über  der  Parität  von  vier  ägyptischen  Drachmen  stand. "^ 
Man  hat  also  sub  titulo  zweiDenaren  doppelt  soviel  als  einDidrachmon 
eingehoben.  Doch,  uns  interessiert  nur  der  Umstand,  daß  R.  Johanan 
b.  Zakkai,  indem  er  von  einer  Steuer  von  60  Drachmen  spricht, 
hiedurch  doch  nur  die  Ablösung  von  Heben  und  Zehnten  gemeint 
haben  kann,  denn  nur  diese  sind  einerlei  Charakters  mit  dem 
Halbschekel,  der  ja  eine  Tempelsteuer  war. 

Tatsächlich  haben  die  Juden  in  Ägypten,  über  das  wir  durch  die 
Papyrusfunde  am  besten  unterrichtet  sind,  in  der  Höhe  von  einer 
Drachme  auch  eine  Ersllingsteuer  (anaQp])  bezahlt.  So  nach  einer ^ 
Papyrusurkunde,  die  als  Steuer  eines  Juden  neun  Drachmen  zwei' 
Obolen  ausweist,  eine  Steuer,  die  sich  aus  acht  Drachmen  zwei  Obolen 
für  die  „Judensteuer"  und  einer  Drachme  Aparche  zusammensetzt. 
Juster  (H,  282,  Anm.  5),  der  diese  Aparchesteuer  bestreitet  und 
etwas  zu  dezidiert  meint,  daß  die  Juden  außer  dem  Halbschekel 
keine  ehemaligen  Tempelsteuern  an  die  Römer  zu  zahlen  hatten, 
scheint  unrichtig  beraten  zu  sein.  Nicht  nur  erfahren  wir  von 
Philo  (De  praemiis  c.  4,  M.  II,  235;  Schürer  II '^  313),  daß  auch 
die  Erstlinge,  damit  die  Eigner  die  empfangenden  Priester  nicht 
behelligen  könnten,  ins  Heiligtum  abgeliefert  wurden  und  erst 
von  da  aus  an  die  Priester  weitergegeben  wurden,  so  daß  also 
bei  der  bereits  berührten  Hypokrise  der  Römer  auch  darin  eine 
Tempelsteuer  erblickt  werden  konnte,  sondern  auch  Josephus 
(Ant.  XVIII,  312)  sagt,  von  Nisibis  als  dem  Sammelorte  des 
Didrachmon  sprechend,  daß  daselbst  auch  andere  Weihgeschenke 
dlla  ävaO'Yiiittxa)    niedergelegt   wurden;    in  Verbindung  mit   dem 

1  Diskussion  darüber  siehe  bei  Schürer  13— <  512  f.,  siehe  besonders 
C.  Wachsmuth  in  Kilo  III,  272  f. 

2  Wessely,  Studien  zur  Paläogr.  und  Papyruskunde  XIII,  Leipzig  1913, 
8.  9.  Alle  übrigen  auf  diesen  Gegenstand  bezüglichen  Schriften  Wesselys  siehe 
bei  Schürer  III  *  46;  vgl.  auch  Büchler  a  a.  O.  und  meinen  Artikel 
Veepaaian  in  J.  Enc.  XII,  425. 

3  Bei  Wessely  a.  a.  O.  als  Nr.  2Ü  abgedruckte  Quittung  (aus  G.  Plau- 
mann,  Amtliche  Berichte  aus  den  [Berliner]  königl.  Kunstsammlungen  34, 
6.  März  1913,  S.  114). 

VIII 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  277 

Didrachmon  dürften  damit,  selbst  hier  im  Auslande,  Heben  und 
Zehnten  gemeint  sein.  Juster  (I,  378,  Anm.  4)  meint  freilich,  daß 
dnaQXt]  nicht  gerade  Erstlinge,  sondern  jede  Art  Gabe  an  die  Gott- 
heit sei.i  Aber  davon  abgesehen,  ob  Heben  und  Zehnten  als  Tempel- 
steuer betrachtet  wurden  oder  nicht:  Tatsache  ist  es,^  daß  im 
ganzen  römischen  Reiche  die  Provinzialen  zwei  Arten  direkter 
Steuern  zu  zahlen  hatten:  tributum  soli  oder  agri  und  tributum 
capitis;  letzteres  wurde  von  den  Juden,  wie  bekannt,  mit  aller 
Strenge  eingehoben;  sollte  es  mit  ersterem  nicht  ebenso  gehalten 
worden  sein?  Die  häufigen  Klagen  wegen  der  drückenden  Steuern 
und  namentlich  wegen  der  bekannten  annonae,  die  doch  Naturalien- 
lieferungen waren, ^  lassen  uns  hierin  das  Schlimmste  ahnen.  Be- 
zeichnend für  diese  Parallelisierung  von  Tempelabgaben  und 
römischen  Steuern  ist  der  Umstand,  daß  die  bekannten  vierund- 
zwanzig Priesterabgaben  (njinr  m:nö  T'a)  geradezu  ebensoviele 
annonae  genannt  werden  (n-D:  nx  djuk  nrs'^Ki  anu^r  Lev.  R.  10,  3). 
Ein  merkwürdiger  Gedankengang!  Für  den  römischen  Steuer- 
einheber gaben  die  ehemaligen  Tempelabgaben  die  Grundlage  ab, 
auf  der  er  seine  annona>i  erhob;  für  den  jüdischen  Aggadisten 
sind  nun  die  ehemaligen  Tempelabgaben  geradezu  annonae  geworden. 
Die  so  hell  blickenden,  von  kritischem  Geiste  getragenen 
Tosafisten  ahnten  etwas  von  der  an  die  Regierung  zu  entrichtenden 
Zehentpflicht,  und  zwar  aus  einem  Faktum  heraus,  das  sie  aber 
leider  nur  über  den  Viehzehent,  nicht  auch  über  den  Fruchtzehent 
belehrte.  Während  nämlich  in  der  Theorie  ausgesprochen  wurde: 
nn  jian  pnnö  pK'i  j'Dni??:  j'ki  i'tmpa  fK  „man  weiht  nicht,  man  schätzt 
nicht  und  man  bannt  nicht  (siehe  Lev.  XXVII,  9 — 28)  in  dieser 
Zeit"  (tannaitischer  Text  b.  Bekhoroth  53^  und  an  den  gleich  zu 
nennenden  Stellen),  woraus  im  Talmud,  ebenso  theoretisch,  der 
Grundsatz  gefolgert  wird:  nbprib  jrc""n  „wir  besorgen  einen  Miß- 
griff" (ein  Straucheln,  ein  Verderben),  die  davon  herauskommen 
könnten  (daselbst),  wodurch  nun  gegeben  zu  sein  scheint,  daß 
„in  dieser  Zeit"  kein  Viehzehent  üblich  sei,  wird  aus  der  Praxis 
die    erstaunliche  Tatsache    mitgeteilt,    daß   R.   'Eleazar  b.  'Azarja, 

1  In  des  Paulus  Brief  an  die  Römer  XI,  16  bedeutet  t]  anccQx^  soviel 
wie  nünnn  (hier  speziell  n'?n  n^nri;  vgl.  Fr.  Delitzsch,  Paulus  des  Apostels 
Brief  an  die  Römer,  Leipzig  1870,  S.  91);  vgl.  LXX  Ezech.  XX,  40;  Exod.  XXV,  3. 
Sonst  steht  ccnciQxy  (nach  Ausweis  der  Concordanz  Hatch  and  Redpath)  in 
LXX  für  :Sn,  -it:'yf2,  r'tt'xt,  neun,  nann. 

*  Auch  hier  genügt  es,  auf  Schürer  I  ^— *,  511  zu  verweisen. 

3  Vgl.  die  Stellen  unter  d:i:k  und  n:i3iK  in  Lehnw.  II,  66  und  133;  siehe 
auch  den   Artikel  von  L.  Goldschmid  in  REJ  XXXIV,  192—217. 

IX 


278  Samuel  Krauss. 

ein  bestbekannter  Lehrer  der  nachvespasianischen  Zeit,  aus 
seiner  Herde  Jahr  für  Jahr  12.000  Kälber  als  Zehent  abgegeben 
hat,  infolgedessen  nun  die  Tosafisten  (Bekhoroth  a.  a.  O., 
b.  Sabb.  54'^,  Beca  23%  Joma  G6%  'Aboda  Zara  13''^)  die  geschichtlich 
einzig  mögliche  i  Auskunft  geben,  daß  dieser  Viehzehent  eine  an 
die  Regierung  entrichtete  Steuer  ^  war.  Die  Einwendung,  daß  eine 
solche  Steuer  nicht  mit  dem  mißverständlichen  Ausdruck  nri?»  mn 
„er  verzehntete"  zu  bezeichnen  war,  ist  für  uns  hinfällig,  da  gerade 
dies  der  vorgeschützte  Rechtstitel  ist,  unter  dem  die  Römer  auch 
diese  Steuer  einhoben. 

Die  Sache  selbst  kommt  ziemlich  deutlich  zum  Ausdrucke 
auch  im  folgenden  (tannaitischen)  Texte:  „Man  darf  nicht  zu  einem 
Heiden 3  sprechen:  Nimm  (biy  lies  b)\ä)^  statt  meiner  [Frucht]  in 
den  [kaiserlichen]  Speicher,  .  .  .  aber  er  darf  zu  ihm  sagen :  Mach' 
mich  frei  von  dem  Speicher'"  (b.  'Aboda  Zara  71^^).  Mit  diesem  letzteren 
Fall  vergleicht  der  große  Lehrer  Rabh  seinen  eigenen  Satz:  „Man 
darf  zu  einem  Heiden  sprechen:  Geh  und  entrichte  (dem)  für  mich 
die  königliche  Steuer"  (■;'?ön  n:ü),^  wo  Rasi  sehr  richtig  wieder  das 
Wort  annona  gebraucht,  „da  sie  von  ihren  Kornfrüchten  und  Viehen 
einen  Zehent  zahlen  mußten";  war  nun  Wein  zu  zahlen,  so  kann 
gleichwohl  der  Jude  einen  Heiden  an  seinerstatt  delegieren,  ob- 
zwar  der  Heide  -|DD  p  abführt  und  der  Jude  ihm  nun  diesen  Wein 
mit  Geld  bezahlt,  was  unstatthaft  erscheint  und  nur  erlaubt  ist,  weil 
der  Jude  auch  an  den  kaiserlichen  Speicher  direkt  hätte  Geld 
zahlen  können. 


1  Die  Tosafisten  versuchen  noch  die  Auskunft  zu  geben,  1.  daß  der  Vieh- 
zehent nicht  sofort  nach  der  Tempelzerstörung,  sondern  etwas  später  abge- 
schafft wurde,  2.  daß  noch  beim  Bestände  des  Tempels  durch  den  Epitropus 
(=  cnrator)  des  R.  'Eleazar,  der  damals  noch  minderjährig  war,  der  erwähnte 
Zehent  abgegeben  wurde,  und  erst  3.  geben  sie  die  oben  gutgeheißene  Erklä- 
rung. Diese  wird  aber  in  Tosafoth  Bekhoroth  ohne  weiteres,  in  Tosafoth  Joma  mit 
der  Einwendung  des  sprachlichen  Ausdruckes  abgelehnt. 

2  Der  Ausdruck  ist  ganz  passend  N3i:-is  nenn  und  dergleichen. 

3  In  Ms.  München  (ed.  phot.  Strack)  'i;i'?  mx  i:2N'  nS  (Agg.  D"nv^  oder 
cn3i^,  ferner  hu)]  daselbst  iüinS  gestrichen,  um  in  i-ivjh  verbessert  zu  werden, 
doch  hat  auch  Rasi  die  Variante  n^JisS,  und  mir  seheint,  daß  i^'ij:  (von  Presse,  Be- 
drückung) an  dieser  Stelle  nur  gewählt  ist,  um  die  den  Juden  so  schwere  Last 
dieser  Abgabe  zu  kennzeichnen. 

4  hl-;  (aram  )  ist  in  einem  hebräischen  Texte  auffällig,  hingegen  haben  wir  Sm, 
z.  B.  in  Misna  Joma  VI,  4  (66").  Mehrmals  h)^  in  T.  Demai  VI,  8  f.,  S.  56  f.  Z. 
Andere  Beispiele  siehe  weiter  unten. 

5  Das  ist  ein  biblischer  Ausdruck;  vgl.  in  b.  Baba  B.  8%  wo  Rasi  zu 
N3131N  wieder  richtig:  Zehent  von  Früchten  und  Vieh  von  Jahr  zu  Jahr. 

X 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  279 

Der  kaiserliche  Speicher,  das  ist:  der  Aufbewahrungsort  der 
in  Naturalien  geleisteten  Bodensteuer,  erscheint  im  obigen  bloß 
angedeutet,  tritt  aber  an  zahlreichen  .anderen  Stellen^  als  eine  von 
Kaisers  wegen  getroffene  Institution  recht  deutlich  zutage.  Wie 
wir  oben  (in  Mekhiltha)  den  Ausdruck  a":bsi  "."ans  hatten,  so  dürfte 
der  vollständige  Name  dieser  Magazine  a''3'?ö  nn^iiK  „kaiserliche 
Speicher"  gelautet  haben  (vgl.  T.  Demai  I,  13,  p.  46  Z.,  p.  98 
Schwarz),  doch  werden  sie  gewöhnlich  nur  kurz  i::ik,  beziehungs- 
weise nnrx  genannt.  Die  dem  Zivil  dienenden  Magazine  (vgl.  m-i::iK 
schon  Joel  I,  17  und  aTtod^ijKca  im  N.  T.  =  •'pTiiDK  der  Rabbinen, 
siehe  Lehnwörter  II,  102),  die  in  unseren  Quellen  sehr  oft  genannt 
werden,  hier  beiseite  lassend,  wollen  wir  nur  die  Militärmagazino 
—  die  kaiserlichen  Speicher  dienten  dem  Militär  und  wurden 
anderseits  vom  Militär  betreut  und  bewacht  —  in  Augenschein 
nehmen.  Der  militärische  Charakter  des  Speichers  geht  unzweifel- 
haft durch  die  miterfolgte  Nennung  des  jTita'p  =  Centurio  hervor 
in  T.  Demai  VI,  3,  p.  56  Z.,  p.  129  Schwarz.  Der  ganze  Verfolg 
des  Passus  ist  uns  wichtig.  „Wer  für  den  Speicher  wägt-  und  für 
den  Centurio  wägt,^  gibt  erst  den  Zehent  und  dann  ihm.  Ein  Jude* 
spreche  nicht  zu  einem  Heiden  oder  Samaritaner  oder  einem,  der 
im  Punkte  Zehent  unglaubwürdig  ist:  Hier  hast  du  200  Gulden, 
wäge  statt  meiner  in  den  Speicher  ("r^Mib  ].,  nicht  -i::iKn  jö  T.),  son- 
dern er  spreche  zu  ihm:  Befreie  mich  ('j-ius  T.,  •'iirns  j.)  vom 
Speicher.5  Nicht  spreche  man  zu  seinem  Nächsten:  Hier  hast  du 
200  Gulden,  nimm''  sie  statt  meiner  in  den   [kaiserlichen]  Dienst,' 


1  Am  reichhaltigsten  von  mir  gesammelt  in  „Magazin"  XX,  110  ff.  Einiges 
auch  bei  Büchler,  Der  galil.  'Am  ha-' Ares,  S.  33;  aber  angesichts  dieser  Stellen 
hätte  Büchler  nicht  sagen  dürfen  „aber  die  hier  erwähnte  Ablieferung  der 
Steuern  an  das  Magazin  oder  an  einen  Centurio  findet  sich  sonst  nirgends"; 
was  soll  siel»  denn  in  diesem  Belange  noch  finden? 

-  Agg.  ''piUM  lies  mit  Schwarz  zur  Stelle  ^pit:'n  (der  Ausdruck  wie  oben  in 
Mekhiltha);  auch  hat  Schwarz  richtig  gesehen,  daß  der  Satz  füi  sich  allein  dasteht. 

■'  Das  ist:  Das  vorschriftsmäßige  Quantum  an  das  Magazin  und  das  un- 
gesetzliche Geschenk  an  den  befehlshabenden  römischen  Offizier  (so  schon  in 
„Magazin"  XX,  111,  was  Büchler  a.  a.  O.  offenbar  nicht  beachtet  hat). 

1  Von  da  an  auch  in  j.  Demai  VI  E.,  26",  oben.  „Heide  oder  Samaritaner" 
fehlt  in  j.,  ferner  in  j.  nur  n»an,  wo  in  T.  nti-yon  Sy  ]an:  13'Ktr  'rs.  Andere  Ab- 
weichungen belanglos. 

i  Das  Ganze  offenbar  gleich  der  iJaraitha  in  'Aboda  Zara  71". 

c  Ms.  Erfurt  bei  Z.  '?i3,  wf)für  Z.  richtig  Sia  setzt,  wie  oben  postuliert 
worden;  Schwarz  hat  Siy.   In  j.  richtig  Sipc*. 

'  Schwarz  verweist  auf  j.  Baba  B.  IX,  6  (Fol.  17",  Zeile  12).  Die  Sache 
selbst  zu  erörtern  ist  nicht  hier  der  Ort. 

XI 


280  Samuel  Krauss. 

sondern  er  spreche  zu  ihm:  Befreie  mich  von  dem  Dienst".  Hier 
sieht  man  augenscheinlich,  daß  -i2:ix  =  Q-'sbö  '\:iMi,  und  man  merkt 
auch,  daß  nach  Willen  des  Römers  der  pflichtgemäße  Zehent 
eigentlich  hierher  zu  entrichten  wäre,  doch  lehrten  die  Rabbinen, 
daß  man  sich  des  religiösen  Zehents  vorher  schon  separat  ent- 
ledige. 

Mit  aller  nur  wünschenswerten  Deutlichkeit  werden  diese 
kaiserlichen  Magazine  in  Jahne,  dem  Sitze  R.  Johanans  b.  Zakkai, 
lokalisiert,  was  natürlich  nicht  ausschließt,  daß  in  erforderlicher 
Anzahl  auch  an  anderen  Punkten  des  Landes  solche  errichtet 
waren.  So  an  der  bereits  zitierten  Stelle  T.  Demai  I,  13,  p.  46  Z., 
p.  98  Schwarz,  wo  R.  Juda  (in  nachhadrianischer  Zeit)  davon 
spricht,  und  zwar  mit  der  Angabe,  daß  das  in  den  noch  vor  dem 
Kriege  (nan'^an  •'Ds'?,  nicht  rtfiinri  •'Dsb)  bestandenen  Magazinen  von 
Jabne  befindliche  Getreide  als  \»<ö-i  anzusehen  ist  (anders  als  das- 
jenige, das  sich  im  Magazin  von  an  befindet,  in  welches  auch  aus- 
ländisches Getreide  geworfen  wird;^  vgl.  M.  Menahoth  VIII,  3  und 
Neubauer,  Geogr.  247);  daran  schließt  sich  (vgl.  auch  j.  Demai  III,  ' 
4,  23«',  65  und  T.  Makhsirin  III,  15,  p.  676  Z.)  ein  Satz  des  R.  Josua 
b.  Kephusai,  der,  wie  Schwarz  richtig  bemerkt,  ein  Zeitgenosse 
des  nach  Jabne  benannten  R.  Gamliel  war  (nach  Juhasin  ed.  L.  149 
war  er  ein  Schwiegersohn  Akibas)  und  das  Magazin  zu  Jabne  mehrfach 
im  Munde  führt.  Etwa  ein  halbes  Jahrhundert  später  geben  einem  sie 
befragenden  Heiden  (=  Römer)  gegenüber  Rabbi  und  R.  Jose  b.  Juda 
vor,  sie  hätten  mit  ihrer  Reise  ^  die  Absicht,  aus  den  Magazinen  von 
Jabne  Weizen  zu  kaufen  (Gen.  R.  76,  8,  wo  in  Pseudo-Rasin:ri''i  x-i::!« 
lies  n-i::iK;  siehe  auch  Jalqut  I,  §  131).  Durch  Jabne,  durch  R.  Josua 
b.  Kephusai,  wie  schon  früher  durch  R.  Josija,  kommen  wir  un- 
weigerlich in  die  Zeit  des  R.  Johanan  b.  Zakkai,  von  dessen  Worten 
wir  ja   in  dieser  geschichtlichen  Untersuchung   ausgegangen    sind. 

Er  und  seine  Zeitgenossen  bedienen  sich,  wie  wir  hervor- 
gehoben haben,  für  die  von  ihnen  besprochene  Tributleistung 
des  Ausdruckes  b^]o,  den  wir  zwar  mit  „wägen",  „abwägen" 
wiederzugeben  suchten,  der  aber  offenbar  nur  ein  a</  hoc  ge- 
brauchter Terminus  ist  und  nur  ein  Denominativ  von  bl^tü  öixXog 
=  Schekel  sein  kann.  Wie  in  aller  Welt  sollte  man  sich  es  sonst 
erklären  können,  daß  die  Leistung  von  Weizen,  Wein,  Ol  etc.  ge- 
rade durch  ein  Wägen  ausgeführt  worden?   Gemeint  ist  aber  die 

'  ^'UD  von  ^'un,  also  wieder  Sm. 

2  Eine  ähnliche  Reise  Rabbis  siehe  in  Gen.  R.  78,  15  und  Tgl.  mein 
AutoninuB  und  Rabbi  S.  41. 

XII 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  281 

Fortsetzung  der  alten  Tempelsteuer,  die  bekanntlich  ^^pt  schlecht- 
hin genannt  wird  (z.  B.  M.  Seqalim  I,  4  bprcc  p:  ■?=).  Schon  das 
schließt  jeden  Zweifel  aus,  daß  das  in  jene  Magazine  wandernde 
Getreide  und  sonstiges  Bodenerträgnis  die  Ablösung  der  alten 
Tempelsteuer  war.  Doch  wir  haben  hierüber  auch  eine  positive 
Nachricht.  „Früher  (nivi'xnz)  wurde  der  Zehent^  in  drei  Teilen 
gegeben:  ein  Drittel  für  die  Bekannten  (=  Freunde)  in  der  Friester- 
schaft  und  Levitenschaft;  ein  zweites  Drittel  für  das  Magazin;  ein 
drittes  Drittel  für  die  Armen  und  cinn,  die  in  Jerusalem  waren 
(j.  Ma'as.  Sani  V.  E.,  56^,  45;  Sota  IX,  11,  24%  69).2  Ein  Satz,  der 
(an  beiden  Stellen)  hierauf  folgt,  enthält  den  Begriff  -tu  wieder 
und  besagt  etwa  folgendes:  „Wer,  um  einer  Gerichtsverhandlung 
willen,  nach  Jerusalem  hinaufging  —  bis  zu  einem  Drittel  der 
Frohn^  gab  er  vom  Seinigen,  alles  andere  von  dem,  was  dem 
Magazin  gehört."  Zusammengehalten  mit  dem  vorigen  Satze,  kann 
das  nur  besagen  wollen,  daß  der  Mann  den  Richtern  (hier  =  Ge- 
lehrten) nur  den  dritten  Teil  seines  Zehents  gab,  alles  andere  aber, 
also  zwei  Dritteile,  dem  kaiserlichen  Magazin  (nr,K  hz'fi  könnte,  wie 
schon  oben  in  einem  Falle,  s*  b'cb  gelesen  werden).  Daß  man 
nämlich  den  Gottesgelehrten,  hier  soeben  onsn  genannt  (siehe 
dazu  Geiger,  Urschrift  S.  179),  in  völlig  legitimer  Weise  den  Zehent 
verabfolgte,  gehört  auch  zu  den  Erscheinungen,  die  nicht  genügend 
gewürdigt  wurden.''  In  unserem  Falle  besagt  schon  das  Wort  -rK, 

1  Warum  Büchler  (Der  galil  'Am  ha-'Ares  207)  „zweiten"  Zehent  .-chreibt, 
weiß  ich  nicht;  auch  versieht  er  .,Magazin"  mit  einem  Fragezeichen,  wo  er  Hoch 
selber  früher  von  diesen  Magazinen  sprach  (S.  33). 

2  Die  Tradentennamen  sind  verworren;  keineswegs  ist  R.  Josua  b.  Levi 
der  alleinige  Tradent,  wie  Büchler  a.  a.  0.  schreibt.  Aus  b.  Sota  48"  ist  für 
uusere  Sache  nichts  zu  holen. 

2  pjS'K,  beziehungsweise  p:!'N  (so  in  j.  Sota,  und  zwar  auch  in  ed.  Venedig  i 
kann  ich  nicht  anders  erklären  als  verderbt  aus  Nnj!:N;  so  findet  sich  xn;:N, 
und  zwar  mit  einem  e  Laut,  weil  man  syyciQLa  sprach,  auch  im  pal.  Syrisch 
(siehe  Schulthess  p.  3  und  13),  und  die  Endung  cnjüN  (statt  xnj:«,  siehe 
Lehnw.  II,  63)  findet  sich  in  Pesiqtba  R.  c.  21,  p.  99''  Fr.  Unser  Wort  lautet 
also  'njS'K  =  Knj:N  ayyapta.  Sehr  zu  verargen  ist  es,  daß  Levy  I,  24  dieses  Wort 
zu  X1JK  =  Brief  stellt  („drei  Edikte"),  was  im  Zusammenhange  ganz  sinnlos  ist. 
Uie  anderen  Wörterbücher  lassen  uns  im  Stiche. 

*  Bedeutsam  in  dieser  Beziehung'  ist  die  Lehre  der  christlichen  Didache 
(bei  Hennecke,  Neutestamentliche  Apokryphen)  XIII,  2,  3,  4:  „Alle  Erstlinge 
von  Erzeugnissen  der  Kelter  und  der  Tenne,  von  Rindern  und  von  Schafen 
nimm  und  gib  die  Erstlinge  den  Propheten.  Denn  sie  sind  euere  Hohepriester  .  .  . 
Wenn  du  Brot  bäckst,  so  nimm  den  Anbruch  und  gib  ihn  nach  dem  Gesetze  .  .  ." 
Die  Didache  existierte  bereits  im  2.  Jahrhundert  und  beruht  bekanntlicli  auf 
einer  älteren  jüdischen  Schrift. 

XIII 


282  Samuel  Krauss. 

daß  wir  uns  in  der  nachvespasianischen  Zeit  befinden,  jedoch  vor 
dem  Falle  Bethars,  da  von  da  an  ein  Besuch  Jerusalems  durch 
die  Juden  unmöglich  gewesen  wäre;  allerdings  ist  auch  so  schwer 
zu  sagen,  was  es  denn  in  Jerusalem  in  dieser  trostlosen  Zeit  für 
einen  Gerichtshof  hat  geben  können.  Daß  nämlich  inmitten  von 
Verhandlungen  über  h^'a  auf  einmal  der  Satz  auftritt:  „Falls  zur 
Synagoge  oder  zur  Talmudschule  ein  Wohnhaus  [mit  einem  stän- 
digen Bewohner]  gehört,  darf  man  [d.  i.  dürfen  die  Betreffenden]  auch 
vorübergehend  von  ihnen  (von  den  Früchten)  nicht  essen" 
(T.  Ma'as.  R.  II,  20,  p.  84  Z.;  p.  32S  Schwarz),  kann  meines  Er- 
achtens  nur  den  Sinn  haben,  daß  man  von  der  Frucht  den  In- 
sassen von  Bet-  und  Lehrhäusern  ein  bestimmtes  Quantum  abzu- 
liefern pflegte.  Die  von  uns  gesuchte  Verbindung  wird  deutlicher 
durch  die  Fassung  des  jerus.  Talmuds  (Ma'aseroth  III,  7,  ö0^,'d6): 
„Ob  sie  bnio  werden  für  die  Herren  der  Burgen  (militärische 
Objekte)?  Da  gelehrt  wurde:  Bibel-  und  Talmudschulhaus  machen 
sie  zu  b^^  für  den  Lehrer  und  Unterweiser  {r\wrib.  x*?!  lies  nwf^b)), 
nicht  aber  für  andere;  [immerhin]  besagt  das,  daß  sie  zu  "^^ts 
werden  für  die  Herren  der  Burgen". 

Es  besteht  eben  der  Verdacht,  daß  die  Juden,  speziell  des 
Auslandes,  als  die  Zerstörung  des  Tempels  gewisse  Zahlungen 
unmöglich  machte,  im  geheimen  noch  immer  Gelder  sammelten 
und  ihren  Gelehrten  und  Priestern  zukommen  ließen,  ein  Zustand,  der 
schließlich  von  der  Staatsregierung  geduldet  wurde  (Juster  I,  385). 
Schon  vom  2.  Jahrhundert  an  kam  übrigens  auch  das  an  die 
Patriarchen  gezahlte  aurum  coronarium  auf;  die  ausländischen 
Juden  zahlten  in  Geld,  die  Palästiner  hingegen  in  natura.  Nach 
Epiphanius  (haeres.  30,  11),  der  im  4.  Jahrhundert  lebte,  wurden 
von  den  Juden  in  Kilikien  noch  immer  äntdixata  (Zehent)  und 
uTtaQxai  (Erstlinge)  eingehoben;  unter  Kaiser  Julian  (bei  Kyrillos 
p.  305  ff.,  vgl.  JQR  V,  602)  sollen  die  Juden  ihren  Priestern  noch 
immer  den  rechten  Bug  der  geopferten  (?)  Tiere  als  änagiiq  ge- 
geben haben.  Im  3.  Jahrhundert  werden  den  Priestern  Vorwürfe 
gemacht,  daß  sie  ihre  vierundzwanzig  Gaben  einstecken,  ohne  sich 
mit  der  Thora  zu  befassen,  den  Israeliten  wieder,  weil  sie  in  dieser 
Leistung  lässig  seien,  die  sich  nun  freilich  darauf  hinausreden, 
daß  der  „König"  (d.i.  der  Patriarch)  alles  für  sich  behalte  (j.  Sanh.  II, 
E.,  20*1,  5;  Gen.  R.  80,  l).i  Die  Priester  und  die  Gelehrten  waren 
in  dieser  ihrer  ])ensio^  gewiß  vom  Patriarchen  abhängig,  der  nicht 

1  Vgl.  Graetz  IV  *,  226;  J.  Enc.  VII,  338. 

*  Siehe  dazu  Lebnw.  II,  465  und  Juster  II,  385,  Anm.  C. 

XIV 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  283 

immer  frei  von  Eigennutz  war.  Die  den  Gelehrten  von  den  Syna- 
gogen „und  der  ganzen  Welt"  zufließenden  Unterstützungen  kennt 
auch  Hieronj^mus  (adv.  Vigil.  c.  13  E.).  Es  geschah  übrigens 
mit  dem  aurtnn  coronarium  der  Patriarchen  dasselbe,  was  mit  dem 
Halbschekel  geschehen  war;  eines  schönen  Tages  sahen  sich  die 
Juden  in  die  Notwendigkeit  versetzt,  dieselbe  Steuer,  in  derselben 
Höhe  und  unter  demselben  Namen  an  den  Fiskus  abzutragen 
(Näheres  siehe  bei  Juster  II,  287).  Die  Juden  werden  nichtsdesto- 
weniger fortgefahren  haben,  ihre  religiösen  Abgaben  nach  wie 
vor  ihren  Priestern  und  Gelehrten  abzustatten. 

Den  verhaßten  Römer  durch  Steuerentziehung  zu  betrügen, 
hat  man  sich  wohl  keinen  Skrupel  gemacht.^  Im  Talmud  ist  einige 
Male  von  listigen  Praktiken  (onrn)  die  Rede,  die  man  gewöhnlich 
nur  zur  Umgehung  des  religiösen  Gesetzes  erdacht  sein  läßt,  die 
wir  aber,  infolge  der  geschilderten  geschichtlichen  Verhältnisse, 
besser  als  Praktiken  der  Steuerentziehung  deuten  können.  Wie 
sollten  wir  auch  annehmen  dürfen,  daß  der  palästinische  Jude, 
selbst  wenn  er  ein  sogenannter  y'^'^n  ws  war  und  von  den  rabbini- 
schen  Verordnungen  nicht  viel  hielt,  gerade  in  Hintanhaltung  des 
Zehents  so  auf  Betrug  versessen  war,  wo  wir  doch  eine  Anzahl 
von  geschichtlichen  Zeugnissen  besitzen,  daß  er  dieser  seiner 
Pflicht  mit  rührender  Herzlichkeit  und  unter  schweren  Gefahren 
nachzukommen  suchte?  Nein,  der  Betrug  galt  nicht  dem  religiösen, 
sondern  dem  staatHchen  Gesetze. 

Wir  hören,  leider  nur  ein  einziges  Mal,  daß  gewisse  „Beutel- 
männer" (j'D'3  'brn  b.  Menahoth  67%  unten),-  d.  i.  zahlungskräftige 
Leute,  die  in  der  alten  bauernwirtschaftlichen  Zeit  den  Markt  mit 
ihrem  Gelde  gewiß  beherrschen  konnten,  irgendwelchen  Unfug 
trieben;  welchen?  wird  nicht  gesagt,  und  nur  die  Kommentatoren 
meinen,  sie  hätten  in  großer  Menge  Frucht  von  Heiden  noch  vor 
der  Einheimsung  aufgekauft  ^  und  sich  vom  Zehent  entschlagen. 
Dem  sei  wie  ihm  wolle,  genug  an  dem,  daß  hieran  der  Satz 
(R.  'Osajas)  angeknüpft  wird:  Man  darf  mit  seiner  Frucht  eine 
List  anstellen,  indem  man  sie  in  der  Spreu  einführt  (0':^),  wobei 


1  Vgl.  Talm.  Arch.  II,  376. 

^  Das  Wort  läßt  nur  auf  reiche  Leute  schließen,  wie  Rasi  an  erster  Stelle 
erklärt;  die  von  ihm  an  zweiter  Stelle  gegebene  Erkläi'ung,  daß  es  Latifundien- 
besitzer waren,  ist  nicht  wahr.scheinlich. 

3  Nach  der  zweiten  Erklärung:  Da  sie  von  ihren  viilen  Feldern  nicht 
die  vielen  Zehenten  leisten  wollten,  so  verkauften  sie  die  Frucht  zum  Scheine 
einem  Heiden  und  kauften  sie  nachher  zurück. 

XV 


284  Samuel  Krauss. 

man  dem  Vieh  ohne  Zehent  davon  zu  fressen  geben  kann.  „Tn 
der  Spreu"  heißt  nach  einer  Erklärung  (siehe  auch  Rasi  zu 
b.  Berakh.  31*;  Pesahim  9^  und  sonst):  unfertig,  noch  nicht  zur 
Einspeicherung  geeignet;  aber  nach  einer  zweiten  Erklärung  (Rasi 
zu  Menahoth  67^)  heißt  das,  daß  die  Frucht  mit  Spreu  zugedeckt 
war.  so  daß  sie  —  physisch  —  nicht  „das  Antlitz  des  Hauses" 
sah.  Ich  frage  nun:  soll  das  nicht  auch  ein  bewährtes  Mittel  ge- 
wesen sein,  das  Auge  der  römischen  Steuereinnehmer  zu  täuschen? 
Doch,  es  kommt  besser:  Dem  gleichartig  wäre  auch,  so  heißt  es 
(daselbst)  weiter,  wenn  man  die  Frucht  durch  Dächer  und  durch 
Wälle  (mB'enp  ']-l^^  nw  "ini)  einführen  würde;  ^  das  ist  aber  dasselbe, 
was  wir  oben  (aus  b.  Berakh.  35'^  und  sonst)  von  dem  Unterschiede 
in  der  Praxis  der  verschiedenen  Zeiten  hörten! 

Hören  wir  noch  einmal:  „R.  Johanan  sagt  im  Namen-  des 
R.  Juda  b.  R.  'Illai:^  „Komm'  und  sieh',  daß  nicht  wie  die  früheren 
Geschlechter"'  sind  die  späteren  Geschlechter.  Die  früheren  Ge- 
schlechter pflegten  ihr  Getreide  nach  Art  der  Endivie  einzuführen, 
um  es  [um  so  sicherer]  zehentpflichtig  zu  machen  [gehörte  doch 
dieser  Zehent  damals  den  Auserwählten  des  eigenen  Volkes!] ;  die 
späteren  Geschlechter  aber  führen  ihr  Getreide  ein  durch  Dächer, 
durch  Höfe  und  durch  Wälle,  um  es  [eben]  von  der  Zehentpflicht 
zu  befreien"  [d.  i.  es  dem  Auge  der  Römer  zu  entziehen].  Weder 
der  Ausdruck  nu^ria,  der  ja  längst  nicht  mehr  der  religiösen  Sphäre 
allein  angehört,  noch  die  Termini  3"n  und  ibb,  noch  auch  zuletzt 
die  hieran  anschließende  halakhische  Kontroverse  des  R.  Jannai  und 
R.  Johanan  kann  uns  in  dieser  Auffassung  beirren,  um  so  weniger,  da 
auch  damit  zu  rechnen  ist,  daß  ein  Mann  wie  R.  Juda  b.  R.  'Illai,  der 
die  römische  Herrschaft  genug  zu  fühlen  und  zu  sehen  bekam,  seine 
Worte  absichtlich  so  harmlos  gestaltete,  wie  nur  möglich.  Die 
„früheren"  und  die  „späteren"  Geschlechter  sind  bedingt  nicht  durch 
den  Wandel  der  Frömmigkeit  der  Massen,  die  sich  eher  zum  besseren 
wendete,  sondern  durch  den  Wandel  der  politischen  Zustände.* 


1  Daß  dies  (daselbst)  N'Dn"iB2  heißt,  ist  für  mich  nicht  maßgebend. 

s  Vgl.  Juda,  oben  S.  XII.  In  seinem  Munde  können  die  früheren  Ge- 
schlechter nur  die  sein,  die  vor  der  Tempelzerstörung  lebten;  an  noch  frühere 
Zeiten  ist  schwer  zu  denken,  und  solche  Erinnerungen  aus  der  Zeit  lange  vor 
der  Tempelzerstörung  hatte  man  überhaupt  wenig. 

3  Vgl.  naiCNin  oben  aus  j.  Sota  24". 

*  Natürlich  ist  mir  wohl  bekannt,  daß  der  Ausdruck  nnj?n  sich  oft  nur 
auf  innerreligiösem,  sagen  wir  auf  halakhischem  Gebiete  bewegt  (z.B.T.  Hag.  III,  27, 
p.  238  Z.),  das  schließt  aber  nicht  aus,  daß  an  unserer  Stelle  die  Staatsregierung 
betrogen  werden  sollte. 

XVI 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  285 

Nach  all  dem  Gesagten  habe  ich  die  Vermutung,  daß  das 
Einführen  auf  Schleichwegen  noch  den  weiteren  Sinn  hat,  daß  man 
die  Gottesgabe  den  lüsternen  Blicken  der  Römer,  die  ja  ihre  Natu- 
ralienlieferungen mit  bitterer  Strenge  eintrieben,  hat  entziehen 
wollen  („Zehent"  ist  dann  gleich  , Steuer"),  und  es  wird  festgestellt, 
daß  man  das  in  früheren  Zeiten  nicht  nötig  gehabt  habe.  Doch 
wollen  wir  diese  Richtung  nicht  weiter  verfolgen. 

Wer  in  unserem  Texte  die  Konstruktion  „nach  Art  der 
Endivie"  zu  hart  findet  (richtig  wäre  ps:-c-^"u:  i"c*;r!2'i'  T'ir),  der  kann 
immerhin  die  gewohnte  Auffassung  beibehalten:  auf  dem  Wege  der 
Endivie,  die  man  wahrscheinlich,  da  sie  im  Gemüsegarten  wuchs, 
durch  das  Gartentor  einführte,  und  es  muß  das  das  Haupttor  des 
Gehöftes  gewesen  sein.  Die  Ausleger  sagen  nun  nicht  mit  Unrecht, 
daß  es  geschehen  sei  auf  der  Haupt-  oder  der  „gestampften" 
Straße. 

Als  Nebenwege,  gewissermaßen  Schleichwege,  werden  be- 
zeichnet (b.  Berakhoth  3b^'  und  Parallelstellen)  Hausdächer,  Höfe, 
Stadtwälle  u.  dgl.,  über  die  man  die  Frucht  ebenfalls  einführte, 
um  sie  der  Zehentpflicht  zu  entziehen,  im  Hinblicke  auf  die  ge- 
setzliche Norm,  daß  „der  hn\2  solange  nicht  zehentpflichtig  wird, 
bis  er  nicht  des  Hauses  Gesicht  gesehen",  eine  Norm,  die  sich 
gründet  auf  den  Schriftvers:  „ich  habe  das  Heilige  vom  Hause 
hinweg  fortgeschafft"  (Deut.  XXVI,  13);  ein  anderer  Gesetzeslehrer 
will  freilich  die  Norm  so  gestellt  wissen,  daß  auch  der  Hof  (nsn) 
pflichtbestimmend  wirkt,  und  auch  dafür  findet  sich  ein  Schrift- 
beleg (Deut.  XXVI,  12  in  dem  Ausdrucke  „deine  Tore").  Ist  es  an 
dieser  Talmudstelle  nicht  augenscheinlich,  daß  '?2t;  und  mT2  synonym 
sind?  Man  achte  auf  die  Sätze:  1.  Die  späteren  Geschlechter  aber 
führten  ihre  Frucht  (nn'a  =  Getreidefrucht)  durch  Hausdächer, 
Höfe  und  Stadtwälle  ein,  damit  sie  sie  vom  Zehent  befreiten",  denn 
—  so  folgt  nun  Satz  2  — :  „Der  b^'c  wird  so  lange  nicht  zehent- 
pflichtig" us'.v.  Die  Bedeutung  des  viel  bezogenen  Wortes  'rz'i: 
hätten  wir  nun  auf  die  einfachste  Weise  gefunden.  Es  bedeutet 
die  zur  Einfuhr  bestimmte  Frucht  in  einem  gewissen  Stadium. 
Dieses  Stadium  gilt  es  nun  zu  suchen. 

Die  auf  die  Landwirtschaft  bezü<^liche  Terminologie  ist  im 
Hebräischen  aus  Gründen,  die  auf  der  Hand  liegen,  sehr  stark 
ausgebildet;  ein  beträchtlicher  Teil  dieser  Ausdrücke  findet  sich 
aber  nicht  sowohl  in  der  Bibel  als  vielmehr  in  derMisna,  namentlich 
in  der  ersten  Ordnung  derselben,  in  welcher  bekanntlich  die  auf 
die   Landwirtschaft  bezüglichen   Gesetze   abgehandelt   werden.    Es 

XVII 


286  Samuel  Krauss. 

erleidet  gar  keinen  Zweifel,  daß  wir  es  hier  in  den  meisten  Fällen 
mit  echtem  hebräischen  Sprachgut  zu  tun  haben,  das  eine  sehr 
wesentliche  Bereicherung  unseres  hebräischen  Sprachschatzes  dar- 
stellt. Selbst  für  die  Art  und  Weise,  wie  die  einzelnen  Feldfrüchte 
(Getreide,  Gemüse,  Kräuter)  vor  der  Einführung  aufgeschichtet 
wurden,  gibt  es  eine  Anzahl  von  bezeichnenden  Ausdrücken,  die 
wir  aber  nur  so  weit  betrachten  wollen,  als  sie  sich  auf  Getreide 
beziehen. 

Das  auf  der  Tenne  ausgedroschene  Getreide  lag  vorerst  in 
regellosen  Haufen  (pn:ü)   da,   die  man  zu  einem  Schober  (■"-is)  in 
Form  eines  länglichen  Prisma  zu  gestalten  pflegte,  aus  dem  man 
Stroh  und  Spreu  erst  zu  entfernen  hatte  (siehe  meine  Talmudische 
Archäologie  II,  192).  Mit  diesem  Prisma  nahm  man  geradezu  Ver- 
schönerungsarbeiten vor,  wie   der  aramäische   Ausdruck  k^d'  'isir 
beweist  (vgl.  Le  vy  III,  248).  Doch  ist  der  eigentliche,  echt  hebräische, 
in    der  Landwirtschaft    allein    gebräuchliche  Ausdruck    dafür  n^a 
(=  bh.   und  arab.  ^^^),   etwa  =  glätten,  abstreichen,   säubern,  und 
es  besteht  die  Bestimmung,  daß  die  Pflicht  der  Verzehentung  erst 
fällig   wird,    wenn    die   Frucht    geglättet    wurde    (M.    Ma'as.    I,    6 
n-iia^tt'ia  nxnnn),  und   das  gleiche  gilt  (nach  j.  Pe'a  I,  1,  15%  wo  der 
Ausdruck  ns.i  offenbar  =  ni^iam  dort)  von  der  Pflicht  der  Hebe 
(mann),  obzwar  es  bei  einem  anderen  Gang  der  Arbeiten  sich  er- 
eignen kann,  daß  die  Pflicht  der  Hebe  früher  eintritt  als  die  des 
Zehents.    Wird    der  Schober   nicht    „geglättet^    so    daß    also  die 
Spreu  (pia)  darin  bleibt,  so  wird  ein  solcher  Getreidehaufe  (auch 
bh.  vorhanden)  nfa-ir  genannt,  von  dessen  Gestaltung  wir  von  dem 
dabei   gebrauchten  Worte  Törn  (M.  Ma'as.  I,  6)    eine  Vorstellung 
gewinnen,!  wonach   man  also  wohl   den  Haufen  in   die  Höhe  ge- 
schichtet   hat.    Auch   diese  Phase  in   der  Einführung  der  Frucht 
verpflichtet  zum  Zehent  (Misna  daselbst).  Den  Unterschied  in  dem 
Grade  der  Verarbeitung  merkt  man   aus   folgender  Bestimmung: 
„Man  leistet  die  Hebe  von  der  Spreu  (pss  =  p^n  n^nr)  2  über   den 
Schober    (nsn),    aber  nicht  von  dem   Schober  über  den  Haufen" 
(nü^y    offenbar  =  pia  im    ersten    Satze).   Den    hier    oft   genannten 
„Haufen"  erklärt  der  jerus.  Talmud  (zu  Misna  daselbst)  dahin,  daß 
es  Frucht  sei  auf  dem  Hausdache  {m  tr^ns).  Diejenige  Frucht  nun, 
mit  der  man  es  eilig  hatte,  sei  es,  daß   man  sie  vor  Regen   oder 
Räubern  schützen,    sei  es,    daß  man   sie  von  der  Tenne,  die  von 
anderen  oder  zu  etwas  anderem  benützt  werden  sollte,  wegschaffen 

1  Doch  findet  sich  auch  nnn  TCi'n  Pesiqtha  R.  c.  11,  p.  41'',  ed.  Friedmann. 

2  Vgl.  David  Pardo  zur  Stelle. 

XVIII 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  287 

mußte,  wurde  danach  nicht  an  den  richtigen  Aufbewahrungsort,  son- 
dern cTuf  das  platte  Dach  des  Hauses  gebracht,  und  das  in  einem 
Zustande,  da  noch  wesentliche  Säuberungsarbeiten  an  ihr  fehlten 
und  die  Pflicht  des  Zehents  nicht  eingetreten  ist,  weshalb  wir  denn 
von  hier  aus  eine  Art  Erklärung  finden  für  die  behauptete  Ein- 
fuhr mjj  "Tin  „über  die  Dächer  hinweg",  eine  Einfuhr,  die  ge- 
eignet ist,   die  Pflicht  "des   Zehents   einstweilen   hinauszuschieben. 

Zum  Beweise  nun,  daß  unser  hier  verhandeltes  bna  nur  eine 
der  vielen  Bezeichnungen  der  Frucht  in  einem  gewissen  Stadium 
der  Einfuhr  ist,  dient  uns  ferner  der  Ausdruck  pn-naa  D'-bri: 
(b.  Bekhoroth  U"^^'),  den  man  schlechterdings  nicht  anders  über- 
setzen kann  als  „geglättete  Fruchthaufen".  Vgl.  nmi?2^  nxinn  ü'^ti  usw. 
„wenn  Jemand  findet  geglättete  Frucht  —  ist  sie  zu  einem  Schober 
geschichtet,  darf  er  sich  sie  nicht  aneignen,  denn  das  wäre  Raub; 
ist  sie  aber  auseinander  geworfen  (ein  Zeichen,  daß  sie  keinen 
Eigentümer  hat),  findet  daran  ein  Raub  nicht  statte  sowohl  in  dem 
einen,  als  in  dem  anderen  Falle  darf  er  darüber  die  Hebe  und 
die  Zehenten  ^  aus  der  sonstigen  Frucht  des  Besitzers  entrichten, 
ohne  Bedenken"   (Tos.  Ma'as.  II,  17,  p.  83).2 

Wir  kommen  nun  zum  Schlüsse:  "^ato  ist  die  im  Stadium  der 
Einfuhr  befindliche  Frucht.  Diese  Frucht  ist  über  das  Stadium 
von  „Haufen"  (nsiny)  und  von  „Schober"  (na)  schon  hinaus,  ist 
auch  schon  „geglättet"  worden,  alles  noch  auf  der  Tenne,  die 
draußen  liegt  vor  dem  Orte  oder  gar  auf  dem  Felde  und  gemein- 
sam benützt  wird  von  mehreren  oder  gar  allen  Bewohnern  des 
Ortes.  Des  Bauers  Gehöfte  hat  aber  diese  Frucht  noch  nicht  ge- 
sehen (n'sn  ■'js  na^-^),  wie  der  technische  Ausdruck  lautet,  d.  h.  sie 
hat  den  Weg  von  der  Tenne  ins  Gehöfte  noch  nicht  gemacht.  Sie 
ist,  wie  gezeigt  worden,  mit  ns":n  fast  gleichzusetzen,  nur  bezeichnet 
nsnn,  wie  das  Wort  besagt,  die  bereits  ins  Haus  und  ins  Gehöfte 
eingebrachte  Frucht;  h^c,  die  noch  erst  dahin  zu  bringen  ist. 

Dies  wollen  wir  etymologisch  beweisen.  bTa  stammt,  unserer 
Meinung  nach,  von  "^rjj.  dem  Synonym  von  btsD,  vgl.  '?a'?t:.  Vgl.  auch 
l)li.  und  nh.  h'c:,  h'^:  Gewicht,  Last;  eigentlich  was  zu  nehmen  oder 
zu   heben   ist;   davon   wohl   auch  KbtoD  |1-P  das  Gefäß,   das  man  in 

'  Ersten  und  zweiten  Zehent. 

-  Der  Sinn  ist  schwer  zu  finden,  so  daß  selbst  ein  Kenner  der  Halaklia 
wie  A.  Schwarz  (in  seiner  Tosiftha-Ausgabe  Seraim,  p.  327)  von  einer  Erklä- 
rung abstellt.  Jedenfalls  lies  x'i'iD  (anstatt  N'i'in)  nonn  jn^^y  usw.,  forner  merke, 
daß  es  sich  darum  handelt,  daß  von  anderer  Frucht  des  Besitzers  die  erforder- 
lichen Abgaben  darüber  gewonnen  werden;  vgl.  die  Auffassung  Maimunis  bei 
Schwarz  a.  a.  0. 

XIX 


288  Samuel  Erausa. 

die  Hand  nimmt,  um  mit  dem  daraus  gegossenen  Wasser  die 
Hand  zu  waschen  (ct  n'?^t3D).  Am  meisten  aber  kommt,  wie  ein- 
gangs erwähnt  worden,  der  Umstand  in  Betracht,  daß  auch  bei 
nxian  etc.  nur  der  Begriff  des  Eingeführtseins  zum  Ausdruck 
kommt.  Bei  bh.  und  nh.  pn  =  Getreide  findet  sich  wieder  der  Um- 
stand des  Aufgehäuftseins  ausgedrückt  (p-i  =  'nn  siehe  Wbr.),  wie 
hier  in  mehrfacher  Beziehung  ausgeführt  worden.  So  dürfte  auch 
das  oben  berührte  i-is,  welches  nur  zufällig  im  Bh.  fehlt,  verwandt 
sein  (nicht  mit  rris  =  graben,  wie  gewöhnlich  behauptet  wird,  son- 
dern) mit  mal  oder  n^5  =  ;^^  oder  '^\  Grundbedeutung:  gestopft, 
gehäuft  sein ;  daher  "^fain  13  Kamelsattel  (eigentlich  ein  mit  Stroh  u.  dgl. 
gepolsterter  Sitz,  vgl.  nh.  na  Polster  und  Kissen),  womit  verwandt 
-nn,  l'oa,  ;t6()og  ein  gewisses  Maß  von  aufgehäuftem  Getreide,  genau 
30,  wie  das  Maß  -11:211  mit  anon  =  Haufen  nicht  nur  zusammenhängt, 
sondern  damit  eins  ist.  In  bata  ist  nun  gleichfalls  ein  landwirt- 
schaftlicher Vorgang  verewigt. 

baj3  gegenüber  "^la  zeigt  eine  Verdichtung  des  Labials  (natürlich 
muß  die  Sprache  umgekehrt  auch  mit  der  Verdünnung  desselben 
Labials  und  oft  auch  mit  der  Verschiebung  desselben  rechnen). 
Aus  der  Fülle  des  Materials  einige  Beispiele:  na«  =  Stern  aus  nana; 
p\^_  aus  pan,  iy^^-\  (siehe  MGWJ  XLI,  669,  Anm.  5);  pip  (m^np)  aus 
\r'::^;  nh.  m-np  bu?  "nxiD  „Lage"  von  Balken  aus  -last  =  Haufe,  Schichte 
(Levy  HI,  494),  und  davon  erklärt  sich  mir  das  bis  jetzt  unerklärt 
gebliebene  nm  =  Hals,  d.  i.:  das  Dichte,  der  Haufe  von  Adern  und 
Strängen,  die  hier  zusammenlaufen  (bei  Ges.  von  11:^  drehen, 
vgl.  (jrpoqpfvg  Halswirbel,  was  aber  nicht  befriedigen  kann).  So  ist 
auch  syr.  .^aa  =:  ^*nn  BA  Wb.  4690,  vgl.  P.  Smith  nib: /usus 
ärgazTov  von  tras  pressen.^  In  umgekehrter  und  hier  allein  in 
Betracht  kommender  Entwicklung  (außer  rrDs  von  mö,  tiifi  von  ^in, 
m_-i  von  n^•^  u.  dgl.) :  Von  biy  kommt  b^]V  Kind  (vgl.  oben  S.  IV),  von 
nir  aram.  T'ij?  der  Blinde,  wie  schon  längst  anerkannt  worden, 
doch  auch   von  -iit  ein  *'T'n  und  darüber  hinaus  -i-'n'i  ==  Wohnung 


1  Vgl.  ihs  =  Gerät  aus  hi2  (Ges.-Kautzsch  Gramm,  noch  in  der  27.  Aufl. 
§  96,  S.  284  von  n^o,  so  auch  in  Ges.  Wb.  16.  Aufl.,  wo  jedoch  auch  schon 
Si3,  wovon  xS'3  =  Maß  [vgl.  «n'r'oo],  in  Erwägung  gezogen  wird.  Letzteres  habe 
ich  als  eigene  Auffassung  im  Winter  1913  ex  cathedra  vorgetragen. 

2  Vgl.  D"^ic  mit  h:i'd.  In  dieser  Richtung  habe  ich  noch  zu  nennen  pin 
Hauran  neben  pan  Hebron,  S'n  neben  h^i,  ]hM  neben  ]h^.t,  die  ich  alle  in 
ZATW  XXVIII,  246,  260  f.  behandelt  habe.  Nach  Abulwalid  in  Wb.  ed  Bacher 
p  211  scheint  1232  II  Kön.  VIII,  15  und  onjjn  102  I  Sam.  XIX,  13  mit  13  =  Kissen 
zusammenzuhängen;  letzteres  aber  ist  eher  mit  arab.  113  als  mit  arab.  12  zu  er- 
klären (siehe  Ges.);  vgl.  oben  zu  nj. 

XX 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  289 

(speziell  Gottes  Wohnung  im  Tempel  zu  Jerusalem),  wie  ich  bereits 
vor  Jahren  dargetan  habe  (ZATW  XXVIII,  260).  Besonders  be- 
merkenswert r^ty  ^2  =  vi^  r\^  (siehe  Wbr.),  vielleicht  auch  t23tt>  Rute 
von  'cw;  auch  ta"2t:^i  xnaia  (ein  Planet)  dürfte  von  aiD  „herumstreifen" 
gebildet  sein.  Doch  kommt  es  hierauf  einzelne  Beispiele  gar  nicht  an, 
denn  ist  die  Entwicklung  in  der  einen  Reihenfolge  möglich,  und  das 
ist  anerkannt,  so  muß  sie  auch  in  der  anderen  Reihenfolge  möglich 
sein,  was  wir  hiermit  postulieren. ^  Also  bz^  von  br^:  das  im 
Stadium  der  Einfuhr  befindliche  Getreide.  Da  von  diesem  Getreide 
Hebe  und  Zehent  noch  nicht  gegeben  werden  mußte,  so  haftet  dem 
Worte  bsta  im  Rabbinischen  auch  der  Nebenbegriff  des  „noch  nicht 
zugerichteten"  oder  „noch  nicht  zum  Essen  bereit  gestellten" 
(fpn:  üb)  Getreide  an,  doch  nur  als  Nebenbegriff  in  religiöser  Denk- 
art, womit  aber  das  eminent  landwirtschaftliche  Wort  von  Haus 
aus  nicht  gestattet  war. 

So,  mit  qualifizierter  Bedeutung,  wird  nun  das  Wort  sehr 
oft  in  der  rabbinischen  Literatur  angewendet;  z.  B.  „Genieße 
nichts  bei  einem  rohen  Menschen,  denn  er  könnte  dir  schließlich 
Unzugerichtetes  (D^b:3a,  d.  i.  mit  Hebe  und  Zehent  noch  nicht  fertig 
gestellte  Frucht)  zu  essen  geben"  (b.  Nedarim  20*^);  —  „Wenn 
Einer  ißt  "rina  und  ersten  Zehent,  dessen  Hebe  noch  nicht  abge- 
geben wurde"  (b.  Berakhoth  45^);  „Hebe  noch  nicht  abgegeben" 
bezieht  sich  auf  beide  Objekte:  auf  bnts  des  Bauern  und  auf  den 
ersten  Zehent  des  Leviten,  denn  von  beiden  muß  erst  die  Hebe 
abgegeben  werden. 

Bemerkt  muß  noch  werden,  daß  der  Begriff  "^ra,  eigentlich 
nur  für  Getreide  geschaffen,  in  der  ihm  hinzugekommenen  Be- 
deutung von  „Unzugerichtetem"  nunmehr  auch  von  Obstfrüchten 
gebraucht  wird;  z.  B.  xbrcn  K'DS'n  pb::«  pKi  „wir  aber  essen  Feigen 
in  ihrem  Zustande  als  Unzugerichtetes"  (Gen.  R.  60,  8,  p.  650  Th. ; 
Jalqut  I,  §  109);  bnts '?::' a'33yi  ia':Kn  „Feigen  und  Trauben  in  "^dd- 
Zustande"  (M.  Ma'as.  I,  7  und  daselbst  oft).  Vgl.  noch  "rna  ]f2]v  wt  -ntt^-r 
T.  Ma'as.  III,  13  (p.  85  Z.,  p.  335  Schwarz,  wo  auch  berichtigt  und 
erklärt).  Sodann  wäre  noch  zu  bemerken,  daß  von  dem  Worte  in 
dem  qualifizierten  Sinne  auch  ein  Verbum  denominativum  gebildet 
wird,  zumeist  in  part.  Qal  "^mü:  dieser  oder  jener  Umstand  macht 
die  Frucht  zu  b:i^,  z.  B.  in  dem  Satze:  „Der  Sabbat  macht  zu 
bna  .  .  .  das  Übernachten  macht  nicht  zu  b^D"  (j.  Ma'as.  II,  3,  49^  15). 
Dieselbe  Erscheinung  hat  man  bei   dem  mehrfach    schon    heran- 


1   überhaupt  sucht  ja  die  Sprache  die  sogenannten  hohlen  Wurzeln  zu 
kompensieren;  vgl.   aram.  um  mit  hehr.  ]>n. 

Festschrift.  19 

XXI 


290  Samuel  Erauss. 

gezogenen  Worte  yai,  wovon  in  den  rabbinischen  Erörterungen 
häufig  das  Verb  ra'n  im  Pi'el  gebraucht  wird.  Weiß  man  schon  nicht 
recht,  was  das  biblische  röi  ist  (Nahmanides  zu  Exod.  XXII,  28 
ist  ehrlich  genug,  einzugestehen,  daß  er  es  nicht  wisse),  so  ver- 
steht man  noch  weniger  den  rabbinischen  Sprachgebrauch.  Die 
Rabbinen  beziehen  riKbb  auf  die  Abgabepflicht  der  Erstlinge  (a^niDn); 
röi  auf  diejenige  der  Hebe  (mann)  und  identifizieren  geradezu  yiai 
mit  nöinn  (siehe  Mekhiltha  undRasi  zur  Stelle),  weshalb  nun  bei  ihnen 
ytsn  soviel  heißt,  als  Hebe  mit  gewöhnlichem  Getreide  vermischen. 
Die  Lexikographen  nehmen  das  gläubig  an,  nur  daß  sie  rJai  Verb 
mit  rüB  zusammenstellen  möchten  (Levy  I,  414;  Kohut  III,  8i) 
in  einem  überaus  großen  Artikel,  wohingegen  Jastrow  314  und 
Ben  Jehuda  965  diese  Entgleisung  mit  Recht  vermeiden).  Meiner 
Ansicht  nach  verhält  sich  die  Sache  so :  yz2-i  Nomen  bedeutet, 
allerdings  nicht  weil  es  =  nüinn  ist,  sondern  weil  es  =  iT'DKn  ist 
(siehe  oben),  in  derTat  etwasHeiliges  (vgl.  ?r-ip  opp.  n-tt'si  Jerem.  II,  3);  * 
Verbotenes  oder  Unreines,  das  sich  mit  Heiligem  mischt  oder  es 
berührt,  wird  in  seiner  Gänze  heilig  (Deut.  XXII,  9;  Haggai  II,  12, 
vgl.  Profanes  Lev.  VI,  11  und  20,  sonst  siehe  noch  I  Sam.  XXI,  6), 
d.  i.  dem  Gebrauche  entzogen.  Heiliges  (vgl.  tabu)  unterscheidet 
sich  nur  dem  Grade,  nicht  dem  Wesen  nach  von  Verbotenem  und 
Unreinem.  Das  Heilige,  hier  j?a-t,  macht  auch  seinerseits,  natürlich 
bis  zu  einer  gewissen  Grenze,  alles  zu  seinesgleichen,  womit  es  in 
Berührung,  hier  womit  es  in  unlösliche  Mischung,  kam.  rian  Verb 
heißt  also  nicht  vermischen,  sondern  zu  einem  heiligen  Ding  der- 
selben Art  machen,  die  mit  dem  Worte  riai  angedeutet  ist.  Des- 
gleichen heißt  bnta  Verb  die  Frucht  in  den  Zustand  bringen  oder 
versetzen,  in  welchem  ihr  der  Name  brits  zukommt,  d.  i.,  nach  meiner 
Deutung,  in  die  Phase  der  Einfuhr,  eine  Phase,  in  welcher  ihr  Ge- 
brauch durch  die  Entrichtung  des  Zehents  noch  nicht  erlangt  wurde. 
Im  Bereiche  der  Landwirtschaft  bleibend,  läßt  sich  noch  nian  Verb 
im  Pi'el  von  iian  Nomen  heranziehen;  nünön  heißt:  Wer  den  Wein 
zu  i»n  =  Tresterwein  macht  (Levy  IV,  650);  und  auch  dieses 
Verb  -lün  hat  merkwürdigerweise  —  jedoch  nur  scheinbar  —  den 
Nebenbegriff  mischen  (daselbst). 

Bei  der  Fülle  des  Segens,  dessen  sich  gewöhnlich  der 
palästinische  Bauer  erfreute,  besonders,  da  er  auch  mehrere 
Gattungen  von  Feldfrüchten  einzuführen  hatte  und  eine  Arbeit 
die  andere  drängte,  hatte    er   für    die    mancherlei    Art    der    „Zu- 

1  Vgl.  das  Bild:  Der  erste  Mensch  (=  Adam)  war  für  die  Welt  die  reine 
Teighebe  (minD  n^n  j.  Sabb.  II,  4,  5%  42). 

XXII 


Eine  neu  erschlossene  hebräische  Vokabel.  291 

richtung"  nicht  immer  Zeit,  und  es  mußte  bestimmt  werden,  wie 
es  bis  dahin  mit  der  "^sd  genannten  Frucht  zu  halten  sei.  Sodann 
konnte  es  ihm  leicht  passieren,  daß  die  bereits  abgesonderte  Hebe 
sich  mit  anderer  Frucht  derselben  oder  einer  verschiedenen  Art 
mischte;  darum  die  vielen  rabbinischen  Erörterungen  von  yai. 
Ein  gewisses  absichtliches  Manipulieren  mit  den  verschiedenen 
Getreide-  und  Hülsenfrüchtenarten  kam  gewiß  vor,  und  so  mußte, 
zur  Wahrung  des  ursprünglichen  Bestandes  der  Hebe,  die  Ver- 
fügung getroffen  werden,  daß  man  Fruchthebe  nicht  mengen  (nir) 
dürfe  mit  Hülsenfrüchten,  wohl  aber  durfte  man  Sesam  mit  Bohnen 
und  Bohnen  mit  Sesam  und  überhaupt  Hülsenfrüchte  miteinander* 
mengen.  Wir  erfahren  bei  dieser  Gelegenheit,-  daß  man  seit  der 
Verwüstung  Judäas  durch  die  Römer  —  gemeint  ist  der  Bar- 
Kokhba-Krieg  —  die  eine  Fruchtsorte  mit  der  andern,  die  eine 
Hülsenfrucht  mit  der  andern  mengte,  noch  immer  aber  nicht 
Kornfrucht  mit  Hülsenfrucht  und  umgekehrt.^  Nun  heißt  es  weiter: 
Wenn  einem  Priester  die  Hebe  gegeben  wurde,  und  er  findet 
andere  Dinge  darin  (sagen  wir  z.  B.  Gerste  in  Weizen),  so  sind 
diese  (fremden  Dinge,  obzwar  sie  profanes  Getreide  sein  könnten, 
für  den  Laien)  verboten,  weil  man  alles  (was  durch  Heiligwerden 
zur  Seite  zu  stellen  war),  in  einen  eigenen  geheiligten  Frucht- 
haufen zu  werfen  pflegt  (alles  in  T.  Terum.  X,  15,  16  p.  43  Z., 
XI,  3  p.  305  Schwarz).  So  fasse  ich  das  nur  hier  gebrauchte 
rann  r\'2  auf;  n^r  ist  nicht  nur  der  Ort,  wo  sich  etwas  befindet, 
sondern  auch  wo  etwas  vor  sich  geht  oder  wo  etwas  geschieht 
(vgl.  yip3  n'2,  nr:3,  mn,  nb-'nü,  a'-^s  no'Dr,  rts:,  r\b'v:,  nsc-,  r'ps,  nD'ni', 
•^lap,  nrrar);^  ymn  n^a  also:  der  Ort,  an  dem  die  (durch  Berührung, 
Mischung  etc.)  vor  sich  gehende  Heiligung  stattfindet;  mit  anderen 
Worten:  indem  der  Bauer  Verschiedenes  zueinander  wirft,  versetzt 
er  sie  in  den  Zustand  des  Heiligwerdens.  Neben  der  wirklichen 
Hebe  befindet  sich  also  in  jenem  Haufen  auch  solche  Frucht,  die 
effektiv  profan  ist,  die  aber  nun  mit  dem  Heiligen  eine  Verbindung 


•  Demnach  auch  Kornfrucht  miteinander. 

-  Dieser  öatz  gehört  nicht  organisch  zu  den  früheren,  sondern  ist  2;j<  iiia 
hierher  gesetzt  worden. 

3  Zur  Sache  siehe  Blich  1er  in  JQR  XVI,  151  und  Krauss  in  ZNTW  X,  84. 

^  Für  all  diese  Zusammensetzungen  mit  n''2  verweise  ich  auf  das  Re- 
gister zur  Talm.  Arch  III,  402  f.  Freilich  ist  in  diesen  Beispielen  das  Komple- 
ment immer  ein  nomeu  actionis,  aber  so  muß  auch  yrDi  an  dieser  Stelle  auf- 
gefaßt werden  (also  lies  yir^i,  denn  y^Di  nh.  ist  nicht  picher  zu  belegen;  vgl.  auch 
yptP  n»::,  wo  das  Richtige  yipty  n^a  ist,  Talm.  Arch.  I,  401). 

ir 

XXIII 


292  Samuel  Krauss. 

eingeht.  Die  Kommentare  ^  und  Wörterbücher  fassen  dieses  yfan  n'n 
als  den  Ort  der  Hebe  auf  und  meinen,  der  Bauer  pflege  in  diese 
heilige  Fruchtkammer  all  das  zu  werfen,  was  bei  ihm  unverhofft 
„Vermischtes",  also  "Verbotenes  geworden  ist;  da  muß  man  sich 
aber  fragen,  warum  gerade  die  Hebe  eine  solche  „Kammer"  be- 
sitzt, warum  nicht  auch  Zehent  und  zweiter  Zehent,^  und  ob  denn 
der  Bauer,  da  er  verschiedene  Früchte  hat,  so  z.  B.  auch  Trockenes 
und  Flüssiges,  wirklich  dazu  verdammt  war,  eine  Reihe  von  solchen 
heiligen  Fruchtkammern  in  seinem  Gehöfte  zu  halten?  Und  warum 
verlautet  von  dieser  einschneidenden  Maßregel  sonst  nichts?  Nein! 
Der  Bauer  hat  seine  „Absonderungen"  (rntt^ncn)  gewiß  nur  in  eine 
Ecke  geschoben;  hart  im  Räume  drängten  sich  nun  die  Sachen; 
mit  der  damit  gegebenen  Berührung  von  Hebe  und  sonstigem 
Getreide  mußte  man  rechnen,  und  das  Ding,  worüber  verhandelt 
wurde,  hieß  riai. 

Der  vorhin  gebrauchte  Ausdruck  „Absonderungen"  (mtr'-isn 
oder  mtr-iBK),  der  im  Neuhebräischen  und  Aramäischen  (xm^yiex) 
sehr  häufig  ist,^  besagt  natürlich  für  die  räumliche  Unterbringung 
der  heiligen  Abgaben  nichts,  er  bedeutet  nur  (wie  niann)  die  Weg- 
nahme'von  größeren  Fruchthaufen.  Er  muß  gleichwohl  die  Sache 
selbst  so  prägnant  bezeichnet  haben,  daß  er  als  cccpaiQs^ata  auch 
in  die  kirchliche  Literatur  der  gleichen  Zeit  Eingang  gefunden 
hat  (vgl.  z.  B.  Ajmstol.  Const.  H,  34,  5,  wo  vorher  ösxdTcct,  nachher 
dcoQa  steht),'*  so  daß  wir  in  christlichen  Kreisen  nicht  nur  die  hier 
besprochene  Tributleistung,  sondern  zum  Teil  auch  noch  den 
sprachlichen  Ausdruck  genau  so  finden,  wie  bei  den  Juden.  Es 
ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  uns  eines  schönen  Tages,  etwa  in 
irgend  einem  Papyrus,  auch  noch  das  Äquivalent  des  Wortes  "^nt^ 
begegnen  wird.  Die  Zukunft  kann  und  soll  uns  noch  reichen  Segen 
bringen.^ 


1  Auch  Schwarz  a.  a.  O. 

2  Diese  sind  bekanntlich  an  Quantum  weit  mehr  als  die  Hebe. 

3  Der  Kürze  halber  verweise  ich  auf  Levy  I,  152,  487.  Ich  bemerke,  daß 
auch  tt-n^a  im  Satze  n^ti'n'S  n'ii*  (im  Musaph  für  Sabbath)  denselben  Sinn  haben 
muß  (des  Reimes  und  des  Alphabets  wegen  gewählt).  Ich  hatte  Gelegenheit, 
diese  meine  Erklärung  Herrn  Rektor  Schwarz  mündlieh  mitzuteilen. 

4  Mehr  siehe  bei  J.  Seipel,  Die  wirtschaftlichen  Lehi-en  der  Kirchen- 
väter, Wien  1907,  S,  137,  wo  auch  (die  von  uns  oben  zitierte  Stelle)  Didache 
XIII,  3  besprochen  wird. 

5  Diesen  Satz  habe  ich  niedergeschrieben,  damit  dieser  Artikel  in  einen 
Wunsch  für  unseren  Jubilar  ausklinge. 


XXIV 


Nachlese  zum  ueuhebräischen  und  aramäischen 

Wörterbuch. 

Von  Felix  Perles,  Königsberg  i.  Pr. 

Das  samaritanische  Targum  (cod.  A)  gibt  nian-iGen.  29,  31 ;  30,22 
durch  rTtSDis  wieder.  S.  Kohn^  leitet  das  Wort  von  sd^og  ab  und  stellt 
es  zu  rabbinisch  ncn.  Nöldeke-  billigt  die  Zusammenstellung  des 
Wortes  mit  ncn,  wenngleich  er  die  Ableitung  von  s&og  mit  Recht 
zurückweist.  Da  indessen  cnn  eine  ganz  andere  Bedeutung  als  nc^i 
hat  und  die  betreffenden  Stellen  auch  nirgends  in  diesem  Sinne 
gedeutet  werden,  möchte  ich  vorschlagen,  cdix  als  arabisch  1sIa*>^), 
Plural  von  kJj^  „das  Innere'",  zu  erklären.  Im  Äthiopischen  be- 
zeichnet ivest  speziell  das  Innere  des  Körpers.  Ähnliche  Arabismen, 
die  natürlich  erst  auf  späterer  Interpolation  beruhen,  ^  finden 
sich  auch  sonst  häufig  im  Texte  des  samaritanischen  Targums, 
siehe  S.  Kohn  a.  a.  0.  124  ff. 

Der  Eigenname  Dbax,  als  dessen  Träger  an  mehreren  Stellen 
der  rabbinischen  Literatur'*  ein  hochstehender  Heide  vorkommt, 
ist  sicher  babylonisch  uballit.  Das  zugehörige  Subjekt,  das  den 
Namen  des  Gottes  augab,  ist  fortgefallen.  Bekanntlich  erscheint 
der   im   Buche   Nehemia    ti'rajD    geschriebene   Name  iStn  uballit  in 


1  Zur  Sprache,  Literatur  und  Dogmatik  der  Samaritaner  173. 

»  ZDMG.  XXX  (1876)  348. 

3  Auch  an  unserer  Stelle  haben  alle  übrigen  codd.  das  Textwort  nom 
unverändert  beibehalten. 

'  Vgl.  J.  Perles  in  Monatsschr.  für  Gesch.  u.  Wiss.  d.  Jud.  XXXVII,  358, 
wo  auch  die  Belegstellen. 


294  Felix  Perles. 

der  Bittschrift  an  Bagoas  als  t^'^nsjo.  Da  auch  die  Lesart  tob^DS 
für  tsbnx  belegt  ist/  könnte  man  an  Ann  uhallit  denken,  obgleich 
Anu  in  ib^iv  niit  r  geschrieben  ist. 

In  einem  anonymen  Kommentar  zu  den  Proverbien^  findet 
sich  zu  7,  17  •'natrö  ^nB3  die  Erklärung  jontsox  fDSis^S' ■'^Dt:'»  Tns^on. 
Ich  erblicke  darin  die  genaue  Transkription  von  vno  noßlv  eGZQcoosv 
„er  hat  unter  die  Füße  gebreitet".  Da  jedoch  diese  Erklärung  zu 
•'DDtrö  'nQ3  absolut  nicht  paßt,  möchte  ich  vermuten,  daß  die  griechi- 
schen Worte  vielmehr  eine  Glosse  zu  dem  unmittelbar  vorher- 
gehenden Dni:»  ptsi«  nintsn  sein  sollen.  LXX  hat  dort  nämlich  d(i(piTd7iovg 
de  söXQGJxa  tois  an'  AlyvTtxov.  Auffallend  bleibt  nur,  daß £öTpo3(r£v 
und  nicht  die  erste  Person  setgcoGa  steht.  Doch  mag  das  von  einem 
des  Griechischen  unkundigen  Abschreiber  herrühren,  der  jDintaDX 
dieselbe  Endung  geben  wollte  wie  jdsis'S'. 


j"^ns^bjK 


Ruth  Rabba  3,  l  (zu  1,  17)  rpntrD  "ib  p  rm-i-  'ii  ,T-a  -id  ^wn'fi  '-i 
inyi  natt'^nD  ü'ü'  •:  •^nab  a'fi'  'a  jtib^'^dk  r'?nn.  Das  Wort  pns'''?]«,  das  in 
allen  Ausgaben  fehlt  und  nur  in  Samuel  ben  Jacob  Gamas  Zu- 
sätzen zum  Aruch^  sich  findet,  wird  von  Buber  (und  ihm  folgend 
von  Fürst  und  Krauss)  in  pna'7''aK,  beziehungsweise  j^dbS-'SX  emen- 
diert.  Aus  dem  Zusammenhang  ist  aber  keineswegs  zu  entnehmen, 
daß  es  sich  gerade  um  einen  epileptischen  Anfall  gehandelt  haben 
muß.  Ich  halte  die  überlieferte  Lesart  pns'''?DX  für  ganz  richtig,  nur 
gehört  dieselbe  als  Glosse  erst  zu  mri  natr^nD:  dvskriq)d"r}v*  „er 
erholte  sich".  Schon  im  klassischen  Griechisch  ist  dvala^ßdvsiv 
(mit  und  ohne  sccvtov)  der  stehende  Ausdruck  für  »sich  erholen", 
, genesen". 

ni2'?tt> ''n''ta::pD"'K  jer.  Kilajim  32«',  Z.  20  von  unten  bezeichnet 
zwar,  wie   n',t:npDK   und   onaiD    an    den   Parallelstellen'"'  zeigt,    die 

1  Rabbinowicz,  Dikduke  Soferim  zu  Schabbath  156^'. 

'  ed.  G.  Kantorowsky,  Heidelberg  1907,  mir  nur  bekannt  aus  der  An- 
führung von  Poznanski  in  Zeitschr.  für  hebr.  Bibl.  1907,  133. 

3  Siehe  Buber  in  der  Grätz-Jubelschrift,  Hebr.  Abt.  S.  26. 
*  Mit  dem  vulgärgriechisehen  v  in  der  3.  Person  aor.  pass. 
5  Krauas  II,  97". 

II 


Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch.  295 

„Schreiber",  braucht  aber  durchaus  nicht  korrumpiert  zu  sein, 
sondern  entspricht  genau  £6%£7tTcoQ  (für  i^xETtrcoQ)  =  exceptor  „Ab- 
schreiber". Wegen  der  Erweichung  des  s  zu  n  vgl.  Krauss  I,  98, 
§  154—155.  In  der  Form  -ntaD"'pD  kommt  das  Wort  im  Midrasch^ 
vor,  wo  es  die  spezielle  Bedeutung  „Protokollführer"  hat. 

Midrasch  Tannaim  (ed.  Hoffmann)  17  ^b\l:  n^s'isn  bv  arr  Dip''iEiK 
i'?D  Dm-TipSD  ^DS!2  Hirt  K-iTiö  ist  nicht  aus  Dianes'  (so  Sifre  Tia-)  kor- 
rumpiert, sondern  vTcaTLXog,  das  unter  verschiedenen  Formen  im 
Rabbinischen  belegt  ist,^  vgl.  speziell  Sifre  139^  (§  330)  d32D  •'pta^en 

Midrasch  Panim  Acherim  ed.  Buber  34^  (68)  pu>ir  ü"?:^  nratt'':'  nnx 
nattr  inix  piipi  x'Dii«.  Da  in  Agadath  Esther  (ed.  Buber  31,  Z.  8)  fvjmx 
dafür  steht,  will  Low  (bei  Krauss  II,  133^)  auch  an  unserer  Stolle 
K^nx  lesen  =  ÖQyia  „Gottesdienst".  Ich  halte  auch  »«"nx  für  die 
richtige  Lesart,  möchte  es  aber  als  ccQyia  erklären. ^  Der  Sinn  ist 
also:  die  Juden  haben  alle  sieben  Tage  einen  Ferientag.  Das  paßt 
viel  besser  als  „Gottesdienst",  in  dem  ja  nichts  Anstößiges  liegen 
würde.  Daß  die  Heiden  wirklich  an  der  Sabbatruhe  der  Juden 
Anstoß  nahmen,  zeigen  viele  Stellen  der  griechischen  und  römischen 
Autoren.  ^  So  steht  bei  Agatharchides :  ^  Ol  xalovfisvot  'lovöcctoi  .... 
(XQYSiv  sld-Lö^svot  dl'  sßdofirjg  ij^SQag.  Auch  2  Marc.  5,  25  steht  in 
bezug  auf  die  Sabbatruhe  laßav  ccQyovvtaq  to^g  ^lovÖaiovg.  Schon 
Brüll,  Jahrbücher  VIII,  152  und  Kohut,  Suppl.  zum  Aruch  compl.  5^ 
haben  wenigstens  den  Sinn  richtig  verstanden,  wenn  sie  an  ccEQyta 
„Untätigkeit"  dachten.  Wahrscheinlich  ist  überhaupt  (XQyog  aus 
dsQyog  entstanden. 

Jer.  Schabbath  8''  erklärt  m'r'ynm  (Jes.  3,  19)  durch  «■'•'T'o'^d. 
Da  Jalkut  Machiri  x'^nDba  dafür  liest,  hat  man  das  Wort  bisher 


1  Pesikta  54",  Pes.  Rab.  77%  siehe  Krauss  II,  410. 

2  Siehe  Krauss  II,  39—40.  228.  598. 

3  Vgl.  Du  Gange  s.  v.  feria,  festus  dies,  cessatio  ab  opere,  sowie  die  Stellen 
unter  uQyftav  noinv. 

*  Vgl.  Th.  Reinach,  Fontes  rerum  Judaicarum,  lude.v  s.  v.  Sabbat. 
•"•  Reinach  a.  a.  O.  43. 

III 


296  Felix  Perles. 

als  xIlöcöv  oder  (=  syr.  I^^il^s  PSm  1749)  als  ilavidiov  erklärt.^ 
Die  von  Ginzberg  herausgegebenen  Yerushalmi  Fragments  (I,  S.  80) 
haben  jedoch  die  Lesart  mit  d.  Ich  stelle  daher  das  Wort  zu  brandeum, 
ngävöiov,  das  „Schleier",  „Tuch",  , Binde"  bedeutet,  also  zu  mbrn 
(vgl.  arab.  J^^  „Schleier")  genau  paßt.  Der  Übergang  vom  griech. 
9  in  ■?  ist  gerade  nach  einer  muta  öfters  zu  beobachten.'''  Die 
korrekte  Form  ist  also  x'^nD'^n  (nicht  n^td'^d).  Das  -^  fehlt  auch  in 
oben  angeführter  Lesart  des  Jalkut  Machiri. 

Das  im  babylonischen  Talmud  zweimal  vorkommende  ki:-is 
ist  nicht  mit  Sachs,  Levy,  Krauss  von  iiQdvdLov  abzuleiten,  sondern 
kommt  vom  pers.  o>.3^i,  siehe  J.  Perles,  Etymologische  Studien  51, 
wo  die  Vermutung  ausgesprochen  wird,  daß  auch  brandeum  aus 
dem  persischen  Wort  entlehnt  sei. 

Pesikta  56"^  -inoKi  ^Dinü  j-'-i'^öp'^T'Dty  Dna  U2b  rme  ^n,  (Ms.  Oxford 
cmtap'^a;  Pes.  Rab.  56^.  79*  pT'tapbn;  Jalkut  j^-i'-tspbD).  Nach  dem 
Zusammenhang  müssen  hier  Personen  gemeint  sein,  die  Israel  an 
seinen  Feinden  Genugtuung  verschaffen.  Ich  glaube  daher,  daß  die 
Lesart  mit  i  die  richtige  ist,  und  erkläre  das  Wort  als  nQaxrcjQ^ 
(daneben  auch  TtQaxn'jQ),  „Exekutor",  „Büttel",  was  an  unserer 
Stelle  ein  sehr  gutes  Bild  gibt.  Der  Übergang  des  anlautenden  s 
in  D  wie  in  d^^tid  aus  nccQÖahg.'*  Die  Verwandlung  des  ersten  q 
in  h  erklärt  sich  aus  Dissimilationstrieb,  siehe  Krauss  I,  §  197,  1. 

rhn: 

Pes.  Rab.  151^  s-i^nö  nns  to  i"?  n^K  ^b^b  nnaij  riKnpD  nhm^  nsn 
ny'?in  xbx  r\ym  riKii  nnxi  -ipan  xn"  mpri  r\bm  K\n  r\h'b^.  Die  hier  vor- 
liegende Bedeutung  von  nbm  ist  in  keinem  Wörterbuch  verzeichnet. 
Nach  dem  Zusammenhang  muß  es  eine  Art  Glühwürmchen  be- 
zeichnen. Auch  das  aramäische  h^b  nniau,  durch  welches  hier  nbm 
glossiert  ist,  findet  sich  nirgends   sonst  belegt     [Für  Glühwurm 


1  Siehe  Krauss  II,  291". 

5  Beispiele  bei  Krauss  I,  §  159  und  §  197,  1,  wo  noch  hinzuzufügen: 
"iBioSs  =  frumentarius  (Joseph  Perles),  "in'i'a  =  pressorium  (Fleischer).  Vgl.  auch 
die  folgende  Erklärung  von  nmup^a. 

3  Z.  B.  auch  Lukas  12,  58.  Im  bildlichen  Sinne  wie  an  unserer  Stelle 
(=  Rächer)  steht  das  Wort  schon  bei  Aeschylus  und  Sophocles.  Die  ursprüngliche 
Bedeutung  ist  in  syr.  ^^i^fs  PSm  3298  erhalten. 

"  Auch  das  Syrische  zeigt  öfter  .  .  .  i^ra  für  nX. 

IV 


Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch.  297 

syr.  BA  \a^,  ^>  BB  578.  PSm  910  J^\  ^^3^^^.  Jacob,  Beduinen- 
leben 26:  kubähib,  qutrub  aus  Denäri.  Nöldeke,  Beiträge  30.  118: 
(.^».Uä..  Low.  I 

In  einer  an  mehreren  Stellen  der  rabbinischen  Literatur ' 
wiederkehrenden  Alexanderlegende  heißt  es  von  dem  Alexander 
entgegenkommenden  König  nnii  Dpo"":  un  amt  ■'ünnj  n'''?  prta  pz:,  so 
nach  der  Lesart  des  cod.  A  von  Bereschith  Rabba  und  des  Aruch." 
An  den  Parallelstellen  ist  das  Wort  durch  xanb  oder  xJan;  ersetzt, 
beziehungsweise  glossiert,  muß  also  „Brot"  bedeuten.  Nun  bietet 
Du  Gange  s,  v.  yaQdov^tov:  panis  subcinericius.  Lex.  Gr.  Ms. 
Reg.  Cod.  2062  xdXh^,  xh  yuQÖov^Lov.  Auch  die  beiden  von  Arthur 
Ludwich  herausgegebenen  Wörterbücher ^  bieten  (44,  29)  yaQ- 
öov^Evov,  beziehungsweise  (180,  9)  yaQÖov^iov  als  Erklärung 
von  ycöhi,.  Herr  Prof.  Hatzidakis-Athen,  teilte  mir  auf  meine  An- 
frage mit,  daß  das  Wort  nicht  griechischen  Ursprunges  sei,  jedoch 
noch  heute  in  Kreta  und  anderwärts  vorkomme.  Zugleich  verweist 
er  mich  auf  Gustav  Meyer,  Neugriechische  Studien  IV,  22,  ^  wo 
yaQÖov^i  „Gekröse  von  Hammel  und  Kalb''  besprochen  ist  und 
zum  Schluß  bemerkt  wird:  „%6lh^  tb  yaQÖovixiov  Du  Gange  ist 
unverständlich".  Durch  unsere  Midraschstelle  ist  also  nicht  nur 
die  Bedeutung  „Brot"  für  yaQÖovfiiov'^  gesichert,  sondern  auch 
das  Vorkommen  des  Wortes  in  Palästina  spätestens  für  das  5.  Jahr- 
hundert bezeugt.  Für  die  Beurteilung  der  Herkunft  des  griechischen 
Wortes  ist  diese  Tatsache  gewiß  von  entscheidender  Bedeutung. 
Am  nächsten  liegt  natürlich  die  Annahme  persischen  Ursprungs. 
Wie  mir  Prof.  Nöldeke  schreibt,  ist  zwar  keine  entsprechende  Form 


1  Bereschith  Rabba  33,  1;  Pesikta  74";  Vajikra  Rabba  27,  1;  Tanehuma 
Emor  6  (=  Tanehuma,  ed.  Buber  44');  b.  Tamid  32";   vgl.  auch  jer.  Baba  Mesia  8^ 

2  Die  Varianten  bei  Theodor,  Bereschith  Rabba  zur  Stelle  (S.  301/2),  wo 
auch  die  oben  gegebene  Erklärung  von  'omj  in  meinem  Namen  kurz  mit- 
geteilt wird. 

^  Aneodota  zur  gricch.  Orthographie  (nach  cod.  Vindoo.  phil.  gr.  321  und  322), 
erschienen  im  Vorlesungsverzeichnis  der  Albertus- Universität  in  Königsberg 
1905—1908. 

*  Sitzungsber.  der  phil.-histor.  Cl.  der  Wiener  Akademie  der  Wissensch., 
Bd.   132  (1895),  VI.  Abh. 

!>  Sicher  zu  trennen  davon  ist  das  von  Du  Gange  im  Appendix  (col.  46) 
angeführte,  aus  Eudonius  (nach  einem  Ms.)  und  Hesychius  belegte  yavöovfiLov, 
nach  Nöldeke  das  persische  ^j^JS  „Weizen".  Hesychius  (ed.  Schmidt)  bietet 
nämlich  yuväofjia  nv{>oi,  yavdöfii^v  ulsvQa, 


298  Felix  Perles. 

im  Persischen  zu  belegen,  „doch  bedeutet  sSJ;t  (dessen  richtige 
Form  s'>\^  sein  dürfte),  ,Brotlaib'.  Zu  dem  Beleg  bei  Vullers  ist 
noch  Näsiri  Chosrau,  Sefername  rg,  8  von  unten  hinzuzufügen.  Ganz 
gewöhnlich  ist  die  arabisierte  Form  der  älteren  Gestalt  des  Wortes 
(gardak),  nämlich  jV^,  J>^4-  in  gleicher  Bedeutung''. 

Die  an  zahlreichen  Stellen  ^  vorkommende  Bezeichnung  einer 
größeren  Heeresabteilung  p:m  (auch  ]^:^^n)  wurde  bisher  von 
ÖQovyyog  abgeleitet,  wogegen  aber  lautliche  Bedenken  sprechen. 
Schon  mein  Vater^  vermutet  in  dem  Worte  dQaxav,  eine  Art 
Feldzeichen,  dessen  Name  dann  (wie  vexillum,  hebr.  b:n,  deutsch 
„Fähnlein")  metonymisch  auf  die  entsprechende  Heeresabteilung 
selbst  übertragen  wäre.  Für  diese  Annahme  spricht  auch  die  vom 
Aruch  b.  Kethuboth  62^  erhaltene  Lesart  Kpni.  In  der  Form  pp-in 
ist  bekanntlich  ÖQdKcov  (in  seiner  ursprünglichen  Bedeutung)  schon 
in  der  Mischna^  belegt.  Das  Vorkommen  von  pm  neben  ]^p'\^-:  mag 
im  vorliegenden  Fall  auf  Differenzierung  zurückzuführen  sein,  hat 
indessen  seine  Parallele  in  K'D?2p-i2  neben  s"t:i23"is.  Die  gleiche  Er- 
weichung des  k  zu  g  erfuhr  übrigens  öqc'cxcjv  draco  auch  in  den 
romanischen  Sprachen  (dragon).  Auch  „Dragoner"  kommt  von  der 
Drachenstandarte.  Die  Form  p:-m  neben  pm  endlich  kann  nicht 
auffallen,  da  griechische  Wörter  beim  Übergang  ins  Rabbinische 
häufig  u  für  a  zeigen,  vgl.  Krauss  I,  §  125. 

pnsm 

Tobith  (aram.  Text,  ed.  Neubauer)  Kap.  4  (S.  7,  Z.  18)  n^-rn  i=K 
KnrT'-i  üvn  njpn  nta  pnani  xnpn::.  Der  überlieferte  Text,  den  man  in 
pnsin  {v7rod^}'iKif)  oder  prsn  (=  ä7to&)J7i)])  emendieren  wollte,  ist  voll- 
kommen korrekt.  Denn  das  Wort  pnsm  findet  sich  b.  Sanhedrin  99^ 
xrT'mK-i  ^pnem  n-n  '^nb  rr'^its  ^ny:  ^pnam  ■'si^  in'?iD  in  der  Bedeutung 
„Aufbewahrungsort",  „Behälter".^  Daraus  konnte  sich  dann  leicht 
die  Bedeutung  „Schatz"  (für  &£^a  des  griechischen  Tobithtextes) 
entwickeln,  vgl.  die  ähnliche  Bedeutungsentwicklung  in  fiscus  und 
„Kasse".    Die    seit    Mussafia    übliche    Ableitung    des    Wortes   von 


1  Belege  bei  Krauss  II,  194''. 

'  Etymologische  Studien  94. 

3  Aboda  Zara  3,  3. 

*  Raschi  erklärt  niyo  13  pO'trotJ*  in«  D':)  „ein  langer  Geldbeutel". 


VI 


Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch,  299 

ÖQvcpaKtov  „Zaun"  genügt  weder  lautlieh  noch  begrifflich.  Sowohl 
die  Wortform  als  auch  die  Tatsache,  daß  es  nur  im  babylonischen 
Talmud  Aorkommt,  spricht  für  persischen  Ursprung. 

M.  Arachin  9,  4  n'^z'hn  rmra  riK  u^bin  ^n^\2;  jpn  bhr\  ppnn  ist  bisher 
etymologisch  noch  unerklärt.  Nach  dem  Zusammenhang  muß  es 
so  viel  wie  „deponieren"  bedeuten.  Ich  halte  es  darum  für  de- 
nominiert von  tr^-n,^  das  imTargum  zu  Zach.  11,  13  in  der  speziellen 
Bedeutung  „Archiv"  vorkommt  anno  D'^'nn  jinn^iy  pm  ains  (für  das 
Textwort  -i::rn  bii,  das  Targum  als  n^fiK  erklärt,  vgl.  Pesch.  i>>^  h.^. 

nn 

Aram.  Papyri  (ed.  Sayce-Cowley)  H.  25.  28  toin  ny  an  p  ist  bis 
jetzt  noch  nicht  erklärt.  Nach  der  Parallelstelle  Gen.  14,  23  isin-; 
bv:  ^nty  "tri  vermute  ich,  daß  auch  dh  irgend  einen  geringwertigen 
Gegenstand  aus  Leder  bezeichnet.  Dann  könnte  das  bisher  einer 
Ableitung  entbehrende  n^n  „Schlauch"  als  eine  Weiterbildung 
davon  erklärt  werden.-  Ganz  die  gleiche  Bedeutungsentwicklung: 
1.  Leder,  2.  Schlauch  zeigt  babyl.  ma.^ku  in  den  übrigen  semitischen 
Sprachen.^ 

JDSD 

Targum  Jer.  38, 11. 12  jds'lS  "ahn  (Textwort  ninncn  ■'i'^d).  Die  von 
Levy  und  Kohut  gegebene  Erklärung  des  Wortes  als  „schmutzige 
Kleider"  nach  arab.  ^jj^Ä[>  „schmutzig  sein"  ist  zurückzuweisen, 
da  ja  dann  der  Begriff  „Kleid"  unausgedrückt  bliebe.  Ich  stelle 
es  zu  syr.  12;.^:^  „stragulum"  PSni  löüö  aus  Bar  Bahlul,  Sowohl 
das  syrische  Wort,  für  welches  PSm  keine  Etymologie  angibt,  als 
das  Targumwort  ist  zweifellos  taTtrjs  „Decke",  das  in  der  Form 
Ktfi''at2,  [D-'SiD  im  Rabbinischen  und  Syrischen  geläufig  ist,  und  einmal 
auch  als  D''eiD  vorkommt.  *  Der  Artikel  jcst:  im  hebräisch-persischen 
Wörterbuch  des  Salomo  b.  Samuel  ist  also  nicht,  wie  ich^  Bacher 
folgend  früher  angenommen  habe,  lediglich  eine  korrumpierte 
Form  für  its"'e:2,  sondern  meint  unsere  Stelle. 

1  Siehe  J.  Perles,  Etymologische  Studien  35. 

'  Arab.  i-lU.-^^  müßte  dann  als  altes  Lehnwort  erklärt  werden,  wenngleicli 
es  bisher  im  Aramäischen  nicht  belegt  ist. 

3  Vgl.  Halevy,   Revue  S6mitique  XX  (1912),  260/61. 

*  Bereschith  R.  .33,  1,  in  mehrere  codd.  posaun  |"D30  «nioy  siehe  Theodor. 

6  OLZ  III  (1900),  420  in  der  Besprechung  von  Bacher,  Ein  hebr.-pers. 
Wörterbuch  aus  dem  XIV.  Jahrhundert, 

VII 


300  Felix  Perles. 

Levy,  Nh.  Wb.  II,  189^  hat  für  den  Stamm  Kita  in  der  Redensart 
xitai  bpv  aus  der  Analogie  mit  |n3i  s'trD  und  arr'i  no:  ^  die  Bedeutung 
„geben"  postuliert.  Ich  stelle  denselben  mit  dem  äth.  Stamm  taraja 
(II,  1  atraja  „erwerben")  zusammen.  Die  Identität  der  beiden  gegen- 
sinnigen Verba  wird  durch  die  von  ihnen  abgeleiteten  Substantiva 
erwiesen.  Denn  «rT-ntD  „Habe"  (Targ.  Jer.  zu  Deut.  11,  6)  entspricht 
nach  Form  und  Bedeutung  genau  dem  äth.  tertt^  für  welches  Be- 
lege unnötig.  Den  gleichen  Gegensinn  zeigt  übrigens  kaufen,  das  im 
ahd.  und  mhd.  auch  verkaufen  bedeutet  (ursprünglich  Tauschhandel 
ti'ciben). 


I^bpnto 


M.  Baba  Bathra  1,  6  pbp-itsn  nx  k*?!  paßt  in  seiner  gewöhn- 
lichen Bedeutung  (=  triclinium,  tQixUviov)  absolut  nicht  in  den 
Zusammenhang.  Sowohl  das  folgende  pia  (wofür  pö  „Weinkeller" 
zu  lesen,  siehe  weiter  unten  s.  v.)  als  auch  -\^w,  pn-iia^  und  -lan  n^n 
weisen  darauf  hin,  daß  hier  vielmehr  ein  für  wirtschaftliche  Zwecke 
gebrauchter  Raum  genannt  sein  muß.  Als  solcher  bietet  sich  un- 
gezwungen p-ibp~it2,  d.  i.  torcular,  iorculariumJ  „Kelter",  was  also 
sowohl  zum  Weinkeller  wie  zur  Ölpresse  (nnn  rr'a)  genau  paßt.  An 
zwei  Midraschstellen*  ist  pbp-iD  in  dieser  Bedeutung  belegt  und 
von  Krauss^  schon  richtig  identifiziert.  Auch  an  der  schwierigen 
Stelle  Pesikta  Rabba  143-'^  'i3i  D^'?pnt3  n^ri  ib  nn''''rnr  ^ü  "^a  scheint  mir 
torcularium  vorzuliegen.  Daß  ein  so  geläufiges  Wort  wie  j'''?pnti  an 
zwei  verschiedenen  Stellen  für  das  gewiß  seltene  'nbpna  in  den 
Text  dringen  konnte,  darf  nicht  wundernehmen. 

M.  Baba  Bathra  1,  ß  pija,  wofür  Maimonidos  und  ein  Ms.  bei 
Rabbinowicz  p'n  liest,  ist  bisher  noch  unerklärt.  Wie  oben  s.  v. 
p'?p"itD  gezeigt,  steht  es  zwischen  Ausdrücken,  die  „Kelter'",  „Tauben- 
schlag", „Bad'",  „Ölpresse"  bedeuten,  muß  also  auch  einen  even- 
tuell geteilt  brauchbaren  Wirtschaftsraum  bezeichnen.  Ich  nehme 

1  Vgl.  Zimmern,  Akkadisclie  Fremdwörter  16. 

2  Das  an  unserer  Stelle  völlig  unpassende  n^'rtan  n«  iihl  fehlt  in  zwei  Hand- 
schriften, siehe  Rabbinowicz  zu  Baba  Bathra  11'. 

3  Die  als  Grundform  von  jn'?p"m  vorauszusetzende  griechische  Form  ro(j- 
KfkXuQLov  ist  bisher  nicht  belegt. 

*  Schemoth  R.  25,  1  und  (im  Aruch  angeführt)  Jelamdenn  zu  Num.  20,  8. 

*  II,  279;  vgl.  dort  auch  die  Bemerkung  von  Low. 

VIII 


Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch.  301 

daher  au,  daß  es  mit  syr.  ,y-^^  „Weinkeller'*  (von  p^  xn  „Faß", 
, Tonne'")  identisch  ist  und  daher  pa  zu  lesen  ist.  Merkwürdiger- 
weise ist  auch  Pr-°    „horreum'"  neben    \2^  belegt. 

Pirke  Rabbi  Elieser  36  nberian  nnro  nx  .nn^  n):pb  ma"'  "dh'?  ifss 
n'riy  "latrm  anm  aia  -12 d2.  Der  sonst  nicht  belegte  und  auch  bei 
Levy  fehlende  Ausdruck  entspricht  dem  Terminus  der  griechischen 
Rechtssprache  xaXt]  ngäaig,  der  auch  im  syrisch-römischen  Rechts- 
buch (§  113  der  Londoner  Handschrift)  und  an  einigen  Stellen 
des  Midrasch  vorkommt,  siehe  J.  Perles  in  ZDMG  XXXV,  140—141 
und  725—727.  Der  Sinn  der  Stelle  ist,  daß  Abraham  die  Höhle 
Machpela  unter  den  günstigsten  Bedingungen  für  die  Verkäufer 
erworben  habe. 

b.  Megilla  10^  liest  die  Münchener  Handschrift  (für  rrr'sn  ^pti't:' 
'n  rr'n  unserer  Ausgaben)  u'K2  r[":i\:>n  b^  Ti-'sna  r\'^  Pj-iiru^.  Das  ist 
zweifellos  die  richtige  Lesart,  denn  nur  ns-iü  ist  durch  den  Gleich- 
klang zur  haggadischen  Deutung  von  nsno  geeignet.  Ein  Abschreiber, 
der  das  Wort  nicht  kannte  oder  verstand,  änderte  den  Text  in  der 
oben  angegebenen  Weise  und  fügte  zur  Begründung  seiner  Änderung 
die  den  Zusammenhang  störenden  Worte  nni  inTsn  z'nrn  hinzu.  Was 
die  Bedeutung  von  ibiö  betrifft,  ist  Montgomerys  Erklärung^  als 
„Wohnstätte"  (=  nrstt^)  sehr  einleuchtend.  Denn  in  einem  der  von 
ihm  edierten  aramäischen  Beschwörungstexte ^  findet  sich  ^td  pa''p 
i'isnJa  nsi'»  p-nc  „sie  stehen  in  gedrängten  Reihen  und  sind  in 
Lagern  gelagert'",  vgl.  auch  den  Gebrauch  des  Verbums  nai 
Hiob   17,   13;  41,  22. 

]t2i<:  (=  1?::^?::)  „Eunuch" 

Pirke  R.  Elieser  50  nrr'D  jüsd  "innb  r\a-\p^  nnbv^  scheint  auf  eine 
aramäische  Quelle  zurückzugehen,  in  der  n'^n  ja\na  „ihr  Eunuch"" 
stand,  denn  Esther  4,  5  heißt  es  ausdrücklich:  innS  nncs  x-ipm 
n'':Bb  Törn  -irs*  "[ban  •'D"''idö.  Bei  der  Übertragung  ins  Hebräische 
verkannte  nun  der  Übersetzer  diese  spezielle  Bedeutung  dos  Wortes 
und  gab  es  daher  durch  nn^n  |iaK3  wieder.    Bekanntlich   steht  auch 


1  PSm  1)24.  Vgl.  2227  V^j^. 

2  Aramaic  Incantation  Texts  from  Nippur  (Philadelphia  1913)  126. 

^  Nr.  2  (CBS  2946),  Z.  7,  vgl.  Nr.  27  (CBS  16041),  Z.  11,  wo  die  Variante 

IX 


302  Felix  Perl  es. 

Sir.  30,  20  jiaw  (für  onc  im  ersten  Versglied,  zu  welchem  unser 
Stichus  ja  nur  eine  Doublette  darstellt).  Schon  dem  Verfasser  der 
PRA  scheint  px3,  das  er  bereits  in  seiner  Vorlage  fand,  aufgefallen 
zu  sein.  Denn  das  bald  folgende  "sinrzb  nbwb  jiaK:  nn«  u?'«  nKZis:  ^{b^ 
klingt  wie  ein  Versuch,  die  hochtrabende  Bezeichnung  des  -jnn  als 
nt-\"2  jiaKD  zu  rechtfertigen. 

Aram.  HDJ 

Targ.  Prov.  29,  21  hddö  \t  .Tn^'-in^ni  (Pesch.  ^Jf^J)  muß  hier 
etwas  wie  „seufzen",  „Schmerz  empfinden"  bedeuten.  Ich  stelle  es 
zu  äth.  nasrha  „bereuen".  [Sehr  bedenklich,  besonders  bei  dem 
Verhältnisse  des  Targ.  Prov.  zu  Pesch. !  Low.] 

Die  wiederholt  (schon  Tos.  Joma  3,  3)  neben  p^niD  vaQ&rjl 
vorkommende  Form  p'nrD '  scheint  schon  im  Griechischen  existiert 
zu  haben.  Denn  in  einer  alten  von  Schöne ^  veröffentlichten  Liste 
chirurgischer  Instrumente  findet  sich    nasticium   für  vaQd^i'jXLov. 

Jer.  Schabbath  8%  Z.  20  von  unten^  p,T'?r  .-^d^d  713  xnx  "i 
„R.  Acha  band  (am  Sabbat)  ,td3D  um  die  zerrissenen  Sandalen". 
Schon  Levy  III,  468^  trennt  unser  Wort  mit  Recht  von  dem 
häufigeren  •'Dmo  (jaßavov^  und  erklärt  es  als  „Bast".  Seine  Er- 
klärung des  Wortes  als  Weiterbildung  von  n^c  ist  natürlich  zu 
verwerfen,  doch  die  Bedeutung  hat  er  richtig  erkannt.  Es  ist 
nämlich  öeßsvvLOj^^  (66ߣvu,v,  ölßivov)  nach  Hesychius  ro  sn'  aocQU 
ta  (poiviyii  (ploicodsg  ysvö^svor,  siehe  Du  Gange  und  Sophocles  s.  v., 
wo  unter  anderem  aus  den  Apophthegmata  Patrum  öavödlia 
(jsßsvLvcc  angeführt  werden.  Für  diese  Bedeutung  spricht  auch 
das  parallele  'p-'jrbü  lux  „ein  Bund  Corchorusstengel  oder  -faser", 
vgl.  die  genauere  Sacherklärung  von  Low  bei  Krauss  II,  340 — 341. 


1  Belegstelle  bei  Krauss  II,  368'. 

2  Hermes  XXXVIII  (1903),  284. 

3  Ebenso  jer.  Jebamoth  12'\  Z.  19. 

i  Krauss  II,  Siy  wirft  auffallenderweise  wieder  beide  Worte  zusammen. 

^  Das  Wort  kommt  schon  in  den  Papyri  häufig  vor  (Herwerden,  Suppl. 
Lex.  Gr.  s.  v.,  wo  ein  Beleg  aus  dem  Jahre  78  n.  Chr.).  In  der  Literatur  ist 
es  zuerst  belegt  bei  Galen  XIII,  381  C  in  einem  Zitat  aus  Archigenes. 


Nachlese  zum  ueuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch.  303 

Das  Verbum  bnc  „liniieren''  hat  man  als  Saph'el-Bildung  von 
rcgida  „Lineal"  zu  erklären  versucht,  doch  schon  Dalman*  und 
Low-  bezweifeln  mit  Recht  die  Möglichkeit  dieser  Ableitung.  Wenn 
man  erwägt,  daß  die  Linien  bei  den  Alten  in  das  Pergament  ein- 
gedrückt, beziehungsweise  eingeritzt  wurden/  daß  das  synonyme 
tsanu*  noch  in  der  ursprünglichen  Bedeutung  , einritzen''  belegt  ist, 
liegt  die  Annahme  nahe,  daß  auch  bno  eine  ähnliche  Bedeutungs- 
entwicklung durchgemacht  hat.  Ich  möchte  daher  das  Wort  zu 
drigil(is)  „Striegel",  „Schabeisen"  stellen,^  das  als  öxQiyyla  auch 
ins  Byzantinische  gedrungen  ist,*^  während  die  echt  griechische 
Form  des  Wortes  ötksyyig  ist  (daneben  auch  örskyig  und  CtSQyCg 
belegt).  Eine  gewichtige  Stütze  erhält  die  hier  vorgeschlagene  Ab- 
leitung durch  eine  Stelle  bei  Plutarch,'  wo  er  von  den  Lakoniern 
berichtet:  öxlsyyiötv  ov  öidr^Qutg  ällk  xalafiivaig  sxqcovto.  Denn 
wenn,  wie  hier  berichtet,  (abgeschnittenes)  Rohr  als  Striegel  benützt 
wurde,  ist  es  verständlich,  daß  man  mit  dem  Wort  für  Striegel 
auch  das  Lineal  bezeichnete.  Berichtet  doch  der  palästinensische 
Talmud  ausdrücklich,  daß  man  mit  Rohr  liniierte.^ 

Auch  syr.  ^j^  scripsit  (PSm  2728/29)  hat  wohl  ursprüng- 
lich „liniieren"  bedeutet,  vgl.  Irv^^or  „Linie",  p^^^"^  „Lineal",  und 
stimmt  genau  zu  der  Form  arsQyig. 

Vielleicht  ist  auch  tjib,  das  jer.  Schabbath  11^  für  s^n  „Zähne 
im  Schloß,  beziehungsweise  im  Schlüssolbart"  steht,  von  özsQylg 
abzuleiten,  denn  auch  das  Schabeisen  war  kammartig  gezähnt,  so 
daß  die  Übertragung  nichts  Auffälliges  hätte. 


1  Gram,  des  jüd. -paläst.  Aramäisch  200. 

2  Bei  Krauss  II,   112/13. 

3  Vgl.  Blau,  Studien  zum  althebr.  Buchwesen  142  ff.,  wo  auch  die  Belog- 
stellen für  S-iiD. 

*  Belege  bei  Blau  144,  Anm.  2. 

5  Die  Wiedergabe  von  atQ  durch  ID  wie  in  K>'jnD,  UVTID,  X'DICX,  vgl.  Wilhelm 
Schulze  in  Gott.  Gel.-Anz.  1896,  247  ff.,  wonach  schon  im  Griechischen  oq  für 
azQ  wiederholt  belegt  ist. 

6  Du  Gange  bringt  ffrpfyyA«  ^vatQtg  und  axQiyhafia  ^vßfia. 

■J  Instit.  Lacon.  •?!,  p.  293  B,  vgl.  das  Scholion  über  arXsyyi'g  Plato  Charm. 
p.  161'. 

**  n:p2  j'Sj-ior:  jer.  Megilla  71'^. 

XI 


304  Felix  Perles. 

Saragala,  die  gewöhnliche  äthiopische  Bezeichnung  des 
Wagens,  wurde  bisher  als  echt  semitisch  angesehen,  trotzdem  es 
keine  befriedigende  Erklärung  gefunden  hat.  Es  ist  zweifellos  ent- 
lehnt aus  xbi^D  „Wagen'"/  das  selber  wieder  mit  Krauss  II,  413 
von  öaQayaQOv  abzuleiten  ist. 

nno 

Neuhebräisch  und  aramäisch  niD  1.  „übel  riechen",  „verwesen", 
2.  „sündigen"  fehlt  in  den  übrigen  semitischen  Sprachen.  Ich  stelle 
es  zu  äthiopisch  rascha  1.  „schmutzig,  befleckt  sein",  2.  „schuldig 
sein".  Wegen  der  Methathesis  vgl.  mchra  neben  nn-n. 

Tanchuma  ed.  Buber  nu^^  §  16  in^n*?  dds:^  ns^taia  isitt>  anp:  nab 
DirtsiB  "irT'S  ntrrsi  nris  h^  (in  Bereschith  Rabba  86,  8  ist  die  Stelle 
korrumpiert).  Schon  Low ^  erklärt  DiD-'tsis  richtig  als  (pojtstvög^  spricht 
sich  aber  sonst  über  die  hier  vorliegende  Deutung  nicht  aus.  Ich 
zweifle  nicht,  daß  is^tsis  hier  als  cpcototpoQog^  „lichtbringend"  ge- 
deutet werden  sollte:  er  hieß  Lichtbringer,  weil  Pharaos  Haus 
durch  sein  Betreten  von  Licht  erfüllt  wurde. 

Pesikta  ed.  Buber  101^  xnms' ^7  jn^öb  n^s  np^'?D  xm  .tti  xöre* 
ist  bis  jetzt  noch  unerklärt.  Ich  vermag  zwar  auch  keine  be- 
friedigende Ableitung  zu  geben,  doch  möchte  ich  das  Wort  zu 
syr.  ^ias5  stellen,  das  BB  durch  p^a3  glossiert.  Dann  würde  die 
Stolle  bedeuten:  „Der  Beschluß  ist  in  ihm  aufgestiegen, *>  mir  die 
Thora  zu  geben."  Wahrscheinlich  ist  die  ein  semitischer  Stamm, 
da   es    als  Verbum    an    verschiedenen   Targumstellen  vorkommt.'' 

1  Schemoth  R.  15,  22 ;  Taachuma  niB»  »n  3.  Levy  erklärt  das  Wort  irrig 
als  „Pferdedecke". 

2  Bei  Krauss  II,  424", 

3  Belege  bei  Sophocles  s.  v. 

*  Die  Varianten  l)ei  Krauss  II,  487". 

5  PSin   3079. 

6  Vgl.  die  Konstruktion  nicno  '3  nn^y. 

■'  Siehe  J.  Perles,  Beiträge  zur  Gesch.  der  hebr.  und  aram    Stud.  67—68. 

XII 


Nachlese  zum  neuhebräisehen  und  aramäischen  Wörterbuch.  305 

Wenn  auch  die  in  der  synagogalen  Poesie  bekannte  Bezeichnung 
i^iaia  zu  Bi£  gehört,  könnte  man  äth.  ivazemä  hymnus  ecclesiasticus 
quodam  modo  cantatus  (Dillman  928)  vergleichen,  wenngleich  die 
Erweichung  von  p  zu  w  ohne  Beispiel  dastünde. 

Targ.  Scheni  zu  Esther  1,  2  (ed.  Lag.  234,  Z.  11)  erwähnt  einen 
römischen  Feldherrn  zur  Zeit  der  Tempelbelagerung  c.tsris,  dessen 
Name  bei  Krauss  II,  49 1^  unerklärt  ist.  Es  kann  kein  Zweifel  sein, 
daß  damit  der  von  Josephus'  erwähnte  Fronto  gemeint  ist. 

Bereschith  Rabba  1, 12  (ed.  Theodor  p.  10  unten)  anh  n;3  ah  pnri 
HK^tcpns  an'?  jn:  ah  p'nri  mNDi;^'-.  Wie  das  parallele  niXDis:-!  (=  . Bäder") 
zeigt,  muß  auch  nx'üpns  eine  gemeinnützige  Einrichtung  bezeichnen, 
durch  die  ein  König  sich  um  seine  Untertanen  verdient  macht. 
Ich  halte  die  Lesart  für  ganz  richtig  und  stelle  das  Wort  zu  dem  in 
den  Targumim  wiederholt  vorkommenden  x"ö"i  i'':it3p-i2  „Gräben", 
„Kanäle".-  An  unserer  Stelle  scheint  nN"!:pis  speziell  eine  „Wasser- 
leitung" zu  bezeichnen.  Die  von  Theodor  zur  Stelle  mit  Frage- 
zeichen versehene  Erklärung  des  R.  Naphtali  Herz  ben  Meuachem 
msn::  x"tap"'.a  trifft  also  prinzipiell  das  Richtige,  w^enngleich  es  sich 
nicht  gerade  um   „Teiche"'  handelt. 

Tanchuma  nxn  zu  Deut.  12,  29  (in  einer  Deutung  von  Ps.  84, 11) 
•mn2  bü-".^'  pxn  eicn  ahn  ''b  pKi  ]nab  n^inn  p'rp -!::■:  pbtspiB  'b  tt"  ^b'sa 
r^ainon.  Das  bei  Levy  und  Kohut  fehlende  p'r'cp-a  muß  (im  Gegen- 
satz zu  c|d)  einen  königlichen  Wohnsitz  bezeichnen.  Weder  die 
Emendation  p"''?p-iB  (=  :tiQiyihvov,  Fürst  und  Krauss)  noch  pbtaDia 
(=  TctQLQxvlov,  Bacher 3)  genügt  begrifflich.  Ich  vermute,  daß  ur- 
sprünglich j''?pii;i  i'-rona  gestanden  habe:  ein  jtQaitcÖQiov  und 
ein  TQLxlivtov.  Die  ünform  j'St:pna  ist  dann  lediglich  unter  dem 

1  Bell.  Jud.  VI,  4,  3;  VI,  9.  2. 

2  Belegstelle  bei  Krauss  II,  496",  wo  aber  die  Bedeutung  ungenau  an- 
gegeben ist  („Schleuse",  „Rinne").  Auch  die  dort  versuchte  Ableitung  von  (pQ<xycTi]g 
wird  schon  von  Low  zur  Stelle  mit  Recht  abgelehnt. 

3  Agada  der  paläat.  Amoräer  III,  633,  Anm.  3. 

Festschrift.  20 

XIII 


306  Felix  Perles. 

Einfluß  von  p'^p-^ai  für  piijons  in  den  Text  gekommen.  Während 
die  rabbinischen  Texte  sonst  nur  die  dissimilierte  Form  |'mt:'?s 
haben,  ist  im  Syrischen  r^-»'a^f^  gebräuchlich.  Zur  Sache  ist  noch 
zu  bemerken,  daß  |^bpil2  an  einer  zweimal  vorkommenden  Midrasch- 
stelle^  ausdrücklich  als  das  Innere  des  p-iita'^ö  bezeichnet  ist. 


Vajjikra  Rabba  15,  2  in  n;n3tt'  n'-.:ip  inn  'Dibs  '^'H  nTn"  inn  -Dibs  sr-x 
jiisp^tsp  mn  „jemand  ist  bald  langatmig,  bald  kurzatmig,  weil  in 
ihn  der  Geist ^  des  ircp'^ap  gelegt  wurde".  Alle  bisher  versuchten 
Erklärungen,  beziehungsweise  Emendationen  des  dunklen  Wortes 
werden  von  Low  bei  Krauss  II,  527  mit  Recht  als  unbefriedigend 
erklärt.  Ich  stelle  es  zu  KxrjTito  tabes,  tabum,  rpd-loig  (Du  Gange  s.v. 
mit  mehreren  Ableitungen).  Die  in  einem  Ms.  und  einem  Druck  des 
Aruch  belegte  Lesart  pp-it2p^  ist  wahrscheinlich  auf  ein  falsch  ge- 
lesenes pp*t:p  zurückzuführen,  während  ]^.^'^'^p  eine  weitere  Ver- 
stümmlung aus  ppitsp  darstellt. 

In  einer  an  mehreren  Stellen  desMidrasch''  erhaltenen  realisti- 
schen Ausmalung  von  Esther  6,  10—11  muß  Haman  den  Mardochai 
erst  hoffähig  machen,  indem  er  ihn  wäscht  und  ihm  die  Haare 
schneidet.  Dabei  bricht  er  in  den  Schmerzensruf  aus:  «innb  r\'b  'r, 
nsDi  ]b^  TnrnxT  munp  c?2ip  jvl2;s  c^iaip  Tnrn  K-aa.  Für  puDs  c^aip  ist 
wohl  mit  Krauss  pa'!'S  ß'S^ip,  d.  i.  Tco^Djg  Tcalaximv  zu  lesen. 
Doch  seine  Erklärung  von  -^vc^p  cia'.p  als  'üoii^q  xovQarcoQ  ist  un- 
annehmbar. Zwar  gibt  es,  was  Krauss  unerwähnt  läßt,  einen  comes 
et  curator  civitatis,''  doch  war  das  ein  Kontrollbeamter  der 
Finanz  Verwaltung,  während  hier  ein  hoher  Hofbeamter  genannt 
sein  muß.  Nur  darin  hat  Krauss  recht,  daß  -ntsnp  c'iap  (so  Pesikta 
Rabba  93^)  vor  der  Lesart  Titsbp  D'^-aip*"'  der  übrigen  Quellen  den 


1  Sifre,  ed.  Friedmann,  50^  72". 

2  Die  Bezeichnung   einer  Krankheit   als   böser  Geist  wie   in    mii'  mi  und 
nnrn  nn  (Belegstellen  bei  Levy   IV.  217\  G^b'). 

:<  Siehe  Kohut  VIT,  87\ 

<  Vgl.  Krauss  I,  299  ff.,  IF  Ö45". 

5  Vgl.  Pauly-Wissowa,  Realenzyklopädie  IV,  642.  1806  —  1810. 

6  Die  Form  moSp   ist   erst   eine   sekundäre   Dissimilation   gegenüber    ^^t:■|p, 
wie  p-nnSs  neben  pnma,  pilD^s  neben  syr.  •r-»'o-6fS. 

XIV 


Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch.  307 

Vorzug  verdient.  Das  Wort  ist  nämlich  xöiujg  KOQtivaQicov,  der 
nach  Du  Gange  s.  v.  an  der  Spitze  der  kaiserlichen  Leibwache  stand, 
also  identisch  mit  dem  zöfitjg  xoQtrjg  ist.  Entweder  ist  -,',t:-p  nur 
korrumpiert  aus  -i:ü-p,  oder  die  Juden  haben  wirklich  den  Titel 
sich  in  dieser  Weise  mundgerecht  gemacht,  wobei  der  Gleich- 
klang der  vielen  auf  -rts  endigenden  Würdennamen  noch  mit- 
gewirkt haben  mag.  Ganz  die  gleiche  Verkürzung  zeigt  übrigens 
xntorp,  KTürp  (neben  nrüjp)  für  xsvzrjvdQtov. 

Jellinek,  Bet  ha-Midrasch  V,  34  nv"it:3ip  'ri'D  inKip"?  pN::v  "ir^n  "':"ipi 
braucht  durchaus  nicht  mit  Wünsche^  in  n'Dnsip  emendiert  zu 
werden,  sondern  entspricht  genau  der  griechischen  Form  xov- 
TCiQiov,  die  auch  im  S3'r.  If-^ajD  (PSm  3547)  und  im  arab.  Sjj..-3 
vorliegt,  siehe  Völlers  in  ZDMG  LI,  303,  Anm.  4,  wo  auch  auf 
j^^a^ls,  ^,lkXs   ^Lanzenschaft"   hingewiesen  wird. 


M.  Kelim  15,  1  a^:"?»:!  mtrcp  (Varianten  müo'p,  nitscip,  Sifra 
ed.  Weiss  52'\  Hai  und  Aruch  mricp)  ist  vollkommen  von  xtiD'p 
=  ^£6xi]q  (Name  eines  Maßes)  zu  trennen,  vielmehr  bedeutet  es 
nach  Maimonides-  einen  in  Fächer  geteilten  Kasten,  den  die  Könige 
auf  Reisen  mit  sich  führen,  um  ihren  Proviant  unterzubringen. 
Genau  in  dieser  Bedeutung  kommt  nun  zlörri  bei  Homer  (Od.  VI  76) 
vor,  wo  die  Königin  der  Phäaken  ihrer  Tochter  Nausikaa  in  einer 
xiöTi]  verschiedenes  zu  essen  und  trinken  für  unterwegs  mitgibt. 
Auch  im  späteren  Griechisch  ist  Tilartj  häufig  ein  Behälter  für 
Lebensmittel.^  Die  Schreibung  mncp  ist  ein  interessanter  Beleg 
für  die  Bemerkung  von  Suidas  s.  v,  xiatri,  daß  das  Wort  eigentlich 
mit  ^  zu  schreiben. 

rnDp 

Targ.  Rani.  Lev.  11,  oO  ni-Dp  für  üiah  ist  nicht  mit  S.  Kohn  ^ 
als  korrumpiert  aus  r\izp  =  msp  anzusehen,  was  auch  Low  a.  a.  O. 


1  Salomos  Thron  und  Hippodi'om,  Abbilder  des  babylonischen  Himmels- 
bildes 27  (=  Ex  Oriente  Lux  II,  139). 

'  ed.  Derenbourg  131  mit  der  Lesart  c'r"?on  n'iioip. 

'■>  Vgl.  Hesychius  s.  v.  ctyynov  nXsxtöv,  sig  o  ßoüfia  evsTcV-ero  xal   IfiaTia 

*  In  einem  Briet  an  Low  (Zeitschr.  für  Assyriol.  XXVI,  1911,  S.   147K 

XV 


308  Felix  Perles. 

anzweifelt,  sondern  einfach  .'^nap  zu  lesen,  d.  i.  xsyxQog,  zsyxQidioi', 
eine  Schlangenart  (vgl.  Dioscorides  Jobol.  XXXII.  ed.  Kühn  11,  89 
TisQi  tav  vTtb  xFyxQiöloi'  drjxd'svtiov).  Die  Aufhebung  der  Nasa- 
lierung ist  eine  im  Vulgärgriechischen  häufige  Erscheinung.  Als 
erstes  Beispiel  dafür  bietet  Foy  (Lautsystem  der  griechischen 
Vulgärsprache  80)  zsxQi  (Hirse)  für  xsyxQog. 


VbO  „Strick",  „Tau" 


M.  Negaim  11,  11  nreiD  bz'  'jhp  bedeutet  nicht  das  „Segel", 
sondern  das  „Tau"  des  Schiffes,  wie  Tos.  Baba  Kamma  8,  17 
i'bpn  nx  Dr,s''  iht'  zeigt.  Das  unmittelbar  darauffolgende  ns*  Tör'i 
nracn  ist  nämlich  nur  dann  verständlich,  wenn  wir  sbp  als  „Tau" 
verstehen.  Denn  ein  Schiff  wird  nicht  durch  das  Ausspannen  des 
Segels,  sondern  durch  das  Auswerfen  des  Taues  zum  Stehen  ge- 
bracht.^ Entscheidend  ist  Bereschith  Rabba  22,  6,  wo  es  von  der 
Sünde  heißt:  "^ny&obv:  "bp'z  rityn  s^icri  x'si:  b]v  'i:in3  nwsnb'rrna  „zuerst- 
ist  sie  wie  ein  Faden  des  Spinngewebes  und  zuletzt  wird  sie  wie 
ein  Schiffstau'', 3  vgl.  jer.  Schekalim  51^,  wo  nrbp  als  das  stärkere 
Geflecht  gegenüber  'c:n  genannt  ist.  Im  bildlichen  Gebrauch  kommt 
jer.  Taanith  65^^  ]':i'irt'i  rtS'bp  vor  (als  Deutung  von  mnnri  Micha  7,  3). 

Das  an  zwei  Stellen  des  bab.  Talmuds*  vorkommende  x'rsanp 
(Varianten  Kb2w:'nip,  «"^mtsip,  sb^'cp,  x-'^atsp)  bezeichnet  nach  Raschi 
ein  abgebrühtes  Fell,  das  man  als  Decke,  Lager  oder  auch  als 
Tisch  hinbreitete.''  Die  Bedeutung  „Polster",  die  ihm  Levy  und 
Krauss  vindizieren,  beruht  auf  der  irrigen  Annahme,  daß  es  mit 
«"■^intop  xataßoh'i  identisch  sei,  mit  dem  es  auch  in  der  Textüber- 
lieferung (siehe  die  Varianten)  zusammengeworfen  wurde.  Das 
Wort   ist  vielmehr  von    cartibulum   abzuleiten,    das  von   Varro 


1  Der  auffallende  Gebrauch  von  dis  für  „auswerfen"  erklärt  Bicli  vermut- 
lich daraus,  daß  man  013  vom  Auswerfen  des  Netxes  gebrauchte  (so  auch  un- 
mittelbar vorher  Tos.  B.  K.  8,  17)  und  dann  das  Wort  in  etwas  erweitertem 
Sinn  auch  auf  das  Auswerfen  des  Taues  anwandte. 

'  An  den  Parallelstellen  b.  Sukka  52",  Sanhedrin  99''  steht  dafür  (nach 
Jes.  5,  18)  nhi-;T\  nimav^  non  riioaSi  „zuletzt  gleicht  sie  Wagenseilen". 

3  So  richtig  bei  Bacher,  Agada  der  Tannaiten  I,  284  (^1,  277).  Schon  der 
Kommentar  niina  m:no  zur  Stelle  erklärt:  ny^^p  ptp^a  ^ans. 

*  Schabbath  79%  Chagiga  24\ 

5  Chananel  zu  Schab.  79'  erklärt  es  treffend  durch  das  arabieche  i'Jui). 

XVI 


Nachlese  zum  neuhebräischen  und  aramäischen  Wörterbuch.  309 

(ling.  5,  125)  als  viereckiger  Steintisch  mit  einer  Säule  be- 
schrieben wird.  Dieselbe  Bedeutungsentwicklung  von  ^Fell"  zu 
„Tisch"  zeigt  fn'?tv '  Bedenklich  bleibt  nur,  daß  das  Wort  im 
Griechischen  überhaupt  nicht  vorkommt  und  auch  im  Lateinischen 
die  Bedeutung  ^Fell"  nicht  belegt  ist. 


Neuhebr.  pp-.  , Sumpf", ^   dazu   auch   aram.  xnp^  ^Ufer",   sind 
sicher  Lehnwörter  aus  babyl.  rakkatu  , Sumpf"  (Muss-Arnolt  982^). 


Pesikta  ed.  Buber  53'-'  nc!a  i32  narc'  jv:i  nn-'o-.c'  ^h  ■Tritt'  i^cS  '?trö 
n-i'öTD  'h  (jer.  Bosch  Haschana  57'^  rrsr.^',  Pes.  R.  57^  p-iax,  was 
aber  schon  Friedmann  zur  Stelle  in  maic  emendiert)  ist  bisher 
noch  unerklärt.  Es  ist  einfach  das  babyl.  .semirii  ,  Fingerring",  und 
das  unmittelbar  darauffolgende  ni'za  ib  rrnv  i'^a'?  Sc^  ist  nichts 
weiter  als  eine  erklärende  Glosse  zu  unserer  Stelle. 


Jüd.-aram.  ks'cj^d,  syr.  xklol  .,Hülle",  ^Tuch",  .,Manter,3  ist 
wohl  Lehnwort  aus  babyl.  susuppu,  das  auch  ein  Kleidungsstück 
bezeichnet  (Muss-Arnolt  1078**). 


M.  Nedarim  3,  8  xbx  -CKin  mnr  i'a~,p:  psw- cx-'.n  ^rnntra  nTjn 

ü'tt':x  wird  erst  klar  durch  die  babylonische  Bezeichnung  der 
Menschen  als  •^almdt  kakkadi  „die  Schwarzköpf  igen".  Die  Ver- 
engerung des  Begriffes  ^Mensch"  zu  „Mann"  hat  ihre  vollkommene 
Parallele  in  mx  Koh.  7,  28  und  in  den  Derivaten  von  homo  in  den 
romanischen  Sprachen. 


»  Ges.-Buhl  16  833"  zieht  mit  Recht  i'^J^Zt  und  iki  zur  Vergleichung  heran 
und  verweist  auf  Ges.  Thes.  1417.  Wellhausen,  Skizzen  4,  157.  Vgl.  außerdem 
Sachs,  Beiträge  zur  Sprach-  und  Altertumsforsch.  II,  176.  Krengel,  Das  Haus- 
gerät in  der  Mischna  I,  8. 

5  M.  Schabbath  11,   1.  Weitere  Belege  bei  Lery  IV,  471. 

3  Levy,  Trg.  Wb.  II,  466".  Nh.  Wb.  IV,  528".  P3m.  4345. 


XVII 


310  Felix  Perles. 


K^'Dt^^r 


Jellinek  Bet  ha-Midrasch  I,  81  a^^'z'^  nom.  propr.  fem.  ist  wohl 
von  •yvT  (Deckname  für  hn^  nach  Jer.  25,  26;  51,  41)  abzuleiten, 
also  =  K^ban.  Natürlich  müßte  es,  da  es  sich  um  einen  weiblichen 
Namen  handelt,  korrekt  «n'^tt-'r  heißen. 

M.  Menachot  9,  2  (=Tos.  10,  5)  pa  vn  mnju?,  „Marken",  „Kerben"  ^ 
stelle  ich  zu  babyl.  ,rindu^  „Mal"'  (speziell  eines  Sklaven,  doch  auch 
eines  Tieres),  das  Ungnad=^  als  -nmtu  erklärt,  woraus  sich  das  n  in 
mnD"ir  erklärt.  Sicher  gehört  hieher  auch  n-'DttS  beziehungsweise  nn':u? 
in  Pap.  K.  4  und  K.  6  der  Aramaic  Papyri  from  Assuan.*  Vielleicht 
ist  auch  syr.  ^^.^  „foltern"  derselbe  Stamm.  Der  Bedeutungswandel 
wäre  allerdings  auffallend. 

Targ.  Ezech.  27,  6  (für  jty  wv  Iti'-ip)  pr-".:"i\s-i  pan  "irnri  "a-i-rn 
'^■'s-;  pu^n  ptt^na;:  ist  bei  Levy^  und  Kohuf^  unbefriedigend  erklärt. 
Mussafia  sagt:  ff^ipurai  eic  niTO  ":r  ptrb:,  was  Kohut  nicht  versteht.  Es 
ist  aber  unbedingt  die  allein  richtige  Erklärung,  indem  Mussafia 
&vQco[ia  „Türbekleiduug"  meint.  Das  Wort  ist  sowohl  in  der  LXX,'' 
als  auch  bei  Josephus*^  belegt.  Eine  interessante  Parallele  zu  unserer 
Stelle  bietet  Diodor.  V,  46:  Td  xs  &vQib}iaTcc  tov  vaov  d^av^aGta^ 
£%si  ras  Tiaraoxsvag  f'|  dgyvQov  twcI  xqvöov  xal  ilscpavros. 


1  Weitere  Belegstellen  bei  Levy  IV,  587''. 

2  Muss-Arnolt  1072''. 

^  Beiheft  II  der  OLZ  (1908),  S.  23/24. 
i  Vgl.  darüber  Peiser,  OLZ  X,  627. 
&  Trg.  Wb.   II,  .059''. 
6  Aruch  compl.  VIII,  279". 
"!  Für  nS^,  n_Tno,  ne,  nns,  t;t. 
Antiquit.  IV,  8,  13  zur  Bezeichnung  der  Türpfosten. 


% 


XVIII 


Asphodeliis. 

Von  Iiinnaiiuel  Low,  Szeged. 

1.  TSvi  V  68,  25  (j.  IX  39»-  37):  -rn"?  -jn:;  nanz  '^rKtt':'  ntip^r  n-i'rn 
Kbi  12.1  y.rib  ab  in^s*  pDmj  |'k  n'r'ri:'  '?c  jrn  :nin=!2:  x'n  nn  -i2n  nnn  nsn: 
ts^tan -i",n'?  Lesart  der  T  mss.  Wien  und  der  Ausgaben:  n'Trrr. 

2.  Ich  habe  diese  Stelle  Pflanzennamen  289  registriert,  konnte 
sie  aber  nicht  erklären.  Was  man  bisher  über  das  Wort  Mrith 
gesagt  hat,  ist  unbefriedigend.  Es  gehört  weder  zu  'ajir,  Esels- 
füllen, noch  zu  ccIqk  oder  s,.-o,  Mundvorrat,  oder  gar  zu  'arä,  Lorbeer 
(Schwarz,  T.  zur  Stelle;  Brüll,  Jahrbücher  7,  62;  Kohut  6,  195^: 
Hasde  David  zur  Stelle).  Der  Kommentar  IMinhat  Bikkurim  erklärt 
min  häsir  und  danach  haben  Levy  sv  und  Krauss,  Arch.  I,  391: 
eine  Lauchart.  Jastrow  kombiniert  irrtümlich  'iränithä  und  n^ne 
'{ran,  über  die  man  weiter  unten  das  Nötige  findet.  Dalman  WB. 
sagt  allgemein:  Futterkraut.  Die  Identifikation  des  einmal  vor- 
kommenden Pflanzennamens  ist  mir  erst  jetzt  mit  Hilfe  einer  Notiz 
des  Plinius  gelungen.  Er  ist  mit  dem  syrischen  pc^-^,  asphodelus, 
Affodill,  identisch.  Nach  der  oben  angeführton  Stelle  kann  die 
Pflanze  als  Viehfutter  verwendet,  aber  auch  unter  die  Matratze 
gelegt  werden.  Das  will  natürlich  nicht  sagen,  daß  man  damit  die 
Matratze  füllt  (pr  abo  i=  TOhol  XII  609,34;  Krengel,  Hausgerät  25  n.  4), 
noch  auch  daß  es  zur  Verbesserung  des  Laders  dienen  soll  (vgl. 
Sabb.  20,  5;  Krauss,  Arch.  I,  64).  Wenn  diese  Zwecke  gemeint 
wären,  so  hätte  die  Barajta  nicht  gerade  diese  sonst  nie  genannte 
Pflanze  als  Beispiel  herangezogen. 

Die  richtige  Lesart  ist  die  mit  r;  die  Lesart  mit  d  ist  durch 
das  geläufigere  n'Tr  opp.  nma'i  veranlaßt. 

3.  Die  Sache  verhält  sich  folgendermaßen.  Plinius  hat  — 
hn  22,  32,  67  Detlefsen  —  die  Nachricht  erhalten,  Nikander  habe 
zum  Schutze  gegen  Schlangen  und  Skorpione  asphodelus  unter 
das    Bettzeug    streuen     lassen:    substravitve    somno    contra    hos 


312  Immanuel  Low. 

metus!  Demselben  Zweck  diente  die  unter  die  Matratze  gestreute 
'irith. 

Daß  dies  apotropäische  Mittel  aus  Syrien  stammt,  folgt  mit 
ziemlicher  Sicherheit  daraus,  daß  Plinius  berichtet,  die  Pflanze 
werde  auch  heroneon  genannt.  Herr  Professor  Dr.  S.  Ehrenfeld 
in  Prag  bestätigt  mir  brieflich,  daß  dies  die  bestbezeugte  Lesart 
bei  Plinius  sei,  während  hereneon,  heroum,  heroion  Verschlimm- 
besserungen zur  Annäherung  des  Fremdwortes  an  ijQcbsiov  dar- 
stellen. Bei  Asphodelus  dachte  man  unwillkürlich  an  die  home- 
rischen Asphodeluswiesen  der  heimgegangenen  Heroen.  (Lenz, 
Botanik  der  Griechen  und  Römer  302;  Buchholz,  Die  drei  Natur- 
reiche bei  Homer  214;  Pflanzennamen  291  n.;  OLZ  1911,  488 
.  aj.:;^a}^s^]i  ^•j^;  Horae  Semiticae  VI,.l,  Z.  6;  Pauly-Wissowa  l  s.  v. 
E.  Lemke,  Die  Totenblume  Asphodelos:  34.  Bericht  des  west- 
preußischen Bot.-zool.  Vereins.  Danzig  1912,  S.  257  f.)  Heroneon 
ist  aber  das  aramäische  'irönä!  Dasselbe  nun  ist  das  bisher 
unerkannte    irith. 

4.  An  Asphodelusarten  fehlt  es  in  Palästina  nicht.  Sie  sind 
weiter  unten  aufgezählt.  Es  ist  nicht  auffallend,  daß  die  Barajta 
nicht  von  einer  Verwendung  als  menschliches  Nahrungsmittel 
spricht.  Der  Affodill  wird,  obwohl  die  Wurzelknollen  genießbar 
sind  —  Reinhardt,  Nutzpflanzen  I,  483  —  auch  in  Griechenland 
nicht  mehr  gegessen.  Asphodelus  microcarpus  wird  nach  Ascherson 
und  Graebner,  Synopsis  3,  33  „vom  Vieh  meist  nicht  gefressen, 
ist  daher  den  Hirten  verhaßt".  In  der  Barajta  wird  es  sich  um 
Verfütterung  der  Knollen,  nicht  des  Krautes,  handeln. 

5.  Nach  der  überraschenden  Übereinstimmung  der  tannaitischen 
Nachricht  mit  Plinius  ist  jetzt  auch  die  lautliche  Übereinstimmung 
zu  beachten.  nnT  =  heroneon  -=  por^:^,  bei  Assaf  Hebraeus  syrisch: 
^:'i''-iT,  ist  offensichtlich  immer  dasselbe  Wort,  p^i-^  aber  steht 
im  syrischen  Dioskurides  und  in  der  syrischen  Galenübersetzung 
ständig  für  <x0cp6di?.og.  Arabisch  geben  es  Honein  ben  Ishäk  und 
die  Glossographen  durch  ^Sj^s^.  (nicht  ^^ii^  Dozy  s.  v.;  choensa  = 
^\^j-i',  Asphodelus  pendulinus  Coss.  ZDMG  65,  339;  I.  Baitar  II,  53, 
pers.  =  ciris  oty,  türkisch  =  Asphodelus,  Honigberger,  Früchte  aus 
dem   Morgenland,  pharmakologisches  Verzeichnis),  ^j-,\^io,^  ^j^.j^ 


1  BA  zu  ^arso?,  PSm.  2662  zu  wrfo^i.Lar  [dies  Audo  =  ein  Klebestoff, 
|2:.l.&i^^  (??)  =  ^\^ib  -  Aj.1,  auch  BB  ^\jjj'^\  J^..  Honein  BB.  234  12,  1429, 
wo  für  pc}..^  cod.  S.  richtig  \2o^j.:^  hat,  1431.  EN  und  Hunt  PSm.  2844. 
Pflanzennamen  290.  Dasselbe  ist  ccasga,  asseras,  Langkavel  114  f. 


II 


Asphodelns.  313 

Pflanzennamen  291,  B.  Bahlul  234.  ^^^.-^  ZDMG  28,  7()1   Eremurus 
caucasicus,  vortreffliches  Klebemittel. 

6.  Benannt  ist  die  Pflanze  nach  dem  Kleister,  der  aus  ihren 
gedörrten  Knollen  bereitet  wird,  Pflanzennamen  291.  Wenn  PSm. 
2814  das  Wort  zu  j/mj",  Brockelmann  zu  fnT  stellen,  so  ist  das 
ja  der  Form  nach  richtig.  Der  Sache  nach  gehört  es  zu  fny  ^/s. 
Ihn  Baitär  2,  235  gluten,  Kleister  zu  D.  BB  1347,  15  6siQc<g,  JLJ\  ^/t. 
h^oxollcc  972,  3;  ^^^^:\  ^^.l  ii^voxoV.a  209  4, 14;  1^^  =  ^>  PSm.  4516. 
^^i  zu  V=as?  BA,  ^,^\S  j\jJ  BB  529,  n.  5;  PSm.  811;  BB  2094,  n.  24 
Ui.\  1.  ,^^i-^^.  —  If-  festhalten,  neusyrisch  'ärl,  to  hold  good  or 
firm,  mj*  mischnisch  sich  anhängen,  haften  bleiben,  n-nr,  n-iyn  an- 
schließen. [Barth  'r :  bemerkte  hiezu  brieflich:  Der  Form  nach 
könnte  sich  pof-»^  nicht  von  einer  Wurzel  N-r  ableiten,  wohl  aber 
in  der  Weise,  daß  eine  Verschiebung  des  j  stattgefunden  hätte: 
'irünä  wäre  aus  'irjünä  verschoben,  wie  'eröm  aus  'erjöm  von 
y,-inr,  niTB,  IH-  aus  pirjöth,  pirjä.]  Merkwürdigerweise  hat  Assaf 
Hebraeus,  der  trotz  des  Einspruches  von  Venetianer  (Asaf  Judaeus, 
Straßburg  1915)  den  syrischen  Dioskurides  exzerpiert,  die  Form 
'irjünä  im  Plural  -rTTj'  erhalten. 

7.  In  Palästina  sind  folgende  Asphodelusarten  nachgewiesen; 
a)  A.  microcarpus  Viv.,  common  in  all  the  piain  (Tristram,  Fauna 
and  Flora  of  Palestine  1888,  433);  h)  A.  fistulosus  L.,  common  on 
plains  and  hüls,  west  and  east  of  Jordan  (Tristram);  c)  A.  tenui- 
folius  Cav.,  south  of  Beersheba  (Tristram);  d)  A.  ten.  micranthus 
Boiss.;  e)  A.  viscidulus  Boiss.,  souther  desert  (Tristram)  und  bei 
Tristram  noch:  f)  A.  ramosus  L.,  abundant:  Moab,  Beersheba, 
plains,  littoral,  central.  Dinsmore  Nr.  1673 — 1675  The  Jerusalem 
Catalogue  of  Palestine  Plauts,  =  1912  sind  unter  Nr.  268—270 
a,  h,  c  und  '/  aufgeführt.  Für  rJ  Bornmüller,  Ein  Beitrag  zur 
Kenntnis  der  Flora  von  Syrien  und  Palästina,  Wien  1898,  98: 
Jaffa  und  Sarona  auf  Sandhügeln  gemein,  zusammen  mit  a  und  b. 
Post  783  führt  a,  h,  c,  d,  e  auf. 

8.  Die  arabischen  Benennungen  findet  man  bei  Schweinfurth, 
Arab.  Pflanzen  aus  Ägypten,  Algerien  und  Jemen  1912,  8,  199,  217; 
Ascherson  und  Schweinfurth,  Flore  d'Egypte  153,  806;  Foureau, 
Essai  de  catalogue  des  noms  arabes  et  herberes  de  quelques 
plantes  ....  algeriens  ....  1896,  9:  Post,  Flora  of  Syria,  Palestine 
and  Sinai  1896,  783;  Dinsmore  und  Dalman.  Die  Pflanzen  Palästinas 
1911,  Nr.  1673  ff.  Die  geläufigste  Benennung  ist  J^^^-?  beruak, 
baruek,  ZDMG.  65,  339  (banrak,  Dinsmore  für  A.  micr.  wird  falsch 
sein),  barwak   Post;  bei  Foureau  berruag);   dann  J.-^^  , Zwiebel" 

III 


314  Immanuel  Low. 

ZDMG.  65,  345;  Schweinfurth  217,  Post  783 ;  Ascherson  und  Schwein- 
furth:  'ansal,  basal  'ansal,  basal  es-sajtän,  basal  iblis;  Dinsmore: 
'ansal,  'osalän,  chosalan,  ghösalan,  bösalän  rafi',  'üd  en-nadd,  tuwai 
(Post:  thuwai). 

9.  Im  Anschlüsse  hieran  möchte  ich,  wie  oben  erwähnt,  einem 
anderen  bisher  verkannten  Worte  der  Mischnah  auf  Grund  der  richtig 
aufzufassenden  talmudischen  Erklärung  zu  seinem  Rechte  verhelfen. 

10.  jTKn  n'^'ns  Sabb.  2,  1  Maimuni,  ms.  arab.  Berlin:  j-^Nn, 
Aruch  VI,  218  s.  v.  7cr,  465  s.  v.  nbTis:  i^r^r,  ^  ms.  Kaufmann  und 
Tanchum  Jeruschalmi.  Auch  eine  Lesart  pi^n  wird  angeführt. 

Erklärungen  des  Wortes:  a)  j.  Sabb.  II,  4<',  23  xn^n'y,  Lesart 
'U-,  nicht  nach  b  in  «rr-n^r  zu  ändern,  auch  nicht  in  mr,  Brüll, 
Jahrb.  5,  115  =  K  s.  v.;  Jastrow  zitiert  irrtümlich  'tj?.  Es  ist' auch 
nicht  ]h~^^],  Pflanzennamen  376. 

hj  b.  20^  hat  zwei  Erklärungen:  a)  s'ixnnx,  d.  i.  Kj'.ns*,  Gzbg. 
Geonica  2,  296;  ß)  'r2  "r:n  x»TDiüy:  n'''? ''inKi  ?i'7p. 

cj  Maimuni:  etwas  wolliges,  das  auf  einer  Pflanze  wächst. 
u..^*£^äJ\  ^^  ^y  (^9  jvic^-^.  ^^9^.^.  Die  hebräische  Übersetzung:  i;aü  j-iaa 
prn  Töis  pns  mnnön.  Saiomo  Adeni  zur  Stelle:  nsnyn  ■i:?"' ^:a:i  j'?23. 

dj  Neuere  Versuche:  Levy  1,  80  von  Kohut  nachgeschrieben: 
heivov.  Kohut  führt  syrisch  xt:'«  an,  das  es  nicht  gibt.  Es  gibt  bloß 
eine  Transkription  des  griechischen  km  bei  den  Glossographen: 
]oi4-»].  Auch  salicetum  -=  A>i,\  bei  Kohut  ist  unrichtig.  [Goldziher: 
Freytags  Ausgabe  stammt  aus  dem  Kfimu?,  wo  aber  das  Wort  nicht 
Weide  bedeutet.]  PÖm.  40  verzeichnet  ein  arabisches  IL\  aus  IxiK, 
das  sich  in  arabischen  Wörterbüchern  nicht  findet.  Brüll,  Jahr- 
bücher 5,  115  kombiniert  auf  Grund  einer  falschen  Lesart  bei 
PSm.  40  1A^?1  angeblich  syri.sch  Hanf  (Pflanzenuamen  217).  Gesenius, 
der  Bochart  folgt,  vergleicht  Tyrisch  ada  bei  Hesychius  =  Ixsa. 
Pflanzennamen  39  und  402:  ada:  naga  TvQioig  ))  ttea.  [Professor 
Ehrenfeld  brieflich:  Dazu  führt  der  Herausgeber  Mor.  Schmidt, 
Jena  1858,  Bocharts  Identifikation  an:  immo  px  talmudice  salix. 
Eine  andere  Lesart  scheint  es  bei  Hesychius  nicht  zu  geben,  auch 
Stephanus  s.  v.  bietet  nichts  Neues  zu  Hesychius.]  Ben  Jehuda 
behandelt  das  Wort  zweimal  unzulänglich:  71  und  175.  Rieger, 
Technologie  13  n.  5  denkt  ohne  allen  Grund  an  einen  Stoff,  der 
aus  der  wolligen  Oberfläche  des  äxävd^iov  gewonnen  wurde.  Krauss, 
Arch.  I,  142,  545  nach  den  Wörterbüchern:  etwa  Weidenbast. 

11.  Um  die  richtige  Erklärung  zu  finden,  muß  man  von  der 
Sache  ausgehen.  Leider  muß  dies  bei  talmudisch-lexikalischen 
Studien  auch  heute  noch  immer  aufs  Neue  betont  werden. 

IV 


Asphodelus.  °^° 

Was  ist  als  Docht  gebraucht  worden  und  mußte  darum,  falls 
es  nicht  für  ganz   entsprechend  gehalten  wurde,    ausgeschlossen 
und  für  diese  Verwendung  untersagt  werden?  Zu  Lampendochten 
wird  die  reichliche  Samenwolle  von  Salix  und  Populusarten  ver- 
wendet (Leunis  §   334,  p.  855),    ist   aber   zu    diesem   Zwecke  nur 
wenig  zu  brauchen  (Leunis  §  604,  p.  500).  Literaturnachweise  über 
Samenwollen   unserer  einheimischen  Pflanzen  findet  man  im  Ab- 
schnitt  Fasern  bei  Wiesner,    Rohstoffe   des   Pflanzenreiches   -  li. 
Neues  über  die  Samenwollen  wird  auch  die  demnächst  erscheinende 
dritte  Auflage  des  grundlegenden  Werkes  nicht  bieten.  Herr  Hofrat 
Professor  Wiesner  schreibt  mir  diesbezüglich   (22.  Januar  1915): 
„Die  Verwendung  von  Samenwollen  zur  Gewinnung  von  Gespinsten 
und   Geweben,    z.   B.    zur  Herstellung   von  Lampendocht,   ist    oft 
in  Anregung  gebracht  worden,  hat  sich  aber  nicht  bewährt.    Der 
Triumphzug    der  Baumwolle    hat    all    die  Träume    über    die  Ver- 
wendung der  einheimischen  Pflanzen  vollständig  vernichtet".  Das 
Kriegsjahr  hat  allerdings   die  einheimische  Nesselfaser  wieder  zu 
Ehren  gebracht.  Die  zu  Lampendochten  minder  taugliche  Samen- 
wolle meint  die  tannaitische  Bestimmung,  schon  weil  der  Bast,  an 
den  die  Erklärer  dachten,  im  Sinne  der  Mischnah  als  vom  Holze 
stammend  —  ppn  jö  K:ivn  bi  Tossafoth    und    Adeni  zur   Stelle  — 
ausgeschlossen    ist.    Die   Samenwolle    meint    auch    die    angeführte 
Erklärung  des  /,  wenn  er  das  fragliche  Wort  durch  Kn^n-r  wieder- 
gibt. Vgl.  Gesenius,  Thesaurus  s.  v.  -iij?  =  Flaum,  lanugo,  yvdcpcclov. 
Wollflocke  heißt  1^=^.  Auch  Spreu,  aramäisch  schon  Dan.  2,  35  x-w, 
gluma,  äxvri.  pyoi  n-y  j.  Sabb.  XII,  14^  33;  j.  Az.  II,  40^  34  (nicht: 
Gerstenhülsen,  Preuss   19  6).     Dasselbe    meint    aber    auch    h    mit 
'ahvänä  -  Weide,  b  erzählt.  Räbln  habe  dem  Abaj  gezeigt,  was  die 
Mischnah  unter  pnn  's  verstehe,  indem   er  ihn  auf  eine  s'n2"ir  — 
Euphratpappel,  Weide  —  verwies.  Auf  die  Einwendung  Abäjs,  das 
sei  ja  Holz,   nimmt  Rabin  etwas  vom  Baum,  schält   es  und  zeigt 
jenen    die    dazwischenliegende    Wolle:    ':"2  ':":t  sn'o-W"  n'b  -irs'  spp. 
Der  Ausdruck  „er  schälte"  hat  die  Erklärer  veranlaßt  zu  glauben, 
er  habe  die  Rinde  des  Baumes  abgeschält  und  so  den  Bast  zwischen 
Rinde  und  Holz  bloßgelegt.    Wollartig  ist  aber  dieser  Bast  nicht, 
er  wird  auch  nicht  zu  Lampendochten,  sondern  zu  Stricken,  Flecht- 
werk und  Matten  verwendet  (Leunis,  p.  500).    Es  ist  aber  auch 
nicht  vom  Bast  die  Rede.    Räbln   nimmt   auf  die  Frage  Abäjs  die 
reife,    aber   noch    nicht    aufgesprungene  Fruchtkapsel,    schält   die 
beiden  Klappen  derselben  ab,  so  daß  die  zwischen  beiden  liegende 
Samenwollc  sichtbar  wird.  Man  hat  also  in  Babylon  im  III.  Jahr- 


3  16  Immanuel  Low. 


hundert  noch  genau  gewußt,  was  die  Mischnah  meine,  und  wir 
gewinnen  die  traditionelle,  unbestreitbare  Identifiltation:  pur  rh'ns, 
Samenwolle  der  Weide  (oder  Pappel),  wobei  pa  nicht  die  Weide, 
sondern  die  Fruchtkapsel  derselben  bezeichnet. 

Woher  kommt  aber  diese  Bezeichnung? 

Die  reife,  aufgesprungene  zweiklappige  Kapsel,  deren  Klappen 
sich  rund  zurückschlagen,  trägt  am  Grunde  die  zahlreichen,  mit 
langem  Haarschopf  versehenen  Samen.  Reißt  man  die  seiden- 
glänzenden Haare  aus,  so  bleibt  die  offene  Kapsel  mit  den  zwei 
zurückgeschlagenen  Klappen  und  der  Vertiefung  in  der  Mitte: 
^-w  das  Ganze  wurde  als  Fußgestell  angesehen  und  darum  mit 
dem  biblischen  Worte  für  Fußgestell,  px  benannt,  wobei  es  nichts 
verschlägt,  ob  dies  Wort  ursprünglich  hebräisch  oder  assyriscties 
Lehnwort  ist  (ZDMG.  53,  198).  Zum  biblischen  Worte  siehe  Bäräjtä 
di-melekheth  ha-miskan,  Flesch  p.  3,  Friedmann  p.  13.  Rasi  zu 
Sabb.  98^  R.  Hananel  zu  99«  und  Rasi  zu  Ex.  26,  17.  Ozar  Midr. 
ed.  Eisenstein  473». 

Zum  Schlüsse  noch  die  Bemerkung,  daß  die  Lesarten  mit  / 
der  ersten  Silbe  auf  das  geläufigere  xiTr,  Zeit,  s;TKn  jetzt,  zurück- 
gehen und  daß  auch  die  Lesart  mit  'ain  von  ersterem  Worte 
beeinflußt  ist. 

Nachtrag.  Jes.  54,  11  hat  Ewald  (1841)  ^hk  für  -j'iSK  gesetzt. 
Die  Konjektur  hat  Beifall  gefunden,  geht  jetzt  unter  dem  Namen 
Wellhausens  (so  Gesen.  l^  S.  6%  Z.  2  v.  u.).  Nivard  Schlögl,  der  neueste 
Übersetzer  des  Jesaja,  billigt  sie  auch,  führt  sie  aber  im  Namen 
Budde'ß  an.  Der  Text  ist  nicht  zu  ändern  und  ist  von  Delitzsch 
richtig  erklärt,  jnx  heißt  nirgends  Grundstein,  auch  Hiob  38.  6 
heißt  es  nur  Fußgestell,  Sockel.  König  s.  v.  versucht  die  Sache 
umzudrehen,  setzt  für  die  Hiobstelle:  Grundlage,  für  die  anderen 
Stellen  synekdochisch-speziell:  Sockel,  Fußgestell. 


Ich  hatte  Gelegenheit  die  Ergebnisse  obiger  Auseinandersetzungen  meinem 
lieben  Freunde,  Herrn  Rektor  Schwarz,  mündlich  vorzutragen.  Sie  fanden  seinen 
Beifall  und  bitten  darum  um  ein  bescheidenes  Plätzchen  in  der  Festschrift  zu 
Ehren  des  tiefeindringenden  Erforschers  der  „astronomischen  Instrumente  der 
Halacha",  als  Ausdruck  meiner  Verehrung  für  den  großen  Forscher,  den  geist- 
vollen Prediger,  den  prächtigen  Menschen. 


VI 


Zur  Babylonisch-Aramäischen  Lexikographie. 

Von  J.  N.  Epstein,  Charlottenburg. 

Zugleich  mit  der  Verbreitung  des  Talmudstudiums  in  Nord- 
afrika und  Europa  taucht  die  babylonisch-aramäische  (von  der 
palästinischen  wollen  wir  jetzt  absehen)  ^  Sprachfrage "  auf.  Hier 
auf  fremder  Erde  und  unter  fremder  Zunge  machte  die  Sprache 
des  babylonischen  Talmuds  anfangs  große  Schwierigkeiten.  Solange 
nun  die  Hochschulen  von  Sura  und  Pumbedita  noch  existierten 
und  das  Aramäische  zum  Teil  noch  lebte,'  wendete  man  sich  mit 
Fragen  um  Worterklärungen  an  die  babylonischen  Geonim.  In  den 
Antworten,  die  in  den  verschiedenen  Responsensammlungen  noch 
erhalten  sind,  liegen  uns  die  Erklärungen  der  Geonim,  der  testes 
linguae  ersten  Ranges,  vor.  In  Form  von  Responsen  entstanden 
dann  Kommentare  zu  Teilen  von  Traktaten  2  oder  auch  zu  ganzen 
Traktaten  (Pseudo-Saadia,  R.  Scherira  und  R.  Hai),^  vielleicht 
sogar  Lexika,  wie  das  Aruch  von  „Rab  Zemach"." 

Von  den  gaonäischen  Erklärungen  fanden  dann  viele  in  den 
uns  verloren  gegangenen  Schriften  von  R.  Nissim  aus  Kaii'uan 
und  besonders  im  Kommentar  von  R.  Chananel  Aufnahme.  Aber 
auch  Westeuropa  blieb  nicht  ohne  gaonäischen  Einfluß,  nicht  nur 
durch  Benützung  der  immer  mehr  sich  verbreitenden  Responsen 
der  Geonim,   sondern    auch    auf    mündlichem  Wege.    Durch  Ver- 


'  Sielie  J.  N.  Epstein,  der  Gaonäische  Kommentar  zur  Ordnung  Toliorot, 
Berlin  1915,  S.  53—57. 

-  Siehe  op.  cit.  S.  36,  Anm.  1,  S.  80,  81  f.  und  84—86;  REJ.  LXIV  210, 
vgl.  auch  den  Brief  des  Enkels  von  R.  Zemaeh  b.  Paltoi,  JQR.  XVIII  401  und 
Ginzberg,  Geonioa  I  160. 

3  Saadia.  siehe  Ginzberg,  Geoniea  I  164  und  J.  N.  Epstein  op.  cit. 
S.  30— 31;  Scherira  und  Hai,  Ginzberg,  171—172;  J.  N.  Epstein,  Jahrbuch  der 
j.-l.  Ges.  IX  223,  224—226  und  240. 

*  Siehe  J.  N.  Epstein,  op.  cit.  S.  158. 


318  J.  N.  Epstein. 

mittlung  des  R.  MeschuUam  b.  Kalonymos  aus  Lucca,  der 
mit  Rab  Scherira  Gaon  schriftlich  verkehrte  (Geonica  II  57 — -58), 
ist  manche  gaonäische  Erklärung  mündlich  nach  dem  Rheinlande 
gekommen. 1  So  war  ohne  Zweifel  viel  Gaonäisches  im  sogenannten 
n"n-?i'?K  (Kn"'3"«3'7X>  von  R.  Machir  b.  Jehuda,^  Bruder  des  Rabbenu 
Gerschom  b.  Jehuda,  enthalten. 

Und  so  ist  besonders  sehr  viel  Gaonäisches  in  den  Mainzer 
und  Wormser  Kommentaren  (Pseudo-RG.)  zum  Talmud  zu  finden."^ 
Aus  all  diesen  Quellen,  unmittelbaren  gaonäischen  (Kommentare 
und  Gutachten  der  Geonim)  und  mittelbar  gaonäischen  (mündliches 
^Rheinisch-Gaonäisch")  schöpfte  auch  Raschi.  Daher  so  manche 
überraschend  genaue  Erklärung  zu  nicht  wenigen  aramäischen 
und  persischen  Wörtern  im  Babli. 

Aber  nach  Aufhören  der  gaonäischen  Jeschibot  in  Babylonien 
(1038)  mußte  nun  so  manches  bloß  kombiniert,  manches  bloß  aus 
dem  Zusammenhang  geschlossen  werden,  was  schon  oft  in  den 
Pseudo-RG.-Kommentaren  der  Fall  ist,  noch  mehr  aber  bei  Raschi 
und  den  späteren. 

Auf  den  genannten  gaonäischen  und  „halbgaonäischen" 
Quellen:  den  Schriften  der  Geonim,  R.  Nissim,  R.  Chananel  und 


1  Was  Raschi  Zeb.  45''  s.  v.  v^u  .Vn  aus  dem  Munde  des  R.  Jalcob  b.  Jakav 
im  Namen  des  R.  MeschuUam  anführt,  ist  =  Geonica  57  Nr.  1,  siehe  Ginzberg  S.  55. 

2  RABN.  fol.  150',  y'n^n  X  26  und  XI  82.  (Das  Zitat  aus  dem  i'x  Raschi 
Erub.  22"  ist  aramäisch,  also  wohl  gaonäisch,  vgl.  RGA.  Hark.  Nr.  352; 
ebenso  ist  das  Zitat  in  S.  ha-Jaschar  ed.  Wien  fol.  58''  gaonäisch,  siehe  Jahr- 
buch 1.  c.  S.  235.)  —  Ein  Wagestück  ist  es  nun,  unseren  R.  Machir  (b.  Jehuda,  im 
10.  Jahrhundert!)  mit  R.  Machir,  dem  Verfasser  des  Abkath  Rokhel,  und 
dann  weiter  —  mit  dem  sagenhaften  R.  Machir  aus  Babylonien,  der  auf  Ver- 
anlassung Karls  (des  Großen)  nach  Narbonne  gekommen  sein  soll  (Neub. 
Anecdota  II  82;  Groß,  Gallia  404  ff.)  zu  identifizieren  und  auf  Grund  dessen 
Asaf  Judaeus  (welcher  von  R.  Machir  b.  Jehuda  sicher  benützt  wurde,  vom 
Verfasser  des  Abkath  Rokhel  —  vielleicht)  ins  7.  Jahrhundert  zu  setzen  (L.  Vene- 
tianer,  Asaf  Judaeus,  im  Bud.  Jahresbericht,  1915,  S.  36 — 38)!!  R.  Mose  Isseries' 
Angabe  in  den  Zusätzen  zum  Juchassin  (ed.  Krakau  p.  163'),  wonach  R.  Machir, 
der  Verfasser  von  Abkath  Rokliel,  Zeitgenosse  (iia^ni!)  von  R.  Jehud  a  b.  Ascher 
war,  ist  gerade  hier  sehr  hoch  anzuschlagen.  Nach  seinem  eigenen  Zeugnisse  lebte 
der  Verfasser  des  Abkath  Rokhel  ,in  diesem  6.  Jahrtausend"  (Tm  ^i^Nn  nr^. 
Buch  2.,  Abschnitt  D\-ir:n  n"nn  nie,  vgl.  Steinschneider,  Gat.  Bodl.  1637).  Und  zum 
Überfluß  berichtet  R.  Abraham  aus  Torrutiel,  daß  „R.  Isak  b.  Sar  Chessed, 
der  Vater  des  Verfassers  von  Abkath  Rokhel,  einer  der  Verbannten  aus 
Frankreich  im  Jahre  1306  gewesen  sei,  der  in  Toledo  lebte,  Schüler  von  R.  Ascher 
und  Kollege  von  R.  Jehuda  b.  Ascher  war  und  im  Jahre  1349  (yu*?)  verstarb" 
(Neubauer,  Anecdota  II   105—106,   Harkavy,  n':t:"  C!  c'ünn  II  Nr.  2,   S.  11 — 12). 

3  Siehe  z.  B.  unten  Nr.  2,  5,  9,   10. 

II 


Zur  Babylonisch-Aramäischen  Lexikographie.  319 

Pseudo-RG.  fußt  auch  das  erste  umfassendere  talmudische  Lexikon: 
das  Aruch  von  R.  Nathan  b.  Jechiel,  eine  meist  wörtliche  Kompi- 
lation aus  den  genannten  Schriften,  ohne  daß  sich  der  Kompilator 
für  die  eine  oder  die  andere  Erklärung  entscheidet. 

Auf  Raschi  und  Aruch  fußen  nun  hauptsächlich  auch  unsere 
neuzeitlichen  Lexika. 

Leider  aber  sind  wir,  was  das  Aramäische  betrifft,  auch 
in  der  Neuzeit  nicht  viel  weiter  gekommen.  In  unseren  neuzeit- 
lichen Lexicis  war  für  das  Aramäische  besonders  der  Umstand 
verhängnisvoll,  daß  das  Lexikon  alles  bieten  sollte  und  daher 
alles  zusammenwürfeln  mußte:  Nicht  nur  Hebräisch  und  Aramäisch, 
sondern  auch  —  Babylonisch-Aramäisch  und  Palästinisch- 
Aramäisch!  Das  verwirrte  ganz:  Man  suchte  für  babylonisch- 
aramäische Wörter  —  griechische  und  lateinische  Ableitung,  für 
palästinensische  dagegen  —  persische  (siehe  Kohut)!  Natürlich 
aber  hat  auch  unser  nicht  immer  korrekter  Text  nicht  wenig  Anteil 
an  mancher  falschen  Erklärung. 

Ein  speziellesLexikon  für  das  Babylonisch-Aramäische 
und  ein  solches  für  das  Palästinisch-Aramäische  ist  eine  con- 
ditio sine  qua  non  für  ein  weiteres  Vorwärtskommen. 

Um  nun  einen  ,.guten  Anfang"'  zu  machen,  habe  ich  in  der 
folgenden  kleinen  Auslese  alles  andere  ausgeschaltet  und  mich 
bloß  auf  das  Babylonisch- Aramäische  beschränkt.  Möge  diese 
Mahnung  einen  Widerhall  finden! 

Auf  Worte  eines  Amoras  folgt  im  Babli  oft  die  Wendung 
K3in  K;m,  mit  einem  darauffolgenden  tannaitischen  Satz  (Zitat), 
wodurch  die  Meinung  des  Amora  gestützt  werden  soll.  Meist  ist 
das  Darauffolgende  eine  Mi  seh  na,  entweder  die,  in  deren  Piskä 
die  betreffende  Memra  des  Amora  steht,  wie  Jeb.  56'',  Ket.  76%  76'^, 
B.  M.  3",  4'^  bis,  B.  B.  84'^  bis,  Sanh.  28'^  und  Zeb.  89^  Oder  eine 
von  anderswoher  angeführte  Mischna,  wie  Jeb.  58''^  (aus  Sota  II  5), 
Kid.  65''  das  erste  Mal  i  (Ker.  III  1),  66'^-'  (Zeb.  VIII  1,  Bech.  VI  12, 
in  b.  41"^),  B.  K.  105^  (ib.  Mischna  2),  Chul.  44'^  (ib.  Mischna  2). 
Aber  nicht  selten  ist  es  eine  Barajta,  wie  Kid.  24^'  (Tem.  14'^  mit 
ii':nn),   65^  das  zweite  MaP  (die  Barajta  ist   in  Ker.  12*  ganz  an- 

I  Lies  mit  Ms.  M.  'i3i  n^2N  iri*«  in«  t;. 

-  pKi,  ist  mit  Ms    M.  zu  streichen. 

3  L.  mit  N"c  und  Ms.  M.  nsau:,  nsa^j  nh. 

III 


320  J.  N.  Epstein. 

geführt),  Sota  44«  (nicht  mit  Ahil.  XV  8  identisch,  vgl.  Tos.  XV  7), 
B.  K.  105^  (Sifrä  ^^-^'np  III,  ed.  Weiss  SS")  und  Sanh.  77^.1 

Raschi  erklärt  immer  xrn  mit  p--;  a:r\  „unser  Tanna".  Aber 
schon  der  Umstand,  daß  mit  K*;in  N:n%  wie  gesagt,  auch  „Barajtot" 
angeführt  werden,  macht  eine  solche  Erklärung  unwahrscheinlich, 
wie  sie  schon  R.  Baruch  b.  Samuel  aus  Mainz  deswegen  an- 
gezweifelt hat.-  Aber  auch  grammatisch  ist  es  unmöglich  sjin  mit 
„unser  Tanna"  zu  übersetzen  (Barth,  Jahrbuch  d.  j.-l.  Ges.  VII  133, 
Anm.  3). 

Die  Erklärung  Barths  aber,  x;in  sei  adv.  gleich  njn  der  Aram. 
Papyri  und  wäre  mit  „hier,  an  unserer  Stelle"  zu  übersetzen 
(ib.  133—134),  ist  noch  weniger  wahrscheinlich.  Das  ist  schon  aus 
diesem  Grunde  unannehmbar,  weil,  wie  ich  gezeigt  habe^  mit 
K:iri  KJm  auch  Mischoajot  aus  anderen  Traktaten,  und  sogar 
Barajtot  wie  Sifrä  angeführt  werden. 

Die  richtige  Erklärung  hat  hier,  wie  oft,  R.  Chan  an  el.  Er 
erklärt  s'jin  XDm  mit  nx;c  srrm  (ROH.  B.  M.  3%  4»^  =  Aruch  s.  v.), 
„und  der  Tanna  lehrte  dasselbe"   (Levy.  NHWB.  IV  653^  s.  unten). 

Die  Form  kommt  auch  in  der  gaonäischen  Literatur  vor, 
und  zwar  hier  statt  unseres  ü:r\. 

RGA.  Harkavy  Nr.  33:  .s?:in  (Jeb.  118^',  Ket.  75*^:  KDn)  r^v^fiwr]  =]',c: 
'121  i'ria;  Nr.  45  (S.  22):  kdih  xn^snani  (AZ.  '3^:  ndh);  Nr.  47  (S.  23): 
•1=1  s'baön  K"n  >«:in  (AZ.  38^:  k^dh,  MS.  M.  KDn);  Nr.  376  (S.  192): 
'121  bKr^ty-  n  '3^  (Chul.  30^:  s:n)  K3in  ppb  pnaxi;  Nr.  388  (S.  204): 
'131  fbi3i  KDin  (B.  M.  39»:  xjn)  jr-i!a«T  >«^^n  "s;  RGA.  der  Geonim  in 
ha-Peles  II  76,  Nr.  14:  (Sifre  Deut.  §  188)  nbr  sDim  'iDi  rcn  K*?  'nsn 
(ibid.)  "ÖD  H3im  "a^  löinn  -ipiyn  (in  b.  häufig  n'?y  K;ni,  kdkdi  siehe  unten) 
'131  -i3iö'?  pö;  Sendschreiben  Scherira  Gaons,  Ms.Aleppo  (ed.  B.  Lewin 
—  im  Erscheinen  —  S.  70  9  t:):  "a^  nnp''  a^^:  x:im  (Juchassin:  xjni, 


1  R.  Baruch  b.  Samuel  in  n02nn  'D,  zitiert  in  nri^nn  '•hh^  von  R.  Bezalel 
Nr.  421  (Hoffmann-Festschrift,  hebr.  Teil  216  —  217):  «n  .  .  .  , '"Kna  «am  N:r,i 
nh  xn'na  Sdn  ,cn'S2  nnuE*  i'n  ni»:trr:nt5'  »s^  rnns  NniDc:  x'n  iS^sk  '':n:;T 
K:in  N:m  nre*  T'x  d'sv  ^run^n  'trpi  (fehlt  bei  uns  in  Raschi  Chul.  44")  xnn  nax 
nnstm  mann  N:in  xjdi  'loi  iD'i*  nn'na*  nn  nu-E'  i"«  ;'B'npi  p"SDi . . .  '121  isno^S  n:  rn'^i 
(siehe  Zeb.  VII  5  und  oben)  qi^n  riKun  'B3  D'nDT:  K"  niE'fi  N'nn  ;iJD  in^rDi  'i3i  nr:n23 
(siehe  oben)  n:tt'a  Sy  jitt'S  ini«2  lai^  S'nnnt:*  fr:  "i^iiS  C"  nnni  '121  xsin  xjm  laixn  's  pB'n»p3i 

i^N  pw  N3in  Nim  psitf^n  i^xm inhi^z  jn^tt'N  ntB'o  i'yjT  nvi  .xn'nnx  ''dk  i3  d^do 

n2B»0  mm  inoa  n^pncan.    Siehe  noch   unten   S.  V,   Anm.  2.    Das  Zitat   aus   dem 
nr:onn  'd  steht  zum  Teil  auch  in  Schitta  zu  B.  K.  105\ 

2  Siehe  Anm.  1. 

3  3":  '131  ;:m  N"n  '"ii  n'nyoti'o  i:>n2!J'Da  U'jb*  idiSj  »nxjB*  x^nni  ib-its  .N:in  {<:ni; 
4":  '131  Ti>x  ^>>  nx:»*  x:nni  idh'x  «x  xSx- 

IV 


Zur  Babylonisch-Aramäischen  Lexikographie.  321 

Ms.  H.  x:s'r:,  Sanh.  43^^:  i<";m);  in  einem  Responsumi  in  Seheehters 
Saadyana,  122  29:  -131  inn  r,nz''n:v^b  K;im  (Chag.  3^);  dann  R,  Scherira 
im  Sendschreiben:  „Alle  jene  anderen  Barajtot  sind  nicht  zum 
allgemeinen  Tradieren,  wie  die  Barajtot  von  R.  Chijja  und  R.  Hosa'ja, 
festgesetzt  worden":  '^^i^nt  sjm  K';n  s'bs*  ]:::-'.  r.n  inn  jriiss'  xbi. 

Einmal  auch  >:in  ap  (=  ^:rl  ap),  RGA.  ed.  Cassel  Nr.  91  fol.  31^ 
unten:  -ist  nciiK  ^b  nnx  ''3 in  xp  ,121. 

K;in  wird  also  hier  für  x:n  (oft  plene  N:xn)3  und  -rn  für  ":n 
(plene  ':xn)*  verwendet.  Die  Form  steht  in  der  gaonäischen 
Literatur  nicht  vereinzelt.  So  auch:  "ria  HG.  ed.  Berlin  405  s  für 
•r:,  „er  will";  mp  ibid.  197,  „sie  lesen",  neben  ^^.p  (Part.  PL  mit 
:  in  Nom.  wie  häufig  bei  den  Geonim,  JQR.  N.  S.  V  234).  Das 
lange  ä  ist  hier  in  ü  (ü)  getrübt,  wie  auch  im  Neusyrischen  ä 
und  a  oft  in  u  (ü)^  übergehen  und  wie  dieses  gesprochen  werden 
(Nöldeke,  Neusyr.  Gramm.  3  -  8),  und  wie  ähnlich  in  der  Aschkenazi- 
schen  Aussprache  des  Hebräischen  a  wie  u  gesprochen  wird. 

So  hat  gerade  bei  dem  Verbum  a:r\  auch  das  Neusyrische  im 
Inf.  Pael:  x'-rr  „erzählen",  statt  «rrn  (Nöldeke  op.  cit.  214  unten)! 

Bei  den  Geonim  ähnlich:  ms:,  für  na  (HG.  ed.  B.  405,  417,  459, 
522  u.  a.,   Geonica   388    [siehe  ibid.  425]    und    sonst  oft),    wie    es 

1  Z.  58-60  auf  S.  126  ist  mit  RGA.  Müller  Nr.  113  identisch,  und  dieses 
wird  in  .Sibbole  ba-Leket  Nr.  61  im  Namen  von  „R.  Koben  Zedek"    angeführt. 

2  So  Neubauer,  Anecdota  I  44  (s;ini  N:ni)  und  Ms.  Berlin  or.  Qu.  G8.5  fol.  21ö'': 
Jucbassin  ed.  Krakau  111''  und  Neubauer  I  16  haben  falsch  N;in  n:ni  (Bogen  .S 
der  Ed.  Lewin  steht  mir  nicht  zur  Verfügung);  RGA.  Harkavy  Nr.  218  (S  10.^) 
zitiert  aus  dem  Sendschreiben  bloß:  N:ni  x^;n  nSx,  darauf  in  der  Antwort  des 
Gaon  ibid.:  cn-  ctr-^  N2ini  x':n  n'-x.  Nach  Scherira  Gaon  kann  nun  —  ein  zweites 
Extrem  —  N:in  nur  von  nicht  rezipierten  Barajtot  gesagt  werden,  siehe  oben  S  IV, 
Anm.  1. 

3  Vereinzelt  auch  in  urseren  Editionen,  Jeb.  105*',  B.  B  97'';  häufig  in  Mss  , 
z  B.  Sehechter  Talmudical  Fragments,  Ker.  5''  (4  16);  ''.y.  ^it  n:xr\,  18"  (6  20); 
nh';  niHDi,  2V  (12  n);  ^n^'O^*»  ■,  ,-t  «^xn,  und  bei  den  Geonim,  z.  B,  HG  ed. 
B.  222,  .302  ('j?aB" 'T '21),  371  u  a.  m.,  Geonica  330  und  sonst  oft  (bei  Saadia. 
JQR.  XVI,  110:  ...Kjm  NJD  \vn  <:3  nh-);  im  jer.  dafür  immer:  »:n.  Bacher, 
Exegetische  Terminologie  II,  238  liest  allerdings  in  diesem  Falle  >:n  Part.  pass.. 
was  aber  kaum  anzunehmen  ist. 

*  In  den  Edd.  z.  B.  B.  97%  in  Mss.  z.  B.  Schechter  op.  dt.  22  lö:  >ö  ':Kn, 
bei  den  Geonim.  z.  B.  HG.  ed.  B.  172,  496  u.  a.  m.,  Ilarkav)--,  RGA.  Nr.  262  u.  a.. 
Geonica  80,  100  9,  15,  194,  199,  233,  247,  382  u.  a.  m.;  babylonisch  punktiert: 
'3npi?3  (':npiD)  Geonica  79  fi. 

*  Im  Syrischen  kommt  ein  Übergang  von  ä  in  ö  vor,  wie  jian  „dort", 
N:lDn  „acht",  k:i:2C3  „Spezereien",  für  jon,  Njon,  xr:D2,  und  Westsyrisch  wurde 
bekanntlich  immer  ä  wie  o  gesprochen  (Nöldeke,  Syr.  Gramm.  §  44,  j\Iand. 
Gram.  S.  20,  21,  Anm.  2,  vgl.  Fraenkel,  Aram.  Fremdwörter  XVIII). 

Festschrift.  oj 

V 


322  J.  N.  Epstein. 

auch  Neusyrisch  murija  gesprochen  wird  (Nöldeke  8);  mmpibn, 
RGA.  Hark.  49  (Aiim.  2!)  für  ninipbn.» 

xjin  (so  mit  der  richtigen  traditionellen  Aussprache,  nicht  atn 
mit  Levy  1.  c.)  ist  also  eine  andere  Art  Pleneschreibung  des  Part. 
Qal  (syr.  pJ.)'^  nach  der  vulgären  babylonischen  Aussprache  und 
ist  gleich  ndh  (ndsti),  'dh  (":xn).' 

SDin  sjm  ist  also  zu  übersetzen:  „und  der  Tanna  lehrt"  (das- 
selbe); es  entspricht  dem  -Dn  K3n,  z.  B.  Kat.  81^  Ned.  21^  u.  a. 

2.  xnix  (sn:n) 

Menachot  78^:  xnt'ai  xnJK  «!a%  vielleicht  ist  (mit  i^ai:',  Lev. VIII  26, 
das  eine  Brotform  haben  soll)  kmdk  des  Öles  gemeint? 

Aruch,  Pseudo-RG.  und  Pseudo-Raschi  in  zweiter  Erklärung 
erklären:  dnb  i;32  bw  '^np  p^,  „geronnenes  Öl,  rund  wie  ein  Brot- 
laib"; Raschi  Ms.  (ed.  Romm):  trnp  pt:' br  ™ir,  Var.  xriD«:  und  xdtok 
(siehe  Var.  lect.  zur  Stelle)! 

Es  ist  syr.  xnrn,  das  die  Originallexika  mit:  .«"no  .«pTir  xnrs: 
erklären  (AUDO  354;  Cardahi  I  428:  j^.^ä3\  cu^.j.1\),  ^^altes,  ver- 
dorbenes Öl",  was  dem  „geronnenen  Öl"  der  talmudischen  Kom- 
mentatoren entspricht.  Babylonisches  xn:K  ist  gleich  snsn. 

1  Hierher  gehört  wohl  auch  ji'^'sn  HG.  B.  401  für  ]'^_'itn;  misnisch  ]\\)r,  für 
bibl.  c^",r,  im  jer.,  ed.  Lowe,  editio  princeps,  Aruch  s.  v.  ,1T  (gegen  Kohut),  HG.  B.  575 
unten,  Geonica  577  und  Pseudo-Hai  Zab.  IV  1  s.  v.  D'n  h';  Ms.  1  kommt  nicht 
bloß  für  Chatef-Kam.,  sondern  auch  für  ä  schon  im  Talmud  vor,  besonders  in 
Fremdwörtern  (Levy  I  499)  und  ebenso  bei  den  Geonim:  j'pniJl  HG.  B.  506  5,  für 
ppnsi;  NB'?inv2i,  neben  ss^n^CT  565  7  v.  u.;  nn^nf^  nvD  ''U-in,  967  4,  für  hip\  Ebenso 
Mand.  (Nöldeke,  Gramm.  218)  antt'  „sehlief",  neben  n^^NB»;  pt23  „ward  schwanger", 
neben  ]^23;  ppn  „war  fest".  Impf.  ]i-n\-i.  Und  hierher  gehört  wohl  auch  die  be- 
kannte täMl-Form  des  babyl.-aram.  PL:  nir:ts',  inD,  iicr:  u.  a.  Es  ist  die  vulgäre 
ATissprache  von  (inox  (im  Syr.  und  anderen  Dialekten  la«  gesprochen),  als 
'ämur  usw.  (vgl.  Nöldeke,  Mand.  gr.  S.  24,  Anm.  1);  auch  Mand.  Don  (=  Dirn)  „sie 
wußten";   1122'   „sie  gefielen   sich"  (ibid.  218)   gehört   zu  den  bab.  Pluralformen. 

-'  Allerdings  wäre  X3in  an  sieh  als  Part.  pass.  Pual  möglich,  das  im 
Neusyr.  mit  nh  im  act.  Sinne  gebraucht  wird:  n^:in  „er  hat  vorgetragen"  und 
mit  Assim.  N221T  „er  verkaufte"  (Nöldeke,  Neusyr  Gramm.  220  und  241).  Dieses 
Passivum  kommt  auch  im  b.  vor:  N'ji'?  „geflucht"  Sanh.  49";  also  wäre  hier  S':in 
für  nS  NMn  „er  lehrte",  wofür  auch  R.  Chananels  nwB'  sprechen  würde.  Aber 
dagf'gen  sprechen  um  xp,  'i'n,  mp  und  die  daneben  übliche  Schreibweise  x;xr. 
Erwähnt  sei  hier  auch  Mand.  KCiC  (i  wegen  a?  Nöldeke,  Mand.  gr.  §  19,  vgl.  §  27), 
perf.,  „hörte"  =  yar. 

3  Ähnlich  hat  Ms.  Berlin  or.  Qu.  566  in  Terumot  IX,  5,  6  und  7  (hier  nur 
im  Kommentar  Maimonides)  n^lD  statt  nSa. 


VI 


Zur  Babylonisch-Aramäischen  Lexikographie.  323 

Chull.  65-'^  wird  bn,  eine  Heuschreckenai't,  die  später  Flügel 
bekommt  (bnin  pj2  f.^?  ^.nx'?  hn:h  -i"nri  rrry  'b  j'x),  mit  snprs*  Ed.  (so 
alle  alten  Drucke:  spätere  liaben:  p-ipcx)  erklärt;  Raschi  x^pc\s*;  RG.: 
jrc-,;  K-ipc'S',  Ms.  M.,  H.,  Aruch  und  HG.  ed.  Yen.  131^':  x'-cx 
(Ms.  R'^  u.  R'-  x^rcN,  R^  ^«^rcs'!),  HG.  ed.  Berlin  544:  a^p-^a. 

Die  Lesart  mit  i  ist  die  richtige. 

Es   ist  syr.   irar]    (s-;pcs),    das    von   den    Lexikographen    mit 

^.ji.^]\  >\j-^\,  „die  beschwauzte  Heuschrecke"  erklärt  wird,  BA.  10  lü, 
DBB.  241  "(PSm.  9 1 7),  Elia  Nisib.  Lag.  44  so;  vgl.  Chul.  65^  ::t  •':'  -c'-.  Ksn. 

4.  s*D::ns*,  s*:d::s*  [k:c^si 

Zum  Ausprobieren  des  r\b~r<  nimmt  man  nrcn  Ncmx  ST^:n  usw., 
Men.  4  3%  dann  unten  bloß  xcriiS  x-i't:nn;  Ms.  M.  oben  -irci  a^'fin, 
unten  nichts;  Ms.  K.  k:d:s',  R.  Ascher  ed.  Venedig  «zctx;  xVlfassi  ed. 
Konst.:  x":c-n. 

Raschi:  nz'p  -osi:'  -Kcr-'S  «n-an,  Pseudo-RG.:  -.nv;:  p\^nnu?  r^z'p  .xcr-s*. 
Aber  mit  xcriK  ist  nichts  anzufangen.  Die  Lesart  des  Alfassi  tS"r-,n, 
„aus  jD-n",  führt  auf  die  richtige  Spur. 

Statt  xcr-x,  k;c:s',  lies:  k:d-,x. 

Das  ist  syr.  x:d"ik  =  xbnn,  „geschälte  Gerste'",  „Graupe"';  talm. 
fc-i"  =  ""irtri  x'?"*i'irT,  Ned.  41'^  (vgl.  Low.  105)  und  Joma  TO'^  (Lesart  von 
Ms.  M.2  und  R.  Nissim,  Mafteach,  Ber.  lii''):  np's:  jcnr  nn3''?pxbr; 
Gaon,  ha-Kedem  H  83:  '^ai  jonr  'r  x'rrin  "iriT  t'j  x'zs:;  cnh  n'b"2h  n'b  h'Z'ni. 
— m  in  Ag.  ist  wohl  bloß  erleichterende  Glosse,  die  in  j\Is.  M. 
das  x:c-^x  verdrängt  hat. 

x:c-x,  oder  Adject.  x"c~x  (oder  X'jDin)  ist  nun  im  Lexikon 
aufzunehmen. 

5.  s*Ä-i:ni  (si^i^m.) 

Bech.  8'':  nT-:-.  p'z:  xr'n.'^  rriat  x::^::*",",  Ms.  I\I  :  ',■-:••-  ::z  r:t2-,  riii-i-, 
Aruch:  i^rTzz  fi'ri-i  ü::'''^-^,  ähnlich  Pseudo-RG.,  abei*  n::":»'^')  (siehe 
unten).  Aruch  und  Levy  setzen  es  unter  p:;-,  und  nehmen  das  i 
als  copulativum.  Das  ',  gehört  aber  zum  Stamm  (l/p~i:),  wie  es 
auch  wohl  Raschi  verstanden  hatte:  in£"'?p2  r^-c  r,:itii  .-'aT  x^iü".*, 
ebenso  Pseudo-RG.:  -inrr  iinn  r.rzz'  nrax  ,n::":i'-ii;  ein  i  copul.  kommt 
auch  in  den  anderen  Fragen  daselbst  nicht  vor. 

E^^  ist  syr.  x^'^t,  xriin*,  „Küchlein",  „ein  eben  aus  dem  Ei 
hervorgegangenes  Hühnchen":  xnrnn  xnpTi^'  [tJ  n"xn-;r!  p'zii  xjnsn  x:t, 

21* 

VII 


324  J.  N.  Epstein. 

AUDO  248,  Cardahi  I  327,  PSm.  1070.  Stamm  p',  arab.  J>y^  „das 
Ei  mit  einem  Ruck  legen". 

Kr2i"i  ist  aus  den  Lexicis  zu  streichen. 

Hierher  gehört  auch  Hebräisch-Persisches  WB.  (Bacher  52,290, 
vgl.  MGWJ  45,  S.  81,  Nr.  45):  xru?  niann '^2' jtsn  "na  rr'rz:  pS3^n(!)p::3 

6.  ^t'nri 

MQ.  12*^:  R.  Jehuda  Nesiah  ging  aus  Kt:'n^-i  «nniÄina  usw.,  da 
hörte  davon  R.  Arne  und  nahm  es  ihm  übel  usw.,  weswegen 
nahm  er  es  ihm  übel?  Ob  wegen  Ktmia'i  xn"i!ain,  heißt  es  doch  in 
der  Barajta  -.i'n::  p'?t2'';n  ü'-bsn  '?3d  p  ■'in  mrstDm  d'üt;,-!  '("-i''far\  usw.; 
Erub.  69»:  Jemand  ging  aus  x^-nia-i  xnniiinn,  als  er  aber  R.  Jehuda 
Nesiah  sah,  deckte  er  es  zu  usw. 

Was  ist  nun  Ktmia?  sniain  ist  sicher  mit  Aruch  und  Pseudo- 
Raschi  zu  MQ.  nr^ß  „Ring",  was  aus  dem  Zusammenhang  in  MQ. 
deutlich  hervorgeht;  b.  BB.  67^  hh:.  =  xrrnöin,  Zeb.  21*'  xnn^m  =  xb:"?'; 
„Rad";  sniiain  „Sandalen-Ring",  zum  Durchziehen  der  Sandalen- 
riemen, Sab.  112*^  ROH.  und  Aruch,  Jeb.  102«-.^  xtrnä  aber  läßt 
Aruch  unerklärt.  Raschi  Erub.  (siehe  var.  lect):  'lai nrra  "nri^tt'  ^3><  sm!:iin 

Es  ist  arab.  ,^\j>^^  ursprünglich  .^^jL^:  a  shoe,  or  sandal,  or 
a  jmir  of  shoes  or  sandals,  of  any  Jiind;  accord.  to  present  usage; 
or  accord.  to  Golius,  a  kind  of  high-heeled  shoe  or  isandal.  generally 
used  by  peasants,  and  fastened  with  thongS;.  or  ivitli  a  button  or 
the  like  (Lane  I^  993).  Ein  arab.  ^_yo\jJo,  ^_^'^X^,  entspricht  genau 
einem  aram.  sx'na,  und  mit  Hinblick  auf  die  „Sandalen -xmiain" 
(siehe  oben)  wird  diese  Erklärung  zweifellos. 

Nun  ist  nach  Sab.  112'^^  das  Ausgehen  in  einer  „Ring-Sandale" 
verboten:  xm^aimn  -ncx  Sdk  Titsei  (siehe  RCH.  und  Aruch),  und 
ebenso  betrachtete  R.  Jehuda  Nesiah  selbst  nach  Erub.  ibid.  das 
Ausgehen  mit  'lan  'n  als  etwas,  das  am  Sabbat  verboten  ist  (siehe 
RCH.  und  Toss.  s.  v.  jrs);  die  k'jid  von  Erub.  ist  also  gegen  die  «"^d 
von  MQ.  Diese  letztere  scheint  nicht  die  Meinung  der  maskana 
von  Sab.  112-'^  geteilt  zu  haben  und  hielt  daher  die  „Ring-Sandale" 


1  Siehe  auch  Aruch  s.  v.  ^.iS-i.  Gaonäisch  «mDin  „Siegelring",  H'  2»n3T 
K'ty-ica  n'mrJin,  Sendschreiben  Scheriras,  Neubauer  I  .T5;  Ittur  I  ':;,  nnina  ed. 
Warschau  34":  xnimm  noin  3;diK21:  «mmn  „Ringlein  der  Halsröhre",  HG.  ed. 
Venedig  126''  unten,  RGA.  .rn  Nr.  109;  dann  „Rückenwirbel"',  HG.  Venedig  129" 
und  129'',  wie  immer  syr.  (Fraenkel,  161),  siehe  auch  mein  DulXJn  cn's  (im 
Drucke)  S.  25. 

VIII 


Zur  Babylonisch- Aramäischen  Lexikographie.  325 

für  erlaubt  (Toss.  Erub.  ibid.  ist  gezwungen);  sie  ist  also  zu  den 
msian  T\rw  (siehe  Toss.  Men.  58^  s.  v.  tki^)  zu  zählen. ^ 

R.  Arne  nahm  aber  wohl  das  Lösen  des  Knoten  der  Sandale 
übel,  welches  nach  Sab.  und  Erub.  1.  c.  verboten  ist. 

Zu  *{tt?na  vgl.  noch  Abot  di  RN.  ed.  Schechter,  2.  Vers.  XLVI, 
fol.  eö«-:  .,,-inö  ]DM^  üTEtan  m-i)a  'i. 

B.  B.  5'J  xin  rT'Dia'?  xat:'!  xstt' bD-r,  „denn  jede  Steinreihe  ist  sein 
Termin",  Ms.  M.  'st:>i  'zt,  Aruch  ksd;  Suk.  51''  (B.  B.  4«'):  nst'  p^sx 
nsr  ^"V\  Ms.  M.  'str,  'Stt».  Aruch  erklärt:  -^nns  „eine  Stein-  oder 
Ziegelreihe"  in   der  Wand.'' 

Es  ist  syr.  nshd  =  -pi:,  PSm.,  Audo  137;  arab.  »^lio  (Fraenkel  12, 
Cardahi  II  189=^).  Aus  syr.  s'EHD  ist  babyl.  (und  pal.i)  xsp  geworden, 
wie  bab.  und  mand.  ^ir^'  =  s-inrir,  S'mc^a  =  KmnoD  u.  a.  m.,  arab.  v-il^. 
Mit  nat'  „Rand'*  hat  es  nichts  zu  tun. 

TT 

8.  >^nb^ 

T    :     - 

Bech.  21^^:  „Was  ist  Schmutz  (piirts)"?  Wie  die  Hirten  («nirn) 
sagen:  «nrn  12:«  xnbic  „xn"?::  verstopft  das  Tier". 

Das  -i  von  sn*?::-!  ist,  wie  syr.  -i,  älteres  ^-!,  Papyri  ";,  zur  Ein- 
leitung der   direkten   Rede  (auch   z.  B.  Suk.  46'^:  x:r,Tn,  Ket,  53*: 

b^].n  u.  a.). 

i^s*  ist  gleich  n2:y,  wie  xni:«  Git.  69''  =  K-i2:y  ist. 

nr\h:i  ist  syr.  «rn"?!"^  „Kot",  „vertrockneter  und  an  etwas 
festsitzender  Kot".  BB.  1673  (=  Opusc.  Nest.  4  3  ü-):  ss^^dt  stisi" 
n"K2t3  n'>ti2.  (Psm.);  ahv^,  xn"?!"^,   „der,    die   Schmutzige",   Audo   383. 

Also:  „(festsitzender)  Kot  verstopft  das  Tier". 

Zur  Elision  des  r  siehe  J.  N.  Epstein  im  Jahrbuch  d.  j.-l. 
Ges.  IX  259,  und  „Der  gaonäische  Kommentar  zur  Ordnung  Tohorot", 
S.  149—150. 


1  Siehe  auch  Tos.  Sens  in  Schitta  BK.  117'  s.  v.  N.T. 

2  Auch  der  zweite  Fall,  das  Trinken  von  Wasser,  das  ein  heidnischer 
Koch  gewärmt  hatte,  welches  nach  MQ.  R.  Arne  dem  H.  Jehuda  Nesiah  übel 
genommen  hätte,  —  auch  jener  Fall  wird  in  b.  Sabbat  51"  von  K.  Nach  man 
erzählt,  dem  es  R.  Amt;  übel  nahm  (über  R.  Am(;  und  R.  Naelimaii  sielie  Chul.  124") 
Über  das  Verhältnis  von  R.  Amc  zu  R.  Jehuda  Nesiah  siehe  jer.  AZ.  42",  45''  u.  a. 
Ob  MQ.  ibid.  nicht  eine  Reminiszenz  an  den  Fall  l'es.  51"  (Tos.  MQ.  II,  16)  ist: 

?. . .  nnE'3  pD>p"'^^F2  ixv^t:'  hi^-'hr^:,  ;ni  hz<  v:^  hhrt)  min^a  nti-yoi 

3  Auch  j.  Sab.  13°:  n:u  ci2v:  2"n  p'aD  i2;n. 

IX 


326  •  J.  N.  Epstein. 


9.  Kn^nn 


ChuU.  60^:  i<n^mi  ü-ii:b  .T3:i  pi2,  „geh'  hinaus  und  bereite  (das 
Mahl)  am  Ufer  des  xn^s^.".  Raschi:  „am  Ufer  des  Flusses,  dessen 
Namen  xri'an  ist";   so  auch  Levy. 

Das  PJchtige  aber  hat  hier  Pseudo-Gerschom,  Kommentar 
zur  Stelle:  K^n  m-ix  m'rn  'h  pri.  Das  ist  mand.  s-n^nn,  „Ocea//" 
(Nöldeke,  Mand.  Gramm.  117).  Die  Ortsbestimmung  „am  Ufer  des 
Meeres'"  hängt  wohl  damit  zusammen,  daß  das  Meeresufer  den 
Juden  in  der  Diaspora  als  Betstelle  beliebt  war,  Josephus,  Antiqu. 
XIV  258,  vgl.  auch  Tertullians  Bericht  von  den  Juden  in  Nord- 
Afrika,  die  an  Feiertagen  am  Meeresufer  gebetet  haben  sollen, 
MGWJ.  1906,  50. 

10.  A.  rn;"s^tr,  b.  Ksr,  KSi^r 

A.  Eine  Vorstadt  von  Neharde'a  hieß  rn'-£r  (rn"ri'),  und  die 
sehr  alte  Synagoge  daselbst  führte  daher  den  Namen  rn'  =-|n  xni:-:;  -z, 
Meg.  29%  RhaS.  24^  AZ.  33'',  Nid.  13^^  nach  R.  Jakob  b.  Jakar  (Raschi 
Nid.  ibid.)  und  R.  Benjamin  aus  Tudela,  Itinerary  (JQR.  XVII  762).i 
Die  Synag.)ge  soll,  nach  einer  zuerst  von  Rab  Scherira  erzählten 
Überlieferung,  aus  Bausteinen  und  Erde  vom  Tempel,  die  Jekonja 
und  seine  Leute  mitgebracht  hätten,  erbaut  sein,  iai'?3  rrr  =]V  xnrnpi 
iK=  nun  c-;pri  rD;u?  (siehe  Lewin  :""cn  m:K  —  im  Erscheinen  —  72  --o 
und  Anm.  30),  und  R.  Nissim  (RGA.  r-rc'  Nr.  71,  vgl.  Lewin,  Jahr- 
buch d.  j.-l.  Ges.  VII  227,  Anm.  4)  fügt  noch  hinzu:  ^p  ^t:iz'  ixnp  n^ib' 
n-nm.'s  «itn  s*i2tas-i  spin  [r-'.-rsx-ia  cipja  ims'^  nrc;.  Dem  folgt  auch  Raschi 
(AZ.  43''). 

pß^  aber  bedeutet  dasselbe  was  n'iT;   syr.  s]v   „wohnen  und 

ruhen  'in    einer   Stelle'":   snrm  sinni  nn:    (AUDO    557);    dann    xair 

'Wohnstätte":  ü:s -.T  nm  snrn   .xnnn^-iSD^tJ^  '?r,c=  (ib.).  2W-ffir  be- 

77  7  ■■     •  T   T  *  * 

deutet  also  „Wohnstätte",  als  Name  eines  Ortes. 

B.  Sota  7'^  B.  K.  92%  Makkot  11^:  pb^bija  mi.T  bv;  rm.^iT  m  ... 
serb  nnri?  hs  'i3  jns'n;  so  auch  Scheeltot  Nr.  30,  IIG.  ",t:  ed. 
Ven.  lOV-^;  Ms.  M.  in  Sot:  "-^z'b,  in  Mak. :  '2-u'?;  Ms.  H.  in  BK. 
xsr'riS  i^iitiVb),  Aruch  s.v.  r-^-  x£t'?  (aziz-b).  „Rab  Zemacli  Gaon": 
iit'cb,  und  erklärt  pnx,  „Sarg"  (Juchassin,  ed.  Filipowski  160''), 
ebenso  Aruch. 


1  Das  eiilspri<'lit  wortlieli  dorn  Zitnt  in  der  ..Ilalionischen"  Bibel  (ha-Maggid 
XXI  Nr.  r,,  BcilMgo);  gehört  also  nicht  Ilab  Saadia,  siehe  Judelewitz  svTin;  S.  20. 


Zur  Babylonisch-Aramäischen  Lexikographie.  327 

Das  ist  aramäisch  xau?  „Sarg'',  B.  B.  546  s.v.  s'jsn:  xdtik  mn 
sn'ia  pi2^Dnns2  n=i  Säf  n>xaiN  xnpnc  x:n,  AUDO  588.  Aruch  ibid.  fügt 
zur  Erklärung  „Sarg"  hinzu:  nn-'s  b^'V^  mn  ^b  cnn  ]Hüh  i:?n"sn  ni 
'"s  p'^jbiiia  rm!2::y  rn  cn:-  ixs:bi  eis:  y'-a^  pnx'?  pm  -T!2iy  n'n  rj'm  '"s  XEr"? 
iJaip;:'?  v-,2-K  mn,  so  auch  Raschi.  Das  wäre  das  oben  genannte 
syrische  sspi'  =  xnrn  „Ort",  „Stätte";  aber  die  erste  Erklärung  ist 
vorzuziehen,  zumal,  da  .sau?  (nicht  xst)  besser  belegt  ist. 

Aber  das  n:n-i  ns^v  (R.  Zemach),  n;'-n  S'2^u>  Aruch  und  Agg. 
Kid.  40%  das  R.  Zemach  und  Aruch  damit  zusammenstellen,  ge- 
hört nicht  hierher.  Jenes  ist  (wie  Raschi  ^=7D  dc)  syr.  ar\sy,  der 
Name  eines  Maßes,  „metrum  apud  Ascolonenses  =  22  t,86Tca,  apud 
Azotenses  =  18,  apud  Gazenses  14,  Epiph.  5  85,  49  5o,  77  (Brock.  383-'^). 
Das  entspricht  (Askalonisch)  ungefähr  dem  Inhalt  eines  tm^c  (nach 
Epiph.  ibid.  22 7o  ^äötai,  siehe  REJ.  58  m),  vgl.  auch  nm  xrp-n 
(Jeb.  61^^).  

Nachtrag. 

Zu  Nr.  1.  S.  III.  n-m  in  Kid.  24^  ist  ebenfalls  aus  Sifrä 
Wajikra,  nm:  Par.  VI  3  und  'Emor  Par.  VII  2,  siehe  die  a-üi  a^:ri' 
von  R.  Jakob  David,  in  der  ed.  Warschau  186G,  Fol.  2%  Zu 
Sanh.  77'^  siehe  Tos.  Sab.  X  10  (MGWJ  1916,  153). 

Zu  S.  V,  Anm.  3  und  4.  Bacher,  Tradition  und  Tradenten 
S.  203,  Anm.  4  behält  diese  seine  Meinung  weiter,  bemerkt  aber 
S.  222,  Anm.  1:  „Statt  ':ri  (Perfectum)  findet  sich  vereinzelt  «rsn, 
also  -rn  (Participium  =  hebr.  n;lb),  B.  B.  95--^,  97--^".  Aber  „ver- 
einzelt" ist  die  Pleneschreibweise  nur  in  unseren  Editionen,  da- 
gegen fast  Regel  in  älteren  Mss.  und  bei  den  Geonim.  Für  das 
subjektlose  x:n  {man)  hat  HG.  ed.  Ven.  33=^  ^:Kn  (ed.  Berl.  164  a:an); 
die  ix-i  msbn  ed.  Schlossberg,  die  fast  durchwegs,  nach  dem  Muster 
des  jer.,  ]y:r\  für  Mischna  und  ^:n  für  Barajta  haben,  haben  auch 
hier  S.  26  (ebenso  z.  B.  S.  28):  -rn. 

Zu  S.  VI  und  Auai.  1  und  2.  i  für  ä  bei  den  Geonim  noch: 
2rn  für  mn,  RGA.  Hark.  S.  21;  für  ä  noch  snsiy  für  sn-r,  HG. 
ed.  B.  176.  Hebr.  noch  irmrcD  für  unj-ria,  Geonica  11  10  •^■9,  103  -^i. 
Hierher  gehören  wohl  auch  die  biblischen  Formen:  -n^c?  Mi.  2,  8 
für  -ar  und  ci:S  für  c:b  Num.  35,  32  (Raschi),  vgl.  Gesenius-K., 
Hebr.  Gramm.  ^^  §  12  p.  4-  N.  E. 


XI 


Beitrage  zur  Lexikographie  des  Aramäischen. 

Von  Louis  Giiizberg,  New- York. 

kann  aus  sachlichen  wie  sprachlichen  Gründen  nichts  anderes  als 
ein  Eigenname  sein  und  sind  all  die  zahlreichen  Etymologien  ^  zu 
ITDX '3  zurückzuweisen;  es  bedeutet  nichts  anderes  als:  „das  Haus 
Abidans".  Die  Notiz  bei  Epiphanius  haer.  LVI;  ed.  M.  I,  989  über 
Bardesanes,  der  um  200  gegen  den  Astronomen-  'Jßsidagiv"?)  auf- 
trat, legt  die  Vermutung  nahe,  daß  der  im  Talmud  erwähnte 
Abidan  mit  diesem  Astronomen  identisch  sei.  Ausführliches  über 
das  talmudische  jt^k  "D  gedenke  ich  demnächst  zu  geben. 

In  den  modernen  Kommentaren  zu  Job  V,  23  findet  man  die 
Bemerkung,  daß  Raschi  für  ^::s*  des  MT.  -ns*  liest,  und  wie  ge- 
wöhnlich wird  Franz  Delitzsch  als  Autorität  für  diese  aus  der 
rabbinischen  Literatur  stammende  Notiz  angeführt.  Derselbe 
schreibt  in  seinem  Kommentar  zur  Stelle:  „Die  Nennung  der  -jns 
des  Feldes  befremdet,  aber  die  Lesart  ';nx  (siehe  Raschi),  d.  i.  mit 
den  Feld-Herren  (nämlich  menschen-  oder  affenartigen  Tieren), 
nach  Mischnah  Kil.  VIU,  5,  bringt  in  den  Text  eine  sonst  im 
Alten  Testament  spurlose  Fabelei".  Wo  es  sich  um  die  rabbinische 
Literatur  handelt,  ist  nicht  einmal  die  Neuzeit  frei  von  Fabeleien, 
in  welches  Gebiet  auch  die  Behauptungen  hingehören,  daß  Raschi 


1  Vgl.  die  Zusammenstellung  derselben  in  meinem  Artikel  Be-Abidan, 
J.  Enc.  II,  610,  jetzt  noch  hinzuzufügen:  Herford,  Cliristianity  in  Talmud,  vgl. 
Register  und  i"'unk,   Juden  in  Babylonieu  II,  5;^. 

2  'JßsLÖag  kann  sowohl  für  NT^v,  Ji'-V,  als  auch  für  nt:k.  p'is  stehen. 
Gitt.  11"  wird  K:ni:x,  Aruk  X3"t  n2K,  Ms.  M.  wie  Ausg.,  als  ein  ausschließlich 
von  NichtJuden  getragener  Name  bezeichnet  1 


330  Louis  Giniberg. 

•'nK  in  Job  1.  c.  liest  und  daß  ferner  die  Mischnah  von  fabelhaften 
Wesen,  genannt  mc'n  ^ns,  spricht. 

Kil.  VIII,  5:  n^n  mt^n  ^nxi  „und  die  •'nx  des  Feldes  sind  als 
Wild  anzusehen".  Die  Randglosse  '32xi  im  Vulgärtext  der  Mischnah 
stammt  aus  späterer  Zeit;  alle  alten  Ausgaben  von  der  editio 
princeps  der  Mischuah,  des  Babli  und  des  Jeruschalmi  an  bis  auf 
ed.  Ven.  I(i06,i  sowie  die  Handschriften  —  Ms.  M.,  Ms.  Camb., 
Ms.  Genizah  in  meinen  Yerushälmi  Fragments  und  Ms.  Sulzberger 
in  der  Bibliothek  des  Jewish  Theological  Seminary  aus  dem  Jahre 
1317  —  und  die  mittelalterlichen  Autoren,  Arak,  R.  Isaak  aus 
Sipunta  —  auch  in  dem  Ms.  Sulzberger  dieses  Kommentars  — , 
Maimonides,  R.  Simson  aus  Sens  und  R.  Isaak  aus  Wien  rr,-  -ns  I, 
Nr.  288  kennen  nur  die  Lesart  •;ns  und  keine  andere.  Auch  bei 
R.  Ascher  zur  Stelle  ist  zu  lesen  n^vn  ':za  ar  "d  n-nn  ]wb  rni:?n  "'ins' 
und  nicht  'jsk,  denn  er  will  gerade  auf  den  Unterschied- 
zwi sehen  dem  biblischen  Sprachgebrauch  und  dem  der  Mischnah 
aufmerksam  machen.  Nur  der  Verfasser  des  Aggudah  hat  ':3S  in 
der  Mischnah,  und  dies  ist  vielleicht  ein  Schreib-  oder  Druck- 
fehler. So  hat  schon  die  editio  princeps  des  Sifra  zu  XI,  27  -i-s', 
währond  Jalkut^  zur  Stelle  ':ia  liest  und  ebenso  Raschi  1.  c. 

Schwierig  ist  die  Lesart  im  Talmudtexte  des  Jeruschalmi 
Kil.  VIII,  31"  festzustellen,  wo  editio  princeps  und  eine  Anzahl 
mittelalterlicher  Autoren  *  ^;sk  haben,  andere  wiederum  und  Ms.  R. 
—  in  meinen  Yerushälmi  Fragments  —  'ns  lesen.  Beachtung  ver- 
dient die  Lesart  in  -]i3n  N.  520:  "inn::  mm  •:=«  ay  ^^  , . ,  a"K'?r"i  \'2'?nT2i 
'121  xini  Kin  mtsn  ti'D  in,  wonach  Jeruschalmi  nicht  etwa  in  der  Mischnah 


1  In  dieser  aber  im  Texte  selbst  und  nicht  als  Variante.  Die  nach  1610 
in  Italien  und  Holland  gedruckten  Mischnah-  wie  Talmud-Ausgaben  berück- 
sichtigen die  Lesart  'Din  noch  nicht,  was  zum  ersten  Male  in  der  Ausgabe 
Frankfurt  a.  M.  1720  geschah.  Es  sei  nebenbei  hier  bemerkt,  daß  der  Mischnah- 
Ausgabe  Ven.  1606  höchst  wahrscheinlich  eine  Handschrift  zugrunde  liegt. 

2  Hullin  137'':  n::r;S  'n  "7  nor;^  mm  ptf'?;  hätte  RAS.  die  Übereinstimmung 
mit  dem  biblischen  Ausdrucke  hervorheben  wollen,  dann  hätte  er  Nipcs  Nin  pi 
oder  dergleichen  gesagt.  Vgl.  auch  weiter  unten  das  Zitat  aus  Raschi,  sowie 
Raschi  zu  Job.  39,   13. 

3  So  in  der  editio  princeps  und  in  allen  folgenden  Ausgaben  bis  auf 
die  von  Wilna  1898,  wo  uns  in  'i2.v  „korrigiert"  worden  istl 

■1  Vgl.  Ratner  zur  Stelle,  dessen  Angaben  jedoch  der  Berichtigung  und 
Ergänzung  bedürfen.  Aruk  liest  >;-ix  und  nicht  '33«;  SMG.  in  den  gedruckten 
Ausgaben,  so  schon  in  der  editio  princeps  zwar  '3ax,  aber  eine,  kurz  nach  dem 
Tode  des  Verfassers  geschriebene  Handschrift  des  :,"CD  in  der  J.  Theol.  Sem.- 
Bibliotliek  hat  ':ns.  Niclit  berücksichtigt  von  Ratnor  sind:  RABD.  zu  Sifra  51''; 
liin  N.  520  und  RAS.  zur  Stelle,  die  alle  drei  'JiN  lesen. 

II 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  331 

"jDS  liest,  sondern  die  Identität  des  mischnischen  "ns  mit  dem 
biblischen  ";rK  hervorbebt,  uud  die  Worte  niDn  '^nx  in  unserem 
Texte  wären  dann  ein  abgekürztes  Zitat  aus  Job  1.  c.  Wie  dem 
auch  sei,  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  daß  in  der  Mischnah  die 
Lesart  ';nx  die  allein  richtige  ist, 

Die  Mischnah  wie  Sifra  1.  c.  bezeichnen  die  "nx  als  menschen- 
ähnliche, aber  vierfüßige  Tiere,  ^  also  eine  Affenart,  wie  Maimonides 
richtig  erklärt.  Koh.  R.  zu  VI,  11  p^ron  rrnbim  m'^inm  -map  ■^'?nja 
c',-!  2h2'  mu'  ■jns*'!  zeigt  ganz  deutlich,  daß  die  Palästinenser  mit 
dieser  Affenart  bekannt  waren.  Die  Notiz  im  Jeruschalmi  ]::>  "-n  xin 
"n  ab  nmrts  pD2\s*  .Tmnta  kann  daher  keine  allzugroße ^  Fabelei  ent- 


1  Im  Sifra  1.  c.  als  ein  i'33  Sy  -h)r\  beschrieben,  also  kein  Vogel,  wie  Pick, 
Assyrisches  und  Talmudisches  tj.  32  auf  Grund  von  assyr.  udmu  behauptet. 
Die  mittelalterlichen  Autoren,  die  'cn  'in  mit  i:ij,'T  identifizieren,  halten  dieses 
für  ein  Tier  irn,  nur  Maimonides  zu  Sanli.  VII,  7  behauptet,  es  wäre  ein  Vogel. 
M.  aber  bemerkt,  daß  'cn  ':iN  ein  Affe  seil 

2  Der  Text  ist  wohl  nicht  ganz  in  Ordnung,  vgl.  Sifra  1.  c,  wonach  wohl 
psip  =  pDTip  und  daneben  auch  m3ip  im  ursprünglichen  Text  des  Midrasch  stand, 
das  erstere  aber  durch  ni^inn  —  auf  Grund  vun  B.  K.  80'  ?  —  ersetzt  wurde. 
Jalkut  Koh.  N.  572  geht  auf  Koh.  Z.  ed.  Buber  107  zurück,  wo  aber  cnnn  sicher 
ein  alter  Schreibfehler  ist;  Schweine  sind  sehr  nützliche  Tiere!  Vgl.  auch  Aruk 
s.  V.  121,  wo  qip  und  3^3  als  nutzlose  Haustiere  erwähnt  sind. 

^  Vgl.  Fink,  Monatsschrift  LI,  173  ff.,  der  zwar  sehr  weitläufig  über  die 
bei  den  mittelalterlichen  Autoren  sich  findende  Legende  von  den  'jin  handelt, 
ohne  aber  dem  Gegenstand  gereclit  zu  werden.  Es  sei  hier  in  Kürze  folgendes 
bemerkt:  Der  Grundzug  dieser  Legende,  die  Pflanze,  deren  Berührung  Tod 
bringt,  ist  jüdisch  und  sehr  alt,  vgl.  Josephus  Bell.  VII,  6,  3;  Midrasch  Agada, 
ed.  Buber  I,  U2  und  75  —  N'i'im  niclit  mit  Kaufmann,  Monatsschrift  39,  138  zu 
emendiereii:  er  zog  die  Pflanze  heraus!  —  sowie  R.  Ab.  Wilna  '■'i'-)  21  42.  Sehr 
jung  dagegen  und  wahrscheinlich  germanischen  Ursprunges  —  findet  sich  daher 
nur  bei  den  deutsch-französischen  Autoren;  iisn  I.  c.  sind  unter  dkih.:  die 
Tosaphisten  gemeint  —  ist  die  Umwandlung  der  todbringenden  Pflanze  in  einen 
.,vegetabilischeii  Menschen",  die  Raschi  noch  unbekannt  ist.  Dieser  hat  zu 
Job  I.  c  minn  c-^rjj  nicn  nm  x'n  in  t:'x":'n;5  xipjr  xin  ly'n  n>m  ais  pr:  r\'i::'n  'J2X 
nrz'n  >:2X  c\yipj  □>:ni3.  So  lautet  der  Text  in  der  editio  princeps  Const.  1515; 
die  —  auf  Ms.  beruhende!  —  zweite  Ausgabe,  Ven.  1546  und  eine  italienische 
Handschrift  in  der  Bibliothek  des  Jewish  Theol.  Seminary  lesen  jn  nach  ein,  das 
falsch  ist,  ^'•L;•n."l  für  'j'^Sn;,  das  eine  jüngere  Form  darstellt  —  vgl.  Darmestoter, 
Gloses  Fran^iaises  S.  120  — ,  min  Hirr:  ;it:'^;  für  minai,  wohl  ein  späterer  Zusatz, 
und  K-,n  für  kiü  nach  cns-^pj,  das  entschieden  richtig  ist,  da  Raschi  auf  den  von 
der  Bibel  abweichenden  Sprachgebrauch  der  Tannaim  hinweist.  Nach  Raschi  sind 
demnach  >:2N  ideniiscli  mit  dem  „Welirwolf"  C'.s^n.i  der  Germanen,  die  er  als 
eine  Art  von  „Waldmensch  und  Thier"  beschreibt,  in  der  Bibel  aber  als  nicn  '::n 
und  mti'n  n^n  benannt.  Es  sei  darauf  hingewiesen,  daß  auch  später  die  „Wald- 
frauen" im  Hebräischen  lyat:'  c::*;  lieiDen:  vgl.  Güdemann,  Erzieliungswesen  .  .  . 
in  Deutschland  S.  2U3.  Die  Identifizierun.-  des  biblischen  "^:•n  '::n  mit  dem  cn  ':1N 

III 


332  Louia  Ginzberg. 

halten,  da  niemand  von  Haustieren  sagen  würde:  sie  wachsen  mit 
ihren  Nabeln  an  der  Erde.  Der  Sinn  dieses  Satzes  kann  nur  der^ 
sein:  die  rntt?n  ^nK  sind  nur  an  einer  einzigen  Stelle  verwundbar, 
am  Nabel;  so  lange  dieser  unverletzt  ist,  bleiben  sie  am  Leben.- 
Wie  so  häufig  im  Talmud,  so  ist  auch  an  dieser  Stelle  eine  ge- 
läufige Redensart  —  vom  Embryo  heißt  es  Schir  R.  VII,  3 
mD'üö  s*'7s  Tnrs'pirnn  —  in  nicht  ganz  wörtlichem  Sinne  gebraucht. 
Der  Name  „Feldmensch"  mirn^ni«  —  aramäisch:  „Bergmensch"^ 
x-nion  \s:  nn  —  ist  ganz  passend  für  eine  menschenähnliche  Affen- 
art, besonders  wenn  man  berücksichtigt,  daß  jnx  für  mx  mehr  als 
dreißig*  Mal  aus  der  Mischnah,  Tosefta,  Jeruschalmi  und  Babli  sich 


bei  Rasehi  —  und  im  Jeruschalmi  ?  —  beruht  darauf,  daß  in  hagadischer  Weise 
'J2S  soviel  wie  ';:;  ist,  vgl.  Masnut  in  seinem  Kommentar  wi.i  pi'O  zur  Stelle. 
Etwas  verschieden  ist  die  Deutung  Tanhuma  Buber,  Einleitung  125:  2'n3  •^r^-at, 
d.  h.  durch  Metathesis  und  Anwendung  der  npn  Sx- Regeln  kann  '32X  für  viis 
stehen.  Die  dort  gegebene  Legende  —  vgl.  meine  Legends  of  the  Jews  I,  31  — 
brauchte  für  die  Pointe  den  Namen  Dix  anstatt  px,  daher  die  Umnennungl 
Demnach  Nathans  Ausführungen  in  Monatsschr.  LI,  501  ff.  zu  ergänzen  und  zu 
berichtigen.  Vegetabilische  Geschöpfe,  „Baumfrau'',  bei  Duran  nux  pr:  68  und 
Baumgänse  bei  vielen  mittelaltei'liehen  Autoren, vgl.  J.  Enc.  II  s.v.  Barnaele-Goose. 

1  Fink  1.  c.  zeigt  melir  apologetischen  Eifer  als  wissenschaftliches  Ver- 
ständnis für  das  Studium  des  Talmuds,  wenn  er  angesichts  der  Übereinstimmung 
zwischen  den  Ausgaben,  Handschriften  und  den  mittelalterlichen  Autoren  — 
von  Aruk  im  11.  bis  zum  Aggudah  im  14.  Jahrhundert,  zitiei'en  zehn  Autoren 
diese  Jeruschalmistelle  —  für  nnnu  das  unhaltbare  r^^iiTj  —  im  Jer.  nicht 
Nahrung,  sondern  Weizen,  vgl.  Taan.  66''  oben  —  setzt. 

2  So  scheint  RABD.  1.  c.  die  Stelle  verstanden  zu  haben;  vgl.  seine  Be- 
merkung über  die  Unbezwinglichkeit  des  Elefanten. 

3  Ein  sonst  unbekannter  ''pi^'  iQV  i  —  in  a'"n  editio  princeps  '2T  =  'DV  ni, 
wonach  Ratners  Angabe  zu  berichtigen!  —  ist  die  Autorität  für  die  Behauptung, 
wobei  natürlich  nicht  an  eine  Übersetzung  des  hebr.  mr  durch  x-nts  zu  denken 
ist  —  so  Pick  und  Nathan  1.  c!  — ;  die  Amoräer  bieten  keine  assyriologischen 
Studien  und  die  Gleichsetzung  mtr*  =  sadu  war  ihnen  sicher  unbekannt.  Ein 
assyr.  adamu  Affenart  ist  sehr  zweifelhaft,  vgl.  Muss-Arnolt  s.  v.  Für  "piy  = 
biblisch  'pii?  liest  RABD.  'xproy  aus  dem  „palästinensischen  Orte  poy"',  der  auch 
sonst  im  Talmud  erwähnt  wird. 

i  In  Yerushalmi  Fragments:  5,  17—18;  51,  25;  60,  11;  95,  4;  96,  16;  98,  12: 
120,  27;  150,  21;  169,  6;  173,  11  und  13;  174,  13;  177,  22;  188,  11;  228,  36; 
236,  35;  238,  21  und  28;  249,  13.  Nach  ihrer  Herkunft  sind  diese  21  Stellen  auf 
elf  Mss.  zu  verteilen.  Außerdem  kommt  px  für  anx  vor,  in  der  Kaufmannschen 
Mischnah-Handschrift  dreimal  —  Monatsschr.  LI,  155;  457  —  in  einem  Mischnah- 
Fragment  des  Brit  Mus.  —  R.  E.  J.  LIII,  216  —  einmal,  in  meinen  Geonica  II, 
zweimal  —  385;  390  —  und  aus  den  Varianten  der  Wiener  Handschrift  der 
Tosefta  habe  ich  mir  folgende  Stelle  notiert  (vgl.  Zuckermandel):  28,  24;  38,  27; 
68,  28;  69,  13;  77,  24;  461,  15.  Auf  jnx  =  px  =  mx  geht  wohl  auch  Ms.  Soferim 
X,  18  zurück  in  einem  Zitate  aus  Mischnah  Meg.  IV,  3.   Zur  Orthographie  von 

IV 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  333 

belegen  läßt.  Wahrscheinlich  geht  sogar  das  biblische  p-ix  auf  diese 
Nebenform  von  anx  zurück.  Ähnliche  Entwicklungeu  liegen  in  t:: 
von  ^33,  mischnisch  t'-x  „Herr",  aram.  sowie  südarab.  sn:a  „Herr" 
gegenüber  arab.  ^t^  „Mann"  vor. 

Leute,  die  x^x  anwenden,  um  Tauben  herbeizulocken,  sind 
als  Zeugen  disqualifiziert,  weil  sie  in  unrechtmäßiger  Weise  in 
den  Besitz  Anderer  gelangen;  Sanh.  25'\  Dies  xnK  wird  von  der 
geonäischen  Tradition  —  Harkavy,  Responsen  S.  182  und  R.Hananel 
zur  Stelle  —  mit  s'aor  „Lockvogel"  erklärt, i  ohne  aber  die  sprach- 
liche Begründung  für  diese  Erklärung  zu  geben.  Wie  in  den  meisten 
Fällen  jedoch  bietet  die  geonäische  Tradition  das  Richtige,  denn 
Knx  ist  zweifelsohne  das  assyrische  arm,  „Schlinge,  Fessel",  arru 
sa  issuri,  Vogelfänger.  Der  Lockvogel  wird  schlechtweg  als  „der 
Fänger"  bezeichnet.  Die  von  Jastrow  s.  v.  verzeichnete  Variante  n'ik 
ist  demnach  wertlos  und  seine  Etymologie  xns  =  ms:  erst  recht  so! 

Sanh.  30^^  und  41«:  2p-is  von  Gaon,  Harkavy,  Responsen  S.  183, 
dem  Aruk  folgt,  erklärt  als:  ^niEt-'^s'-n'snrs-x-p:!  b-^^rK  p;3  gehört  zu 
gemeinarab.,  arab.  und  hebr.  n-in  „durchbrechen,  durchschneiden, 
durchbohren"  und  ist  p-^x  nur  phonetische  Orthographie  für 
pnn  =  arab.    'Cl.   „Messer",   in    der  WßB.    fälschlich    ^\IL.    Das 

jn«  Tgl.  meine  Bemerkung  zu  110  =  "lO,  Geonica  II,  425  und  außerdem  IKi  nr'?n 
88,  91;  Hadassi  Eschkol  72'. 

1  Aus  diesem  Responsum  stammt  die  Erklärung  des  Aruk  s.  v.  Raschi  hat 
jnSnrK  —  so  editio  princeps!  — ;  nach  Godefroy,  Dict.  de  l'aneienne  lan.  fr.  s.  v. 
bedeutet  estalon  „engin  destine  a  prendre  les  oiseaux".  Wie  nr:iSr:  bei  Kasclii 
zeigt,  hat  jedoch  auch  dieser  an  einen  Lockvogel  gedacht!  Es  scheint  daher,  daß 
Raschi  die  eigentliche  Bedeutung  von  sn«  „Schlinge"'  bekannt  war,  weswegen 
er  es  durch  estalon  wiedergibt,  obwohl  an  unserer  Stelle  dieses  Wort  in  über- 
tragenem Sinne  gebraucht  wird.  Krauss  s.  v.  nach  dem  Vorgang  von  Levy  u.  a. 
identifiziert  XIX  mit  lat.   area  „Vogelherd". 

2  Das  ist  zweifelhaft,  aber  nicht  das  zweite  -\  trotz  Ms.  M.;  vgl.  Rabbino- 
wicz  zur  Stelle.  Der  Gaon,  Aruk,  R.  Nissim  Gerundi  habon  allo  das  '•',  während 
Abulafia  HOT  T  zweimal  \•)^•^n  und  einmal  pn«  hat. 

3  ü^ÄJxJl  „ein  krummes  Messer";  vgl.  Low  bei  Krauss  s.  v.  pIK,  der  mit 
Recht  die  Zusammenstellung  mit  uo(j  „Schwert"  zurückweist,  denn  abgesehen 
von  sprachlichen  Bedenken,  könnte  an  den  betreffenden  Talmudstellen  nur  von 
einem  Gegenstand  die  Rede  sein,  der  kein  ci"D  Schwert  ist;  vgl.  Anm.  2  auf  S.  VI. 


334  Louis  Ginzberg. 

geonäische  Fragment  —  vgl.  darüber  Geonica  I,  119  ff.  —  bei 
Horowitz  a'Dic?«-!  "^  fmin  I,  31  Z,  10  von  unten  hat  nns'  in  einem  Zu- 
sammenhang, der  darüber  keinen  Zweifel  aufkommen  läßt,  daß  es 
entweder  Schreibmaterial  oder  Schreibwerkzeug  ist  und  daher 
nichts  mit  j-i'^ni«  —  etwas,  womit  man  einen  Menschen  töten  kann!  — 
zu  tun  haben  kann.  Die  Quelle  des  Gaons  ist  Tos.  B.  K.  IX,  30 
—  vgl.  auch  Sifra  Emor,  Ende  — ,  wo  aber  nns  nicht  vorkommt 
und  ist  es  vielleicht  Reminiszenz  an  Kil.  XII,  8  =  n'?ix,  dessen  Be- 
deutung schon  dem  geonäischen  Kommentator  zur  Stelle  nicht  sicher 
war.  Targ.  Spr.  XXVII,  22  ist  natürlich  -^"^iTxm  für  iim^^i  zu  lesen ;i 
der  Dreschungsplatz  war  —  und  ist  noch  heute  —  im  Orient  eine 
öffentliche  Stätte,  wie  schon  die  Tosafisten  Sanh.  6^'  oben  richtig 
bemerkten,  weswegen  Targ.  "iiTS'm  xnrc  ijn  soviel  wie  „öffentlich"'. 
Möglich  wäre  auch,  daß  jTns*  zu  i^riJ?  Tos.  Ivel.  B.  M.  III,  6 
„eine  Hacke  des  Steinmetzen"  von  nnj?  „bloßlegen"  zu  stellen  sei, 
aber  angesichts  der  erwähnten  geonäischen  Tradition  und  des 
arab.  .'\%,  das  sachlich  genau  p— .x  entspricht,  ist  die  erste  Ety- 
mologie^ vorzuziehen.  Jer.  Sanh.  V,  22'^  hat  hpt2  für  pns',  das  aber 
nicht  als  Übersetzung^  dieses  Wortes  aufgefaßt  werden  darf,  trotz 
syr.  Iv^,  ..hohe  Stange\  B.  K.  ll-'^  oben  ist  nTir  „Läppchen  -  syr.  j-^a- 
entschieden  dem  m',-i.s^  der  Handschriften  und  der  mittelalter- 
lichen Autoren  vorzuziehen,  da  es  als  eine  Deutung  zu  TW.  ny 
gegeben  ist.  Auf  eine  Nebenform  nTi«  geht  wohl  die  falsche  Les- 
art ,-innK'  zurück. 

Die    im    babylonischen    Talmud   häufig    gebrauchten    Schul- 
ausdrücke 'r  "T"«  „diskutieren'V  X'"^i<  „Argument,  Grund"  gehören 


1  Teilweise  schon  richtig  Levy  TWB.  s.  v.  ^<^^N,  der  freilich  in  midraschischer 
Art  „Tenne"'  als  Synhedrin  auffaßt. 

2  Es  handelt  sich  bei  dieser  Halachah  darum,  daß  die  Zeugen  mit  Bezug 
auf  das  Mordinstrument  sich  so  widersprechen,  daß  ein  Mißverständnis  aus- 
geschlossen ist,  z.  B.  zwischen  einem  Schwert  und  einem  Messer,  beziehungsweise 
einem  Stock. 

3  Vgl.  Rabbinowicz  zur  Stelle  und  außerdem  das  gemeinte  Responsum 
bei  Ilavkavy  S.  107,  wo  auf  die  beiden  Mekiltas  verwiesen  wird,  die  mnj,*  lesen. 
In  unserer  Mek.  Mischp.  XVI,  93"  steht  -^TJ  und  ebenso  Mek.  R.  Simon  147,  wofür 
jedoch  wohl  IT;  zu  lesen  sein  dürfte.  Jer.  Schab.  V,  8"  hat  editio  princeps  wie 
Ms.  Genizah  ganz  richtig  nmii>  und  nicht  nmr;,  wie  die  späteren  Ausgaben 
bieten;  im  babylonischen  Talmud  auch  nmiN  entsprechend  der  Abschleifung 
des  y  im  babylonischen  Dialekt. 

4  Auch  Joma  31''  in  dieser  Bedeutung:  „die  Mischnah  befaßt  sich  hier 
nicht  mit   der  Ordnung  und   daher  ist  diese  nicht  genau  angegeben",   wonach 

VI 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  335 

zu  "-.N  =  ynSN  hebr.i  p-r,  arab.  ^_:^,c  „treffen,  auf  etwas  stoßen"  und 
dem  arabischen  Gebrauche  dieses  Verbums  entsprechend  bedeutet 
'3  —IX  „sich  mit  einem  Gegenstand  befassen",  „über  etwas  nach- 
denken". Das  Substantiv  k'~S'  daher  zunächst  ., Argument",  wie 
syr.  jj.q1c?j,  und  dann  auch  das  aus  einem  Argument  sich  ergebende 

0  0 

Resultat  =  Grund. 

Die  Wurzel  "ix  =  r~K  liegt  ferner  vor  in  Schir  R.  zu  II,  17, 
wo  TW.  -in:  "in  haggadisch  gedeutet  wird  als  „das  vom  Geschick 
bestimmte  Stück",  wonach  daselbst  gelesen  werden  muß:  ]^b'c"c  "ir 
^pnnK  "inn  . . .  „damit  sie  —  die  heidnischen  Mächte  —  das  ihnen 
Bestimmte  erhalten".  Wäre  es  nicht  für  das  Wortspiel  mit  nn, 
dann  hätte  der  Midrasch  wohl  jiTr-x  und  nicht  pnnx  gesagt. 

Der  Name  tx  ist  nicht,  wie  gewöhnlich  angenommen  wird,  aus 
"-rx  verkürzt,  sondern  spätere  Orthographie  für  "C'x  I  Chr.  IL  13, 
weswegen  in  der  geonäischen  Literatur  "rx  und  t"  wechseln.  Vgl. 
meine  Bemerkung  in  Rivista  Isr.  V,  11  und  Geonica  II,  315.  Man 
berücksichtige  auch  die  konstante  Schreibweise  "cx  im  babylonischen 
Talmud  für  "cx  =  "c^%  abgekürzt  von  t^c:.  Eine  durch  Anhängung 
des  Suffixes  an  erweiterte  Form  von  tx  ist  pti'x,  ix'cx,  das  natürlich 
nicht  'Aaiag  oder  'Joicov  ist,  wie  Krauss  Lehnwörter  s.  v.  behauptet. 
In  alten  Quellen  ist  r  nie  =  g  und  beruht  die  gegenteilige  Be- 
hauptung von  Krauss  I,  8  auf  einem  Mißverständnisse. 


Raschi  pn  s*'',  das  Levias  verleitete,  ni^N  die  Bedeutung  „bex'ücksichtigen"  zu- 
zusehreiben. Der  Gaon  1.  c.  sagt  nicht  wie  Levias,  Hebr.  Un.  Coli.  Annual  p.  153, 
daß  ''"'X  soviel  wie  S"i>'  .,ergreifen"  ist,  sondern  daß  in  diesem  Worte  N  =  ';.  Im 
Jerusclialmi  wird  das  mit  ^"-ix  pynonyme  V-'n  in  ähnlicher  Bedeutung  verwendet: 
etwas  begründen. 

1  Zu  dieser  Wurzel  gehört  hebr.  ^n^  „gewalttätig"',  das  genau  so  wie  das 
synonyme  v.ia  „treffen"'  und  ..angreifen"  bedeutet  und  daher  an  einigen  Stellen 
rs  „Einwand  erheben,  angreifen".  Das  hebr.  i'-iv  liegt  "ror  Ben  Sira  XIII,  7, 
wie  ich  in  meinen  Randglossen  zur  Stelle  schon  bemerkt  liahe,  während  pi^> 
„zittern""  au^'h  aram.  pn;-  ist  und  arab.  ^jp.c  entspricht.  Anders  Hoffniann, 
ZDMG.  XXXII,  1(12. 

-  Die  von  Benvenisti  mitgeteilte  handschriftliche  Lesart  pnnn:,  die  Bacher, 
r.  A.  III,  2(1.5  akzeptiert,  ist  wertlos,  da  sie  nn  unberücksichtigt  lälJt.  Auch  der 
folgende  Ausspruch  des  Midrasch:  nSlD  in^  xni::Sro  ::D'n  n::  ist  von  den  alten  und 
neuen  Erklärern  mißverstanden  worden,  er  bedeutet:  wenn  Israel  nach  seiner 
Verachtung  wieder  die  Herrschaft  übernehmen  wird.  n'?1D  =  HnSid  von  K^D  ..ver- 
achten"' und  XJx'riD  „Schmutz";  der  Midrasch  deutet  nämlich  •<-r\  als  is'in  von 
^sn  „Schmutz". 

VII 


336  Louis  Ginzberg. 

Die  gemeinsame  Wurzel  btsn  „aufhören"  hat  im  Aramäischen  - 
auch  die  Bedeutung  „nichtig,  nutzlos  sein"  entwickelt.  Infolge  der 
Liquida  b  ist  im  Syrischen  b^'2  in  der  letzten  Bedeutung  '^^j.^  ge- 
worden, daher  U— ^r^  und  p^^  Unsinn  =  P4-^  und  n'^tsn  im  Jüdischen. 
So  oft,  bemerkt  der  Midrasch,  R  Tarphon  etwas  Vernünftiges  hörte, 
da  pflegte  er  zu  sagen  .  .  .,  sobald  er  aber  „Unsinn"'  nbtar  bir  nai 
hörte,  da  pflegte  er  zu  sagen  .  .  .  Jakob,  heißt  es  ferner,  ant- 
wortete Reuben  nicht  auf  seinen  Vorschlag  —  Gen.  XLII,  37  — 
„weil  man  auf  Unsinn  nichts  erwidert".  ^  In  diesen  wie  in  vielen 
anderen  Stellen  wird  nb^'2  genau  so  wie  das  syrische  Pr^  gebraucht 
und  es  liegt  daher  gar  kein  Grund  vor,  eine  syrische  Wurzel 
''^r£3  =  arab.  Jj.^  anzunehmen,  wie  Schulthess  HW.  p.  2  es  tut.  Auch 
]L'.'^o^  jz^üiD  ist  demnach  als  „wertlose  Alte"  zu  erklären,  wie 
^nban  nny  „nichtiges  Zeugnis"  oder  ^nbanK  hw  id  eine  „nutzlose 
Lampe",  d.  h.  eine  Lampe,  die  am  Tage  brennt.  ^ 


P^ 


in  Jer.  Peah.  20'\  6  9  wird  allgemein  als  ein  Schreibfehler  für  jS^ 
zalui'  „schön"  angesehen  und  in  der  sogenannten  „kritischen" 
Ausgabe  von  Luncz  ist  sogar  im  Texte  ]b'3  gesetzt,  ohne  zu  be- 
merken, daß  editio  princeps  —  Ms.  R.:  ibD  —  ]h^  hat.  Es  liegt 
aber  gar  kein  Grund  für  irgend  welche  Emendation  vor,  da  an 
der  betreffenden  Stelle  ]b:^  „verständig"  von  «bn  Verstand  einen 
sehr  guten  Sinn  gibt,  was  von  xa^öv,  das  übrigens  nur  ^pbp  hätte 
lauten  können,  nicht  behauptet  werden  kann.  Der  Rabbi  bemerkte 
zu   seinem   Kritiker:  -dsiü  kSk  mncü  f^^s  ab    „nicht  im  Niederreißen 

—  Kritik  —  zeigt  sich  der  Verstand,  sondern  im  Aufbauen". 
Kba  Verstand  ist  nicht  allein  syrisch,  sondern  auch  jüdisch,  vgl. 
Dan.  VI,  15.  In  den  Handschriften  des  Targnms  kommt  wie  Levy 
TWB.  I,  99  hervorhebt,  mehrere  Male  ^ba  vor,  wofür  die  Aus- 
gaben "bD  setzen.  Wahrscheinlich  gehört  auch  der  Eigenname  •''?X3 
zu  ab2,   also   der    „Verständige    oder  Mutige".    An   ßaAijg  =  Valens 

—  so  Krauss!    —    ist   nicht  zu  denken,    denn    erstens    erscheint 


1  Vgl.  Gen.  R.  XCI,  g.  E.  =  Aboth  di  R.  Nathan,   ed.  Sehechter,   S.  112. 

2  Sanh.  V,  2  und  3. 

3  Jer.  Jom-Tob  V,  63*",  22.  Die  Lesart  n'ratD  in  Jalkut  —  meine  Yerushalmi 
Fragments  314  unten  —  ist  falsch. 

*  Oder  Di^p  wie  Schab.  108*. 

VIII 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  337 

Valens  in  der  Form  ch'''  und  zweitens  darf  man  keine  griechischen 
Namen  bei  babylonischen  Juden  suchen.  Die  Orthographie  'haz 
für  'b:i  bietet  nichts  Auffälliges,  da  auch  sonst  s'  für  ä  steht. 
Joma  83^  wird  übrigens  ausdrücklich  hervorgehoben,  daß  der 
Name  s'?r,  beziehungsweise  nb2  =  hebr.  n^r  laute. 

Die  Lesart  s-'^in  für  i«b"i2  der  Ausgaben,  B.  K.  113^,  ist  durch 
das  beinahe  einstimmige  Zeugnis^  der  mittelalterlichen  Autoren 
gesichert.  Auch  die  Bedeutung  dieses  Wortes  läßt  sich  aus  dem 
Zusammenhang  mit  Gewißheit  bestimmen,  es  kann  neben  x;-"  „die 
Kopfsteuer"  nur  „die  Grundsteuer"  bedeuten.  Die  traditionelle 
Erklärung  von  «"^bii  durch  xr".«  b'z  ..Bodenertrag"  ist  sachlich 
richtig,  obwohl  sprachlich  unzulässig,  da  man  in  Babylonien  zur 
Bezeichnung  der  von  der  persischen  Regierung  auferlegten  Steuer 
kein  hybrides  Wort  von  dieser  Art  gebraucht  haben  kann,  ab- 
gesehen davon,  daB  'r^r  nur  den  wirklichen  Bodenertrag  bezeichnet, 
während  die  persische  Grundsteuer  in  barem-  Gelde  entrichtet 
werden  mußte.  Die  Tradition,  die  in  diesem  Worte  ein  Kom- 
positum sah,  ist  nichts  destoweniger  aufrecht  zu  halten;  es  ist 
nämlich  nicht  anders,  als  ibn  Steuer  —  so  schon  im  Ezra  —  und 
xr-iK  Boden,  daher  , Bodensteuer".  Da  nach  aramäischem  Laut- 
gesetze in  dem  neugebildeten  Worte  x  als  Vokal  des  vorher- 
gehenden Konsonanten  zu  erscheinen  hat,  so  ist  die  Vokalisation 
X"^'?1n  für  Hi'hz  nicht  auffällig. 

in  Jer.  Sanh.  26'^,  27  ist  einfach  ein  Schreibfehler  für  np"n-,t:,  wie 
der  Zusammenhang  unbedingt  erfordert.  Der  verzauberte  Zauberer 


1  Vgl.  Rabbinoviez  zur  Stelle,  Hildesheimer,  H.  G.  S.  353  über  die  Lesart 
der  mittelalterliclien  Autoren,  und  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  daß  N"!S'?ir  ein 
Kopistenfehle.-  für  siNTi::  ist.  Alfassi,  R.  Ascher,  Abulafia  —  2pr2  nutr  zur  Stelle  — 
haben  hv^h  hM.  wie  auch  sonst  Cooiposita  in  zwei  Worte  geschrieben  werden. 
p  KT  91'',  11  V.  u.  hat  «"iSir.  wofür  natürlich  «1^12  zu  lesen  ist;  die  Erklärung 
Raschis:  nn>s  7:^et:•  vp"""  c^:  geht  nicht,  wie  c\ov  'pis:  behauptet,  auf  eine  Lesart 
KlSirK  zurück,  sondern  will  nur  sagen,  daß  der  Besitzer  den  Ertrag  des  Bodens 
verzehrt  hat,  so  daß  die  Grundsteuer  nicht  eingehoben  werden  kann.  Die  Meta- 
thesis  N^lia  für  Kn^lr  ist  übrigens  gar  nicht  unmöglich,  so  daß  die  Lesart  KT712 
nicht  ohneweiters  zu  verwerfen  ist. 

2  Vgl.  Köldeke,  Tabari  241. 

Festschrift.  22 

IX 


338  Louis  Ginzberg. 

konnte  sich  nicht  von  der  Stelle  rühren,  so  daß  er  den  Leuten 
den  Weg  versperrte,  die  ihm  daher  beim  Hinein-  wie  Hinaus- 
gehen einen  Schlag  npinna  versetzten.  R.  Samuel  Jafeh,  obwohl  er 
nach  dem  Erscheinen  der  editio  princeps  des  Jeruschalmi  sein 
Werk  riKis:  ns'  schrieb,  war  zweifelsohne  im  Besitze  eines  hand- 
schriftliehen Jeruschalmi  und  er  hat  wohl  auf  Grund  desselben 
npin"i!3  an  unserer  Stelle. 

Jer.  Ter.  Ende  48^,  15  wird  ausdrücklich  die  Verwendung 
der  ausgehöhlten  Königskerze  sD-^tu  als  Öllampe  erwähnt,  und  ist 
daher  die  Annahme  —  Sachs,  Beiträge  I,  92  —  wonach  die  Be- 
nennung der  Lampe  als  s*r::in  von  der  Verwendung  dieser  Frucht 
als  Laterne  u.  dgl.  herrührt,  nicht  ohneweiters  zurückzuweisen. 
Freilich  ist  daran  zu  erinnern,  daß  auch  „Kerze"  ursprünglich 
„Werg"  bedeutete,  so  daß  xd^iij^d  ursprünglich  den  aus  der  Königs- 
kerze hergestellten  Docht  bezeichnete  und  erst  später  schlechtweg  die 
Lampe.  Vgl.  Low,  Pflanzennamen  Nr.  41,  Nöldeke,  ZDMG.  XXIX,  650 
und  Lagarde,  Sem.  52—56. 

Plural  zu  p::ip^  ist  nvprpz  und  nicht  c-'pspn,  wie  die  mittel- 
alterlichen Autoren  schreiben.  Es  findet  sich  Abot  R.  Nathan  11, 
ed.  Schechter  XX,  43,  wo  für  nrnpnpn  nicht  j-s'py^  zu  lesen  ist, 
sondern  nrpDp22,  das  in  der  Parmaer  Handschrift  —  Nachtrag  169  — 
als  nvappn  erscheint.  Die  von  Schechter  aus  Babli  Men.  109^, 
Jer.  Pes.  VI,  33^  12  herangezogenen  Parallelen,  sowie  Version  I, 
haben  das  griech.  oiöpiaip  für  das  hebr.  nrpspa,  das  wohl  kein  sehr 
geläufiges  Wort  war,  da  es  meines  Wissens  an  keiner  anderen 
Stelle  der  talmudisch- midraschischen  Literatur  vorkommt.  Wie 
schon  andere  vermutet  haben,  ist  p^p:i  wohl  ein  onomatopoetisches 
Wort  und  wäre  noch  hinzuweisen  auf  syr.  |^,^aö  „das  Girren 
der  Tauben"  neben  ^oo^ä  =  p'\'2p::i. 

Gemeinaram.sn:  „Wand",  wovon  natürlich  jüd.-aram.  xmj„Ufer'' 
nicht  zu  trennen  ist,  hat  mit  n:  „abschneiden"  wphl  nichts  zu  tun. 
„Ufer"  ließe  sich  noch  im  Notfalle  als  „das  Absehneidende"  er- 
klären, „Wand"  aber  kann  schlechterdings  nicht  aus  einer  Wurzel 
mit   der  GB.  „  abschneiden '^  abgeleitet  werden.    Mit  Rücksicht  auf 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  339 

aram.  nsc  „Ufer",  im  Jüdischen  auch  ^Grenzstadt'",  das  auf  eine 
Wurzel  mit  der  GB. '  „umgeben"  —  assyr.  saparu  ,,umgeben"; 
supuru  „Umschließung,  Mauer"  —  bin  ich  geneigt,  kii;  zu  -\:a  „binden" 
zu  stellen,  woraus  die  Doppelbedeutung  dieses  aramäischen  Wortes 
ohneweiters  sich  ergibt.  Ferner  liegt  die  Zusammenstellung  mit 
bh.2  133,  als  dessen  Grundbedeutung  die  Lexikographen  „sich  er- 
heben, hoch  sein"  angeben,  was  mir  aber  mehr  als  zweifelhaft 
erscheint." 

Das  Verhältnis  zwischen  aram.  x-ir,  und  bh.  rmn;  ist  schwer 
zu  bestimmen,  die  Massora  scheint  über  die  Orthographie  dieses 
Wortes  nicht  ganz  im  Klaren  zu  sein,  aber  die  Identität  dieser 
beiden  Worte  ist  wohl  nicht  zu  bezweifeln.  Warum  in  den  modernen 
Wörtez-büchern  unter  nn:  jeder  Verweis  auf  jüd.-aram.  xt:  fehlt, 
weiß  ich  nicht.  R.  Nathan,  der  Verfasser  des  Aruk,  hat  sie  schon 
richtig  zueinandergestellt.  Ehrlichs  Versuch  —  Randglossen 
Jos.  III,  15  —  für  bh.  rmn3  eine  arabische  Etymologie  zu  geben, 
ist  ganz  verfehlt. 

Als  die  Grundbedeutung  dieser  Wurzel  ist  „schälen"  anzu- 
setzen, als  eine  Spielform  von  spp,  mit  dem  es  auch  abwechselt. 
Vgl.  Targ.  IL  Sam.  XVII,  5  pa'73  —  so  zu  lesen  mit  Kimhi  zur 
Stelle  —  neben  syr.  ^iil^^  =  ^1..d  „Floßfeder",  worauf  schon  Low 
bei  Krauss  s.  v.  pz'r'j  hinweist.  Das  hebr.-aram.  :2b:  „barbieren"  wie 
arab.  '<kXiL  „Häutchen  einer  Wunde"  lassen  sich  ganz  ungezwungen 
von  dieser  GB.  ableiten  und  ebenso  aram.  xn*?;^,  das  Fleischer  bei 
Levy  TWB.  II,  567  ganz  richtig  als  „Häutungswerkzeug"  erklärt. 
Analoge  Entwicklungen  liegen  vor  in  arab.  J-ä-^  „abschälen"  und 
„peitschen",  sowie  jüd.-aram.  ep'p  „abschälen"  und  Ks'rip*  „Peitsche". 


1  Aus  dieser  GB.  ist  auch  arab.   ^^x^  und  andere  Ableitungen  von 
die  „Raub"  bedeuten,  zu  erklären;  demnach  Nöidekes  Bemerkung  ZDMG.  LIV,  160 
zu  ergänzen. 

'  Ist  eigentlicli  schon  darauf  hingewiesen  worden,  daß  assyr.  gadu  häufig 
die  Bedeutung  von  hebr.  im  hat?  Wäre  es  zu  gewagt,  zu  behaupten,  daß 
gadu  =  nagadu'i 

3  Für  das  Arabische  allerdings  ist  ^s^   „hart  sein"  wohl  gesichert. 

<  Vgl.  Aruk  s.  V.  NsSip  VII,  110.  Ber.  .58'  erliält  der  Richter  ein  NQTip, 
wofür  im  hebräischen  Satze  Sanh.  1^  nynii  steht.  Die  Lesart  N?riST  '~  bei 
Rabbinoviez  ist  daher  zu  verwerfen  und  beruht  dieselbe  wohl  auf  einer  Ver- 
wechslung des  aram.  joSip  mit  pers.  Jb^?  xSaip,  während  Schab.  63  die  Aus- 
gaben für  dieses  «^Dip  umgekehrt  NsSip  haben!  Ket.  65"  'XTUn '?ip  „eine  Peitsche 
aus  Seide",   d.  h.  wohl   ein  Wedel,   um  Fliegen   zu  vertreiben.    Ms.  M.  liest  an 

22* 

XI 


340  Louis  Ginzberg. 

Syr.  \^^^  „Dolch"  bedeutete  ^  ursprünglich  wohl  ein  spitzes  In- 
strument, um  Tierhäute  zu  enthaaren,  demnach  ist  assyr.  gidlubu 
, ritzen"  —  Jensen  bei  Schulthess  HW.  S.  89  —  sekundär. 


Schab.  77^  wird  zwar  eine  ziemlich  ansprechende  Etymologie 
von  üti'bi  „Oberkleid"  gegeben, ^  assyr.  f/uiinu  „Kleid"  jedoch  legt 
die  Vermutung  nahe,  daß  es  nichts  mit  abi  „formlos  sein"  zu  tun 
hat,  sondern  dem  Assyrischen  entlehnt  sei  und  deswegen  auch 
mit  Sicherheit  nur  im  babylonischen  Talmud  sich  nachweisen  läßt. 
Die  gewöhnliche  Übersetzung  von  ^öib;  Ezech.  XXVII,  24  durch 
„Mantel"  ist  mir  sehr  zweifelhaft  und  spricht  für  die  Auffassung 
des  Targums,  der  es  durch  pmj  „abgeschorene  Wolle"  wiedergibt, 
das  arab.  ^^  „lana  tonsa'*,  das  sogar  formell  dem  •'öi'?:  entspricht. 
Ich  habe  ferner  Bedenken  gegen  die  übliche  Annahme,  wonach 
die  GB.  von  jüd.  ah:  „formlos  sein"'  wäre,  da  es  in  der  halachischen 
Terminologie  als  Gegensatz  zu  tsiDE  „Rohmateriar'  gebraucht  wird.^ 
Der  arabische  Gebrauch*  dieser  Wurzel  zeigt  vielmehr,  daß  deren 
Grundbedeutung  „abschneiden,  abhäuten'"  sei,  wonach  auch  jüd.  a^j 
eigentlich  den  Gegenstand  bezeichnet  als  etwas,  das  schon  „be- 
schnitten und  behauen  ist"  und  nicht  mehr  im  Naturzustande  sich 
befindet,  wenn  er  auch  noch  nicht  eine  bestimmte  Form  er- 
halten habe. 

Von  diesem  db^  ist  das  in  den  palästinensischen"'  Targumim 
und  Midraschim  sich  findende  sü'bj  „Hügel",  aber  auch  =  TW.  piar 
„Tal"  vollständig  zu  trennen,  da  dieses  wohl  aUfia  in  seiner  eigent- 


dieser  Stelle  fälschlich  «nt^T  NBip  —  letzter  Buchstabe  undeutlich!  —  was  ent- 
schieden falsch  ist,  da  assyr.  Jcuppa  „Dolch"  hier  nicht  paßt.  —  Zur  Verwandt- 
schaft zwischen  „Haut"  und  „Peitsche"  vgl.  auch  arab.  j^Xs^  „geißeln"  und 
jJLä.  „Leder,  Haut".  Gegen  die  Zusammenstellung  dieses  Verbums  mit  aram.  n.3: 
seitens  Barth,  E.  S.  40  vgl.  Fraenkel,  B.  A.  III,  78  und  wäre  noch  auf  griech. 
axvTos,  das  „Haut"  und  „Peitsche"  bedeutet,  hinzuweisen. 

1  Näher  jedoch  liegt  die  Annahme,  daß  dies  zu  r\h:\  „behauen"  gehört, 
wovon  griech.  yXvcpco. 

-  „Das  Oberkleid  heißt  '^jt,  weil  der  darin  Eingehüllte  wie  ohne  Glied- 
maßen Nfs'i'iJ!  aussieht." 

3  Vgl.  z.  B.  Tos.  HuU.  I,  13  =  Talmud  26'. 

*  Vgl.  Barth,  E.  S.  42  und  dagegen  Fraenkel,  B.  A.  III,  79  über  den 
Zusammenhang  dieser  Wurzel  mit  hebr.-aram.  mj. 

^  Christlich-palästinisch:  Tal. 

XII 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  341 

liehen  Bedeutung  ist.  Dagegen  gehört  syr.  liii—^^  felsiger  Boden" 
zu  übi  , abschneiden,  abscheren",  daher  'li^  „von  Pflanzen  barer 
Boden".! 

Di: 

in  der  Schulterminologie  des  Talmuds  gehört  zu  ^..^  „murmeln, 
Töne  von  sich  geben",  nicht  zu  bh.  ci;  „reiben".  Wie  aus  Suk.  28^ 
und  B.  B.  21"  hervorgeht,  bezeichnet  d-,j  das  rein  Mechanische  des 
Studiums,  das  „Hersagen  des  Gelernten",  und  dies  geschah  schon 
in  tannaitischer  Zeit  —  Erub.  53'^  unten  —  in  einem  Singsang.-  Wie 
aus  nKir\  ^knurren"  die  Metapher  u?£:  nan  „tief  bewegt  sein"  ent- 
stand, so  auch  aus  dij  die  Redensart  ti's:  3  und  ist  demnach 
Ps.  CXIX,  20  x'S3  'n:  zu  übersetzen:  meine  Seele  tobte  leiden- 
schaftlich für  dein  Gesetz.  Verwandt  mit  cn;  ist  vielleicht  die 
Wurzel  na  „ausrufen'",  deren  Ableitung  von  Tii'iQv^  mit  Recht  von 
Nöldeke,  Gott.  G.  A.  1884,  1019  und  Fraenkel,  ZDMG.  52,  291  be- 
anstandet wird. 

B.  K.  114»  ist,  wie  aus  Rabbinovicz^  zur  Stelle  zu  ersehen  ist, 
•n'j  die  bestbezeugte  Lesart,  neben  der  nur  noch  'jt;  in  Betracht 
kommt,  und  aus  einer  Kombination  dieser  beiden  Lesarten  entstand 
"nrj  —  so  auch  -r,^^i  np!a  65^  —  das  daher  bei  der  Erklärung  dieses 
Wortes  außer  acht  bleiben  muß.  Sachlich  unmöglich  ist  die  Les- 
art^ 'nr:,  der  Low  bei  Krauss  s.  v.  "n-:  den  Vorzug  gibt,  denn  an  dieser 
Talmudstelle  wird  dem  persischen  Gerichte  nicht  ,,Raub"  snn  vor- 
geworfen, im  Gegenteil,  es  wird  hervorgehoben,  daß  dasselbe  eher 
imstande  ist,  den  Schuldigen  zu  bestrafen  als  das  jüdische  Gericht, 
welches    auf  strenger  Evidenz  besteht.    R.  Hai   Gaon   1.  c.  erklärt 


'  Syr.  yi'^l^^^Z]  ,,gich  zeigen"  gehört  wohl  zu  cS.'!  II  =  assyr.  kalamu 
;,sehen",  obwohl  es  auch  von  z"':,  I  sich  erklären  ließe. 

2  Vgl.  auch  Lev.  R.  XIX  Anfang  mm  Sc  n:-i  von  pi  „murren,  murmeln"' 
und  ferner  n.-n  „murmeln,  studieren",  zu  dem  Goldziher,  Abhandlungen  zur 
arab.  Phil.  27  ff.  Is.*  „murmelnd  lesen"  stellt.  —  Zu  J^.i^  Glocke  vgl.  Völlers, 
ZDMG.  51),  6;}8. 

^  Hinzuzufügen  wäre  noch  Aruk,  der  s.  v.  wie  s.  v.  sno;::  »n^j;  hat. 

'  B.  K.  114"  oben  und  B.  M.  30",  wo  Aruk  und  die  Handschriften  nhcuo 
fär  Knn';o  der  Ausgaben  lesen,  ist  ?J!  „rauben"  wohl  am  Platze  und  'D  in  j*nci:!0 
als  Assimilation  an  das  n  zu  erklären.  Der  Gaon  pis  nytf  84''  freilich  schreibt: 
'r:i  nnir  '»npiS'. ....  rioj-;  xriD'jo  s\o2  niyp  [!Di.nn3l  p  'j  myp  hc  T2  khcmot  .N:n  ': 
.iS  p:T  ni';p  N'sntr.  Levy,  TWB.,  gibt  dieselbe  Erklärung,  ohne  auf  dieses  gaonäische 
Responsum  zu  verweisen. 

XIII 


342  Louis  Ginzberg. 

daher  ganz  richtig:  ".mx  p^/tsi  m^K  a^np'ih  2::n  ra  r3":nu7  "ä  miaixn  j^ir  -sb 
tmittj  n^T  u'Tt:'  nr . . .  j'n  px  bxntr''  "^nx . . .  ri^^Ki'j  nm'  anb  px^  stxi  rnvt^  nr 
Dagegen  bezweifle  ich  die  Richtigkeit  seiner  Angabe,  daß  'nr: 
persisch  sei,  er  scheint  vielmehr  an  das  persisch-arab.  »^ä  „Macht, 
Strenge"  gedacht  zu  haben,  was  natürlich  ganz  ausgeschlossen  ist. 
Ich  glaube,  daß  ^'n-;,  beziehungsweise  %t:  zu  x::  gehört,  das  aramäisch 
sonst  zwar  „tadeln"  heißt,  dessen  Grundbedeutung  aber,  wie  aus 
dem  Arabischen  zu  ersehen  ist  —  vgl.  Nöldeke.  ZDMG.  54,  158  — 
„falsche  Beschuldigung  erheben"  ist.  Die  Perser,  behauptet  der 
Talmud,  entscheiden  auf  bloße  Beschuldigungen  hin  'n';2  '^'T^i, 
während  die  Juden,  falls  solche  erhoben  werden,  sagen:  wer  be- 
stätigt dieselben?  2  -na"  "a  nam.  Ferner  liegt  assyr.  gilittu  „Schrecken", 
denn  obwohl  es  einen  ganz  guten  Sinn  gäbe,  von  den  persis.chen 
Gerichten  auszusagen,  daß  sie  —  im  Gegensatz  zu  der  jüdischen 
Obrigkeit  —  mit  „Schrecken"  richten,  so  ist  dies  doch  nicht 
ganz  das  Wort,  das  man  an  dieser  Stelle  erwartet.  ^  Sprachlich 
wäre  die  Assimilation  des  h  bei  einem  Fremd-  oder  Lehnwort 
nicht  auffällig. 

In  den  Midraschim  steht  an  einigen  Stellen  für  das  wenig 
gebrauchte  und  daher  den  Abschreibern  nicht  geläufige  bn 
„lügen",  ;bn  , hüpfen"  und  es  scheint,  daß  etwas  Ähnliches  in  der 
Peschitta  Hab.  III,  6  geschah.  Die  im  Talmud  und  Midrasch  vor- 
herrschende Auffassung  von  nn'i,  Hab.  1.  c.  ist,  daß  es  zu  ins 
„springen"  gehört.    B.  K.  38^  in  den  nicht  zensierten  Ausgaben: 


1  Regelmäßig  für  'njj;  der  doppelte  Plural  ist  bekanntlich  im  Aramäischen 
des  Talmuds  ziemlich  häufig. 

2  Vgl.  Rabbinoviez  zur  Stelle,  ",a'r;  der  Ausgabe  ist  wohl  aus  'ri  und  lai 
kontrahiert,  während  n;3"  v>2  'j'^--  bei  Hai  Q^on  durch  das  vorhergehende 
'3"n  veranlaßt  ist.    Aruk  b.  v.  Nnojsa  liest  ichf",  was  vielleicht  das  Richtige  ist. 

3  Raschi  freilich  versteht  die  Talmudstelle  dahin,  daß  das  persische  Gerieht 
seineEntscheidungen  durch  Anwendungen  vonGewaltmitteln,  wie  Schläge  u.  dgl.  m. 
erzwingen  kann,  während  den  Juden  nur  Worte  zur  Verfügung  stehen.  Xach 
dieser  Auffassung  ließe  sich  «riM  aus  n,i:  „geißeln"  erklären  —  die  Assimilation 
des  1  an  das  folgende  n  ist  gemeinsemitisch  —  und  T^';  wären  „Geißelungen", 
genau  dem  ri-h-^i  p'j;in  Raschis  entsprechend.  Aber  so  weit  wir  wissen,  war  das 
jüdische  Gericht  während  der  Sassanidenherrschaft  von  der  Regierung  an- 
erkannt und  hatte  soffar  Gewalt  über  Leben  und  Tod,  vgl.  z.  B.  Sanh.  52'',  so 
daß  aus  sachlichen  Gründen  Raschi's  Erklärung  kaum  haltbar  ist. 

XIV 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  343 

xi"-s  br  "n:.  Ähnlich  Tanhuma  ed.  Buber  III,  28:  a;:!':*?  jrapn  nn*" 
f-sr;  b'J  nnr  •ino'?  ns:N;c  und  beruht  die  Paraphrase  des  Targums 
^•:iii'b  p:"'?2b2  auf  der  Auffassung  des  Talmuds,  wonach  nn"!  =  „auf- 
springen lassen",  in  übertragenem  Sinne  „von  der  Heimat  ver- 
treiben". Es  ist  nun  höchst  wahrscheinlich,  daß  ein  von  syrischen 
Übersetzern  gebrauchtes  Targum  rh'.-  „und  sie  sprangen  auf  für 
TW.  -r'i  hatte,  das  dann  in  die  Peschitta  wörtlich  überging,  wie  manch 
anderer  jüdischer  Ausdruck.  Die  Abschreiber  aber,  denen  das 
jüdische  ih-,  unbekannt  war,  setzten  dafür  &:^?=  und  verursachten 
dadurch  den  Kommentatoren  nicht  wenig  Kopfzerbrechen,  da 
Jügen"  hier  nicht  am  Platze  ist.  Wäre  die  Existenz  eines  %• 
„betrachten",  besser  bezeugt,  als  es  bis  jetzt  —  trotz  Fraenkel, 
ZA.  XV,  107:  Schulthess  ibid.  XIX,  127  und  HW.  19  —  ist,  so 
wäre  das  einfachste,  V.^.?o  zu  lesen,  wie  schon  ein  Tanna  (Tanh.  I.e.) 
aus  der  ersten  Hafte  des  2.  Jahrhunderts  -^nv  mit  pb^-  .,er  — 
Gott  —  erspähte  sie"  übersetzt,  indem  er  es  von  -im  „auskund- 
schaften" ableitet,  was  sprachlich  eher  berechtigt  ist  als  za) 
distccxii  der  Septuaginta,  die  hier  aram.  -^n  =  hebr.  n-itt?  „wässern" 
voraussetzen.  Jedenfalls  ist  es  nicht  erlaubt,  auf  Grund  dieser 
Peschittastelle  ein  "^?  „zerfloß"  anzusetzen,  wie  es  Schulthess, 
HW.  17,  tut. 

Jer.  Maas.  HI,  51%  7  und  15  verzeichnet  Ratner  aus  Serillos 
handschriftlichem  Kommentar  die  Variante  'j-^pn  für  ';pn  der  editio 
princeps  und  Ms.  R.  Wie  häutig  aber  bei  Serillo  haben  wir  es 
wohl  auch  hier  mit  einer  Emendation  und  nicht  Variante  zu  tun, 
da  wir  zwei  alte  Zeugen  für  ':p'n  haben.  Es  ist  nämlich  Ratner 
entgangen,  daß  sowohl  n'Tcn  -lac,  ed.  Wistinetzki  S.  450,  wie  Jalk. 
Makiri  zu  Ps.  JI,  16  «jpn  lesen.  An  xjpn  Bart  —  so  R.  El.  Fulda, 
dem  Low  bei  Krauss  s.  v.  beistimmt  —  ist  gar  nicht  zu  denken;  die 
halachische  Erörterung  dreht  sich  darum,  ob  die  Mischnah  unter 
nnx  die  einzelne  Frucht  oder  das  einmalige  Abpflücken  ver- 
steht, wonach  "jpn  ein  Werkzeug,  mit  dem  mehrere  P'rüchte  auf 
einmal  abgepflückt  werden  können,  und  so  erklären  die  Stelle 
alle  Kommentare  mit  Ausnahme  des  R.  El.  Fulda.  Krauss,  Lehn- 
wörter, denkt  an  öixsI?m,  was  ansprechend  ist,  aber  nicht  absolut 
notwendig,  da  jpn  =  •'p-i  sein  könnte  und  'rp-;  etwa  „ein  spitzes 
Instrument". 


XV 


344  Louis  Ginzberg. 

Kalir  im  Pijjut  r\ba  Tr:K  für  mr?  nttna,  in  der  Sündenliste 
Amaleks,  beschreibt  denselben  mit  den  Worten  -nn-ii  "ribj  nnb  "iiiöi, 
womit  er  sicher  auf  Pesikta^  nn  29«  j-ii -ii"?  .T-irir  s:ni -ni  "i-üa  an- 
spielt. Demnach  ist  in  dieser  Pesiktastelle  zu  lesen:  --i-n!2  für 
-11  -nia  und  der  Sinn  ist:  Er  wälzte  sich  —  Amalek  war  ununter- 
brochen tätig  in  seinem  sündhaften  Unternehmen  gegen  Israel  — 
ich  aber  folge  ihm  von  Geschlecht  zu  Geschlecht.  Die  defektive 
Schreibweise  -in  ^na  in  Exod.  XVII,  16  gab  der  Haggadah  Ver- 
anlassung es  —  als  ein  Wort  —  ~\'t'\ifz  zu  lesen. 

nrn  ==  -in 

Eine  in  unseren  Ausgaben  des  Talmuds  fehlende  Wurzel 
ist  -in,  von  welcher  der  Gaon  bei  Harkavy,  Responsen  p.  158,  be- 
merkt: uü:?:  ti''i  «in -ri  -ü-"  n'n-,ni<i  ,Tmn  's:k  rnx'n  -iia'iab  t":-«  TK'n  -la-i 
'tti  "nabnn  und  er  erklärt  demnach  sr-inis  „Peitsche"  als  \;-cb^  s*mntt- 
;tt>n  ]wb  v'a-x.  Irrtümlich  hat  Aruk  —  -n^  —  dies  nn  mit  ",-n  „tragen" 
zusammengestellt,  was  ganz  ausgeschlossen  ist;  dies  ist  =  syr.  -i»?M 
„auf  dem  Arm  tragen",  jenes  =  -tnn  , führen",  -isn  „antreiben",  daher 
xrnn!2  „Peitsche".  Beispiele  für  den  Übergang  von  2  in  i  anzu- 
führen, ist  wohl  überflüssig,  es  sei  jedoch  bemerkt,  daß  in 
Geonica  II,  337;  394  auch  -irs'  und  -iis*  für  -,:k  sich  findet.  Nahe 
verwandt  mit  m  „tragen"  ist  dagegen  x-inx,  das  B.  B.  73*  — 
Nöldeke,  MGr.:  Sanh.  ist  Druckfehler  für  B.  B.,  von  Schulthess, 
ZA.  XXV,  292  übernommen!  —  als  das  aramäische  Äquivalent 
für  C3  gegeben  ist.  Nöldeke  1.  c,  dem  Landauer,  Gott.  G.  A.  1879,  404 
und  Schulthess  1.  c.  sich  anschließen,  hält  xt;n  für  einen  Schreib- 
fehler, entstanden  aus  x-nx  =  syr.  I^fi.,  womit  in  der  Peschitta  pr 
übersetzt  wird.  Dagegen  möchte  ich  folgendes  bemerken.  Die  Les- 
art K-i"iK,  beziehungsweise  N-ixnK  findet  sich  in  den  Ausgaben  —  so 
schon  in  der  editio  princeps  —  den  Handschriften-  des  Talmuds, 
bei  den  Geonim  (Responsensammlung,  ed.  Harkavy  S.  108),  im  Aruk, 
sowie  bei  vielen  mittelalterlichen  Autoren,  wie  R.  Gersom,  RSBM. 


1  In  den  Ausgaben  falscli  in  "ina,  richtig  in  Mek.  R.  Simon  84  unten, 
deren  Quelle  sicher  die  Pesikta  ist  und  Jalkut  N.  268  Ende  Beschallali.  Ich  sehe 
nachträglich,  daß  schon  Bacher,  Monatsschr.  XXV,  240  imr;  liest,  ohne  aber  auf 
Kalir  zu  verweisen.  Seine  Auffassung  jedoch,  wonach  Subjekt  in  "imno  Gott  ist, 
läßt  sich  kaum  verteidigen  und  hat  Kalir  gegen  sich,  der  es  auf  Amalek  bezieht 

2  Ms.  H.  STiN.  was  eher  von  s-ns  als  NVS'  verschrieben  ist. 


XVI 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäisciien.  345 

und  RABD.,  um  nur  einige  derselben  namhaft  zu  machen.  Die  Er- 
klärungen ^  zu  diesem  Worte  bei  den  erwähnten  Autoren  lassen 
darüber  keinen  Zweifel,  daß  sie  --x  und  nicht  -.-x  lasen.  Wollte 
man  aber  auch  diese  wichtigen  Zeugen  für  die  Lesart  -nx  un- 
berücksichtigt lassen,  so  wäre  noch  darauf  hinzuweisen,  daß  es 
auch  sachlich  nicht  dem  syr.  i^^  entspricht,  denn  an  der  be- 
treffenden Talmudstelle  kann  es,  wie  die  Kommentatoren  richtig 
sahen,  nur  Segel  bedeuten,*  während  das  syrische  Wort  Fahne 
oder  Stange  ist.  Die  Lesart  i^-nx  ist  demnach  gesichert,  wenn  auch 
die  Etymologie  etwas  dunkel  ist.  Höchstwahrscheinlich  ist  es  so- 
viel wie  xy-nx  „Arm",  eine  leicht  erklärliche  Metapher  für  das 
Segel,  das  im  gewissen  Sinne  der  Arm  des  Bootes  ist.  Wir  hätten 
demnach  in  diesem  Worte  genau  wie  in  —x  „tragen"  —  vgl. 
Aruk  s.  V.  —  ein  vollständiges  Verschwinden  des  r,  während  es 
in  -n  , tragen''  in  '■,  beziehungsweise  x  übergeht.  RABD.  bei 
Aschkenazi  'zpü  r\^'i;  zur  Stelle  erklärt  xnix  wie  folgt:  ...n-ipu''? 
nr'b'ij:';  mx  ]T'c  a:T\"zrcb'n]i^b,  was  mit  Rücksicht  auf  syr.  '•'•  ..guber- 
navit  navem"  Beachtung  verdient. 

Der  berüchtigte  Sklave  R.  Nahmans  B.  K.  97«  war  der  Träger 
eines  berühmten  Namens,  denn  rx-i  —  für  Krauss  /Jägog,  trotz 
des  'xl  —  ist  die  Pohlawi-Form  für  "dT-.-i,  daneben  auch  r-ixi  und 
"X-xn.  Hoffmann,  ZA.  II,  51  konnte  die  Form  "nxT  nur  in  Orts- 
namen nachweisen. 

Die  Joma  83^  gegebene  Erzählung  als  Illustration  für  die 
Wahrheit  des  Spruches  ^nomen  est  omen"  findet  sich  auch 
Jer.  R.  H.  III,  59*,  31  mit  der  Variante,  daß  R.  Meir  seine  Kollegen 

1  RSBM.  zur  Stelle  stellt  es  zu  r"i~K  „Mantel",  der  Gaon  1.  c.  zu  einem 
angeblichen  mx,  beziehungsweise  ii'j  „Fell" ! 

^  Die  Pezeiehnung  des  niis  durch  c;  in  der  Mischnah  rechtfertigt  der 
Talmud  mit  einem  Hinweis  auf  Ezek.  XXVII,  7.  Dies  hat  nur  dann  einen  Sinn, 
wenn  in  dieser  Mischnah  D2  nicht  wie  sonst  „Panier,  Stange"  bedeutet,  sondern 
„Segel",  weswegen  die  Ezechielstelle  angeführt  wird,  weil  dort  -risr:  von  r; 
gesagt  wird,  was  für  die  Bedeutung  von  c;  =  Segel  spricht.  Es  wäre  aber  ganz 
und  gar  gegen  die  Methode  des  Talmuds,  ein  so  häufiges  Wort  wie  c:  .,Panier. 
Stange",  das  mehr  als  zwanzig  Mal  in  der  Bibel  vorkommt  —  sogar  einige 
Male  im  Pentateuch!  —  zu  belegen.  Targ.  Jes.  XXII,  .3.'5  v'^p  für  TW  c:  zeigt, 
daß  der  Talmud  die  Miechnah  richtig  verstanden  hat. 

XVII 


34  6  Louis  Ginzberg. 

vor  ihrem  gemeinsamen  Wirt  warnte,  mit  den  Worten  fis'-i  xnn 
Kin  xtr^D  r: nr  n"3J2.  Dieselben  sind  zu  übersetzen:  „Ilir  habt  ein  Ver- 
steck nötig  vor  ihm,  denn  er  ist  ein  schlechter  Mensch".  In  Babli 
wird  nämlich  ausführlich  berichtet,  wie  R.  Meir  sein  Geld  in  einem 
Friedhof  versteckt  hat,  wodurch  er  es  vor  dem  diebischen  Wirte 
gerettet  hat,  seine  Kollegen,  die  diesem  ihre  Gelder  anvertrauten, 
erhielten  dasselbe  nicht  zurück.  Demnach  ist  Nsn  =  S'rin  von  xrr, 
das  auch  hebräisch  wie  arabisch  „verstecken"  bedeutet.^  Bei  dem 
Zustande,  in  dem  der  Jeruschalmitext  sich  befindet,  ist  natürlich 
ganz  gut  möglich,  daß  für  s*2in  einfach  xrr-  zu  lesen  sei. 

Zu  dem  im  Talmud  einige  Male  erwähnten  Eigennamen  xnn 
ist  das  biblische  nn-'  1.  Chr.  2,  47  und  nn  IL  Sam.  23,  30  zu  ver- 
gleichen. Theophore  Namen  haben  im  Jüdischen  gar  merkwürdige 
Veränderungen  und  Verkürzungen  sich  gefallen  lassen  müssen, 
so  daß  die  Annahme,  wonach  x'in  nur  aramäische  Orthographie 
für  nm  =  ni''  =  nn,T,  Beachtung  verdient. 


ist  ein  im  Talmud  häufig  gebrauchtes  Adverb,  dessen  Bedeutung 
„ausdrücklich,  deutlich'"  sicher  ist,  über  dessen  Herkunft  aber 
gar  viele  abenteuerliche  Etymologien  zu  finden  sind.  In  der 
Schulterminologie  ist  xnnn  =  cnsn,  wie  man  sich  leicht  über- 
zeugen kann,  wenn  man  die  von  Bacher,  Terminologie  II  unter 
diesen  Stichwörtern  gesammelten  Zitate  untereinander  vergleicht. 
Nun  werden  aber  in  der  tannaitischen  Literatur  die  Ausdrücke 
nnvö  und  u>-i',3ü  in  genau  derselben  Bedeutung  gebraucht,  das  eine 
wie  das  andere  heißt  „ausdrücklich".  Es  ist  nun  leicht  zu  sehen, 
daß  x'-inz  zu  nn"  =  ina  gehört-  und  wörtlich  „einzeln  hervor- 
gehoben" heißt.  Wie  mn  für  nmr  zeigt  sich  auch  sonst  in  dieser 


1  Nin  ist  auch  aus  den  aramäischen  Partien  des  Jeruschalmi  zu  belegen, 
wenn  auch  selten.  Die  Abschleifung  des  n  zu  n,  beziehungsweise  N  in  den  jüdisch- 
aramäischen  Dialekten  findet  sich  auch  bei  n  =  £^,  vgl.  z.  B.  ar;n  fegen,  hn:  ,.sieben". 
x:ns  =  x:ns,  bh.  axnx.  die  alle  arab.  ^  entsprechen,  wonacli  Fraenkel,  B.  A.  IV,  76 
zu  berichtigen  ist. 

2  Ähnlich  gemeinaram.  iin^.  das  zu  einem  iin  von  der  Wurzel  inx  gehört, 
obwohl  es  im  Syrischen  so  behandelt  wird,  als  wäre  es  ein  i'j,*  und  daher  i-»-*» 
,  vereinigen"  =  targ.  in\  Auf  r**l  =  hebr.  nnx  geht  syr.  i^^Oy»»  „Getreidebehälter"'. 

XVIII 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen  34  i 

Wurzel  n  zu  n  abgeschwächt.  Die  Angabe  der  WBB.,  wonach  x'-rnr 
auch  „öffentlich"  bedeutet,  beruht  auf  Mißverständnis.  Sanh.  39'^ 
K-nrc  'bpz'b  und  s-ro  ab'pz'  —  auch  Jalkut  Gen.  24  in  der  editio 
princeps,  wonach  Jastrow  zu  berichtigen  —  bedeutet  „deutlich", 
d.  h.  während  Adam  bei  Bewußtsein  war,  und  ist  soviel  wie 
„ausdrücklich". 

Ein  anderes  Schulwort  des  Talmuds,  dessen  Bedeutung  sicher 
ist  und  über  dessen  Herkunft  gar  manche  unhaltbare  Etymologien 
gegeben  werden,  ist  -in,  das  immer  mit  der  Präposition  r  ver- 
bunden wird  und  das  ., diskutieren"  oder  „fragen"  bedeutet. 
Tos.  Ter.  II,  28,  11  wird  berichtet,  daß,  als  R.  Gamaliel  einst  auf 
einer  Reise  über  eine  Halachah  befragt  wurde,  er  sprach:  warte,  bis 
wir  in  der  Halachah  sein  werden  ■n'zbnz  n\-i:c?  ii'  pnn.  Aus  dieser 
Stelle  ist  die  Bedeutung  von  ■n^br\:i  rrri  „sich  mit  der  Halachah 
befassen'"  ganz  klar  und  ist  demnach  . . .  :  -in  nicht  anders  auf- 
zufassen. Die  nnn  sind  auch  wörtlich  nichts  anderes  als  „die 
Beschäftigungen",  dann  aber  auch  das  Resultat  derselben.  Im 
Jeruschalmi  ist  der  Gebrauch  von  "in  nicht  so  häufig  wie  im 
Babli,  beschränkt  sich  aber  nicht,  wie  Bacher,  Term.  II,  49  be- 
hauptet, auf  zwei  Stellen.  Vgl.  Ratuer  zu  Maas.  II,  S.  105  —  106. 
Besonders  interessant  ist  Jer.  Schab.  VII,  9^,  3  «pTE  pnnn  "in  pnDy 
„sie  beschäftigten  sich  mit  diesem  Abschnitte",  woraus  sich  die 
wahre  Bedeutung  des  Wortes  ^in  ergibt.  Ähnlicher  Gebrauch  von 
.Tn  liegt  schon  in  einigen  Stellen  der  Bibel  vor. 

ist  ein  Wort,  das  seine  Existenz  dem  verderbten  Text  des  Jeruschalmi 
zu  verdanken  hat.  Ter.  48%  30  lautet  in  der  editio  princeps  jcnn  '^i:  'la:, 
daraus,  in  den  späteren  Ausgaben  pr-in  "id  '!z^,  während  Ms.  R.,  wie 
ich  in  meinen  Yerushalmi  Fragments  S.  367^  vermerkte,  richtig 
jü'^n  \y':'r:i:i  hat.  An  und  für  sich  wäre  poin  ==  ipin^  =  |Dnn  und  ebenso 
i;Dnn  oder  ;^"c-in  möglich  —  natürlich  nicht  ]C}'ir(  und  noch  weniger 
jDvnn  —  aber  angesichts  der  Lesart  der  Handschrift  ist  wohl  jcnn  zu 
lesen.  Nicht  ohne  Interesse  ist  es  zu  bemerken,  daß  in  allen  WBB. 
die  Lesart  jov-r;  gegeben  wird,  während  editio  princeps  jc^r  hat! 


1  Die  Erweichung  des  n  zu  n  in  dieser  Wurzel  steht  für  das  Aramäische 
des  babylonischen  Talmuds  sicher  und  wäre  es  auch  für  die  Heimat  der  Tosefta 
Palästina  -    ganz  gut  möglich. 


XIX 


348  Louis  Ginzberg. 

Reiche  Belege  für  den  Gebrauch  dieses  Wortes  in  der 
geonäischen  Literatur  bei  Low,  WZKM.  XXI,  415  und  sei  zur  Ver- 
vollständigung des  von  ihm  gebotenen  Materials  auf  Geonica  II 
hingewiesen,  wo  cn  achtmal  —  vgl.  heb.  Register  und  p.  423  — 
vorkommt;  mnbiStt?  I,  öO'^  unten  ed.  Wilna,  N.  30;  Anan  in  seinem 
Gesetzbuch  43,  204  und  ferner  R.  Amram  in  seinem  Responsum, 
mitgeteilt  von  Aruk  s.  v.  nc£  ed.  Kohut  377. 

Die  Zusammenstellung  von  na-:  mit  £9-0^^  ist  sprachliah  wie 
sachlich  unmöglich;  es  ist  vielmehr  ein  gut  aramäisches  Wort, 
gebildet  von  cn,  beziehungsweise  ■'ci  =  arab,  ^_j^^  „beflecken",  das 
außer  an  den  in  den  WBB.  verzeichneten  Stellen  auch  B.  B.  23" 
nach  dem  korrekten  Texte  in  H.  Ged.,  ed.  Hildesheimer  p.  406 
oben,  für  -ic£ü"i '  zu  lesen  ist.  Demnach  ist  noi  ursprünglich  die 
„Blutbefleckung  der  Menstruierenden",  dann  übertragen  auf  die 
^Regel"  der  Frauen  und  schließlich  —  aber  äußerst  selten!  — 
überhaupt  „Gewohnheit". 

nm 

Ein  häufig  in  den  Talmudim  und  Midraschim  zitierter  Spruch 
lautet:  „W^er  da  sagt:  Gott  ist  zu  nachsichtig  pmi,  dessen  Eingeweide 
werden  überflüssig  jnmin'  werden'".  B.  K.  50*;  Jer.  Schek.  V,  48*^,  37; 
Jom  Tob  III,  62b,  21;  Taan.  II,  65^  49;  Pesikta  R.  K.  nrir  161^; 
Tanh.  xü-n  "3  26;  Esther  R.  zu  III,  15  und  IV,  1;  Gen.  R.  LXVIl,  4; 
Midr.  Tehill.  X,  93;  Jalk.  n^2ö  zu  Ps.  II,  75;  Jalk.  ^m'r^v  Joel  535 
und  die  von  Rabbinovicz  zu  B.  K.  1.  c.  verzeichneten  Parallelen 
aus  dem  Jalkut.  Alle  diese  Stellen  haben  ^iria  ^:2,  mit  Ausnahme 
der  ersten,  wo  die  Ausgaben  vn  für  -^"ira  haben,  was  vielleicht  nur 
ein  Versuch  ist,  die  unverständliche  Redensart  "rs:  "ir. 'i  durch  ""ti  "inr 
zu  ersetzen.  Allerdings  gibt  weder  das  eine  noch  das  andere  einen 
Sinn  —  Schir  R.  III,  4  liest  mit  Jalkut  rra  mn:  „hatte  Durchfall" 
für  'la  1-imn:;  danach  Levy  s.  v.  zu  berichtigen  —  so  lange  man  an 
nm  =  heb.  -in-  denkt.  Die  Lesart  ;i-ir,2n^  in  Ms.  K.  des  Midr.  Hag.  I,  432 
zeigt,  daß  p-imn"  nur  des  Wortspieles  mit  f-in'i  wegen  gewählt  wurde, 
indem  nach  palästinensischer  Aussprache  n  nicht  wesentlich  —  wenn 

•  An  (lieser  Stelle  ist  'Di  ,,mit  Blut  beschmutzen". 

XX 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  349 

Überhaupt  —  von  "  zu  entscheiden  ist.  Die  Redensart  panrna  rr?: 
ein  volkstümlicher  Ausdruck  für  „platzen"  läßt  sich  belegen  aus 
Mek.  X2  VI,  6^:  XIj  11^';  die  Lesart  vn  ",-imir'  ist  nach  vn  "^nr 
Deut.  R.  VI,  Ende  zu  erklären. 


Trotz  Schulthess,  HW.  21—22  glaube  ich  nicht,  daß  im 
Hebräischen  wie  Aramäischen  nn:  „glänzen"  von  ti:  „warnen,  sich 
in  acht  nehmen",  zu  trennen  ist.  Eine  ähnliche  Entwicklung  von 
„glänzen"  zu  „korrigieren"  liegt  vor  im  Jüdischen  n;-,  sehr  häufig- 
belegt  in  den  WBB.  in  der  Form  n":^  „Bücher  korrigieren"  von 
nj;  glänzen.  Das  Sekundäre  der  Wurzel  in;  „warnen",  zeigt  sich 
darin,  daß  es  hebräisch  in  der  Bibel  wie  in  den  späteren  Schriften 
nur  als  '^'mn  und  in-j  erscheint,  also  wohl  erst  aus  — n:  „genügend 
vom  Lichte  beschienen,  so  daß  er  nicht  strauchle",  gebildet.^ 


Aggadat  Esther,  ed.  Buber  37:  ppn;:  an-ra  a'z':a  „unverschämte 
Jünglinge",  wahrscheinlich  direkt  aus  dem  Arabischen  ^V.^j  — 
vgl.  Dozy  s.  V.  —  obwohl  es  nicht  ausgeschlossen  ist,  daß  die 
Juden  unabhängig  von  den  Arabern  den  Namen  der  Anhänger 
Mazdaks  als  Schimpfwort  gebrauchten,  zur  Bezeichnung  rück- 
sichtsloser unverschämter  Menschen.  Vgl.  meine  Bemerkungen  in 
Geonica  II,  216—17;  298. 

t: 

Noch  in  der  neuesten  Ausgabe  von  Gesenius'  WB.  wird  unter 
TD  „Topf"  auf  rabbinisch  hin:  -'.'j  , großer  Topf"  verwiesen.  An 
der  einzigen  Stelle,  Sifra  zu  XIX,  35,  wo  dieser  Ausdruck  vor- 
kommt, lesen  Jalkut  editio  princeps  zur  Stelle,  RABD.  und  RS. 
in  ihren  Kommentaren  zur  Stelle  -it,  wonach  auch  -i'i  der  Aus- 
gaben -'•  gelesen  werden  muß,  und  es  ist  natürlich  nichts  anderes, 
als  das  biblische  n;  „Kranz",  hier  der  beim  Becher  —  TW.  mic'faa 
Flüssigkeitsmaß!  —  oben  sich  erweiternde  kreisförmige  Rand. 
Der  biblische  Vers,  der  Redlichkeit  beim  Messen  und  Wiegen  ein- 
schäi'ft,  spricht  von  mö,  h>p^Q  und  n-nirs:;   die  Baraita   in  Sifra  er- 


1  Vgl.  auch  Pesikta  R.  VIII,  30°,  ed.  Friedmann.  wo  TKn  einige  Male  im 
Sinne  von  n^ntn  gebraucht  ist. 

XXI 


350  liOuis  Ginzberg. 

klärt  mc:  als  das  Längenmaß  beim  Messen  des  Bodens,  bpz'fz  als 
das  „Zünglein  der  Wage'"  und  mitr.'^  als  „den, Kranz  des  Flüssig- 
keitsmaßes". Beim  Messen  von  schäumenden  Getränken  muß 
nämlich  darauf  geachtet  werden,  daß  auch,  nachdem  der  Schaum 
verschwunden  ist,  das  Maß  einschließlich  „des  großen  Kranzes" 
voll  ist.  Diese  Baraita  des  Sifra  ist  inhaltlich  B.  M.  61^  wieder- 
gegeben und  ist  bn;  -i"  durch  nT,T  übt'  „keinen  Schaum  ein- 
schenken" erklärt,  so  daß  am  oberen  Rande  anstatt  der  ver- 
schenkten Flüssigkeit  Schaum  sei. 


Dil 

Daß  arab.  Jjjj  erst  sekundär  aus  u_j\jj-o  ^  s-^^J/'*  gebildet  ist, 
hat  Fraenkel,  Fremdwörter  25  schon  hervorgehoben,  der  zugleich 
auf  das  aram.  nna  hinweist,  als  die  Vorlage  des  arabischen  Wortes. 
Es  sei  hier  bemerkt,  daß  schon  im  Jüdischen  die  Umstellung  von 
m  in  nn-  stattfand,  wie  n^Dinn:  Rinne  =  rT'3',2T-i  zeigt.  Pes.  R. XXXV,  160^ 
ist  natürlich^  rrmr^n  für  n'^n-iD  zu  lesen,  was  aber  nichts  mit 
griech.2  Qsgcpos  —  so  Güdemann  zur  Stelle  und  Krauss  s.  v.!  — 
zu  tun  hat,  sondern  dem  trK  bv2  ]'h'ü  Sifre  Z,  ed.  Horowitz  59; 
Bamidbar  R.  XIV,  19  genau  entspricht.  Das  Göttliche  erscheint 
dem  Irdischen  verhüllt  in  einer  feurigen  Röhre  -(b'c  acohjv  =  rr^mn-i", 
weswegen  Gabriel  dem  Nebukadnezar  als  -cahw  nvap  rrmm?  und  Gott 
dem  Moses  als  -ex  bz'  p^D  j'aa  sich  zeigte.  Jalkut  Daniel  1062  hat 
daher  ganz  richtig  n'iainni  durch  n'w'r  wiedergegeben.  Lev.  R.  V 
ist  3  nmn"i:  vielleicht  zu  n'i:::  —  Low,  Semitic  Studies  373  — 
..Schale'"  zu  stellen;  aber  mit  Rücksicht  auf  Schab.  62^,  wo  'pnia 
Arnos  VI,  6  TW.  für  nrninii  durch  j^jpu^'ip  „röhrenförmige  Trink- 
gefäße'" —  die  Bedeutung  ist  sicher,  wenn  auch  die  Etymologie 
sehr  dunkel  ist  —  erklärt  wird,  ist  wohl  auch  an  dieser  Stelle 
nvsn-iT  „röhrenartige  Gefäße'". 


1  Eine  Kopie  der  Pariser  Handschrift  in  der  Bibliothek  des  Jewish  Theo- 
logical  Seminary  hat  gleichfalls  n»ii2iTi. 

2  Wenn  es  aber  unbedingt  ein  Insekt  bedeuten  muß.   wie  Güdemann  be- 
hauptet, dann  warum  uicht  =  assyr.  zirbabu^l 

3  TW.  piTj;,  wofür  nnnr  „Schale"  eine  sinngemäße  Übersetzung  wäre.  Eine 
Verwechslung  von  nnnr  mit  nnrnr  „Röhre"  liegt  Mikw.  X,  1  nach  der  Lesart 
des  RABD.  zu  Maimonides  Mikw.  III,  12  vor.  Ob  nnnr  „minderwertiger  Boden" 
schließlich  doch  nichts  anderes  als  schalenförmige  Vertiefung  des  Bodens,  dann 
übertragen  „schlechter  Boden'"  bezeichnet':' 

XXII 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  351 

Das  gewöhnliche  Wort  für  Pfand  im  Jüdischen  ist  pipz, 
jedoch  scheint  in  Sanh.  I,  1  n-hzn  das  klassische  nbhri  sich  er- 
halten zu  haben.  Babli  2'^  liest  zwar  r\-\bzr,  ..Verletzungen",  die 
Bemerkung  des  Jeruschalmi  zur  Stelle  18-',  32:  mbnn  p  mb'i:  p  ah, 
welche  die  Kommentatoren  nicht  erklären  können,  heißt  wohl 
nichts  anderes  als:  „sind  ja  Räubereien  und  —  Unterschlagungen 
der  —  Pfänder  dasselbe",^  wozu  daher  die  Erwähnung  der  beiden 
in  der  Mischnah?  Die  Antwort  hierauf  ist:  K""ip-t  ,Ti:x'2r  -\b  iis'j:  x"nx 
^  der  Autor  der  Mischnah  folgt  dem  einfachen  Wortsinn  der  biblischen 
Verse"  und  erwähnt  daher  das  dreigliedrige  Gericht  bei  Unter- 
schlagungen von  Pfändern,  weil  in  der  Bibel  mit  Bezug  auf  einen 
solchen  Prozeß  dies  Gericht  erwähnt  wird.-  Aram.  ist  a'b'ir  „Zins'", 
aber  M.  K.  28^  im  Spruch  x'bir'n  i'inöi  xn^a  ^=  xma  bedeutet  es  wohl 
Pfand,  vgl.  R.  Hananel  und  R.  Sal.  b.  mn'n  zur  Stelle.^ 


Durch  Geonica  II,  239,  Z.  22  ist  jetzt  xn'r'nt'r  auch  im  Jüdischen 
nachgewiesen.^  In  dem  von  mir  veröffentlichten  Fragmente  waren 
n  und  n  kaum  zu  unterscheiden,  und  möchte  ich  hier  daher  be- 
merken, daß  vielleicht  srxSi'rn  mit  r  zu  lesen  sei.  Ob  die  Gleich- 
setzung xn'^^bn  mit  Dn"2'?n  der  Mischnah  in  diesem  geonäischen 
Responsum  auf  guter  Tradition  beruht  oder  nicht,  werden  wir 
hoffentlich  gelegentlich  von  Low  erfahren. 

In  der  Baraita  B.  B.  67^  kann  nach  dem  Zusammenhange 
mxDbinn  'nn  —  so  zu  lesen  mit  Hai  Gaon  -idö^i  npf2  XX,  43*^  und  nicht 

1  Vgl.  Rasehi  zu  Sanh.  I.  1,  der  gleichfalls  darauf  hinweist,  dali  niVK  auch 
Unterschlagungen  einschließt. 

-  Meine  in  der  Lewy-Festschrift,  S.  408,  gegebene  Erklärung  zu  dieser 
Jeruschalmistelle  ist  demnach  teilweise  zu  berichtigen. 

^  Zu  erwähnen  ist  noch,  daß  editio  princeps  des  Jeruschalmi  Sanli.  I,  1 
rr.rin  für  nnin  hat,  das  demnach  nicht,  wie  allgemein  angenommen  wird,  ein- 
fach Korruptel,  sondern  erklärende  Glosse  zu  dem  äußerst  seltenen  m^2n  ist. 
Vgl.  auch  Ezech.  XVllI,  7  2in  rnSar,  und  dazu  die  Bemerkung  von  Ferles  in 
JQR.  N.  S.  II,  118,  wonach  vielleicht  nmn  ni"72n  die  ursprüngliche  Lesart  wäre. 

4  Ein  anderer  Fflauzenname,  der  erst  durch  Geonica  dem  Lexikon  des 
Jüdischen  zugeführt  wurde,  ist  'ryjc;  vgl.  daselbst  S.  296. 

XXIII 


352  Louis  Ginzberg. 

rrz  oder  gar  n^Kobinr.  vgl.  Rabbinovicz  zur  Stelle  —  nichts  anderes 
bedeuten  als  eine  Art  Speicher,  wie  schon  Abulafia  na-i  -t"  bemerkte, 
und  daher  kommt  für  die  Etj-mologie  des  Wortes  weder  hebr.  b^n 
„Sand''  —  so  Abulafia  —  noch  griech.  xdx^^  „Kies"  in  Betracht. 
Sifre  Deut.  39,  78-^  ist  n'h^m  n^z  „Sandboden",  die  bestbezeugte  — 
jetzt  auch  durch  Midr.  Tan.  31  bestätigte  —  Lesart  und  neben  den 
synonymen  -isr,  nia-is  auch  die  allein  mögliche.  Dagegen  gehört 
riSD'!'iniTr  .Rumpelkammer"  wohl  zu  obn  =  .j^U  „abgezehrt  sein", 
daher  r:cb'r.  Lumpen,  abgetragene  Kleider.  Vgl.  r\bz  von  Kleidern 
und  Menschen,  '^bz  „Lumpen",  ferner  msnc  „abgetragene,  zer- 
rissene Kleider",  arab.  ^^^s.^  „sein  frisches  Aussehen  verlieren". 
Von  diesem  ist  zu  trennen  n'cbin,  das  viermal  im  Talmud  neben 
nb"s^  erwähnt  wird  und  das  nach  der  Tradition'  „Kies"  bedeutet 
und  wohl  Nebenform  von  nT-,in  =  bh.  n'c^rr,  daher  Meg.  6'^  auch  die 
Variante  n'c"in.  Der  Übergang  der  Wurzel  c-n  „kratzen"  in  obn 
liegt  auch  in  syr.  ■^üi-ml.«  „das  schwarze  rauhe  Haar  an  der 
Ohrenspitze"'  —  Low,  Pflanzennamen  159  —  vor,  das  wörtlich  „das 
Kratzende"  bedeutet.  An  griech.  yJ-xlT^i  ist  schon  des  n  -wegen 
nicht  zu  denken,  denn  trotz  Krauss-  gibt  es  kein  einziges  Bei- 
spiel für  n  -=  %. 

Bh.  pisn^  „hochrot"  ist  durch  jüd.-aram.  snran  —  spätere  Ortho- 
graphie auch  mit  n  —  „ein  buntes  Kleid", ••  als  aramäisches  Lehn- 
wort auch  bei  den  Arabern  in  Gebrauch,  gesichert.  Zu  dieser  Wurzel 
gehört  wohl  auch  syr.  j^n«   „beschämen"   und  Derivate,   wörtlich 


1  Vgl.  Kohut  zu  D^n  und  außerdem  R.  Gersom  zu  Arak.  32",  Abulafia  zu 
B.  B.  67*  und  RABD.  zu  Sifra  XXV,  30,  der  D'D^in  liest! 

2  nph^n  auch  xp^'n  halica,  N-iiD  qSn  —  in  zwei  Worte  geschrieben!  — 
■AlexpvSQa  und  Kipn  äxgu  beruhen  auf  Volksetymologien,  srrn  ist  eine  inner- 
aramäische Umbildung  von  N3r;  tpöva  —  nicht  %s  wie  Krauss  hat!  — ,  da? 
selbst  seine  Schreibung  mit  y  seiner  Lautähnlichkeit  mit  npy  „wenden"  ver- 
dankt, während  Di;!:!in  äyrnyög  im  Midr.  Teh.  XLII,  6  die  haggadische  Beziehung 
desselben  mit  bh.  ;iJin  hervortreten  läßt,  sonst  aber  ;!iJX  geschrieben.  All  die 
anderen  Beispiele  für  n  in  griechischen  Worten  bei  Krauss  beruhen  auf  Miß- 
verständnissen. In  xnpn  liegt  ein  Wortspiel  mit  njn  „rund  umschließen". 

'  Ist  D'SlOK  Nebenform  für  D'Sion? 

4  R.  Sal.  Dirrn  ]Z  zu  M.  K.  23"  erklärt  es  durch  ^^:^\  ^^a.  „rotes  Taffettuch" 
und  ähnlich  lautet  die  Erklärung  der  arabischen  Lexikographen  zu  ^^^ä.. 
Die  nähere  Beschreibung  der  xnv'r:n  als  ^rpK:iD  im  Talmud  deutet  darauf  hin, 
daß    on  nur  „grell"  bedeute. 

XXIV 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  353 

„jemandes  Gesicht  röten",  wie  jüd.  anxn  „beschämen". ^  Als  Neben- 
form von  ]'fin  haben  wir  cisn  anzunehmen,  woraus  ct^'^n  Git.  öG«^, 
das  schon  von  den  mittelalterlichen  Autoren  mit  «nr^sn  zusammen- 
gestellt wurde,  vgl.  Aruk  s.  v.  po.  Die  Lesart  der  französisch- 
deutschen Schule^  ist  daher  der  der  spanisch-italienischen  vor- 
zuziehen; Rabbi  erhielt  vier  Kleidungsstücke  als  Geschenk  1.  p:mD 
„leinenes  Tuch";  2.  oain  „bunte  Seide"  usw. 


In  der  bekannten  Legende  über  das  Hirtenleben  Moses'  — 
vgl.  meine  Legends  of  the  Jews  II,  301  —  heißt  es  vom  Böcklein: 
„es  entfloh  Moses,  bis  es  an  mcn  —  so  editio  princeps!  —  anlangte". 
Nach  dem  Zusammenhang  kann  es  nur  eine  unpassierbare  Stelle 
bezeichnen,  über  die  hinaus  das  Böcklein  nicht  konnte,  also  ein 
Dickicht  oder  etwas  Ähnhches,  was  auch  der  Text  bietet.  Ein 
mcn  gibt  es  nicht  —  Levys  Hinweis  auf  arab.  ''^k''^:L  wird  wohl 
niemanden  befriedigen  —  wohl  aber  -[icn,  wofür  im  Syrischen 
^au.D?  |sÄ.£u.  „Dickicht".  Die  auf  einen  Hörfehler  zurückgehende 
falsche  Lesart  mcn  auch  Man.  76^,  wo  die  Ausgaben  pno^n,  die  Hand- 
schrift aber  und  die  Parallelstelle  86^  richtig  pao-'n  haben. 


Barth  E.  S.  53  stellt  aram.  ='^:in  „dreist",  „unverschämt"  zu 
arab.  ^:L\,  sich  brüsten,  viel  näher  aber  liegt  es  zu  hebr.  ri'n 
„hauen"  —  im  Jüdisch-Aramäischen  wohl  ein  Hebraismus  —  da 
einige  Synonyme  von  :r^:in  gleichfalls  „hauen,  schneiden"  und  „dreist 
sein"  bezeichnen.  So  ist  gemeinaram.  an  „schneiden"  und  „drohen", 
j^oi^ö}^  Dreistigkeit;  ani"  hebräisch  und  aramäisch  „abschneiden", 
im  Syrischen  auch  „dreist  sein". 


1  Im  Jüdischen  wird  „beschämen"  durch  „weiß,  gelb  und  rot  werden"  aus- 
gedrückt: Vis  v^Di^nz  /:3  D'ixn  ,q';3  p;^n.  Wie  der  Talmud  B.  M.  58''  richtig  be- 
merkt:  zunächst  wird   infolge  der  Aufregung  das  Gesicht  rot,    dann   aber  blaß. 

-  Dieselbe  lautet:  KtUOKT  nu^£5i  Nti.'iOXJ  DDini  ':2'D,  %fonach  {<n.'!;:N  «groß  wie 
eine  Nuß"  U2D  und  «nJSONT  nu^EJ  „groß  wie  eine  halbe  Nuß"  or^in  näher  be- 
schreibt. Die  spanischen  Gelehrten  lesen  'jn'D  vor  und  nach  DOini,  daher  die 
ganz  unhaltbare  Auffassung  von  DOin  als  Ijfiiav. 

Festschrift.  2.3 

XXV 


354  Louis  Ginzberg. 

häufig  in  Verbindung  mit  d^ödj  h^  —  Tos.  Mikw.  III,  4;  656,  19 
u.  a.  m.  0.  —  ist  weder  Sturzbach  noch  Waldstrom,  wie  Levy 
übersetzt,  sondern  wie  Vogelstein,  Landwirtschaft  3,  richtig  hat: 
heftiger  Regen,  der  vom  Berge  kommend  ein  tiefes  Rinnsal  sich 
gräbt.  Die  Zusammenstellung  mit  laQudQu  ist  aus  sprachlichen  — 
n  ist  nicht  %,  vgl.  oben  zu  n^Dbin  —  und  sachlichen  —  %aQ.  ist 
Spalte!  —  zurückzuweisen.  Meines  Erachtens  gehört  es  zu  mn 
^fürchten",  als  dessen  GB.  aber  wohl  „eilen"  anzusetzen  sein 
dürfte,  wie  die  meisten  Bezeichnungen  für  fürchten  zugleich  eilen 
bedeuten.  Vgl.  Schulthess,  HW.  68  und  Fraenkel,  BA.  III,  67,  die 
beide  gegen  Barth,  E.  S.  9  die  Verwandtschaft  zwischen  „fürchten" 
und  „eilen"  im  Semitischen  über  jeden  Zweifel  beweisen.  Wahr- 
scheinlich ist  auch  bh.  ^Tnn  pr  =  „Sprudel"',  „die  eilende  Quelle", 
jedenfalls  ist  d'öu^.i  b^  n-'b-nn  „das  hinuntereilende  Regenwasser" 
eine  sehr  passende  Bezeichnung  für  das  vom  Gebirge  mit  großer 
Geschwindigkeit  hinunterstürzende  Wasser. 


Es  sind  zu  scheiden:  -'s\'-\n  „scharf,  spitz  sein",  zu  welcher 
Wurzel  wohl  auch  bh.  s]-in  „Winter"  und  nanre  Lev.  XIX,  20.  Zur 
Erklärung  des  Ausdruckes  nsnnj  nnstt?  wird  gewöhnlich  auf  Kid.  6" 
verwiesen,  wo  eine  Baraita  die  interessante  Notiz  enthält,  daß  in 
Judäa  „die  Verlobte"  nt^-nn  genannt  wird.  Der  Zusammenhang 
zwischen  diesem  mischnischen  Worte  und  dem  biblischen  ns'im 
läßt  sich  nicht  in  Abrede  stellen,  aber  man  irrt,  wenn  man  dies 
mit  „verlobt'"  übersetzt.  Zur  Erklärung  der  Baraita  sei  folgendes 
bemerkt.  Während  nämlich  in  den  übrigen  Teilen  Palästinas  das 
Beiwohnen   der  Braut  erst  nach  „der  Heimführung  ins  Haus  des 


1  Hos.  XI,  10—11  paßt  Tin  „sich  zitternd  bewegen"  niclit,  wohl  „herbei- 
eilen" und  auch  nsipS  n  wird  am  besten  mit  „eilten  entgegen"  übersetzt  Ezra 
IX,  4;  X,  3  ist  '2  'nn  nicht  „ängstlich  um"  —  das  ist  h^;  'n,  beziehungsweise  '?x  'n 
wie  Jes.  LXVI,  2  und  8  — ,  sondern  „erfahren  in"  von  Tin  „eilen",  genau  wie 
'3  Tnr2  und  absolut  iniSD  —  Mal.  III,  5;  dies  nicht  in  inori  zu  ändern  gegen 
Perles,  JQR.  N.  S.  II,  109!  —  von  ina  „eilen". 

^  In  Ermanglung  einer  besseren  tJbersetzung  für  non.^  gebrauche  ich  das 
übliche  „Verlobte",  obwohl  es  entschieden  falsch  ist,  da  ;'DTis'  die  Vollziehung 
der  eigentlichen  Ehe  war  und  nicht  Verlobung.  Für  das  letztere  gebrauchte 
man  in  talmudischer  Zeit  p^i-tt*  =  syr.  ^^^  „freien". 

XXVI 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  355 

Ehemannes"  pxitt'j  stattfand,  herrschte  in  Judäa  die  Sitte  ^  oder 
Unsitte  des  geschlechtlichen  Verkehrs  zwischen  den  Verlobten. 
Man  nannte  daher  in  Judäa  die  Verlobte  mit  dem  Schimpfnamen 
nenn  perforata  von  =]^n  „spitz  sein",  nam  durchbohrt,  wie 
bh.  f\hrt  „durchbohren",  arab.  v3^JU-  „scharf  sein'"  entspricht. 
Analoge  Benennungen  sind  r::2p:  und  nbbn,  die  beide  so  viel  wie 
perforata  sind.  Die  Halachah  lehrt  daher,  daß  die  Lev.  1.  c.  vor- 
geschriebene Strafe  für  den  Verkehr  mit  der  Sklavin  nur  gelte,  wenn 
dieselbe  eine  n'r'ira  war,  und  wird  zur  Begründung  der  Halachah 
auf  nsnriD  verwiesen:  x\m  "aw  nabs  nb^^s•2  nnstr  bv  vh^  2'''n  irK  d^t'? 
nsnn:  nnsti';  Ker.  ll*^.  Nach  der  talmudischen  Tradition,  Jer.Kid.I,  59«^ 
oben,  übersetzte  schon  Aquila  unter  der  Anweisung  R.  Akibas 
rQ"'py  '"I  ^i^b  . . .  üb^pv  ü;Tn  den  biblischen  Ausdruck  nsnn;  nnsi:>  durch 
tt^'K  "lab  T\^'^ra  „von  einem  Manne  gestoßen".  Welches  griechische 
Wort  Aquila-  zur  Wiedergabe  von  nanm  gebraucht  hat,  läßt  sich 
nicht  mehr  sagen,  möglich  wäre  ja,  daß  er  Ksxoiniv}]v  dvÖQc  für 
c'iS''?  ne-m  setzte,  aber  auf  das  ncnns  des  Jeruschalmi  ist  nicht 
viel  zu  geben.  Die  Amoräer  glaubten  nämlich,  daß  die  Auf- 
fassung von  nsnn:  als  nbira  auf  die  Verwandtschaft  ^  dieses 
Wortes  mit  mann  Prov.  XXVII,  22  beruht,  wonach  nainj  „be- 
handelt wie  gestoßene  Körner"  bedeute,  und  da  das  Verbum  zu 
mann  an  dieser  Stelle  cnrn  ist,  so  sagten  die  Amoräer,  Aquila 
übersetzte  nann:  durch  ns:?!:!:,  womit  aber  nur  angedeutet  werden 
sollte,  daß  dieser  es  im  Sinne  von  nbirn  nahm.  Der  babylonische 
Talmud  Ker.  1.  c.  von  der  gleichen  Annahme  wie  der  Jeruschalmi 
über  die  Verwandtschaft  zwischen  nanns  und  mann  ausgehend, 
aber  die  Stelle  II.  Sam.  XVII,  19  mann  . . .  narm  berücksichtigend, 
behauptet,    daß  nanns  so  viel  wie  ^'nrci^  „sich  auf  dem  Boden  aus- 

1  Mischnah  Ket.  I,  5;  Talmud  Ket.  12".  Nach  Jer.  Ket.  I,  25'  soll  dies  aus 
der  Zeit  herrühren,  als  die  heidnischen  Herrscher  das  jus  primae  noctis  in  Judäa 
einführen  wollten.  Über  den  historischen  Wert  dieser  Notiz  in  Jeruschalmi 
vgl.  Krauss  und  Levi  in  REJ.  XXX,  24  ff.;  220  ff.  Der  „eheliclie"  Verkehr  zwischen 
den  Verlobten  in  Judäa  wird  ferner  erwähnt  Jer.  Jcbam.  XIII,  IS*". 

2  Vgl.  Zipser  und  Brüll  in  B.  Chananja  VI,  184;  300  und  Krauss  in  Stein- 
schneider-Festschrift 152,  die  über  das  Verliältnis  des  Jeruschalmi  zum  Babli  in 
der  Wiedergabe  dieser  Tradition  sich  nicht  klar  wurden. 

3  Das  schwierige  msnn  wird  noch  an  zwei  anderen  Stellen  mit  der  Wurzel 
qin  in  Zusammenhang  gebracht,  vgl.  Tanhuma,  ed.  Buber  I,  52  und  Midrasch 
Samuel,  ed.  Buber  XXXII,  141.  Auch  Sotah  42"  wird  das  n  in  nia^-^n  als  zur 
Wurzel  gehörend  betrachtet. 

*  Die  Ausgaben  und  so  schon  in  der  editio  princeps  und  Ms.  M.,  Raschi, 
Ps.-R.  Gerschom,  Jalkut  Schim.  I,  615  (editio  princeps)  und  Jalkut  Makiri,  ed. 
Grünhut  zu  Prov.  XXVII,  22  lesen   "",:un,   beziehungsweise  'litin,   das  aber  ent- 

23* 
XXVII 


356  Louis  Ginzberg. 

strecken''  ^  ist  und  daher  ein  Euphemismus  für  nbirn  sei.  Die 
Tradition,  wonach  nann:  identisch  mit  n'?iya  sei,  ist  demnach  sehr 
alt,  wenn  man  auch  später^  nicht  mehr  diese  Auffassung  sich 
recht  erklären  konnte;  wie  wir  aber  gesehen  haben,  läßt  sich  die- 
selbe ungezwungen  aus  spn  „spitz  sein"  herleiten.  Dagegen  ist 
Dillmanns  nsnn:  „gepflückt,  gebraucht",  schon  deswegen  zurück- 
zuweisen, weil  spn  =  ^j^  „pflücken"  im  Nordsemitischen  über- 
haupt nicht  nachzuweisen  ist,  wozu  noch  hinzukommt,  daß  eine 
Metapher  wie  gepflückt  zur  Bezeichnung  einer  „gebrauchten"  Frau 
gar  keine  Analogie  hat. 

Die  obige  Behauptung,  daß  im  Nordsemitischen  eine  Wurzel 
pj-in  „pflücken"  sich  nicht  nachweisen  läßt,  bedarf  der  weiteren 
Begründung,  denn  allgemein  wird  —  nach  dem  Vorgange  von 
Fleischer  bei  Levy,  TWB.  I,  426?  —  bh.  spn  als  „die  Zeit  des 
Pflückens",  d.  h.  „Herbst"  erklärt.  Es  sei  jedoch  darauf  hin- 
gewiesen, daß  nicht  allein  nach  dem  tannaitischen  Sprachgebrauch 
f]-in  „Hochwinter"  ist,  von  Mitte  Kislew  bis  Mitte  Schebat  (Tos. 
Ta'an.  I,  7  =  B.  M.  106^'),  sondern  daß  es  auch  in  der  BibeP  nie 


schieden  falsch  ist,  da  „verändert"  absolut  keinen  Sinn  gibt  und  daher  ver- 
gebens von  Raschi  zu  erklären  gesucht  wird.  Die  richtige  Lesart  ^nvLarm'N  in 
'IJ  r\)2h~,  Abschnitt  nmy  52''  editio  prineeps,  wofür  ed.  Hildesheimer  260  »ni:nt:'>.y, 
das  nur  orthographisch  verschieden  ist  und  wie  ich  Geonica  II,  218  nachgewiesen 
habe,  ist  der  Übergang  von  rmK»  in  i'^^  auch  sonst  zu  belegen.  Die  falsche  Lesart 
''i:n  geht  auf  'lan  zurück,  indem,  wie  so  häufig  in  hebräischen  Handschriften. 
B  in  i  +  ^  zerlegt  wurde. 

1  Hildesheimer  1.  c. :  nuK'  „erweitert"  —  durch  den  Coitus  —  aber  diese 
Wurzel  bedeutet  nie  anderes  als  „ausbreiten  auf  den  Boden",  daher  n'üt:'  „Decke" 
—  demnach  auch  war  der  Vater  des  R.  Simon  b.  n'JC  ein  „Deckenmacher"!  — 
und  p^s  naty  „Datteln  zum  Trocknen  ausbreiten"  Jer.  Schab.  VII,  10''  30  von 
unten.  Targ.  zu  II.  Sam.  1.  c.  ;S'pT  .  . ,  nn-jyi  erinnert  an  ]&J  c*  des  Jeruschalmi 
und  dachte  vielleicht  Targum  an  msnn  =  nnpn!  Vgl.  auch  Erub.  lOO*:  n^B-pi 
nh';2h  lo  „die  Frau  ist  des  Mannes  Unterbett",  wonach  'nv.:c*  an  unserer  Stelle 
sich  leicht  erklärt. 

2  Vielleicht  schon  in  der  Baraita  Kid.  6",  wo  behauptet  wird,  daß  wenn 
jemand  zu  einer  Frau  sagt  'nsnn,  dann  ist  es  soviel  wie  tidiin  —  wenigstens 
in  Judäa  —  was  doch  darauf  hinweist,  daß  dem  Urheber  dieses  Ausspruches 
die  ursprüngliche  Bedeutung  von  'in  nicht  mehr  bekannt  war. 

3  Auch  Prov.  XX,  4  ist  ciin  mit  „Winter"  zu  übersetzen;  zur  Zeit  der 
Mischnah  (Vogelstein.  Landwirtschaft  35),  und  wir  haben  keinen  Grund  an- 
zunehmen, daß  es  in  der  biblischen  anders  war,  wurde  der  Boden  viermal  ge- 
pflügt, die  letzten  zwei  Male  zur  Aussaat  und  nach  derselben.  Die  Sommeraussaat 
fand  aber  Ende  des  Winters  statt  und  ist  an  dieser  Stelle  absichtlich  qin  ge- 
wählt, um  anzudeuten,  daß  der  Faule  aus  Furcht  vor  Winterkälte  das  Pflügen 
nicht  besorgt. 

XXVIII 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  357 

Herbst,  sondern  die  kalte  Jahreszeit  bezeichnet,  für  die  die  Vor- 
nehmen der  Kälte  wegen  besondere  Häuser  hatten,  was  doch  nicht 
gut  mit  Herbst  identisch  sein  kann.  Der  Gegensatz  zu  ?]-in  ist 
pp  „der  Hochsommer",  der  in  Palästina  die  „Zeit  des  Pflückens" 
einschließt,  so  daß  es  sogar  „Obsternte"  bedeutet,  und  sollte 
wirklich  jemand  ernstlich  daran  denken,  daß  die  Hebräer  die- 
selbe Jahreszeit  durch  Gegensätze  bezeichneten?  In  Wirklichkeit 
bezeichnen  diese  beiden  Gegensätze  die  Jahreszeiten  nach  der 
Witterung  und  nicht  nach  den  landwirtschaftlichen  Verhältnissen; 
Y'p  ist  ,.die  Zeit  der  Hitze"  und  s]-in  „die  Zeit  der  scharfen, 
stechenden  Kälte",  von  t]-in  „scharf  sein''.^  Arab.  ^;.^a-  ist  also 
von  r]-in  zu  trennen.  ^  2.  rj-in  „schnell  sein"  —  verwandt  mit 
c3^Ä.  wenden,  sich  von  einem  Orte  bewegen?  —  ist  besonders 
stark  im  Aramäischen  entwickelt.  Es  gehören  hierher  syr.^  .^^^ 
„schnell",  mand.  ?in-^  „antreiben"',  d.  h.  „beschleunigen"  und 
jüd.-aram.  r|nns*  „etwas  früh  tun",  sowie  xsnn  „frühzeitig"*  von 
Pflanzen,  Tieren  und  Regen.  Arab.  '^\j.:L  „junges  Lamm"  =  aram. 
xamn  zeigt,  daß  auch  das  Südsemitische  diese  Wurzel  kennt,  und 
schon  die  jüdischen  Gelehrten^  des  11.  Jahrhunderts  haben 
Job  XXIX,  4  'Sin  dazu  gestellt.  ■—  3.  r|-in  jüd.-aram.  „gangbar, 
kurrent"  hat  wohl  mit  e^nn  „schnell  sein"  nichts  zu  tun,  sondern 
entspricht    arab.  *^^,=>.    „wenden",    synonym    mit    T^bn   und    daher 


1  über  die  Entwicklung  von  ,,stechen"  zu  „frieren"  vgl.  Schulthess,  HW.  40. 
Vielleicht  gehören  auch  bh.  nJX  „Kälte"'  und  E'3:i'  „Doi-nen"  zu  der  Wurzel  ;i' 
mit  der  GB.  „stechen". 

-  Im  Jüdischen  zweifelhaft;  man  darf  übrigens  für  die  Entwicklung  von 
„scharf"  zu  „schnell"'  nicht  auf  bh.  nn  Hab.  I,  8  sich  berufen,  da  dies  höchst- 
wahrscheinlich zu  i5v.Xä-  rennen  gehört. 

3  Vgl.  Nöldeke,  MG.  60. 

'  Auch  die  Metathese  ^s^  kommt  vor,  vgl.  Low,  Pflanzennamen  87. 

5  Aruk  s.  V.,  dessen  Ausführung  wesentlich  mit  der  Barths  W.-U.  23  sieh 
deckt,  ohne  aber  von  diesem  erwähnt  zu  werden.  Vgl.  auch  Raschi  zu  Job  1.  c. ; 
Gersonides  daselbst,  sowie  Nachmanides  zu  Lev.  XIX,  20  geben  zwar  '3"in  durch 
'n~^':  ..Jugend""  wieder,  versuchen  aber  es  mit  :i"in  Winter  zusammenzustellen! 
Interessant  ist,  daß  schon  der  um  die  Mitte  des  2.  Jalirhunderts  blühende  Tanna 
R.  Simon  b.  Jochai  ciin  in  Prov.  XX,  4  durch  nnyj  erklärt,  wohl  mit  Rücksicht 
auf  die  Jobstelle.  Vgl.  Deut.  R.  VIII,  Ende.  Der  Versuch  Fleischers  bei  Levy, 
TWB.  I,  426,  NDtin  wie  NSin  auf  cjin  abpflücken  zurückzuführen,  ist  entschieden 
zurückzuweisen.  Es  sei  nebenbei  bemerkt,  daß  Levy,  TWB.  s.  v.  XBin,  falsch 
'^2^  {<n>'Din  mit  Lämmer,  die  im  Monat  Adar  geworfen  wurden,  übersetzt,  gemeint 
sind  vielmehr  Lämmer,  die  von  Scliafen  herkommen,  die  im  Adar  trächtig 
wurden! 

•^  Maimonides.  Moreh  I,  39  versucht  das  oben  besprochene  nein:  mit  dieser 
Wurzel    zusammenzustellen    und     kam    er    wohl    durch    Talmud    Ker.    11%    wo 

XXIX 


358  Louis  Ginzberg. 

gleich  diesem  „Geld  wechseln".  Palmyr.  js^r  =  syr.  \isia:^  „Klein- 
geld", ^3f^  „wechseln"  ist  demnach  nicht  zu  3"ir  zu' stellen  (Fraenkel, 
B.  A.  III,  76),  sondern  ist  nur  dialektisch  verschieden  von  t]nn. 
Für  diese  Identität  spricht  besonders  die  Bemerkung  des  Talmuds 
B.  M.44^  a&ts^ti  "Sü  "S'^-in  . , .  "ta^-ne  „Kleingeld  ist  gangbarer  als  Münze", 
wonach  die  Bezeichnung  für  Kleingeld  im  Palmyrenischen  und 
Syrischen  sich  leicht  erklären  läßt.  Vgl.  auch  Sifre  Deut.  317,  wo 
die  interessante  Notiz  sich  findet,  daß  man  im  kommerziellen 
Sprachgebrauch^  "iyDa  pisb  sich  des  Ausdruckes  bediene  ^b  s^ny 
ybcn  ns*  „gib  mir  Kleingeld  für  ein  Sola".  Der  Wechsel  von  y  und  n 
hat  natürlich  nichts  Auffälliges  und  sei  noch  darauf  hingewiesen, 
daß  wir  im  Talmud ^  neben  p]-iy  =  2iy  „vermischen"  die  Variante 
t]-in  haben. 

Zur  Wurzel  ?is:3  „tropfen"  gehören  nh.  nsis,  jüd.-aram.  xnsa 
„Tropfen",  sowie  syr.  ]h.^^  „Punkt",  eigentlich  „Tropfen",  ähnlich 
nh.  2127  b^D  i'S'D  „Fliegenaugen"  und  "'  b^  'ifl  „das  Tüpfelchen  des  Jod", 
die  alle  fälschlich  in  den  WBB.  zu  fsp,  beziehungsweise  S]ita  gestellt 
werden,  die  aber  gar  nicht  existieren.  Der  Abfall  des  ersten  Radikals 
bei  gewissen  Nominalbildungen  von  prima  J  ist  gemeinaramäisch 
und  ist  P|ta3'o  „tröpfeln",  sekundär  aus  ness  gebildet.  Von  diesem 
&|t2Sta  zu  trennen  ist  P]t2St3  „dämmern,  schimmern",  das  zu  !:]ta  =  xsts 
„erlöschen"  gehört,  daher  syr.  -a-J-a^  „flackern",  d.  h.  im  Prozesse 
des  Erlöschens  sich  befinden  und  ]^^3q4  „knistern"  wie  ein  im 
Erlöschen  sich  befindendes  Licht.  Hebr.  'e^sta  Jes.  3,  16  hat  mit 
dieser  Wurzel  nichts  zu  tun,  sondern  gehört  zu  arab.  ^^l.l>  „sich 
im  Kreise  bewegen",   das  auch  jüdisch-aramäisch  in   der  Redens- 

nach   der  falschen  Lesart  nsin:   durch  "1:^"  erklärt  wird,   auf  diese  sonderbare 
Etymologie. 

1  Phönizisch  wurde  in  der  tannaitischen  Zeit  nicht  mehr  gesprochen, 
wonach  '3J?:3  'S  wohl  nichts  anderes  als  „kommerzieller  Sprachgebrauch"  bedeuten 
kann.  Midr.  Tann.  184  hat  dieselbe  Lesart  wie  Sifre. 

2  Ned.  81"  haben  unsere  Ausgaben,  Pseudo-Raschi,  P.  Nathan,  R.  Ascher 
zur  Stelle  und  n2V  'i  n'oSn  zu  Ber.  18"  xn^amy,  Aruk  dagegen  verzeichnet 
neben  dieser  auch  die  Lesart  xn'Disnn,  und  R.  Isaak  in  npr:  ntstr*  hat  außerdem 
noch  die  dritte  Lesart  sn'SiBiy.  Wie  dieser  Gelehrte  nach  Aruk  richtig  bemerkte, 
handelt  ea  sich  nur  um  orthographische  Differenzen  eines  und  desselben  Wortes. 
Die  Etymologien  von  Kohut  und  Levy  sind  wertlos;  xn'iniy,  beziehungsweise 
«namj?,  sowie  sn^siain  und  sn'SiEni?  bedeutet   „Schmutz"  von  my  „vermischen". 

3  Brockelmann  hat  j^-SQ-i  richtig  unter  ^n^,  aber  nicht  j^-a-^. 

■»  Targum  jspn  pnmsii,  vielleicht  „und  in  den  Straßen  drehen  sie  sich 
herum".  Sem.  I,  4  riüBDD  i:  „ein  im  Erlöschen  begriffenes  Licht". 

XXX 


Beiträge  zur  Lexikographie  des  Aramäischen.  359 

art  to^'isa  p'y  „hin  und  her  blinzeln"  sich  erhalten  hat.  Syr.  |^.t)-aa.^ 
„Brandung  des  Meeres"  dagegen  gehört  zu  ^  =  h.  s]2i  „schwimmen", 
wie  ^Q.^   „Überschwemmung"  und  yi-^a-j,  „Flut".^ 


Eine  befriedigende  Etymologie  für  das  im  Jüdischen  sehr 
häufig  gebrauchte  rr^'r'ta  —  vgl.  die  Monographie  von  Krauss  in 
der  Bloch-Festschrift  —  gibt  es  meines  Wissens  nicht.  An  hh^ii 
„beschatten"  oder  k^b  „flicken"  ist  nicht  zu  denken,  ein  Kleid 
wird  nicht  zur  Beschattung  getragen,  noch  ist  es  gut  denkbar, 
daß  dieselbe  Wurzel  Flicken  und  Kleid  bezeichne.  Was  auch  der 
Ursprang  von  ^^*-JJ  sei  —  vgl.  Fraenkel,  TW.  197  —  so  ist 
die  von  D.  Günzburg,  R.  E.  J.  XX,  16  —  20  versuchte  Zusammen- 
stellung desselben  mit  rr'btj  aus  sachlichen  wie  sprachlichen  Gründen 
ausgeschlossen.  Eher  käme  schon  JU>  „lang  sein"  in  Betracht,  da 
'D  das  den  ganzen  Körper  bedeckende  Gewand  bezeichnet,  und  man 
könnte  auf  '^'Ä  „Oberkleid"  als  Analogie  sich  berufen,  aber  be- 
friedigend ist  auch  dies  nicht.  Falls  die  semitische  Herkunft  sicher 
stände,  läge  noch  J.ki,2  dessen  GB.  „bedecken"  zu  sein  scheint, 
am  nächsten,  aber  höchst  wahrscheinlich  liegt  in  rr'bts  eine  Um- 
bildung des  griechischen  otoh},  das  beinahe  in  allen  aramäischen 
Dialekten  2  zu  finden  ist,  wenn  auch  in  einer  nichtsemitischen 
Gestalt,  wie  x'^ts::«,  ab^ca  u.  dgl.  m.  Die  Anlautsgruppe  ar  ist  im 
Semitischen  unmöglich,  die  Prothese  war  nötig,  um  sie  zu  erhalten, 
während  bei  der  Umbildung  6  ganz  wegfiel.  Wenn  Krauss  1.  c. 
gegen  n^b'c  =  Gtoh]  den  Einwand  erhebt,  daß  dies  griechische 
Wort  im  Jüdischen  als  x'^ts::«  erscheint,  so  hat  er  wohl  seine  eigene 
Ausführung  in  Lehnwörter  1,  185  ff.  vergessen,  wo  er  zahlreiche 
Beispiele  für  Umbildungen  neben  direkten  Übernahmen  zusammen- 
gestellt hat.  ^ 


1  Arab.  t^llij,  die  Neige  der  Sonne  gehört  zu  L-ft»  =  jüd.  qaa  „bis  zum 
Äußersten  voll  sein"  und  hat  mit  ciusa  „dämmern"  nichts  zu  tim. 

-  Der  Abfall  von  y  hat  nichts  Befremdendes  im  Aramäischen.  |n  =  [Mi', 
bh.  fCi;  ist  gemeinaramäisch. 

3  Dagegen  scheint  n»^D  nur  jüdisch  zu  sein;  vgl.  jedoch  j^aI;-»-^  „Stratum 
tapetum",  Brockelmann  498,  das  wohl  mit  n'9'J  identisch  iot,  wie  auch  sonst  — 
Schulthess,  HW.  13  —  „Kleid"  und  „Decke"  durch  dieselben  Worte  bezeichnet 
werden, 

*  Auf  der  ersten  Seite  seines  Wörterbuches  verzeichnet  Krauss  diju3K  und 
pin,  die  zu  svysvys  genau  sich  so  verhalten  wie  k'plsn  und  n>'7ö  zu  avoXy. 

XXXI 


360  Louis  Ginzberg. 

Der  im  babylonischen  Talmud  Joma  8*^;  Suk.  6^;  Bek.  57'^  er- 
wähnte •'23V  "iD  ist  kein  mythologischer  Vogel,  trotz  der  an  der 
letzten  Stelle  gegebenen  Riesengröße  desselben,  denn  daselbst 
wird  eine  noch  ärgere  Übertreibung  von  der  Beschaffenheit  einer 
gewissen  Schweineart  berichtet,  und  das  Schwein  ist  doch  sicher 
kein  mythologisches  Wesen!  Die  Identität  "dsv  -q  mit  dem  biblischen 
a'';D-i  „Strauß"  Job  39,  19  wird  in  Bek.  1.  c.  ohneweiters  voraus- 
gesetzt, und  da  schon  in  der  Bibel  die  Vorstellung  herrscht,  daß 
dieser  Vogel  seine  Eier  nicht  bebrütet,  sondern  sie  im  Neste  liegen 
läßt,  ohne  sich  um  dieselben  zu  kümmern,  so  habe  ich  Jewish 
Enc.  II,  512  die  Vermutung  ausgesprochen,  daß  •'ddv  —  in  einer 
Handschrift  auch  "i^'^iD,  also  ns  und  ■'dd^  —  zu  arab.  ^is^  „Nest" 
gehört.  Der  Strauß  —  oder  vielleicht  eine  bestimmte  Art  desselben  — 
wurde  ,,der  Sohn  des  Nestes"  benannt,  weil  er  sozusagen  vom 
Neste  ausgebrütet  wird.  Ob  ^i^  zu  hebr.-aram.  ]p  gehört,  läßt 
sich  mit  Bestimmtheit  nicht  sagen,  wahrscheinlich  aber  ja,~  da 
auch  sonst  der  Übergang  der  vs  in  rr  sich  belegen  läßt,  und  die 
Liquida  J  mag  die  Erweichung  des  p  zu  r  veranlaßt  haben.  Mit 
Rücksicht  auf  diese  lautliche  Eigentümlichkeit  wäre  sogar  möglich, 
daß  •'lar  zu  einer  Wurzel  p''  =  ]'p  „singen",  daher  "j^v  -13  =  a'::-\  von 
pn  „singen".  Die  von  mir  1.  c.  aus  Levita  ■'3t:'n  s.  v.  '^^r  angeführte 
Legende,  wonach  dieser  Vogel  den  Gerechten  als  Speise  in  der 
messianischen  Zeit  vorgesetzt  werden  wird,  ist  eine  spätere 
Gelehrtenkombinatiou  und  beruht  darauf,  daß  Targ.  i{in  h)i:''.n  so- 
wohl für  a^::-\  Job  1.  c.  wie  für  "i\v  r:  Ps.  50,  11;  80,  14  bietet; 
das  ri  aber  gehört  nach  einer  weitverbreiteten  Legende  —  vgl.  z.  B. 
Lev.  R.  XXII,  g.  E.  —  zu  „den  Speisen  der  Gerechten". 


XXXII 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu 

Bereschit  rabba. 

Von  J.  Theodor. 

In  der  Festschrift  zu  Israel  Lewys  siebzigstem  Geburtstage 
(Hebräische  Abteilung,  S.  132—151:  Maamar  etc.  I— XXIII)  besprach 
ich  die  alten  Kommentare  und  Kommentarfragmente  zum  Bereschit 
rabba,  die  uns  in  zwei  Handschriften  und  in  den  Midraschausgaben 
erhalten  sind.  Der  anonyme  Kn-i  nx'sns  u^n-a  in  einer  Handschrift, 
die  sich  früher  im  Besitze  der  Gebrüder  Trieste  in  Padua  befand, i 
kommentiert  auf  S.  1^—75^  (des  Originals  oder  der  Epstein- 
schen  Abschrift)  den  Bereschit  rabba  bis  gegen  Ende  der 
Perikope  nbtn  (Parascha  I— LXXXII,  12;  vgl.  Maamar  VI,  Anm.  5). 
Am  Schlüsse  dieses  ersten  Kommentars  (T)  ist  in  der  Handschrift 
angegeben:  -'.nx  ]wbü  i^^xi  fxrisi  -i2Dn  s]ic  -ir  j^ra  ^sn;  hier  beginnt  ein 
ganz  anderer,  viel  kürzer  gehaltener  Kommentar  (T  II),  der 
S.  75^—81^'  die  Perikopen  ^nbin  -  n'^D^i  (die  in  T  31  Seiten  füllen) 
nochmals  und  S.  81^—85-^  in  gleich  kurzer,  zum  Teil  fragmentarischer 
Form  die  Perikopen  rtt"!  -  •n^^  kommentiert  (vgl.  Maamar  VII);  es 
folgen  noch  S.  85^—871^  „srn  n'rx-ra  p-^ip^b"  (T  III),  zirka  50  Kollek- 
taneen  zu  verschiedenen  Paraschas  bis  Parascha  XLVI  (Maamar  VIII). 

Ganz  identisch  mit  T  ist  der  gleichfalls  anonyme  Kommentar  (O) 
in  der  Midraschhandschrift  Ms.  Opp.  add.  fol.  3  in  der  Bodleiana  — 

1  Epstein,  Der  sogenannte  Raschi-Commentar  zu  Bereschit-Rabba  in 
Magazin  für  die  Wissenschaft  des  Judentums,  14.  Jahrg.  (1877),  S.  2.  Wo  die 
sehr  wertvolle  Handschrift  sich  jetzt  befindet,  ist  Herrn  Epstein  nicht  bekannt. 
Aus  der  Triestischen  Handschriftensannnlung  hatte  der  verewigte  Kaufmann 
nur  einige  illuminierte  Iland.-chriften  erworben,  die  in  den  Besitz,  der  Königlich 
Ungarischen  Akademie  der  Wissenschaften  übergegangen  sind:  der  Kommentar 
zu  Bereschit  rabba  ist,  wie  Herr  Prof.  M.  Weisz,  Budapest,  feststellte,  in  der 
Kaufmannschen  Sammlung  nicht  vorhanden.  Auch  Herr  Oberrabbiner  Margulies- 
Florenz  hat  über  den  Verbleib  der  Handschrift  nichts  ermitteln  können.  Ich  gebe 
die  Laazim  dieser  Handschrift  nach  der  Epsteinschen  Kopie. 


362  J.  Theodor. 

einer  Handschrift,  die  in  spanischer  Schrift  um  das  Jahr  1600 
geschrieben  ist^  —  vom  Anfang  bis  Ende  r\b^"i  auf  S.  1^—1-48% 
und  merkwürdigerweise  stimmt  auch  O  S.  148^ — 168^  ntr^:  -  "n'i 
mit  T  S.  81^ — 8b^  überein  (über  Varianten,  Kürzungen  und  Zusätze 

vgl.  Maamar  VI  f.). 

Neben  diesem  Kommentar  (T  und  O)  hat  ein  anderer  späterer 
Kommentar,  in  welchem  der  erstere  vielfach  benutzt  wurde,  Abraham 
ben  Gedalja  ibn  Ascher  vorgelegen,  der  den  Bereschit  rabba  mit 
„'"ly^"  und  dem  bs^n  mx  (x"rx)  Venedig  1567  herausgab  (vgl.  Monats- 
schrift 37,  171).    Abraham  ibn  Ascher,    der  die  beiden   ganz  ver- 
schiedenen Kommentare  für  zwei  Rezensionen  des  "v^  nTS  hielt, 
machte    den    späteren    Kommentar  (ed.  II)    zur  Grandlage  seines 
^•'u?n"    und    fügte    einzelnen    Stellen    Exzerpte    aus    dem    älteren 
Kommentar    bei,    die    er  meist  mit  k"d  bezeichnete  (ed.):    das  ist 
der  Raschi-Kommentar,    der    nach  dieser  editio  princeps  in    den 
Midraschausgaben  wiederholt  abgedruckt  wurde  (vgl.  Maamar  VI, 
Anm.  1).    Den  zweiten,    späteren  Kommentar  kannte  auch  Jehuda 
Gedalja,    der   eine   fehlerhafte  Abschrift  zu   seinen  mnjn  beniitzte, 
die  später  in  dem  Midrasch  ed.  Saloniki  1594  veröffentlicht  wurden 
und  die  dem  Verfasser  des  Oth  Emeth  (erschienen  Saloniki  1565) 
handschriftlich   vorlagen   (vgl.  Maamar  II):   beide    führen    Stellen 
aus    diesem   Kommentar    als  "  syn  '"s  an.    Eine    Handschrift    dieses 
zweiten    Kommentars   ist   leider    nicht    bekannt    geworden.    Wie 
Abraham  ibn  Ascher  bei  dem  Abdruck  oder  bei  der  Bearbeitung 
dieses   Kommentars    Stellen    aus    dem  k"d,    oft  abgerissene   Sätze, 
verwendet,  kann  man  leicht  aus  der  Vergleichung  des  Kommentars 
zu  den  beiden  ersten  Paraschas,   die  ich  in   der  Lewy-Festschrift 
(Maamar  XVIII— XXIII)  edierte,   mit    dem  Kommentar    zu    diesen 
Paraschas  in  den  Midraschausgaben  ersehen.  Der  gedruckte  Kom- 
mentar wurde    trotz    seiner   sichtbaren  Zwiespältigkeit  von  Zunz, 
Geiger  und  auch  Darmesteter^  für  ein  Werk  Raschis  gehalten,  ob- 
wohl die  Autorschaft  Raschis  schon  früh  bezweifelt  und  bestritten 
wurde  (Maamar  Ulf.).  Schorr  hat  in  Hechaluz  X  (1877)  S.  111—118 
nachgewiesen,    daß    der   Kommentar   nicht   von    Raschi    stammen 
kann;    die  eigene  Angabe  Abraham  ibn  Aschers  in  der  Vorrede 
der  editio  princeps,  die  in  den  späteren  Ausgaben  nicht  abgedruckt 

1  Laut  gefälliger  Mitteilung  des  Herrn  Prof.  Cowley,  vgl  auch  Darmesteter, 
Reliques  scientifiques  I,  114;  der  Name  '<"&']  ist  auf  S.  2  von  viel  späterer  Hand 
geschrieben,  vgl.  Maamar  V,  Anm.  4.  —  Herr  Prof.  Cowley  hatte  die  große 
Güte,  die  Laazim  der  Oxforder  Handschrift  genau  kollationieren  zu  lassen. 

2  a.  a.  0.,  p.  168,  aus  Romania  I  (1872). 

II 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  363 

wurde,  daß  er  zwei  ^Rezensionen"  des  Kommentars  benutzt  hat, 
blieb  Schorr  unbekannt.  Epstein  beleuchtete  in  seiner  aufschluß- 
reichen Abhandlung  (Magazin  1887),  wie  Abraham  ibn  Ascher  bei 
der  Redigierung  des  ,.Raschi"-Kommentars  verfuhr  (ebenda  S.  2— 6) 
und  zeigte,  daß  die  Handschrift  der  Gebrüder  Trieste  zwei  ver- 
schiedene Kommentare  nebst  denKoUektaneen  enthält  (ebenda  S.  7  f.). 

In  beiden  Handschriften  und  den  Ausgaben  liegen  uns  vier 
verschiedene  Kommentare  und  Kommentarfragmente  zu  Bereschit 
rabba  vor:  1.  der  ältere  Kommentar  in  T  0  und  ed.  (so);  2.  T  H 
zu  den  Perikopen  nh'^^)  bis  «nv  und  O  zu  iiy-,  bis  'r:y,  3.  T  III 
i'tip''?  und  4.  ed.  IL  Die  Namen  der  Verfasser  sind  uns  unbekannt; 
wir  dürfen  vielleicht  von  dem  älteren  Kommentar  sagen,  daß  er 
aus  der  Zeit  oder  dem  Milieu  Raschis  stammt  (vgl.  Maamar  X  ff.). 
In  der  genannten  Lewy-Festschrift  konnte  ich  nur  kurz  erwähnen, 
daß  der  Verfasser  dieses  Kommentars  zahlreiche  in  Bereschit  rabba 
vorkommende  griechische  Wörter  richtig  oder  minder  richtig 
erklärt  und  daß  er  eine  große  Anzahl  von  Laazim  gebraucht,  die 
nach  Epstein  zum  größten  Teil  italienisch  sind,  neben  denen  auch 
französische  Wörter  vorkommen  (vgl.  Magazin,  ebenda  S.  10). 

Die  Zusammenstellung  aller  Laazim  der  beiden  wenig  be- 
kannten Handschriften  wie  des  gedruckten  Kommentars  nach  der 
editio  princeps  dürfte  die  Midraschleser  wie  die  Romanisten  gleich 
interessieren  und  wird  gewiß  auch  dem  verehrten  Jubilar  eine 
willkommene  Festgabe  sein. 

Es  enthalten  T  und  O  (die  zwei  letzten  Nummern  aus  der 
Perikope  ppjs  mitgerechnet)  106  Laazim,  von  denen  in  T  vier 
(Nr.  52,  61,  74,  79)  und  in  0  sieben  (Nr.  2,  9,  13,  16,  23,  33,  97) 
fehlen;!  die  9  Dubletten  (Nr.  17,  22,  36,  42,  43,  48,  64,  91,  99)  sind 
je  als  ein  Laaz  gezählt.  Von  diesen  Laazim  in  T  O  finden  sich  in 
ed.  nur  40;  an  einer  Stelle  findet  sich  ein  anderes  Laaz  (Nr.  20). 
TII  bietet  sieben  andere  Laazim  (Nr.  112, 113, 114, 116, 117,121, 122; 
vgl.  Nr.  38,  44);  T  III  vier  (Nr.  11,  21,  24,  Z6;  vgl.  Nr.  47)  und 
ed.  II  siebzehn  (Nr.  5,  6,  10,  12,  15,  25,  63,  81,  85,  86,  120,  124, 
127,  130,  131,  132,  135;  vgl.  Nr.  9,  27,  64,  83).  Wie  ed.  II  in 
Nr.  85  und  120  Aruch  benutzt,  so  sind  in  diesem  Kommentar 
noch  mehrere  andere  Laazim  italienisch  (vgl.  Nr.  12,  86,  124,  127) 
und  einige  wohl  provenzalisch  (vgl.  Nr.  6,  64,  132,  135).  Bei  dem 
Umstände,    daß    die    Laazim    in  T  nach    einer    Abschrift   gegeben 

1  In  0  sind  ohne  die  Dubletten  99  Laazim.  Darmesteter,  der  den  Oxforder 
Kodex  für  die  einzige  Handschrift  des  Kommentars  hielt,  zählte  in  ilir  72  Laazim. 
vgl.  a.  a.  0.,  p.  117,  174,  176. 

III 


364  J.  Theodor. 

werden  mußten  und  in  O,  der  späten  Handschrift  von  spanischer 
Hand  (spanisch  ist  auch  in  0  Nr,  69)  vielfach  verstümmelt  sind, 
ist  es  gewiß  ein  günstiges  Resultat,  daß  von  135  Laazim  114  identi- 
fiziert werden  konnten,^  wenn  auch  einige  Wortformen  noch  der 
Erklärung  bedürfen  (vgl.  Nr.  l,  8,  18,  36,  77,  119).  Zweifelhaft, 
beziehungsweise  nicht  vollständig  erklärt  sind  elf  Laazim  (Nr.  4, 
1'.»,  26,  33,  50,  74,  75,  116,  121,  128,  129);  unerklärt  sind  zehn  ge 
blieben  (Nr.  3,  7,  25,  29,  31,  81,  92,  109,  123,  125). 

Eine  Anzahl  von  den  Laazim  in  den  Kommentaren  zu  Bereschit 
rabba  findet  sich  auch  im  Talmud-Kommentare  des  Rabbenu 
Gerschom  und  im  Machsor  Vitry,  die  Brandin  ^  und  Schlessinger^ 
behandelt  haben.  Die  Laazim  flössen  aus  der  lebendigen  Volks- 
sprache, aus  der  Raschi  eine  solche  Fülle  von  altfranzösischen 
Wörtern  zu  den  Erklärungen  in  seinen  Kommentaren  zur  Bibel 
und  zu  Talmud  herangezogen  hat.-*  Die  „französischen  Ausdrücke 
im  Raschi-Commentar  zum  Pentateuch"  hat  Berliner  im  Anhang 
zu  Raschi,  zweite  Auflage  (1905),  in  alphabetischer  Anordnung 
und  aus  dem  Altfranzösischen  verifiziert,  herausgegeben.  Von  dem 
überwältigenden  handschriftlichen  Material,  das  Darmesteter  ge- 
sammelt hat,  wurden  „Les  Gloses  francaises  de  Raschi  dans  la 
Bible"  in  der  Revue  des  Etudes  juives  (REJ.)  Bd.  LIII— LVI 
(1907/8)  veröffentlicht;  leider  finden  sich  in  den  Noten  des  Heraus- 
gebers nur  spärliche  Erklärungen  der  altfranzösischen  Wortformen. 
Die  Fremdwörter  im  Schibbole  Halleket  hat  Low  behandelt.^  Ein 
ganzes  Wörterbuch  der  altfranzösischen  Sprache  ist  in  dem 
„Glossaire  hebreux-francais  du  XIH''  siecle'",  herausgegeben  von 
Lambert  und  Brandin  (Paris  1905),  enthalten.  In  diesem  bedeut- 
samen Werke    sind    leider    die    Laazim    nicht  hebräisch,    sondern 

1  Die  richtige  oder  vermutlich  richtige  La.  ist  nach  T  O  vorangestellt;  die 
Laazim  auf  c,  D  (Nr.  1,  2,  4,  8,  9,  27,  30,  53,  57,  59,  73,  74,  78,  79,  80,  110,  128, 
130,  133;  5,  39,  80)  und  ]•  (Nr.  71,  72,  74,  90,  115)  sind  Pluralformen,  das  Fremdwort 
ist  in  sg.  gesetzt.  Für  das  Provenzalische  benützte  ich:  Levy,  Petit  dictiounaire 
provengal-fran^ais. 

=  Les  gloses  francaises  (Loazim)  de  Gerschom  de  Metz  (Br.)  in  REJ.,  Bd.  42 
und  43  (1901);  vgl.  auch  Königsberger,  Fremdsprachliche  Glossen  bei  jüdischen 
Commentatoren  des  Mittelalters  (Königsb.). 

3  Die  altfranzösischen  Wörter  im  Machsor  Vitry,  Mainz  1899  (Schless.). 

i  Nach  Darmesteter  a.  a.  0.,  p.  175,  finden  sich  in  den  verschiedenen 
Kommentaren  Raschis  3157  Laazim. 

^  Gloses  romanes  dans  des  ecrits  rabbiniques  in  REJ.,  Bd.  27  (1893),  239  ff. 
Ich  zitiere  Löws  Aramäische  Pflanzennamen  mit  „Pfln.",  Pflanzennamen  bei 
Raschi  in  der  Festschrift  zum  70.  Geburtstage  A.  Berliners,  S.  231  —  254  mit 
„Pfln.  bei  R",  die  Gloses  etc.  mit  „REJ.  27". 

IV 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereachit  rabba.  365 

nur  transkribiert  abgedruckt  und  im  Index  ohne  Beifügung  der 
altfranzüsischen  Formen  neufranzösisch  übersetzt.  Viele  altfranzösi- 
sche Wörter  bietet  auch  die,  spätestens  dem  XIV.  Jahrhundert 
angehörende,  Regensburger  Handschrift  des  Kleinen  Aruch,  aus 
der  Perles^  interessante  Proben  mitgeteilt  hat. 

Ich  setze  zu  den  einzelnen  Nummern  die  auch  bei  Rabbenu 
Gerschom  (RG),  Raschi  (R),  im  MachsorVitry  (M.  V.)  und  Schibbole 
Halleket  (Seh.  H.),  wie  im  Glossaire  (Gloss.)  und  in  der  genannten 
Handschrift  des  Kleinen  Aruch  (Kl.  Ar.,  Regensb.)  vorkommenden 
Laazim,2  oder  ich  verweise  auf  die  betreffenden  Stellen.  Den  Text 
des  Bereschit  rabba  gebe  ich  nach  meiner  Ausgabe,  soweit  sie 
erschienen  ist,  und  füge  aus  meinem  Apparat  Varianten  bei,  wenn 
sie  zum  Verständnisse  der  Erklärungen  erforderlich  sind;  von 
Nr.  111  ab,  wo  nicht  anders  angegeben  ist,  nach  der  Handschrift, 
die  meiner  Ausgabe  zugrunde  liegt  (A)  mit  Beifügung  der  Laa.  in 
cod.  hebr.  Paris  149  (P),  cod.Vat.  ebr.  30  (V),  cod.  Epstein  a-.rsrn  ty-n,"2  (E), 
den  Ausgaben  (ed.  pr.  und  ed.  Ven.),  Aruch  (Ar.),  Jalkut  (J;  Jalkut 
ed.  pr.:  J^).  —  Die  philologische  Bearbeitung  der  ganzen  Sammlung 
muß  den  Romanisten  vorbehalten  bleiben. ^ 

1. 

I  1,  S.  2  D'rstt'si,  kleine  Türflügel  in  großen  Toren. 

T  0  r'nbs* . . .  iKDöi  jn:.^  püiyü  ]^:zr\  'si^n,  ed.  t:'""n  b"ü,  afr.  aleoir 
und  a[l]leure  v.  lat.  *allatura  (aller),  nfr.  allure,  Gang. 

R. :  II  Kön.  1,  2  t-'h'^k  (Br.  alledoyr:  promenoir)  u.  "'■''?s'?k, 
TW.  nrrcn,  REJ.  54,  25;  Erub.  78^  T-nSx  (Rabbinov.  ^-rtzba), 
TW.  mx-:Larij;  ibid.  59^  nm"?«,  TW.  nosna;  BK.  82*^  nrb^bMi. 

Gloss.:  2  Kön.  a.  a.  O.  aloüyr. 

2. 

Ebenda  4,  S.  6  pj^'D,  pl.  von  j'?\"2  ^dlav,  Tinte. 

T  ^bz,  wohl  zu  1.  ^b:,  afr.,  nfr.  yalle  Gallapfel;  Pf  In.  bei  R.  Nr.  41. 
R.:  Sabb.  104^  Meg.  19%  Gitt.  11^  19%  Scheb.  42%  Men.  31^  -cb:, 
Erub.  3'-^  ^vhy,  Pes.  53%  Sot  17^  i^^b:. 

1  Beiträge  zur  Geschichte  der  hebriiisclien  und  aramäischen  Studien. 
München  1884,  S.  20  ff .  (rerl.). 

2  Ferner  einzelne  Laazim  aus  Aruch,  R.  Menachem  b.  Chelbo  (cn:n  "i  'jms 
"iihn  -\i  ed.  Poznanski,  Warschau  1904),  U.  Samuel  b.  Meir  (RSbM.),  ür  Sarua 
(O.  S.)  u.  .1. 

3  Die  Identifikation  einer  größeren  Anzahl  von  Laazim  hatte  ich  Herrn  Ober- 
rabbiner Dr.  Wellesz  in  Budapest  s.  A.  zu  verdanken.  Mancherlei  wertvolle  Auf- 
schlüsse konnte  mir  auch  mein  Sohn  Dr.  Hugo  Theodor,  z.  Z.  im  Felde,  erteilen. 


366  J.  Theodor. 


3. 


Ebenda  10,  S.  8  p"»  d-'jb'?  -ipin  nn«  p«i  -ipin  nnx  D^airn  n::p  nri  □"'öirn  n2:p;3. 

T  «3:vn  -IDT  '?3tt'  D'ütt'n  n:ipn  n-'ssb  Kintr  ci'?iy'?  "nnK"?  na  irmn  k"?  -iöi'?3 
Dmp  y?2tt>ia  d^db*?  "^dk  (?)Ty'?D  p''»«  d^js"?  n  s-np  iDinnü;  O  . . .  k"?  'öi'?3 
"131  bas  . . .  (?)  prK3K  d'jb'?")  -nnx  i"?  «iip  iiainn»  t<:ivn. 

Die  ganze  Erklärung  schwer  verständlich. 

4.  5. 

Ebenda  12,  S.  10  .-iK''tDpna  (mon-iB  nrionn-iB),  vgl.  zur  Stelle. 

T  \r-inB  (ynvDDms)  nvDS-iB  0  ty-niB  nr^nniB;  zu  -ins  vgl.  R. 
II  Kön.  1,  2  ^rns  TW.  n32B?,-i.  REJ.  54,  25,  afr.  prone, 
Gitter,  Gatter;  ed.  II  p  '^'üiivn  ipri  pjs  .  .  .  DKn^''t3  ms^Dsna 
ün'2  nns  bv  er  pb-i^Diai  pDnn  'rr'by  p^m  '?ni3n  (Jeh.  Ged.  in 
ed.  Salon,  rx-i^t:  mK''D3-:nB,  Oth  Em.  tr^n^D  m^'D^niB),  afr.  tier, 
nfr.  tertre,  Anhöhe;  nfr.  terrasse,  Altan. 

6. 

II  4,  S.  17  riB-'^tt?  nnn  (ke^u?  iim^). 

ed.  II  -i'Kbip  KB^iy  .  .  .  vnian*?  p^  nBiirn  püb  (siehe  die  Erklärung); 
prov.  colar;  afr.,  nfr.  couler,  durchseihen,  gleiten;  vgl.  w.  u.  , 
Nr.  76. 

7. 

IV  4,-S.  27    D3BnK    (dD^BN). 

O  vmjsnn  d'^dd  d""!  (?)  pbpnp  pm'?^  oin  bty  ^"^^  nca-isK  pt"*?  ds-ibk 
np:n  "^y  lya::«  d^üü  Kinu^ai . . ,  n^ön  u  psBWtr  np:  u'''  n'^riabi  D"'3p3 
D^!3  i^ia  '■'Dpjn  "'nbpö  lya::«  TDütt^si  vn-'aciy  '^ap:  ']'^-  nbpfi  ij'k, 
ed.  "IDT  j'''?pnp . , .  c^nn  •'ban . . .  ptrb  dsibs,  T  'wi  p'?pnp  .  .  .  d3-ibk, 
vgl.   Ar.  I  301  und  III  44. 

8. 
Ebenda  niKiia. 

T  tt'''i3-i''tt  (1.  tt^'m"»),  O  D-'i-ntt,  ed.  ns^'^m^:,  prov.  mirador,  afr. 

mireor,  miraor,  miroir  u.  a.,  nfr.  miroir,  Spiegel. 
R.:  Ex.  38,  8   ir^nTia  ib^^KTü  u.  a.,   TW.  n'Kiö,    REJ.   53,  186 

(cf.  Godefroy,  Compl.  II  157);  Jes.  3,  23  i^nKT/a  n^nTia  u.  a. 

(Br.  nairadoyr:  lat.  *miratorium),  TW.  D^jrbj,  ebenda  54,  30; 

Hi.  37,  18  n^^HTia  u.  a.    TW.  'sn,  ebenda  56,  87;    Ab.  z.  29'* 

i^'^nTia;  Sabb.  149'^  -ii"'Kn"'ü  (Rabbinov.  T'TiTa). 
Gloss.:  Ex.  a.  a.  0.  mireüyrs,  Jes.  a.  a.  O.  mireürs,  Hi.  a.  a.  0. 

miru'ir;  Kl.  Ar.  Regensb.  ktiitü,  Perl.  101. 

VI 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  3G7 

9. 

Ebenda  5,  S.  29  hk^dd^dd  'ho  (mKtao-'Ds  D'u>'?t:o),  ^saxrig. 

T  ^^'"0  ,  .  .  niNToni;  o'^Strs,  ed.  II  msiDnu  w^h'Si'o  "a'^on''  m:-iD3 
D"ü"iD  .  .  .  ms-it2nu  np  "iVki  "]•?'«  n-i«n  mrni  ^tw  nnnö  (Jeh.  Ged. 
cxv^iD,  Oth  Em.  rKPit;,  vgl.  Math.  Keh.);  afr.  teise,  toise, 
nfr.  toise,  Klafter. 

10. 

Ebenda  7,  S.  31  icia. 

ed.  II  K  -int' -IS,  it.  presura,  afr.,  nfr.  presure.  Lab. 

Siddur  R.,  S.  194  r'-iirna;  hdschr.  msic«  'd  §  209  vr^y)-^^,  Perl.  47. 

11. 

V  3,  S.  34  Kti'n  ptaibpnr,  Übers,  von  Hi.  38,  16  d""  '53D. 

T  III  K-ir'nTü  .  .  .  rnp"!  )D'hpT\  c  (ed.  II  irnpm  ^'h-pr^  w).  —  Nirn-i'a 
wohl  zu  emendieren  nach  der  Glosse  in  R.  Pes.  28^  zu 
n"?»:!  D''  (cf.  Rabbinov.)  n«^t3n  "t-ö  ^"^piir^,  afr.  mer  betee; 
Gf.  beter  2 :  bete  . .  beter  part.  pass.  gele  (en  parlant  de  la  mer). 

12. 

VII  4,  S.  54   DIIDH,  xaGiS. 

ed.  II  pi«s,  it.  pavone;  afr.,  nfr.  paon  v.  lat.  pavo,  Pfau. 
Gloss.  I  Köu.  10,  22  und  II  Chron.   9,  21    paons,    TW.  o^an; 
Kl.  Ar.  Regensb.  pKS  p^v  ont:  Perl.  9  9. 

13. 

VIII  3,  S.  59  '?3m«,  Baumeister. 

T  pDia  .  .  .  p323tt'  jDiK,  prov.  mason,  afr.,  nfr.  ma9on,  Maurer. 
Gloss.:  Ex.  31,  5  masonerie,  TW.  pK  ntf-^n. 

u. 

Ebenda  8,  S.  62  jn'?n  (pi^n),  ßaXaQiov. 

T  Kp:-ito  pr  piiTp  i^ibn,   ed.  Kpnia,  0  xpm:,  afr.  tronche,  tronce, 

tronke   u.   a.,   nfr.  tronc(h)e   v.   lat.   truneus,  Block,   Klotz. 

R.:Taan.25'^p:nü,Kidd.27''prnD;RSbM.:Bb.68i'(Rabbinov.)p:nD. 

16. 

Ebenda  10,  S.  64  psnsn  (pjnps),  KaoQovxa. 

ed.  II  xp^nnp  nrs-iQ  r3"i"ip,  lat.  uarruca,  prov.  carruga,  Wagen. 

VII 


368  J.  Theodor. 


16. 


IX  1'6,  S.  73  nvpn,  pl.  von  "p'^l,  dtxr]   {]Vpl,  diKatov). 

T  nnn'?  5y\s  riDirsy  DJsnm  intrn  -laiba  Dscma  c)  pn  las  -ot'  p'^r':'  p"pn 
-nts^nssD'K  niDban  [nirmn,  afr.  enfraiture  (enfrainture), 
nfr.  infraction,  Schmälerung  (eines  Rechtes). 

17. 

X  3,  S.  75  mrpB  (nrrpa). 

O  '^'•'tt^iia'?  nrrps,  T  btr"iö,  ed.  tt»"bx'^Dii2''':r'. 
XII  1,  S.  98  m'ps. 

O  '?-^'!:?i)2'7,  T  '?i:?is:'?,  afr.  lemouisel  v.  lat.  *glomuscelliim,  Knäuel, 

Br.  Nr.  53. 
RG.:  Chull.  95^  h'\vfi^b,  Br.  a.  a.  0. 
R.:  IKön.  6, 18  \Db'^'z^^f2b  u.  a.,  TW.  ö^rps,  REJ.  54,  23;  Chag.  12=^; 

Sukk.  9=^;  Bk.  119^;   Ab.  z.  17^;    Men.  41^;    Chull.  95^  138^; 

Bech.    22«'    in    verschiedenen   Formen    und   verschiedenen 

Schreibungen,  vgl.  Br.  a.a.O.  (daselbst  einige  Druckfehler?). 
Gloss. :  I  Kön.  a.  a.  0.  lumiseys;  Formen  bei  Du  Gange  siehe 

Königsb.  Nr.  109. 

18. 

X  4,  S.  77  nw  mD3. 

O  x'sisp,  ed.  x's  x-i2p,  T  «"sniip,  caprifiguier,  wilder  Geis- 
Feigenbaum  V.  lat.  caprificus,  wilder  Feigenbaum,  wilde 
Feige;  afr.  fie,  nfr.  figue,  Feige.  —  Über  mty  mD3  vgl.  Gold- 
mann, La  figue  etc.,  REJ.  64   (1912),  188  u.   190  f. 

Gloss.:  Jer.  40,  10,  Fr.  26,  1  fies  und  Am.  8,  1  fie^,  TW.  pp; 
I  Sam.  25,  18  figes,  TW.  D^bm;  Gen.  3,  7  fieyra  TW.  n:xn; 
Jes.  16,  9  fieyr,  TW.  pp. 

19.  20. 

Ebenda  6,  S.  79  ni2''3  msir^a  n^i'pnn  (Hi.  38,  81). 

T  nn^n  .  .  .  -itypnn,  O  ntsty-i,  afr.  destoier,  -uier,  nfr.  distraire, 
trennen  (?);  ed.  TX^b^n,   afr.  deslier,   nfr.  delier,  aufbinden. 

21. 

Ebenda  nn'Bn  nx  "itüd  xiritt»  hif2. 

T  III  (Ez.  36,  19)  mija  nna  bt:'  nt'pn  -[ina  thüt  nisö  'i^^DStt'«  ni^si 
m::isn  nn,  afr.  espanchier,  nfr.  epancher,  ausstreuen. 

VIII 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  369 

22. 

Ebenda  7,  S.  82  n^^^ip. 

XXVI  7,  S.  253  ^n'b^p  ma. 

O  '?'';n-i  ]'^^p^  n^is-is'n  ni'j?  wbip,    T  h^:^'^'^^  . . .  ajrr;    ed.  di-j?  .  .  . 

'?":ti3;  bnron  etc.  v.  lat.  *rotundellum,  Br.  REJ.  56,  86;  afr. 

rondelle,  rodelle,  rotule,  nfr.  rotiile,  Kniescheibe. 
R.:  Hi.  31,  22  S-nsm  b':^^^  bn:^-\  u.  a.,   TW.  '^n^vti  r\:pa  •»yiiKi, 

REJ.  a.  a.  O.;  Pes  85^  r\^'h^p  erkl.  t,-i  h^  bnjnn  (Rabbinov.  -[th)  ; 

Chull.  119a''7''T'nn...-iT  hiv  ]rhy  dit;  Sefer  ha-Oreh  133  nb-'tan; 

Siddur  R.  288  hd"^;  Pardes  Nr.  232  xt:-n. 

23. 

X  7,  S.  83  (i.  d.  Varianten)  xb^a,  cpicc?.vj. 

T  ^'?iN''2,    ed.  bis'2,    afr.,   nfr.  fiole,  Pliiole;    Ar.  VI  3-25  xbix-'a. 
Gloss. :    fiole   Ex.  16,  33,    TW.  riDi'::;.    I  Sam.  10,  l,   TW.  ne, 
ibid.  26,  11,  TW.  nnsi'. 

24. 

XII  1,  S.  98  D'jpn  cnty^nb)  nty-m'?. 

TO  rrt^HD  D'b-ij  rnc»  D'trin  j-t  -im  ""lat^nD  D':p  h\v  mnn  ü-3pn  ni^nb 

B''3p.'?r,    T  III  ap^i'^  ü'':p  hz'  m^iisp  nrt:>in,   afr.  troche,   nfr. 

trochee,  Büschel,  vgl.  Pf  In.  343,  Pfln.  bei  R.  Nr.  51. 
R.:  Sach.  4,  12  cpnt:,  TW.  ^b^^,  REJ.  55,  80;  RSbM.  Bb.  68^ 

TW.  a'opn  nrn,  ibid.  143^,  TW.  n:p  bz^  Q^tt'i- 
Gloss. :  Sach.  a.  a.  O.  troks 

25. 

Ebenda  7,  S.  106  b:^  bv!  nv'?;nü. 
ed.  II  K-nn'::  (?) 

26. 

Ebenda  10,  S.  108  n'2,  ßia. 

T  III  KT'-itt?ip  r]bz'fiKi  n"n,  ßia.  afr.  costeret,  Amt  (?). 

27. 
Ebenda  12,  S.  111   n'DJin  (d''2:u''  D'JU'))  öyxivog,  oyxtvos. 

T  f-'p:«  c'3;r,  O  np:«  D-'jjin,  ed.  u?-np3S'  '"jm*. 
LXXXIII  1   ed.  II  '-np;s'  jmpi:'  "^nr  ims'  pDjn;    afr.,  nfr.  ancre,   prov., 
it.  ancora,  Anker. 
RG.  Bb.  73'^  tynp:K  u>'np:K,  TW.  j^jir ;  RSbM.  ebenda  c-p:K,  Br.  Nr.  3 ; 
Kimchi  s.  v.  n;r:  itmp:«;    Kl.  Ar.  Regensb.  cnp:«  Perl.  95. 

Festschrift.  24 

IX 

\ 


3?0  J.  Theodor. 

28. 

XII  15,  S.  112  ponpa  .  .  .  D'TpDJ. 

T  jncn  px  nD^'^p::  bna  j"'önn  jd  nrpnj  nsTinn  bstt'  jncn  u?^  rw'p^^  p^pn: 
x-in:s  i''DD  DX  ^3,  O  nniKn^s,  ed.  sinnra,  afr.  fendeüre,  -dure, 
prov.  fendedura,  nfr,  fente,  Ritze,  Spalte. 

R.:  Gen.  22,  3  Kinre  Kinrs  u.  a.,  TW.  ypn^i,  REJ.  53,  169. 
Keth.  75^  xm-nj^a,  TW.  npb::  v.  pb:i,  Narbe,  vgl.  L.  IV  196; 
pb:i,  spalten  Chull.  124^  pbi:»  n^pbicn,  jedoch  auch  syn.  mit 
pbo  pDi' pDD  zusammendrängen,  vgl.  B.  r.  5  (2),  S.  33. 

29. 

XIII  10,  S.  120  iTK*?  -iDö  )p}V  TiDT  -i):n  •'3)23  jmx  D''?2pai. 

TO  «""pMn  pn^  ]^nh  lap  (jer.  Targ.  I)  '"D^nnJ^iD  13  iias  132:3  nm:  piK 
(?)  Kta'?DnK 

30.  31. 

Ebenda  12,  S.  121  nanx  btt?  p'^n,  ßcöXog,  vgl.  zur  Stelle. 

T  tytaiü,  O  tatriia,  afr.  mote,  nfr.  mot(t)e  v.  spätlat.  mota,  Erd- 
scholle, Klumpen. 
XLI  (XLII)  1,  S.  398  HDnx  r\mp. 

T  tsD"?: » . .  na-iK  b^v  ms'Tin,  O  Kta^^bj. 

R.:  Hi.  21,  33  irisir-'b:  u.  trau'"':'^  5yt2D''b3  "^vb::  (afr.  bloste, 
Erdscholle),  TW.  ^an,  REJ.  56,  85;  Bk.  69^  trtain  TW.  mnrp 
(Rabbinov.  mmp);  Pes.  62^  Rh.  25^^  kisid  sg.  TW.  «"^p;  Nas.  65^ 
tfl^tatr^'^n,  TW.  mmp;  Sanh.  64*^  H^vbn,  TW.  kd^s;  vgl.  noch 
Pes.  45^  Chull.  129%  Sabb.  154^,  Joma  34^,  Ab.  z.  16*^  und 
Fleischer  in  L.  Nh.  WB.  I  284. 

Gloss.:  Hi.  a  a.  O.  gletes,  ibid.  7,  5  glete,  TW.  iri:,  vgl.  folgende 
Nummer. 

32. 

XIII  15,  S.  123  nEiijün  ^a  nnuTiiy ''-13,  vgl.  zur  Stelle. 

T  ]2}b:,.. ntrp  vp-\p  ü'n'i  n''3n ^a bv nai:?2  n:f2'r\  pc>iru? vp'^p  nmx naijö  •'B, 
O  w"?:,  ed.  ttjnj,  afr.  glason,  nfr.  glaise  v.  spätlat.  glis, 
Tonerde. 

33. 

Ebenda  16,  S.  125  n''tyn3ia  (pnu? 'Siö). 

T  a:wbH  .  .  .  pnü  "siia;  ob  zusammenhängend  mit  afr.  alegier, 
abnehmen,  abmagern? 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereachit  rabba.  371 

34. 

XIV  7,  S.  130  K-12:  inK^i^ö  bv  {Qb)v)  abr  ^aiy   (Gen.  2,  7  nsy  als  nei;, 

Jüngling  gedeutet). 
T  n^^i^pa  ii^iD  njijj  Dbiy  nsw,  ed.  -\'hp2,  O  -ibpD,  afr.  (nfr.)  baohelier; 
prov.  bacalar,  junger  Mann. 

35. 

XV  1,  S.  136  D^^bH  ü^mbü. 

T  ^b-np  ü^jiöbx,  O  '\b)p.  Gegen  on"?«  im  Texte  =  jer.  Keth.  VII,  31<i 
ü''i'?x  d^jid'?K'  (aXöj/,  hier  Agallochon,  Low,  Pfln.  295  und 
bei  Kr.  51;  Perles,  Mschr.  38,  135)  nach  der  gangbaren 
Erklärung  ü>mbH  Korallen  mit  ^b^^p,  1.  ^bmp,  afr.,  nfr.  corail 
V,  lat.  corallium  (jcoQdlhov)  übersetzt.  Schon  b.  Rh.  23'*'  und 
Bb.  80^  wird  D';i)a'?N  durch  xn^DS  erklärt,  vgl.  Sachs  I  140, 
L.  II  365,  Pfln.  211. 

RG.:  Bb.  81*  ^b^-\^p  b^mp  Br.  Nr.  27;  R.  I  Kön.  10, 11  "^^mp  bmp  "^mp, 
TW.  D'jtibK,  REJ.  54,  24;  Rh.  a.  a.  O.  ^b^ip  (Agg.  )ba-\)p),  Keth.  98^ 
^■^mp  "^^mp,  Br.  a.  a.  O.;  RSbM.  Bb.  a.  a.  O.  "^^mp;  Ar.  IV  281 
ibmp  (corallo)  und  vgl.  I,  98;  Kimchi  I  Kön.  a.  a.  O.  b^'KTip, 
II  Chr.  2,  7  ^"^^mp. 

Gloss. :  II  Chr.  a.  a.  O.  Koräs. 

36. 

XVI  1,  S.  142  n'an;M. 

TO  Kbmn. 
XXXVIII  10,  S.  360  ^enja. 

O  k"?:!!-!-!,  ed.  «"^nm-i,  P  N'?nmi,  afr.  roable,  nfr.  rouable,  räble, 
Schürhaken;  afr.  redoble,  adj.  umgebogen. 

37. 

XVI  2,  S.  143  mx-'r  nüs  iddü  k-'^iö  Nim  nnx  (mn?)  am  tsiia  ans*. 

TO  tasDU'n  -isiia  toma;  wohl  niK^r  X"::!»  erklärt  ta:2u>"i  despent, 
3.  pers.  sg.  praes.  v.  afr.  despendre,  nfr.  depenser,  aus- 
geben (vgl.  Sohless.  Nr.  129). 

38. 

Ebenda  3,  S.  143  -ib^pn  nn  Nintt»  bp^rj. 

T  D-""»  nnn:  iNt:'ö  «in  (brausend,  rauschend) '':'?ip,  O  am;  ed.  «o'n: 

iD''''ö  3.   pers.   sg.   praes.  v.   afr.  müir,  mugier,  nfr.  mugir, 

brüllen,  rauschen. 
LXVII  11  noaiTO  nc-nj:  TU  i^pia  nömj. 

24* 

XI 


372  J.  Theodor. 

39. 

XVI  3,  S.  146  ü''d:i  vm-i^Btt^. 

T  Dm  D^i^n:  d^dj,  O  nm.  m  afr.  dru,  nfr.  dodu,  fleischig,  dick. 

40. 

Ebenda  4,  S.  147  xrsmp  kdjj,  vgl.  zur  Stelle. 

TO  pp  ^vhn  Ktsmp,  afr.,  nfr.  court  v.  lat.  curtus,  kurz. 
Gloss.:  Jes.  28,  20  kort,  TW.  n::p. 

41. 

Ebenda,   S.  148    d'onKDD  nxn  r^win  n^hfih  jir  mabü  ns:np  Dnan  'jn 
pD'721  (pDpraai)  fDpiJsm  (pma^js),  vgl.  zur  Stelle. 
O  -i:dd  ]^^b  ]r\b  w  jid^di  .  .  .  nnatt^a  i"DpD''Bn  .  •.  .  nnnn  pDiia"'33 
x-i-'ö-i^j  wr,  T  xT)::ij,    ed.  KT''b-i:;    ntötj    wohl    grammaire, 
vgl.  Kohut  Ar.  I  p.  IX  f.  über  ip-^tsanj  ])^h. 

42. 

XVII  5,  S.  156  ntfiDn^  (sto-D-ito  sta^önn),  ^oq^cotov. 

T   D3ix'r'n-nDU?\s  m'^na  püb  sta^^ana,    ed.    jix'tyn-ntau?^«,    O  xta-ann    ' 

j  u^iK'i'  mitatt'N  .  .  .  jitrS 
XLIV  17,  S.  439  X13Ö-1Ö  (sta^DnD). 

T  p^u'''"n'it2tyx  .  .  .  xta^ia-iÄ,  O  ptynnatt'x,  afr.  estordison,  nfr.  etour- 
dissement,  Betäubung. 

R.:  Gen.  1,  2,  Ex.  14,  24,  Deut.  28,  28  und  37,  Jer.  23,  32, 
Ob.  1,  ö,  Ps.  38,  7  in  den  verschiedensten  Schreibungen, 
REJ.  53,  167  u.  178,  54,  8  u.  224.  55,  76,  56,  70;  Joma  83% 
Chull.  84^^  u.  105^,  Nidda  37^^  p?mmt:trK,  vgl.  auch 
Berliner  -,  441. 

Gloss.:  Gen.  a.  a.  O.,  Deut.  28,  37,  Hi.  12,  17  estordizon; 
Deut.  28,  28,  Jer.  a.  a.  O.  etordizon. 

43. 

XVII  7,  S.  158  xtt'sn'^  'n"n  nm^sK. 

O  KT''''?sx  njDma  "n^n  miias*,  T  nn^T'i'^DX. 
XXVI  5,  S.  248  n'^ys'?  (nva)  nnx  d'^"::»  rnt^ü. 

O  KT'n''''?DK  bvnb  n:OTS2  nnTitt'  nrt:'  nn^sj:,  T  sti^'^es',  afr.  aplaidier 
für  jem.  sprechen,  durch  Bitten  erlangen. 

Gloss.:  Ex.  21,  8  apledeya,  TW.  nir,  vgl.  Ind.  p.  233. 

XII 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  373 

44. 

XVIII  1,  S.  162  nain. 

T  mb'c,  O  ^ösSta. 
LXX  19  p'?'?-^  nn:  T  II  pb^  nein  ^b  ptrir  vn,  lat.  thalamus  {d-K?M^og), 
Brautgemach. 

0.  S.  II  39%  §  84^  üüb\:  p^-sx;  S.  Hateruma  §  239  kö^ü;  Tanja 
^f2b\2  (talamo),  Low,  REJ.  27,  248. 

Gloss.:  Ps.  19,  6  talme  TW.  n^-^n;  HL.  3,  9  TW.  pnsK;  Kl.  Ar. 
Regensb.  arzb'c  für  nsin  und  p'"-iSK;  nach  Perl.  62  thalamus, 
talamo  ein  Kirchenausdruck  für  Hochzeit,  Hochzeitsgemach; 
das.  auch  aus  einem  handschr.  Komm,  anb:!  für  Jes.  4,  5 
nsin  und  aus  einem  handschr.  Makre  dardeke  «JibKü. 

45. 

XVIII  2,  S.  162  :^i:;n-\  (nn,Tö)  n-.pia. 

T  t:-i':K  nnp'ü,  O  t2"i":K,  afr.  engier,  erheben,  exaltieren. 

46. 

Ebenda  4,  S.  164  pnn. 

TO  a-i'b:,  afr.,  nfr.  glaire,  Schleim,  Schless.  Nr.  168. 
R.:  ChuU.  46^',    117'',    120^^;    Nidd.  29^  xn"'?^;    M.  V.  751   sn""?:; 
O.  S.  I  112=1  kt!:);. 

47. 

XIX  1,  S.  170  nnnx  (n^aan),  vgl.  zur  Stelle. 

T  pD^s'^tr«  ■''r'in  n-'Dan,    0  jijrbs'C'K  n":33K,    ed.  pirbs'u^x  'bin  n-sssn, 
O  Randglosse  p"i:'''s'?ptr''K. 
XXXIV  11,  S.  322  n'naKi:  T  III  pü''2'rpa;x  . . .  nt^n  n'  bv  xnt:'  xin  '"^in  n'snm, 
afr.  escauffison,  eschaufoison;  nfr.  echauffaison,  Hitzblatter- 
ausschlag. 

R.:  Bez.  22^  ptt^^'s'^pn'K,  TW.  snmp;  ChuU.  59^^  \vs,bpz;  TW.  rn^p. 

Gloss.:  Lev.  24,  16  echafayzon,  TW.  neni:'. 

48. 

XIX  6,  S.  17.')  p'i:-nt;"m  (ptanüvm),  diärQijrc,  Glasfiligran,  vgl.  zur 
Stelle. 
TO  K'pnr  pLsnDV-i;  zu  XXV  3,  S.  242:  T  'Sa  X^i^ib  nx-'p-iü  bv;  nmu?, 
O  '121  "i-ni"'?  nK^p-irniDis  "^D  nmt',  ed.  ns'piy  brnmiy ;  zu  LXIV  2: 
T  O  n"3i2T  'bra  .  .  .  nmty  "nr,  afr.  torque  (v.  afr.  torquer, 
drehen),    nfr.  torquette    (paquet  de  choses  tortillees,   Gf.). 

XIII 


374  J.  Theodor. 

49. 

XIX  11,  S.  180  ]:p:p  hi'  n-^pn  tr'^pnD. 

T  ed.  irn^ara  fnn  s^id  bv  i'^'^b^  jmoo'?  xd  nm'^D,  O  i2-i''ta3''t3,  afr. 
tenterie,  nfr.  tentation,  Versuchung. 

50. 

Ebenda  12,  S.  182  in  a^iK  ü'\d'  ^b  *  ,  ,  "D-fj. 

0  T'nnDiK  rb:!  in-i":''  xb  .  .  .  k^ü^  üb,  T  -nDmx,  wohl  zusammen- 
hängend mit  afr.  enroidir,  hart  werden. 

51. 

XX  4,  S.  186  n^üDm. 

T  trritonsi   (1.  t:'r"its"iü),    0   ornisiü,    afr.  martrine,  martin,   nfr. 

mart(r)e,  Marder, 
R.:  Jes.  13,  21  u.  34, 14  Drntonü  u.  a.,  TW.  d^%  REJ.  54,  33  u.  208; 

Chull.    52^   KDnü-iö,   TW.   n"öD;   Ber.    57^   Kri:nö,    TW.   map 

(vgl.  Rabbinov.);  Seh.  H.  405  rnitsn?:,  vgl.  Low,  REJ.  27,  244. 
Gloss.:  Jes.  13,  21  u.  34,  14  martrins;  I  Kön.  10,  22  martrins 

neben  paons,  TW.  D"an;  Kl.  Ar.  Regensb.  p-its-iiD,  Perl.  106. 

52. 

Ebenda  nsipm  (isipm  ms''pm). 

0  'irn\s . . .  'ns''p,  afr,  eri^on,  'hericon,  nfr.  'herisson,  Igel,  vgl. 

Schless.  Nr.  35. 
R.:    Lev.  11,  30  prn^x   yT^n  u.  a.,   TW.   np:a,    REJ.   53,    189; 

Jes.  14,  23  ]rr-\n  u,  a.,  TW.nsp,  REJ.  54,  34;  Sabb.  54^  ^^^-^n, 

TW.  nBip;    Bb.  4«-  und  Chull.  122%  TW.  npDx;    Toss.  Sabb. 

a.  a,  0.;  MV.  130  ]^T^r^,  TW.  naip. 
Gloss.:  Jes,  14,  23  u.  34,  11,  Zeph.  2,  14  herizon,  TW.  nsp,  Lev. 

a.  a.  O.,  TW.  npDK. 

53. 

Ebenda  5,  S.  186  nö-ixb^  d'Tj  (pTj). 

O  i:'Kn  .  .  .  j''Tj  prD  nü'ix  ■'tj  vp'^p^  t^t^  .  .  .  ,-iünx  ^tj  jn^j, 
T  tt'ij  .  .  .  pT:  pra  nö-ix  ^j-'ö  . .  .  pT'j,  ed.  ü"üi;  afr.,  nfr.  veine 
v.  lat.  Vena,  Ader. 

54. 

XXI  5,  S.  201  n:ifip  (s^fsp),  Heuschrecke. 

T  ji^cp^b  n:if:>p,  O  -^iiifi^b;  ed.  pra'^b,  afr.,  nfr.  limacon,  Schnecke; 
über  eine  La.  x^a^'r  in  LI  1,  S.  532  vgl.  zur  Stelle. 

XIV 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  375 

RG.:  Bech.  38*^  p^*?,  vgl.  Br.  Nr.  56;  R.  Lev.  11,  30  kj£ö-'?  yK^^b 
(limace),  TW.  üisn;  REJ.  53,  189,  Ps.  58,  9  xi'^'S  pn'b  p:iD'b  u.  a., 
TW.  Sii^^ü,  REJ.  56, 72 ;  Sabb. 77''  n:i^'b,  MK 6^  pi-D'b,  TW.  b^h2^■, 
Chag.  11^  (Rabbinov.),  Chull.  122*^  k^ö'"?:  TW.  tarain. 

Gloss.:  Lev.  a.  a.  O.  limace;  Ps.  a.  a.  0.  lima^on. 

55. 

Ebenda  8,  S.  203  n-iü  pvb\v  r^zmfih. 

T  n^msK  ttn:i2  pc"?  tt'nri  irm  .  .  .  r^w^iüb,  O  imex,  afr.  abrier, 
nfr.  abriter,  schützen. 

R.:  Joel  4,  16  T^nsK  u.  a.,  TW.  nonö;  Ps.  8,  3  n^nax  u.  a., 
TW.  ncnx;  REJ.  55,  74  u.  82;  II  Sam.  22,  3  tsjptfnrK  u.  a., 
TW.  m:i,  ibid.  54,  21,  vgl.  auch  Gloss.  Ind.  p.  226  abria  usw. 

50. 

XXII  3,  S.  206  nianx  nnx  D-'Din'?. 

TO  öm*?  rx  IM. . .  n^önnD'X  r^^r^h,  afr.  embramir,  nfr.  enflammer, 
entzünden,  begeistern;  vgl.  R.  Sabb.  66^  tama-13,  TW.  pywr, 
O.  S.  II  42»,  §  84,  22  tt>mö-iD. 

57. 

Ebenda  9,  S.  215  pmn. 

TO  trmi2,  ed.  uxm^,  afr.  moure,  nfr.  müre,  Maulbeere,  vgl. 
Pfbi.  396,  Pfln.  bei  R.  Nr.  68. 

58. 

XXIII  6,  S.  227  D^pvöb  pbin-,ltt^m. 

TO  i'jinjrx  nnpeiö . . ,  p'?in,  afr.  abandon(n)er,  nfr.  abandonner, 

preisgeben. 
Gloss.:  Lev.  19,  20  abondonee,  TW.  nanns,  vgl.  L  II,  114. 

59. 

Ebenda  7,  S.  229  ns'  ny  n't"  nsi,  vgl.  zur  Stelle. 

T  tt?ünia  üuf^:in  n'cn  .  .  .  n'tyn  iq'di,  ed.  r'^n^,  O  ddhd;  afr.,  nfr. 
terme,  Grenze,  Ziel. 

60. 

XXIV  7,  S.  236  nscn  bm'D  (nsD  h^  i'?i:td),  das  Linieren. 

TO  ed.  -"DU7a  neo  "rir  0'?in'D) 'rijn'D,  prov.  bastir,  auch  preparer, 
appreter,  mettre  eii  etat,  afr.  bastir,  nfr.  batir,  bauen. 

XV 


376  j.  Theodor. 


61. 


XXVI  7,  S.  253  rtJ2r\bf2  ('tsD^;^)  ■'tscrö,  ^eybötoi.  "  • 

ed.  rrbn  -i-'üU'ia  -öi-i  \wb'2  XBDSjiia  ,-i)2,-i'?ü  "niai'r'ä  nanbü  ■'tflD"':ia,  O  . , .  •'i:D''jia 
TDt'ü  .  .  .  i:n:!a  ,  .  .  niaibü;  prov.  maestre,  mastre  u.  a.,  afr. 
maistre,  nfr.  maitre,  Meister  (erfahren,  ausgezeichnet,  vgl. 
Nr.  83). 

XXVIII  2,  S.  261  '131  nsyn  ja  «'^x  (im«  ^nxna)  ö^nK-o  di'^d. 

O   (1.  nnaj'otr^^)  TnsDtatt'^n . , .  ^in'ö  ptt'b  D'öD  . . ,  dn«n  nK  nnttS' ^;"m, 

T  -insttn,    afr.    destenperer,    destremper,    nfr.    detremper, 

aufweichen. 
R.:  Ex.  16,  21  T-iSDtou'n  T-.SDT^s^^n  u.  a.,  TW.  dxs:,  REJ.  63,  179; 

Berliner  2  443;  Pes.  35^  TnsDJStt^'%  TW.  nn,^n;  ibid.  68^  n^sotyn. 
Kl.  Ar.  Regensb.    diö^d    jid"?    n^söntatrn   ^in\^    und   ptr'?»  .  .  ,  nn"? 

n'B,'2nün  .  .  ,  n^-iiy,  Perl.  104. 

63. 

Ebenda  3,  S.  261   mit:>  p  (rrTitr  bu?  nb). 

TO  ^1102  niain  ftap  tun  tiba  xin  '?n:n  ünxbt:?  im-itm  Kin  n^^p  laa  nb 

übir*?  rh'D  irK  xim  mnrn;  ed.  II  a^-n'^tr  |!2p  rjx  nba  hT\:>  «in  ^trp 

'131  Tüiyi  ^""^TiD,    afr.    noisele,   nfr.    noisette,    Haselnuß;    afr. 

noiselier,  nfr.  noisetier,  Haselnußstrauch. 
R.:  Gen.  30,  37  ^H^üid  ^hpM  u.  a.,  TW.  iib,  REJ.  53,  171;  Ri.  1,  24 

^bpiD  u.  a.,  ibid.  54,  12,  vgl.  Ar.  II  4  2,  VI,  367,  Pf  In.  Nr.  23 

u.  Nr.  319,  Pfln.  bei  R.  Nr.  105. 

64. 

Ebenda  8,  S.  266  pm 

O  '131  D-tons  p3nu''ön  p-iinr  pryij  fnix  . . .  n'j-'^d  j'^it;  T  . . .  xb^a  pDi: 
'131  Nb"s  a-iri'pt'  D"L:r;3,  ed.  'i3i  k'^'^'o  anri'?a?  .  , .  '"rriJ  jniN,  ed.  II 
nn-K  pmpi  '311x1  npn  nt:rT  1123  ...  tsrM  n><i3n3  d-n::;25  j^-irt:'  p;;  fnix 
r^hrrjh'2',  ebenso  LIX  8,  S.  636  pjn:  Ox"?^^;;  Tx':?'s.  —Unrichtig 
pjir,  Lolch,  übersetzt  mit  )h^':i,  afr.  nielle,  nelle  u.  a.;  nfr. 
nielle,  hier  Kornrade;  richtig  in  ed.  II  r^br,  it.  gioglio,  wie 
Abraham  b.  David  zu  Sifra  Kedoschim  (ed.  Weiss  90^^)  b\\ 
prov.  juelh. 

R.:  Ber.  40«^,  Pes.  35%  TW.  r^:i'p,  Schwarzkümmel;  Ar.  III,  306 
ib";  für  pjiT,  VII,  175  und  M.  V.  719  ^b'':  für  ni'p;  M.  V.  74 
vgl.  Gf.  V,  497;  Pfln.  Nr.  92,  Pfln.  bei  R.  Nr.  75;  Schless.  Nr.  159. 

XVI 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  377 

65. 

XXX  9,   S.  276    CDIp. 

TO  K-irs*,  ed.  nr'i«,  afr.,  nfr.  aigre,  sauer. 

R.:  Pes.  30b,  40^,  ChuU.  111^;  Seh.  H.  184;  REJ.  27,  240. 

66. 

XXXI  12,  S.  285  p-:;v 

O  ed.  T::m,  afr.  demonir,  untergehen  lassen;  T  -rriai. 
R.:  Ez.   6,  9;  20,   43;  36,   31;  REJ.   54,  228  u.  233. 

67. 

Ebenda  14,  S.  287   n^b'ab. 

T  jKS^'?^«  ^2,  O  ]S'bMi;  afr.  olifan,  nfr.  elephant,  Elefant. 
M.  V.  318  ja-"?^«,  Schless.  Nr.  81;  vgl.  Koh.  Ar.  VI,  325,  Anm.  7 
und  Perl.  109. 

68. 

XXXII  1,  S.  288  jnrmüi. 

T  tt"::s'ü;a  .  .  .  rn:j2i  j-ir-i  jnnmü,    0  irniDj^a,    ed.   ly'mKvcja,    afr. 
manuteneur  =  gardien,  Hüter,  Guardian,  Oberer. 

69. 

Ebenda  9,  S.  296  fs:S-  (pa^s  b,^:2),  hu)]i'. 

T  a-ii2  .  .  .  pb2,    ed.  -o-ns;    O  tctnie  .  .  .  büja,    afr.,  nfr.   port, 

Hafen,  span.  puerto. 
R.:  Meg.  6»-  rc-ne;  Kl.  Ar.  Regensb.  üts,  Perl.  106. 

70. 

Ebenda  12,  S.  297  -it  'S:  b::  (Jes.  54,  17). 

T  -i"tt'^;s  .  .  .  iTr.f2  IT',  ed.  Tn;x;  O  -nijs*,  afr.  aguiser,  aiguisier; 

nfr.  aiguiser,  schärfen. 
Men.  b.  Chelbo,  Ez.  21, 14  x-^^-s'  (aguisede  =  aiguisee),  TW.  mmn, 

Pozn.  35. 
R.:  Bez.  28^  n'r";s,   TW.  jTnt'.'a,   Keth.  5^'  ctc":;«,   TW.  ms'tt^is; 

Seh.  H.  389  -r;x;  TW.  vnm,  vgl.  REJ.  27,  240. 
Gloss.:  Jes.  a.  a.  O.  aguyze,  vgl.  Ind.  p.  227. 

71. 

XXXIII  1,  S.  300  pLJ'S'^::  (pc-'2-c2),  zdTtrjg. 

O  p*2D,  ed.  t2"2u  p'cstas,  T  pnc  prci:::,  afr.  tapiz,  tapit;  nfr.  tapis, 

Teppich;  Schless.  Nr.  88. 
RG.  Bb.  13*^  TEi:  u.  a.,  vgl.  Br.  Nr.  100. 

XVII 


378  J.  Theodor. 

R.:  Bb.  a.  a.  O.  tbc:,  Sanh.  95*  ts^sto;  Taan.  21^  Jeb.  63%  BK.  117*; 

Ar.  III,  44,  IV,  63  ita^ats,  tapeto;  M.  V.  334  pata. 
Gloss.:  Jes.  3,  22  tapi2,  TW.  msisria. 

72. 

XXXV  3,  S.  330  n^nsn  ptt'p  C^sn  ptyp). 

TO  juna  •'-la'?  "^ata   Kinsi>   ■'Tan  xn-'^irp  'T-a-i  ptrp,   afr.    bro9on, 

Büschel;    ed.  p^i-o  pl,    afr.    broce,    brosse,    brousse;    nfr. 

brosse,  Büschel,  Gestrüpp,  vgl.  Pf  In.  bei  R.  Nr.  37. 
R.:  Ri.  3,  26  x^tnn  k2:tid  m'^^^  u.  a.,  TW.  rinnruri  und  Jes.  7,  19 

Dr;-Q  tr':::nD  u.  a.,  TW.  a':L):iv:j  REJ.  54,  13  u.  32. 
Gloss.:  Ri.  a.  a.  O.  bro2e;  Jes.  a.  a.  O.  bruzes. 

73. 

XXXVII  5,  S.  347  D'nna:  DTineD  [rx,  vgl.  zur  Stelle. 

T  ed.  ma  in  K^t/sn  nb^  ina  d,-q  pK  -löibn  , ,  .  wn'i'b'i  a^nnsD  (p'K)  crsv 

O  t>nm'?n. 
Nach  der  schwierigen  Lesart  D'nna:  p-x  wird  oTine;  Gen.  10,  13 
gedeutet  DTinaj   delivres,    befreit    (cf.  Jes.  51,  14)    sc.    von 
Fehlern. 

74. 
Ebenda,  S.  348  DD^pa  (oDipa  CTipa). 

O  pnt33ip  D'Dipa,  ed.  ir-'TtsDip,  afr.  contrarieur,  nfr.  contraire, 
Gegner,  Feind  (?). 

75. 
Ebenda  8,  S.  350  n-aa  ^^3  (T^aa  '^"3). 

T  s'"ha  .  .  .  D'iaatr  Q^:p  jb  ^b'D  -i"aa  'b'D,  ed.  ah^^Q,  O  «"^ra,  nach 
Low  (briefliche  Mitteilung)  vielleicht  «•'•''^a  crmp.  aus  «'■''? 
laiche  (Cypernart  wie  Papyrus). 

76. 

XXXVIII  6,  S.  354  ntt^'n  nh^31  latra  sn. 

ed.  -i''''Ki  "iSi^ü  a^n  y-i  ^bs  ba  •'^dö  p-nrr^y  p'  ni,  T  -i'"'K3,  O  -i"^«-!, 
afr.  raier  =  ruisseler  couler,  rieseln,  fließen;  vgl.  oben  Nr.  6. 

77. 
Ebenda  13,  S.  362  nohp)::  (xo'r'pn  xo'^ipn),  ßäxlov. 

T  xji::iö  .  .  .  H^b^p  .  .  .  Kobipn,    ed.   Krii'/a,    O  xjn^,    afr,    macue, 

nfr.  massue,  Keule. 
R.:  Sabb.  63»  rip^:ifi  (Rabbinov.  ns^::»),  TW.  Ka'^ip. 

XVIII 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  379 

78. 

XXXIX  8,  S.  371  a'iniai  D'mtin  n-'^sis*  cms*  ns-. 

O  ed.  '£":,,,  rn  D-'j'y  "maj,  T  r-:,  afr.,  nfr.  gai,  fröhlich,  auf- 
geräumt. 

79. 

Ebenda  10,  S.  373  nn:::s:,  Sieb;   andere  La.  nnaDs:. 

O  tr ■'■''? 3  mtarö,  ed.  tiTb:,  afr.,  nfr.  balai,  Besen. 
Gloss.:  Nah.  3,  15  suys  baluyee,  TW.  nrrnn. 

80.  81. 

XL  (XLI  2),  S.  389    nnpü*?  (pDitsbitDi)  fD'ü'^ron  '?r,    weil    er   zu    nahen 
wagte  (stö^.firjasv). 
T  •jiai'?3  pcr^'riD  .  .  .  n-ipnb  c'bTjn  id;::,    ed.    ü^\2^b:,    0   ty-Dia'^iJ, 
afr.   glout,   glouton,    auch    Schuft,    Elender    (nfr.    glouton, 
Vielfraß).  —  ed.  II  ^»"^n  (?). 

Ebenda  it3  n'^Jüi. 

T  n-np  .  .  .  iT'n  nrun,  0  -imp,  ed.  -iimp,  afr.,  nfr.  corde,  Strick. 
R.:  Hi.  36,  8  r^nip  trnmp  u.  a.,  TW.  ^b^r.,  REJ.  56,  86. 
Gloss.:  Jos.  2,  15,  Am.  7,  17,  Hi.  18.  10  korde,  TW.  ban;  Hi.  36,  8 
kordes. 

83. 

XLI  (XLII  6),  S.  412  D^'?iBnnr'?x  "\r.r\  nxi,  'EXsvdsQÖnohg;  falsche  La. 
D"'?Ei"it3ü,  vgl.  zur  Stelle. 

T  -iru'  xm  •'bis  sts-nsb-i  xnctt'a  irbm  Trn  naity  ''bisi-it:^,  O  naic  "bis-ma 
nrc'  .  .  .  •''?13  D-nsbi  Nnt2t';2  ir'^m  sin  •'ir  \wb^  n-rn,  ed.  -löiur  '"^lantaia 
'151  Tr'?ni  xin  "jr  pcbi  ^rtTi,  ed.  II  '•'biBnios:  '^'?is''-m  n:  mr,i  nxi 
(1.  -liX')  ".si:'  sin  •■'^iB  ■'"aniD  b-'n  T'-'tiu^ia  (Oth  Em.  tücö  c^'^ancis 
-irtt^  sin  ""^'B  ir"?:::  anis  'm).  —  XCII 8,  ed.  II  'irna  bu-  ns  '■'biBnaia; 
in  der  Deutung  von  — ,n  als  Stadtbohüter,  der  für  die  Frei- 
heit kämpft,  wird  "ct:  etwa  von  -laj  erklärt,  und  "Sib  gr. 
(Tiolig  und)  Tivkrj  wie  LXIII  8  TO  nycn  in;D  ''b'Z  |n:D; 
snüu^D  maestre,  vgl.  oben  Nr.  61;  saniB  afr.,  nfr.  porte,  Tor, 
Tür;  bi  bn  del  beim  s.  f.  zugehörig;  vgl.  noch  afr.  port- 
meistre. 

Gloss.:  Hi.  3,  10  porte  TW.  ni^n,  Dan.  2,  49,  TW.  r-n;  Ki  5,  11 
Portes,  TW.  an^ty,  Hi.  38,  8,  TW.  o'n'^n. 

XIX 


380  J.  Theodor. 

84.  85.  86. 
XLIII  8,  S.  422  (mwjjü  nvjjjfa)  r\r::f2  hüd  .  .  .  Tn:::  bv  i'^tr  (p:j3b)  ji;:)a  -[D^^ty 
^D^]DV,  yiäyavov,  (idyyavop. 
TO  n^'7i:'?3 . . .  m::fi  rüss , . ,  nx^bia  pj^ia,  afr.,  nfr.  poulie,  Block-Rolle, 
ed.  II  i'7'':x3Dxa . . . '?:'?;  ]wb  -inx  ptr"? . , .  'vr::"-« . , .  "::!a-iy  ]wb  i'^ir  pjJDfa; 
zu  der  ersten  Erklärung  vgl.  Ar.  V,  172  r;''jD'S' .  .  .  mDianr  '^s, 
it.    ingegno;    ib"DSj;s'!2,    it.  manganello   Armbrust,  mangano 
Schleuder,   afr.  mangonelle,  mangoneau,  nfr.   mangonneau 
Wurfgeschoß,  vgl.  auch  Perl.  72. 

87. 
XLIV  21,1  S.  444  n3  jö  n''''3i3)2  Nnn  ritsp,  asvoiv)];  andere  Laa.  pnn  ytsp 
na  i»  (D'Diia  xt:';i)a)  k'"ojiü. 
TO  (xtfi^jiia)  D'^ttDitt  (pDiTD  p)  D":n'D  an  hdü  nrj«:}  (nnp)  "i'?  ins  n^aiba 

«''■'ta  cns,  prov.  taca,  afr.  taie,  nfr.  taie,  tache,  Flecken. 
R.:  Ex.  21,  25  und  Lev.  13,  2  «"is  xpxts  u.  a.,  TW.  nmnn  u.  nnra, 
REJ.  53, 180  u.  190;  Jer.  2,  22  ><^^d  Kpa,  TW.  Dn23,  ibid.  54,  218. 
Gloss.:  Ex.  a.  a.  0.,  Lev.  13,  2  und  14,  56  tache;  Jer.  a.  a.  O.  täche. 

88. 

XLV  1,  S.  447  :^ba  rbü  {i)bf2  jib^). 

O  -i'bx::  .  .  .  D^bnn  nxi  tt^snn  nx  p:"?!?:  p-'Dm::  .  .  .  jiSd,    T  -x'?2, 
prov.  bolir,  afr.,  nfr.  bouillir,  abbrühen. 

89. 

XL  VI  5,  S.  462  pn::  ^sb^  'mm  '^r. 

T  KDnms' .  .  .  pn::  ""Db^  bv;  insinD  bv,  0  xDims',  afr,  ordon,  ordun, 
ordre,  nfr.  ordre,  Priesterweihe. 

90. 

Ebenda  10,  S.  467  'i2i:3,  vo(ii'i. 

T  y:abfi  'ai;,  O  y:bti,  afr.  malanz,  pl.  v.  malant,  malan,  Geschwür, 

Beule,  Geschwulst;  Schless.  Nr.  16(3. 
RG.:  Chull.  51'-^  u.  55'^  vgl.  Br.  Nr.  59,  Königsb.  Nr.  82. 
R.:  Sabb.  109'^  Keth.  30^  Kidd.  81*,  Gitt.  69%  Bk.83^  Sanh.  101% 

Ab.   z.   28%   Chull.   46%   48^^;    über  i3;'?a  pn  in   R.   Ber.   4o-'. 

Sabb.  33%  Joma  84%  Taan.  19^,  Ned.  41%  Sota  8%  vgl.  Preuss 

in  der  Berliner-Festschrift  296  ff. 
M.  V.  751  pjbü,  TW.  D'nf2:i;  Seh.  H.  399,  REJ.  27,  244;  Kl.  Ar. 

Regensb.  ^:bü  für  -dis  und  '-'Ot:,  Perl.  97. 


1  In  ed.  fehlt  der  Kommentar  zu  Par.  XLIV— XLVII,  vgl.  Maamar  p.  VI. 

XX 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  381 

91. 

XL VII  2,  S.  472  jnta^ö,  firjZQa. 

T  j"'iDD,  0  pts;  LXIII  5  TO  pia,  afr.,  nfr.  matrice,  Gebärmutter. 
R.:  Chull.  54^^  p-na,  TW.  dk. 

92. 

XLVni  6,  S.  480  n^^D^b'-D-Mih,  dQXih]6trig. 

T  (?)  üDpn:s:nx  .  .  .  t:'\2üh  hz^  -c,  O  (■?)  tt'jpxnn«;  (-  :::nK  =  arch  -). 

93. 

Ebenda  9,  S.  486  Dnnns  irnx'?u>  ^:^bs,  nvlav. 

T  jr'^ns  .  .  .  "rnK,  O  jnbs,  afr.,  nfr.  pavillon,  Zelt. 

94. 

Ebenda  D'büm  (mb^n-nn),  vgl.  zur  Stelle, 

T  nx''-i'7i3tt'ix  Di'r'^nn,  O  «rnbta  u^'X,  prov.  ostalaria,  afr.  ostelerie, 
nfr.  hötellerie,  Herberge,  vgl.  w.  u.  Nr.  102. 

95. 

XLIX  1,  S.  497  c^^'Tip  ^bD"?,  xociQos,  Schnüre  am  Webestuhl. 

TO  b"c  ,  .  .  2ttT  (p'sa)  'f2^  Kin  M:.-n  bpi  bw  mnn.t:  ptnrc  'h^;  afr.  til, 

teil,  tel,  nfr.  tille,  Lindenbast  (teille,  Flachs-,   Hanfabfall). 
KG.:   Chull.   51b  i^.^^    tW.  xrina^n;    R.   ibid.  b-o   {rb'"c),    vgl. 

Br.  Nr.  102;   Pfln.  bei  R.  49. 

96. 

Ebenda  2,  S.  499  ji,t-ii:b,  TtarQixöv. 

O  pia'-iüQ,  T  ]iö-it3B,  afr.,  nfr.  patrimoine,  Erbteil. 

97. 
Ebenda  8,  S.  508  binb. 

T  ybQ  .  .  ,  bifi,  afr.  fals,  falz,  nfr.  faux  v.  lat.  falx,  Sichel,  Sense. 
R.:  Bm.   84'^  Chull.  Vo^  sb'i^'^a  falcille,  faucille,  TW.  -,'i'p '?;ü: 
Kl.  Ar.  Regensb.  xb'tt^s,  Perl.  104. 

98. 

Ebenda  12,  S.  514k-itd  ri'pn.  xA^Vröp«;  vgl.  zur  Stelle  und  Maamarp.  IX. 
TO  'in  iüp  rp:  z^p:  rrnnm  d^d  nabrz  .  .  .  nm«  psSac  "n  .  .  .  r]z^p^, 

prov.  cuba,  afr.,  nfr.  cuve,  Kufe. 
R.:  Sabb.  88'^  X2ip  und  Ab.  z.  2^  ssip,  TW.  n'r;;  Kl.  Ar.  Regensb. 

sr,p,  TW.  n'3'3,  Grünbaum,  Jüd.-deutsche  Chrestomathie  469, 

Perl.  86. 

.\xi 


382  j.  Theodor. 

99. 

LH  3,  S.  642  jnK'?"'p   (pm'?p),  xelMgiov.  "    . 

T  KDre^'"! . .  .  c|mü  p'^'^'P- 
LIV  2,  S.  577  pn'?^p  (pi^^p):  T  K2:3^stt>n  .  .  .  n^ix,  O  xtr^at:'^i;  prov.  de- 
spensa,  despesa,  afr.  despense,  nfr.  depense,  Vorratskammer. 

100. 

LIII  9,  S.  564  r\'b''bi2  ntrrJi  nito''  nn\-i. 

T  m'?^'?J2  natipi  iüd  . . .  ^Dxnr  .  .  .  r\rh  m'?^'?^,   O  'rvn,  afr.  jovene, 
nfr.  jeune,  jung. 

101. 

Ebenda  10,  S.  565  nD«  ktts  (xjx  r^ns). 

TO  n^atTK  .  .  .  tr^ns    ijnns*  ijrpax   kjn   d'hs,    afr.    escirer,    nfr. 
dechirer,  zerreißen,  zerfetzen. 

102. 

LIV  6,  S.  583  pHDia  (pnois),  navÖÖKiov. 

T  HKnan  piDis,  O  nx^^^'n,  afr.  heberge,  her  berge,  nfr.  auberge, 

Herberge,  vgl.  oben  Nr.  94. 
R.:  Gen.  30,  20  nKn^nnn  und  zehn  andere  Laa.,  TW.  "^lai  ii^n, 

REJ.  53,  170. 
Gloss.:  Gen.  42,  27  herbijerie  u.  Ex.  4,  24  herbejerie,  TW.  p^ia, 

vgl.  Ind.  p.  257. 

103. 

LVI  3,  S.  598  lansn  m"?:;  (jrita  Kinty)  fritot:'  nD. 

TO  xpnis  ^^h:i. .  .  .  vrhrh  {n-^^p)  nmp  . . .  isi"?::  jnta,  prov.  forca, 

Gabel,  Galgen,  afr.  forche,  nfr.  fourche. 
R.r  Meg.  16^  «p^is,  TW.  xs^pi,  Pfahl. 
Gloss.:   Gen.  40,  19,    Deut.  21,  22   forche,    Esth.  5,  14   forch, 

TW.  p,  Pfahl. 

104.  105. 

Ebenda  7,  S.  603  nnt^i . . .  mr?2n  ^b)l}:  i:(''2ür\  nn?n  . . .  nt'j),  vgl.  zur  Stelle. 
T  n-'iDj  n-itrn  •'sxbia  bir  myanD  ■'niy  jid"?  nnr:  nn\i  {•'aon  nnna^'i . . ,  ntrs 
yb^^2^  )vb'2  nnnDi  n^^iü  ir'?a,  O  nnu?3  paon  nniro  .  .  .  ni^D 
p^'bnn  .  .  .  nntt>i  n^biö  63  ^•^^:  nnt'ji  nnt^n  .  ,  .  \wb;  t^iü,  afr. 
moillier,  mollier,  nfr.  mouiller,  naß  machen;  p-'-bim  wohl 
eine  andere  Erklärung,  rebolez  part.  pass.  v.  afr.  reboler, 
zurückstoßen  (vgl.  Schless.  Nr.  112  und  113). 

XXII 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba.  383 

106. 

Ebenda  11,  S.  611  nhtn  (i'^sn),  vgl.  zur  Stelle. 

TO  b'C'is  *ibE5,  afr.  fuisel,  nfr.  fuseau,  Spindel. 

R.:  Spr.  31,  19  "^'^tna  u.  a.,  TW.  -ps,  REJ.  56,  81. 

Gloss.:  Spr.  a.  a.  O.  fuyzel;   Kl.  Ar.  Regensb.  ^na,  Perl.  102. 

107. 

LIX  11,  S.  637  d'-Dim  D'-xüir  .  .  .  vhfii. 

TO  T-'^u'iDtt'K,  afr.,  nfr.  emmuseler,  Maulkorb  anlegen. 

108. 

LX  fi,  S.  645  p::aD. 

TO  '\"2'iZ\  afr.,  nfr.  se  soucier,  sich  kümmern,  Interesse  haben. 

109. 

Ebenda  8,  S.  649  biäc^p  C^tjnp),  xKprorAo?. 

T O  "^tic-ip  -\'2:!72n nsrr . .  nsm  (?)  i::bzih'cc''p) h'cz'-\p,xg\.  Ar. VII,  208. 

110. 

LXI  7,  S.  668  nr'723N,  ^ijiihov  ('q:x  hier  Schuhe,  die  nicht  von  Leder 
sind,  vgl.  Jeb.  102"^). 
0  trobp  nv'?23K,  T  d^"?,-!  nisb's;«,  afr.  chalces  pl.  v.  chalce,  nfr. 
chausse,  Schless.  Nr.  23;  vgl.  das.  auch  über  jn'^p  z':^:ibp  u.  a. 
bei  R.  Sabb.  l20^  Jeb.  101^  102^  Gitt.  25«,  68^;  M.  V.  88  vybp; 
Seh.  H.  vf'ybp,  REJ.  27,  246. 

111. 

LXIII  8  ^  Ka''D"i'S,  7t(:QL%vxr]g  (?). 

T  Kn"rn  \b'2  nd'Sis,  O  s-i^dd,  afr.  baigneor,  nfr.  baigneur,  Bade- 
meister. 

112. 

LIV  92  jnrnns. 

T  rh^hi  ^ü'2  jn'jana,  O  rhhi  .  .  .  jn:2ns,  ed.  rh^ybr^  . . .  p-i-'j  ••rnD 
(vgl.  Bb.  8'^);  T  II  «'""KD  D"'t2"'tt's  nynnx  ccsn  ja  c']m:u?  cn  pnr-'mB, 
vielleicht  it.  bajoco,  afr.,  nfr.  baioque,  Münze  im  Kirchen- 
staat, etwa  5  Pfennige  (Sachs-Villatte). 


1  E  Ar.  KU'DnQ  {TiciQCi%vx)js)^  V  nuoiD,  Agg.  J  «^»210. 

2  Auch  Ar.  jnj^anB,  Agg.  piuano,  J  inuno. 

XXIII 


384  J.  Theodor. 

113. 

Ebenda^  s*n"''mKn  üp''t2DibiDDN,  GioXaetiKog. 

T  ed.  fv  ]wb^  ,-ninn  ppö » . .  ('p''i2Di'?pD''K)  xp^taoi'^iaD^N ;  O  niinn  pniö; 
T  II  lybn  p^bipu^x  KTtoibipDS,  prov.  escolan,  auch  Studierender, 
afr.  escolier,  nfr.  ecolier 

114. 

Ebenda  -  n-'n^fü  nmp. 

T  II  Ty^^^■}  ns'"ii:!2  'i^'r^'p,  prov.  grua,  afr.,  nfr.  grue,  Kranich. 

R.:  Jer.  8,  7  nsn:,  TW.  d^d,  REJ.  54,  221;  Kidd.  44%  TW.  nm 

GIoss.:  Jes.  38,  14  grue,  TW.  T,:r;  Jer.  a.  a.  O.,  TW.  d'd.  —  Nach 

Low  (brief  1.  Mitteilung)  ist  xmp  in  der  aramäischen  Erzählung 

in  B.  r.  aus  syr.  vh-r^p  entstellt.  Über  die  Fabel  vgl.  ZDMG.  57, 

660;  ebendas.  58,  778  wäre  „Rebhuhn"  zu  berichtigen. 

LXIX  13  j-n^33.  ^*^- 

T  O  pi^n  .  .  .  nr-ittsi  ]'"n^'2  iö3  mnaa,  ed.  j^bia,   afr.  bole(t)z  pl.  v. 

holet,  Trüffel. 
R.:  II  Kön.  4,  39  pi^m  u.  a.,  TW.  mrips,  REJ.  54,  26;  Sabb.  108% 

Taan.  23%  Ab.  z.  38%  Pfln.  bei  R.  Nr.  32. 
Gloss.:  II  Kön.  a.  a.  O.  bulaiz;   Kl.  Ar.  Regensb.  ^"h^^2,  Perl.  51. 

116. 

LXXIV  4*  j'p'^'toE. 

T  11  ^vh'2  m3  v^in^  D^njsü  piyirt:'  przs  p':'p'i:s,  prov.  nogat  mare, 
tourteau  de  noix,  fr.  nougat,  it.  nucato,  mit  Nüssen  durch- 
setzt. Tanja  it:xpiD  =  irmn  ö-'^jibö  dt;«,  REJ.  27,  248;  vgl. 
Ha-Goren  VII,  91  '"xu  p-npD  irnnn  ]mir:i  njx. 

117. 

Ebenda  15''  jT'emsn. 

T  II  Km  Sil  s  .  .  .  KTeniE,  it.  porpora,  afr.,  nfr.  pourpre,  Purpur. 

118.  119. 

LXXV  6«^  nm^Dj  nmis:n. 

T  nxnbü'' . .  sn^DU^K . .  nnnn  am  \fr\b^:  xn  smisn  xn,  O  ^rb'or . .  nx'Tjtyx, 
afr.  asneri.  Eselstall;  nxn'r'Si"'  etwa  eschamelerie  v.  afr. 
eschamel,  Kamel. 

1  V   np'UD'^DD'X,    Agg.   N^ptSDlSnDK,    Ar.    JO'üD^ipDX,    J   NpTlDl^pDN. 

">■  V  rrnso  H^^^.,  P  K"i:ja  .  .  .,  Ar.  J  nxivr:  .  .  .,  Agg.  nxiV'O  xiip. 

3  PAgg.  ninrD33,  Ji  niK»a:r2Nr,  J  i/»  §  786  mKD3r3N3. 

*  Auch  V  l'pS'DD,  E  pprJS,  Ar  pp'S'DD,  J*  pp'^tiD,  P  Agg.  p^p'DS. 

ä  VE  n^anis,  J  xTsnis,  Agg.  pma^s. 

e  Auch  V  nniSoj  nmion,  PAgg.  xn^oj!  «m'Dn,  J.  xnnSoj!  Nmnon. 

XXIV 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu   Bereschit  rabba.  385 

120. 

LXXVII  3  pn:x  n'?D,  äyQLog. 

ed.  II  ip'^sibty  =  Ar.  I,  28  ip'tcnbc  .  .  .  ps""^:s*,  it.  salvatico,  wild, 
vgl.  oben  Nr.  85. 

121. 

Ebenda^  .T"'rD. 

T II  xiy  i'?"U's  i'jbz  rT'^rtr, wohl  zusammenh.  mit  afr.  essillier,  schinden. 

12-> 

LXXVIII  12  p'-.pD^n,  diöxägiop. 

TO  ed.  ]v  pt:6n  n'^n:;  nnrp;  T  II  Tb^'o,  afr.  tablier  =  tablette,  Gf. 

123.  124. 

LXXIX  72   :}-^b'f2p  s]ip    (in    der   Notaricon-Deiitung    des  W.    nts't'p), 
xstar]?U((,  Kleinodien. 

T  Dcn  pi2  xim  (?)  jrbiiapcN . . .  K"'?Dp,  O  ntnis . . .  «im  (?)  p"?ipi:'s  x'bv^p; 
ed.  II  t]"£'?i<  nxt2  K-'^b"» 't:^^' x^''?''ü  sp,  it.  cento  niilla(!). 

125. 

Ebenda  2  pnü'tj  'c. 

TO  rst:^  er  i<i,-n  ivh^  santa  pnt:;  ed.  II  bv  i'^t:.^  Dr  xr^'-j:  pi^Tü 
DU'^mt:  er,  vgl.  Ab.  z.  52^^,  Becb.  50^ 

126.  137. 

Ebenda''  n^nj'p"^"!'!  Twbn,  vdxLvd-og. 

E  p-!;^!2ii  Nnrp"-n  r\vbn ;  J  pnj-ifai  rrri^Dpm  r\vb^n. 

T  in;  Nir,am  ...  «"-^oir  nnrp^m  (Hos.  2,  15)  nn^'':m  n^siD  iiaa  nr'r'in 

mr'p  prb  na^rp  iiai'^a  . . .  lüu^na  ^sid  (-|2D  Ex.  28,  1 8,  39, 1 1 :  Onk. 

pnnö:s',  j.Targ.  I  nmnr«,  vgl.  L.Targ.  Wb.  1, 18,225,  Krauss  11,  28, 

212,  -4  48);  O  -jei:  im  xa^-im  . . .  K''i"n3  K*nrpm  .-!n''''bm  .  ♦ .  nvbn.  - 

H'T,}:",    afr.    jagonce,    nfr.    jacinthe,    hyacinthe,     Hyazinth; 

ed.  II  i<-i'?n''üT«  "]•:'.:  ^^inam  Krirp'"-!!  \'cp  nrp  nn'"'?m  , .  .  nv'?in; 

it.  smeraldo,  afr,  esmeraude,  nfr.  emeraiide,  Smaragd. 
Gloss.:    Ex.  28,  17   jaguynXe,    TW.  mcö;    Echa  4,  7  jaguy^ez, 

TW.  D^r:£. 


1  T  n^yr,  V  n'liyt:',  J'  n^ivc,  Agg.  xy^^tt«,  nicht  in  FE;  in  A  n'^i>t:'  zwischen 
den  Zeilen  zugefügt. 

5  Auch  V  n"Sn:[:,  E  n^'j'op,  Agg.  J  N^^^op,  T  i<>Sr:p. 
^  Auch  PVE  ima'D,  J'  iv^üis,  Agg.  pnu. 
*  P  N'nrpm  nvSn,  V  n"nj\-3«ni  ni'r'^n,  Agg.  Kna'p'm  nv'rn. 
Festschrift.  26 

XXV 


386  J.  Theodor. 

128. 

LXXX  1^  ppöyj,  (.ub^og  oder  fii^og,  Possenreißer. 

O  D-in':?3i  a':Th  j'-ciaia,  P  «nnbir,  afr.  baudir,  baude,  lustig, 
ausgelassen;  vgl.  Berliner  zu  M.  V.  513. 

M.  V.  ebenda  ::'sn  m'?p  übersetzt  xT'nba;  „afr.  baldire?  gew.  bal- 
derie,  baldoire,  Fröhlichkeit,  Munterkeit" ;  ebenda  it.  Rand- 
glosse baldoria,  vgl.  it.  baldore,  Übermut;  Schless.  Nr.  127. 

129. 

LXXXI  5  2  r\)'3'2  p*?«  K'in  ir^'w  pu?"? , . .  man  pb«,  äXlov. 

TKnt2'"''?QX'-iD'?s*  man  pbsnnx  p"?«  ])ba  Kinw  ]wb,  O  «nt:'?Km3S  "ihn 
N-iD''"''?2,  ed.  II  HitähH  \r  pti'bD  id^s  vba  nnx  pbs;  iX-iD'?x  altera; 
K-it5^"''?Q  wohl  mit  plaindre,  plainte  zusammenhängend. 

130. 

LXXXIII  1  -IHK  DipsiJi  pin. 

ed.  IIiy"if3'"TnnxDipi2)3mt:itr')ai"in«,. .  pm,  it. remo,prov.  rem, rema, 
afr.  rame,  raime,  reme  u.  a.,  nfr.  rame  v.  lat.  remus,  Ruder. 

RG.:  Bb.  731  üü'p  tr''ü''''-i,  TW.  mtsit'ü,  vgl.  Br.  Nr.  83;  Königsb. 
Nr.  25. 

R.:  Ez.  27,  6  t:?ü"i  u.  a.,  TW.  Ttsiti'J:,  REJ.  54,  231;  Keth.  85*^ 
u?ö''''-i;  RSbM.  Bb.  a.  a.  0.  (Rabbinov.)  u'^an  t'/a"-!. 

131. 

LXXXIV  16  p^hn. 

ed.  II  xt:''')2p;  afr.,  nfr.  chemise  v.  spätlat.  camisia,  Hemd. 
R. :  Sabb.  120*  xty^üp,  TW.  p)br^,  vgl.  auch  Perl.  60. 

132. 

LXXXV  2  3  n^nnn  n«  K^jciaiat' . 

ed.  II  'NTDU^^K . . ,  r\:ifi^]D,  prov.  espirar,  afr.  espirer,  nfr.  inspirer, 
eingeben. 

133. 

XC  3  4  QnT'?D  ibiii  nsi. 

T  11  3"'-it3tt'''K  p-npiy  (1.  dn-r)  tt>n-i  ■''?3,  O  :2nt:c'K  . .  .  Dm  '•bs, 
ed.  pasn  onu^a  aTbr  monn  on«  •'ja  •'bjity  t:nr-it2t:>''s* .  .  .  dm  •''-1:, 
afr.  estrief,  estrier,  nfr.  etrier,  Steigbügel,  vgl.  auch  Perl.  50. 


»  V  poD^n,  Agg.  pDDiD,  J  DüVü  (vgl.  Ar.  V,  128  DI2lN'0  aus  Ech.  r.). 

2  P  ]-\hn  Nin  '2V  pty'?,   V  inN  pS«   n':iv   pc^,    Ar.  J   -inN  ;iSx  sin  kv  pc'?, 
E  in«  .  .  .  ^<^n  n'3r  ptrS,  Agg.  in«  ,  .  .  k'h  'jv  pc'r. 

3  Auch  V  und  Agg.  (ed.  pr.  und  Ven.)  M'sroQ  Ninr,  J  «vrou  Kinu',  P  nxdü  sihk'. 
*  Auch  E  Ar.  om^^^,  P  am»  h2,  Agg.  D'^jt  'So. 

XXVI 


Die  Laazim  in  den  alten  Kommentaren  zu  Bereschit  rabba. 


387 


134.  135. 

XCI  11 '  ^rücia  m"?"!,  fiaartxtj. 

TU  KrDiö,  O  s*:iirin  .  .  .  s3'oci!3,  afr.,  nfr.  miisc;  ed.  II  ...-5122:0 

Hi"ccf2,  prov.  mastegue,  -tic,  afr.,  nfr.  mastic,  Mastix. 
Ar.  V,  234  ipDiö  (ppci?:)  und  'sTicö  für  -na,  vgl.  Kimchi  s.  v.  -iia, 

Pfln.  70,  REJ.  27,  243. 


Register. 

Die  Zablen  bezeichnen  die  Nummern. 


5  .  .  .  c'n"i:  irNi"::  ,d«1"'j 

05 S'a 

■19 tt'Tura 

44 irzHhiz  ;N:o^a 

71 |>'SU 

21 Npn'j 

X25 xi^n^a  ,sjn'j 

59 tt".-:*!'.:  ,t:'r2ia 


14 
48. 


100 '':x3l^ 

12G .  tC-JlV,'' 

64 r'Sv 

119 nsn^n' 


r)4 . 

17. 


8G 1'?':NJ13NÖ 

30 t:'::io 

101 n^'i'W 

134 ay^'V2  ,K3D10 

38 i'pirs 

.57 tt'NIID  ,ttmo 

91 "[»n'jsrs 

38 D^'iQ 

8 .  .  .  .      ^«"Sn1D  .tt^m^a 

00 y:hr2  ,',':xSo 

(is t:'i;Na:D 

13 [ID.": 

134 x.v:::rj 

77 X.1"li'D  ,}<.-ViD 

r,i Djn!2"io  ,tJ':nDnr3 


112 N"K2 

88  ...    .     • -|>Sn2 

115 yh^i  ,p^n 

12s trinSa 

7!t ^•"'73 

34  ...    .     iSp:  .l'SpD  yhp2 

!■> ]*'i'n2  ,pj'n2 

00 1''l:B'2 


29  , 


r,-, 


41 N"IV2"lO 

78 B'M  ,B'".1 

80 ti":vj:''i.i  ,C'im^.'! 

40       • «1'Sj 

2  .    .    .   '. C'?.1 

32 ^yh.'i  ,B'^.'l 

31 ^•^^''h:,  ,üvh:> 

114 nxnj 

81 . '>o^n 

62 T'-is:^c*n 

73 B'"i2'Sn 

66 "i^jm 

39 cm 

19 T.:tt'i 

20 nx^^trn 

37 t:2st:-7 

99Ni'^3t5'n  ,Nrr3ü'n  .«i'rstt'n 


102 


i-!Kn"2nn  ,nNn2n 


122 

87 


*  V  Ar.  »j'ncr:,  P  >3ddo,  E  oudv:,  Agg.  «^Di'io. 


XXVII 


il.t 
58 
70 
45 
G7 
50 
89 
127 
94 
65 
56 
85 
IG 


.   .    .      «O'PDIlX 

.  .  .  .  i'3ni2x 

■1  ;:nix  ,"!nn;iN 

.s':-mN  ,N:n"nx 

.  .  .    xi^n^r^TX 

.  .  .  nxn^LjB'ix 

....     XLVX 

.  .  .     iviinrx 


2'N 


133 

132 

1 

129 

33 

3 

27 

43 

92 

42 

121 

101 

107 

ll.s 

21 

li:i 


"iv.:r3rx 

JIV^I'X 

XT-.2*\S' 

ü'^Mi  ^x  .ti'mSx 

X1t3""'3  XT.;'?« 

iC^hx 

Y-;itZii  ,]:'Qx 

mpi.«^  ,np2X 


x-m^'^^tx  ,x-"'?sx 
....  i:*;p:i:i'"!X 


t:':ix»i;'-niL:t:"x  jv.i'n"ii:c*x 

XC'l^'C'N 

"l'JC'X 

iiSK*v:t:'x 

X'i>:c'x 

T'iDß^K 

;"'?ir:t:'x 


r 
,;v.:*'3^pK"x     »pr'sSprx 

47 .  .  iioSs^rx   .prSs'rx 

123 p'Sr:pt:'x 


26* 


388 


.1.  Theodor. 


3ö ^^-np 

•>a «inc'ip 

110 cchp 

131 NC'Op 

18 K^SISp 

7 v'^p'^V 

105 .     "i'^^Sinl 

36 N^^m  .sSain 

130 B'lDn 

108 1>i'lt£^ 

120 lp»'L)N1^B' 


2:i 'SlK'3 

75 «"Sa 

97 yhs 

5 anna 

10- Ninc'is 

25 S'12'2i 

124 «"^'D  'üyi 

98 nsip 

15 spnnp 

c nx^ip 

74 ü'n^aaip  ,]>nu:ip 

82 niip 

40 NDlip 


ei -l'tDB'O 

83 suiisSt  j<Tj:t;'rD 

iiG ml 

«3 *i»>^n3 

Gl nS"J 

12 pIXPj 

93 jrSns 

84 nn•^h^Q 

69 IDI'NID  ,'J11D 

117 N11S113 

103 Npnis 

106 .  • hims 

96 ponas 


XXVIII 


Weinstock,  Feigenbaum  und  Sykomore  in 

Palästina. 

Von  Rabbiner  Dr.  S.  Klein,  Ersekujvar,  Ungarn. 

1.  |S)1  Weinstock. 

Wie  in  der  biblischen/  trifft  man  auch  in  der  talmudischen 
Zeit  den  Weinstock  in  allen  Gegenden  Palästinas  an. 

a)  Das  Stammgebiet  Judas  (in  der  talmudischen  Zeit  zum 
^Darovi'^  gehörig)  zeichnete  sich  besonders  durch  seinen  Wein  aus. 
So  bezieht  der  Midrasch  die  Worte  im  Segen  des  Patriarchen 
(Gen.  49,  12)  'in  i"ö  n^:'S  'b'hzn  auf  die  Bewohner  des  Daroms, 
denen  der  Wein,  den  dort  die  Bejahrten,  wie  Kinder  die  Milch, 
trinken,  die  zum  Thorastudium  nötige  Kraft  und  den  Glanz  der 
Augen  verleiht.'-  Namentlich  werden  zw^ei  Sorten  Wein  aus  Darom 
genannt:  'b-nn  (vielleicht:  „stark,  wie  Senf'')^  und  "'^-nu  (?).•*  Zur 
Zeit  des  zweiten  Tempels  wurde  Wein  aus  Darom  zu  den  Trank- 
opfern verwendet.  Während  dieser  Zeit  wurde  der  Wein  nie  sauer; 
damit  dies  geschehe,  mußte  man  Gerste  in  den  Wein  geben.s  —  In 


1  Siehe  die  Bibelwörterbücher,  so  Guthes  BW  716  ff. 

2  Gen.  r.  98  §  10:  HS' . .  .  min  niroSiS  ns'  nnji  m^in2  nn'rv'tr  nm  '>:2  ihn  . . . 
Nin  I"  rrnK"  »^Tin  f"  ex  "ih  i^iN  cm 2  n^an  cv  nnx  f^-;  .pirnS  ^Snn  -inr  a'ar  ]zh  f" 
n\ntr  yi  p'  r^nr  onu  ;"  cni.  Zum  ersten  Satz  vgl.  b.  Ketubot  111''. 

3  Dalman,  Ar.  nhb.  Wb.   151":  ..senffarbener  Wein". 

1  Die  beiden  Sorten  werden  auch  b.  Sabb.  62''— 63"  erwähnt,  wo  RÖI  '"^mLi 
als  weißen,  '^^^^  als  schwarzen  Wein  erklärt:  siehe  auch  Krauss,  Talmudische 
Archäologie  II,  241. 

'••  j.  res.  III,  Anf.  (29')  bemerkt  zu  der  M.:  n:it:'Ni;  ;NVim  nri'DS  /."rnsn  ]*:2in 
H'S  pmix  nm  ];ünn  j^a  jnyB*  n'^.ia  p;n'  pim  y^n::!  ]"  n^n  sS  aoD:S  mnaa  ;"  pw;  vnc* 
n^ram  no>D2  (vgl.  b.  42*').  Siehe  auch  T.  Demaj.  I  2  (45,  11);  j.  Dem.  I  1  (21',  8), 
wo  das  gleiche  über  min*;::'  poin  gesagt  wird.  Daß  mit  dorn  Aufliören  des 
Terapeldieustes  den  Früchten  der  Gesolimack  genommen  wurde,  sagt  auch 
M.  Sotah  IX  12,  13;  T.  XIV  2  (321,   17). 


390  Dr.  S.  Klein. 

der  weinreichen  Gegend  von  Hebron  (vgl.  b'zz"».  br.z  Num.  13,  23) 
wurde  auch  in  der  talmudischen  Zeit  Weinbau  betrieben.  In  dem 
südlich  von  Hebron  gelegenen  ViV  "iss,  dem  heutigen  Chirbet  'Äziz, 
hatte  R.  Ismael  (2.  Jahrhundert)  seine  Weingärten.''  Wir  hören 
dann  von  einer  mit  Namen  nicht  näher  bezeichneten  samaritanischen 
Stadt  im  Darom,  wo  Wein  verkauft  wurde."  Von  der  wunderbaren 
Fruchtbarkeit  der  Weinstöcke  in  Gebalenc  (der  südlichste  Teil  von 
Darom,  wo  arabische  Stämme  wohnten)  weiß  ein  Amora  des  S.Jahr- 
hunderts zu  erzählen.^ 

Der  Ortsname  onsn  n^a  M.  Middot  III  4  ^  =  Kage^i  LXX  Jos.  1 5, 29,io 
heute  'Ain  Kärim,  zwei  Stunden  westlich  von  Jerusalem,  beweist,  daß 
in  der  Umgebung  der  heiligen  Stadt  —  wie  dies  auch  sonst  bezeugt 
ist  11  —  Weingärten  vorhanden  waren.  —  Auf  Weinkultur  weist 
auch  der  Ortsname  sdsi:^^  oder  p:sij  rr'n^^  hin,  den  man  mit  DscJiifnä 
nördlich  von  Jerusalem  gleichsetzt.  Der  Ort  liegt  in  einer  freund- 
lichen Oase.i*  Estori  Farhi  bezeugt,  daß  zu  seiner  Zeit  der  Ort 
reich  an  Wein  war.^^ 


c  M.  Kil.  VI  4  ==  T.  IV  7  (78,  29);  N"::!Dn  n'3  (Tos.:  pj^'ian  n'2)  ist  kein 
Ortsname,  sondern  bedeutet  „Schlafstätte"  (vgl.  Targ.  IL  Ester  1,  9).  Siehe  Low, 
Aram.  Pfln.  G4:  „cnj?  .  .  .  erklärt  sieh  aus  ^^j^$\js.  Lauben  aus  Baumzweigen,  die 
in  mehreren  Gegenden  Palästinas  auf  den  Dächern  stehen  und  in  denen  während  ' 
der  sechs  heißen  Monate  die  Leute  schlafen."  Über  fJhirhet  'Äziz  siehe  PEF  Mem. 
III,  848  f. 

^  Deut.  r.  c.  2  §  33:  büC)  noj^n  nuS  Di22)  am2  nnx  i'<-jh  i^nti'  '« 'a  'ü*  '-12  nB'iVi 
cnn  hv  riNtn  i'i'n  '21  "^^  ifs«  ,m3aS  j"  jnd  C"  T»n2 ih  idx isidS;  vgl.  auch  b.  Hullin  6": 
'Nmj  '2.  Der  Ort  lag  wohl  in  der  Gegend  von  Lydda. 

8  b.  Ketub.  112'':  R.  Josua  b.  Levi  sieht  in  nhz^  Weintrauben,  die  groß 
sind,  wie  Kälber  (?  !).  Er  ruft  aus:  n'>3iy^  Tnn'3  ns'i'io  nx  '07  ,i'nn>D  »D'3::n  ]nK  ]ns 
n:>n,x:;nn  i:ov  noi*C'  'hhn  —  Vgl.  auch  weiter  unten  bei  pi2  'J3,  Anm.  29. 

3  m^n  n'3  n*;p20  nsron  ':2X  ...  Es  gab  einen  gleichnamigen  Ort  in  Galiläa 
(siehe  weiter  unten  p.  VI),  aber  es  ist  kaum  anzunehmen,  daß  man  die  Steine 
zum  Altar  aus  Galiläa  nach  Jerusalem  gebracht  hätte. 

iu  Wahrscheinlich  auch  Neh.  3,  14.  —  Jer.  6,  1  z-\2-  D'::  hat  Targ.  r.^;~2  n'2 
N>0"i3  lies  wolil:  n'OId  D'^  ri^'p:.  Dagegen  bezeichnet  Hieronymus  zur  Stelle  die 
Lage  des  Ortes  zwischen  Jerusalem  und  Thekoa  (also  auf  dem  Herodesberg  bei 
Betlebem,  siehe  Guthe,  BW  84). 

ii  M.  Ta'an.  IV  8. 

12  b.  Ber.  44",  j.  Ta'an.  IV  5  (69"),  Echa  r.  2,  2.  Über  x:3i.t;  Nnc"-::;  siehe 
meine  „Beiträge  zur  Geographie  und  Geschichte  Galiläas"  S.  32,  Anm.  5.  — 
Josephus,  Ant.  XIV  11,  2;  Plinius,  h.  n.  V  1.5  Focpvci. 

"  T.  Ahil.  XVIII  16  (617,  16). 

1*  Baedeker  g  igC. 

'^  s"io  48";  Grünhut,  Die  Geographie  Palästinas  nach  E.  ha-Farehi  (Jeru- 
salem 1912)  66. 

II 


Weinstock,  Feigenbaum  und  Sykomore  in  Palästina.  391 

In  Jiidäa  sind  auch  die  M.  Menahot  IX  (VIII)  6  genannten 
Orte  zu  suchen.  Die  Stelle  lautet:  D-^Vtani  crnnp  ]"n  ns*  j\S"r:2  vn  p";»! 
nrpnr  x:jd  nan  nns  pb  rrni  na«n  n-n  pb  r:'^y^  .]'^b  xsbs.  —  c^-nnp  ist 
vielleicht  KcoQsai  des  Josephus  (Ant.  XIV  3,  4  und  sonst),  i«  heute 
Karfmä  bei  der  Jordanniederung  in  einer  schönen,  überaus  frucht- 
baren Oase  gelegen.  1^  Nach  dem  Wortlaute  der  M.  ist  auch  der 
zweite  Ort  Q'hrc-  (auch  mit  -n  und  t  am  Beginn)  in  Judäa  zu 
suchen.i«  In  der  Tat  findet  man  einen  vollkommen  entsprechenden 
Namen  südöstlich  'Ämicäs,  unweit  der  Straße,  nämlich  Clürbet 
Hatidä  bei  einer  gleichnamigen  Quelle. ^^  Wein  zweiter  Sorte  gedieh 
in  nun  n'2,  dem  heutigen  Bat  Fima,  nordwestlich  von  Jerusalem 
nördlich  von  Tibne,  -^  und  in  izh  r^s  dessen  Name  heute  El  Luhban 
lautet,  das  westlich  von  Bet  Bima  in  der  Gebirgsgegend  Judäas 
(nn^)  liegt.2i  —  nrpnr  xdjd  nsr  vermag  ich  nicht  zu  identifizieren.- 

Sowohl  in  der  Abrnwi-Ebene^s  als  auch  in  der  ihre  Fortsetzung 
bildenden  Scliefela  hat  man  in  talmudischer  Zeit  Weinbau  betrieben. 
Wir  kennen  da  als  Weingegenden  das  Gebiet  der  Städte:  Cäsar ea,^^ 

16  Briill,  Ben  Chananja  1867,  82;  Grätz  IV  2  454,  MGWJ  1882,  14  ff. 
Hildesheimers  Einwendungen  (Beitr.  zur  Geogr.  Pal.  21,  A.  159)    sind  schwach. 

1"  Buhl,   Geogr.  Pal.  39,  Baedeker  6  118. 

13  Vgl.  den  Schluß  der  oben  angeführten  M.:  alle  übrigen  Landesteile  Palä- 
stinas tyü'ity  VT\  i«?^  aha  r^•\'i^2  vr\  müiNn  Sr,  vgl.  zum  Ausdruck  M.  Schewi'it  IX  2) 
hätten  auch  den  Wein  liefern  dürfen,  aber  man  brachte  ihn  (gewöhnlich)  von  da, 
d.  h.  von  Judäa,  wo  die  hier  genannten  Ortschaften  (siehe  weiter  im  Text)  alle 
lagen.   —  Über  die  falsche  Ansetzung   in  Galiläa  siehe  meine  „Beiträge"  S.  47. 

19  Siehe  die  englische  Karte. 

20  Buhl  170. 

21  Fischer-Guthes  Karte  von  Palästina.  —  Ein  gleichnamiger  Ort  liegt  auf 
der  Näblusstraße,  westlicli  von  Siloh.  Mit  diesem  will  Neubauer,  Geograpliie  82 
(auch  Saphir,  •,'"'Nn  Jaffa,  »-;"-\n  n  Nr.  161)  unser  p'?  n'i  gleichsetzen.  Aber  der 
von   uns   bezeichnete   Ort  paßt  der   Lage   nach   besser  in   den   Zusammenhang. 

22  Siehe  noch  M.  Kelim  V  4,  T.  Kel.  b.  K.  IV  4  (572,  39):  n:.:id  T,  T.  Ter. 
III  18  (30,  13);  vgL  noch  M.  Eduj.  VII  8,  T.  III  1  (459,  15):  Menahem  'kj.";d  p 
(Büchler,  Der  galil.  'Am-ha'Ares  79,  Anni.  1).  Der  Ort  lag  in  einer  Ebene  (nvp:::), 
ist  aber  kaum  mit  Suloic  bei  Jäfä  zu  identifizieren  (Neubauer  84|,  da  die  Ebene 
bei  Jäfä  nicht  T\'';^2,  sondern  n^sr  heißt  (M.  Schewi'it  IX  2). 

23  M.  Nidda  II  7,  T.  III  11  (644,  12)  b.  21"  oben:  »:nB'n  f",  vgl.  M.  Bb  VI  2: 
fnt-2  a':p:-.  Krauss,  Talm.  Arch.  II  603,  Anm.  587,  verweist  richtig  auf  die 
Kolonie  ]vi'!  pCKi  (in  der  Saronebene)  mit  i)rachtvollen  Kellereien  (Press,  ZDPV 
1912,  S.  171;   ich  kenne  sie  ül)rigens  aus  eigener  Anschauung). 

2*  T.  Ahil.  XVII I  i;5  (617,  10)  wird  bei  der  Bestimmung  der  östlichen 
Grenze  von  Cäsarea  nSü-  n.:n  r.^i  (das  Kelterhaus  der  Stadt)  genannt.  Hierher 
gehört  auch  das  Gleichnis  in  j.  Meg.  I  E.  (72",  61):  Ein  König  verbietot  seinem 
Diener,  Wein  von  Tiberias,  Cäsarea  und  Sepphoris  zu  trinken. 

III 


392  Dr.  S.  Klein. 

Jäfö  (Joppe),^'^  Lud  (Lydda),^^  Jahne  (Jamnia),-^  Äskalon  und  Gaza.-^ 
Wunderbare  Fruchtbarkeit  zeigten  die  Weinstöoke  in  Bene-Berah'^^ 
(heute  Ihn  Ibräk  östlich  von  Jäfä). 

h)  Der  mittlere  Teil  Palästinas:  Samaria  war  an  Wein  nicht 
so  reich  wie  Judäa.^'^  In  einer  in  drei  Rezensionen  erhaltenen 
Barajta  werden  drei  samaritanische  Ortschaften  genannt,  die  in  der 
Nähe  heidnischer  Orte  lagen  und  wo  deren  Wein  wegen  des  ge- 
schäftlichen Verkehrs  der  Samaritaner  mit  den  Heiden  den  Juden 
verboten  wurde.  Die  samaritanischen  Ortschaften  sind  (nach  der 
korrektesten  Rezension)  folgende:  1.  nn^is',  2.  i^nmn,  3.  ^e^id  pr.^^ 
Dieses  Verbot  setzt  voraus,  daß  die  genannten  samaritanischen 
Ortschaften  in  der  Nähe  einer  jüdischen  Gegend  lagen,  denn  nur 
dort  konnte  ein  regerer  Handelsverkehr  zwischen  Juden  und 
Samaritanern  sich  entwickeln.  Solche  Gegenden  waren  der  nördliche 
an  Samarien  grenzende  Teil  Judäas  und  die  an  Samarien  grenzende 
Meeresküste  (von  Cäsarea  bis  Lydda).^^  Zur  näheren  Bestimmung  der 


25  Pes.  d.  R.  K.  143''\  Schir  r.  7,  5  wird  Zech.  14,  10:  ll^sn  '3p>  mit 
isn  n'mtt''  (so  zu  lesen  statt  i'in;  Bacher,  A.  p.  A.  III,  643).  Die  Stelle  zeigt  jeden- 
falls, daß  im  3.  Jahrhundert  in  der  Nähe  Jäfäs  die  Keltern  Salomos  gezeigt 
wurden.  In  der  Nähe  Jäfäs  liegt  die  in  der  vorhergehenden  Anmerkung  genannte 
Kolonie  fi^i'S  pcxi. 

2''>  T.  Ma'ass.  seh.  V  16  (96,  13),  b.  Besä  5"*,  Rh  31'^:  R.  Elieser  b.  Hyrkanos 
hatte  seinen  Weingarten  im  Osten  Lyddas  an  der  Seite  von  '3tJ  "i32  (heute:  <'J(.  Kefar 
Tab,  Neubauer  80).  Vgl.  auch  M.  Kelim  II  2:  mniS  nr:n  (Fässer  aus  Lydda). 

27  Vgl.  n32U  D10,  wo  die  Beratungen  der  Gelehrten  im  2.  Jahrhundert 
stattfanden  (M.  Ket.  IV  6,  Eduj.  II  4  und  sonst). 

28  Krauss  a.  a.  0.  Anm.  588  aus  „Descript.  orbis  terrae". 

29  Midr.  Tannaim,  ed.  Hoffmann  173  f.:  Dt:'  N^.VJi  pi2  'J^'?  '2T  d:^J  nnx  Ci'D 
2>:c'  ü'Vi:'  |3  S-lj^'D  pn  ^ncx.  Zu  pna  '33  vgl.  noch  bei  nsxn  Anm.  7. 

33  Es  kam  zuweilen  vor,  daß  in  ganz  Samarien  ('p^uiOD  Samaritike)  kein 
Wein  zu  finden  war  (j.  Aboda  zara  V  4,  44'  50),  Krauss,  Talm.  Arch.  II,  615, 
Anm.  714.  —  Für  die  ältere  Zeit  siehe  die  Nachweise  bei  Haefeli,  Samaria  und 
Peräa  bei  Fl.  Jos.  S.  27,  Anm.  3. 

31  aj  jer.  Aboda  zara  V,  4  (44'  50): 

eis  -132  '3B:i  ,-iiD«  Nin  T\^h  -in.n}<  h^  n:'>  cn,>2iN  rn  n^iB'xna 
npn'D  m^::  'js?2  nn.nn  Sb'i 

Xühv  TS3  'JDO  'B'n  pv  ht' 

hj  Trakt.  Kuthim  ed.  Kircbheim  c.  II  hat  nur  folgendes  Paar:  nr:3  -  in.'; 
[lies:  nr-i-j]. 

cj  b.  Aboda  zai-a  31''  unten  hat  folgende  Zusammenstellung:  m':  —  't:*!:!  py 
xpn:;  [lies:  'nC'^s]  'XC-iQ  133  —  Nnpi3 ;  u^h'i'  133  -  [lies:  in-lNJ  -in.ü.  Die  Rezension 
des  Jeruschalmi  wird  in  einem  Punkte  durch  hJ  bestätigt;  so  dürfen  wir  diese 
als  die  richtige  betrachten. 

32  Keiner  der  nachweisbaren  Namen  führt  aber  nacli  Galiläa  (siehe  weiter 
unten  p.  V  f.). 

IV 


Weinstock,  Feigenbaum  und  Sykomore  in  Palästina.  393 

Lage  dieser  Orte  können  zum  Teil  auch  die  in  der  Barajta  angeführten 
heidnischen  Ortschaften  dienen.  Es  sind  diese:  l.ti";ensr,  2.n,TTcnT2, 
3.  D'^'irnsr.  —  c:s  ns2,  wo  nach  einem  alten  Bericht  ein  Johannisbrot- 
baum als  Aschera  von  den  heidnischen  Bewohnern  verehrt  wurde, -^^ 
ist  das  heutige  Fadscha  ^r^  in  der  Nähe  der  jüdischen  Kolonie  mpn  nns 
(östlich  davon). 3*  np^-i-onn^s  (etwa:  „Burg  der  Sarazenen"  —  beiden") 
ist  mir  nicht  bekannt,  n'^ir  nea  ist  mit  Salame  östlich  von  Jafü 
gleichzusetzen.'^'^  Der  Ort  wird  schon  I.  Makk.  7,  3t  genannt,  und 
lag  an  der  samaritanischen  Grenze.^*' 

Die  als  samaritanisch  bezeichneten  Ortschaften  müssen  wir 
nun  in  der  Nähe  dieser  nicht  weit  von  der  Küste  gelegenen  Orte 
suchen.  Die  Lage  von  nnai«  (b.  -in:i,  1.  nn;x)  läßt  sich  auf  folgende 
Weise  feststellen:  Tr.  Kuthim  bietet  die  Lesart  nnj,  das  mit  dem 
gleichfalls  in  einer  Barajta  genannten  j-,cp  bt' ni-i:  zusammengestellt 
werden  darf.^^  Unser  Ort  lag  demnach  südlich  von  Cäsarea  (im 
samaritanischen  Gebiete)  und  ist  vielleicht  hei  Hudeva  {oder  Hadera) 
südöstlich  von  Cäsarea,  wo  heute  eine  jüdische  Kolonie  besteht,^» 
zu  suchen. 

xnm2  ist  vielleicht  mit  BoQKaiog  (Jos.  Bellum  III  3,  5):  Grenz- 
ort gegen  Judäa,  identisch.  Der  heutige  Name  lautet:  Ch.  Berkit 
(an  der  Sichemstraße).^^  Nicht  weit  südlich  davon  liegt  eine  (auf  der 
Fischer-Gutheschen  Karte  bezeichnete)  Ruinenstätte  El-Burdsch, 
deren  Namen  noch  genauer  mit  sn:mn  übereinstimmt. 

^tri::  py  ist  auch  aus  einer  Stelle  der  Tosefta  bekannt.  R.  Tarfon 
(der  in  Lydda  und  Jahne  lehrte)  wohnte  eine  Zeitlang  in  ^tt'ia  ri?.^° 
Offenbar  war  der  Ort  damals  noch  jüdisch,  und  ist  erst  nach 
Niederwerfung    des  Bar-Kochba-Aufstandes    (wie    dies    mit   vielen 


33  T.  Aboda  zara  VI  (VII)  8  (470,  8):  nu'^s  iD^  wie  Trakt.  Kuthim  und 
b.  Talm.  (Anm.  .31). 

34  Saphir,  y-\nn  Nr.  982. 
3^  Buhl  196. 

3ß  Grätz  112  S.  371,  Anm.  2.  Er  zieht  auch  II.  Makk.  15,  1:  ...  «i'  Tolg 
xaza  ZanKQSiav  xonois  hierher. 

31  T.  Schewi'it  VIT  10  (71,  19):  ]-'-\üp  h^  mT.i  Var.  mi-'i,  lies:  nnn.i.  Der 
Ortsname  -n.-;,  -l*^.^  nni.';,  nm-l  war  in  Palästina  häufig  (vgl.  mein:  Zur  l'alästina- 
kunde  S.  5  f.).  Zur  genaueren  Bestimmung  der  Lage  eines  dieser  Orte  mußte, 
daher  der  Name  der  nächstgelegenen  größeren  Stadt  hinzugefügt  werden;  vgl. 
ähnliches  bei  Tiii  ^i":,  •n.'!  nr:n  (Beiträge  70  ff.);  nnx  rf:r:  (ib.  89  ff.)  —  Zu  nnj.v 
(T,i;,iN)  =  ^nJ!  (ohne  '»),  vgl.  -rilN  =  ;v:i;   noiiN  =  nr^n  (ZAW.  .30.  Jahrg.,  S.  66  f.) 

38  Siehe  Press,  ZDPV.  1912,  S.  174. 

•■9  Nestle,  ZDPV.  1911,  S.  99. 

w  T.  Schewi'it  IV  4  (65,  27);  j    V  5  (3G',  14):  ptt'i2  pi'. 


394  Dr.  S.  Klein. 

jüdischen  Ortschaften  geschah "i)  samaritanisch  geworden.  Ein  Ort 
gleichen  Namens  in  der  Gegend  von  Salame  {pbv  "isd)  ist  mir  nicht 
bekannt.^2 

In  Betschean  (jxu?  iT'a)  kam  es  vor,  daß  Juden  Wein  der  Heiden 
gepreßt  haben. ^^ 

c)  In  Galiläa  ist  der  Name  n'i.sn  n"'?  nrpis  vom  Weinbau,  be- 
ziehungsweise von  den  bei  dem  Orte  befindlichen  Weingärten  her- 
genommen. Die  Ebene  von  Di2n  n^n  lag  im  westlichen  Galiläa  und 
der  Ort  ist  mit  Medschdel  Kerüm,   östlich  von  'Akkö   identisch.*^ 

Der  Karmel-Y^Qin  wird  in  einer  ßarajta  erwähnt.  Er  war 
nicht  so  stark  wie  der  vom  Saron.^^  —  In  Käbrd  (bi22),  südöstlich 
von  'Äkkö^^  war  solche  Fülle  an  Wein  vorhanden,  daß  die  Be- 
wohner bei  einem  Besuch  der  Söhne  des  Patriarchen  R.  Gamliel  II, 
zu  ihrer  Ehrung  Wein  (und  Öl)  vor  ihnen  ausgössen. 'i''  —  Weinbau 
ist  auch  für  die  beiden  größten  Städte  Galiläas:  /Sepphoris  und 
Tiherias  bezeugt.^«  —  Die  Ebene  von  Gencsar  (-iD^r:  nypn)  lieferte 
nach  Josephus'  Zeugnis  (Bj  III  10,  8)  zehn  Monate  lang  im  Jahre 
ohne  Unterbrechung  Weintrauben.  —  In  dem  nördlich  von  der 
Battöf -Ebene  (nsita:  n^n  nrpn)"  gelegenen  piab:;  {Uela^r]  bei  Josephus; 
heute:  Ch.  Selläme)  gab  es  gleichfalls  Weingärten  im  2.  Jahrh.^"  — 
R.  Johanan  b,  Nuris  Weingärten  waren  in  ir:3D,^^  das  mit  dem  in 
der  Nähe  von  Nazareth  gelegenen  Orte  namens  D  schind  schär  gleich- 


41  Siehe  j.   Jeb.  VIII   4   (9^  17);  j.   Kidd.  IV  2   (65",  Ö2):   nn>'V  mC'V  tt'^c 

:nQB*n  '0>2  o^non  vjprw:': 

*2  Schlatter,  Die  liebräisehen  Namen  bei  Josephus  69,  will  diesen  Ort  mit 
Abu  Kusch  (so  bei  Seh.),  nordwestlich  von  Bethel  identifizieren.  Der  Ort  heißt  aber 
Abu  Kaschsch   (mit   ^   und   doppeltem  ^),    siehe   die   Fischer-Guthesche   Karte. 

43  M.  Aboda  zara  IV  12,  T.  VII  (VIII)  8  (471,  31   in  den  Varianten). 

44  M.  Nidda  II  7,  T.  III  11  (644,  8).  Über  die  Lage  siehe  meine  Notiz 
ZDPV.  1910,  29  f. 

4^  T.  ibid.  644,  11;  b.  Nidda  21'  oben.  Über  Weinbau  auf  dem  Karmel 
siehe  ZDPV.   1907,  S.  136. 

46  Beiträge  55  f. 

4^  T.  Sabb.  VIII  17  (118,  28).  Zur  Sache  siehe  Büchler,  MGWJ.  1905,  12  ff.; 
Goldmann,  ibid.  1907,  32,  Anm.  3. 

*8  Siehe  oben  Anm.  24.  Ferner  berichtet  R.  Jose  (aus  Sepphoris)  T.  Schewi'it 
IV  13  (66,  18)  über  niB'^i::  in:  aij  (Var.  ^n.-i,  RS:  in.i);  j.  Pea  VII  4  (20")  nc^o 
ms'x::  mnuS  v^r  n•\hh^];  thp^'^'.  Vgl.  auch  die  Erzählung  Pes.  d.  R.  K.  178"  (und 
Parallelstelleu):  zwischen  Tiberias  und  Sepphoris  lagen  viele  Weingärten:  ma  n'2 
(siehe  Bubers  Anm.  15). 

49  Beiträge  83. 

s"  Ibid.  87:  M.  Kil.  IV  9. 

si  j.  Kil.  IV,  2  (29'',  30)  und  Parallelstellen;  vgl.  mit  V,  14  (30'  ganz  unten). 

VI 


Weinstock,  Feigeabaum  und  Sykomore  in  Palästina.  395 

zusetzen  ist.^-  —  Der  beste,  oder  der  stärkste  Wein  in  Galiläa 
gedieh  in  dem  Orte  xnii'^a,"^  über  dessen  Lage  man  soviel  erfährt, 
daß  er  nicht  weit  von  Tiberias.  auf  einem  Berge  —  von  dem  man 
nach  Bet-Ma'ön  und  Tiberias  absteigt  —  lag.^*  Ein  ganz  ähnlicher 
Bericht  setzt  an  Stelle  von  xn^ibs  den  Namen  "nie  123  (lies  A'.  iSahh'Ud), 
dessen  Lage  bekannt  ist;^^  es  ist  das  heutige  Kafr  Saht,  südwestlich 
von  Tiberias.se  Demnach  ist  Kn:ib3  gleichfalls  in  dieser  Gegend, 
wahrscheinlich  bei  Esch-schechchara^'^  oder  Lübije  zu  suchen. 

In  einem  alten  Bericht  erscheint  jmin  rrs  nrpn  als  ein  Ort, 
wo  Weinbau  betrieben  wurde."^  Der  Name  ist  sonst  nur  als  Heimat 
des  am  Beginn  des  3.  Jahrhunderts  lebenden  R.  Nehunja  bekannt.'''' 
Gewöhnlich  denkt  man  dabei  an  die  große  und  fruchtbare  Haurän- 
Ebene  im  Ostjordanlande  (vgl.  schon  Ez.  47,  16.  18),«»  doch  scheint 
der  Name  einen  bestimmten  Ort,  nicht  eine  weitausgedehnte  Ebene 
mit  zahlreichen  Ortschaften,  wie  der  Haurün  ist,  zu  bezeichnen. 
Ferner  ist  zu  beachten,  daß  über  den  Weinbau  an  diesem  Orte 
galiläische  Amoräer  referieren,  wie  auch,  daß  die  Wirksamkeit  des 
R.  Nehunja  aus  jnnnn  n^n  nrpn  (kürzer  fmnn  n'2  und  i"^rn  '=)  nach 


52  Saphir,  |n«n  Nr.  395  und  1905.  Auf  Grund  des  heutigen  Namens  i^^j^^ 
vermute  ich,  daß  die  richtige  Lesart  wohl  lii::^,  d.  h.  |J  +  i|2  („Garten  des  Zimmer- 
mannes") ist. 

M  Lev.  r.  c.  5  §  3,  Num.  r.  c.  10  §  3:  .  .  .«njnnsJO  'K  xr^n  'i  ntt'r  in::x  '"i 
t<nji^sa  'N  n"i  cca  pmi.  Vgl.  b.  Sabb.  147":  .-'oam  j<'ai  «n'^niEn  xnr:n  nSn  t'n 
D'üDB'  mtt'y  in£3'p.  Die  Variante  Nn;!inD  im  Midrasch  entstand  dadurch,  daß  der 
Name  so  gedeutet  wurde:  r,i3T7  s^i-in  n«  nnDO  (ibid.)  siehe  weiter  unten  Anm.  65; 
er  lautete  aber  ursprünglich  Nn.'!i^-3  (daraus  b.:  STi'.'i-ns,  lies:  Nn'J^iSJ  =  NnuiSs). 
Daß  es  sich  um  einen  Ort  in  Untergaliläa  handelt,  zeigt  die  Nennung  von  n^oan 
in  b.  Sabb.,  d.  h.  Srj^ioaia  die  öffentlichen  Bäder  von  Tiberias  (siehe  Krauss, 
Talm.  Arch.  I,  216),  vgl.  die  Parallelstelle  in  Lev.  r.  c.  5  i;  3:  bS  vn  niS'D?:!  '; 
i^hz  n  S'^N  jn?  n^n::*:  .sSi  .  .  .  uitr'i  u::;*,  wo  niN^oron  gleichwie  in  b.  Sabb.  (trotz 
Perles,  Sprach-  und  Sagenkunde  If.;  Bacher,  Ag.  der  pal.  Amor.  III  72,  Anm.  1) 
als  Demosia  zu  erklären  sein  wird:  „von  allen  13  Bädern  blieb  nur  das  eine", 
nämlich  bei  Tiberias. 

i»  Num.  r.  c.  9  ^  24  (58"):  xnzur:  nz  i'"?!*;!  sn.'ii^ari  nz  p^T,\:^•  p^'n  n':  hi- 
(j.  Sota  1  8,  17"  hat  sriD^s,  lies:  Nn-iiSs,  das  'u  entstand  aus  .11). 

^ä  Gen.  r.  c.  85  §  6,  siehe  Beiträge  58  ff. 

56  Siehe  ZDPV.  1910,  38  s.  v.  Z"«/?«. 

"  Heute  eine  jüdische  Kolonie,  ZDPV.  1912,  S.  178. 

58  b.  Erubin  11"  (vgl  'Aruch  s.  v.  nN3  1):  \r\•\^n  rrn  nyp:f2  ins  ms;  r:z";r: 
:':2i  cn''?*;  n-^r^t  nnci  m\:'7]  (Var.  niNS)  m;'3  '-2  ;':'i:ip  't  |*;':b' 

5'»  Siehe  Bacher,  Ag.  der  pal.  Amor.  III,  566  und  ..Tradition"  im  Register; 
ilalevy,   ti'K^n  nnn  11,  r.O  ff. 

•"  So  auoli  Dacher  a.a.O.:  „aus  dein  Ilauran".  Bachers  Bemerkung,  daü 
der  Ort  „sonst  überhaupt  nicht"'  vorkomme,  ist  nach  dem  Obigen  zu  berichtigen. 

VI! 


396  Dr.  S.  Klein. 

Galiläa  verweist."  Wir  glauben  daher  nicht  fehlzugehen,  wenn  wir 
diesen  Ort  in  Galiläa  ansetzen,  freilich  ohne  eine  genaue  Identi- 
fikation geben  zu  können. 

d)  Aus  dem  Ostjordcmlande  sind  nur  wenige  Daten  über  Wein- 
bau vorhanden.  Die  Tosefta  nennt  die  Weinstöcke  (nr'rn)  von  bnx.^- 
Dieses  b^a  ist  sicherlich  mit  dem  zu  derDekapolis  gehörenden -46^7a, 
das  Eusebius  als  eine  durch  ihren  Wein  berühmte  Stadt  erwähnt,*'^ 
identisch.  Die  Stadt  wurde  mit  dem  heutigen  Äbil  (östlich  von  Gadara) 
gleichgesetzt.''*  —  In  tannaitischer  Zeit  war  der  ammonitische  Wein 
berühmt;  er  war  stark  und  zur  Sinnlichkeit  reizend.''^ 


2.  ilwSri  Feigenbaum. 

Gleich  dem  Weinstocke  war  der  Feigenbaum  in  biblischer  ^ 
sowohl  wie  in  talmudischer  Zeit  in  ganz  Palästina  verbreitet. 

aj  Aus  Judäa  sind  eine  ganze  Anzahl  Orte  bekannt,  in  denen 
Feigenbäume  vorhanden  waren.  Für  die  in  der  unmittelbaren  Nähe 
Jerusalems  gelegenen  Ortschaften  -js  rrn-  und  Bethania  nrsan''^"''^ 

61  Vgl.  die  bei  Bacher  genannten  Tradenten  seiner  Sätze;  siehe  ferner 
j.  Sehewi'it  IX  1  (38"):  R.  Johanan  wird  durch  eine  Entscheidung  des  R.  Nehunja 
veranlaßt,  Sepphoris  zu  verlassen  und  nach  Tiberias  zu  übersiedeln.  Nach 
j.  Aboda  zara  42"  10  spaltete  sieh  der  Tiberiassee  vor  ihm,  wenn  er  zur  Inter- 
kalation  nach  Tiberias  kam.  Diese  Legende  könnte  nach  einer  ostjordanischen 
Gegend  weisen.  Es  ist  aber  auch  denkbar,  daß  R.  Nehunjas  Ort  etwa  im  Süden 
des  Sees  lag,  woher  man  Tiberias  durch  eine  Durchquerung  des  Sees  schneller 
erreicht,  als  wenn  man  das  Ufer  entlang  geht. 

•'S  T.  Schewi'it  VII  15  (72,  2):  ^l2r.S';tt'  nr-n  ist  schon  im  Manuskript  in 
SsN  Sc  korrigiert,  siehe  das  Faksimile  zu  Zuckermandels  Tosefta-Ausgabe. 

63  Onom.,  ed.  Kloster  mann  6,  7:  nolis  sniarjfiog  Aßtla  olvocpÖQOs- 

6*  Thomsen,  Loca  sancta  S.  13  Aßila  3;  Beiträge  S.  28,  Anm.  4  und  S.  81. 

65  Sifre  Num.  131  (47*),  j.  Sanh.  X  2  (28"  25).  Der  ammonitische  Wein  wird 
genau  so  charakterisiert,  wie  der  von  xn-ii^B:  morS  fjijsn  nn  nnso  Nim  ncp  S'inü* 
(oben  Anm.  53).  Bei  dem  ammonitischen  Weine  ist  wohl  an  den  aus  dem  ehe- 
maligen Gebiete  Moabs  stammenden  Wein  (siehe  Jes.  16,  9.  10)  zu  denken,  da 
diese  Agada  bei  der  Erzählung  über  Ba'al  Pe'or  (Num.  25)  angeführt  wird. 


1  Guthe,  BW.  176. 

»  Der  Name  bedeutet:  „Haus  der  unreifen  Feigen",  vgl.  Mc.  11,  12  f.  Es 
lag  auf  dem  Ölberge  (Mt.  21,  1  und  sonst).  Auch  in  der  tannaitischen  Literatur 
oft  erwähnt  (z.  B.  M.  Men.  XI  2  und  sonst);  auch  die  Schreibung  und  n'n  (ibid.)  und 
MiD  '2  (Mech.  des  R.  Simon  158,  6),  ferner  DM2  ri':  (Comm.  Maim.  zu  Men.  VII  3) 
kommt  vor.  Zu  nMD  siehe  Low,  Pflanzennamen  391. 

3  Gleichfalls  am  Ölberge  (Mc.  11,  1  und  sonst,  siehe  BW  83).  Heute  heißt 
der  Ort  El-'Uzar'ije  (aus  „Lazarium").  Der  hebräische  Name  des  Ortes  kommt  in 
der  talmudischen  Literatur  nicht  vor,  denn  »j'n  rr:  etc.  gehört  nicht  hierher, 
siehe  weiter  unten  Anm.  10  und  11. 

VIII 


Weinstock.  Feigenbaum  und  Sykomore  in  Palästina.  397 

bezeugt  dies  der  Name  selbst.  —  Der  Feigenbaum  bedeckt  auch 
heute  in  der  Gegend  Jerusalems  große  Strecken.  So  berichtet 
eine  Erzählung  über  große  Feigengärten  zwischen  Löd  und  Onö, 
nordwestlich  von  Jerusalem:  man  konnte  bis  zum  Knöchel  im 
Feigenhonig  waten. ^  —  In  dieser  Gegend  ist  sicherlich  der  Berg 
(oder  der  Ort'')  a^riSÄ  in  zu  suchen,  dessen  Bewohner  einmal 
frühreife  Feigen  noch  vor  dem  Pfingstfeste  als  Erstlinge  nach 
Jerusalem  brachten.'-^  —  Im  einstigen  Wohnorte  R.  Akibas:  BenT- 
Berak  triefte  förmlich  der  Feigenhonig  von  den  Bäumen  herab.''  — 
Wohl  in  das  judäische  Enimaus  (heute  'Ämiväs,  nordwestlich  von 
Jerusalem)  ist  folgende  Begebenheit  mit  R.  Johanan  b.  Zakkai  zu 
verlegen:  Es  erfaßte  ihn  einst  Heißhunger,  da  setzte  er  sich  unter 
einen  Feigenbaum  in  D"i!a"'S*,  1.  D''i?a''S%  d.  i.  Emmaus.^  —  Nach  dem 
Darom  führt  uns  die  Nennung  der  Feigenkuchen  (nb'r*:)  von  nh'V\:>, 
d.  i.  das  heutige  Ch.  Kilä  östlich  von  Bet-Gubrin.^ 


^  b.  Ket.  111"  (unten),  Midr.  Schir  haschir.,  ed.  Grünhut  14":  n::  rpr  'i  '« 
tpmr  '?iD-ip  ny  'riD^ni  qB":2  »noip  nnx  cys  .j'^'ü  [ed.  G.  ntt'f2n]  ncSü*  i3is'^  ti^o  wran 
[ed.  G.  □':;!n]  n':\sn.  Heute  gibt  es  auch  viele  Gärten  in  der  Umgebung  Lods 
(heutiges  Ludd;  i.rx  liegt  nördlich  davon,  heutiges  Kafr  'Ana). 

'^  nn  mit  einem  Eigennamen  oder  Nomen  kann  auch  Ortsname  sein,  z.  B. 
\\-;i^Z'  nia  (j.  Taan.  IV  69");  TiQU&aßa  (Jos.  Ant.  XVIII  4,  1.  2)  =  N2D  «-nu*  (eigentlich 
der  Xame  des  Berges  Gerizim  bei  den  Samaritanorn). 

■5  M.  Bikkurim  I  3,  Halla  IV  10.  Bei  ü'iir:  ist  in  erster  Reihe  an  Feigen 
zu  denken  (M.  Bikk.  III  1.  ?,  steht  an  erster  Stelle  n;xr).  c'i,'i2V  in  ist  wohl  bei 
dem  Orte  c^'U-^'  r^;  (T.  Jebam.  I  10,  241  24:  c"nx  r:2,  c^Niit;  b.  15'',  j.  I  3^:  c'i'ias  '2) 
zu  suchen,  der  Neh.  11,  34  neben  -nn  und  c'rsa  genannt  wird  (vgl.  meine  Aus- 
führungen MGWJ.  1910,  25).  [Das  Tal  ü^'j!'^  in  I.  Sam.  13,  18  gehört  nicht  hierher, 
es  liegt  östlich  bei  Miclimas  (Guthe,  BW  740)|.  Näheres  über  den  Ort  in  meiner 
demnächst  erscheinenden  Geographie  Palästinas. 

'  b.  Ketub.  111'':  'j'xnr;  NCan  n'"3~;  siehe  aucli  oben  bei  p-l  Anm.  29  und 
weiter  unten  Anm.  20. 

8  Koh.  r.  7,  n  (vgl.  b.  Joma  83'',  j.  Vlll  5,  45''  oben)  ist  nach  Jalkut 
Koheleth  zur  Stelle  und  nacli  dem  Zusammenhange  der  ganzen  Stelle  von 
R.  Joh.  b.  Zakkai  (nicht  von  Amora  R.  Job.)  die  Rede.  Die  Stelle  ist  mit  einer 
geringfügigen  Umstellung  der  Worte  so  zu  lesen:  D<if:'N^  -S-tr*  »xri  ]2  pm'  '"i::  nc';*a 
'131  r\2nr\  iz'  nniro^  ii  3C'n  Dtt:hM  nnsi.  Emmaus  war  Badeort  (Koh.  r.  7,  7;  Aboth 
di  R.  Nathan  14  g.  E.);  R.  Joh.  b.  Zakkai  suchte  dort  Heilung.  Übrigens  trifft 
man  mehrere  Zeitgenossen  R.  Joh.  b.  Zakkais  in  Emmaus  an,  sielie  meine  Notiz 
REJ.  LX,  1910,  S.  106.  —  Die  Korrektur  D'ir3\y  statt  D'sn:'«  stammt  von  Rappoport, 
der  aber  (pSr:  -;-iv  s.  v.)  an  das  Bad  bei  Til)erias  denkt.  Dieses  beißt  aber  stets 
nan,  nie  aber  dinon  (vgl.  meine  „Beiträge"  S.  91  ff.).  —  Durch  das  Obige  findet 
auch  Schlatters  Annahme  (Die  hebräischen  Namen  bei  Josephus  14)  seine  Wider- 
legung, vgl.  meine  Notiz  MGWJ.  1915,  157  f. 

3  T.  Sabb.  VIII  (IX)  30  (121,  12),  j.  Joma  VIII  5  (45",  4),  b.  83'':  ^Ksh  ]^i;2 
'm  n'^'i'p  nSm  iniM  p'roNOB'  DirsSn  nnNC.    —   n'^^yp  steht  nur  in  b.,  aber  diese 

IX 


398  Dr.  S.  Klein. 

b)  In  Saniarien  lag  "rn  jt^d,  auch  s^r  r\'^  genannt,  dessen  unreife 
Feigen  eine  an  mehreren  Stellen  angeführte  Barajta  erwähnt. i»  Der 
Ort  ist  wahrscheinlich  bei  'Änin  östlich  von  Cäsarea  zu  suchen. ^i  — 
Nach  einer  altchristlichen  Schrift  gab  es  ein  Kloster  bei  Shythojiolis, 
namens  Ev&si'avrj^;^-  der  einheimische  Name  lautete  wohl  x'rsri  |T*. 

c)  Daß  der  Feigenbaum  in  Galiläa,  dem  fruchtbarsten  Teile 
Palästinas,  anzutreffen  war,  ist  natürlich,  Josephus  (Bj  III  10,  8) 
rühmt  die  Feigenbäume  der  Ebene  Genezareth.  Am  Nordende  dieser 
kleinen,  schönen  Ebene  lag  der  Ort  nr«n  j^r  (nrn  pr),  heute:  'Ain  et- 
Tine,  dessen  Namen  das  Vorhandensein  von  Feigenbäumen  beweist.'^ 
Auch  in  der  überaus  fruchtbaren  Umgebung  von  Sep-phoris'^*  ge- 
diehen Feigenbäume,  wie  dies  tannaitische^-'  und  amoräische  Be- 
richte ^6  zeigen.  —  Zur  Zeit  einerHungersnot  inUntergaliläa  verteilten 
zwei  vornehme  Familien  in  n.'an  (h-^iik)  Eümä  (heute:  Ch.  Bünie  am 
Südende  der  -Ba//vj/-Ebene)  an  die  Armen  (auch  der  benachbarten 
Orte)  getrocknete  Feigen. i'  —  Gleich  tSej^/thoris  (wo,  nach  einer 
Erzählung,  die  in  Fässern  aufbewahrten  getrockneten  Feigen  vom 
Honig  förmlich  zerflossen)  i^  war  das  nördlich  von  der  Battöf -Ebene 
gelegene  fiSD  (n^sso  =  IJcoyccvr}  bei  Josephus),  heute:  Suchnrn  reich  an 
süßen  Feigen.19  Als  einst  R.  Elieser  (1.  Jahrhundert)  nach  pjao  ging, 
fand  er  eine  Ziege  unter  einem  Feigenbaume;  die  Milch  floß  aus  dem 
Euter  der  Ziege,  der  Honig  triefte  vom  Feigenbaume  herab,  und 
Milch  und  Feigenhonig  vermischten  sich,  gleichsam  als  lUusti-ation 
zu  der  biblischen  Phrase  vom  „Lande,  wo  Milch  und  Honig  fließt\2o 


Lesart  ist  sicher  richtig,  wie  es  b.  Sehebuot  23",  Kerit.  13^  j.  Bikk.  III  3  (GS^  21) 
beweisen.  An  letzterer  Stelle  wird  gesagt,  daß  Feigenkuchen  als  Erstlinge  nur 
aus  n^'i'p  gebracht  werden  durften  (weil  diese  gut  seien),   nicht  aber  aus  man. 

10  T.  Schewi'it  VII  14  (71,  30),  b.  Erub.  28^  Pes.  53\ 

11  Ausführlich  von  mir  behandelt  in  MGWJ,  1910,  18  ff. 

12  Cyrill.  Scythop.  vita  Sabae  c.  62  f.,  angeführt  bei  Thomsen,  Loca  sancta  61. 

13  j.  Ta'an.  IV  68''  (Mitte),  Koh.  r.  32  (§  3),  77;  vgl.  Beiträge  S.  30  f. 
Hirschensohn,  m?3on  yns-  S.  185,  erklärt  den  Namen  (R.  Hanina)  N'iinJi*  (siehe 
Bacher,  Ag.  der  pal.  Amor.  III  222,  Anm.  6)  aus  ni'D  py. 

K  b.  Meg.  6''  (Beiträge  30,  4). 

15  Sifre  Deut.  316  (135"),  Midr.  Tannaim  192,  letzte  Zeile,  b.  Ketub.  111\ 
Siehe  auch  T.  Terum.  IV,  2  (30,  28)  das  über  R.  Jose  (aus  Sepphoris)  Mitgeteilte. 

16  Echa  r.  3,  9,  j.  Ma'asser  seni  V  2. 

IT  T.  Erub.  IV  17  (143,  18),  siehe  Beiträge  G7.  Getrocknete  Feigen  als 
Almosen,  siehe  M.  Demaj.  V  5,  T.  V  8  (54,   11). 

18  Siehe  die  Anm.  15  angeführten  Stellen. 

19  Ibidem. 

20  Midr.  Tannaim  174,  1  zu  Deut.  26,  9:  n^im  ry  H^üi  pWD^  n  ")  i^n  nnx  Di*£3 
nn  nr  paiynai  n^^nn  p  {<vr  tyani  nJDo  nmty  2^ni  m^unn  nnn.  (Siehe  auch  Anm.  7.) 


Weinstock,  Feigenbaum  und  Sykomore  in  Palästina.  399 

Im  tannaitischen  Midrasch  zu  Deut.  32,  13  werden  die  Worte  inp""! 
vhofi  irnn  (infolge  des  Reichtumes  an  Feigenhonig)  auf  ';rD  und 
seine  Nachbarsorte  bezogen. ^i  Südwestlich  Sepphoris  lag  "^ibnö,  das 
heutige  Malfd,  wo  ebenfalls  Feigenbäume  genannt  werden.22 

d)  Aus  dem  Ostjordanlande  hören  wir  nur  über  Feigenkuchen 
aus  ,-112:13.-^  Diese  waren  aber  nicht  schmackhaft.  Es  ist  wohl  Boötqcc 
(Thomsen,  Loca  sancta  44  f.)  gemeint,  das  heutige  Bo.p-ä  eski  acliäm.^^ 


3.  nript  Sykomore. 

„Die  Sykomore  kommt  nameutlich  in  den  wärmeren  Gegenden 
Palästinas,  der  Küstenebene  (I.  Kön.  10,  27;  II.  Chr.  1,  15;  9,  27) 
und  dem  Jordantal  (siehe  Luc.  17,  6)  vor,  und  zwar  so  häufig,  daß 
nach  I.  Chr.  7,  28  ein  besonderer  Aufseher  über  die  königliches 
Krongut  bildenden  Sykomorenpflanzungen  gesetzt  war."^  Was  für 
die  biblische  Zeit  gilt,  trifft  auch  für  die  talmudische  Zeit  zu. 
Eine  Barajta  gibt  als  charakteristisches  Zeichen  für  die  rhpt  die 
Sykomore  an.^  In  der  Nähe  der  Meeresküste  {Th^'c  in  Judäa)  lag 
K3D  "132  (heute:  Kafr  Säha,  nordöstlich  von  Jäfä),  wo  eine  Sykomore 
erwähnt  wird,^  —  Zweifelhaft  ist,  ob  der  im  Fragmententargum 
Num.  34,  15  als  "is:pi5y  und  in  griechischen  Schriften  als  2Jvy.a^u<t,(ov 
(fälschlich  auch  Evxcoaa^cov)*  genannte,  im  Süden  Palästinas  gelegene 
Ort  (heute  Ch.  Sidc  mäzen°  südlich  von  Gaza)  seinen  Namen  von  der 
Sykomore  (,-i,"3pr)  hat.  —  Sicher  hängt  aber  der  Name  des  in  der  Nähe 
von  Haifa  gelegenen  Ortes  nrjsp'ii'  {2Jvxa^Lvos)  damit  zusamm-cn,  daß 
in  der  Nähe  des  Ortes  Sykomorenpflanzungen  vorhanden  waren.* 

'1  Siehe  Anm.  15. 

2-  j.  Ma'asser  seni  V.  2  (und  Parallelstellen):  i;^  n^aü*  p>7D  ninj^T^nfO"  nvjia 

23  Siehe  oben  Anm.  9. 

21  Das  Ostjordanland  galt  nicht  als  B'am  ihn  nar  px,  siehe  M.  Bikkurim  1 10. 


1  Socin  in  Guthes  BW  422. 

«  T.  Schewi'it  VII  11  (71,  11),  siehe  Low,  Pflanzennamen  248. 

3  T.  Nidda  VIII  5  (649,  35),  b.  Nidda  Gl:  xzc  iDrit:'  nopc,  vielleicht  eine 
Aschera,  wie  weiter  unten  Anm.  7.  —  Über  den  Ort  sielie  Tliomsen,  Loca  sancta  22 
B.  V.  AvTinarrtiq.  In  der  talmudischen  Literatur  noch  in  der  Grenzbestimmung 
Cäsareas  j.  Demaj.  II   1   (22")   erwähnt. 

*  Thomsen,  ib.  63;  vgl.  Schlatter,  Zur  Topographie  358. 

1  Musil,  Edom  2,  S.  56. 

c  Sieho  Low,  Pflanzennamen  S.  387.  Ein  Schüler  K.  Akiba's  war  Simon 
'3i?:pc'n  (Bacher,  Ag.  der  Tann.  P  445);  M.  Demaj.  1  1:  n:icpc'  v:n,  siehe  Low, 
Pflanzennamen  284;  (n:ioptJ'  =)  nopti*  '2nn  ib.  176  f.  —  Sonst  siehe  Thomsen 
a.  a.  0.  108. 

XI 


400  Dr.  S.  Kleia. 

Dies  wird  auch  durch  eine  Angabe  der  Tosefta  bezeugt,  wonach  auf 
dem  Karmel  (wohl  in  der  Nähe  von  nDiöp;:?)  eine  alte  Sykomore  als 
Aschera  verehrt  wurde.'  Die  Lage  von  nsii^pD  bezeichnet  heute  Haifa 
el  'Äilka  in  der  Nähe  von  Haifa  (nzi^n).  Eine  andere  Sykomore,  die 
als  Aschera  verehrt  wurde,  stand  in  "rx-i.*^  Den  Ort  glaube  ich  in 
Er-Eene,-^  nördlich  von  Nazaret  wiederzufinden.  Für  Untergaliläa 
(wo  dieser  Ort  liegt),  ist  nach  der  Mischna  die  Sykomore  charakte- 
ristisch.^*^ —  In  Jericho  gab  es  Sykomoren  in  großer  Anzahl.  Der 
Bericht  über  sie  stammt  aus  der  Tempelzeit.^^  Der  Prophet  Amos 
aus  Thekoa  (südlich  von  Jerusalem)  war  ein  Sjicomorenpflücker. 
Das  Vorhandensein  von  Sykomoren  auf  dem  judäischen  Gebirge 
wird  auch  durch  eine  Erzählung  aus  dem  2.  Jahrhundert  bezeugt, 
wonach  sie  in  nr  "iss  (südlich  von  Hebron,  siehe  oben  p.  II)  an- 
zutreffen waren.  12 


Nachtrag. 

Zu  Seite  IV,  Zeile  2:  Die  Weinberge  des  am  Toten  Meere  ge- 
legenen 'En-gedi  (heute:  'Ain  Dschidi)  rühmt  Hl.  1,14.  Agadische 
Stellen  bezeugen  das  Vorhandensein  von  herrlichen  Weingärten  in 
diesem  Orte  in  der  talmudischen  Zeit.  Man  habe  danach  den  für 
die  Opfer  nötigen  Wein  dort  gekeltert.  ^ 

Zu  Seite  VII,  Anm.  60:  Zweifelhaft  ist,  ob  \"ir,Ti  lan  (j.  Joma 
IV,  5,  Keritut  6%  Bb.  97^)  „Wein  aus  dem  Eaurän'\  oder  „sehr 
weißen  Wein"  bedeutet  (siehe  Baers  Siddur,  p.  245).  Über  Weinbau 
im  Hauräii  siehe  ZDPV.  XXI,  16  f. 


^  Aboda  zara  VI  (VII)  8   (470,  8):  ^t?":3a'^'l  L^ies  Var.:  'JNijji^'j  i3Xi2tt'  n?jpü'. 

8  Siehe  vorige  Anmerkung. 

9  Siehe  Saphir,  X'^HT\  Nr.  1591. 

10  M.  Schewi'it  IX  2:  pnnnn  h'<h:s  i'optr'  h•^,:^^  «inr  h^. 

11  T.  MenahotXIII  20  (533,  30),  T.  Zebahim  XI  17  (497,  4);  Low,  Pflanzen- 
namen 387. 

12  M.  Kilajim  VI  4  (siehe  oben  bei  [s.i  Anm.  6):  TOp^'  ^t:-  pc  (Block;  Low, 
Pflanzennamen  387).  

1  Midr.  Sir  has.  ed.  Grünhut  16":  j"  DB'  pB^ii?!  .  .  .  n.i  py  iQB'i  '"S2  Dipri  2" 
pipSi  D'JDJ^  mnüi;  vgl.  auch  Targ.  zu  Hl.  1,  14  und  mi,  der  aus  einer  agadischen 
Quelle  zitiert:  n:K"3  didj?3  ncr^n  in  nyaiN  nn»B  n»trii?  n^rsiD  cmx'^* . . . .  Siehe  auch 
Hieronymus,  Set.  Paulae  peregrinatio  cap.  5:  contemplata  est  hortum  balsami 
et  vineas  in  Engaddi. 


XII 


Weinstock,  Feigenbaum  und  Syltomore  iu  Palästina. 


401 


Register. 


^2«  =  Aßda  VIII. 
cn«  I  5- 

'OnN   "V  37. 

injiN  siehe  inj. 
iy,n  IX. 

D'IO'N   IX. 

2':ia'X  corr.  C'IJS'K. 

nrDTiK  V  37,  X,   siehe  auch 

nan. 
phpva  IV. 

msO  =  BoatQa  IX  9,  XI. 
«njin  =  BoQxaiog  IV  f. 
»Kni3  '2   II  7. 

»p^iD  m>2  IV  f. 

p;!3ij  n'3  siehe  «:i)l.'!. 

pa'jrin  n'2  II  e. 

«"2Jon  n'2  II  6- 

'3»n  n»2  siehe  «'2!  n'2. 

m^n  n»3  (In  Judäa)  II. 

D12~  n'2  (in  Galiläa)  VI. 

jmnn  n'2  VII  f. 

pnn  nu  yil  f. 

K»:^  n»2  X. 

p"?  n'2  III. 

;iyo  n'2  VII. 

'JD  n'3  VIII. 

'.113  nu  VIII. 

CHl'i  n»2   IX  6- 
C"2V  n»2   IX  6. 

o»yi2S  n»2  IX  6. 

nan  n»3  III. 

]HV  n'2  IV. 

n:Nn  n>z*  IX  6. 

pia  »:a  IV,  IX. 

man  n'2  nypa   (in   Judäa) 

II   9,  10. 

D"irn  nu  ryps  (in  Galiläa) 
VI. 

noiBJ  n'a  nypa  VI. 

FeatBcbrift. 


jmm  n'2  nypa  Vll  f. 
iD':u  nvpa  VI,  X. 
Nnpia  siehe  j<n;!in. 

nhii  =  Gebalene  II. 
nnj  IV  f. 

jncp  Sc  nnj!  V  37. 
k:du  =  FocpvK  II. 
»Stiij  I. 
D'yas  «u  IX  6. 
|innnn  Wj  XII  lo. 

D'DiO'T  =  Sij^ioaCa  VII  53. 
pm  VII 37. 

cm  I,  II 7- 

« 

Emmaus  IX. 
Ev&sravtjd-  X. 
Evxcofia^cov  s.  ^Tvxfifuorifajr. 

D'^lcH    III. 

cyiis  in  IX. 

nnj?  corr.  -injsK  IV  31  c 

imn  II. 
nnn  IX  e- 
D»Siun  III. 
HD'n  XII. 
n!:n  IX  s. 
nn«  non  V  37. 
•n^  non  V  37. 
'^Tin  I. 

«nria  III  ji,  VI,  TU,  VIII 61. 

Iiyac  11D  IX  5. 

H2ta  xilta*  =  TtQa&aßa  IX  5. 

n32>  IV. 

min*  =  Judäa  I,  III. 

XIII 


[xn2«j  z'  VI  II  61]. 
Jordantal  XI. 
IS'  IV. 

D'^B-n»  II,  VIII  f. 
inn'  XII. 

KaQBfi  siehe   D"i2n  n'2    (in 
Judäa). 

Sl23   VI. 

□'m2  II  7,  IV. 

'2U  132   IV  26. 

NID  132   XI. 
NJ-ID  132    III. 
VVJ  132   II,    XII. 

(n)B'J!3  132    (korrupt  kcib) 

IV  f. 
'n2C*  132  VII. 
D?C  122   IV  f. 
^,•212   VI,   XII. 

11^  II  7,  IV,  IX. 

n;s  Si;0  V  37. 
SiSno  XI. 
[zum  VIII 60]. 

t:S:i  IX  fi. 
i.v::::  VI  f. 
i)2vn  hn:  II. 

(f)':2D  =  ^coyccvr]  X  f. 
n'32C  =  Zlcoycevr]  X  f. 
'P'tii.'iD  =  Samaritike  IV  30. 

mV  IV. 

D''?mv  III. 

nj  ;'*;  XII  (Nachtrag). 

(;)>tt'i2  ;'y  IV  f. 

n:nK)n  py  (in  Galiläa)  X. 

26 


402 


Dr.  S.  Klein. 


X'i^KD  ]'-;*  (bei  Skytliopolis) 
X. 

pr2j,'  VIII. 

□  "21J,'   II  7. 

Dny  j_y^S\^c  II  6. 

Nn;,i^D  VII,  VIII  65  (Kor- 
ruptelen: xn^jiiD,  Si-m^B, 
«njins  VII  53, 54). 


;V2^1£  =  ZsXafit]  VI. 
mSJii  III  24,  VI,  X. 

pDp    III,   V,   XI  •5. 

n^'yp  IX. 

□"nnp  =  KcoQsuL'i  III. 

'2n1  (korrupt  iJX-i)  XII. 
nan  =  Rüma  V  37,  X. 


i'St    (korrupt    aus    isn) 
.  IV  25. 

"roplt:^  =  Zvxafialcov  XI. 
nW  III  23,  XL 
rt:)!2püf  (nnpw)  XL 
;nc'  III,  VI. 

yipn  XII. 


XIV 


Die  Dattelpalme  in  Palästina/ 

Von  Rabbiner  Dr.  J.  Taglicht,  Wien. 

Klima  und  Bodenbeschaffenheit  eines  Landes  bestimmen  nicht 
bloß  die  körperliche  Entwicklung  der  Bewohner,  sie  beeinflussen 
auch  deren  seelische  Struktur  und  deren  Geschichte.  „Die  Ge- 
schichte steht  nicht  neben,  sondern  innerhalb  der  Natur,  die  Landes- 
natur tritt  in  den  Individuen  hervor."  2  In  Palästina  lassen  sich 
nun  drei  klimatische  Meridialzonen  unterscheiden,  die  subtropische 

Abkürzungen  in  den  Literaturnachweisen:  Ankel:  Otto  Ankel,  Grundzüge 
der  Landesnatur  des  Westjordanlandes,  Frankfurt  a.  M.  1887.  Antt.:  Josephus 
Flavius,  Antiquitatum  judaicarum  libri  XX.  Bell,  jud.:  de  belle  judaico  libri  VH. 
Bru^sch:  Histoire  de  l'Egypte,  von  H.  K.  Brugsch,  Leipzig  1859.  Ebers  und 
Guthe:  Palästina  in  Wort  und  Bild,  von  G.  Ebers  und  H.  Guthe,  Stuttgart  1880. 
Fischer:  Theobald  Fischer,  Die  Dattelpalme,  ihre  geographische  Verbreitung 
und  kulturhistorische  Bedeutung,  Petermanns  Mitteilungen,  Ergänzungsband  XIV, 
1880 — 1881.  Hehn:  Victor  Heb n,  Kulturpflanzen  und  Haustiere  in  ihrein  Übergange 
aus  Asien  nach  Griechenland  und  Italien  etc.,  Berlin  1877.  jer. :  Talmud  jerusohr.lmi. 
Krauss:  Samuel  Krauss,  Talmudische  Archäologie,  Leipzig  1910 — 1912.  Kremer: 
Alfred  Kremer,  Ägypten,  1863.  Layard:  Ninive  und  Babylon,  von  A.  11.  Layard, 
übers.  Zenker.  Low:  Immanuel  Low,  Aramäische  Pflanzennamen,  Leipzig  1881. 
Lö w  L. :  Leopold  Low,  Graphische  Requisiten  und  Erzeugnisse  bei  den  Juden,  1870. 
Meissner:  Bruno  Meissner  in  Sachau-Festschrift,  1915.  Neubauer:  Adolphe 
Neubauer,  La  Geographie  du  Talmud,  Paris  1868.  Raumer:  Karl  Raumer, 
Palästina,  Leipzig  1835.  Ritter:  Karl  Ritter,  Die  Erdkunde  im  Verhältnis  zur 
Natur  und  zur  Geschichte  der  Menschen,  1822 — 1829.  Shaw:  Voyages  de  Shaw 
dans  plusieurs  Provinces  de  la  Barbarie.  Schwarz:  Adolf  Schwarz,  's^  Nr,s:inn 
n^tit  ]v:,n  ti'n'S  wj  m'iß'r:n  mo,  Wilna  1890.  T.:  Tosefta.  Wiesner:  Schollen  zum 
babylonischen  Talmud,  Prag  1859.  ZDPV.  Zeitschrift  des  deutschen  Palästina- 
Vereins.   ZDMG.  Zeitschrift  der  deutschen  morgonländischen  Gesellschaft. 

'  Eine  gründliche,  erschöpfende  Darstellung,  in  der  die  Bedeutung  aller  im 
Talmud  und  Midrasch  erwähnten  Bestandteile  der  Palme  festgelegt  wird,  bietet 
Low  in  seinem  Meisterwerke  „Aramäische  Pflanzennamen",  S.  lOS— 125.  Vgl.  auch 
dort  die  Bemerkung  S.  30.  —  Diese  Abhandlung  möge  daher  nur  als  Versuch 
angesehen  werden,  die  Stellen  im  rabbinischeu  Schrifttum  näher  zu  beleuchten. 

2  Ritter  XV,  6. 

26* 
I 


404  Dr.  J.  Taglicht. 

Küstenebene,  das  kontinentale  Bergland  und  die  tropische  Oase 
des  Jordantales.  1  Auf  diese  Verschiedenheit  dürfte  die  in  der 
Bibel  geschilderte  verschiedene  Geartung  unter  den  zwölf  Stämmen 
zurückzuführen  sein.  Hier  die  Freude  am  Kampfe,  dort  die  Nei- 
gung zu  ruhigem,  beschaulichem  Leben;  bei  dem  einen  Stamme 
ungestümer  Freiheitsdrang,  bei  dem  anderen  die  Bevorzugung 
friedlicher  Arbeit  und  geduldiges  Tragen  der  Lasten. ^ 

Deutlicher  jedoch  kommt  dieser  Wechsel  des  Klimas  durch 
die  Flora  zum  Ausdruck.  Während  der  Boden  in  dem  einen  Teile 
fast  nur  Steppengewächse  hervorbringt,  gedeihen  in  anderen  Ab- 
schnitten des  Landes  die  tropischen  Pflanzen  in  reicher  Fülle,  die 
in  ihrer  üppigen  Pracht  das  Auge  erfreuen  und  durch  ihre  Nützlich- 
keit diesen  Landstrichen  zum  Segen  werden.  Unter  ihnen  nimmt 
die  Dattelpalme,  der  im  Altertum  höchst  gepriesene  und  von 
manchen  Völkern  sogar  göttlich  verehrte  Baum,  den  ersten  Rang 
ein.  Wie  Noa,  nach  Genes.  9,  20,  den  ersten  Weinstock  pflanzte, 
so  schreibt  die  arabische  Tradition  dem  Seth  die  erste  Pflege  der 
Dattelpalme  zu.^  „Sie  ist  unter  den  edelsten  Gewächsen  der  wahre 
Hauptbaum  des  semitischen  Orients,  sie  ist  das  Charaktergewächs, 
das  allen  Landschaften  (vom  Indus  bis  zum  Nil)  ihre  Physiognomie, 
allen  Bewohnern  ihre  Hauptnahrung,  allen  Kulturen  durch  die 
Dattelgärten  ihren  Mittelpunkt  gibt."  ^  Von  den  Bäumen,  heißt  es 
im  Bundehesch,  hat  Ormuzd  der  Schöpfer  den  Dattelbaum,  den 
er  hochwachsen  läßt,  zum  Haupte  gemacht.^ 

Die  aus  Ägypten  befreiten  Israeliten  hatten  Gelegenheit,  die 
Dattelpalme  als  das  einzig  belebende  und  lebenerhaltende  Element 
in  der  Wüste  kennen  zu  lernen.  Wenn  ihnen  während  ihrer  müh- 
seligen Wanderung  auf  einer  Oase  wie  Elim,  wo  heute  noch 
mehrere  Quellen  und  ein  ganzer  Palmenwald  zu  finden  sind,"  die 
Wasserquellen  entgegenblinkten  und  die  Palmen  ihren  kühlenden 
Schatten  und  ihre  goldenen  Früchte  ihnen  boten,  lebten  sie  wieder 
auf  und  sahen  hoffnungerfüllt  in  die  Zukunft.  Und  wenn  ihnen 
Kanaan   als   ein  Land   geschildert  wurde,  worin  Milch  und  Honig 

1  Vgl.  Ankel  77. 

2  Genes.  49;  Richter  5,  14  —  18. 
^  Fischer  11. 

*  Ritter  XIII,  761. 

^  Daselbst  S.  762. 

6  Je  ne  vis  ici  que  neuf  des  douze  puits  dont  parle  Moise.  En  revanche 
le  septante  Palmiers  se  sont  tellement  multiplies  qu'il  y  en  a  aujourdhui  plus 
de  deux  mille.  Shaw  II,  37.  —  Elim  (Exod.  15,  27)  liegt  an  der  Westseite  der 
Sinaihalbinsel. 

II 


Die  Dattelpalme  in  Palästina.  405 

fließt,  war  der  Dattelhonig ^  gemeint,  denn  auf  ihren  Zügen  dürften 
sie  manchen  Stämmen  begegnet  sein,  die  ein  sorgenfreies  Leben 
führten,  weil  ihnen  Milch  und  Datteln  in  Fülle  zu  Gebote  standen, 
von  denen  sie  fast  ausschließlich  lebten.- 

Welche  Bedeutung  die  Palme  in  Palästina  hatte  und  wie  hoch 
ihr  Wert  eingeschätzt  wurde,  geht  schon  aus  dem  Umstände  her- 
vor, daß  sie  als  Bild  in  den  poetischen  Stücken  der  Bibel  und  als 
Motiv  bei  der  Ausschmückung  des  Tempels  oft  wiederkehrt,  daß 
sie  im  Kultus  Verwendung  findet  und  auch  als  Frauenname  uns 
entgegentritt.  Ihre  intensive  Pflege  in  nachbiblischer  Zeit  ist  durch 
die  häufige  Erwähnung  und  die  bis  ins  kleinste  gehende  Be- 
schreibung im  Talmud  bezeugt.  Palästina  ist  nicht  ihr  ursprüng- 
licher Heimatsboden. 3  Sie  muß  jedoch,  wie  die  biblischen  Berichte 
erweisen,  schon  in  sehr  alter  Zeit  dahin  verpflanzt  worden  sein 
und  ist  dort  gut  gediehen,  obwohl  sie,  wie  Plinius  sich  ausdrückt, 
zu  den  Bäumen  gehört,  die  ungelehrig  sind,  anderswo  als  in  ihrem 
Geburtslande  zu  wachsen.  Im  Ghor,  das  eine  klimatische  Sonder- 
stellung einnimmt,  waren  eben  alle  Bedingungen  für  ihr  Gedeihen 
gegeben,  Wärme,  Seltenheit  der  Niederschläge,  Windstille  und 
Bodenfeuchtigkeit.^  Aber  die  ihr  in  der  Bibel  zugeteilte  Rolle  und 


1  r2T  in  der  Bibel  wird  im  Talmud  als  cnr:n  trän  erklärt.  Unter  ß*2l 
(Deut.  8,  8)  sind  Datteln  gemeint,  jer.  Bikk.  (ed.  Piotrkow)  I,  3,  p.  4;  Ber.  41*  u.  ö. 
Zur  Zeit  der  Miselma  jedoch  dachte  das  Volk,  wenn  es  von  Honig  sprach,  au 
Bienenhonig.  Daher:  „Wer  durch  ein  Gelübde  den  Genuß  des  Honigs  sich  ver- 
sagt, darf  Dattelhonig  essen."  D'''\:2r,  cm2  nmr2  Cinn  p  niiin  Ned.  VI,  9.  Siehe 
die  Abhandlung  über  „Honig  in  Palästina"  von  Krauss,  ZDPV  XXXII.  19U9, 
S.  151'  -164.  „Er  ließ  es  Honig  saugen  aus  dem  Gestein"  (Deut.  32,  13)  wird 
durch  die  Berichte  der  Reisenden,  daß  man  auf  der  Insel  Farsan  im  Roten  Meer 
Palmen  fand,  die  unmittelbar  aus  den  Spalten  der  Korallenfelsen  hervorwuchsen, 
erklärt.  Dasselbe  wird  von  dem  Gebirge  in  der  Nähe  des  Toten  Meeres  erzählt. 

-  Nur  die  Dattelpalme  machte  manche  Gegenden  bewohnbar.  Die  Palmyra- 
palme  bildet  den  Hauptlebonsunterhalt  von  Millionen  Menschen,  Fischer  1.  Es 
gab  einen  babylonischen  Hymnus,  in  welchem  360  Arten,  von  der  Palme  Nutzen 
zu  ziehen,  aufgezählt  waren. 

3  In  den  Ebenen  am  unteren  Euphrat  und  Tigris  soll  die  Kunst  der 
Dattelveredlung  von  den  babylonisclien  Nabatäern  zuerst  gefunden  und  geübt 
worden  sein,  Hehn  233.  Die  Dattelpalme  bedeckt,  nach  dem  Berichte  Herodots 
(1,  193),  die  ganze  Ebene,  die  meisten,  außer  den  männlichen,  fruchttragend, 
liefern  Speise,  Wein  und  Honig.  —  Fischer  (S.  11)  jedQch  ist  der  Ansieht,  „daß 
die  kulturhistorisch  so  folgenreiche  Tatsache  der  Veredlung  der  Palme"  sich 
in  Arabien  vollzogen  und  von  dort  nach  Persien,  Mesopotamien,  Syrien  und 
Ägypten  verbreitet  hat. 

'  Sie  gedeilit  aucli  deshalb  in  den  windgesoliüt/ten  und  bodenfeuchten 
Tälern   in    besonderer   Güte.    cnr:n  c>|-::v"7  ;r:'C   jor.    Schebiith    IX,   2,   p.   5U.    \Vu 

III 


406  Dr.  J.  Taglicht, 


ö* 


später  die  vielen  sie  betreffenden  religionsgesetzlich enBestimmungen 
berechtigen  zu  der  Annahme,  daß  sie  auch  in  anderen  Teilen  des 
Landes  Wurzel  faßte  und  zum  fruchtspendenden  Baum  sich  ent- 
wickelte. 

Der  größte  und  wertvollste  Palmenhain  befand  sich  in  der 
Nähe  von  Jericho,  der  Palmenstadt,'  deren  Datteln  als  besonders 
köstlich  bekannt  waren,  worüber  auch  Josephus-  und  der  Talmud ^ 
berichten.  Zoar,  südöstlich  vom  Toten  Meer,^  wird  im  Talmud 
ebenfalls  als  Palmenstadt  bezeichnet.^  Auch  Engedi,*^  am  Westufer 
des  Toten  Meeres,  hatte  viele  Palmbäume.  Sie  gediehen  ferner  in 
Hamatha  (Ammathus)  bei  Tiberias''  und  in  Nimrin  (Nimra),  in  der 
Nähe    des  Jordans. •'^   Die  Benennung    des   Ortes  Kefar  Tamratha" 


mangels  natürlicher  Quellen  die  Bodenfeuchtigkeit  fehlt,  muß,  künstliche  Be- 
wässerung angewendet  werden.  In  Arabien  nennt  man  die  Frucht  der  nicht 
künstlich  bewässerten,  sondern  nur  auf  Bodenfeuchtigkeit  angewiesenen  Bäume 
Baals-Datteln  (Fischer  3).  Vgl.  h)}2rt  mt'  und  S;*:n  n'2  mr  (Schebiith  II,  9; 
T.  Moed  kat.  I,  1;  T.  Baba  mez.  IX,  2  u.  ö.),  das  von  Regen  und  Bodenfeuchtig- 
keit getränkte  Feld.  Nicht  von  Menschenhand,  sondern  vom  Baal  fruelitbar  ge- 
machter Boden.  Die  Unideutung  im  Talmud  lautet:  if^'n^l  r\h-;2  NTJ'r?,  der  Regen 
ist  der  Mann,  der  die  Erde,  die  Frau,  befruchtet.  Vgl.  Krauss  II,  S.  532  und  546. 
Zu  der  unverständlichen  Stelle  (jer.  Schebiith  II,  3,  p.  8)  xrc^;::  x^'^pn  ppfo 
Nmnm  xmn  vgl.  den  Kommentar  nco  ':3  und  Low  115. 

1  cn':nn  1V  IHT  Deut.  3  4,  3;  Ri.  l,  16;  3,  13;  IL  Chr.  28,  15  Nach  Strabo 
(XVI,  2,  41;  XVII,  1,  15)  war  der  Palmenwald  100  Stadien  (zirka  2  Kilometer) 
lang.  Theophrast,  Hist.  plant.  II,  6,  nennt  neben  Jericho  auch  Archelais  und 
Livias,  wo  in  den  warmen,  sandigen  Tälern  Datteln  von  besonderer  Güte  ge- 
deihen. Auch  Horaz  erwähnt  (Ep.  11,  2,  184)  den  Palmenhain  bei  Jericho,  aus 
dem  Herodes  fette  Einkünfte  bezog. 

2  Antt.  XV,  4,  ?. 

3  Als  Erstlingsgabe  sollte  man  die  besten  Früchte  darbringen,  daher  von 
Datteln  nur  diejenigen  von  Jericho:  inn^r:  xSx  cnr:n  px';::  ]'«  jer.  Bikk.  I,  3,  p.  5. 
Sie  waren  ein  besonderer  Leckerbissen  innn  ni2ni:3r;  p  2\T  jNr:  Bab.  b.  146''. 

■4  Vgl.  Neubauer  256. 

5  anr^n-  tj?  ij?ii'  Jebamoth  XVI,  7.  Bei  Eusebius:  Segor  de  fructibus  pal- 
maruni,  quos  dactylos  vocant,  valde  abundanp.  Wird  noch  von  den  Kreuzfahrern 
Villa  palmarum  genannt.  ZDMG.  I,  1847,  S.  193. 

''  Antt.  IX,  1.  2.  Er  spricht  auch  von  „einem  am  Jordan  gelegenen  und 
ganz  von  Palmbäumen  besetzten  Orte,  wo  jetzt  die  Stadt  Abila  liegt"'  IV,  8.  1. 
Über  Abila  siehe  Neubauer  2G0.  „An  Stellen  wie  Engedi  neigen  die  langen  Wedel 
der  Palmen  sich  beinahe  bis  zum  Spiegel  der  salzigen  Seeflut  herniedei'."  Ebers 
und  Guthe  170. 

"  Bell.  jud.  111,  10.  8,  Gen.  rab.  cap.  41.  Siehe  auch  Neubauer  207. 

8  ;nr:i;n  n:nn2  ncix  i<"z^n  . .  .  no^n  n;m23  cnisrn  er:  Snxn  T.  Joma  V,  3 ; 
Fesach.  53". 

'•'  Siehe  Neubauer  133. 

IV 


Die  Dattelpalme  in  Palästina.  407 

bei  Bethlehem  deutet  auf  dessen  Palmenreichtum  hin.  Außerdem 
wird  noch  Tubnia'  in  Galiläa  als  ein  Ort  erwähnt,  wo  Datteln 
wuchsen. 

Palästina  stand  natürlich  in  bezug  auf  Palmenzucht  hinter 
Babylonien,  dem  „Paradiesesklima  der  Palmenbäume",  weit  zurück. 
Ula  kommt  nach  Babylon  und  ist  von  der  großen  Menge  der  dort 
zu  Markte  kommenden  Datteln,  wie  auch  von  dem  niedrigen  Preise 
derselben  überrascht.  Wo  man  so  leicht  sich  sättigen  kann  und 
so  wenig  Zeit  dem  Erwerbe  widmen  muß,  da  kann  man  wahrlich 
nach  Herzenslust  studieren,  denkt  er  und  das  veranlaßt  ihn  zu 
dem  Ausrufe:  Einen  Korb  voll  Datteln  für  einen  Zuz,  und  die 
Babylonier  beschäftigen  sich  dennoch  nicht  mit  der  Thora.'-  Ein 
anderer  Gelehrter  weist  auf  die  Schlaffheit  und  Faulheit  als  Folge 
solchen  bequemen  Lebens  hin.  R.  Jochanan  sagt  zu  R.  Chijja: 
Während  du  die  Datteln  in  Babylon  dir  hast  wohl  schmecken 
lassen,  haben  wir  hier  die  Mischna  richtig  interpretiert  und  danach 
die  Halacha  festgesetzt.^  Die  Babylonier  sind  auch  auf  ihre  Ge- 
schicklichkeit in  der  Pflege  der  Palme  sehr  stolz.  Ein  Babylonier 
sieht  am  Ufer  des  Jordans  eine  schöne  Dattelpalme.  „Wie  groß 
ist  ihr  Ertrag?"  fragt  er  den  Besitzer.  „Sechzig  Kor"  antwortet 
dieser.  „Dann  verstehet  ihr  es  nicht'",  meint  der  Babylonier,  „die 
Ertragfähigkeit  des  Baumes  zu  erhöhen,  ihr  schädigt  ihn  viel- 
mehr, wir  hätten  120  Kor  erzielt.'**  In  Babylonien  sollen  die  Bäume 
auch  ohne  künstliche  Befruchtung  einen  Ertrag  gegeben  haben 
(vgl.  unten  S.  VI).^ 

Das  rabbinische  Schrifttum  hat  für  die  Palme  mehrere  Be- 
nennungen:  die  am   häufigsten  gebräuchliche  ist  hpi,  nbpn,  sonst 


1  N'::it2.  Nach  Neubauer  267  identisch  mit  Taibiyeh. 

2  Nn'mN2  'pcy  nS  'St-;:!  xm^  ncz-rn  «:i'  nhKi  Taanith  9''. 

3  K£3'Da  Kjrs'j-in  S332  Nn":s3  n^rxi  t;  Bechor.  18',  Baba  bathra  107\  Mit  dem 
Ausdruck  K;r3vnn  dürfte  eine  Anspielung  auf  «ro'-nn  (Leckereien)  beabsichtigt  sein: 
du  hast  dich  an  Datteln,  ich  habe  mich  an  der  Halaeha  delektiert. 

■*  r.yr:  ;:m.",  nin  nn  cns-^i  nsvo  ps  mnannK  r,z  in'':"^'  «^  Keth.  112\  —  Kor  = 
39-3930/  (Krauss  II,  ;^95).  Das  ist  jedenfalls  eine  Übertreibung.  Aber  zweifellos 
erzielte  man  durch  intensive  und  verständnisvolle  Pflege  größeren  Ertrag.  Der 
Baum  trägt  in  Ägypten  6  bis  12  Trauben,  jede  Traube  hat  bis  2000  Stiick  Datteln 
im  Gewichte  von  11  l)i8  28 /.y.  Fischer  23.  Die  Datteln  in  Alexandrien  jedoch 
waren  minderwertig,  p:'«  J'p^pi  Nm:D2'rN2  p-on  jer.  Dammaj  II,  1,  p.  13.  Nach 
Strabo  XVII,  1,  '>!  waren  die  Früchte  in  Alexandrien  fast  ungenießbar.  Vgl. 
Fischer  6.    Babylonien  lieferte  die  reichste  und  beste  Ernte. 

■'  j<23ir;  p:ni'  nhi  hzi-,  N'^-n  pS'K  jer.  Jebam.  XV,  3,  p.  157;  jor.  Keth. 
IV,  8,  p.  58. 


408  Dr.  J.  TagUcht. 

auch  n-ibn,  Kat:>p/  abar\,-  xr::,^  xn'''';::.^  Außerdem  werden  noch  ara- 
mäische und  persische  Dattelbäume  genannt ^  und  letztere  als  die 
vorzüglicheren  bezeichnet.  Hervorgehoben  wird  der  schlanke  Wuchs 
der  Palme  und  die  Schönheit  seiner  Blätterkrone.  Der  Baum  wächst 
alljährlich  um  ein  Stück  über  die  Blätterkrone  hinaus,  die  herab- 
hängenden dürren  Zweige  werden  abgeschnitten.^  Am  Gipfel  mit 
einer  Fülle  von  Blättern  wie  mit  einer  Krone  geschmückt,  hat  er 
an  seinem  unteren  Stammende  gleichsam  eine  Leibwache,  bestehend 
aus  den  Schößlingen,  die  sich  zu  einem  Dickicht  um  ihn  schließen.^ 
Diese  ließ  man  wohl  bestehen,  um  den  Baum  gegen  Schädigungen 
zu  schützen. 

Die  Palme  bedurfte  der  sorgsamen  Pflege,  der  Veredlung 
durch  menschliche  Arbeit,  um  ihre  köstlichen  Früchte  tragen  zu 
können.  Diese  konnten  nur  durch  die  künstliche  Befruchtung,  naa-m, 
in  reicher  Menge  und  in  guter  Qualität  erzielt  werden.  Die  männliche 
Blütenscheide  wird  geöffnet,  die  Blütentraube  zerpflückt  und  in 
die  geöffnete  Blütenscheide  einer  weiblichen  Blütentraube  ein- 
geführt, xnapub  sns^n  k-isid  ■'raa.^  Hiezu  ist  die  genaue  Einhaltung 
des  richtigen  Zeitpunktes  von  großer  Wichtigkeit,  weshalb  diese 
Arbeit  auch  am  Rüsttage  des  Peßachfestes  gestattet  ist.^ 


1  j<3K'p  Yp-\  N-12J  Ninn  Baba  kam.  58''. 

2  Baba  kam.  58'',  Baba  b.  22^  Keth.  112^  Nach  Raschi  wäre  N^Kn  die 
junge  Palme.  Das  geht  aus  den  angeführten  Stellen  nicht  hervor.  Besonders 
Keth.  112"  würde,  wenn  die  Lesart  xnSxn  richtig  ist,  dagegen  sprechen.  Im  neu- 
arabischen Dialekt  des  Iraks:  täle.  Meissner  S.  22.  Vgl.  auch  Low  112. 

3  Snnn  in  ':'S  die  Palmen  des  Eisenberges,  Sukka  III,  1.  Zin  =  niedrige 
Palme,  Raumer  186.  Der  Eisenberg  ist  im  Südosten  des  Toten  Meeres  zu  suchen, 
bell.  jud.  V,  4.  Der  englische  Reisende  Legh  fand  dort  an  einem  Abhänge  ein 
Dickicht  von  Rohr,  Dornsträuchen  und  Palmen.  Siehe  Wiesner  II,  217  ff.  Vgl. 
hiezu  Low  112. 

Nnrn  Tji  pK'Nin  anso  in:n'N  ^33T  Kn>:s  ':n  'e»:»«  noxT  »xni  n.-^.  Der  Ort  an  der 
Grenze  Babyloniens  erhielt  seinen  Namen  von  den  Palmen  —  «n'js,  die  „wie 
die  Leute  sagen,  noch  aus  der  Zeit  Adams  herrühren  sollen",  Berach.  31".  Nach 
einer  arabischen  Sage  hat  Allah  die  Palme  aus  demselben  Ton  wie  Adam  ge- 
formt, so  daß  sie  seine  nächste  Verwandte  ist,  Fischer  8. 

5  ns'riixi  i<hpi  und  riNDis  «^pn  Sabb,  29",  Baba  kam.  59". 

0  tthpi  nK'sn  ;no  »kh  Moed  kat.  10". 

■J  Das  sind,  wie  Raschi  Pes.  52"  erklärt,  die  c'S'C.  T.  Schebiith  VII,  16. 
ps^BTl  i'2  h\2f  h]}  pS^IK  I'NT  j'S'niB'  no  h-;  p^oiN.  Eine  andere  Bedeutung  von  D'S'ti' 
siehe  bei  Low  114.  Vgl.  auch  Schwarz,  T.  Scheb.  IX,  3. 

3  Pes.  56'.  NliJU  ist  die  Blütentraube,  nr^n  'OT  üh^'O  NisiD  ppn  [KD  'S'H  Baba 
kam.  59".  Vgl.  auch  non  lim  'SIsSb'  Bechor.  52"  und  'Snna  Berach.  36''.  njd^d  ist 
dij  Datteltraube  Baba  mezia  67".   Siehe  hiezu  Low   118  ff. 


'■>  crn  '73  c'7pi  ]'Z^Di::i  Pes.  IV,  8. 


VI 


Die  Dattelpalme  in  Palästina.  409 

Eine  Krankheit  des  Palmbaumes  nennen  die  Araber  Esctiq, 
Liebe.  Die  weibliche  Palme  nimmt  oft  den  Blütenstaub  der  ihr 
zunächst  stehenden  männlichen  nicht  auf,  neigt  sich  aber  einem 
fernstehenden  Liebling  zu  und  verkümmert,  wenn  man  sie  nicht 
mit  dem  Blütenstäube  der  begehrten  befruchtet.^  Die  Rabbinen 
nennen  diese  Krankheit  mxn,  Sehnsucht,  Gelüst.  „Der  Gerechte 
wird  wie  die  Palme  blühen"  (Psalm  92,  13).  „Wie  die  Palme  von 
Sehnsucht  erfüllt  ist,  so  sehnt  sich  auch  der  Fromme  nach  Gott" 
(Genes,  rab.  c.  41).  „Eine  Palme",  erzählt  R.  Tanchuma,  „die  in 
Hamatha  ihren  Standort  hatte,  trug  keine  Früchte.  Da  kam  ein 
Palmenzüchter  (^bpn)  und  sagte,  sie  sehne  sich  nach  einer  Palme 
in  Jericho.  Als  man  sie  darauf  mit  einer  solchen  befruchtete, 
brachte  sie  reichlich  Datteln  zur  Reife/'- 

In  vielen  Gegenden  wird  eine  erstaunlich  große  Anzahl  von 
Varietäten  der  Dattel  verzeichnet.  Plinius  (Hist.  nat.  XIII  a)  zählt 
deren  neunundvierzig  auf.  Bei  Medina  werden  hundertdreizehn 
Arten  unterschieden.^  Auch  aus  Palästina  sind  uns  einige  Varie- 
täten, jedoch  ohne  die  Merkmale  der  Unterscheidung,  überliefert. 
Die  Mischna  Aboda  zara  I,   5   nennt  ro  bp^>,*  2'jr:,''  orbp:,''  ferner 


1  Ritter  Xill,  763. 

2  G'^n.  rab.  cap.  41  nr.^3  nnH'  nni«  n^iintt*  ]V2  inn^o  nsis  n  mrsn. 

3  ZDMG.  XVI,  68G.  Auch  in  der  Zubereitung  gibt  es  viele  Variationen. 
Ein  arabisches  Sprichwort  sagt,  daß  die  gute  Frau  ihrem  Hausherrn  einen 
ganzen  Monat  hindurch  täglich  ein  Dattelgericht  in  anderer  Form  aufzutischen 
wisse,  Ritter  XIII,  804. 

^  Zu  allen  hier  angeführten  Benennungen  vgl.  Low  109  ff.  —  law  ^'xr3  "i 
mSrrai  cum  naiy^  ni30^  "ncs  D;>^p2i  avm  2U  hpt  qs.  Es  ist  verboten,  diese  Früchte 
den  Heiden  zu  verkaufen,  weil  sie  dieselben  möglicherweise  den  Göttern  als 
Opfergabe  darbringen.  Aboda  zara  I,  5. 

*  2-jn  -  rjr\  jer.  Aboda  zara  1,  5,  p.  10.  Low  111  will  in  lin  die  von  Plinius 
erwähnten  chydaeos  finden. 

6  Auch  D'i'ihp:  ßthpK  ,D2^p'3,  die  Nikolausdattel.  Sie  soll  von  Augustus  nach 
Nikolaus  von  Damaskus,  der  sie  ihm  geschickt  hatte,  so  benannt  worden  sein 
(Plin.  Hist.  nat.  XIII  9).  Als  vorzügliche  Frucht  sandte  man  sie  an  Personen, 
denen  man  eine  besondere  Aufmerksamkeit  e;  weisen  wollte.  R.  Chanina  erhält 
eine  Sendung  Nikolausdatteln  aus  dem  H-use  des  Nassi,  pnrrrs  N"C'n  i'":'«  ;iin 
;'2n''p:  n^h  jer.  Berach.  VI,  5,  p.  9.')  AriMide«  sagt  in  seiner  Lobrede  auf  Rom: 
„Soviel  Ladungen  aus  Indien  und  dem  glüt-klichen  Arabien  kann  man  hier  sehen, 
daß  man  glauben  sollte,  in  Zukunft  seien  doit  aic  Bäume  für  immer  entblößt 
und  jene  Völkerschaften  müßten  hieher  kommen,  um  von  ihren  eigenen  Er- 
zeugnissen zu  verlangen,  was  sie  etwa  bedürfen",  Or.  XIV,  200.  So  sind 
auch  die  palästinischen  Nikolausdattoln  auf  dem  Markte  in  Rom  zu  finden. 
83m  N-iyc'i  pn  «^m  s'ci^p:  p'?'«  i^p^sr:  ;:nr:m  nins  mn  «n  -a  N"n  'i  jer.  Maas, 
schcni  IV,   1,   p.  41. 

VII 


410  Dr.  J.  Taglioht. 

werden  erwähnt:  x3Dp,'  ^ts^np,^  auch  s'nüDiK  n^n  schwarze,  xnnrn  ^^laii^ 
weiße  Datteln,  rnm:*  wird  allgemein  als  die  getrocknete  Dattel 
aufgefaßt.  Die  Bemerkung  Löws  jedoch  (123),  daß  die  Etymologie 
dunkel  ist,  ermutigt  zu  der  Annahme,  daß  nrms  ebenfalls  eine 
Varietät  sei.  Dafür  spricht,  daß  nur  Feigen  und  Trauben  in  ge- 
trocknetem Zustande  als  Erstlingsgabe  dargebracht  werden  können, 
n-pi^i-i  nnjnj  cx^aa  dpimm  D^njrni  o-iKnn  d's^at:  d-anpn  (Bikk.  III,  3). 
Wenn  aber  nur  nnms  als  Erstlingsdarbringung  zulässig  ist,  kann 
nicht  die  getrocknete  Frucht,  sondern  die  frische,  und  zwar  eine 
besonders  große  und  schöne  Dattelart  gemeint  sein,°  d'^nJan  |"X''2,a  j"« 
m^msn  "^r  aba  p-iip  pxi  inn^ö  ahn  (j.  Bikk.  I,  3).  ^rnK"  sind  unreife 
Datteln.  In  vielen  Gegenden  werden  sie  unreif  gegessen,  weil  sie 
auch  so  wohlschmeckend  sind.  Die  ^rns«  in  Tubnia^  sind  daher  auch 
zehentpflichtig.'^  ^:b!i'.n^  und  nvds«  p^-n^o  ebenfalls  unreife,  spät 
reifende  Datteln.  Zeichen  der  Reife  ist,  mt^t:?  i'?^t2''tria,'^  das  Brüchig- 
werden und  Blasenauftreiben  wie  beim  Sauerteig.  Das  Ablesen 
der  Frucht  vom  Baume  ist  mit  Schwierigkeiten  und  sogar  mit 
Gefahr  verbunden, '^  weil  man  wegen  der  Biegsamkeit  des  Baumes 

I  Aboda  zara  14'',  Meg.  7''  Kicpn  Kpo::  nSo.  Auch  der  Baum  wird  x;rp  ge- 
nannt, siehe  oben. 

5  Caryota.  Nach  Fischer  gedeiht  sie  nur  bei  Jericho  und  in  Babylonien. 
Aus  einem  Bericlite,  Aboda  zara  14'',  ist  jedoch  ersichtlich,  daß  die  Caryota, 
ebenso  wie  die  Nikolausdattel,  in  Babylonien  unbekannt  wai-.  p-jv  ahl  chp:  pn 
rjrv"!'  «''i  ''J'nip  ISN  nxi  ino 

3  Sabb.  109\ 

4  jer.  Bikk.  I,  .3;  jer.  Joma  VIII,  2;  T.  Bikk.  I,  5;  T.  Joma  V,  3;  Sukka 
II,  5  und  öfter. 

s  Siehe  auch  nc'ü  ':ii  zu  jer.  Bikk.  I,  3,  p.  5.  —  Die  Araber  nennen  eine 
Dattelart  Kissib. 

6  T.  Scheblith  VII,  14;  Pes.  53»,  Sanh.  26",  Baba  bathra  5,  1,  Aboda  zara  38'', 
Sukk.  3o''.  Es  gab  auch  eine  Spezialität  Npr^iD  N3\nx  (Sukk.  35'',  Chul.  46').  Vgl. 
Low  121.  In  den  Ziban-Oasen  gibt  es  eine  Dattelart  El  Hamraja,  die  Rote,  und 
zu  den  in  Cairo  zumeist  geschätzten  Datteln  gehören  die  Balah  Amiri,  eine  große 
rote  Dattel.  Kremer  214. 

^  Siehe  oben  S.  V. 

«  iB'VOi  nn"n  k'jsiüt  ':'n}<i  T.  Schebiith  VII,  14;  Pes.  53". 

5  Baba  mezia  89". 

!"  jer.  Dammaj  II,  1,  p.  16. 

11  Nicht  alle  Früchte  des  Baumes  reifen  zur  selben  Zeit.  Die  früh  gereiften 
und  von  Saft  überfließenden  sind  die  c'it:n  'rcn.  jer.  Pea  1,  4,  p.  16  onon  »run 
innxS  pnca  fnits»  jik-nt  pxt:'  's'7  ns'sn  ;rj  nnms.  In  den  Palmenoasen  der  Sahara 
kann  man  Palmen  sehen,  die  zu  gleicher  Zeit  blühen  und  reife  Früclite  tragen. 
Fischer  22. 

12  12^2  hpm  n'Sin  {<^.«<  n:rD  pK  jer.  l'ea  IV,  1.  p.  40.  Noch  deutlicher  in 
Gen.  rab.  cap.  41:  noi  hsi):  «in  irovv  n«  'irjfo  uw  \\:'aib  nhr;  Nint;'  'q  b  n«i  it  man  no. 

VIII 


Die  Dattelpaftae  in  Palästina.  '^ü 

keine  Leiter  aulegen  kann.  Man  bedient  sich  zum  Aufsteigen  eines 
Apparates,  der  aus  einem  Strick  und  einer  Art  Polster  besteht. 
Der  Strick  wird  um  den  Aufsteiger  und  die  Palme  gelegt. i  Diese 
Vorrichtung  heißt  heute  tebelie  und  ist  das  talmudische  n'hz^nr 
Der  Blütenstand  der  Palme  nr:£r,3  d.  h.  die  Dattel  im  zartesten 
Stadium  ihres  Wachstums,*  wurde  gegessen  ■-  und  galt  als  Lecker- 
bissen. Sie  wird  deshalb  häufig  mit  dem  als  Delikatesse  gerühmten 
Palmhirn  oder  Palmkohl  zusammen  genannt.'^  Die  Dattel  wurde 
zumeist  im  unreifen  Zustande  vom  Baume  abgenommen,  auf 
Matten,  aus  Palmblättern  geflochten,  in  die  Sonne  gelegt,  auch 
aufgeschnitten,  damit  sie  zur  vollen  Pteife  und  Süßigkeit  gelange.'' 
Sie  wurde  frisch  gegessen,  n'2"on  D'-^an,-^  zum  größten  Teil  aber 
getrocknet,  eingestampft,  in  Krügen  und  Fässern,  -:,  r':n,  auf- 
bewahrt, um  als  Dattelbrot  genossen  zu  werden.''  Aus  den  ge- 
trockneten Datteln  kann  man  auch  eine  Art  Mehl  und  daraus 
einen  Teig  bereiten.  Vielen  Stämmen  der  Wüste  waren  sie  das 
einziue  Nahrungsmittel. ^^  Wenn  auch  der  Palästinenser,  dem  ja  der 
Boden  auch  Weizen  und  Gerste  und  sonstige  Fruchtarten  trug, 
auf  die  Dattel  nicht  so  sehr  angewiesen  war,^i  so  bildete  sie  doch 
einen  bedeutenden  Faktor  in  seiner  wirtschaftlichen  Existenz.  Sie 


1  Plinijs  Hist.  nat.  XIII,  7,  29. 

2  Das  hat  Meissner  22—25  neuerdings  (siehe  Low  124)  festgestellt.  ;n!2  'NH 
nm:!'«  Sn^x  nasi  s^S^im  «Sjira  ü'p:n.  Er  nimmt  eine  Sichel  und  einen  Strick  und 
sagt:  ich  will  die  Datteln  pflücken,  Sebuoth  46'  und  Aruch  s.  v.  ct.:.  Die  Sichel 
beweist,  daß  man  die  Traube,  ni:2n  yj  nnzrc,  im  ganzen  abgeschnitten  hat. 

3  Orla  I,  9:  T.  Maas,  scheni  I,  14:  T.  Schebiith  III,  21;  T.  Ukzin  III,  10 
und  öfter. 

<  pn'as  nSnna  anann  'spiv  zr,  nv233i  Maimonides  zu  Ukzin  III,  7. 

*  S222  sr,":3D  r^rKT  i';.  Siehe  oben  S.  V,  Anm.  2. 

c  nv:D2i  "iip  T.  Schebiit  III,  21;  T.  Maas,  scheni  I,  14.  Der  Pahnkohl.  der 
Gipfeltrieb,  das  Herz  der  Dattelpaln.e,  kann  nur  durch  Verwüstung  des  Baumes, 
dessen  ganze  Lebenskraft  in  seiner  Krone  liegt,  ge  vonnen  werden.  Fischer  27. 
NiipT  xnyix  'r:N  'vu:  «S  nh-.i.  Man  pflanzt  keine  Palme  behufs  Gewinnung  des 
Palmkohls,  Berach.  36". 

■  rrr^r,  '■"vjd  Bez.  40'.  Vgl.  auch   Fischer  23. 

**  Tebul  jom  III,  6.  Auch  anan  '2un.  mon  ncjr,  T.  Pea,  ed.  Schwarz  I,  6. 
In  Fezzan  nennt  man  die  reife,  frische  Dattel  Rotob.  Fischer  22. 

■'  '".^r.-i  si>':n  Baba  mezia  99'',  Keth.  80'.  Die  trockene  Dattelmasso  wurde 
zerrieben.  «::'■:'::  ;r-x  nriy,  ]"•::;  T.  Maas,  scheni  II,  2.  sr^'^-j  das  Zerriebene, 
Siehe  Aruch  und  Schwarz  zur  Stelle. 

10  Vgl    Fischer  10\ 

»1  Die  Ernährung  von  Datteln  allein  galt  als  armselige  Lebensweise,  hzzr:  ZH 
niinn  S:  h'Jv:  r\r,n  :i".dS  . .  .  csiv  cnji  r::^i  c>:rn  c>ir:n  ^iiNi  min  '"^t  t;  'zt;  c^N 
10V  "72  Aboth  di  R.  Nathan  XI. 

IX 


412  Dr.  J.  Taglicht. 

sättigte  ihn,  lieferte  ihm  Wein,  bot  ihm  den  gerühmten  Dattel- 
honig ^  und  war  ihm  auch  ein  geschätztes  diätetisches  Mittel.  Da 
der  unmäßige  Genuß  von  Datteln  unangenehme  Folgen  hat,-  wurden 
genaue  Verhaltungsmaßregeln  aufgestellt.  „Die  Dattel  erwärmt, 
sättigt,  wirkt  abführend."^  In  Verwechslung  von  Ursache  und 
Wirkung  —  wo  Quellen  sind,  wachsen  auch  Palmen,  aber  die 
Quellen  sind  nicht  die  Folge  und  stehen  auch  nicht  unter  der 
Einwirkung  der  Palmen  —  wird  auch  der  zwischen  Palmen  ent- 
springenden Quelle  (es  handelt  sich  tatsächlich  um  eine  Heilquelle) 
diese  treibende  Wirkung  zugeschrieben.  Rabba  b.  Bruna  sagt  von 
einer  solchen  Quelle:  der  erste  Becher  erweicht  den  Darminhalt, 
der  zweite  reinigt  den  Darm,  der  dritte  findet  die  Gedärme  schon 
ganz  rein."*  Um  üble  Folgen  des  reichlichen  Dattelgenusses  zu 
vermeiden,  soll  man  nicht  den  Hunger  mit  ihnen  stillen,  sondern 
sie  während  oder  nach  der  Mahlzeit  essen,  also  morgens,  mittags 
und  abends,  nicht  zwischen  der  Mittags-  und  Abendmahlzeit  und 
nicht  vor  der  Mahlzeit."'  Die  Dattel  erheitert  auch  das  Gemüt  und 


1  Siehe  oben  S.  III.  Auch  die  Kerne  fanden  als  Viehfutter  und  Feuerungs- 
mittel Verwendung.  K^Jia'?  (Aruch  n'an)  Kn"C'p  xiB'i  '"lan  ^jn  2t  und  auch  xnt:' 
«nrnS  Nn"B*p  Sabb.  2r.  Auch  Strabo  (XV,  3.  10;  XVI,  1.  5)  berichtet,  daß  in 
Babylon  die  aufgeweichten  Kerne  den  Schafen  und  Rindern  zur  Nahrung  dienen. 
Zu  diesem  Zwecke  wurden  sie  auch  gemahlen.  s*"m2  xn"tt'p  13  I2nt:i  Berach.  56\ 

-  Ula,  der,  von  dem  billigen  Preise  der  Datteln  überrascht  (siehe  oben), 
zu  viel  von  ihnen  gegessen  hatte,  mußte  die  Folgen  tragen,  nnys  N'S^Sn  und 
sagt  nun  ^j'jdt  njx  x"'r2  anstatt  Nt:':3m  t<::i  xSq.  Zur  Hemmung  der  abführenden 
AVirlcung  nehmen  die  Araber  starken  schwarzen  Kaffee.  Die  chronischen  Magen- 
leiden, die  in  Arabien  so  häufig  sind,  werden  dem  übermäßigen  Genuß  der 
Dattel  zugeschrieben.  Fischer  29. 

3  )'?t^'^^^•D  jj'sk'D  pntr'r:  nan  Keth.  10''. 

^  in"a>2a  x'roT  i<:'<-;  Nps:i  X3ij,v23  x^'n  'N^n  'mn  s:n2  12  nii  n  D'>hpi  'O  \sr3 
Sabb.  110".  Krauss  I  673,  Anm.  82  und  II  618,  Anm.  759,  übersetzt  D'^pT  »Q  mit 
„Baumwasser".  Er  sieht  in  dem  zitierten  Berichte  „zwei  Palmenarten,  aus  denen 
Entleerung  beförderndes  Wasser  gewonnen  wird."  Aber  in"j>2D  k»ot  h:'>';  xps;i 
sagt  klar,  daß  es  sich  hier  um  eine  Quelle  handelt.  nSr;!  c:n  p  N^12  tt*'  nnrin  'nti' 
cn'J'iO  |tt*y  (Sukka  32')  ist  auch  nicht  anders  aufzufassen  als  eine  warme  Quelle, 
aus  welcher  der  Dampf  emporsteigt.  Vgl.  Wiesner  217  ff.  Im  Palmenhain  dos 
Wadi  Feran  auf  der  Sinaihalbinsel  findet  alle  fünf  Jahre  ein  Fest  statt.  Die 
Besucher  bringen  Opfer  dar  und  nehmen  aus  den  dort  sprudelnden  Quellen 
heilbringendes  Wasser  nach  Hause.  Fischer  8.  Die  Palmen  bei  Jericho  sind 
verschwunden,  aber  die  warme  Quelle  von  Ain-es-Sultan  sprudelt  dort  noch 
immer,  daselbst  13.  Warme  Quellen  in  Palmenhainen  sind  eben  keine  seltene 
Erscheinung. 

=>  . . .  jmrai  px  nnnsa  nv;~\  nn;r^2  nif  n'mi'i  nnnc  Qnr:n  Keth.  10':  «on:  n;pr: 
KcnS  N^2l,'  '2  «r^nj  inn  x^ipnS  «.n:  ^2  Datteln  vor  dem  Essen  wie  die  Axt  für  den 
Korb,  nach  dem  Essen  wie  ein  Riegel  für  die  Türe. 


Die  Dattelpalme  in  Palästina.  413 

vertreibt  die  trüben  Gedanken. ^  Sie  wirkt  jedoch  nicht  bloß 
stimulierend.  Vor  der  Mahlzeit  genossen,  versetzt  sie  den  Menschen 
in  einen  rauschartigen  Zustand. - 

R.  Jakob  b.  Dos'thai  erzählt,  er  sei  einmal  in  früher  Morgen- 
stunde von  Lydda  nach  Ono  gegangen  und  habe  auf  dem  Wege 
in  Feigenhonig  gewatet  (Keth.  111^).  R.  Jehuda  in  Sichnin  sagt 
seinem  Sohne,  er  möge  Feigen  aus  dem  Fasse  holen.  Er  greift 
hinein  und  findet  es  voller  Honig.  So  hat  sich  auch  der  Dattel- 
honig ohne  Hinzutun  der  Menschen  gebildet.  Natürlich  hat  man 
auch  nachgeholfen  und  den  Prozeß  befördert.  ^  Um  eine  Art  Palm- 
wein zu  gewinnen,  ließ  man  die  Datteln  über  Nacht  im  Wasser 
liegen.^ 

Die  Palme  bot  dem  Besitzer  nicht  bloß  Speise  und  Trank, 
sie  baute  ihm  auch  das  Haus,  versah  ihn  mit  Kleidung  und  lieferte 
ihm  die  Stoffe  zu  verschiedenen  Hausgeräten.  Aus  dem  Stamme 
wurde  das  Haus  gezimmert,  er  diente  auch  als  Balken,-"'  um  es  zu 
decken,  die  Zweige  wurden  zur  Bedachung  der  Hütte  verwendet, 
die  Fasern  zu  Stricken,  die  Rispen  (Dattelkamm)  zur  Anfertigung 
von  Sieben,  die  Blätter  zu  Körben,**  ebenso  wurde  ein  stoffähnliches 

1  nmnnni  cya  ^^im  n^n  nrcno  nnai  ':;  m'rmr;!,  daselbst.  —  Bestandteile  der 
Palme  und  der  Früclite  wurden  auch  sonst  zu  Heilzwecken  verwendet.  Gegen 
eine  Mundkran'dieit  angebrannte  Dattelkerne  mit  anderen  Stoffen  vermengt. 
|n^p'  p.nvi^jj:  ;>c';7p:T  nrjNi  n\xi  jnri'„-n  p:^:;-!,'!  jer.  Aboda  zara  II,  2,  p.  20;  jer. 
Sabb.  II,  4,  152.  Vgl.  Low  110.  Gegen  Fieber  die  Stümpfe  von  Palmzweigen 
'■»pT  nv^K'a  (p'^iD)  '1^0  nyac  ti"^  xnS'n  xntfN?  Sabb.  67". 

2  mr  ha  nnrsn  Sr«  :t  'k  Keth.  lO'^.  Die  Zehntausend  des  Xenophon  aßen  den 
ralmenhonig  und  Palmenkohl  in  Babylonien  mit  besonderem  Behagen,  fanden 
ihn  aber  Kopfweh  erregend,  ebenso  den  Palniwein,  Xen.  Anab.  II,  3.  14, 

3  Terumoth  XI,  3  cn  nnan  pB'ii'  j'N.  Siehe  auch  T.  Maas.  r.  II,  2;  T.  Ter. 
IX,  8.  ;2';n^  -m-;  Kim  c^.r^r.  T.  Maas.  r.  II,  2.  Anstatt  jcsnS  ist  ]V2ih  zu  lesen. 
Vgl.  oben.  S.  III  und   Krause  II,  247. 

<  Der  richtige  Palmwein,  ein  berauschendes  Getränk,  wird  aus  dem  Safte 
des  Baumes  bereitet,  indem  man  die  Krone  des  Baumes  abhaut  und  in  den 
Stumpf  eine  Vertiefung  macht,  in  welcher  sich  der  Saft  sammelt,  Fischer  26. 
Im  rabbinisclien  Schrifttum  wird  davon  nichts  erwähnt.  Solcher  Wein  wurde  in 
Mesopotamien  in  großen  Mengen  bereitet,  als  sehr  wertvolles  Getränk  betrachtet 
und  als  Beute  in  ungeheueren  Quantitäten  nach  Ägypten  gebracht.  Brugsch  '.»3. 

5  Die  Palmstämme  biegen  sich,  wenn  sie  alt  werden,  nicht  nach  unten, 
sondern  nach  oben  der  Last  entgegen.  Strabo  XVI,  1.  5;  XV,  3,  10.  Vgl.  Fischer  7 
und  Low  L.  217,  Anm.  325. 

ö  n'2n  r,K  jna  nnpS  rmp  nvotr  ni33^  V303D  D^^anS  c'2'd  i^'d^  nmn.  Gen.  rab. 
cap.  41,  Num.  rab.  cap.  3,  Jalkut  zu  Ps.  92,  13.  Über  die  Körbe  aus  Palmblättern 
sielie  Kel.  XVI,  2;  XXVI,  1;  Tebul  jom  IV,  2.  Die  Rispen  wurden  als  Besen 
benutzt  larS  ü»:'d:d  Jalkut  zu  Ps.  92,  13.  Die  Rispe  wird  deshalb  maoo  genannt. 
Ukzin  I,  3  und  öfter. 

XI 


4!  4  Dr.  J.  Taglicht. 

Gewebe  zwischen  den  Blattstielen  snn:^  zu  Stricken  verarbeitet, 
wie  auch  die  bpi  ^^in  (T.  Sabb.  IX,  31;  Sabb;  90^),  die  Fäden  unter- 
halb des  Netzwerkes  am  Palmhirn,  zum  Nähen  benützt  wurden. ^ 
Die  Bedeutung  der  Palme  für  Palästina  und  der  Eindruck, 
den  ihr  Anblick  auf  die  Bewohner  machte,  ist  aus  dem  Umstände 
ersichtlich,  daß  sie  so  häufig  im  Bilde  erscheint,  in  wirklichen 
Abbildungen  als  architektonische  Verzierung,  besonders  im  jerusa- 
lemischen Tempel  und  später  auf  den  jüdischen  Münzen,  als  auch 
in  poetischen  Bildern  der  Bibel  und  der  späteren  Haggada.  „An 
allen  Wänden  des  Hauses  waren  Skulpturen  von  Cherubim  und 
Palmen"  ebenso  an  den  Türen  (I.  Kön.  6,  29,  32,  35).  In  dem  von 
Ezechiel  beschriebenen  Tempel  treten  die  Palmen  noch  mehr  her- 
vor. Die  Säulen  haben  Palmenform. ^  Der  schlanken,  hochragenden 
Palme  wird  Sulamith  verglichen.*  Der  schöne,  segenspendende 
Baum  ist  in  allen  seinen  Teilen  das  Gleichnis  des  gerechten, 
frommen  Mannes.  Im  Anschluß  an  das  schon  oben  zitierte  Psalm- 
wort: „Der  Gerechte  wird  wie  die  Palme  blühen"  werden  im 
Midrasch  alle  nur  möglichen  Vergleichsmomente  erörtert.^  Wie 
die  Palme  einen  schönen  Anblick  gewährt  und  köstliche  Früchte 
trägt,  so  auch  König  David,  Die  Palme  schlägt  Wurzel  und  treibt 
Schößlinge,  so  umgeben  den  Hohepriester  Aaron  seine  Söhne  und 
Enkel.®  Die  Palme  hat  nur  ein  Herz  (Palmhirn),  wie  Israel,  dessen 
Herz  nur  von  einem  Gedanken,  von  Gott,  erfüllt  ist;  wie  sie  gen 
Himmel  strebt,  so  strebt  das  Herz  des  Frommen  zu  Gott.^  Die 
Palme  trägt  Früchte,  so  auch  der  Fromme.  Das  schattenspendende 
Blätterdach  der  Palme  ist  von  dem  auf  der  Erde  stehenden 
Menschen  weit  entfernt,  so  ist  der  Lohn  des  Frommen  entfernt. 


1  Sabb.  90\  Vgl.  Lüw  118. 

2  Siehe  Low  daselbst. 

3  Ez.  40,  26.  31  und  öfter.  Ursprünglich  wurde  der  Palmstamm  zum  Tragen 
als  Säule  verwendet  und  dann  in  Stein  nachgebildet.  Im  großen  Tempel  von 
Edfu  sieht  man  noch  die  Verwendung  der  Palmensäule,  Ritter  I,  714.  „AVie  also 
der  Stamm  den  Säulenschaft,  so  lieferte  die  Krone  das  Kapital,  die  Schuppen- 
ansätzc  und  die  Datteltrauben,  wohl  auch,  wie  im  Tempel  zu  Jerusalem,  die 
Palmzweige  boten  die  Ornamente."'  Fischer  33. 

*  Auch  Odysseus  muß  beim  Anblick  der  Nausikea  an  die  Palme  denken: 
.,Also  auf  Delos  erblickt  ich  einst  mit  Augen  der  Palme  jung,  aufstrebenden 
Sproß  am  Altar  des  Phöbus  ApoUon/  So  nun  jene  erblickend  erstaunt  ich  lang 
im  Gemüte/  denn  nicht  trägt  ein  solches  Gewächs  sonst  irgend  die  Erde/  So 
auch  dich,  o  Jungfrau,  schau  ich  bewundernd,  .  .  .  Odyssee  VI,  162. 

5  Vgl.  Low  112. 

0  Jalkut  zu  Ps.  92,  13. 

1  D'OB'nB'  anoKS  nnK  3^  k^k  cnh  px  ^Kitt*»  qN  nnn  i^  n^n  i^  p»<  lon,  Sukk.  45*. , 

XU 


Die  Dattelpalme  in  Palästina.  415 

nämlich  im  Jenseits.^  Wird  die  Palme  gefällt  oder  entwurzelt,  kann 
sie  nicht  bald  wieder  ersetzt  werden,  auch  für  den  Frommen  gibt 
es  nicht  leicht  einen  Ersatz.^  Wie  an  der  Palme,  sind  auch  an  dem 
Frommen  keine  Krümmungen  und  Auswüchse.^  Wie  die  Liebe  der 
Palme  ist  die  Liebe  des  Frommen  zu  Gott.  Alle  Bestandteile  der 
Palme  sind  verwendbar  und  nützlich,  so  hat  jeder  einzelne  in 
Israel  seinen  Wert  und  seine  Bedeutung.^ 

Die  Palme  ist  das  Sinnbild  des  Sieges,  somit  des  Friedens 
und  das  Zeichen  festlicher  Freude.^  „Am  Rosch-ha-Schana  hat 
Israel  mit  seinen  Widersachern  vor  Gott  einen  Kampf  zu  bestehen. 
Es  ist  uns  nicht  bekannt,  wer  den  Sieg  davongetragen  hat.  Wenn 
aber  Israel  am  Sukkothfeste  mit  Ethrog  und  Lulab  einherzieht, 
dann  wissen  wir,  wer  aus  dem  Kampfe  als  Sieger  hervorgegangen 
ist."^  Die  Erklärung  dieses  Symbols  bietet  uns  eine  babylonische 
Skulptur,  auf  der  ein  aus  der  Schlacht  auf  seinem  Streitwagen 
heimkehrender  König  erscheint,  dem  zwei  große  mit  Früchten 
beladene  Dattelpalmen  zur  Seite  stehen.''  Die  Zerstörung  oder  die 
Wegnahme  der  Dattelbäume,  die  von  so  großem  wirtschaftlichen 
Werte  waren  und  wegen  ihres  langsamen  Wachstums  schwer  er- 

1  pim  D'pns  h^  poc  jno  p  ,pim  n^s  nn  n-ir:nn  na  Tanchuma  Num.  cap.  17, 
ed.  Buber.  Num.  rab,  cap.  ?>:  «an  nSiy?  t;  cno  pim  cpnü  hv  prc*  ;no. 

2  n\-iür  nvi.'2  ''SiS'n  zr6  ps*  o^pn^'n  nn  i^  ''Si^'n  T\h  ;'x  r\-^-.';'^  ck  nion  na,  Num. 
rab.  cap.  3.  .,Läßt  man  den  Stamm  bestehen,  erneut  sich  die  Palme  nicht,  nur 
die  Zwergpalme  treibt  wieder  aus  der  Wurzel."  Hehn  238  Die  neu  gepflanzte 
Palme  trägt  nach  fünf  Jahren  die  ersten  Früchte,  vollen  Ertrag  gibt  sie  erst 
nach  30  Jahren.  Demnach  ist  das  Gleichnis  nach  der  von  Buber  a.  a.  O.  an- 
geführten Lesart  treffender;  T;  mnx  n'nnn  n7iy  ;'x  mpy:  18  nsxpj  ex  nn  mann  na 
jc'pnsn  p  n':c  nas 

3  D'Dip'D  vh\  o'aipv  vh  \7\i  i'K  n«i  im  n-ann  na  Gen.  rab.  cap.  41.  Das  trifft 
aber  nur  dort  zu,  wo  reiche  und  gleichmäßige  Bodenfeuchtigkeit  vorhanden  ist, 
wie  im  Palmenwald  zu  Jericho.  Sonst  findet  man  hie  und  da  Einschnürungen 
als  Erinnerung  an  ein  Jahr,  in  welchem  durch  ungenügende  Wasserzufuhr  das 
Wachstum  gehindert  war.  Siehe  Fischer  21. 

*  Siehe  zu  diesen  Gleichnissen  Gen.  rab.  cap.  41,  Num.  rab.  cap.  3,  Jalkut 
zu  Ps.  92,  13,  Tanchuma  Num.,  ed.  Buber,  cap.  17. 

5  Lev.  XXIII,  40;  Neh.  VIII,  15;  I.  Makk.  XIII,  53;  II.  Makk.  X,  10; 
Job.  XII,  13;  Apoc.  VII,  9.  Die  Kirchenväter  sehen  in  ihr  das  Sinnbild  der 
Unsterblichkeit,  besonders  der  Auferstehung  des  Fleisches.  Vgl.  Kitter  XIII,  770. 
Die  Griechen  haben  dieses  Symbol  den  Semiten  entlehnt.  Die  Sieger  im 
Kampfspiele  wurden  mit  Palmblättern  geschmückt.  Die  Götter  wurden  mit 
ihnen  bekränzt.  Von  Griechenland  wurde  der  Brauch  nach  Rom  übertragen. 
Vgl.  Hehn  240. 

6  «"mv:  p3'K  ^N-itfn  pyni»  uk  p>3  )n'jnn»<i  jn^aSi^i  n"2pn  ':sSa  psvi'  Lev.  rab. 
cap.  30. 

'  Layard  259. 

XIH 


416  Dr.  J.  Taglicht. 

setzt  werden  konnten,  bedeutete  die  Vernichtung  des  Feindes  und 
den  vollständigen  Sieg.  Er  war  vernichtet,  wenn  man  ihm  mit  den 
Palmen  die  Existenzmöglichkeit  nahm.  Das  taten  die  Assyrer  den 
arabischen  Stämmen  am  Euphrat,  und  viele  Völker  ahmten  es  nach. 
Selbst  Mohammed  hat,  um  die  Juden  von  Chaibar  aufs  schwerste 
zu  treffen,  ihre  Palmenpflanzungen  zerstört.^  Als  die  Bewohner  des 
Nedschd  im  Jahre  1818  mit  der  Übergabe  zögerten,  befahl  Ibrahim 
Pascha,  die  Palmenhaine  umzuhauen,  um  die  Unterwerfung  zu  er- 
zwingen.^  Diese  schon  in  uralter  Zeit  geübte  grausame  Maßregel,  der 
langen  Belagerung  durch  die  Zerstörung  der  Dattelbäume  ein  Ende 
zu  machen,  indem  durch  die  Vernichtung  des  Lebensnervs  der 
Belagerten  die  Unterwerfung  erzwungen  wurde,  läßt  uns  das  Ver- 
bot Deut.  20,  19  in  neuem  Lichte  erscheinen:  „Wenn  du  eine  Stadt 
lange  Zeit  umlagerst,  um  sie  einzunehmen,  sollst  du  nicht  ihre 
Bäume  vernichten,  indem  du  die  Axt  an  sie  legst."  Und  die  Tat- 
sache, daß  Kyros  den  Grund  zu  den  Belagerungsstürmen  vor  Babylon 
mit  Palmbäumen  legte,^  was  wohl  auch  andere  vor  ihm  getan 
haben,  erklärt  uns  die  zweite  schwierige  Hälfte  des  angeführten 
Bibelverses:  mirian 'T'jsa  x^"?  mu^n  pr  anxn 's  „der  Baum  ernährt  den 
Menschen  (siehe  Ibn  Esra  zur  Stelle);  warum  sollte  er  zu  Belagerungs- 
zwecken verwendet  werden?" 

Heute  ist  in  Palästina  von  der  einstigen  Dattelkultur  nichts 
mehr  zu  merken.  Die  Palmenstadt  Jericho,  noch  von  Josephus 
ein  göttliches  Stück  Land  genannt,  wo  noch  1722  viele  Palmen 
zu  sehen  waren, ^  ist  heute  (in  ärmliches  Dorf  und  seine  Um- 
gebung ein  kahler  Landstrich.  Einzelne  Stämme  sind  noch  am 
Ufer  des  Toten  Meeres  vorhanden.  So  ist  auch  dieser  Teil  von 
der  einstigen  Herrlichkeit  des  gelobten  Landes  nur  mehr  eine 
Erinnerung. 


1  Diese  große  Sünde  empörte  seine  eigenen  Anhänger.  Der  Khalif  Abu 
Bekr  befahl  daher  in  seinen  Zehn  Geboten:  Zerstöret  keine  Dattelbäume.  Vgl. 
Fischer  9. 

2  Siehe  ZDMG.  XVII,  221. 

3  Xenoph.  Cyrop.  VII,  5.  11. 
*  Shaw  11,  67. 


XIV- 


Die  Beschlüsse  zu  Lydda  und  das  Apostel- 

kouzil  zu  Jerusalem. 

Von  Rabbiner  Dr.  L.  Venetianer,  Budapest  (Ujpest). 

Der  gewaltige  Kampf,  welchen  Judäa  im  ersten  Drittel  des 
2.  Jahrhunderts  mit  dem  verzweifelten  Aufgebot  seiner  letzten 
Kräfte  gegen  die  Übermacht  Roms  führte,  endete  mit  Hadrians 
ruhmlosem  Sieg.  Für  Judäa  war  nun  der  letzte  Hoffnungsschimmer 
auf  Erlangung  der  nationalen  Freiheit  erloschen,  ihm  sollte  aber 
auch  noch  die  einzige  Quelle  des  Trostes  verschüttet  v/orden:  die 
unbändige  Rache  des  Siegers  traf  bereits  Anstalten,  um  auch  die 
Lebensader  der  Religionsfreiheit  durchzuschneiden.  Die  Feier  des 
Sabbaths  und  der  Feste  wurde  verboten  (Tosifta  ed.  Zuckermandel, 
Erubin  VIII,  p.  147;  Sukkah  I,  p.  192;  11,  p.  195),  die  Zirkum- 
zision  durfte  nicht  vollzogen  werden  (Meila  IT^),  die  Ordination 
und  damit  das  Studium  der  Gesetzeslehre  ward  der  härtesten  Ver- 
folgung ausgesetzt  (Berakhoth  61^;  S3^nhedrin  14^;  Aboda  zara  18-'^). 
Es  war  eine  Zeit  gekommen,  da  es  not  tat,  sich  über  die  Gegen- 
wart zu  erheben,  um  das  Judentum  für  die  Zukunft  retten  zu 
können. 

Ein  solch  weitblickender  und  nicht  durch  hermeneutische 
Regeln  gestützter,  sondern  aus  den  Herzeustiefen  hervorquellender 
Entschluß  war  die  Entscheidung  der  Gelehrten,  die  nach  der 
talinudischen  Tradition  in  Lydda,  am  Süller  des  Hauses  Nitzah  ^ 
zusammenkamen  und  zwei  höchst  wichtige  Beschlüsse  gefaßt  haben. 
Der  erste  Beschluß  behandelte  die  Frage,  ob   der  Jude  eher  den 


1  So  ist  der  Ort  der  Zu^^animeukunft  in  Kidd.  40'"  und  Synli.  74"  angegeben; 
Sifre  Deut.  XI,  31  liat  -ny  nc  (siehe  Graetz  IV  3,  p.  430),  hingegen  die  Version 
des  jer.  Talmud  Pesachim  III,  7  cnx  n'2  und  Schir  Ha-Schirim  rab.  II.  14 
any.  Die  letzten  drei  Varianten  sind  gewiß  aus  '::rN  =  v^n  korninipiert;  die 
Gelehrten  waren  im  Hause  eines  Römers  zusammengekomiuen,  um  keinen  Ver- 
dacht zu  erregen. 

Paatsohrift.  27 

I 


418  Dr.  L.  Venetianer. 

Märtyrertod  erleiden  müsse,  als  ein  Gesetz  der  Thora  zu  über- 
treten; da  wurde  abgestimmt  und  (wahrscheinlich  nur  mit 
Majorität)  beschlossen,  daß  der  Jude  nur  in  drei  Fällen  den  Tod 
vorziehen  müsse,  wenn  er  nämlich  gezwungen  werden  sollte 
Götzendienst  oder  Unzucht  zu  treiben  oder  einen  Mord  zu  be- 
gehen. ^  Der  zweite  Beschluß  betraf  die  Frage,  ob  das  theoretische 
Studium  der  Gesetze  oder  ihre  praktische  Ausübung  höher  zu  be- 
werten sei,  welche  Frage  nach  einer  Diskussion  einstimmig  da- 
hin beantwortet  wurde,  daß  das  theoretische  Studium  höheren 
Wert  hat,  denn  es  führt  zur  praktischen  Ausübung.'- 

Die  talmudische  Tradition  spricht  nicht  davon,  ob  diese  beiden 
Beschlüsse  während  derselben  Besprechung  gefaßt  wurden.  Schon 
J.  H.  Weiß  gab  der  Vermutung  Ausdruck,  daß  beides  zur  selben 
Zeit  beschlossen  wurde,^  was  ja  auch  ganz  natürlich  scheint,  denn 
der  zweite  Beschluß  ist  eine  unmittelbare  und  unentbehrliche 
Folge  des  ersten.  Durfte  der  Jude  außer  den  drei  Hauptsünden 
alle  sonstigen  Gesetze  der  Thora  in  Wirklichkeit  —  wenn  auch 
nur  in  Zwangslage  —  übertreten,  so  mußte  die  Frage  von  selbst 
in  den  Vordergrund  treten,  ob  denn  demnach  die  übrigen  610  Ge- 
bote der  Thora  ihre  bindende  Kraft  verlieren  und  aus  dem  Ge- 
samtbau der  jüdischen  Religion  ausgeschaltet  werden?  Die  tiefe 
Sorge  der  Schriftgelehrten  um  die  unversehrte  Erhaltung  des 
Judentums  konnte  mit  dem  bloßen  Hinweis  auf  die  trostlose 
politische  Lage  nicht  erleichtert  werden,  und  eine  Absolution  für 
die  Übertretung  aller  übrigen  Gesetze  konnten  sie  gewiß  nicht 
erteilen,  daher  bestimmten  sie  das  den  Umständen  Gemäße  und 
einzig  Mögliche,  daß  man  der  Kenntnis  der  Thora  nachstrebe, 
sich  das  Wissen  um  die  Gesetze  erwerbe,  sich  in  deren  Geist  ver- 
tiefe und  dadurch  eine  solche  Verinnerlichung  der  religiösen  Vor- 
schriften erreiche,  daß  später,  wenn  die  Fesseln  gelockert  und  der 


1  Synh.  74''  nur  ms9  D»"ir:ix  ua  min:tt'  nn'Di*  So  -nhi  nrna  n»3  r^'h^^'z  t-):::,)  ur;': 

:c»rDT  niD'Dri  niny  'iS'jii  x"yr3  pn  Jiin'  hiti  lay'  .iinn  htti 

2  Kidd.  40"  n  nS'NE»  hSnä':  nS::  nrn:  n>2  n^^ya  pa^DD  D':pn  ps-m  "i  n\n  1231 
13*;:  Snj  nia>S  i?dxi  i?"i  nsya  Snj  ncvo  laxi  ji-jia  '31  n:^':  Sn-i  nryri  ix  ^nj  niaSn  on^as^ 
nty>'0  n^S  x'oo  niro^Sn^'  h\X'<  nir^^S  now  oSia.  —  Sifra  Deut.  XI,  13:  jisid  <3i  n-'n  "12:1 
maSr,  noxi  cSis  ir;:  ntt'j?r:  ik  imhn  Sn.i  »r:  iSs'ü'j  nny  n^an  paioD  N2»py  'dii  'S>S.in  'or  "ii 
ntfVfi  n'S  N'nri  imhnnti'  Sn.l.  —  Die  Versionen  des  jer.  Talmuds  Pesach.  III,  7; 
Chagiga  I,  7:  na'i'aS  mip  nioSnntt'  niSa  diin  nn  n^Sya  no;!i  120:.  —  Vollständig  und 
der  babylonischen  Version  entsprechend  ist  die  Mitteilung  in  Schir  Ha-Schirim 
rab.  II,  14,  wo  auch  der  Diskussion  zwischen  5;"i  und  d"i  Erwähnung  getan  wird. 

3  D.  D.  We-Dorschaw  II,  p.  131:  nB'^rjn  p  h\i:,  ^ri'?n^t^'  vj'Snn  dc  d.';  'Sisi 

:b'B3  iidoS  c'a»n  nöSnn  h'nv  nmnS 

II 


Die  Beschlüsse  zu  Lyilda  und  das  Apostelkouzil  zu  Jerusalem.         419 

politische  Druck  erleichtert  würden,  die  praktische  Ausübung 
schon  von  selbst  erfolgte.  Wurde  nun  der  erste  Beschluß  über 
die  Feststellung  der  Hauptsünden  nach  einer  Diskussion  mit 
Stimmenmehrheit  gefaßt,  so  ist  es  nur  natürlich,  daß  der  zweite 
Beschluß,  eben  als  Folge  der  durch  den  ersten  geschaffenen  Lage  — 
trotz   entgegengesetzter  Ansichten    —   einstimmig  erfolgen  mußte. 

Die  talmudische  Tradition  spricht  auch  davon  nicht,  wann 
diese  Beschlüsse  gefaßt  wurden,  aber  es  erleidet  gar  keinen 
Zweifel,  daß  nur  in  den  hadrianischen  Verfolgungen  der  Beweg- 
grund zu  finden  sei.  Der  erste  Beschluß  ist  anonjnn,  hin- 
gfeofen  sind  bei  dem  zweiten  als  Teilnehmer  an  der  Diskussion 
R.  Tarphon,  R.  Josse  Ha-Gelili  und  R.  Akiba  erwähnt,  wahr- 
scheinlich ist  es  aber  durchaus  nicht,  daß  diese  Gesetzeslehrer  an 
dieser  Zusammenkunft  teilgenommen  hätten,  wie  ja  in  der  Tradition 
des  jerusalemischen  Talmuds  ihrer  gar  nicht  gedacht  wird.  Vor 
der  Niederwerfung  des  Bar  Kochba'schen  Aufstandes  war  zu  solchen 
Beschlüssen  kein  genügender  Grund  vorhanden,  und  nach  der 
Niederwerfung,  da  schon  Hadrians  Verfolgungsmaßregeln  gewütet 
hatten,  hätten  sich  judäische  Lehrer  in  Lydda  nicht  zeigen  können. 
Am  wahrscheinlichsten  ist  es,  daß  die  sieben  Lehrer,  welche  durch 
den  Märtyrer  Jehuda  ben  Baba  in  Galiläa  ordiniert  wurden  und 
welche  als  minder  verdächtige  Galiläer  freien  Zutritt  in  eine 
judäische  Stadt  hatten,  nach  L3'-dda  kamen,  um  an  der  anerkannten 
Stätte  des  Gesetzesstudiums  den  Beschlüssen  die  gehörige  Autorität 
zu  geben,  welche  dann  während  der  Verbreitung  durch  Hinfügung 
der  Namen  eines  R.  Akiba  und  R.  Tarphon  noch  mehr  erhöht 
wurde.  Die  Grundidee  der  Beschlüsse  war  durchaus  nicht  neu; 
hat  ja  doch  schon  Ismael  ben  Elischa,  einer  der  ersten  Märtyrer 
der  hadrianischen  Verfolgung,  die  Worte  Lev.  18,  5  dahin  erklärt, 
daß  der  Mensch  die  Gebote  Gottes  übe,  um  durch  sie  zu  leben, 
nicht  aber  um  durch  sie  zu  sterben  (siehe  Bacher,  AT.  I,  pp.  240  ff.), 
aber  es  mußte  als  Beschluß  einer  gesetzgebenden  Behörde  aus- 
gesprochen werden,  um  das  Gewissen  zu  beruhigen  und  religiösen 
Bedenken  vorzubeugen. 

Mit  diesen  beiden  anseinanderfließenden  Ideen,  mit  der  Idee 
der  Feststellung  der  drei  Hauptsünden,  welche  unbedingt  beachtet 
werden  müssen,  um  dem  Sitten-  und  Glaubensgehalt  des  Juden- 
tums gerecht  werden  zu  können,  und  mit  der  Idee  der  Vor- 
innerlichung  des  geistigen  Gehalts  der  jüdischen  Lehre  wollte  man 
das  Judentum  retten,  aber  es  bildet  den  bittersten  Humor  der 
Weltgeschichte,   daß  diese  Beschlüsse,  von   den  Juden  überhaupt 

m 


420  Dr.  L.  Venetianer. 

nicht  beachtet,  der  Eutwicklung  und  Ausbreitung  des  Christentums 
zugute  gekommen  waren.  Die  schwierigsten  Probleme  der  Geschichte 
des  Urchristentums,  die  Fragen  über  die  Bedingungen  der  Zu- 
lassung der  Heiden  werden  gelöst,  wenn  hier  die  Hebel  angesetzt 
und  die  Beschlüsse  zu  Lydda  zum  Ausgangspunkt  genommen 
werden. 

Für  die  Mission  unter  den  Heiden  wird  als  entscheidender 
Schritt  das  Apostelkonzil  zu  Jerusalem  angenommen,  wie   es  im 
15.  Kapitel   der  Apostelgeschichte  und   im   2.  Kapitel   des  Briefes 
Pauli  an   die  Galater  beschrieben  wurde.  Beide  Berichte  stimmen 
in  dem  Faktum  überein,  daß  Paulus  in  Jerusalem  erschienen  war, 
um    mit    den    Führern    der    Zentralgemeinde    über    Möglichkeiten 
erleichterter    Zulassung    der   Heiden    zu    verhandeln.    Weder    im 
Bericht  im  Briefe  an  die  Galater,  noch  an  irgend  einer  sonstigen 
Stelle  in  den  zahlreichen  Briefen  des  Paulus  an  andere  Gemeinden 
ist  jenes  Beschlusses  Erwähnung  getan,  welchen  der  Bericht  in  der 
Apostelgeschichte  aufbewahrt  hat,  wonach  auf  Antrag  des  Jakobus 
denen,    „die    sich    aus    den  Heiden    zu   Gott  bekehren",  mitgeteilt 
werden  möge,   „daß  sie  sich  enthalten  von  Unsauberkeit  der  Ab- 
götter und  von  der  Hurerei  und  vom  Erstickten  und  vom  Blut;i 
denn  Moses  hat  von  langen  Zeiten  her  in  allen  Städten,  die  ihn 
predigen    und    wird    alle    Sabbathtage   in    den    Schulen    gelesen". 
(Ap.  XV.  20,  21.)    Der  Zusammenhang  dieser  beiden  Sätze,  deren 
zweiter  die  Motivierung  des   ersten   sein   will,   stellt  die  neutesta- 
mentlichen  Exegeten   vor  eine   sehr   schwere  Aufgabe.    Wir   ver- 
weisen nur  auf  Ho en nicke,  der  in  seinem  trefflichen  Buche  über 
das  Judenchristentum  (Berlin  1908,  p.  185)   sagt:    „Nach  Jakobus 
müssen    die   Heidenchristen    auf    die   Christen   jüdischer  Abkunft 
Rücksicht  nehmen,  da  sonst  leicht  eine  Trennung  zwischen  beiden 
Teilen  entsteht.  Die  Heidenchristen  müssen  eine  bestimmte  Lebens- 
ordnung beobachten,  und  zwar  mit  Rücksicht  auf  die  Vorlesung 
des  Gesetzes   am  Sabbath  in   den  Synagogen   der  Diaspora",  und 
auf   Neander,    der   in    seinem   Buche    über    die    Geschichte    der 
Pflanzung  und  Leitung  der  christlichen  Kirche  durch  die  Apostel 
(Gotha  1862,  p.  167)  sagt,  daß  das  Apostelkonzil  bezwecken  wollte, 
„man  solle  den  sich  bekehrenden  Heiden  keine   unnötigen  Lasten 


aufbürden  .  .  ,  Was  aber  die  Gläubigen  aus  den  Juden  als  Juden 
betreffe,  so  bedurften  diese  keiner  besonderen  Vorschriften.  Von 
diesen  sei  jetzt  gar  nicht  die  Rede,  sie  wußten,  was  sie  als  Juden 


1  anix^ad-aL    züv    ahaytjfiärcov    tcov  dömXoav   xai.   xfjs   noQvsiug   xal   nvcurov 
xal  uLfiazog. 

IV 


Die  Beschlüsse  zu  Lydda  und  das  Apostelkonzil  zu  Jerusalem.         421 

ZU  beobachten  hätten;  denn  in  jeder  Stadt,  wo  Juden  wohnten, 
werde  ja  das  mosaische  Gesetz  an  jedem  Sabbath  in  den  S3''nagogen 
vorgelesen''.  Wenn  der  bloße  Zusammenhang  der  beiden  Sätze 
solche  extreme  Deutungen  erfahren  hat,  so  ist  es  nicht  zu  ver- 
wundern, daß  der  erste  Satz  mit  den  vier  Hauptsünden  eine  crux 
interpretationis  geworden  ist,  an  der  sich  nicht  nur  exegetische 
Tüchtigkeit  und  religionsgeschichtliches  Wissen,  sondern  auch  das 
festgewurzelte  Vorurteil  versucht  hat,  wie  es  selbst  von  uner- 
warteter Seite  zutage  tritt,  wenn  Dobschütz  in  der  schönen 
Schilderung,  die  er  über  die  Urchristlichen  Gemeinden  (Leipzig  1902, 
p.  111)  gegeben  hat,  sagt:  „Hätte  man  noch  allein  Götzenopfer 
und  Hurerei  genannt!  Diese  Zusammensetzung  drückt  seit  alters 
her  das  Versucherische  am  Heidentum  aus.  Daß  man  spezialisiert 
auf  Blut  und  Ersticktes,  zeigt  die  kasuistische  Art  dieses  christ- 
lichen Rabbinismus."  Es  ist  uns  nicht  bekannt,  ob  Dobschütz  bei 
diesem  Urteil  auch  weiter  verharrte,  als  drei  Jahre  später  das  Apostel- 
dekret nach  seiner  außerkanonischen  Textgestalt  (Leipzig  1905) 
von  A.  Resch  erschienen  war,  auf  Grund  welcher  Untersuchung 
Harnack  die  bis  dahin  von  ihm  vertretene  und  verfochtene  Ansicht 
zurückgezogen,  den  Ausführungen  von  Resch  beigestimmt  und  das 
äußerst  schwerwiegende  Wort  gesprochen  hat:  Man  kann  ganze 
Bibliotheken  von  Auslegungen  und  Untersuchungen  über  Act.  15 
als  Dokumente  der  Geschichte  eines  großen  Irrtums  schließen. 
(Die  Apostelgeschichte,  Leipzig  1908,  p.  197,  und  Neue  Unter- 
suchungen zur  Apostelgeschichte,  Leipzig  1911,  pp.  22  ff.).  Resch 
hat  unwiderlegbar  gezeigt,  daß  die  außerkanonischen  Versionen 
des  Aposteldekrets,  dessen  älteste  Gestalt  in  dem  in  die  Mitte 
des  2.  Jahrhunderts  zu  setzenden  Codex  Cantabrigiensis  ent- 
halten ist,  nicht  von  Speiseregeln,  sondern  ausschließlich  von 
Sittengeboten  handeln,  und  hat  auch  gezeigt,  wie  das  Wort  tivixtöv 
als  Marginalbemerkung  in  den  kanonischen  Text  neben  das  af^acc 
geraten,  womit  es  dann  später  durch  das  xal  verbunden  wurde. 
Dieser  außerkanonische  und  ursprüngliche  Text  lautete: 
ccTtsxsGd^Ki  Twv  (x?uGyij^ärcoi'  xdtv  dötblai'  xal  ri/i?  iroQvsiag  xcd  tov 
aifLarog  xal  ößa  ^i]  dilovisiv  savtoig  yeivsßd'ai  hiQoig  (it}  Tcoifixe,  dem- 
nach nur  die  Enthaltung  von  Götzenopfer,  von  Unzucht  und  von 
Blutschuld  und  die  Befolgung  der  goldenen  Regel  in  negativer 
Form  empfohlen  wurden.  Mit  diesem,  die  goldene  Regel  ent- 
haltenden zweiten  Satz  im  außerkanonischen  Text  des  Apostel- 
dekrets mußte  der  zweite  Satz  des  kanonischen  Textes  überein- 
stimmen,   und    die    neutestamentliche   Exegese   dürfte  hierbei   die 


422  Dr.  L.  Venetianer. 

Mitteilung  des  Talmud  Sabbath  31''^  über  die  Worte  Hilleis,  der 
die  goldene  Regel  ebenfalls  in  negativer  Form  an  den  Heiden  ge- 
richtet und  hinzugefügt  hat:  -nsij '^'i  n-^rn'D -^Ti^i  nbi2  rrnni  "^s  X'm?  zu 
Rate  ziehen  und  somit  den  kanonischen  Text  des  Aposteldekrets 
dahin  erklären,  daß  die  Führer  der  jerusalemischen  Urgemeinde 
den  Heiden  außer  der  Enthaltung  von  den  drei  Hauptsünden  den 
Besuch  der  Synagogen  eindringlich  empfohlen  haben,  wo  all- 
sabbathlich  Vorlesungen  aus  den  Gesetzen  Mosis  stattfinden,  welche 
alle  die  Erziehung  des  Menschen  zur  Liebe  des  Nächsten  und  zur 
Läuterung  der  Sitten  bezwecken. 

Mag  aber  das  Bindeglied  zwischen  den  beiden  Rezensionen 
der  im  Namen  Hillels  tradierte  Spruch  gebildet  haben  oder  nicht, 
vollauf  begreifen  läßt  sich  das  durch  den  außerkanonischen  Text 
hergestellte  kanonische  Aposteldekret  nur  dann,  wenn  angenommen 
wird,  daß  es  unter  dem  Einfluß  der  Beschlüsse  zu  Lydda  entstanden 
ist;  da  beide  einander  inhaltlieh  vollkommen  entsprechen,  indem 
die  drei  Hauptsünden  selbst  in  der  Reihenfolge  dieselben  sind, 
und  der  Hinweis  auf  die  synagogale  Vorlesung  der  mosaischen 
Gesetze  nichts  anderes  ist,  als  die  Ausführung  des  zweiten  Be- 
schlusses, wie  hoch  das  Lernen,  die  geistige  Verinnerlichung  des 
Gesetzes  zu  bewerten  sei.  ^ 

Die  Priorität  muß  allerdings  den  Lyddaer  Beschlüssen  zu- 
erkannt werden.  Innere  und  äußere  Gründe  sprechen  dafür,  daß 
nur  die  hadrianischen  Verfolgungen  eine  solche  Beschlußfassung- 
bedingt  haben,  wozu  es  aber  gewiß  nicht  gekommen  wäre,  hätte 
das  Apostelkouzil  schon  früher  Beschlüsse  gleichen  Inhalts  ver- 
lautbart.  Das  junge  Christentum  konnte  in  der  Diaspora  nicht  die 
gewünschte  Verbreitung  finden,  denn  die  judaistische  Gegen- 
propaganda legte  ihm  unüberwindliche  Hindernisse  in  den  Weg. 
Anderseits  mochten  aber  die  Heiden  selbst  Bedenken  gegen 
das  Christentum  gehegt  haben,  denn  es  konnte  ihnen  nicht  ein- 
leuchten, daß  im  Rahmen  derselben  Religionsgenossenschaft  an 
die  Gläubigen  verschiedene  Anforderungen  gestellt  wurden,  je 
nachdem  sie  früher  dem  Judentum  oder  dem  Heidentum  ange- 
hört hatten.  Große  Hemmungen  mußte  die  Mission  erfahren  haben 
gerade  von  selten  der  Juden  Christen,  die  auch  fernerhin  den  jüdi- 
schen Religionssatzungen  treu  blieben  und  nur  in  dieser  Weise 
der  Christengemeinde  anzugehören  strebten.  Denen  gegenüber 
genügte  weder  Begeisterung  noch  Überredungskunst  der  Missionäre; 
erst  als  diese  sich  auf  Beschlüsse  von  bindender  Kraft,  ausgegangen 
von  der  anerkannten  jüdischen  Oberbehörde,  berufen  konnten,  erst 

VI 


Die  Beschlüsse  zu  Lydda  und  das  Apostelkonzil  zu  Jerusalem.         423 

da  waren  judeuchristliche  und  judaistische  Bestrebungen  lahm- 
gelegt und  die  Bedenken  der  Heidenehristen  beruhigt.  Das  ist 
aber  erst  in  der  Mitte  des  2.  Jahrhunderts,  nach  der  Nieder- 
werfung des  Bar  Kochba'schen  Aufstandes,  mit  Hilfe  der  Beschlüsse 
zu  Lydda  geschehen,  welche  durch  die  Feststellung  der  Haupt- 
sünden und  durch  die  Proklamierung  des  höheren  Wertes  der 
VerinnerlichuDg  des  geistigen  Gehaltes  der  Lehre  das  Judentum 
retten  wollten,  dafür  aber  der  Verbreitung  des  Christentums  Vor- 
schub geleistet  haben. 


Vll 


Beiträge  zur  Geschichte  Persiens  zur  Zeit  der 

Sasaiiiden. 

Von  Dr.  S.  Funk,  Wien. 

Unter  den  Völkern  und  Staaten,  die  im  Talmud  eine  größere 
Rolle  spielen,  nehmen  die  Perser  die  dritte  Stelle  ein.  Im  Gegen- 
satze zu  Hellas,  dem  Lande  der  Männer  mit  großen  Gedanken  und 
schönheitsdurstigen  Sinnen  und  im  Gegensatze  zu  Rom,  dem  Welt- 
reiche der  nüchternen  Willensmenschen,  der  tüchtigen  Praktiker 
und  Organisatoren,  tritt  uns  mit  Persien,  wie  es  im  talmudischen 
Schrifttum  geschildert  wird,  ein  Land  mit  einem  intellektuell  nicht 
hoch  stehender,  aber  gesunden  und  redlichen  Volke  vor  die  Augen. 
Es  ist  zwar  nicht  das  alte  Tran,  das  diese  Quellen  vor  uns  ent- 
stehen lassen,  und  es  sind  nicht  die  alten  Iranier,  von  denen  uns 
der  Talmud  berichtet,  sondern  die  Neuperser,  die  nach  dem  Sturze 
der  Achämeniden  im  Jahre  226  u.  Z.  zur  Herrschaft  gelangten. 
Aber  diese  ließen  in  ihren  Sitten  und  Gebräuchen,  in  Schrift  und 
Sprache  eine  so  vollständige  Renaissance  des  alten  Persertums 
aufleben,  daß  wir  in  den  talmudischen  Berichten  über  Land  und 
Leute  in  Persien  zuverlässige  Angaben  über  das  Leben  der  alten 
Perser  erblicken  dürfen.  Charakteristisch  für  diese  Epoche  ist 
die  bekannte  Tatsache,  daß  auf  den  Münzen  mit  dem  Feueraltar 
die  nationale  Pehlevischrift  erscheint.  Die  persische  Sprache  wird 
wieder  in  ihre  Rechte  eingesetzt  und  selbst  die  Baukunst,  in 
welcher  die  griechisch-römischen  Stilarten  nicht  mehr  zu  ver- 
drängen sind,  wird  mit  persischen  Elementen  verbunden.  Vor 
allem  aber  treten  die  altpersischen  Sitten  und  Gebräuche  in  den 
Vordergrund.  Wird  doch  Ardasir,  der  Begründer  der  Dynastie 
der  Sasauiden,  von  den  späteren  Historikern  weit  mehr  als  Eiferer 
für  die  Religion  Zoroasters  als  der  neue  Reichsgründer  gefeiert.' 

1  Vgl.  Nöldelce,  Tabari,  S.  21;  Jusli,  Geschichte  des  alten  Persiens  (über 
diese  Epoche);  und   Fimk,  Die  Juden  in   Babylonieii   I,  G6  ff.  und  II,  3  ff. 

I 


426  Dr.  S.  Funk. 

Unsere  Quellen  über  das  Leben  der  Perser  in  jenem  schönen 
Lande,  welches  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auch  in  dem  schreck- 
lichen Weltkriege  unserer  Zeit  eine  ansehnliche  Rolle  spielen  wird, 
können  darum  unsere  Kenntnis  von  dem  alten  wie  von  dem  neuen 
Reiche  mehren  und  dürften  sie  den  Historikern  um  so  willkommener 
sein,  als  aus  dieser  Zeit  nur  spärliche  Nachrichten  auf  uns  ge- 
kommen sind.  So  mögen  hier  einige  Daten  aus  dem  Talmud  und 
Midrasch  folgen,  die  geeignet  sind,  uns  das  persische  Volk  und 
seine  Regierung  vorzuführen. 

Von  den  alten  Persern  sagt  Herodot  (1,  136):  „Ihre  Knaben 
erziehen  sie  vom  fünften  bis  zum  zwanzigsten  Jahre  in  drei  Dingen : 
im  Reiten,  im  Bogenschießen  und  in  der  Wahrhaftigkeit."  In  diesen 
drei  Dingen  äußern  sich,  wie  Herodot  richtig  erkannt  hat,  die  drei 
hervorragenden  Charaktereigenschaften  der  Perser.  Als  ein  gesundes 
kräftiges  Volk  von  Reitern,  Jägern  und  Fanatikern  der  Redhch- 
keit^  werden  uns  auch  die  Neuperser  von  den  talmudischen  Quellen 
geschildert.  Sie  treten  uns  als  ein  starkes,  lebensfrohes  Volk  ent- 
gegen. Fleisch  ist  ihre  Lieblingsspeise.-  Sie  sind  Freunde  von 
üppigen  Mahlzeiten  und  großen  Trinkgelagen ^  und  ihre  Großen 
gönnen  sich  Genüsse  und  erlauben  sich  Ausschweifungen,  wie  sie 
nur  asiatische  Gewaltherrscher  zu  erfinden  vermögen.^  Ein  sehr 
vorteilhaftes  Gegengewicht  gegen  die  Üppigkeit  des  Lebens  bot 
die  Teilnahme  an  den  Kriegszügen  und  an  den  beliebten  Jagden.^ 

Soweit  uns  die  talmudischen  Quellen  einen  Einblick  in  das 
innere  Leben  des  persischen  Volkes  gewähren,  tritt  uns  dieses 
als  ein  einheitliches  entgegen.  Nur  die  Magier  werden  als  ein  ganz 
besonderer,  furchterweckender  Stamm  dem  des  persischen  Volkes 
entgegengestellt.^ 

Wie  bereits  erwähnt,  nimmt  unter  den  hervorragenden 
Charaktereigenschaften  der  Perser  Wahrhaftigkeit  und  Redlichkeit 

1  Vgl.  Aboda  sara  71',  Sabbat  94',  Kidduschin  49"  und  Aboth  di  Rabbi 
Natlian  28,  1. 

2  Erubin  29'\ 

3  Aboda  sara  2'',  Kidduschin  72'  und  Jalqut  zu  Ester  I,  8,  §  1048.  «pma  = 
großer  Kelch,  auch  in  jer.  Pesachim  10,  1,  S.  37",  welches  zu  Mißverständen  Anlaß 
gab.  Vgl.  Rokeach  283  und  Schulehan  Aruch  Orach  Chajjim  472,  9. 

4  Aboda  sara  65". 

5  Vgl.  Sabbat  94'  psnK2  persisch  =  Falkenjäger.  Vgl.  auch  Sanhedr.  95" 
'NTa  nirtt'^  (=  schikärbäz  =  Falkenjäger).  Über  die  Falkenjagd  in  Asien  siehe 
Schrader,  Reallexikon  der  indogerman.  Altertumskunde  210  und  Meißner,  Beitr. 
zur  Assyriol.  und  semit.  Sprachwissensch.  IV,  422.  Eine  intei'essante  Schilderung 
derselben  gibt  Layard,  Niniveh  und  Babylon  200 — 225. 

6  Kidduschin  72". 

II 


Beiträge  zur  Geschichte  Persiens  zur  Zeit  der  Sasaniden.  427 

die  allererste  Stelle  ein.  Ein  Perser  bricht  das  gegebene  Wort 
nicht,  selbst  wenn  dies  mit  großen  Nachteilen  für  ihn  verbunden 
ist.^  Und  ist's  gar  ein  König,  dann  löst  er  ein  gegebenes  Wort 
ein,  selbst  wenn  er  Berge  entwurzeln  müßte. - 

Ein  schöner  Charakterzug  ist  ferner  die  Keuschheit  im  Ehe- 
leben ^  und  die  peinliche  Reinlichkeit,  die  besonders  bei  der  Mahl- 
zeit hervortritt.'*  Auch  manche  hygienische  Einrichtung  der  Perser 
wird  gelobt.5  Wie  die  Juden,  wuschen  sie  sich  vor  und  nach  dem 
Essen  die  Hände  und  beobachteten  dabei  eine  gewisse  zeremonielle 
Form,  indem  sie  bezüglich  der  Reihenfolge,  die  dabei,  wie  bei  der 
Sitzordnung  der  Tischgäste,  eingehalten  wurde,  auf  Etikette  hielten.*^ 

Weniger  lobenswert  war  die  Sitte  oder  Unsitte  der  Perser, 
bei  den  Trinkgelagen  die  Tischgäste  zum  Leeren  des  großen 
Kelches  (s'pcis)  zu  zwingen,  der  durch  den  Mundschenk  gereicht 
wurde.  Da  man  diesen  selbst  auf  die  Gefahr  hin  leeren  mußte, 
daß  „man  davon  starb  oder  verrückt  wurde",  sahen  sich  die  Gäste 
gezwungen,  durch  große  Geschenke  an  den  Mundschenk  sich  dem 
Zwange  zu  entziehen.' 

Auffallend  ist  es,  daß  die  Perser  auf  die  Reinheit  der  Kleider 
nicht  achteten.  Von  den  zehn  Teilen  Ungeziefer,  die  in  die  Welt 
gekommen  sind,  sollen  neun  an  die  Perser  gekommen  sein,^  was 
bei  dem  erwähnten  Sinn  der  Perser  für  Reinlichkeit  befremden 
muß.  Möglicherweise  ist  dies  auf  die  vielen  Kriegszüge  zurück- 
zuführen, die  die  Perser  führen  mußten,  welche,  wie  wir  aus  der 
Erfahrung  des  gegenwärtigen  Krieges  wissen,  einen  Kleider-  und 
Wäschewechsel  oft  unmöglich  machen.  Und  vor  allem  waren  ja 
die  Perser  ein  Volk  von  Kriegern. 

„Viele  Städte  haben  wir  erobert  und  viele  Kriege  geführt" 
ist  der  Ruf,  mit  welchem  nach  einer  charakteristischen  Volkssage 
die    Perser    vor    den    Weltenrichter    treten.-'    Die    jungen    Helden 


1  Aboda  sara  71". 

'  Baba  bathra  3\ 

3  Berakhoth  8'. 

'  Berakhoth  46''.  Die  Sitte  des  Händewaschens  vor  dem  Mahle  finden  wir 
schon  bei  den  Bab3'loniern.  Vgl.  Peiser,  Studien  zur  oriental.  Altertumskunde 
in  MVAG.   1898,  IIl,  6,  S.  24—30. 

'•>  Berakhoth  26'.  Über  das  religiöse  Gesetz  der  Reinhaltung  der  Gewässer 
weiter  unten. 

*'•  Berakhoth  46''. 

■  Vgl.  Jalqut  zu  Ester  1,  8,  t<  1048. 

s  Ester  r.  1,   17. 

'•*  Aboda  sara  2". 

III 


428  Dr.  S.  Funk. 

werden  im  Talmud  als  „persische  Löwen"  bezeichnet i  und  mit 
den  Heeren  des  Hauses  Davids  verglichen.^'  Die  Elitetruppen 
bildeten  die  „Legionen  der  Ritter"  oder  Magnaten.  Es  waren  dies 
adelige  Panzerreiter  („ferreus  equitatus"  bei  Ammian  19,  1,  2), 
die  samt  ihren  Pferden  schwer  geharnischt  waren.^  In  Kriegs- 
zeiten warb  die  Regierung  Hilfstruppen  aus  wilden  Araberstämmen, 
denen  sie  manche  Landstriche  zur  Benützung  während  der  Kriegs-  " 
zeit  zu  überlassen  pflegte^  und  den  Staatsbürgern  erwuchs  die 
Pflicht,  den  ungebetenen  Gästen  das  Feld  zu  räumen.  Wo  dies  nicht 
der  Fall  war,  wurde  die  Bürgerschaft  in  anderer  Form  zu  Kriegs- 
diensten herangezogen.  Sie  hatten  zunächst  für  die  Ausrüstung  der 
Reiter  aufzukommen.  Wie  schon  zur  Zeit  des  Darius  die  sogenannte 
„Kabluabgabe",  wurden  die  Kosten  der  Reittiere  und  der  Panzer  (aes 
equestre  bei  den  Römern)  den  Kommunen  auferlegt.''  Die  Bürger- 
schaft hatte  für  die  Bedürfnisse  des  Heeres  zu  sorgen,  Brot  zu  backen,*^ 
Kleidungsstücke  nachzutragen.'^  Auch  die  nötigen  Geräte  und  Tiere 
wurden  von  den  Militärbehörden  requiriert.^  Wahrscheinlich  auch 
die  zu  den  Waffen  nötigen  Metalle,  wie  indisches  Eisen,^  aus  welchem 

1  Jer.  Baba  bathra  II,  3,  S.  13^ 

*  Kidduschin  72\ 

3  Sanhedr.  106"  isc«  pO'^;  Jalqut  zu  Num.  24,  24,  §  771  hat  eine  Lesart 
jimS  nh;  Tgl.  auch  Targum  jer.  zur  Stelle  f':iu'ii3  und  im  Aruch  v.  isdh  das  Zitat: 
ISDN  jr;;^  nhn  «in  -j2  nh.  Unrichtig  ist  die  Erklärung  Kohuts  für  das  Wort  ibd«. 
Es  ist  weder  Zyprus  noch  bedeutet  es  Heer,  wie  dieser  meint,  sondern  es  ist  das 
persische  aswär  =  Ritter.  Vgl.  Nöldeke,  Tabari  S.  164,  5  und  501.  Ursprünglich 
lautete  es  Waspur  {=  Magnat).  Davon  die  armenische  Landschaft  Waspurakan, 
die  im  Talmud  Aspurk  (Temura  30')  genannt  wird.  Es  ist  demnach  eine  Legion 
von  Magnaten  gemeint. 

■*  Baba  bathra  168''  >xmj,'  in:n  und  R.  Gersom  zur  Stelle:  py^'DD  rntr  D'^NyfDl?' 

cc  f-c  mo>  Si  ]nü  iD:-iDn'r.  Ohne  Zweifel  hat  R.  Gersom  eine  alte  Überlieferung 
übermittelt. 

'■>  Baba  bathra  S''  N:>nü^i  HNKnaS.  Vgl.  hierzu  Kohler  und  Peiser.  Aus  dem 
babylonischen  Rechtsleben  IV,  S.  9.  Siehe  besonders  S.  8,  wo  zur  Ausrüstung 
eines  Soldaten,  außer  dem  Reittiere,  ein  Esel  für  50  Sekel,  1/2  ^^ine  6  Sekel  zum 
Unterhalt  des  Esels,  12  Gewänder.  12  Panzer  usw.  aufgezählt  werden. 

"  Pesachim  o'',  Beza  21'. 

'  Sabbat  147*. 

8  Vgl.  Aboda  sara  33",  61*";  Baba  mezia  49  und  andere  Stellen.  In  der 
Regel  vom  Großfeldherrn:  x^'-jn  pna.  pns  ist  kein  Eigenname,  wie  Kohut  (Aruch) 
meint,  sondern  ist  das  persische  wzurg,  neupersisch  buzurg  und  bedeutet  „groß". 
Vgl.  Buzurgframadhär  =  „Großwezir"  oder  „höchster  Machthaber",  im  Pehlewi- 
text  Wzurg-framatar.  (Nöldeke,  Tabari  9,  2.) 

■*  Aboda  sara  16*  r]i<)-i:7]  x^ns.  Über  den  Handel  mit  indischen  Schwertern 
vgl.  Jakob,  Altarabisches  Beduinenleben  -',  149  und  Krauss,  Archäologie  II,  684; 

IV 


Beiträge  zur  Geschichte  Persiens  zur  Zeit  der  Sasaniden.  429 

sie  die  Schwerter  schmiedeten  und  Eisenplatten  zu  den  gefürchteten 
persischen  Lanzen,  deren  Stich  immer  todbringend  war.^  Diese 
wurden  aber  vom  Volke  gern  herbeigeschafft,  da  sie  die  Armee 
dadurch  instand  setzten,  die  Bürgerschaft  vor  Verschleppung  in  die 
Gefangenschaft  zu  schützen.-  Die  Furcht  vor  derselben  war  nicht 
minder  groß  als  in  unserer  Zeit  und  veranlaßte  angesehene  Männer 
vor  dem  herannahenden  Feinde  die  Flucht  zu  ergreifen.^ 

In  Friedenszeiten  hatten  nur  Festungs-  und  Grenzstädte,  wie 
die  Stadt  Machosa,  größere  Garnisonen,^  in  den  anderen  gab  es 
nur  Polizeisoldaten,  denen  die  Sorge  für  die  Aufrechthaltung  der 
Ordnung  oblag.'' 

Die  Religion  nahm  im  Leben  des  persischen  Volkes  wie  in 
dem  der  alten  Völker  einen  breiten  Raum  ein.  Die  Hüter  und 
Pfleger  derselben,  die  dem  bereits  erwähnten  mächtigen  Stamm 
der  Magier  an  o  eh  orten,  waren  sehr  einflußreich  und  bildeten 
einen  Staat  im  Staate.  Unter  der  Herrschaft  der  strenggläubigen 
Könige,  wie  z.  B.  unter  Ardesir,  Jezdegerd  U,  Peroz,  waren  sie 
allmächtig*  und  erlaubten  sich  arge  Übergriffe  und  Gewaltakte 
gegen  Andersgläubige.  Sie  zerstörten  die  Synagogen  der  Juden,' 
entweihten  ihre  Friedhöfe,  verboten  den  Genuß  des  Fleisches  und 
untersagten  die  Benützung  der  rituellen  Bäder. '^  Kein  Wunder, 
daß  sie  darum  von  den  letzteren  den  Engeln  des  Verderbens 
gleichgestellt  und   schlechtweg    als  Zauberer   bezeichnet   wurden.^ 

Schon  als  Lehrer  einer  Religion,  die  den  Dualismus  in  der 
Herrschaft  über  das  All  —  einen  Gott  des  Lichtes  und  einen  Gott 


ferner  Seeck,  Geschichte  des  Unterganges  der  antiken  Welt  II.  202.  Wie  aus  der 
angeführten  Talmudstelle  hervorgeht,  wurden  auch  Grabschaufeln  und  Beile 
zu  diesem  Zwecke  verwendet,  xia  =  assyrisch  marru  und  t<:'sn  =  assyrisch 
has(8)innu  =  Beil.  Vgl.  Delitzsch,  Hwb.  S.  288  und  427. 

1  Gittin  70\ 

2  Vgl.  Aboda  sara  16"  jii^'V  lijon.  Verschleppungen  in  die  Gefangenschaft 
werden  häufig  erwähnt.  So  Jebam.  45",  Gittin  38',  45'  und  an  anderen  Stellen. 

»  Chullin  46". 

^  NTinoi  K^'n  '32  ir'jj:!  Taanith  21";  vgl.  auch  Pesachim  S*"  und  Sabbat  14T''. 

5  Baba  mezia  93'',  wo  sie  'pcir:iQ-  <■::;!  genannt  werden. 

6  Vgl.  Funk,  Juden  in  Babylonien  I,  07,  105  und  II,  47,  115  und  118. 
"  Joma  10\ 

s  Jebamoth  eS"".  Die  Perser  aßen  wohl  Fleisch,  aber  nur  nachdem  Kinn- 
backen, Zunge  und  linkes  Auge  geopfert  wurde  (Justi,  Gesch.  d.  alten  Pcrs.  81 
und  200).  Dies  wurde  auch  von  den  Andersgläubigen  verlangt,  wozu  sich  die 
Juden  natürlich  nicht  verstehen  konnten.  Hiedurch  wird  das  ':3r:  nc^n  h"!  ntJ 
m:nf:n  (siehe  Raschi  daselbst)  erst  verständlich. 

•  Vgl.  Kidduschin  72",  Sabbat  11',  45'.  Chabbäre  bedeutet  nicht  Gebr, 
sondern  Zauberer.  Vgl.  Nöldeke,  Tabari  S.  68,  Anm. 


430 


Dr.  S.  Funk. 


der  Finsternis  —  lehrte,  mußten  sie  von  den  strengen  Vertretern  der 
monotheistischen  Religionen   als  Heiden   bezeichnet  werden.    Der 
strenge  Schriftgelehrte  Rab  bezeichnete  sie  als  Gotteslästerer  und 
erklärte,  daß  jeder,  der  etwas  von  ihnen  lerne,  todesschuldig  sei.i  Die 
Magier  suchten  nämlich  die  Juden  allzu  oft  zu  ihren  religiösen  An- 
schauungen zu  bekehren.  Religionsgespräche  waren  in  Persien  ebenso 
auf  der  Tagesordnung  wie  in  den  westlichen  Ländern.  Sie  suchten 
durch  die  Natur-  oder  auch  durch  Schriftstellen  den  Dualismus  zu 
beweisen.'^  Auch  für  die  Heiligkeit  des  Feuers  glaubten  sie  Beweise 
in  der  Bibel  finden  zu  können.^    Von  diesen  Religionsgesprächen 
ist  aber  nur  eine  geringe  Anzahl  im  Talmud  erhalten  geblieben. 
Überhaupt  werden  im  Talmud  die  religiösen  Anschauungen  der 
Perser  selten  und  nicht  so  ausführlich  behandelt,  wie  man  dies  eigent- 
lich erwarten  könnte.  Der  oberste  Lichtgott  Ormuzd  wird  nur  einmal 
in  einem  überlieferten  Religionsgespräche  erwähnt  und  auch  von 
Ahriman,  dem  Gotte  der  Finsternis,  ist  nur  selten  die  Rede.^  Weit 
öfters    hören    Avir   von    den    religiösen    Sitten    und  Bräuchen   der 
Perser,  namentlich  von  ihrer  Verehrung  des  Feuers,  der  Erde,  des 
Wassers  usw.  Und  das  ist  auch  natürlich.  Die  Andersgläubigen  wurden 
in  ihrer  Lebensweise  weit  weniger  durch  die  religiösen  Anschauungen 
als  durch  die  Sitten  und  Bräuche  der  Angehörigen  der  Staatsreligion 
gestört.  Vor  allem   durch   die  von   den  fanatischen  Priestern  ver- 
übten Gewaltakte  bei  ihrem  Feuerkultus.  Sie  drangen  an  manchen 
Festtagen,  von  welchen  im  Talmud  das  Neujahrsfest  Nauröz,  am  Be- 
ginne des  Frühlings,  Nou-sard  am  Beginne  des  Sommers,  mihrkan, 
neupersisch  mihragan  =  „dem  Mithra  angehörig",  am  Beginne  der 
winterlichen  Jahreshälfte  (vom  16.  bis  21.  des  Monates  Mithra)  und 
Tiriski  (ein  unbekanntes  Fest)  genannt  werden,^  in  die  Häuser  der 

'  Sabbat  75".  Samuel  vertritt  eine  mildere  Auffassung  und  bezeichnet  sie  als 
Zauberer,  ruo,  in  Sanliedrin  39'  NtJ'ur:x  ist  die  syrische  Bezeichnung  für  Magier. 
Vgl.  Resä  d'amgüse  in  Acta  s.  martyr.  Orient,  et  occident.,  Rom  1748,  I,  134,  185. 

2  Sanhedrin  39'. 

3  Sanhedrin  38''.  Vgl.  über  den  Dualismus  Chagiga  15%  Deut.  r.  II,  33, 
Chullin  87',  Sanhedrin  39',  Sifre  und  Jalqut  zu  Deut.  32,  39. 

*  Seder  Eiiah  rabba  Kap.  1. 

5  Sanhedrin  39",  Baba  bathra  73".  Ahriman  wird  an  dieser  Stelle  als  Sohn 
der  Lilith  bezeichnet. 

«  Aboda  sara  11  und  jer.  Aboda  sara  I,  2,  S.  39.  Über  diese  Feste,  die 
noch  nicht  erklärt  sind,  werde  ich  demnächst  eine  Abhandlung  veröffentlichen. 
Hier  sei  nur  bezüglich  der  Jahresanfänge  auf  Nöldeke,  Tabari  406—408  und  auf 
V.  Gutschmid  (Ber.  der  sächs.  Gesellsch.  der  Wissenseh.  1862,  1.  Juni)  verwiesen. 
Vgl.  auch  Kohut  in  Kobaks  Jeschurun  1872,  S.  49  ff.;  Oppenheim  in  der  Monats- 
schrift 1854,  S.  347  und  Schorr  im  Hechaluz  Heft  7,  S.  51. 

VI 


Beiträge  zur  Geschichte  Persiens  zur  Zeit  der  Sasaniden.  431 

Andersgläubigen,  nahmea  nicht  nur  Feuerpfannen  und  andere 
Geräte  mit,  die  sie  bei  ihrem  Kultus  verwendeten, ^  sondern  auch 
die  Lichter  und  glühende  Kohlen,^  um  die  Hausfeuer  durch  die 
Berührung  mit  dem  heiligen  Feuer  zu  reinigen.  Sie  gingen  dabei 
mit  einer  solchen  Rücksichtslosigkeit  vor,  daß  einst,  als  sie  in  das 
Krankenzimmer  des  Rabba  bar  bar  Ghana  eindrangen  und  ihm 
das  Licht  entrissen,  der  kranke  Gesetzeslehrer  in  den  Schmerzens- 
ruf  ausbrach:  Allbarmherziger!  In  deinem  Schutze  oder  im  Schutze 
der  Römer! 3  Man  muß  nur  die  gewiß  nicht  rosige  Lage  der  Juden 
im  römischen  Reiche  sich  vergegenwärtigen,  um  den  tiefen  Schmerz 
zu  erfassen,  der  in  diesen  Worten  lag. 

Wie  die  Verehrung  des  Feuers,  so  war  auch  die  Verehrung 
des  Wassers  und  der  Erde  mit  großen  Unannehmlichkeiten  und 
Beschränkungen  für  Andersgläubige  verbunden.  Ersteres  war  wohl 
der  Grund,  daß  die  Benützung  der  Bäder  zeitweilig  untersagt 
wurde,^  und  letzteres  führte  nicht  nur  zu  Unzukömmlichkeiten  bei 
Leichenbestattungen,''  sondern  veranlaßte  auch  fanatische  Magier 
die  Toten  auszugraben.''  Wie  R.  Jehuda  aus  Furcht  vor  den  heran- 
ziehenden Persern  mochten  auch  andere  Juden  in  Babylonien  be- 
fohlen haben,  ihre  Leichen  möglichst  tief  in  die  Erde  zu  senken,'' 
damit  sie  nicht  in  ihrer  Ruhe  gestört  würden.  Und  die  Rücksicht 
auf  den  Fanatismus  seiner  Priester  mag  es  auch  gewesen  sein, 
der  den  mächtigen  König  Sabur  IL  bewogen,  sich  mit  den  Gesetzen 
und  Bräuchen  bei  den  Leichenbestattungen  Andersgläubiger  zu 
befassen.^  Es  kann  dieser  Umstand  jedenfalls  als  Beweis  für  den 
weitreichenden  Einfluß  des  Priesterstandes  in  Persien  gelten. 

Nebst  dem  Priesterstande  war  der  Stand  der  Beamten  der 
mächtigste  und  einflußreichste,  was  vielleicht  weniger  auf  den 
Machtbereich  der  Ämter,  als  auf  den  Umstand  zurückzuführen  ist, 
daß  in  Persien  die  hohen  und  höchsten  Ämter,  selbst  die  der  Feld- 
herren,   in    den    adeligen  Geschlechtern    erblich    waren,    d.  h.  daß 


1  Sanhedrin  T4''. 

1  Vgl.  Sabbat  ib\ 

^  Gittin  16"— 17". 

<  Jebamoth  63"  mx^tnion  h-;  nr.'!.  Vgl.  auch  Herod.  1,  138:  Sie  waschen  nicht 
die  Hände  in  einem  Flusse  und  dulden  dies  nicht  von  anderen  Menschen,  weil 
sie  gegen  die  Flüsse  die  größte  Elirfurclit  hegen. 

5  Vgl.  Beza  6". 

"■'  Jebamoth  63'',  Sabbat  152"  und  Baba  bathra  58".  Zur  Erklärung  der 
letzten  Stelle  siehe  Schatzkes,  Mafteach  13''. 

^  Sanhedrin  98". 

8  Sanhedrin  46". 

VU 


432  Dr.  S.  Funk. 

der  König  gebunden  war,  gewisse  Ämter  nur  innerhalb  gewisser 
Familien  zu  vergeben,  i  Zunächst  innerhalb  der  sieben  Familien,  deren 
Angehörige  kurzweg  als  „Söhne  der  Häuser"  bezeichnet  wurden.^ 
Aber  auch  in  anderen  Familien,  selbst  in  nichtpersischen,  vererbten 
sich  gewisse  Würden  und  Ämter.  So  z.  B.  die  Würde  des  jüdi- 
schen Exilarchates.  Die  Könige  konnten  wohl  einen  mißliebigen 
Würdenträger  töten  lassen,  mußten  aber  das  Amt  des  Hingerichteten 
auf  dessen  Sohn  übertragen. ^"^  Konnten  sich  die  Beamten  und 
W^ürdenträger  schon  aus  diesem  Grunde  gewissermaßen  als  die 
rechtmäßigen  Besitzer  des  Amtes  fühlen,  so  wurde  ihr  Ansehen 
noch  durch  die  allgemein  verbreitete  Anschauung  erhöht,  daß  die 
Besetzung  selbst  des  kleinsten  Amtes  nach  göttlicher  Bestimmung 
erfolge."*  So  kam  es,  daß  jeder  Würdenträger  in  seinem  Kreise 
oder  in  seiner  Provinz  sich  als  allmächtiger  Herrscher  fühlte  und 
nach  Willkür  schaltete  und  waltete.  Sie  durften  die  Bürger  nach 
Belieben  mißhandeln,  fesseln  und  töten  lassen.^  Auch  nach  außen 
hin  repräsentierten  sie  die  große  Macht,  die  in  ihren  Händen  lag, 
durch  Entfaltung  großen  Pompes,  durch  die  große  Zahl  der  Reiter 
auf  Rossen  und  Maultieren  zum  Ausdrucke,  die  sie  stets  im  Ge- 
folge hatten.-'' 

Die  Bürger  mußten  es  sich  gefallen  lassen,  daß  ihnen  die 
Beamten  Hausgeräte  und  Tiere  abnahmen,  um  sie  für  den  eigenen 
Gebrauch  zu  verwenden  und  die  Bürger  konnten  noch  von  Glück 
sprechen,  wenn  sie  diese  abgebraucht  und  abgenützt  zurück- 
erhielten. Und  selbst  kleine  Beamte  erlaubten  sich  bei  der  Durch- 
führung  der  ihnen   erteilten  Aufträge  Willkürakte   gegen  Bürger, 


1  Procop,  Pers.  1,  6. 

2  Vgl.  Nöldeke,  Tabari  S.  71,  1  und  437.  In  der  Inschrift  von  Hägiäbäd 
werden  die  Angehörigen  dieser  Familien  als  fxnu  "12  „Söhne  der  Häuser"'  be- 
zeichnet. Unmittelbar  nach  diesen  folgen  die  Würdenträger,  die  den  Titel  ji<:"i 
„die  Großen"  führten,  ein  Titel,  den  bekanntlich  auch  die  Exilarehen  führten. 
nvDn;  n:2i,  Hipv;  n:21  ChuUin  92",  Baba  bathra  55\  Wollte  man  also  einem  Exil- 
archen eine  Schmeichelei  sagen,  so  sehrieb  man  im  Titel  ^nn  i::3  n'^  im^  (so  die 
richtige  Lesart),  wie  man  aus  Palästina  an  Mar  Ukba  II.  geschrieben  hat. 
Vgl.  Monum.  T.  I,  303. 

3  Vgl.  Nöldeke,  Tabari  443.  Ebenso  wurde  nach  der  Hinrichtung  des 
Exilarchen  Huna  Mari  unter  Peroz  im  Jahre  471  dessen  minderjähriger  Sohn 
zum  Exilarchen  ernannt.  Vgl.  Seder  olam  sutta  und  meine  Juden  in  Babylon. 
Bd.  II,  Note  IV,  S.  145. 

4  Baba  bathra  91^ 

s  Gittin  14''  und  14''  ...  pnDi3  ims3  anoiN  und  ebendaselbst:  □'DiD  jn>  C" 
)nnnK  D'^fic  cmsi.  Vgl.  zur  Stelle  Rappaport  in  Kerem  Chemed  VII,  199  und 
Erech  Miliin  193. 

vm 


Beiträge  zur  Geschichte  Persiens  zur  Zeit  der  Sasaniden.  433 

die  es  nicht  verstanden,  sich  in  die  Gunst  der  kleinen  Machthaber 
zu  setzen.^ 

Als  höchste  Ämter  galten  die  des  Reichsfeldherrn-  und  des 
Argabed  —  auch  dieses  eine  hohe  Rangstufe  in  der  Armee,  zeit- 
weilig sogar  die  höchste,  welche  auf  die  königliche  Familie  be- 
schränkt war.^  Unter  den  Verwaltungsbeamten  finden  wir  die  Statt- 
halter,^ Istandare''  und  Marzbane  (=  Markgrafen),  welch  letztere 
auch  im  Kriege  an  der  Spitze  einer  Kriegsschar  Kriegsdienste  zu 
leisten  hatten.*^  Auch  der  Padhuspan  war  ein  Verwaltungsbeamter, 
dem  ein  kleinerer  oder  größerer  Kreis  zur  Verwaltung  zugewiesen 
war.'^  Von  den  Finanzbeamten  werden  genannt:  der  Stromaufseher, 
d.  h.  der  Beamte,  der  über  an  bestimmte  Ströme  oder  Kanäle 
grenzende  Steuerbezirke  gesetzt  war,  und  der  Steuereinnehmer^ 
oder  Kassier;  von  städtischen  Beamten  der  Santar  und  der  Markt- 
aufseher.-'   Erwähnt  werden    ferner    die  Vezirpate,    Schreiber    und 


1  Baba  kamma  113",  Aboda  sara  33\ 

2  Sebuoth  ü"  Km?.'!  cm  sS'sn.  In  der  Parallelstelle  jer.  Sebuoth  I,  S.  32": 
■T^ir;  ::"n  i'jri.  Vgl.  Aboda  sara  33",  Gl'';  Baba  mezia  49  und  oben  S.  IV,  Note  8. 

3  Sebuoth  6"  xnsp'rx,  eine  Lesart  hat  xnapix  auch  Nn^pns*.  In  jer.  Sebuoth  I,  32" 
und  Berakhoth  I,  4,  S.  5"  snrpix  und  ncipiK  =  Argabed,  ursprünglich  -  „Kastell- 
herr",  bedeutet  wohl  den  Befehlshaber  des  Distrikts.  Vgl.  ZDMG.  XVIII,  89; 
Lagarde,  Semitica  43;  Nöldeke,  Tabari  5,  1  und  111.  Das  königliche  Geschlecht 
wurde  noch  gegen  600  ö  'AgyccvßLÖr^g  ^«yöfisros  Si^iiog  genannt.  (Theophylaet  3,  18.) 

*  Sebuoth   6"  ciriB^K  =  vnagxog  =  Statthalter. 

'■>  {<-n:nrN  Istandär  von  Maisän  (Mesene)  in  Kidduschin  72",  von  Kaskar 
Gittin  80".  Ein  solcher  erscheint  auch  an  der  Spitze  des  Heei-es,  welches  die 
Bewohner  von  Ispahan  den  Muslimen  entgegenstellen.  Vgl.  Abu  No'aim,  cod. 
Leid.  15"  und  Nöldeke,  Tabari  448,  1. 

<5  i:2T"ir3  Megilla  6\  Marzbän  =  „Grenzherr".  „Markgraf  ist,  wie  Nöldeke 
(Tabari  102,  2)  ungefähr  dasselbe,  was  im   Acliämenidenreich   der  Satrap  v.-ar. 

■J  NnmoiST  Ni'snns  Nidda  25".  xa'2^:tr^^  ist  ohne  Zweifel  verschrieben. 
Es  ist  N;':t:'pT3  oder  «j'^cmo  zu  lesen.  Das  n  ist  aus  p  oder  n  entstanden  und 
aus  T  ist  1  geworden.  Bei  einem  seltenen  Fremdworte  kein  Wunder  Das  Wort 
Padhospan,  ursprünglich  Padkospan,  ist  nach  Andreas  (zitiert  von  Nöldeke, 
Tabari  161,  2)  aus  pätkös  =  „Land",  „Provinz"  und  pfm,  bän  zusammengesetzt. 
Er  war  über  den  vierten  Teil  des  Reiches  gesetzt  und  hatte  die  oberste  Leitung 
oder  Kontrolle  der  Zivilverwaltung.  Vermutlich  haben  wir  auch  in  dem  srp  "ii 
«nnifOiDi  (Sabbat  110")  eine  gekürzte  Form  KC'pnn  patkös  dieses  Wortes  mit  Weg- 
lassung des  bän.  Vgl.  das  Wezir  der  Araber,   das   aus  Wezirpat  entstanden  ist. 

8  Taanit  20",  Aboda  sara  65",  Baba  kamma  117'.  Zollbeamte  in  Sabbat  78". 

»  Gittin  80".  Marktaufseher  Baba  bathra  89";  jer.  Baba  bathra  V,  8,  S.  15: 
OiDi.iiK.  Über  das  Amt  dieses  Beamten  vgl.  Joseph.  Antt.  XVIII,  G,  2;  Iläderli, 
Die  hellen.  Astynomen  und  Agoranomen,  Jahrb.  für  klass.  Philologie  15,  1887, 
S.  45—94  und  Krauss,  Archäologie  II,  373.  In  manchen  Städten  gab  es  auch 
Zisternenaufaeher  Baba  bathra  91". 

Festschrift.  28 

IX 


434  Dr.  S.  Funk. 

Dihkane,-    die    oft    nur    einen  Titel    bezeichneten,  der  mit  keinem 
Amte  und  mit  keiner  besonderen  Stellung  verbunden  war. 

Hoch  über  den  Sterblichen  stand  der  Großkönig  oder  der  „König 
der  Könige".  Er  betrachtete  seine  Untertanen  insgesamt  als  seine 
Diener-  und  den  gesamten  Grund  und  Boden  als  sein  Eigentum.''  Als 
Besitzer  von  Land  und  Leuten  war  seine  Macht  unbegrenzt.  Nicht  nur 
ihm,  sondern  auch  seiner  Frau  stand  das  Recht  zu,  Sklaven  und 
Tiere  der  Bürger  zu  seinen  Arbeiten  heranzuziehen.*  Daß  auch  die  in 
seinem  Lande  gefundenen  Gegenstände  ihm  gehörten,-''  ist  selbstver- 
ständlich. Bei  der  unbegrenzten  Machtfülle,  die  der  König  besaß,  ist 
es  gar  nicht  zu  verwundern,  wenn  er  hie  und  da  seine  Macht  miß- 
brauchte und  mitunter  auch  den  Großen  gegenüber  nach  Willkür  ver- 
fuhr.*^ Der  König  war  sein  eigener  Gesetzgeber.  Wehe  dem  Untertan, 
der  es  gewagt  hätte,  die  Handlungen  des  gewaltigen  Machthabers 
einer  Kritik  zu  unterziehen!  Hat  doch  selbst  Chosrau  Anosarwan, 
einer  der  gerechtesten  Könige  Persiens,  einen  Schreiber,  der  seine 
Beschlüsse  kritisierte,  mit  Tintengeschirren  töten  lassen!  '  Die  gering- 


1  "jsi'T.i  Taanit  20%  Sabbat  1.39"  und  Sanhedrin  25''.  t3fn'r.i  auch  riDTtJ  ge- 
schrieben =Wezirpat.  Neupersisch  gezir  mit  pat  bedeutet  „Machthaber",  die  Araber 
haben  das  pat  weggelassen  (Nöldeke,  Tabari  444,  3).  Im  Talmud,  besonders  in 
Taanit,  kann  darunter  nicht  Minister  gemeint  sein,  da  es  nach  xnn:  ti'n  genannt 
wird.  Es  wird  die  Bezeichnung  für  Bezirkshauptmann  oder  für  ein  ähnliclies, 
kleineres  Amt  sein.  ~  i^an  =  Schreiber  Aboda  sara  24''.  Die  Schreiber  (phl.  dapir) 
waren  zur  Zeit  der  Sasaniden  „hochgestellte  Beamte,  geheime  Räte"  u.  dgl.  und 
waren  den  Weziren  gleichgestellt  (Nöldeke,  Tabari  63,  1  und  44ö).  —  Dihkane 
ist  die  r.ezeiohnung  für  den  niederen  Landadel.  Dieses  Wort  scheint  auch  in 
dem  rätselhaften  ''pi\-\a  in  Chullin  60''  (Jalqut  zu  Jos.  13,  8  hat  'pn:nN,  Aruch 
hat  die  Lesart  ^piiiH)  enthalten  zu  sein.  Kohut  will  daraus  n'p:nx  machen.  Es 
scheint  eine  Zusammensetzung  von  p.x  =  Eran  und  >3pi  diiikane  =  Adel,  also 
Reichsadel,  womit  das  a'nr^s  'Jis  Jos.  13,  3  wiedergegeben  wird.  R.  Jouatlian, 
dem  Babylonier,  war  eben  dieser  Ausdruck  geläufig.  Über  Zusammensetzungen 
mit  Eran  siehe  Nöldeke,  Tabari  444,  über  die  Dihkane  ebendaselbst  440. 

2  Baba  mezia  73'':  „Das  Siegel  de-  Untertanen  liegt  im  Behälter  des  Königs 
und  der  König  hat  angeordnet,  daß,  wer  keine  Kopfsteuer  entrichtet,  dem  zu 
dienen  hat,  der  diese  entrichtet".  Vgl,  hiezu  Jebamoth  46',  Baba  mezia  69,  Baba 
bathra  55"  und  meine  Juden  in  Babylon  1,  17;  II,  11. 

3  Baba  mezia  73'*,  lOS'"  und  Raschi  z.  St.:  mipn  h^h  "ipsv^  vpipn  nT,  c^Dnsn  ':c'2. 
1  B.bath.92''ni3^D^3nriO  „dem  König  versehrieben",  d.  h.wie  schon  Maimuni 

(Jad  ehasaka,  hilch.  Mechira  15,  13)  bemerkt,  nsi'ti'  ny  ^:)3  inrx^oS  itt'üin  iS::n'^'  'Jsr:, 
„der  König  kann  ihn  zu  jeder  Zeit  zu  seinen  Arbeiten  verwenden".  Die  Richtigkeit 
dieser  Erklärung  geht  schon  aus  dem  Kaufvortrage  Gittin  86'  hervor:  JD  T::yi  "i'wDi 
Nn^Sroi  N^'jo  nnir  fr^i  'SiH*  I'^i  'iTin  „Und  dieser  Sklave  ist  frei  von  Ansprüchen  auf 
Freiheit,  von  Einsprüchen  und  Reklamationen  des  Königs  und  der  Königin."  Man 
sieht  also,  daß  auch  die  Königin  über  die  Sklaven  der  Bürger  verfügen  konnte, 
s  Baba  mezia  28^ 

6  Baba  kamma  116''  gegen  einen  Exilarchen;  Chagiga  5''  gegen  Raba; 
Aboda  sara  65'  gegen  einen  Priester. 

7  VgL  Nöldeke,  Tabari  243. 


Beiträge  zur  Geschichte  Peroiens  zur  Zeit  Jer  Saäaiiii^cn.  435 

fügigste  MajestätsbeleidigLiug  wurde  mit  dem  Tode  bestraft. i  Für 
den   König  gab   es  nur  eine  Verpflichtung:   das  gegebene  Wort.^ 

Allmächtig,  wie  er  war,  konnte  er  auch  Verdienste  königlich 
belohnen.  Er  konnte  die  Einnahmen  einer  Stadt  oder  eines  Steuer- 
distriktes zuweisen,''  konnte  Würden  verleihen  und  als  deren  Ab- 
zeichen die  Ausgezeichneten  mit  einem  Ehrengewande  beglücken.' 
Als  Beweis  besonderer  königlicher  Gunst  galt  die  Bewilligung  für 
die  Bürger  persischer  Nationalität,  den  Namen  des  Königs  mit  dem 
vorgesetzten  Worte  tahm  „stark"  zu  führen  und  für  die  Syrer  oder 
Juden  mit  dem  Zusätze  malka  „ König". ^'  Es  war  das  wohl  eine 
Art  von   kaiserlicher  Rat-   oder  Geheimrattitel    im   alten   Persien. 

Der  Allmacht  des  Königs  entsprechend,  die  der  König 
repräsentierte,  war  auch  sein  Auftreten,  war  das  Gefolge,  das  ihn 
bei  seinen  feierlichen  Aufzügen  begleitete.  Zwei  Heeresabteilungen 
gingen  dem  Zuge  voran,  in  welchem  der  König  sich  befand. '^  Bei 
dem  Anblicke  des  Königs  verstummte  der  Lärm;  sprachlos  vor  Ehr- 
furcht starrte  das  Volk  die  Gestalt  des  Gesalbten  Gottes  an.''  Er  soll 
nach  den  Schilderungen  nichtjüdischer  Quellen  bei  feierlichen  Auf- 
zügen in  seltenem  Aufputz  erschienen  sein;  er  soll  einen  vergoldeten 
Bart  getragen  und  „wie  ein  Wundertier"  ausgesehen  haben.*^  Die 
jüdischen  Quellen  wissen  nichts  davon.  Sie  berichten  das  Gegenteil. 
Im  Lichte  der  jüdischen  Quellen  erscheint  das  Bild  der  asiatischen 
Herrscher  gemildert  durch  einen  Zug  von  Gemütlichkeit  und  Leut- 
seligkeit. Im  Gegensatze  zur  Schilderung  z.  B.  Mäsüdis  (2.  158).  der 
von  den  Sasaniden  berichtet,  daß  sie  sich  dem  Anblicke  der  Menschen 

1  Baba  mezia  78^.  Einer,  der  sagte:  .,ln  den  Sachen  des  Königs  waren 
Würmer  (Motten),"  wurde  getötet. 

2  Baba  bathra  3''. 

3  Megilla  16':  ^nn:  nini  :'x  »riprn  aini  uc.  Das  Wort  xnipan  =  „Dorf 
ist  die  aramäische  Form  des  pers.  Dastagerd.  Nini  ist  Steuerbezirk.  Vgl.  Kin:  rn 
in  Taanith  20'  und  Aboda  sara  65'. 

*  Sabbat  20'',  Horajoth  13":  Ni:2p.  Vgl.  Aruch  v.  ir:p  und  liiezu  ZDMG. 
Bd.  50,  647;  Krausa,  Archäologie  I,  614  und  meine  Juden  in  Babylon  I,  34. 

*  Vgl.  Baba  kamma  96''  und  andere  Stellen,  in  welchen  Samuel  und  Kaba 
als  mit  der  Bewilligung  zu  Führung  der  Namen  der  Könige  ausgezeichnete 
Schriftgelehrten  bezeichnet  werden.  Vgl.  hiezu  Nöldeke,  Tabari  443,  1  und  die 
daselbst  angeführten  Beispiele. 

'■  Diese  Notiz  stimmt  mit  der  Schilderung  der  allen  Historik'U-  überein, 
nach  welchen  der  persische  König  bei  feierlichen  Aufzügen  von  1000  auserlesenen 
Reitern,  1000  Lanzenträgern  und  von  einer  großen  Schar  seiner  Verwandten  — 
letztere  bildeten  also  die  dritte  Gruppe  —  begleitet  war.  Spiegel,  Eran.  Alter- 
tumskunde 111,  638. 

'  Berakhoth  58'. 

■*  Johannes  Chrysost.  Ep.  ad  Col.  liom.  4,  ed.  Venet.  1741,  X.  378.  Nach 
Ammian  19,  1,  3,  trug  Säbür  selbst  im  Felde  „aureum  capitis  arietini  figmentum 
interstinctum  lapillis  pro  diademate". 

28* 
XI 


436  Dr.  S.  Funk. 

entzogen,  daß  selbst  die  Hofleute  höchsten  Ranges  sieh  zwanzig  Ellen 
vom  Großkönig  entfernt  halten  mußten  und  daß  zwischen  diesem 
und  den  ersteren  stets  ein  Vorhang  gewesen  sein  soll  (vgl.  Spiegel, 
Eran.  Altertumskunde  III,  611),  werden  sie,  wenigstens  die  her- 
vorragendsten Könige,  wie  §abur  I  und  II,  als  gutmütige,  gute 
Menschen  geschildert,  die  mehr  nach  römischer  Sitte  mit  ihren 
Untertanen  wie  mit  ihresgleichen  verkehrten. ^  Sie  waren  gast- 
freundlich,2  mitteilsam,  interessierten  sich  für  die  Lehren  der 
Andersgläubigen  und  fanden  Gefallen  an  ihren  harmlosen  Spielen.^ 

Es  ist  wohl  möglich,  daß  die  Großkönige  nur  dem  persischen 
Adel  und  dem  persischen  Volke  gegenüber  das  auf  althergebrachter 
Sitte  beruhende  strenge  Zeremoniell  einhalten  mußten,  sich  aber  den 
ungefährlichen  und  staatstreuen  Andersgläubigen  gegenüber  natür- 
licher geben  konnten.  Wahrscheinlicher  aber  ist  es,  daß  die  politisch 
klugen  Machthaber  die  andersgläubigen  Völker  des  Zweiströmelandes, 
welches  als  Grenzgebiet  in  den  häufigen,  großen  römisch-persischen 
Kriegen  eine  überaus  wichtige  Rolle  spielte,  durch  Leutseligkeit  ge- 
winnen und  an  sich  fesseln  wollten.  Dieses  Motiv  würde  das  Bestreben 
der  Großkönige  erklären,  die  Gegensätze  zwischen  der  jüdischen  und 
der  herrschenden  Staatsreligion  auszugleichen  ■•  und  die  geistigen 
und  politischen  Führer  der  Juden  durch  verschiedene  landesübliche 
Auszeichnungen  und  Gunstbezeugungen  für  sich  zu  gewinnen. 

Wie  dem  auch  sei,  jedenfalls  ist  das  Bild,  welches  die  talmudi- 
schcn  Quellen  von  dem  Sasanidenreiche  —  zum  Teile  im  Gegensatze 
zu  dem  Reiche  der  Achämeniden"'  —  und  von  den  Machthabern  jener 
Zeit  bieten,  weit  sympathischer,  als  wir  es  nach  den  klassischen  und 
arabischen  Berichten  über  den  persischen  Hof  erwartet  hätten  und 
wir  können  auf  Grund  der  objektiven  Angaben  des  Talmuds  dem 
Urteile  Nöldekes  zustimmen,  daß  „das  Sasanidenreich  bei  allen 
seinen  gewaltigen  Mängeln  eine  großartige  Erscheinung,  für  den 
Orient  fast  das  Muster  eines  wohlgeordneten  Staates  gewesen  ist". 

1  über  den  Verkehr  Sabur's  I.  mit  Samuel  vgl.  Berakhoth  56",  Moed 
Katon  26%  Sukka  53%  Baba  mezia  119"  und  meine  Juden  in  Babylon  I,  72; 
über  den  Verkehr  Säbür's  II.  mit  jüdischen  SchriftgelelA-ten  Sanhedrin  46% 
Nidda  20''  und  andere  Stellen. 

2  Aboda  sara  76*. 

3  Sukka  53'. 

'  Vgl.  Sanhedrin  46% 

*  Vgl.  Baba  kamma  117",  wo  die  persische  Regierung  als  eine  strengere 
aber  gerechte  (Wül  ma'QÄ'K  •i'\sp'\  'KD^Q  X2'n  Kntt'ni)  bezeichnet  wird,  im  Gegensatze 
zu  der  früheren  d'OT  ni^'Btr«  nsp  nhl. 


XII 


Die  Komposition  der  Scheeltoth  des  R.  Achai 
uüd  die  Rhetorik  in  den  baby].  Hochschulen, 

Von  Dr.  A.  Kamiiika,  Wien. 

Vor  einem  kleinen  Gelehrtenkreise  hatte  ich  im  Jahre  1908 
auf  dem  Orientalisten-Kongresse  in  Kopenhagen  zum  erstenmal 
Gelegenheit,  die  Ergebnisse  meiner  Untersuchung  der  „Scheeltoth" 
darzulegen,  eines  merkwürdigen,  aus  dem  8.  Jahrhundert  stammen- 
den Buches,  des  ersten  bedeutenden  rabbinischen  Werkes  nach 
Abschluß  des  Talmuds;  eines  Werkes,  dessen  Anlage  und  Be- 
deutung schon  im  Mittelalter  verkannt  wurden.  Über  den  Charakter 
der  Scheelta  als  Kunstrede,  ihre  Gliederung  und  die  Reihen- 
folge ihrer  Teile,  namentlich  auch  über  die  Stellung  der  „Derascha", 
konnte  ich  im  Probehefte  meiner  damals  in  Angriff  genommenen 
kritischen  Edition  auf  Grund  des  von  mir  benützten  handschrift- 
lichen Materials  nur  kurze  Mitteilungen  machen,  die  auch  in 
Hakedem  II,  22  anläßlich  einer  Besprechung  des  Verhältnisses 
der  Scheeltoth  zu  Jeruschalmi  wiederholt  wurden.  Da  im  weiten 
Kreise  der  Talmudforscher  der  hohe  Wert  des  Buches  noch  immer 
nur  einseitig  vom  halachischen  Gesichtspunkte  betrachtet  und 
dessen  vorwiegend  literarhistorische  Bedeutung  gänzlich  verkannt 
wird,^  so  will  ich  hier  im  Zusammenhange  die  Auffassung  wieder- 
geben, die  ich  schon  bei  einer  genaueren  Betrachtung  des  nach 
der  editio  princeps  verbreiteten  Textes  mir  gebildet  und  die  sich 
durch  das  Studium  fast  aller  vorhandenen  Handschriften  bestätigt 
gefunden  hat.  Diese  sind:  zwei  in  Wien  (eine  —  wohl  die  älteste, 
aber  keineswegs  beste  —  Pergament-Handschrift  in  Quart,  im 
Besitze  des  Herrn  Abr.  Epstein  =  M,   und  eine   zweite  in  Folio  in 


t  „Rab  Zair"  meint  nocli  im  Haschiloacli  25,  530  (l'.il2),  daß  hier  ein 
halachisches  Werk,  und  zwar  mit  einer  Tendenz  gegen  den  Karaismus  vorliege, 
und  bemüht  sich  auf  Grund  dieser  {,'iinzlicli  verfelilten  Annahme,  die  Wahl  der 
Materien  zu  erklären  —  was  iiim  natürlich  nicht  gelingt. 

I 


438  Dr.  A.  Kaminka. 

spanisch-orientalischer  Schrift  =  R),  ferner  zwei  Oxforder,  zwei 
Pariser  Handschriften  und  eine  in  der  Frankfurter  Stadt-Bibliothek. 
Außerdem  war  ich  in  der  Lage,  einzelne  Genisa-Fragmente  und 
den  (an  sich  wertlosen,  aber  für  die  Prüfung  der  Textanordnung 
wichtigen)  Kommentar  des  Salomo  ben  Sabbathai,  Ms.  Oxford 
(Neubauer  541).  zu  benützen.  Was  die  einzige  sonst  noch  bekannte 
Handschrift  in  St.  Petersburg  bietet,  ist  im  wesentlichen  aus  dem 
Kommentar  T^haz'  piarn  bekannt. 

Für  diejenigen,  welche  gewohnt  sind,  unseren  Autor  an  der 
Seite  des  Verfassers  der  „HalachothGedoloth"  und  der  bedeutenden 
Geonim  hauptsächlich  als  Quelle  für  halachische  Entscheidungen 
anzusehen,  wird  die  hier  zu  vertretende  Anschauung  zunächst 
wohl  eine  Überraschung  bilden.  Die  Richtigkeit  meiner  Ergebnisse, 
ebenso  wie  deren  Tragweite,  wird  aber  leicht  erkannt  werden. 


I.  Der  literarische  Charakter  der  Scheeltoth. 

Die  Scheeltoth  des  Rabbi  Achai  sind  eine  Sammlung  von 
Vorträgen,  die  in  den  babylonischen  Hochschulen  von  Gelehrten 
und  Studierenden  während  des  ganzen  Jahres  zumeist  über 
theoretische  religionsgesetzliche  Fragen  gehalten  wurden,  nebst 
Anleitungen  zu  einer  kunstgerechten  Abfassung  ähn- 
licher Vorträge  durch  eine  andere  Gruppierung  des  über- 
lieferten Stoffes.  Praktische  Entscheidungen  sind  in  diesem  Werke 
ganz  nebensächlich  und  nur  bei  der  Redaktion  der  Sammlung 
gelegentlich  beigefügt. 

Zur  vollkommenen  Verkennung  des  eigenartigen  Charakters 
dieses  hervorragenden  Werkes  methodischer  rabbinischer 
Rhetorik  aus  der  Zeit  des  Abschlusses  des  Talmuds'  haben  der 
Stumpfsinn  der  Abschreiber  und  die  Unwissenheit  des  ersten 
Editors  Jochanan  Treves  (Venedig  1546)  beigetragen.  Nicht  weil 
sie  —  wie  manche,  die  in  den  Scheeltoth  ein  halachisches  Kom- 
pendium gesehen  haben,  angesichts  der  Lückenhaftigkeit  des 
Inhalts  annehmen  mußten  —  wichtige  Kapitel  über  religions- 
gesetzliche Fragen  weggelassen  hätten;  sondern  weil  sie  ent- 
scheidende Sätze  und  Redewendungen,  durch  welche  der  Plan 
und  die  Methode   des  Werkes    allein    verständlich    werden,    nicht 


1  Wenn  auch  die  Zusammenstellung  des  Buches  im  8.  Jahrhundert  er- 
folgte, so  ist  das  Material  und,  wie  wir  sehen  werden,  im  wesentlichen  auch 
die  Kunst  form  der  liehandlung,  aus  der  Zuit  der  Amoräer  übernommen. 

II 


Die  Komposition  der  Scheeltoth.  des  R.  Achai.  .  439 

begriffen,  an  iiurichtige  Stellen  gesetzt  und  mitunter  in  ihrer  Ein- 
falt gestrichen  haben. 

Das  Buch  enthält  nämlich  nicht  bloß  171  oder  191  Vorträge/ 
sondern  zugleich  eine  sehr  große  Anzahl  von  Dispositionen  zu 
neuen  Scheeltoth  und  Andeutungen,  wie  andere  Themen  ge- 
wählt und  vorliegende  abgeschlossene  Vorträge  in  ihre  Teile 
2  er  legt  und  nach  anderem  System  gehalten  werden  können. 
Nach  dem  Untergang  der  babylonischen  Hochschulen  und  dem 
Erlöschen  des  Gaonats  hörte  der  Sinn  für  die  Kunstform  dieser 
talmudischen  Vorträge  auf,  und  da  man  in  den  erhaltenen  rab- 
binischen  Werken  nur  mehr  der  religionsgesetzlichen  Entscheidung 
oder  der  für  die  Halacha  wichtigen  Meinungsäußerung  oder  der 
ethischen  Belehrung  einen  Wert  beilegte,  so  trat  alles  andere  in 
den  Hintergrund.  Es  verschwand  zumeist  ganz  aus  den  Texten. 
Glücklicherweise  war  es  nicht  möglich,  den  ausgeprägten  Charakter 
der  Scheeltoth  ganz  zu  verwischen.  Bei  der  ersten  kritischen  Be- 
trachtung ergab  sich  schon  aus  den  Editionen,  daß  hier  weder 
eine  Sammlung  von  Responsen,  noch  ein  Buch  systematischer 
halachisch- homiletischer  Belehrung  vorliegt.  Der  scharfsinnige 
Jacob  Reif  mann  hat  (Beth  Talmud  III,  1882,  p.  27)  schon  auf 
Grund  des  defekten  Materials  der  Druckausgaben  erkannt,  daß 
hier  wirklich  gehaltene  Vorträge  vorliegen  müssen.  Nur  so  läßt 
sich  die  bei  einzelnen  Stücken  als  Einleitung  der  Antwort  er- 
haltene feierliche  Formel  ':i  «n-nis  p  nnn  ^''zip^  r^'nz'  y^z  erklären, 
während  das  regelmäßig  bei  der  Fragestellung  wiederkehrende 
T-ii:  ö-o  an  den  Bericht  Nathans  des  Babjdoniers  über  die  In- 
stallation der  Exilarchen  erinnert:  ^'2  lö'si  s*T:n  h'r.nf:,  nai;  Kincri 
ff]'?"»'?  rx.  Reifmann  vermutete  nun  bereits,  daß  R.  Achai  Reden  von 
Oberhäuptern  der  babylonischen  Hochschulen  gesammelt  und  aus 
eigenem  nichts  hinzugefügt  habe.  Verborgen  blieb  ihm,  wie  allen 
anderen  Forschern,  sowohl  der  wirkliche  Charakter  der  Scheelta 
wie  der  organische  Zusammenhang  der  nrm  mit  den  übrigen  Teilen 
derselben.  Er  glaubte  nebenbei  (I.  c.  S.  57),  daß  gar  29  Derasehas 
noch  zum  Buche  gehörten  und  verloren  gegangen  wären. 


1  S.  Mendelsohn,  Revue  des  Ktude.s  Juives  XXXIl  (l.-<96),  ö'.t  zilierl  von 
mir  aus  Winter  und  Wünsche,  Jüd.  Lit.  II,  12  eine  mit  Graetü  übereinstimmende 
Zählung  von  191  Scheeltoth,  sowie  die  Übersetzung  des  Wortes  durcli  ..Unter- 
suchungen". Ich  halte  selbstverständlich  beides  nicht  mehr  aufrecht.  In  den 
Handschriften  sind  die  Stücke  nicht  numeriert.  Editio  jjrinccps  hat  bis  n:-:n  rsn 
170  Nummern  und  dann  ein  Stück  ohne  Nummer,  in  der  ed.  Dyliienfurth  als 
«";*[;  bezeichnet. 

HI 


440  Dr.  A.  Kaminka. 

In  Wirklichkeit  läßt  sich  bei  einem  aufmerksamen  Studium 
des  Textes  unter  Heranziehung  alles  vorhandenen  Materials 
folgendes  feststellen: 

Eine  Scheelta  enthält  häufig,  außer  den  konstitutiven  Ele- 
menten, aus  welchen  sie  gleichmäßig  besteht,  und  über  welche 
wir  noch  sprechen  werden,  eine  oder  mehrere  Varianten  zum 
einleitenden  Teile;  eine  oder  mehrere  Varianten  zur  Frage- 
stellung; mitunter  endUch  Anmerkungen  darüber,  wie  diese  Teile 
versetzt  und  willkürlich  anders  geordnet  werden  können; 
wie  aus  der  Frage  eine  referierende  Einleitung  (sn'^Nün  si;u*e) 
oder  aus  dem  Inhalt  der  Einleitung  eine  andere  Frage  formuliert 
werden  kann.  Man  kommt  auf  die  Varianten  und  deren  didaktische 
Bedeutung  zunächst  dadurch,  daß  man  das  für  die  Fragestellung 
charakteristische  -['ni»  c^a  im  Texte  verfolgt.  Es  fällt  gleich  auf, 
daß  manchmal  mehrere  t::  in  einer  Scheelta  aufeinanderfolgen. 
Sieht  man  näher  zu,  so  findet  man  vor  dem  zweiten  und 
jedem  folgenden  i'"3  einen  von  den  Abschreibern  und  Editoren 
verkannten  Absatz  p'-is:«  "la^ia  "03  "s.  (Wie  wir  noch  sehen  werden, 
ist  -M^D  und  -is'd'?  Beginn  eines  Proömiums);  häufig  verkürzt 
^!21  \S,  dafür  aber  an  einzelnen  Stellen  mit  besonderer  Deutlich- 
keit: ':n  STi'ri"x:n  i^nu?"»  "a:  •'x  oder  eine  ähnliche  Wendung. 

Beispiele.  In  den  Editionen  mi2  nn« '2  Nr.  03  (editio  princeps 
col.  151,  D3'hrenf.  29'')  vor  -".Tf^ja  'ib^i  Ti  versteckt:  "-j  ^b'ü  \'2:  ■'k;  vor 
dem  folgenden  n!23^  T:y  versteckt  mnr  'b'ü  ".n  'fi:  \sv  In  Nr.  96  vor 
nn£C  ::"2,  in  der  Mitte  des  vorhergehenden  Absatzes  s'?2't2 ':  '!2:  "x; 
nach  diesem  t:i  und  «"Drin  r"n  ist  wieder  ein  verkannter  Anfang 
b^'rih  rb  tcn  rr.:  •,:::  "x.  —  nnp  'b  Nr.  131  Sxiu?'  ri'zib  iin"?  -:cxn  xn'^'xc' 
xrjibs  i2V"ab  (editio  princeps  col.  193,  Dyhrenf.  38^):  Vor  dem 
zweiten  -j-i^i  ann  ist  im  Texte  zu  finden  r\''z^i  x^p"»  s]nj;  Pöi  \^,  womit 
eine  zweite  Scheelta  beginnt,  auf  welche  sich  die  folgende  Frage- 
stellung bezieht.  —  Nr.  132:  Zum  zweiten  rn  gehört  als  Einleitung 
das  im  vorhergehenden  Absatz  vergrabene  n:in2  ni:ni2  jrrn"  x"?  ''Ö3  \S; 
zum  dritten  T2  gehört  ebenso  das  von  den  Editoren  verständnislos 
fortlaufend  im  zweiten  Absatz  gelassene  mnjn  r"r:  r-cb  pab  ~."rx  !^!3j  'X. 
cnrs  'S  Nr.  13.ö  ist  das  zweite  tz  in  den  Editionen  ohne  '.'s:  "x;  die 
Handschriften  haben  übereinstimmend  -]— .i'  cn2'.^:"x;  zum  dritten  T2 
gehört  das  im  vorhergehenden  Absatz  versteckte  H'rn'.rs";  xrn 'Ja;  "x.  — 
In  der  Scheelta  n=i:n'7  Nr.  2G  bei  der  zweiten  Variante  ist  der  An- 
fang -jm'  D-:2  ein  Fehler;  richtig  ist  jri.'^xp  -i.ts's:  "^3  "x.  Im  folgenden 
Absatz  ist  dann  in  der  Mitte  wieder  T^n':r\b  n^'^m  n:jrM  -id  jr-ii^x  xp  -i)2';2 
als  Beginn  einer  neuen  Scheölta.    Daß  "a:  "x  der   Beginn    einer 

IV 


Die  Komposition  der  Scheeltoth' des  R.  Achai.  -  441 

neuen  xn'^'Ntt'  ist,  ergibt  sich  aus  Handschriften,  nbz'2  Nr.  49  vor 
dem  zweiten  i'"3  ist  in  den  Editionen  zu  lesen  -ir  ':z^  -tnx  n:ty  "tt:  "s; 
die  Handschriften  (M.,  Frankf.)  haben  sn'?'Nr;  umgekehrt  ist  z.  B. 
Nr.  82  "D'tt'tr  in  den  Editionen  zu  lesen  nrrr's  ^d  ^"nixb  -i'^x-t  s'n'?"t<i:', 
während  die  älteste  Handschrift  diesen  Abschnitt  nur  im  Anschluß 
an  den  vorhergehenden  mit  \"2:  'k  einleitet. 

In  Nr.  15  mu?  "n  ist  in  den  Editionen  vor  dem  zweiten  i:"2 
kein  '^:  -x,  wohl  aber  in  der  Handschrift  (M);  außerdem  ist  am 
Schlüsse  an  unrichtiger  Stelle  '^nn  mip  in-nrp  cn  fm^x  -la-c  er- 
halten. Diese  redaktionelle  Notiz  fehlt  wieder  in  Handschriften, 
dafür  ist  dort  eine  Anmerkung  erhalten:  -a  fr  'iSöi  pmaa  «''■'rr 
vn"?  'S  h^an  bp'r^rt  nnir  n^bn  jrn.ax.  Das  heißt:  man  kann  auch  statt 
der  ersten  Fragestellung  die  augedeutete  andere  anknüpfen. 

In  Nr.  37  n:j:-i',  ebenso  in  Nr.  10  kti,  sind  nach  dem  ersten 
"I'-i::  nns  und  der  Antwort  ]D"n  zunächst  folgende  Varianten  für  neue 
Einleitungen  zu  lesen: 

^:2-i2  bma  ü)nz"z  t'^ijz  Nn3'?\n  pcs\"2  :",r2:  'x 
. . .  j^bbna  ab  r-\'V2f2  b2H  -nsi:  nb'^  r.nt'  s'm  ':  rs::  •« 

Am  Schluß  der  gedruckten  Scheelta  nach  -ma  mn-in  mcs  t2t 
ist  dann  bei  mau?  's  in  den  Handschriften  zu  lesen:  p::im  ■■'a  ,K"ir'ai 
xaa'2  \ybn^  "si  rrn  xnb'iSm  ntc'"»!  n-inx  snb'sri'n  ^nnrib  i3S*.  Das  hier 
in  den  Editionen  fehlende  Stück  findet  sich  am  Ende  der  Nr.  10  (x-^'i), 
mitten  im  zweiten  y~i' !=13  (editio  princeps  col.  18,  Dyhrenf.  4«=) 
xaa^r  \ybnf2  "si  'sn  Knbxu-'n  xnr'öi,  wozu  dann  das  letzte  ^^2  als 
Fragestellung  gehört.  Es  ist  klar,  daß  hier  eine  redaktionelle  Glosse 
vorliegt:  Wie  man  über  das  besprochene  Thema  eine 
Scheelta  anders  beginnen  könnte.  Eine  ähnliche  Glosse  ist 
zu  j:nnsi  in  Nr.  142  erhalten.  Nach  dem  zum  ersten  ^"2  gehörenden 
•C'V  heißt  es:  irp*?  »rn  nax  ,'rn  (Cod.  F:  xnbxi:''?)  xn'^xu'n  xiir^a  *a: 'x. 

Viel  deutlicher  aber  noch  zeigen  folgende  redaktionellen,  be- 
sonders in  den  Handschriften  erhaltenen  Textstellen,  daß  es  sich 
in  der  vorliegenden  Sammlung  keineswegs   um  wirkliche  aus  der 


1  Ein  intoressantes  Beispiel.  Es  wird  vorgeschlagen,  eine  Ent- 
scheidung nach  Rab  vorzutragen  (und  zwar  entweder  als  yr^c  xr.  nacii 
einer  ad  hoc  zu  formulierenden  Frage,  oder  im  einleitenden  Teil).  Es  handelt 
sich  um  die  Frage  der  Zirkumzision  für  einen  bereits  beschnittenen  Proselyten, 
die  nach  Rab  überflüssig  ist  (n'^;  cn  ri'cnS  -ns  jw).  Nun  entscheiden  Ilalacliolii 
Gedoloth,  ebenso  Maimonldes  (Mila  I,  7)  in  entgegengesetztem  Sinne;  Alf;isi 
weist  schon  darauf  liin,  daß  man  hier,  da  eine  spätere  Kontroverse  von  Rabba 
und  R.  Joseph  vorliegt,  niclit  auf  Raii  zurückgreifen  kann.  Es  wird  hier 
aber  gar  nicht  eine  ernste  Entseheidunj.',  sondern  eine  dialektische  Übung  vor- 
geschlagen. 


442  Dr.  A.  Kaminka. 

Praxis  hervorgegangene  Fragen  und  um  dadurch  provozierte  Ent- 
scheidungen, sondern  um  eine  Anleitung  zu  Übuugsvorträgeu 
nach  einer  bestimmten  Kunstform  handelt. 

In  Scheelta  nbra  Nr.  48^'  (editio  princeps  col.  76,  Dyhrenf.  15^) 
haben  die  Editionen: 

tm-T'ra  bp-'an  nniD  nrbn  b"nn  'x  -tk 
In  sämtlichen  Handschriften  fehlt  hier  die  Überschrift  «nb-xu' 
und  der  Abschnitt  beginnt  Tn  «öj  'K  (Cod.  F:  =]b*f2b  nx  :i"n).  Dagegen 
haben  Cod.  M  und  die  beiden  Pariser  Handschriften  vorher: 
mas  "[  abü  ^b  ]'n  nn  m-^  'n  d'i:  imx'^iinK?  'a  ,nu?m.  Cod.  F  hat  diese  Notiz 
für  die  einzuschaltende  Derascha  einige  Zeilen  vorher,  an  der 
richtigen  Stelle,  vor  dem  r-n  der  vorhergehenden  Scheelta,  und 
zwar  in  folgender  Form: 
■]m2  S2U'  'S2  'd:  'X  AmK'::inar  'z:  mni  .n^au?  i^nn  []'b'p^i  iJnn:  iK  ranan  yns 

. . .  n'K  n^  apr  T'xn  '^"n  .«n'?'K-i'  T'!'"^^  ^♦"■^^  "^  l'^'^'  ^"=^  '"^"'"^^ 

:nr'7n  121  .nn-ra  'pp-ian  nrir  nr'?n 

Es  folgt  dann  rn'i  xmiN^  D'xpn  jxo  i'r'-x  [=i'7'a'7  nx]  i-D  'r^:  "x  (endend 
mit  --nD  1=  '"-1=  r^:ibri  b'-m  n^^x  nicht  nn'Pi  '^p'^an  nm3  nrbn  wie  in 
den  Editionen,  wodurch  die  Erörterungen  in  den  Kommentaren 
mbr  rib-ü^  und  n'?xr  r^crn    überflüssig   werden).    Darauf   heißt   es 

;nrn  nn  ix  n^u  inipexn  ixa  ib'x  jrnax  nisMi  ^u^:«-)  ^a:  -x 
tom  y»  p  ncx  a'sbxi . . .  "irx  mb  xn-n  nna  xnx  n  b"X  xn^D^p^po^i 

Es  wird  also  eine  andere  Disposition  zum  vorhergehenden 
Vortrag  als  anwendbar  bezeichnet:  das  Thema  der  Derascha  inix^::inr  «a 
könnte  als  Einleitung  und  (selbstverständlich  unter  Aufstellung 
einer  entsprechenden  Frage)  eine  andere  Tradition  als  xnrs:r  (d.  h. 
raa?  xn)  benützt  werden. 

Scheelta  91  xnvn  ü'nn  fxa  ib'xn  endet  ...  xax  na  x^^n  n"xn  c"'n 
^„^^  Knr'7'ni.  Dazu  haben  die  Handschriften  (M  F  P  p)  überein- 
stimmend folgende  Glosse:  xn^m  xn'^xcn  x-Lir-an  xrx  n=  x-"n  m 

:fupi  naic  üina 

Es  folgt  dann  itant^t'  iDpi  n-isitt'  v^n  1'7'X  ^"n  'a:  "x,  ein  Stück,  das 
auch  NZJ.  Berlin  in  der  Wilnaer  Edition  nach  der  von  ihm  be- 
nützten Petersburger  Handschrift  als  merkwürdige  Notiz  wiedergibt. 
Es  ist  einfach  der  Vorschlag,  den  Stoff  anders  zu  bearbeiten: 
die  künstliche  Frage  des  Schlusses  (t:"'*a  ix  ans  xnsSn  ...  71::  D-r), 

1  Von  dieser  Derascha  ist  in  den  Editionen  nach  den  zwei  folgenden 
Stücken  vor  Nr.  40  die  Notiz  erhalten  ii:.  'H  p's  T^r:  n'r,T;-n:  k:u'  '•:  ntim. 

2  Das  r'i  ist  offenbar  ein  Irrtum. 

VI 


Die  Komposition  der  Scheeltoth  des  R.  Achai.  443 

welche  ja  nur  auf  die  im  voraus  bekannte  Autwort  srx  "  n  ■*  -,  xr  t:"n 
abzielt,  in  den  ersten  Teil  der  Scheelta  zu  setzen;  aus  der  s'rr's 
eine  sn^su-n  x'crs  zu  machen  und  als  „Frage"  den  Gegenstand 
einer  anderen  (ebenso  bekannten !)  Tradition  zu  formulieren. 

Die  ausführlichste  und  instruktivste  Glosse  über  die  willkür- 
liche Transformation  einer  Scheelta  ist  in  den  Handschriften  -'.r'::«  's, 
im  Abschnitt  ■••.ri'w;«'? 'rnrb -':cni  (Editionen  Nr.  103)  zu  lesen.  Nach 
dem  einleitenden  Satze  (endend  crcpn  hi'  C'h'n:  Tnin"?)  folgt  im  Text 
nb'üz  "riw'Kb  s*'2'i:!2  •irxi  . . .  D'nr.p  nrn»  "nSi,  dann  nach  einigen  weitereu 
Sätzen:  nrpz  ^x  eis*  Ci'r:  . . .  üh'.::)  'mn^a  n^  rrman  xr'm  und  anschließend 
die  Fragestellung:  „Wenn  der  Priester  in  die  Zwangslage  kommt, 
über  ein  cnsn  rrz  zu  schreiten".  Nach  der  Antwort  (endend  ncsn  rrcr'?) 
heißt  es  nun: 

. . .  ncnx  inrx'?  Hf2\^^z'  '.r.rz  pr  [r]'?^»'?  as]  -j'-i::  ein 
Es  soll  also  der  bereits  vorgetragene  Stoff  in  anderer  Weise, 
und  zwar  so  disponiert  werden,  daß  die  im  Anfang  des  Vor- 
trages zitierten  halachischen  Sätze  an  den  Schluß  kommen,  damit 
ad  vocem  nb^cel  ^nvab  x^s^a  ij^xi  eine  Frage  gestellt  werden  könne, 
wie  sie  die  2:  2 -Variaute  bietet.  Damit  ist  wohl  der  Charakter  der 
Scheelta  als  Kunstvortrag  genügend  erwiesen. 


IL  Die  Komposition  einer  Scheelta. 

Eine  Scheelta  besteht  regelmäßig  aus  vier  Teilen: 
-  1.  Voran  geht  ein  einleitendes  Referat,  das  der  in  der 
Versammlung  präsidierende  und  die  Übungen  leitende  Gelehrte 
hält  und  in  welchem  er  religionsgesetzliche  Traditionen  aus 
Mischna  und  Gemara  oder  überlieferte  ethische  Le'.iren  über 
einen  bestimmten  Gegenstand  aneinanderreiht,  zugleich  aber 
während  des  Vortrages  analysiert,  erläutert  und  begründet. 
Der  Terminus  für  diesen  Teil  der  Scheelta  ist  jr-Jis'  -if2',^  oder 
na'c'?,  wenn  auch  dieses  Wort  von  den  Abschreibern  bei  den 
meisten  Anfängen  weggelassen  wurde.  Stehen  geblieben  ist 
es  in  der  Regel  nur,  wo  es  sich  in  der  Mitte  eines  Stückes 
befand  und  von  den  Kopisten  nicht  beachtet  wurde.  Lehrreich 
ist  dafür  z.  B.  Scheelta  20  der  Editionen,  wo  nach  "-ir'x'r  ini2  ^  -  "Cd  "n 
ein  Absatz  beginnt  x;-r  "p"'?-!«'?  jrz-n.^-r  f:"-i,'2xp  "".?2"2  "r::  's*  (falsch 
l—ü  2--).    Aus  einer  Handschrift  (R)  ist  ersichtlich,   daß  dies  eine 

VII 


444  Dr.  A.  Kaminka. 

Variante  ist  zu  einer  neuen  Scheelta,  welche  ein  paar  Zeilen  weiter 
beginnt:  •'öv  x-'^rian  STiri:m  s:nD  pi'?-ix'?  bsn^"' iTr*i  pr"n"?:T  .i^nb^xr.  Im 
folgenden  Absatz  ist  nach  der  kurzen  Antwort  röu'  «n  wieder  ein 
(unbeachteter)  Scheelta-Anfang:  natan  nn^Dn'^müC^a  nsunnj  ^p-'-iüS'p  nö^ia 
nr\s>b  y^ün.  Ebenso  sind  die  oben  zitierten  Beispiele  von  nö'a  zu  ver- 
stehen. Einen  ganz  merkwürdigen  Fingerzeig  für  die  ursprüngliche 
Häufigkeit  des  nia'a'?  in  den  Scheeltoth  bei  Kapitelanfängen  und  zu- 
gleich ein  frappantes  Zeugnis  für  die  Unverläßlichkeit  aller  er- 
haltenen Texte  bietet  folgendes.  Bei  aufmerksamer  Durchsicht  der 
Editionen  wird  man  durch  den  sonderbaren  Umstand  überrascht, 
daß  die  Fragestellungen  bis  Nr.  97  durchweg  nur  -jn::  ans  beginnen, 
von  da  ab  jedoch  in  der  ganzen  anderen  Hälfte  des  Buches  regel- 
mäßig -lö'a'?  Ti^ann  oder  i^ib  Tn.  Man  wäre  danach  versucht,  eine 
Zweiteilung  des  Buches  vorzunehmen,  sucht  aber  vergebens  nach 
einem  inneren  Kriterium.  Ein  Vergleich  mit  den  Handschriften 
zeigt  aber,  daß  auch  in  der  zweiten  Hälfte  bei  tz  weder  ein 
-^ti'Jib  noch  -iiaib  jemals  vorkommt  (dafür  aber  die  bekannte 
Formel  ^i^'o'?  nx  :i"2),  daß  also  in  der  editio  princeps  und  d^n  auf 
ihr  beruhenden  Ausgaben  von  Nr.  97  ab  nur  eine  falsche  Auf- 
lösung der  Abbreviatur  b"X2  vorliegen  dürfte.  Offenbar  haben 
zwei  Kopisten  das  Buch  abgeschrieben,  von  denen  der  des  zweiten 
Teiles  in  seiner  Einfalt  es  besser  zu  machen  glaubte.  Es  zeigt  aber 
zugleich,  daß  den  Lesern  der  Scheeltoth  das  na««'?  bei  den  An- 
fängen geläufig  war.  Ursprünglich  dürfte  jede  Scheelta  im 
Beginn  und  bei  jeder  Variante  zu  einem  Referat  die  Über- 
schrift n)3"Q'?  gehabt  haben.  Dadurch  erklärt  sich  auch  der  ab- 
hängige Satz,  mit  welchem  jede  Scheelta  beginnt:  r\'zi  ]^n"''nr2'-i 
bii-^V"  ri"zb  ]ir\b  tont  .bx-itt'"'  und  der  manche  zu  dem  Mißverständnis 
geführt  hat,  daß  eine  Frage  vorliege. ^ 

2.  Das  Referat  mündet  in  eine  künstlich  formulierte  Frage, 
welche  in  unserem  Buche  mit  -]m'  cnn  (oder  an  dessen  Stelle  mit 
•"»;  's)  beginnt  und  gar  nicht  die  Absicht  hat,  für  das  praktische 
Leben  eine  maßgebende  Entscheidung  zu  provozieren;  sie  soll  nur 
einem  zweiten,  in  der  Versammlung  feierlich  auftretenden  Vor- 
tragenden, dem  t:>-in,  Gelegenheit  geben,  in  geistreicher  Weise 
eine  Ansicht  zu  vertreten,  mit  logischen  Gründen  oder  mit 
Zitaten,  die  die  Hörer  gefangen  nehmen,  eine  These  zu  ver- 
teidigen. Wir  werden  sehen,  daß  diese  Methode  aus  der  Amoräer- 
zeit   übernommen  wurde,  wo  Schulfragen   mit  der  deutlichen  Ab- 


1  Lowe,  Fragment  of  Pesahim  p.  95;  siehe  REJ.  1.  c.  p.  60. 

VIII 


Die  Komposition  der  Scheeltoth  des  R.  Achai.  445 

sieht  formuliert  werden,  damit  sie  durch  ein  bekanntes  Zitat, 
mitunter  ein  biblisches,  erledigt  werden,  wie  z.  B.  ptr  .irh  KTrx 
pir-i  rsa  2r,p  pü  r'^:  :u*ti  vx,^  z'rp:  (BabaMezia  108^,  wo  schon  Raschi 
Mühe  hat,  darin  eine  ernstliche  Entscheidung  zu  konstatieren). 
Wenn  man  die  Fragestellungen  in  den  Scheeltoth  prüft,  findet 
man  häufig,  daß  sie  sich  im  vorhinein  von  der  juristischen  Grund- 
lage oder  von  der  halachischen  Norm  entfernen  und  abseits  der- 
selben auf  rein  theoretische  interessante  Unterscheidungen  hin- 
ausgehen,i  So  stützt  sich  z.  B.  Nr.  5  (r:)  auf  den  Ausspruch  des 
R.  Simon  b.  Gamliel,  man  dürfe  eine  Thora-Rolle  nur  in  den 
allerdringendsten  Fällen,  aus  zwingenden  Gründen,  veräußern;  etwa 
um  selbst  Thora  zu  lernen  oder  um  eine  Familie  zu  gründen. 
Dazu  enthält  die  Scheelta: 

Thema  der  Einleitung:  Wichtigkeit  des  Gebotes  der 
Gründung  einer  Familie. 

Fragestellung:  Was  ist  wichtiger,  Thora  lernen  oder 
eine  Familie  gründen?  (eine  Kontroverse  im  Talmud). 

Möglichkeit  einer  anderen  Fragestellung:  Darf  man 
eine  Thora-Rolle  behufs  Familiengründung  nur  dann  verkaufen, 
wenn  man  noch  keine  Kinder  hat  oder  auch  dann,  wenn  man 
zwar  Kinder  besitzt,  aber  ohne  Frau  geblieben  ist? 

Eine  auf  dem  Boden  der  Halacha  stehende  Frage  könnte 
überhaupt  nicht  in  dieser  Weise  formuliert  werden,  da  sie 
nicht  verschwommen  vom  Kinderbesitz  im  allgemeinen  sprechen, 
sondern  auf  die  Zahl  derselben  eingehen  müßte,  nach  welcher  die 
rabbinische  Norm  mit  Bezug  auf  die  Pflicht  der  Familiengründung 
einen  Unterschied  macht.  Aber  es  handelt  sich  eben  nur  um  einen 
zu  haltenden  rhetorischen  Vortrag. 

Die  Teile  1  und  2  der  Scheelta  entsprechen  den  in  der 
griechischen  Redekunst  von  Hermagoras  und  anderen  Stoikern 
bei    den    :tolixiy.a    b]trjuara    unterschiedenen    i^sötg    und   vTto&söig." 


1  Es  gibt  freilich  aueli  Scheöltoth,  die  die  Herbeiführung  halachischor  Ent- 
scheidungen bezwecken  (z.  B.  die  die  talmudische  Quelle  Baba  Mezia  53'' 
verlassende  Scheelta  119  -y.zhr:  urcin  Vi*:,  mit  der  Frage  'k::  .vr.zrn).  aber  das 
sind  die  typischen  nicht. 

-  R.  Volkmann,  Rhetorik  der  Griechen  und  Römer,  2.  Aufl.  1874,  S.  21.  — 
Die  Schrift  "Ex.  tüv  'A/.t^diid(iov  (Rhotores  graeci  ed.  Spengel,  III)  beginnt: 
«Off  ovo  dvTcav  xöäv  ccvcazuxai  TiQoßXrjuÜTCov,  &£afcog  ts  x«i.  vno&tascog,  xccl  t//s'  (ifv 
&faFwg  ^i]T>ias(ag  o{)at]s  xa&oXLxr/g  ccvsv  nQoaönov  (OQcafiivov,  vjio&iaecog  ös 
^r]T)ja!-(og  fn'i  uSQOvg  ^v  loQiautvoLg  nooaänoLg.  Cf.Quintilian,  De  institut.  orat.  III,  5,3: 
quaesliones  esse  aut  infinitas,  aut  finitas.  Infinitae  .  .  .  quod  Graeci  d-f'aiv 
dicunt,  Cicero  „propositum''  ,  ,  .  alii  „quaestiones  philoaopho  convenientes". 

IX 


446  Dr.  A.  Kaminka 

3.-4.  Als  dritter  Teil  ia  der  Scheelta  ist  eine  Prunkrede, 
„Derascha"  zu  betrachten,  die  ein  zweiter  Redner,  gleichgültig,  ob 
Meister  oder  Studierender,  gehalten  und  mit  der  Formel  begonnen 
hat:  bü-\^'  rr-n  rrar  Ksbxb  XDnn  r:£ü  '"v  sn'mx  a:b  -nn  .T'mpn  r\'fz'^:;  y-^z. 
Während  editio  princeps  und  die  ihr  folgenden  Ausgaben  diese 
Formel  nur  in  sehr  vereinzelten  Scheeltoth  erhalten  haben,  zeigt 
das  handschriftliche  Material,  daß  sie  die  Regel  bildet.  Man  sieht 
auch,  wie  sie  bei  den  häufigen  Wiederholungen  gekürzt  wird  und 
allmählich  verschwindet.  Man  findet  ferner  ihre  richtige  Stellung 
an  der  Spitze  der  Derascha,  und  diese  selbst  nicht  am 
Schluß  der  ganzen  Scheelta,  sondern  jedesmal  vor  der  Ant- 
wort r»?y  xn.  Den  Schluß  der  mit  .tz:?:?  y'iz  beginnenden  Rede  bildet 
die  aus  b.  Schabbath  30^  bekannte  Formel  |'3\^np  tijb'xc'i  xnb'str  prbi, 
welche  die  Antwort  auf  die  gestellte  Frage  bietet.  Diese  (eigentlich 
nebensächliche)  Antwort  ist  der  vierte  Teil  der  Scheelta. 

So  ist  z.  B.  in  der  Frankfurter  Handschrift  zu  Nr.  16  (nnt'  ^-n) 
nach  dem  Absatz  y^:i  önn  (endend  ,T2  mn-)  —   offenbar  auf  eine 
Variante  der  Fragestellung  Bezug  nehmend,  von  der  die  Editionen 
eine  Spur  in  ■'üj  ^k  haben  —  zu  lesen: 
,'21  pins  Vib'j:  i"?«^"  ntr'bty  bxi-^t'  [-iäx]  '3i  nbina'r  pims  s:m  ':i  n-atr  T'-in 

.jivii'nn^sa  rm'br: 

:a^3nn  n-ais  D^;nn  rcn::  p^nna  tt?"n  •xn'r'^xiiTJr'?! 
Eine  Oxforder  Handschrift  und  ein  Fragment  der  Geniza  in 
Cambridge  haben  die  Formeln  nicht  mehr    (welche   der  jüngere 
Cod.  F  aus  einer  viel  älteren  Vorlage  haben  muß),  sondern  nur  am 
Schluß  der  Scheelta:  .'3i  pins  abv;  i^st' ':  '^s'isau  nax  ':^nb^rob  p;mD  nenn 
.pifniian  'j:.  Editio  princeps  hat,  wie  auch  andere  Handschriften  gar 
nichts  mehr  von  der  Derascha.  —  Zu  Nr.  17  hat  Cod.  F  vor  r^tr  xn 
:  '21  s'nb'Kty  pDrbi  'ri  ntt'x  'b  '^ip^  «ü  't'^::rib  maisn  ntm 
Zu  Nr.  15  im  Absatz  ra  vor  yiat' xn: 

:nn:!;r  :i'';y'?i  .nfsn  '21:::  b-D  pt:"ir  -."m  'di  n^i::r  i'nn 
Zu  Nr.  19  (nn'?in)  nach  ^Dins:  'n  -122  (das  "'Xü  xn2'7^•^„  der  Edi- 
tionen fehlt  in  den  Handschriften;  die  Scheeltoth  gehen,  wie  oben 
erklärt,   in  der  Regel  auf  keine   halachische  Entscheidung   aus): 
.riDrian  mc  itz  -\"n  .'21  d'2-i2'?i  pnarsb  -[binn  ':t\-\  .'21  n-aü  T'-is 

:k2-i  ^!2K-i  tt"'n  .'21  Krib^Ku-'  pjr'ri 

Zu  Nr.  20  (sn)  hat  Cod.  M  am  Schluß  pbnsn  riK  n2ic'n  n'>rm. 
Cod.  0  ausführlicher: 

iön)  '-10  "Jons  -12  tyi  -Tjia  ^rm  ^o'^'^riBn  nx  -i2wnn  nn  pnaitt'  nrs^K  nti'-n 

eiDV  riK  bm  nnb''  "itt>S2  ^T^  T'ö.  F  hat  wiederum  diese  Notiz  richtig 

X 


Die  Komposition  der  Scheeltoth  des  R.  Acliai.  447 

nicht  am  Schluß,  sondern  nach  der  Frage  s":?  :k  nr"i'2  mn  ",^,  und 

zwar  mit  den  Formeln: 

:Ka"i  "i!2K-i  c"'n  -  Kn'^'KC  p;y'r'i . . .  pnair  nr-iK  ncn  . -i  rrfac  i'-^r 

Ebenso  sind  für  zahlreiche  andere  Scheeltoth,  bei  denen  ein 
Schlagwort  der  Derascha  am  Schluß  in  anderen  Handschriften 
erhalten  ist  (in  den  Editionen  ist  dies  nur  selten  der  Fall;  bei 
manchen  Stücken  wie  bei  Nr.  23  vor  d'-i-;:  'n  und  Nr.  96  vor 
c-KCt:  c'r'ai  r[]:;r:^n  ist  nur  das  Wort  '^n^^'\^  in  editio  princeps  aus- 
gefallen) dieses  in  Cod.  F  an  richtiger  Stelle  mit  , , ,  rrnz  yz 
Hrih'nz'  \':vbi  vor  yau?  xn.  ^ 

Was  enthielt  die  Derascha?  Für  manche  Scheeltoth  geben 
uns  die  handschriftlich  erhaltenen  Andeutungen  einen  genügenden 
Begriff  vom  Inhalt,  bei  manchen  nicht.  In  diesem  Teile  hatte  der 
auftretende  Gelehrte  seine  Belesenheit,  seine  Redegewandtheit  und 
Kombinationsgabe  zu  zeigen  und  er  hatte  wahrscheinlich  auch  das 
Material  in  irgend  einer  Weise  mit  dem  Wochenabschnitt  in  Ver- 
bindung zu  bringen. 

Zu  n-i'K-ia  ist  in  den  Editionen  die  Notiz  am  Schluß  erhalten 
ijn:r  D'.pa  n^vn.  Reifmann  versuchte  sie  (Beth  Talmud  III,  57)  durch 
Hinweis  auf  Jerusch.  Berach.  II  zu  erklären  p^K'.r  natra  hiif.vb  "oxc'  Q:pT2. 
Nun  hat  sich  in  den  beiden  Oxforder  Handschriften  eine  erweiterte 
Notiz  erhalten: 

.p'?T  D"-^i23n  üv  '''7'bz  i:r,   nx  p'bnnb  i;n;r  cipia  b2   "vTin, 
"DNn  nru^nn  nax'r'Ja  r.iryb  ".:n;tr  mp.'a  nj".    Cod.  Oxf.  539  hat   noch 
weiter:  mt:v'::t:',-!  p3  z'"S2  "snn:  D'^m  mrr  2-1  n)3K  n-iiT  -i"Ki. 

Es  handelt  sich  also  (vgl.  Probeheft  meiner  kritischen  Edition 
S.  10,  Anm.  49  —  in  „Geonica"  II,  91,  Anm.  1  nicht  beachtet),  um 
Zitate  aus  b.  Pesachim  54-'^,  wobei  der  Redner,  scheinbar  weit 
ausholend,  auf  die  Schöpfungsgeschichte  kam  und  Gelegenheit 
hatte,  eine  Sabbath-Frage  zu  beantworten.  Nebenbei  ergibt  sich 
aus  der  Stellenanzeige,  erstens  daß  die  Mischna  Pesachim  54^  im 
babylonischen  Talmud  vor  der  Baraitha  n'-sn  mt'"  (54'^)  stand; 
zweitens,  daß  diese  von  Rab  tradiert  wurde. 


•  Vgl.  auch  das  Geniza-Fragment  in  L.  Ginzberg,  „Geonica"  II  (New-York 
1909)  p.  364  1.  4—5:  C"n  ]>y;h\  xtt-m  —  -n:,  wodurch  mein  im  Jahre  1908 
belcanntgogebenes  Scliema  der  Schoöltotli  ebenfalls  Bestätigung  fand. 
Ginzberg  zitiert  nun  zwar  I,  78  und  80  sowohl  meine  Edition  der  ersten 
Scheeltoth,  wie  meine  Ausführungen  im  „Ilakedem",  tastet  aber  trotzdem 
(ibid.  p.  91)  noch  im  Dunkeln  hinsichtlich  der  Derascha,  die  er,  offenbar 
durch  die  arabische  GloHse  II,  3G6  verleitet,  für  oiiion  fünften  Teil  der 
Scheülta  hält. 

XI 


448  Dr.  A.  Kaminka. 

Scheelta  Nr.  2  hat  in  den  Editioneo  keine  Derascha-Notiz; 
Cod.  Oxf.  540  jedoch:  ■ 

Das  Material  ist  aus  b.  Sanhedrin  56'\  Der  Redner  hatte 
Gelegenheit,  auf  die  sieben  noachidischen  Gebote  zu  kommen 
und  in  Verbindung  mit  ]^yin  ^bü  mxn  hv  D'rih>H  'n  in  konnte  er  yzsb 
sn'^'NC'  eine  Antwort  geben  min  nm  nj  inrn  n«  p  n:.  (Der  Anfang 
ppmn  nrD  ist  nicht  klar;  vielleicht  schloß  sich  daran  die  Talmud- 
stelle nnyn  nx  j'n  üv  bsn.) 

So  lassen  sich  manche  dieser  (wegen  ihres  rein  rhetorischen 
Charakters  als  überflüssig  erachteten  und  gestrichenen)  Vorträge 
einigermaßen  aus  den  Notizen  rekonstruieren.  Wenn  wir  aber  die 
Prunkrede  des  R.  Tanchum,  b.  Schabbath  30^  ]ü  incrn  jx  nD*?'*:'  n;x 
imonbs'iD  lesen,  so  können  wir  nicht  zweifeln,  daß  dies  der  Typus 
einer  schwungvollen,  die  Versammlung  fesselnden  Derascha  in 
einer  Scheelta-Versammlung  war,  bei  der  die  überraschenden 
Gedanken  und  die  schöne  Darstellung  die  Hauptsache  bildeten. 
Es  wird  hier  das  ysvog  iTiLÖHZxixöv  von  den  drei  Arten  del*  Rede 
geübt,  die  Aristoteles  in  seiner  Rhetorik  anführt  und  das  Cicero, 
de  inv.  I,  5,  7  definiert:  Demonstrativum  est,  quod  tribuitur  in 
alicuius  laudem  aut  vituperationem.  Der  Faden,  der  sich  von 
den  griechischen  Rhetoren  durch  die  palästinensischen  Schulen 
bis  zu  den  Scheeltoth  zieht,  läßt  sich  noch  verfolgen,  und  das 
richtige  Verständnis  für  diese  Kunstform  dürfte  ein  neues  Licht 
auch  auf  zahlreiche  Diskussionen  in  der  babylonischen  Gemara 
werfen. 1 

III.  Ursprung  und  Entwicklung  der  Kunstform  der 

Scheelta. 

In  der  babylonischen  Gemara  finden  sich  zahlreiche  Frage- 
stellungen, die  ganz  denselben  Charakter  rhetorischer  Übungen 
zeigen  wie  die  Scheeltoth;  die  ganz  ebenso  an  der  im  praktischen 
Leben  geltenden,  traditionell  festgelegten  Norm  vorbeigehen,  sich 
sogar  zur  Halacha  in  einem  Gegensatz  befinden  —  wofür  sie  aber 
ganz  indifferent  sind,  da  sie  nur  das  Formale  im  Auge  behalten 
und  die  Diskussion   als  Selbstzweck  anstreben.  Diese  Frage- 


1  Abr.  Epstein  hat  auf  rhetorische  Homilien  in  den  Midraschim  hin- 
gewiesen, als  deren  Erfinder  im  5.  Jahrhundert  Tanchuma  bar  Abba  gegolten 
habe.  Bacher  (Pal.  Am.  III,  509)  vermutet,  daß  Tanchuma  mit  Tanchum  aus 
Nawe  identisch  ist. 

„XII 


Die  Komposition  der  Scheeltoth  des  R.  Achai.  449 

Stellungen  werden  vielfach  mit  inH  XTr'K*  eingeleitet  und  reichen 
bis  ins  3.  Jahrhundert.  Daß  der  Terminus  xrb'xr,  nb'xtr  etwas  Ähn- 
liches wie  i<T2'K  bezeichnet,  geht  klar  aus  Baba  Mezia  114^  hervor: 

p-isb  .-i5ä'''?r  '"in  -löiKn  jnb-xt:'  nmn  "^a  cnr;  ,nrn  "'?  r,;2X  s*"?!  'mrn  '^rb 


«W«k»<)      ^ 


n!2  ^rrm 

Wenn  aber  mit  nb'Nr  schon  zur  Zeit  des  R.  Jehuda  ha-Nassi 
in  Palästina  der  Begriff  einer  akademischen  Dissertation  ver- 
bunden war,  die  sich  abseits  von  der  in  der  Mischna  oder  durch 
spätere  Entscheidung  festgelegten  Halacha  bewegte  (so  Sebach.  30^ 

-inb-'s-inT  b"ü  v:na  Y^n2.  nra'?  n'ra  'rrx'?  zvn  ^a-a  -i'?  n':i2  sr-n 
[akadem. Frage]  narn  nan  ^3  "^nu?  xin  -b"«-  ?N'm3%n;c!2S''?  .-z-.s •c""T,":e'? -.j:« 

(uTri'ö  mi2K  rxi 
so  ist  dieser  Begriff  in  den  babylonischen  Hochschulen  im  3.  und 
4.  Jahrhundert  auch  in  manchen  nrrn'K  gegeben.  Lehrreiche  Bei- 
spiele dafür  sind  folgende: 

Baba  Mezia  27%  Thema:  Ist  die  Angabe  von  Kennzeichen 
eines  gefundenen  Gegenstandes  (für  die  Ausfolgung  des- 
selben an  den  Eigentümer)  nach  biblischer  Vorschrift  oder  nur 
nach  rabbinischer  Anordnung  genügend?  KiT'mNn  p:i2'D  -in'?  X"rrx 
]:2'-\i  iK*.  Die  Entwicklung  der  Halacha  ist  nach  Mischna  und  Baraitha 
vollkommen  klar.  Ursprünglich  genügte  die  Angabe  von  Kenn- 
zeichen; bei  Verdacht  eines  Betruges  verlangte  man  weitere  Beweise 
des  Eigentums;  daß  die  Kennzeichenangabe  in  der  Bibel  voraus- 
gesetzt wird,  wurde  aus  der  Anführung  des  Beispiels  eines  ver- 
lorenen Kleidungsstückes  (Deut.  22,  3)  bewiesen. ^  Nichtsdestoweniger 
wird  in  einer  (riSw'  xn  beginnenden)  Antwort  versucht,  aus  der 
Mischna  zu  deduzieren,  daß  die  Thora  im  vorhinein  nicht  Kenn- 
zeichenangabe, sondernZeugen  verlangt.  VerschiedeneThesen  v/erden 
diskutiert,  ohne  Rücksicht  auf  die  Tradition,  zu  der  allerdings 
Raba  in  diesem  Falle  zurückkehrt:  xrrmxn  pits-c  s^-, -!2X  xbs*. * 


1  Eine  derartige  Frage  hat  natürlich  damals  nur  einen  theoretischen 
Charakter  gehabt. 

2  Raschi:  n^KC*  n^n.:  n^'Nt:*  ,smm:3,  d.  h.  es  ist  keine  einfache  Fi-age; 
es  kann  zum  Thema  einer  gelehrten  Erörterung  gemacht  Averden. 

3  Mischna  Baba  Mezia  II,  5  und  7  B'>tr  n^atJ*  nrs  ...  ^Sr:  nr.\-i  n^iacn  r.vc 
.1?  |n»  K7  T\>ityc  i?2NC  ''"■y;H  'NOini  ,if»  ;n'  nh  n^ao'D  ir:«  xSi  m'^xn  rt<  "Cs  . . .  L:';r2'D  .-.- 
Daß  ein  Zeugenbeweis  erst  in  späterer  Zeit  eingeführt  wurde,  wird  überdies 
in  der  Baraitha  28''  tradiert:  ,n^ui3i  ;'jr2'D  fmj  n'<n  m^::«  iS  mrxt:'  'a  ^:3  n:irK-i3  TT; 

*  Der  rein  dialektische  Charakter  der  Lösungen  zeigt  sieh  in  der  Petitio 
principii  (28")  nnya  «9  ?p2;2'D2  isS  'htro  .«in  '«m  es  incm.    Im  folgenden  wird 

FeßtBchrift.  29 

XIII 


450  Dl"-  A.  Kaminka, 

Nedarim  35^  in  der  bekannten  akademischen  Frage,  „ob  die 
Priester  unsere  Vertreter  oder  die  Vertreter  Gottes  sind?"  K-rrx 
X'iatrn  'n'b^  IX  nn  pn  'n^b^  "Dna  ^:n  Anh  bringt  die  Lösung  riar  xn  keine 
definitive  Entscheidung.  Aber  schon  R.  Nissim  und  die  Tossaphisten 
bemerken,  daß  die  Frage  in  Kidduschin  23*  entschieden  ist.  In 
Joma  19^  wird  in  dieser  Beziehung  auf  die  Mischna  hingewiesen,  in 
der  tradiert  ist,   daß  man   zum  Hohenpriester  sagte:  i:pi^'?u?  nnNV 

Ein  Beispiel  dafür,  wie  xTrx-Fragen,  ähnlich  manchen  Scheeltoth, 
ohne   jede    Beziehung    zu    Ritus    oder    Halacha,    an    kultur- 
historische  Überlieferungen    anknüpfen,    ist   Joma    23*^    enthalten. 
Ein  Priester,  so  wurde  aus  alter  Zeit  erzählt,  hatte  beim  Tempel- 
dienst seinem  Kollegen   zuvorkommen  wollen   und  ihn  dabei  mit 
dem    Messer   erstochen.    Von    den    Stufen    der   Tempelhalle    hielt 
darauf  R,  Zadok  eine  erschütternde  Rede  an  das  Volk  über  dieses 
schauerliche  Verbrechen,  so  daß  alle  in  Zerknirschung  schluchzten. 
Eine  offenbar  später  angefügte  Glosse  (vielleicht  von  einer  ganz 
anderen    Erzählung   stammend;    es  ist    in   derselben  von   einem 
pirn  die  Rede!)  sagt:  Der  Vater  des  erstochenen  jungen  Priesters 
(oder  Knaben)  kam,  fand  seinen  Sohn  röchelnd  und  ~  konstatierte 
vor  dem  Volke    mit  Befriedigung,    daß  das   Messer    nicht   ver- 
unreinigt wurde,  da  es  mit  keinem  Leichnam  in  Berührung  war. 
„Daraus  kann  man  ersehen  {'^i^hb),  daß  die  Reinheit  der  Tempel- 
geräte   ihnen    mehr    am    Herzen    lag    als    die    Vermeidung 
von  Mordtaten;  man  denkt  dabei  (nmx  Kin  pi)  an  II.  Kön.  21,  16: 
Auch  unschuldiges  Blut  hat  Manasse  vergossen,  so  daß  Jerusalem 
davon  ganz  voll  wurde."  Dazu  Fragestellung:  „Waren  Mordtaten 
bei  jenen  Leuten   so  in  der  Bedeutung  gesunken  (während 
die  Reinheit  der  Tempelgeräte  in  gewohnter  Weise  bewertet  wurde), 
oder  hatten  Mordtaten  damals  die  gewöhnliche  Bedeutung, 
während  die  Reinheit  der  Tempelgefäße  einen  besonders 
hohen  Wert  erlangte?" 

^K-i^önn  H\-i  ü^b^  nnnta  bna  «»"p  sia''''piD  D'^ai  ni^-^Er 
Mit  rüu?  «n  wird  dann  unter  Hinweis  auf  den  zitierten  Bibel- 
satz von  Manasse  die  naheliegende  Lösung  gegeben,  daß  die  Glosse 
tatsächlich  die  geschwundene  Scheu  vor  dem  Blutvergießen  brand- 
marken will  —  woran  natürlich  nicht  gezweifelt  werden  kann. 


dann  doch  geschlossen  !n3»:3  yDC  ?]'3f:'DD  IK^  .'Nt^i  dk  in^-n.  Der  Einwand  von  cny 
war  also  nicht  ernst.  —  Bei  Quintilian  Inslit.  Or.  III,  5,  3  kommt  die  Frage 
als  Beispiel  vor:  Testibus  an  argumentis  major  fides  habenda? 

XIV 


Die  Komposition  der  Schecitoth  de?  K.  Aehai.  ^51 

Für  das  Verhältnis  mancher  nvyrs',  analog  den  Schceltoth, 
zur  Halacha  oder  juristischen  Praxis  ist  folgendes  Beispiel  in 
hervorragendem  Maße  aufschlußreich. 

Baba  Kama  20=^  sagt  R.  Hisda  zu  Rame  bar  Chama:  Schade, 
daß  du  gestern  nicht  in  der  Lehrhalle  warst;  eine  so  herrliche 
Frage  wurde  gestellt  {an"bvf2  ''r'-iaj'?  XTrsn).  —  Was  für  FrageV  — 
„Wenn  jemand  im  Hofe  eines  anderen  ohne  dessen  Wissen  wohnt, 
muß  er  ihm  die  Nutznießung  nachträglich  vergüten  oder  nicht?* 
(Folgen  Unterscheidungen,  ob  es  sich  um  Räumlichkeiten  handelt, 
die  sonst  vermietet  werden,  und  ob  der  Besitzer  geschädigt  wird.)  — 
Rame:  Das  kann  ja  aus  der  Mischna  abgeleitet  werden!  —  Hisda: 
Aus  welcher?  —  Rame:  Ich  sage  es  dir,  wenn  du  einverstanden 
bist,  mir  als  Famulus  zu  dienen!  —  Hisda  zeigt  ihm  gerne  Er- 
gebenheit, um  nur  von  der  Gelehrsamkeit  zu  profitieren.  —  Rame 
(zitiert  aus  der  Mischna  Baba  Kama  II,  2):  VVenn  das  Tier  bei 
einer  Zerstörung  für  sich  einen  Nutzen  gehabt  (oder  einen  Genuü 
empfunden),  muß  dafür  dem  Eigentümer  gezahlt  werden.  Zu 
dieser  Anekdote  bemerkt  dann  Raba:  „Wie  unempfindlich  und 
ahnungslos  steht  da  ein  Mann,  dem  Gott  geholfen  hat!  Der 
Fall  hat  ja  gar  keine  Ähnlichkeit  mit  dem,  was  die  Mischna 
lehrt  und  doch  hat  Rame  die  Belehrung  akzeptiert!" - 

Es  ist  nun  folgendes  zu  beachten:  1.  Die  herrliche  Frage 
ist  gestern  gestellt  worden;  man  sucht  Material  für  die  Lösung. 
2.  Die  gestellte  Frage  ist  gar  keine  Frage  für  die  Rechtspraxis, 
denn  sie  ist  längst  mehrfach  autoritativ  entschieden.  Baba 
Kama  21^^  wird  tradiert,  daß  sie  an  R.  Iluna  gestellt  wurde,  es 
wurde  dann  im  Namen  von  Rab  die  Entscheidung  angeführt,  daß 
für  die  Benützung  der  Räumlichkeiten  nicht  gezahlt  werden  muß 
{•^z'C  ^b  n^Vynb  -\"\'^  'Z'n).  Dieselbe  Entscheidung  wird  von  rinderen 
großen  Autoritäten  der  früheren  Amoräergenerationen  zitiert  (ib.), 
sie  mußte  also  im  Lehrhause  sehr  wohl  bekannt  sein  und  es 
ist  ausgeschlossen,  daß  sie  niemand  kannte.  3.  Der  mit  solcher 
Überlegenheit  auftretende  Rame  gibt  dem  demütig  von  ihm 
lernenden  Freunde  ein  Zitat,  das  zu  einer  vollkommen 
falschen  Lösung  der  Frage  vom  juristischen  Gesichtspunkte 
führt;  dabei  kann  von  einer  Ähnlichkeit  der  Fälle  gar  nicht 
die  Rede  sein.  Also  weder  Logik  noch  juristische  Praxis 
spielen  hier  eine  Rolle.    Der  über  die  Frage  meditierende  junge 


:-nv  ]'N  iK  -irt'  n  mSirn*»  in-j  ^ny^::  ary  \':ir\  -iv.-a  "in  ^ 

29* 
XV 


45^  Dr.  A.  Kaminka. 

Gelehrte^  sucht  nicht  eine  Entscheidung,  sondern  eine  Idee 
für  die  wirlcungsvolle  Verteidigung  einer  These.  Er  soll  nur  etwas 
Schönes  über  den  Gegenstand  vortragen  und  mit  Argumenten  be- 
legen, die  der  Versammlung  plausibel  erscheinen.  Gesucht  wird  das 
Vermögen  oder  „die  Fertigkeit,  an  jedem  Dinge,  das  was  Glauben 
erwecken  kann,  wahrzunehmen"  (Aristot.  Rhetor.  I,  2:  dvva^us 
Tisol  sxaörov  tov  QscoQfiöai  xo  i:vdi%öiuvov  nid^avov).  Am  Schlüsse 
des  Vortrages  soll  mit  isri'C  sn  die  Zuhörerschaft  durch  eine  inter- 
essante Kombination  überrascht  werden.  4.  Rabas  ironische  Be- 
merkung rrr^D  rr-^iy\  ni3j  ist  selbst  ein  Zitat,  das,  wie  ich  glaube, 
auf  das  Verhältnis  der  rhetorischen  Schlußfolgerungen 
zu  wirklichen  halachischen  Entscheidungen  anspielt. 

Der  bezeichnende  Satz  für  die  Ausführung  einer  Problem- 
lösung (s'ni'öc  von  ris-c'  sn)  im  Sinne  der  wirklich  geltenden  Norm 
{r^-zbT\)  ist  nämlich  Knabm  «n^K  Knnytttt-  'picK.  Nun  kommt  an  einer 
AgadaStelle  (b.  Sota  7^  und  Baba  Kama  92^),  in  das  biblische 
Altertum  projiziert,  eine  Schilderung  der  Verhandlungen  in  den 
babylonischen  Lehrhäusern  vor.  Zu  Deut.  33,  7  :^'\^T.^b  asn  wird 
gesagt:  Die  Gebeine  Judas  hatten  wegen  seiner  Sünde  keine  Ruhe 
gefunden.  Das  Gebet  Moses  bewirkte,  daß  er  in  das  himmlische 
„ Lehrhaus "  (srp-n  snrn:^)  wieder  in  Ehren  eintreten  konnte.  Er 
war  nun  da,  verstand  aber  nicht,  was  die  Gelehrten  referieren 
(pn-i ''n!2Kp  ^xiayT  mn  x"?  so  in  Baba  Kama;  cf.  ".^'th  und  nars*),  dar- 
auf betete  für  ihn  Moses:  ^b  nn  vt  (vielleicht  ist  -b  an  doppelsinnig 
nach  Aboth  I,  6  rn  '\b  nry);  dann  gelang  ihm  aber  noch  nicht,  eine 
These  richtig  zu  verteidigen  und  die  Lösung  mit  der  Halacha 
in  Einklang  zu  bringen;  dazu  verhalf  ihm  das  weitere  Gebet  Moses: 
sei  ihm  ein  Beistand  gegenüber  seinen  Widersachern. 

Vielleicht  ist  diese  originelle  Deutung  des  Bibelwortes  in 
einer  Gelegenheitsrede  in  Babylonien  vorgetragen  worden,'-  jeden- 
falls haben  wir  hier  eine  Schilderung  vom  Kampfe  der  Geister. 
Wir  gehen  wohl  nicht  fehl,  wenn  wir  in  Rabas  Zitat  n'i?"D  nn?2n  Kn:;^ 
denselben  Sinn  finden,  wie  er  dem  ,Tnn  ri:!:ia  -\\v^  gegeben  wird. 

Von  Raba  selbst  sind  unzählige  Fragestellungen  im  baby- 
lonischen Talmud,  darunter  ganze  Gruppen  von  Fragen  (wie  Baba 

1  Das  Suchen  nach  Material  wird  in  der  babylonischen  Gemara  oft  mit 
nriTNi  pn  pa:  geschildert;  das  entspricht  der  svQfaig,  inventio  bei  der  Kunstrede. 

2  Sie  ist  nur  lose  dem  vorangehenden  allgemeinen  Ausspruch  des  R.  Jonathan 
(oder  R.  Jochanan)  über  das  Gebet  Moses  für  Juda  angefügt. 

3  Vor  ihm  gebraucht  R.  Huna  diese  Redewendung  Joma  22^ 

XVI 


Die  Kompoaition  der  Scheeltoth  des  R.  Achai.  453 

Kama  108^,  Baba  Mezia  56''),  denen  Lösungen  mit  r.'atr  Kn  gegen- 
überstehen. Manche  der  Fragen  werden  später  in  positiver  Form 
tradiert.  Unzählige  mTr'x  der  Amoräer  aller  Generationen,  die 
nicht  mit  einer  Lösung,  sondern  mit  ip^n  enden  (im  Traktat 
Nedarim  dafür:  ^rn)  sind  stehende  Übungsfragen,  an  deren 
Behandlung  sich  die  Gelehrten  und  Studierenden  erproben  sollten. 
Die  Entwicklung  der  rabbinischen  Rhetorik,  als  deren  Frucht 
wir  die  Sammlung  der  Scheeltoth  erkannt  haben,  läßt  sich  bis  ins 
2.  Jahrhundert  zurück  verfolgen  und  der  Einfluß  der  sophistischen 
Schulen  auf  die  Form  der  Lehrvorträge  läßt  sich  schon  bei 
Tannaiten  nachweisen.  Im  Lichte  dieses  literarhistorischen  Zu- 
sammenhanges aber,  den  zu  erkennen  die  kritische  Erforschung 
der  Scheeltoth  verhilft,  erscheinen  zahlreiche  Diskussionen  nament- 
lich in  der  bab3'-lonischen  Gemara  ganz  anders  als  man  sie  sonst 
gesehen  hat.  Wenn  z.  B.  (Nasir  39^)  die  Frage  gestellt  wird: 
„Wächst  das  Haar  au  der  Wurzel  oder  an  der  Spitze?"  und  zur 
Lösung  verschiedene  biologische  Wahrnehmungen  angeführt  werden, 
so  werden  wir  darin  nicht  eine  amoräische  Tüftelei,  sondern  eine 
aus  den  Rhetorenschulen  bekannte  Methode  der  Behandluncr  oroßer 
und   kleiner    Fragen    auf  halachisches   Gebiet    übertrafen    finden. 


XVII 


Spuren  karfiischeii  Einflusses  in  der  gaonäischen 

Halacha. 

Von  A.  Mariuorstein,  London. 

Die  besonderen  und  eigentümlichen  Schwierigkeiten,  denen 
wir  in  der  Geschichte  der  verschiedenen  Ketzereien  begegnen,  fehlen 
auch  in  der  Geschichte  der  jüdischen  Sekten  nicht.  Der  verdienst- 
volle Erforscher  der  Geschichte  der  Ketzer  in  der  mittelalterlichen 
Kirche,  Gh.  U.  Hahn  (Geschichte  der  Ketzer,  Bd.  I,  p.  6  ff.),  hat 
gewisse  Gesichtspunkte  festgelegt,  deren  Beachtung  sowohl  für 
das  frühere,  wie  auch  für  das  spätere  Sektenwesen  in  der  Ge- 
schichte des  Judentums  unseres  Erachtens  von  Wichtigkeit  ist. 
Erstens:  die  alten  Schriftsteller  gingen  gar  nicht  darauf  aus,  eine 
auf  genaue  und  unparteiische  Untersuchungen  gegründete  Geschichte 
der  Sekte  zu  geben,  sondern  erzählten  nur  entweder  beiläufig 
oder  mehr  in  Hinsicht  auf  das  Äußere  oder  befangen  in  eino-e- 
wurzelten  Vorurteilen  und  blindem  Haß.  Zweitens:  es  findet  eine 
unglaubliche  Verwirrung  in  der  Bezeichnung  der  verschiedenen 
ketzerischen  Parteien  statt,  und  eine  solche  Menge  von  Namen 
wird  angeführt,  daß  es  schwer  wird,  die  gleichzeitigen  zusammen- 
zuordnen und  bestimmte,  unbestrittene  Momente  anzugeben,  nach 
denen  die  einen  von  den  anderen  unterschieden  werden  können. 
Drittens  finden  wir,  daß  zur  Verdächtigung  der  Angeklagten  falsche 
Büchertitel  fabriziert  werden  oder  die  rechten  frühzeitig  geändert 
wurden.  Viertens  haben  wir  von  den  Beteiligten  selbst  entweder 
gar  keine  oder  nur  sehr  sparsame  literarische  Zeugnisse  erhalten, 
so  daß  das  Anhören  auch  des  anderen  Teiles  beinahe  unmöglich 
gemacht  wird.  Mit  Ausnahme  des  letzteren  Punktes  passen  diese 
Beobachtungen  auch  auf  die  Karäer,  deren  Schrifttum  allerdings 
teilweise  erhalten  geblieben  ist.  Daß  dem  so  ist,  im  Gegensätze  zu 
den  christlichen  Sekten,  hat  seinen  guten  geschichtlichen  Grund 
darin,  daß  die  Synagoge,  ungleich  der  Kirche,  sich  niemals  jener 


456  A.  Marmorstein. 

mächtigen  Überredungskunst  und  Überzeugungsmittel,  wie  hell- 
brennender Scheiterhaufen,  finsterer  Kerkerzellen  oder  grauen- 
hafter Folterqualen,  bediente.  Vielmehr  wird  die  Frage  aufgeworfen 
und  erörtert,  warum  denn  so  wenig  oder  gar  keine  Äußerungen 
der  Gaonim  vor  Saadja  aufzufinden  seien,  welche  die  Verderbtheit 
der  karäischen  Ketzerei  oder  die  Gefahren  dieser  Häresie  geißeln 
oder  zurückweisen.  Waren  die  verantwortlichen  Lehrer  des  Juden- 
tums wirklich  blind  beim  Anblicke  des  Treibens  der  ersten  Karäer? 
Weiss  (vtt?-im  in -in,  Bd.  IV,  p.  67)  meint,  die  Partei  der  Karäer 
wäre  in  sich  selbst  zerfallen  und  zu  gering  gewesen,  daß  sie  die 
Schulhäupter  zu  einer  Gegenaktion  veranlaßt  hätte.  Poznanski 
(JQR.  vol.  X,  p.  238)1  erörtert  dieselbe  Frage,  ohne  eine  Vermutung 
zu  äußern.  Demgegenüber  hören  wir  von  den  Karäern  selbst,  daß 
sie  von  den  Rabbaniten  arg  verfolgt  wurden.  Dieses  wird  nun 
bestritten.-  Ein  Fragment  der  Oxforder  Sammlung  scheint  es  zu 
bestätigen,  daß  die  Karäer  unter  muhammedanischer  Herrschaft 
frei  aufatmen  durften.  Wiewohl  der  ganze  Bericht  nur  dazu  dienen 
sollte,  das  Alter  der  karäischen  Sekte  in  die  Zeit  des  Tempels 
hinaufzurücken,  so  mag  darin  ein  Kern  der  Wahrheit  liegen,  daß 
die  Karäer  von  den  herrschenden  Moslemen  beschützt  wurden. ^ 
Hingegen  findet  sich  ein  Fragment  in  der  Genizah,  das  deutlich 
die  Hilfe  des  weltlichen  Armes  beweist.^  Ist  es  denkbar,  daß  die 
Gaonim  gar  nichts  unternommen  haben  sollten,  die  Gefahr,  die 
das  Judentum  bedrohte,  abzuwenden  oder  die  Gemeinden  zu 
warnen?  Poznanski  behauptet  ferner,  daß  sich  von  den  zwei  letzten 
Gaonim,  Scherira  und  Haj,  auch  nicht  eine  Zeile  gegen  die  Karäer 
vorfindet.^  Danach  dürften  wir  schließen,  daß  das  Karäertum  auf 
die  Rabbaniten  gar  keinen  Einfluß  ausgeübt  habe.  Welche  Be- 
wandtnis es  damit  hatte,  wird  sich  im  Laufe  unserer  Abhandlung 


>■  Vgl.  auch  Poziianski  in  Hastings  Encyclopedia  of  Religion  and  Ethics, 
vol.  Vil,  p.  G63:  In  Babylonia,  his  native  region,  however,  liis  (Anan's)  teacliing 
seems  to  have  evoked  lesfs  response,  and  this  explains  wiiy  the  official  re- 
presentatives  of  the  Jews  resident  there,  take  no  notice  of  karaism. 

2  Vgl.  JQR.  X,  p.  239;  Weiss,  Wim  imn  IV,  p.  107  und  p^nn  VI,  p.  70  ff. 

=  Ms.  Oxford  2276,  5:  r,D^r22i  ]v  moSa  'a'2  D'tsiri  nntr  psn  rn  ^\'ih^  nSnno  o 

no^o  -ir,2  anx  nriK  -[izh  m^'ji  hb'o  nmns  notr*^  i'xip^  nvon  jnry  on  '3  ^Nyoci  nio^r: 

:'ioie6  D'zniN  zrr,  hn';r:^> 

*  Siehe  Melanges  Hartwig  Derenbourg,  Paris  1909,  p.  97  ff.;  vgl.  weiter 
unten  p.  IV. 

5  Siehe  JQR.  X,  p.  274:-.  Nothing  Anti-Karaite,  as  far  as  I  know,  iound  in 
tlie  works  of  the  last  cclebrated  Geonim,  Sherira  and  Haj. 


Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gäonäischen  Halacha.  457 

ergeben.  Durch  die  mehr  und  mehr  zutage  tretenden  schriftlichen 
Überreste  karäischer  Geistestätigkeit  ersehen  wir,  daß  die  Karäer 
auf  halachischem  Gebiete  das  Meiste  den  Rabbaniten  entlehnt 
haben,  selbst  wo  sie  denselben  keine  Gefolgschaft  leisteten.  Jedoch, 
wir  können  in  den  gäonäischen  Responsen  Spuren  karäischen  Ein- 
flusses erkennen.  Natürlich  wurde  dieser  Einfluß  zurückgewiesen. 
Allerdings  war,  wie  wir  sehen  werden,  dieser  Einfluß  in  einigen 
Fällen  stärker  als  die  Autorität  der  Schulhäupter.  Wie  ungerecht 
es  ist,  im  Judentume  von  der  Herrschaft  der  Rabbiuon  zu  reden, 
zeigen  gerade  einige  der  aufzuzählenden  Fälle.  Dieser  Einfluß  des 
Karäertums  ist  auch  naturgemäß  gewesen.  Die  Ursachen,  die  im 
allgemeinen  zur  Entstehung  der  Ketzereien  geführt  haben,  wieder- 
holten sich  in  der  Geschichte  der  jüdischen  Sekten  und  in  der 
der  Karäer.  Die  Verderbtheit  der  Häupter  der  Kirche,  die  bessere 
Kenntnis  der  göttlichen  Worte,  die  Anlehnung  an  ältere  Häresien 
und  der  allgemeine  wissenschaftliche  und  politische  Zustand  sind 
die  leitenden  Motive,  sie  sind  es,  die  zur  Absonderung  von  der 
bestehenden  Religionsgemeinschaft  führen.  In  der  Synagoge  des 
8.  Jahrhunderts  war  es  gar  nicht  anders.  Die  Führer  der  Syna- 
goge, die  Gaonim  und  Exilarchen,  die  Rabbinen  und  die  Richter 
werden  als  gründlich  verderbt  hingestellt.  Mit  der  Waffe,  dem 
Schwerte  des  Gotteswortes  wird  das  talmudische  Judentum  be- 
kämpft und  die  praktische  Anwendung  des  Schriftwortes  durch 
die  Rabbinen  als  verfehlt  und  ungesetzlich  verdammt.  Auch  lehnt 
man  sich  an  die  alten  Sadducäer  an,  und  Träume  von  alten  nie 
dagewesenen  sadducäischen  Schriftwerken  spuken  in  den  Köpfen 
der  Karäer  herum.  Die  politischen  und  wissenschaftlichen  Ver- 
hältnisse dürften  der  Verbreitung  auch  nicht  ungünstig  gewesen 
sein.  Es  ist  daher  gar  nicht  zu  verwundern,  daß  rabbanitische 
Juden  den  strengeren  Anschauungen  der  Karäer  in  peinlichen 
Gewissensfragen  Folge  geleistet  haben  und  sich  daher  oft  an  die 
gäonäischen  Behörden  um  Aufklärung  wandten. 

In  einer  chronologischen  Zusammenstellung,  die  auf  Voll- 
ständigkeit keinen  Anspruch  erhebt,  geben  wir  zuerst  einige 
Responsa,  welche  direkt  oder  indirekt  auf  karäischen  Einfluß  hin- 
weisen. 

1.  Der  hochverehrte  Herr  Jubilar,  dem  dieser  bescheidene 
Aufsatz,  anläßlich  seines  70,  Wiegenfestes,  als  Dank  für  die  viel- 
fachen Belehrungen  und  Anregungen,  die  wir  seinen  wissenschaft- 
lichen Werken  und  Predigten  schulden,  gewidmet  ist,  hat  in  seiner 
Studie   über   das   Verhältnis   des   Maimonides   zu   den  Gaonim   auf 

III 


468  A.  Marmorstein. 

einen  Fall  hingewiesen,  wo  Maimuni  eine  Entscheidung  der  Gaonim 
als    einen    karäischen    Brauch    erkannte    und   verwarf.    Die    Stelle 

nK"'n  mD'K  'bn  II,  5 — 6  lautet:  •"'srxi  n^a"'  '7  natyv  rnjna^  möip;3n  napön  K^i^ntr  rrr 
minu>  -aö  Kin  mrta  k^k  ,3n2ö  n?  j^x  -a-^pD  ':  att^n  'in  inxi  ,-inK  ar  j«"?«  nnx-i  ah^ 
-IDT  mb^tr  D''3iK:n  ni^pab  niDwn  i^i'am  niüipia  niipön  KSiian^  m  pi . . ,  ."la  anb 
pK  /:  iina  x"?«  ai  nnx-i  ab^  ""'arxi  /a  in«  rapj  mbri  /ü  s^id  nr  nniDü  u^^a^'n  xb 
nab  a''pni:n  ft:i  ,möip!an  imKn  ma-ipss'  "rni  nmirnn  jm^a  s*in  mrta  x"?«  onjö  n? 
Min'^D  B"p:  ')  -nsantr  a^^rn  ''-qi'?  p'':nn'?i  p"?»  N''::in'?  ""la  jaiD*?  nijtai  -nr  im 

Die  Responsa,  auf  welche  Maimonides  sich  bezog,  sind  noch 
nicht  entdeckt  worden,  wie  Schwarz  ausführlich  darstellt,  jedenfalls 
aber  hat  Maimonides  solche  vor  sich  gehabt.  In  der  karäischen 
Halacha  findet  sich  das  Gesetz  bei  Anan  in  seinem  m:;)2n  'd,  wo  es 
heißt:  j;u-"ns-i  p'n  bai  K'üta.'a  :ii:"3  an  r^zp:*!  ncnnxm  nan  '^ar  r^v^z^z  r\nbv  s^a 
-:rtzp:-i  rcz^  -nan  n-^n-^  'js''  :"'?a  nn'rr  «"'öta  n  ■'axn  an  ai  nx/^tsa 

Spätere  Karäer  wissen  von  Differenzen  in  dieser  Frage  in 
ihrem  eigenen  Lager  zu  berichten.  Die  Erschwerung  dürfte  auf 
viele  Gemüter  unter  den  Rabbaniten  nachgewirkt  haben.^' 

2.  In  einer  Glosse  zu  Halachot  Gedolot,  ed.  Hildesheimer, 
p.  (309,  findet  sich  die  Stelle:  rar^  na  j'ncixc'  p'tzh  nzrz-n  jKaJ:.  Die 
Nichtenehe  war  einer  der  schärfsten  Streitpunkte  zwischen  Rabba- 
niten und  Karäern.  Die  Ansichten  der  Karäer  wurden  von 
Poznaiiski  zusammengestellt.^  Krauss^  weist  noch  auf  die  Praxis 
der  Samaritaner,  Falaschas,  Muhammedauer  und  Christen  hin.« 
Poznaiiski  und  Ginzberg'  sehen  in  der  rabbinischen  Praxis  eine 
Opposition  gegen  das  sadducäische  Verbot  der  Nichtenehe,  das 
angeblich  nach  der  sogenannten  Alten  Halacha  streng  beobachtet 
worden  ist.  Nun  hat  Büchler^  klar  bewiesen,  daß  gerade  diejenigen 
Autoritäten,  die  von  Geiger  als  die  Vertreter  der  alten  Halacha 
reklamiert  werden,  wie  R.  Eliezer  ben  Hyrkanos,  R.  Jose  der 
Galiläer   und    R.   Ismael,    die  Nichtenehe    nicht    nur    befürwortet, 


1  Siehe  Moses   ben  Maimon,   sein   Leben,   seine  Werke  und   sein   Einfluß, 
Bd.  I,  Leipzig  1908,  p.  353  f. 

2  Hai'kavy,  Zikhron  la-risonim  VIII,  p.  51. 

3  Vgl.  Kip^i  min  ins,  p,  31";  in^'?«  n-nx,  p.  130^ 

*  Siehe  Gedenkbuch  für  David  Kaufmann,  p.  173. 

5  In    seinem    Aufsatz:    Die   Ehe    zwischen   Onkel   und   Nichte.    Studies   in 
Jewish  Literature,  Berlin  1913,  p.  165  ff. 

6  Vgl.  auch  meine  Ausführungen  in  der  Theologisch  Tijdschrift  49,  p.  360: 
Juden  und  Judentum  in  der  Altercatio  Simonis  Judaei   ot  Theopliili  Christiani. 

'  MGWJ.  LV,  p.  692. 

8  JQK.  N.  S.  1913,  p.  437  ff. 

IV 


Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gaonäischen  Halacha.  459 

sondern  auch  zum  Teil  in  die  Praxis  umgesetzt  haben.  Es  ist 
daher  gar  nicht  bewiesen,  daß  das  Verbot  der  Nichtenehe  in  den 
sogenannten  Zadokite  Fragments  auf  eine  sadducäische  Verordnung 
des  1.  Jahrhunderts  zurückgehe;  vielmehr  dürfte  es  erst  von  den 
Karäern  eingeführt  worden  sein.  Daß  die  Karäer  unter  den  palästi- 
nensischen Juden  mit  diesem  Verbot  Schule  gemacht  haben,  wissen 
wir  aus  einem  Berichte  des  Sahl  ben  Mazliach,  der  uns  noch  später 
beschäftigen  wird.i  Das  Buch  der  Frommen  (on'Dn  'd)  hat  das  Verbot 
auch  einverleibt.2  Krauss^  meint  zwar:  „Aber  zu  sagen,  daß  ein  in 
der  Halakha  aufgehender  Mann,  wie  Jehuda  der  Fromme,  hierin 
unter  karäischem  Einfluß  stehe,  scheint  mir  doch  nicht  richtig." 
Warum  denn  nicht?  Man  vergleiche  doch  nur,  wie  der  Verfasser  des 
Buches  der  Frommen  die  Sache  behandelt  und  wie  es  Maimonides 
tut!  Die  Milde  dort  ist  ebenso  bezeichnend,  wie  der  Widerspruch 
hier.*  Es  ist  auch  wohlbekannt,  daß  um  diese  Zeit  die  Karäer  auch 
in  Frankreich  und  deutschen  Landen  verbreitet  waren. ^ 

3.  In  den  Responsen  Konstantinopel-Mantua  Nr.  206,  jetzt  auch 
ed.  Jerusalem,  p.  29,  befindet  sich  eine  Anfrage:  nn'?y  n^s  nba'cu?  m: 
K*?  IN  nb'ZD  n^r.  Hierauf  wird  entgegnet,  daß  ein  solches  Bad  rituell 
ungültig  sei.  Bereits  Mar  Jehudai  Gaon  suchte  aus  der  Schrift  den 
Beweis  zu  erbringen,  daß  die  m;  ein  rituelles  Reinigungsbad  nehmen 
muß.6  Wir  können  darin  auch  eine  der  antikaräischen  Verord- 
nungen Jehudais  sehen,  die  uns  beschäftigen  sollen.  Das  angeführte 
Responsum  wird  im  '^ru-xn,  ed.  Auerbach  I,  p.  119,  R.  Natronai 
Gaon  zugeschrieben.''  Nach  talmudischen  Entscheidungen  muß  selbst 

1  Siehe  Pinsker,  Likkute  Kadmonijjot,  p.  33. 

2  Ed.  Berlin,  p.  282. 

3  Studies,  p.  171. 

*  Vgl.  Safer  l.lasidim  p.  280  und  p.  VI  über  das  Betreten  der  karäischen 
Synagogen. 

^  Über  die  Karäer  in  Deutschland  siehe  A.  Epstein  in  Haeschkol  VII,  p.  221. 
Für  Frankreich  sei  auf  Bet  Josef  zu  Tur  Eben  Haezer  Nr.  4,  auf  Beraclija 
Ilanakdan  Ms.  Brit.  Mus.  Add.  22  092  und  Josef  Bechor  Schor  (siehe  MCIWJ. 
191;^,  729)  verwiesen. 

6  Siehe  weiter  Nr.  6, 

^  Es  ist  interessant,  die  zwei  Responsen  einander  gegenüberzustellen: 

n2-n-:i  nirm  N>n  n:T  pDo  m:  Sd  ^  nrn  |unc'      niprji  ,nipr:3  tow  ^jsr:  d'2  n^^s-j  nh  nhv; 

:  c"n  cvo  i:>NK'  mpfjo      n  ':r  2V2  ym  ]''>'[p  >h';i)  y-^o  nSa^i  c^Nroai 

'tnis'o  nnj  ^:3  i'tr^vi  .D"n  d',':2  nca  ;'mi 
shn  n\p::2  nS';u  znh  nhv;  p«i  ina^j  m^r  »poo 
:  131  mpr^2  z>r:^n  h:  i;'3c  ^^c*  c"n  c'o  risnx 


N>n 


460  A.  Marmorstein. 

eine  Blutfliissige,  ,121,  zum  Reinigungsbad  D'-^n  d'ü  haben;  dieser 
wurde  die  Menstruierende  gleichgestellt.  Die  karäische  Praxis  hat 
nur  die  nb'ntD  in  einer  Wanne  gestattet,  wie  wir  von  Qirqissani 
hören.  Es  ist  daher  kein  Wunder,  daß  schon  Jehudai,  Paltoj  und 
Natronai  diesem  Gegenstande  ihre  Aufmerksamkeit  zuwandten.^ 
4.  Wie  wir  soeben  angedeutet  haben,  hat  bereits  Mar  Jehudai 
Gaon  (760)  in  einer  Frage  gegen  die  Karäer  Stellung  genommen. 
Der  Fall  ist  jedoch  keineswegs  ein  vereinzelter.  Die  Frage,  ob  eine 
Menstruierende  beten  und  die  Synagoge  betreten  darf,  wurde  auch 
durch  die  karäische  Praxis  hervorgerufen.'-  Ähnliche  Fragen  wurden 
an  Natronai  ben  Hilai  (853),3  Zemach  (ben  Paltoj)  (872),^  Scherira 
(9GS)^  und  Plaj  (1038)6  gerichtet.  Alle  Gaonim,  mit  Ausnahme  des 
Gaons  Zemach,  erlauben  sowohl  zu  beten,  als  auch  die  Synagoge 
zu  betreten.  Allerdings  findet  sich  auch  in  der  Barajta  des  Trak- 
tates Nidda  dieses  Verbot  mehrfach  eingeschärft.^  Es  ist  aber  leicht 
nachweisbar,  daß   dieses   unter  dem  Einfluß   der  Karäer  geschah.^ 


'  Siehe  Harkavy  in  Graetz,  Geschichte  Bd.  V,  478,  siehe  auch  ZfHB.  IV,  18. 

2  Responsa,  ed.  Mussaiia,  Lyclt,  p.  17'.  Ms.  Adler  Nr.  1766,  p.  86,  cf.  Bubers 
Einleitung  zuui  Sefer  Haoreh  p.  53.  J.  Müller,  Einleitung  p.  69;  Epstein,  'D  H' "lOSO 
ni7n.;  niD^n  S.  A.  p    13.  Die  Frage  lautet:  hv^inh  in  "iSv'?o  ina  m:  nvop  p  iSnc  itn 

PD-  V2Z'  irDNi  .nD:2n  n^r? 

3  Siehe  nr.'rn  n;'c  Nr.  170  anonym:  in  nS^snOT  ]ur:n  n:i-\2  rDi^o  m:  anSNm 
nhhsnot  n^iar^  sriSn  in  r.'?in3  nosiN  nonr:  N'n  mitas;  im  12^2  ed.  Fürth  p.  11''  (Suppl.) 
wird  dieses  Responsum  Mar  Natronai  Gaon  zugeschrieben;  vgl.  Joel  Müller, 
nnst:,  p.  114. 

4  Siehe  m.iN,  ed.  ixp-^iiD  1834,  p.  121':  micN  nm:  'on  ^2  rno  N-in,-:  cnvrz 
l'inri  iS'ssT  ,m:»c*»  'nra  .'in::;  pi  .pN-i  noi*  21  cca  Nin  pi  ,n:i;^  'O'a  pi  ctt'n  riN  '\-'2tnh 
iirNi  N'yi'fD  N^i  ;n"in*j  »o^  nx'??:  1';  h"r\  ]'>X2  nmioü'  vi'^  nnnj  ^r^^i  nSn  >h  pNi  ;nD32^ 

»  Vgl.  nricn  nyü'  Nr.  169:  n:;."!!:  N^ni  nrN^ro  ^2  ncn*  m^n'^i  n'23  K'oncn'?  ^:n 
Nr;7y:i  nnnta  ^23  .iinaSi  SSsnn'?! .  . ,  h22.  Vgl.  die  Responsa  des  R.  Simon  ben  Zemach 
Daran  I,  46,  Joseph  Caro  zu  Tur  Jore  Dea  §  187  und  myoi  mro  '3iN,i  mmcn  Nr.  44. 

«  Siehe  Sirtt'Nn,  ed.  Auerbach  p.  3,  ed.  Albeck  p.  6,  Ginzberg,  Geonica  II, 
p.  4:  nh''j2  n.'ii  uns'?'?!  SSsr.nS  2"T^2h  r\2hh  mmo  ri-i:i:*  bic-'ip  xn^'ncrs  '?33  in^tt'i. 

^  Siehe  Horowitz,  Gh.  M.,  Nnp'ny  Nnsjoin  V,  3:  ->';  r\:::2n  r\'>2h  ci2nh  ;niDNi 
ÜV32  cri'j'y  iS'iLS'B*.  Weder  der  erste  noch  der  letzte  der  erwähnten  Gaonim  hat 
diese  Quelle  berücksichtigt.  Die  Fragesteller  hätten  sich  auch  auf  dieselbe  be- 
zogen, wenn  ihnen  diese  als  palästinensische  Quelle  bekannt  gewesen  wäre.  Es 
scheint,  daß  die  Barajta,  obwohl  rabbinische  Sätze  zitiert  oder  fabriziert  werden, 
doch  nicht  echt  rabbinisch  ist.  Vgl.  Redewendungen  wie  n'Ni  -\h  t:*'  '31  it^'^n  "i  S'n 
n:ti'r3n  |D  nSn  (p.  6),  auch  p.  11  und  an  anderen  Stellen  ist  ^n  n'sdä' n'Nl  "iS  px 'n 
inan  in  dem  Sinne  n:t:'r:n  "2  nSn  zu  ergänzen.  Auf  diese  Stelle  der  Barajta  wird 
in  ':vi'r3  mn.in  in  n'jsn  'hn  4,  5  verwiesen  in  einem  Zitat  aus  n'';N"i:  1212  'n^Ni  ]zi 

Dihc  NnDDini  nj'Ni  Nnn2  ptrS  c';in.'5.- 

8  Ich  gebe  das  an  anderer  Stelle. 

VI 


Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gaonäischen  Ilalaclia.  461 

Es  ist  leicht  denkbar,  daß  die  Kartier  den  Vers  Lev.  12,  4  wörtlich 
verstanden  haben.' 

Diese  Sitte  ist  auch  volkskundlich  recht  interessant.  In  den 
griechischen  Reinheitsvorschriften  tritt  das  Verbot,  wie  Wächter 
schreibt^  fast  nie  oder  nur  vereinzelt  auf.  Epigraphische  Denk- 
mäler zeugen  jedoch  dafür,  daß  Menstruierenden  das  Betreten  des 
Heiligtums  sieben  Tage  lang  verboten  war.^  Die  Didascalia  schimpft 
auf  Judenchristen;  die  während  der  Menses  die  Kirche  nicht  be- 
treten.^ R.  Kaindl,  der  die  ruthenischen  Hochzeitsbräuche  in  der 
Bukowina  schildert,  schreibt  von  den  Huzulen:  Schließlich  halten 
sich  die  huzulischen  Weiber  auch  während  der  ^lenses  für  unrein 
und  glauben,  während  dieser  Zeit  nicht  in  die  Kirche  gehen  zu 
dürfen.-^  Diese  Sitte  hat  trotz  der  offiziellen  Opposition  sowohl 
seitens  der  Kirche  als  auch  seitens  der  Synagoge,  Anhänger  ge- 
funden. Hier  ist  es  allerdings  fraglich,  ob  eine  ältere  palästinen- 
sische Sitte  oder  eine  ältere  Ketzerei  mitgewirkt  hat. 

5.  Auch  das  Responsum  über  die  Wichtigkeit  der  Tefillin, 
das  Jehudai  angehört,"  ist,  wie  bereits  Ginzberg  erkannt  hat,'  gegen 
die  Karäer  gerichtet.  Alle  Karäer  erklären  dieses  Gebot  allegorisch.*^ 
Die  Tatsache,  daß  Jehudai  sich  genötigt  sah,  die  Wichtigkeit  des 
Tefillingesetzes  einzuschärfen,  beweist,  daß  bereits  um  760  die 
gegnerische  Anschauung  einen  Einfluß  ausgeübt  hat.  Noch  um 
1350  polemisiert  Joseph  Bechor  Schor  gegen  eine  allegorische 
Deutung  dieses  Gesetzes.  Er  sagt:  -]rn-  bv  cmnD  'zfi'v  i-^a  nie  'U'-sam 
2*?  "cir  üb)  n:ibr\^  abv  nnin:  d'jb  cx-iai  a'z'zz'rz)  a^rits  rTiriai  pb'Ens  imü  irxi 
^ :  nm  ba  'pn  -iias'c  r^nb 

1  So  Nissi  ben  Noach  im  isi:;,-!  h',:t:'H  Nr.  LlT.  Vgl.  (Iraetz,  Geschichte  V^, 
p.  443  f.:  Nicht  bloß  schließen  sie  Mensiruierende  und  Wöchnerinnen  von  der 
Berührung,  sondern  aucli  ....  vom  Besuche  der  Bethiiuser  aus. 

2  Siehe  Wächter,    Die   Heinheitsvorfchriften   im   griechischen   Kult,   p.  36. 

3  Siehe  Miller,  Rev.  Arch.  1883,  II,  p.  181  f.;  Ad.  Wilhelm,  Arch.-ep. 
Mitteilungen  XX,  1897,  p.  83  f. ;  Wächter  1.  c.  p.  3(5. 

*  Siehe  Achelis  und  Fleming,  Die  Didascalia,  p.  144  in  llarnack  und  Geb- 
hardts  Texte  und  Untersuchungen,  Vol.  XXV. 

5  Siehe  Zeitschrift  des  Vereins  für  Volkskunde  (Berlin)  XI,  p.  286. 

0  Siehe  n^icn  nytr  Nr.  153,  n^n  mmx  p.  7". 

■  Siehe  Geonica  I,  p.  111,  N.  1;  vgl.  dagegen  Poznai'iski  in  Studies  in 
Jewisli  Literature  (Kohler-Festschrifi),  Berlin  1913,  p.  250,  N.  2,  jedoch  mit  Un- 
recht. Man  vergleiche  die  Form  und  den  Inhalt  dieses  Responsum^  mit  dem  in 
N.  6  angeführten,  so  wird  man  zur  Überzeugung  gelangen  müssen,  daß  wir  auch 
hier  eine  antikaräische  Epistel  vor  uns  haben. 

•'  Vgl  besonders  in^o  PZxod.  p.  20"  und  Deut.  Cr  und  Poznaijski  1.  c.  p.  249  f. 

9  Siehe  MGWJ.  1913,  p.  729. 

VII 


4G2  A,  Marmorstein. 

6.  In  gleicher  Form  wie  der  über  die  Tefillin  ist  der  Beweis 
über  die  Verbindlichkeit  des  Reinigungsbades  einer  Nidda  ausge- 
führt, der  ebenfalls  Jehudai  angehört.^  Die  Ausführung  und  Ent- 
scheidung, daß  die  Unterlassung  strafbar  sei,  was  doch  dem  strikten 
talmudischen  Standpunkt  nicht  entspricht,  zeugt  für  die  anti- 
karäische  Tendenz.^ 

7.  Hier  wollen  wir  einen  Brief,  geschrieben  von  einem  Schüler 
des  nzüi,  der  selbst  ein  Schüler  des  Mar  Jehudai  gewesen  ist, 
anreihen.  Der  Brief,  der  zuerst  von  Harkavy  veröffentlicht  worden 
ist,''  zeigt  uns,  daß  die  Bekämpfung  des  Karäertums  auch  von  den 
Schülern  des  großen  Meisters  als  heilige  Pflicht  anerkannt  uud 
auch  geübt  wurde.  Der  Brief  enthält  einige  scharfe  Äußerungen 
über  jene,  die  das  mündliche  Gesetz  verwarfen.  Wir  führen  nur 
einige  Stellen  an:  n-mb  njin  onn^n"?!  Q'fi^znh  D^ujpa  irx  Dnxr  J^i^i,  ferner: 
'D  vib^  Tin  psi  nnnD  b^z-  nxi^n  i^iar  nx  bz:f^'i;  Tin  a.ba  br:  j^x  o-^i^rn  in'ai 
BT3t'n  "1231  anrnty  nniii  nabu?  und  schließlich:  snrntt'  nmn -i>ab  msc  jism 
irsc  arc  mo  ns^  ncs'  xm  nn^nir  min  b^v  ntrn's  sinu>  s'T^r  nnin  iiab  id'xi 

ta^b^  pü 
Man  vergleiche  doch  nur  den  Midrasch  Tanchuma,  der,  wie 
bereits  Zunz  gesehen  hat  und  wir  unten  noch  ausführlich  zeigen 
werden,  die  feindselige  Haltung  der  Karäer  gegen  die  mündliche 
Lehre  bekämpft,  z.  B.  Seder  ro,  ed.  Frankfurt  a.  O.:  ^b^  bz'  '.ü'c  inrn^ 
m;i2:i  isjnn  sn32  mmn  nx  ^:b  ]m  moiK  D^r^ra  bxnuj'a  '^r^z'^  T]"'2pn  a^zbtr^  's'pü 
bi'K  s"r3ty  mm  s^^ian  sbr  .  .  .  '?K-,E?'b  nrns  nb:^  s>"vz\:;  m'.ra  DVii'nsi  m;i!2m 
:,T'?y  lüsi-y  n'!2ütt?  ^a  aba  n-n  nbir^  nbnjT  mnai  msn  Dbirn  2:ir  typn^u?  ^ü 
Man  darf  hierin  vielleicht  einen  persönlichen  Angriff  gegen 
Anan  erblicken,  dem  seine  Gegner  Streben  nach  Amt  und  Würden 
zum  Vorwurf  machten.  Wenn  auch  nicht  identisch,  so  doch  jeden- 
falls ähnlich  ist  der  Gedankengang  des  Briefes,  von  dem  hier 
die  Rede  ist:  biiz  -ircji'.'aT  pjasniai  p7nn)2  p  dx  aba  b-wc  n-.-n  niab  dix  ['xu^ 

Die  Stelle  im  Tanchuma  ist  eine  Apologie  der  mündlichen 
Lehre  und  der  gaonäischen  Behörde  in  Babylon,  wobei  älteres 
Material    für   zeitgenössische  Verhältnisse   umgearbeitet    worden.'* 


1  Siehe  ^oc'xn,  ed.  Auerbach  I,  p.  119. 

2  Siehe  Responsen,  ed.  Mussafia,  Lyck,  Nr.  46. 

3  j-un  IV,  71;  vgl.  jetzt  auch  Schechter  in  der  Festschrift  zum  70.  Geburts- 
tage David  Iloffmanns,  Berlin  1914,  H.  A.  p.  262. 

*  Vgl.  Tanchuma  ibid.  p.  10"  f.:  ;v,in  rn>r  hn-)ü'h  nu't:"  >ntr  n"2pn  yap  ir'EJ^i 
. . .  njttu  n\'0i?3  'DK-  p:<2pnoT  nh>h)  cor  nnna,  p.  10'' :  nor  nSt  ':ti'  ixt  nh  ni^'t:"  '3  jmxi 
hhv  K^i.    In  einem  Geniza-Fragment  im  Brit.-Mus.  Nr.  5554,  A,  findet  sich  eine 

VIII 


Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gaonäischen  Halacha.  463 

8.  Auch  Moses  Gaon  (832)  hat  geo^en  die  karäisehe  Sitte,  die 
Schallfäden  während  des  Sch'malesens  in  den  Händen  festzuhalten, 
geschrieben,  allerdings  ist  eine  Kopie  dieses  Briefes  nicht  erhalten 
geblieben.^ 

9.  Sar  Schalom  (849)  wurde  in  einem  Falle  befragt,  der  karäi- 
schem  Einfluß  seine  Entstehung  verdankt.  Es  handelt  sich  um  die 
Frage,  ob  die  Kleider  einer  m:  verunreinigen  oder  nicht.- 

10.  Natronai  ben  Hilai  (859)  spricht  über  das  karäisehe  Ritual 
für  den  Pessachabeud,  das  auch  in  rabbanitischen  Kreisen  Anhänger 
gefunden  hat:  ]':2  mtt>-na  xbi  ü"p'D2  dk  -'S  m:n2  nia:K  \'n^  nctn  -.icr  ;rii:n 

2:-n;:'?m  n:ra  nan  r\T)z^  hi  ^y^i^n  n^nr  nsc,  K'.n  a"?  p^btr,  N'n 
Tatsächlich    ist    die  Haggada    der  Karäer  aus  verschiedenen 
Bibelstellen  zusammengefügt,    offenbar  dem  rabbanitischeu  Ritual 
nachgeahmt.^ 

11.  Noch  ein  anderes  Responsum  des  Natronai  ist  gegen 
einen  karäischen  Brauch  gerichtet,  gegen  den  schon  Kloses  Gaon 
(siehe  oben  Nr.  8)  sich  geäußert  hat.  Wir  lesen  nämlich:  -las*  -rm 
ah  n-  •)zi  *üb  ix  vnri"i'  rnix  ^T.ab  ^n::  vp  qiü  Kip'cn  □n'^Km  jik;  'srr.'j::  2"i 

•ri'zb  Hzh  y:^  annnri'?  r-Ji^^'a  nnra  «"rs*  -n^n  jims  nab  jk^ä  -ynah  D.T'br  "iim 
'^:nz"j'  ab^i;  imx  TDcn"?!  na'?'?  -[n::  p  ,T*rirn  -p'r'n  ;nn70  cipö  •?!'  it  rrDn"? 

interessante  Stelle,  auf  die  wir  hier  hinweisen  wollen:  (Cant.  8,  14)  D'^ic'r  ^')n  h"; 

1  Siehe  weiter  unten  p.  X. 

2  Siehe  p^s  ni'B«  4.  4.  23:  mnta  n^  pt<r  minn  nwait:  pNOu  ^rnc  nrn  ]tm  m:  »^3 
c»">;|-n::i  ns'  nnvn  ex  m  cr.'Sy  px  pa  m  cn'V;  c  pa  jc^iSS  ims  ms  nsxa  sSx  n'nhyj 
"rrn  'inr  cna  px  r\i<:2r^  -.id'x  ^ax  p^^*;  [cd^^  imr:  c'r:  pii  ctr-ax  j'2  cn  c>i2S  ex  n^^i* 
nrjnx  ms  xanr  nv  mn-j  cnS  pxi  mx  n^'y^i  nnap^i  nr:  hnn^i  n::2  pxa::;  vgl.  auch  das 
Responsum  des  Gaon  Scherira  in  aiV'Si  mro  »aix.'s  nuitt'n  Nr.  44. 

3  Siehe  px.";  nirz);  'i  no  p.  38".  Steinschneider,  Polem.  und  apologet.  Literatur, 
p.  343;  Weiss,  vtrnm  in  in  IV,  p.  51. 

*  Siehe  H.  B.  XIX,  p.  2. 

5  Siehe  zr;:!^  mtr:  'jixj!  nnirn  Nr.  38,  nrirn  n;«»»  Nr.  88  (zu  ergänzen  nach 
c"n  nimx  p.  3''),  12^3  §  22.  Hier  heißt  es:  xinr2  n'2  ni'i''S2  ?mx.-i  h"t  px.'!  »x:itj:  21  idk 
n;-c'2  vnv^i^'jz  ;:i2,':c*  inxrs  '21  iiy  ■ix'2i  px.'!  ntt'o  2n  2n2  J2i  x'n  xnn\T  ;v:t:'  nx  K•)^p 
vSsn  n>2  nnx^  v-::  yn  amrpiS  i'\vtt'2  nnv^i  xSx  mn  pmx  no^  p  ■^nx'7  an't»;'  Ti'21  inc'-jv 
no^^  7Ti  p  ntt'iyn  12^'n  ;intno  S:,«  it  n^anS  X2^  ini«  cn2n2iS  'j\vv2  122  nci  rnx»  n"xi 
h"y;  p  nc">"  x^tt*  n''2BTi'?i.  roznauski  will  daraus,  ühv;n  I,  p.  718,  den  Schluß 
ziehen,  daß  der  Gebrauch  der  Zizitli  in  nachtalniudischer  Zeit  selbst  bei  Ge- 
lehrten nicht  üblich  gewesen  sei,  was  ganz  unrichtig  ist,  denn  im  Responsum 
handelt  es  sich  lediglicli  darum,  ob  man  während  des  Sch'malesens  die  Zizith 
in  der  Hand  festhalten  muß  oder  nicht.  Aus  einem  Responsum  des  Elieser  ben 
Nathan   (pxi)  Nr.  40,   ed.  Prag   p.  IG',    ist    allerdings    ersichtlich,    daß    man    in 

IX 


464  A.  Marmorstein. 

David  Abudraham  gibt  eine  verschiedene  Version:  rnrr^n  :m«n 
D^^na  imx  nirin  12  n^in,^  a-ixn  j'xz'  n^n  "^rr  x'n  xnmn^  tr"p  XTip  «mtr^a  n'n 

{x-ni-a  "nn^^  sin  ims  D'nr  crs  drn  bri  ni-rcn  m.-sn 

Es  ist  zweifellos,  daß  die  Gaonim  Moses  und  Natronai  hier 
gegen  die  wörtliche  Erfüllung  des  Gebotes  nach  Auffassung  der 
Karäer  eiferten.'  Wir  können  für  den  karäischen  Usus  allerdings 
nur  Aron  ben  Joseph:  cnrna  n'^snn  nra  n^ban  ü'Z'^^b  nvnb  banv'  b^  ^:r\:^ 
D"s  i^Miib  :Din  imx  on-sm . . .  pw^  inrnn  ims  s^tsyn^iy  'isn  rrn  jis:  nnn  D^'^bcnfa 
2r"D  .iKnn  ^ov  iJ'2-i  n!as  pi  n^'bn  ab^  nra  in-m':'  und  Aaron  ben  Elia  an- 
führen: 3r,is  cn-K-n  ncssaia  ntr'rbn  nrn  misn"?  rmrn  n^-m. 

Allerdings  scheint  auch  hier,  wie  oben  Nr.  4,  eine  palästi- 
nensische Sitte  auf  selten  der  Karäer  zu  sein."*  Jedenfalls  hat  sich 
der  karäische  Brauch  trotz  des  Widerspruches  der  Gaonim  ein- 
gebürgert Eines  der  vielen  Schulbeispiele  für  die  Herrschaft  der 
Rabbinen! 

12.  Saadjas  Polemik  gegen  die  Karäer  ist  so  oft  besprochen 
worden,  daß  wir  hier  dieselbe  übergehen  dürfen.'  Wir  haben  ge- 
sehen, daß  eine  Polemik  gegen  die  Karäer  in  vorsaadjanischer 
Zeit  existiert  hat.  Die  oben  angeführten  Beispiele  könnten  noch 
vermehrt  werden.*^  Aber  auch  von  den  Gaonim  nach  Saadja  haben 
sich  antikaräische  Responsen  erhalten.''  Weiss  sieht  in  dem  Briefo 
Scheriras  (nn;:  m-^n  p.  1%  pi::  '^rc  1^,  auch  sonst  in  nx)  einen  Angriff 


Deutschland  im  12.  Jahrhundert  dieses  Gebot  nicht  beobachtete  (n>i'X  IM  mmn  mi'rs 

1  Siehe  Tur  Orach  Cliajjim  iffV  n'2  §  24;  ß'"2n  n"iC'  Nr.  486;  Azulai  Oii 
cici<  p.  15''. 

2  in2r:n  Num.  p.  15" \ 

3  in'*?«  mix  p.  106'. 

4  Über  den  Einfluß  der  Differenzen  zwischen  Palästina  und  Babylon  auf 
die  karäische  Halaclia  siehe  BrüUs  Jahrbücher  IV,  p.  109  und  Neumann  E.  in 
der  Bloch-Festschrift  p    166. 

5  JQR.  X,  270  ff.;  ZfHB.  IV,  18  f. 

0  Siehe  '-;^'\  mtr:  >;ix.i  mniBTi  Nr.  83.  R.  Zamach  Gaon  (nach  Codex  Parma 
allerdings  R.  Scherira)  schreibt:  'in  v;t3  n:03r,i  min  >hv2  pai  snSv;  sin  p  i:nr3n  NDVO 
nn  xa'Si  jiaS  Ni^ott-  «^  ;xnSv:  xnna  v;q  nS  N^m  -pNn  'r:;'2r  c'ristsi  ama  xn^r-^  xnn 
Nin  nn  d"1'  'nni  n:iin  jv^inn  aiu  ni'S  nm  nsti'S  nn  'oinn  und  schließt:  N'nnD  mn  xSi 
;r:rn  Sxntr'S  (P)  K^nun  nxmn.  Die  Karäer  machten  wohl  einen  Unterschied  zwischen 
r\2V  und  c'iv  Auch  die  Worte  i2  c  myri  iim  Nin  'n>3  -.3  ri2V2  ^nx  i;'XK'  ^3  loS'm 
Ssntr'  ^npo  icnsn'^  tixi  im  c^nyn  'd  p.  25  scheint  gaonäischen  Quellen  entnommen 
zu  sein,  vgl.  anyoi  nnta  'jikj  'iti'n  Nr.  C3.  Nach  Harkavy  hat  auch  der  Gaon  Hai 
ben  David  (937)  die  Karäer  bekämpft,  siehe  sein  Leben  und  Werke  Saadyas 
Gaon,  Berlin  1891,  p.  108  (n"p),  Anm.  2. 

V  Siehe  Poznauski,  JQR.  X,  274. 

X 


Spuren  karäisclien  Einflusses  in  der  gaonäiselien  Halacha.  465 

gegen  die  Karäer.i  Das  wird  wohl  kaum  der  Fall  sein.  Wie  es  scheint, 
ist  daselbst  nicht  von  antitalmudischen,  sondern  antigaoiiäischen 
Juden  die  Rede.  Hingegen  ist  Weiss  im  Rechte,  wenn  er  in  dem 
Responsum  Nr.  44  der  Sammlung  r-y,^i  n-:?a  ':is'j  n'2:rn  antikaräische 
Tendenz  vermutet.^  Es  ist  dieselbe  Frage,  die  wir  oben  bei  Jehudai 
und  Sar  Schalem  erwähnt  haben.  Nämlich,  ob  eine  Menstruierende 
während  der  Menses  die  Sj^nagoge  betreten  darf  und  auch  ob  ihre 
Kleider  unrein  sind.  Scherira  macht  der  erschwerenden  Richtung 
Konzessionen.  Daß  es  sich  hier  um  karäischen  Einfluß  handelt,  ist 
aus  dem  ^Vortlaute  der  Frage  ersichtlich,  wie  z.B.:  frabmüpr  ^y 
ancK  ab  CJ^in  rrsr  ^bb:^  a^-a-i  nvbv^ .  .  .  -12-a  i:jn:,'2  rrrcb  ",rp2i  mn  \k.::2 
Dv>pj2  "rrK  -.'cab  rc  nvirr'?  an  riTsr  bnn  ^n^b  d'K'sssu^i  D-ir-!'i'  aba  r^ifirc  crö 

Auch  aus  der  Antwort  geht  hervor,  daß  hier  fremder  Ein- 
fluß mitgewirkt  hat,  der  einerseits  erleichternd,  anderseits  er- 
schwerend wirken  sollte. 

13.  Auch  von  dem  letzten  der  Gaonim,  R.  Hai,  haben  sich 
Responsen  erhalten,  die  Spuren  karäischen  Einflusses  zeigen.  Die 
Frage,  ob  ein  Reinigungsbad  i's'sc'  cü-  für  die  Nidda  genügend  sei,^ 
verdankt  karäischer  Propaganda  ihre  Entstehung.  Wir  wissen,  daß 
Anan  nur  ein  Wannenbad  gestattete.  ^  Die  Karäer  behaupteten,  die 
Menstruierende  bedürfe  gar  nicht  eines  Bades,  denn  unter  nrn-i 
versteht  man  das  Begießen  einer  Person  mit  Wasser.  Nur  wo  die 
Schrift  ausdrücklich  r^b'z'o  fordert,  muß  man  sich  untertauchen, 
wobei,  wie  Poznaüski  ausführt,  unter  D-'nca  süßes,  d.  h.  zum  Trinken 
taugliches  Wasser  gemeint  sei,  aber  nicht  ein  aus  der  Quelle 
fließendes.5  Welche  Dimensionen  der  karäische  Brauch,  7.  B.  in 
Ägypten,  angenommen  hat,  ist  besonders  aus  den  Verordnungen 
des  Maimonides  zu  ersehen.^ 

14.  Im  ü'nrn  'd  des  Jehuda  Albarceloni^  und  im  '*'7":rxn  wird 
eine  Anfrage    an  Hai   gerichtet,    die    nach  snm  s":n  Nr.  16    schon 


1  TS-im  -in  nn  IV,  p.  174.  Vgl.  über  dieses  Responsum  Rapoport,  ;"'nr:  XI,  84; 
Luzzato,  nwn  n'z  65  f.;  Harkavy,  Stud.  und  Mitteil.  IV,  S.  X— XVI;  Joel  Müller, 
Einleitung,  p.  182,  Anm.  18;   Kaminka  in  Jüd.  Literaturblatt  1892,  p.  22  ff. 

-  Siehe  oben  in  Nr.  4  Anm.  2. 

3  Siehe  n;irn  nytr  Nr.  5. 

'  Siehe  oben  S.  VI,  Anm.  1. 

5  ZfHB.  IV,  p.   18. 

6  Siehe  pip  Nr.  149  und  MGWJ.  1909,  p.  481 ;  Neumann,  HB'O  1^  hivn  '0 
•^M^a,  p.  164  ff.  (Budapest  1905). 

■  p.  275,  Nr.   1»5. 
•*  ed.  Auerbach  II,  p.  1. 
Festschrift.  30 

XI 


4G6  A.  Marmorstein. 

Paltoj  beschäftigte/  warum  man  an  Sabbaten  nicht  den  auf  Sabbat 
bezüglichen  Opferabschnitt  aus  der  Schrift  voiiiest.  Der  ganze  Ton, 
den  Hai  anschlägt,  ist  unseres  Erachtens  ein  Beweis  dafür,  daß  die 
Fragesteller  von  den  Karäern,  die  ausführlichere  Sabbatlektionen  am 
Sabbat  und  die  Lektüre  der  Schöpfungsgeschichte  an  Wochentagen 
hatten,  beeinflußt  waren.  Die  Antwort  des  Gaons  lautet:  ix.in  "r^sn 
"133  D'5i!anp  iDpnc  nsi  onnDpia  cns'  d;  3T,t,  ,n3^3  5-|D1)2  n"C3  n3C'3  r""p  s'"?  r\f2h 
TO*?  -la«''  nn  u?np)33  .Tnu?  las  mis-in  n-itr^  nvnp  13:1'  nsi'?  r.rjx''  i*?«  n3-in  i''"ik'' 
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D'''?nj  nm«  i5pntt?  D''3ip'^3  jn^nn'?  irbr  -Tiann  nc?-is3  ^tt'';2n3:  ■';ir3  ib'sx  i«  n"D3 

:m;^^  iDb  j^xi  }"'2i:23i  nD3n3  unniTia 

15.  Natürlich  fehlt  nicht  das  Perpetuum  mobile  der  karäi- 
schen  Polemik  gegen  die  rabbanitische  Auffassung  über  das 
Kalenderwesen  in  einem  Responsum,  das  des  öfteren  behandelt 
worden  ist.^ 

Wir  dürfen  nach  dem  Gesagten  ruhig  behaupten,  daß  die 
Gaonim  von  Jehudai  bis  Hai  Gelegenheit  hatten,  der  karäischen 
Ketzerei  ihre  Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Die  Gebiete,  auf  denen 
sich  der  Einfluß  geltend  machte,  waren  mannigfach:  das  Gebet, 
die  Schaufäden,  die  Tefillin,  die  Ehegesetze,  die  Reinheitsvor- 
schriften, das  Kalenderwesen  und  schließlich  die  Theorie  der 
mündlichen  Lehre.  Damit  ist  die  Liste  sowohl  der  Gegenstände, 
wie  der  Gaonim,  die  den  karäischen  Standpunkt  bekämpft 
haben,  noch  keineswegs  erschöpft.  So  muß  auch  auf  Meschullam 
ben  Kalonymos  verwiesen  werden,  der  das  Sabbatgesetz  der  Karäer 
gebührend  zurückgewiesen  hat.'^  Unsere  Aufgabe  ist  jedoch,  den 
karäischen  Einfluß  in  den  Responsen  und  Schriften  der  Gaonim 
nachzuweisen. 

Wie  ungerecht  der  Vorwurf  gegen  die  Schulhäupter  ist,  daß 
sie  ihre  Pflicht  beim  Anstürme  der  karäischen  Gefahr  nicht  er- 
füllten, ist  aus  dem  Tanchuma  zu  ersehen.  Es  wurden  verschiedene 
Untersuchungen  angestellt,  die  Spuren  karäischen  Einflusses  und 
eine  Gegenaktion  zur  Bekämpfung  desselben  in  den  Schriften  der 
gaonäischen   Periode  finden  wollten.''  Wir  haben  bereits  auf  den 


D'piD£5  ^:B'  tiDlO  ]:i'^p^',  ct.  Joel  Müller,  Einleitung,  p.  87,  Nr.  4. 

2  Siehe  Responsen,  ed.  Lyck  Nr.  1;  JQR.  X,  p.  257. 

3  Rapoport,  Biographie  des  Nathan  ben  Jechiel  Note  30;  Mi'iUer,  Responsen 
des  Meschullam  ben  Kalonymos,  p.  8;  Epstein,  REJ.  27,  84  f. 

^  So  Oppenheim  im  Tanna  Debe  Elijah,  siehe  Bct  Talmud,  Vol.  I,  p.  2G5; 
M.  Friedmann,  Seder  Elijahu  Rabba  und  Zuta,  Einleitung,  p.  95  ff.  Über  NtJ*nn  tt-no 

XII 


Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gaonäischen  Halacha.  467 

Midrasch  Tanchuma  hingewiesen/  der  eine  auffallende  Ähnlichkeit 
mit  dem  Briefe  von  Rabahs  Schülern  zeigt.  Dabei  ist  noch  be- 
sonders zu  beachten,  daß  Tanchuma  meistens  Predigten  volks- 
tümlichen Charakters  enthält,  die  also  für  die  Menge  und  Nicht- 
gelehrte bestimmt  waren.  Die  Waffen  wurden  aus  alten  Magazinen 
der  Homiletik  hervorgeholt;  sie  haben  an  Schärfe  trotz  der  Jahr- 
hunderte nichts  eingebüßt.  Wir  zitieren  nur  zwei  Stellen. 

1.  Gegen  das  Verbot,  am  Sabbat  Licht  zu  benützen:  -i:n  t^phir^ 
mv  p«i:>  jjir  ni  px  i^nn  z'ch  nt:xn  Ci<i  natr  n:  np'^nn  ii  ::^v  n-^z'h  nx-ipi  -naT 

2,  Die  Einschärfung  der  dreimaligen  Gebetszeit,  während 
einige    der   Karäer    eine    siebenmalige    Gebetsübung    verlangten: 

^tmX'M  Mn:;22i  r'pnn 

Selbst  die  Karäer,  die  eine  dreimalige  Gebetsordnung  ange- 
nommen hatten,  wie  Daniel  Alkumissi,  haben  andere  Gebetszeiten, 
wie  wir  aus  seinem  Psalmeukommentare  erfahren.^ 

Wir  besitzen  jedoch  auch  positive  Beweise  dafür,  daß  die 
karäische  Praxis  uuter  den  Rabbaniten  Schule  gemacht  hat.  Abge- 
sehen von  denen,  die  ganz  in  das  feindliche  Lager  übergegangen 
sind,''  gab  es  nach  Sahl  ben  Mazliach*'  Rabbaniten  in  Jerusalem 
und  Ramleh,^   die  wichtige  Lehrsätze  der  Karäer  befolgt  haben. 


siehe  r\h)l.in  r\ü:3  IV,  168.    Über  die  nin^'XB'  siehe  Cli.  Tschernowitz  in  nr^'n  25 
(1911),  p.  538;  cf.  Poznauslti.  JQR.  III,  p.  422. 

1  Siehe  oben  p.  VIII. 

2  Siehe  Zunz,  GV.,  p,  236;  Bubers  hebräische  Übersetzung,  p.  210,  Anm.  51. 

3  p.  32". 

^  Über  die  siebenmalige  Gebetsübung  bei  den  Sektierern  siehe  JQR., 
N.  S.  III,  p.  298.  Im  Fragment  Brit.  Mus.  Fr.  5559,  F.  28\  Z.  10,  fand  ich  die 
Stelle:  ynhhn  cvn  va-  "i-^t^ic  cvo^'q  yati»  ntt*  hhnh  ciM  cv  h:^  a;,i  ip  119,  IGi;  vgl. 
Iladassi,  a'nrrK:  i'n^'rn  arn  ';zt'  Ii-snoo  cv  ^D3  m^sn  t  ;"n  d."ii,  siehe  Graetz, 
Geschichte  V,  p.  463.  Daniel  Alkumissi  sagt  (Ms.  Adler  Xr,  2776,  p.  5,  Z.  27): 
mriB'K  e'N"i2i  n'^^S  n'^nz  inci  z-i-^ri^h  m.'i:  n^'Sm.  Über  die  sieben  Gebete  siehe 
Nnni  N*2n  Nr.  9:  t^n  ynhhn  nva  i'ac  n"t:'T  n>rr;cn  h";  n-r.^:2  ni'r^S  iri'o  nrj  imca 
Sn.",  2'i'^i  nrDN  ir^K'i  yi^c  ex  n'ni  yaii'  r\2ni<  iis*  nvi>  c'par  niiv:  v^r  i^n  'iS  p  vcin»  't 
SNlty\  siehe  Ms.  Psalmen  cap.  (!,  1.  ürchot  Chajjim  p.  11"  zitiert  hiefür  eine 
JeruschalmistcIIe  (jer.  Ber.  3'").  Über  Jeruschalmizitate  im  C"n  mm«  siehe 
in  n'2  Nr.  11  von  Lonzano  und  Azulais  tiDT  ':3n3  zum  Oral.i  l.Tajjim  p.  8"  und 
nD"i2  nrtt'  p.  202". 

'-  Siehe  "inti-n  VII,  p.  712;  MGWJ.  XXX,  p.  471;  Weiss,  rrn  IV,  p.  28; 
JQR.  X,  239. 

6  Siehe  Pinsker,  ni';?2np  »mp^  p.  33. 

"  nSoiai  ist  zu  lesen  statt  n^r^i2:i,  vgl.  auch  Craetz,  Geschichte  V-"«,  p.  478. 

30* 
XIII 


468  A.  Marmorstein. 

Wir  geben  hier  die  ganze  hieher  gehörige  Stelle:  n3,T3  DTi<  nias^  nsi 
nrn"?  ."IHK  n^'n  r^ban  DTrian  p  D''pim  n'?ia-i2i  ^^pn  nnn  ü"'Dmn  ''^^^bD  iD-'nx 
sbtt'  ts-'D'i  nn?2  t'"!  nü"?  aruai  wr  x^pö  'i^  "Drcri  n-nnn  ■^-i-abn  "r^na  nn  •>:  ni2K2 

cnpn?:i2i2  i'?3X"'  «bi  D'^'^inn  ;«:  "nTnin  iTiia  ax  -r  Diütra  ifa-^y  inp"  xbi  orrnnts  tö 
Nb  DU  '3  -q'?3  nt  sbi . . .  msö'ttn  b'z::  iksiid'  xbi  ü'nan  ba  irr  k"?!  cn'mbaxJa  "^rt:! 
DT-  ö-ia''  ■'3U?  C'^iriön  nx , .  *  D''tt>ir  am . . .  3Nn  nti'x  ra  k"?!  nini<  nr  xbi  nx  na  inp^ 

:B'';a'7  a'-trir  rn  "if«:  ^ni<2  an  n"l^■^  n^x'^n  in« 

Wir  finden  diese  Halb-Rabbaniten  noch  um  1015  zur  Zeit 
des  Gaons  Josia,  der  das  Haupt  der  Juden  Palästinas  in  dieser 
Zeit  gewesen. 1  Der  Gaon  schreibt  nämlich  an  eine  Gemeinde, 
dieselbe  rühmend:  nfas»  a^Jinn  ,an[?öix]  -liST'b  a'm.-ixn  ana-i'  nn^öü'n  a^SDn 
[va'n]'?s'n  nsT3  ,ama«  "a-na  a^a'ri nn  ,am!a'  ba  [bxi:  nx^a"?]  a^s:::ian  ,amrn 
amt:'B3  "^aai  aaa'?  E'^aa]  (T.-S.  12,  256). 

Diese  Komplimente  sind  nicht  gewöhnliche  höfliche  Redens- 
arten, wie  man  meinen  möchte,  sondern  betonen,  daß  die  Ge- 
meinde, die  angesprochen  wird,  den  Sabbat  nach  alter  Sitte 
feiert  und  in  den  Wegen  der  Väter  wandelt.  Letztere  Wendung 
ist  besonders  wichtig,  denn  karäische  Schriftsteller  bemühten  sich, 
das  Gegenteil  als  rühmenswert  hinzustellen.  Zwei  Belege  mögen 
genügen.  Daniel  Alkumissi  schreibt  nämlich  in  seinem  Psalmea- 
kommentar:^  a«  '2  nrmax  -[ma  -{b:  i:mü  a:  nanb  '?«ntt?^'?  px  ^a  yin  nxra 

:n-nrn  ^-na 

Ferner  findet  sich  bei  Sahl  ben  Mazliach  ein  ähnlicher  Passus: 

-l^an-  irn"?«  abni  n?:ixia  ^b  b'sr  ^b  'n^bn  ^max  ^an-ta  n^ixi  pntsx^n  ^a  irm 

^jmas'n  nns  na*?"?  r.^bv  avn'j-«  "a  r^iinb . . .  aa^maxa  rnn  bx  i^x 

Josia  berichtet  auch  in  einem  anderen  Briefe,  den  wir  anders- 
wo veröffentlichen,  über  die  Umtriebe  eines  Mannes,  der  die  alt- 
hergebrachten Bündnisse  und  Gesetze  verändern  will.  Dieser  Mann 
war  kein  Karäer,  denn  er  unterstand  der  Jurisdiktion  des  Gaons/ 


1  Vgl.  über  ihn  REJ.  68  (1914),  p.  46—47. 

»  Ms.  Adler  Nr.  2776,  p.  3",  Z.  29. 

3  Pinsker  1.  c.  p.  M;  Weiss,  Tm  IV,  p.  68. 

■»  T.-S.  13  J.  14. 10.  Josia  schreibt:  ,nipB'yf2  yv::  ,n2no  B"N  nip^no  inm  ,mD'  y-ii 
,ihi<h  ti*n:5r;n  ,ynQ  rm2j,'in:i  ,yn.i  Nim  ,vnr2  pinnon  ,mpin"i  ccn  nsi^a  ,mpn  rnv'^ri  iah 
,i3:S  c-i'T  ,ü'3t::i  ü'>'ip^  ,Dun  Dn>n'  Sn  ,D'2n3  nsion  nSss  msvinm  ,iH*d  conm  ,iSs  ipü-ni 
i;np  oyi  inii'ia  ]n^  ha  ,n-in  Vio^  ciSt»'!  /inS  na;  ^n  ^ni;  ferner:  n^^ar  .rnnvin  Sy  ti'Dini 
i'nm  ynr  s'in  '3  rvnsB»  t:d  mm  rsi  ^vnnr^a  i'^ni  ,vnim  Nicr^^  ,vnimis'.  Vielleicht 
hat  noch  der  Nagid  Samuel  I.  dieses  Gesetzbuch  gekannt,  wie  wir  in  einem 
Berichte  im  Dmyn  'D  p.  40  lesen:  ^hhn  mann  S:)t:*  •'•^nni  paio  '^  n\s  ^<h^  '2n  T-ian  2n:!i 
r:3  L-'TiryD]  nroo  u  c^i  a'riyn  m^Dn  , .  . .  '?u'  nsD  xi'^K-  nSi'?  iv2^r\h  irH»  mn  nSi  [n  myc 
:  j;2-n  r"3  'J'^bt  n^^  yvor  «n  . . . .  n^sn  ^3^  ^'^tt'  iokc  nti  'rNntr-'  jns  lyu^  Kati-  B'in'?  tr^i  i':'^n 

XIV 


Spuren  karäischen  Einflusses  in  der  gaonäisclien  Halacha.  469 

Das  ist  auch  der  Grund,  warum  Salomo  ben  Jehuda,  Gaon  in 
Palästina  von  ungefähr  1023  bis  1052,  sich  als  im  Namen  der 
£:":3in  na  schreibend  bezeichnet.^ 

Schließlich  dürfen  wir  noch  auf  die  sogenannten  Zadokite 
Fragments  hinweisen,  die  am  deutlichsten  den  Einfluß  der  Karäer 
auf  rabbanitische  Kreise  zeigen.  Es  darf  jetzt  wohl  mit  Bächler 
als  klargestellt  betrachtet  werden,-  daß  die  Fragmente  mit  den 
Sadducäern  nichts  zu  tun  haben.  Ginzberg,^  nachdem  er  zu  dem- 
selben Resultate  gelangte  wie  Büchler,  stellt  die  Frage  auf,  ob 
die  alten  Karäer  diese  Schrift  gekannt  haben  oder  nicht.  Wir 
beweisen  an  einer  anderen  Stelle,  daß  die  Fragmente  einer  Sekte 
angehören,  die  in  den  ersten  Jahrzehnten  des  11.  Jahrhunderts 
existiert  hat.  Von  einer  Kenntnisnahme  unserer  Schrift  seitens 
der  alten  Karäer  kann  daher  keine  Rede  sein.  Hingegen  ist 
es  auch  nicht  richtig,  daß  die  Nichtenehe  die  einzige  Häresie  der 
Fragmente  sei.  Abgesehen  von  den  sektiererischen  Halachot,  die 
Büchler  besprochen  hat,  findet  sich  noch  das  Verbot  der  Poly- 
gamie (P.  4,  20).  Es  ist  kein  Wunder,  daß  Tobia  ben  Eliezer  (109 G) 
dagegen  polemisiert  hat,  denn  die  Sekte  war  noch  um  die  Wende 
des  Jahrhunderts  am  Leben.^  Die  Lehre  von  der  Verunreinigung 
des  Heiligtums,""  dem  Beischlaf  mit  einer,  die  das  Blut  ihres 
Körpers  sieht,*  und  am  Sabbat^  sind  unter  karäischem  Einflüsse 
auch  ins  rabbanitische  Lager  eingedrungen.  Tatsächlich  findet 
sich  eine  Anfrage  in  den  Respousen  über  z^'r^rn  am  Sabbat. 
Ms.  Adler  Nr.  176  5  hat:  i'?''s«  r\^z'2  mi'!s  nb'ra  bM'^h  ^m^  nnm  'r'irn'? 
üi  ^'•2^nh  i",:n.^  rsz'  nb^nn^b.  Ebenso  ist  das  Verbot  des  Fleisch- 
genusses ein  allgemeines  Dogma  der  manichäisch-ketzerischen 
Lehren.*^  Die  Verschärfung  der  Sabbatgesetze  ist  ebenfalls  dem- 
selben Umstände  zuzuschreiben.' 


1  So  T.-S.  la  J.  11.  5:  n^i'jsn  Tiüiz'  r^>::)y  c'N  tin^pn  i^v  'zcv  cj^nn  n3  py,' 

:  U13  :pi"<  jit<j  n::'C"  cki 

2  JQR.  N.  S.   HI,  p.  449. 

3  MGWJ.   1913,  p.  415. 

1  Siehe  ric  nph  trilD,  ed.  Buber,  Lev.  p.  24',  Deut.  p.  79'. 

5  P.  5,  6.  Zur  Nichtenehe  vgl.  oben  Nr.  2. 

fi  P.  5,  7.  Vgl.  oben  Nr.  1. 

7  P.  12,  1. 

8  P.  12,  11  f. 

"  Es  isi  zu  beachten,  daß  die  Sekte  nicht  die  gangbare  Halaehii  der 
Karäer  akzeptieren  wollte,  sondern  nach  Belieben  von  der  rabbaniti.schen  sowoiil, 
als  von  der  karäischen,  wie  auch  von  anderen  sektiererischen  llalaeiiot  (icbraueh 
machen  wollte. 

XV 


470  A.  Marmorstein. 

Es  ist  jedenfalls  beachtenswert,  daß  alle  diese,  wie  aueh 
einige  der  oben  aus  den  gaonäischen  Responsen  erwähnten  Ab- 
weichungen Erschwerungen  und  nicht  Erleichterungen,  also  nicht 
Reformen  im  modernen  Sinne  des  Wortes  enthalten.  Das  Karäer- 
tum,  als  Vertreter  des  modernen  Judentums,  konnte  das  rab- 
binische  Judentum  ebensowenig  umstürzen,  wie  das  Reform- 
judentum das  geschichtliche,  positive  Judentum  aufheben  kann. 
Das  Moderne  wechselt  mit  jedem  Tag,  das  Heilige  bleibt  ewig  und 
unabänderlich! 


XVI 


I 


Die  Anfange  des  palästinensischen  Qaonats. 

Von  Siimiiel  Poziiaiiski,  Warschau. 

Das  Vorhandensein  von  Geonim  in  Palästina,  mit  dem  offiziellen 
Titel  api"  iik:  nn'u>'  u?K"^,  mehr  als  ein  Jahrhundert  vor  dem  Ver- 
schwinden des  babylonischen  Gaonats  und  noch  viele  Jahrzehnte 
nach  dessen  Aufhören,  wird  für  immer  eine  der  überraschendsten 
N  Tatsachen  bleiben,  welche  die  Geniza  zutage  gefördert  hat.  Be- 
kannt wurde  diese  Tatsache,  zuerst  in  allgemeinen  Umrissen,  durch 
die  sogenannte  Ebiatar-Megilla,  worauf  dann  das  Bild  durch 
weitere  Funde  aus  der  Geniza  immer  mehr  vollständig  wurde. 
Doch  haben  diese  weiteren  Funde  nicht  immer  zur  Aufhellung 
des  wirklichen  Tatbestandes,  sondern  manchmal  umgekehrt  zur 
Verdunkelung  des  Bildes  beigetragen,  indem  die  neu  bekannt 
gewordenen  Einzelheiten  sich  schwer  in  den  Rahmen  des  Ganzen 
einfügen  ließen.  Es  ist  hier  also  ein  weiter  Spielraum  für  allerlei 
Kombinationen,  so  daß  die  Geschichte  dieser  Geonim  viele  Male 
umgeschrieben  werden  mußte.  Besonders  sind  es  drei  Fragen,  die 
noch  immer  ihrer  vollständigen  Lösung  harren,  und  zwar: 
1.  wann  entstand  das  palästinensische  Gaonat?  2.  was  waren  die 
Ursachen  seiner  Entstehung?  und  3.  in  welcher  Ordnung  folgten 
die  Geonim  Palästinas  aufeinander? 

Schreiber  dieser  Zeilen  versuchte,  zuerst  in  verschiedenen 
Abhandlungen  '  und  dann  zusammenfassend  in  einem  Exkurs  zu 
seiner  vor  zwei  Jahren  erschienenen  Schrift  unter  dem  Titel 
„Babylonische  Geonim  im  nachgaonäischen  Zeitalter",''^  eine  Ant- 
wort auf  diese  Fragen  zu  geben.  Ich  fand  nämlich  an  der  Spitze 
von  zwei  Memorlisten  aus  der  Geniza  und  ebenso  am  Ende  einer 
Genealogie  aus  dem  XIII.  Jahrhundert  einen  Abraham  r.2'Z"  rs'. 
rpy  p«j,  der,  wie  ich  festzustellen  glaubte,  in  Palästina  im  X.  Jahr- 

1  Siehe  besonders  REJ  LXVI,  60—75;  ZDMG  LXVHI,   118  —  128. 

2  Berlin   1914,  p.  81— '.)7. 


472  Samuel  Poznanski. 

hundert  lebte  und  der  als  von  Rabbi,  respektive  Hillel,  abstammend 
bezeichnet  wird  (jpnbbnru  ^'^'^pn  ir-n  po  D'Jixjn  12:),  und  da  nun  auch 
Ben  Meir  in  demselben  Lande  und  demselben  Jahrhundert  gelebt, 
derselben  Abstammung  sich  rühmte  und  ebenfalls  an  der  Spitze 
eines  Lehrhauses  stand,  so  hielt  ich  Abraham  für  dessen  Sohn. 
Da  nun  die  genannten  Memorlisten  mit  ihm  beginnen  und  die 
Genealogie  mit  ihm  schließt,  so  glaubte  ich  zu  der  Annahme  be- 
rechtigt zu  sein,  in  Abraham  den  ersten  palästinensischen  Gaon 
zu  sehen.  Als  Zeit  der  Errichtung  des  Gaonats  nahm  ich  943, 
d.  h.  ein  Jahr  nach  dem  Tode  Saadjas,  an  und  glaubte,  daß  die 
Umstände  damals  für  eine  solche  Tat  sehr  günstig  waren.  Nach 
dem  Tode  Saadjas  wurde  das  Gaonat  in  Sura  vor  der  Hand  nicht 
besetzt,  Pumbadita  aber  befand  sich  seit  damals  in  pekuniärer 
Not  und  hatte  nicht  die  nötige  Kraft,  um  einschreiten  zu  können, 
und  so  suchte  Abraham  wenigstens  einen  Teil  dessen  auszuführen, 
was  sein  Vater  Ben  Meir  beabsichtigt  hat.  Dieser  wollte  Babylonien 
Palästina  unterordnen,  was  ihm  aber  durch  das  Dazwischentreten 
Saadjas  nicht  gelang,  und  so  emanzipierte  sich  wenigstens  Abraham 
von  Babylonien,  indem  er  in  seiner  Heimat  ein  selbständiges 
Gaonat  errichtete.  Was  nun  die  Reihenfolge  der  palästinensischen 
Geonim  anbetrifft,  so  glaube  ich  wiederum,  mich  hauptsächlioh 
auf  die  genannten  zwei  Memorlisten  und  auf  andere  inzwischen 
bekannt  gewordene  Geniza-Funde  stützend,  festgestellt  zu  haben, 
daß  auf  Abraham  dessen  Sohn  Aron  gefolgt  ist  und  auf  diesen 
wiederum  dessen  Sohn  Josia.  Dann  aber  ging  das  Gaonat  auf 
Aroniden  über,  nämlich  auf  einen  Josef,  an  den  Serira  im  Jahre 
989  einen  Brief  gerichtet  hat,  und  dann  auf  einen  Sohn  Josefs, 
Samuel,  der  ein  Zeitgenosse  des  Josef  ibn  Abitur  gewesen  ist  und 
bei  dem  ein  Sohn  Josias,  Aron  H.,  das  Amt  eines  „Vaters"  (yza) 
bekleidet  hat.  Nachfolger  Samuels  wurde  dessen  -i  zs',  Salomo  b. 
Jehuda  b.  Berechjn  (1027  — 1046),  dessen  Herkunft  unbekannt  ist, 
der  aber  der  tatkräftigste  unter  den  palästinensischen  Geonim  ge- 
wesen zu  sein  scheint.  Auf  ihn  folgte  wiederum  der  Sohn  seines 
T'rs',  nämlich  Salomo  b.  Josef  ha-Kohen,  der  zum  Nachfolger  seinen 
Sohn  Josef,  der  früher  sein  yzü  gewesen  ist,  hatte.  „Vater"  im 
Lehrhause  Josefs  war  ein  Sohn  Arons  II.,  Josia  IL  Josef  erfreute 
sich  aber  nicht  lange  seines  Gaonats,  denn  er  wurde  von  einem 
aus  Babylonien  eingewanderten  Nachkommen  der  Exilarclien,  von 
dem  Fürsten  Daniel  b.  'Azarja,  gestürzt,  woraufhin  die  weitere 
Geschichte  der  palästinensischen  Geonim  aus  der  Ebiatar-Megilla 
ziemlich  bekannt  ist. 

11 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats.  473 

Nun  fand  E.  N.  Adler  ein  Geniza-Fragment  (T.-S.  13  J  Iß^^) 
unterzeichnet  von  einem  lanrt  nabir  'Tn  'HJ  ':Dn  '\:inrt  pnr  'Tn  -isicn  nra 
2pr  ps:  roT"  u-xn  txü  'rr  'hj  ':d2  und  identifizierte*  den  vorletzten 
mit  Ben  Meir  (so  daß  er  Salomo  hieße;  nach  meinem  Dafürhalten 
hieß  er  Aron)  und  den  letzten  mit  dessen  Vater,  so  daß  dieser 
schon,  und  nicht  erst  Abraham,  den  offiziellen  Titel  :pi"i-s*:  nrz"'  rx-i 
getragen  haben  würde.  Das  palästinensische  Gaonat  würde  also 
nicht  erst  um  die  Mitte  des  X.  Jahrhunderts,  sondern  schon  am 
Anfange  desselben  (und  vielleicht  schon  am  Ende  des  IX.  Jahr- 
hunderts) begonnen  haben.  Doch  glaubte  ich  dieser  Identifizierung 
widersprechen  oder  wenigstens  starke  Zweifel  gegen  sie  äußern 
zu  müssen.'-  Salomo  kann  jedenfalls  nicht,  wegen  seines  Titels 
nbn:  jmn:D3  -ann,  der  von  den  palästinensischen  Geonini  meistens 
auswärtigen  Gelehrten  verliehen  wurde,^  mit  Ben  Meir,  der  doch 
Schulhaupt  war,  identifiziert  werden  und  konnte  höchstens  dessen 
Bruder  sein.  Aber  kann  Meir  für  den  Vater  Ben  Meirs  gehalten 
werden?  Dann  wäre  es  doch  verwunderlich,  daß  der  Sohn  sich 
bei  seinem  Kalenderstreit  auf  Traditionen,  die  er  von  seinen 
Vorfahren,  den  Patriarchen,  erhalten,  beruft,  nicht  aber  auf  den 
Vater,  daß  er  von  ihm  nicht  den  Titel  2pr  [ix:  nn'C"  t'Xi  geerbt  und 
nur  nT]V'  va^,  respektive  m-ann  c'K"i,  genannt  wird,  und  hauptsäch- 
lich, daß  die  oben  genannten  Memorlisten  mit  Abraham,  einem 
Enkel  Meirs,  beginnen  und  die  erwähnte  Genealogie  mit  ihm 
schließt  und  nicht  auf  den  Vater  und  den  Großvater,  die  ja  eben- 
falls Geonim  waren,  weitergeführt  wurde?  Da  nun  Adler  die 
Zeit  des  Mose  ha-Sofer  nicht  angegeben  hat  und  da  der  Titel 
apr  pxa  na"©"  -i'K-i  auch  späteren  Vorstehern  von  nichtoffiziellen 
Lehrhäusern  beigelegt  wurde,  so  konnte  ja  Meir  ein  solcher  ge- 
wesen sein. 

Nach  der  Ausgabe  meiner  Schrift,  die  infolge  der  Kriegs- 
wirren nicht  gleich  überallhin  gelangen  konnte,  erschien  noch  vor 


1  REJ  LXVII,  45. 

2  Siehe  Babyl.  Geonim,  p.  83,  N.  3,  und  REJ,  1.  c,  291. 

3  Auch  aus  diesem  Grunde  glaubte  ich,  Meir  niclit  für  einen  palästiueiisißchen 
Gaon  halten  zu  können.  Doch  gibt  es  noch  einen  rr^iina  lann  f.-i:;n  cm:«  't 
'rxiK-'  ]"}<  r.i'r'  K'Kn  ?,aT  2-1  !<:2-ii  N:-ia  p  nSn.'i  jmnJD  (siehe  Babyl.  Geonim,  p.  86, 
Note  2;  REJ  LXVIII,  38),  dessen  Vater,  wie  jetzt  feststeht,  der  oben  genannte 
palästinensische  Gaon  Josef,  der  Vater  Samuels,  gewesen  ist.  Möglich  aber  ist 
es,  daü  öalomo,  wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  sein  Heimatland  verlassen 
hat  und  nach  Egypten  aucgewandort  ist  und  erst  dort  den  Titel  :,"C2  tir.n  be- 
kommen hat.  Dasselbe  konnte  auch  mit  Abraham  ha-Kohen  b.  Josef  der  Fall 
gewesen  sein. 

III 


474  Samuel  Poznanski. 

ihrer  Kenntnis  eine  Abhandlung  über  die  Geonim  Palästinas  von 
Marmorstein,  die  weiteres  neues  wertvolles  Material  aus  der 
Geniza  enthält.^  Leider  wiederholt  hier  Marmorstein  viele  alte 
Fehler  und  fügt  noch  manche  neue  hinzu. ^  Aber  nun  findet  sich 
bei  ihm  eine  Tatsache,  die  meinen  ganzen  Bau  zu  erschüttern 
geeignet  ist,  nämlich  daß  der  Gaon  Josia  in  einem  Geniza- 
Fragment  aus  Ramla  aus  dem  Jahre  1015  vorkommt.  Also 
fungierte  er  nach  Josef  ha-Kohen  und  nach  dessen  Sohn  Samuel 
und  konnte  sein  Großvater  Abraham  kaum  schon  943,  d.  h. 
72  Jahre  früher,  Gaon  gewesen  sein.  Mithin  war  Abraham  weder 
ein  Sohn  Ben  Meirs  noch  erster  Gaon.^  Er  war  wohl,  wegen 
seiner  Abstammung  von  Hillel  und  Rabbi,  von  der  Familie 
Ben  Meirs,  aber  nicht  dessen  direkter  Nachkomme,  denn  dann 
würden  die  Memorlisten  nicht  mit  ihm  begonnen  und  die 
Genealogie  nicht  mit  ihm  geschlossen  haben.  Er  stammte  viel- 
mehr wahrscheinlich  von  einer  Seitenlinie  Ben  Meirs.  Marmorstein 
hatte  auch  die  Güte,  mir  eine  Photographie  dieses  Fragments 
(T.-S.  13  J  1-)  zu  senden.  Es  ist  dies  eine  Vollmachtsurkunde 
(D'!£nTL:2X  TOii''),  in  der  eine  Milka,  Tochter  des  nn,^  einen  Abraham 


1  REJ  LXVIII,  37—48. 

2  So  z.  B.  hält  er  noch  immer  daran  fest,  daß  unter  dem  in  Pardes  26" 
(nicht  36')  erwähnten  Aron  b.  Josef  ha-Kohen,  trotzdem  daß  es  hier  uiis^  nxi'>  n  nSxir 
nSi-l  Sb»  nn'tS''  i^'C-S  heißt,  nicht  Aron  ibn  Sargado,  sondern  ein  Sohn  des  palästinensi- 
schen Gaon  Josef  ha-Kohen  vom  Jahre  989  (den  er  für  identisch  mit  dem  gleich- 
namigen T;x,  dem  Vater  Salomos,  hält)  gemeint  sei  und  führt  dabei  aus,  daß  der 
Ausdruck  n^i.'!  hv  n^'E*'  i-;^'  auch  außerlialb  Babyloniens  gebraucht  wurde  (p.  48). 
Nun  wurde  diese  Formel  vielleicht  auch  in  Egypten,  das  auf  die  Benennung  n^l.l 
prätendierte,  gebraucht  (siehe  Babyl.  Geonim,  p  99),  aber  wie  konnte  Palästina 
als  r\h\.i  bezeichnet  werden?  Der  n:'tt*'n  C'Ki  hieii  2"i  in  aus  dem  Jahre  1056  (p.  41, 
wo  fälschlich  1057)  ist  Eelbstversländlich  Daniel  b,  'Azarja,  Marmorstein  aber 
nennt  ihn  b.  David,  wohl  wegen  imS»  nn  und  na'  1)1  \2  nitn^,  wo  aber  der  König 
David,  auf  den  Daniel,  als  Nachkomme  der  Exilarchen,  seine  Abstammung  zu- 
rückführte, gemeint  ist.  Semarja,  den  Vater  Efraims,  hält  er  für  einen  Sohn 
des  Semarja  b.  Elhanan,  trotzdem  daß  dieser  ein  Kairenser  war  und  den  Titel 
C'Nin  3in  führte  (siehe  ^«"itt*>  li'ix,  s.  v.,  und  Babyl.  Geonim,  p.  100),  jener  aber 
aus  Gaza  stammte  ('ntyn)  und  ohne  jeden  Titel  angeführt  wird  (siehe  z.  B. 
REJ  XLVIII,  145;  JQR  XIX,  254)  usw.  usw.  Auch  der  auf  p.  44—45  edierte  Brief 
Salomo  b.  Jehudas  an  Efraim,  der  mir  in  einem  Faksimile  vorliegt,  enthält 
manche  Fehler. 

3  Daß  aber  etwa  Abraham  und  dessen  Sohn  Aron  vor  Josef  ha-Kohen 
fungiert  hätten,  Josia  aber  nach  diesen  zweien,  ist  unwahrscheinlich,  um  so 
mehr  als  wir  weiter  unten  sehen  werden,  daß  Abraham  jedenfalls  nicht  der 
erste  palästinensische  Gaon  gewesen  ist. 

*  Über  diesen   seltenen  Namen  vgl.  meine  Bemerkungen  REJ  LXVII,  289. 

IV 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats.  476 

b.  Salomo  bevüUmächtigt,  sie  iu  allen  ihren  Forderungen,  die  sie 
an  ihren  Ehemann  Muhtär  b.  Salama  hat,  bis  zum  Empfange  eines 
Scheidebriefes,  zu  vertreten.  Diese  Urkunde  ist  sowohl  wegen 
ihres  Stiles  als  auch  wegen  ihrer  formelhaften  Termini^  höchst 
interessant  und  verdient  eine  eingehende  Behandlung.  Sie  hat  nun 
am  Anfang  die  Worte :  bz'  njirxn  nDa?n  "i"x  umna  cü'  r-'j2vn  nrr  avz . . . 
m*?*?  rz'ficn  nbf^".  r:-i!22  'Cfin  cynn  mx^a  ym  n'-:bü  nr-~K  riz'  ü'rn  rzv 
nm.T  ■:2  r\hn:-2  (d.  i.  29.  April  1015),  und  am  Ende  die  Unterschriften: 
•:":2n  innT  nsnsj  jx^'r  p  2pr,'  ii  jtnn  nai"  \z  bü'^z\^  ::  bs-u."  ]z  s^i"?:/ 
sowie  -'Z'-iZ  apy  pxj  ni't:"  u-'k^  i.tu's*.'' 

Hat  es  sich  nun  als  Tatsache  ergeben,  daß  Abraham  nicht 
der  erste  palästinensische  Gaon  gewesen,  so  taucht  nun  die  Frage 
auf,  ob  es  nun  nicht  doch  Meir  gewesen  und  ob  er  demnach 
doch  nicht  als  der  Vater  Ben  Meirs  gelten  kann.  Ich  ließ  mir 
nun  das  betreffende  Schriftstück  aus  der  Geniza  photographieren 
und  teile  es  hier  in  extenso  mit.  Mit  Ausnahme  einiger  Stellen 
ist  es  ziemlich  leserlich. 


1  So  finden  wir  z.  B.  hier  in  Verbindung  mit  cisin'JSK  das  aus  dem 
Griechischen  stammende  iS"j:;k,  das  nur  einmal  in  der  talmudischen  Literatui' 
vorkommt  (Jer.  Sanhedrin  II,  1,  fol.  19'',  1.  15  von  unten;  vgl.  Levy  und 
Krauss  s    v.). 

2  Wahrscheinlich  identisch  mit  Abu  Jiisuf  ihn  p'D,  dem  Besitzer  oder 
Kopisten  von  ms.  Bodl.  2845  3.  Der  seltene  Namen  des  Vaters,  der  hier  in  der 
jüdischen  Literatur  zum  erstenmal  auftaucht,  ist  aber,  trotz  der  Puiiktation, 
Hairän  (^^^1,.^:^.)  zu  lesen;  siehe  al-Moschtabili,  ed.  de  Jong,  p.  194. 

*  Dieser  Samuel  b.  §eniah  ha-Hazzän  kommt  auch  auf  der  Rückseite  eines 
von  Josia  nach  Raphia  (nsi)  gesandten  Briefes  vor  (siehe  Babyl.  Geonim,  p.  85), 
aber  in  einem  Passus,   der  als  später  Zusatz  kenntlich  ist. 

^  Den  bei  Juden  seltenen  arabisciien  Xamen  Ilalaf  trug  bekanntlich  auch 
der  Gaon  Aron  ihn  Sargädo,  woraus  dann  irrtümlich  2^3  wurde;  siehe  Harkavj', 
Studien  und  Mitteil.  V,  225  oben;  Steinschneider,  JQR  XI,  126,  Nr.  282;  Bacher, 
REJ  XLIX,  .800. 

'->  Auch  den  Note  3  erwähnten  Brief  zeichnet  Josia  (aber  merkwürdig 
am  Anfange  des  Briefes)  mit  der  Endung  »21:,  ebenso  wie  später  Salomo  b. 
Jehuda  (siehe  Babyl.  Geonim,  p.  89,  N.  1).  Über  '::")2  sieiie  B.  Goldberg, 
luon  XIX,  Nr.  .8;:!  ff. :  J.  Mendelssohn,  Si^üwr»,  ed.  Günzig,  1,  158  und  zuletzt 
Krauss,  REJ  LXVII,  172. 


y 


476  Samuel  Poznanski. 


Hier  folgt  sein  Wortlaut: 


♦-tri  aij^D^a  (?)  t?™  ^b  -itr^i  eini?"'  "i-niDnn'' 

4.-ir''3K  ^"iip  nvnb  y^-n  yiiT-i  yna  bati''  5 

.iro  'DK  KD-iia  n-iKsn  np'' . . .  nns 

ti'?1S'1  Dn'?)a  '?2iD"'"l  öcnir  b''251D3  -i"«« 

:  bna  na  nip""  -nia  p  nro"  jviroi  »r'-ipa  n)r  rht'^^ 
vr\ic  irriü  "^xi  d'^ait^ü  ba"?  biijn  n^n  ncn  10 

D'D-ny  IIa"?  D^nr)aa  miD . .  n'?ittn  ü"'3''-i:!:i  d'3'':dü  '?3 

DN-a  ,Tn^i  D''3in  nritt"'? o'^a'^ian  ^bf2  mann' 

♦.pisn  •'ix'p'iai  iribvi  nb':::  pm  \'T'  j5i  ü'-siin 
TiKn  non  nip)a  ima  nm^  Trii."i  nnr  ''skt 
r-j'Di?:  Kin  i'i'H  Tir^a^  itr'K  inyiöD  'sid  •'es  vdb  D^ipn'?        10 
nr«  «n^ab^rb  NS-iT  nabö  n-üast'  pDra  ^inun  rrby 
'ay  ji™"?  n^'n  ■'rrn  mta  dk  "tis  yn^v  ncs  -fu^jx 
nott?i  tt't:^  imirt  nsiDia  m^rxtt'  irfa"?  vjnDJa  n^ix  n 
^  tnpn  np^D  nwv  n'?in  xihd  ^D'^pi  "^k  nab"?  piro  ';s*i 
1-c'tr  Q'"'p''i  n'Dr  i"? . . . .  n  '^yi  inr-^  '^■'eo''  sin  ii"i3       20p' 
<<  :n:£5'?  nan-  mas  di"?!:?!  nyb  iiüfri  nau^'i 

n-a  inj  3D3  nann  pnT  n-a  nsicn  ntr'ia  vn::y  jiap 


na^jn 


Der  Adressat  dieses  im  pajtanischen  Stil  gehaltenen  Briefes 
ist  nun  ein  auch  anderweitig  bekannter  vornehmer  Herr,  'Abu 
Sa'd  Abraham  b.  Said,  und  dadurch  läßt  sich  Zeit  und  vielleicht 
auch  Ort  des  Schriftstückes  mit  einer  gewissen  Genauigkeit  be- 
stimmen. Ms.  Bodl.  2877 ''0  enthält  nämlich  auf  der  Vorderseite 
eine  Elegie,  die  zur  Überschrift  hat:  33  -ity^  p  non  "^nan  -i^'n  b]!  nbap  nüd 


1  D.  h.  nniK. 

2  D.  h.  hD2. 

3  Durch  Striche  als  überflüssig  bezeichnet. 
*  D.  h.  den  Messias 
s  Lesung  unsicher. 
6  1.  Kön.  10,  8. 
T  Anstatt  B'npn. 


VI 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonata.  477 

und  deren  Beginn  lautet:  d'n  qv:z.  iV:i  nxsü  k2  :nr.  Auf  der  Rückseite 
aber  heißt  es :  -!cn  rnsi  nrc  inx  niizf^n  cnnrx  jir  |;2  cmj  cnnri  'X'  "^r  tovs 
i'i  nncn^x  bnc  txbix  ^,:i3  i2X  nrrian.  Also  war  unser  Abraham  ein  Bruder 
des  'Abu  Nasr  He<ed  b.  Jeger  (=  arab.  Sahl),  der  hier  ebenfalls  als 
„großer  Herr"  bezeichnet  wird.  Die  Brüder  werden  at-Tustari  (wofür 
auch  al-Dustari  vorkommt)  genannt,  d.  h.  sie  gehörten  zu  einer  aus 
Tustar  in  Persien  stammenden  Familie,  lebten  aber,  wie  man  sieht, 
in  Fostät,  d.  h.  Alt-Kairo  (hebr.  ü'i-)-  Nun  ist  Hesed  b.  Jeser  kein 
anderer  als  der  Vater  des  jetzt  ziemlich  bekannten  karäischen 
Gelehrten  und  Schriftstellers  Jeser  b.  Hesed'  b.  Jeser,  der  arabisch 
'Abu  Fa(ll  Sahl  b.  Fadl  (=  hebr.  Hesed)  b.  Sahl  at-Tustari  genannt 
wird.  Ibn  al-Hiti  zählt  ihn  zu  den  hervorragendsten  Gelehrten 
unter  den  Karäern  und  erwähnt  mehrere  Schriften  von  ihm  aus 
dem  Gebiete  der  Philosophie  und  der  Gesetzeskunde  und  vielleicht 
auch  der  Astronomie.^  Auszüge  aus  einer  dieser  Schriften,  betitelt 
„Bemerkungen  über  die  Einheit  Gottes  und  die  Gerechtigkeit", 
und  aus  einer  anderen  unter  dem  Titel  „Kritische  Bemerkungen 
zu  der  Metaphysik  des  Aristoteles"  sind  in  Ms.  Brit.  Mus.  896-' 
(fol.  20 — 67)  enthalten  und  stammen  noch  aus  den  Lebzeiten  Jesers.^ 
Seine  Zeit  läßt  sich  dadurch  bestimmen,    daß   sein  jüngerer  Zeit- 


1  Melammed  Fädil  nennt  den  Vater  in  seinem  Siddui-  Ms.  Berlin  ^«non 
(in  Ms.  Paris  aber  ncn,  siehe  Steinschneider,  Kat.  Berlin  II,  48;  nachzutragen  in 
meinem  Firuz,  p.  16,  N.  2  =  MGWJ  LVII,  65,  N.  2). 

2  JQR  IX,  435:  nh^  "iNs^^s  xaSy^N  p  INJ  n«  rn  nnon^K  1»»  p  non  p  -ib"  tcSni 

'^iitzhit  npsSx  ]::  «-i^no  anai  ■psnnyN?«  's  2nnD.  Das  arabische  ^xiny«  bezeichnet  unter 
anderem  aucli  Äquinoktium,  so  daß  die  betreffende  Sclirift  Jesers  vielleicht 
astronomischen  Inhalts  gewesen  ist.  Fragmente  seines  Gesetzbuches  finden  sich 
vielleicht  handschriftlich  in  Petersburg,  siehe  Harkavy,  Stud.  u.  Mitt.  Vlll,  65,  N.  n; 
66,  N.  n  und  75,  N.  x  Über  Jeser  siehe  Gottlober,  p  ninS  mpa,  p.  186;  Stein- 
schneider, JQR  XII,  121  und  Arab.  Lit.  d.  Juden,  tj  69;  dann  meine  Bemerkungen 
in  MGWJ  XLI,  189  und  REJ  LXV,  156.  sowie  mein  Zur  jüd.-arab.  Litter.,  p.  19,  56 
und  mein  Opponents,  Nr.  18. 

3  J.^i.Jl  ^i  J-{.-^  J..^aiJ\  ^\  J-^\  >^-Ux3\  ,_jU^  ^^  iftJiJU  ^\y^ 
^_s^yX]\    ^i\    ^i^UJb    fyA^^^i\    ^AXS   ^^^    j(NJ.ft    ddJl    f\:>\    ^^X^X]\    J.^^    ^i 

Die  Ausdrücke  Jaj«J\^  ^.^s^^\  sind  zwei  im  Kaläm  bekannte  Termini,  so 
daß  die  Schrift  Jesers  vielleicht  mit  einem  am  Anfange  des  karäischen  Kodex, 
Ms.  Brit.  Mus.  589,  erwälinten  J^aJI,  j.^=^yX}\  J,^\  ^ä  s,lil;^J\  ^U$  identisch 
ist.  Jeser  ist  noch  Verfasser  eines  Kommentars  zum  l'entateuch,  wovon  Fragmente 
handschriftlich  in  Petersburg  (siehe  ZATW  I,  158)  und  aus  dem  wohl  Stellen 
als  nnmf)K  cnh:  in  einem  karäisclien  Kommentar  zu  Deutennomium  aus  dem 
Jahre  1352  (Ms.  Brit.  Mus.  334)  angeführt  werden. 

VJI 


478  Samuel  Poznanski. 

gonosse  'Ali  b.  Sulejmrini  in  einem  im  Jahre  465  der  Hegra  (=  1072/73) 
verfaßten  philosophischen  Traktat,  der  (vielleicht  Autograph)  an 
der  Spitze  der  genannten  Handschrift  sich  findet.  at-Tustari, 
d.  h.  Jeser,  noch  als  lebend  zitiert  {nnp'2  ribbii  as-:s')  und  von  ihm 
sagt,  daß  er  noch  vor  ihm  über  dasselbe  Thema  geschrieben  hätte.^ 
Jeser  war  also  1072  nicht  mehr  jung  und  dürfte  etwa  zirka  1010 
geboren  sein.  Da  nun  Abraham  der  ältere  Bruder  seines  Vaters 
gewesen  war  (denn  er  wird  in  der  erwähnten  Elegie  vor  diesem 
genannt),  so  dürfte  er  etwa  zirka  960  geboren  sein,''  und  wenn 
er  bei  der  Abfassung  des  Briefes  etwa  60  —  70  Jahre  alt  gewesen 
war,  so  würde  dieser  Brief  zirka  1020 — 1030  geschrieben  worden 
sein.  Dies  ist  auch  die  Zeit  des  Mose  ha-Sofei",  der  wohl  auch 
nach  Kairo  gehört.^  Daß  nun  ein  Nachkomme  eines  Gaon  einen 
derartig  abgefaßten  Brief  an  einen  Karäer  schreibt,  soll  uns  weiter 
nicht  wundern.  Es  scheinen  gerade  damals  gute  Verhältnisse  zwischen 


1  Ober  diesen  Autor,  dessen  Karäerlum  in  unrichtiger  Weise  von  Pinslier 
bezweifelt  und  von  Scliorr  negiert  wurde,  sielie  zuletzt  meinen  Aitilte-1  in  der 
jüd.-russ.  Enzykl.,  s.  v.  (I,  866— 8f8). 

2  Vgl.  G.  Margolioutli,  REJ  LVII,  014.  'Ali  v.-ird  noch  mit  einem  Mose  b. 
Hesed  in  Verbindung  gebracht.  So  heißt  es  am  Anfang  von  Ms.  Brit.  Mus.  305 ^l 
'131  h"r  ton  ICH  p  nra  'ij'^ü'ron  h-j  S"r  Jnnhv  [p]  '^y  Sistt'Dn  inix  rnpn.  Dieser  Mose 
dürfte  ein  Bruder  Jesers  gewesen  sein,  um  so  mehr  als  Hesed  auch  hier  nrn 
betitelt  wird. 

■3  Es  ist  das  wohl  derjenige  nnonSx  cmas,  der  nitt'  n-i'tich  n"2  i>T  cnnh  i"u  't  crn 
'3t:*  pin9  n"-jü'n  der  karäischen  Gemeinde  in  Fostät  (ani'rs  jyi'n  Nipr:  »i2  noJsS)  einen 
Pentateuch  geweiht  hat,  nur  hat  Firkowitsch  das  Jahrhundert  (846)  und  ebenso 
die  Zahlenbuchslaben  für  Wochen-  und  Monatstag  gefälscht  (siehe  D>aj,'::n  'pnp^, 
ed.  Baer-Strack,  p.  XXXIV)  Ganz  von  Firkowitsch  erfunden  dürfte  das  Epigraph 
sein,  angeblich  aus  dem  Jahre  789,  dns  sich  am  Ende  der  Pentateucli-Handschrift 
T.  17  findet  und  folgendermaßen  lautet:  -ii  in  '2X  miDQ  ny  nr:v:n  mn^  min  ibd  ni 
nnon^N  t:m2K  "ii  no  Snjn  ivn  i3.ii->  122  nvona  ':«  'mso  i:  ^n.in  j-rn  ididh  i:^har\  itr*« 
no  pnnf?  NJB'h  niti'  nosn  jn  21^  c»::nn  rxiS  -i'  prsT  di>2  itS  ^n"i3?:i  nn^'o  i^r^S  tm^'O 
'131  litt'-p  (beachte,  daß  hier  der  Rüsttag  des  Ostei'festes  auf  einen  Sonntag  fällt, 
ebenso  wie  in  dem  vorhergehenden  Epigraph).  Einen  älteren  Abraham  at-Tu?tari 
aus  Bagdad,  aus  der  ersten  Hälfte  des  X.  Jahrhunderts,  erwähnt  Mas'üdi  in  seinem 
Kitäb  at-tanbih  w'al-'asräf  unter  den  hervorragendsten  jüdischen  Mutakallimün 
(Bibl.   Geogr.   Arab.,   ed.   de   Goeje.  Vlll,    113:    ^.^.^   ^.^^-^   \J>j-.a\.J^   ^-<  j-^\ ^ 

<k^i  li,.!oJ'  f^^J<.^zJ\^  j^W  ^^s  f^^^  ^.s^VS  ^^  j_3  j^Ä.\;  vgl.  Harkavy,  ticx^n«  ni^  11, 
1894,  p.  280,  und  Steinschneider,  JQR  XII,  124,  Nr.  149c).  Ob  auch  dieser  ein 
Karäer  gewesen  (wie  der  dort  erwähnte  David  al-Kumiäi)'c' 

*  Vielleicht  ist  dahin  schon  sein  Großvater  Salomo  ausgewandert,  und 
daraus  würde  sich  erklären,  daß  sowohl  er  als  auch  dessen  Sohn  Isak  den 
Titel  J"D3  lann  führen  (siehe  oben  S.  III,  Note  3).  Audi  Nachkommen  der  späteren 
palästinensischen  Geonim  wanderten  vielfach  nach  Egypten  aus. 

VIII 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats.  479 

Rabbaniteii  und  Karäern  geherrscht  zu  haben.  So  wenden  sich  z.  B. 
um  dieselbe  Zeit  (1029)  die  Vorsteher  der  Gemeinde  Alexaudriens  an 
Efraim  b.  Semarja,  als  das  Haupt  der  palästinensischen  Gemeinde 
in  Fostät,  um  einen  Beitrag  zur  Auslösung  von  sieben  Gefangenen, 
wovon  vier  Rabbaniten  und  drei  Karäer.^  Im  Jahre  1038  war  das 
Haupt  der  jüdischen  Gemeinde  in  Fostat,  Abü-l-'Imrän  Miisa  b. 
Ja'kiib  b.  Ishak,  zugleich  auch  Haupt  der  Karäer.^  Etwa  45  Jahre 
später  (1082)  heiratet  der  ägyptische  Exilarch  David  b.  Daniel, 
ein  Sohn  des  palästinensischen  Gaon  Daniel  b.  'Azarja,  die  Tochter 
eines  vornehmen  Karäers,  unter  Beihilfe  des  ägyptischen  Gaons 
Josia  b/Azarja  ha-Kohen  (siehe  Babyl.  Geonim,  p.  100). 

Hat  nun  Mose  ha-Sofer  seinen  Brief  um  1020 — 1030  ge- 
schrieben, so  gehört  sein  Urgroßvater  Meir  jeder  falls  der  ersten 
Hälfte  des  X.  Jahrhunderts  an,  und  schon  aus  diesem  Grunde  ist 
es  wahrscheinlich,  daß  er  einer  der  palästinensischen  Geonim  ge- 
wesen ist,  da,  soweit  bis  jetzt  bekannt  ist,  um  jene  Zeit  nur  diese, 
nebst  dem  babj'lonischen,  den  Titel  apy  px:  nr"i"  csi  führen.^  Es 
fragt  sich  nun,  ob  er  mit  dem  Vater  Ben  Meirs  identifiziert 
werden  kann?  Chronologische  Schwierigkeiten  stehen  dieser  Identi- 
fizierung nicht  im  Wege.  Ben  Meir  hatte  zur  Zeit  des  Kalender 
Streites  (921)  schon  einen  erwachsenen  Sohn,  mußte  also  damals 
wenigstens  schon  40  Jahre  alt  gewesen  sein.  Er  wurde  also 
spätestens  zirka  880  geboren;  sein  Vater  Meir  also  zirka  850—860. 
War  nun  Mose  bei  der  Niederschrift  seines  Briefes  etwa  tO — 60  Jahre 
alt,  so  wurde  er  zirka  960  —  980  geboren,  d.  h.  etwa  110 — 130  Jahre 
nach  seinem  Urgroßvater,  was  ganz  normal  ist.^  Zur  Analogie  will 
ich  darauf  hinweisen,  daß  z.  B.  Maimonides  1135  geboren  wurde, 
sein  ältester  Urenkel  aber,  Abraham,  der  Sohn  des  Nagids  David, 


1  Siehe  JQR  XIX,  252,  1.  36.  Um  diese  Zeit  scheinen  die  Kaiäer  in  Egypten 
überhaupt  eine  dominierende  Stellung  eingenommen  zu  haben.  Möglich  also,  daß 
sich  der  Passus  in  dem  Briefe  aus  Egypten  an  Salomo  b.  Jehuda  (ed.  Müller- 
Kaufmann,  Papyrus  Erzherzog  Rainer  V,  p.  127  ff.,  1.  41)  wo  der  Schreiber  bittet: 
':;  n;rj!  )h  pnnn^  -i23jn  iti-n  icn  21)  io  pi  p''t)in  ip-tn  ]pin  hi<  n>  rn^a  tiDr\  ?n.vt:' .  .  . 
mty?  iS;'  Sj3  i:ri2  ptnnai  niMO  h:i  pcvnr:  «:n,  auf  flesed  b.  Jcser  bezieht.  Erst  mit 
der  Ankunft  des  Maimonides  wurde  ihre  Lage  erschüttert  und  ihrem  Einfluß 
auf  die  Rabbaniten  ein  Ende  gemacht. 

2  Siehe  ZfllB  XI,   102. 

3  Die  egyptischen  Geonim  z.  IJ.  nennen  sich  n^i.l  hc  rz'T>  C'N".  und  treten 
erst  nacli  dem  Verschwinden  des  babylonischen  Gaonats  auf,  siehe  Babyl. 
Geonim,  p.  99  ff. 

'  Der  Großvater  ('J^t),  von  dem  Mose  in  seinem  Briefe  spricht,  braucht 
allerdings  nicht  Salomo  gewesen  zu  sein,  vielleicht  der  Vater  seiner  Mutter. 

IX 


480  Samuel  Poznaiiski. 

1246,  d.  h.  um  110  Jahre  später;  der  jüngste  Bruder  Abrahams 
aber,  Jakob,  wurde  erst  1277  geboren,  d.  h.  142  Jahre  nach  seinem 
Urgroßvater.^  Auch  die  von  mir  oben  hervorgehobene  Schwierig- 
keit, nämlich  die,  daß  sich  Ben  Meir  in  seinem  Streit  um  den 
Kalender  auf  die  von  seinen  Vorfahren,  den  Patriarchen,  ererbten 
Traditionen  beruft  («"rDn  n-n,T  ira-n  H^z':rt  '"r^j  pn  irmnxa  ir^n^i  mübü  j^rs), 
nicht  aber  auf  seinen  Vater,  und  daß  dieser  überhaupt  in  dem 
ganzen  Streit  gar  nicht  erwähnt  wird,  scheint  mir  jetzt  auf  ein- 
fache Weise  gehoben  werden  zu  können.  Abgesehen  davon,  daß 
wir  ja  nur  einen  Teil  der  auf  den  Sreit  sich  beziehenden  Schrift- 
stücke besitzen,  so  ist  es  wahrscheinlich,  daß  Ben  Meir  nur  die- 
jenigen seiner  Vorfahren  erwähnt,  die  mit  dem  Kalender  in  Ver- 
bindung gebracht  werden  können.  Von  Rabban  Gamliel  haben 
wir  ja  derartige  Nachrichten  im  Talmud  (ja"!"?  'h  rr]  r^jzb  nr,'^  müT 
'lann^'rrn  "rnüai  xb^toi  bs^bisj;  dann  die  bekannte  Stelle:  pn  ür\b  iäK' 
üv  nrtt'm  D'^ntt^ra  nmna  n'nb  b^  nrnn  j-str  «2X  "n«  n-'rü  's'^mpü  "-p  '^«•'bj:^ 
'131  n2inai).  In  betreff  Rabbis  aber  gab  es  eine  Tradition  in  den  Lehr- 
häusern der  palästinensischen  Geonim,  daß  er  es  war,  der  ange- 
sichts der  zunehmenden  Zerstreuung  und  der  überhandnehmenden 
Streitigkeiten  beschloß,  „das  Geheimnis  der  Einschaltung"  nicht 
mehr  wie  bisher  nur  den  Schulhäuptern,  sondern  es  allen  Ge- 
lehrten und  den  Mitgliedern  des  Sanhedrin  zu  überliefern  und  es 
ganz  Israel  zu  lehren,  worauf  sein  Beschluß  für  alle  seine  Nach- 
folger maßgebend  wurde.-  Der  Vater  Ben  Meirs  aber  dürfte  sich 
mit  Kalenderfragen  nicht  speziell  beschäftigt  haben. 

Aber  nun  stellt  sich  uns  eine  andere  Schwierigkeit  in  den  Weg. 
Unlängst  wurde  der  Überrest  von  Ben  Meirs  zweitem  Brief  an 
seine  Freunde  in  Babylonien  nach  einem  etwas  vollständigeren 
Geniza-Fragment  veröffentlicht,  und  da  findet  sich  ein  in  der  ersten 
Ausgabe  fehlender  Passus,  der  seines  sehr  interessanten  Inhaltes 
wegen   es  verdient,  ganz  hierher  gesetzt  zu  werden,   und  zwar:^ 

1  Vgl.  Brann,  MGWJ  XLIV,  24. 

2  Siehe  Ebiatar-Megilla,   p.  9,  1.  4  ff.:  payr:  pxi  I'SD^'ron  ]-\j:Hpi  th^n  bi  .  .  . 

Dny:3  n^iya  ni^i:.'!  Vi'crDi  mpiSna  nii  minsn  ^32  'b"  nrEsniK'  v^2-;  -yi  vnpn  ir^T  niD'o 
canm  jmnaDni  avo^nn  h^h  mon  idüi  nrsy  ia^  m>2  iido  nion  n'n'c  Lixi'J  hnt  ina  pxtr 
.'131  V'st  tr'npn  irai  nrr'yoD  inns  rnr  d'jixj!i  o'jn  'na  i.in:  pi . . .  'tt"  h:ih  no^^  cm  «in 
Auch  in  betreff  des  Rabban  Gamliel  heißt  es  hier  (p.  7,  1.  22  ff):  IDD  '^OJ  pm  .  .  . 
paS  Njn:N  j^yninD  ana  ton  dj  nnt:-  nma^'i  nnyio  ny^ap  pnrD'i»  vn  nr^oi  'v^c  'i  uaS  mcn 
'iai  'ONp  «9  "Xian  i^ki  '9ia  pa»an  N'^tijsT  (also  handelt  es  sich  hier  um  Gamliel  L, 
während  die  im  Texte  angeführten  Stellen  von  Gamliel  II.  handeln). 

a  JQR,  N.  S.,  V,  554,  1.  16  ff.  Frühere  Ausgaben  bei  Schechter,  Saadyana, 
Nr.  V — Ya,  und  bei  Bornstein,  t{<0  pi  .V'Di  np^no,  p.  90—93. 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats.  481 

n'-^'''?tri  .D^ars  naa  ^k-'.d"'  "^y  'itt'SD  [n;D  jpn  "rbrüa  .t":::"  .'i:i  "2  it  h:  "nn  'ök 

t3''xr?:'n  lu^p's  n'^ra  mö^i:'  ncö  '-,i  tkö  '-i  irmsKöi  .pr  r*:  n'  nnno  n-,;r2  :"in:iy 
nc'sm  rrirm  mm  nr.i'  irbr  [i]"y  -rs'  irn:«  iiaa  n'üüi  .*)2*i'  jivt:'?  ni:?  nryi  p.-in'? 

'iri  a'S'rrn  pr  "-  'T  rnnä.  Enthält  nun  dieser  Passus  so  manches 
Rätsel,  so  z.  B.  daß  Hillel,  Rabbi  und  Jehuda  II.  ^  mit  Aufopferung 
ihres  Lebens  für  ihr  Volk  eingetreten  seien,  wofür  es  sonst  keine 
Quelle  gibt,  dann  die  interessante  Nachricht  vou  einem  R.  Müsa, 
der  von  den  Karäern  an  Stelle  des  früheren  Tempels-  ermordet 
wurde,  ebenso  der  letzte  Passus  über  die  verschiedenen  Drang- 
sale, die  Ben  Meir  selbst  durchgemacht,  ^  so  ist  doch  besonders 
verwunderlich,  daß  er  seinen  Vater  Meir,  dem  neben  seinem  Groß- 
vater Mose  ebenfalls  von  Seiten  der  Karäer^  Lebensgefahr  drohte, 
nur  einfach  n-sa  'n  nennt  und  ihn  nicht  Gaon  betitelt.  Oder  sollte 
das  aus  Rücksicht  auf  den  Großvater  ntra  'n,  der  noch  nicht  Gaon 
war,  geschehen  sein?  Daß  aber  hier  nicht  der  Vater  Ben  Meirs, 
sondern  einer  seiner  Vorfahren  gemeint  sein  soll,  ist  schon  darum 
unwahrscheinlich,  weil  der  Name  Meir  in  gaonäischer  Zeit  im  Orient 
sehr  selten  ist.    Ich  kenne  nur  noch  einen  Träger  dieses  Namens 


1  Dieser  muß  docli  wohl  unter  K'C*;n  min'  "i,  im  Gegensatz  zu  Rabbi,  der 
cnpH  ir^T  genannt  wird,  gemeint  sein.  Doch  sahen  wir  oben  ('iDi  la^C"7C•  p:y3), 
daß  Ben  Meir  auch  Rabbi  S'rjn  min'  i:':"i  nennt. 

2  nitv'2  ;""n:  ist  allerdings  die  Nachahmung  einer  talmudischen  Redensart, 
aber  wie  es  scheint,  ist  hier  ein  spezieller  Ort  des  früheren  Tempels  gemeint, 
wahrscheinlich  der  Ölberg,  wo  sich  am  Hüttenfest  Rabbaniten  und  Karäer  zu 
versammeln  pflegten  und  wo  es  leicht  zu  Schlägereien  und  dann  auch  zu  Tot- 
schlägen kommen  konnte  (später,  wo  Rabbaniten  die  Oberhand  hatten,  drang- 
salierten sie  die  Karäer,  aber  selbstverständlich  kam  es  nicht  bis  zu  einem  Mord; 
siehe  die  Belege  REJ  XLVIII,  153,  N.  2).  Wenn  wir  die  Zeit  Müsas  wüßten, 
hätten  wir  ein  Datum  a  quo  für  das  Vorhandensein  von  Karäern  in  Jerusalem, 
jedenfalls  waren  sie  dort  vor  dem  Vater  und  Großvater  Ben  Meirs,  also  jeden- 
falls schon  um  die  Mitte  dea  IX.  Jahrhunderts.  Demnach  sind  meine  Ausführungen 
in  o'^rnn  c^x^p^  ni^w'V.n  n'tfNi,  p.  11  ff-,  zu  modifizieren. 

3  Vgl.  dazu  Bornstein  zur  Stelle  und  ni2t5"nn  n»rNn,  p.  15. 

*  Das  sind  doch  wohl  die  n'N:iL",  wie  im  letzten  Passus  D'«Jirn  pv  KZ  't  nnna. 
Zu  beachten  ist  dabei,  daß  Ben  Meir  nicht  von  Karäern  spricht,  sondern  von 
Nachkommen  'Anäns,  d.  h.  doch  wohl  von  'Ananiten.  Der  Namen  Karäer  kommt 
zwar  schon  bei  Benjamin  Nahawendi,  also  in  der  zweiten  Hälfte  des  IX.  Jahr- 
hunderts, vor,  aber  wie  Kirkisäni  (Abschn.  I,  ed.  Harkavy,  p.  317,  1.  4)  berichtet, 
bildeten  die  'Ananiten  noch  zu  seiner  Zelt  (9.^7)  eine  zwar  geringe,  aber  doch 
besondere  Gruppe.  Sollten  etwa  anfangs  nur  diese  in  Palästina  gewesen  sein? 
oder  sind  die  „Nachkommen  'Anäns"  hier  wörtlich  aufzufassen? 

Festschrift.  31 

XI 


482  Samuel  Poznaiiski. 

um  diese  Zeit,  nämlich  Meir  b.  Josef,  an  den  der  Gaon  'Amram 
im  Jahre  858  eine  vollständige  Sammlung  von  Responsen  geschickt 
hat'  Doch  kann  es  reiner  Zufall  sein,  daß  Ben  Meir  diesmal  seinem 
Vater  den  Titel  Gaon  nicht  beigelegt  hat,^  überdies  genügt  diese 
eine  Tatsache  nicht,  um  alle  Beweise  für  die  Identifizierung  des 
Urgroßvaters  des  Mose  ha-Sofer  mit  dem  Vater  Ben  Meirs  um- 
stoßen zu  können. 

Die  Seltenheit  des  Namens  Meir  ist  eben  ein  weiterer  Beweis 
für  die  Identifizierung.  Dann  kommt  noch  ein  anderer  Umstand 
hinzu.  Der  erste  Brief  Ben  Meirs  an  seine  Freunde  in  Babylonien 
beginnt,  nach  der  gereimten  Einleitung,  mit  der  in  gaonäiscben, 
aber  auch  in  nichtgaonäischen  Briefen  fast  stereotyp  gewordenen 
Begrüßungsformel:  3  nbnj  |mn:D  p-\  -iibz'  ]'^  n^s  2i«  pnr  p)  'i^ü  ü^bv  ixc 
D-'Dpn  p^  jn'.'abn  p)  pnin  b^fl^  D'3tt?bm  n-'i^snn  |öi  iTi^^b  nstyvn  n'cp  p-nnjci 
■"'"  tt;npö3  amn  bai^s'  my  n^^^'^  baai  D'jjDm  jmnn  p^  D^Dmm  aneicm  Q^tsa^rm 
'131  ni::iK  -nirri.  Hier  haben  wir  nun  schon  eine  volle  Organisation  des 
Lehrhauses,  mit  einem  „Vater",  mit  Schülern,  Schreibern  und  Richtern, 
mit  „Reihen"  und  den  Titeln  „großes  und  kleines  Sanhedrin"  usw.  usw.^ 
Also  muß  es  schon  eine  gewisse  Entwicklung  hinter  sich  gehabt 
haben  und  müssen  alle  diese  Würden  und  Ämter,  die  fast  alle 
den  gaonäischen  Hochschulen  eigen  sind,  schon  vor  Ben  Meir 
existiert  haben.  Daß  aber  dieser  in  den  erhaltenen  Schriftstücken 
niemals  Gaon  genannt  wird,  scheint  mir  jetzt  ebenfalls  ohne  Belang 
zu  sein,  da  wir  ja  seine  Person  nur  in  den  Schriftstücken  der 
Gegner  angeführt  finden,  die  ihn  naturgemäß  nur  n::''©''  ri«-i  nennen.^ 


I 


1  Siehe  Geonica,  ed.  Ginzberg,  II,  326.  In  der  Familie  Abrahams,  die 
meiner  Vermutung  nach,  zu  einer  Seitenlinie  Ben  Meirs  gehört,  finden  wir 
einen  Meir  (=  Nehorai)  erst  im  Jahre  1161  (siehe  REJ  LXVI,  70).  Die  ältesten 
bekannten  Träger  des  Namens  Meir  in  Europa  dürften  Meir  b.  Isak  ii:i'  n^l'Z- 
in  Deutschland   und   der  Vater  des  Josef  ibn  Megas  in  Spanien   gewesen   sein. 

2  Serira  z.  B.  nennt  seinen  Großvater  Jehuda  ^vzit  ^2H  px;  min>  zi  (Studien 
und  Mitteil.  IV,  198  unten,  201)  vielleicht  auch  i:3pT  psj  (ibid.  98;  vgl.  p.  360); 
Hai  nennt  seinen  Vater  Serira  i;'2K  px::  (ibid.  2)  und  seinen  Großvater  Hananja 
i;:pT  p«J  (ibid.  48). 

3  Kombiniert  nach  Bornstein,  p.  48,  und  E.  N.  Adler,  REJ  LXVII,  50. 
Vgl.  über  diese  Formel  zuletzt  mein  cur  ü-y:);  I,  48  (wo  noch  hinzuzufügen 
wäre,  daß  eine  ähnliche  Formel  sich  auch  noch  bei  Abraliam  Maimüni  findet, 
siehe  Eppenstein,  Abraham  Maimuni,  p.  31,  N.  3). 

4  Nur  das  Amt  eines  »ti"^tJ'  scheint  damals  noch  nicht  existiert  zu  haben. 
Wir  finden  es  zuerst  bei  Salomo  b.  Jehuda,  der  es  vielleicht  auch  zuerst  ein- 
geführt hat,  vgl.  Babyl.  Geonim,  p.  88. 

5  Auch  Josef  ha-Kohen,  der  doch  gewiß  Gaon  gewesen,  wird  von  Serira 
nur  na^B"  tr«T  genannt,  siehe  ibid.,  p.  85. 

XII 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats.  483 

Saadja  aber  gönnt  ihm  sogar  diesen  Titel  nicht  und  nennt  ihn 
nur  .T.irrn  rxi.'  Daß  er  überdies  von  seinen  Gegnern  nicht  mit 
seinem  eigenen  Namen  angeführt,  sondern  als  Sohn  seines  Vaters 
bezeichnet  wird,  kann  zweierlei  Ursachen  haben.  Entw^eder  kann 
in  TK'.t:  \i  etwas  Verächtliches  für  seine  Person  liegen,  wie  in  den 
biblischen  -c"  p  (I.  Sam.  20,  27.  30),  ltI^ü-,  p  (Jes.  7,  5)  und  ö  tov 
'^ßovßov  (I.  Macc.  16,  15;  siehe  Kautzsch  zur  Stelle),  wie  ja  Ben  Meir 
wiederum  seine  Antagonisten  -ara  p  und  -xr:  p  nennt  (JQR,  N.  S., 
V,  552.  554), 2  oder  wollten  sie  damit  bezeichnen,  daß  er  nicht  als 
ein  rechtmäßig  ordinierter  zu  betrachten  sei,  wie  der  talmudische 
nn-nrp,3  oder  es  kann  darin  endlich  eine  Art  Anerkennung  füi- 
den  Vater  Meir  liegen,  der  im  Gegensatz  zu  seinem  Sohn  vielleicht 
auch  bei  den  Gegnern  in  Achtung  stand.  In  seinen  Briefen  nach 
Babylonien  spricht  Ben  Meir  von  dem  guten  Verhältnis  zwischen 
diesem  Lande  und  Palästina,''  was  doch  nur  auf  die  Zeit  vor  dem 
Kalenderstreit,  d.  h.  auf  die  Zeit  Meirs,  bezogen  werden  kann.  Erst 
der  ausgebrochen e  Streit  trübte  das  gute  Verhältnis. 

Es  ist  also  anzunehmen,  daß  Meir  Gaon  gewesen,  und  dabei 
der  erste  dieses  Titels,  und  es  drängt  sich  von  selbst  die  Frage  auf, 
welchen  Umständen  diese  Institution  ihre  Entstehung  zu  verdanken 
hat?  Man  könnte  sie  in  den  damaligen  Verhältnissen  der  beiden  babj^- 
lonischen  Hochschulen  suchen.  Diese  beiden  Hochschulen  machten 
am  Anfange  des  X.  Jahrhunderts  eine  Krisis  durch.  Die  suranische 
lag  schon  911,  nach  dem  Tode  Salom  b.  MLsaels,  danieder  und 
hatte  in  ihrer  Mitte  keine  Gelehrten  mehr.s  In  Pumbadita  wiederum 
brach  917,  nach  dem  Tode  des  Jehudai  b.  Samuel,  ein  Streit 
zwischen  den  Mitgliedern  der  Akademie  und  dem  Exilarchen  aus, 

1  Siehe  Borustein,  p.  8,  N.  1 :  p.  6?,  1.  22.  In  der  Ebiatar-Megilla,  p.  9,  1.  12, 
kommt  der  Titel  miinn  iiX-i  vor. 

2  Von  Saadja  wird  Ben  Meir  auch  als  7t:'nrj  bezeichnet  (siehe  Bornstein, 
p.  58,  1.  6  und  p.  64,  1.  16;  ein  den  Arabern  nachgeahmtes  und  von  dem  Gaon 
auch  sonst  beliebtes  Vorgehen  seinen  Gegnern  gegenüber,  vgl.  Harkavy,  Studien 
und  Mitten.  V,  144),  doch  findet  sich  auch  der  Spitznamen  -'ti-nf:  ;::  (JQR  XVI, 
290.  296). 

3  Siehe  Taanit  3\  Ähnlich  werden  auch  die  Namen  von  Ben  Azzaj,  Ben 
Zoma  und  Ben  Zakkai  erklärt,  die  ja  aber  aucli  mit  vollem  Namen  vorkommen. 
Benennungen  nach  dem  Vater  kommen  schon  in  der  Bibel  vor  (z.  B.  mn  p  etc. 
1.  Kön.  4,  9),  dann  auch  aus  der  Zeit  des  zweiten  Tempels  (siehe  Büchler,  Priester 
und  Cultus,  p.  170),  im  Talmud  (z.  B.  ntrv'^K  p  der  Schwiegersohn  Rabbis)  und  in 
gaonäischer  Zeit  (z.  B.  die  Masoreten  Ben  Äser  und  Ben  Naftali,  Ben  Efraim  usw.). 

'  Siehe  den  ersten  Brief  Ben  Meirs  bei  Bornstein,  p.  49—50. 
'->  Öerira,    ed.    Neubauer,    p.    39:    c':c'   r  SNt:'v>  2t  12  ci^c  :t  la  nnn2i  .  .  . 
r'O'^n  na  nNnct<  n^i  hivj:  «cno  »<na2  xnS'o  .s^nh^N  nnnai 

31* 
XIII 


484  Samuel  Poznanski. 

indem  jene  Mebasser,  dieser  Kohen  Sedek  zum  Gaon  ernannte.^ 
Diese  Zustände  benützte  vielleicht  Meir,  um  ein  Gaonat  in  Palästina 
ins  Leben  zu  rufen,  so  daß  er  es  etwa  918  errichtet  und  darin  nur 
zwei  Jahre  fungiert  hätte.  Sein  Sohn  würde  dann  einen  Schritt  weiter 
gegangen  sein,  indem  er  den  Versuch  machte,  Babylonien  Palästina 
unterzuordnen,  was  ihm  aber,  dank  der  Intervention  Saadjas,  nicht 
gelang.2  Aber  in  diesem  Falle  würde  sich  das  gute  Verhältnis 
zwischen  Babylonien  und  Palästina  vor  dem  Ausbruche  des  Streites 
schwer  erklären  lassen.  Es  ist  also  wahrscheinlicher,  daß  das 
Gaonat  ein  Bollwerk  gegen  das  Vordringen  der  Karäer  in  Palästina 
werden  sollte.  Auch  in  Babylonien,  dem  Stammlande  dieser  Sekte, 
wurde  man  sich  erst  jetzt  der  drohenden  Gefahr  bewußt.  Bis 
zum  Ende  des  IX.  Jahrhunderts  hat  man  sie  entweder  unter- 
schätzt oder  sie  drängte  sich  dort  nicht  in  den  Vordergrund.  ^  Ihr 
Hauptsitz  in  diesem  Jahrhundert  scheint  Persien,  ein  für  alles 
Sektenwesen,  sowohl  jüdisches  als  auch  muhammedanisches,  so 
günstiges  Land,  gewesen  zu  sein,  weswegen  wir  auch  nur  hier 
zwei  bedeutende  karäische  Namen  haben,  nämlich  Benjamin  b.  Mose 
in  Nahawend  und  Daniel  b.  Mose  in  Damagao,  in  der  Provinz 
Kumis.  Erst  an  der  Grenze  des  IX.  und  X.  Jahrhunderts  scheinen 
sie  auch  in  Babylonien  und  noch  mehr  in  Palästina  an  Bedeutung 
gewonnen  zu  haben.  Das  veranlaßte  wohl  einerseits  die  Führer 
der  babylonischen  Judenheit,  Saadja,  der  als  23jähriger  junger 
Mann  schon  eine  Schrift  gegen  'Anan  verfaßt  hat,  nach  Babylonien 
einzuladen,  wo  er  den  Kampf  mit  den  Karäern  in  intensiver  Weise 
aufgenommen    hat,*    anderseits    wiederum    schufen    die    Vorsteher 


i  Ibid.  p.  40:  nini  n"Di  n:tt'  -nsa  2>3t5'i . . .  la^pr  \)n:,  >Nnin»  m  i^a  nnnai . . . 
nayi  fh-)  djc*  Si^n  tt'nn  tj  jin^jo  ndji^s  mm  . . .  N3n2  pii*  p2  21  irsS  mnp  ic^':  im 

-  Das  Einstellen  des  Streites  zwischen  David  b.  Zakkai  und  Mebasser  im 
Jahre  922  hängt  wohl,  wie  schon  Bornstein  (p.  12)  richtig  erkannt  hat,  mit  dem 
Auftreten  Ben  Meirs  zusammen. 

3  Daraus  erklärt  sich  vielleicht  auch,  daß  in  der  vorsaadjanischen  gaonäi- 
sehen  Literatur  von  den  Karäern  nur  an  zwei  Stellen  die  Rede  ist,  und  zwar 
wird  auf  sie  angespielt  in  einem  Responsum  eines  Schülers  eines  Räba,  der 
ein  Schüler  des  Jehudai  Gaon  gewesen  ist  (ed.  Harkavy,  ji.'in  IV,  72),  dann  in 
den  bekannten  Worten  Natronais,  der  das  Gesetzbuch  'Anäns  nur  vom  Hören- 
sagen kannte  (airov  21  inD,  ed.  Warschau,  fol.  31"). 

*  Das  Jahr,  in  dem  Saadja  seine  Heimat  Egypten  verlassen  hat,  ist  nicht 
genau  bekannt,  jedenfalls  war  es  zwischen  912—920,  denn  er  verließ  es,  nachdem 
er  mehr  als  20  Jahre  alt  wai-,  wie  aus  dem  Fragment  Saadyana,  p.  134,  folgt 
(. . .  nnry  p  12  }<m  r\n^  J,nn  i<h  nnj<  li'i  ^3),   aber  lange  vor  dem  Kalenderstreit  mit 

XIV 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonats.  485 

der  palästinensischen  Judenheit  das  Gaonat,  um  gegen  sie  eine 
feste  Organisation  zu  haben. ^  Die  Babj^lonier  dürften  die  Schöpfer 
dieser  Institution  als  willkommene  Kampfgenossen  angesehen  haben, 
und  daraus  erklärt  sich  das  ursprüngliche  gute  Verhältnis  zwischen 
Babylonien  und  Palästina.  Wie  nun  die  Regierung  sich  dazu  ver- 
halten hat,  ist  schwer  zu  wissen,  da  keine  diesbezüglichen  Nach- 
richten vorliegen.  Womöglich  hat  sie  sich  in  solche  interne  An- 
gelegenheiten überhaupt  nicht  gemischt.  Übrigens  war  es  die  Zeit 
des  Chalifen  at-Muktadir  (regierte  908  —  931),  die  voll  Unruhen  war, 
und  so  konnte  auch  im  inneren  geistigen  Leben  der  Juden  eine 
Dezentralisation  eintreten. 

Wo  nun  Meir  seine  Hochschule  errichtet  hat,  ist  ebenfalls 
unbekannt.  Ben  Meir  finden  wir  außerhalb  Jerusalems,^  und  so 
dürfte  auch  dessen  Vater  nicht  in  der  Hauptstadt  das  Gaonat 
geschaffen  haben.  Die  Ursache  mögen  wohl  wiederum  die  Karäer 
gewesen  sein,  vor  denen  man  in  Jerusalem,  wie  wir  oben  hörten, 
nicht  seines  Lebens  sicher  war.  Wieviel  Jahre  Ben  Meir  schon 
vor  921  amtiert  hat,  ist  ebenfalls  unbekannt.  Jedenfalls  klafft 
zwischen  ihm  und  Josef  ha-Kohen,  von  dem  wir  das  sichere 
Datum  989  haben,  eine  große  Lücke.  Aus  der  Zwischenzeit  haben 
wir  die  Anfrage  der  Rheinländer  (cid—.  'Z':a)  an  die  Gemeinden  oder 
Gelehrten  Palästinas  aus  dem  Jahre  960,  in  der  die  Geonim  nicht 
erwähnt  werden. ^  Sollte  es  damals  keine  gegeben  haben ?'^  Inter- 
essant ist  in  jedem  Fall  festzustellen,  daß  mit  einer  Ausnahme 
(Salomo  b.  Jehuda)  das  Gaonat  von  Davididen  auf  Aroniden  über- 


Ben  Meir,  denn  er  bereiste  schon  früher  verschiedene  Länder  (siehe  Bornstein, 
p.  71  ff.).  Walirscheinlich  verließ  er  es  nach  der  Abfassung  seiner  Schrift  gegen 
'Anän,  d.  h.  nach  915,  und  der  Ruhm,  den  Begründer  des  Karäismus  bekämpft 
zu  haben,  ging  ihm  wohl  in  fremden  Ländern  voran. 

'  Dadurch  würde  meine  ursprüngliche  Vermutung  von  der  Entstehung 
des  Gaonats  in  Talästina  als  Reaktion  gegen  die  Stärkung  des  Karäertnms  in 
diesem  Lande  (m:c'\"i-  n'rsi,  p.  34;  vgl.  Babyl.  Geonim,  p.  82,  N.  1),  aufrecht 
erhalten  werden  können,  aber  in  modifizierter  Form. 

2  Siehe  Bornstein,  p.  60,  N.  3. 

3  Vgl.  Babyl.  Geonim,  p.  84,  N.  2,  und  das  dort  Gesagte  in  betreff  der 
Antwort  des  Chazarenkönigs  Josef  an  Hasdai  ibn  Saprüt. 

■*  Aus  dieser  Zeit  stammen  vielleicht  auch  die  palästinensischen  Responsen 
(^N-ia'' pK  mmcn)  in  der  Sammlung  pii«  nvr  (fol.  15",  30",  69%  83"  und  92'';  vgl. 
Litbl.  des  Orients  X,  201  und  J.  Müllers  nrsri,  p-  15),  und  womöglich  auch  die 
in  die  Halachot  Gedolot  (ed.  Warschau,  fol.  120)  aufgenommenen  nuii'p  mrTn 
Nnyo  »321,  die  beide  aus  der  gaonäischen  Epoche  zu  sein  scheinen  und  in  denen 
wohl  Palästina,  respektive  Palästinenser,  nicht  aber  palästinensische  Geonim 
genannt  werden.   Ausführlicher  darüber  in  einem  anderen  Zusammenhang. 

XV 


486  Samuel  Poznanski. 

ging  und  umgekehrt.  So  finden  wir  nach  Meir  und  dessen  Sohn, 
den  Nachkommen  von  Patriarchen,  die  Aroniden  Josef  und  dessen 
Sohn  Samuel.  Dann  wiederum  die  Nachkommen  von  Patriarchen 
(aus  einer  Seitenlinie  Ben  Meirs?)  in  drei  Generationen,  nämlich: 
Abraham,  Aron  und  Josia,  Letzteren  fanden  wir  in  Ramla  im 
Jahre  1015.  Sollten  damals  oder  noch  von  früher  her  die  Geonim 
in  dieser  Stadt,  die  auch  der  Sitz  der  Behörden  gewesen  ist,  ihr 
Lehrhaus  gehabt  habea,'  oder  hat  sich  Josia  dort  nur  zufällig 
aufgehalten?  Interessant  ist  es  auch,  daß  wir  aus  demselben  Jahr 
eine  Anfrage  von  den  Genossen  Jerusalems  an  Hai  haben.^  Sollten 
vielleicht  etwa  in  der  Heiligen  Stadt  Parteigänger  der  babyloni- 
schen Geonim  sich  befunden  haben,  welche  die  Autorität  der 
palästinensischen  Schulhäupter  nicht  anerkannten ?3  Der  yz^  und 
Nachfolger  Josias,  Salomo  b.  Jehuda/  unterhielt  vielleicht  Be- 
ziehungen mit  Hai.'''  Ihn  finden  wir  auch  als  t'zü  in  Jerusalem," 
so  daß  vielleicht  Josia  zuerst  sein  Lehrhaus  dorthin  übertrug. 
Bei  Salomo  fungierten  als  „Väter"  zuerst  Josef  ha-Kohen  und  dann 
Aron  IL  b.  Josia  I.  (oder  auch  umgekehrt),  worauf  das  Gaonat 
wiederum  an  Aroniden  (die  nicht  Nachkommen  des  Samuel  b.  Josef 
gewesen  sind)  überging,  und  zwar  an  Salomo  b.  Josef  ha-Kohen, 
den  Sohn  des  früheren  t'ds'.  Auf  Salomo  folgte  dessen  Sohn  Josef, 
der  den  Sohn  Aron  IL  b.  Josia,  der  ebenfalls  Josia  IL  hieß,  zum 
-i"2X  hatte.''  Von  da  ab  ist  die  Geschichte  des  palästinensischen 
Gaonats  bereits  aus  der  Ebiatar-Megilla  bekannt.  Sein  Inhaber  war 
wiederum  ein  Davidide,  nämlich  der  oben  erwähnte  Nachkomme 

i  über  die  Bedeutung  von  Ramla  siehe  REJ  XLVIII,  156,  N.  2.  Auch  in 
dem  Brief  an  Salomo  b.  Jehuda,  ed.  Müller-Kaufmann,  wird  (1.  22)  ein  Schreiben 
„der  ältesten  Ramlas''  (n'rril  •'ipt)  erwähnt. 

2  In  einer  Antwort  nach  Kairuwän  aus  dem  Jahre  1016  (siehe  Studien 
und  Mitteil.  IV,  32  oben)  sagt  Hai  (ibid.  p.  29,  Nr.  64):  ]*pa  ir:i}^  ns2  IT  n^Ntt' 
'i:i  wr^nm  or^'n^iC'  ansnn  n'rDsnriD  cm^ü  n'a'.  (Über  eine  andere  Anfrage  aus 
Jerusalem  an  Hai  siehe  J.  N.  Epstein,    Der  gaonäische  Kommentar  etc.,   p.  27.) 

3  Über  die  dominierende  Stellung  der  Babylonier  in  Palästina,  aber  etwa 
150  Jahre  früher,  unterrichtet  uns  das  interessante  Responsum  eines  palästinen- 
sischen Jüngers  oder  jüngeren  Zeitgenossen  Jehudais  bei  Ginzberg,  Geonien  II,  52 
(vgl.  JQR,  N.  S.,  III,  415). 

^  Frülier  hielt  ich  ihn  für  einen  T'2N  des  Samuel  b.  Josef. 

6  Vgl.  Babyl.  Geonim,  p.  90. 

c  Vgl.  ibid.  p.  ST,  N.  2. 

"  Dadurch  läßt  sich  die  Zeit  dieses  Josia  besser  ausgleichen,  da  dann  der 
Zwischenraum  zwischen  105,3,  wo  er  T'ix  war  (1031  war  er  i^n)  und  1015.  wo 
srin  Großvater  Josia  I.  Gaon  gewesen  ist,  ein  kleinerer  ist  als  der,  den  ich 
anfangs  annehmen  mußte,  als  ich  Josia  I.  vor  Josef,  dem  Vater  Samuels,  d.  h. 
vur  tiS'J  ans-etzte  (vgl.  aucli  Babyl.  Geonim,  p.  91,  N.  4). 

XVI 


Die  Anfänge  des  palästinensischen  Gaonatä. 


487 


der  Exilarchen,  Daniel  b.  'Azarja,  und  dann  wiederum  Aroniden, 
nämlich  die  letzten  zwei  Geonim,  Elia,  der  Bruder  Josef  b.  Salomos, 
und  dessen  Sohn  Ebiatar. 

Die  Reihenfolge  der  Geonim  und  ihrer  „Väter"  ist  nun  folgender- 
maßen anzusetzen:  1 


Geonim: 

I.  Davididen   (Nachkommen  der 

Patriarchen) : 
Meir 
(Aron  V)  b.  Meir  (921) 


?> 


Väter": 


Isak 


II.  Aroniden: 
Josef  (989) 
Samuel  b.  Josef 

III.  Davididen  (eine  Seitenlinie  von 

Ben  Meir?): 
Abraham 
Aron  b.  Abraham 
Josia  b.  Aron  b.  Abraham  (lOlü) 

IV.  Unbekannter  Herkunft: 
Salomo  b.  Jehuda  b.  Berechja 
(102T— 1046) 

V.  Aroniden: 
Salomo  b.  Josef 
Josef  b.  Salomo  b    Josef  (IOl'3) 

VI.  Davidide  (Nachkomme  der  Exil- 
archen) : 
Daniel  b.  'Azarja     (1054—1062) 

VII.  Aroniden: 
Elia  b.  Saloiuo  (10G2— 1085) 
Ebiatar  b.  Elia  (1085  bis  vor  1109) 


"Salomo  b.  Jehuda  b.  Berechja 


Josef  ha-Kohen 

Aron  II  b    Josia  I  b    Aron 


''Josef  b.  Salomo  ha-Kohen 
Josia  II  b.  Aron  II  b.  Josia  I 


*Elia  b.  Salomo  ha  Kohen 


*Ebiatar  b.  Elia  ha-Kohen 
*Salomo  b.  Elia  ha-Kohen 

§adok  b.  Josia  II  (nach  lu94) 

Abraham  ha-Kohen  V 


*  Diejenigen  „Väter",   die  spater  zu  Geonim  avancierten,   sind   auch  hier 
mit  einem  Sternchen  bezeichnet. 


XVII 


Das  Lehrhaus  dos  Eabbi  Nissim  Geriiiidi  in 

Barcelona  (p) 

als  Ursprnugsort  der  letzten  antimaimunischen  philo- 
sopliischen  Eichtung  in  Spanien. 

Ton  Rabbiner  Dr.  M.  Rosonmaim,  Wien. 

Der  seit  dem  Erscheinen  von  Maimonides' Meisterwerk  „Führer 
der  Irrenden"  fast  ununterbrochen  lodernde  Streit  über  das 
Verhältnis  der  aristotelisch-maimunischen  Philosophie  zu  den  über- 
lieferten Glaubenssätzen  des  Judentums  schien  durch  den  über 
Betreiben  des  Enkels  Maimonides',  David  Maimuni,  von  den  maß- 
gebenden Rabbinatskollegien  des  Orients  (1289)  ausgesprochenen 
Bann  gegen  die  Gegner  Maimonides'  zugunsten  desselben  ent- 
schieden worden  zu  sein  (vgl.  darüberKobak,Jeschurun,  Jahrg.  VII; 
Brüll,  Jahrbücher  für  jüd.  Gesch.  u.  Lit,  Jahrg.  IV  und  Graetz, 
Geschichte,  Bd.  VlI,  Note  8).  Selbst  Salomo  ben  Adrets  Stellung- 
nahme gegen  das  frühzeitige  Studium  der  philosophischen  Schriften 
(1305)  sollte  nicht  die  Werke  Maimonides'  treffen  (vgl.  Graetz, 
Geschichte,  Bd.  VII,  3,  Aufl.,  p.  241).  Der  Freidenker  Samuel  Zarza^ 
stellte  in  seinem  Superkommentar  zu  IbnEsra,  Mekor  Chaim  (1368), 
die  Gegner  einer  philosophischen  Deutung  der  heiligen  Schrift 
den  die  talmudische  Hermeneutik  verschmähenden  Sadduzäern 
gleich  und  noch  viel  später,  1432,  konnte  der  Proven9ale  Josef 
ibn  Kaspi  an  seinen  Sohn  die  Worte  schreiben:  „Ich  schwöre 
beim    ewigen  Leben,    daß  Aristoteles   sowohl  wie   seine  Genossen 


c':vj  i:Si'K  c'xipin  Din":i  prrj  r,);>or2  N:m  S'cr  inD:n,  Einleitung  zu  seinem  Werke 
D"n  mprD.  Über  sein  Leben  vgl.  S.  Reinach  in  Revue  d'anthropologie,  T.  IV, 
Paris  1889  und  meine  Abhandlung:  Darstellungen  aus  dem  inneren  Leben  der 
spanischen  Juden  im  XV.  Jahrhundert,  Magazin  fiir  die  Wissenschaft  des  Juden- 
tums, Berlin  1893,  p.   161,   Anm.  1. 

1 


490  Dr.  M.  Rosenmann. 

and  Schüler  allesamt  dazu  auffordern,  die  Worte  der  Weisen  und 
Propheten  zu  erfüllen  und  insbesondere  die  praktischen 
religiösen  Vorschriften  auszuüben."  (Sefer  Hamussar  im 
Taam  Sekenim,  p.  52.)  i 

Dieser,  mindestens  in  Gelehrtenkreisen  fast  als  unumstößlich 
geltenden  Identität  der  aristotelischen  Weisheit  mit  der  mosaischen 
Gesetzeslehre  gegenüber  tauchten  gegen  Ende  des  XIV.  Jahr- 
hunderts und  darüber  hinaus  in  Spanien  philosophisch  geschulte 
Männer  auf,  welche,  mit  allem  wissenschaftlichen  Rüstzeug  der 
damaligen  Zeit  ausgestattet,  diese  Anschauung  als  einen  über- 
wundenen Standpunkt  betrachteten  und  unter  sachlicher  Be- 
kämpfung des  Aristoteles  und  seines  Mittlers  Maimonides  oder 
unter  stillschweigender  Ausschaltung  beider  grundlegende,  be- 
deutungsvolle Werke  schufen. 

Von  wo  ist  dieser  Umschwung  ausgegangen? 

Alle  Anzeichen  weisen  auf  das  Lehrhaus  des  R.  Nissim  Gerundi 
in  Barcelona  hin,  dessen  Einflußnahme  in  philosophischer  Hin- 
sicht in  nachfolgender  Beweisführung  dargelegt  werden  soll. 

R.  Nissim  ben  Rüben  Gerundi  (;"-i)  (gest.  1380),  der  den  be- 
rühmten Rabbinatssitzdes  a"2V-\  in  Barcelona  einnahm  und  sicherlich 
nicht  ohne  tiefe  Absicht  im  Gegensatze  zu  seinem  von  ihm  nie 
zitierten  Kollegen  ^  Don  Vidal  de  Tolosa,  welcher  Maimonides' 
halachisches  Kompendium  Mischne  Thora  kommentierte  (riDra  t;!2), 
das  von  Maimonides  verdunkelte  Werk  des  Alfasi  {=]"''\)  durch  seine 
Erklärungen  wieder  in  den  Vordergrund  zu  rücken  versuchte, 
besaß  das  genügende  Ansehen ^  und  auch  Jen  Stab  von  Schülern, 
um  Maimonides  auch  auf  religionsphilosophischem  Gebiete  autoritär 
entgegentreten  zu  können.  Zuerst  wollte  Gerundi  in  einem  nicht 
fertig  gestellten  Kommentar  zur  heiligen  Schrift  gegen  Maimonides 
Stellung  nehmen  (vgl.  Crescas,  Or  Adonai,  III,  1 :  snn  jij^jn  Tj'n  n^ri 
b'nnnu'  nmnn  '»yiTs^  n"r  wo:  i:*3i,  ebenso  Abrabanel,  ü'\Lnn  n*'»-*:*,  p.  2 : 


nrtj'yr:;  intnS  'j-isai  D>«'22n.  Vgl.  noch  ib.  p.  50:  maipa^  nnaoan  U'nm  nSnn  ni  ti3ti 
Ta^  nnoi  cDnn  nr  n'n  '3tr  n<2  pn  o  ühv  mw  nnan  'oa  mons  onnaT  iNai  onnso 

:nr3N  ir2{<ß'  nr^  Sri 

2  Weiss,  mm  in  in,  Bd.  V,  p.  134. 

3  Vgl.  Scheschet  Resp.  375:  yn)  Sxt.:''  v:3n  Sr:  r^N  -ni'  pKty  m::^  H'o  nirji  iic"» 
citi'r:::'  ilivoi  nicn  nsopr  rasS  ch^  rmrni.  Über  sein  Ansehen  bei  den  NichtJuden 
Resp.  447:  an':^y2  mxo  n^r:  n\m  üm.12  a.i  vic  i'ti:,  du  'r  i:;y2  pi  nS  wrosi;  Resp.  377: 
v?N  -|ny  px  "ix-it:''  'r:rn  ^722  •'2  cp'Dcr:  u.x  px  i~2ü'  72  ainrS  mhi  itn;  vgl.  noch  Anecdota 
Oxoniensia,  ed.  Neubauer,  II.  Teil,  p.  241,  aus  iüd  nnp  von  Isak  Lattes. 

II 


Das  Lehrhaus  des  Rabbi  Nissim  Gerundi  in  Barcelona.  491 

. .  .mw"?  b'nnnir  riTnn  '•'22  a"c:  ir^i  2^n),  schließlich  aber  wählte  er  die 
damals  usuelle  Form  der  Predigt,  um  selbst  oder  durch  den 
Mund  seiner  Schüler  die  aristotelisch-maimunische  Philosophie 
zu  bekämpfen.  Bloß  zwölf  Predigten  ^  über  die  Probleme  der 
damaligen  Zeit  sind  uns  von  Gerundi  überliefert  worden,  aliein 
viele  Stellen  derselben  genügen,  um  seinen  nicht  selten  von 
scharfem  Tone  begleiteten  Gegensatz  zu  Maimonides  zu  be- 
weisen. 

Dieser  hatte  seiner  Lehre  die  religiöse  Weihe  durch  die  Be- 
hauptung zu  verleihen  versucht,  daß  die  Schöpfungsgeschichte  der 
Bibel,  Maase  Bereschit,  und  die  Vision  Ezechiels,  Maase  Merkaba, 
die  Physik  und  Metaphysik  der  Griechen  darstellen  (More  II,  29). 

Hier  setzt  nun  Gerundi  seine  Hebel  an.  Der  Talmud 
(Chagiga  11^  ff.)  verbietet  Maase  Bereschit  und  Maase  Merkaba 
Uneingeweihten  mitzuteilen.  Gerundi  fragt  nun,  welche  Geheim- 
nisse in  der  Physik  und  in  den  anschließenden  medizinischen  und 
Agrikulturwissenschaften  stecken  mögen,  daß  sie  dem  Laien- 
publikum vorenthalten  werden  müßten  und  ob  nicht  die  Land- 
wirte praktische  Physik  und  hiemit  die  nach  Maimonides  geheim 
zu  haltende  Maase  Bereschit  betrieben?  mn  nrnt:'  mü-ii  irr  Q'W 
b":  a'D;  r.'z-i,  Derasch  I,  Venezia  1596,  p.  8:  ur:  n'C'S-a  nttT»  psr  n:?as 
niTno  nn  v'^  rntan  narn  km  n-c'X-in  nürac  ncK  b"i  ü"2ttnn  n:n  •'D  rm  -nx-n  "i'-ii- 
na'?i"nn",  mnonn  in^nn-'iy  nrn  cna  ü'zz'fi:n  crsmcai  nn^cs  imms  j's  '=  mbr: 
na  bzi  psc  j^x  ^a  \)f2r\b  ini^cnsD  ab-  ^z  m,^r;u?  biran  vTb  inii  rr-n  p  «in  dx  mn 
yiT  nnu?  CD-iErT'sr  'iKn  bza  £:'?i':i  -inc3  n'rrv  'IK-1  ]"«  miS-'si  r:ton  p^rn  snc 
cnn'n  :"S'  n^m  rr;t:n  niarnn  mru'J^j  ny-i!2m  nrinart  nni?  narm  ns'iann  n;:rnr 
12  DTT"!  n'CK-ir  nrr.'23  -'(an  ru-in  mnsn  "ira.  (Vgl.  damit  Josef  ben 
Schemtob  im  Kebod  Elohim,  Blatt  IS*^:  laü  ar^b'j  n"3:nu  ".^12  pi:"N-n 
mm  mn'^Nn  narnD  -,,"2XU7  "s:  b'j  yjbn  -.rx  '^"t  cc:  n"n  virn  irx-itt' 
n^L'sn^  n-i'yai  nrriit:  ,Tcr."2  x"n  nia^n  a'sicib'sn  mxnp  nr«  n."2i'? 

(:r3'i:n  na:n 

1  Die  Beweise,  dat5  Gerundi  der  Verfasser  der  zwölf  Deraschot  war,  siehe 
bei  Benjakob,  Additamenta  zu  Sehern  Ilagedolim  zur  Stelle;  Graetz,  Gescliichte, 
Bd.  Vn,  3.  Aufi.,  p.  ;ißl,  Anm.  2;  Weiss,  vrini  in  in.  Bd.  V,  p.  l^S— ;]  (wo 
rarallclen  zwischen  den  Deraschot  und  Stellen  in  Gerundis  Kommentar  zu  Alfasi 
nachgewiesen  werflen);  Steinschneider,  Catalogus  Bodl.  s.  v.  Nisaim  incertus. 
Hier  sei  noch  darauf  hingewiesen,  daß  Abrabanel  (Rosch  Amanah,  Einleitung) 
Crescas  und  Albo  gerade  mit  Bezug  auf  ihre  aulimaimunischo  Stellung  als 
ScJiüler  des  R.  Nissim  bezeichnet;  nun  ergäbe  sich  zwischen  dem  Schüler  des 
Naehmanides  R.  Nissim,  dem  angeblichen  Verfasser  der  Deraschot  (gest.  1224, 
Zacutu  zur  Stelle  u.  a.),  und  Crescas  und  Albo,  die  am  Ende  des  XIV.  Jahr- 
hunderts blühten,  eine  Differenz  von  nielir  als  150  Jahren. 

lil 


492  Dr.  M.  Rosenmann. 

Aus  dem  Verbote  der  Weisen  folge  vielmehr,  daß  unter 
Maase  Bereschit  etwas  Höheres  zu  verstehen  sei,  als  die  Physik 
der  Griechen.  Sie  sei  nicht  dem  Philosophen,  sondern  dem  mit 
prophetischem  Geiste  Begabten  zugänglich,  nwött^  "löi"?  bais  ^b  p  öJi 
"D  jrbyn  ab  pnnnn  o'^ira  ibs  idid  rrirs-in  nu^yö  nntr  ratan  nösn  ,Tnn  ab  n^Ds-c 
raan  narn  x\-i  n^s^K-a  nu?yia  ^r  psD  i'x  "3  rt',^  naittrim  , . . ,  nnDia  nrra  n",-!"  n: 

•'p'^x  retten  xb«  mn  xbi  -ipntin  i:iQ  ib.  und  ebenso  sei  Maase  Merkaba 
etwas  anderes  als  die  Metaphysik  der  Griechen,  sondern  viel- 
mehr die  Lehre  von  den  Engeln  '^r'^nrm  ■]ir;2n  nn*  nnaiss  ntyra  .t.ti 
Dtt'nn  D'nxbsin  ib. 

Gegenüber  Maimunis  Bestreben,  das  Reich  der  Wunder  ein- 
zuschränken, welches  Beginnen  von  Gersonides  (Milchamot  XI, 
10  —  12)  bis  aufs  äußerste  fortgesetzt  wurde,  betont  Gerundi  in 
Anlehnung  an  Nachmanides,  daß  gerade  die  Veränderung  der 
natürlichen  Dinge  das  charakteristische  Merkmal  der  jüdischen 
Religion  sei.  Derasch  6 :  ^Dina  ^iki  px  Di«  ^"^wn  "sitr'D  "d  f^Jann  nias  na-'i 
c'HDn  mn  ba  'c'^nb  artb  m::  jxai  iixia  ünb  pT  ^3  Kinn  p^iün  ba  id-'^l'  nxisnn 
bza  b'^s  :^-^püb  ab^  man  '-D-in'?  nnoas  arxi  D^ötr  n^z  u:':v  bs  ^a  nn"?  m^nn"? 
nipin  vn^  "3  na  mn'aün  nin-'Dnö  stj  ab  nmnn  bs  Dvpa  (vgl.  noch  p.  16 
und  27),  sowie  daß  die  Erzählung  von  der  Vertreibung  des  ersten 
Menschenpaares  aus  dem  Paradiese  mit  Absicht  am  Eingänge  der 
Bibel  angeführt  sei,  um  darauf  hinzuweisen,  daß  nicht  das  starre 
Gesetz,  sondern  Gottes  freier  Wille  das  Weltall  leite.  Ib.  p.  8, 
Derasch  I :  inmn  nb^nr.r  [jnr  j;»  u'itj]  i'^d  -ns'cn  ni  -[irn'  nmnn  jniD  n''::]  n:ni 
rbs  -iZ'a  niD\n  n:in  j-D^n  ncv  rbv  nu-'S  mD\n  hidd"?  nV''nn  "inar  j^^nn  nDin  nrxs  '3 
Jtiiu'sn  \^:i-\n  ni:  bv  bnx  3vnn  n::  by  übij?n  -^^jr  ps'u>  xim  nmnn  nnsn; 

Maimunis  Anschauung  von  den  Voraussetzungen  zur  Prophetie, 
wie  nicht  minder  seine  Behauptung,  daß  nur  Moses  und  eine 
geringe  Anzahl  Würdiger  die  Stimme  Gottes  auf  dem  Berge  Sinai 
gehört,  während  das  übrige  Volk  wegen  Mangels  an  intellektuellen 
und  sittlichen  Vorbedingungen  nur  einen  Schall  vernommen  hätte 
(More  II,  33  ff.),  lehnt  Gerundi  in  entschiedener  Weise  ab.  Derasch  6: 
■^nnn  k"?  Di::y  b)p  pn  "^xna?^  irtt\n  «b  nüKi  nr  p^nnnu?  nt*»  iD^sn  nnn  ja  nanD  i3'?i 
nc'ö'?  niaKJU?  ii23  "^snu"  '?3  Dirötrtr  nnnn  np^r  k"?«  . . .  nn  sa'n  nnm  . . .  nnnn 
rna  p'^  '^v■D^ . . .  ""'u>n  s'ss  Kinu?  nasn  lyn-tr  ''na  masu?  iö3  nmnn  orp"?  riTon  n^m 
nsi3jn  nma"?  D'^isn  vn  «"^c?  omra  D^nn  rntr  nai  ...  rH'  p'^m  Piioib-'s  by  iiacj 
•^s  is'sbi  vnnn  mno^u?  piidi'^'b'?  j'ax;  K'?cn  insin:  ^Tb]}  ninnnr  ''n3  ni  mn  '?'?3 

:  pptt?  ü"K  Ninty  rn:  nra  nKiai"?  "jan  -qt'i:'  siidi'?'s 

Weit  ausführlicher  bekämpft  er  daselbst  und  auch  an  vielen 
anderen   Stellen   den   Ausspruch  Maimunis   (More  II,  33),  daß  die 

IV 


Das  Lehrhaus  des  Rabbi  Nissim  Gerundi  in  Barcelona.  493 

sinaitische  Offenbarung  die  beiden  Grundprinzipien  des  Judentums, 
die  Existenz  und  die  Einheit  Gottes,  nicht  enthalte,  da  diese  aus  der 
philosophischen  Spekulation  von  selbst  folgen  und,  „was  aus  dem 
Beweise  sich  ergebe,  den  Charakter  der  Prophetie  habe".  Derasch  9: 

CMi'fiZ'  mir;.-!  -£12  "i"?  n'rt'  x"?!  -r:«  c"pc2C'  r\".nr^  isca  n-in  'Cfi^  mö:  "B'n  r[•,^ 

:n  K"3:n  tasrs:  nsias  vt"»;' 
Als  Endzweck  der  Welt  sowohl  als  der  sinaitischen  Offen- 
barung betrachtet  Gerundi  nicht  die  Erkenntnis  (More  III,  28; 
Jesode  Hathora  II),  sondern  die  der  Liebe  zum  Ewigen  ent- 
springende Verehrung,  welch  erstere  durch  die  Erfüllung  der 
religiösen  Gebote  wesentlich  gefördert  wird.  Deraschot,  ed.  Venezia 
1596,  p.  42^ :  pbr^r^^ . . .  minn  mo'i  cbuM  nK'ir;  nrr  '"rn  nsTU?  n:  b-zfz  n'riyn 
c"'7rip?2  rn'  riKtn  nrnTii  p2m  rrrix'^a:  pirn  'n'  imisisn  p-i:?  rsjn  "prpnur  "rrn 
'-;  rTiS'"?  >■;"  "2n,-i  n'brnr  n::i2r  peinn  «2  nnriK«  ^ni«  p'^n  km  -:n  p'?nm  5r£:n 
ib.  p.  43":  die  Erkenntnis  sei  das  Mittel,  nicht  das  Endziel  (vgl. 
damit  Serachjas  Rede,  im  Auftrage  seines  Lehrers  gehalten:  m  bz^ 
nsn . . . .  -inx  r'bzrb  rr.zn  ik  nr^Tjb  x"-  r:2znr\  nyT  ox  nr"!*?  '^'  nax  i"?:  x"n  nx" 
mi'Jsn  n'Tr  12231  rr'^an.T'r  nx"i3.  Hechaluz  VII,  9  9.) 

Gerundis  Auftreten  gegen  die  maimunische  Philosophie  wirkte 
zündend.  Wie  ein  roter  Faden  zieht  sich  durch  die  philosophische 
Literatur  bis  zu  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  Gerundis  Hinweis 
auf  Maimonides'  Verfehlung  in  der  Erklärung  von  Maase  Bereschit 
und  Maase  Merkaba.  Eine  ganze  Reihe  von  Jüngern,  von  denen 
einzelne  Berühmtheit  erlangten,  schlössen  sich  der  Anschauung 
von  der  Inkongruenz  des  Aristotelismus  und  der  Lehre  des 
Judentums  an,  übertrugen  sie  auf  ihre  eigenen  Schüler  und  ver- 
breiteten sie  in  grundlegenden  Werken. ^  Als  unmittelbare  Schüler 
Gerundis  in  diesem  Sinne ^  sind  uns  bekannt: 


1  Welchen  Eindruck  Gerundis  Eingreifen  selbst  auf  Fernstehende  ausübte, 
siehe  in  Revue  des  Etudes  Juives  XXIV  (1892)  Notes  sur  Messer  David  Leon  par 
S.  Schechter  p.  123:  x>£)iciS'£3n  c-;  crcn  [31X2  (nmnni  ix^S  Tr:n  iSinc»  c^aanno  nvp 
anni  iniTon  h^  a-j  ht  h]!  nin^::  nan  ik'x  noi  n:ir:t<  isd  ^ys  n::nn  nc'VK*  ir:3  qiS'n  ^hz 
nsi  nynpa  ptt'Nim  npmnn  n'San  nr  ip^ni'  cnxpi  imini  inr:2n  h:i  c;*  nBC2  nir^n 
vnx  '.Niü'  vTO^m  i'in  r\''n  nosonn,  ib.  124:  minnc  (c^jnnKn)  cn:3iK  na-^i«  «'»« 
uyri2  -IHK  mt:'  xin  n-^inn  unirr  'jv^sii  n'cux  na^nnrj  nar^v  inTi  na^yai  n'n^x  x'n 

:n':rn  N'B'.ciysnri  insn  nvp2  Sira 

5  Sein  berühtrter  Schüler  Isak  Scheschet  hielt  sich  diesbezüglich  im 
Hintergrunde,  nichtsdestoweniger  kommt  die  religionsphilosophische  Anschauung 
seines  Lehrers  an  vielen  Stellen  seiner  Responsen  zum  Ausdruck,  so  z.  B.  in  der 
Annahme,  daß  die  nichterklärbaren  Gebote  (c'pin)  dartun  sollen,  daß  Gott  Israel 
außerhalb    der  Naturgesetze  gestellt   habe  (Resp.  48,  118,  438,  439);    vgl.   damit 


494  Dr.  M.  Rosenmann. 

1.  Chasdai  Crescas,  der  Verfasser  des  „Or  Adonai"; 

2.  Serachja  Halewi/  Teilnehmer  an  der  Disputation  zuTortosa 
(1413 — 1414).  —  Als  mittelbare  Schüler: 

3.  Matathias  Jizhari,^  gleichfalls  Teilnehmer  an  der  Disputation 
zu  Tortosa,  und  sein  Genosse 

4.  Josef  Albo,  der  Verfasser  der  „Ikkarim". 

Aus  Predigttrümmern  und  kurzen  Notizen  lassen  sich  die 
schweren  Kämpfe  rekonstruieren,  die  an  Gerundis  Eingreifen  sich 
knüpften.  Mehrere  Male  ergriff  Gerundi  das  Wort,  um  die  Identi- 
fizierung von  Maase  Bereschit  und  Maase  Merkaba  mit  der  Physik 
und  Metaphysik  der  Griechen  zu  widerlegen;  seine  Schüler  Serachjn,  I 

Crescas,  sowie  mehrere  andere,  deren  Namen  uns  nicht  überliefert  \ 

worden  sind,  bestiegen  zum  Teil  in  direktem  Auftrag  ihres  Lehrers 
die  Kanzel  (Serachja :  -i,^s:  ^w'r^z'  ■'mias't:?  n^i  ;n",Tc  snn  ns':i  n'irfan  n:  n:m 
pi^  n-na  iD3n  hv  p'czr^  xia^  jaiKn  nn  rm:!:p  nr  fi'nt?  "^b  ^u7K  xim  "^risn  ntt^n  br 
■•11=5  bv  u'ph^m^  HechaluzVII,  97  und  101),  um  a)  die  Allegorisierung 
der  biblischen  Erzähluogen,  bj  die  Zurücksetzung  der  Gebote  gegen- 
über der  Erkenntnis  und  cj  die  Auffassung  von  der  Erlangung  der 
Unsterblichkeit  durch  spekulatives  Denken  zu  bekämpfen  (vgl.  über 
letzteren  Punkt  die  Predigt  Crescas  -iw  nrnns'?  -i'.x  1.  c.  93:  nim  ,xm 
nn  p  n-  n-n  cn^  r\'^'>f\r\  pn^  sin«:  ^b  j'Kir  nsn?:  xin  ":rn  nairn  m  sin  dk  n:n 
]i2  j'jEian  •'inn'?  ra'iiii  i3''n  ^"^i  nmnr  ixntr  mrn  n-^pz  i;r,is'  -i''C''n2  i:*?  "i  rrn 

(:  Q'^-'n'rKn  jn*2;y  "aDri  irr^e:!?!  mi'^n 

Hatte  so  Gerundi  die  Axt  gegen  die  aristotelisch-maimunische 
Philosophie    erhoben    und  größtenteils  nur  vermöge  seiner  über- 


Gei'undis  Äußerung  über  die  Vertreibung  des  ersten  Menschenpaares,  Derascli  I, 
p.  8.  Über  Gerundis  Stellung  zur  Kabbala  schreibt  Scheschet:  n.'ixti'  nr:  7n:?mn  -i:::i 
:K'nn  n'j^pn  j'jy^  pr:NnS  S"i  j"2r:3-in  vpn  \snD  nm'  n^nn  '3  V't  c>d3  1:21  ::-in  mo  mn'2  'S 

1  Es  liegt  kein  Grund  vor,  Serachja  als  Schüler  Crescas'  und  nicht  eher 
als  direkten  Schüler  Gerundis  zu  bezeichnen.  (Vermutung  Steinschneiders  in 
Ozar  Nechmad  II,  p.  231  und  Hechaluz  VII,  p.  94.)  Für  unsere  Annahme  sprechen 
folgende  Stellen  in  den  Predigten  Serachjis:  n»'?«  «n;is  ':n  irs  mir.rn  n-nar:nr3i 
in2'7DO  h-;  D'r2'  inx'  SSsn-:!  t^td  '3N  nyi  mcSns  iSa  Sn.in  nni  nt  sSn 
darunter  kann  nur  Gerundi  un  1  nicht  Cr<^scas  verstanden  sein,  da  letzterer 
keinen  Kabbinatssitz  einnahm.  Der  Siblußsatz:  >h''2\i'r:  noa  cOn-in  D'nxn  nNOi 
□  'StS  13 '2»  ci?  dürfte  auf  Crescas  und  andere  ältere  gleichgesinnte  Kollegen 
eich  bezogen  haben.  Vgl.  Abrabanel,  Einleitung  zu  n:r:s  K'NI:  onay  n'tt'iX  »ac 
c'D3  T'n  'Ta'pn  n>S'2  in  o'nnsN  Q'i'2  (Crescas  und  Albo),  ebenso  anSx  m^i'sr:: 
niE'yS  S'nnnty  »n^QS  d'd:  n'2n  nrsn  S^^B"  •>i2  'c-ni  d'cjs  uny  v^sn  'innsrD  cjrixn 
mnx  TiT  nn  mph  iTcSn  '«non  T'm  minS.  Daß  unser  Serachja  Halewi  nicht  mit 
dem  Aristoteliker  und  Kommentator  des  More  identisch  ist,  hat  Steinschneider 
(Ozar  Nechmad  1.  c,  Hechaluz  1.  c.)  genügend  nachgewiesen. 

3  Vgl.  Hechaluz  VII,  p.  94. 

VI 


( 


Das  Lehrhaus  des  Rabbi  Nissim  Gerundi  in  Barcelona.  495 

ragenden  Persönlichkeit  ihr  den  Nimbus  der  Unangreifbarkeit 
genommen,  so  schritten  bald  seine  Schüler  und  Anhänger,  die 
eine  dem  Meister ^  abgehende  einschlägige  Kenntnis  der  philo- 
sophischen Literaturzweige  sich  anzueignen  wußten,  daran,  die 
griechische  Philosophie  mit  den  ihrer  eigenen  Ptüstkammer  ent- 
lehnten Waffen  zu  bekämpfen. 

Serachja  übersetzte  Algazalis  „Niederwerfung  der  Philosophie" 
und  führte  der  jüdischen  Gelehrtenwelt  antiaristotelische  Argu- 
mente zu. 

Chasdai  Crescas,  der  genialste  Schüler  Gerundis,  unternahm 
im  Verein  mit  Gleichgesinnten  zum  erstenmal  eine  kritische  Durch- 
forschung des  griechischen  Systems,  wobei  er  darauf  hinwies, 
daß  bis  dahin  eine  sachliche  Widerlegung  der  griechischen 
Theorien    nicht    vorhanden   gewesen    sei.    (Or  Adonai,  Einleitung: 

p^bn'  üb  n::n  nirnn  nprai:'  ni  av  -iS'axi  .n^-isnn  'mii'n  ar  na-i  nTpiri  bn:  jvps 
. . .  ^n^bs  n'i'y^  'nbnü  nv^a  'n  j-n'.'jn^r:  anai  naDi:  Miiv  n^xn  cki  n'?^'?n  [nnni 

Bei  aller  Originalität  dieses  Denkers  weist  sein  Werk  den 
Einfluß  Gerundis  an  entscheidenden  Punkten  auf,  so  in  der  Lehre 
von  den  Wundern  (Or  Adonai,  IL  Abschnitt,  II),  der  Erlangung  der 
Prophetie  (IL  Abschnitt,  IV,  3:  nsian  ^i'  bv  nrö  n«i2:  nrrn  ajiaxi 
b"T  a'c;  iDSi  iD^n -innsin),  der  Weltschöpfung  (III.  Abschnitt,  I,  5: 
r['\)r.r\  u?n'22  n"r  a^c:  iini  ann  ])^:n  n:n  n.^xan  m?r'''a  -rrn  naai 
•^'nnnr,  vgl.  die  Feststellung  Abrabanels  im  a'nbs  mbrsia,  Venezia 
1592,  p.  6'^:  ain  "nnx  -lu.'»:-) .  . .  rm'?,^a  b''BD  irm  ain  "na*:  an  n'?x 
T^SB^  ]wan  "^i^a  '3  n?:x,^a  -xnan  ")  und  dem  Endzweck  des  Menschen 
(II.  Abschnitt,  VI,  1;  vgl.  Joel,  Crescas  p.  45  ff.). 

Als  Vertreter  dieser  Richtung  ist  auch  R.  Simon  ben  Zemach 
Duran  (f'"an)  mitzuzählen,  ein  mittelbarer  Schüler  des  Gerundi, 
der  im  Abotkommentar  (max  pa)  Maimonides  gegenüber  eine  freie 
Stellung  einzunehmen  wußte.  (Vgl.  Guttmanu,  Die  Stellung  des 
Simon  Duran  in  der  jüdischen  Religionsphilosophie,  Brauns 
Monatsschrift  1!)08  — 1909.) 

Josef  Albo,  der  in  seinem  berühmt  gewordenen,  Maimonides' 
Dogmatik  kritisierenden  und  dessen  dreizehn  Glaubensartikel  auf 

J  Gerundi  erwähnt  an  keiner  Stolle  ein  Werk  des  Aristoteles  oder  einen 
Kommentator  desselben. 


VII 


496 


Dr.  M.  Rosenmann. 


drei  reduzierenden  Werke  „Ikkarim"  die  Goldbarren  aus  der  Ideen- 
welt seines  Lehrers  Crescas  in  leicht  greifbare  Scheidemünzen 
umzuprägen  verstand  (vgl.  darüber  Joel,  Crescas,  p.  12  u.  a.  0.), 
war  nicht  minder  von  Gerundi  beeinflußt  worden,  wobei  er  es 
nicht  unterließ,  einzelne  Ausführungen  Gerundis  bis  auf  das  Wort 
seinem  Werke  einzuverleiben,  so  z.  B.: 


Albo,  Ikkarim  III,  32: 

nx'ix'i  "rJa  'ns  lia^r  (nvx)  n^^fi  ^'2f2n 
■'rr^  r"^n  mm-ia  nnts  n\Tiy  -iöini  ibbn 
nnmn  "^na  rTr^^'^  trJirn  dn-i-ö  •'"uti 
imiamn'?  rhii  v:'znn  n:ir2  ^'X'n  h:iii  D':s:nDn 

"bx  -ins  -^D  -iias*  bsis*  ^b  inxti^sji  ^k 

m.^i::nn  nxn^  bv  nai'?  '^sik  xb 

Vgl.  Duran,  msi«  pa,  ed.  Wien 
1863,  S.  8%  wo  Duran  die  gleiche 
Erklärung  Gerundis  anführt. 

Albo,  Ikkarim  III,  33: 

niv)f2  '"'tt'n  miDr  n^nriD  i^sx  i^s*i 
Dnrn  or  nn^n  nrtöt'ni  jim'rn 
"r  1^1,1  rT  Kin  peon  ht  irrm  .o'^^zn 

ntry  Kbtrai  x\-in  n:n  mabu;  by  ni  nnr 
nrn  pncn  "^y  nnr  ^i^t^t  n,^  'sa  m'r'iya 
mnB''  üb  DS1 . . .  inx^-Q  jncn  "^r  is'  snnn 
vby  p-ion  sin  idöö  nns-c?  ■'isn^?  niaa 
nnv  rxn  n''  D'-sania  nns^  sbr:  ^a 
tt^in  bvisa  "^y  DK1  ibstr  ninny  "^y  ni 
n!2i2  m-m  nsn^  nnrna  D2Dn  pi . . .  n^ 
nmK"'nn  bv  ni  nnr  iDisa  Tnnntr  ^Mnv 


Gerundi,  Derasch  10 : 

n:i'ü  imsn  piosa  nvK  :!2^,  i'^s  n"-?2  ":üi 
n'innnfa -lau^j  n'n^  i?3i'y  nrD'?  n  rbsnu 
♦nvDi^tnn  m'^iysn  -.nx  ?inm  cr^an 
s"?  inKU'öi  bs  TS  'bH  nns  "=  n^s 
r}^r\  ''2  nDiiys-i  niax  (Hiob  3i,  23)  '?3is 
rm"?!:'!  '"ti'nia  msD  nna-^  nvnb  nn  miK 
nvi'n  sin  "2  nt  D''npni  -jijnn  nt^T  ns 
inSiTÄi  n^s  ni  nnsi  n^itt'sn  DnsbyjSin 
i:i2n!2  'D'^n  ab"3  öJiüibD'rsissb 
ntrsia  ^nnüna  ^jrtr^  n^s  tr'siyn 
'?2is    sb    iniSiTsnn    ^n"?!    'nynp 

n-isn  ninyb 

Gerundi  ibid.: 

my-in  ib''Ji  sinsn  iüsu'  nia  sini 
Dsns  s::iantr  :^ivi'2  ^b^i^  •>m''si 
-[•s  nrpp:ynmn\n'DnK-i^iV3s'7;a 
mynni  ins2:)arny  myna  Dnsn  'p-'r 
ntrsa  pyn  "^ds  D^rsn  nn  n'^^'jni 
^isnu?  nö3  Dnsn  nns^  sb  nirss  '3  •'nu'i'a 
lÄxn  ntrss  iDinon  by  nniai  dod  nns^ttr 
anpnia  nnaitr  sin  nnsn  ma-^btr  '3 
ns  sin  n-D  nns''  s"?  nsi  u^sn  "rs  it' 
IT'  tt?in  'nts"'^'?  CS1  i'?3u  ninny"? 
ibstt'  by  nni)2  uiaö  nna''  nt'ssi 
nis''-i3  ntti'?  n:i)'i  an':]:;  nisnai 
P'-tmö  s-i\n  p  t>inni  'pDU'n 


Josef  ben  Schemtob,  der  den  heftigen  Ton  seines  Vaters 
gegen  Maimonides  mißbilligt,  schreitet  dennoch  daran,  eine  recht- 
gläubige Ethik  im  „Kebod  Elohim"  zu  begründen,  wobei  er  aus- 
drücklich auf  Gerundi  hinweist,  der  als  erster  die  Behauptung 
Maimonides',   daß  Glaube  und  aristotelische  Philosophie  identisch 


VIII 


Das  Lehrhaus  des  Rabbi  \issim  Gerundi  in  Barcelona.  497 

seien,  mit  Spott  abgelehnt  habe.  ij'K-.r  "öa  cn'''?r  n''2inr  --üü  pDx-n 

nö2n  n'trs*^2  n-^'r?:!  nsana  ni:?r.a  xvn  narn  d-stci'?-2,t  m>{-ip  ncx 
ans  ntTK  c^nöKö  irnai  r-i«  nx  ipMnm  rn-abna  er:«  ini  j3  -,nx  vz\:n 
na  "^r  ^dtd  r-.as*a  lac'snnc  «aa  nrx  c:  px  jrr  jn  t::  '?s-iu?^  \^'?k'?  unj 
:'t'?  ^n^  TTi^b  ".ü  -n-xn  rnsca  ^npnrn  -zu  a^pisn  n'?x-  .-]-c','?-2n  ^-a^a  -xann-j 
Vgl.  cn'^x  Taa,  ed.  Ferrara  1556,  p.  19^ 

Josef  ben  Schemtob  äußert  auch  die  Absicht,  die  Wider- 
sprüche, die  zwischen  Aristoteles  und  der  Thora  bestünden,  in 
einem  späteren  Werke  festhalten  zu  wollen :  -n'r  ax  ni"?  ^anb  "n-xm 
naa  iraaa  nca  '^aa  raa-x  pbn  nrx  n-aipan  naea  la  bi'^ax  ^axa  a^-na  "^xn 
xmn  Bipan  ia  ta'x  naxan  aa'i  -laan  au?  -'.cTxra  aipan  bv  nn-.xi  irnrax  bv  rnnsu' 
ib.  f.  2  6.  (Über  seine  Stellung  zu  Maase  Bereschit  und  Maase 
Merkaba,  v"!.  noch:  Die  Familie  Schemtob  und  deren  Beziehungen 
zur  Philosophie,  J.  Guttmann  in  Branns  Monatsschrift  1913,  p.  437, 
Anm.  2.) 

Selbst  Abraham  Bibago  (vgl.  über  ihn  Steinschneider,  Frankel- 
Graetz  Monatsschrift  XXXII),  der  für  Maimonides  in  die  Schranken 
tritt,  schließt  sich  —  ohne  Nennung  des  Namens  —  Gerundis 
Auffassung  von  Maase  Bereschit  und  Maase  Merkaba  an  (Blatt  8=^ 
und  8^  n;iax  -m),  wie  ja  fast  das  ganze  fünfzehnte  Jahrhundert 
eine  denkgläubige  Prägung  trägt,  die  nicht  wenig  durch  das 
Eindringen  hebräischer  Übersetzungen  der  christlichen  Scholastiker 
unterstützt  wird  (vgl.  Arama  njrp  n^n  VIII:  ü':^  r.'aan  [an::::n]  ana- 
nan  s]ia  . . .  n-a^n  irtt\-n  x^aa^'an  in-ian  bax  ^b'^r^  ab  an^-iana  -^rx  na^i  aniH 
nnwb  a';-a'sn  ira:n  x'r»  na  x^a-ai'^-a'?  an  la-r;  Josef  Chabillo  in  der 
Einleitung  zur  Übersetzung  der  Quaestiones  von  Aquino:  -n-ra 
an^^^n  va;  araa  an-brra  am  . .  .  anaaa  -mra  an:  "nax  bii  ^-ax  a-aina  'a 
Bxaia  aannb  n;n  nean  aa?  Tixi'a  . . .  [:a^'?i  nsa  mabb  vapc  ni"  . . .  a-.n-fn  n;a 
bp:  naan  n;a  p-rana'  nr  a^aiaib-ana  rrs"?  rn  nrx  b2  bv  naann  rxra  p';nn  na-x 

{ir,:n  bnjn  anx'n  b'j  jnai  nmr  "^a  pbcb  rbv 

Don  Isak  Abrabanel  (1437— 1508)^  versucht  zwar  am  Schlüsse 

des  Jahrhunderts  Maimonides  gegen  seine  Angreifer,   namentlich 

Chasdai  und  Albo,  zu  verteidigen,  wobei  er  offen  den  Inaugurator 

1  Über  Abrabanel  als  Philosoph  vgl.:  Die  religioiispl.ilosophischon  Lehren 
des  Isaak  Abrabanel  von  J.  Guttmann,  Breslau  1916.  Aus  diesem  nach  Fertig- 
stellung der  Arbeit  eingesehenen  Werke  sind  nachfolgende  Bemerkungen  Abra- 
banels  über  Gerundi  zu  notieren:  Kommentar  zu  Genesis  cap.  IL  cc:  iriltt«  iiiy: 

ini'T  -3  ni:i9  ^n'Ni  ns-an  nxiD  ^n.:  iniso^anni  n^rin  ^njn  riTj  n^hsn;  ferner  ib.  So  cvi 
'rya  wax  «Si  pr:  i:'n  imDc'73nni  vs'i  i:;icp;   ebenso  =»:pt  niuy  cap.  5:  u^^n  crnm 

:^^'  nSxn  nip£3Dn  Kvh  a^tyn  D»oi 

Festschrift. 


32 

I 


498  Dr.  M.  Rosenmann. 

des  Kampfes  nennt ^  (njöx  rsi,  Einleitung:  D^icnEnö  cn'rnsa  a-iar  i^p 

D'^-ib  ira''  öj'  •'VDtt'Ja  Dnöis  ^rf^ü  "3  , . .  Dbipb  iD3f-i«n'?Diü'D3-i"nn'a'?n 
(;''D-ir)2nDD\-i'?snu>''snrümmDy  isöia  T^yb^v:^  n'^ST^xiornrnnKü-'-inKnabj 
Zu  spät!  Die  hereinbrechende  politische  Katastrophe  der 
Vertreibung  der  Juden  aus  Spanien  verschüttet  wie  eine  Lawine 
Verteidiger  und  Angreifer  in  gleicher  Weise  und  macht  jeder 
eingehenden  Polemik  ein  Ende.  Allein  aus  dem  Zusammensturz 
des  jüdischen  Geisteslebens  auf  der  pyrenäischen  Halbinsel  ragen 
in  die  spätesten  Jahrhunderte  hinein  gleich  stolzen  Säulen  neben 
Maimonides'  „More"  auch  Crescas'  „Or  Adonai",  Albos  „Ikkarim" 
und  die  in  ihrer  Schlichtheit  bahnbrechenden  „zwölf  Deraschot" 
ihres  Lehrers  R.  Nissim  Gerundi,  von  dem  —  nicht  nur  auf 
talmudischem  Gebiete  —  das  Wort  seines  großen  Schülers  Scheschet 
gilt,  daß  auch  er  ein  unvergleichlicher  „Führer"  seines  Zeit- 
alters gewesen:  bx-iK?^  ^ösn  b^^  rbii  -inj?  j«xi  nnb  nnx  i^-t  (Scheschet, 
Resp.  375,  vgl.  auch  Resp.  447). 


1  Vgl.  noch  Abrabanels  Äußerung  über  Gerundi,  Crescas  und  Albo  in 
nar:N  t^'.s-l,  Abschnitt  VII:  'm^t  itt-x  jnn  >h-;2  nnx  nn  i^trvi:  cnp5;n  isd  h';2)  cdz  T'ni 
nii'c  'Sipo  D""in  103  iBn>a  ;"in  ':>  ;ovyS  nn'nivn  lon^i  nox  db'2  nann  nos  nSb»  nvn  oy 
PNion  rm  n9i;!n  nioy  nynD  nn-irnn  n:iaK  ?y  ictsj  onpyn  ibd  •'yai  d^ob-h  |o  mm  pOKn^ 


Samson  Wertheimers  ßabbinats-Piplom  aus 

Eisenstadt. 

Von  Prof.  Dr.  M.  Braun,  Breslau. 

Die  Erinnerung  an  Samson  Wertheimer,  den  Oberhoffaktor 
dreier  deutscher  Kaiser, ^  oder  gar  den  „Judenkaiser'",  wie  ihn 
seine  Glaubensgenossen  mit  Stolz  und  Bewunderung  nannten,-  ist 
in  der  Pfingstwoche  1914  in  den  beiden  Gemeinden,  die  ihn  in 
gleicher  Weise  geehrt  und  ausgezeichnet  haben,  wieder  wach  und 
lebendig  geworden.    Zunächst  in  seiner  Vaterstadt  Worms ^  für 


1  Vgl.  das  Privileg  Leopolds  I.  vom  29.  August  1703  bei  Kaufmann, 
Samson  Wertheimer,  der  Oberhoffaktor  und  Landesrabbiner  und  seine  Kinder, 
Wien  1888,  S.  29  ff.;  dasjenige  Josephs  L  vom  22.  Mai  1705,  a.  a.  0.  S.  34  f. 
und  das  Carls  VL  vom  5.  Januar  1712,  a.  a.  O.  S.  39  ff.  und  28.  November  1721, 
a.  a.  0.  S.  104  f. 

*  Vgl.  die  Reisebeschreibung  Abraham  Lewis  aus  Hörn  (Lippe-Detmold) 
in  Isr.  Letterbode  X,  S.  174  und  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  46. 

3  Die  von  S.  G.  Stern  angefertigte  Abschrift  seines  Grabsteines  (Frankl, 
Inschriften  des  alten  jüdischen  Friedhofes  in  Wien,  Nr.  346,  S.  58),  ist  die  Quelle 
für  seineu  Geburtstag.  Stern  hat  n">n  Die  y"<  'n  er  gelesen,  und  Kaufmann  (a.  a.  0. 
S.  74,  in  der  Anm.  1  ist  336  ein  Druckfehler)  hat  richtig  festgestellt,  daß  der 
13.  Schebat  418  der  17.  Januar  1658  gewesen  sei.  Ihm  folgt  ohne  weiteres  Grun- 
wald,  Samuel  Oppenheimer  und  sein  Kreis,  S.  217,  Anm.  2.  Nun  aber  war  der 
13.  Schebat  418  ein  Donnerstag  und  in  der  ganzen  Zeit  von  1636  —  1663  war  der 
13.  Schebat  nie  ein  Sonntag.  Da  jedoch  das  Geburtsjahr  durch  die  Angabe, 
daß  Wertheimer  1724  im  Alter  von  66  Jahren  gestorben  sei  (Kaufmann  112  auf 
Grund  des  von  David  Oppenheim  verfaßten  Klageliedes  in  cod.  Oxford  1203  in 
der  ersten  mit  Jod  anfangenden  Strophe)  feststeht,  so  ist  zweifellos  .V'2  statt  X'>  zu 
lesen  und  Sonntag,  der  27.  Januar  1658  als  Geburtstag  festzulialten.  Ein  gleicher 
chronologischer  Unstern  waltet  über  dem  Datum,  an  dem  nach  derselben  Grab- 
schrift oder  Abschrift  Samson  Wertheimer  in  Wien  eingetroffen  ist.  Danach  sei  er 
Sonntag,  25.  Kislew  445  nach  Wien  gekommen.  In  diesem  Jalire  war  aber  der 
25.  Kislew  ein  Sabbath.  Es  muß  daher  im  Monatsdatum  oder  in  der  Jahresangabe 
ein  Feliler  stecken.  Die  Korrektur  ergibt  sich  leicht,  wenn  man  448  ('n  statt  'n)  liest. 
In  diesem  Jahre  begann  Chanukka  wirklich  am  Sonntag,  nämlich  am  Sonntag, 

32* 

I 


LOO  Dr.  M.  Brann. 

die  Teilnehmer  an  der  Festfahrt,  die  im  Anschluß  an  die  Frank- 
furter Tagung  der  ^Gesellschaft  zur  Förderung  der  Wissenschaft 
des  Judentums"  stattgefunden  hat.  Das  „stehnerne  Haus"  in  der 
Judengasse  mit  seiner  schönen  Architektur  der  Vorderseite  und 
den  hochgewölbten  Innenräumen,  in  dem  seine  Vorfahren  gewohnt 
haben  und  er  wohl  selber  das  Licht  der  Welt  erblickt  hat,'  und 
auf  dem  , guten  Ort''  der  Ehrenplatz,  den  sein  Geschlecht  zur 
letzten  Ruhestätte  besaß,'  legen  allein  schon  Zeugnis  ab  von  der 
Wertschätzung,  deren  die  Ahnen  sich  erfreuten.  Neben  den  über- 
ragenden Größen,  neben  Raschi,  neben  R.  Meir  von  Rotenburg 
und  R.  Jakob  ben  Mose  Mulin  ha-Levi  (Maharil),  den  unvergleich- 
lichen Zierden  dieser  uralten,  vielleicht  ältesten  Gemeinde  des 
Deutschen  Reiches,  kann  Wertheimers  kraftvolle  Persönlichkeit 
in  allen  Ehren  bestehen.  Am  Ende  des  17.  und  zu  Anfang  des 
18.  Jahrhunderts  gab  es  keinen  zweiten  Juden  im  Deutschen 
Reich,  der  dem  durch  edle  Herkunft,  vorbildlichen  Gemeinsinn, 
fürstliche  Freigebigkeit,  staatsmännische  Gewandtheit,  rabbinische 
Gelehrsamkeit  und  außerordentlichen  Reichtum  in  gleicher  Weise 
ausgezeichneten  Manne  an  die  Seite  zu  stellen  wäre.  Von  der 
ungarischen  Hauptstadt  aus  hat  David  Kaufmann  vor  mehr  als 
25  Jahren  die  moosbedeckten  Steine,  die  an  den  Gräbern  seiner 
Vorfahren  stehen,  neu  entdeckt,  ohne  sie  je  gesehen  zu  haben. 
Mit  der  Unterstützung  Moses  Mannheimers  und  Julius  Gold- 
schmidts, die  nun  beide  ebenfalls  der  grüne  Rasen  desselben 
Friedhofs  deckt,  hat  er  diese  stummen  Zeugen  der  Vergangenheit 
beredt  gemacht  und  ihnen  interessante  Nachrichten  über  den 
Lebensgang  der  nächsten  Verwandten  Samson  Wertheimers  ent- 
lockt.3    Selbst   auf    der  Sonnenhöhe    seines   Glückes   hat   Samson 


30.  November  1687.  In  der  Tat  finde  ich  weder  bei  Kaufmann  (a.  a.  0.  S.  2, 
Tgl.  76),  noch  bei  Grunwald  (a.  a.  O.  S.  217—265;  siehe  jedoch  S.  231,  Anm.  2) 
ein  Lebensereignis  Wertheimers,  das  dieser  Ansetzung  widerspräche.  In  der 
Wachsteinschen  Sammlung  haben  die  Inschriften  die  Nr.  765.  Bis  jetzt  sind 
nur  695  Inschriften  veröffentlicht.  Herr  Dr.  Wachstein  ist  jedoch  so  freundlich 
gewesen,  mir  den  Aushängebogen,  in  dem  die  Grabschrift  neu  gedruckt  ist,  zur 
Verfügung  zu  stellen;  danach  hat  Stern  sämtliche  Daten  richtig  gelesen.  Herr 
Dr.  Wachstein,  dem  ich  für  die  Überlassung  auch  an  dieser  Stelle  herzlichst 
danke,  merkt  die  in  den  Daten  steckenden  Fehler  an,  ohne  eine  Korrektur 
vorzuschlagen. 

1  Kaufmann,  Urkundliches  aus  dem  Leben  Samson  Wertheimers,  S.  2. 

"-  a.  a.  O.  S.  If.,  S.  116  ff. 

5  a.  a.  O.  Auf  dem  Grabstein  Josel  Wertheimers,  des  Vaters  Samsons,  ist 
als  Sterbedatum  i"x  'i  '.i  dt  gelesen.  Der  4.  Ijar  war  aber  413  ein  Sonntag.  Es 
ist  darum  der  20.  ("]  statt  "i)  zu  lesen,    der  wirklich  ein   Dienstag  war.    Der 

II 


Samson  Wertheimers  Rabbinata-Diplom  aus  Eisenstadt.  501 

Wertheimer  nie  vergessen,  daß  er  ein  Kind  der  Wormser  Gasse 
sei.  Entsetzliches  kam  zu  seinen  Lebzeiten  über  seine  Vaterstadt. 
Grausiger  als  vor  Jahrliunderten  die  Kreuzfahrer  hausten  die 
Franzosen  in  Stadt  und  Land.  Am  Pfingstdienstag  lü89,  am  31.  Mai, 
nachmittags  mit  dem  Schlage  vier,  wurde  die  Stadt  an  allen 
Ecken  angezündet  und  nahezu  ganz  vom  Erdboden  vertilgt. 
Entsetzen  ergriff  die  Bewohner.  Die  Juden  zerstreuten  sich  in 
alle  Winde.i  Erst  nach  einem  Jahrzehnt  getrauten  sich  einige 
von  den  entflohenen  Bürgern  zurückzukehren  und  begannen  aus 
Schutt  und  Trümmern  ein  neues  Gemeinwesen  wieder  aufzu- 
richten. Der  Hofpfalzgraf  und  der  regierende  Stadtschultheiß 
setzten  damals  alles  daran,  um  alle  Nichtlutheraner  von  der 
neuen  Niederlassung  fernzuhalten.  Nur  der  unermüdlichen  Für- 
sprache und  der  einflußreichen  Unterstützung  Samson  Wert- 
heimers gelang  es,  den  Plan  in  letzter  Stunde  noch  zu  vereiteln.'- 
Zum  Dank  dafür  verlieh  die  Gemeinde  dem  berühmten  Lands- 
manne  als  Ehrenamt  das  Rabbinat,  die  höchste  Würde,  die  sie 
zu  vergeben  hatte.'^  Die  Urkunde  darüber  ist  bisher  nicht  auf- 
gefunden worden.'' 

Noch  waren  die  Nachklänge  der  Festfahrt  nach  Worms  nicht 
verhallt,  als  die  Kunde  sich  verbreitete,  daß  im  fernen  Osten,  in 
Eisenstadt,  unersetzliche  Altertümer,  die  von  Samson  Wert- 
heimer herstammen,  durch  eine  Feuersbrunst  am  5.  Juni  ver- 
nichtet seien.^'  An  ehrwürdigem  Alter  kann  die  ungarische  Klein- 
stadt, die  nur  fünf  Meilen  von  Wien  entfernt  ist,  zwar  nicht 
ihrer  deutschen  Schwester  gleichgestellt  werden.  Immerhin  aber 
kann  Eisenstadt  auf  eine  mehr  als  halbtausendjährige  Geschichte 
zurückblicken«    —    einen    Zeitraum,    der    für    den    europäischen 

Sterbetag  war  daher  Dienstag,  16.  Mai  171H,  wonacli  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  6  zu 
berichtigen  ist.  In  der  Tat  ist  im  „grünen  Buch",  herausgegeben  von  Kaufmann 

(T  r;  pip,  Bd.  V,  1893,  S.  20),   als  Datum  richtig  angegeben:  .ryn  i"«  .T^  j  ci» 

'J  h'h  [?]  110D  P"bS. 

1  Kaufmann.  R.  Jair  Chajjim  Bacharach  und  seine  Ahnen,  S.  72  f.,  77. 

»  a.  a.  O.  S.   113  f. 

•^  Kaufmann,  Samson  Wertheimer,  S.  10.  Wenn  Marktbreiter,  Beiträge  zur 
Geschichte  der  jüdischen  Gemeinde  Eisenstadt,  S.  32,  erzählt,  daß  er  Ehren- 
bürger von  100  Städten  gewesen  sei,  so  ist  100  wohl  nur  eine  etwas  hoch- 
gegriffene runde  Zahl. 

1  Mitteilung   des   Herrn   Lehrer.^   Kothschild   in  Worms  vom  5.  Juli  1914. 

■■  Vgl.  A.  Fürsts  Feuilleton  in  Nr.  136  des  „Pester  Lloyd"  vom  11.  Juni 
19U  über  das  „Kismartoner  Ghetto". 

''  Vgl.  Monumenta  Hungariae  Judaica,  S.  448  ff.,  335;  349,  358.  Markt- 
breiter  a.  a.  ü.  S.  5  f. 


III 


502  '  Dr.  M.  Brann.  '^  c.  »  ;;/. 

Osten  im  jüdischen  Kreise  nicht  unbeträchtlich  ist.  Dafür  weisen 
ungesucht  beide  Gemeinwesen  einige  parallele  charakteristische 
Züge  auf.  Wie  Worms  neben  Speyer  und  Mainz  mit  seinen  Ein- 
richtungen und  Rechtsordnungen  in  weiterem  Umfange  vorbildlich 
und  maßgebend  geworden  ist/  so  ist  in  geringerem  Maße  Eisen- 
stadt als  der  Hauptort  der  „scheba  Kehilloth",  der  „sieben  Ge- 
meinden" ^  mustergültig  für  seine  nähere  Umgebung  geworden. 
Wie  Worms  eine  eigenartige  Ordnung  des  öffentlichen  und  häus- 
lichen Gottesdienstes  und  einiger  Rechtsgebiete  der  inneren  Ver- 
waltung, die  in  näherem  und  entfernterem  Zusammenhange  damit 
stehen,  im  Laufe  der  Jahrhunderte  entwickelt  und  durchgesetzt 
hat, 3  so  haben  auch  die  Eisenstädter  hie  und  ,da  einen  Ritus 
oder  eine  Observanz  selbständig  eingerichtet  und  mit  Zähigkeit 
und  Behagen  jede  dieser  minimalen  Nuancen  bis  auf  die  Gegen- 
wart beibehalten  und  gepflegt.-  Wie  aus  dem  Wormser  grünen 
Buch  neues  Licht  über  die  Zusammenhänge  der  Geschlechter  in 
der  Rheingegend,  über  den  Lebensgang  und  die  Opferfreudigkeit 
zahlreicher  frommer  Männer  und  Frauen  verbreitet  worden  ist, ■" 
so  haben  wir  am  Ende  aus  dem  schwarzen  Buch  von  Eisenstadt,  von 
dem  bisher  nur  geringfügige  Auszüge"  bekannt  sind,  mannigfache 
Aufklärung  und  Belehrung  über  Vorgänge  in  österreichischen, 
böhmischen,  mährischen  und  schlesischen  Gemeinden  und  viele 
Personen,  die  dort  gelebt  und  gewirkt  haben,  zu  erwarten.  Und, 
was  die  Hauptsache  ist,  wie  die  Wormser  in  tausend  Nöten  immer 
wieder  die   bedrohten  Heiligtümer  verteidigt   und    die   zerstörten 


1  Vgl.  F.  Rosenthal,  Einiges  über  die  D"ic  m:pn,  in  der  Monatsschrift  für 
Geschichte  und  Wissenschaft  des  Judentums  XLVI,  1902,  S.  2:59  ff. 

2  Marktbreiter  a.  a.  O.  S.  48.  A.  Fürst,  Sitten  und  Gebräuche  in  der  Eisen- 
städter Judengasse,  S.  80.  Außer  Eisenstadt  gehörten  dazu  Deutsch-Kreuz  (Sopron- 
keresztür),  Frauenkirchen  (Boldogasszony),  Kittsee  (Köpcseny),  Kobersdorf 
(Kabold),  Lakenbach  (Lakompak)  und  Mattersdorf  (Nagymarton). 

3  Vgl.  Abraham  Epstein,  Die  Wormser  Minhagbücher  im  Gedeakbuch  zur 
Erinnerung  an  David  Kaufmann,  herausgegeben  von  Brann  und  Rosenthal, 
S.  288—317  und  desselben  Abhandlung  über  den  Wormser  Judenrat  in  der 
Monatsschrift  XLVI,  1902,  S.  157  ff. 

*  Mit  herzerfrischender  Liebe  zur  Heimat  hat  A.  Fürst  alle  diese  Kleinig- 
keiten, die  in  den  Augen  jedes  echten  Eisenstädters  gewiß  von  großer  Wichtig- 
keit sind,  gesammelt  und  literarisch  festgehalten  in  dem  oben  Anm.  2  an- 
geführten hübschen  Büchlein. 

*  Vgl.  Kaufmanns  Einleitung  zu  den  von  ihm  veröffentlichten  Mitteilungen 
daraus,  oben  S,  II,  Anm.  3. 

«  Siehe  z.  B.  Kaufmann,  Samson  Wertheimer,  S.  öß,  65,  77;  Marktbreiter, 
S.  26,  34,  51  und  anderweitig. 

IV 


Samson  Wertheimerg  Rabblnats-Diplom  aua  Eiaenstadt.  503 

wieder  aufgerichtet  haben,'  so  haben  auch  die  Eisenstädter  allen 
Verhängnissen  und  Austreibungen  Trotz  geboten  und  der  heimat- 
lichen Scholle  die  herkömmliche  jüdische  Treue  bewahrt.  Auch 
für  Eisenstadt  war  das  letzte  Viertel  des  XVII.  Jahrhunderts  eine 
Schreckenszeit.  Die  Austreibung  aus  Wien  1670  bezog  sich  auch 
auf  die  westungarischen  Gemeinden.-  Zu  Beginn  des  Jahres  1671 
mußten  sie  die  alten  Wohnstätten  verlassen.  Juden  aus  Eisenstadt 
finden  wir  dann  in  den  nächsten  Jahren  in  Berlin,^  Frankfurt  a,  0.,* 
Kremsier,5  Nikolsburg,*^  Prag'  und  Zolkiew.'*  Viele  wurzelten  in 
der  Fremde  ein.  Nur  ganz  allmähhch  sammelte  sich  wieder  eine 
Gemeinde,  obwohl  schon  nach  vier  Monaten,  seit  dem  24.  April  1671, 
der  Rückkehr  ein  gesetzliches  Hindernis  nicht  mehr  im  Wege 
stand;"  denn  die  friedlosen  Zeiten  vermehrten  und  beförderten 
die  allgemeine  Unrast.  Die  Türkenkriege  verheerten  das  Land. 
Auf  kaiserlichen  Befehl  knechteten  die  Jesuiten  die  Gewissen  und 
zwangen  die  Reformierten,  zur  alten  Kirche  zurückzukehren.  Die 
siegreichen  kaiserlichen  Heere  hausten  in  den  neu  eroberten 
Landschaften  wie  in  Feindesland,  und  mit  dem  Henkerbeil  ver- 
nichtete Anton  Caraffa  die  politische  Freiheit  der  Ungarn. 

In  diesen  argen  Zeitläuften  erwiesen  sich  die  beiden  in  Wien 
wieder  zugelassenen  jüdischen  Millionäre  Samuel  Oppenheimer 
und  Samson  Wertheimer  als  walire  Helfer  in  der  Not.  Damals, 
als  alle  Staatskassen  leer  und  alle  Geldquellen  erschöpft  waren, 
als  die  Beschaffung  von  Sold,  Munition  und  Proviant  zur  Fort- 
setzung des  Krieges  gegen  die  Türken  und  Franzosen  und  die 
Herbeischaffung  der  notwendigsten  Geldmittel  zur  Fortführung 
der  Staatsgeschäfte  den  leitenden  Staatsmännern  und  Feldherren 
nahezu  als  eine  Unmöglichkeit  erschien,  besorgten  diese  unermüd- 
lichen Hoffaktoren  Kleidung,  Bewaffnung,  Verpflegung,  Pferde  für 
die  Kavallerie,  Zugtiere  für  die  Artillerie,  Materialien  zur  Ein- 
richtung von  Feldlagern  und  Spitälern,  Utensilien  zum  Schiffs- 
und Brückenbau,  Vorschüsse  zu  Ehrengeschenken  und  Pensionen 


i  Vgl.  Epstein,  Die  Wormser  Minhagbücher,  S.  288  f. 

2  Vgl.  Kaufmann,  Die  letzte  Vertreibung  der  Juden  aus  Wien  und  Nieder- 
üsterreich,  S.  159;   Marktbreiter  S.  19,  21,  23,  a4. 

3  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  217. 
<  a.  a.  O.  S.  219. 

*  FrankJ-Grün,  Geschiclite  der  Juden  in  Kremsier  I,  S.  113,  Anm. 

«  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  171. 

■J  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  222. 

9  a.  a.  O. 

9  Marktbreiter  S.  22. 


604  Dr.  M.  Brann. 

füi"  Offiziere^  und  noch  dazu  für  den  kaiserlichen  Hofstaat 
Juwelen,  Weine,  Konfitüren,  Spezereien,  Fastenspeisen,  Komödien- 
waren, Livraen,  Bauholz,  Hafer,  Heu  und  Stroh.-  Dabei  wurde 
ihnen  immer  von  neuem  bezeugt,-  daß  sie  dem  Kaiserhause  und 
dem  gemeinen  Wesen  fortgesetzt  „eifrige,  unverdrossene,  nutzbare, 
ersprießlich  treue  und  uninteressierte  Dienste  leisten",  daß  sie  „ganz 
unentbehrlich"  seien,  daß  „ohne  sie  die  Armee  nichts  leisten  könne 
und  ohne  sie  zugrundegehen  müsse'".^ 

Samson  Wertheimer  setzte  neben  dieser  umfangreichen  und 
mannigfachen  öffentlichen  Tätigkeit,  die  allein  ausreichte,  ein 
Menschenleben  auszufüllen,  die  liebgewordene  gelehrte  Arbeit 
eifrig  und  gewissenhaft  fort.^  „Es  ist  ein  fesselndes  Bild,"  sagt 
David  Kaufmann, 5  „sich  den  vielgewandten  Mann  zu  denken,  in 
dessen  Haupte  die  Sorgen  um  den  Staatskredit  und  talmudische 
Probleme  wie  geschäftige  Bienen  durcheinanderschwirren,  kühn 
ausgreifende  Finanzpläne  homiletische  Gedanken  ablösen,  der  von 
einem  Auftrage  seines  Kaisers  sich  an  die  Erforschung  eines  gött- 
lichen Gebotes  begibt,  von  Starhemberg  zu  Maimuni  den  Über- 
gang findet  und  beweglichen  Geistes  von  Simon  ben  Jochai  zu 
Prinz  Eugen  von  Savoj^en  sich  wendet".  Und  gleiche  Fürsorge 
wie  der  Pflege  der  jüdischen  Lehre  widmete  er  der  Förderung 
jüdischen  Lebens.  Seine  nahen  Beziehungen  zu  den  Großen  der 
Erde  geben  ihm  die  Möglichkeit,  der  jüdischen  Gesamtheit  und 
einzelnen  Gemeinden  nützlich  zu  sein.  Mit  Fug  und  Recht  durfte 
er  darauf  hinweisen,  daß  seine  Glaubensbrüder  mit  ihrer  Fähigkeit, 
Hab  und  Gut  zu  sammeln  und  zu  mehren,  und  mit  ihrem  Geschick, 
alte  Nahrungsquellen  ergiebig  zu  erhalten  und  neue  zu  eröffnen, 
ganz  besonders  dazu  geeignet  seien,  in  den  durch  die  Kriege  ver- 
heerten Landschaften  Handel  und  Verkehr  wieder  herzustellen 
und  den  verarmten  Bürgern  und  Bauern  wirtschaftlich  aufzuhelfen. 
Gern  ließ  Fürst  Paul  IV.  Eszterhäzy,"  ein  Feldherr  und  Staatsmann 


1  Grunwald  S.  601,  222  f.,  226,  228,  234. 

2  a.  a.  O.  S.  78  f.,  219,  227  f. 

3  a.  a.  O.  S.  09.  Für  Wertheimer  Kaufmann,  Samson  Wertheimer.  S.  29  ff.; 
Grunwnld  S.  223,212.  Nach  Grunwald  S.  218  f.  wäre  Oppenheimer  der  Waren- 
und  Materialienlieferant,  Wertheimer  der  Geldvermittler  gewesen.  Allein  das 
Wertheimer  erteilte  Privilegium  vom  29.  August  1703  (Kaufmann  S.  29  ff.)  kennt 
einen  folchon  Unterschied  nicht. 

^  Über  seine  literarlsclie  und  rabbinische  Tätigkeit  siehe  Kaufmann  a.  a   O. 
S.  49  ff,  54  ff.,  61   und  auch  Grunwald  S.  244  f. 
•'•  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  49. 
ß  Geboren  ia   Eisenstndt  8.  September  1635,  gestorben  '26.  März  1713. 

VI 


Samson  "Wertheimers  Rabbinats-Diplom  aus  Eisenstadt.  505 

ersten  Ranges,  ein  begeisterter  Freund  und  Förderer  der  Wissen- 
schaften und  Künste,  ein  wahrhafter  Wohltäter  der  Armen  lind 
Bedrüciiten,  den  Kaiser  Leopold  wegen  seiner  Verdienste  um  die 
Erbfolge  des  Hauses  Habsburg  in  Ungarn  mit  Würden  und  Ehren 
überhäufte,  sich  auf  die  Bitten  Wertheimers  herbei,  der  Juden- 
schaft seiner  Sommerresidenz  Eisenstadt  einen  besonderen  Gnaden- 
brief zu  erteilen.*  In  der  Urkunde  vom  1.  Januar  1G90  wurde 
ihnen  freie  Religionsübung,  freie  Wahl  ihrer  Rabbiner  und  Richter, 
die  unbeschränkte  Aufnahme  unbescholtener  Zuzügler,  die  Aus- 
übung des  Ärzteberufes  und  der  wichtigsten  Handwerke  und  der 
Erwerb  von  Grundstücken  zur  Erbauung  von  Wohnhäusern  ge- 
währleistet.- In  kurzer  P'rist  mehrten  sich  die  Ansiedler.  Schon 
nach  drei  Jahren  waren  ihre  inneren  Angelegenheiten  wohlgeordnet. 
Ihrem  Wohltäter,  dem  Begründer  ihres  vor  Unbill  geschützten 
Daseins,  verliehen  sie  die  höchste  Auszeichnung,  die  es  in  ihrem 
Bereich  gab  und  beriefen  ihn  zu  ihrem  Rabbiner.  Die  künstlerisch 
au.sgestattete  Urkunde,^  die  sie  darüber  anfertigen  ließen,  ist  uns 
erhalten.  Sie  ist  am  oberen  Teil  mit  drei  Kronen  geschmückt,  von 
denen  die  rechts  die  der  Thorah,  die  links  die  des  Königtums 
und  die  größere  in  der  Mitte  die  des  guten  Namens  darstellen 
soll.  Die  beiden  Seiten  sind  mit  reich  stilisiertem  Rankenwerk  ver- 
ziert. Den  unteren  Teil  bildet  ein  ebenso  schön  stilisierter  Schild, 
innerhalb  dessen  der  berufende  Ausschuß  das  Blatt  unterzeichnet 
hat.  Der  Text  ist  in  dem  verschnörkelten  Rokoko-Musivstil,  der  mit 
seinen  überreich  gekünstelten  Anspielungen  aus  der  biblischen  und 
talmudischen  Literatur  für  jene  Zeit  charakteristisch  ist,  abgefaßt. 
Für  besonders  elegant  galten  gewiß  die  ersten  fünf  Zeilen,  deren 
jede  mit  den  Buchstaben  "n",  d.  h.:  „es  lebe*'  beginnt  und  mit  dem 
Worte  "pfin,  d.  h.:  ,der  König"  schließt.  Anschließend  der  Wortlaut: 

1  über  Wertheimers  nahe  Beziehungen  zum  Fürsten  Paul  IV.  Es7.tevhdzy 
vgl.  Grunwald  S.  221  f.,  225,  284. 

-  Alexander  Büchler  im  Artikel  Eisenstadt  in  der  Jew.  Encj'clopedia  V; 
Markthreiter  S.  60. 

3  Die  Urkunde  geliört  gegenwärtig  Hen'n  Sandor  Wolf  in  Eisenstadt,  der 
sie  am  24.  Juni  19i)2  aus  dorn  Nachlaß  der  im  Mai  1902  verstorbenen  Frau  WIHieiin 
erworben  hat.  Die  Vorbesitzciin  war  eine  Verwandle  des  reiclien  Seidonwaren- 
fabrikanlen  Marcus  Engländer,  vgl.  Marktbreiter  S.  8G,  91,  dem  im  Jahre  1836 
d  is  Wertheimerschc  Haus  gehört  hat.  Jetzt  ist  auch  dieses  Grundstück  das  Eigen- 
tum des  lleri'n  Sandor  Wolf.  Das  btifolgcnde  Klischee  gibt  die  Urkunde  in  der 
Originalgröße  wieder.  Eine  Verkleinerung  davon  hat  bereits  Herr  Wolf  selber 
in  seiner  in  ungarischer  Sprache  erschienenen  Abliaiidlung  über  die  „Kunst  im 
Eisenstädter  Ghetto"  in  der  Zeitschrift  Mult  ('s  Jövö,  Jahrg.  1Ü12,  S.  27G  unter 
Nr.  4  9  drucken  lassen. 

VII 


506  Dr.  M.  Brann. 

Samson  Wertheimer  erwies  sich  dankbar  für  diese  außer- 
ordentliche Ehrung.  Dem  Wohl  und  Gedeihen  der  Gemeinde 
widmete  er  bei  jeder  Gelegenheit  seine  besondere  Fürsorge.  Als 
im  Kuruzzenaufstand  das  kaum  erstarkte  Gemeinwesen  nach 
wenigen  Jahren  wiederholt  zerstört  und  geplündert  wurde  und 
die  Gemeindemitglieder  in  begreiflichem  Schrecken  Zuflucht 
suchten,  wohin  ihr  flüchtiger  Fuß  sie  trug,  leitete  er  mit  Weis- 
heit und  Geschick  die  Verhandlungen,  die  die  geängstigten  Flücht- 
linge beruhigten  und  zur  Heimkehr  bewegten. ^  Nach  den  Grund- 
zügen der  Verfassung,  die  er  gemeinsam  mit  seinem  berühmten, 
gelehrten  Freunde  R.  Mei'r  ben  Isaak,  der  damals  Rabbiner  in 
Proßnitz  war,  am  (U.Thammus  =)  2.  Juli  1708  feststellte,  erblühte 
die  Gemeinde  von  neuem.  Einen  beachtenswerten  Aufschwung 
nahm  sie,  als  etwa  ein  Jahrzehnt  später  R.  Meir  selber  das  rab- 
binische  Amt  übernahm.  Als  er  1717  sein  Lehramt  antrat,  galt  er 
auf  Grund  seiner  bisherigen  literarischen  Tätigkeit  bei  seinen 
Zeitgenossen  bereits  als  eine  Autorität  im  Bereiche  der  Halacha.^ 
Zahlreiche  Schüler  fanden  sich  bei  ihm  ein,  und  durch  sein  her- 
vorragendes Lehrgeschick  erlebte  nach  Jahrzehnten  des  Nieder- 
ganges das  Talmudstudium  in  Ungarn  eine  neue  Blütezeit. ^  Die 
Judenstadt,  in  der  er  wirkte,  die  später  als  autonome  Groß- 
gemeinde Alsökismartonhegy  sich  konstituierte  und  noch  jetzt, 
räumlich  und  politisch  von  den  drei  Nachbargemeinden  desselben 
Städtchens  getrennt,  als  solche  besteht,  ist  heute  noch  ausschließ- 
lich von  Juden  bewohnt  und  hat  ihre  Eigenart  bis  auf  die  Gegen- 
wart bewahrt.-^  Über  ihre  Baugeschichte  und  ihre  Altertümer  hat 
Sändor  Wolf  mit  großem  Sachverständnis  eine  sehr  belehrende, 
reich  illustrierte  Abhandlung  veröffentlicht.^  Das  ansehnlichste 
Haus  in  der  Gasse  ist  das  von  Wertheimer  erbaute.«  Sein  Äußeres 


I 


i  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  65;  Marktbreiter  S.  34  ff.,  39  ff. 

1  Bd.  I  seiner  RGA.  nn'sa  □»JB  und  seiner  Ciiiddusclüm  zum  Traktat 
Sebachim  erschienen  bereits  1715  in  Amsterdam. 

3  Kaufmann  a.  a.  O.  S.  64  ff.;  Urkundliches  S.  3,  123;  Grünwald,  omn'n 
NnN;:ix:,  S.  28—36. 

*■  Siehe  Fürst,  Sitten  und  Gebräuche  S.  1—6  und  die  Abhandlung  in  der 
Zeitschrift  „Mult  es  Jövö",  Jahrg.  1912,  unter  dem  Titel  „Egy  magyar  getto", 
S.  158  ff.,  199  ff.,  257  ff. 

5  Unter  dem  Titel:  „A  Kismartoni  getto  müveszete"  in  derselben  Zeitschrift, 
S.  261— 276.  Ein  deutscher  Auszug  daraus  erschien  gleichzeitig  unter  dem  Titel 
„Die  Kunst  im  Eisenstädter  Ghetto". 

6  Kaufmann,  Samson  Wertheimer,  S.  67  f.  Es  kommt  auch  in  der  von 
Wachstein  —  vgl.  S.  I,  Anm.  3  —  a.  a.  ü.  S.  143  f.  mitgeteilten  „Spezifikation  der 
teils  eigentümlichen,  teils  verhypotezierten  Grundstücke"  Wertheimera  vor,  „Zu 

VIII 


Samson  Wertheimers  Rabbinats-Diplom  aus  Eisenstadt.  507 

ist  reicher  gegliedert  als  das  der  Nachbargebäude  und  weist  in 
den  Fenster-  und  Torumrahmungen  manche  schöne  architektonische 
Einzelheiten  auf.i  Im  ersten  Stock  befindet  sich  der  Haustempel, 
„R.  Samsons  Schule",  in  der  bis  1876  täglich  und  jetzt  noch  an 
den  Festtagen  Gottesdienst  abgehalten  wird.^  Man  erzählt,  daß  der 
Erbauer  es  nur  einmal  besichtigt  und  nicht  einmal  darin  über- 
nachtet habe.  Bei  der  jüngsten  Feuersbrunst  ist  es  nahezu  unver- 
sehrt geblieben  und  wird  mit  seinen  meterdicken  Mauern  und 
seinen  Kreuzgewölben ^  noch  manchem  Geschlechte  von  den  Groß- 
taten des  Mannes  erzählen,  der  sich  bleibende  Verdienste  um  die 
Gemeinde  erworben  hat. 


Eysenstatt",  heißt  es  darin,   „unter  dem  Fürsten  Eszterbäzy  ?in  wolü  erbautes 
Freyhaus". 

'  Vgl.  die  Illustrationen  7  und  9  im  ungarischen  Text  der  Abhandlung 
Wolfs.  Über  den  von  der  Feuersbrunst  angerichteten  Schaden  schreibt  mir  Herr 
Wolf  am  22.  Juni  1914:  „Von  dem  Hause,  welches  von  Samson  Wertheimer  erbaut 
wurde,  sind  die  Dächer  abgebrannt,  doch  im  Innern  des  Hauses  ist  eigentlich 
kein  Schaden  zu  konstatieren.  Bloß  von  der  Synagoge  Wertheimers  sind  die 
Fensterstöcke  verbrannt,  und  aucii  hier  machte  das  Feuer  Halt,  und  ist  im 
Innern  nichts  geschehen." 

2  Vgl.  Kaufmann  a  a.  0.  Leopold  Low,  Geschichte  der  Juden  in  Ungarn 
in  Buschs  Jalirbuch  V,  1847,  S.  103  und  dazu  die  Illustrationen  22,  25,  26,  30 
im  ungarischen  und  IV  im  deutschen  Text  der  Wolfschen  Abhandlung. 

3  Vgl.  S.  4  des  deutschen  Textes  der  Wolfschen  Abhandlung  und  hier 
oben  Anm.  1. 


IX 


Danemark  und  die  Juden  in  Prag  1745. 

Von  D.  Simoiiseii,  Kopenhagen. 

In  dem  ersten  Werke,  das  der  verehrte  Jubilar  herausgab, 
zeigte  er  sich  uns  als  tüchtiger  Forscher  der  Geschichte.  Wenn 
er  sich  später  nur  ab  und  zu  in  seinen  vielen  bedeutenden  Werken 
der  Geschichtsforschung  zugewandt  hat,  darf  es  mir  also  wohl 
erlaubt  sein,  als  meinen  bescheidenen  Beitrag  zu  dieser  Festschrift 
einige  bisher  unbekannte  Stücke  mitzuteilen,  welche  die  freund- 
lichen Beziehungen  zwischen  dem  Vaterland  des  Jubilars  und 
dem  meinigen  zeigen. 

Auf  der  Medaille,  welche  die  holländischen  Juden  im  Jahre  1745 
schlagen  ließen,  als  man  hoffte,  daß  die  beabsichtigte  Vertreibung 
der  Juden  aus  Prag  endgültig  beseitigt  sei,  kommen  außer  dem 
Wappenschild  Österreich-Ungarns  noch  die  Wappenschilder  von 
vier  anderen  Staaten  vor,  der  vier  Staaten,  die  bei  Maria  Theresia 
für  die  Juden  Fürbitte  eingelegt  hatten.  Was  Holland,  dessen 
Schild  wir  dort  sehen,  gearbeitet  hatte,  wissen  wir  durch  die  Mit- 
teilungen David  Kaufmanns;'  Krengel  hat  uns  die  Bemühungen 
Englands  dargelegt.-  Daß  Dänemark  auch  für  die  Juden  auf- 
getreten war,  wußten  wir  wohl  im  Allgemeinen;  ^  das  dänische  Reichs- 
archiv mag  aber  jetzt  das  wenige,  was  hier  noch  zu  eruieren  war. 
dargeben.  Leider  waren  die  größeren  Schriftstücke,  die  man  suchen 
würde,  nicht  mehr  zu  finden,  so  z.  B.  das  Gesuch  der  Kopenhagener 
Juden  an  den  dänischen  König  um  seine  Intervention  und  der  Brief 
des  dänischen  Königs,  in  dem  er  direkt  für  die  Juden  interveniert. 

i  In  Graetz-Jubelsclirift  279—313  =  Ges.  Schriften  II,  328—376. 

-  Monatsschrift  für  Geschichte  und  Wissenschaft  des  Judentums  Bd.  44, 
259-281. 

'  Wolf  in  Jahrbücher  für  die  Geschichte  der  Juden  IV,  197;  Graetz- 
Jubelschrift  296,  Monatsschrift  1.  c.  262,  268,  27ö.  —  Die  Intervention  Polens 
ist  bis  jetzt  nur  im  Allgemeinen  bekannt.  —  Über  Hamburgs  Auftreten  siehe 
Grunwald  in;  Aus  Hamburgs  Staatsarchiv. 


610  D.  Simonaen. 

Die  jetzigen  ernsten  politischen  Verhältnisse  veranlassen  mich, 
auf  die  damaligen  nicht  näher  einzugehen.  Aber  zu  einem  Zeit- 
punkt, wo  die  ganze  Welt  in  Flammen  steht  und  wo  die  Juden 
nicht  am  wenigsten  betroffen  sind,  ist  es  vielleicht  gut,  auch  einer 
Zeit  eingedenk  zu  sein,  in  der,  trotz  des  auch  damals  wütenden 
Krieges,  die  Sorge  um  den  Zustand  der  schwachen  Juden  weit 
entfernter  Länder,  die  alle  ihre  Freundschaft  für  die  mächtige 
Herrscherin  Österreich-Ungarns  betonten,  Herrscher  zu  einer 
solchen  Aktion  der  Teil  .ahme  vereinigen  konnte.  War  die  schon 
genannte  Medaille  auch  etwas  zu  früh  geschlagen,  indem  die 
Rettung  erst  später  erfolgte,  so  bleibt  sie  doch  ein  schönes  Denk- 
mal, das  wert  ist,  durch  diese  kleine  Veröffentlichung  von  neuem 
beleuchtet  zu  werden. 

Ich  lasse  jetzt  die  Auszüge  selbst  für  sich  sprechen;  eine 
weitere  Beleuchtung  und  Einzelerklärung  dürfte,  eben  weil  wir  die 
Mitteilungen  aus  den  holländischen  und  englischen  Archiven  schon 
besitzen,  nicht  nötig  sein.  Die  Auszüge  reichen  bis  zur  endlichen 
glücklichen  Rückkehr  der  Juden  nach  Prag. 


II 


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(Aus  der  „Geheimen  Registratur  de  A°    1745" 
im  Dänischen  Reichsarchiv.) 

An 
Den  Justitz-Rath  und  Legations-Secretaire  von  Franckenau,  zu 
Wien.  Nomine  des  Geheimen  Raths  von  Schulin.  Da  die  hiesige  Juden- 
schaft um  Ihro  königl,  Mayt.  allerhöchste  Intercession  angesuchet,  dass 
die  gemachten  Verfügungen,  wegen  Vertreibung  ihrer  Nation  aus  Böhmen, 
mitigiret  werden  mögten,  so  hätte  er  sich  nach  denen  Umständen  zu 
erkundigen,  und,  fals  einige  Apparence,  etwas  auszurichten,  sich  äussere, 
Namens  Ihro  königl.  Mayt.,  bey  dortigem  Ministeiio  deswegen  Vorstellung 
zu  thun,  und  anbey  zu  erkennen  zu  geben,  dass,  fals  von  Engelland 
und  denen  General-Staaten  schriftliche  Intercessiones  eingelauffen,  höchst- 
gedachte Ihro  königl.  Mayt.  als  denn  ein  ebenmässiges  Intercessions- 
Schreiben  an  die  Königin  von  Ungarn  abgehen  lassen  würden. 

Copenhagen,  den  5ten  Januarii,  1745. 

Wohlgebohrner  etc. 

Demnach  die  hiesige  Juden schaft  bey  Ihro  königl.  Mayt.  um  dero 
allerhöchste  Intercession  angesuchet,  dass  die,  wegen  Vertreibung  ihi*er 
gantzen  Nation  aus  dem  Königreich  Böhmen,  ergangene  königl.  Ungarische 
Verfügung  mitigieret,  und  wenigstens,  wegen  des  spatii  emigrationis, 
limitiret  werden  mögte,  wobey  selbige  angezeiget,  dass  dergleichen 
Intercessiones  für  selbige,  von  Engelland,  denen  General-Staaten  und 
anderen  Mächten,  in  Wien  wären  eingelegt  worden;  So  habe,  auf  königl. 
allergnädigsten  Befehl,  Ewer  Wohlgeb.  hiemit  anzuzeigen,  dass  dieselben 
Sich  nach  denen  Umständen  zu  erkundigen,  und  fals  nur  einige  Apparence 
etwas  auszurichten  sich  äussere,  in  Ihro  königl.  Mayt.  allerhöchsten  Nahmen, 
bey  dem  Ungarischen  Ministerio  deswegen  Antrag  und  Vorstellung  zu  thun, 
auch  zu  erkennen  zu  geben,  dass,  fals  von  obersagten  Puissances,  dieser 
Sache  wegen,  schriftliche  Intercessiones  eingelauffen,  Ihro  königl.  Mayt. 
auch    solcherhalben   ein   Schreiben   an    der   Königin   von   Ungarn   Mayt. 

III 


512  D.  Simonsen. 

abgehen  lassen  würden.  Von  dem  Befolg  obigen  gewärtigen  Ihro  königl. 
Mayt.  m.  Herrn  Justitz-Raths  alleruntertliänigsteu  Bericht,  und  ich  beharre 
übrigens  alstets  etc.  etc. 


(Aus  dem  Relations-Protokoll,  Band  VII,    1744  —  1750 
im  Dänischen  Reichsarchiv.) 

Nr.  421. 

Wien,  den  5.  December  1744. 


Prager  . '  •  •  •  Die  hiesige  Juden  Stadt  ist  (weil  die  Juden  denen  Preussen 
Juden,  heimlich  assistiret  und  ihnen  vieles  verrathen  sollen  haben)  ^  zuerst  durch 
die  alsogleich  hineingekommene  Croaten,  nachhero  aber  auch  durch  die 
Studenten  und  das  gemeine  Burger  Volck  rein  ausgeplündert  worden, 
worbei  etliche  und  80  Juden  getödet  und  blessiret  worden:  Sie  wurden 
auch  sämtlich  aus  Prag  seyn  heraussgejaget  worden,  falls  nicht  die  König- 
liche Statthalterschafft  durch  scharffe  poenal-mandati  es  verhindert  hätte. 


426 

Wien,  den  26ten  December  1744. 

Prager  In    meiner    allerunterthänigsten    Relation    vom    öten    hujus    habe 

Juden.  ■^70geii  der  Prager- Judenschafft  und  deren  übelen  tractement  bereits 
einige  Erwehnung  gethan:  Es  ist  aber  dabei  nicht  verblieben,  sondern 
seit  der  Zeit  auch  über  deren  Fortschaffung  von  dannen  bei  Hofe  viel- 
fältig deliberiret  worden,  und  endlich  der  Sclduss  dahin  ausgefallen, 
selbige  nicht  nur  aus  Prag  sondern  auch  aus  dem  ganzen  Königreich 
Böhmen  zu  vertreiben,  und  ist  das  darüber  verfasste  königliche  Patent  am 
verwichenen  Mittwoch  zur  publication  von  hier  nach  Prag  abgeschicket 
worden,  vei*möge  dessen  alle  Juden  binnen  Monats-Erist  selbige  Stadt, 
und  innerhalb  3  Monaten  das  Königreich  Böhmen  räumen  sollen.  Es 
will  ihnen  dieses  um  so  viel  härter  fallen,  als  sie  nicht  nur  bei  der 
Königin  Crönung  große  Geld  Summen  dem  Hofe  erlegen  müssen,  sondern 
auch,  wie    ich    unter    obigem    dato    gemeldet,    rein    sind    ausgeplündert 


'  Mit  Recht  als  Gerücht  bezeichnet;  nachher  fanden  sich  die  Schuldigen 
in  ganz  anderen  Kreisen. 

IV 


Dänemark  und  die  Juden  in  Prag  1745.  513 

worden.    Es    soll,   wie   man   hier   debitiret,    die   Raitzische   nation^   dem  Raitzen. 
Hofe  oflferiret  haben,  in  der  Prager- Juden  Stadt  sich  zu  etabliren,  und 
die  von  denen  selben  bisahero  getriebene  Handelschafft  fortzusetzen. 


429. 

Wien,  den  6ten  Januarij   1745. 


Das  in  meiner  allerunterthänigsten  Relation  vom  26ten  De-  Prager 
cember  erwehnte  Königliche  Patent  wegen  Ausschaffung  di.r  Prager-Juden  "''^^' 
ist  zwar  dorten  publiciret  worden;  es  ist  aber  von  der  hiesigen  Hof-Cammer 
der  Königin  die  Vorstellung  geschehen,  dass  weil  durch  Wegschafifung  der 
Prager- Judenschafft  das  Holländische  Wechsel-Negotium  ein  grosses  leiden 
durfte,  auch  diese  sich  zu  einem  Vorschuss  von  2  Millionen  Cxulden  und 
Anschaffung  von  200  Rimonta-Pferden  erbothen  hat  (auch  zweifelsohne  der 
Böhmischen  Canzelley  eine  wichtige  Summa-Geldes  mag  versprochen  haben) 
durfte  die  execution  obgedachten  Patents  wohl  ins  stecken  gerathen,  und 
selbiges,  nach  hiesigem  Sprichwort,  Ein  Wiener  Geboth  verbleiben. 


432. 

Wien,  den   16.  Jan.   1745. 


Die  Prager- Juden  schafft  hat  durch  ein  sehr  weitläuftiges  Prager 
memorial  an  den  Gross-Herzog  als  Mit-Regenten  sich  gewendet,  und 
darin  so  wohl  um  eine  Untersuchungs-Commission,  damit  nicht  die 
Unschuldige  mit  denen  schuldigen  leiden  müsten,  als  auch  um  Prolon- 
gierung des  Auszugs-termin  aua  der  Stadt  in  sehr  beweglichen  terminis 
Ansuchung  gethan.  Letzterer  ist  ihnen  auch  biss  ultimo  Februarii  er- 
strecket worden,  und  man  glaubet,  dass  vielleicht  durch  Vorbitte  des 
Königes  in  Polen  (als  an  den  die  Judenschafft  sich  soll  addressiret 
haben)  ihre   emigration  noch  wohl  dürffte  hintertrieben  werden.    .     . 


1  Serben,  die  durch  die  Türkenkriego  nach  Österreich  gekommen  waren.  — 
Dieser  eigentümliche  Vorschlag  ist  meines  Wissens  sonst  nicht  erwähnt.  Vgl. 
unten  Nr.  434. 


Festschrift,  33 


514  D.  Simonsen. 

433. 

"Wien,  den  20.  Januarij  1745. 
Prager  Mit  heutiger  Post  habe  Eurer  königlichen  Majestät  durch  den 
Juden,  jjerrn  Greheimen-Rath  von  Schulin  unterm  5ten  hujus  mir  zugefertigte 
allergnädigste  Ordre,  die  Prager-Judenschafft  betreffend,  wohl  erhalten. 
Ich  beziehe  mich  solcher  wegen  auf  meine  bereits  unterm  26ten  De- 
cember  a.  p.,  6.  und  16  Januarij  a.  c.  allerunterthänigst  eingesandte 
Relationes,  welchen  noch  beifüge,  dass,  nachdem  Ihro  Majt.  der  König 
von  Polen  bei  Seiner  Gegenwart  zu  Olmütz  (wie  man  sicher  vermuthet) 
mündlich  für  selbige  bei  dem  G-ross-Herzog  intercediren  wird,  man  hier 
gän/>lich  der  Meinung  sey,  dass  ihre  völlige  emigration  aus  Prag  und 
Böhmen  annoch  werde  ruckstellig  gemachet  werden 


I 


434. 

Wien,  den   23.  Januarij   1745. 

Königi.  An  den  Herrn  Geheimen  Kath  von  Schulin.  Durch  eine  von  dem 

Rescnpt   jjöniorl.   Post-Secretaive  Waitz    aus   Hamburg    den  löten    huius  Mittags 

wegen  der  *=  .  &  J  6 

Juden,  anhero  abgefertigte  estafette  habe  gestern  Vormittags  Eurer  Excellanz 
beide  unterm  9ten  hujus  an  mich  erlassene  geehrteste  zusamt  dem  könig- 
lichen intercessional-Schreiben,  wegen  der  emigration  derer  Böhmischen 
Juden,  richtig  empfangen,  und  soll  letzteres  morgen  frühe  dem  Hof- 
Canzler  Grafen  von  Ulfeid  eingehändiget  werden.  Ich  zweifle  um  so 
weniger  an  dessen  gutem  effect,  als  von  verschiedenen  anderen  Puissances 
gleichmässige  Vorschrifften  für  selbige  zum  Theil  bereits  eingeloffen,  wie 
dann  gestern  Vormittag  kurz  aufeinander  2  hiesige  Courriers  aus  Engeland 
eingetroffen,  davon,  allem  Vermuthen  nach,  der  eine  dergleichen,  der  andere 
aber  die  Bell-islische  Schriften  wird  überbracht  haben.  So  viel  ist  gewiss, 
dass  nicht  nur  der  terminus  emigrationis,  wie  lezthin  allerunterthänigst 
gemeldet,  biss  zu  Ende  kunfftigen  Monats  Februarii  verlängert  worden, 
sondern  es  will  auch  anjetzo  verlauten,  dass  derselbe  wohl  gar  biss  ultimo 
Junij  durfte  extendiret  werden ;  wie  mir  dann  auch  versichert  worden, 
dass  das  unterm  26.  Decembr.  von  mir  allerunterthänigst  einberichtete 
.project,  die  Raizische  nation  in  der  Prager  Juden  Stadt  zu  etabliren,  (an 
dessen  Aufsatz  schon  wurcklich  gearbeitet  worden)  einige  Zeit  her,  unterm 
Vorwandt  anderer  häufigen  GescliäfFte,  völlig  liegen  geblieben. 


VI 


Dänemark  und  die  Juden  in  Prag  1746.  515 

435. 

Wien,  den  27.  Januarij  1745. 
An  den  Herrn  Geheimen  Eath  von  Schulin.  Eurer  Excellenz  habe 
durch  gegenwärtige  Zeilen  nur  gehorsamst  anzeigen  sollen,  dass  ich  erst 
diesen  Abend  Gelegenheit  erlanget  habe,  das  am  verwichenen  Freytag 
erhaltene  königl.  intercessions-Schreiben  für  die  Böhmische  Juden  dem 
Hof-Canzler  Grafen  von  Ulfeid  zu  überreichen,  dabei  ich  dann  nicht 
undeutlich  mercken  können,  dass  er  lieber  gesehen  hätte,  dass  ich  damit 
zurückgehalten  hätte,  indem  er  zu  erkennen  gab,  dass  von  Engeland 
noch  nichts  schriftliches  gedachter  Juden  wegen  an  die  Königin  gelanget 
sey,  sondern  der  Englische  so  wohl  als  Holländische  Gesandte  nur 
mündliche  Vorstellungen  derentwegen  gethan  hätten 


442. 

Wien,   den   20.  Februari  1745. 


.      .      .      .      Wegen  Ausschaffung  der  Juden  aus  Böhmen  bleibt  es  noch  Böhmische 
bis  Dato   bei   dem   von    der  Königin  gefassten   Entschluss  und  dürfften     '''^^^'^■ 
also  wohl  alle  von  auswärtigen  Puissances  für  gedachte  Juden  eingelegte 
intercessiones  fruchtlos  seyn. 

443. 
,  Wien,  den   24.  Februari   1745. 


.  .  .  .  Wegen  der  vielen  seithero  von  verschiedenen  Höfen  für  die  Böhmische 
Böhmischen  Juden  eingekommenen  intercessionen  (darunter  absonderlich  '''^^^'^■ 
die  vom  Engelischen  Hofe  dem  hiesigen  Minister  Wasner  mündlich  gethane 
Vorstellung  in  sehr  nachdrücklichen  und  fast  bedrohlichen  terminis  soll 
bestanden  haben)  ist  in  voriger  Woche  eine  Conferenz  bei  Hofe  ge- 
halten worden,  davon  das  Kesultat  ziemlich  favorable  für  dieselbe  aus- 
gefallen seyn  soll,  wie  dann  verlauten  will,  dass  der  mit  Ende  dieses 
Monats  verfallene  termin  ihrer  Ausschaffung  aus  Prag  wieder  aus  2 
(andere  wollen  gar  wissen  auf  3)  Monate  prolongiret  worden,  worzu 
auch  sowohl  der  Prager  Geistlichkeit  als  des  Magistrats  Vorstellung 
ihrer  dabei  versierenden  Interesse  mit  soll  contribuiret  haben. 

33* 

VII 


516  D.  Simonsen. 

444. 


Wien,  den  27.  Februari   1745. 


Prager    ....     Wegen   der  Böhmischen   Juden  ist  gestern   die  Resolution 
Juden.     yQjQ   Hofe    kundt  geworden,    dass   selbigen   noch   eine   Monats-Frist  in 
Prag  zu  bleiben  verstattet  worden. 


445. 

Wien,  den  3.  Martii  1745. 


Prager  ....  Von  denen  dortigen  Juden  sollen  bereits  über  5000  aus- 
Juden, gezogen  seyn,  und  sich  auf  die  umliegende  Dörffer  retiriret  haben; 
man  glaubt  aber,  dass  der  am  verwichenen  Samstag  nach  Prag  ab- 
gefertigte Courrier  Brennschütz  die  Resolution  der  Königin,  dass  selbige, 
aus  egard  der  vielen  intercessions  von  fremden  Höfen,  in  besagter 
Stadt  ferner  verbleiben  sollen,  mitgenommen  habe. 


453.1 

Wien,  den  31.  Martii  1745. 


Türekey.  .  •  •  •  Am  vorwichenen  Sonntage  ist  ein  Courrier  von  Con- 
stantinopel  angelanget  mit  der  Nachricht,  dass  die  Kriegs-Zurüstungen 
daselbst  aufs  neue  mit  groser  Macht  poussiret  werden,  auch  nach 
Servien  und  Bosnien  zu  Anwerbung  einer  zahlreichen  Mannschafft  grose 
Geld-Summen  remittiret,  und  die  Fahnen  daselbst  ausgestecket  worden, 
wie  dann  laut  Briefen  derer  dortigen  Raitzen  der  Ali-Bascha  mit  seinem 
gantzen  Kriegs-Stab  von  Constantinopel  in  Bosnien  erwartet  würde. 


'  Hier  mitaufgenommen  wegen  der  Erwähnung  der  Raitzen.  Vgl.  Nr.  426 
und  Nr.  434, 


VIII 


Üänemark  und  die  Juden  in  Prag  1746.  61t 

474. 

Wien,  den  12ten  Junij  1745. 


.     .     .     Wegen    derer    Juden    fernerer    Toleranz    in    Böhmen    und    Juden- 
Mähren  ist  unterm  25ten  Maij  aus  der  Böhmischen  Canzelley  ein  königl.  Böj^men. 
Rescript  dorthin  abgegangen,  davon  Copiam  hier  allerunterthänigst  bei- 
schliesse. 


586. 

Wien,  den  9ten  Julii  1746. 


Nachdem  die  JudenschafFt  zu  Prag  seit  der  neuen  Toleranz  Juden 
daselbst  mercklich  wiederzugenommen,  und  viele  fremde  Juden  sich  ^"  '^^' 
da  eingeschlichen,  so  ist  aufs  neue  vom  hiesigen  Hofe  der  Befehl  dorthin 
abgegangen,  dass  alle  Juden  nicht  nur  aus  Prag,  sondern  auch  aus 
allen  anderen  Städten  und  Märckten,  welche  verschlossen,  oder  mit 
Mauren  und  Gräben  umgeben,  fortgeschaffet,  und  nur  in  freien  und 
offenen  Orten  zu  wohnen  angewiesen  werden  sollen. 


744. 

Wien,  den  3ten  April  174  8. 


Nachdem  währen  den  Gouvernements  des  verstorbenen  Grafen  Raaber 
von  Althaus  in  der  Stadt  Raab  sich  viele  Juden  eingeschlichen  und  da  '  ^  ""• 
wohnhalFt    niedergelassen,    ist,    da    solches    Gouvernement    nun     völlig 
supprimiret  wird,  auf  Anhalten   des  Magistrats  denen  Juden  anbefohlen 
worden,  die  Stadt,  so  wie  die  andern  königlichen  Freistädte,  zu  räumen, 
und  sich  wieder  auf  das  Land  zu  begeben. 


IX 


61^  D.  Simonaeo. 


766. 

Wien,  den  13ten  Julii  1748. 


Juden-  ....      Die  ehemals  zu  Prag  ausgeschaffte  Judenschafft  hat  endlich 

schafft,  ^yj-ßj^  Geld  und  Vorbitten  es  doch  dahin  gebracht,  dass  sie  nun  wieder 

in  ermeldte  Stadt  recipiret,  und  ihre  alte  Privilegia  de  novo  confirmiret 

worden,  worüber  sie  bereits  das  Decret  aus  der  Böhmischen  Canzelley 

erhoben  hat 


769 

Wien,  den  24.  Julii   174b. 


Prager  .      •      •      •      -Die  Prager-Judenschafft  soll  300  Gulden  für  ihr  retablisse- 

Juden.  m 

ment  erlegen.  Sie  hat  um  einigen  Nachlass  zu  erhalten,  Deputirten 
anhero  geschickt,  diese  werden  aber  schwerlich  vor  Erlegung  obiger 
Summa  ihr  Decret  aus  der  Böhmischen   Canzelley  erlangen. 


777. 

Wien,  den  28ten  August  1748. 


Präger  •     •      •      •      ^"  ^^'^S   ^^'^^   bereits    viele  Jüdische  Familien   wieder  ein- 
Juden, gezogen,  welche  anfangen,  ihre  Juden-Stadt  zu  säubern  und  die  Häuser 
zu  repariren 


Die  Hauptprivilegien  der  polnischeD 

Judenschaft. 

Von  Dr.  Moses  Schorr,  Lemberg. 

(Ein  Rückblick  auf  die  letzte  Proklamation  der  polnischen 
Judengesetzgebung  vom  Jahre  1765.) 

Das  Archiv  der  jüdischen  Gemeinde  in  Krakau  ist  im  Besitze 
eines  umfangreichen  und  bedeutsamen  historischen  Dokumentes, 
welches  sich  als  letzte  Kundgebung  der  legislativen  Macht  gegen- 
über den  Juden  Polens  darstellt.  Es  ist  dies  der  sogenannte 
Sumaryusz  'pi'zywilejüio,^  eine  in  Form  eines  Pergamentbandes 
(Großfolio)  von  16  Blatt  zusammenfassende  offizielle  Sammlung 
sämtlicher,  die  Judenschaft  in  Kronpolen  betreffenden  Privilegien 
und  Erlässe  seit  den  ältesten  Zeiten  bis  auf  den  letzten  polnischen 
König  Stanislaus  August  (1765-1795).  Die  Ausfertigung  des  Doku- 
mentes erfolgte  in  Warschau  am  14.  Juni  1765  und  wurde,  mit 
der  Unterschrift  des  Königs  versehen,  anläßlich  dessen  Thron- 
besteigung zu  Händen  der  Repräsentanten  der  Judengemeinde 
in  Krakau  als  feierliche  Bestätigung  aller  der  Gesamtjudenschaft 
in  Polen  dienenden  Freiheiten  erlassen.  Die  Sammlung  umfaßt 
zunächst  als  Hauptbestandteil  das  bekannte  undatierte  Privileg 
Kasimirs  des  Großen  (1333  —  1370),  welches  angeblich  für  die  Juden 
in  der  Provinz  Großpolen  erlassen  wurde  und  dessen  Bestätigung 


1  Der  augfülirliche  polnische  Titel  der  Sammlung  lautet:  Sumaryusz 
przywilejüw  nadanych  Zydom  polskim  a  potwierdzonycli  pi'zez  kiüla  Stanislawa 
Augusta  d.  d.  14.  czerwca  r.  1765  w  Warszawie.  Auf  dem  Umschlagsblatt  findet 
sich  folgender  nobräischer  Titel:  ^Son  «':nKai  D'QTpn  c'jSon  S^o  v»SNOTS;ipi  y<SiiyiD 

n"cc*n  t^H  nica  cnnani.  Durch  die  Glitte  des  Bandes  ist  eine  starke  Seidenschnur 
durchgezogen,  an  deren  Ende  das  große  Künigssiegel  in  einer  Bleehkapsel 
eingefügt  ist. 


bÜÖ  Dr.  Moses  Schon*, 

die  Vertreter  der  Judengemeinde  in  Posen  im  Jahre  1453  von 
Johann  Kasimir  erwirkt  haben.  Auf  dieses  in  der  vorliegenden 
Sammlung  24  Paragraphen  zählende  Hauptprivileg,  welches  seit 
der  Mitte  des  XV.  Jahrhunderts  die  magna  charta  Uhey^tatum  der 
polnischen  Judenschaft  darstellt  und  dessen  Bestätigung  die  erste 
Sorge  der  Judenrepräsentanz  bei  der  Thronbesteigung  eines  jeden 
neuen  Königs  bildet,  folgen  mehrere  Spezialprivilegien  und  Er- 
lässe der  späteren  Könige  seit  dem  XVI.  Jahrhundert,  in  derselben 
Numerierung  fortlaufend  (Nr.  25 — 41),  welche  ebenfalls  die  recht- 
liche und  soziale  Stellung  der  Juden  Gesamtpolens  normieren 
und  schließlich  elf  königliche  Dekrete  aus  dem  XVI.  und XVII.  Jahr- 
hundert, welche  speziell  die  Verhältnisse  der  Krakauer  Juden- 
gemeinde regeln. 

Diese  Sammlung  hat  seinerzeit  dem  bekannten  Soziologen 
Ludwig  Gumplowicz,  dessen  Vater  Abraham  Gumplowicz  viele 
Jahre  lang  Vorsteher  der  Krakauer  Judengemeinde  war,  als  Haupt- 
quelle für  seine  erste,  noch  heute  lesenswerte  treffliche  Darstellung 
der  Judengesetzgebung  in  Polen  gedient. ^  Im  Jahre  1909  wurde 
das  ganze  Dokument  von  mir  in  der  russisch-jüdischen  historischen 
Zeitschrift  „Jewrejskaja  Staryna"  herausgegeben  und  bearbeitet.^ 
Die  Einleitung  zu  dieser  Ausgabe  bildet  den  Gegenstand  des 
vorliegenden  Artikels.  Zu  einer  Zeit,  da  durch  den  alles  um- 
wälzenden Weltkrieg  auch  das  Schicksal  der  Judenschaft  der 
einstigen  Republik  Polen  mit  in  den  Wirbel  der  Weltereignisse 
gezogen  wird,  ist  es  wohl  nicht  unangebracht,  auf  diesen  letzten 
Akt  der  polnischen  Judengesetzgebung  einen  zusammenfassenden 
Rückblick  zu  werfen. ^ 


1  Vgl.  L.  Gumplowicz,  Prawodastwo  polskie  wzgl^dem  Zydöw  (Die 
polnische  Gesetzgebung  in  Bezug  auf  die  Juden),  Krakau  1867. 

2  Vgl.  Jewrejskaja  Staryna  I  (1909),  S.  247-264  und  Materialien  daselbst 
S.  76—94;  223—246. 

3  Außer  der  obigen  letzten  Privilegiensammlung  haben  sich  noch  zwei  andere 
aus  älterer  Zeit  im  Archiv  der  jüdischen  Gemeinde  in  Krakau  erhalten,  die  eine 
aus  der  Zeit  des  Königs  Johann  Subieski  vom  Jahre  1676,  die  andere  aus  der  Zeit 
August  III.  vom  Jahre  1735.  Nachdem  aber  beide  Sammlungen  in  der  obigen 
jüngsten  wörtlich  einverleibt  sind,  so  besitzen  sie  bloß  archivalischen  Wert  —  es  sei 
denn  wegen  der  hebräischen  Glossen,  welche  in  der  ersteren  Sammlung  manche 
Paragraphen  des  Kasimir'schen  Privilegs  am  Rande  von  zeitgenössischer  Hand 
begleiten  und  auf  deren  kulturhistorische  Bedeutung  noch  weiter  im  Texte  ver- 
wiesen wird.  Erwähnt  mag  noch  sein,  daß  alle  drei  Sammlungen  in  der  Text- 
gestaltung des  großen  Kasimir'schen  lateinischen  Privilegs,  trotzdem  sie  in  der 
Königskanzlei  ausgefertigt  wurden,  von  zahlreichen  orthographischen  Fehlern 
wimmeln   und    daher  für   die   Textkritik  jenes  Privilegs  ohne   Bedeutung  sind. 

H 


Die  üauptpriTüegien  der  polnischen  Judenschaft.  &21 

Angesichts  der  prinzipiellen  Bedeutung,  welche  die  älteren 
sogenannten  Generalprivilegien  (przywilcje  gener ahiej  für  die 
Judenschaft  Polens  seit  den  ältesten  Zeiten  bis  zur  Teilung 
Polens  hatten,  deren  wichtigste  und  ausführlichste  Redaktion  (vom 
Jahre  1453)  den  Hauptbestandteil  unserer  Sammlung  ausmacht, 
eingeleitet  durch  die  feierlichen  Bestätigungsproklamationen  sämt- 
licher späterer  polnischer  Könige,  sei  zunächst  hier  eine  kurze 
Rückschau  auf  die  Quellen,  den  Inhalt  und  das  gegenseitige  Ver- 
hältnis der  älteren  Generalprivilegien  auf  Grund  vor  allem  der 
vorzüglichen  Studien  von  Philipp  Bloch ^  und  der  späteren 
Forschungen  gestattet. 

Es  sind  folgende  Generalprivilegien  bekannt: 

1.  Das  Statut  des  Herzogs  Boleslaus  von  Kaiisch  vom  16.  Au- 
gust 1264  in  der  von  Kasimir  dem  Großen  anläßlich  der  Thron- 
besteigung am  9.  Oktober  1334  bestätigten  Fassung,  erlassen  für 
die  Juden  der  Provinz  Großpolen. 

2.  Das  Statut  Kasimirs  des  Großen  vom  15.  Juli  1364,  er- 
lassen in  Krakau  für  die  Judenschaft  des  ganzen  Königreiches  Polen. 

3.  Das  Statut  desselben  Königs  vom  25.  April  1367,  erlassen 
in  Krakau  für  die  Juden  in  , Krakau,  Sandomir,  Lemberg  und  in 
den   anderen  Territorien  des  polnischen  Reiches". 

4.  Ein  nicht  näher  bezeichnetes  Statut  Kasimirs  des  Großen, 
bestätigt  und  erlassen  von  Ladislaus  Jagiello  in  Lemberg,  am 
30.  September  1387  für  die  Juden  in  Lemberg  und  Reussen  (Ost- 
galizien). 

5.  Das  Statut  Boleslaus'  von  Kaiisch,  bestätigt  von  Kasimir 
dem  Großen  —  doch  ohne  Datum,  Zeugen  und  Ausstellungs- 
ort, in  Abschrift  und  neuerlicher  Bestätigung  durch  Kasimir  IV. 
(1444 — 1492),  erlassen  in  Krakau  im  Jahre  1453  für  die  Juden 
von  Großpolen. 

Betrachten  wir  nun  diese  Hauptprivilegien  in  Hinblick  auf 
ihren  Inhalt  und  ihr  gegenseitiges  historisches  Verhältnis. 

1.  Das  Statut  Boleslaus'  von  Kaiisch  oder  vielmehr  dessen 
Bestätigung  durch  Kasimir  den  Großen  —  denn  nur  letztere  ist 
erhalten  —  ist  uns  in  seiner  frühesten  Fassung  in  der  Gesetzes- 
sammlung des  polnischen  Staatskanzlers  Jan  Laski  , Commune 
incliti  regni  Poloniae  Privilegium"  vom  Jahre  1506  erhalten  und 
auch  später  öfter  abgedruckt  worden.'-  Seinem  allgemeinen  Inhalte 

1  Ph.  Bloch,  Die  Generalprivilegien  der  polnisciien  Judenschaft  (Zeit- 
scbrift  der  historischen  Gesellschaft  für  die  Provinz  Posen  1891). 

2  Vgl.  Bloch  a.  a.  O.,  S.  72,  Anm.  2. 

III 


522  Dr.  Moses  Schorr.  ^,| 

nach  steht  das  Statut  in  enger  Berührung  mit  einer  Reihe  von 
grundlegenden  Judenprivilegien,  welche  von  der  Mitte  bis  zum  Ende 
des  XIII.  Jahrhunderts  in  den  benachbarten  Ländern  für  die  Juden- 
gemeinden  erlassen  wurden.  Das  Prototyp  dieser  ganzen  Gruppe 
bildet  das  Statut  Friedrichs  II.  des  Streitbaren  (1230  —  1246),  welches 
im  Jahre  1244  für  die  Judenschaft  des  Herzogtums  Österreich 
erlassen  wurde.  Mit  gewissen  Modifikationen  übernahmen  dasselbe 
Statut:  König  Bela  IV.  für  die  Juden  in  Ungarn  im  Jahre  1251, 
Ottokar  IV.  für  die  Juden  in  Böhmen  im  Jahre  1254,  Herzog 
Boleslaus  von  Kaiisch  für  die  Juden  in  Großpolen  im  Jahre  1264, 
Herzog  Bolko  für  die  Juden  in  Schlesien  im  Jahre  1295  und  Hein- 
rich von  Glogau  für  die  Juden  dieses  Territoriums  im  Jahre  1299. 
Als  unmittelbare  Quelle  für  das  polnische  Privileg  ist  das  böhmische 
Statut  anzusehen,  von  dem  es  sich  nur  in  geringen  Varianten  unter- 
scheidet. In  seiner  eingehenden  kritischen  Analyse  des  Boleslaus- 
schen  Statuts  nach  der  ältesten  Vorlage  bei  Laski  weist  Bloch 
überzeugend  nach,  daß  der  Originaltext  in  dieser  Publikation  zu 
Ungunsten  der  Juden  einer  Änderung  unterzogen  wurde,  nament- 
lich im  §  25,  welcher  das  Darlehens-,  beziehungsweise  Pfandrecht 
auf  unbewegliche  Güter  normiert.  Eine  Bestätigung  für  diese  An- 
nahme findet  Bloch  mit  Recht  in  den  einleitenden  Worten,  welche 
König  Alexander  (1501 — 1506)  dem  Statut  als  Motivierung  für  die 
Aufnahme  dieses  Judenprivilegs  in  die  vom  Landtage  zu  Radom 
sanktionierte  Gesetzessammlung  voranschickt. ^  Der  ursprüngliche 
Wortlaut  des  §  25  wird  von  Bloch  durch  eine  Vergleichung  der 
Laski'schen  Edition  mit  den  anderen  Statuten,  welche  dem  Boleslaus- 
schen  Privileg  als  Vorlage  gedient  haben,  rekonstruiert.^ 

2.  Das  Statut  Kasimirs  des  Großen,  datiert  aus  Krakau, 
15.  Juli  1364,  wurde  zuerst  durch  R.  Hube  bekannt,  der  es  auf 
Grund  der  einzigen  in  der  Graf  Krasinski'schen  Bibliothek  in 
Warschau  aufbewahrten  Rezension  beschrieben  und  erörtert  hat.^ 
Hube  betont  mit  Recht,  daß  dieses  Statut,  trotzdem  es  das 
Boleslaus'sche  Privileg  nicht  erwähnt  und  sich  den  Anschein  eines 
der  eigenen  Initiative  Kasimirs  erflossenen  Judengesetzes  verleiht, 
in  Wirklichkeit  eine  wörtliche  Wiedergabe  des  ersteren  darstelle. 


^  „Quod  No3  Alexander  Rex  non  confirmando  confirmatione  speciali  sed 
ad  cautelam  defensionis  contra  Judaeos  privilegiis  regni  in  istum  codicem  digestia 
adscribi  mandavimus."  taski,  Commune.  .  .  .  Privilegium  fol.  163. 

»   Vgl.  Bloch  a.  a.  0.,  S.  77;  396. 

^  R [R.  Hube],  Przywilej  zydowski  Boleslawa  i  jego  potwierdzenia 

(Biblioteka  Warszawska  1880,  S.  426  ff ). 

IV 


Die  Hauptprivlldgien  der  polnischen  Judenschaft.  52 S 

Er  hat  aber  merkwürdigerweise  übersehen,  was  jetzt  überdies  aus 
dem  in  vollem  Wortlaute  publizierten  Texte  ^  über  allen  Zweifel 
sich  klar  ergibt,  daß  die  wichtigste  Norm  in  dieser  Rezension, 
die  des  §  26,  welche  ihm  selbst  als  Hauptargument  für  die  An- 
nahme der  Fälschung  des  weiter  zu  erörternden  Statuts  Nr.  4 
gedient  hat,  in  ihrem  Wortlaut  das  Gegenteil  dessen  enthält,  was 
das  Laski'sche  Statut  im  §  25  besagt,  während  sie  sich  anderseits 
im  vollen  Einklang  mit  der  betreffenden  Norm  in  allen  anderen 
Statuten  befindet,  zu  deren  Gruppe  das  Boleslaus'sche  Statut 
gehört  und  somit  seine  Behauptung  eines  Falsifikats  des  Privilegs 
Nr.  4  der  wichtigsten  Stütze  beraubt.  Bloch  hatte  daher  voll- 
kommen Recht,  wenn  er  im  §  25  der  Laski'schen  Ausgabe  eine 
willkürliche  Änderung  von  Amts  wegen  zu  Ungunsten  der  Juden 
erblickte,  und  der  von  ihm  auf  Grund  kritischer  Vergleichung  mit 
■den  anderen  Statuten  erschlossene  und  rekonstruierte  Wortlaut  des 
§  25  erhält  jetzt  durch  den  erwähnten  Text  der  Krasinki'schen 
Bibliothek  seine  authentische  Bestätigung.-  Dieses  Statut,  welches 
zu  Händen  des  Juden  Falk  von  Kaiisch  übergeben  wurde,  war 
für  die  Judenschaft  des  ganzen  Polenreiches  bestimmt,  wie  es 
ganz  ausdrücklich  in  der  Einleitung  ausgesprochen  ist.^ 

3.  Das  Statut  Kasimirs  des  Großen  vom  25.  April  1367, 
erlassen  in  Krakau  für  die  Juden  Kleinpolens  „und  der  anderen 
Reichsgebiete"  wurde  zuerst  durch  den  polnischen  Rechtshistoriker 
Bandtkie^  bekanntgegeben,  auf  Grund  einer  aus  dem  XV.  Jahr- 
hundert stammenden  Abschrift,  jedoch  nur  in  Varianten,  welche  er 
dem  Boleslaus'schen  Text  in  Parallelkolumnen  gegenüberstellt.  Den 
vollen  Wortlaut  hat  erst  Bloch  auf  Grund  zweier,  dem  Posener 
Stadtarchiv  entnommenen,  leider  sehr  fehlerhaften  Kopien  aus  den 
Jahren    1599    und    1G38,    veröffentlicht    und    mit    einer    deutschen 


t  Vgl.  Russko-Jewrejski  Archiw  B.  III,  Nr.  1. 

'  Zum  besseren  Verständnis  möge  hier  der  Wortlaut  des  betreffenden 
Paragraphen  nach  der  einen  und  der  anderen  Rezension  folgen: 

I,  Siäski  §  25:  Item  si  Judeus  super  possesslones  aut  litteras  bonorum 
immobilium  pecuniam  mutuaverit  id  quo(iue  ille,  cuius  res  est,  probauerit, 
Nos  Judeo  et  litleraruin  pignus  abjudicari  statuimus. 

II.  Krasinski'sclier  Text  §26:  Item  si  Judeus  super  possessiones  aut 
litteras  magnatum  terre  pecunias  mutuauerit  et  hoc  per  suas  litteras  et  sigillum 
probauerit,  Nos  Judeo  jure  aliorum  piguorum  possessiones  assignabimus  obligatas 
et  eas  contra  violentiam  defendenius. 

'  „  .  .  .  .  praesens  Privilegium,  quo  omnes  Judeos  tocius  rep^ni  Polonie 
gaudere  volumus,  scribi  et  dari  iussimus  ad  manus  Falkonis,  Judei  Kalisiensis." 
*  Bandtkie,  Jus  Polonicum,  Nr.  1  (Kol.  II).    . 


fi24  Dr.  Moses  Schörr. 

Übersetzung  begleitet,  wobei  er  auch  den  Bandtkie'schen  Text  be- 
rücksichtigt. Im  ganzen  sind  sechs  Rezensionen  dieses  Statuts  be- 
kannt.i  Seinem  Hauptinhalte  nach  auf  dem  Boleslaus'schen  Statute 
fußend,  das  übrigens  in  der  Einleitung  (ähnlich  wie  im  Statut  Nr.  2) 
nicht  erwähnt  wird,  unterscheidet  es  sich  dennoch  von  ihm  durch 
einige  wesentliche  Änderungen,  beziehungsweise  Ergänzungen,  welche 
es  notwendig  als  eine  selbständige  Bearbeitung  und  nicht  bloß  als 
eine  einfache  Bestätigung  des  Boleslaus'schen  Statuts  erscheinen 
lassen.  Manche  der  neuen,  beziehungsweise  geänderten  Normen,  er- 
weitern bedeutend  die  rechtlichen  Freiheiten  der  Juden,  so  z.B.  §  19, 
wonach  der  Judenrichter  (judex  Judaeorum)^  ohne  Zustimmung 
der  jüdischen  Beisitzer  kein  Urteil  fällen  dürfe,  ferner  die  §§  10 — 11, 
wonach  auf  Tötung  eines  Juden  Todesstrafe  gesetzt  wird,  auf  die 
Verwundung  eines  Juden  dieselbe  Strafe  wie  bei  Verwundung 
eines  Adligen  (quemadmodum  in  terra  nostra  pro  nobili  est  con- 
suetum).  Diese  und  andere  wesentliche  Unterschiede  ^  legen  die 
Vermutung  nahe,  daß  König  Kasimir  den  Juden  Kleinpolens  ein 
selbständiges  erweitertes  Statut  verliehen  habe,  für  welches  ihm 
das  Boleslaus'sche  Privileg  bloß  als  Substrat  gedient  haben  muß. 

4.  Das  Statut  des  Königs  Ladislaus  Jagiello,  datiert  aus 
Lemberg  vom  30.  September  1387,  erlassen  für  die  Juden  Lembergs 
und  der  Provinz  Reussen,  ist  seinem  Wortlaute  nach  vollkommen 
mit  dem  Statut  Kasimirs  des  Großen  vom  Jahre  1367  (Nr.  3) 
identisch  und  läßt  darüber  auch  gar  keinen  Zweifel.  Es  wurde 
zuerst  nach  einer  einzigen  Abschrift  der  Ossolinski'schen  Bibliothek 
in  Lemberg  (Kod.  L.  50)  von  W.  Wislocki  veröffentlicht.* 

5.  Das  Statut  Kasimirs  des  Großen  ohne  Datum,  welches 
der  Einleitung  gemäß  nur  als  Bestätigung  des  Boleslaus'schen 
Statuts^  sich  kundgibt  und  nur  in  der  wiederholten  Bestätigung 
Kasimirs  IV.  des  Jagiellonen  vom  Jahre  1453  überliefert  ist,  stellt 


1  Vgl.  die  Textausgabe  bei  Bloch  a.  a.  O.,  S.  78—100,  auch  S.  104,  Anm.  3. 

*  Es  war  dies  zu  allen  Zeiten  ein  Christ,  und  zwar  ein  Adliger,  gewöhnlich 
der  Vertreter  des  Wojewoden,  welcher  bei  Teilnahme  jüdischer  Beisitzer  jene 
zivilen  Rechtsstreitigkeiten  regelte,  die  zwischen  einem  Christen  als  Kläger  und 
einem  Juden  als  Beklagten  vorkamen. 

3  Sie  werden  von  Bloch  a.  a.  O.,  S.  101—104  erörtert. 
<  Vgl.   W.  W[i6iocki]    in    Przewodnik    naukowy    i   literacki    B.    I    (1873), 
S.  717  ff. 

*  So  heißt  es  in  der  Einleitung:  „  .  .  .  .  quod  ad  Nostrae  Maiestatis 
praesentiam  ....  venientes  quidam  Nostri  Judaei  de  regno  Nostro  mansionem 
in  Maiori  Polonia  habentes,  offerentes  Privilegium  a  Serenissimo  duce  BoleBiao 
bonae  memoriae  datum"  usw. 

VI 


Die  Hauptprivilegien  der  polniechen  Judenschalt.  635 

sich  als  das  ausführlichste  unter  den  sogenannten  Generalprivilegien 
dar.  Der  Text  dieses  Dokumentes  ist  in  sechs  Rezensionen  bekannt, 
welche  untereinander  gewisse  Differenzen  wesentlicher  Natur  auf- 
weisen.* Der  Inhalt  dieses  bedeutsamen  Statuts,  welches  den  Haupt- 
bestandteil unserer  Privilegiensammlung  bildet,  wurde  zuerst  von 
R.Hube  und  dann  besonders  von  Bloch  einer  eingehenden  Analyse 
unterzogen.  Während  nämlich  die  Authentizität  der  Statuten  Kasimirs 
des  Großen  vom  Jahre  1334  und  vom  Jahre  1367  (Nr.  1  und  3) 
von  niemandem  in  Zweifel  gezogen  wurde,  wurden  gegen  die  Echt- 
heit dieses  Statuts  wesentliche  Bedenken  geltend  gemacht.  Und 
zwar  sind  es  folgende  Momente,  welche  die  historische  Echtheit 
dieses  Dokumentes  in  Frage  stellen: 

1.  Entgegen  der  ausdrücklichen  Erklärung  in  der  Einleitung, 
daß  das  Statut  nur  eine  Bestätigung  des  Boleslaus'schen  Privilegs 
sei,  überschreitet  es  vielmehr  den  Rahmen  seiner  Vorlage  in  einer 
Reihe  wichtiger  Bestimmungen  zugunsten  der  Juden.  Auch 
der  Wortlaut  weist  in  der  stilistischen  Fassung  eine  Reihe  von 
Varianten  gegenüber  dem  Boleslaus'schen  Urtext  auf.  Anderseits 
fehlen  darin  einige  Paragraphen  des  älteren  Statuts  (so  die  §§  4,  16, 
20,  21,  23,  24).2 

2.  Am  Ende  des  Statuts  Kasimirs  des  Großen  fehlt  der 
Ausstellungsort,  ferner  das  Datum  und  die  Kundgebungszeugen, 
Adlige  und  Geistliche,  welche  dagegen  in  den  anderen  Statuten, 
wie  überhaupt  in  analogen  grundlegenden  Gesetzeskundgebungen 
stets  vorkommen. 

3.  Einige  Bestimmungen  wie  die  §§  16,  19,  20,  30  tragen 
deutlich  Kennzeichen   freiheitlicher  Tendenz,    die  offenbar  gegen 


1  Die  Rezensionen  dieses  Statuts  sind  folgende: 
aj  Bandtkie,  Jus  Polonicum,  S.  1,  Kol.  III.  Es  ist  dies  die  erste  vollständige 

Edition  auf  Grund  einer  Abschrift  aus  dem  XV.  Jahrhundert. 
bj  J.   Perles,    Geschichte    der   Juden    in  Posen,    S.  129  ff.    Der    von  Perles 

publizierte  Text  bildet  eine  Bestätigung  des  Königs  Johann  Kasimir  vom 

Jahre  1640  und  befindet  sich  als  Deposit  der  Posener  Judengemeinde  im 

Staatsarchiv  in  Posen.  Der  Text  ist  sehr  fehlerhaft  und  überdies  um  einige 

Paragraphen  gekürzt. 
ej  Codex   Diplomaticus   Maioris   Poloniae,    B.  III,    S.  88  ff.    Der  Text    bildet 

eine  Abschrift  aus  den  Posener  Grodakten  vom  Jahre  1569. 

d)  Die  Privilegiensammlung  des  Königs  Johann  Sobieski  vom  8.  Februar  1676. 

e)  Die    Privilegiensammlung    des    Königs    August    III.    vom    30.    Juli    1736 
(Warschau). 

/J  Die  Privilegiensammlung  des  Königs  Stanislaus  August  vom  14.  Juni  1765. 
»  Vgl.  Bloch  a.  a.  O.,  8.  168,  Anm.  3.  In  der  Numerierung  der  einzelnen 
Paragraphen  halte  ich  mich  an  die  Einteilung  Blochs. 

VII 


526  Dr.  Moses  Schorr. 

gewisse  konkrete  Beschlüsse  zeitgenössischer  Kirchensynoden  ge- 
richtet sind. 

4.  Den  Verdacht  einer  Fälschung  legen  ganz  besonders  die 
§§  32 — 37  (br-ziehungsweise  §§  19 — 21  in  unserer  Ausgabe)  nahe, 
welche  nicht  nur  prinzipiell  den  Juden  das  Recht  der  Erwerbung 
von  Immobilien  vermittels  des  Pfandrechtes  zuerkennen,  sondern 
auch  mit  offenbarer  Tendenz  die  Ausübung  dieses  bedeutsamen 
Rechtes  ihnen  zu  erleichtern  suchen. 

5.  Die  äußeren  Umstände,  welche  die  Bestätigung  des  Statuts 
durch  Kasimir  IV.  begleiten,  scheinen  die  Annahme  einer  Fälschung 
zu  unterstützen.  Am  selben  Tage  (13.  August)  des  Jahres  1453, 
an  welchem  dieser  König  den  Juden  von  Kleinpolen  und  Reussen 
das  Statut  Kasimirs  des  Großen  vom  Jahre  1367  bestätigt,  ver- 
leiht er  den  Juden  Großpolens  jenes  bedeutend  erweiterte  Statut.^ 
Hiebei  wird  von  den  letzteren  dem  König  nicht  das  Original  des 
Kasimir'schen  Statuts  vorgelegt,  welches  angeblich  während  einer 
Feuersbrunst  in  Posen  im  Jahre  1447  mit  verbrannt  sein  soll, 
sondern  eine  Abschrift.  Die  Vermutung  liegt  nahe,  daß  die  Juden  — 
wie  es  übrigens  auch  die  andern  Stände  im  Mittelalter  öfter  zu 
praktizieren  pflegten  —  den  günstigen  Vorwand  ausnützend,  dem 
Könige  Kasimir  IV.  eine  gefälschte  Urkunde  zur  Bestätigung  unter- 
schoben haben  dürften.  ^  j. 

6.  In  einem  Briefe,  welchen  der  damalige  den  Juden  auch  sonst 
übel  gesinnte  Kardinal  Zbigniew  Olesnicki  im  Mai  1454  an  den  König 
richtet,  macht  er  ihm  schwere  Vorwürfe,  daß  er  den  Juden  gewisse 
privilegia  fahissima^  bestätigt  habe,  welche  sein  Vater  Ladislaus 
Jagiello  ihnen  anzuerkennen  sich  geweigert  habe.  „Es  kann  nicht  dem 
geringsten  Zweifel  unterliegen",  meint  Hube,^  „daß  hier  von  nichts 
anderem  die  Rede  sei,  als  von  jenem  überarbeiteten  Boleslaus- 
schen  Statut,  welches  angeblich  von  Kasimir  dem  Großen  bestätigt 
und  dann  neuerlich  von  Kasimir  IV.  anerkannt  wurde."  In  der 
Tat  hat  schon  Grätz^  gewisse  Bedenken  gegen  die  Echtheit  dieses 
angeblich  Boleslaus-Kasimir'schen  Statuts  geäußert  und  Hube  stellt 

1  Diese  Angabe  ist  unrichtig.  Das  Statut  für  die  Juden  Großpolens  wurde 
am  26.  August  ausgefertigt. 

2  .  .  .  .  „Pridem  Serenitas  Vestra  in  fidei  dedecus  et  offensa  privilegia 
quaedam  et  libertates  Judaeis  conceseit  et  falsissima  quaedam  sub  nomine 
et  titulo  domini  regis  Casimiri  privilegia,  quae  pater  Vester  ....  pro  omne 
tempore  vitae  ....  aspernabatur  confirmare,  confirmavit."  (Monumenta  medii 
iievi,  cod.  epistol.  T.  II,  pars  posterior,  p.  146.) 

J  Vgl.  Hube  a.  a.  O.,  S.  435.  ^  ■■'  i\ 

♦  Vgl.  Grätz,  GeBchichte  der  Juden»  B.  VIII,  S.  200.  ...       .- 

VIII 


Die  Hauptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft.  B27 

auf  Grund  der  obigen  Argumente  und  einiger  anderer  geringeren 
Gewichtes  in  der  erwähnten  Abhandlung  die  kategorische  Be- 
hauptung auf,  daß  jenes  Statut  von  den  Juden  Großpolens  ge- 
fälscht sei. 

Allein  all  jene  Argumente  halten  bei  tieferer  Untersuchung 
der  Kritik  nicht  stand  und  genügen  keineswegs  zur  Begründung 
der  Annahme  einer  Fälschung.  Sie  wurden  in  erster  Reihe  von 
Bloch,  angefochten,  der  zunächst  das  wichtigste,  dem  Inhalte  des 
Statuts  entnommene  Kriterium  Hubes  als  nichtig  erweist,  die  Be- 
stimmung nämlich,  welche  den  Juden  Darlehengewährung  gegen 
Immobilien  gestattet  —  eine  Bestimmung,  die  angeblich  dem  ur- 
sprünglichen echten  Boleslaus'schen  Statut  zuwiderlaufe,  wie  nicht 
minder  jenen  Statuten,  aus  denen  letzteres  hervorgegangen  ist. 
Bloch  weist  nach  —  wie  schon  oben  erörtert  wurde  —  daß 
nicht  nur  alle  anderen  Statuten  den  Juden  die  Erwerbung  von 
Immobilien  im  Verfallswege  gestatten,  sondern  auch  daß  der  ur- 
sprüngliche Wortlaut  im  Boleslaus'schen  Privileg  dasselbe  besagt 
habe  und  erst  zur  Zeit  Alexanders  zuungunsten  der  Juden  willkürlich 
überarbeitet  wurde.  Das  Statut  Kasimirs  des  Großen  vom  Jahre  1364 
(Nr.  2),  dessen  Wortlaut  Bloch  noch  nicht  bekannt  war,  bestätigt 
vollkommen  diese  Ansicht,  und  es  ist  geradezu  unverständlich,  wie 
Hube,  der  den  Text  doch  vor  Augen  hatte,  ein  so  wichtiges 
Moment,  das  seiner  These  die  Hauptstütze  entzieht,  übersehen 
haben  konnte.  Noch  eindringlicher  aber  als  die  Gesetzestheorie 
der  Statuten  ist  die  Beweiskraft  der  Rechtspraxis,  und  da  be- 
weisen denn  die  Gerichtsbücher  von  Großpolen  aus  den  Jahren 
1386—1399  —  wie  Bloch  mit  Recht  betont  —  daß  die  Juden 
tatsächlich  gegen  Hypotheken  Darlehen  gewährten  und  daß  ihnen 
von  den  Gerichtsbehörden  auch  das  Recht  der  Besitznahme  der 
verpfändeten  Güter  eingeräumt  wurde,  insoferne  sie  nicht  am 
Verfallstermine  eingelöst  wurden. ^  Auch  das  Fehlen  des  Datums 
und  der  Aufzählung  der  adligen  Kundgebungszeugen  kann  nicht 
als   Argument  für   die    Fälschung  augesehen   werden.    Hätten   die 

1  Neuerdings  wurde  diese  Tatsache  noch  ganz  besonders  von  .].  Schipper 
in  seinem  ausgezeichneten  Werke  erhärtet:  Stndija  nad  stosuukanii  gospodarczymi 
Zydow  w  Polsce  podczas  sredniowieeza  (Studien  über  die  wirtschaftlichen  Ver- 
hältnisse der  Juden  in  Polen  wälirend  des  Mittelalters).  Lember«;;  1911,  S.  88  ff. 
Schipper  weist  dort  nach,  daß  die  Praxis  des  Kreditverkehrs  der  Juden  gegen 
Immobilienpfänder  bis  auf  die  Zeit  Kasimirs  des  Großen  zurückgehe.  Die  Ge- 
richtsbücher aus  der  zweiten  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts  gewähren  eine 
Fülle  von  Beispielen  für  derartige  Kreditoperationen  und  auch  für  die  Ein- 
führung jüdischer  Gläubiger  in   die  verpfändeten  Güter  christlicher  Schuldner. 

IX 


628  Dr.  Moses  Schorr. 

Juden  das  Statut  gefälscht,  meint  Bloch  zutreffend,  dann  hätten 
sie  nicht  eine  so  verdächtige  Lücke  zurückgelassen,  um  so  weniger, 
als  es  ihnen  leicht  gewesen  sein  muß,  Zeugennamen  nach  dem 
Muster  anderer  aus  der  Zeit  Kasimirs  des  Großen  in  Umlauf  ge- 
wesenen Rechtsakte  zusammenzustellen.  Zu  diesen  Argumenten 
ist  noch  hinzuzufügen,  daß,  falls  die  Juden  nur  eine  Abschrift 
vorgelegt  haben,  es  ihnen  vor  allem  um  den  Inhalt  zu  tun  war, 
die  Weglassung  des  Datums  und  der  Zeugennamen  aber  einfach 
der  Nachlässigkeit  des  Kopisten  zugeschrieben  werden  könne. 
Schließlich  ist  noch  folgendes  zu  erwägen:  Nach  allgemein  mittel- 
alterlichem Prinzip  waren  auch  die  Juden  in  Polen  ihrer  Rechts- 
stellung nach  Eigentum  des  Königs  (servi  camerae),  der  ihre 
soziale  und  rechtliche  Stellung  unbeschränkt  nach  eigenem  Gut- 
dünken regeln  konnte.^  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  daß  König 
Kasimir  der  Große,  dessen  Wohlwollen  der  Judenschaft  gegenüber 
sogar  in  der  Königin  Esther-Legende  verherrlicht  ist,  das  den  Juden 
erteilte  Privileg  als  einen  seiner  Herrschermacht  und  seinem  un- 
beschränkten Verfügungsrecht  über  die  Juden  entspringenden 
Privatakt  angesehen  haben  konnte,  für  dessen  rechtliche  Geltung 
weder  die  Mitwirkung  der  Magnaten  noch  die  sonstiger  legislativer 
Staatsfaktoren  ihm  notwendig  erschien.^  „Für  alle  Fälle  kann  für 
die  Frage  der  Echtheit  des  Dokuments  in  diesem  Falle  nur 
dessen  Inhalt  vom  historischen  Gesichtspunkte  maßgebend  sein, 
die  diplomatischen  Kriterien  sind  angesichts  des  Fehlens  des 
Originals  nicht  genug  kräftig  und  entscheidend."  ^  Der  Inhalt  selbst 


»  Dieses  Prinzip  geht  schon  aus  dem  §  29  des  Bolesltus'schen  Statuts  über 
allen  Zweifel  hervor,  wo  es  ganz  deutlich  heißt:  Wenn  jemand  von  einem  Juden 
mit  Gewalt  ein  Pfand  wegnimmt,  unterliegt  er  der  Strafe  uti  dissipator  camerae 
noslrae.  Ähnlich  heißt  es  in  der  Einleitung  Kasimirs  „quia  Judaeos  thesauro  Nostro 
conservare  volumus."  Nur  aus  diesem  Prinzip  heraus  sind  auch  jene  Bestimmungen 
in  den  Generalprivilegien  verständlich,  wonach  1.  der  König  als  der  alleinige 
Schutzherr  der  Juden  auftritt,  sowohl  in  bezug  auf  ihre  Person,  wie  auch  auf 
ihr  Vermögen;  2.  die  Juden  ausschließlich  der  königlichen  Gerichtsbarkeit,  be- 
ziehungsweise der  seiner  amtlichen  Vertreter  (Wojewoden)  unterliegen;  3.  die  Ab- 
gaben der  Juden  dem  königlichen  Schatz  zuzuführen  sind.  Die  geschichtlichen 
Zeugnisse  bestätigen  auch  diese  theoretisch  normierte  Stellung  der  Juden. 

'  In  dieser  Ansicht  pflichtet  mir  nach  einer  brieflichen  Mitteilung  auch 
der  vorzügliche  Kenner  des  polnischen  mittelalterlichen  Staatskanzleiwesens 
Dr.  Stanislaus  K^trzyiiski,  Direktor  der  Graf  Krasinski'schen  Bibliothek  in 
Warschau,  bei.  Er  verweist  mich  darauf,  daß  auch  in  manch  anderen  Privilegien 
aus  der  Zeit  Kasimirs  des  Großen  die  Zeugennamen  fehlen  und  dennoch  die 
Echtheit  dieser  Urkunden  nicht  angezweifelt  wird. 

3  Aus  dem  Briefe  K^trzyuski's  an  mich. 

X 


Die  Hauptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft.  f)29 

aber  bietet,  nachdem  der  schwerwiegendste  Einwand  Hubes  be- 
treffend das  Recht  der  Erwerbung  von  Immobilien  sich  als  grund- 
los erwiesen  hat,  im  übrigen  gar  keine  Verdachtsmomente,  welche 
die  Annahme  einer  Fälschung  rechtfertigen  könnten.  Prinzipiell 
schafft  unser  Statut  keine  einzige  neue  Norm,  die  nicht  schon  in 
den  früheren  Statuten,  besonders  in  dem  vom  Jahre  1367  (Nr.  3) 
festgesetzt  worden  wäre,  sei  es  auf  dem  Gebiete  der  Handels- 
freiheiten, sei  es  betreffend  die  Sicherheit  der  Person  oder  schließ- 
lich in  bezug  auf  den  Rahmen  der  inneren  Verfassung  der  Juden- 
gemeinden. Im  ganzen  Statut  finden  wirkeine  einzige  einschneidende 
Änderung  in  bezug  auf  die  innere  Organisation.  Es  ist  zwar  eine 
wesentliche  Erweiterung  der  Autonomie  darin  nicht  zu  verkennen, 
allein  sie  fußt  auf  den  Bestimmungen  früherer  Statuten,  von  denen 
das  unserige  sich  nur  dadurch  unterscheidet,  daß  es  längst  be- 
stehende Einrichtungen,  namentlich  im  Gerichtswesen,  in  unzwei- 
deutige, klare  Rechtsnormen  faßt,  welche  in  den  früheren  Privilegien 
nur  undeutlich  formuliert  waren. ^  Dasselbe  gilt  auch  von  jenen 
Bestimmungen,  welche  den  Handelsverkehr  und  die  soziale  Stellung 
der  Juden  regeln.  Keine  von  ihnen  überschreitet  den  Rahmen 
der  früheren  Statuten,  deren  Normen  nur  im  einzelnen  konkret 
erweitert  sind,  um  einer  für  die  Juden  ungünstigen  Interpretations- 
möglichkeit vorzubeugen,  namentlich  aber  um  die  Amtspersonen 
zu  energischem  Schutze  der  jüdischen  Interessen  gegenüber  denen 
anderer  sozialer  Stände  zu  veranlassen.  In  der  Tat  zeigen  auch 
gewisse  Redensarten  und  Begründungen  religiöser  Bräuche,  die 
in  unserem  Statute  erwähnt  sind,  daß  die  Juden  bei  der  Vor- 
bereitung des  Projekts  zu  diesem  Privileg  mitgewirkt  haben.  2 
Es  darf  daher  nicht  verwundern,  daß  es  den  Juden  daran  gelegen 
war,  die  für  sie  wichtigsten  Normen  der  §§  32—37  betreffend  den 
Darlehensverkehr  klar  und  unzweideutig  ausgedrückt  zu  sehen, 
so  daß  sie  keinen  Zweifel  übrig  lassen  sollten.  Alles  in  allem 
wird  man  daher  nur  Bloch  vollkommen  beistimmen  können  in 
der  Verfechtung  der  historischen  Echtheit  unseres  Statuts,  welches 
nach  ihm  als  ein  unvollendetes  Werk  anzusehen  ist,  als  ein  Projekt 
zu  einem  Statut,  das  zwar  vom  König  bestätigt  und  mit  dem 
königlichen  Siegel  versehen  den  Charakter  einer  rechtsgültigen 
Verordnung  hatte,  das  aber  die  Magnaten  und  die  Geistlichkeit 
mit  ihrer  Mitunterschrift  zu  bekräftigen  sich  geweigert  haben. 


1  Vgl.  Schorr,  Organizaeya  Zydöw  w  Polsce  (Lemberg  1899),  S.  8. 
»  Vgl.  Bloch  a.  a.  0.,  S.  403—404. 
Festschrift  ■  34 

XI 


530  Dr.  Moses  Schorr. 

Neuerdings  wurde  die  Frage  von  J.  Schipper,  einem  vor- 
züglichen Kenner  der  Wirtschaftsgeschichte  der  Juden  in  Polen, 
abermals  in  Angriff  genommen/  der  ebenfalls  für  die  Echtheit 
des  Statuts  eintritt  und  namentlich  auf  zwei  wichtige  Kriterien 
die  Aufmerksamkeit  lenkt.  Er  verweist  erstens  auf  den  anläßlich 
einer  Ritualmordbeschuldigung  ausgebrochenen  Judenpogrom  in 
Posen  im  Jahre  1367,  welcher  bei  den  Juden  den  dringenden 
Wunsch  wecken  mußte,  daß  die  die  Ritualmordbeschuldigung  be- 
treffenden Normen  des  Boleslaus'schen  Statuts  in  eine  klarere 
und  schärfere  Form  gefaßt  werden  mögen,  namentlich  aber  daß 
den  Christen  die  Bulle  des  Papstes  Innozenz  IV.  „Sicut  Judeis^' 
in  Erinnerung  gebracht  werde,  auf  die  auch  unser  Statut  im  §  39 
sich  beruft.  Zweitens  verweist  Schipper  auf  den  Widerspruch 
einerseits  zwischen  den  Statuten  vom  Jahre  1334  und  1364  (Nr.  1,  2), 
welche  für  die  Juden  Gesamtpolens  bestimmt  waren,  und  dem 
sogenannten  großpolnischen  Statut  vom  Jahre  1347  anderseits,^ 
welches  in  offenbarem  Gegensatze  zu  jenen  beiden  den  Juden 
Kreditoperationen  bloß  gegen  Mobilienpfänder  gestattete,  jeden 
Erwerb  unbeweglicher  Güter  aber  ihnen  verbot.  Das  Lebensinteresse 
der  Juden  erforderte  es  von  ihnen,  vom  Herrscher  ein  besonderes 
Gesetz  zu  erwirken,  welches  jenen  Widerspruch  gemäß  ihren 
früheren  Privilegien  aufheben  sollte.  Der  König  kam  dieser  Bitte 
in  unserem  Statute  entgegen,  trotz  des  Widerspruches  des  Adels 
und  der  Geistlichkeit.  In  diesem  Lichte  erklären  sich  auch  am 
besten  die  einleitenden  Worte  an  der  Spitze  jener  Normengruppe, 
welche  den  Darlehensverkehr  regelt:  „Item  de  special!  consensu 
Maiestatis  Nostrae  statuimus,"  welche  andeuten  sollen,  daß  hier 
ein  besonderes  Gesetz  behufs  Regelung  der  Kreditverhältnisse 
speziell  unter  den  Juden  Großpolens  vom  Könige  selbst  erlassen 
wurde.-"^ 

Es  wurde  schon  oben  erwähnt,  daß  Hube  zur  Stütze  seiner 
Behauptung  auf  den  Brief  des  damaligen  Kardinals  Olesnicki  an 
den  König  Kasimir  IV.  vom  Jahre  1454   hinweist,  in  welchem  im 

1  Vgl.  J.  Schipper,  Przeglad  krj'tyczny  literatury  odnoszacej  si§  do 
historyi  Zydow  \v  Polsce  podczas  sredniowiecza  (Kritische  Übersicht  der  die 
Juden  Polens  im  Mittelalter  betreffenden  Litteratur)  in  der  Lemberger  jüdisch- 
polnischen  Wochenschi ift  „Wschöd''  B.  X  (1909),  Nr.  12. 

2  Dieses  Statut  ist  veröffentlicht  im  Codex  diplom.  Maioris  Poloniae,  B.  III, 
S.  593  (vgl.  §43  dort),  vergleiche  auch  Bandtkie.  Jus  Polonicum,  S.  116,  Nr.  139. 

s  Auch  Bloch  hat  übrigens  schon  die  Vermutung  ausgesprochen,  daß  die 
obigen  Worte  eine  Aufliebung  des  Artikels  über  den  Kreditverkehr  im  groß- 
polnischen Statut  vom  Jahre  1347  enthalten.  Vgl.  a.  a.  O.,  S.  400,, 

m 


Die  Hauptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft.  531 

Hinblick   auf  unser  Statut   der  Ausdruck  privüegia  falsissima  ge- 
braucht wird  —  ein  Ausdruck,  der  doch  klar  den  Vorwurf  in  sich 
enthalte,  daß  die  dem  Könige  von  den  Juden  vorgelegte  Urkunde 
eine  Fälschung   gewesen    sei:    , Diese  Worte    sind   so   kategorisch 
und    so    gewaltig,    daß  man  sie  nicht  umgehen  kann."  '   Indessen 
weist  Schipper  auf  Grund   des  ganzen  Kontextes   dieses  Briefes 
wie   auch    eines    anderen    von    Olesnicki   in    demselben   Jahre    an 
den  Krakauer  Kastellan  Johann  von  T^czyn  gerichteten  nach,  daß 
das    Wort  falsissima   hier    keinesfalls    „gefälscht",    sondern    viel- 
mehr „verkehrt,  widergesetzlich"  oder  ähnliches  bedeuten  müsse, 
daß    daher   dem  Kardinal  selbst  der  Gedanke   an  eine  Fälschung 
vollkommen    fern    gelegen    sei.    Man  darf  aber,    wie  mir  scheint, 
noch  auf  ein  weiteres  gewichtiges  Moment  hinweisen.  Wie  wir  aus 
zeitgenössischen  Quellen    wissen, ^    hat    auch    der  damalige  Mönch 
und  einflußreiche  Judenfeind  Johann  Capistrano,  der  bekanntlich 
in   Deutschland    und    in   Polen    eine    heftige   Agitation    gegen    die 
Juden    betrieb,    seinen    ganzen   Einfluß    beim   Könige  geltend  ge- 
macht,   um  ihn   zur   Rücknahme   des  Judenpiivilegs   zu   bewegen, 
er   hat    auch    eine  Abschrift    desselben    au    den    damaligen   Papst 
Nikolaus  V.  übersandt.  Aber  weder  in  dem  von  ihm  am  2S.  April 
1454   an   den   König  gerichteten   Schreiben   noch  in   dem  Begleit- 
schreiben zu  der  dem  Papste  übermittelten  Abschrift  (datiert  vom 
13.  Oktober  1454),  noch  schließlich  in  den  zeitgenössischen  Quellen, 
welche  über  diese  damals  in  judenfeindlichen  Kreisen  viel  erörterte 
Angelegenheit  berichten,   wie   beim  Geschichtsschreiber  Johannes 
Dlugosz  und  in  den  Franziskaner-Annalen,''  findet  sich  die  geringste 
Andeutung,    als   ob   die  Juden  sich  einer  Fälschung  schuldig  ge- 
macht hätten,  was  doch  bei  der  mißliebigen  Stimmung  gegenüber 
den  Juden  in  lautester  Weise  geltend  gemacht  worden  wäre,  wenn 
nur   der   geringste    Verdacht    dafür    bestanden    hätte.    Schipper 
gelangt  nun  zu  folgendem  Ergebnisse:  Unser  Statut  verdankt  seine 
Entstehung  dem  Judenpogrom  in  Posen  im  Jahre  1367.  An  seiner 
Abfassung   und   Redigierung   nahm    neben    den   Juden    auch    eine 
vom  Könige  berufene  juridische  Kommission   teil.   Es  wurde  ein 
Projekt  ausgearbeitet,  welches  der  König  den  Würdenträgern  zur 


1  Hube  a.  a.  O.,  S.  435. 

2  Die  Quellen  sind  bei  Grätz,  Gescliiclite  der  Juden^  B.  VIII,  S,  4.S4  in 
Exzerpten  wiedergegeben.  Vgl  auoli  M.  Bai  ab  an,  UzicjT  Zydöw  w  Krakowie 
(Krakau  1912),  B.  I,  S.  34—35. 

3  Wadding,  Annales  Minorum  B.  XII,  p.  1(;4  und  l'.iT,  f(  riK  r  Dtugosz, 
Historia  Polonica  L.  XIII,  T.  II,   S.  167,  vgl.  Grälz  a.  a.  ü.,  S.  434. 

34* 
XIII 


532  Dr.  Moses  Schorr. 

Unterzeichnung  vorlegen  sollte.  Näher  nicht  bekannte  Umstände 
(vielleicht  der  plötzliche  Tod  des  Königs  im  Jahre  1370)  standen 
der  endgültigen  Sanktion  entgegen.  Daher  blieb  das  Statut  ohne 
Datum  und  Zeugen  —  in  der  Form  einer  Gesetzesvorlage.  Wir 
haben  schon  oben  unsrer  Ansicht  Ausdruck  gegeben,  daß  diese 
Annahme  einer  halbfertigen  Gesetzesvorlage  sich  dadurch  erübrige, 
daß  dem  PrinziiJ  der  Rechtsstellung  der  Juden  gemäß,  der  König 
sehr  wohl  den  letzteren  ein  Privileg  auch  ohne  Gegenzeichnung 
der  Würdenträger  mit  voller  Rechtsgültigkeit  verleihen  konnte, 
was  ja  auch  die  Rechtspraxis  der  2.  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts 
bezüglich  des  Kreditverkehrs  bestätigt.  Für  alle  Fälle  sprechen  alle 
kritischen  Momente  für  die  historische  Echtheit  dieses  Dokuments, 
das  auch  von  allen  späteren  Königen  Polens  vollinhaltlich  bestätigt 
wurde. 

Unmittelbar  auf  die  Bestätigung  Kasimirs  IV.  folgt  in  unserer 
Sammlung  die  Bestätigung  Sigismund  IL  Augusts,  datiert  aus 
Petrikau  anläßlich  des  Kronungslandtages  daselbst,  vom  11.  De- 
zember 1548.1  Es  folgt  hierauf  die  Bestätigung  Stephan  B-atorys 
auf  dem  Landtage  zu  Warschau,  vom  2.  Januar  1580,  weiter  die 
Sigismunds  III.,  datiert  aus  Warschau  vom  12.  April  1588. 
Unmittelbar  hierauf  folgt  die  Bestätigung  des  Königs  Micha* 
Wisniowiecki  auf  dem  Krönungslandtage  in  Warschau,  vom 
5.  November  1669.  Diese  letztere  Bestätigung  bezieht  sich  jedoch 
nicht  bloß  auf  jenes  Kasimir'sche  Generalprivileg,  sondern  um- 
faßt auch  siebzehn  andere  Artikel,  beziehungsweise  Privilegien, 
deren  Inhalt  —  wie  es  in  der  Einleitung  zur  Bestätigung  heißt  — 
summarisch  mehreren  authentischen  Privilegien  entnommen  ist, 
welche  durch  Stephan  Batory  und  später  durch  Ladislaus  IV.  unter 
'dem  Datum  11.  Mai  1633  bestätigt  worden  sind.  Bei  jedem  dieser 
Artikel  ist  das  Datum  der  ursprünglichen  Verkündigung  angeführt, 
und  wie  die  fortlaufende  Numerierung  nach  dem  24.  Artikel  um- 
fassenden Kasimir'schen  Statut  beweist,  wurden  sie  amtlich  als 
Ergänzungen  und  Novellen  zu  jenem  Statut  angesehen,  deren 
Rechtsgültigkeit  sich  auf  die  Gesamtjudenschaft  Polens  erstrecken 


1  Nach  Bloch  a.  a.  0.,  S.  145,  hat  auch  Sigismund  I.  (1506—1548)  das 
Original  der  Bestätigungsurkunde  Kasimirs  IV.  mit  seiner  Unterschrift  versehen. 
Eine  Abschrift  dieser  Bestätigung  befindet  sich  im  königlichen  Staatsarchiv  in 
Posen,  Inscriptiones  Posnan'enses  vom  Jalire  1530,  S.  59.  Am  Ende  der  Be- 
stätigung Sigismunds  II.  lieißt  es  in  unserer  Sammlung:  Ex  libro  Castrensi 
Posnaniensi  descriptuin.  In  der  Tat  befindet  sich  eine  Abschrift  in  den  Posener 
Grodakten,  sogenannten  Libri  Civium  1530—1566,  S.  420.  Vgl.  Bloch  a.  a.  0.,  S.  145. 

XIV 


Die  Hanptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft.  533 

sollte.  Im  Hinblick  auf  die  zumeist  grün dlejj, ende  Bedeutung  dieser 
Artikel  möge  hier  in  der  Reihenfolge  des  Summariars  der  Inhalt 
exzerptenweise  angeführt  werden: 

25.  Artikel  (Warschau  1571).  Im  Falle  von  Ausschreitungen 
gegen  Juden  in  irgendwelcher  Stadt  wird  dem  Magistrate  eine 
Strafe  von  1000  Mark  auferlegt.  Tötung  eines  Juden  zieht  nach 
sich  Todesstrafe  und  Konfiskation  des  Vermögens. 

26.  (Auf  dem  Landtage  zu  Petrikau,  7.  August  15(54):  Wenn 
ein  Jude  als  Schuldner  einen  Bürgen  stellt,  darf  er  nicht  ver- 
haftet werden.  Sobald  er  keinen  Bürgen  stellt,  soll  er  in  einem 
einfachen,  nicht  in  einem  unterirdischen  Gefängnis  zurückgehalten 
werden.  Der  Bürge  muß  ein  unbescholtener  Mann,  es  darf  auch 
ein  Christ  sein.  Die  Berufung  vom  Wojewodengeritht  ist  in  Sachen 
über  20  polnische  Gulden  zulässig. 

27.  (Wilnal551).  Gegen  einen  (säumigen)  jüdischen  Schuldner 
soll  im  Rechtswege  nicht  mit  Gewaltanwendung  vorgegangen  werden. 
Wenn  der  Jude  nicht  imstande  ist,  die  Schuld  bar  zu  bezahlen,  so 
hat  er  sein  Besitztum  als  Pfand  bei  einem  Juden,  nicht  bei  einem 
Christen  zu  hinterlegen. 

28.  (Warschau,  19.  Februar  1.578).  Es  wird  die  freie  Wahl  der 
Rabbiner  zugestanden.^  Auf  Ungehorsam  gegen  die  Anordnungen 
des  Rabbiners  wird  im  königlichen  Gericht  Todesstrafe  und  Kon- 
fiskation des  Vermögens  gesetzt.  Der  Rabbiner  unterliegt  aus- 
schließlich der  Jurisdiktion  des  Königs. 

29.-  Die  Juden  genießen  dieselben  Rechte  wie  die 
städtische  Bevölkerung.  In  allgemeinen  Angelegenheiten  unter- 
liegen sie  nur  der  königlichen  Jurisdiktion. 

30.  Beim  Bau  von  Häusern  dürfen  den  Juden  betreffs  der  Miete 
von  Handwerkern  keine  Hindernisse  in   den  Weg  gelegt  werden. 

31.  Weder  der  Wojewode  noch  dessen  Vertreter  dürfen  über 
Juden  ohne  jüdische  Beisitzer  Gericht  halten.  Diese  haben  der 
Reihenfolge    nach   ihre  Ansicht  zu   äußern,    hierauf  erst  darf  der 


1  Dieser  Artikel  hat  für  die  innere  Verfassung  der  Juden  in  Polen  epochale 
Bedeutung.  In  der  ersten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts  sind  die  Hauptrabbincr 
vom  Könige  ernannt  und  als  solche  unmittelbare  Oi'gane  des  Staates.  Vgl. 
näheres  darüber  in  meiner  Organisation  der  Juden  in  Polen,   S.  18  ff. 

2  Die  Artikel  29 — 37  bilden  den  Inlialt  eines  Privilegs  Stephan  ßator3'S, 
datiert  vom  1.  Dezember  1576  auf  dem  Landtage  zu  Thorn,  das  später  von 
Ladislaiis  IV.  auf  dem  Krönungslandtage  in  Warschau,  11.  Mai  ItiSM,  bestätif^t 
wurde.  Manche  dieser  Artikel  lial)cn  jjrinzipielle  Bedeutung  fiir  die  Rpchtsstellung 
der  Juden,  und  wir  finden  sie  auch  in  den  Speziaiprivilegiun  der  Juden  einzelner 
Städte  wieder. 

XV 


534  Dr.  Moses  Schorr. 

Richter  (seil,  nach  Landesrecht)  das  Urteil  .  fällen.  Die  Wahl  des 
Gerichtssohreibers  bedarf  der  Approbation  des  Judenvorstehers 
(senior). 

33.  Die  Juden  dürfen  jedes  Handwerk  ausüben.^ 

33.  Wenn  ein  Jude  die  Taufe  annimmt  und  eine  Christin 
heiratet,  so  haben  die  in  erster  Ehe  mit  einer  Jüdin  gezeugten 
Kinder  betreffend  das  Erbrecht  den  Vorzug  vor  den  Kindern  aus 
der  zweiten  Ehe. 

34.  Die  in  Pfand  genommenen  Sachen  soll  der  jüdische 
Schuldner  in  die  Wojewod-Akten  eintragen  lassen,  behufs  Er- 
möglichung einer  Kontrolle  im  Falle  eines  Diebstahles. 

35.  Die  Juden  sind  verpflichtet,  nur  beim  Rodale  (d.  i.  der 
Torah)  oder  beim  Torring  der  Synagoge  den  Eid  zu  leisten,  nicht 
aber  auf  einem  Schweinefell  stehend.- 

36.  Ein  Jude  darf  am  Samstag  nicht  vor  Gericht  geladen 
werden. 

37.  Nach  dem  Tode  eines  Juden  hat  die  Witwe  das  Vojcrecht, 
von  der  Erbschaft  ihre  Mitgift  gemäß  der  Eintragung  in  den 
Akten  zu  entnehmen.  Der  Rest  fällt  den  Erben  zu. 


1  In  der  Praxis  sah  dieses  Recht  ganz  anders  aus.  Die  Juden  mußter 
sich  bei  den  christlichen  Zünften,  zu  denen  sie  keinen  Zutritt  liatten,  das  Recht 
der  Handwerksausübung  jeweilig  erkaufen  und  waren  von  manchen  Gewerbe- 
zweigen im  voraus  ausgeschlossen.  Dasselbe  gilt  auch  von  der  den  Juden  ge- 
setzlich gewährten  Handelsfreiheit.  Seit  dem  XVII.  Jahrhundert  bestehen  in 
größeren  Städten  wie  Krakau,  Lemberg,  Przemysl  jüdische  Zünfte  —  contra 
legem,  deren  Verfassung  und  Wirksamkeit  ein  interessantes  Kapitel  der  Kultur- 
geschichte der  Juden  bilden.  Vgl.  darüber  meine  Organisation  S.  27  —  34,  ferner 
meine  Monographie  ,.  Juden  in  Przemysl"  (Lemberg  1903)  S.  62  ff.  Vgl.  auch 
M.  Balaban,  Zydzi  Iwovvsey  na  przelomie  XVI.  i  XVII.  w.  (Lemberg  1906)  S.  469  ff. 
und  derselbe  Zydzi  w  Krakowie  (Krakau  1012),  S.  308  ff. 

2  In  dem  für  die  Juden  in  Posen  bestimmten  Privileg  des  Königs  Stephan 
Batory  vom  9.  Februar  1580,  welches  in  9  Punkten  die  Artikel  29—37  unserer 
Sammlung  enthält,  nur  in  anderem  erweiterten  Wortlaute  und  in  spezieller 
Anwendung  für  Posen,  wird  im  VII.  Artikel  die  Art  und  Weise  des  Juden- 
eides näher  bestimmt.  Dieser  Punkt  beleuchtet  auch  den  obigen  35.  Artikel 
unserer  Sammlung.  Es  heißt  dort:  Quoniam  vero  quidam  ingeniosi  homines 
ad  deterrendos  Judeos  a  juramentis  rodale  istud  jierperam  corillum  suillae 
explicant  eosque  super  istud  iurare  adigant,  Nos  hane  rem  iniquam  esse  cen- 
sentes  rodale  librum  Molsi  vel  decem  praecepta  decalogi  intelligendum  super 
iisquo  juramento  a  Judeis  praestandum  declaramus,  veluti  quidem  negotium 
hoc  decreto  nostro  regio  iam  dudum  declaratum  et  sopitum  esse.  Die  letzten 
Worte  beziehen  sich  auf  den  Artikel  35  im  Erlaß  vom  Jahre  1576.  —  Das  ganze 
Privileg,  dem  wir  diesen  Punkt  entnehmen,  ist  bei  Bloch  a.  a.  O.,  S.  412,  Anm.  1, 
abgedruckt. 

XVI 


Die  Hauptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft.  535 

38.^  An  christlichen  Feiertagen  dürfen  die  Juden  Handel 
treiben  und  die  Stadt  verlassen. 

39.  Die  Fürsorge  über  die  jüdischen  Waisen  gehört  aus- 
schließlich zum  Rabbiner  und  den  Judenältesten.  Es  darf  kein 
Christ  sich  diese  Fürsorge  aneignen.^ 

40.  In  Sachen  eines  Christen  gegen  einen  Juden  dürfen  die 
Judenältesten  Gericht  abhalten,  bei  freier  Berufung  an  das  Tribunal- 
gericht. 

41.  Nicht  gestattet  ist  die  Zession  einer  jüdischen  Schuld 
zugunsten  eines  mächtigeren  (seil.  Christen).  Ebenso  darf  ein  Jude 
nicht  seine  Forderung  einem  Adligen  zedieren,  sondern  muß  sie 
auf  dem  Rechtswege  einlösen. 

Alle  diese  obigen  Artikel  (25 — 41)  bestätigt  nun  König  Michat 
Wisniowiecki  auf  dem  Landtage  zu  Warschau  am  5.  November  1669, 
außerdem  nachträglich  noch  das  Privilegium  Ladislaus  IV.  vom 
25.  März  1635,  erlassen  auf  dem  Landtage  in  Krakau,  welches 
unter  anderem  bestimmt:  Weder  die  Gemeindeältesten  noch  die 
Verwandten  können  zu  irgendwelchen  Leistungen  für  einen  ent- 
laufenen Insolvenzschuldner  gezwungen  werden,  ebensowenig  zur 
Verfolgung  und  Vorgerichtstellung  eines  solchen  Ausreißers. 

Die  Bestätigung  Johanns  III.  Sobieski  auf  dem  Krönungsland- 
tage zu  Krakau  am  28.  April  1676  umfaßt  alle  früheren  Privilegien 
und  Dekrete  und  wurde  auf  Ansuchen  sämtlicher  Judengemeinden 
vermittels  des  damaligen  Generalsyndicus  (Schtadlan)  Moses  Marko- 
wicz  erlassen.  Ebenso  bestätigt  auf  Ansuchen  der  Gesamtjudenschaft 
die  Privilegiensammlung  August  III.  von  Sachsen  auf  dem  Landtage 
zu  Warschau  am  7.  Dezember  1735.  Beide  Summarialausgaben 
sind  in  unsere  Sammlung  einbezogen.  Die  Originalurkunde  Johann 
Sobieskis  enthält  am  Rande  zeitgenössische  hebräische  Glossen, 
welche  einzelne  Artikel  des  Kasimir'schen  Hauptstatuts  inhaltlich 
wiedergeben.  Sie  sind  doppelt  interessant,  erstens  weil  sie  andeuten, 
welche  Normen  jenes  Statuts  noch  am  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts 
für  die  Juden  praktische  Bedeutung  hatten,  zweitens  weil  sie  uns 
zeigen,  daß   die  Juden   sich  für  das  Verständnis  ihrer  lateinisch 


1  Die  Artikel  38 — 41  bilden  eine  besondere  Gruppe  und  sind  dem  Privileg 
Johann  Kasimirs  vom  13.  Juni  16(31  entnommen. 

2  Dieser  Artikel  findet  seine  Erklärung  in  den  Wirren  jener  Zeit  (Mitte 
des  XVII.  Jahrhunderts),  als  nacii  den  Kosakenkämpfen  und  nach  dem  für  die 
Juden  unheilvollen  schwedisch-polnischen  Kriege  viele  Judenkinder  —  wie  wir 
aus  zeitgenössischen  kirchlichen  Quellen  wissen  —  iliren  Familien  mit  Gewalt 
geraubt  und  der  Taufe  zugeführt  wurden. 

XVII 


536  i)r.  Moses  Schorr. 

abgefaßten  Privilegien  eines  hebräischen  Schlüssels  bedienen  mußten. 
Diese  hebräischen  Glossen  sind  von  mir  in  der  Edition  bei  den 
betreffenden  Artikeln  wörtlich  angeführt  und  mögen  hier  in  den 
Anmerkungen  wiederholt  werden.^ 

Der  zweite  Teil  unserer  Privilegiensammlung  umfaßt  elf 
Privilegien  und  Dekrete,  die  im  Wortlaute  den  Krakauer  Grod- 
akten  entnommen  sind.  Diese  Erlässe  beziehen  sich  größtenteils 
auf  die  Judengemeinde  in  Krakau  und  wurden  der  Sammlung 
einverleibt,  die  in  erster  Reihe  für  die  Juden  in  Krakau  bestimmt 
war.  Zu  dieser  Gruppe  gehören  folgende  Privilegien: 

1.  Krakau  1569:  König  Sigismund  August  bestätigt  den 
Juden  in  Krakau  die  ihnen  von  Sigismund  I.  gewährten  Handels- 
freiheiten. 


:  □'Sny  »atri  omn'  »^tr  nx  '3  h^)!h  nin<  fo  n«j;»  nh  nti-s:  poj?'?  i^'ski  oSiyD  nnj?  ^3^  §  1  * 
■]Da  uyo  n^iTr  caii  ,v\i'\-i  s\D2  n^pipt  c^cn  H'  ck  'j  »^xnn  lysio  yait"^  nonu^io  oyav 

;nD:rn  n^^n  htif  n^in  12  nn-^iDC  (Keit  =  Kette)  u^pn  ^i'x  dx  'j  i,>2K"  n?  nr 
□'>p>  N^r  IX  ''r::,h  jirt-an  ......  nin^tt*  in  p2ti'0  'poira  mrt'  cy  n^nnon  h'^v  §~  2 

'^3  Sy  n^n  c'rii':  psti'a  S2  ^y  miSn'7  'XBni  ^i3'  mn'B*  .iidsi  mn>S  n^'W-yn  ,nNiSnn  -[oa 

:  ans  d>j^diSo  nnjn  ^y  ix  onhan  n>2 
:  -naDi  x-in  p  inanoB'  n)n\n  yac"  23:12  ix  ciicits'  jisro  §  4 
üsti'o  crw"  mstt'i  «7  ^nyS  mn»  pa  ix  oai'j?  pa^  üV2  omn^n  nnnm  a^yss  'poya  §  5 

:  n"-i'  i'?o^  X'i'v'raxi  n^cxin  dj?  ih^'  :;QiK'n  in  nivxnn  pi  oSiya 
nj'n:  mc'  ^ddi^d^  ix  mvxnS  jn»^  ca^ma  arxi  ■j'jDn  nsix9  pn  nirnia  D'2"t;'  nnirrn 

:  mi'xiiS  x'i'v^sxi  cu'ejj  nixD  nasy  p:^  na^a  itiStt"  omn^n  .ainn  DiiiJio  nB'Bn»tJ'  na  pi 
t^npS  D'pipT  '.n  na'snS  o'pipr  '.i  iSti»  D:p  nu'noa  n.i:D  rnson  §  7 
'i'pipa  wai  ^a  nx  xi'aaa  i:>x  n:jnn  dx  —  .Cij:  nnn  tt's:  ijn  jn'  ^xiti^a  vsi  .ninn 

:  niaSan  i^ixS  '^jnm  n'trni'^  »snn  '^a^oai 
tinna  pxi  ntia  par»i  1^  xnp'  ^na  ^ny  n^aa  paxnan  (!)min'  §  9 
aia'V'i  ^ip'y  cm*  'Sa  j^Sis  ]nx  Saa  n:naS  njnaai  mpaS  cipaa  yo^'?  »xcn  mn't?  §  10 

.no  nma  pxi  ei>Snn':'i  m:p'?i  iiaa'?  m-s:  nixa  jn^Si  xt:''S  nnino  »j^a  Sa  dj;  D^iya 
..iiSbS  xSi  xin  er  Sn-ii  ptap  D'aaa  >3"3y  Saa  onS  nnx  üqcü  D^Siyi  omn'B' 
a:."i  laa  lOin  nan  pS.iya  oao  npx  np'  foaia  it'x  cxai  o'oaa  '3a  Saa  D'tysn  cnan 

:  niaSaS  iciaii  jSr;;! 
:  Siyn  dSu*»  irxa  inv  dSu"  xSi  o'Siy  dj;  mxvma  Saa  pimS  d'xb't  dhihm  §  11 
:  D-'hrjh  nsnan  iiaaSi  aaiiiS  cn'niaB'ia  niaipa  Saa  uintt'S  D'Xßn  anin'n  §  12 

:nnap  nana  §  13 

t  niT'nn  •jstraS  SisSa  rinnS  'ii:'  Oip  jn'  a"na  xi  Sy  fax  pnptr  Siyn  §  14 

.SisSs  'lU'S  'X  oyo  Sa  nj;a  Oip  fn'  n^in  n:itt'X"i  Dyss  aioai  CDcaS  yanjn  nin'n  §  15 

j  rnrat  na'X  n'B*'Stt'  aiD'  dxi 
mn'S  jn'S  Siyn  a"ina  ,np'na  iSsx  ti'anS  nsm  iSb*  pae-a  iS^'xti'  mn'  ntr'in  Siytt'a  §  18 

:  E'an'  a"nxi  ait:  anr  (Mark)  pia  cnpa 
;yiati'7  (lat.  per  unuin  grossum)  SiXVX  D'nin  pia  Saa  §  19 
;  ant  anti'y  "lon  nSyca  nrxiin  tosa'aa  ysSyox  §  26 
.DiySa  DiSa  ntry  xS  usirni  nSnn  anyn  nun  usirn  oy  DstraS  ub"'  D'tfxin  §  38 
(Betrifft  das  gemischte  Woj woden-Gerieht.) 

XVIII 


Die  Hauptprivilegien  der  polnischen  Judenschaft.  637 

2.  [Krakau(?)],  5.  August  1564(?).  Erlaß  Sigismund  IL  Augusts 
an  den  Magistrat  in  Krakau,  den  Juden  bei  Haus-  und  Gewölbe- 
miete keine  Hindernisse  in  den  Weg  zu  legen. 

3.  Thorn,  25.  Dezember  1576.  Stephan  Batory  erlaubt  den 
Juden  ihre  Waren  am  Ringplatz  auszulegen  und  verbietet  die 
Exequierung  von  Abgaben,   die  nicht  gesetzlich  vorgesehen  sind. 

4.  Krakau,  25.  März  1588.  Sigismund  HI.  erläßt  ein  Mandat 
an  sämtliche  Ämter,  den  Juden  den  Einkauf  von  Waren  in  den 
Städten  nicht  zu  wehren,  sondern  sie  vielmehr  gleich  den  Christen 
zu  den  Märkten  zuzulassen. 

5.  Warschau,  31.  Oktober  1597.  Erlaß  Sigismund  III.  an 
den  Magistrat  in  Krakau,  den  Juden  das  Mieten  von  Geschäfts- 
lagern nicht  zu  verwehren. 

6.  Warschau,  13.  April  1600.  Erlaß  Sigismund  III.,  ähnlichen 
Inhaltes  wie  der  vorige. 

7.  Krakau,  16.  März  1633.  König  Ladislaus  IV.  bestätigt 
den  Juden  von  ganz  Polen  ihre  früheren  Privilegien,  normiert 
hiebei  besonders  die  Gerichtskompetenz  für  den  Fall  der  Be- 
schuldigung wegen  Ritualmord  oder  Hostienschändung.^ 

8.  Warschau,  25.  September  1665.  Johann  Kasimir  er- 
neuert den  Juden  in  Krakau  die  Handelsprivilegien,  welche  in 
den  letzten  Kriegen  vernichtet  wurden  oder  verloren  gegangen 
sind.  Dieses  Privileg  wird  vom  König  Micha!  auf  dem  Krönungs- 
landtage in  Warschau,  am  26.  November  1669  bestätigt. 

9.  Krakau,  30.  November  1669.  König  Micha!  bestätigt 
den  Erlaß  Sigismund  I.  an  den  Magistrat  in  Krakau  vom  Jahre 
1530,  der  auch  von  Ladislaus  IV.  am  18,  März  1633  bestätigt 
wurde,  betreffend  judenfeindliche  Exzesse. 

10.  Jaworöw,  6.  Oktober  1678.  Johann  IIL  Sobieski  erläßt 
ein  Universal  an  den  Magistrat  in  Krakau,  betreffend  die  strikte 
Befolgung  der  mit  den  Juden  geschlossenen  Handelsverträge. 


1  Dieses  für  die  Gesamtjudenschaft  Polens  erlassene  Privileg  verdankt 
seine  Kundgebung  einem  damals  unter  der  Judenschaft  Aufsehen  und  Angst 
erregenden  Prozeß  wegen  Hostiendiebstahl  in  Pr/einysl  im  Jahre  1630,  wobei 
ein  Jude  Moses  Schmuklerz  unschuldigcrweise  nach  furchtbaren  Torturen  von 
einem  inkompetenten  Gerichte  dem  Feuertode  überantwortet  wurde.  Das  Echo 
jenes  Prozesses  ist  eben  jenes  Privileg,  dessen  Proklamierung  gewiß  der  jüdische 
Landtag  erw-rkt  hat.  Vgl.  meine  Monographie  „Z.ydzi  w  Przemvrilu"  S.  22.  Die 
Wichtigkeit  dieser  Urkunde  für  die  damalige  Zeit  beweist  auch  der  Umstand, 
daß  auch  die  Lemberger  Judenschaft  sie  in  die  Stadtakten  eintragen  ließen.  Vgl. 
Balaban,  Zydzi  Iwowscy,  Materialien  Nr.  86  (S.  113). 

XIX 


53  8  Dr.  Moses  Schorr. 

11.  Jaworöw,  6.  Oktober  1678.  Johann  III.  Sobieski  wendet 
sich  an  den  Krakauer  Magistrat  mit  der  Aufforderung,  den  Juden 
den  Eintritt  in  die  Stadt  nicht  zu  verwehren.^ 

Die  ganze  Privilegiensammlung  wird  nun  vom  König  Stanis- 
laus  August  in  Warschau  am  14.  Juni  1765  für  die  den  Kasimir 
bewohnenden  Juden  bestätigt. 

Das  ist  in  den  Hauptzügen  der  Inhalt  der  großen  Juden- 
privilegiensammlung des  Königs  Stanislaus  August  vom  Jahre  1765. 
Indem  sie  größtenteils  Gesetze  und  Erlässe  umfaßt,  welche  die 
rechtliche  und  soziale  Stellung  der  Gesamtjudenschaft  in  Polen 
betreffen  und  über  einen  Zeitraum  von  über  fünf  Jahrhunderten 
sich  erstrecken,  von  Boleslaus,  dem  Herzog  von  Kaiisch,  d.  h.  seit 
der  Mitte  des  XIII.  Jahrhunderts  bis  auf  den  letzten  Herrscher 
der  unabhängigen  Polenrepublik,  bildet  diese  Sammlung  als  letzte 
feierliche  Kundgebung  der  polnischen  Staatslegislative  gegenüber 
der  Reichsjudenschaft  ein  bedeutsames  historisches  Denkmal  in 
der  Geschichte  der  Juden,  würdig  den  Geschlechtern  der  Zukunft 
bewahrt  zu  werden. 


i  Im  Jahre  1495  wurden  die  Juden  aus  der  Stadt  Krakau  verwiesen  und 
gezwungen,  sich  in  der  durch  die  Weichselbrücke  von  Krakau  getrennten  Vor- 
stadt Kasimir  anzusiedeln.  Seit  jener  Zeit  haben  aber  die  Juden  es  verstanden, 
ipso  facto  allmählich  das  Wohnrecht  in  Krakau  sieh  zu  erkämpfen. 


XX 


Markus  Benedikt  (Eabbi  Mordechai  Benet)/ 

Von  Rabbiner  Dr.  D.  Feiichtwang,  Wien. 

Einem  Geletirten,  der  den  größten  Teil  seines  bisherigen 
Lebens  der  Erforschung  des  Talmuds  geweiht  und  der  jüdischen 
Wissenschaft  den  Ertrag  dieser  Forschungen  geschenkt  hat,  mag 
die  Lebensbeschreibung  eines  Rabbiners  der  neueren  Zeit  gewidmet 
sein,  dessen  Namen  unter  den  besten  genannt  wird  und  dessen 
Andenken  im  Kreise  der  Halachaforscher  noch  immer  in  hohen 
Ehren  steht. 

I. 

Markus  Benedikt  (Mordechai  ben  Abraham  Benet)  wurde  seinen 
frommen  Eltern,  Abraham  und  Fradel,  im  Jalire  1753  zu  Csurg(3 
im  Komitat  Somogy  in  Ungarn  geboren.  Damals  ein  ärmliches, 
ödes  Dorf,  ohne  jegliche  Kultur  und  Bildungsmöglichkeit  selbst 
in  dem  einfachsten  Sinne  damaliger  Forderungen  und  Ansprüche. 
Armut  herrschte  auch  in  dem  Hause  des  kleinen  Mordechai.  Vater 
und  Mutter  jedoch  lebten  das  anspruchslose  Leben  gottergebener 
Leute.  Von  der  Stunde  seiner  Geburt  an  war  das  Kind  dem  Gottes- 
dienste und  der  Thorah  geweiht.  Dieser  Sinn  war  ererbt  im 
Hause  Benet.  Leitete  doch  der  Vater  seinen  Stammbaum  auf 
Zebi  Aschkenasi  (-ni'  crr),  seine  Mutter  den  ihrigen  auf  Rabbi  Naftali 


1  Quellen:  z^nyn  nmp.  Chronik  von  Abraham  Trebitsch  (Brunn  1801); 
Jakob  Aberl  Benet,  Biographie  des  R.  Mordechai  Benet  (Ofen  1832)  '21  nnSin 
ay:2  onia;  Dr.  M.  H.  Friedländer,  Köre  Haddoroth,  Beiträge  zur  Geschichte  der 
Juden  in  Mähren,  Brunn  1876;  Ehrentlieil,  Charakterbilder  S.  34;  Ign.  Reich, 
Ehrentempel  verdienter  ungarischer  Israeliten  I,  S.  20  ff.;  Jost,  Neuere  Geschichte 
der  Israeliten  von  1816— 1«45;  Low,  Ges.  Scliriften  II,  177  ff.;  Fürst,  Bibliotheca 
Judaica  unter  Benedict;  Feuchtwang,  Kaufmann-Gedenkbuch,  Epitaphien  Mähr. 
Landes-  und  Lokalrabbiner;  Jeschurun  19i>l ;  Lewin,  Gedenkrede  1908;  Resp. 
nS;"'  min'  des  Jehuda  Aazi'.d;  Israel  Fisch  '3Tir:  n-rn  (Lemberg  18II2);  Winter- 
Wünsche,  J.  L.  111,750;  Jew.  Encycl.  Art.  Benedict;  Resp.  omo  ncno  ,liamn. 


540  Dr.  D.  Feuchtwang. 

Kohen  Zedek  zurück,  der  Rabbiner  von  Posen  und  Frankfurt 
am  Main  gewesen  war  und  Novellen  zum  Talmud  geschrieben 
hatte.  Ich  vermute,  daß  auch  die  berühmte  Rabbinerfamilie  der 
Fanta(o)  in  diese  Gruppe  gehört,  von  denen  einer  der  hoch- 
verehrte Landesrabbiner  von  Mähren  Elieser  Mendl  war,  dessen 
Vater  Mordechai  und  dessen  Großvater  Benet  geheißen  haben.^ 
Ihre  Gräber  sind  in  Nikolsburg  und  mitten  in  der  Familie  des  großen 
Rabbi  Mordechai  Benet.  Auch  in  Prag  sind  zahlreiche  Mitglieder 
der  Fantas  zur  ewigen  Ruhe  gebettet  worden.  —  Die  heiligen 
Überlieferungen  der  Familie  finden  in  den  Eltern  Markus  Benedikts 
würdige  Pflege.  In  dem  armseligen  Dorfe  war  keine  Gelegenheit 
zu  Studien.  Deshalb  brachten  die  Eltern  ihr  Kind  nach  Nikolsburg, 
der  damals  weltberühmten  Judengemeinde,  deren  Rabbiner  zu  den 
größten  und  gelehrtesten  des  Judentums  seit  jeher  gehört  hatten. 
Dort  hatten  Liwa  ben  Bezalel  (der  hohe  Rabbi  Lob),  Jehuda  Lob 
Eulenburg,  Petachja  ben  Josef,  Menachem  Mendl  Krochmal,  Gabriel 
Eskeles,  Lipman  Heller,  Schmelke  Hurwitz  gelebt  und  gewirkt, 
dort  saß  zur  Zeit  Gerson  Pullitz  (Politz)  auf  dem  Rabbinerstuhle. 
Mordechai  wurde  in  das  Haus  seiner  zwar  dürftigen,  aber  tief 
frommen  und  klugen  Großmutter  Rebekka  gebracht,  der  Witwe 
nach  Aberl  Benet,  der  ein  Gottesgelehrter  gewesen  war.  Sie 
teilte  ihr  kärgliches  Brot  mit  dem  geliebten  Enkelkinde,  das  sie 
von  tüchtigen  Lehrern  unterrichten  ließ.  Bald  erregte  der  hoch- 
begabte Knabe  Aufmerksamkeit  in  der  Gemeinde.  Der  Vorsteher 
der  Talraud-Thorah-Schule,  Gabriel  Markbreiter,  ein  äußerst  wohl- 
tätiger und  gütiger  Mann,  nahm  sich  des  Knaben  an,  förderte  ihn 
in  jeder  Weise,  ließ  ihn  auf  seine  Kosten  von  hervorragenden 
Talmudisten  unterrichten  und  sorgte  reichlich  für  ihn.  Mordechai 
wuchs  von  Tag  zu  Tag  in  seinem  Wissen  und  überragte  seine 
Altersgenossen  weitaus.  Da  faßte  sein  Gönner  den  Entschluß,  ihn 
zur  Fortsetzung  der  Studien  ins  Ausland  zu  schicken.  Er  hatte 
einen  hochgelehrten  Schwager.  In  dessen  Jeschibah  schickte  er 
den  elf-  oder  zwölfjährigen  Knaben.  Allgemein  wird  Ittingen  im 
Elsaß  als  Sitz  dieses  Lehrers  und  Rabbiners  angegeben.  Ich  kann 
einen  Ort  dieses  Namens  in  keinem  der  großen  geographischen 
Handbücher  finden.  Sicher  ist  aber,  daß  Mordechai  in  Öttingen^ 
in  Bayern    die  Talmudschule   besucht  hat,    woselbst  Rabbi  Jakob 


1  Ein  Zweig  der  Familie  Benedict  (Benet)  schreibt  sich  Banet  und  Panet 
vgl.  0)NtD:>«3)  in  Kaufmann-Hock,  Familien  Prags  S.  276. 

2  So  richtig  Low,  Ges.  Sehr.  II,  178;  Kayserling  bei  Winter-Wünsche 
III,  756;  hingegen  in  Jew.  Encycl.  noch  immer  Ittingen. 

II 


Markus  Benedikt  (Rabbi  Morder-hai  Benet).  641 

Katzenellenbogen  (1765 — 1706)  als  Rabbiner  gelebt  hat.  Möglich, 
daß  hier  eine  Verwechslung  der  ähnlich  klingenden  Ortsnamen 
vorliegt.  Die  Familienüberlieferung  erzählt,  daß  Mordechai  im 
Hause  dieses  Schwagers  Markbreiters  einige  Jahre  verblieb.  Sein 
talmudisches  Wissen  erregte  die  Bewunderung  seines  Meisters. 
Schon  hatte  er  zur  Feder  gegriffen  und  mit  kindlicher  Hand  Be- 
merkungen zu  halachischen  und  aggadischen  Schriften  geschrieben, 
die  dem  Meister  in  drei  Kompendien  übergeben  wurden.  Mordechai 
war  damals  dreizehn  Jahre  alt  und  hielt  an  seinem  Bar-Mizwah- 
Tage  vor  den  Vorstehern  und  Gelehrten  der  Gemeinde  einen 
halachischen  Vortrag,  der  alle  Hörer  in  bewunderndes  Erstaunen 
versetzte.  Die  Gattin  seines  Lehrers  soll  aus  Neid  die  erwähnten  drei 
Schriften  Mordechais  verbrannt  haben,  da  ihr  eigener  Sohn  in  keiner 
Weise  an  den  Lieblingsschüler  ihres  Gatten  heranreichte.  Mordechai 
aber  soll,  tiefgekränkt,  lange  Zeit  dem  Talmudstudium  den  Rücken 
gekehrt  und  sich  ausschließlich  mit  dem  Studium  der  Heiligen 
Schrift  und  der  Midrasche  befaßt  haben.  VonÖttingen  (Ittingen)  aus 
bezog  er  im  Alter  von  fünfzehn  Jahren  die  Talmudschule  des  be- 
rühmten Josef  Steinhart  in  Fürth,  des  hochgeschätzten  Verfassers 
der  Responsensammlung  s^ov  jnaT.i  Kein  Wunder,  daß  Mordechai  mit 
Begeisterung  den  Talmudvorträgen  dieses  scharfsinnigen,  klaren, 
systematischen  Denkers  folgte,  dessen  Jeschibah  von  hunderten 
Jüngern  besucht  wurde,  unter  denen  er  bald  als  erster  und 
gelehrtester  galt.  Er  soll  damals  vierhundert  Blätter  aus  ver- 
schiedenen Talmudtraktaten  wörtlich  im  Gedächtnis  gehabt  haben. 
Einige  Zeit  war  er  auch  Schüler  des  Preßburger  Rabbiners  Meir 
Barbi,  dessen  Vortragsart  ihm  aber  nicht  zusagte.  Dort  schloß  er 
Freundschaft  mit  Elias  Rosenthal,  dessen  Vater  Naftali  den 
gelehrten  Jüngling  besonders  ins  Herz  geschlossen  und  ihn  in 
sein  Haus  geladen  hatte.  Er  beabsichtigte,  ihn  zum  Schwieger- 
sohn zu  gewinnen,  was  jedoch  nicht  gelang.  (Siehe  Kaufmann  in 
s-|"csn  V,  130  ff.)  Wir  sehen  aus  den  Briefen  Naftali  Rosenthals  an 
seinen  Sohn,  wie  begeistert  er  von  dem  Wissen  und  der  Frömmig- 
keit Mordechai  Benets  gewesen  ist.  Dort  führt  er  Benedikt  unauf- 
hörlich als  Muster  und  Beispiel  eines  Bachurs  an.  Rosenthal  ist 
ein  gebildeter  junger  Mann,  der  Deutsch  und  Französisch 
lernt.  Daß  sich  Benedikt  gerade  ihm  angeschlossen  hat,  mag  auch 
für   ihn    selbst    charakteristisch    sein.    (Über  Naftali  Rosenthal, 

*  Vgl.  Löwenstein,  Beitrag  zur  Geschichte  der  Juden  in  Deutschland  II, 
Nathanael  Weil,  S.  60.  Literbl.  des  Orients  1847.  Jahrb.  für  Jüd.  Lit.  und  Gesch. 
1909,  S.  190  ff. 

III 


542  Dr.  D.  Feuehtwang. 

siehe  auch  Low,  Ges.  Sehr.  II,  S.  102).  Nun  war  er  achtzehn  Jahre 
alt  geworden,  also  reif  zur  Verheiratung.  Sein  Gönner  Markbreiter 
rief  ihn  nach  Nikolsburg,  woselbst  er  bald  mit  der  sehr  jugend- 
lichen Tochter  des  angesehenen  Gimpel  Prustiz  (Prossnitz)  ver- 
lobt wurde.  Nach  der  Verlobung  mit  der  noch  minderjährigen 
Finkel  Prustiz  ging  er  auf  Wunsch  seines  Schwiegervaters  nach 
Prag,  wo  damals  Rabbi  Jecheskel  Landau  der  große  Lehrer  und 
Führer  der  Gemeinde  war,  dessen  Namen  fast  alle  Zeitgenossen 
überstrahlte  und  dessen  Responsen  in  der  ganzen  talmudischen 
Welt  als  untrügliche  Quellen  für  halachische  Entscheidungen  galten 
und  gelten.  In  Prag  fand  er  in  Meir  Karpeles  einen  begeisterten 
Verehrer,  der  ihm  eine  eigene  Klaus  (Lehrhaus)  errichtete,  in  der 
sich  zahlreiche  Jünger  zusammenfanden,  um  Benedikts  Vorträge 
zu  hören,  so  daß  er  neben  dem  berühmten  Oberrabbiner  als  erster 
Talmudist  der  Gemeinde  galt.  Es  scheint,  daß  Landau  dem  jungen 
Benedikt  diese  Separatvorträge  übel  genommen  hat.  Die  Spannung 
zwischen  den  beiden  Gelehrten  hielt  an  und  ist  noch  aus  manchem 
Responsum  desNodabi  Jehudah  ersichtlich  (vgl.  mi,T2  rm;  IIf2, 169), 
in  denen  der  Prager  Oberrabbiner  den  Kollegen  ziemlich  kalt 
behandelt  (siehe  Low  1.  c,  S.  182).  Von  Prag  nach  Nikolsburg 
zurückgekehrt,  führte  er  seine  Verlobte  heim  und  verblieb  in 
Nikolsburg,  unaufhörlich  und  unermüdlich  vertieft  in  das  Studium 
des  Talmuds  und  der  Kommentatoren,  der  Ritualcodices  und  der 
ganzen  einschlägigen  Riesenliteratur.  —  Seine  starke  widerstands- 
fähige Gesundheit  wurde  schon  damals  durch  übermäßige  Geistes- 
arbeit angegriffen.  Er  litt  häufig  an  Kopfschmerzen  und  sonstigen 
Indispositionen,  die  ihn  zwangen,  Karlsbad  aufzusuchen,  wo  er 
auch  zeitweise  Heilung  fand. 

Nach  wie  vor  lebte  er  ausschließlich  dem  Studium  und  weigerte 
sich,  ein  Rabbinat  anzunehmen,  bis  er  sich  nicht  selbst  für  voll- 
kommen würdig  befunden  hätte,  ein  solches  zu  bekleiden.  Der 
Rabbiner  von  Nikolsburg,  Gerson  Chajjuth,  ernannte  ihn  zum 
Rabbinatsassessor.  Er  lebte  in  sehr  dürftigen  Verhältnissen,  zumal 
er  auch  für  die  Familie  seines  Schwiegervaters  zum  Teil  zu  sorgen 
hatte  und  seine  Mitgift  verbraucht  war.  Das  glückliche  Familien- 
leben tröstete  ihn  nächst  den  nie  unterbrochenen  Studien  in 
mancher  traurigen  Lage.  Namentlich  war  es  die  treffliche  Gattin, 
die  ihm  Stab  und  Stütze  war  und  von  der  er  gesagt  haben  soll 
„die  Rabbezin  Finkel  funkelt  mir  entgegen,  wenn  ich  aus  dem  Lehr- 
hause kommj".  Die  Nachbargemeindo  Luudenburg  berief  ihn  als 
Rabbiner.  Nur  kurze  Zeit  blieb  er,  um  einem  Rufe  nach  Schossberg 

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Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  543 

(Sasvär)  in  Ungarn  zu  folgen,  woselbst  er  nur  ein  Jahr  blieb. 
Im  Jahre  1789  kehrte  er  nach  Nikolsburg  zurück.  Rabbi  Gerson 
Chajjuth  (Chajes)  starb  am  13.  März  dieses  Jahres.  Die  Rabbiner 
Mährens  kamen,  um  dem  verehrten  Landesrabbiner  Nachrufe  zu 
halten;  auch  Markus  Benedikt  hielt  eine  große  Trauerrede,  die 
tiefen  Eindruck  machte.  Einer  der  angesehensten  Männer  Mährens, 
Falk  Beck  und  die  einflußreichsten  Persönlichkeiten  Nikolsburgs, 
die  schon  lange  von  Markus  Benedikt  begeistert  waren,  setzten 
mühelos  seine  Wahl  zum  Rabbiner  der  verwaisten  Gemeinde  durch. 
Sie  hätte  keinen  Würdigeren  treffen  können. 

IL 

Mit  dem  Jahre  1790  beginnt  die  Glanzperiode  im  Leben 
Markus  Benedikts.  Unter  großen  Feierlichkeiten  tritt  er  das  Lokal- 
und  Landesrabbinat  an.  War  er  doch  bodenständig  in  Nikolsburg 
und  Mähren,  wo  er  zum  Mann  und  Gelehrten  gereift  war.  Mit  der 
ganzen  Kraft  seines  großen  Geistes  und  der  ehrlichen  Begeisterung 
seines  edlen  Herzens  ergriff  er  die  Zügel  mit  fester  Hand.  Seine 
Wahl  zum  Landesrabbiner  wurde  am  4.  November  1789  durch- 
geführt und  von  der  Regierung  bestätigt.  Maßgebend  war  auch 
ein  Gutachten  des  Fürsten  Dietrichstein,  eines  Gliedes  des  er- 
lauchten in  Nikolsburg  residierenden  Geschlechtes,  dessen  Häupter 
sich  durch  Edelsinn  auszeichneten  und  den  Juden  Nikolsburgs 
stets  Wohlwollen  bewahrten.  Die  Landesregierung  bestätigte  die 
Wahl  in  solenner  Form  und  die  kaiserliche  Ernennung  zum  Ober- 
landesrabbiner wurde  in  feierlicher  Weise  kundgetan  und  darüber 
eine  prächtige  Urkunde  ausgestellt.  (Siehe  Bild  und  Anhang.)  Seine 
größte  Obsorge  galt  der  Jeschibah.  DieObliegenheiten  des  Rabbinates, 
rituelle  und  richterliche  Entscheidungen,  Anfragen  von  Nah  und 
Fern  nehmen  ihn  nicht  wenig  in  Ansprach.  Sein  Rat  wurde  allent- 
halben eingeholt  und  gewürdigt.  Der  Hauptteil  seiner  Zeit  blieb 
aber  doch  dem  Lernen  und  Lehren  gewidmet,  worin  er,  uralter 
Überlieferung  gemäß,  Grundlage  und  Kraft  des  Judentums  er- 
blickte. Er  entzog  sich  aber  durchaus  nicht  der  menschlichen 
Gesellschaft,  insoweit  sie  seiner  Hilfe  bedurfte.  Die  Wohlfahrts- 
einrichtuDgen  der  Gemeinde  fanden  in  ihm  und  in  seiner  Gattin 
eifrige  Förderer.  Allerdings  verschonte  die  Gemeinde  ihn,  wo  es 
nur  angängig  war,  und  störte  den  Gelehrten  nicht  in  seinem 
Schaffen.  Der  rastlose  Geist  Rabbi  Mordechai  Benets  trieb  ihn 
zu  .den  verschiedensten  Studien.  Es  ist  höchst  charakteristisch  für 

y 


544  Dr.  D.  Feuchtwang. 

ihn,  daß  er  durchaus  nicht  dem  damals  noch  so  vorherrschenden 
Pilpul  huldigte.  Im  Gegenteile;  er  mied  ihn.  Die  beiden  Talmude 
mit  ihren  ältesten  Quellen  bilden  die  Grundlagen  seines  Forschens. 
Scharfe,  logische  Auffassung  der  Texte,  Durchdringung  der  Materie 
sind  ihm  zu  eigen.  Und  auch  von  seinen  Schülern  forderte  er  un- 
bedingte Klarheit  und  Sachlichkeit  ohne  unnützes  und  eitles  Ab- 
schweifen oder  leeres,  schwindelhaftes  Aufbauen  von  Luftschlössern 
halachischen  Gepränges,  das  nur  der  Eitelkeit  und  Überhebung 
entspringt.  Die  klassischen  Dezisoren,  in  erster  Reihe  Moses  ben 
Maimon,  sind  darin  seine  Leitsterne.  Dem  Rambam  galt  denn 
auch  seine  äußerste  Bewunderung.  An  ihm  hatte  er  seinen  logisch- 
kritischen  Geist  geschult.  Und  nicht  nur  an  seiner  Halachah.  Auch 
seiner  Philosophie  huldigte  er.  Markus  Benedikt  ist  bei  der  aller- 
strengsten  Observanz  in  allen  Dingen  der  Religion  durchaus  un- 
beschränkt. Er  studierte  alle  jüdischen  Religionsphilosophen  und  ist 
auch  kein  Fremdling  auf  dem  Gebiete  anderer  Philosophen,  wie  er 
denn  auch  das  profane  Studium  nicht  durchaus  verpönte.  Er  ist 
für  seine  Zeit  ein  durchaus  moderner  Mann,  der  es  nicht  für 
unrecht  hält,  ein  korrektes  Deutsch  zu  sprechen  und  zu  schreiben, 
die  Schriften  Mendelssohns,  im  wohltuenden  Gegensatz  zu  manchen 
Zeitgenossen,  hochhält  und  die  Philosophie  des  Aristoteles  und 
Leibnitz  kennt  (Resp.  Par.  Mard.  I,  5).  Diesen  Geist  muß  er  auch 
auf  seine  Schüler  übertragen  haben.  Im  Umgang  mit  ihnen  war  er 
väterlich  streng,  aber  gütig.  Charakteristisch  ist  da  ein  Zug,  den  der 
Herausgeber  der  Responsen  des  Jehuda  Aszöd  in  der  Einleitung 
(Jehuda  ja'aleh)  erzählt.  Dieser  war  einer  seiner  Lieblingsschüler 
und  wurde  von  seinen  Kollegen  beneidet.  Sie  verleumdeten  ihn  und 
schrieben  auf  ein  Blatt  Papier,  das  sie  auf  den  Vorlesetiseh  des 
Meisters  legten,  verletzende  Worte,  die  angeblich  Jehuda  gegen 
ihn  und  seine  Art  des  Talmudlernens  geäußert  hätte.  Ruhig  nahm 
der  Lehrer  das  Blatt,  las  es  und  sagte:  „Wenn  dieser  Schüler  an 
meiner  Art  etwas  auszusetzen  hat,  dann  hat  er  ein  Recht,  es  zu 
sagen,  er  ist  gelehrt  genug  dazu;  aber  ich  weiß,  daß  er  seinen 
Lehrer  ehrfürchtet  und  schätzt;  er  wird  von  nun  an  mit  fünfzig 
der  Jünger  selbständig  Talmud  lernen".  —  Weisheit,  Bescheidenheit 
und  Duldsamkeit  zeichneten  ihn  aus,  die  er  in  allen  Fällen  bewährte. 
Die,  allerdings  oft  legendäre  Überlieferung  kennt  eine  Menge  kluger 
Worte,  Aussprüche  und  Urteile,  Beispiele  exemplarischer  Demut 
und  Selbstverkleinerung.  Seine  Lebensweise  war  von  fast  asketischer 
Einfachheit,  obzwar  die  Gemeinde  bestrebt  war,  ihn  von  Sorgen 
ferne  zu  halten.  Er  gab  mit  vollen  Händen  und  machte  im  Wohltun 

VI 


Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  545 

keinen  Unterschied  zwischen  Juden  und  NichtJuden.  Er  wurde  auch 
von  allen  Ortsbewohnern  wie  ein  wahrer  Patriarch  verehrt;  fast 
über  das  natürliche  Maß.  Man  machte  ihn  zum  Wundermann,  was 
zu  sein  er  gewiß  nicht  vermeinte.  Dazu  war  er  zu  klar  und  wahr. 
Hat  er  doch  auch  den  Wunderrabbiner  Moses  Teitelbaum  als 
falschen  Propheten  bezeichnet  (Low  1.  c.  S.  91).  —  Die  Klarheit 
und  Wahrheit  war  seiner  ganzen  Art  zu  eigen.  So  versteht  sich  auch 
seine  Neigung  zu  wort-  und  sinngemäßer  Auslegung  der  Heiligen 
Schriften,  zu  wissenschaftlicher  Grammatik,  soweit  man  damals  von 
solcher  reden  konnte.  Er  war  ein  Verehrer  guter,  grammatischer 
Handbücher.  Seine  Frömmigkeit  war  frei  von  Fanatismus.  Wenn 
er  auch  der  damals  von  Hamburg,  Berlin  und  Wien  ausgehenden 
Reform  abhold  war,  so  ist  seine  Polemik  doch  meist  maß-  und 
taktvoll,  immer  religionsgeschichtlich  begründet  und  sachlich  ver- 
tieft. —  Seine  Stellung  im  Lande  Mähren  wurde  immerzu  be- 
deutender. Auch  die  kaiserliche  Regierung  würdigte  seine  Tätig- 
keit. Er  wurde  wiederholt  zur  Audienz  bei  Kaiser  Franz  L  befohlen, 
und  stets  war  sein  Eintreten  für  eine  Sache  wirksam.^ 

So  bewährte  sich  seine  Autorität  bei  Abgabe  seines  Gutachtens 
über  den  Talmud  und  die  Codices  gelegentlich  des  Verbotes  der 
Drucklegung,  das  durch  ihn  aufgehoben  wurde.  Bei  dieser  Ge- 
legenheit interpretierte  Benedikt  eine  große  Anzahl  angefeindeter 
Stellen  des  Talmuds  in  geistreicher  Weise.  Bezeichnend  für  seinen 
anerkennenswerten  Liberalismus,  der  sich  natürlich  stets  in  den 
Grenzen  des  verbindlichen  Religionsgesetzes  hielt,  ist  sein  Ent- 
wurf einer  Studienordnung  für  Rabbinatskandidaten.  Jost  (Neuere 
Geschichte  der  Israeliten  I,  375)  tut  Benedikt  Unrecht,  wenn  er 
diesem  Entwurf  nicht  den  Vorzug  einer  gemäßigten  Liberalität 
zubilligt.  Gerechter  wird  ihm  darin  Low  (Ges.  Sehr.  H,  S.  190  ff.), 
der  Benedikts  Wirken  als  Landesrabbiner  einer  scharfen  Kritik 
unterwirft  und  ihn  nicht  gerade  wohlwollend  behandelt.  Benedikt 
fordert  natürlich  die  Verwendung  des  größten  Teils  der  Ausbildung 
für  die  streng  rabbinisch-theologischen  Disziplinen,  in  die  er  jedoch 
die  gründliche  Kenntnis  aller  Heiligen  Schriften  mit  Kommentaren, 
der  Dogmatik,  Philosophie  und  der  hebräischen  Literatur  ein- 
schließt, schlägt  aber  der  Regierung  vor,  daß  die  Kandidaten 
nach  Erreichung  des  achtzehnten  Lebensjahres  alle  Gymnusial- 
gegenstände  privat  studieren,  Latein  und  Deutsch  lernen  und 
dann  eine  öffentliche  Prüfung  ablegen  sollen,   um  dann  öffentlich 


*  'mo  nn^in  passim.  Köre  Haddorot,  S.  42  ff, 
FeBtschrift.  .  3ö 

vxx 


546  Dr.  D.  Feuchtwang. 

Philosophie  zu  studieren.  Das  ist  doch  immerhin  ein  Standpunkt, 
der  alle  Achtung  verdient  und  gegenüber  den  Zuständen  in 
manchen  Ländergebieten  und  Kreisen  des  Judentums  der  Gegen- 
wart geradezu  reformatorisch  genannt  zu  werden  verdient.  Was 
würden  zu  solchen  Vorschlägen  die  heutigen  führenden  Rabbiner 
des  Ostens  sagen,  die  doch  sicherlich  die  Autorität  Rabbi  Mordechai 
Benets  nicht  anzweifeln?  Derselbe  Geist  zeigt  sich  in  Benedikts  Vor- 
schlägen für  den  Religionsunterricht,  in  seinem  Gutachten  über  das 
Religionslehrbuch  latr  nax  des  Herz  Homberg,  das  er  trotz  des 
Einspruchs  vieler  Talmudisten  und  Rabbiner  wärmstens  empfiehlt; 
er  zeigt  in  diesem  Gutachten  feines  Verständnis  für  die  praktischen 
Forderungen  des  Elementarunterrichts  in  der  Religion  und  beweist, 
daß  er  ein  guter  Pädagoge  war.  Er  beruft  sich  dabei  auf  die  Rat- 
schläge, die  Chajjim  Jair  Bachrach  in  seinen  Resppnsen  (123)  für 
die  Unterweisung  der  Jünglinge  gibt.  Sein  Gutachten  über  die 
Einführung  deutscher  Gebete  in  den  Synagogenritus  ist  sachlich 
und  wissenschaftlich,  wenn  er  sich  auch  ablehnend  verhält.  Er 
begründet  diese  Ablehnung  von  historischen  und  praktischen 
Gesichtspunkten  ausgehend  in  würdevoller  Form.  Er  ließ  unter 
seiner  Anleitung  und  nach  seinen  genauen  Angaben  einen  in 
deutscher  Sprache  verfaßten  Katechismus  für  den  Religionsunter- 
richt ausarbeiten,  den  er  der  Regierung  auf  Verlangen  zur  Appro- 
bation unterbreitete.* 

In  der  Einleitung  heißt  es:  „Der  der  Jugend  zu  erteilende 
Religionsunterricht  kann  zum  Teil  nach  Art  eines  Katechismus 
in  der  Landessprache  erteilt  werden,  obzwar  zu  vermuten  ist, 
daß  ein  solcher  für  die  männliche  Jugend,  welche  doch  die  fünf 
Bücher  Mosis  und  die  Hagiographen  sich  gründlich  aneignen  muß 
und  schon  hieraus  den  meisten  Religionsunterricht  durch  die 
Darstellung  der  geschichtlichen  Wundertaten  und  guten  Sitten 
genießt,  entbehrlich  sein  dürfte.  Es  ist  doch  nicht  zu  verkennen, 
daß  der  in  Question  stehende  Katechismus  wegen  seiner  Bündig- 
keit, Kürze  und  systematischen  Abfassung  nutzbar  und  als  Hilfs- 
buch geeignet  sein  dürfte".  Es  lagen  Benedikt  nämlich  solche 
Katechismen  Berliner  Herkunft  zur  Begutachtung  vor,  die  er,  bei 
aller  sonstigen  Anerkennung,  nicht  einführen  ließ,  da  sie,  nach 
seiner  Anschauung,  Unrichtigkeiten  enthielten.  Auch  über  die  Vor- 
lesung der  Thorah  in  der  Ursprache  oder  in  Übersetzung  spricht 
er  sich  durchaus  gemessen   und  sachlich  ohne  Ausfälle  oder  Ge- 


1  Siehe  Low,  Ges.  Sehr.  II,  1.  c. 

VIII 


Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  5  47 

hässigkeiten  aus.  Die  .,Berlinischen  Gebetbücher'',  betitelt  „Die 
deutsche  Synagoge"'  (von  Dr.  Kley  und  Dr.  Günsburg)  werden 
wohlwollend  von  ihm  beurteilt,  aber  mit  ernster  Begründung  ab- 
gelehnt. Er  schließt  sein  Gutachten:  „Ferner  ist  nach  meiner  Ein- 
sicht die  Verrichtung  der  Gebete  in  hebräischer  Sprache  billiger; 
1.  weil  solche  von  unseren  größten  und  gelehrtesten  Männern  in 
ihrer  frömmsten  Exaltierung  abgefaßt  und  geordnet  wurden,  folglich 
auch  bei  denen,  der  sie  versteht,  mehr  Geisteserhebung  entsteht, 
als  in  einer  anderen  Sprache,  wo  die  Übersetzung  jedesmal,  mit 
dem  Original  verglichen,  an  Kraftgehalt  verliert;  2.  kann  beim 
Beten  in  der  hebräischen  Sprache  auch  jeder  Israelit,  wessen 
Landes  und  welcher  Muttersprache  er  immer  sei,  teilnehmen". 
Er  spricht  sich  lobend  über  Euchels  Gebetbuch  aus,  verwirft  aber 
Kürzungen  und  Änderungen  des  Urtextes,  „der  beinahe  durch 
achtzehnhundert  Jahre  sanktioniert  ist  und  weil  sich  mehrere 
erlauben  können,  so  lange  Abkürzungen  und  Abänderungen  zu 
machen,  bis  eine  gänzliche  Verunstaltung  entstehen  könnte". 

So  sehen  wir,  daß  Benedikt  nie  den  Ausblick  auf  praktische 
Bedürfnisse  verliert  und  seine  Anschauungen  logisch  begründet. 
Daß  es  bei  halachischen  Auseinandersetzungen  auch  manchmal  zu 
heftigeren  Äußerungen  kam,  darf  uns  nicht  wundern.  Die  wissen- 
schaftlichen Diskussionen  modernster  Gelehrten  sind  davon  nicht 
frei.  Kleinlich  muß  uns  z.  B.  Benedikts  Streit  mit  Choriu  über 
die  Zulassung  des  Fisches  Sterlet  (Stör)  (-11:2.-11,1  Resp.  12)  zum 
Genüsse  erscheinen  und  der  daran  sich  knüpfende  Kampf  und 
Eifer  einer  ganzen  Reihe  von  Rabbinern.  Benedikts  Auftreten  gegen 
Chorin  wurde  immer  ungestümer,  je  mehr  sich  dieser  der  Reform 
näherte,  bis  er  ihn  gänzlich  verwarf.  (Low,  Ges.  Sehr.  II,  260  ff.) 
Das  darf  uns  nicht  befremden,  wenn  es  uns  auch  schmerzt.  Ge- 
schlossene Männlichkeit  prägte  sich  in  Benedikts  ganzem  Tun  und 
Lassen  und  auch  in  seiner  äußeren,  höchst  würdevollen  Erscheinung 
aus,  auf  die  er  Wert  legte.  Ehrfurcht  ging  von  ihm  aus  und  wurde 
ihm  gezollt.  Seine  Frömmigkeit  war  unaufdringlich  uud  kindlich. 
Er  betete  z.  B.  Tisch-  und  Nachtgebet  nie  anders  als  aus  dem 
Gebotbucho,  verrichtete  sein  Gebet  in  der  Synagoge  in  stillster 
Andacht  ohne  Exaltation  und  hielt  nie  einen  Privatgottesdienst 
im  Hause  ab.  —  Man  umgab  seine  bedeutende  Persönhchkeit  mit 
dem  Zauber  der  Heiligkeit  und  schrieb  ihm  kabbalistische  Wunder- 
kraft zu.  Es  ist  gar  kein  Zweifel,  daß  er  die  Kabl)ala  gekannt  hat, 
nirgends  aber  in  seinen  Werken  findet  sich  Mystik  oder  m3'stische 
Spielerei.  Er  war  ein  Mann  der  echten  rabbinischen  Wissenschaft. 

35* 


548  -  Dr.  D.  Feuchtwang. 

III. 

Das  mährische  Landesrabbinat  erreichte  zur  Zeit  Benedikts 
unstreitig  die  höchste  Blüte.  Das  Nikolsburger  „Beth  Din"  galt 
als  Autorität  ersten  Ranges.  Die  Talmudgrößen  seiner  Zeit  wandten 
sich  an  ihn  mit  ihren  rituellen  Fragen  und  der  größten  einer, 
Moses  Sofer,  erscheint  oft  in  den  Responsen  Benedikts.  (Siehe 
D-n  11,  13,  115  und  1^fin  -in  15,  16;  36,  38.  —  Resp.  nbr  nm.T  112,  171, 
188,  220;  'ö  niy-iB,  III,  34,  35;  IV,  8.)  Kein  jüdischer  Gelehrter,  der 
Mähren  auf  Reisen  berührte,  versäumte  es,  Nikolsburg  und  Benedikt 
zu  besuchen  und  alle  waren  Bewunderer  seiner  umfassenden  Ge- 
lehrsamkeit. Seine  Begutachtung  und  Empfehlung  wurde  von  Ver- 
fassern und  Herausgebern  gelehrter  oder  ritueller  Werke  gesucht. 
So  gab  er  z.  B.  Haskamoth  zu  der  von  Josef  Spira  besorgten 
Ausgabe  des  "iirnn  nsD  (1800);  zum  a-^Tin  "i"n  von  Jechiel  Michel  in 
Ziffer  (1823);  zum  a-nrb  nrü  des  Jonathan  Eibeschitz  (1796).  In 
diesem  Empfehlungsschreiben  spricht  er  in  Ausdrücken  höchster 
Begeisterung  von  diesem  vielbewunderten  und  vielbefeindeten 
Halachisten.  Er  befürwortet  die  Sifre-Ausgabe  des  David  Heschel 
aus  Floss  (1802);  den  n^nia  bui  des  Jecheskel  Landau  (1794);  die 
D'nrn  nmp  des  Abraham  Trebitsch,  die  bei  Hraschanzky  in  Wien 
erschienenen  Folio-Machsor-Ausgaben  u.  v.  a.  m.  Es  galt  als  ein 
Ruhmestitel,  von  ihm  ein  Begleitwort  zu  einem  gelehrten  Werke 
zu  besitzen.  So  floß  das  Leben  dieses  ausgezeichneten  Rabbiners 
sozusagen  zwischen  den  Wänden  des  Lehrhauses  in  den  vier 
Ellen  der  Halachah  hin,  ohne  daß  sich  sein  Gesichtskreis  verengt 
hätte.  Da"von  war  er  durch  seine  große  Neigung  zur  Philosophie 
beschützt,  die  er  mit  Eifer  betrieben  zu  haben  scheint.  In  seinen 
Predigten  beleuchtet  er  seine  ethischen  Belehrungen  immerfort 
durch  den  Moreh,  Emunoth  w'Deoth  und  Ikkarim,  Gersunis  und 
Nachmanis  große  Werke,  deren  Philosophie  er  vollkommen  durch- 
drungen hat.  Trieb  er  doch  mit  Vorliebe  Mathematik  und  Astro- 
nomie nach  den  großen  Vorbildern  vergangener  Zeiten.  Und 
auch  Politik  und  Staatswissenschaft  scheinen  ihn  interessiert  zu 
haben.  Seine  grose  Klugheit  und  Geistesgegenwart  bewies  er  auch 
in  vielen  Lagen  seines  Lebens,  die  für  die  Judenschaft  Mährens 
bedeutungsvoll  waren.  So  beim  Besuche  des  Kronprinzen  Ferdinand 
in  Nikolsburg  (1819),  der  gerade  am  zweiten  Neujahrstage  die 
„Altschul"  in  dem  Momente  mit  großem  Gefolge  betrat,  da  der 
Rabbi  beim  Minchagebete  die  Tefillah  rezitierte,  sich  durch  das 
Geräusch  nicht  stöx'en  ließ,  sein  Gebet  in  tiefer  Andacht  fortsetzte 


Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  &49 

und  nach  Schluß  sich  umwandte,  um  den  vorgeschriebenen  Segen 
mit  lauter  Stimme  zu  sprechen. ^  Die  imponierende  Erscheinung 
des  Rabbiners  flößte  auch  dem  Kronprinzen  Ehrfurcht  ein,  und 
er  zeichnete  ihn  durch  wohlwollende  Worte  aus.  Dieses  hoheits- 
volle Verhalten  steigerte  die  Verehrung  der  Gemeinde,  wofern  eine 
Steigerung  noch  möglich  war.  War  sie  doch  schon  bis  zum  Glauben 
an  die  Verbindung  Benedikts  mit  höheren  Mächten  gediehen. 

Dafür  legen  die  noch  heute  in  Nikolsburg  geläufigen  Er- 
zählungen Zeugnis  ab.  Noch  zeigt  man  Orte  und  Gegenstände, 
an  denen  sich  sein  Wunderwort  bewährt  haben  soll.  Noch  steht 
das  Haus  am  Ende  der  großen  Judengasse,  das  er  angeblich  ge- 
segnet hat,  so  daß  es  vor  Brandschaden  beschützt  bleiben  muß. 
Der  „Rebbe  Reb  Mordche"  ist  sprichwörtlich  gablieben.  Keines 
einzigen  der  zahlreichen  großen  Rabbiner  Namen  ist  wie  der  seine 
im  Munde  und  in  der  Erinnerung  aller.  Ein  in  der  Sprache  des 
Sohar  abgefaßter  Brief  an  ihn  erblickt  in  ihm  einen  gottberufenen 
Himmelsboten,  der  Israel  vor  Sünde  und  Abfall  bewahren  solle. 
Der  Schreiber  tritt  als  Himmelsbote  auf.-'  So  ward  er  schon  bei 
Lebzeiten  wie  ein  Heiliger  gehalten.  Seine  durch  aufzehrende 
Geistesarbeit  untergrabene  Gesundheit  —  er  klagt  in  zahlreichen 
Responsen  über  Leiden  —  wurde  immer  schwankender.  Im  Jahre 
1829  mußte  er  Karlsbad  aufsuchen,  wo  er  (Mittwoch  am  13.  Ab 
[12.  August])  verschied.  Er  wurde  provisorisch  in  der  jüdischen 
Gemeinde  zu  Lichtenstadt  bei  Karlsbad  bestattet.  Vor  seinem  Tode 
hatte  er  ausdrücklich  gewünscht,  in  Nikolsburg  zwischen  den  Gräbern 
seiner  Ahnen  beigesetzt  zu  werden,  auch  damit,  wenn  jemand  ein 
Anliegen  an  Gott  hätte,  er  sein  Grab  aufsuchen  und  sein  Herz  aus- 
schütten könne.  Seinem  Wunsche  mußte  also  entsprochen  werden. 
Die  Gemeinden  Lichtenstadt  und  Prag,  wohin  man  ihn  zu  über- 
führen gedachte,  stritten  um  die  Auszeichnung,  den  großen  Mann 
auf  ihrem  Gottesacker  bestattet  zu  haben.  Nach  Beseitigung 
mancher  Schwierigkeit  und  der  Behebung  religionsgesetzlicher  Be- 
denken durch  das  entscheidende  Urteil  des  Preßburger  Rabbiners 
Moses  Sofer  (Resp.  VI,  37)  wurde  die  Leiche  exhumiert  und  nach 
Nikolsburg  gebracht,  woselbst  er  unter  höchsten  Ehren  von  der 
tief  trauernden  Gemeinde  am  12.  Adar  1830  zur  ewigen  Ruhe 
gebettet  wurde.    Es  war,   wie   ein  Zeitgenosse  sagt,    als  wenn  die 


»  »2mo  nn^m  S.  4t  ff.  Köre  Iladdoroth  1.  o. 

2  Resp.  »JTio  nana  letztes  Blatt.    Der  Brief  soll  im  Jahro  18S9  in  Leipnik 
gefunden   worden  sein;  er  trägt  die  Überschrift:  n'ir2  iiN.in  ainS  ':ir:^N  'ii^DD  ansj 


XI 


550  Dr.  t).  Feuchtwarig. 

Bundestafeln  zum  zweiten  Male  zertrümmert  würden.  In  ihm  be- 
klagt die  Gemeinde  den  geliebten,  treuen  Hirten.  Seine  Treue  hatte 
er  oft  genug  und  auch  dadurch  bewiesen,  daß  er  den  ehrenden 
Rufen  auf  die  berühmten  Rabbinersitze  in  Preßburg  und  Krakau 
nicht  gefolgt  war.  —  Sein  Sohn  Naftali  war  unter  den  Rabbinern, 
die  Nachrufe  hielten.  Seine  Trauerhomilie  auf  den  großen  Vater 
ließ  er  unter  dem  Titel:  nnai  hin:  teds:  erscheinen  (1830).  Der 
Grabstein  des  berühmten  Lehrers  in  Israel  kündet  seinen  Ruhm. 
Das  Epitaph  möge  auch  an  dieser  Ehrenstelle  Platz  finden  und 
mit  ihm  das  der  Gattin. 

hirtTT  inTonm  inpn::3  DD-ii2S:n  D'sixjn  ]m  n^rn.i  n^2K  n-nn,n  ^tr  "^hm  anxn^ 


nnnp  ,i!a-is'3  ns  jisi'n  sie  21  nÖ 
.inp''  n:a  [mn  jax  p-itr''  '•an-vr  vnT] 

iü->ffNn  bvf2  iJ2nr  ms'En  npib  O 
"if^^hv  misn  mbrn  n:rn  aits*  npsP 
mips2  "riK  nmnD  nD''-^2^  irsJ  rvirD 

nn^xa  ij^r  nnns  xbi  nn"?  dd  xb 

min  p-'n-im  nain  ün')a'?n  i^üyn 

n-n;ji  naDj  -n  asr^:  nn'n  innnx:n 

mN2  \'a  mnsr'?  T^aob-ip  Ty"?  rc  -'s 

m::ii  nn:x'?  i:ms  ntr  2X  r"'  'n  av3 

ma  litt'SDi  a'D  Hin'''  "'rr  ^rr  ans'? 

n-iTn  ttr"'?3  m):Qb  rv  -apD  imTO'?i 

min  •'-i!:>  nia^onn  n-ix  'd  ririKi 

HTrn  ns  '?-i,-n  napia  r:2  im'?rn 

n■^p^'^  mnat^Ms  m-op  pn  ü^nm 

ma  i£Dnm  n-'Dra  "^iij  mas^ 

m'rb  i'phn  mx  u'ins  y  h  ara 

nna  np^  "n"n"3"!r"n  ü'3is:n  ]m  nianx  "n"n 

"n"rT'b"b"T:  ar^a  ^sm»  t'.-iö  "tt?"p"3  laya  i^n^i 

♦.irittm  \D":  p"p  "iTnbnp  na 

."n"a"i:";"n 


1  Diese  Worte  sind  auf  dem  neuen  Grabsteine  liinzugefügt. 

XII 


Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  B^l 

b'n  nc'K 
mTab  nu'« 

ri'V  bpra  'ü  rrjain  npnxn 

tsrin  D-inia 

n-13  naai  mn:  rcr 

•h  riBpn  T'i«  T"a  'x  dv 

.nassn 

Im  Jahre  1908  wurde  auf  Anregung  des  jetzigen  Rabbiners 
von  Nikolsburg,  meines  Amtsnachfolgers  Dr.  M.  Lewin,  von  der 
dankbaren  Gemeinde  der  alte,  vom  Zahne  der  Zeit  angegriffene 
Grabstein  durch  einen  neuen,  monumentalen,  ersetzt  und  unter 
ernster  Feierlichkeit  aufgestellt.  Bei  dieser  Gelegenheit  hielt  der 
genannte  Rabbiner  am  78.  Begräbnistage  des  R.  Mordechai  Benet, 
Sonntag  am  12.  Adar  II  5668  (15.  März  1908)  eine  schöne  Gedenk- 
rede. Von  den  direkt^^n  Nachkommen  Markus  Benedikts  sind  be- 
sonders hervorzuheben  die  drei  würdigen  Söhne.  Jakob  Aberl, 
der  in  Nikolsburg  als  Klausrabbiner  gelebt  hat  und  die  Biographie 
seines  großen  Vaters  schrieb.  Er  starb  in  hohem  Alter  1865.  Rabbi 
Jesaiah,  der  Rabbiner  in  Nachod  und  Misslitz  war  und  dann  als 
Oberrabbiner  von  Nagy-Kallö  im  Komitat  Szabolcs  starb.  Sein  Sohn 
Berusch  war  sein  Nachfolger;  eine  seiner  Töchter  ist  Gattin  des 
Rabbiners  Abraham  Israel  Glück  in  Tolcsva.  Er  ist  der  ge- 
lehrte Herausgeber  der  Responsensammlung  seines  Ahnen  •'Dn-,a  ntrna. 
Naftali  Benet,  der  als  Rabbiner  in  Schaffa  in  Mähren  starb.  Sein 
Grabstein  kündet  seinen  Ruhm.  Er  ist  Verfasser  eines  halachisehen 
VVerkchens  n'?:^  mn  (Prag  1816),  der  Trauerrede  um  seinen  Vater 
(siehe  hier  oben)  und  der  israelitischen  Religionslehre  'rs-'r'  n;i,'3X 
in  Fragen  und  Antworten  (Prag  1832).  Aus  dem  Stamme  Benet- 
Benedikt  sind  zahlreiche  Nachkommen  hervorgegangen.  Einige 
von  ihnen  haben  sich  um  die  Herausgabe  nachgelassener  Schriften 
ihres  Vorfahren  verdient  gemacht,  wie  z.  B.  Israel  Fisch,  der 
Herausgebor  der  Schrift  a  nSnn  (Lemberg  1892)  und  Israel  Jung- 
reis, der  Herausgeber  der  halachisehen  Schrift  i;j,';n  cnnö  -ied 
(Paks  1905). 

XIII 


552  i)r.  t).  f'euchtwang. 


IV. 


Das  Hauptwerk,  das  Markus  Benedikt  verfaßt  hat,  ist  sein 
•-3-1-1)2  mxn,  ein  halachischer  Kommentar  zu  dem  Ritualkodex  des 
Mordechai  ben  Hillel,  des  gefeiertesten  Gesetzeslehrers  seit  Rabbi 
Meirs  aus  Rothenburg  Tode,  über  den  wir  durch  die  treffliche 
Arbeit  des  gelehrten  Dr.  S.  Kohn  (Graetz'  Ms.  1877,  1878)  so  gut 
unterrichtet  sind.  Es  wird  wohl  nicht  nur  die  Namensgleichheit 
sein,  wie  Low  (1.  c.)  vermutet,  die  Benedikt  veranlaßt  haben  mag, 
sich  gerade  mit  diesem  Werke  eingehend  zu  befassen.  So  ober- 
flächlich war  er  wohl  nicht.  Es  war  vielmehr  Kongenialität  und 
die  Tatsache,  daß  •'D-n.-an  -isd  doch  unstreitig  eines  der  wichtigsten 
und  bedeutendsten  halachischen  Werke  der  Vorzeit  ist  und  zu  den 
nachklassischen  gerechnet  wird.  Benedikt  war  selbst  ein  glänzender 
Haiachist  und  hat  sich  eben  zu  diesem  großen  Vorgänger  hin- 
gezogen gefühlt,  dessen  Buch  hundertemale  zitiert  und  benützt  wird, 
zumal  es  selbst  eine  wahre  Fundgrube  für  die  Lehrmeinungen  der 
großen  Halachisten  der  Vorzeit  ist.  Der  Kommentar,  den  Benedikt 
zu  einem  Teile  des  „Mordechai"  (n'nDS,  ma-iD)  geschrieben  hat, 
zeichnet  sich  durch  umfassende  Gelehrsamkeit,  Klarheit  und  Schärfe 
aus.  Abgesehen  von  der  rein  halachischen  Seite  des  Kommentars, 
befaßt  sich  Benedikt  mit  allen  vom  „Mordechai"  angeführten 
Zitaten  aus  mehreren  hundert  nachtalmudischen  Halachawerken, 
die  er  kritisch  prüft  und  beurteilt.  „Mordechai"  ist  bekanntlich  in 
erster  Reihe  ein  kompilatorisches  Werk,  aber  durch  die  Art  der 
Zusammenstellung  der  Auswahl  der  Autoren  originell  und  wichtig. 
„Mordechai",  der  ein  Schüler  Meirs  aus  Rothenburg  war,  führt 
auch  die  Ansichten  aller  mittelbaren  und  unmittelbaren  Vorgänger 
und  aller  Zeitgenossen  an.  Alle  unterwirft  Benedikt  kritischer  Be- 
urteilung und  vertieft  sich  als  Klassiker  halachischer  Decision. 
Sein  Stil  —  und  das  kann  von  all  seinen  Arbeiten  gesagt  weren  — 
ist  sauber,  durchsichtig,  die  Sprache  rein  und  unverworren.  Dieses 
Werk  hat  Benedikt  unbedingt  einen  Ehrenplatz  unter  den  neueren 
Halachisten  gesichert.  Das  Buch  ist  unter  dem  Titel  or  ^dtiü,-!  -isd 
''D-na -11X2  in  Wien  bei  Hraschanzky  1813  erschienen. 

Aus  den  nachgelassenen  Schriften  Benedikts  sind  die  folgen- 
den Schriften  veröffentlicht  worden.  Eine  vortreffliche  Abhandlung 
über  die  „Neununddreißig  Arbeiten"  unter  dem  Titel:  mnx  pa  nso 
(Zolkiew  1835  bei  Meyerhoffer).  Diese  Arbeit  verdient  größere 
Beachtung,  als  sie  bisher  gefunden  zu  haben  scheint.  Alle 
Quellen  für  diese  Spezialuntersuchung  der  bekannten  talmudischen 

XIV 


Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  553 

Materie  werden  systematisch,  wohlgeordnet  und  logisch  aneinander- 
gereiht und  auf  Grund  kritischen  Vergleiches  die  halachische 
Entscheidung  getroffen.  Die  Unterschiede  zwischen  Sabbat  und 
Festtagen  in  ihrem  Verhältnis  zu  den  Arbeiten  werden  in  einem 
eigenen,  großen  Kapitel  quellenmäßig  behandelt.  Bei  dieser  Ge- 
legenheit werden  auch  die  viel  behandelten  Grundprinzipien 
psna  irx,  h"'^ü'ci2,  n'b  xn':  abi)  h":n,  xirn  p'ca,  hpbpf2,  einer  eingehenden, 
profunden  Untersuchung  unterworfen.  Auch  in  diesem  Werke  sind 
Sprache,  Stil  und  Gang  der  Gedanken  durchsichtig,  übersichtlich, 
klar  und  rein. 

Von  besonderem  Interesse  sind  die  Responsensammlungen, 
welche  wir  von  Benedikt  besitzen.  Eine  kleinere  Sammlung  unter 
dem  Namen  -nt2n  nn^  zusammen  mit  Responsen  des  Salomo  Quetsch 
(nö'?D  ncrn)  von  dem  sehr  gelehrten,  scharfsinnigen  Rabbinats- 
assessor  Moses  Lob  Kohn  in  Nikolsburg  geordnet,  gesichtet  und 
herausgegeben  (Wien  1872).  Dieser,  mein  verehrter  Lehrer,  wird 
in  den  Responsen  der  Neuzeit  sehr  oft  genannt.  So  im  n"?!'"  miT 
des  Jehuda  Aszad,  im  rjf^bv  na-n  des  Rabbi  Salomo  Quetsch  und 
in  Jakob  Ettlingers  ]v:i  pja.  Der  Titel  ist  in  Anlehnung  an  die 
Deutung  des  Namens  -a-iiia  (Meg.  10'^)  gewählt. 

Eine  große  Sammlung  von  Responsen  ist  unter  dem  Titel  nü'^a 
"r-T^ü,  herausgegeben  von  einem  Verwandten  Benedikts,  Abraham 
Isak  Glück,  erschienen  (Märmaros-Sziget  1889).  Hier  lernen  wir 
Mordechai  Benet  erst  recht  als  einen  Klassiker  in  der  Responsen- 
literatur  kennen.  Er  vermeidet  überflüssigen  Pilpul,  der  nicht  zur 
Sache  gehört,  dringt  tief  in  die  Materie  ein,  stellt  die  Hauptfragen 
klar  heraus  und  steuert  dem  Ziele  mit  Sicherheit  zu.  Wir  finden 
fast  nirgendwo  Heftigkeit  oder  Fanatismus.  Natürlich  steht  Benedikt 
fest  auf  dem  Boden  des  Gesetzes  und  der  Tradition,  von  der  er  nicht 
um  Haaresbreite  abweicht.  Gegen  Mißbräuche  aber  wendet  er  sich 
entschieden,  auch  wenn  sie  festgewurzelt  sind.  So  z.  B.  gegen  das 
viele,  überflüssige  Kaddischsagen  (as  II,  25);  gegen  den  sich  breit 
machenden  Gebrauch,  am  Anfange  von  Druckwerken  einen  Bann 
gegen  jeden  Nachdruck  auszusprechen.  Da  ist  seine  Auseinander- 
setzung mit  Moses  Sofer  interessant  (.rs-a  IV,  8).  Anderseits  sucht 
er  einen  Ausgleich  herbeizuführen  in  dem  Streite  um  die  Machsor- 
ausgaben  des  Wolf  Heidenheim  in  Rödelheini  und  richtet  ein 
Antwortschreiben  an  das  Rabbinat  Dyrnfurtli,  das  nach  vielen 
Richtungen    interessant    ist,    und   aus    dem    auch   seine  große  Be- 

*  Vgl.  cyonn  1887.  Berditschewsky,  Skic"  'Sn.i  nnSinS. 

XV 


554  Dr.  D.  Feuchtwang, 

scheidenheit  hervorgeht.  Die  Dyrnfurther  Druckerei  (über  diese 
vgl.  Landsberger  in  MSGWJ  1895,  S.  120  ff.)  ist  ja  die  berühmteste 
im  18.  Jahrhundert. 

In  die  Sammlung  '3-1-1)2  ntrns  ist  auch  das  Antwortschreiben 
Markus  Benedikts  an  den  Berliner  Rabbiner  Zebi  Hirsch  über  das 
Werk  rxn  D'üu-n  aufgenommen  (n's  I,  5).  Das  ist  jenes  vielumstrittene 
als  ein  Werk  Aschers  ben  Jechiel  ausgegebene  Halachawerk,  das 
Saul,  der  Sohn  jenes  Berliner  Rabbiners,  mit  den  Ergänzungen 
KDonm  KC3  herausgegeben  hat.^  (Berlin  1793.)  In  diesem  Responsum 
(das  nicht  vollständig  ist),  erweist  sich  Benedikt  als  scharfblickender 
Kritiker,  der  das  Falsifikat  bloßlegt.  Bekanntlich  knüpfte  sich  an  das 
Erscheinen  dieses  Buches  ein  heftiger  Streit,  besonders  weil  in  ihm 
völlig  unbegreifliche  Reformen  und  Gesetzeserleichterungen  vor- 
kommen. 

Daß  sein  Standpunkt  begreiflich  und  richtig  war,  beweisen 
die  Worte,  die  Low  (1.  c.  S.  439)  von  diesem  Werke  gebraucht: 
„Wer  den  Geist  kennen  lernen  will,  der  gegen  Ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  unter  den  Berliner  Talmudisten,  oder  doch  unter 
einem  Teile  derselben  herrschend  war,  studiere  das  1793  gedruckte 
Bessamim  Bosch  von  R.  Saul,  dem  Sohne  R.  Hirsch  Lewins.  Wider- 
holtes  Studium  desselben  führte  uns  zu  der  Einsicht,  daß  dieses 
merkwürdige  Buch  ein  wahres  Vademecum  der  Reform  ist".  — 
Benedikt  hat  also  das  richtige  getroffen,  wenn  er  das  Buch  als 
unmöglich  von  Ascher  herrührend  bezeichnet.  Seine  Unechtheit 
hat  Zunz  (Ritus  226)  wohl  endgültig  erwiesen.  Benedikt  hat  sich 
also  als  Kritiker  trefflich  bewährt.  —  Eine  weitere  nachgelassene 
Schrift  ist  unter  dem  Titel  'anns:  nban  (siehe  oben)  erschienen.  Eine 
Sammlung  von  exegetischen,  agadischen  Exkursen  und  Predigten. 
Voraus  geht  ein  Auszug  aus  der  Biographie  Benedikts,  die  sein 
Sohn  Jakob  Aberl  verfaßt  hat.  Wir  finden  in  diesem  Buche  z.  B. 
eine  geistreiche  Studie  über  Psalm  18  im  Vergleiche  zu  IL  Sam.  22, 
eine  eben  solche  über  das  Lied  derDeborah,  treffliche  Bemerkungen 
zu  einzelnen  Partien  und  Versen  der  Heiligen  Schrift,  so  zu  der 
Deutung  der  Träume  bei  Josef,  bei  welcher  Gelegenheit  er  in  Bezug 
auf  die  Vorratsammlung  in  den  Hungerjahreu  auf  Algebra  und 
Politik  hinweist.  Wir  finden  Interpretationen  von  Versen  aus  den 
Propheten  Jesaia,  Jeremia,  Maleachi.  Seine  Predigten  sind  poetisch, 
gefühlvoll  und  frei  von  Künsteleien  und  albernen  Spielereien,  wie 

1  Vgl.  cjCKon  vom  Jahre  ;"pn  222;  Azulai  unter  ti'S-i  an:t5'3;  Roaenthal, 
Literaturblatt  des  Orients  1844,  S.  58,  140  und  711;  Zunz,  Ritus  226;  Low, 
Ges.  Bchr.  II,  183. 

XVI 


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Markus  Benedikt  (Rabbi  Mordechai  Benet).  555 

sie  in  so  vielen  nvc-'-i  zu  finden  sind.  Er  befleißt  sich  einer  vor- 
nehmen, einfachen  Ausdriicksweise.  Geistreich  ist  auch  seine 
agadistische  Auslegung  der  Dajenu  der  Pesach-Haggadah. 

Endlich  besitzen  wir  noch  eine  streng-halachische  Schrift, 
die  Israel  Jungreis  herausgegeben  hat:  \i'j:z  ü'inö  isc;  scharfsinnige 
Notizen  zum  Jore  Deah.  So  sehen  wir  diesen  bedeutenden  Rabbiner 
und  Gelehrten  in  seinem  ganzen  Schaffen  und  Wirken  vor  uns. 
Als  Kind  seiner  Zeit  hat  er  Großes  geleistet,  und  sein  Andenken 
verdient  bei  der  Nachwelt  geehrt  und  gesegnet  zu  bleiben. 


Nachtrag.* 

Wir  Leopold  der  zweite,  von  Gottes  Gnaden  König  zu  Hungarn, 
Böheim,  Dalmazien,  Kroazien,  Slavonien,  Galitzien,  Lodomerien,  und 
Jerusalem,  Erzherzog  zu  Oesterreich,  Herzog  zu  Burgund,  und  zu 
Lothringen,  Großherzog  zu  Toscana,  Großfürst  zu  Siebenbürgen,  Herzog 
zu  Mailand,  Mantua,  Parma  j  gefürsteter  Graf  zu  Habsburg,  zu  Flandern, 
zu  Tyrol  -j  -j.  Bekennen  offentHch  mit  diesem  Briefe,  und  Thun  kund 
jedermäniglich:  das  Wir  die  auf  den  Markus  Benedikt,  mit  einhelligen 
Stimmen  ausgefallene  Wahl  zur  mährischen  Oberlandrabinerstelle 
aliergnädigst  zu  bestättigen  befunden  haben.  Diesemnach  bewilligen 
Wir  auch,  daß  Er  Markus  Benedikt,  nebst  der  für  einen  Oberland- 
Rabiner  pro  omni,  et  toto  ausgemessenen  jährlichen  Besoldung,  auch 
alle  übrigen  mit  dieser  Stelle  vereinigten  Prärogativen  sowohl  in,  als 
ausser  den  Schulen  gleich  seinem  letzten  Vorfahrer  geniessen,  dahin- 
gegen ausser  dem  weder  an  Postporto,  noch  Schreib,  und  Liefergelder, 
etwas  besonders  zu  fodern  berechtiget  seyn  soll.  Wir  verordnen  sofort, 
daß  Er  Markus  I^enedikt  von  der  gesamten  mährischen  Judenschaft  für 
einen  von  Uns  bestättigten  Oberlandrabiner  gehalten,  geachtet,  und  ge- 
ehrot,  und  in  dem  ruhigen  Genuß  der  demselben  von  Amtswegen  zu- 
kommenden Vorzüglichkeiten  von  keinem  gehindert,  beirret,  oder  be- 
einträchtiget werden  soll.  Wie  Wir  dann  auch  woiters  allen  Obrigkeiten, 
Magistraten,  Inwohnern,  und  Unterthanen  des  Marggrafthunis  Mähren, 
besonders  aber  unserem  königlichen  Gubernium  befehlen,  daß  Sie  den  von 
Uns  bestättigten  Ober  Land  Rabinor  ]\Iarkus  Benedikt  in  seinem  Amte,  und 
den  damit  verknüpften  Befugnissen  gebührend  bchützen,  und  handhaben, 
Ihm   in   allen   Amts   Verrichtungen    beistehen,    und   auf  keinerlei  Weise 


*  Dem  Kuratorium  des  Jüdischen  Museums,  sowie  dem  Kustos  Herrn 
Dr.  J.  Brenner  und  Herrn  Rabbiner  Dr.  Lew  in  (Nikolsburg)  danke  ich  für 
ihre  Freundlichkeit. 

xvn 


556  Dr.  D.  ■p'euchtwang;. 

gestatten  sollen,  daß  Ihm  von  anderen  Juden  der  mindeste  Eingrif, 
oder  Benaohtheiligung  geschehen  möge,  bey  Vermeidung  unserer  schweren 
Strafe.  Das  meinen  Wir  ernstlich.  Zu  Urkund  dieses  briefs  besiegelt  mit 
unserem  königlichen,  und  erzherzoglichen  anhangenden  grössern  Insigl. 
Der  geben  ist  in  unserer  Haupt,  «nd  Residenz- Stadt  Wien  den  dreizehenten 
Monats-Tag  May  in  dem  Siebenzehen  hundert  neunzigsten,  unserer  Reiche 
im  ersten  Jahre. 

Leopold. 

Leopoldus  Comes  a  KoUowrat  Franz  Karl  F.  v.  Kreßel. 

-Re:"  Boe:'"  supr:"'  et  A  A  pri:"^  Canceir". 

Johann  Wenzel  Graf  von  Ugarte. 

Ad  Mandatum  B°*  Majestatis  proprium 

Joseph  Maria  Freyh.  von  Friedental. 


[Rückseite:]  Regis  p.  m.  Mariophilus  B.  Leißner. 


(Original  im  Besitz  des  Jüdischen  Museums,  Wien.) 


xviri 


Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges. 

Von  Rabbiner  Dr.  Bela  Bernstein,  Nyiregyhäza. 

Dem  Meister  der  talmiidischen  Wissenschaft  oder,  wenn  wir 
wollen,  dem  Meister  des  wissenschaftlichen  Talmudstudiums  bringen 
wir  unsere  aufrichtige  Huldigung  zu  seinem  70.  Geburtstage  dar. 
Auch  der  Verfasser  dieser  Abhandlung  gesellt  sich  mit  inniger 
Freude  zu  jenen,  di-e  mit  einem  literarischen  Beitrage  zu  dieser 
Festschrift  dem  tiefgründlichen  Gelehrten  und  Forscher  der  Wissen- 
schaft des  Judentums  ihre  dankbare  Anerkennung  zum  Aus- 
drucke bringen  wollen.  Möge  es  ihm  noch  lange  gegönnt  sein, 
die  talmudische  Literatur  mit  seinen  Werken  zu  bereichern  und 
die  Schar  seiner  direkten  und  indirekten  Schüler  zu  vergrößern! 

Wir  wollen  hier  eine  Frage  des  talmudischen  Gebietes  be- 
handeln, die  bereits  von  vielen  Dezisoren  besprochen  und  be- 
leuchtet wurde,  die  aber  in  einem  gewissen  Sinne  immer  aktuell 
bleibt  und  jetzt  in  dem  schrecklichsten  aller  Weltkriege  ganz 
besonders  wichtig,  in  der  Folgezeit  eine  brennende  Tagesfrage 
bilden  wird;  es  ist:  die  Agunafrage,  die  Frage  der  Wieder- 
verheiratung einer  verlassenen  Frau,  deren  Mann  ver- 
schollen ist. 

Die  Gesetzgebungen  der  Völker  haben  hier  schon  frühe  auf 
Abhilfe  gesonnen  und  im  Falle  des  Verschwindens  einer  juristi- 
schen Person  das  Expediens  der  Todeserklärung  zum  Gesetze 
erhoben,  das  sowohl  für  den  Frieden,  als  auch  für  den  Fall  des 
Krieges  Vorsorge  trifft.  Das  römische  Recht  hat  keine  positiven 
Verfügungen  über  die  gerichtliche  Todeserklärung,  die  das  zivil- 
rechtliche Verhältnis  behandelnden  Pandekten  jedoch  kennen 
diesen  Fall,  aber  nur  in  beschränktem  Maße.  Sie  gehen  von  dem 
Standpunkte  aus,  daß  der  Tod  einer  natürlichen  Persönlichkeit,  wenn 
davon  abhängige  Rechte  geltend  gemacht  werden,  wie  jede  andere 
Tatsache  bewiesen  werden   muß.    Indessen  kann   die   Ungewißheit 


5r)8  Dr.  Bela  Bernstein. 

des  immerhin  wahrscheinlichen  Todes  einer  P.er so n  durch  gericht- 
liche Todeserklärung  beseitigt  werden,  aber  nur  wenn  seit  der 
Geburt  des  Verschollenen  bereits  70  Jahre  verflossen  sind.  Nach 
vorangegangener  Untersuchung  und  öffentlicher  Vorladung  des 
Vermißten  kann  dann  eine  gerichtliche  Todeserklärung  erfolgen, 
durch  welche  die  Vermutung  des  wirklichen  Todes  des  Abwesenden, 
mit  allen  rechtlichen  Folgen  desselben,  festgestellt  wird.'  Die 
modernen  Gesetzgebungen  gehen  weiter  und  überweisen  die  Todes- 
erklärung eines  Vermißten  oder  Verschollenen  in  allen  möglichen 
Fällen  dem  ordentlichen  Gerichte. 

Die  ungarische  Gesetzgebung  tut  dies  im  Gesetzartikel  1, 1911 
(§§  732—748)  und  bestimmt,  daß  die  Todeserklärung  eines  Ver- 
schollenen durch  die  Ehehälfte,  die  Erben  und  außer  diesen  von 
einem  jeden  verlangt  werden  kann,  der  an  der  Feststellung  des 
Todes  des  Verschollenen  rechtlich  interessiert  ist.  Die  Todes- 
erklärung kann  vom  Gerichte  nach  dem  vorgeschriebenen  Ver- 
fahren ausgesprochen  werden,  unter  anderem,  wenn  derjenige, 
der  vermißt  wird,  an  einem  Kriege  teilgenommen  und  in  dessen 
Verlaufe  verschwunden  und  seitdem  verschollen  ist,  und  wenn 
vom  Ende  des  Jahres,  in  welchem  der  Krieg  beendet  wurde,  bereits 
drei  Jahre  verstrichen  sind.  Im  Gesuche  um  die  TodeserkläruL^ 
muß  die  Berechtigung  des  Verlangens  und  die  dem  Verlangen 
zugrunde  liegenden  Tatsachen  wahrscheinlich  gemacht  werden. 
Wenn  das  Gericht  die  angeführten  Daten  zur  Einleitung  des  Ver- 
fahrens für  genügend  erachtet,  ernennt  es  für  den  Verschollenen 
einen  Kurator  und  erläßt  zu  gleicher  Zeit  eine  Verkündigung,  in 
der  es  den  Verschollenen  und  alle  diejenigen,  welche  von  seinem 
Dasein  Kenntnis  haben,  auffordert,  das  Gericht  oder  den  Kurator 
davon  zu  verständigen,  widrigenfalls  es  den  Verschwundenen  nach 
Ablauf  der  Verkündigung  gerichtlich  als  tot  erklären  wird.  Die 
Verkündigung  muß  beim  Gerichtshof  angeschlagen  und  durch 
den  Petenten  im  Amtsblatte  dreimal  eingeschaltet  werden.  Das 
Gericht  kann  ex  offo  auch  anordnen,  daß  die  Verkündigung  in 
anderen,  eventuell  ausländischen  Zeitungen  und  während  des  Ver- 
kündigungstermines  auch  wiederholt  veröffentlicht  werde.  Der 
Termin  der  Verkündigung  ist  ein  Jahr,  das  von  dem  Tage  an 
gerechnet  wird,  an  welchem  die  Verkündigung  zum  dritten  Male 
im  Amtsblatte  erschienen  ist.  Das  Gericht  hat  den  bestellten  Kurator 


1  Siehe  Lelirbucli  der  Pandekten  von  Arndts,  §  26,  Ende  der  natürlichen 
Persönlichkeit.  Die  Annahme  der  70  Jahre  bei  der  Bestimmung  des  Todes 
gründet  sich  auf  Psalm  90,  10. 

II 


Die  Agunafrago  im  Lichte  des  Weltkrieges.  559 

von  den  bei  ihm  über  den  Verschwundenen  eingelaufenen  Berichten 
offiziell  zu  verständigen,  und  der  Kurator  wieder  ist  verpflichtet, 
alle  ihm  irgendwie  zugekommenen  Daten  unverzüglich  dem  Gerichts- 
hofe zu  melden.  Nach  Verlauf  des  für  die  Verkündigung  bestimmten 
Termins  kann  der  Bittsteller  eine  mündliche  Verhandlung  verlangen, 
bei  der  alle  zur  Verfügung  stehenden  Berichte  in  ihrer  Gänze  vor- 
getragen werden  müssen.  Das  Gericht  hat  offiziell  alle  jene  Tat- 
sachen zu  beachten,  aus  denen  das  Dasein  des  Verschwundenen 
gefolgert  werden  kann  und  kann  zur  Aufklärung  derselben  amtliche 
Erkundigungen  einziehen,  wie  auch  eine  Beweisführung  darüber  an- 
ordnen. Es  fällt  in  der  Frage  der  Todeserklärung  sein  Urteil, 
gegen  das  eine  Berufung  stattfinden  und  eventuell  ein  neues 
Verfahren  angesucht  werden  kann.  —  Wir  behandelten  den  un- 
garischen Gesetzartikel  darum  eingehender,  damit  wir  ein  Bild 
des  modernen  Gerichtsverfahrens  bei  der  Todeserklärung  geben, 
denn  im  ganzen  und  großen  ist  dieses  auch  in  den  Gesetzgebungen 
anderer  Länder  dasselbe.  Trotzdom  aber  das  Gesetz  mit  aller  Um- 
sicht vorgeht,  bevor  es  zur  Todeserklärung  schreitet,  erklärtes,  daß 
die  Todeserklärung  nicht  die  Beweisführung  darüber  ausschließe, 
daß  der  Verschwundene  früher  oder  später  gestorben,  oder  noch  am 
Leben  sei.  Die  F'eststelluug  dieser  Tatsache  kann  sowohl  der  Ver- 
schwundene, natürhch  wenn  er  erscheint,  als  auch  jeder  Interessent 
gegenüber  dem  Bittsteller  oder  dessen  Rechtsnachfolger  verlangen.^ 
Das  österreichische  allgemeine  bürgerliche  Gesetz- 
buch kennt  natürlich  ebenso  die  Todeserklärung:  „Wenn  ein  Zweifel 
entsteht,  ob  ein  Abwesender  oder  Vermißter  noch  am  Leben  sei 
oder  nicht,  so  wird  sein  Tod  .  .  .  unter  folgenden  Umständen  ver- 
mutet. .  .  3.  Wenn  er  im  Kriege  schwer  verwundet  worden;  oder 
wenn  er  auf  einem  Schiffe,  da  es  scheiterte,  oder  in  einer 
anderen  nahen  Todesgefahr  gewesen  ist,  und  seit  der  Zeit  durch 
drei  Jahre  vermißt  wird.  In  allen  diesen  Fällen  kann  die  Todes- 
erklärung angesucht  und  unter  den  bestimmten  Vorsichten  vor- 
genommen werden.'"  2  —  Auffallend  ist  die  Bestimmung,  daß  die 
Todeserklärung  des  Vermißten  erfolgen  kann,  wenn  er  im  Kriege 
schwer  verwundet  worden,  was  ja  stets  die  Aussage  von  Augen- 
zeugen bedingt.  Diese  Bestimmung,  auf  die  wir  noch  weiter  unten 

1  Siehe  Magyar  Törvenyek  1910.  1911.  övi  törvenycikkek.  Jejjyzetekkel 
ellatta  Grecsäk  Karoly,  kir.  curia!  binj.  Budapest  1912. 

2  Das  allgemeine  bürgerliche  Gesetzbuch  für  das  Kaisertum  Österreich  §  24. 
Das  Verfahren  der  Todeserklärung  regelt  das  Gesetz  vom  IG.  Februar  18t3, 
Nr.  20,  R.  G.  Bl. 

III 


560  Dr.  Bela  Bernstein. 

ZU  sprechen  kommen,  wird  jedoch  durch  eine  Entscheidung  des 
Obersten  Gerichtshofes  modifiziert,  wonach  „die  Teilnahme  an 
einer  (blutigen)  Schlacht  nahe  Todesgefahr  beweist". 

Auch  das  Deutsche  bürgerliche  Gesetzbuch  bestimmt: 
§  13.  Wer  verschollen  ist,  kann  nach  Maßgabe  der  §§14  —  17  im 
Wege  des  Aufgebotsverfahrens  für  tot  erklärt  werden.  —  §  15.  Wer 
als  Angehöriger  einer  bewaffneten  Macht  an  einem  Kriege  teil- 
genommen hat,  während  des  Krieges  vermißt  worden  und  seitdem 
verschollen  ist,  kann  für  tot  erklärt  werden,  wenn  seit  dem  Friedens- 
schlüsse drei  Jahre  verstrichen  sind.  Hat  ein  Friedensschluß 
nicht  stattgefunden,  so  beginnt  der  dreijährige  Zeitraum  mit  dem 
Schlüsse  des  Jahres,  in  welchem  der  Krieg  beendigt  worden  ist.  Als 
Angehöriger  einer  bewaffneten  Macht  gilt  auch  derjenige,  welcher 
sich  in  einem  Amts-  oder  Dienstverhältnis  oder  zum  Zwecke  frei- 
williger Hilfeleistung  bei  der  bewaffneten  Macht  befindet. 

Uns  interessieren  hier  die  allgemeinen,  zivilrechtlichen  Folgen 
der  Todeserklärung  nicht,  sondern  nur  die  eherechtlichen,  die  ja 
bei  der  Schließung  einer  neuen  Ehe  der  Witwe  auch  heute  nach 
jüdischem  Gesetze  zu  beurteilen  sind.^  Indem  wir  nun  die  Be- 
stimmungen der  verschiedenen  Gesetzgebungen  über  die  Todes- 
erklärung eines  Abwesenden  oder  Vermißten  mit  denen  der  jüdischen 
Gesetzgebung  vergleichen,  drängt  sich  uns  der  grundlegende  Unter- 
schied auf,  daß  das  talmudisch-rabbinische  Recht  eineTodes- 
erklärung  ohne  Zeugenaussage  nicht  kennt.  Zweifelsohne 
bietet  diese  Art  der  Todeserklärung  die  größtmögliche  Sicherheit, 
es  kann  jedoch  nicht  geleugnet  werden,  daß  sie  in  vielen  Fällen 
auf  unüberwindliche  Schwierigkeiten  stößt.  Die  Härte  dieser  Be- 
stimmung will  die  talmudische  Gesetzgebung  dadurch  mildern, 
daß  sie  die  Aussage  eines  einzigen  Zeugen  für  genügend  erklärt, 
auf  Grund  deren  das  Beth-Din  (Gericht)  die  Todeserklärung  des 
Abwesenden  aussprechen  und  der  Witwe  desselben  die  Wieder- 
verheiratung gestatten  kann.  Diese  Norm  stellt  die  Mischna 
(Jebamoth  X,  1)  fest  und  die  Gemara  begründet  sie  mit  der  Er- 
klärung, daß  diese  Ausnahme  verfügt  wurde,  um  die  verlassene 
Frau  vor  der  ewigen  Witwenschaft  zu  schützen. ^  Die  Ausnahme- 
bestimmung geht  von  dem  Frinzipe  aus,    daß  der  Zeuge  in  einer 

1  übrigens  sind  die  Bedingungen  einer  Todeserklärung  mit  vermögens- 
rechtlichen Folgen  nach  jüdischem  Gesetze  andere,  als  in  eherechtlicher  Be- 
ziehung. Siehe  das  mosaisch-talmudische  Erbrecht  von  Prof.  Moses  Bloch, 
Budapest  1890,  §§  5'.)  -  60. 

5  B.  Jebamoth  88":  pai  ."12  iS»pK  KJiJy  Ditra. 

IV 


Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges.  561 

Sache,  die  anderweitig  aufgeklärt  werden  kann,  wie  in  dem  Falle 
des  Vermißten  durch  seine  eventuelle  Zurückkunft,  nicht  lügenhaft 
aussagen  werde,  oder  auch,  daß  die  Frau  nicht  leichtfertig  wieder 
heiraten,  sondern  erst  der  Sache  gründlich  nachforschen  werde.^ 
Diesen  Prinzipien  zufolge  ist  die  Frau  selber,  wenn  sie  aussagt, 
daß  ihr  Mann  gestorben,  als  vollgültiger  Zeuge  zu  behandeln."  Ja 
nicht  nur  sie,  sondern  eine  jede  Frau,  auch  ein  Sklave  und  eine 
Sklavin,  die  sonst  als  Zeugen  nicht  angenommen  werden,  sind 
hier  zugelassen. =>  Im  allgemeinen  gilt  schon  in  der  Mischna  die 
These,  daß  in  der  Angelegenheit  der  Aguna  ein  Jeder  als  Zeuge 
auftreten  kann,  nur  die  fünf  Frauen  nicht,  denen  Gehässigkeit  gegen 
die  verlassene  Frau  zugemutet  wird,  und  zwar:  die  Schwiegermutter, 
die  Tochter  der  Schwiegermutter,  die  Nebenbuhlerin,  die  Tochter 
des  verschwundenen  Mannes  und  die  Brudersfrau  desselben.*  Auch 
eine  indirekte  Zeugenschaft,  wenn  der  Zeuge  im  Namen  eines 
Anderen,  sei  es  im  Namen  eines  Sklaven,  einer  Frau  oder  einer 
Sklavin  deponiert,  ist  gültig.''  Nicht  minder  kann  der  Bericht 
eines  NichtJuden,  den  derselbe  ohne  die  Absicht  Zeugenschaft 
abzulegen,  unbefangen  abgibt,  als  Grundlage  des  Verfahrens  einer 
Todeserklärung  dienen.*^  Auch  das  Verhör  des  Zeugen  in  einer 
solchen  Angelegenheit  ist  zu  vereinfachen  und  das  Gericht  hat 
nicht  die  Pflicht,  den  Zeugen  durch  Erforschen  der  Nebenumstände 
zu  prüfen,''  desto  gewissenhafter  aber  muß  es  die  Hauptsache, 
den  Tod  des  Vermißten  und  die  Identität  der  Person  desselben 
feststellen. 8 


1  Ibid.  93":  iOD:>rji  Kp^n  'n'NT  ix  ipa-r;  ab  ''i)hi-'nh  HTiyi  NnSa. 

2  Jeb.  XV,  1. 

3  Alle  sonst  zur  Zeugenschaft  Ungültigen,  nn^n  »Sics,  sind  hier  anzu- 
nehmen; aber  nur  p2i-  rir<'j  >^1DS,  hingegen  sind  xn^niNi  );"■>,  ausgenommen 
Sklave  und  Sklavin,  abzuweisen.  Siehe  Eben  Haeser,  i;  XVII,  63. 

<  Jeb.  XV,  4.  In  unserer  Zeit,  wo  die  Polygamie  auch  vom  jüdischen 
Gesetze  untersagt  ist,  fällt  natürlich  nii,  die  Nebenbuhlerin  fort,  die  anderen 
vier  aber  sind  weiterliin  zur  Zeugenschaft  unzulässig.  Siehe  Sj<;n;  p"ip  zur  Stelle 
und   Eben  Ilaeser  XVII,  4  die  Erklärung  des  '?X10"'  n^2. 

^  Diese  Bestimmung  ist  um  so  mehr  zu  beachten,  als  ja  in  diesem  Falle 
der  Zeuge  nie  der  Lüge  überführt  werden  kann;  denn,  wenn  auch  der  Ver- 
mißte käme,  kann  der  Zeuge  die  Entschuldigung  vorbringen,  er  habe  nur  das 
ausgesagt,  was  er  von  einem  Anderen  gehört  und  sei  für  die  Wahrheit  der 
Aussage  niclit  verantwortlicii! 

0  Jeb.  XVI,  5;  Eben  Haeser  XVII,  14. 

■'  Die  ßarajtlia  B.  Jeb.  122'':  m'pm  ncma  D'C':  ny  j'pi::  pN ;  siehe  n«::?» 'DDin 
und  >Ht2p^2  in  'arm,  ed.   Wilna  zur  Stelle,  auch  Eben   Haeser  XVII,  28. 

"  Jeb.  XVI,  3,  4.  Ob  und  inwieferne  korijerliclie  Zeiclien  und  Kleider 
als  Stützen  der  Zeugenaussage  zu  verwenden  sind,  darüber  ergehen  pich  die 
Festschrift.  36 

V 


5G2  Dr.  Bela  Bernstein. 

In  der  Tat  wurde  die  Norm,  daß  ein  Zeuge  genügend  sei, 
um  die  Wiederverheiratung  einer  Aguna  zu'  erwirken,  von  den 
Kodifikatoren  und  Dezisoren  des  talmudischen  Rechtes  stets  liberal 
angewendet.^  R.  Ezechiel  Landau  z.  B.  stellt  in  seinen  lichtvollen 
Abhandlungen  über  die  verschiedensten  Fälle  der  Aguna  fest,  daß 
diese  Zeugenschaft  nicht  nur  als  rabbinische  Maßregel,  sondern 
als  Thoragesetz  zu  betrachten  sei  und  daß  der  Zeuge  selbst  dann 
nicht  abzuweisen  wäre,  wenn  er  für  seine  Aussage  Belohnung 
erhält,  also  an  der  Sache  interessiert  ist.^  —  Ja,  nicht  nur  die 
mündliche  Aussage  eines  Zeugen  ist  gültig,  sondern  sogar  die 
schriftliche,  die  man  in  einer  Urkunde  verzeichnet  findet,  dient 
als  rechtliche  Grundlage  der  Todeserklärung,  was  gegenüber 
anderen  Rechtssachen  wieder  eine  spezielle  Ausnahme  bei  der 
Aguna  bildet.^ 

Wir  haben  nun  in  kurzer  Fassung  die  Bestimmungen  über 
die  Zeugenschaft  in  der  Angelegenheit  der  verlassenen  Frau  dar- 
gelegt, ohne  auf  die  Einzelheiten  näher  einzugehen.  Diese  Dar- 
stellung dient  uns  als  Grundlage  für  unser  eigentliches  Thema: 
Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges. 

Nachdem,  wie  gezeigt  worden,  das  talmudisch-rabbinische 
Recht  in  der  Agunafrage  stets  von  dem  menschenfreundlichen 
und  ethischen  Prinzipe  geleitet  wird,  daß  man  bestrebt  sein  müsse, 
die  ewige  Witwenschaft  der  verlassenen  Frau  zu  verhüten  und 
ihr  zu  einem  neuen  Ehebunde  zu  verhelfen,  ist  es  selbstverständ- 
lich, daß  dieses  Prinzip  auch  in  den  vielen,  erst  recht  bedauerns- 
werten  Fällen    der  Kriegswitwen    seine   Anwendung   finden    muß. 


Dezisoren  in  weitläufigen  Abhandlungen;  siehe  unter  anderen:  »Ninn  Q':iNJ:n  n"ir, 
ed.  Prag  1816,  Resp.  49  von  R.  Joel  Zerkes;  Noda  Bijehuda  I,  Eben  Haesc-r, 
Resp.  32  und  51;  yyii  D"-!no,  Przemysl  1883,  Nr.  21;  naiD  nn3,  Eben  Haeser, 
Resp.  29,  30,  31. 

1  Siehe  Eben  Haeser  XVII,  3. 

2  min'2  -;']):  I,  Eben  Haeser,  Resp.  27,  29  und  33. 

3  Dieser  Fall  wird  im  Babli  Jebamolh  nicht  behandelt,  sondern  nur  im 
Jeruschalmi  Jeb.  XVI,  Hai.  7.  Der  Text,  der  mir  vorlag,  ed.  Warschau  1S37, 
ist  lückenhaft;  ich  ergänze  denselben  nach  dem  Rif,  Ende  Jebamoth,  der  die 
Stelle  des  Jeruschalmi  anführt,  ohne  dabei  eine  Entscheidung  zu  treffen: 
N:n3  13  ]n  ")  ,int:'N  n«  f'K^co  ir^ix  h'ot  'i  ,':iSd  k'^k  .Tina  ,'31^3  S"x  no  nDtJ'2  2in3  i.xi'O 
cny  E5"y  N'jm  n'ön>  "\h  y^oo  .yih  y^oo  xn^:nr2i  jnS  ^'"D!;  «rr^nr:  .ins*«  n«  px^ro  px  if:iK 
ynv  'DD  t;  D"in  [nnx  ny  s"j,']  ["«'ra  ps  iT^yi  ;p;!iin':  n^i  [ihn  ny  s":;  nh)]  cano  s"y  n'?i 
"12)  pa  'iS  i,*''DO  Kn>;nrDi  .pK^a-a  ozhd  s"yi  ;r:j-iinQ  b"-;  n^ni^ni.  Im  Babli  haben  wir 
die  These,  daß  ein  schriftliches  Zeugnis  genügt,  um  den  Tod  eines  Mannes 
zu  erweisen,  Gittin  71',  mit  der  Begründung  \iz~\  n2  iS'px  nc«  nnj?3;  hier  schließt 
sich  auch  Alfasi  dieser  Halacha  an.  Siehe  auch  Eben  Haeser  XVII,  11. 

VI 


Die  Agunafrage  im  Liebte  des  Weltkrieges.  503 

Welche  Umsicht  und  Vorsicht  aber  die  schwierige  Frage  der 
Todeserklärung  gerade  im  Kriegsfalle  erfordert,  das  beweisen  die 
zahlreichen  Irrtümer,  die  auf  diesem  Gebiete  während  dieses 
Krieges  bereits  vorkamen  und  gewiß  sich  noch  oft  wiederholen 
werden.  Nicht  nur  Berichte  der  Kriegskameraden,  der  Teilnehmer 
der  blutigen  Schlachten,  sondern  offizielle  i\Iitteilungen  der  ein- 
zelnen Kommandos  erwiesen  sich  als  unbegründet,  denn  die  Tot- 
geglaubten und  als  solche  Bezeichneten  kamen,  oft  nachdem  sie 
tief  betrauert  wurden,  zum  Vorscheine  oder  gaben  irgend  welche 
Lebenszeichen.  £s  ist  ja  leicht  begreiflich,  daß  in  dem  Gewühle 
des  Kriegsschauplatzes,  ganz  besonders  bei  den  Riesenheeren  der 
Gegenwart,  auch  bei  der  größten  Umsicht  falsche  Angaben  unter- 
laufen, die  erst  mit  der  Zeit,  oft  gewiß  erst  nach  dem  Kriege, 
richtiggestellt  werden  können.  Wir  werden  es  also  gerechtfertigt 
finden,  wenn  die  weise  Vorsicht  des  talmudischen  Rechtes,  die  bei 
der  Freisprechung  der  Aguna  angewandte  Erleichterung  im  Kriegs- 
falle beschränkt  und  obzwar  es  bei  der  liberalen  Behandlung  der 
Zeugen  beharrt,  gewisse  Kautelen  aufstellt,  um  womöglich  Irrtümer 
zu  verhüten. 

So  bestimmt  die  Mischnah,'  daß  im  Kriegsfälle  die  Frau 
selber  nicht  bejlaubt  ist,  den  Tod  ihres  Mannes  zu  bezeugen,  denn 
sie  fürchtet  naturgemäß  die  ihr  dermalen  drohenden  Gefahren, 
wird  sich  daher  vom  Schauplatze  des  Krieges  wie  nur  möglich 
flüchten  und  dann  eventuell  einen  Wahrscheinlichkeitsschluß  ziehen, 
indem  sie  folgert,  daß  ihr  Mann  daselbst  ebenso  umgekommen 
sei,  wie  so  viele  der  Krieger."  Hingegen  ist  die  Aussage  eines  frem- 
den Zeugen  auch  im  Kriegsfalle  genügend,  um  die  Todeserklärung 
eines  Gefallenen  zu  erwirken,  wie  dies  fast  alle  Dezisoren  zugeben.^ 
Nach  den  meisten  derselben  muß  aber  der  Zeuge  seine  Aussage 
dadurch    ergänzen,    daß    er    den    Verstorbenen    selber    begraben,'* 

1  Jebamoth  XV,   1. 

*  Darum  kodifiziert  Maimüni,  Hilclioth  Geruschin  XlII,  2.  daß  die  Frau, 
selbst  bei  ibrer  Aussage  i'mapi  riu):  er  ist  gestorben  und  ich  habe  ihn  beerdigt, 
nicht  glaubwürdig  eei.  Dagegen  nehmen  alle  Dezisoren  als  Halacha  an,  daß 
sie  in  diesem  Falle  unbedingt  beglaubigt  ist.  RSBA  rw-^Z'  C'cn  zur  Stelle. 
B.  Jeb.  IIA'',  ed.  Wilna,  ''K::ipr2  in  'acin  und  N""iJn  mn^n.  Schulchan  Aruch,  Eben 
Haeser  kodifiziert  Maimüni  und  bringt  die  Gegenansicht  unter  N"n. 

^  Nur  R.  Chananel  schließt,  daß,  iiaclidem  die  Frage  K.  Jeb.  115"  daselbst 
niclit  entschieden,  wir  die  erschwerende  Ansicht  aunnehmen  und  ein  Zeuge 
allein  im  Kriegsfalle  nicht  zulässig  sei. 

*  Alfassi.  Maimüni,  li.  Si^racbja,  nacli  ihnen  RÖBA  und  die  meisten 
Erklärer  entscheiden,  daß  die  Aussage  rm::[:i  nri,  er  ist  im  Kriege  gestorben 
und  ich  habe  ihn  beerdigt,  unbedingt  genüge.    So  auch  Eben   Haeser  XVII.  33 

36* 
VIl 


564  Dr.  Bela  Bernstein. 

oder  wenigstens  dadurch,  daß  er  sich  vergewissert  habe,  der  Ge- 
fallene sei  wirklich  tot  gewesen,'  wie  dies  sowohl  auf  Grund  des 
Talmud  Babli,^  als  des  Jeruschalmi  zu  schließen  sei.^  Gewiß  aber 
kann  nicht  genügen,  wie  dies  das  österreichische  Gesetz  verfügt,* 
daß  man  den  Verschwundenen  im  Kriege  schwer  verwundet  ge- 
sehen, denn  dieser  Umstand  läßt  immer  die  Vermutung  einer 
Heilung  zu  und  kann  demnach  nicht  die  Grundlage  einer  Todes- 
erklärung bilden.^ 

und  50.  RABD  und  Nachmanides  nehmen  an,  daß  auch  im  Kriegsfalle  die 
einfache  Zeugenschaft,  ohne  den  Zusatz  vmnpi,  genügend  sei.  Ähnlich  finden 
wir  eine  erleichternde  Entscheidung  des  R.  Gerschom  in  einem  Responsum 
des  Ascher  b.  Jechiel,  min^  jn^i  Berlin  1876,  S.  51:  'D3  nmn3  ht^m  n"n.Ti  nsitt'nm 
mn'  jnnji  Tina  xi'ojn  h^  n'S^ic  ^'n  'tioKtr*  >y>i'jNis  ihn  hc  non^an  rfjvit'  'd  nr;n  '2N 
mmo  inC'NT  n"hDü  n"i,'  B"  dnt  'd)  naB*.  Was  Dr.  J.  Münz  (Der  Israelit,  24.  Februar  1916) 
vorbringt,  daß  für  Mose  Isseries,  in  seinem  Resp.  101  die  Aussage  mebrei'er 
nichtjüdischer  Zeugen  in  einem  Kriegsfalle  nicht  genüge,  ist  nicht  ausschlag- 
gebend, denn  in  dem  dort  vorgebrachten  Falle  haben  diese  den  Namen  des 
Gefallenen  überhaupt  nicht  genannt,  was  nach  R.  David  Cohen,  -i"-n  'BT,  ed. 
Konstantinopel  1632,  Baith  21,  10  entscheidend  ist,  und  Mose  Isseries  selber 
bringt  Eben  Haeser  XVII,  50  die  Ansicht,  daß  r\"hDü  'ni2  ohne  vmap  genug  sei. 

i  So  entscheidet  Isak  b.  Scheschet:  hv^ha^  pDyn^B'  ho  nhn  xp'.n  tnh  rmapB' 
Tyatr  nhi<  pDyn:  Hh  Ninir*  ik  ti^si'oi  ns  n^'isi  s\2d  mi:  n\T  ah)  G'nr:n  i-nj  mpo^  mpi:ri 
».1D  cnnN  13  ipDynac.  Auch  R.  Nissim  entscheidet  so  in  seinen  Responsen:  [n^nt  nn 
'0113  "lONT  nn3  psc^  i'KB'  cnn:  cnc  ansi  ir:xT  ]ij3  ahx  K'r:r.3  vmsp  iont  p'i,*3  nhi  1313 
13  Ki'T3i  DipoS  mpoo  vn'an  noc*  ihnS  13  'ni^j  ioxt  p.ir  /'.id.  Siehe  noch  Noda  Bi- 
jehuda  I,  Eben  Haeser,  Resp.  28. 

5  B.  Jeb.  115"  bleibt  zwar  die  Frage  unentschieden,  aber  von  ibid.  121": 
n^-n3  j;3UK  wird  die  Halacha  mit  Recht  gefolgert. 

3  Jer.  Jeb.  XV,  Hai.  1  ist  die  Frage  durch  R.  Jehuda  ha-Nassis  praktische 
Anwendung  entschieden.  Der  Text,  ed.  Warschau  1837,  ist  sehr  unverläßlich, 
richtig  gestellt  nach  RSBA,  mc'B'  BTin,  Prag  1809,  p.  32''  lautet  derselbe: 
■lox  ,'>3m  'r2V3,  (R.  xn«)  tt*:  i3  in  tnin  ]0  nu^yroB':  ?nonSo  n3,'B'3  psa  n.tb»  ino  nnx  nj? 
'.n-'h  (R.  noN)  ion  .n^n  p9  icx  vp'^s  xmn  fn  ;nni  p^  -iro.x  '^])hs  xmn  jn  n'S  (R.  ]''')iin) 
riB'yo  :n:'jn  '3i  db*3  (R.  n'D"i')  nv^na  'i  v^nv:  pin  n'?  p'n3  piin  i'?«!  :pS  los  vn^o  pnSii 
-13  i3''N  "1  (R.  ION)  (R.  NB':n)  nNB'2  n'?  riNB":  x^t  jnoi  ,nNB':  nsB-n  jxo  ioni  '31  ':qS  n3 
nonSo  nj?B'3  jon:  ihn  -j,'B'  rnox  mn  ,Nin  non^o  n*;B*3  n.i:.  Sehr  wichtig  erscheint 
mir  die  Erklärung  des  Satzes:  "n'O  jnn  üh  p\n3  ]lin  i^nt?  Der  Kommentar  hb'O  'JD 
erklärt:  OB'O  c'J<3  rn  xS  D"n3  rn  iSxB';  wenn  sie  leben  würden,  wären  sie  denn 
nicht  zurückgekommen?,  wo  dann  das  Wort  ^n'O  von  xnx  stammte,  was  ja  nicht  nur 
grammatikalisch  richtig  sein  kann  (siehe  Levy,  Chaldäisches  WB.  s.  v),  sondern 
dem  Sinne  des  ganzen  Stückes  gut  entspricht  und  mit  zur  Entscheidung  über  eine 
Todeserklärung  benützt  werden  kann,  um  aus  der  negativen  Tatsache  des  Ver- 
schollenseins die  positive  des  erfolgten  Todes  zu  folgern!  Viel  gekünstelter,  obzwar 
dem  Wortlaute  nach  auch  möglich,  ist  die  Erklärung  des  a'jsn  nxio  zur  Stelle. 

*  Siehe  oben  Seite  III. 

5  Wie   dies   die  Geuiara,   B.  Jeb.   114''  richtig  bemerkt:   xiM3  H'S  inoT  p30r 

:  H'ni  nnoD  n3i,n  X3»xi  ,no  'xni  xi3di  xnon3  ix 

VIII 


Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges.  Ji65 

Nun  aber  entsteht  die  große  Frage,  können  wir  denn  in 
einem  Kriege  wie  der  jetzige  Weltkrieg,  wo  Millionenheere  einander 
gegenüberstehen,  wo  an  einzelnen  Schlachten  Hunderttausende 
teilnehmen  und  vielleicht  in  Augenblicken  Tau'sende  das  Leben 
verlieren,  können  wir  da  auf  Augenzeugen  rechnen,  die  uns  den 
eingetretenen  Tod  des  Gefallenen  bezeugen?  Das  ist  ja  unter  den 
nunmehr  bekannten  Verhältnissen  des  modernen  Krieges  ein  Ding 
der  Unmöglichkeit  und  nur  in  einer  verschwindend  geringen  An- 
zahl der  Fälle  zu  erreichen.  Und  wenn  dem  so  ist,  werden  dann 
die  Tausende  und  Abertausende  der  jüdischen  Kriegswitwen  zur 
ständigen  Verlassenheit  verurteilt  sein?  Hat  das  gewiß  mit  Recht 
penible  talmudisch-rabbinische  Gesetz  keine  Mittel,  diesem  Übel- 
stande irgendwie  abzuhelfen? 

Wir  können  auf  diese  Frage  mit  einem  entschiedenen  Ja 
antworten.  In  sehr  vielen,  vielleicht  in  den  meisten  Fällen 
wird  es  möglich  sein,  die  persönliche  Aussage  einesZeugen 
durch  die  urkundliche  eines  Zeugnisses  zu  ersetzen,  wie 
diese  Halacha  in  Bezug  auf  die  Aguna  allgemein  angenommen 
wurde.  1  Maimüni,  und  nach  ihm  Josef  Karo  kodifiziert  zwar,  daß 
eine  Urkunde,  in  welcher  ein  Zeuge  bestätigt,  daß  N.  N.  gestorben 
oder  N.  N.  erschlagen  wurde,  nur  dann  gültig  sei,  wenn  dieselbe 
von  einem  Juden  ausgestellt  ist,  der  sich  der  Wichtigkeit  seiner 
Zeugenschaft  bewußt  ist,-  jedoch  kommen  uns  spätere,  zuverlässige 
Autoritäten  zu  Hilfe  und  erweitern  erwünschterweise  die  Modali- 
täten der  urkundlichen  Aussage. 

Der  große  Chatham  Sopher  stellt  nach  gründlicher  Erörte- 
rung der  zuständigen  Quellen  aus  Anlaß  der  ihm  vorgelegten 
Todesfälle  von  Soldaten  fest,  wenn  er  auch  nicht  direkt  vom  Kriegs- 
falle handelt,  daß  ein  Totenschein,  von  einem  Militärkommando 
ausgestellt,  vollauf  glaubwürdig  sei,  um  eine  Todeserklärung  zu 
erwirken.  Denn  nachdem  in  dem  Totenscheine  die  Daten  des 
Verstorbenen  spezifiziert  worden,  sind  die  Angaben  desselben 
vollständig  genügend  und  zuverlässig.  Und  obzwar  wir  bei  einem 
NichtJuden    die  Bedingung    aufstellen,    daß   er  keine  Zeugenschaft 


1  Sielie  S.  VI,  Anna.  3,  wo  auch  der  Text  des  Jeruschalmi  mitgeteilt  ist. 
Noda  Bijehuda  I,  Eben  Haeaer,  Resp.  33  beweist  sehr  klar,  daß  die  Halacha 
wie  R.  Jirmijah  bleibt  und  auch,  daß  die  Urkunde  keiner  amtlichen  Bes^Iaubi- 
gung  bedarf. 

'  Eben  Ilaeser  XVII,  11;  eingehend  spricht  davon  R.  Joel  Zerkes  in 
Resp.  27  der  Edition  't<nn2  D'iiN^n  n'iti',  Prag  1816  und  sagt:  inci  ains  ^H)iüV2  ]>r;  h::3 
:  inE-x  i'X'B'o  DD  ':iSq  nanS  m.i«  2ni3B'  inxa  N'inS  n'na  cnior:  -]3i  pK^tyo  Skib"  unstr  vn^i 

IX 


566  Dr.  Bela  Bernstein. 

Über  den  Tod  der  fraglichen  Person  ablegen  wolle,  sondern  nur 
unbefangen  darüber  berichte,  liegt  die  Sache  bei  einem  Amte 
ganz  anders.  Da  ist  es  besser,  wenn  es  direkt  den  Tod  bezeugen 
will  und,  wenn  es  dies  urkundlich  tut,  noch  günstiger,  als  wenn 
es  dies  mündlich  täte,  denn  wir  haben  dann  absolut  keinen  Grund, 
die  Glaubwürdigkeit  des  Zeugnisses  zu  bezweifeln.  Und  wird  der 
Totenschein  gar  amtlich  verlangt  und  eingesendet,  so  ist  eine 
Fälschung  desselben  eo  ipso  ausgeschlossen. ^  Ja,  nachdem  die 
Totenmatrikel  fortlaufend  geführt  und  nicht  erst  dann  aufge- 
nommen werden,  wenn  der  Totenschein  verlangt  wird,  ist  der 
volle  Ernst  derselben  erwiesen,  wie  auch,  wenn  wir  dies  bedingen 
wollten,  die  Absicht  einer  direkten  Zeugenschaft  nicht  vorhanden 
ist.2  Es  ist  also  evident,  daß  ein  Totenschein  von  einer  Militär- 
behörde, sei  es  in  Todesfällen  in  Krankenhäusern  oder  Feld- 
spitälern, unbedingtes  Vertrauen  verdient  und  daraufhin  die  Wieder- 
verheiratung der  Witwe  ohneweiters  gestattet  werden  kann;  um 
so  eher,  als  es  sich  ja  um  Todesfälle  handelt,  die  nicht  auf  dem 
Schlachtfelde  erfolgt  sind.^  Aber  auch  die  in  einer  Schlacht  Ge- 
fallenen, insoweit  dieselben  nach  der  Schlacht  aufgelesen  und 
in  eine  amtliche  Liste  eingetragen  wurden,  so  daß  dann  auch  der 
Ort  ihrer  Beerdigung  festgestellt  und  aufgezeichnet  wird,  gehören 


1  Siehe  -3iD  cnn,  Eben  Haeser,  Resp.  43:  ntt'N  nnyS  p'nri  'n^n  -iniiü  . . . 
n'2VT  «nSoa  ''sn  ipti-S  niit-n  n>yn^  jn^no^T  oicr:  r\"hoo  'ya  »u  anci  .V'yxn  r\"hoKi  nhi 
'D3  e\^<T;^  n"SDr:o  ii'jnh  n^Jinnoa  'Dü  ci^v  "•-^'52  'y-ir^  nh-t  iptt'S  nitr-n  ithi  >2-)';i  ;d"o  ■<'<)h:h 
nsicn  cnrD  j;',ioi  n»5?n'  d'^'dS  -ixnn  h]:  nh^zn  ariD  S^  . . .  snpca  'o»nn  nhi  on^ao  D2r\2 
:  Dvp  GIB*  in^i  j'Xi  p20  h^h  pnj  tirt  i2  pxi  i'Sysn  Ninc*  nna  nnn  ">•]:)  liofn  h-;  mrn'? 
Ebenso  Resp.  94. 

2  Ibid.  Resp.  44:  }N3  pN  n'non  ]^a  3nD2ü'  '3ii;n  -idd2  la'js^tr'  jn'22  xnti'm  . . . 
n"^Da3  nSn  n::'N  n3nD:B'  crn  ST.n  n^'nrm  v^xnu'»  is  v-i  ::n3  ^h  n:2  3^3  riini  rixucn  ctr-n 
TyoD  K^i.  Siehe  auch:  n"SDD  "inia  n"ny  anan  iS'dni  . .  .:J"3  p"D  t"'  'd  j:"nK  ,n2itt'n  »nns 

:  cnn«  cn2i  nirpni  ins  ]'iy  -ju-r^n:  p  :n3tt'  '?3  3pn^  m^'S  c" 

3  Diese  Fälle  gehören  dann  zur  Kategorie  intafi  Sy  nn;  wo  selbst  im  Kriege 
nicht  vni2pi  no  notwendig  ist,  was  übrigens  hier  beigebracht  wird.  Allenfalls 
bemerken  wir,  daß  auch  gegenteilige  Ansichten  über  die  Annahme  eines  solchen 
Zeugnisses  laut  wurden.  So  teilt  Dr.  J.  Münz  (Der  Israelit  vom  24.  Februar  1916, 
Eine  Religionsgesetzliehe  Zeitfrage)  mit,  daß  der  npn  jr^r,  III.  T.  Resp.  27,  wo 
auch  das  Gutacliten  des  njino  ina  mitgeteilt  wird,  nicht  minder  R.  Mordechai 
Benet  auf  Grund  eines  amtlichen  Militär-Zeugnisses  von  dem  Tode  eines  Soldaten 
die  Wiederverheiratung  der  Witwe  nicht  gestatten  wollten.  Er  übersah  aber, 
daß  der  Chatham  Sopher  gerade  gegen  R.  Mordechai  Benets  Ansicht  Stellung 
nimmt  und  Resp.  4.S,  g.  E.  sagt:  nr  Si  iriN:  ,inDn  h:>  n^h  n>3n'n>  iS  ':«  laiKi  ... 
nnn^on  N3V  pa  ino  122  ^kib^d  nixo  nro::t:'  ni'n>  nny  in  ,iSno  n^aiu  vnc  a^iicsin  d'?:'2 
:  dotS  naiy  n«  >oipD3  3"y  9':n  ^^a  inn  im>  n:uy  trcn  ko'n  nnSc  nijony  nny  Tcr:  «S  cki 
Was  sollen  wir  erst  heute  darüber  sagen! 


Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges.  567 

in   diese  Kategorie.    Da  wird  ja  aucii  die  Identität  der  Gefallenen 
geprüft  und  eine  absichtliche  Täuschung  ist  ausgeschlossen.' 

Der  nicht  minder  große  Sohn  des  Chatham  Sopher,  der 
Kethab  Sopher  geht  noch  weiter  als  der  unsterbliche  Vater 
und  stellt  eine  weitläufige  Untersuchung  über  die  Glaubwürdigkeit 
der  Zivilämter  im  allgemeinen  an,  in  seinem  speziellen  Falle  über 
das  Zeugnis  eines  Dorfrichters  und  Dorfnotärs,  Er  kommt  nach 
gründlicher  Erläuterung  der  Details  zu  dem  Schlüsse,  daß  auch 
dieses  als  vollwertig  anzunehmen  sei  und  keinen  Verdacht  in 
Bezug  auf  die  Glaubwürdigkeit  zuläßt. ^ 

Wenn  daher  ein  ordentliches  Gericht  auf  Grund  eines  Zeugen- 
verhörs den  Tod  eines  im  Kriege  Verschwundenen  feststellt,  wäre 
sein  Urteil  aus  all'  jenen  Gründen,  welche  die  beiden  letztgenannten 
Koryphäen  diesbezüglich  beibringen,  füglich  als  Grundlage  für 
ein  Beth-Din  in  der  Aounaangelegenheit  zu  benützen.  —  Und  nur 
die  schwierigste  Frage  bliebe  unentschieden,  was  zu  tun  sei,  wenn 
das  Gericht  im  Sinne  der  Landesgesetze,  die  wir  am  Anfange 
unserer  Abhandlung  darlegten,  eine  Todeserklärung  infolge  der 
negativen  Tatsache  des  Verschollenseins  des  Gesuchten  ausspricht, 
ohne  positive  Kenntnis  von  seinem  Tode  erlangt  zu  haben?  Ist 
es  dem  Beth-Din  in  einem  solchen  Falle  möglich,  die  Wieder- 
verheiratung der  Witwe  zu  gestatten  oder  nicht?  Ohne  eine  Ent- 
scheidung in  dieser  Frage  zu  wagen,  will  ich  nur  darauf  hinweisen, 
daß  bei  den  heutigen  Verkehrsmitteln  selbst  die  entferntesten 
Weltteile  einander  so  nahe  gebracht  sind,  daß  in  Friedenszeiten 
keine  Unmöglichkeit  existiert,  Mitteilungen  aus  allen  Weltgegenden 
zu  erhalten.  Wenn  also  eine  Verkündigung,  die  noch  dazu  amtlich, 
von  Gerichtswegen  erlassen  wird,  selbst  in  die  entlegensten  Dörfer 
des  fiiistern  russischen  Reiches  dringen  kann,  darf  man  auch  auf 
sichere  Nachrichten  von  dort  hoffen,  so  daß  die  Erkundigungen, 
die  man  über  den  Vermißten  einziehen  kann,  in  Wahrheit  die  ge- 
nauesten sein  können. 


'  Daß  die  Forderung  iv;'  ctri  vrN  n^'i  \CT  durch  die  Familiendaten  der 
Totenmatrikel   ersetzt   werden,    beweist   Kethab  Sopher,  Eben   Haeser,  llesp.  24. 

i  Ibid.  Resp.  23:  'ir:  CHD  \x  Tac  p  -niriN  k?  '2  ein  tvd^i  ir^s^r  ;n':^  ni::i 
cyHC  niK^iy  ;n  cn^  ;'nc*  cn^  licrm  T.ii  ,'d  mpo  ■<\:s)C'  h-;  -;iqd^  c  rz't:  ,'31»;"?  nirn 
"3031  cn:oiK2  iprS  'xn  '^i3  n'cn  nh  'Kina  r2"o  ,ini'3  cnoD  'UDic  'tiiNi  "i^?:n  nsr:  ;';r:r: 
/»•JD1C  n"Si  N"p:20  ''n  i^2^  ir^;  ,2t:'n  -1x2  'jniDO  cnvn  mpr^  iinrc  ;v2i  rinr:2  s^t'?  cr^h^ 
□n'?  nsLii  ""C'KD  -'?r:n  nsr:  ':ir:on  niNDiv?  ndti  mhch)  2"2  ipu'S  o"';  "rnnj  cipon  n^i  "rtr 
">3ior3  msrnv  cni  ur:NDpTva  p"p  Sc  «ovpa  »"na  lonn  ihn  ''üDictr  o'yiv  ^\:n^  ,cn»Sv  '«nioi 
f'K  2'Z'  H''-i2  »"n  n'oo  iaipr::t:'  -ryn  »üüici  ,nr2vp3i  jnnva  D>2::s;r  usisn  ^2^  -|Sr3n  nsri 

XI 


568  Dr.  Bela  Bernstein. 

Ich  will  daher  allen  Berufenen  die  Frage  nahe  legen,  ob 
es  nicht  selbstverständlich  wäre,  das  gerichtliche  Urteil  in  einer 
Todeserklärung  zur  Grundlage  eines  Verfahrens  zu  machen,  das 
dann  die  Wiederverheiratung  der  Aguna  zur  Folge  haben  kann. 
Nach  meiner  unmaßgeblichen  Ansicht  dürfen  wir  die  Angelegen- 
heit einer  solchen  Aguna  nicht  a  limine  abweisen  und  auf  dem 
Standpunkt  des  non  possumus  beharren,  sondern  müssen  alle 
uns  zu  Gebote  stehenden  Mittel,  und  wahrlich,  diese  sind  heute 
nicht  gering,  anwenden,  um  mit  dem  weltlichen  Gerichte  Hand  in 
Hand  gehend,  auch  vom  jüdisch-religiösen  Standpunkte  die  Todes- 
erklärung eines  im  jetzigen  Weltkriege  verschollenen  Mannes  zu 
erwirken. 

Mit  besonderer  Genugtuung  weise  ich  darauf  hin,  daß  schon 
unter  den  Geistesfürsten  des  Judentums  im  Mittelalter  mehrere 
der  Ansicht  waren,  daß  auch  ohne  direkte  Zeugenaussage,  allein 
aus  den  Umständen,  unter  welchen  der  Vermißte  verschollen,  aus 
der  langjährigen  Abwesenheit  desselben,  die  Tatsache  seines  Todes 
gefolgert  werden  darf  und  es  dem  Urteile  der  berufenen  Ge- 
setzeslehrer überlassen  werden  muß,  die  Wiederverheiratung  der 
Frau  in  solchen  Fällen  zu  gestatten.  Der  berühmte  Tossafist 
Elieser  b.  Samuel  aus  Metz,  Schüler  des  Rabbenu  Tam,^  be- 
richtet in  einem  Responsum,  daß  Elieser  aus  Verona-  bei  einem 
Schiffbruch,  der  ja  nach  talmudischem  Rechte  ganz  in  eine  Kate- 
gorie mit  dem  Kriegsfalle  gestellt  ist,  ohne  irgend  welchen  direkten 
Zeugen,  nur  auf  die  durch  Nachforschungen  gewonnene  Über- 
zeugung hin,  daß  von  dem  untergegangenen  Schiffe  niemand  zu- 
rückgekehrt, so  wie  der  gesuchte  Jude  Salomo  aus  Verona  nicht, 
der  Frau  desselben  die  Wiederverheiratung  gestattet.  Denn  — 
so  führt  er  aus  —  der  Verschollene  war  noch  jung,  so  wie  seine 
Frau,  hatte  mit  ihr  einen  Sohn  und  eine  Tochter,  hatte  einen 
reichen  Vater,  der  ihn  auch  durch  Abgesandte  suchen  ließ,  er 
würde  daher  während  der  sieben  Jahre,  die  seit  seinem  Ver- 
schwinden verflossen,  unbedingt  zurückgekommen  sein,  wenn  er 
am  Leben  wäre.  Elieser  aus  Metz  schließt  sich  der  Ausführung  voll- 
kommen an  und  verlangt  dies  auch  von  Rabbinen  in  Deutschland.^ 


1  Siehe  iJber  ihn  Zunz,  Zur  Geschichte  S.  34. 

2  Siehe  Asiilai,  Sehern  haggedolim,  s.  v. 

3  Das   Respousum   ist   mitgeteilt  in    miH'  |n3T,   Berlin   1846,   S.  52:   »JX  ... 

laKp  cSiyS  ühi  a"tr  ühvjh  •io{<p  nh)  ,(B.  Jeb.  121")  niiD{<  ints'N  d"^c'o  pnr:.s'pnrD  ':«  nxn 

XII 


Die  Agunafrage  im  Lichte  des  Weltkrieges.  569 

Und  kein  geringerer,  als  Ascher  b.  Jecliiel  stimmt  dieser  An- 
scliauung  bei,  indem  er  das  Gutachten  des  Elieser  aus  Metz  und 
noch  ein  anderes  von  Meschullam  b.  Kalonymos'  bringt,  der 
in  einem  gegebenen  Falle  ebenfalls  so  entscheidet,  daß  auf  das 
Gerücht  hin,  der  Vermißte  sei  erschlagen  worden,  obzwar  kein 
einziger  direkter  Zeuge  darüber  berichtet,  geurteilt  werden  muß, 
daß  derselbe  nicht  mehr  am  Leben  sei  und  seine  Frau  demzufolge 
wieder  heiraten  dürfe.- 

Die  angeführten  Autoritäten  sind  gewiß  der  ernstesten  Be- 
achtung wert,  wenn  auch  ihre  Ansicht  nicht  allgemein  als  Halacha 
angenommen  und  bisher  auch  nicht  allgemein  bekannt  geworden 
ist.  Ich  bin  mir,  wie  jeder  nüchtern  Denkende,  dessen  wohl  bewußt, 
daß  auf  diesem  Wege  eine  absolute  Gewißheit  bei  einer  Todes- 
erklärung nicht  zu  erreichen  sei  und  Irrtümer  eben  nicht  aus- 
geschlossen sind;  dies  ist  aber  bei  der  direkten  Aussage  eines 
für  glaubwürdig  gehaltenen  Zeugen  nicht  minder  der  Fall.  Wir 
dürfen  aber  auch  kühn  behaupten,  daß  bei  der  nötigen  Umsicht 
und  den  gebotenen  Nachforschungen  alles  geleistet  werden  kann, 
was  menschenmöglich  und  somit  eine  gewissenhafte  Entscheidung 
zu    treffen    ist.    Ich    glaube,    daß    es    Aufgabe    der   rabbinischen 


mi,*3*j:aB'  nii'SDT  n2i-\a  nrooa  noi^  c  mpmn  rthn  b  Syc  . . .  cc-n  'nt  p'ya  n'?n  ^3^m 

n-iicx  inc'N  CTCt:  Ti^hnn  lox  i<h  y";)  «t:r;r2T  x'jiva  V'in  ic^vjtzh  t:*''m  Txr:  "\h  "issi  nn^rsS 

^tp'^h  K"  n"n  ^31  n^'nn^S  «rrS  mnirs  inK'XU'  'J'*;^  nxn:  n^n  y;  ,n"n  mxn  'd^  ^dh  '3  ,a'?r;'? 

. . .  n^n  nvi  ''^"J  d'^dh'?  i2n3>  nn^a'^a  nxnjni  ^nan  ixt  nnyi  . . .  m^nnS 

1  Sielie  Zunz,  Zur  Geschichte,  S.  47. 

2  Das  Responsum  des  t:'"NT  ebenfalls  in  min>  jnsT,  S.  51:  onna  ysa  ':ni 
:in2  pi . . .  x:i,v;  mcr:  er:  nny:  i'j'pn  im'3  -n^  nxro  i:f x  ciix.'im  nw^nn  <f23n  nnn:!  pr3 
xn  x'?!  'X  n;'sr3  ya-jic  x2m:o  no'rtJ'  't  nrx  -rnntt'  ]'v:rj  -ity^\»<  'n  nzicn  (ntyn  '2X  'd:)  ob* 
>xiM  n"n  mxn  's?  inixi  'i^n  lanns-  an^i  ni'rn  nnmxi  nnsD  nr^na  ix  v^y  nny  mx  d:c' 
n'nB*  J21X-1  :Dia'2iSp  p  D^)fQ  '-\  z^btib'  'x  nmrn  n':ix;!n  naicna  'nxsoi  .im  in  '?32C*  ctrn 
'X  cys  .in'  jn  lan  jn  'n  D^ri^si  '-"  c\':ysi  aiin  c^oys  nc  ^^v'^i  'x  cv  i^nr^  mir.ca  i^'S  Sut 
,i»:!"nn  cv  >r,>'n  ';x  ix  .inn  vn'xi  ';x  n"Sco  x";,>  ">3X  X2  x^i  ct5'9  .nn;!:'  v^^w  :i  ifn  N^i  ctr^  ihn 
KU  IX  Jinn  vn^xi  '2X  ir:x:  x"i'  xz  xSc*  »'syx  .nniins  '?rj>^i  xB'vS  inrx  nh)2^  nxt  nyicc  Sy 
x'v  n^T  '7y  p:)r3io  D"p  xinB'  v^y  yotra  xSb'  p>2Q  .nnitr  x"v  'so  lyoct:*  p'3  i'Jiin  oy  'n"n 
. . .  ni:i.ty  nijpn  dib«?:  ihb-x  nx  px'B'Oi.  Ascher  b.  Jechiel  bedient  sieh  der  angeführten 
Responsen,  rm  in  einem  ilim  vorgelegenen  interessanten  Falle  erlaubend  zu 
entscheiden.  Übrigens  wäre  die  Miscima  (Jeb.  XVI,  6)  ^ip  n:  Q";  J'X'B'ra  ebenfalls 
so  zu  erklären,  daß  sie  von  einem  Gerüchte  spricht,  wie  auch  ti'  msjcin  weit- 
läufig den  Ausdruck  Sip  n:  zur  Stelle  ähnlich  deutet.  —  Während  des  Druckes 
meiner  Abhandlung  ist  über  denselben  Gegenstand  ein  Gutachten  in  hebräischer 
Sprache  von  Rabbiner  Moses  Feldmann  in  Budapest  erschienen,  das  die  Frage 
eingehend  behandelt  und  zu  demselben  Resultate,  wie  ich,  kommt;  Titel:  nyjfn 
riB-o  nxo  o^imn  man  >ish  nsiya  ,nr2n^Q2  p^^ya  loH'itt'i  inas*  niiuyn  ^kib'»  noa  nam^ 

:pxr2i^yD 

XIII 


570  Dr.  Bela  Bernstein. 

Autoritäten  aller  kriegführenden  Länder  sein  werde,  diese  Frage 
eingehend  zu  besprechen  und  zu  einer  befriedigenden  Lösung 
zu  bringen,  um  dadurch  das  Unglück  der  hart  getroffenen  Kriegs- 
witwen zu  lindern  und  ihnen  im  gegebenen  Falle  die  Wieder- 
verehelichung  zu  gestatten. 


Nachtrag  zu :  Die  Schriften  von  Adolf  Schwarz 

(oben  S.   1  ff.). 

Zu  I,  2:  Boroszloi  levelek  [Breslauer  Briefe].  Magyar  Izraelita,  Budapest 
(1867  oder  1868;  derzeit  nicht  nachweisbar). 

Zu  I,  3:  Franke],  Direktor  Dr.  Z.,  Zu  dem  Targum  der  Propheten  .  .  . 
Breslau  1872.  —  Literarische  Beilage  zur  Israelitischen  Wochenschrift  1872,  S.  20. 

Maurice  Fluegel,  Spirit  of  the  Biblical  Legislation.  —  Der  Ungarische 
Israelit,  Budapest  (1895  oder  1896;  die  betreffenden  Bände,  nach  schriftlicher« 
Mitteilung  von  L.  Blau,  auch  in  Budapest  nicht  nachweisbar). 

Zu  II,  2:   Predigt   für  den  ersten  Neujahrstag.  —  II.  Jahrgang,  S.  4—12. 

Zu  II,  3:  Grabrede  auf  . .  .  Wilhelm  Ritter  von  Gutmann  ...  19.  Mai  1895.  — 
Die  Neuzeit,  Wien  1895,  Nr.  21,  S.  223—224.   [Auch  Separatabdruck.] 

[Grabrede  auf  Wilhelm  Bacher].  —  Egyenlöseg,  Budapest  1914,  Nr.  1 
(Beilage),  S.  3—5. 


XIV 


Nachträgliche  Beinerkiiugen, 

Von  Sjiiiiuel  Krauss,  Wien. 

S.  17.  .,Die  Etymologie  des  Wortes  D^bir  ist  unbekannt"  .  .  .  Die  Wörter- 
bücher verweisen  auf  Lagarde,  Arm.  Stud.  40  §  511.  Meine  Erklärung  siehe  in 
unserem  Bande  selbst  S.  288  unten  (zuerst  ausgesprochen  in  ZATW  XXVIII,  260, 
fast  vor  zehn  Jahren).  Eine  Entlehnung  aus  dem  Assyrischen  ist  darum  nicht 
aufgeschlossen;  das  Etymon  mag  dasselbe  sein. 

S.  24,  Anm.  3:  ipSc:.  An  der  dort  angeführten  Stelle  (Lidzbarski, 
Ephem.  II,  278)  und  auch  in  Lidzbarskis  Hb.  der  nordsem.  Epigr.  I,  238 
steht  die  Form  xp^c::,  die,  /msilke  gelesen,  allein  richtig  ist;  vgl.  'p^'C3  Lehn- 
wörter II,   161. 

S.  S7,  Anm.  4.  Es  ist  unmöglich,  pju-n  mit  dem  Artikel  als  „die  Gesamtheit 
der  Hindernisse"  aufzufassen,  da  doch  das  Wort  ein  Konkretum  ist.  Der  ganze 
Artikel,  der  den  vielverhandelten  Gegenstand  des  israelitischen  Prophetismus 
zum  Vorwurfe  hat.  konnte  in  einzelnen  Punkten  ungemein  vertieft  werden,  wenn 
die  vorhandene  Literatur  besser  herangezogen  worden  wäre,  so  z.  B.  bei  'n  nn 
S.  42  f.  durch  P.  Volz,  Der  Geist  Gottes  und  die  verwandten  Erscheinungen  im 
Alten  Testament  und  im  anschließenden  Judentum  (Tübingen  1910);  bei  der 
Frage  ..nach  dem  Ziel  der  Propheten"  S.  51,  deren  Erörterung  sich  der  Ver- 
fasser „wegen  der  Beschränktheit  des  Raumes  diesmal"  versagt,  ist  zur  Ergänzung 
das  philosophisch  tief  gehende  Werk  von  M.  Wiener,  Die  Anschauungen  der 
Propheten  von  der  Sittlichkeit  (Berlin  1909  =  Schriften  der  Lehranstalt  für  die 
Wissenschaft  des  Judentums  Rd.  I,  Heft  3,  4)  heranzuziehen. 

S.  125.  „Bibelstellen  im  Namen  von  Lehrern  angeführt"  .  .  .  Das  wäre  in 
der  Tat  höchst  befremdlich.  Sehen  wir  uns  die  als  Beweis  dienenden  Stelleu 
näher  an.  Kethuboth  22'  r\:v  "i  '2m  usw.  ist  unverkennbar  ein  das  Schriftwort 
deutender  halakhischer  Midras,  wie  solcher  zu  Hunderten  gefunden  werden  kann. 
Was  „Synhed.  101"  unten"  anlangt,  wo  Kohel.  VII,  20  von  Akiba  mit  den  Worten 
i:'2T  •,:rT;::"'  angeführt  wird,  so  ist  die  allein  mögliche  Auffassung  dieser  Er- 
scheinung die  von  15  ach  er  (Agada  der  Tann.  P,  120):  ..Die  Worte  Kohel.  VII,  20 
scheint  er  [Eliezer  b  Hyrkanos]  oft  im  Munde  geführt  zu  haben"  .  .  .  Dortselbst 
merkt  Bacher  auch  die  von  unserem  Autor  noch  des  weiteren  angefülirte  Stelle 
in  'Abotli  IV,  19  an  und  sagt  ganz  richtig,  der  dort  benutzte  Bibelsatz  habe 
dem  Tannaiten  zum  Wahlspruch  gedient.  Ganz  in  demselben  Sinne  ist  nun  auch 
der  von  unserem  Autor  angeführte  vierte  Beleg,  nämlich  'Aboth  IV,  14,  auf- 
zufassen. Auch  dies  deutet  Bacher  (Agada  der  Tann.  II,  378)  durch  Anführungs- 
zeichen richtig  an 


572  Samuel  Krauss. 

S.  126.  Daß  die  Baraita  der  32  Normen  „sich  als  Sammlung  von  Normen 
für  die  agadische  Auslegung  bezeichnet",  ist  nur  dann  .richtig,  wenn  man  an 
der  Spitze  der  Baraita  nttm:  m.lNn  liest,  da  aber  Rasi,  RAbD,  Zacuto  u.  a.  die 
Lesart  nmn:  nmnn  kennen  und  zitieren  (siehe  bei  A.  Hoffer,  A  Szent-iräs  herm. 
normäirol  =  Von  den  hermeneutischen  Normen  der  Heiligen  Schrift,  Budapest 
1894,  S.  29),  so  hat  die  Baraita  genau  so  auch  für  die  halakhisehe  Auslegung 
die  hierfür  verwendbaren  Normen  gegeben.  Bekanntlieh  geschieht  es  auch  sehr 
oft,  daß  die  älteren  Autoritäten  unsere  Baraita  ohne  Nennung  des  Rabbi  Eliezer  , 
b.  R.  Jose  erwähnen,  was  für  die  Autorschaft  dieses  Tanna  nicht  gerade 
günstig  ist. 

S.  127.  Beginn  des  Arguments  VI  ist  mir  unverständlich. 

S.  158.  Fußnote  3  gehört  zu  „MiSna  Kiddus.  IV,  1"'  —  zwei  Zeilen 
weiter  unten. 

S.  170,  Anm.  7.  Ich  soll  (in  Talm.  Arch.  II,  434,  Anm.  91)  sowohl  Josephus, 
Vita  c.  1  als  auch  einige  .,hier"  weiter  unten  zitierte  Stellen  übersehen  haben. 
In  Wirklichkeit  findet  sich  in  jener  Anmerkung  alles  vereint,  was  für  die  Frage 
in  Betracht  kommt  (vgl.  jetzt  auch  L.  Ginzberg  in  MGVVJ  LVI,  665  f.),  außer 
Vita  c.  1,  weil  dieses  nur  von  priesterlichen  Genealogien  spricht  und  die 
Existenz  solcher  gar  nicht  in  Frage  steht.  Zur  Sache  vgl.  unseren  Autor  selbst 
auf  S.  190,  Anm.  4.  Allerdings  mußte  ich  die  Sache  in  einer  Note  abtun,  wo- 
gegen L.  Freund  ihr  einige  Seiten  widmet.  Was  ich  nicht  bewiesen  haUe  und 
aucii  L.  Freund  nicht  bewiesen  hat,  ist,  daß  man  von  Amts  wegen  öffent- 
liche Standesregister  hatte;  durch  Familiengenealogien  sind  die  keineswegs 
ersetzt.  So  sagt  auch  L.  Freund  selbst,  daß  „man  voraussetzen"  dürfe,  „daß  es 
auch  ein  öffentliches  Amt  oder  ein  Archiv  gab,  das  die  Genealogien  der  vor- 
nehmen Familien  registrierte";  also  „voraussetzen"  darf  man  es,  beweisen  kann  ^ 
man  es  nicht.  Da  jedoch,  nach  meinen  Ausführungen  a.  a.  O.,  die  „Archive"  oder 
„Register"  stets  in  Beziehung  zu  anderen  Völkern  genannt  werden,  so  scheinen 
sie  eben  bei  den  Juden  nicht  existiert  zu  haben. 

S.  213,  Anm.  2.  m.:  „frottiei-en"  ist  allzufrei  übersetzt;  lies  „schaben", 
„kratzen"  wie  bh.  in  Hiob  II,  8;  nh.  siehe  Ben  Je  hu  da,  Thes.  834  und  ver- 
gleiche meine  Talm.  Arch.  I,  230. 

S.  221.  Der  ganze  §  7  „Die  Erwerbung  [eines  Sklaven]  durch  Leistung 
der  Steuer"  hat  zu  entfallen,  denn  erstens  spricht  die  Belegstelle  Jebam.  46" 
offensichtlich  nur  von  persischen  Zuständen,  die  doch  von  den  in  diesem 
Artikel  sonst  verhandelten  römischen  Zuständen  verschieden  waren,  und 
zweitens  bedeutet  der  Ausdruck  ina  nnycro,  trotz  .vnn'm  xa^'!  und  trotz  der  un- 
genauen Ausdrucksweise,  deren  sich  Rasi,  durch  den  Text  gezwungen,  hier 
bedient,  nicht  ein  eigentliches  Sklaventum,  sondern  eine  Abhängigkeit  von  dem 
Mächtigeren.  Richtig  übersetzt  S.  Funk,  Monumenta  Talm.  I,  Nr.  73,  „unter- 
worfen sein";  es  handelt  sich  um  die  Stelle  Baba  Mezia  73''  —  nicht  83*',  wie 
hier  irrtümlich  gedruckt  ist  —  die  auch  unser  Verfasser  zum  Vergleiche  heran- 
zieht. An  dieser  Stelle  legt  Rasi  auch  das  Wort  in^pima  unsachlich  aus;  es 
bedeutet  „Schriftstücke",  „Steuerrollen"  (Levy  III,  41);  bei  Rasis  Erklärung: 
on^c  nnay  nmn  —  hätte  Dr.  S.  Rubin  diese  Sache  zu  cmn  stellen  müssen,  das 
er  auf  S.  220,  Anm.  4   bespricht. 

S.  222,  Anm.  2.  Der  Verfasser  hat  sich  hier  leider  von  einer  schlechten 
Lesart  leiten  und  darum  zu  einer  gcschrauften  Erklärung  drängen  lassen.  Tossifta 
Baba  Bathra  IV,  5,  p.  403,  ed.  Zuckermandel,  hat  in«  did  (dies  auch  im  nächst- 

II 


Nachträgliche  Bemerkungen.  ö'J'S 

folgenden  Satz  und  im  nächstfolgenden  Paragraphen,  zusammen  viermal),  und 
der  Verfasser  hat  nicht  das  Recht,  im  ersten  Satze  -nx  zu  emendieren.  Nicht 
nur  stört  er  so  den  Parallelismus  mit  dem  nächsten  Paragraphen  (den  er  gar 
nicht  zu  beachten  scheint),  sondern  hat  auch  keine  Erklärung  für  die  Worte 
vaion  cy  is:di  (die  er  in  seiner  Übersetzung  tatsächlich  ignoriert)  und  muß  noch 
außerdem  loy  nn«  ciai  im  zweiten  Satze  im  Plural  übersetzen.  In  der  angedeuteten 
Lesart  ist  in  der  Stelle  alles  klar  und  einfach.  Falls  der  Verfasser  von  Bar.  b. 
Baba  Mezia  80^  ausgeht  (was  er  aber  nicht  andeutet  und  an  dieser  Stelle  gar 
nicht  anführt),  wo  in  manchen  korrupten  Agg.  wirklich  nnN  cifD  n2  H'm  steht,  so 
hätte  ihn  auch  dort  der  Zusammenhang  eines  Besseren  belehren  sollen. 

S.  223,  Anm.  1  gegen  Ende  polemisiert  mit  mir  der  Verfasser  in  Sachen  der 
Auffassung  von  pr:iD  in  der  vorhin  berührten  Stelle  Tossifta  Baba  Bathra  IV,  5. 
Ich  habe  (in  Talm.  Arch.  11,  493,  Anm.  603)  geschrieben,  daß  CV2  jedenfalls  ein 
Leibesfehler  sei,  was  ja,  wie  ich  sehe,  auch  Rubin  nicht  leugnet.  Nur  meint 
er,  in  Tossifta  a.  a.  O.  seien  die  angeführten  Übel  XM  n^'i,  x^n  HDic  etc.  (bei 
Rubin  leider  in  unrichtiger  Reihenfolge  gedruckt)  die  Erläuterung  des  Wortes 
poio.  Das  leugne  ich  wieder  nicht.  Demnach  ist  ;'rDir3  ein  oberer  Begriff,  dem 
„krank",  .,irrsinnig"  etc.  untergeordnet  sind.  Was  ich  hervorheben  wollte,  ist 
nur  der  Umstand,  daß  die  Leibesfehler  (ich  schrieb  ausdrücklich  dazu:  „auch 
Krankheit,  Irrsinn,  Epilepsie")  einer  Sklavin  ..schwerer  zu  beurteilen"  sind.  Ich 
gebe  zu,  daß  halakhisch  Rubin  recht  hat,  der  in  Bezug  auf  ps::'D  (daß  es 
nämlich  den  Kauf  nicht  rückgängig  macht)  und  jene  seelischen  Fehler  (daß 
sie  nämlich  die  Giltigkeit  des  Kaufes  hindern)  zwischen  männlichen  und  weib- 
lichen Sklaven  keinen  Unterschied  macht.  Aber  darin,  daß  ich  den  Umstand, 
daß  diese  Leibes-  und  Geistesfehler  in  unseren  Quellen  nur  bei  der  Sklavin 
verhandelt  werden  (Rubin  hat  allerdings  eine  andere  Erklärung  dafür),  dahin 
ausbeute,  daß  darin  für  das  praktische  Leben  ein  Wink  niedergelegt  sei,  indem 
es  in  der  Natur  der  Sache  begründet  ist,  daß  man  eine  Sklavin  absolut  von 
Leibes-  und  Geistesfehlern  frei  wissen  will  —  darin,  so  glaube  ich,  habe  ich 
recht.  Von  diesem,  wie  mir  scheint,  richtigen  Gesichtspunkte  mußte  ich  in  der 
Anlegung  meiner  Talmudischen  Archäologie  ausgehen,  und  somit  erledigt  sich 
auch  die  Bemerkung  Rubins  zum  Schlüsse  seiner  Arbeit  (S.  229,  Anm.  3),  wo 
er,  mit  mir  polemisierend,  es  unbegreiflich  findet,  daß  ich  einen,  wie  er  sagt, 
nur  gelegentlich  auftauchenden  Gedanken  im  Talmud,  der  aber  für  die  Norm 
gar  keine  Bedeutung  habe,  als  zu  Recht  bestehend  angenommen  habe;  gerade 
solche  gelegentlichen  Gedanken  sind  für  mich  symptomatisch!  Zum  Schlüsse 
möchte  ich  noch  bemerken,  daß  die  halakhischen  Mittel  nicht  immer  ausreichen, 
einen  verhandelten  Gegenstand  zu  beleucliten;  so  z.  B.  im  Falle  des  Begriffes 
psr^'C,  denn  ihn  mit  „Schönheitsfehler"  zu  wiedergeben  (Rubin),  halte  ich  für 
verfehlt. 

S.  224,  Anm.  3.  aiün  =  Marke,  dem  Sklaven  eingebrannt,  möchte  Rubin 
nur  auf  denfuffiticus  beschränkt  wissen.  Der  Wortlaut  Tossifta  Makkoth  IV  (III),  15 
(nicht  9,  was  Rubin  fehlerhaft  von  mir  übernommen  hat),  p.  443,  spricht  für 
ihn.  Aber  in  der  Sache  habe  ich  doch  recht;  biblische  (!),  rabbinische,  neuer- 
dings auch  den  Assuan  Papyri  entnommene  Analogien  sprechen  dafür,  daß  der 
Sklave,  gleich  dem  Vidi,  in  der  Regel  gestempelt  wurde;  siehe  darüber  die 
Notiz  von  S.  Klein  in  ^.'ln  |nsr:  nDTJn  If,  119.  Ich  bin  in  der  Lage,  noch  folgendes 
nachzutragen:  Gen.  R.  35,3  lautet  in  der  rezipierten  Version  z)h~  Ti'i  n^nü'  inah 
^^^2-J  h-j  i2n3i  1:2  h';  ^:ni  cpn  nnn  (1.  2h)p).  Es  kann  sich  hier  nur  um  die  Stempelung 

111 


Ö74  Samuel  Krauss. 

oder  Brandmarkung  des  Sklaven  mittels  einer  glühend  gemachten  Hacke  handeln, 
obzwar  leider  die  Quelle  hier  allzu  kurzsilbig  ist  und  namentlich  die  Beziehung 
zum  Texte  Gen.  IX,  14  nicht  feststeht.  In  ed.  Theodor  (p.  330)  ist  nmi  nSiD  auf- 
genommen worden,  was,  wie  dort  bemerkt  wird,  gar  keinen  Sinn  gibt.  In  merito 
bemerke  ich  noch,  daß,  wie  ich  schon  längst  vermutet  habe,  die  richtige  Wort- 
form GCn  (nicht  omn)  ist;  so  in  jn  n<2  r|>:i«n  ::sn3  (Urkundenbuch)  des  R.  Hai 
Gaon,  ms.  Petersburg,  neuerdings  herausgegeben  von  S.  Fuchs  in  Sachau- 
Festschrift  S.  174  f.  S.  Fuchs  bemerkt  dazu  (S.  177,  Anm.  3):  „Gemeint  ist  das 
Zeichen,  welches  man  den  Sklaven  aufprägt" ;  also  auch  für  ihn  allgemein, 
allen  Sklaven,  nicht  gerade  dem  fugitii-us.  Zur  Sache  vgl.  auch  babyl.  Sindu 
(hier  weiter  oben  S.  310). 

S.  224,  Anm.  4.  Zu  dem  dunklen  inva  schrieb  ich  selber:  „Die  Haftpflicht 
auf  vier  Jahre  rückwärts  (dieses  Wort  ist  zu  betonen!)  will  nicht  einleuchten". 
Warum  ich  eine  Haftung  nach  rückwärts  angenommen  habe,  was  nach  Rubin 
„entschieden  unrichtig  ist",  weiß  ich  jetit  nicht;  ich  werde  es  irgendwo  gefunden 
haben.  Nun  steht  aber  in  ms.  Petersburg  (siehe  vorigen  Punkt)  p'nyn  ini'  nyi 
(so,  nicht  nn^JD),  wo  ini'  jedenfalls  irgend  einen  Fleck,  einen  Aussatz  bedeutet 
(siehe  S.  Fuchs  zur  Stelle);  da  aber  p^ny  daneben  steht,  so  handelt  es  sich  um 
einen  alten  Fehler,  und  nicht,  wie  Rubin  (nach  Rasi  ?)  will,  um  einen,  der, 
jetzt  geheilt,  durch  vier  Jahre  nach  dem  Verkaufe  wieder  ausbrechen  kann. 
Wie  kann  überhaupt  ein  Gebreste,  das  möglicherweise  erst  in  vier  Jahren  zum 
Vorschein  kommt,  Gegenstand  der  Haftung  sein?  Sagen  wir  ein  Jude  zu  Cäsarea 
in  Palästina  kauft  einen  Sklaven  von  einem  —  Spanier;  der  soll  ihm  vier  Jahre 
Red'  und  Antwort  stehen  für  etwas,  was  hernach  geschehen  wird?  Anders  ist 
es,  wenn  der  Sklavenhändler  auf  vier  Jahre  zurück  garantiert,  daß  der  Sklave 
gesund  ist;  das  kann  er  wahrscheinlich  dokumentarisch  ausweisen  auf  Grund 
jener  Garantien,  unter  denen  er  zu  dem  Sklaven  gelangt  ist.  Und  sind  nicht 
die  anderen,  in  der  Sklavenkaufurkunde  miterwähnten  Garantien  (es  besteht 
kein  Einwand,  kein  Einspruch  seitens  des  Königs  oder  der  Regierung  gegen 
ihn,  keines  Menschen  Zeichen  ist  auf  ihm,  er  ist  frei  von  jedem  körperlichen 
Fehler,  von  jedem  Geschwür  usw.)  von  der  Art,  daß  sie  sich  auf  gegenwärtige 
oder  vergangene  Dinge  beziehen? 

S.  231.  Vgl.  desselben  Verfassers  Artikel  „Die  Bürgschaft  als  Motiv  in  der 
jüd.  Literatur",  der  seitdem  erschienen  ist  in  MGWJ  LX,  213  —  226  und  263—278. 

S.  271  (in  meinem  eigenen  Artikel  hyd).  Zur  besonderen  Prägnanz  in  dem 
Verb  X13,  wovon  riNisn,  vgl.  noch  die  nh.  Phrase  Z"hz'  nx'nn  K^tr,  die  man  oft  findet 
(z.  B.  Miina  Challa  I,  3);  vgl.  auch  n^2r\  22^  H^2^:^  Ps.  XC,  12:  einbringen,  erlangen. 

S.  272.  Ich  bin  über  3^n  =  Fett  zur  Etymologie  von  yr^T  =  Gehirn  ge- 
kommen. Ich  bemerke  nun,  daß  nach  N.  J.  Schlögl  (Die  heiligen  Schriften 
des  Alten  Bundes,  III.  Bd.,  2.  Teil,  Hiob,  Wien-Leipzig  1916)  in  Hiob  XXI,  24" 
aSn  inSü:  vjdo  zu  lesen  sei;  Parallele  24''  npK"  rmrDi'j?  nbi!  Vgl.  in  meinem  Artikel 
S.  277,  Anm.  1,  wonach  anaQirj  sowohl  für  iSn  als  auch  für  die  Ausdrücke 
"iB'i'fD,  n^rx-i,  nonn  etc.  steht 

S.  282,  Zeile  3  von  unten.  „König"  =  Patriarch.  Vgl.  damit  die  Anwendung 
von  i'j>j?  .nannn  rs'2  iSa  (Jes.  XXXllI,  17)  auf  den  Patriarchen  Juda  11.  in  jer. 
Sanh.  II,  6,  20"  unten  (Bacher,  Agada  der  paläst.  Amoräer  1,  G). 

S.  287,  Zeile  3  von  unten.  Sm  =  Saj,  wovon  SaSa.  Es  fügt  sich  gut,  daß 
in  unserer  Festschrift  selbst  (S.  358)  in  ähnlicher  Weise  iriasu  von  r]aa  zur  Sprache 
kommt;  auch  da  gibt  es  ein  qia  =  e|iv. 

IV 


Nachträgliche  Bemerkungen.  575 

S.  288,  letzte  Zeile.    "T2T  (vgl.  oben  S.  571)  von  in.  Ein  anderes  ist  =  in 
und  Verwandtes  siehe  bei  L    Ginzberg  in  unserer  Festschrift  S.  344. 
S.  289,  Zeile  15  von  oben  lies  [ausjgestattet. 

S.  290  zu  voir:  (und  -anr:)  vgl.  das  häufige  tinpr:  (z.  B.  in  Misna  'Orla  III,  7), 
vrofür  das  Vorbild  schon  in  Deut.  XXII,  9  vorliegt. 

S.  292.  Zu  nrj'iiin  in  kirchlichem  Sinne,  wie  auch  zu  nr^'r:  in  politischem 
Sinne  (S.  278),  vgl.  ni:r,r:  als  Abgabe  an  die  persischen  Geistlichen  bei  Funk 
oben  S.  429,  Anm.  8. 

S.  297.  Daß  in  'rim:!  der  Begriff  „Brot"  steckt,  habe  ich  in  Lehnw.  II,  184 
sehr  gut  gesehen,  was  billig  zu  verzeichnen  ist.  Ich  habe  für  p:i,-2-ip.",  eine  Lesart, 
die  jedenfalls  beachtet  zu  werden  verdient  (1.  pjifinp),  xqo^ivov  gesetzt,  was  I.  Low 
abgelehnt  hat.  Nun  finde  ich,  daß  besser  zu  setzen  ist  y.Qift,vov  oder  xqI^vov 
Gerstengraupe,  und  es  ist  nur  anzunehmen,  daß  auch  das  daraus  bereitete  Brot 
so  hieß;  tatsächlich  findet  sich  y.QifivaTtag  sc.  aQtog  sowohl  bei  Pape  (\Vb  )  als 
auch  bei  Blümner,  Technologie  und  Terminologie  der  Gewerbe  und  Künste  bei 
Griechen  und  Römern  (1<)12)  I,  79.  Das  j'jir^T  also,  welches  einige  Parallelstellen 
bieten  (siehe  Lehnw.  und  Gen.  R.  ed.  Theodor  p.  301),  das  aber  'Arukh  nicht 
kennt,  hat  keine  Berechtigung  und  ist  in  |':i,':np  zu  berichtigen.  In  der  be- 
treffenden Erzählung  haben  wir  demnach  mit  drei  Fremdwörtern  zu  rechnen: 
1.  '::i-;i.i  yaodovfiLov,  2.  '.^^n.:  yÜQLGfia,  3.  p:ianp  {xoiixvov  xQt^uvov'^).  Die  Quellen 
bieten  bald  nur  eines,  bald  zwei,  bald  auch  drei  dieser  Wörter  (in  einigen  Texten 
durch  cnS  oder  xan:  ersetzt). 

S.  29.-',  Zeile  7  von  unten,  pnsin  1.   n. 

S.  303.  So  wenig  I.  Low  (zu  Lehnw.  II,  413)  und  F.  Perles  (an  unserer 
Stelle)  mit  der  Ableitung  von  iiMD  =  reffula  zufrieden  ist,  so  wenig  bin  ich  es 
mit  dem  hier  versuchten  Si;-iD  =  strigil[is)  =  Schabeisen.  Eher  möchte  ich  das 
Wort  mit  der  gut  semitischen  Vv^urzel  ;!-iD  (Levy  III,  585)  zusammenstellen;  der 
regelmäßige  Zug  der  Linien  auf  dem  Pergament  läßt  auf  ihm  ein  Geflecht,  ein 
Gitterwerk,  ein  Umspannen  entstehen.  Das  h  ist  Bildungssilbe  wie  in  Siy:.:; 
S;;-!D  Verb  ist  Denominativum.   Aber  das  'T  in  syr,  n;!-iD  kann  ich  nicht  erklären. 

S.  306  pt:p'ap.  Ich  finde  jetzt  die  Lesart  in  'Arukh  ppiup  sehr  beachtens- 
wert: yiuzäQy.rjg  (Gegensatz  zu  avtuQ^rjs)  =  unzufrieden,  ungenügsam. 

S.  310  x-in'n  =  d-v^mna,  so  schon  S.  Fraenkel  in  ZDMG  LV,  355. 

S.  322,  Anm.  1  bei  Epstein  deckt  sich  mit  S.  332,  Anm.  J,  Ende  bei 
Ginzberg. 

S.  329,  Anm.  1  ]^^zn  '3.  Es  fehlt  sowohl  hier  als  in  J.  Enc.  II,  610  der 
Hinweis  auf  meine  (allerding.s  kaum  haltbare)  Erklärung  in  meinem  „Das  Leben 
Jesu  nach  jüd.  Quellen"  S.  255 

S.  333,  letzte  Zeile,  „der"  lies  „den". 

S.  334.  Die  Erklärung  von  itiin  Trg.  Prov.  XXVII,  22  ah  Nm«  „Tenne", 
im  Sinne  von  „öffentlich",  ist  unannehmbar,  schon  des  unbegründeten  Suffixes 
wegen,  noch  mehr  aber  wegen  des  auch  im  Trg.  beibehaltenen  CT.rr;,  das  eine 
figürliche  Auffassung  des  Satzes  ausschließt.  Ich  bleibe  bei  der  Erklärung  in 
Lehnw.  II,  VG.  Zu  s-nx  =  Tenne  figürlich  =  Synedrion  wäre  übrigens  auf  n:i  x-i-x 
und  t<-.:i;  N-nx  (im  Zohar)  zu  verweisen. 

S.  335  Die  Weiterbildung  von  p'ü'x.  jx'ti'x  aus  «:;'n^  das  auch  er  aus  ir« 
verkürzt  sein  läßt,  nimmt  schon  S.  Fraenkel  an  ZDMG  LH,  292  Ich  hätte  für 
diese  Annahme  zumindest  Analogien  gewünscht.  „In  alten  Quellen  ist  d  nie  =  <J 
und  beruht  die  gegenteilige  Behauptung  von  Krauss  I,  8  auf  einem  Mißverstand- 


576  Samuel  Krauss. 

nisse".  Mit  Verlaub!  Wo  bleibt  der  Beweis  für  diese  „gegenteilige"  Behauptung? 
Wenn  Ginzberg  meine  zwölf  Beispiele  sämtlich  streicht  oder  emendiert  oder 
für  jung  erklärt,  so  leugnet  er  doch  wohl  jtintt'  =  Zr^äzcov  nicht  (Lehnw.  II,  583), 
dessen  Varianten  zur  Genüge  zeigen,  daß  der  erste  Laut  =  soh  gesprochen 
wurde.  Selbst  für  den  Fall,  daß  der  Ort  (Straton stürm)  ursprünglich  =  pmncy 
sein  sollte,  wovon  fcnt:'  etwa  eine  Spur  bewahrt  haben  mag,  kann  ja  das  uns 
vorliegende  'B'  doch  nur  =  Z^tqcctcov  sein. 

S.  340  Na»i?.1.  Vgl.  Byz.  Zeitschr.  X,  305. 

S.  345,  Anm.  2.  „Targ.  Jes."  etc.  lies  XXXIII,  23.  Zur  Sache  vgl.  oben  S,  308. 
S.  346.  Viel  einfacher  ist  es,  zu  sagen,  daß  Eigenname  xnn  =  bh.  nnln 
ist  (sechsmal  in  der  Bibel;  vgl.  ebenfalls  in  der  Bibel  nnmn  und  irrmn  etc.,  siehe 
Wbr.  und  Konkordanzen),  und  unterscheidet  es  sich,  aus  bekannten  Gründen,  nur 
orthographisch  von  diesem  seinem  Vorbilde.  Übrigens  braucht  '^n^  (I.  Chr.  II,  47), 
falls  es  die  Masora  richtig  vokalisiert,  gar  kein  theophorer  Name  zu  sein  und 
ist  von  nnn  (=  danket  Gott  oder  =  meine  Pracht  ist  Gott)  jedenfalls  zu  unter- 
scheiden. 

S.  348  nni.    Hier  muß  ich  dem  geehrten  Verfasser  entschieden   entgegen- 
treten.   Der  von  ihm  aus  mehreren  Stellen  belegte  Spruch:   „Wer  da  sagt,  Gott 
ist  nachsichtig"   (pnii),    lautet  im  Nachsatze  nicht   „dessen  Eingeweide  werden 
überflüssig"    (inniiD^),    sondern:    „dessen    Eingeweide    sollen    aufgelöst   werden" 
(sollen  heraustreten,  herausfallen,  platzen);  vgl.  Rasi  zu  b.  Baba  Q.  50''  r^n  nnr 
(hier  ausnahmsweise  steht  D'>n  und  nicht  D'i'ro  >3D)  =  r^n  npai»,  wonach  nnr  Passiv 
des  gewöhnlichen  Tnn   ist,   also  von   inj,   und   es  ist  für   den   Stamm  im   kein 
Raum  da.    Nur  ist  anzunehmen,   daß  unser  "in3   aramäische  Färbung  hat  (in 
der  Tat  lautet  der  fragliche  Spruch  an    allen   drei  Stellen  des  jer.  Talmud,  ii^ 
Pesiqtha  RK  161^   und   sonst  in  einigen  Midrasim  —  aramäisch;  vgl.  Bacher, 
Agada  der  paläst.  Amoräer  I,  8,  Anm.  4),  und   dieses  aram.  nn3  syr.  "i^-j  heißt 
„abfallen"    (Levy,    Trg.  Wb.  II,   133,  Neuhebr.   Wb.   III,  460;    Jastrow   946); 
vgl.  Dan.  IV,  11.  Es  „fällt  ab"  das  Laub  und  die  Frucht  vom  Baume,  doch  auch 
das  Auge    und    der  Zahn  vom   Körper,    das   Haar  vom  Kopfe    —    Dinge,    die 
dem   Herausfallen   der  Eingeweide  in   unserem  Spruche  sehr  ähnlich   sind,    ja 
es  kommt  auch   n'rsa  xn'?«  in:»  vor   (Trg.  Hiob  XXVII,  8  für  hhv  =  9t;'3  =  itt'3), 
was  mit  i"n  nni'  völlig  gleich  ist.  Vgl.  auch  die  Deutung  von  nnma  Gen.  XXX,  36 
in  Gen.  R.  73,  9.    Zu   Gant.   R.   III,   4  Vi?a  nmnj   sagt   also   Mathnoth   Kehunna 
ganz  richtig  iD'pT  N3'tr'i  '33  mn:  x'no  nS^s:  prS,  und  es  ist  kein  Grund  da,  dieses 
nni  zugunsten   der  Lesart  in  Jalqut  v;^  inn:   (aus  iT-iin:  ?  oder  von  nn  ?)   auf- 
zugeben.   Die  Lesart  inn^n^  in  Ms.  K.  des  Midr.  ha-Gadol  I,  432  —  von  Ginz- 
berg angeführt  —  ist  demnach  einfach  |nn:n'  zu  lesen  (Ginzberg  läßt  dieses  3 
gleich  n  sein).    Das  allerdings   besser  bezeugte  jnnn'  erkläre  ich  mir  wie  folgt: 
Aus  Stellen  wie  d>u  imm  nxi  (Hab.  III,  6)  hat  man  ein  neues  Verb  in^  und  hierauf 
^nl  gebildet;  dieses  heißt  nun  in  medial-passiver  Form  pinnnv 

S.  352.  nisoSin  n>;  „Rumpelkammer"  von  ohn  =  ^_y«).A  „abgezehrt  sein"  — 
leuchtet  nicht  ein.  Vielmehr  D^n  =  t'hn  und  Trg.  r^>n  oben  S.  299  =  Schatz- 
kammer, Magazin. 

S.  354.  Tiin  pv  1.  nnn  =  nnn.  Demnach  auch  nnnn  Num  XXXIII,  24  f.  Name 

einer  Quelle,  hernach  der  eines  Ortes 

S.  359.  Ableitung  von  n'^ra  von  x^u  =  n^D,  wie  ich  es  in  der  angeführten 
„Monographie"  (ein  etwas  zu  starker  Ausdruck!)  ausgeführt  habe,  genügt  und 
„befriedigl"  vollkommen;   n^Su  aus  griechisch  otoI^  ist  mir  ganz  unannehmbar. 

VI 


Nachträgliche  Bemerkungen.  577 

S.  360.  Wozu  ^<,^  mit  ;p  zusammenstellen  wollen?  Der  Übergang  der  T's 
in  V""  der  besprochen  wirJ,  ist  viel  einfaclier  mit  p  (von  p;)  anzunehmen:  Stelle, 
Gestell,  dann  „Nest";  vgl.  ,-;:«,rr:  vom  „Stand"  der  Tiere  (Talm.  Arch.  II,  132). 
S.  3'iC  Das  unerklärt  gelassene  p^~'"'p  ist  wahrscheinlich  deutsch  „Krüglein" 
oder  französisch  cruche,  cruchon.  Irdene  Krüglein  mit  dem  zurückgebogenen, 
durch  Löcher  W^asser  spendenden  Henkel  gibt  es  heute  noch  auf  dem  Lande 
in  Massen. 

S.  390,  Anni.  6.  Dem  Y^i'^^sser  ist  leider  eine  falsche  Lesart  unterlaufen; 
Trg.  Seni  Esth.  II,  9  ed.  Ven.  und  ed.  Lagarde  (p.  237)  steht  „sie  sagte  ihnen 
die  Großartigkeit  des  Königs  (KiSoT  N'JJ:0  von  (layyavov,  das  von  mannigfacher 
Bedeutung  ist;  siehe  Lehnw.  II,  342):  hier  ißt  er,  hier  trinkt  er,  dort  schläft  er; 
darum  steht  geschrieben:  „nir'ron  n^a"  (nach  diesem  Beleg  soll  es  wohl  heißen 
'^2  »2T  ':>i'2  Großartigkeit  des  Königspalastes).  Wie  kann  K';,':o  (so  liest  Klein)  hier 
„Schlafstätte"  bedeuten?  Dasselbe  falsch  auch  bei  Levy,  Trg.  Wb  II,  7.  Dem- 
nach N"j.'!on  rr::  M.  Kil.  VI,  4  (in  ed.  Lowe  no^tsn  1.  n»3jer),  beziehungsweise 
p:\'!rin  n'2  in  T.  Kil.  IV,  7,  p.  78,  Z.  31  doch  nur  Name  eines  Ortes,  und  zwar 
=  „Haus  der  Schilde",  also  ein  Waffenplatz,  um  so  mehr,  als  vorher  w;  "löj 
(etwa  T'TV  bh.?)  steht,  das  ebenfalls  kriegerisch  klingt.  Wie  könnte  auch  iniH*n 
gesagt  sein  vom  Bringen  in  die  Schlafstätte?  Zu  der  aramäischen  Form  von 
N":.".2n  n'3  vgL  v.'>^^^2  nyp;  n'2  bei  Klein,  S.  390,  Anm.  10  und  is'i  n'n^r  daselbst 
S.  392,  Anm.  25;  vgl.  auch  N'^ns  Lehnw.  II,  II. 

S.  405,  Anm.  1.  Zu  Deut.  XXXIl,  13  vgl.  oben  S.  399.  Zur  Sache  v^h 
Ps.  LXXXI,  17. 

S.  412,  Anm.  4.  In  der  Auffassung  des  Satzes  in"3«Dr3  k^^t  Wi»  NpBJi  gebe 
ich  dem  Verfasser  reclit,  allein  a^^pi  »o  kann,  wie  C'^2T  vi  und  die  Variante 
c^pT  '0  zeigt,  doch  nur  das  aus  dem  angestochenen  Baume  selbst  gewonnene 
Wasser  bedeuten,  und  nicht  Quellwasser,  das  zufällig  zwischen  zwei  Palmen 
hervorsprudelt.  Der  Amoräer,  der  in  b.  Sabb.  HO"  letzteres  erwähnt,  legt  eben 
in  die  Misna,  wie  es  schon  zu  geschehen  pflegt,  einen  falsclien  Sinn. 

S.  413.  Anm.  3.  jr^n^  (statt  p^iiS)  erledigt  sich  jetzt  durch  das  oben 
S.  321   Gesagte, 

S.  433.  Santar.  Da  ^'CZ2  misnisch  und  noch  dazu  lateinisch  ist  {saltarius, 
siehe  Talm.  Arch.  II,  lOii;  unrichtig  Lehnw.  II,  403),  so  kann  in  ihm  kein 
persischer  Würdenträger  gesehen  werden. 

S.  4ti3,  Anm.  2.  Das  Zitat  aus  piv  n^c*  4,  4,  23  stimmt  nicht. 

S.  476,  Zeile  2  des  hebräischen  Textes  ist  ^n:  gut  verständlich:  „er  gebe 
dir  einen  geraden  Lebenswandel  auf  jedem  Scliritt". 

S.  484,  Anm.  3.  Räba.  Vgl.  bei  Marmorstein  S.  462.  Auch  sonst  berührt 
sich  Poznaiiski  einigemal  mit  Marmorstein;  vgl  z.  B.  Ramla  S.  486  mit 
S.  467,  Anm.  7.  Zu  erwähnen  wäre,  daß  Ramie  (so  spricht  man  den  Namen 
heute  aus)  im  8.  Jahrhundeit  einigemal  Sitz  des  Clialifen  war;  vgl.  Munk, 
Palestine  p.  614;   Poznauski  selbst  in  REJ  XLVIII,   156,  Anm.  2. 

S.  491,  Anm.  1.  „Schüler"  braucht  nicht  direkt  gemeint  zu  sein,  sondern 
in  übertragenem  Sinne. 


Festscbrift.  37 

VII 


C'tri  y:zh  Tfatt'  nu-x  onsin  •?=  rbtn  nDiri  Knp  .-jöi?  rrn«  nirsD  nxi  Töiia  yw"? 
-Dra  pim  jfan  ix  mip  pn  nrx  nxe^b  ni-in  ns  '?'?2  -»i^-iEn  nn  j-xi  .an-'?«  lan'? 
MK  "rDKi  ^'nnnm  Yn'iiü  r{:n  nxi  .in'  D';£n  "ju?  hv  nn  D'-aSim  d*2=id  cbia  nn-n 
in''?rn'7  •'y^a  "b  lan^  n''r>rn  j"«"?!  lön''  nS  nx  'an-,  nbirb  '3  njn  ."n'?:fn  'trs] 
:j)2n;  'pn  -lamai  -[sms'  -j'ds  '":x  ahn  ,n"naKn  ■]nn'?i'n";  -inmts"?! 


VIII 


D-iTn  03  ,:::nbw  hr<  on-a;  d:  ,[D]n'?ii  n::i  üirs  x'?  .D'poisi  na'^a  xiS2j3  pmyn  nx 
die  ^'^do  pd^n  nx  n^'r^tn'?!  ^xabi  bn:,-ib  nssx^  d^n^cnm  .dn'?^  niDdi  dtnx:i  ,abr\p) 
ün  dnty  nüx''  d^tynnm  .d'dda  -iidsdi  Trn  msm  -iiddd  dx  ^d  jn'rt'di  n'dd  xb»  „t^jq 
.in'?2inn  "önön  m^'i^yn'r'  .ddiTi  d^sidnn  nx  -[bint:^  "ü  nnbi^nn  d-'brisi  d-'b-inrian 
lan  ^^xd  dbidtt^  x'?x  d'?n  njidi  nnx  ni:p  mpSn.^n  tiZ'b^  ■'id-id  r-tr  jm^t'  ■'bixV 
d"?  bdtr  ,inm  -inn  rdia  "sb  nn  ,-1,112  ir-n  dmir  p'^nm  dm'^inu'n  t:r>^m  ,-dn''-i"' 
mpia  id  -ixir:  pxi  ,'^idbdi  i^rd  ,pdTiDn  in^n  'dn::i  vdn^ji  inxim  iy::d  inx  -[bin 
nnrd  diirni  dinx  d-ix  i'x  ntn  nnd  ^"^ixi  -mr^'n  ni^db  xbi  my^-n  ndnxb  x"?  -nbmb 
nb-i:E'  „-I7  jQixd  ij^n  ,intt?x  "ryd  d:  ü'f2i's>b  ^xi  iö:üy  "D^rd  ex  •'d  -tsya  'inx  jJa-':' 
.dnnx  bnü  dixn  md''tt?n  nidxj  Drisdi  niDy^n:i:'  -jird  lüiiy  "^^ix  md'srnn  nnr-n 
-nündi  -,xT-ip  bid-x  xdxi  xia-'ian  bid"-'?  d-i  "d  nd  :dT,-i  nt'un  n^ix  n^.T  nt'x  n-xi 
irre?  nd-in  d'Diüip  mind  idbd  xb  -dbn  ■')a''j:n  -inxd  d^ti'in  dn^six^^  dmdid 

ni"?  -]iJ3Dn  mn  ir  d:  dx  "d  ,d,T'TJ2':'rTi  d^üdnn  nvd-  "tssti'ia  xn^n  ' na 

■^npdi  n-'dd  diD  mx-i*?  d'ia^  d,-nx  ^r'n^rd  d"n  yznn  rt-xn  \"3  pb)  ."d  irrext:' 
z'?  "ü  •'b  -ix  px  dx  r^jnndi  naind  np\-i  ddnn  nüxisn  ^r  vdm  drn  id^"'  ,nr-iadi 
indnsdi  vnd  •'i'^n  n\Tttn  dnnx  piün  bv  lüity  b'^is''  x'?»  d''"n  ti-i  ib  md'f  iD'-'n 
D'^T'pixsm  d-'dnpm  nt'xm  mnxm  ,imnn  -dxn  ,'T'n\n  p:ind  ix  ^[d-d*^]  piid  imd'ti'ndi 
B]bn  Ab  nxdn  mmdirJadi  in-i^ptrm  inbirsd  iD"n  -iD^-rd  "i'^n  dx  'd  ,]ni']vb  dndd^am 
TTid  p-n  nrnian  "pn  "d'?!  porn  rdtD  •'eb  .Tm'?'?dd  mcd  xin  d'-Ttn  ■i'^Jiri  mirr^  n^ 
.ndj  "imd"  jd  ''d  n:r\  :id  dipi  ,U'-\x'7  nrn'?  : mdnn  dvpbi  n';?2-  nnbxnb  dnxn  y^r  nr' 
''JiDrm  fidd  dT-id  dx  -nn'r'X-i':'  ip^m  Mm)  irdü  ^zb  mnd^i:?  na  ^s"?  -inxi  nnx  "pdi 
-inytr'?  mx-^Jüian  nniddi  cm^a'^d  jvrm  nmjün  ■'"nd  dxi  x?)m:dm  mddd  dx  o-'ntrd 
nbya'^a  "^iiad  n^B^yai  pn  nrntr  md'?ün  pem  jrtim  n-rdi  -d'dmxi  d'dinpd  n-'mbi 

tnonnxd  ni"2?:n  xm  dvon  n3nni2i  ,d''dna 
y^Sib  pdn  n:n  -nj-^ndm  ndman  --inx  inn-nd  ndn  bis-iy  7X  "d  r:^  'dinx  rm 
dnd  ny^n  nddtr  na  d'pdism  Tiü'^nn  mabd  r|nn  bxi  inxn  n!:"Xd  ,n\n''C'  nrx  -]nnn 
-Tidtrx  jiti6  mabi  ;:'npn  ]wb  m^ab  '?r  n'ixn  nT'ptt'di  .m^'b^'n  ja  nü'idfa  nrnnüb 
■•d  "irsD  nx  njim  -nn  "^^rnnii'  r\b'bm  .jidrnn  n^i'r.^di  p'nrd  nnti'VDn  nd^ndm 
n::n)2m  ,r|Dd3n  np-'rn  x\n  ma'bt'n  jn'^'di  nia  ndn  '?ddi  ,n'7Xd  Diyj^n  -jS  p'-dd^ 
mnd73n  nrnndnn  mr^na  n,'::di  nisd  nnx  '?yi  -n'rx  iD^a^d  pxd  ini^d  T^nm  ■ir^brni 
nx-im  ,dn'"'?r  "intbi  "^vp^b  ^-sdJa  ■';xi  .d''"nd  "im  nu'pd'?  md-^i  n"i:'xn  ,'?d'-'  mampn 
ntrx  ''rxünxDn  isdn  n^dty  dm^an  nxü  ^bü-ixin  ^mJab  '^y  n'^xn  dndis'  d3  rtt'nb 

T 

"bxünxDn  "rjy  "^y  nrndd  -narb  "^dina'  jaixn  bv  i:dt'x  ptt''?d  ■]ma':'  inrm  -n^'d 
'rr'n  mdrd'?  ,nu?n  mpm  nxn  a"dn  nn  Dpid.an  jöid  e"dr  d*^-i  mapn-n  '?r:'  "^iix 


:'Nn  in«  V'i'ti'  D"«i  'ya  iny  aino  >"nD3  1 

:n"d  pt2^i  2 

tj^ipS  '^  "itt'BN  »Nif  mt:'t:B'iDa  D'^a  »ntf  ^ 

j'nvio  HTisDim  nariti':^'  riNiJi  nion  "d'^i,;  n^a  * 

VII 


tiiih  2'h  mm'  ^^ 


•'W  3nD!3 


:  'r'JoiDntD  T'n  'n  n-iK  v  ist  di''  n"a 
t  '"P'^c?  Dmas*  ':  nrm  pnra  "^sb  ibsioi  -ip''  -zn'?  nian/a  ^n'^n  •:n 

nnt<  CS  inr  "js*  j's  ."ib  nmo  Kinu?  mnn  |pin  "rns"?  mio  "j-nyi  .'?'72i  "^bs  i'nmKi^i 
-[i2i'?r2  b'NiL"'?  QS*  "3  ,"]"3S  "^r  in'mnb  nny  tss  k"?  -[i?  ,nn  yvz:  p'iiinb  'Ku?m  bis' 

D"'D-i:in  :i^n  niai  .nnr  cirur  nn  "b"?  nnJam  ^•la'^Dai  '?rs!3n  -i"n  'sn-n  "D'Dra  dj 

•"3  rnv  Dtt'm  -"inr  dv  dv  nnr  :Nm  n-.n  "ds  -i^nr'?  inaits  '^r  nj  /-irsxn  n'?m  "bs 
obirn  n'smps?  nas  ,^%nms  n'?'''73  'rra  TDtt?  -nn  ,n3"nn  dx  "3  a-nc  i«'?!  nra  n"? 
-lü'.y  c'N  '^'^ab  ir3  '5'?3i3  tors:  arn  "ins*:::ai  "pi'^ri  nny  ,':a  -^b  '",t  tcs*  n''73nn 
na'*?',  |ai<:  n^a  ^h  mja"?  naa  (?)  p"'"t2:n  ,rnnn  "^yisi  -oy  pcin  abira  -iZ'p:  ,iDiT  ■':sa 

tC'"^'?  n"m  npmi  rbarm  mn  miiiJs  naa  t^'^ph:  .i'3;  narö  i"? 
mia  nns  tiik  ia)ya  "'S  ?iBr  yna  ^b  nna  -m-s  a^n':'  ni^sn  ns  •'a^ns  ';a  •ny-T' 
'31:;-,  •n'^oa  ,^nnb  uod  a^aytoa  •'rra  im''na  mc  xb  x-nn  nra  c:m  'ni'  aaax 
1,-1313X1  ,T,'?3'  '733  vnsani  vn-Hjr  es*  •'3  i":*  jar':'  "r,-rar  «"^r  laba  sSi  -iri-i  •;£» 
av-  i;m  ,y^zn  •ina'? 'is'ia  -■v  -^Sn  -irx  ain  -|-nn  "riaa  ,nixaai  •n'^TBai  "2a  in'?n;Ni 
inic'X''i  ia"a  laina  inni'i  in"n"  at'n  .nii'pn  jain  -i^ya  am  naraa  ib  ina  irs  ia-n3 
nnnai  sanb  -|'3-i-i  br  "lab  ns  aian  'Da  nnx  aj  a^uTi  "a  nrn  i":-  n;n  .xaai  nia 
Tina  -jb  "iT  nari  nsrnaai  ni:'raa  =]üvr\  an^bs  ,-ia'?a  a^yiapi  a^inra  a"na  ,a"na 
B"-nabnin:iB  nrxi:' nrra '?3i  -nnna  7:2  n""?«  tc"X  n;i3:i  m'vc:  nns  maai  .ystrsri 
n:m  n:7\  -iiy  maa  ^baa  .n^'^x  rirnb  '?''afai  x'nn  n-iaan  -ij;  p-i  "n'  x"?  njnr  nnxir 
br.n'7^  "iina"?  ,nain  's:2  CDxa  pnm  px  jaim  -[nn'?"  \a"  -i-iay  "ma»  .-inx  rn  i'?"2X 
,n'nr\^  na  "nm  .n^a  br  y2V  aninn^i  nia  -jnTna  nnx  -[Z'f^nb  '::n  ni-a  "'jxi  .a^'rrn'n 
"nanx  '^mja  ""^ix  nnn  nSia'n  "b3  -jar  bv2::b^  -iiiy'?!  ,ara  axi  nann  "rj?a  aa'n  ax 
•siaa  E"ra  c:  ix  anaaa  •'jmm  -inxi  .aa"n  laa"?  "rr  ina-'K^i  nana  ai^'m  p'iti  p-i  .yba 
-[b  mn3  ntt'X  -[-nn  nrxi  -jaa'^a  nna:  ncx  nx  "rTan  naan  :n  nnx  n"ö  r\"^H  yba 
nx  ji3;i  nxa  -nrnb  ,B"3y  -[nn-na  '''7  "^aipn  -a  -i'nna3n  x'rn  .rmrn  "na  ia  im'? 
man-.  -|s^:  prni  ysst:  nina  ,na".x  ma:n  ana  ,aa"n  pnr\  jnan  "31  .^b^^^  -[aa'?  nu^v 
"::xaa  -aa^n  aa"n  ja  ia3  --i"nrni  "^ipm  n"rx  n:33i  .-pni3arai  -j'-ir  nva3i  -[sa*? 
rmp'r'na  "^a"?  mnn  "tt'ix  narai  "n3iDn  jain  nara  ,inix  mxn  irrrc'  "avn  p*c:m  nrnan 
fa  B^B'':nai  anaix  a'7133  aanur  na  ab  ,pbm  pbn  b^  a'ra  rasa  panini  z'-n:rt  na 


itf«  pT«i  mifin  iD^Dn  nn'tt*  >2"ii:!t  —  .'2  "irjn  Dira,,  C'^r  htt  p"3i  ^tr  i3n;o  hmt  1 
Koms^  -|Snc'  p':T  ^c  nr  i3;c'  :ü'n  yTC  ,20^2  n»n  ny  ,D»iC'  nncv  »:e)S  »S  nD3  mnn 
1^'DN  cyr^n  q«  nne^  nS  K'i''^.i3  Sxntt"  nrojn  '2k  ^t:-  11122  p;»i  .vni2s  m  2ty  er  ypnrni 
iptrti'  vnvc-  'a  ß"  ckc  'ni2  ^2«  .nniuonn  r,.':Kn  p,v:^  na  ot2TO  ':x  ,cnn  zniin  ir:«:  ex 
:  i'2X  ni2T3  j2n  1122  ^'vn*?!  ,D»aD"iiDOn  D':iny.-i  nnx2  nc*'n2nSi  «2'?  «^nn  nvirrrn  »32 

VI 


51  ^ODTip  Jen:  'la  D'anoQ  »:b' 


[■'  I'- 


nn  .pr  rr''2tf''2n  o'^irn  pora  px  "[m  nrs  loy  -ann'  Kbzo  Tin^si  n-'nnxa  nn  .nrnnn 
■"T  D3"i  rh  pEnm  nym  "t  QJ  tPh  W'h^ry  mn"nsm  nN:rnvn"ym  msjn  ixin-ü  xbes 
D'ö'"?  Tj'i'n  nnvri  b'^cn'?!  T^'^rh  tt?'  nrn  '?rntt'  -np"  'ss  ,ns:s'm  .np-r  '?d  noinon 
nm-n  "^nan  "nD\-n  .hdei  n::  '-'Sö  insb  D"mn£n  a-a-in  D'nnsn  i?2  loisir  "nbu?"?  ^n;: 
-  natt-n^a'?  a"?,-!  mnta  vb«  KiaS  n:i-i)a;n  m'^incnm  firjn  -^Diün  s'in  u  •i'?n  '?rnt:' 
.D-TK1  D'p'?«  "os'r'  Q'''i:inn  D'ti-rJan  n'tt^ri  ri-n.'as  m:ri  nrn  nsn'  -nDra*?  ü'sa  |vp:"i 
."iKb  nrbai  jn  inrnna'  "^isrm  "^n;,-!  "Kjnn  iiaa  cn  cnDTjn  nSxD  -jab  n^tt-i  rasn  jani 

iD^aJai  "lan  :?nr  tr'K  abu'a  'n^Ki  k'?i  "njpi  aai  tc^t^  -iro  m'an'ja  .-ib  -i^aisnssi 
bra  .TM  fa  as  x"?«  -Dm-rm  D'aan  •'lat  s-po'?  nir  Atvbin  rc'^ai  nan  rra  -ipö-ir"? 
bv  "^mai  j'?aD  .nnm^sn  p  üiib  .-j-ia  "^scn  vjy  x"T'  "n  s'b'tt'  •'Ci  .D'aita  D'm"'ai  mna 
k"?-^  '0  -in"?!)  "pr  b^vr^  bp^^^  )^:iv  bv  T-ianö  -annx  pö^o  -id-^di  idiöd  nirna  ,i:ia'?r 
Kb  -jn'bK  aic'b  in-m  ars  Ktan'i  may^ira  jiisnss  -jna  pinnzs  a"an  n"?«  mno  Sra  "n 
n"'ban  K'ntt?  nor'^yn  njsana  qj  mdi  ,ni2xa  n^an  s-^pnb  •'ixin -lan  Dit»  p^ivb  abir"?  sa 
HDm  -  .nmn  nra'JEa  "a  pisi  nnrtt?a  i'?"bx  nia  c^"«  dw  xbi  xa  x*?  rnia  "pa  'p'^ai 
n:naa  nx  "a  ":rn  p^^i'b  nzbz  ab  ,nrcnai  D'?>na  annan  a""!»*«  D'bnn  a'üann 
irr  D'pn::  mxn  ^a  "tt's:  'm  .m-r?2a  nby?:,-!  mne'^i  -inisj  "pa*?  c-i-ia  anna-;  '\-i'  «"pd 
naiÄ  nsoa  a'^-jsib  njnnur  nn-ija  -['"ry  mi'ssi  -tarD  bxia?  "dx  •'ains  p  'rri  .nia  am 
Dn'"?!?  n^inm  aa  jiianrni'  t:?TT2a  nsnia  "dsi  -arrs  'py  -['nn.ai  -jces  jpnS  B"'?"yici  a^aiD 
pip*?  D"!a"n  n'yi'a  a'j'-yan  ima  D:i33n?2ai  na'?a  nu^ibn  nsnp  ax-ipb  xb  man  a-iaye 
-ID1D  "iscair  iiyi  .nüxa  p  -lann  j'xr  na  .a-'i^p^  a-aiüE  a'nan  öat:'n'?i  ncia  -nsca 
B-'nua?  "n"u?  T'ni*  n6i  .an-a  bv  n"tt?yna  as  'a  naba  aryn-a  nb  'xma  K"n  n'?y^nn 
rMi^^pn  nyb  ny  n'ii  jnpa  a'njia  ab  ,ny  "paa  -jay  B-c:a3i  a^x^ivi  ]^wbr^  rtzn  bv 
-\p'vri  nn  -p  n^n'?  my  ^b  tt'n  .nnana  laa  ,nn"ayS  biby  irxrai  innmanna  ana 
'x:Bn  pstt^  k'?s  -  n'Tan  nn'pu^a  ana  rr^nb  mnanr  nxn'i  naiaa  ansa  nrx  -[rmn'ri 

:  ]^m  'pr:  .p*2ca 
n:  nnnnxn  'nn:«  yvn  'a  \Tan  vj  pxjn  ima  '^p''  nnssn  ai'pt:''?  'a^a  trnn 
yiTa  E'ja'pa  ''^y  b^s*?  n'?';nn  -j'oan  n'^naa  B'a'  n:iac:  'n'bn  ixai  '.myiac'  "Dra 
BJ  ,r\':w  rri'zb  ama"?  aiu?N  ainpai  jit^xnn  ":n'x'?  nim  -jni  'axa  pas  'a  ^'t^  .aab 
r.mm  nanai  c^bv  naxrr  laxa  ib  naiti'n  t^rrh  r^'-vi-^rt  nnp'n  naiu-nn  n';annb 

pmay 


T"'  ariDiB'  ^Jtt'n  :n:r:n^  c>:D"t:'i  ni^Di  na  ipnv:   nWn  an^nntJ*  nxii  d-Ii  icdn  i 

:{1'J10  DIID 


Hiih  2^h  r\'i'i7\'> 


50 


n)vvfiri  bv  n?a«  zni  -jm  bv  nn  ims*  j'^ca  i:si  t21  nsn  t'E:'?  pn?a  aian  n'irrian  bv 
D'i2C.'£n  ncrfJ  l^i  '"IHK  ybzTi  abv  nny  'jisö  t'pisan  ipT  rrn  n;m  .3":  'i'EDstt' 
n^'^rtrn  n'nsn  '^ivs'?  x":s:in'?  nra  cniirru^r  nrz'vb  cns  b-intrn  «"^k  n";t;pn  o'pibnm 
-itt'Bxn  'E3  nv-mpn  -^m  "jn  -niir^"  xnaom  pr;  n-.^sn  '\Tiy  pn  -ntrran  m"?  panü^rcc 
nn  nnxtt'  N'rD.-i  rcr-i  prntt'  tr  nbu'sn  rNT"?  TDa;-!  Tsm  "nn  «"^c  "^nj  ""Kjm  .-j'? 
bsn  '.T  p  s*"?  ns"i'  -11-131  i'Ds'?  irr  "721  "n'i  ,D'inx  ni!2'pM  n""?«  ruairDn  m-rom 
bnn'?  n"?::!",-!  is-rr.  "^n  'Drn  i:;'?  d:!2S'  .npr  -i'?"'i  ':'^r  r\'^r{  ,m-i  my-n  '?2n  pec  ■•n'^D 
r=t22  in-"'  Ninu"  '^  r^-lvb  p  nmn  j'x . . . .  n.'^x  'cnn  my  onnb  pxr  lai"?-!  'la:'?  nra 
(n-i^nSc)  nm  na-s'  ^inrnnnra  D"";n"i  n^masi  ,Tyiapö  "^ss  minnma'^'^ri  •;nnn 
pirnnr  p::  b-z  n:,-i  mn  na  dm*?  nn  ibrtts  na'?  -o'arn  la  ic-ni  ,nr  "^aa  -[i-i" 
Dna  Kr^  n^s  nna  c^r^ü  nnxtt'  ps?  "^a  nnin  nan  -[a  a'^n  ^a  Niii^:  Kin  ia  ü^tt^Dfa 
mao"?  nn  ,man  D"3iy  m  mr'apa  nabnn  m^"?»  ^n^  "nn:n  naau?  -dx  =i>«  n;m  ^DrD 
,p£nn  *i:3i  orxa  'sim  psjnai  ima  nn  'nbnnu?  nmnö  nax  n^a"?!  -""^n  laiabi  ni;iur 
p:yrt  n'  '?y  innai  -mD^niaa  na  ™id  "jsi  nabn  bc?  j'^y  nrx  o-p^s'?  ';a'7  |bnrc?ai 
Dya  "pc^  onai  D'ayEi'?  "'Ta  nbr  nsn  .-lab  ö'tr-iaJan  'tt'Ki  'nan  panai  -nnx  nnx  rmja 
■"jya  n:r\  hti  ,a':iti'K-in  nDiaa  r\J2üb  a-anp  "rya  D's-13  -jn:n  i^-\-[r^  bv  dj'k;:'  ojn 
möipiaa  jnt'y  am  irrmabnai  nv:ica  rrx'pai  rr'^^n  ib  ur'iy  nns  'a  sisi  .'m'?-tai 
r[W}zrt  b:'\rt^  na  -ism  na  iisn  /riyT  laa  nf  •oB-^r'-'ii  n^a  mar  -]■?  zn  ma'rna  d'-itieö 
m;2'?  am  lyr  ''risi  laa"?  "^y  nry  r\bv  nr«^  x'7e:i  bin:  nnr  '"^ix  pnra  "t"?  iK'a" 
pas  "panr  i"?  'mi^s  naai  -np'a  yznn  mb  y^sir  'a:s  "a  -i!2S*n  bxi  .moSa  tt^nn  i-n 
c'?iy  xm  mTH'a  a:v  'zb  "-rr"  ansn  xnasD  nr:«  ^pmnrca  n:r,aai  .i:3i:y  j'a.a:  paa*? 
D"?iym  i^p  aS'y  nixna'  ab  '.tian"?  -i!2S*?:n  yiTi  .att>  an'-iana  b-ba  p^f:lV  ]':v  nn  .sba 
nns»  üb^  n^;^;'?  naK'?!2n  i^'^'y  x'!'  nax  nn  -[nn'pca  y':nur  n.aa  nyr  myi  .'rnj  ans 
nTt:n  i"?  r::n  xbi  m'r'att?  "faa  "pcao  "^la:  a'nnn  o'r'iybD  ~  '?'?an  ,n:nr2  "ruan"?  p-nn  p 
ann  nrx  ^b  v^  an«  bz:  nanya  sin  'Dmnn  na  Dr»r  x'^'X  •nx.'a  nama  nax'^iam  namp 
nbva  bnan  'bS  .isyaa  ix  ana  D*c;xn  nta  a-bnaDZ'  x'?x  .nam  nan  lanpa  "^'an"?  a"? 
nax  n"S  no'^tt'  "^yi  «isixi  n::  "^aö  ban  j'an*?  d-dic?  a'ami  .a'an  a'ynö  •p'anb  ana 

:a\n  nsc  "^yt'  'nna  ab  anna  arn  lanau^  -ainan 
"nnan^r  imn  by  nia'bna  c?'::'  i'x  i'nn  "m  'Da  --i?2!2  Tnanb  ^ixn  px  bdüx 
n:  -T  b'j  avi'bi  .nnn"  nbyna  iöi:y  aiti-nbi  inb'yai  ibac;  by  nixjb  n'^:b  njaa  ib 
rxx'bi  a'nan  ■'byab  ai^ty  jnab  fiiaab  yn  .a''ni!:n  maa  ynui  anann  n::  iy  nrnb 
nx  anb  na  piKiV  anbr  naa  -^b  btit  d-cdx  "satt'  nnainn  x'n  in  .bbaa  nrnan 
naT;n  -nbiT  nnx  -m  by  niDba  ir'n  xa^j  "in-xb  nsaan  bd!2X  .nnin  "itt'bai:'  ]vvn  'bya 
nibi'yb  nbbiyi  ,(?nnrx  rx2!2  nia-i'y  ia  rnxb  aii'yi)  •Cir^rt  B"U':xn  nrxfi  nbvab 
ruvtsna  p'Stt'nbi  iniiabi  niDb  ba  maaa  bpr\b  ^iiaab  yri  bat'n  txq  nrcnb*  c's:n 
irxb  (nnvjnn  yaüb  a'acfa  ibüani  nib^cyn  pxD  rs:n  nx  nix'aair  my  ba  a^a  'mEci 
a:  an  mö-'br  xbi  n-u^^n  jna  a:  pxr  .n:aa  nbyabtt-  nab  nianbnm  nr;nm  nyi;n 
nxx'bi  nnbyi  mxj*?  nsu^  nn'ai  p  bj  -|mn  nt  x^aia  ann  by  abix  .aiD  nnvn  |Eixa 


:"!0i  ni3  n-iin  n^i  iSroi  naS  :T':  psny  » 
:'iDi  Skib"0  nn«  cd:  nnKon  Sstr  inoSS  n«n'  Q^K  h-i::  i^'sS  .t'^  > 


IV 


D''3"i  nvnb  k":?«  ni  i^h  "m^n  sbi  .n"?«  '?ia  r^bH  ]'\i,''i^z>n']  pvjicn  ns^irai  u>n'sn  hv 
Yzr^b  psD  'bn  bn:  "|"n::  onD  dj  t:''!:'  d'pDisn  -n^a'^a  ii:'S'?2  ^^'?n  ppntai;  löna  d'-yita 
HDnp  (D'2iDn  D'trnnn  "^d  n't:'^'?u?n  nmisn  h^^v)  rT'sii  iid'?'?  ^'■s;  ahn  -nmnbi 
mfaDnn  bsa  a:  x"?«  na'^n  nt  xbi  .om  -[lüa  o'ia''  •'-it:ü'?  mn-im  --non  d-ip"?  n'^rab 
Ti'^iT  tt'Bj'?  mfa'^r  [D'']K'nf2  nsr^-'-nn  •'p'pnD  «^irn  Diaom  n'?irn  b'^nn  j^k  D"'i'i!2m 
,tt"n  .ynv  Kin^  ■'^i  .nniim  d^posn  jms*  is^nnD  -ipnam  jv^n  -[-i-i  dj  diay  Piita^^u'd 
'jd"?  nnai  nmisir  nmx  de^inu^  ■'üJa  nnv  d^^u?  i:rN  rfm::  "ridn  nd&'vm  rr'mTd  j-ixni:? 
r'jna»  ^bdu?,-!  -j-nn  pn^u^d  j^srn  n-  "^x  i^rd  nxa  mj^^b^n  -js  .nnrnBi:^  ■'js  "pr  p^  dns 
,d"niaK  dnnx  d'rn^d  ni  rncs  "itt'p  -j"«  r,v  jdvi  d-^min  d'^nsiüdi  m)2-ipnd  n^xn  nyi*? 
d'mc'öd  m  "^^^s  m  -dna  nns'  jnxnD  ,n^h  ■'ddid  nndi  ':''?dd  dbirn  j^Jd  n!:d  -  i:btt'D3 
jndnm  ♦K^vdi  .dn^bs*  pc^^stt'di  -ndd^d  a^dd  nns  "^d  m:d'?n  d'ddi  -nd''dd  j'^i-ii  uöc^'? 
rid^n^a  i*?  pxi  ,1:111  b-2!  dnnx  (?)  d-ynia  dy  mcp  b^dt^d  sin  ndin  aw  r"T2i2  «nn 
.nbtt^'^tt'n  nrbind  i^idd  '):i^  -nopm  nn'?ii  mdi  mdmia  Tbin  s'?tt>i  minKia  i'^in  nbv 

tnnv  riTd  nnr- 1"?  "ixdb  "^diK  k*?! 
nx^n  nbirsd  xbx  mia'^ttn  ndia  jysDb  pxtr  ,nn  sin  d:  npn  -"D-iy  drta  d3?2K 
dnsn  '^•'d-»:?''^^  na  b'D  dTi  .nwian  •'"y  "^nsn  ba  njdm  ndd  pn  n'?nnnd  pu?  rrmrid 
-inbdirm  imia-'btt'  sti  i:  in'?ira  n:n  -dnn«  nifia  v  n'^diyn  ndd  nn^nir  djn^.iia^ird 
-itt>es  "'S  -dmp-ibi  dpöiyb  nnrd  in'?ii  ndn  ib  iDdvty  ns:d  b^^  min  .ibK?  p:p  n^orj 
-jidon  imndd  f  Drn  m^dd  ndn  is^^dind  ,in:iD  dj  ndn  dDduidi  dn'^dtrnd  n:is'  s'^t' 
p  i«':'  ,sin  ]vinKi  pdia  p'Tii  n''!a'?n  "^d  ir  nDTiddi  .x::vdi  ,nns  '^du'iia  pjr  dy  im^pd 
i«"?  dinn  bs^  n^bfz  ,dnn«  bD  mbdfnö  s:sin  n'^iyn  nd"?  ymn  iDiTd  b^diria  'n':'dn 
dn"?  nrrni  ^dn:tr?a  *]in!2  nd'?n  d-'mian  ns  d\ddnn  12:1^  r\ü  imi  onursb  ndnn  j-'d'' 
n'^i'rd  nnsu?:n  m^EDd  n^tii^bv;  ib  nops:  xinn  man  J■'^?  n:n  .ir'^i'S'  d-'pdicn  im  m  ny^fin 
nixianty  d^sn  iDKtt»  nia:cy  nddn  in  .nö::y  n'?irad  Hb  n'^iysn  n'^dpd  nd'?i  p^sndi 
dmapd  d'?iy'?  i'r'p''ad''  ab  id  (?)d''':>J3n  rnind  nis^in'71  nb^vsib  pirinnDnxdU'  '':ninn 
i;iaj:tr  mpan  ba  n-^ön  nirn^  "-[h  ,nna  n:iD  ihü  d'dn^ii  d'-dito  dnn;  dy  ^d'diny  nun'^u'di 

:nd'?'r'  d^diy  dn  dt:?  d'd'?in  d'''?mnty  dipn  ba  -lya: 
nndi  n;ii2Kn  nisdnd  dJD  ,p''ny  ^nndn  -jni^:  nt  ndn  -\b  i'hv^  D:n  ,^y:in  ■'Dd  ym  . 
d'Ddnn  nada  n1Sin^n  nvnüsn  bD  nd'^d  noioi  ynrr  "ö  "^dty  ,p  ndnn  nninn 
n'?y;3  ni)2''?t:?  ^b  d^:pa  dd-k  .pd:d  dnd  nadDi  dynv  H)n\v  rr::  ds  i'^'-ax  ,dn'nvirnni2i 
nfib  sn  .inrjnin  ni''ö''oai  wbd  niö:iy'7  n'^mi  j'jp  ü:^h  d'jan  "^d  "riyu?  '-e'?  ,nmd:i  ndn 
n:id  bnvn  ynT"  ni  pi  .dnns  '?«:?  pca  nijidtt'n  nisdpsied  dDinn  naidb  ,nDin  ndnn 
d')2dnn  b^  Dy:pi  dntyy  noiia  Kinr  ini'?nd  ns'ariD  .ns:  '^n  sin  ym*"  Kinu?d  i*?  diD  nnirn 
jiiand  nny  nidn  j'Stt?  ^Jd  pni  .nynd  sbx  ■'oy  is  n''i:'y  j^ki  .ib  lönpt»  d''pn2:ni  d'ü'^trn 
D'aac?»  pnini  nado  dvn  '?di  m'^udn  j-'d  dirnn"?  n:iin  Kinii'  'a  bdd  sbs  '7Sntt'^12  dns 
niübnn  mtyi  ,nt:'ys:n  sin  bdn  np^yti-  ''cpidia  '^p''vb  diüsi  .niyni  niDii2K  "'r:yd  ninnji 
•"d  nd'rd  n'?iye  bdpö  ab  sin  itt'nn?:di  iniDbnd  djs?  13^^n  -nrya  •'t'?  s^dü  «inu?  "^inj 
itflura  •'Ed  ddis:  nc^yt:  ^i^b  ^''nüw  nua'^n  "^inji  xn^ndd  nunnt'  djn  .iDvyd  byia  ds 


tnisDim  ctyns  nio.i  'n  ,D'pDiD  nid.i  (n"sj)  D»{<iip  o^iyn  an  ' 


nr 


HT.h  i'7  min'  ^^ 


:  "'n'c?  Dmrx  '3  j*?-:!?::!  "inrs'n  "33  1133 
cniaK  s'rn':»  ,ri3  ir  n^:ri^  'nins*  ncs'  "rr  '3'3n  "33  "i":s'?  p'Ti2::n'?  ''r'r  n3in 
inan  ttDKs  DVis  "Jim  ncx  ,'b  "n  D''-:n'^,':i  a-r:iü  nsnn  -  crrn  n^^"r:n  -i'"3n3^  "^r 
.TT'  *?!'  mbti''?  nT!2  a3''Sx  mix  -\z^v  i'X  G'a'n  "nxcn*  .annns  o^xm  '?xi  Ti3n  bx 
"irii'  DX  '3  -nnx  n;-ii;23  oniairn  p  is'xc  -[;ii:'':'i  -i3n3a  yrtz  T3nb  11x12  "nniaiy 
13-1  '733  33  n'rxs  C3  D312X  ■p"7\b  riThf2:i  cj  n-nvi  n3"n3'?  n^n  p-ir33  a:  nSr.is  n'?rü 
-[■?  p"BC"r  IX  m:::"'?u'n  bi33  ba  i3  rir;n  i33D  3irn'?  mran  p  -|t:'B3  mJaü  n3"3  nsD3n 
,a"Ä"n  n^r:;'?  111^3  '73bi  tis^C'?]  pi33  px  it  n3i:'nü  "3  "33  rm  .-313  (?)  m3tr  nrnb 
♦an^ny  r3n'?  b-rntt?n'?i  n3x'7ü3D  a'''?n3n  "^x  i'3ri  p3r  S33  rr^ainnb  •]b  "ix-i  xbx 
1'lbb^  -n!2'?b  ji33  p3n3i  -nna  3*73  m3:t:xnnn  "rnt'  •'x:n3  -vbx  iö3:r  p3D'7  p33  bam 
n'7n3  mti'  -['^  3m''  ixi  ^fn'?1rs  at'b  ü'isn  nrr  S-rn  ns:xiy  1031  ^mrr'^i  "niat''? 
pcna-ib  aixn  nx  awass  ns^iia  m3y  C3  ix  nix3m  nibiip-ty  -aniipi  a^iüt:  ""^a  "irna 
-a"  •'3''2  3m  \i^b  "3621  ■'3i'7S  ma"?  x'?n  .mm  ni'?n3  ^vpzb  i^b  --3  rba  mjrxs  ,ürt:3 
xinur  n^i  .B";£n  xba  r3n3  asaxni  a"'3iop  a"T;2b  jTt:ri  -[T3  i'rr"  133  r':>x  r';rnt'3i 
•^33'?  ."133"  "^x  -nx  [3  üb  "33  Hfixi  .xbs'^3  U'm'^  '"i'?  fx  xmn  ni^Hn  js:  nbria"? 
T^üsiTi"»:^  "jBia  -\ru'  -nx  nra  axi  .an^tt'irb  mxsn  anr  nu-y^^i  ■n,^'^  'ra  -i''3"i''3  n-ianb 
j>-!?:  avi'  3irnb  y:-"j:y  bzv!  d:  '"nn  'rx  jax  ,ib  '?3n"  -i3nb  n  3n"ü'):i3  -]nx  pxi  an-'bx 
a"3"n:in  a'xsna  ,13  parnntra  '^njt:>n?j  n'?r3i  an  ,a"t:'3x  rba  'r''3ni:'  (?)i3''"n  -"üisx 
"nnbv^i  -  .a-'Tiab':'  n33m  me3  a'nanan  a'fsan  •'n3a3  cn^'pi  xni533  an'ip  a^nariab 
'1  "i'p^2f2^  i^nfiab  nsn)  t2rt:M2  "^b  (nann  anxn)  a^r^-)  i3"3"  xb  :3in3n  •31c'?  '?y  b"3n 

:'?3  i3"3"  ('?3tt6i  nmnb  a-mx3  maai  n3i33  a-iiaibn) 
a^birn  anan  "bb33  is^^n  -mpiae  ni3'?n3  ^^:isb  psnanb  abz'  -i-aba  bn:  np":? 
n'?n3  x'?i  ani'rarns  pbn  -[S  j-x  "imn  natt'  ,D"nnx  ibsiyi  li:?^^?  »"i^ani  jrrn  iinü 
3nn  "^Tinb  "^nab^i  "jm^a  3n3,i3)2  ri^^t'"?  "3'?  nxsu  [3  bri  .rs3b  jna  r"3!2n  niQ^btt^na 
-iiö'pnn  iiia"'?'?  mjm^n  rm''?'*^an  .n"33  mia'?3  nnr  nr3  pDii?  nnxti'  ^vn3  izbz-n  i'X3n 
avn  jnüs'^s;::'  t'i?  n3'73  r\-\bf2  mx"3  ni-'x  ay  xn23  bx  am  ,r"3  nan^iar  I3"ni3n'?  '"nty 
iniac'  ■Bü-'n  pnn  xnD3n  icin"E3  iwir  ü"rina  '^d  pa"nDipn  smi  ,trn"a  '''?3  nipi3''n'? 
^£013  a^pnp-ti  nv.n  cm  ,msain  n3innxn  n3nnani  .n'p3  n'r'aa  jxcn  "^'i  ""u^n  p3p 


cniiN  1  Niri;  c':ipT  pn  inc*:»*  nr^iN  iud  1^1  a"n  non  cira  0313:;*  C'"'rc'h  unrf:^  p":T  1 

,S":n  ciDMona  v:idi3  >js^  o':r  ';3^^<3  :n:3  n^fpn  nica  D^^3r  xinn  iny:r\  .citr  nt:'y  p  6oDnp 

r^'üD  i8-?n  r,2tr2  kSi  (isn)  N"flpn  n:tt'a  n^i3  m  '3^1  ,n3ii'  r"'  p  fs-n  naca  h'^y.y  n"-i  n»-  pai 

n'-py  pn-i  'na  iTy^K  'i  Dtt'a  .a"D  amjai  ,a"3  «an  N"ia  nr  pj.'SDa  xairj  nrn  iri.sr:n  2 
iah  Kin  man  irr^n  Saai  ns  p"Ji  n:i3  .fct,"  c^'^-)D:;n  '2S)  cv^'i«  cr^  -.u^n  .cS^'o  ac^  nnan 

j  "i3V.w;yt:«nu  dt'n  r3Ni:':;'DD^ii  vuax.  :p:ii*  »33  ii.it;'  n^nt:'  c.ir.sn 
,N'nn  "i'yn  nx  ir;  raxu*  aiv:  in^ra  ^i.ina  p'sic  iiv'p^sr  T'ax  ni'n  n"i'-i  ai,-i  sin  ' 
n"ovy  n3t:'r3  V'jn  .r'mn'i»  p":T  anao  ^r  iqid  nxi  .c'pnair^n  inva^nr:  n.-ix  \ti  in'  ^y  cvj  p^-'i 

;J^V3^i"1^  »"i'  031:1?  (T'n) 

II 


vTTb  1K  innsria  ".zh  :nr  -idn  ä'^nrü  pp  «"n  -  ^i-rj  c-:s'  bi:'  C'cb-rri  ,-i",'^'^-i 
■?■?:  nr'3  sbr  o'-rr.^  -cn"-nx'?':  cr£;b  \s'  -rs:'?  "r:D  "rx  cnri-in  r'rx  a':'"i;;n 
=:u'i2n  mn  '1:22  cn  n'?X2  cansia  »pin-nn  Tnrn  '?"ru2  \s'  pina  "i.^iU'n  •mpn  b-::'w'= 

Sx-iK?-'  "«irns:  -inx::'  d"k  -  .rnn'?in  h'z^-2  i<r2X3  n^pf^i  i^s;  -iron  c-tt??£ti'i2  ="ri  .pnn 
p  d:  cx  •"=  ,ni::b->i'  r.nsc  niüis'?  i;"?  rrnty  bnjn  nso  -^.'srn  p'.  x^  ,".:'p  D'-ip'  ^nrn 
vi'c;  nrrn  -".inm  ■rr.'^sT'm  v-izn  rnc  .i-in  ^'2r^  '^y  r'str'ni:'  nT::rr!  TWzL'cn  -rzi'z 
bsrnp  f!2n;  '-1  -"n  .a-ai'?  riE'ü  ntr^rü'  nr  ns-^.r^.t:  "^^  "73  nr:~r  n-.i-t;m  ,-;'?r:n 
t:"^22  ,rn"nru'n  •'n.*::!2i  vnn':^"n  •rms  r-i-'p'ü":  "iT-r  bv  annr  "'p  pn  j""-;:-  ■;'-i  ri":"! 
pm  ,.-;f;pn  Tn:,i;  -•'^2  -nizi  c^rn  "7«  k^hd  vr:i'  '?:  n^n  s"n  "3  -c-pb  .'2"r  -■k':i3  c"""i 

■2  -•a'-rK-rn  c:  ck  "2  -n^-Ecn  oanr  nx£a  p-i  t?*?  ,D;2-i'?  ni^  -icij:  •:«  nt:-«  ü":cn 
■"rrn  3nr!2n)  in—.nxb  Jisn*?  "ifirs'  ni?:  ■'-inx  ib  -ixc'3  -irs*  ■'Tn'ni  n'p''  ij^"?  arno 
'•."2i-r  "rj^rnp  an-ins  n  "n"?  rr32  oa-ij?  izbfz  ,(ini^  'ss"?  ü'm'  nr.'^n^  rnr; 
-ist:  k"?  nm.-;"-i'r';:sn  s-i-sibp'x-.xnn  .hüinü  Dras  avn  ij'  cD-^sn:  x"?  rn:-'?'n!:"C' 

j^'smt:^  ni::-ir  nnis  C£"i3  '7«-^"  ni-iK'ai  -TiIü  cpü  i^-es* 

v":  nvn  c^-i  T.csTiEn  ■'-:-t  s*'n  -.nr:  "r  "b  rr,2;i  .vü-"^  v-r'p'^Ki  -"2X  nrn  n"i;-', 
trn'ea  mr2  snra  "rs  rx-^n  .ci'  nnn  ti?  ptD-ia  v-'tü  nns"?  rinr  "cbv  rnr.'^) 
cip?:'^  ax"2  -inK  ?|2"n  -jpi  t'\s*  '"i?  "?";:]  ps;-i  S-^'  irrna  nncrri'  nN-i;i  ,"-pT\vrt„ 
•a  "ry  jn^«  -ri:-'?  n',-i  -bri  j^'ipH  nirpü  c'^^s  n)::2  ^nnxi  ,nK)a  üticiLirj  2nrn  .amirn 
p'nrisn  b'€}af::b^p  'cbzz'  rtxnjD  mc:  n^^'r^y  pn  •'ri;pn  (v)nN"^.pn  n'^x^' T.:x-ii-  nmxn 
ide-i;ü>  ni;!an  S-^j»  rzr\2f2:i  z"i  msi-isrn  nrn^n  =]r,i'2i  pti^n  pi-pi^  n"«MU'  bax  ^pn 
b'c  an-m^^'p^  nx  "n^Jl:'"l  rr-rna  .pn  rrycn  ab  ••■r^'^vz  a^rv  ':t:2  -"nn;,-!  nb  vrz 
"jü  ''nED\i  mx  rrs*  nnn  mT'p;n  .^n'i'^^  'zb  a^iii  aatr'S.'a  s":::in  anianty  ^"tn  ^-^^sa 

trai^a  ^oana  'rc:zr.  •rscnu'  a"'r'!2m  nvmxm 
-iix'  'jsia  'nü!2U"r;  n'?xn  o^anafsna  aTmj:n  a'^s'iai'^-an  mirrnn  br  "nr.rn  rix 

:  "i"-!«,'!'?  -1Ü2X  \s'i  Bipisn  ns 
tvrnnn  ,'s*  -nx  t"d  -rr'öinnn  xp-nax  omaB''35nv 


45  n"nno  »pos 

nbBDtt?  nx-i:  .nnsi  "'e^i  n:2itrns  s^ütr  ■""ns  ^^^^  -p^  nnr  'vT-in  r^ti^atr  "Jünn  nn-iT  ir 
.r':ip-S"::p  "'D  fisb  yaon  nKman  ^"ir?n  nnit'n'?  nirrm  mrt:  na 
'131  fiDDD  D-Dan'?  c-  ptsin  'n  snrbn  -.r^p  '"d  n'^snn  '2s  .niGDH  Hit^b'ü  '1 
nDism  ,''K?2tt'  n-a  nn  D"r  x"n  ^i-i  ninj^  'oinn  n"3i  Viai  -nnscn  ns3'?tr  'n  ta-sn  no-  j3i 
nu'  Dtr  n"nni2  iDn  n-"?:?!  -r'^üi'!'  nonvian  "p  nh-i!  'ab  nnnsn  s"n  ,"mK!2  t^r»  cran'? 

."D'-an  no"  j2i»  n'?02  (j"-p  "'Di  «"-p  "D)  D'^ra 
.a^nn  ni,^ipf23  na;D  ,n"ntri  xin  n\^J3  n"n  ^Kl^il^  "l 
.11  xj  -[-ira  D'TD  nii-\  .h^^bz'  na-cn  i:'sn  ''Vj?  li^l  p  SsiJSt^  "1    - 

.niJsipa  naan  ,pt:^Ot:^  '1 
.nusiprj  nDDD  ,|p?n  ptt^öli^  '1 
.D-an  n:?:ipa3  n=-3  /Dinn  "^ra  «"^t:^"!  x-n  DHinX  1"n  ptt^öt^  n 
nn  "rtt"  ut  'ea  -  .n-svi  n"a  apr-  'n  "inra  yvn  nsn  .HiV  T'H  pt^ö^  '1 
'iai  Dnsjy  an  naoa  jai  'iai  niv  n"a  jiyjsü  'n  nncn  pK  nt^^rtr  '^-i'n'pna  :T"?:nn  "d 
nüinpai  iKn-s*  nrmn  mr-t:'  n"n  a'T  r'b  =in  nn  'o-nai  ,"i:'att')a  nn,  pirbni  ,'"'na  n?  ba 
.jiajn  >{im  .on^y  an  nnaa  pi  'iai  nsr  n"a  prat:'  'n  n^rti'  -ncn  \:ii{n) 
'iai  inaia  ir«  j'b-'an  rnry"?  i'rsi  iis-'-p  '^o  nbann  'aa   ♦p^s:l  ^T'lt^  "1 
üb  [i:ü'\]  (;:ki)  p  ana  j-x:  xn-nü  ani  'iai  n-^*::  nsi^^rn  s"3n  [xnaomai]  ciaDinai) 
p7!3  D'san  D-'nanx  x^k  ^y'nr\^'  panais  j-«n  j-any?:)  '?aa  -n'?"ii'a  jrpcan  n-br  p'aDD 
it3)2tt^3  vnan  bax  ,jixj  xnnir  an  atr  Dsax  nai;  1*7X1  nn  a"y  a"S5  s-{^  mn:^:  'Dinai  .iJaib 
.a-DU^-  niaain  nc'a  a"t:')a  s"iynn;aa  t:>""yi  üt:>  maain  -pDa^a  nior^:?  ina  Ay:tib-^  'Din,^ 

.DKibaa  r'tt'n  nan  ix-an  niinyn  m  «»y  v/a  sp  na'c  'd -nai 
niöipaa  öj  iKain'ii'i  T]b:}Kib  inaiD»:?  onean  na'?»i  ps  'Vinji  "oixj  n"?«  ba  na'?.^i 
xn-a  sa"?«  :iüa  o-Difsnpn  naa?:  D''Dnr?  anso  a:  a^'isyab  n"''nnö  n'aiJa  D-nr-:*  x*??:' 
D-XDn  nno  ,am:n;2  ,nan  nnn^s  -(nxö  a-an  maipaa)  m'^m:  mabn  -n-nin  ,^'"^.1 
riK  -xnp  nsii  .niyi  ninn«  niaain  ,a''nnK  maDin  -an  Kiriia-D  ,n)ainnn  naa  ,c"«ni;2Ki 
.Dn-'by  n-ynb  nxnn  j,^  -'ni:-  a-rsy  naai  nJsa  my  ia  •'ns'::.'S3  i2"d  nyi  in'?nni2  nscn 
D-'DiaD'?  p-£D-  'nnj;Nir  n-ui  f  n!2b  'ifDp  r\rh  -nn?s«  a"yi  "na  nm^  anann  lan«  naa  d'?is 
Dx-istv  n^s'  ,bü^:  an'?  «iv^''  N"ian  ssn  -ann  aany  nxi  n'nn.o  "pos  a"a  n«  n-anb 

.nanai  naan  nD^an  rj?  nanb  op.i:  ni:?^''  my  -nmx'?  nbaxia 

.vynn  ii?:n  n"nyi  npn  'a  p"z-]J  ,3xna 


IX 


HNia  D"n 


44 


u?"-i  nxm  'cpb:^  'bzz'n  xxrs;  p:rn  '?ri  ,nDa  hv  '\iDn  nnnö  sin  x^m  ,n:v  -i"2 
pi::  '?"Bn  fin'''?r  'T'ym  ,ö"Dm  pix"?  yaon  niipai  (?"-i  "d  ncs  n-io  s"r  J"s  eii  "iirsKS 

.2  myn  1C2  "I!i  Literaturgeschichte  nSCS 

cmt'n  n'?xn  n''n2-in  .f-ixb  '::in3  (Dirsi  p'?n  •'ns  Dim  ::"::tt'n  "d  n':p:  nu^xn  'sa 

♦jncpn  !:"i2D3  ip'?:^  ns-i:i  "D-'ra 

.TXQ  T'n 

-nern  •.n"rpn[n]  "d  r'ra  nnai  .man  n-wanri;  ,(n"z'-i)  "in^ö  "l"3  pnüi^  '"1 
3"r  vr  p]"!  i"r  'cmm  ,'i3i  p-ipn  n"n  "^ax  n^x.'a  i;n-i  i^  ■"'-i'?  nx-ij  -[=  'i2i  mK'?rcx,-n 

♦s'-Dn  ars  Dnr-tn  n!2X3  x;in  nn  -iük  n"n 
'\n3  '121  ir'?:n  -nr-u>  :n"D  "c  nan  paipn  ,(D"2r-i)  ^31"!^  1"D  pnii^  "1 
ci^br)  nrn  an  niDinnx  nvnis  "n-i-i  n'?nj  nn'n  "asn  pnpni  •'snna  -i"3  priT  'na 
m:i:p  niDbn  ^rn-u'sr;  nnmn  1X2^m  /'idi  nts'^ty'?  pn  ains'?  bis*'  irx  bxnc^  }i:r  ir^fihz'] 

*P'flC  Crn  X"2ü'?K  "C 

.rpcBn  n"nnö  br  iriTrr'Dn  ::j2öi  ,'c"nn  byn-"'-!  xm  ,'7Nl^t!?  1"!  prii*'  '1 

.px:  inj?3  2X'ö  nx-i  ,'':iX*1t3a  '^V^^  H 
ncntt"  ix"?  jDpi  nt:iD  tnn  rt3''ni:n  n-x^  'i  nmn  ::"■?  "c  Din  ■'icr  'a:  ♦*1\S!3  '1 

.ü'T  i"s  i"'7in)  Txa  'n:  ''2n  n-^-^n  :'?"i'i  cü  no  et:'  b":  /i3i  '^'?d  x\n 

.px:  -["^ya  3'X'ü  nxn  ,pXJ  nt:r,t2  n 
.TX!s  -i'r  rpr"  -.  -C'^'2^  jix:  -jiya  r-ca  nxn  ,N"Pt3:iö:3  nt^ü  "1 

.iix:  inrn  yz^ti  nxn  ,lX^pa  Ht^^ö  "1 
pr  nxna  ciu^^:  CM:rn  incx-c?  dipa  "rs  :n"rn  "c  nrx  nfii^  'S3  ♦pXJ  D'Dl  '1 
rtzv  rinn  »is  pcis  ""n  -jx  -[3  ns'rn  pxn  pcs  jix;  cc:  nn  ,n'cx  o-mn  mna  "ss 
rp  VT  'c^nn  annisix  trr  ix="n  '?3X  -oncn  c^'\z'irt  ixmn  an  nax  nn  x"r  n"D  f\i 
'nrau'  3"X  p-'^n  üb  rc^pi  "s  jix:  cx'3  an  xnn  :^"sn  "d  cv  -  .cipa  "^a  n"n  x"y  a"" 
i'je'?  rnü  nxnji  ,:""  "c  du?  x"ina  n'^nnD  a-ca  a'xai-a  ananni  /iai  abty  anxa  n"a 
a'a;  'n  "nrn  ixain  "rax  .xn'"?  ir:£'7i  (x^iv  rts'pn  nna  c'""r)  a"r  n"D  e^n  na^'?  'aina 

.•;cün  jx;»  nn  x'T  r-p  rjn  niaa''  'aina 
.pja  nn  x"r  "  ^n  p"a  'ein  =  a"i"p  "d  niax  nranx  'sa  «Ss'n^y  '"i 
nsTn  nx  j''C'U''ca  apm  "^^^n  nsca  naa  n"nn  "si  :T"epn[n]  "a  :"r  .1t3D  "1 
nse  er  nar:  xbi  -^aa  'n  ara  xi"'U7  nnn  n"n  a'T  n'T  =]n  vr  'aina  /iai  j-^n  ipri"?  "na 
.-as  'n  "^''n  ,"r|-i„  p;rn  =^iaa  ac  airnDi  vapn  "a  ncn  naaa  '"jn  -nu^'n 
(rnr  j'XD  rraaa  u-xn  ab:  ■.n":n  "c  ncx  naa  'ca  .XriD^AtJ  m  Dl^l£>  '1 
ixain  .xnaTD  u?"n  ai"?'»:'  ann  'pxaa  a"na  pi  na-r-a  :n;a  pi  'iai  amn  in^bs  r't:'] 
mabna  eiSu?  nr  an  a»a  xn'x  pi  ,nrx  naa  a"n  nar  x":na  n"nna  aca  a-inann 
.('1  nnyna  u;"'-ri  7o  n::  nr'?'?"a  ""n  rxücin)  n-bp  "d  a'jixjn  ja  mpiae 
bainn  'aa  -  .nxa  a^an  niaipaa  nar:  ,(B''DntD:ipa  /"najipa)  '"tn  ,n.t3'?tr  '1 
n"a  ;""C'n  narrna  xi-a:  ja-  'iai  rrn"?  na  a*D333  nbnna  axc  D'ait'n  "b  :a":tt'  '"o 
raaan  bv  is'ain  axi  :S"u;  "a  ü"jis  "nun  'sa  -  ,ia:a3t:'  •:  nn  a"r  yp  a"a  D"a»n3 

VIII 


^2  n'nno  ''pcs 

y'b  "D  cc  x"jn3  -»y'üa  ,xnnD  pK''':'Ti:>  mx-i^  'n  mm  jai  t'?":^  ^nr^a  pttj"?,-!!  .K-mr 
msDin  pK"''?-i''ty  ^n  -isni:?  dkij  'nn  iah  jndüi  /isv-in  ntt^msn  TK^ia  pi  :Kn''K  ddi) 
T^y  ü:  mn  —  .doö  nnyn  197  n::  ist?  djü'?  Magazin  ynaa  v^dt  nxn  ;  i2"2  'dö  '^r 

pcisi  '1D1  iD?:n  p,!:n  snabm  «3-1  na«  ;n"trn  "c  nre'  "ps  'ss  »pXÜ  \smn'  "1 

.'1D1  nra  pua  ppma  s'dsdkt  r'm  nm  pxj  ■'srnn^  n-n  mu'öa  mina-i'  oma'K  bn"? 
'Din2i  ,ia"3  "'D  K'ira  Dt'  mal  ixmm  :"3-h"d  "d  niD:n  t':  -an  D3  n"mnü:  ana  jdi 
:myD3  üa>i)  ab^zpa  p'risD  nm  x"r  t-::  fp  yb'.n  'mm  ndi  hök  nm  K"r  'b  si-i  nmca 

*]1h:  "]ir  d:!  nxi  -  .(px:  nrnn*'  ni 

:xr"x  Dtt'1  ,n"nna  aira  k'-d  "d  nirDn  tj  'a  «"jna  amann  ixmm  /i2i  n^pn  ar^s  av 

.na?pn  j'-a'-im 
pi2Bi3-i  ?]Dr  '-1  "-ai  '131  i'ttn  pa  paai:  x;n  :to"'?p  "a  '^xrac'  'i  'an  ♦5]DV  "1 

-  .?-|Br  '1  aD  na?  idtj  xSi  -paa'o  XDn  n""i  a"y  'y  &]-  rnnja  'ama  .'lai  j-tan  pa  r.x 
rrama  'a'nn  f'ca  /lai  rrnau?  nraca  "sn  x^an  ^jav  'mi  :n"n  "a  nxtt-;  n'^ina  'an 

.ah  xas'x  '?ax  nm  x"y  'i  eji 
iniD  nnx  naa  'u^x  m  nax  ivat^n  "a  n':p3  nsrxn  'an  ♦D'?y  D1t3  FIDV  '1 
♦Tx  21  'z:b  xj'ma  na'pm  n-ix-iiaxi  a-XDn  -naa  ya  ^lav  i^m  aman  'lai  -pa"? 
n:  nx-i  -  .r'ta  "a  pcnpi  x"a  t:'"x-iai  n"a  ptt?y  yaaa  xn"x  "rax  ,irjB'?B?  'aina  xn""? 

.px:  -piya  a"u?ö 
,nimx  a-aya  .nilD  [P]DV]  '1 
a"y  n"^  nma  'am  =  ':;  "a  nan  paipn  'aa  .[^^'-rb-iix^J  p^^^lixa  2pV^  '1 

.pb'an  ibx  n"i 
x'::ian  'aa  -  ,s]n:  rji  ^aa  tsyaa  man  a-aya  nar:  ,D"ni  ,1\X'!3  1"n  Dpr^  "l 
(n-'ty'btr  miya  b"-^)  '^laxb  pu?u:in  vn  x"?::?  amax  'im  nm  m-a  nxm'xi  :n"apn  "a  p-» 
mcnnr  ■ai'?  nm  '=?  ?i'a'n  my  aj  .aytan  m  '•?  iTjm  dti'txb'i  ü'-ay-i  vn  x"?«?  jaia 
nu^a  'in'?  a'tt^n  [ai  'iai  naia  [nmyan]  (nmyai)  x-am  xa'jin  '3'aa  3^*?^?^  mann'? 
,[x"r:33iaa]  x"tt"'-'t3  3iea  na-a  n",-i'?  b'-jisi  myts  ma  n'raj  mm  .rmaicna  iiarna 
cbix  .('-1  mx  'y  "ai  '-t  nix  t:"a  "e  bxtarix-i  nxjiin  =>  a"yi  x"y  a"a  ?it  -iu'\-i  laaa  nx-i 
nmaai  .o-ycn  "b  'rapan  'a  -  .iipa  mxi-a  nb  "'iai  mia  nx  'mxi»  :n"mna  man  tt'xi"? 
'ry  naina  x\n  xbn  nxin  naitrnn  ,'iai  pmi-  mü  Sa  '?y  mrn  nbnnan  nnx  naitrna 
ana  a-nm  :•-:  "a  ,ian  pa-pn  'aa  -  Ayb  "b  '?XD;jxn  nx^:m  =)  r'-in  "a  na^m  naa 

-  ,^bv n"B  jipna  :am3  au?i  ,y:  Tjtsya'  n"n  a"y  d"3  nima  'ama  xaia  ,1'?^?  naa  ni sbMa 
x"y  '■?  p|T  nm;a  'am  =  px:  aira  laxu?  nm  au^a  ^b^  n"B  pp'na  "'s  n"-i  ::"b  "b  nc 
X"y  3""?  e]n  niroa  'am  =  cjianpn  maa  nm  xi-a  m  :  'y  "a  ac?  -  ♦aammara'?  p:3  nn 
jb''ym'?  ma  lo"?«?  p3na  "^y  a"n  ':z'^b  "n  bn-^i  -.r^^vn  "-a  nya»  ba  'aa  -  .xDTxm  nn 
"BXT  amax  -i"a  pra^  -i"-in  au^a  ana  naa  "^d  maa  n:i  ,ia  mn  aitri  ib  mnm 
jiiratt'  '-1  :b":ii  Dau^ai  nyaia  mn  pu?'?m  .mb  xja  -"-i  ym  x'^i  m-ax  ni^yjn  m^  bs 

VIT 


pr"?!  ,T22:  -"b'^  m  üv  p'?inD  ""zn  ny-i  ünno  nDiitn  ,V33  rx  s^'i:  pxi  n"m  -qt 

-  .-in"  an":"»:'  ^s  d"i::-i  p^cn  ix  -isid  niyis  ms  r'i:' nK-i:i  ,"ns*i'o  sS  "nnxmjnu'nB3" 

.ps'^'pn'C'  min-'  '-i  iii'  d;  nx-i 

DiD-ij  i:z-n  :X"^i:'  "d  C3oi  '22  -  .jix:  -pira  r-r,^  nxn  ,(jm  ma^nt:  msbn)  2".t2pnn 
«■^ir  pD£i  1DI2J2  inp'?!  -inx  '7«nt:'-  sm  "^xit"  "^c  'rrz  c;xd  "ij  c:x  ■?:•  nnx  nsi^'n: 
'cns  T:ip2  xsin  ;p;,r2is'n  'an  'r^a-c  cn^x  onrpnu?  na  npi'r'b  jn"  x'?x  nrn  i'?  tth" 

.n-ina  "a;  "x  m  x'T  h";  r|n  p"n 
Tn^rn  ins  ,px;  ati'n  nn  :V'rpn  "d  :i:nn  '2-  -  .m^-i  E"ör2  .pKJl  'M  11 
*13  :X"nn-""nn  '"c  -[d:  inrx  'an  -  .'xn  nn  ü'cz  'o^nn  anmn  ixmnr  -jtxj  -[ira 
'"oanxn  yrx-i  racü  ■'"naa  'rnx  'im  x'jp  vcrra  xnraox  jixj  ""n  nn  am  n"n  pca 
•apa  jian:  am  xtti'tsT  -itt'"n  necn  "a  [rcryai  pp-^.i  (Vü-rra  ";pi)  rcn  T'n  "ra  t'32 
xn[i]  ':p  ab  n-au  mba  n-'?  cann  XD"n  "ax  ratva  s"x  'i-i  'nv:a  in^-innxn]  ('-i'\:ii) 
•»bia  no'an  n-r  X3"!y  xbn  Tp-^pan  xpm  na-a'?  X3\s  [a-ai  cax)  pnj  nn  n-a  mn 
VD  ein  a"n  'oirc  '^r  .n*xn  jm-  crax  p^n  ""'n  Dün  "nyrjr  nr  jtdi  'im  --xn 
D'rirxn'?  -nxiia  x'n  ,n"i'n  "d  nr'n  naom  üu?  D-'3"-i\-an  n^aipam  nax  'ar:ai  r\"-! 
ti'tya  -l:.!  '22  nbix  ."xn  nn  am  n"n  D^ax©  annn  ni  p:y2  ix'inc  (n'-nnab  lanpty) 
,n"moi  c-enaa  x'^x  xn-n  xrn  "xnn  p^xj  naxpi  :tt"'snm  r|»nn  iznn  (x"r  n"cp  e^n) 
xm  p-i'  b'ian  n-rm)  "xn  an  om  js  xnn  n"bp  "c  (r'snn  a^Sc'n")  nr.;:  nnan  ^\^rcz^ 
nrx  "bix  ro-airn-i'  lat?  nn-M  '''?n  -  ixrn  n"nna  nzm  .(x"3  "d  n"2n  pn::  nrrn  n: 
,:"m  cii's  Dn  irnn  tn'a  rCi'  nnsD  x'^x  ,n"rpn  "d  a"Z!  ^nnnas  -  csna  -x  pTira 
irrina  "nra-c  ni  p;r2i  :n.^x'?  zinr  ^jicm  n-nnx  cuc  mr  nü  t'n  .n"n  y'-ji  mri2  ir 
noi;n  ob's'  /'yairn  xin  'a  umaa  irxi»  :öo7  n:;  a-nn  mxn  bi'n  n"n  n-ym  -jnbn  pn::'- 
br  pana  :n"^in  ■•□  -j-c-j  mrx  '23  -  .a"nn  Vü'  ipao  nra:i  np-y  n"nnan  ir;a'?D 
^"n  r  n  pca  pi  [an;  [^nnl  (-nr)  xm^  i;"n  psii'p  van  ]''aw  xn'^'aa  xpnm  'lai  n2tt?n 

-  .xan  nna  xnnSm  n'n  z"r  n"c  =in  a"a  'cina  xria  .[n"a  nrc]  (3"a)  D"nyt:'n  fix: 
Danc'nS  nnxnn  nann  pa^^^n  -nzv  üb  n-an  [;'?]  xa-^p  -.-^"ycn  '"c  n"3p3  nrxn  'ar 
''"n  ann  anrc'ai  :B"-i:ti  "a  a^n  /lai  ""na  jai  fix:  "n  ann  anrDai  nna  /na  a"rn  na 
pt:>np  'Bina  x*?  a-'nann  "nxi-a  ab  .n:p  ab  nmn  nna  "an  ^i'bnann  paa  y  nyc-z  jis: 

.a"a  pcT  r'aaa  ixa\n  '?as  ,T"a-n  a  =]i  a"a  'aina  ab^  n"3  pjn 
xain  ,'iai  nar  xbi  pr:  nana  "a^b  "a  n"m  -.rzz-n  "d  bxicn  'aa  »jn^  D''M  "1 
mxa-w2  '?aa  a'y:i3n  mana  ^bz^  :  y;nn  "d  nian'  xb  'aa  -  .mu-i  n-n  a"r  a"a  s]i  ]"c:  'cina 
Y"z  n"n  '?ax  'la:  nana  ia  c-c  n-a  inixa  a:a"'?  nn  naxi  'iai  jn-aa  p  "nn  nan  ja  mxan 
iDrsraa  ""m  "ai  '?'?na  x'n  nn  ann  xn^-na  x'nn  naa  n-na  [nana"?  i;inaT  o'^n  'n  :X"jn3] 
,"'-\b  'n:  pxi  '?'?n3  x'n  nnnan  13  b'^njc  xpnnn  l-n  ir"m  t2":"i£a"Ba  ix  r:":i2:"Da  *?"::] 
.m'rnxn  p"a  tr"n3  nnr  nnmsa  t:"3iaa"Ba  "'n  na'itn  r"n  n"n  a"r  n":  fjn  n-73  'E\n3  ""r 
i3"':a'?D  'Din3  i:"-'''r)  x"r  '3  s^i  z"zb  'aina  v;2'7  pvn  ba  "ni:-  nxn:  n"nna  nanai 
D""n  'nn  bza  ,'i3i  nn"  ":ba:c'  nsnn  mbianm  :r"pnn  "d  t'T  -  .(n3na  'rty  n'Bns  n-n 
.a"r  TT  «in  vy  'a^na  xn"'?  .'lai  nnn  nD-nc^n  n"3  n"a'?  nD'nrn  n"3a  'n^na  xbn  naix 
ö"nna  n"ir3i  x"bc''px  "e  r-y  "3nna3i  X""?  "d  ac  X":n3  n""nna  Btt?3  B"n3nn  iX3im 

.jn3  n"n  a^z  vn  '"b  sib"?  aian  iina  n3 

VI 


41  n"nnr:  >pD3 

N"r  y'b  trp  nraö  ""u^in  ksis:  /ist  in  xnbi  nx::'?  d-'':?^:-!  dik  -Dnu?  '^-j-in  in«  D'iiN^n 
'331  ansu'  cs^jiKsn  nmu^nn  :D"Qpnn  "d  n)^^^^  ihn  -'  .nnn  b^j-n  rva  rm 
:y:-ü":  "d  ni^Dn  tj  'sa  -  .3"r  va  «i"!  r'?in  'oiriD  sintt?  n'^y^ib  "nrna  i^d  ,y"tD  pidv 
s'T  •hs]n  D^nca  'oiro  s'^in  ,'i3i  "-[c^n:^  ]^'  n"-i  N::::2r"t2  s^cv  "an  '=>:'  d^dik.ct  naitt'nm 
■^'-inu^  D-'ranp  a^Ji«:  'itt'nn  Kim  .s'b'sps  p^^rio  m  r'::  s^n  j^'^in  'Dini  kdi  -ids  m 
pipn  'S3  -  .':  m«  '^"Dsn'?  lansöa  n"'tt?  d«?  T'ynty  isjd  -va  "d  (nnri  i'-b-ia)  "rosp  in 
'131  ps:  ''^'^  an  nns  pi  'i3i  xmpn  pa-'ja  ^s-n^  •'3  mm  ttJ-ip-t  u'-iaa  nm  ivs  "d  n3i 
m  y'V  "1"'?  =11  nin:i2  'Din3  D'K31?2  a^nmm  .r-io  «idv  -i"n,i  3n3ü  ü-:Mir.  '3it'n3  pi 
1-113"^"  ^1^3  i:p"n  D-D1K.1  DD^x  :K"'?pn-t2"3pn  "D  ''"s>vü  '33  -  .pnD3  xmp  siipm 
nu^ia  i!a  "^x  "733  b^v  n3''tr\n  u^xn  ''':'r  id3-  |3  "^siau?  "3-1  nbt:?  p  'i3i  mmn  n 
pi  J"n3  3in3  ptr  'jTtDö  ^''rtyiK  '"in  3"'tyn  pi  .ps3  0^3  Dsha  3-1  ünsl  pi  ^is'psa 
tt'-D  iDp'n  '"?33'?'>r  [n]i3'C''n  ^iix:  3"d  ns"?.-!  ns!^  n'-ir3  eiis"?  |"xt:'  cys  ''^^  3n  3n3 
]t2  üDös  .nx7  n:pn  i3n3tt'  Dn"ia''3  n'r^  n:v  n^xia  ';?2  -ir.ri  .'o:  jms?  mc  nbr3  =1,1:'? 
'1=1  nTDsn  nn3in3  'r'3X  fei3ir  nb^n  mxQ  *^drnj  1331  3n3  pi  ■\"3n3  s"?  n3in3n 
n"iu?3  X2:)2:  m  "73  .13-1  niri  i3n3  xb  ö-nsmin  ^31  "n^  3pr''  1331t'  [nlbn.i  x)2Mi 
(c4  T^)  "i"iTi  "D  i^'7i3  Diei  3"3  D"-ina  m3itt?n  nrD  'D31  3"5:n  "c  313b  disi  3"3  D"ina 
ö"i,m23i  ,n"nna  ato  n"b  "d  ''"srx  's  X"3n3  Dn3-in  nsips:  ix:::s:3  pi  .c"i3">r  n-^p  dr 
n3prn  "^yi  .n"^inri  "pcsa  nn3in  ipnr3tt>  nxisi  "-nprirn.  n'?!a  j';rn  ?',ic3  nxi'ds  3"3 
D'3iX3n  n3pn  'ebi :  (vb  '^d  c^  X"3n3  V131  iX3im)  3"'7pn  "d  du  n"nn.3  '-131  n^an  nxTn 
D'3ianpn  a^3ix3n  132131  :X"3nn  "d  n"n  '7«?  t2"v  '33  -  .'i3i  pbn'?  "b  j3^3"3i  .1x^3 
f\i  n"-T  '31713  xn-'b  -'131  n"-i  1x1^3  "3^7  ava  ■'3a"D'r'  "m"?  xbn  D3'u?-in  ■^tt'xi3i  laib  x*?!:* 
.nnx  11131  n"i  x"r  'a  r]i  |'3iir  'Din3  D''i3in  iX3in  b^H  ,xa^'?''X  nn  x"y  rt"'? 
113  ntyns3  ^"tiyiai  :X'pnn  "D  pcmty  '73,1  'S3  ApriT  i"3  nmm  'D  H^X  11)1 
[mbtt']  miiTb  i3"n  1-33  nx  xtr^'^'^i  n3*nn  '33b  imbi  1133:  n'bv  r^rc-vb  i3pT  x'?an3  i^ix 
xa'?y3  •'Xipx3]  (x"34iu?a  xabr  'xn3)  "^3«  ,miarD3i  nT'3r'n3  '^'^snn'^i  ri3p  1133: 
Xtti3  itsp  '-ex  c'b^-l}  d"313  ori  'i'33  nx  x->i-i;i  n3"nn  ':tb  nv  nnrt?  ^nt?  [x'3ntt'a 
i3'xi  m  x"r  i"3  ^11  n'r'3D  'O'm  i3pT  xban3  m  3"r  i"3  «ii  j''':'in  'pin  '^^r  ♦tb3  nx 
:(y  i:j  ::"n  3pi""p  N"n'?  cp^ny  ona-)  aacs'Sc'  Ci  hy  n;3  s'iS  o'^ixin  ati-n  1 
nn  NVüns'  cipa  ^^i  ,-\'\r\ü  •\v;'>hH  'i  Sr  nn  n^m  niDDin  'pns  nry  xini  ^«ptn»  1  xm  n'nno,, 
-ici'  upS  T1SD2  nc'o  T'a  cidv  'i  n.'i  rH'  ^n^r  xin  aim  .in^ptn'  V's  Ssptn'  nnni  ,"n"nnri  xin 
c]-!  3"3  'Din2  N2ir2t:*  n:j  '3  P'VN  --i«  ."n"nna  Sc  ininx  p  Nin  iiuo  -iT^'Ss  'i,,  :39  ns  z"n 
onann  nx  iiur:  «"t  D'SDni:'  ;npi  ,n"nnr3  Sj?  nairn  ,in'pTn  i"inr:  ora  'in  nSt  n"T  3'y  T'o 
spin  ixSi  :D"pnn  "»d  D'n:n  nprn  'ns  n"nnr3  'posa  D\xi'03  n'?«^  Dv^n  0^121  ■<3  ,n"nnro  'oino 
K3\x  ''3X1  ir:iS  ns-i:i  'loi  i'^'c  ns'xc  nxi'fDa  mou-  tr'n\*iS  nd'N  'StaSaoa  ''SS  im  'ui  'i'pipjs 
n'vna  max  'i  i'?  Ti'jpm  airiD^  ''Sunr  ir:3  ms  «o':'n  p'tt'^n  dSij?St  'irpip'i  n'S  iin  ahi  cny 
'pDD  cntt'yo  TiNi'r^i  Tipnai  "tJ'"S„  nnnx  aino  nsin  xposni  .'idi  ni'n  Die  ''S  n'Si  ]S  D'pn  .V'v« 
.ntSn  p'vn  no  yii'  ':3'ni  .crrSy  cmn  "'"a-'?,,  i«  "c"'?„  irx  ^yish^r  idd:  d':'T 

.22  ns  Babylonische  Geonim   etc.   lIDDi   'pD3S3T«3   H"Cn   nxi    .'i'ipri   :'";ni  .^''^   p   2 

.Nin  Nim  /'yc"  :2"3rj-inr22  ^ 

.D'JIC'Nin  CJIN-in   :DC'    ■* 

.t:*2t:'ro  noisn  2"30inü3i  «".inn  xin  pi  p2:n  xi.i  p  ^ 
n"ü.n  nnn  jio'vj  'la  ncT:^  '21  sns  pi  :2"2r:"ina3i  ipK'QB-  :'"3=  »^ 


n«"i3  c"n 


40 


^11  nmna  'cinai  .in"si  nm  ""'-n  'isi  mrs'  ons;'?  n^sn  [i"?]  i'X'vr  di«  :-i"'?pn  "d  '"sr« 
N^ö'np  c'BT  3"3  D"nna  nntto  p")  ono  in-'':'«  '-i  cto  ht  iN'an  naiKn  nn  k'T  :"d 

nnm  nm  'ö  dt'  cms  ab",  (r'sp  '"d 
rrn  f-öo  ann  'i2i  rnnrn  "^yr  jöiiri  :t2'"  ""d  ntt'Dn  t:  'E2  »p,!2Q  1*r^^K  "1 
."ds*  "icx  nn  2'T  ="::  «qn  p'nn  'cina  tt""a3  ^'i^ia  -iir"':'«  'i  hi'  in;i2i  .(:)  nn""?":  im«  idik 
Kdia  ,'"ri  Tc-i-n  -^oa  es  n'n  :C"pnn  "c  D'nan  npin  'S2  ♦XiJt'ü  "i*y^'?X  '1 
■^.dU'D  '^ns  n"-r  K"'y  n"j  =]■!  pa-'j  'oin  ""n  o"3  ""c  cnan  npin  -a  s"2n3  n"''"ina  Dca 
.-iTj?''?«  '"1  ntt>  i2i:  s**?  jViTS-",'?  rtdnd  nn  k'V  n"'^  sp  mzind  'cinm  ,nip 

.-i'Sö  -i"n  spr''  '1 1-iy  nsn  .D^IDX  "1 
K'T  n"a  ?]-t  ü"n  'cina  o'snTa  Dn^-rm  -jis:  Dc^n  nn  :vrpn  "c  nnin  'es  .pXJl 
t;v»y2  t::  'sn  -  .pxj  "»Kn  2-1  -ina  ^■2ni  tn-s  n"-i  irrai  :ptt"':rn  ni:  nxi'pn  *:su7i  nn 
sbx  ;m3  i3"N  n-irb  .T2  -iDK"!  [pnn]  («"nn)  ht  "3  pxj  a>:'2  ir  pcis  n'-ian  :a"r  "o 
-f^l'  c;  ns-i  .jis;  'z.^  xb  '^rx  n"i  att's  p  rind  r':  "c  nii'  N"jrc"i  /in  Tnina  intaa 
'131  '-nn'!'  "r!2cn  ns-'-n  vs^-in  ':n  :3"apnn  "o  ma'n!:  ^ba  'sz  -  .i^xa  p  npy  '-1 
-■nrzi  "in  u>-i20  "»"-n  .d"'disji  ■'"sy-i  .jb  nsDX  ah-\  .-n-imi.T'rrn-i "r'n  "n  j-ncd"?  bsx 
SDTc  snn-!  p'3  ipos  D'oixjn  'uni  'n  y;:t:Kn  mriJ^c  "as  n-',  •an  r-,  n'^ap  nn  nca 
r"t3  ?iDr  ':3n  drau  D'':ix:n  maiu-'nm  d^"c-ij  isan  nia'-itsa  a:i  'lai  nnn'ana 
nni  fn-Tca  '^ax  nn  aT  v.'j  sp  pbm  'ema  s:;:^;  psrn  "73  .'iai  pna"?!  na:"?  "inisctt? 
ns  nai'sn  'aa  -  ."rm  ma-iD  ma'r'n«  d^>  sn's*  "i"n  mants«  nnn*  -in'Ti'an  ir*n 
e^n  a"a  G'acn  .ma'7  nrcöa  '";p:n  a'pcia  D'acni  c':iN:n  "ras  :t:"b  "c  nracn 
a"i  cca  a'C'ia  a"DDn  "c  "annaai  u^"K-iai  'cina  ^""n  nia'cx  -i-as  3"n  nn  ks  M' 
Tiao  iras  cnna»?  bv;  irrnaa  la-'janSi  :va-in  "'d  ncr  nranxb  t.s  'aa  -  .psj  •'smn'' 
ma::  k"?  nyaba  nn  st  ':  =^in  anaa  'cinai  ,D'3is;n  marc'na  d:i  a-n  ,n'?'an  nns"? 
jp?n  ü'm  ""rn  nnea  xcixa  x:ix  :S"j:pnn-ö"pnn  ""D  mana  ^ba  -  ,Q":^ü:r\  maiu^n 
,ps:  nt'ü  an  naitt'nai  3na  pcia  pi  'iai  nois  nm  a'3iK:n  naiu^'na  pi  pn-'n^: 
r.-'an  s*?!  ,ni-n"an  i;"n  nn  a"y  va  fjn  i^'^in  'cini  '"u^n  "t  /"u^na  irman  nsc  "^ai 
iram  b'->  :n  jai  :aina  s""n  "'d  sn  r'isai  -n:  psya  na:  Ts::a  xbi  -jpn  cn  ns'  au? 
nca  'n  anm  :Kn"K  cz'  pbin  'aina  n:n  .ym:  nra  'n  nanai  .p^'ac?  b"::  'b^H\  >]',v^ 
b":i^  ma  nbas  nira  'a  -nasi  41  n-irn  jn:  'n  nnbina  n''"»rn  Trn  naa:  -«"T'^tiDien 
'ittTa  sr-na  "aa  pma  pi  :a"eu?  "c  nn"?  nc'n  naca  si'a:  pu*  .ns'aan  nra  'n 
nn  nns  e-acarn  cnanan  nasa  :ana  jai  .ns-aaa  nca  'n  ann  mairm  jni  a-rsan 
*3  ,vnns  D'nnxi  ~\"'v;  n'yn  naa  a'ns  .(n'yi  i^pbrt  '"^att'  .ncnnn  nae  .nt:n  mina) 
-— ^snu'  xxxviu  n:i  a'^rn  ^nr  nanpna  nxm  ,-|nya  nai  sa  ab  ns'aea  nva  'n 
navi'm  :pn  aina  "r'^n  aipaa  insa*  .raipa  irja"?'»:'  -jnrn  'a  .N:paa  n'"?  sai  nana 
mnjnai)  niana  'bn  pcj;  3"aBa  nsn  d:  nsn  nnn  .'iai  irra  nar:  Nin:  nu-a  'n  ann 
nK'iaa  ps:  ncn  iran  pea  pi  larau?  (inns  larn:  ■;  n-s  nantt"  'bno  K"'a  nma-o 
nbyab  an  ns*  n'^ync  r'aen  '?ya'?  ^b  nn  n;  na  /'?«u?"'  bs^ttm  /iai  -[nya  na::  xm 
nBi;n  av  n"^^na  'pasair  ne':n  nx  nn'  a'annü  'rra  nxnr  v  "ps:«  ny  im«  nnyi  nan 
na::n  px3  nca  'n"?  n:''am  n-nnaa  sine  laa  pa;n  "rax  .rja*?  an'Jir  rnur  ncn  n-aaatt' 
■'airna  :K"a  "c  na-,  paipn  'aa  -  .(n";-i  n*  :  n  abu^n  -jny)  'n  "ran  ipy  "pnya 

IV 


'9  n''1n::  \-r3 


.'TT  "crn  "ps  '?a:n  ']:'?J2:  ,m"xt:  "raD  '?:iDm  nnc  '^s  n;n 
.ä'pisn  -HD  "71?  Dans'?  -innen  pnpn  ab  ns'n  s*nrc,^n  '?:;  n'pcsm  .nnr  mny 
,ni2n  üTüipia  ^"32  r/'j^b  nrs*  n"nnü  pDS  -'s  rD'jnb  i3mx  ns-in  nsin  n^s'synn 
pT.rian  '22  nt:K  nam  .13b  nriT  Ti'^n  nncn  o-inn?:  n'  nnn.^  nss  is'r  os*  ,x'n  n'?stt'm 
13  ncnr  -isc  p'nri^an  ':tb  nnp:  nhpj  is  ,nnr  rr-\r{Q  nnn  »«"^tt^  cisra  n"yn  nrs 
■x'in  nrs  ns'  '3  OD'sn  nns  n:m  .macn  fD  nno  ';s?2  mD^tr  mnscD  dj  ix  D'pns 
pxi  Nin  r\-^pr:i  -js  '3  nrn  "ri^v  cbix  ^:".zb  nüs  '''d^  x:i)2D  bsn  n'^nrif:)  'po^D  Dnnni^n 
•'S  ,nnns'  nnnn"?  pxa?  nnnn  n'xm  "^mn  nsis:  ij-td  i:-'  "^rx  .nnp,en  jü  rrsn  D\s''3!a 
nnx  vn  n''-\r\fi  'pcs  nsn  "d  .o'siirsnn  '3sb.  vn-^r  iias  i:ns'  on  D'fibz'  nban  D-poan 
iT.njn  nrn.^  ,<srö'-ip;3  in)  T7,t:y-ipD  '?Nnr''  'n  nxiy  ana  ncx  -d'^tt'xnn  a^mpian» 
r'^r  jbn  «'?  dk  rirzsbtr  necn  x::iD3  n"nnD  ntio  rmnjna  uaia  xmssn  "^di  ^'''nt'N 
Dn'^j?  px  ntt?x  ,n'n3D!3i  D"pnE3i  .ni^x  x'?'?  n"nn:2  "^u?  lar  rbr  a-\p:  la  mran  p'nran 

-.s*":n3  03  ans:  annn  1x2:^3  x*?  ,i3''3s'?  '"an  n^pna 
Dtt-n  nx  d3  nnb  ixnp  3"j."i  -mED^nn  'brn  'nnn  ^r  anpra  a'narfa  ii""-\t^!^  -paa 
vt;  ctDU"".^  amp  vnu?  ica  ama'rnya  p3xiy  maa^n  rn  nanian  '32*7  abix  /'msain  "pes» 
'nn  myna  tsnsai  ,a'3irsn  bv;  imini::  nxia  nann  n"'-inD  npb  att'öi  X3ia  a'i'i  .^lü.r:  a"' 
i-iKr3i:'  ana  i^-'  a'-anm  -nmnn  nnx  '?Kni:?'  'bnji  "31x312  anbin  'ainn  "''?r3  nxu^i  n"-n 
nia  im3  "3^1  .i3'?ir  'aina  1:2^^31  y:a^  'ama  rn  nüx  ly^i  i3'?->:'  'ama  a3  nD-bo"?  ):b 
■'S'ix  n'nn  jn'jpiaa  itt'X  nn3fp  rnrn  ar  >n"nna  'pasa  anai  xa  nrx  ,arn  "üsx  n^'cn 

.a-np-nb  n'?rin  irs 
.ana  "nin'^xr»  a3  ,"nx  am  mnbxt:?  ,\snx  am  mnbxty  ♦\S*nN*  '"l 
p"a  'a'na  .'in  mx  p'3ra  "s  pnba  'nn  '?ax  :p"ü  "b  a"2iy  '?Ti3n  'a  «priSs'  "1 
ixa-n  C'c  x":nai  ,aina  Txriü  x*?!  X"ya  "a  |3nbx  nnm  :inmnxa  a^n  nn  a"r  'p  =it 
i:-nn  a"'  X'ra  ab  panbn  "a  j3n'?x  'nm  :a"ypn[n]  "a  rs  ~  .n"nns:  at'a  x"n  nan 

.x"'?  "B  -)2wrt  'a  i'Ta  x"3,"i3  anann  ixain  ."lai  a'ö''?^' 
:(r:üti\i  -D  n"3p3  nz'an  'aa)  nnx  arai  -(mm-'  n"a  in^'^x  'n  xin)  IiT'^N  "1 
rjx  anaix  u?"!  n"i  a"r  vi  p|-i  pti^np  'aina  irou-a  B"xait:n  anam  jn  im  ,\t''7X  'n  ann 
■c"'n2^  ,"n'pr\  \-yjb  -i'.r^bnn  'nixt'  j"3ra«  :nttxj:n  naain  ar  i3''3a'?  Sax  -nny'?  "piea 

.jpm  in'bx  '-I  -j-ir  B3  nxn  .ac  c'x-in 
iprn  r.-bx  i3an  paa  ciz'  "b  mbaai  :3'n  "'a  nnv  "ö  'aa  ♦jpul  liT'Ss  "1 
■aa  -  .nu^arn  j'xi  nn  a"y  n"cp  srin  a"a  'a^na  anann  ixaim  ,'iai  naöüD  n-r'au-n 


i3a»,x  ninjinn  ^^2  ^2  .n'h  myai  "n"nno  nnSnri,,  onn  i.s::in  'i  "'D  .V'ai  'i  ''d  2"3  pp  n;'ir22 
pi  nf  c;:  "r\"'<-\r]j:!  >pDs„  onh  'min  cora  'n^u  ,-in.>!  ora  n^i  ni^Sn  nr^  n"nn':  \-Di)">  ^t^lp 
nc-yj-'?  N".in2  N2inr  nro  □.!  ."n"nna  ]i\i'h„  i«  "n"nnr:„  pi  anio  ton  hh:^)  ,inrz  D'Dj;r:  niroipr:^ 
p"s2  p-i  .".s"-i,-i:i  Dtt'ns::,,  :V'sa'pn'i  ,pp'n  inx  "n"nno  nti'nsD,,  .-inins  'orio  ciirsin  D'pnsn 
cni'pi  n''nnr:ro  crN-j*  un^'j  n^rr  nr.t:''?  cnspo  ,n"nnro  cca  cnai  isain  nt'  .V'szi  jmnJDT 

III 


nKi2  aon 


38 


•^zTi  jKS  IV»  -.r^'C'in  T3  pns  s]ic2  2inr  jr-iT  -n'-nna  '?c'  nao  nscnir  pEc  j-n  '?2s 
Dipa  -tr  Tipis  "D  .inx  sbi  sin  ,"n"'-inö  "pcc-.  necn  sinu?  psc  j'K  pi  ^"'?"t  i,Tp:n  'in 
-,ir:s'r'C'  ibd2  xi'gj  n"nna  'pca  dtt?n  nnscn  srair  n»  h's  "'s  .nsisi  nraa  -tu^ 

."vu^nsö"  IS  n-nna  "msDinö.  smni:'  nia  sb  "rrs 
c'':?2"crmc  "^y  n"nnc'pcE'7  utes:!  "^nj  nnEs:  siv^:  dc-i"  Pin)  p'pn  "cs-in 
T"D-i  "'Cö  "^-nnöi  vi'si-  -icn  sim  ,(ib  o'^ann  d'ibci  'STnas  lar  ,]rb:n  bv  D-D'nrn) 
"ij?  'S  "Cö  Unna  n:iai  -|'7\m  -(D'nan  npin  'b  =^10  n'rn  "c  ny  (nj:ty  -nur  's  sr-c) 
pipn  3"j  si'üjn  --ji-Q  -ir  2"-ina'?  ni2-a  'poE  -isc'?  imaa  nriE»  sn"  r"nsi  ,B"pn[nJ 
'S  "ca  -lEca  HDim  nna  b'nnai  -i"nn  "d  ny  s'EpncnJ  "Dia  "i^im  iti'a:  sim  .-rrs'?!:' 
s^bs  '"D  i'j  (nzz'i  p"a  u'"!)  's  "co  n"nna  ^pos'?  nnsan  non  "3  si'aj  o"a  "d  nr 
lEon  ?iij  .C'Bi  7'"^  hs  cn-'ru-n  'sb)  ain:  n'nu^  ,r'D-i  "d  iv  ntt?ai  (o-in  "ids  pnB  ir'-i) 
tjn  i'rsi  mnzca  -icT  d'Dir'r»  D-'Dn  ■'pDE  (iu''-i7")  d'E"i  n"2p  pi'pai  "^bis 

.(D":a'D  ':u?)  '12  pna  n'?nnm  'n-'s  p-is  nat:' 
:pTrannnrnt"nsi  ,'D-'"ip-iEi  ('•;£  oipa  er  s^ar  ieids  ncn)  's  p-iE  pany 

.'•  piEl  'n-'S  p"".E  CTCE 

:''yi  :n'pm  'nn  -q'H  jsd  ny-  -.p'nyar;  nnyn  ibid21  .'i-'"!  p-.ET  ':-'spnB  p'?in 

♦s""-"  pnEi  'n-';  pnE  mnjia 
,'n-Ti  pnB  nmsn 

.Sap  S33 

."nnr  "nsi'a  s"?»  rp'nyan  n^yn  r"nsi ."'  piBü  n::pi  'is-'s  p-iB  syica  snn 

.snrz  S2n 
-,n"r  [in-pin]  -.n  srr  s"?-  ip'nyan  nnyn  r'rsi  ,"-'i  pns"  's  pns  mmriD 

,""cmp  'ca  "i'?  sm  nmnsö 


CT  ,T:rr:S  n^  c>u'i:r  niim  v:27  ir«  -i3C3  «rp^  i'T  m^  ixfi  d'^i  n"r:ipr:ii  nai  .n::  vt  k?i 

Nin  nnns  n-.nrco  Sy  3"r,!<  sar  no  "r:«  .prn  'cri  ^;.'  inr  n"nn:3  irn  «"tk*  V't  > 

.n"nn!3  »pDao 
;j'r;n  'c  .sin:  ^r;.";n  's:  U'rsS  Ki'c:  's  n;N  'z"2  r.nasi  nrr;!  m3!>n  ni':i::"0  r..n:,n  - 
Kin  'T  ms  n'D  pvrii  ^nn  r,o''n  or  2"c'0  ;T'pn  ''D  prnis  c';k*  'd3  n'isS  sin  '2  ms  cc  ^'ca 
n"d3  er  o"B'0  ;r!'7i  ''c  r':r:n  '33  i:':37  sin  's  n-s  V's  ac'  2"2r:  ;a"ct:*  ''d  "js-.nn  '33  i:':37 
•,;':i7  sjn  :;"'  "•d  pp't:  'd*)  r,i':i::":o  nuvrns  D't'o  .n"r:n  '>d  sin:  ^ti-in  '33  i;':3'?  sin  'i  ms 
i2':3^  sin  s"3  '»2  er  3"rri  .;;"n  'o  sm:  ^>i;,n  '3:  u'jbS  sin  '3  '»D  db*  3"tra  ;S'3C*  'd  c':iy  Srjsn  '33 
üu*  3"t:*Q  ;i"Qin  ''D  "itr:  int's  '33  i;';37  sin  u":  ''D  c'dbkv:  'd?  m3iCTi3  oc*  3"t:'U  ;i"rin  ''d  cb* 
2'2  ''D  p"i-  s"3  qiD  '2i-ir:3  3"t:v:  .n"vn  »0  ftms  av  '33  1:^:3'?  sin  T''  ''□  d'us-.'J'  d"?  ni3irn3 
i3':b^  sin  'p  "»D  n3nr3  'b  i:iid  cs'  3"B'::  m'i— t"t  '»0  ay  p"333  mvt::  p'nycn  i-jvocnB*  nsn: 

S"DC'7S  "»D  GB*  3"B'0  ;3'3pn  ''D  t"l'3  U^ZbS  Sin  T'^B-Ss  ''D  "131B'n  '33  CB'  O'BTJ   ^V'^B*  ''C  n3n;23 

;n''B'  ''D  Dann  '33  i:Svs  sin  3'2B'  "«d  'ib-j  n'nB-  V2  '3  ^^id  3'B'O  ;i'"pn  -n'opn  ''D  r"j,'3  ^vzth  sin 
DB»  >"iE's  mn.in3  c>i3in  is3ini)  s"n  ''d  srip  ^ti.in  '33  i5':3^  sin  s"ap^s  "d  mi'i3B*3  cb*  yvo 
'pD3  130  sm  i:<:3^B*  iBon  o  ,n'3inS  n^s  ^33  ni  .(myD3  "n'nnr:,,  jrvn  DriB'JB*  s^s  ,T'3  >o 

."11DD3  3in:s  ^"-iB'S  ninjn3  n^sn  Q'poBQ  S3ian  T'yi  ,n"nno 

TI 


'''?in:!3  nn«  xin  oninn:«'»)  mm""«:»  apr^  '-i  p  (n'ptn  -in-'pin  „-i'ptrr')  in^pm^  '-i 

-msb  ■i3'?m  msDz  ir)arn:?n  v-inx'^sy  mnnn  "örm  '»ip"!  mss  ib  uhdi  nn  "larn 
■-pDB  ,nn  -lEom  .nD"?.-!  iJisp'?!  pn  imn':'  Dsmn  .n''ri''?  n"'ina  'pos  an'?  rn  0-1231 
nns:  -'S  ,ib  Tn  na  -iirT  xb  ,D''onnsn  •'nux-n  D-'Ditys-in  "ji-ins  inr::in  -,rx_,n"nnD 

.'sn  jT  mr  insr>i'  x"?!  d'öm  mann 
u»'  -n-T'tayön  jxna  nbnp  -iin'^np'?  nu^x  d'-ibdh  n:iis*a  Dvujn  Tn  ^nna  j-n  riDm 
bbis  rw-\  nn^b  ni£pö3  ntau  pnna  ans  snam  ,4°  n'^ann  si^p  bv  mns  ja?^  pmp 

mjDnnnm  jrrn  nnx  '3  ,ia  mjnnb  mpa  'h  in'Dn  Dm;tri  ^-is"?!  'ns  hü'D  'i  crnm 
DJ?:«  »Dbir  IV  my  cmK-ib  ub'^s  x'?  -iwa  ,n"nnD  "pos  nx  -"'rn  u^xin  'ns^o  ni  nx-i 
mx'::^  'a)  ia::rn  ~i£C-i  '^inniy  xbx  my  xbi  -nnnia  nu?  x"?!  iü:?:'  x"?  "n^Dn  'rr  xipj  x"? 
;xmpn  nx  mranb  '^i'^r  ni  -am  ^-.Tpin  'i  "^ty  laira  nnx  jn  xma  (n-"?  "c  nnrn 


'siSs  j?nn  x^i  ^nyT  nr^  :i^  2ni2  ina  -12  ;D"ino  .0"ip  "»d  x"n  cit  N"n  ?"ix)  S"iT  :py'  'i  2in  p 
na  n^nn^  'S  nS'Sni  nroix  sin  e\H  -,{'2  '^d  p"i  ^''aonno  m^icT,)  nn  'ir:  'imni  SjSj  ';ni'":i 
2";oir;!3  'itt'.n)  lOj?  i2T  n:nixi  n"-inr3  ssin'B'  ny  SSo  m»nn  'rx  'jxi  'idi  n'prn  T'-ina  "lOXK" 
mo  iDKtt*  HD  i»nnS  >S  nS>9ni  tXDi'.'in  i7g  ni'  .vd  ''D  j'^ia  Disn  nnic-n  ny^'n  ,n"i*  ">d  s"t 
,m'?n  DiSti'i  ,ri2't:*3  2ijn  ,ni3i?  apj?  noxS  in'?xB'  S;*  iS  y^'n  jns  •in.vix  'i  .(n'pTn^  i"in 
'131  n'ji3  "iivj->n  nj?T  12  d:::x  'Sx  nnStt'c  'xi^  'j'x  ,n»pTn  '2t  2nn  "^n.in  nio  nipni  nnnx 
.(nr  n?2XG2  'nti-oncn  12  irx  ,t2"'tr'  tij'iQT  xiin  didi2  .V'^nn  ''d  ninino  'ooh  oTirj  nin.in) 
,20  ''D  (noEnji  n^Sinn}  V'in  cnson  np';3  ib-x  th  '2noS  MJ^'snn  ctDiiDrD  nj:ni  ^ 
Handschrift-  nsD3  px.1  'XHiH'  'IT  ni2ij'pn  noSnn  nx  i2';sSb'  i"2n  ■>"s'j  O'Qin  xin  3 

T'i*  3"C'3   '^0  mi'n   15  nS  CB*   nxil  liehe,  Jehudai  Gaon  zugewiesene  Lehrsätze,  Berlin  1890, 

•ins  -12  nnna  msDin  □ntr'  n"nnf2  'poa  Sy  aiu-nS  nyj  "i^si  u'jsSr  '"an 
inmi  ,(3":in  p^ia)  ;"n  nnm'n  nj,'tj'  nsoD  3"3  ^''-inoS  nisiB'n  nrn  '"dh  '"sy  V'in  xin  * 

.IX  li*  'X  phnh  inrDipnn  n'sin^  non  xSn  '"rn  nnx  Sy 
"^''^o  '»prn  'in  (!)nisr2  nnpS  h)y  üh  n"'L:n  12  yz'  pxc  niyt:'  Sb'i:  (i)''*?  xpsor^i,,  ^ 
p'nyn  '"^n  p'nyoi  ,t"j  ''d  p"a  nsK-S  ncx  nin-inn  t^'o^  ,S"t  Sxptn'  'in  :V'vi  ciitro  nDi:ni 


littD"?  lih  j'x  ort;  nr  \y;ai  orua  c-irc':  [nan]  -iii'x  D'rmn  m-nn"?  ,n'  rrs'i  "pi^i 

"ic'X  i"?«  ni"?«;:?  Tic«:  nnx  n-z'vh  nzib  i':K*öi  "is  T2C!a  irx  ck  bz^  ."2  "n-iti?  px 

"hu  a'-i3n3  'nTa  ^csi  .":;2o  -n^^n  tcn  k"?  ri:K  nr  ornx  pni'S'  ex  •*?  li'^'^n  5 

ah^  'h  nb^bn  -\i:r\nh  ah^  -nrnn"?!  nfs"?"?  'ns:  s"?  "s  nnbj  nsb  nrnc:-  "?=  nrx 
na'^riia  "n-n  ntn  nrn  nr  ■'^u":!2  '3  .Tsn  ki-k  •'rix  ,'u?3j  nx  mp:'?  Tir^  Srx  -nn^nn'? 
narn  nrp  "öit  nx  p'-n^a  'n"m  nn'x  irim  n'bv  npim  na  pornöi  n"'D3rn  naanr 
D''a3'ni2  non  Ti'x  D'i'i3::i  Q'-t'^"  ciarn  'n-x^itto  rrsn  „lött'x  xbi  pr  na  j''xi:'  -na:»!  10 
v,i  .nnnrm  nn'^'n  m:''^  ti-ijixi  '"nax"?»  rx  "ncxü  ,'nyi  bv  D'D'rcD  drx  -dtiti 
,n;pTn  nra  nnyi  -ms'^a  'js"?!  a-iü  •'33'?  n:)p  •«n^n  -itt^x  "nn:n  bv  .mri  s^s"?  'mx  pn 
a-xirc^n  =]x  mn'a?  nr  nnaitt  nnx  nso"?!  n^nnu  tt^sn*?  "•?  mta  „Ttsc?'?  nxT  'b  ,Tnn 
r::bb  ti-x  n-isia  .annm  nz  rrn-  "i^-x  -m:;!  \irQin  "riD  nx  it:^i  .nnina  nsc  i-vi-x 

:a,T'^nx  15 
'C'hz'b  rrr  Da';'  nirx  -miaji  penn  ""rrai  Mi-om  rrnn  "trsx  ^'nin-i  cnx  nnyi 
'2  .-i"?,*:-:  1-n  x'n  ntt'X  ,i'rx  "i-n  ';mm  ,'r'"U':?2  -ny  ':-ib  i:rn  "rx  ,'?x'd'?i  ncrnn  bi' 
rn:nb  D'D'rn  nx  txöi  ,n'nn  bi'  "jr^va  mnb  a"'n  cnn  i?:i:',-n  ,ni':5  ht  ca-iy  '?s-iü'^  '^'?3 
nütt>  i3C!2  -inx  b'3  n',-i"u?  a-'Ji'n  ixa"!:'  -ly  ,s*ö:in  nx  mptyn'?  o'cn  jia  nnm  ,xo"Dn  nx 
D'-p'?!  x",-in  ny';'  iomr6  ccu'n  m'?s  'js'^o  fi::-i  'n''  .iprm  innxn  '^x  yjai  -ip'^na  20 
d"?:  "2  'n  nx  -y-i  ■^sjx'?  rnx  rx  c^xi  iny,  nx  D"x  my  •.-a':'''  x":»!  'a'-:-»:'  x-^.pa  ija 
:T,y  TSTx  x"?  cnx'.rn'?!  ariy"?  n'^cx  '•a  'n  ax:  a'^n:  -;yi  aropo':'  'mx  lyT 

:nnxEm  '^x':'  naD  nn:xn  n^n 


M-n:  n:'.s  n  nn\i  *      :d"j  'n  non  ci^a  ti''n'  '"y  cs^3  ■"'      :'n  t"j  cc'  ^      j.v  'i  zrs  » 


XIV 


jüT  .m-ii-'r'i  p:n'?  n^sb  nns  bza  .nravh  "ic'rn  \s':'  ^nj:x  i^'ks  rirr'?  m-ncx  nnr 

,nbs  nnr  ':^2  'n  nsnn  'd  ^ninau?  "isfa  nnn  bis^^b  nniox  pi:"  is":;:n  n)2i'y  x'"n 

5  f^'nbs  'n  oy  n'nn  D'^^n 

ninicK  pv  n^sxbön  "^d  "rr  "r!''!  irmi-i  na  lum  -.rs  nr-^sn  x::?^n  ,'jr\ha  'n  cy 
Q-ittN3  :s*:2  D"n'?3  r.Ti  cmx  biNff"?!  D^n  tt^mb  n"n;n  a-ri^  jmrrbi  -n-  pcrnnb 
"731  cstt'Sfai  D-!U'DT  p-:tt>Ni  i"Drt3-in  fn'>r  mrr':'  ni~ocN.-i  nirsbas  D'pornan  '?3  "-tr 

10  nic2nn  ■?::  ppDT  rn  nj?;u'  lll'^'l  ppsv  "722  Trxtt'  ';2f3  a-'-ibs  ibx  ix-ip:i  d-!2Dipn 
-n*ü2"ix -jS^'?  nnrsn  :-i-ti  ^2\-i3n2  D"13-x  an  ann  mi-ixn  -^riu  brr  rn'a'i  n'^sn 
baa  i-iaTj  sSi  -U'Oi  nnji  (^n-i)  '71m  piy  ai«  "'ja*.  .nD?:o  an  nc-x  nx:"xn  jiK^'^a  rant' 
B^xnpDi  a-Tja  a'xnpsi  nrsD  pnx  'javc'b  a^n'^a  ixnp:i  a'"'n5:?a  sSi  a-'-nSa  x*?  i*?« 
Btt*n  m  '?ri  a^n'ra  "^a  nnxi  "^p^n  -x-a;  abaS  '?'7-an  arm  n",-nx  n'zsr  asi  a-sx-i-a 

15  rtt^nn  n^ijiaiaj  "ö'a  maban  nnsr^s:  i'n  Q'-l'£'z^  'xn'-^an  x.'ti"''?  pz-n  a:z'hb  a'xnip 
•b'To  ixnpj  att?!2  amrts  n'aa  a'^naia  anrn"?!  amrto  n-ai?'?  an'-T'  a'x'?,':si::n  an  '-m 
jnxn  ay  "^xr  at  a"n'?ani  a'.^'ri'n  n"aa  an^-a  mz'  ":qs2  a''ni:'a  a'aa^rn  mna 
pxi  "n'^a  xnp:  -nra  hz  rr-'^  cnrz  nnx  nnBttv'2  an  a""n'i'am  rrssann  -xca  B'parrisn 
an.r^y  [ia;a]  (ia;pi)  a'nbaa  j^'^xt  px  h":  irn-an  ri.'ixD  \rz^  .'-z'z  x-.p;  "n'?a  "ra 

2  annan  vn'  n-nrn  'ry  mnpmn  m>2ann  nxu'a  a'pcrni^n  bai  rrnrn  •^'^nD  rnu>  a'nii'a 
jn-c-  n-^ann  '^aa  xb'  a'jju'^a  x'?t  a"n'?aa  xbi  a-Swara  j-nx^c  j-x  r:?:x  ibxa  i'rs 

:;nn  m-trann  baa  ppcrns^  rn  c"-nban-c  '':=:S2  ]rh  r,:a"i 
miab"?  n"x^n  ni^an  x'n  it  'x  i:'^  n'?jn:i  a^n'^aa  i''?x"t:'  j"x  ns"  nn-a  13b  n-an;! 
nnx-n  n'.-^ann  j'n;!2n  "a  r.-n  -\zin  -pn^  rx-^r  n "u-yb  x'r'i  n"!:bb  nnn.^  li  wi  mtt-r'r'i 

2.-,  BX  Sax  rüvc  n-cn  -mx  pnip  a'?u"n  a'n  n'cn  ü--<pr:h  bian  av^c  c'^b  inr.ia  n'nn  bxi 
a'snnn  '"^xTa  rh'prz  ]V'Z'  arn  pxin  i:s'  nrx  pja  nv[i]xna  r^nai  [nl'maoxa  b'pr:>  n^n■' 
,nBi"'  Tan  u'-xn  "n'X  i'n^p  i;x  px  a-aaian  nr^ana  cyjfijn  hv  "n'cnti".  a-i'n  ''^p'?p?:i 

:xEim  ati'X  xnpn"?  -x-n  -na-iii  -|nnn  po  x"^v  xinr  'i^o 
xiab  ua'nvn  -^rx  fnnn  hv  nvan^n  'a  mxnn'?  t;?:npn  nrx  B'Jsyon  baa  i;b  'm 

30  a'r'a  rrra  'a  mnai  riTu?  q'Txi  ma"«  aiu?  ia  pxiy  nan  naxi  n-ann*?  syc-rt  ai'rn  ny 
'?ai  '.i;ax^  r^'m  -i:n?ib  rs's  -ijrsnpn  nti?x  B''nann  bz^  B'nSx  nxTi  a-ssty  cz'h  an 
EX  xin  "-xn  BX  ^xrnnn;n  'b'zizjz  n'b  p'n:  ,xy^xa  n  C3\s  'pa'?  nrn"  «"nii'  naan 
isnaa'C)  -la*?  "^a  nx  •\:h  ^\^h:b  a'mari  B'a'.iD  i'^x  nanz'  nxn-i  -riab  aa'n  »'O-ya  nt«" 
nxmni  niDxn  nxmn  ■'a  ,na"trna  a-a'^im   -p-saa  B-n!2iy  r.z'r  hai  ,ia":  a"-^  nymna 

3=>  ib  mmn"?  rn^n  T^iir  baM  i:x  a-ixm  ,B''Z3'ttm  B'jia:  jn;c^  ,a-)2anrn!2X"n  p.ajn'innn 
.'ivyz'i  r:::'z'  anr  n'?x  'nan  nxn'  axi  /rii:m;!?i  inn  nnr  .-naiKT  i"^an  am  Sy  in-u"'n 
p'':y"i  ,nBn  ^bv  b'~ty  ana  fiyts'?  x"?!  amx  nan'p  B'isn  arxi  .]VJ;yz'^  "^an  nam  [l'2^J 


:3"j,>  n"3  ni2-i::  "»y  "      :iipn  c^nv  "ins  div:„  u"»  n;  xnr^a 

S* 

XIII 


':zfi  an'br  hn2  ~^b^  "pst  t^'K  n'rx'rön  b3  'fZ'JV  hv  icin  cnx  r^'r^'v  X",n  2it:i 
caop  ac:p  •rs::  inm  i;3  Tsra  -]r  ni"!2'  xb  'r.nrs  a'jacpr;  n-,DK  n-nnm  ccp  cx-pt' 
ba  "2  naiK  nr.s:  .D'n!::n  Sx  t'-.TT«  "jirTi  mx  'rx"C'i  nan  -ir^-n  ,rirrJ2i  rn:!::i  irr» 
jrrö  Ttons  v,Ti  b-n:  '^'^s  xin  n'acp  nop  "iisxD  nn  cr'aop  cx-'.p:  nban  r.'rx'ran 
pys  x'?x  p  rrx  "x  ^t:-£'  hbz^.  a^s  •'^riib  "p  v"<  .crr-'.na  -.ri:n  '?:•  ^z'z:i'  rn:ci  5 
n",Ti  nrn  3'.n3n  nn:-:  crrc  i'^x  x'rx  D'acpn  j-ü  n-rn  mcx  x'?c  n^"X  x"*"r:r"  ---sn 
n.'iij?  'isn  nrxS'a  nrxi  "rra  '?':::  nrz'  c.^scpn  ja  ^b  r.-x-r  .-^^Jira  iX'X-.ni  b'p:^  n 
■■?  x:  ^•2cp  -'n.^-x  x'n  fbn'?';  nbü'c  ::'xn  nrra  x-^ipi  "iiyT".  rx  bx-u-i  1x22  "^."^ix  xinw' 
.cap  mx-ip:  n:n  r'.nra  nmcxn  rh)in  n-.';!a"xn  nryö  "^a'vy  --tu':'':'  'baz'  '.?:x  x'?i  r*s2 
'n^nD  rm^o  n"?«,-!  cnTir:  c':ia:n  nxu?!  wn:oi  jju-ü  XÄia  nrxi:'  n-.nx  n-x"i  ";"ri  10 
sine?  ":!:a  c-.t:cp  ccip  cr-ns  vc-ra  xbi  irax'?«  j'Dn  ans:  nnx  ':':  nrya  '^"i  irrr.r^ 
13a  xSx  'b  i"x  cs'=  -nn  133  -.«nyja  -a  x'jö''  x"?  ^ni::x  "?";  irmrn  ^cn  .abz  nx  bb'a 
az'-iin  ri  ',-2-x  xa'py  '1  jj-ircn  'naxi  .-'^la'?  ly^T»  "nro  '^'?"n  i":a  inn  pi  i:n  p  mai 
»Trop  nipr  n"£'  ö'an  n^yrsD  -n^.];  np"'?  na"  nna  rx::*?  na"  am  naixi  nuT'!  a-nr 
-i-nr-a  cnv*i"2  -a:  -.rx  an-rva:  br  a"r?:ii-n  an  mm  a-ni'  "acna  -Vx:  .n-yn  ^nvna  15 
n"'?;s:n  naan-i?  •;s?^  a"aa"i~n  mr^n^^.':  x"?!  m^Tsn  n.'^rn  -j-^nc  n?  L:-xn  arxi  ann^a 
[n-n"  b^z']  (irx  "x)  n;  nri^a  nan'?  -xi  ni  ar  ax  -ya'ii'  "ras  yn"  arb  xn;::in  nrm:  nrx 
canb  ri:2"  rryai:*  "zny  j-x  jai  /n  ia'af:i  nr-"  'r'-a"  'r^ax  nnx  yiaca  (2')-"ann  ib  "'xn 
c'yc^  a"Äj"  [rn:!2]  (:"n;D)  xa-py  lll""]  '"•  '"ib  ]:rj:in)  .an-n-nb  nnx  2n:a  n-:n",:  xb", 
;n;)a  x'?!  n''?r':n  nsiarr  :n;«i  im:fi"isa  :r\::  jjiyfin  ;"x  [n.?:x;]  (n?2X)  n;  "jas:".  nnx  ;n:ö  -^o 
D'n,^-xn  c'.aan  -lanb  x'?i  myü"i  a-ny  arna  naixn  xa'py  'n  "nrnb  xb  a'p-ya  n.^an 
U'n:?^  ^'-r^^x"!  .]"j:r\  b'j  msi  ';v':i  nyaD  n'ayjs  naxr  ^'rxy!::^"'  'n  •'-anb  x*?!  avy  "nix 
ibxiaca  br.v:  ^rc"a  rn:  ^^n-a  ip'aan  ".-::;  n'ü  n^a:  [i"ppa  raa  n'^a:]  ^na  n.'::",s*n  ni 
'^y  D—ani2n  an  nbxi  -ma-yai  m'?ina  a'u'n:.^n  -.Sx  jua  iu"n:n  sb)  pan  v.n  "in^xi 
abiya  n'r^a  rx'n  n':-:i"xm  ,r,ia"yai  nrnai  a^aa^aa  a-x.'^^sn  mmxn  p  abiyn  rryn-xa  25 
r,";ra  ix  n;vi^'xnn  n'p'ba  r\i-zbn  n':^r>  ax  a"ni2".xn  pja  nansn  nmay  "naiyT  a-aan  "n-a 
n'C'x  n^.nnnr  j":rtti  xmn  cnna  xa"  at';n  bv  mx  n-n'  nninnnu  n'^'.jy  nmx  napa 
jü  nim-i  ^'^VD''  anx  nb  e^pan  n-ixm  nnm;  narn  n-nn  axi  au-jn  n-n'  n^rya  n"-" 
D31  na"?  'jaia  nya^-;::  aaiai  aaia  "paa  [B"]n.':'.x  jai  ai:'  nxn;  anx  yar^'n  n-i-x  ni'n 
n'?nna  b'r.'^-n  b'p^  r}?''bz  an-yn  "rip  [n"n].>:ixn  j";^i  rar  'aaiaa  cn'x.^n  a-aa'aa  30 
'.ba  ]':f^'c  p;ai  .'^'fpr]  bv  nTn  npnm  n'?".p  ycrn  "tyx  nn'pinm  acj  by  an'ya  ny'rn 
a'ryn  nw  in-x  xbi  nu.'y!D  nru'n  ^yc-a.un  ^^nisxi  .a'aaiaai  maiya  vnv^r,  "ann  jn 
ncyn  a:i  a'^'ya  mxi'öin  mma:  rrny  a'ynvn  n'^y.'api  i:-aT  -irx  ca-v^an  rz'l'^^ 
a*:"yn  nx  ann-x  j^kt  ncy?:  an  zth'  n-nya  m;yxm  D'a"i"yn  capi'pn  a"avj;nrn 
':'ya  "n.^xi  .u'anpyi  c"i'n;  i^ax  pop  nan  nnxi  bM:  "•'zn  iroi  -^an  naim  '^r-r-ix:  :r, 
.""rx/a  nan.'^  xim  raa  riT  ai'y  n'3.r:n  n?  "ryn'  vt*  ■''^•i'x  pai  Q'pnan  j'a  nanan  r!  ::-s 

';.■!  iri  V:'  ti'inn  riSD  v  .S^ri  ::-'s:  7'::  i;:;  l:id;  '?^:;i  ü-^s  r.;.-ii  -      :.s  >l ''  ~">  zr:i  ' 
.y„,  ^,.Q  .,-^,^.3  -,«  6      ;>-,n  IN  -;n  V'i  >^in  *      :'.-  r,'^'  s  h:<v:--'  '•>      :"'.■:  li'  J:-'.:;n  rrr:  h-j 
:-"y -"d;'"ii-:d  ■';•  "      ;d"T';"  »      j  c'no ''.:::  «      :c"i  ■':;!  ;'•;  .""2  pi-^nio  ■       :i '::«•-.'•,« 

;i";'  er  ■'•;  "      :x':,'  -"D  p-'-n::  '■•      t'isD  '••'      :.s",'  i'd  c-s  ''>•  '» 

XII 


33  K'tpan  N"n  t'3  omaN  "i  mjK 

D"s^2!an  cjan  ninrnu?  mD*?  an  dj  iJast:'  iiniai  «oni'a  'oitsin  wti  "iiai"?  bi:''  n\-i 
'?r  r["npn  ^^^nv  naiai  nra  "tdu^  j^ria  a'sn  idki  .onn  iiyj  abz^  [lO^l  ''jsia  anar 
na  a-aaian  mabna  Tina  nrn"?  n':5iD''  nn'.T»:?  nnx  jna  nirn  i«'?  ani'aa  an:can 

ö  n"apnc'  m"-j  h::^  naix  nnx  pi  /ai:'  tt'  inmaj  -ijd  anaan  inan  abu'n  n'.ais'?  rmnb 
br  HTra  a'aaon  [mny]  pxir^  nya  x"?«  nm«  -itu  irx  a-rtrin  a'^^yn  niaix  "^r  mij 
paD  "paK  ♦ijrmn'?  sa  K^asn  .Tn  na  a-aaian  nnr  jTa  nj^iaD.i  nrrn  '\hH^  s\-in  nnnn 
a-'^xi;  rraixn  "aan  "^a  v,td  na  a^aaiam  ni'?ian  mira  sbtr  nsiaDn  n^nnu?  xm 
Hin  p^  .-nns'?  nnnn  amati'nai  annr  iK"T">r  nya  latr  'n'  rmnn  -ijd  a''?naDi  a-'baBDi 

10  m'ijn^  -inn"?  -an::ia  br  mxa::  'n  py  na  irn'i  i"?  xd  ttj'-i  "i^aan  sisk  a-«  Hai« 
njni)  anaan  nn-n  bn^  nmx  a-xn  mb:an  naana  a's-'pan  ani:a  bv  x-anb  py  iz'n 
aman  xa  s"?!  -n-.ya;  n::y  ny^s  '':!:rv  'aan  -a'nan  H'nn  rn-"!:r:  mman  anr  nintj 
nx  n'aai  a^aaian  n-^na  "^aaa  n^x  inni3:i  rmn"?  "^ax  a'-'.^fa  "aan  m^npr  mxnnn 
j-xi  ."raa"  anrm  mnx  a-aan  a-ra  ^a-'nan  a''?aa  an-3'ra  a'aann  vn-'t:?  ny  anma: 

lö  B'aaian  nT-i:  nxn'D  nya  m'?ian  naana  pa  n^n-  ab  ax  nxbain  nma^n  pan"?  bia^  -nx 

;  nDiaxi  nsn^  «ran  a'rt'nn  nriifni  a'pn:in  npn::  nj;"?  n'r'aa 
x"n  nxnai  a'nbx  nrnai  a'ar  nxTa  nsaia  nxn  naannu  nxn  nnx  jxaai 
bas  ni  jn;a  m:n':  a'aaian  naana  maitr  niaann  yanx  nxtt?  pxi  .^nmaji  at'n  mxSsD 
ta'att'  nxn'a  m'p^iai  rvb  noraD  anty  ''3=:a  ana  parnnb  nmax  a'^a 

20  nann  naxba  n'xnpo  an  naan  anpnb  nnxn  arx  axi  amaa  mnnx  max'ra  ü-i 
a-a-n  "yz-  urxna-jnnn  ax  bv  "raa  i"?«  nar  "a  *ainaa  a'aap  pn  ix  jmx  xnp  ainam 
a'i'na  ü"wi':r\  max'r'a  z'bv  ibx  naaa  nxn  Q'anna  "^xii"  a'^ürna  'r'p'r'p  aap  aap"? 
ixaa  anaijn  a"::nm  .dbD  nx  b'^ia  xintr  nnx  pa  xim  aap  amx  i^-^p  naaai  a^snnai 
aapa  "^aa  ^ba  nm  nii-pn  "iitn  an  ntrx  -a'unn  nx  xi'a  '^n.b  ,]^w  ^yn  fa  rn''  b'i'2' 

25  aapn  n-nn  .pisn  in-a  x'^a'  Snxi  -"Dtr  p:ina  'ann  pi  a-jax  a-iinn  vn"  "^lan  ana 
jnan  bv  a':asa  'rp'r'p'?  anjaix  a'trjx  nnp  pnxa  rn  nrx  a'^anrn  i:x:ia  jai  a'3axa 
naxD  a':ina  bpbp  r^'r^^  'pia'i  nrr^  nsrra  m  "xi  la'?''  im  ni  \s  br  ma  a^rnr  rm 
rnD  man  nijvan  "^r  man  mxna  pja  niDiam  mm:^  vn  a'ssnrm  .xnn  naxban  "rr 
nai  ato^a  axi  xin  aia  ax  mxn"?  [W]  nan  m^yb  a-abaj  vn^D  nr  "^aa  ana  j-banaa 

30  B's-in*?  ntn  xmü  na  :}bHn  nv^'-.ü^  x::iia  nnxi  ,vbv  a^aaia  rn  x'nn  nxnaa  a-xn  vriz' 
an-aray  pana  pxi  na  j'banaai  amx  nan  bv  nn;ia  a'a  nx'?a  n'aian  pa^aar:'  ibx  pja 
a'aan  iniaai  .b''?xiu'  an  irx  nann  man  n'aiara  nu?x  a'an  ^ina  an"?  nxn'^K?  ny  niaa 
paa  i'^x  "^a  .nn  yiv  ix  nsi  jiaa  mmi  bbp  nana  mnai'n  nraa  ix  '^naa  ix  a'j'.ai'a 
launn  xin  lai  imam  iD'oy  xm  nt-x  nnnn  tinin  ratraa  an  a'^nnn  'a  a's-inn  Dbav 

35  '":m3iam  m^van  anix  un-a  nnra  irani  x":a'?::i 


''V  «      :v'3  n"2  SwpTni  '""■;  4       :n"3  m  Ott'  3      :«'"•  c^*  nr  ^      ta"'  c"'  n^yc"  ' 
wsvzn  nn^in  nscD  =•      :t"'  ':;  'Sc'r: «      :t"u  'j  na^N  '      :!<"3  'a  'x  ^sv^u' »      :n"i  n'D  '':-^''i 
SKnon*?«  ^n-i  pjya  ,n-nnS  'aiyn  ini.nna  i"      :  na^a  d'^-idh  pa  ti-xin  nojan  xS«  'nxsr:  nS 

:n  niyn  n"D  nv  J-  Derenbourg  nxi'in  '>'  .TiT  jitt'^a 


3 

XI 


m"  h^z  s]Cü:n  h^  ü-'rnv  rm  cija"?!  d'i'j?  miDbi  niT'an  "j'-iai  n-a-ian  m^^nbi  cn^n 
D'nsna  vn  i-ni-n  nyzi  onar  dijs:  "rrn  n\m  .b'rr'a  sin  -qi  mt  "k"?!  in'ta  .t,t'  na  an 
ns-i  ns  ■T'2jnb  cnrs'??:  n-cybi  x'nn  nrn  nsn*?  -"isnn  nnay  n^r;:  rn  nrs*  n-ran  ba 
nri^yb  nnana  rr\'c•D^  niz^rt  ]fz  c^'cp'h  rnz"3  ihn  nnTrüc"?)!  nnx  im  n:  ^ä'bn^hi  nt 
2sn::K  mr  ]whn  i'i^^p:  rxin  nam  .nnr  man  nsaro  matrm  n-'t-mb  rnir  rn'?3  n'n  5 
:-ixncs  bK  2Kn:iK  'snj?  jx''?::  mr  n'snpDi  pmi'n  "''?rn  Dnpn  frcbn  iinTsi  .b^n  b» 
■jms  s'br  a'2rm  mr'r'nai  n'i'?n  cn3ia["]Ni  cnaan  nn\n  rhi^r,  rrnrn  "^rm 
-i::3n3inD  "rtt'  laibna  bN'n  nsca  nn'  iir::  r\bür]  n^na  rans  'rar  ^"r»  nai-icai  c^v  nxT 
"l'^a'ri  T^nS  D-'-rDsbi  D"£r:a'?i  ffatt"«"?!  D-aiannb  ü)'ipb  i'^an  naN''i  ^ainas  rc^nn 
D'xnpsn  an  a-'ma-inn  vn'^i  ansa'N  "i-n  ijüts  idx  nyansn  n"?«  vn'i  .rmai'^n  10 
»a-acaj  a'Knp^n  an  antt'am  msiann  ""^ra  a^scram  mnan  "b'ra  a'srsni  ami:an 
H'scs  s'aiann  pbr  pnna  ^a-nan  rranx  prba  bH':i  naaa  anau  nra-,sn  nbx  irKi-ai 
paiannnt:'  riTai  -xaba  "i"iax  n'apn  p-iu  psntt'a  i'srs  pa^ann  ^a'na  mn  -s-itj  »{•'nto 
n-DC'  anaiin  snurai  s-E'i'K  x'aiann  an  laipn  \rcbn  r\:wH'^  a^nann  ancam  j-st'xm 
■"2Ba  rrans  pttt'ba  nt:'s*  «n?:  vn*'  "^la'  t^npn  p^'^a  nu>s*  a^araan  bax  l9^]  ••anN  pü'?a  15 
IN  nTiyn  *?!?  nanb  aann  man«  jrc^a  anar^n  nyan^m  mn-nrn  br  nan"?  aam  psD 
annu-i'  a'-aa'an  nnr  "^aa  anrn  an::;  'jaa  t^m:  innpDi  mbiaa  aT-'i'an  an  «nu  n'n"' 
nstn  nynni  .s'-ii:  'unp:  m  '';£ai  a^pbi  m::"?  mu^n  an"?  u?'  "rax  "s:n  '?y  nj'xi  ra'"p 
ta""?!:?!  an  "|'?a  "^a  n  '^ap  ^ba  pt^xnn  nanaia:  b^  ai'^na  nais  xinr  "Dea  Tra  na*' 
ncbD  ni'naias  xnp  nrs  nransn  ja  na:  ,'sntt'ai  s]'ca  aronn  ba*?  "^'si:'  xb  xona  n'?a  20 
pnxa  mNi'a:n  na  cna*?  an;a's*  bai«  nin  nana  rmn'?  aann  pxr  "aa  a'acaan  nam 
^xn  ni';naiaD['?]  i"?  nasu?  nra  bx"3n  anis'  nar  ab  n:n  -[nnn  |ai  .bn-«  "nai  nar  "na 
,Na'?a'?  Knnn*?  p'?a"'  pnn  [paann]  (psnira)  pacx  [["a-anl  (a'aiann)  ab  b'H^  sa'?a  n 
a'r'yan  pnij  nan  n-rrn  bv  nan  sbi  a'n  mbib  aann  pstr  "laa  a^au^aan  nar  ab 
-ans*  •':a  nx^^a  aina  snn  nti'x  Tnyn  '?r  nan*?  aannc  ':aa  n:b:aa  a'aaian  ma'^naa  25 
ir:^]  Hbtr  'laa  •'Nntrai  sie?«  aiann  rari'  ":aa  nirnaiaj  "saa  a'nt'an  ams'  mar  s'"?! 
pa'an  "iina  an'x  nar  k"?!  anran  ns'  "^s^n  nan  jai  i^^rin  nya  "i'^an  ':ab  a'sinpn  -["^na 
nnv  M'a  a'araa  am  amnnx  a"aira;i  a-arsn  n-abn  am:?  'laa  pm:  paiann  pacK 
■^'na  ü'^p  ''ainaa  a^aiannn  [ilnara  nnx  aipaai  ,amx  maTb  nxn  sb  m  'Daai  a'at'xn  ja 
amx  bisc'"?  a'nxn  arxi:?  'jaa  a-aiannn  amra  na:  x*?!  -xnm  xn^^a  parx'?  nx'rrn'?  30 
ainan  irxm  .x'^a'n  'pnia  n  xm:  "^r  a^na  ana  pja  nraai  naana  p'ara  x^nc'  nan  bs 
x-ipn  'ainaa  ana*?  a^araan  ax  'a  nar  ab)  am'?x  i*ni'  mn  x'r^'i'  a-^paa  nc'^t'n  nan 
lanj  ntt?x  naan  nxnir  nra  a^acaa  an  ncx  a'aann  rx  xnp  .a'araani  a'aan"?  ny-a 
abiya  mx:ia:n  '?a  mna  ana  nar  nt^x  mnrn  aTnr  an  ncx  a^araa'r  a^'P  n"a  rn:"? 
a'aaian  ma'?na  -^nna  maa"?  :x  a'üir'?  na  c"n  ix  it-mn  nm:;'?  na  x'nn  nra  c""n  mxn'r'  35 
aic  [i"?  pxi]  na"'"i";n  nrn  s"?«  z'n:b  j"x  "a  mm  a^'^'xi:  a-a^'aan  vm  mn  nana  mu-rb 
B'aiannm:'  xbx  nann  Sr  na  B'aaian  ma'^naa  n'rnn  ?]iran  naana  pxi  a'^nn  nra  na 
ana  nr:  «"^u?  'Daai  mi:?!?'?  a'nn;a  vn  nartt'  a'nra  anar  m:  anaxba  ba  ncx 


:n"'  n  niüc*  ■';'  "      ;  r  'n  er  '»y  « 


31 


N'B':n  x'm  T'a  cmax  '-i  mj!« 


K^asn  nr  .10  p  oxi  mai  braa  w'^Kt»  ^isb  i^by  nmn  nn^n  ns'j.i  rrniinur  n?:!"?  br^ 
q^dk'?ö  nnbtt'  itPN  p^  ^i"?  nüx  J31  inn^a  [8^]  nön:i  m'^xir  k^k  mia^  ma  ^s  isrninb 
,Tn  k"?  nbit:»  n\n  xb  i"?«!  ,niian  Dty  .T'^r  -h:>k  ntsön  pb  p-ipr  'nbx  mar  "^rnn  tym"? 
D^^bsn  na-i  -iDK  Kb  [n'im]  n'^anDD  n^nbsn  imTnani:'  xn^pr  -n  pi  .r'?y  inj 
5  ^'j)n\:!m  tobax  nan  iö"pnD  k^d  \v^  bH^^^  pi  .maa  i?^:::!  npn::i  nttx  "^ax  cn  np-^:? 
mBipnn  p2irn  rnvn  ba  avn  «in  .17  ^32x51  .m^D  "p^^in  np^:i^  n^s  «bx  «in  jnptr  niax  xb 
OKI  Ktann  dnr  ük^v  -inn  ^ütr-  '^ax  ntsn"'  ha  ma  nnr  nx'T'  dki  imx  aiti'nb  iiibtiam 
v'?r'i2  bsDab  rrra nu?" ^"^iK  ü)p^r:  "jsb  nsnn  b^a^i  nairn  n^r  naits  hd'x^  nnrnx-i" 
om:üis)  np:nü  n^nnr  na  na  p^imb  nm«  nrn  ■?!?  nam  nsvn  m3^i«n  K:it:m  .mi^n 

10  aitm*?  rnrn  b"j  irman  r.ös*  ni  "^n  .nr  "^aa  inpn::!  inbana  .12^01121  inxTi  [ihdiük] 
msipnn  -na6  -p-isr  ,Tm  ,DmT'::i  •'piD  [c'n]'ai  a-'aaian  ma'?nö  pau^n  '?r  m'^riai  msipn 
maann  "n^  jn  ibxi  .mabni^n  "iinia  k^k  nrniD  innri  o^aaian  -^-ir  p.w  ^dbü  mbiiam 
:ina  porm'?!  jmx  -nab':'  a^a^n  ba-^w'  ntrs*  a-'aaian  maania  d'äd  n^Ta  mpa-i:n 
mon  pKi  nna  pparnia  miaiKn  an  vn  -it'x  a-'aaiaa  nnbn  ptr  nnnK  miaan  ir"! 

15  n'?rtt?  miaiKn  "ra  "a  D^üt»  nxn-'a  m'^i'riöi  r^a  nvi'?n  jn^  "jsa  ana  pornn"?  '?KTi:>''  lab 
an*?  nttiDu^  11?  mDnm  rtt'ia  la^ain  DDi:i:nai  anma  o'^p^ifi)  a^b'Vifi  a-'aaians:?  aa'?a 
ja  nr\^bv  nxa  n^aiD  nntt>  "Dsa  a^ai  a'^a  nbn  BcT^sb  a^bu-ia  jnanpm  jn-nayD 
'tt^DK  MK  BTtsa  n"?«,-!  a^ir-in  rm  .an-nay  -j-n  an*?  nmn'?i  aTrin"?!  arm::'?  a-'aaian 
rtr-i  "m  B^ppm  an-iiar  inn  anb  ana'^Di  mar"?  a'-baai  0^0"?^:  an"?  n^^in  n-in 

20  '?ran  "«"as  ix  ip^n  \s''a:  i'?k'i  arrnar  "im  anb  anna  i-its*  Dn''aiö'';a  ana  cjmj  vnu? 
D.TTö'^m  ,a''Biü''3n  ■'ib-'ö  n:^n^si  ,[x^ki'i]  (k'^s'i)  •?«  "ri'Ki  ^''anr  ptr'ra  B-N-ipj  an 
niaiK  "^abi  .rr-n  nnx  a^airüDn  iditsi  ,ysans  bx  a-xip]  an  mmran  an'm  a-'jinn 
B-K-ip:  innx  a^ai  ü'v:H^  ü^nrt  ru>"in  biö']  an'?  -nas:  xinti?  nnN  B"''?^Bsn  nair.a  naixi 
itt'i'T'Bi  ,'ip  bs^a  ["^isriBiia]  (•^jnais:)  a-ir  pir'?a  a-'x-ipD  ant?  mns'  na  annnxi  .nnK  na 

25  an  nrs  ana  rn'w  mnrn  ■?!?  a-^amm  am::  amtrsja  nbxn  a-Ktsnn  vn  ♦mnan  '-'^^jia 
aaiab  niDin:  an^  B"';ai2iT  rn  nu^x  man  niDian  ja  nnK'a  ^k  i:iraa  ina  nx  b'in'?  B^::n 
mpn"?  B^ixn  anD  [9^]  anan  VDab  j-'anpia  ix  sinn  aaiab  antapia  rm  i"pna  ainn 
Bn"?  Tjnbi  BDi^rn  mtrr"?  pnxn  bs*  Kinn  aaian  na  nia  a^'^'iia  rm  anrnb  N'nn  nra  ib 
an  vn''  ann«  nnx  bxb  a-'inntrs:!  tt>aü  tt  anaii?  an  BTtrnn  mna  'dd  i^ki  .an^xtr 

30  niDiünn  ''bra  wn^ai  ,nxür'?tD  ■?«  ^xaxcn)  r\'\Db]D  na  a'x:iiia  idxi  .Bn^^-raa  nnyn  bai 
ja  a^aaiB  an  nmi*  i:  "x  nj3  ana'-'rn  ma  bi?  anpim  a^aaian  mabna  a^r^ya  vn  ibxi 
a-'xn  vnw  nrai  ntn  a'^irn  nm::  a^j^ra  anu?  anb  nanjn  B''aDn  r''pna  nrx  mi;!:n 
am  nxa  ix  pa:::  nxaa  ia  xnD  n::ai  nibtan  p  npbna  nniiiin  n:Da  aaiB  xinn  aaian 
xin  ntrvn  ■'aaiaa  aaian  ax  nb  "'ixn  nn'»y  manian  "raa  pa  nr  •'xa  niaa  nnii'  B't:;'ir  vn 

3^  najn  nai  bnn  '-na  a^nv  vn  i'?xi  .nnix  "^taaia  xin  pnn  "aaiaa  bxi  ii'r\r\  nni2:n  na  paxö 
annnxi  .man  m^van  a^rirnn  i'^x  ni:^^^  nnr  nr  tix^di  nin  abiya  mxuajn  •'raa  na 
••ixn  n'-m  av  n:  "xai  ny  ni  "xa  a^aaian  ma'^nan  an^Bia^ja  a^rnv  vn-^r  n-yan  na 
laianbi  trann  mnx'ri  B^rmn  rnn  rnt  "^a  Piiax*?!  B'airrn  "raia  au'n  at'y  "ra  taip"?"? 


ni«n  '      :c^»2ivn  n^man  >^  instf  ij'B'Uiid  'nS  min  jni:  '::n  '      :T"t3  or  db*  ''y  ' 

:ipno'?  p'nyon  nvit?  nKiji  -11-13  i:»x  jiCNin 


IX 


ciiana  pvnbi  bTin'?  ai  n^bia^i  abci  x'?»  n2  D'-saian  n2D  '!2i«  d^ätt  nKn-  anb 
Qtt?"ipi  iDK-i'^  Dpan  D3:aK  nc?x  D'jöxsn  'rsni:"  'aam  ,'K2n  .-12  pK  nö"p  nnnMji  anrnm 
m'?Tiam  n'zsiDn  na  -a  aniai«  a'x'ajn  'sai  tt^npn  miö  naann  a'bapia  rm  inmna 
baai  ■'n::ai  -i^Kaa  '?an  bax  a:i2:"i2i  anria  p'^r^b^  bTin"?  mtpn  an"?  pxi  a'?«^  na  irx 
•^K-nr"  "»an  pa  n?:'x  u'-ienn  inr  .annn  nx  n-ttüi  an'^tt^aa  n-ca  sin  n^fn  n"apntr  nr  5 

:nKn  m:öiKa  niöiKn  ■'aam 
•^ri  ana  a-iparnsi  Bn''?^  a-npin  vm  b"i  irman  inau^  ibsn  maann  -n^i 
'a  Has:tt7  na  a-^p"?  aniK  ac^na  nrn"?  n^rai  maipn  aicn"?  invn  "^a  ^ia"'''n  an-n^^ 
mbiai  meipn  aw"?  naKi:'  nur  naib  "na^  nn«  psi  ,a'ayn  ^rrb  aanrai  aanoan  x'n 
bnj  pau?n  ia  pKi  bp  nan  «in  ni  ^a  -mara  maan  n]ffn  msipn  raiK  jiau^n  "rr  «in  10 
mbiai  msipn  pat^n^'  nasn  axi  .ams  a^rnb  pbia"  a'?iyn  mais  bai  nnn"  naan  üh^ 
paipn"?  mbiai  nan  jiairnb  mspnm  m'?:aa  aatria  nynb  a^aaia  ni?ar  "^a  p.ac^n  sin 
a^aaian  parn  a^sDi  anna  prnr  ana(ir)  bsT,:?"'  "aan  maiprin  pairn  a«  -nas:  a-aaian 
nrpn  nx  nspa  nann  nt'Ka  nais  Kin  "ras  .pnsa  jnma  aitt^n"  «■?  a«  ia  ü'  naan  it  "k 
pj^nn-'  anau^  nypnn  msipn  yans  nan"?  te'"]  ntt^xai  ir^pn  ns  ?i'pa  aa^ai  aaia  "^a  p  15 
ir^p-ia  nmp3  rann  aaiai  aaia  ba"?  ja  n:rn  n-.aipn  rans  jm  pnsn  ja  marai  na'?na 
p'saa  n'm  .ibabj  "ry  laaa  ■'a''a  nmp:  yanx  -h  jm  labnai  inaya  jn;a  ana  Pi^nn' 
pairn  jn  maipnnu^  i;yT  mbiai  msipn  nas'tr  ':sa",  -naba  maipr  aicnb  naib  an"? 
B'aam  mnyb  ]'-\^p  ^:a  p  ''a  .pn^a  ms-i:n  annn  pati'n  mbiani  a^aaian  ma'rna 
«•an  v'ryi  -yn  "^la  aia  irsu?  inmanbi  aiia  h^n  ana  aitab  anaiK  i:k  mbia  amnm  20 
nrx  a'aaian  niaSna  pa^n  «a  a'ayn  'j'yb  aanrai  aanaan  K^n  ^a  ainan  ja  n'sn 
h^a  ,bKnü'a  B'rm  nn  jiB^'na  B'^ayn  am  bax  a-'ayn  ii:b  bsT»»''  (B'aaian)  naan 
nnui  B'aaian  mTj  an-'?ya  n'^aaa  anpn::^'  K'n  a-ayn  "ry"?  anrai  bn"^^^  naan 
na  j"««!  -itt^^bnai  aaian  na  n-aa  n"apn  an  sb«  n'?taa  :l:''a^  na-'-p  a^ayn  bs  a^aaian 
i^'a"  maiKn  -aana  -ins  aan  bki  .an^'^y  n'^t'aa  ^b  j'su?  ";sa  bsnc-'b  ü*?™  aaian  25 
mirp  mnn  "^a  sxa'  '?s-icr"''p  »jcrm  -"ob  nnsn  a'^raa  ni*?  nr  a'an  mnbia  ''iir  it"? 
nxa  B'nan  mainn  -aan  irT  m  byi  a'raa  b'^^'^  yirnn  ■'■ijm  ana  '?r"'  bsn»'  "ru^  n'riaa 
nmj  n'nn  as  maixn  j^ai  '^xnu?"  j'a  bitj  v:^-isn  ly"  myi  .'^kiu^"'  nb'n:  b'kti^  B'bna;i 
aaian  na  ns  tbb  Kin  a^ijn  "^ya  n'^taa'?  n'2^•'.  n"apm  b'ui  '?k-id''  bv  sab  n-'isn  nns 
aaian  na  nsu^:  sb  "a  nn^  q'mi  bs-iD^  "^ya  imn  "ruan  aaian  na  ma-'c^ai  i'rtsaai  30 
j'Kü  'jca  aaian  na  ns  v^bnü  irs  bsnu?"!  bya  n'^aa'?  n:i^'^\  n"apn  asi  .bu'inbi  p-rn*? 
'ainan  nas  ni  "^yi  a^'un  bv  na^p  innTj  D'?n:  ina  j'sc;  'jsai  "^snü"  by  n'?tt^aa  i'^rab 
n^nn  aanaan  nas  -rbs  irsnp  baa  irn"?«  'na  vbs  a^anp  criba  ib  ntps  '?nj  "u  'o  'a 
nbtoa  nrsi  a-nbs'?  snpa  Ba"''?ya  mbaa  a-'aaian  nn-n  iNn'(n)  ncs  a-'ayn  'D'y*? 
pKU7  nTn^  l^a  iTpin"?  b'ki-i  rn  B'aaian  ■'at'in  ba  'a  biCi^^  naan  nsnn  nTai  .an^'^ya  ^'^ 
m-i'Tj  "^sa  by  ima'?a  "a-"  is-ain  in'?Bni  inpni'  ':aa"i  nv  t"»  bs  ns'aia  inia'^a 
jnn:  vn  m\T  "i^a  asns  ja  ^in^ins  jai  .mn  maan  an'aa  m'?ia'?  B'aüinm  a^aaian 
B'nbsa  biKüS  nbu'  ntt's  pnpy  ^n'7«  aiai  "^ya  nata  ^b  a'sn  vn  jai  vbna  kdtc  rby 
nns  psi  .ma*'  ma  'a  n:aa  aip'  sb  n'''?y  aatr  nrs  naan  ^^TI:a  r'^y  nas:i  anns 

VIII 


"r-rs-i  tt?"«:!  Dtt'  imy^nrn»  -in"?  "^'sk  ■'nir»  T'piö  s^dv  yo'2:  in'?i3  "t«nbD  rr'b  i^f^a  .tdss 
cyiv  rn  xb  Tc=3  n^N''  •'laritt'  n'rir  vn  "iba  an  "d  [p]  n'a'?nx:n  '^^n  -]-n  j^xi  n-ODD'? 
■'Nn'?3  [ni2K]  friiaxi  sn  pi  inb  h^'zü  ''^^  n'^piia  D''"'i'?in  T-iöi<  -it:'X3  Dbrx^  ':i'?a  "'S 
rn  on  "d  ö'-saün  "öDn  -jin  irx  rr^tr^n  •'■'i'?:  riTipintr  xb  xn--  xasa  ^nn  jssno  nm  ■td'j«'? 

5  iinia  -im  nxi'in  nr  f\s{i  ob  "^Tiia  tr^in  ^id3  dk  crir  vn  k"?  b::it  sin  k2d:  dn  ms-ib  ]'b^^3•' 
n)3K*D  ni  pi  .q't'iw  -i:^  Dit'Ja  nn''D:n  "i"?]!  li'xnn  "ids  j'Xvy  nbrab  ims'  idü-t-s  n-^'x  -i:m 
Trn'?  Da  na  px  "3  ci'2Di=n  nnrn  -]nn  irx  K-'in  n"?  spntan  n'n-Q  bv  i<z'pv  '^b  \s-i'73 
fKD  i[D]n)2S  ütt'öi  /Dibs  i:n  N*?!  ■'Dibe  nn-^r^n  'öis  pK  mtria  csn  nn  ds  nn^ian  aipia  bv 
^irs'K  ^jn  ^"^ix  ^nm  •'::n''  m  ta'?2Ki  bxiü'^:>  ^naxi  .mt:>  n^asiDn  naan  nsi  o^-n'^an  ns 

10  njsi'^i  D"'33on  nnrn  vbv  Trnb  bis-'  nn  pjrm  -"ns  ^b)  b'ia  "xn  ta'^aK  n'b  ns:«  sfa:«"? 

ms'r'n,!:  "üsna  r^'nv;  "^osia  i;au?n  tsbax  '.snp  n?  ^32121  ^di  -js  ib  ns''  it  nrco  -|m2 

qjsnD  21-1  n''i!2"'s*m  sn^pr  'in  iids  nu?S3  ■'sn'^n  "nas  rbr  'ük  ^b^  a^DSirn 

nDiab  nnv  D^p'^ria  n^n'^sn  bna  n^n^nn  n^aba  nrx  D^nmsn  nxirntr  id"?  nsui 

ö'^m:  Drx  nrn'?  Tnyn  "^r  na  a^np'in  an  n-^'s  onssbüD  a^n^ranE?  nasj  nr  ';2j:i 

15  an  "^Wü  ni3x'?üm  miaann  a''::?n2J:  13K  asi  .nin  j'^srn  "^r  anTpna  a^aaian  --laan  jinico 
a''pDynai  a-'naian  narna  a^rTia  ans  "oa  n::  niaa  "^n  an  na  caaiaai  nb'^^  mnbn 
tsb  as  n'^sn  niöana  ni'^n  sm  as  a^n^jan  ntrro  q^v^  nsnm  a'atrn  sa;:  nas^'^Da  na 
an:ii!2m  a^att'm  pnsn  nm::  by  nn^pnn  sn  a'^aaian  naana  nDiirsnn  naann  nasDi 
nT^iiasa  nrpici  nniair  pnxm  nmnan  riDiana  m'^ijy  ant:?  an^'^y  mmsi  nrsn  nnbi 

20  patt'iai  a'aaian  nmi"  bv  'i)pTib)  anra"?  nniiaü  n"'?y  aaiai  nms  sppa  ypnm  rpnn 
pBi:  nsaa  anüy^ai  anrö'?  nniiso  ja'^nü  nmi"  nrn"?!  -D^^n  nnn  nnsn  pnm  an-r^pna 
ba  ns  av>rnbi  pnsn  jd  apinm  aan-p  aji  mbiian  '?j'?j  jaisiai  r-'pna  mtyn  aipa  anm 
ipD  nsnj  anm  pE\"  asi  mbtfan  jia  nJayia  aipü  aaiai  aaia  baa  nyn*?  na  amabnia 
"D-'Stt^  ni  pDra  ibnn  "rai  ia'?niaa  mn  is  nt:»''  asi  pnsn  ffa  pnn  is  anp  asi  mb;f2r\  jais 

25  D^trnpn  b'sr^^  "üam  a^aaian  niaan  '?aa  nbirxin  s'n  ns;n  niaanm  .lunmaa  -[nsn"?  y-\:i 

pKi  nma  'r'r  ann's:i?3  anantrai  nmx  pcnm  rt^bv  anpin  rn  maisn  ^aan  bn  [7^1 

t  a'taro  anana  as  "a  misixn  ■'»an  pai  nstn  naana  npi'^nia  bü-\v}'  •'aan  j'a 

D-'aaia'?  ni'inri  nam  nbt?i2)2n  nrn  s\n  nsn  naana  ni'^nn  n''3::'n  naanm 

l^si  b:f2)  bif2  "paa  jm^Dra  aaiai  aaia  ba'?  fnD  na  nr  "si  pnsn  "rr  jna^aaa  nHf^b) 

30  ja  pnnnnai  laipnnai  annii  pa::"?  inTöra  irpna  aaian  -["^na  iDtra  nin  nan  nanir'' 
n'piaa  ansT  ans  "raai  n'''?y  nt'S  'raai  pnsa  ana  na  bantrai  mT3i  ia'?na  nt^vai  pnsn 
mala  nn  pa  nsn  niDaisn  "aan  Ta  nai^ai  maa  sn  ntrsa  vbv  mirnnnan  nmpai 
jn-'na  ims  iddu^  p'a:  n''  ■?]?  is  an'^s  m-\  is  n'?apn  "inn  bv  an-'jianp  ^aa  an^a 
nasn  nra  ran  annana  iDs::a  nti'sa  nsn  naana  a^r^a  rn  bn"^-^^  ''aam  .a^nnsn 

35  nnr  annana  u^maa  sn  nt'sai  sn''  -jai  -ja  pi:in  jsa  "sn  -[ai  ^a  sn"  "sna'irn  jsa  "sn 
ar^y  a^aaian  n'^tr-aaa  maisn  -aan  pai  amo-'a  j\si  ^aaü  bu  nmnan  mn-'naa  nia 
pK  a'?irn  mais  "rirn  ;aan  "a  nm't^b  ana  [nynana]  (nsanna)  as  •'a  r\b)^i  npibna 


T^Tfina  p3i2?  '»i'i  ,(i"£3  m^rm  xn^na)  'u  pis  ^xiacn  Nn^ia  ^      ;  ^"j?  V'jp  nati*  '»y  > 

Der  Jüdische  Kalender  nDD3   '2N  "iril  (=  Gesammelte  Schriften  111,  242  f.)  T'D  IS  'n   HJC 

:  Gesammelte  Schriften  I,  377  f3Nr3S>lpl  'n  mj,"n  '2  TS 

VII 


N3  bisön  ri'Ti  übv  ^iöö  -dbir"?  "^n^s  K'sm  nn":-^  nn^  22^3  n^cn  ^n,^x  b^2f2:^  'tm 
b'if^fi  2213  Tcn  Kbi  mtr  'jtön  "irs*  na-rs:  nna  -:d.Ti  ^1:2  m'pTian  ns  rrn  xb  ck  d'^i]?'? 
D'jp'iV  na'3  nrs*  pcn-,?22  ^s  nntan  nn-m  na''3  nr«  n"s*  'mra  "'.1  "^nöriü  '':£ö  "ins 
r\b^n  D-i'-irn  'rem  bin^n  ja:  bv  u'nn-i  nrn  np':?n;  nbsn  cznr.n  •'j^o  "3  s-.raa 
DüU'"»  b'j  IS  D-nn  "^r  mTöi  D'ör-in  bn  ca^jn  "rty  na'^iD  nrr'ptoi  nnnnn  na"3  5 
nö^r  mzbT2  "ö'n  "^nisn  n-rur  ';£)ai  .ü'narn  nornr  ö'r'rcn  bD  ^-c-;'?  nsiri  n;ur  "^sn 
K'm  nö'ra  nsiD  tdh  "^inön  rrn  -i"S3  es  bnfa  s^nm  ,'-!,'a'3>2  32^2  Tcn  n?:s  DC"b 
■^Diön  3m:n  na  s"?«  'r'üria  n"2n  psu?  mnb  nrpic?  s'm  ircn  ;iDni522  asi  nnmi 
bs-it:"  •?!'  "^as  -abirn  niDis  brö  ibt;2b  is  icnnb  Trr  sin  -it:'s  na-in  bv  s"nn  nya 
rmn  irns  an-nas  nüiv^a  n"am  .an^br  n'r't'jjsi  a^aaia"?  j'sa?  ^dsö  aaian  na  b^zfi  irs  10 
a'^irn  mais  bs  a'aaian  na  lymm  "^^ö  )b  psü  bsnu»^  na  irnin  n'^sn  B'r:rn  "du?  [(i^] 
r/as  omasiy  ^dss:  n'^sn  a'3'Dyn  ';iy  s^am  n-ntsa  n^"?  S2ü'pi^i  a^yaa  pn::  i"?  n^str 
SDö^piö  anraa  pnit  i'?  ncs  an^bri  an'by  a^aaian  nb^ü^  ns:'s  man  mais  'zfiJ2  isr 
n-n^  '?sy!2-c'"'  ib  ^rnasir  mn  .'^sni:"''?  '^j^a  j'st:'  'dsd  a'aaian  na  '?taau  ,nn:;aa  n""? 
ntrs  pn:;'  ns  a-ps  'nna  ^ns  myi  -n'n''  la  ^b  nfss  -m'piian  na  n'?tDa  vbv  nrs  ."["b"?  15 
s*?!  n^p  lyni  n-n^i  ,r-iT  -[■?  snp-'  ^pnT^2^  ipnT  ns  a-ps)  ca^'n  sai'  nai2  bnj  ina 

j  lyni  "^y  a-aaiab  na  [n-n"]  in-^p'') 
onnasu?  ■':2i2  nsirs  eiü  a^aaian  nssana  pSD  iras  nnnas  n"e'i'ö[ö]  irsn  naai 
nny  b-c:i  ^b  n"zn'2?  •'Isd  was  n,^an  s'ntr  irsm  ,r\b  niana  is  na  pcvr.n  n\n  is-as 
mtsbitt'  m'^Tiantt?  iD's-n  .n-i?na  pnri  a'p-si  an?:i'."2  ns  Töntr  nr  nnnas  bv^  n-aaian  20 
n^ca  sin  [n]'7'L:an  n::n  n"an  asi  nn-'^y  n)2""pi  nobitt'  a'-aaian  mnyi  ab^'n  mms  "^y 
irsm  .nnraa  n^b  sr.ts'pi.a  anyaa  pni'  (s)an  n?:siy  cn:::y  ns  baaJii  a-aaian  na  ns 
D'aaian  n^aantr  ^tt'ian  nan  aco  i3"'sn  myi  .■^s-ic"  "^y  brz'f::b  na  a'.'arn  sai:b  j'su 
nsn  s'?s  nT  nsn  ab  sim  ,-ms  u^nv  \Ta  ja  n:n  'n?2Stt'  nan  iin^  nan  n:j:a  ps-ra 
ü^s"?  nastt'  Dann  i::a  nn  /ms  a^nv  \ma  ja  n;n  i3ü«3  s'::in  n;  nsnc;  iinai  ja  i"?  j'sd  25 
nns-^r  nt-s  bau'  ^msn  ^b  n^s  n6  naan  psJ:i  nyn^  j'Sö  ib  n,^s  vm  D'3i:t  '3a  ^"2  sinn 
s^^  m  ,nn  a'3i:T  n'?'c?  'nyT  nr  "]inöi  n'3a  "i'?  rn'v  'n'sm  nnpy  mnn  nainaa  sc'i3 

:nsTn  niiana  nan  nsi:in 
sbs  .na  p'inn'?!  nms  m.'ab'?  nnsn  o'aaian  niaanu?  nsam  i3!anp  nu?s  baai 
maan  s-n  na  '?isi:''?rj  i3*man  -irnntnir  a-'-nban  niaanty  ans  2bz  r\^b'Jb  b^::'V!  imö  30 
n!2S3i  Dn'3'a  nrs  znznrt  bs  mpn'?  a'sa  13S  nnv  [nyl  (n::)  na  i3nan  nz's  caaian 
r-^^r^b  nb^^'  n3'Si  ibba  nvnb  n'nyn  nann  p  ymn*?  [n3n3]  (mma)  a-aaian  noanu^ 
n3"s  a'Dnai  nnü  i"?  vm  nn  lysnu?  nrya  s"n  es  .raia  13^31  i3''y  niyaa  nsi  icns  ns 
n3pm  'S3n  bv  n^b  mm  ni  mp^a  nrs  ana  is  -^b  nn3p  mnn  ^31^3  u^'s  mar  nm"?  nbia^ 
•^Tön  na  sbs  nsn  n3"s  'a  nnns  -jm  by  nrn"?  sbi  m  "^y  epain'?  na  na  psi  anas'ra  35 
nan  nr  ,i'7'?ai  i3"i3  nsn  "ras  pnsa  i3'y  myais  nsn  i3'Si  D"r:u'3  nTO  sn  nu-s  imnyi 
D-n'ya  nn  bas  ^a  n3's  n'n'^an  -"nam  .nsm  n^ann  "ym"'  '"i:'3S  bD  n^a  pmii:!  nna 
^2?'B3  'lim  mmaa'ira  ^13  snn  mn  'aiy  mpiö  «-"inv  17^1  'nr:sn2  üöq  isi31  nan  ns:y  by 


:  N"y  t2"'p  n:tr  «      :  'j  T'a  cc 


VI 


,nn  pcrna  iraK  onnr«  n\-itt>  nöan'?  nan  K^n^^  'obo  -na«?«  ai»  ro  ]^«  onn'jiön 
pb  ^iKn  *D«KD  ^n'«m  ^n'^snoD  id^2X  ünnnx  naxtt^  nr  ^3  ,s\i  nnnx  n^n  nasj  h^T  ik 
by  -löi"?  "^i^^  Ö1X  j'Xtt'  ^3sai  «anK  ^n  mbta  br  ani^pna  n^asiDn  ^aan  nan  "|nn  xin 
amn«  ya«?  nu^K  'apr  n"an  v'?r  naxi  ^w:-^  wbiv  p  uip  "ina  i'an  -icx  ira«  an-ia« 

5  iK  nauTK  ns:  la  tt>'a^  naia  payna  n^n^  ,^nmm  "mpin  "mita  "nnaira  matt^"!  ■'bpa 
an-iaK  ia  pair  [n\-iD]  (xirur)  nan"?  nan  sin«?  nan  "^au?  *iaib  aiK  a"n  ba«  ,n-i'ay 
-iaK2i  naux  aw  na  pi^D  a^aaian  mabna  naan  b:!  na«5  jKaai  ,nac>«  aiu?  n  px  ira« 
ntt?s  n::n  ]a  natrx  ai::*  ana  px  a^aaian  naan  nanb  a^an  an  bk  a'n'?an  nan  bv 
ma'?na  naan?:^  i:aa  ns-ui  «nn  ntrran  -[ina  nxnjn  jic^Knn  nann  inr  -n'bx  ia  a'an  an 

10  ira«  anna«'?  nax  n-apna?  ^3sa  nmx  mab"?!  na  p'-nr^b  n^ixm  na«  naan  a^aaian 
n^nrx-i  «bi  naan  nr«ü  nirj^Dstsa  k::  ^b  nas  k*?!  'jxnc?^'?  "^la  j'«k^  i'?ü  mD'::a::sa  x:: 
p^inn"?  n^is-i  nx:  naan  nn\n  ab  as  r"?«  naib  bia^  n\n  nr  bai  ma'rb  n«iN-i  abi  na« 
rmb  n'iK-n  nax  n'nrK-n  naan  n'^'-\p  a'aaian  naan  jxaa  n'nm  -nm«  ma"?"?!  na 
a^pnxnir  Kim  r'^snu^'b  bia  pst:'  "^ra  Kim  "d'^^^  nan  mr  mnp*?  .nniK  "rian  .ma'?'?i 

15  nsu^a  ja  pKtt^  na  an'^anai  anpn::a  a^aaian  mabna  mnu  am'?ra  '^aab  j'':>ia'  bsnu'^a 
"^K  'n  naK  na  *nas3tt;  bKnu?^"?  "^Ta  pKt?  pja  iDnv  -n  nas  'inax  ntt'sa  a'?iyn  niaiK 
bxntr^  Hbi  mm  an;  ,nana  a^ijn  mm  "a  mnn  ■?«  a'atyn  nmisai  ina'rn  b^  a^un  -[nn 
«•^abKu?  bsnD''  b'att^a  s^k  «naD  ab  abiyn  ba^^  ■':Ba  '^snu^-'b  bra  j^str  maxi  .mm 
mal  inn"?  nnn  [m'riai  a^aaiaii  a'ar  Nimr  a'riyn  ':>a  n%n  nnmn  j^'rapa  bi<-\t''  vn  «'? 

20  '?Knu'''?  na  bax  ^am'7r  n'ru^aa  anb  mm  -ps  bsntr^  b'au'a  m'^^ai  a^aaiai  a^a«;  ani 
^raa  na  pxu^  bxntt^'''?  'jTa  j^k  na«  a^ai  a-'aaian  naa  bnj  abirn  na  nmaran  anian 
bDa"?  aniai  [6^1  naa  a^bia^  "^xnir'au?  a'pn^:  bax  "rKnc^^  "rr  vmnn  rnmix  a^p"? 
nax  '?xnir''?  bia  px  nasty  b'Tki  .maa  b-srn  npni'i  ^amana  mbran  na  ambra 
,'?Knttr"''?  b:fz  ^'^  B^ana  "^la  m^ra  "ria  «rsn  n  na«  ■'xmxna  •^snu?"'?  mn^ya  mbrant:? 

25  inaxü  Kapr  m  "^siau^i  nmm  am  am  pnv  'n  br  p'?in  iba  vnana  Kr:n  -n  mn  ab) 
iK  B'anai  n^u^ra  Ninur  '?Knir''?  "rra  n\n  xrjn  'n  '?tt>  lara  bax  ,'?Km»r^'?  b:n  ]'«  a'ra 
pKi  '?KnD"''7  b)ü  t'"  xisraji  m'rran  mnr  an^'^ra  "^aaa  •pHntr"  niarir  «bx  "^^aBai  u^ma 
bKnu?^  nwaa  mibn  K\n  b^a  na^'p  mnr  ps  an"?  mra  "^lan  pxD  ^jsa  bKna?'"?  "^ta 
by  n'ran  aaian  na  "paBa  irs  '?Kntt>''a  a'-aaian  nn^j  btsab  n::n  n"apn  axi  .aman 

30  a«i  -bxnty^  ':>r  n'?tpaa  mbiabi  a^aaia"?  pxD  ^lea  n^bxa  n'^taa  nm^n  "jax  N^nn  nnun 
bu^ian  aaian  na  n'?nn  n-aa  Kin  a'^iyn  mais  "rra  a^aaian  mn"u  bttab  man  aipan 
i3«s:a  p  'a  .K'nn  naiKa  tnnv  n«  a"pa  «in  -ja  nnKi  m'^iraa  nx  btaaLan  K^nn  n-^t^n  bv 
B-'aaian  mnr  "^r  si^ain'ri  ^ban  inp:n  ^a^  nx  y^anb  laa  m'  V3^ra  ntr^  mnar  p'a 
aaian  na  mantr  u'xn  k"?  ,n'nn  sbi  nnx  ^na  nKia:a  in^rir'  i"?  nax  nama  n^K  nbiaa 

35  bir  maa  jai  .njc;  nncT  u^an  -pa^  bs  s]''dv  ^ojn  ^nax  b::a  bifzn  n'^traa  boa  «"^i 
w^i  b^a  bmn  nbu^aa  n"an  n^anu^  xa'py  n  nax  k*?  nn^aa  n-an  nb'i-my  xa-pr  'n 
bv  nxan  nnrja  ba«  abiyn  maixa  ^a  j'jrn  pxi  .■^Knu»"'?  bia  j'ki  maa  b^stn  npnsti 


D'aSo  8     :  «">•  v'jp  natr '»y  '      : 'n  «"ira '» '^tro  «      :(2"v  roi  e\T  )y33'a '"3) 'n  lytf  nSnn 

i'rt  n"h  ,mi?B"  »      :'«  n"^  n-'yvt ;«  '3  '3 


cnnm"?  crim  izr\Tj  'js  riaiu^i  n''"i'72r  bKirn  "r  nöKji  riTn  in-in  br  m'pnn  n«  -nc:i 

ju'air  CS'  «"^s  .cna  nnxa  is  cn";ra  :k  tt  xbs  u'K  vtrya  -;ina  Kim  nnnm'?  vz'nv 
nai"?  u"?  »"n  ,nr,-s  bav  ab:  ani-y"?  roüC  'i"?]!  cnn^nb  -crn  «"ri  n-n'^rn  rx  bs'r 
■'ibi  r'"n  nn"?  iU'öt:'  ".s*  "b  nrna  n'^n;  ju'Jiü  nzmU''  -löib  ik  nrs  nrn  n-'s^n  Dn';tt?B'  5 
Ä'U'n  -it's  'ib  xi'12;  ,Tn  i2-i2  aT'i'ö  i;k"c  jm  2"i*na  iu'att?b  müs"?  p"?!:'  i:k  J'k  .mtas 
-r,!2Ki:' 'izfi  b",  irn-Qi nan "iina  nrin  bra  -naEj  DmK  bKC'  ab:  Dn:ii'b ra^'i  crr-iz-i'? 
nnai  t<vn  nb  p-.t:  s::j  •2'?  H'^b'ji  xav  Kinn  'sn"?:  m"?  niax  xma  mb  s-n  xrpr  'n 
nax  k"?  "3  cnbrn  bn'c  xn'py  nir  na:'?  p'713''  i:k  pKi  Is'"]  .x:iü  xn'^'aN  rxn  mn 
s"?  K-m  i"?  nax  D'nbrn  "rirs*  ,c'a3n  nm  bv  nsT  S2"pr  'n  xn^  m'ripi  cn  .-[S  irnian  10 
i'yaitt'  'a*s*  i:k  pi  .cn'^r  —.an'?  a'mnu'  a*sin  i:k  s*avo  Kn'?"aK  rxn  n'nr  "eöi  '^nu? 
"ibj  n-npa-yT  k"?  rn  Ka;j  i'-ia  "Kni^a  n*?  na^n  ^pnr  na  janD  ann  ma-xa  cnw'? 
na  nrj  k*?*!  iirxn  ns  mca"?  nm::  cn::rb  nyat:'^?  -jinai  q-rKn  'oa  n^"?  nnas  Kcn 
n'?Kra  N^K  n-mn  k*?  '?"t  irmanir  r.b  mna  n-mi  .n"n'?an  n'Ji'b  praiz'  ax'  c'aan 

:  Elba  laa  j"k  cni^ii''?  rain  annan"?  }L'v:T.r\  b^a  na'ra  D"nba  15 
anaan  "inna  K'n  dk  .a^nban  nb'X'ca  r:mnc'  nnnrxn  b'j  i'V  mpn*?  nirn:! 
naann  ■;sa  nbiiZ'r\  b^  iTnim  a-at'  nsn-a  br,b',  n::  ik  t'T  n::  na  r"  na  cpcrna  anu; 
ann'pna  pu?  ':£a  raa  nbxrn  -jnna  k^k  :^büZ'r\  b'j  :'\'ri'^r^  k"?  sa^n  ik  .nn-r  na  "cc 
p'\-:b:  .ncraa  cnar  s^nnra  i'^xa  xi'ar  n-.'ar  ni:  "a  vc  nana  a^nn  cn  naann  bv 
na  »"  CK  nKn:D  nr  x-n  na  cnaam  a-n'^an  "nan  bs  nipn"?  B'Ka  i:k  riKin  K'iripn  20 
jan:  ann  n-a-x"?  •,na'?c>  w'ibz  nana  ■?"!  irman  nana  c'si'ia  i;xi  ,nb  ik  nn-ay  ni: 
braa  n'?".:n  anaix  ans-a  a'aaian  ma'?naa  crTan  nan"?  nan  nti  -••in  xa::  -fna 
— ,ana  a'xiiia  i;x  lai  nn-  aan  ik  n'm  n-u'j?  ix  nn^  a:j  n:  aaia  v"?!'  tsbitt'n  ix  ni 
ru^in"  n  ■?«?  lapra  "rr  aina  nn-^r  xnnin  xn'?aa  "raK  cnba  p»'"?  "rr  x'?^  "?":  irman 
n-'ttJX  na:  nn  cnxaan  \s*n  ny  -[ai  "la  xn"  njjai  -[ai  la  xn*  nanan  'xn  p:a  ^n'?  p  25 
nax  "K-n  anxaa  x:x  xan  -ax  xb-na  ix  xnaa  ix  x:aix  "x  xas:  iK  "tt^x  an  nax  xan 
['aanl  ca:)  nanbi  cnban  nan"?  a-ain  ibx  annani  .b"^p:  \d^:v  '»3  na  "ax  n'b 
ara  jm:  ona  ina  bz  mm  "axi  xani  nb  ja  yu?in''  n  n^a  iinn  nani  -caaian  nia'?nö 
naana  ppcir  rn  b"i  irmanz'  jxaa  CKin  i;k  bax  .nmar  i'^  ia  ü't:^  nai"?  "rai:  i"x  pTn 
x'nc^  ':Ba  cnban  — ana  naib  "rai;!  n:aa  a-yja:  rn  xbi  nrrx  a'Dnini  nibtani  caaian  sj 
inna  cnnan  b'j  anpin  cnc?  ";2a  x'?x  nn-ay  ni'  na  pxt:?  n'>n  p:ra  cnnan"?  nan 

:  ana  bixc'?  b"!  irnian  r::^;::  cca  nray  ni'  na  w 
D'aaian  r'a'rnaa  aT'yan  nanc  nax:i  mnx  -[nna  mn  p:rn  anKaa  i:ki 
ijian  oipan  ':t,b  annaK  naK  ^'?"i  irnian  inaKu?  irax  cn-iaxb  nain  on;a"xa  cmanm 
"pv  nir:ro::xa  x:;  'b  nax  p  ^b  r\rnb  "iKn  "rsi  'bw  mrDrocKa  -nSanc:  cbiy  ■?»  35 
ij-'m  nmaa  mb  K:a'piai  x;nnna  anyaa  p-i:^  'ap'^  [ö"]  ynm  'xa  'jxnü''?  "ria  pxc 
D'aaian  ma'^na  naanc  ri-r^  ncran  p  cxin  i:xi  .'ui  pn::  nmaa  mrn  'a  ®a'nan 
mbiam  caaian  nayaa  cn^'ry  nixan  mnipn  nx  ntyrnrn  nnx  "pa  mSia  bv  manan 


IV 


-rrn  n-ip-n  ^•'nmsa  "^i-ij  nns'  T'abn  Sth  .mn  j'dw  nö«n  "iKsri'u^  ny  in  nrs  i^r^^p^ 
hnpn  ns'i'  rrn  nrna  n'tt^bty  nrtrs  nsinb  lo-'Dsn'?  "nrn  nsa'aom  ^]vvn  ara  nsinb  djsd 
s^■^1  nsn"?  n'''7y  nt:'?^!  rnis3  nrtt'  x\-itr  •^jsa  "is*!a  ''rrn  n-f^r^  in:ir  nn^-n  nD;2n  n''^» 

5  ,d'D3i3n  ma'^n^ö  y:b  n^ixi  nn^m  c'^irn  bs  nrnb  mto  -an  "^d  .12  b'nnnb  ^tix-i 
mrn  'trxi  vn^  njinnn  "djk  i«-n  Tyn  imnir  maria  na  "jsa  nann  nnx'?  ppnntt?  n"?« 
br\pn  1-iim  nan  ^d-i::  i)a'''rTrnD  nr  n'psn  nD::n  n-inKnji  nbnn  nan  nx  mzp'?  ■Ts-'rDT 
nriTi  ^h)  nnKia  n^br  ts'^v^ri  jit  k\i  -,c'x  n^a?^'  nbnm  nrna  n'Dan  nru?  siica  napa 
-inxnsi  b\sin  i"?  "nnax  -[3  'n'xitt>3i  .nai^n  btaai  D^naisn  ms'^na  -|"na  ^itd  nna'' 

10  m-is:  K'nu7  r\T::'^  nrtr  «nm  nKin  nrsrn  -nnrnt'  ny  fnan  n't'ty  nru?  nr  i3"in 
m:'?na  i-na  nnnx  nbra  n"?  t:?'D  mn  -13-1  ■?:  nn  ^•nnn'?  k\-i  n^ism  nan  n^bv  nta'^itri 
.THü  k"?«  .pnan'?  vnsn  n'rm  in'^n  n'?n  "-is-ib  nnsn:!  "n^fr':'  r^xn  yat:'i  ^D•2y:n 
]-K  h-iax  '?"7 13'nnm  *D'n'?32  ktt  nbii^  nsn  njnannu? -laxi  '^:znn  rbs  m'p'o^  'a  dtt> 
XD-iis  bKiair  -iasu>  mn  D^ann  nm  "^r  sin  na^r  ht  niyi?a  niriym  -n^nban  pbsir 

15  j'si  r\ipn2  p\^:n  bv  nsrin  r]^b)n  "jsa  "q'?3  dt  n^pra  aba  id's  'ist  K2^n  in  xam 
n'cr^r  nyu^D  nein'?  innn  DSSDtr  nr  u?'?tt'i  nsDi  nma  "s^'Dim  -nnK  -qt  i:aa  ma"?*?  ^:b 

nn-i3  brr 

np:nn  "ms  n-p^tna  D^raiiyn  b::  ^b^3  "rrn  "n"n  n"  "^r  sn  mn  nannt:?  "Dsai 
"Dsbi  mpan  "Dsb  "dsd  ns  b'^in"?!  nm"?  d^d  r\nb  ina  ^:s  [4^]  id's'^i  sts-m  n^ij? 

20  [n-ann]  nasan)  r\w  naisi  nma  p"7na  "dki  .'^Kntr^ai  'na  *n"p3  cn^m  ''rinrD  "ar 
":i'?2  üva  n'Jibs  nyu?  naiKn  b^  "3  -no-s  ia  psu»  nmn  -nD's  rn:m  xnain  psir  mpan 
'?:a  IS  n'jD  n'?:aiy  nrirn  i«  pn::  nru^D  nr  nnnn  '^Tnn':'  ns"  na'.sn  is  nr  nmb  ns" 
-32'?  IS  dtd':'  ns'  nn  bssam  a^rrb  ü'S''  nn  3t>rn  "a^a  naiSD  sin  nnn  n"?!]?  mu' 
nu^rm  basam  n:n  aon  ps  nt'sai  t-isrrai  Bi:ra  nin  aan  is  bu^btra  nn  aan  is  n^ya 

25  'ais  ps  ni  nana  ni  nan  "a  nns  3n:a  ans  '^aa  mjmD  p"«  mrtrn  p  nns  2nDa  pjms 
IS  mm  na?"  nbiaa  r'?r  b^ifi  pn::  nu;s  m'?n  by  naisn  jai  .nnn  s"?!  mcs  ab  r'^r 
nu^ir  s*?!  a'nbaa  bnw  irs  nsji  n^nn  ns"  nn'?iaa  naij  ™id  nt^s  nn'?"n  "^ai  r:v 
b:D^  "2sa  nnyiyn  toin  sbaa  i'r^ss  nmnn  ^nna  iba  mann  s::!"  id'si  a^nba  nu'ya 
'^'rinb  on'a  psi  "sjn  bv  nnb  maa  sin  a^aaia'?  niaan  nanu?  a-D^asai  ama  'psnD- 

30  w^fi^  sm  "ra  n;ias  sin  mn  -^nnn  b:}^  ^"'n:::a1  nasaa  "^an  "^as  anynai  DJi2ina  p'n'71 
natrna  inau'na  psi  anraa  m:?in  sin  m  -lana  '^sm:?"'  na  nu^mni  a'aaian  naana  j'^an 
myu?a  is  jit  nrc^a  nas'?a  nwra  nan^'an  "a  nrnn  "^ipiri  snaan  ^nna  10b  nsnji  .anu?a 
bv  sb  nair  irsi  bsiaty  nan  bv  "jaiai  ma^s  ia  ps  a^aaian  niaSna  "ssa  mnsn  p'SB? 
:manan  aba  n'?y  nc^sa  n^nbaa  n'^st:'  m  inu^ra  j'si  nnin  nan  "^r  sbi  a^aan  nan 

35  p'^sitt'  ps  -a^nbaa  p'?siu'  ps  b"i  iD^nian  nastr  m  bv  nipn*?!  u'inn'?  i3'''?rTr  s'^s 
.na'ra  nbsu^n  bv  ^ba  anmia  i;s  ps  is  Bn::r  "rs  vif^'wb'i  annan"?  v!^nb  psu^  "rsa  ana 


"<>  4 


:n"32  3"j?  8      jn"3  nS  nanan  '      :cc*  n":33  Dan: »      u"j,'  j"'p  omoD  ";•  '^      :n"33  3"i' 

:  (3"y  a"a-i  e)n  jyai'o  '"a)  'n  lyi?  n^nn  n^jan  nSja 


III 


N>^n  n  ^n:in  x>t>n  p  cninx  n  x'tr^an  ^n^n  D^n^  ni:xn  nxr  [3^] 
nnn  \s  nn^n  iyi>xt:^  onn  ^y  N'omtr  ^x  nnx::  n:i::an  t»"?  niDon 

n,^x.r:3  ,".nsn-n  öi'?^?  «cpn  ."p'  nu'ra  '?2n'i  -j^pcrs  -mü  ncn  riD  td  ^^t: 
di'?tt'  tt'pa  .-[Ja^r  pm  -[r^r  im  hzn  -mts  nrn  rna  mo  a"i  .-iz*?  mmn  "^rni  -["a  5 
"-.ns  nt:i:  -[ntsn  n'riii  ck  ,ria  nc-yi  riö  -nc  sn  .-j-rDn  pab  -[rrur  n:;n  b^:i  .ins-i-n 
rp2  -nmtsn  narnn  n:;y  '^npi  ny-in  msnna  mo  ^irnrra  nn.Ti  nJi2rr\  i'xir  -im 
T»:'N3  inTHtm  ina-ni  isi'?^'  rp3  rt:Mn  nrKu;  nüj?  prTü  "iin  ns-in  ds  -insTii  21"?^ 

nnrpaoi  "i^ed  mbc?  ?inn  nnx 
KÄH  ha  -i'nnK,"2  D2n  ir's*  -jb  -i.rsx-'i  im"?  nx::'?  jöitö  rrnn  cn  nn  j-irn  ditbi  lo 

-ICK"  IX  D'-iNö  m'u?  IX  'xnru;  m'D  ix  jit  nyu'  x'nc^  ix  n::D  x'.-tr  'dsü  •,:  nrcr  -jm'? 
rrn'  nx  pi  .xi'n  "rxi  mm'?  rtrin  ni  "ii^d  "^Tifa  i"?"»  j'xc  "D£!2  n:n  dvd  xi'n  bx  i*? 
^b'j  ':d'?  p'tü  xinc  ■';sö  in'^rxn  bx  xsn  "i"?  -laxi  ibrix"?  2xn  nnxtr  "paxia  yzzb 
vpz  .r^n  n::y  nrri  rnn  np'ca,^  -i",d  ,ma  rurri  rna  -no  mn  -"^rsn  "^xi  mmb  nnn 
nrty  X'.-!-»»  31T  ni'tt'n  nrxba  mrr'?  'r^nna  ix  im"?  xi'V  "i^n  nxin  öx  -inan-n  m'rr  15 
.Tnm  nax'7)2n  nvcrai  ^mr  nxi''?a  im'nin  x'nn  ,-i:x'??2'?  zvc  'hiri  pxu  am  ix  n:rc 
lacnbi  n:rc  '?rö  -.mn':?  c^-ix-i  rm  ■"k:':x  "^si  .irn'ts  ?inini  -j-on  cibc  u'p2J2  nn 
D""ix-i  an  -itt'X2i  .xinn  nrria'?  "ixn  i"?:.^  pxr  Dvm  rrixi  nD'Xtt'  nycn  n:x'?a  "^-nnria 
h"t  irmn-ia  n?2  pnx  "im  niabbi  DTnin"?!  onn'nn  1112^:6  D^ixn  an  *]:  nn!n'7i  niatt'n'? 
-ixcr  c,Tjn:o  jin;bi  criTrü  nicT'?  i^rabi  -nx  mpjan  n;  p;ya  umx  iTnn  -irx  20 
':u.'  brx  xnrr  'br^i  nrmx  xr^'n  nnn  xmn  xcms  '7x1.1:^  [nax]  ^r.i^x  cm  -niDipa 
■^Di  nbra  "ju?  pn  rrs*,:?  "risni  ":rn  m  vp""  niax  nirr  ib  d'c  "ö  nö  naxn  x"?  'Dam 
xnnr  ''hsü  n-iin  D'nxa  n'"?  '«""pn  mra  x"?  xarta  'xa  xnxnnni  nnx2  o'ir  nisa 
■^nan  ai?  nytrn  nnxa  "ei  .'n  D'xna  Haiir  a'nn  n"3  urm  p'D  n'in  n-n  ^a^p  ["a;] 
'r'nnn'?  nnxn  orx  ovn  nu'cc  a'^nm  nam  ''bv:ih  xin  riTi  xinn  crn  [-rais]  pn  25 
Petrin  vm  ,r]'bs  "^ria  pnn  '^nra  nnx  n\-i"'  nx  pir  b'z^  c:n  npnan  br  nm  ans 
m  rpa  onx  n'n"«  ah^a  i-i-nm  ann  by  btria  [i^]  xintr  "Dsa  nnxa  ny::^  mn  nrpna 
pi  isaa  :ii  ny^n  bt^'ia  xintr  "su?  nr  jiaa  i:aa  jit  ryrn  r'?y  "^na  anxa  nrx  nva 
-D'ns'an  nbsraa  -[ma  o'DDica  ibx  n'a"  '3üi  ,i;aa  jii  nycn  "^cia  xm  -lu'x  'ran  am 
":2a  j3"ca  'ü*?»  an  .nnxa  ('nc  naa  bz'  pn  n'21  n'?ya  b'c  j'n  n'^u-  •:2a  Ty  a"::"cai  30 
nbnr[  niycn  ix  rtbi^n.  wfi'nv  D'xin  ['rxi]  uaa  [njitt-xn]  (n'rar)  nyca  bcia  a'nxac 
i:x  rxaai  ,b'"!  irma-i  'nan"?  annipna  B'iaica  r\b^r\  a'a'a  ans  bcia  a'nxa-^rx  rrm 
'xnaü  nu'x  abiya  nwa  bai  a'a  nxa  man"?  ix  ma  yia]"?  ix  n'a  ^\^:^2b  r\'i}-\r,  bzv  j-nai"? 
Ctt^ani)  'd'?di  'Diy  ava  "^'nnna  nnn  nara  'yanai  naca  nnxa  "r'nna  sn'  ':bv  a'^rc 
an  ntt?x  niax'^a'?  nnnx  m'r'^a  x'i'i:  pi  .n'?xn  a'a'n  nrbca  n'i:a  'xnarc  '2aa  [tdi]  35 
JB'ry"?  '1*?;  ni  nan  ,i:'Ta  mna"?  a-ixb  j'xi  b"i  irman  '-im  bv  -[aaii  aaia  "^a  nbt'aa'? 


160  ns  Das  Transcendentaie  . , .  nDDa  iV3"ia  |iynj  'nni  ,n'^  Ka«»pT  n"l  DC  '"trii  3"y  t3"2p 


II 


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(1867  n:r)  2" -[-irmaxisr  --T'iuT'ür  -.T,-;-T2r  .vtt-r  'n  n-nra  t"  -;*r"  '=  -ly 

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c:  '?)  r:n'7'Kr2  ;e-|'-r  p:  "tarn  '-*rK  ••'.rr  (r:a.  r'r  v^  r,-:  nK"m  'rn  ri':'?n: 
:r'  (i5  n-:c  sei  ti'  2'n  '.-!7*;:nö  c:*«;.-  nrrrn.  *.-£cr  ;-:i::-;  •?'-  c'£~r  CT'^prr 

49  n*)  itt'paa  'nrrn  .T'brr  rsc-i  CT*n  ]z  r'-i  rrr*::  nr.'n  p*',an  z  b  r*-.! 
rcc"?  lac  .-!•'?  vn  '■?•:  'ax  -ex  r-  :-.a",x".  f-fca  xttx  r-.'^^an  *n*:Tn''-:nx  ;(6  rr^n 

br  '.ra'?*-  rr:,-!  x~"ax"  "rx  "r-.sa  rsr-rr  "laiiB?  m  "cx  z-  'z  ^""rz  — r  -:ax 
'cr  '1  ^'?a  n—.nai.  (si  -tä  'r**:  'r,-)  '.r.-ixn  ;'d-i  ?'?r  -axc  n"x— axn  p-rx  =x  *=  z- 

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X«^»M     ««»«^       Hk«««M       «•»■««■■       ««V^      ««a^«       ^M      ««MM       «M««      ««^«^^«M      «>•«•«         3      ««KkA       MW«      ««»»k»     MM       mm*m^      «M  *« 

K'rr  -a"'?;  '*?  tit  pi  i"?  nrr*  na  -ax'  x"?'.  f'i'cv  .-:•  "b  'n  nrr  r=  x-paa  pi  .--•ip 
■*'r,"xn  p  — rx  c:ax  -  '.Tara  r'.n'E  n?  '-.n.  T-r:  s  n-rns  .'cxn  mx"?  n— xa 
rhb'p  pc*?  "^  TTi  x:'xn  ^xr"n  bz\  :'T  'ca  r*  lar  x'".nc  — a-a  rarrn  "i-ana  •= 
x'aaa  T-a-;  ün-'^jT  '.r-ana  rr.r.pa  pa  nn  nscn  nx  a:  «•fa'.-;'?  r*  a'xi  /x^n 

^j;'?.-!'?"!  XXI  ts 

;vr"i«n  \o'v  a— a 


:pn^i  143  Ti-  er  Riv.  'y  i 
Proleg.  za  einer  p*»  "la  ^y  113X22  Tyi  pHT'i  4  TS  '::  p?n  n^n  »'1^  c':iCK"in  r:m2  'y  - 

:  27  "IX  (n.T.'a  "KSID  neuen  Ausgabe  vom  Sehr,  des  BSG 

nris  ";)  {■>zh  21)  h";  ;'ii  rp  ,-.";;::•,  i'pk  21)  2'y  '2  pp  n",2ir22  Jahrb.  n,  20  Vv^.:i  "j  ' 
'O^m'n  x:2S2  ';  'cv  ■n'2  w  '^222  tk  =1^02  '2  yn»  122:  ;REJ  xxxyi,  228  pni*2  r'i*x"i 

:«";•  'p  rjn  r^TlV 
:i52  -X  :r  Riv   y  * 
(;^nVi  Gl  TS  K'n  ;»i^  2-1  'sin  ':a2nn  r|rK32  sü',:n  1271232  ^y)  j«3D»n  ''11  n^an  nt  * 

;n'V  2'2  ?p  rv2  p-  KS2'  n:  ;2i32  '2  -^'ys 
»nn  v'a)  i5t'2^2DX  13  u.  ri-";n  xiv  nv  Ki232i  ^212  ;prr  r,3  '2  i'yn?  'ix  nx-.i  « 
.n  nx  nivn2  103  is  er  Biv.  isr.  i;r.-y2  '3SV2  ':x  rer  r.KS  rnx  ts  «r.;pr  (498  ts  er 
r^r  r.in2ri»  ^n::n  n2r  nn-.S  un:r  K':r,2i  •'n'2r3  10  myn  15  w  499  ts  er  K'2nr  ns  pi 

:'2  rix  er  'rx2n  c^jn 


IV 


21  Ypwiz  n^D^h  ninjin 

"TKi  r\'^'\:^p  nn'fib  iiao  a'trDnu^  röDia  jxr  nn  ■?"!  •'Dp?  ntypn  K"r  n"3  pjn  (Va 

:n":w  'd  "i"T'3  'i?V"imia  jnnB'^a  iina  ix  jmnn  ■'jBia  iTSDn"?  "^ax  mnns  jn-'^n'?  -ncxty 
'^SD  tD"ö  3"s  nrir  T'DSin  üj  t  -  in^by  •'tr-'jyK  x"?"!  dni:?r  bi  'oin  au?  ()"i3 
xi3S©ö  'Dinn  pi  "vm;!!:?  ■?!?  osn;  aix  ps'u?  mdd  anw  "ir.  "p"ian  -iy„  Knsainn  nan 

t«nTij.n*iJKD  -iüKi2,i  nx  nxa  Kbtr  d"n  nxnj  laa' 
r'xnjn  -laü  "inyn  •'-ana  "rr'ai  an  pT.a'n,  ■'"s^-i'?  anr^aa  b":i^  a"r  n"3  eji  if 
'•-sm  iKa"?  n"-i£a  'r  pjyn  iprai  a'toEira  'a  n".-!!?  "a-'-iax  au?„  nsaa  'r  löi'ya  nrbj-iia 

:m-irnai  135  n^  ain'.-i  p  ty"-i 

,a^i?aD)  a^p'Wian  "^a  tayi^a  aDax  "na  ^w^  ab  -["::: an  "^ai,,  :X-ip?2a  ^^  i3"':a'? 
'üi  'a  nar  anaa  -"d  riTi)  "a-'jican  bai«  k'"»  'n  j'^nb  iiaa  jxa  a:  lan:  (amn  ,xnt3":ra 
nx::ina  (a^nan-'p'?  p-iiattr  "ana  'a"?  naajn  lanaaa  "^''T^n  i"r  T-yn  -laai  "^psa  pa'^nnia 
:niaiKü  nöD  nna  n^inja  naa  anj  iD^naä  aj  "a  ^-\':}r^b  "nnaü  ain\-i  p  u?"i  b^r  "a 
^::an  xn  na  iw  k"?  T^ian  "^ai  a^r^aia  K\n  nnp"'  a^na»  tr--  a"r  'ts  ^in  p"ö  p-'n  Kns:33 
na'?  najnö  iDpiaaar  «^n  «'tnpn  m  'abi  /na  ntr>^  k"?  a'2:an  ba  a^nai  na  nt:"  a^nt:^ 
'iT-sss  nit  -nn",«'n  '2£in  n"'?a  -i"a)  maip«:  nxtra  jai  par»  ^"aa  pi  k"^  n"Ba  naxDu? 
piaan  f\^D),,  laiaa  34  n::  mn^n  p  tt?"n  nana  jsnnn  nnn  .(mn  n"r  V'd  pjn  K"a  ns"a 
«■'typ  irm  n"n'nmn  m^ia  aw  pK  na  ntr^  «b  a^iair  '':iBn  "^axn  na  iw^  «b  a'':i:an  "pa 
'n  na^naa  piaan  '?'?a  nan  x"?  man":  "a^^?  a"x  mna  /'iu>«n  nma  laia  nn  piaanu? 
nbrn  sb  "^as*  (a-r^a)  anx  •'scanö  nnp"  nmnn  -"a  nDi<"  p^'xna  ,iDaina  •'p'^n  "jü  as'  --a 
:na  n^?"  k"?  a^iatr  ''::i2n  '^as*  B"i:ann  ba  -^a  nDKs  ''3iJ:'ai  m:^)an  "^r 

'n 
^i.yv  r"3  ?]■[  n^i^nn  trn^  ninx  xdi^j 

pi„  ama  Kin  "Hb^)n,.  nban  piü  "pir  inana  (so  n^  ''ns*:sin)  a"r  r'ts  Pin*?  it^n'^aa 

pN  ''nrT  •'a'?  niaxai  ."i?2ipx3  "nrT  j^"?,,  -rnnrn  n  n-^vr^  aty  /'kb^:  -[na  ■'■^t^nn  ■'an''  nn 

sna:a  nnnx  xan":  nn\n  iDirnaa'?  "a  "JTa  pinn  irx  BDiax  .iD^ia"?::?  mübna  it  sBn''j 

nan  mn'Sx  p  pn^j'  n  ^c  laif  i':!Tn^  »9  n^n  iiiano  ^tr  iob'  ^j?  nana  xivns  Niaoa  ^ 

:ns'aiuDN  noi  la»^  no  nt  Sy  »an'yni  (20  ns  "mm'  na  nSina,,  'oa  Vnttn  'y)  'i^n  >"i  ^c 

HKS  in«  TO  1910  't  phn  Eiv.  isr.  i3:inj,*a  D>-inQr:  niaipoa  'nn:  nixan  nnynn  an  2 

n«  anaty  -is'aitas«  id  'a  nsnn  pi)  n'pSo'x  ama  finj?^  n^ppii  d3'n  D'Niipn  anc  ]y'i  ;  nsD 

vnnvno  noatr  n«T  x^  jSn^i  022  ist  jSn^i  498  ni'  ;i9i2  hiti'a  psia^  'cnn  anaoa  nso  h-;  impa 

jnnaya  jsa  inn*?!  jnatt'  niam-nn  nx  i'apS  pa:^  ae-in  '3n  (iwinya  isa  laa 

:  l^n^l  2G  T^i  CV  Eiv.  Isr.  'y   ^ 
;  142  ns  Dty  Riv.  'J?  « 

III 


ms  -5prnr  naiDi»  s'r  a"r  ^in  mar  djöx  -ri  bai^'f^  mm  nrnc-n  "^si  n-nn  -iprn 

:"n-nnn  janns 

c'strur  j"tt-i  nsirna  ti  47 12:  üin\n  p  D"n  ""Br  'r  ssij  prub  s"y  k"'  ein  er 

:ti  -12:  b'iön  K"2nD  nam  jicsn  ied  '"»Jürnn,,  iedkü2  j^i"?  nia 
rs'i  n"n  s"y  T"a  rj-i  ö'ncB  'oin  'r  tdöö  .t'-i  'ein  2"r  n"""  ff]-!  cn 
Kiv.  isr.  III,  47  nv"?;-,»  -lö  *?tt'  nöKi2D  DJ  'r . . .  rnsnisn  bsD  •^nö'?'?  o  va  sii  cta 

:ii  rnrn  70  ni'  oirrn  p  d"-i  "s"?  "nnrns  "nansD  niai 
nrjnia  :"r2:n  rT:m  •'jp-  nrpn  -ist  nmaa  "^s-iü^  vnc  crr  jn-iN  b^  2'v  vt;  ^11  ('■• 
n;n  cn  -ir,::i  üids  -b  ns-iDi  .nnbra  'i"?  -32  sbs  iz'^'ipn  nh^  rrt  d'B"t:d  n'y  'i  ?in 
DnD:n . . .  cnnm  iükj  m  i:rnp  K'an  ab  .th  f]"nD  -nni-i  mnü  j^ip  irTi  Tüna  ir:r 
pNi  jTT  's::n  n"'»  n;ü:i  i;mp  n'?D  's-in  t<t:nD  tm'  cb^n  ,Dr,-i  niai'^D  ■^ktd''  rrr  ■"? 

■ras  n^b  "psa  s:n,*3  npsn  1"^  npcn  '3  •'"di'?  Dnrö,-i  d"ö^  s"y  )"tD  sp  (x'"- 
p"n  "pan  nana  cno  iüsd  n"s-i  nt<"sn  ödi  3"n  N"a  a^bp^  "ö^dtt'  dj  'i?  snrn 
^K  ä"2ö  Dnjisr  'fib  o^^isn  ^Dp:  nm^  ^"arsi  '^rjba  -n  nmn  s^i  irünsa  nn  pvnn 
nm-T  sinu?  rö^a  "srn^a  n^K  K"a  ^"^arn  ji;jd  nn  snaiba  jio  n^"?!  iäiS  -,d2s 

:pnr  '-1  nm 
nm"?  bia^  .Tn  •?■':  ^jpTs  iiabna  bti:  ^pa  a^n  ^^s*  bba  y^nb  ps  i<"r  j"^  stt  (a"^ 

tt-a"?  s"3'  Nm;sT  j^:3n  cx-id  -iäi'?3  "xu^m.'a  «a"?  hid  \sn  s;Tsn  m^'?T  söp-i  \st2„ 
iDi-iö  n'3  n"?«  Kn3'p,-n  jnm  "^ty  -^nvia  D-nia  n-a  jxa  ps  n):s2i)  sna'^.-n  jDn-i  "^c 
S2  s'r:n  n'-nb  xn  abz'  niaa  niD  nin  jbsittn  ipintr  s'n  nn"';anm  s^Djn  bc  ''7'?3n 
na-im  nain  naiD  3"3cn  n:m  (jbnbi  isicn  si  n::  Dimn  p  ü"-i  "23  t  r^-^pf^  ^-n  Drn 
-N":'  3"3  Küv  ,3"r  J"D  ,2"r  n":  rn^  ,s'r  n"'?  p]!  niana)  jna  nnns  i^3:ki  ns'^na  cj  cws 
3'r  '^  ?>n  j^b^n  ,3'r  vo  p"3  ,x"r  k'd  mmna  ,K"r  n""?  pj-i  n"n  ,n"v  vs  s^m  s"r  '3  ^1  n'?";a 
'cin3i  3"]7  '■?  s]-i  r,in:a  „-is'rna  inn ■'bnjo  rt'n  '3  rttt'o  ddjiu?  k"::'  n"i'  rjm  s'y  k"3  =]m 
":"3D-i  ^3ö  n"?  naxi  KTcn  an  '30  pan  n-cEü  nn  '3„  s"r  t"'  ?ii  msnas  d:i  (p-'^iai 
3"'  mK  n""?  'S  n3i  snp^is  -n'?3  d^did  bv  3"3n33i)  iyj2U\^3  dtiö  n'a"?  n'a:^^'  nsn: 
n-r^3Dn  p'a  Ki2;n'7  t  1"?^  nsbn  nasa  n3J3  'übtriT3  d:i  crnt«  i-n  nxn  .1x^:3 

JK"n-i  N"B  mönn  -nn'3i  12:33 
tt'-i  u  mrm  os  ^^•  Dirrn  js  D'n  "23  a:  t  k-it]?  -ibd3  ■'"d-i  3"y  n'""  p)-!  (j'"' 
:"-n3x  ,a"v  n"D  tin  T'b  nv:;'!!  'n"  ,r'3D  'd  onsn  n2C3  i:'?i'Nt'  cipös  '3  Tyn"? 
Dnran  "33  rnrys  iki'jsc  cn2D  nr'^ü  bs  -isit  n".-!  r'a  onBio  .T'ob  syn  'm 
28  na  ;"n  Eiv.  isr.  i::iny3  TinrnD  na  t  "«nty  ni'ü„  xnp  s"3  'm  :"^  'i  ^"nn  ^"•c-\b 
iny3i  n2D  n"n  ^"rn  3"y  n"'  r^n  3"3i  n"n  n"B  n^'^pD  'it  ,V'ö  Vjb  D''r'3  r"ri  ibnb} 

:  '3  n2D  -|nn  '3  n:  "iny 
iiß  nx  Dimnp  ir'n  "a::  Tir.ynD  na  t  nwnn  nb;!'  ba  ■'"urn  s"i'  n'3  e^n  (n'"» 

:  7  n^rn 

II 


■ppt!^»  n^üt^h  r\)r\:n 

n-iJüK  "3  a'CTi'?  ns-iD  ,K"n  "rx  oirn  Jinjn  pjjon  xinty  jrttnntt  nöK  tki  ü^^'^: 

T'aTrT^  a"j7  3"3  n"-Q  ubu^  D-'Disns  isnu?  las)  '""annöi»  micpn  an3:ir  •'biKi  "\^'?i 
mmpüa  u?"«'  D''Driön  maipian  üw  -iu^bsi  .jrönnöi  mraa  p''wn  pTirüm  cjpT 
"-löKn  p3i?n  iprn  t)  pannö  :di-i3'?  tr''  c^hp:H  mnn  "^r  iranna  n'''''7Knü"'2£nK 
"Db'p:!^  Dibpjx«  b"?  01"?^^  u^^x  ö"i  br  naom  m^rnai  T'r  :"'  p]"i  n"D  "p":  ^jpT"?  nrn 

:  (i'?n'?i  92  "i:: 

"jb"?  j^nma  dk  T'ac^  'd  r'mn  n"iD  ti  n"a-i  'd  "sk'^ö  t  'n  u  nnrn  2  n^i  7  nnrn 

maö  np"?"  bi3"„  N"2i2nn  «"ant^  na  "^r  J"j?i:3  iT'sm  ntrpntt^  na  3"r  'j  f\i  v: 
iy  ''-im  "iB'Bj  N^inu'  -ir  psa  nu^ir  irxi  n*?!"?  ^''^pi  iias  (n''r''3D)  naoin  br  m-inö 
K"2Dnn  D:tr  -inn  nn  ,'\^z^  ab^  ""lai  lar  ab  mriy  K3'n  k^k  iiök  k"?  iu^sj  «itnir 
man'?  x"?!  "^ban  nnna  maa  j^jy  "rr  a"s  vb  »11  mainDa  b'in  -ia«a  T-ainb  xb«  xa  k"? 
mi-ia  msa  'k  n-ia  inr  ']'\'^:!n  1x2  pi  ntt?B3  x:tntr  nr  paa  fsa  dju^  nai"?!  pvb  pjr 

'♦mpba  "i^ra  tsirixp  na  «■•anu^  na  'n 
rnnrnm  17  n^  Din\n  p  tt?"n  '"sa  't  pn-'tDBac?  nna^  3"r  'n  pjn  cn 


"i^i'DiaDK  irD  ^i'Dinc  n:;i  2  myn  viii  nsi  4  myri  vii  ns  Din^n  p  b"'t  ''d^  '«1202  'y  ^ 
n«  niioS  nsixi  tj^ck  'osn  ^^^  px  o  »max  'Dix  ;627  nsi  498 1^  1912  psnaS  'trnnn  i*"on 
moipan  ;(nin  de'2  n'Kiip  D'p^is'xo  cnioa  o  'nj?Ti  »m^n  «^  omsDO)  ypvn  nca  un^oa 
r^maxB*  no  iino^  n  ona  px  DTiBi^im  Dn:3B'xn  nsDO  'udx  id  Totnc  n^Dyion 
ain  ^tp  i'?2v  niasS  ^xnß"  mxsn  nsD2  ixs'»  mana  nsoa^  mnjn^  'naipntp  na  'y  » 
nx  D'oann  ^jd^  nnS  Sai«  t"»vtr  'jsa  p"ia  nsoa^  ♦nin;in3  oysn  'mna  .(x"y"in)  >i^n  ^xir»  'i 

I 


•(*'2i:itJ'u  c",-i  18 

m:pc2n  -j-i-q  n-bbs  Turn*?  mr  ij'?  -ixtt':tr  k'?x  .t-i-nr/oa  -in"  pa  mscinn  "br^ 

tKb  'niai  na"?,-!  pcs  annaiö  >{":s:in'?  v^  "nö  -niEDinn  •'?r2  "^o 
ja  ntt'?n  »pcs  ö'pnpna  an  n:  's  bn  ."""trn  '^r  m:pasn  -|^na  la"?,-!  msainn 
ma'^nn  ^hh^  pa  ksij  K-ia^a  nn^na  u7"Da  cn  :i'?'?n  a^bban  "'sr  nwan 
ö"na  t"bpi  y'rs^  -"n  naiKi,,  „-nva  n"-i  ,s"r  'u  nac-  xa^nb  "r  .a.Tra  rnan"?  .-itrpi 
,a"j7n""  Bc  ;"'ia  x'nna  jrpaa  y'a  'san  ö"na  nabn  ps*  «an  'ia  a^an  "ajb  ib'ax  rnn7:a 
'piö  k"?  x"n-i  nx^j  "bi  'ia  n^mia  "xp  ir"i  xm  'ia  ""na  xnabm  n"n  laix,,  ,xnDm  rr'^ 
,n'nna  -xp  -iy-rn  ,a-n  "Tai^na  na'?m  nxnj",,  ,rnr'>r  a-,i  n"T  ,x"y  a"a  maia  ;"ia  n"? 
baa  ."'ia  xan  -ixc  n-a-xa  a-a  na^^n  '^xian  ann  '^'"p-i  yrxi  -ia  "rna  3"ia  xnabm 
:mnra  nrnan  •'^a  na^n  paa  '^r  iiay'?  x"xi  xnabnx  xnabna  mTra  ü"  i'?x 
n"n  ,x"j?  .T'?  a"a  brab  '-r  .nabnn  paaa  mrub  x'':iaa  mpa  D"c?a  ca 
;'"r  rbr  "rba  xb  |xa  nn  -n^ra  ^nana  aiaaiaa  na'^m  jxaa  n-ainb  px,  -xjir  "xai 
"la  n"mia  "^''a  -na  n^rma  xna'^m  3"-n  ""na  nabm  pipnb  c"i„  ,n:nD  ,T"i  ,x"r  n-a  a"a 

:"ia  ]'v^np•^  p"3  naxnm 
'•r  ;an'ra  r^anb  msainn  -[ma  a^jixjn  pa  na'^na  npi'^na  -»r^Da  cj 
5-1  naxpna  in"ai  "ibi  "^xia^n  maxa  paa  n'ni;  ,n"-i  paa  n'n  ,a"y  T'a  mana  bra"? 

r'imaa  nabn  pxi  rara  'ia  tx 
"V  .n;i?rxi  napt'na  nx-iD  irxir  ,^-in  "ma'?,-!  pvn  x"2:in':'  -^"ra  cn 
x"y  r'ta  a"a  ;"'ia  x'?x  s]n"  '?'?snn'?  j'xd  irainb  w'  jxaa,,  ,"a-i  n"T  ,x"r  '"  nac  xa;!-:"? 
naa  au?""'?  riaa*nn  •]ma  ja  .n:a  xi-vai  .'"ia  jxaa  -|"n::a  n"n  abira  'nn„  ,n;iaur  n  -i 
n"-i  a"r  T"a  na-i^  -y  .a";™aa  nabn"?  n"xn  x'anb  ix  xna^nb  a"nmea  a"x-i;ir  a'jnja 
;"pp"'?-tau?  ai"  baa  a-trrai  ia  p"'?nn'7  max  xn"  a"xT  r\"^b  nx-i3  pxi-  ,x:trn  ba 
,2"r  'a  3"a  ;"m-ipb  abirn  i:nj-i  na"m  ,m-irx  Bna;ipa  '"e«  ,tr"-n  n"-!  a"r  r'ap  bd 
;"-ia  aina"?  pjniD  vn  nb  B"X"nax,-t  -a-ai  'la  aina*?  nnr  j"jm5ü'  na  "sb  in"ai„  ,xa"x  n"i 
n"-ii  xDrT  x"?  xarai  'ia  ama"?  uhd  x:Txm  n"-i  ana„  ,j"'?a'?aax  n"n  x"y  t  p"a 

:"'ia  xnabm  xaran  u^isa 
"mabn  prn  :x  ir-iiaa  na"?.-!  paa  meaina  B"x::ia  i;xü  aipa  "^aa  nan  "^tt?  i'^'^a 
fD'wtn  ^:b  px  anaa  "^ax  .nbra*?  ",:at:'-ii:?  B"a-n,-i  amx  ac?  ti'pa'?  r"  na'rn'?  rai  ix 
|a  nna  a.T-iana  tt'pa"?  B'a"^!:  aha  ,ii  nDna  anb  an""?  ,B":nnxn  a"pBi2n  i:n3tr  laa 
IX  nü]]Dr\  IX  a"r'n"2  tjm  nbra"?  i::'at:"^  maainn  'bvnb  ür\b  nn"nu7  nnnxn  nnaan 

:  na'ru'n 
pn^  V's  nDr27:3  u  mic  vjii  li*  .ppn 


1 7  msDinn  >H'2  ^b»  nio^n  inS 

3"r  n")a  Du  ;"'i3  •'St:'»  «b  -kö«  •'"n'?  Kö^n  "^rix»  ,i,T"D'n  "i^ia  n"n  n"r  v"?  a"3  ;"'i2  ""istrb 
mcDiro  :z^-h  ""i::»  n  lim  ."-j-ie-ü'?  n^b  mn  rfD"»  Ksnrn  ''"-ib  xa^n,,  -KS^sn  'x  n"n 
n^xn  ..11  u^n^n  -inia  iK'-irisn  ü'yn  "pcs  nnim  D'Tnaj  n^buö  rs  "un  na'^nn  •^'^rni 
D-ttpia  D'örs'?  "5  -mabn  r"?];  mbn'?  "is  bnj  -nD"  it  pnpn  isix"?  d"*  dx  psps'?  t:'" 
NS'irn«  n^xü  iö31  in«  jaisa  jnnbi  mrpn'?  u^-tr  irn'u^a  «is  -inx  jsiKn  cm  D'':innw 
s'tt^ip  xi^"«  m^pn'?  b'i'D^  n^'^  nirpianü  ,sbij  mscin::  nnaiK  n''örs'?i  "'itt^ö  n'D"-», 
«bx  -"KT  n"-i  ,s"r  3"ö  n"3  xJsjnb  "'r  ,'Dtr!2  n-ra  n'snyn  ix  -irpia  Kp  -i'Si^  sbx  -ninx 
nmn  nr  -iöd  "^r  ix^^icm  Dnis'rn  la"?,"!  D^annKm  ni  prn  'oinn  D'p^^ii;:  mmpa  nna 

tnia'^m  D'pv-n  a-irnn  h\v  ms:i)2m  g''3''1 

K3'm  '13  xntai  xbpt'  -inin  xnris^'  D-i3b  dx  "3  ns'^n  piDB"?  "sbD  msDinn  ^m  p«tr„ 
msDinn  "pcs  -.nx  -iiüö  ."Cu^n  n^Jicb  pn-n  iDb  xr  pDS  imxD  "n"i  pDs„  cnnirty 
p-\^p^  brb  .msDinnt:?  '?p  pi^n  bas:  nabn  pcs  cpipi«:  Hitsnb  ix  r"xnnb  D-cnrün 
ba  "^i'x  nbnpnji:?  -msDin-^pOD  nü'c?  .xmix  23x  i-i!2x:u?  cn'-vr^iTaa  e^xi  "'^is'^s 
-pcs  ':;i2.'2  pipi':'  pxt:'  mscinn  -iJ2XD  did  n-'Dn'?  nrsx  •'XiT  x"n  -D'jnnxn  cpcian 
xiain"?  "r  .nTna"?,-!  nsna  Dn^"?  tt'"  mamn  •'Ditsdit  n-'njn  Dni^xiab  eixi  ,x"nD  nabn 
.inisxb  nüx  pn  -msDinn  D'Disia  -in^ixb  nax  pn  p»:^  \'n  ba  iisx^n  by  x"r  "  nn^ 
nntt>  ,n!2X!2n  tstrs  nx  d-id"?  xbx  jx^n  maoinn  njnr  pxr  ms  .nomia  pn  piax'? 
j-n,,  na'^'n  -an  j^'^is:  a"b  '"d  ök?  mscin  pDan  nbix  ,"m2'?n  x'?  x\"i  ^njn  n:  naxü 
-triisin  nfsx'iT  n,^  macm^  cnxsia  .rtt'^'pxs  n"n  x'r  ta"ü  dd  in  x::r3  ."pi"?  j'x  niana 
C1X2  mxxj  ipinn  ^b  nD  "22!^  riDnsnr  -cxia-in  •'32(2  jnn  ip'Tnn  x"?  ö"2i2  p'?'2n 
mjDx:  }''p':nD  pxü  .ns'r'n  ntia  n'pnpniü  T'n  '"d  qü  rTi2Din  •"pD2m  ♦j^'p^an  n':!:n 

:,-a-in  n'o  axv^:  -pb'-En  rr-rian  mxn 
m2Dinn  .nxbm  nt:n  jfa  o'Dnnxn  n'pDian  b^  iD'?n  m2Dinn  -pDa  bv  it  na''a72i 
D'^p^nm  nffi'J^'?  r\'2bnb  ibapriD  rriEcmn  ■'pC2i  nxnnn  miara  tnx  mc  ab^^x  crörö 
•^tr  Dip'y  "pau?  in'?  .-n-no  -'s  ,D'3pc2n  n2D  nxt^r^  is:d  mxnini  D''pC2  onnm  -[ina 

:id'73  na"?,-!  piD's  att»';'  xbx  ixa  ab  niaainn 
bv  anrn  nn"n  hd  ,xiS2:n  '?y  xsu  ni2Binn  'brn  n2p^n  ^in^  jnb  xiaj  ax 
xb  mnx  n;irn  ix  labs  ns'^n  pD2  njian  niaiJr  xniajn  ann"?  «?''  ax  iD"n  ,i:  nbxc^ 
is:-iab  "ra  xb„  ,ani2ix  inx  aipöa  ,jxa'7i  jxab  a':2  ni2Dina  ^'  "a  ,psa  "tq  x::: 
aipiaai  (xrobn  •'Xia'?  n"n  ,a"y  n"a  na?:')  "nxmn  tii::  diu?  p-rücxb  s^t'üi  'la  p'rctt'xb 
"xnabna  ab^  ib"'2x  pin'^i  niu'pn'?  xnöjn  -j-nu-,,  anaixi  itb  nasinia  r^mn  dti":»  -inx 

UTmia  n"n  ,x"r  y"'p  ö"a) 
nn"n  ab  ni2Dinnu?  naib  -ir2X  "x  ;ibbn  nii:::pn  j^a  nnxb  niöob  -ir2x  -x  n)2xa 
pn2  "^aa  m2Bin3  idu'SI  tiöxd  nia':'m  a'jn  'pas  nca  ''ni:'  .-ipT  "^a  nxnin  n-iD!a  an"? 
D'^'^rn':'  ,ni2ainn  niDb  -j-i-i  un-oty'  nnx  ,13"?  nu-ss  -x  isTibi  -a'U'n  ninaaaatr  pn2i 
mt2''u>a -ina  x^ii-u?  nia  -nobu'ni  nnipa  ,a'tt'i-i''s  ■.cn'TV  -ijd'?  vnu?  ri2''xu>n  in-ia  aj  pr 


:m'3ip3  nD'B»  CCD  T'»  '«D  nismn  '^^3  ,'2NSr2  t  ' 


IX 


fsn^Dn  Skiöut  rn'  x*?"!  '7""'i»  .'Sö  n"T  ,i"'  ö"3  ;"'13  nDp  3"n3i 

mön  ninnsniÄ  nrnnn  D"ü2tt^  nvaion  "ras  xbi  nvnn  nö3^  n'^ir  nnx  pjjD  px 

rrncn'?  ixn  niccinm  ,D''pi'?"m  D'pvn'?  Dp^  mn'rot?  ny  nrnDit'  jn  D'arsi  mpiüy  p 
X"i)3:n  ps  pttiy  -irvn  «•'^icn  eis  '?ty  nnn  -jin"?  n-tn'?i  p-icnn  nx  x'?)a'?  ,nns2n  nx 
D'pvnn  'D21X  "ris  nx  crnh  i'7;d  mscinn  •'brn  .xeij  xnojn  nD'i:'  -[-n  "^y  Sam  nai"y 
xbja"?!  -,Dnn  nx  n'bcn'?  ,nnn-i'7  .Tby  isd  xsi;  tit'  ''bsm  xnajn  nrnn  "^d  L^cöpm 
npnyn-  on  0"?:^^  crau?  mcn  n:in  «ctsmB'?  x"xi  nan  o''r-i  i"?"?."!  D'rsixn  .fpnn  nx 
xiaji  an^nx  mna  D'xmisxT  cxiri  -»-imia  mTno  '?i:';a'?  ,sni2:n  na'ü  -|-n  '?tt'  -ir::i 
nöxa  nt'pDa  o'^nvsih'i  pn*n  p"?  a^x'::>2äi  T'y  a'-i^a  niEcinm  mopribD  in':n  n'^^ys 
.^'''iiü  v"^'i  x'trp"!  sö'm,,  Dbiy'?  n"-i  "j  ms-a  xi2;nb  "y  .y'i'n  jmx  crrDia  pü'"? 
rm!2ipD  nainn  nn  x::t3t  "y '"n  X2''?x  -xdd  nm  '?"'i  'i2  nxjxp  japbi  'id  ncxp  xrm 
:-i:2x  n"n  ,n"y  '2  msiD  xiaji-ib  "'y  .xniajar  "-|'J2yt:'?i»  -[n-a  niscmn  n'rpa  p 
na32  i,T,"2„  ,'2n  'X  n"T  ,s"y  :"p  d"2  ii'J^yDbi  pixs  intD  -"n"u>£:'?  .t'?  xpn  xn"n„ 
n'szna  "]na  •'st  b"'\,  ,X3''xm  n"n  ,x"y  T'a  p'?in  ;  "-iS2X  x*?!  -pJsyu'ri  lü'f^b  'i'd  maipü 
Tina  nvjDan  \wh  pdjd  by  Tyn"?  msoinn  Tn  ciayB"?!  ;"-p)2yt2'?i  id'ö':'  ■'^in  mn 
rntt'pnb  y^^i;  x"?,,  ,"i:ü'2  .T't  ,x"y  n""?  msnr  süan"?  ,ro-in  mmpna  on^ya  x-iö:ntt' 
"[-i-iö  p  ."x:n  pac'x-i:  ,p  ^;n  xn:n  "^rn,,  ,n"n  rn  ;"nr3  ":np-i  'xp  x:",-i  xsn 
-xo  n"xi„  ,zn  n'T  ,3"d  s"a  "y  .x-ii2;n  n'üip  "imD  "xr;;!  \"bf2p  "xia,,  nvirpH"?  mecirrt 
ixd:  p  .nn  xi'im  "x:a'T  xnn  X3'3n  xm  n"x\.  ,xm  n"n  nons  t:'n  ;"x'n  xr,':nD  p'^ap 
irn  "y  ,xna;3  !"y  iryn  xbra  cp-ism  mrscan  -nToa  msDinn  rann  a'fii'f^b  i:n:i 
"•^TTj  '?'?3  ^nx  max'?»  m2X  nj  m;^''?  ^b  n':i  ri^'^  mx::in  -jm  x'^n  nt'pn,,  ,rau> 
my  'TT  /'^''nnnj:'  nssn  o'iayai  .tj'o  p-'^on  ■'x;a  c^ed  a^ays»  jp''"?-;»  nna  p-12  t^-im 

:  D"co  m!aipü  nannai  /'n^xn  ■'T"'x«  ö"3  u^n 
-|-ni  nv:iDn  ba?  nvDrjnn  nnan  bv  rii'^irbncnn  fsix  ,x-iDjn  '^t'  niaSi  n-n 
D""?-!;»  T'y  i;di  macinn  ^bv^  "db"?  ■i'?öüD  D't'i-ia  rn  mnys:rn  ■?!:'  xnurx'?ptt'n 
-2"y  Vü  mann  ""y  .c^-.abm  -ryn'^r'a  U'rJs;  xb  '?'?:n  p  x:itv  ixnu'ri  d'''?'?3"i  mnjn  in'^m 
j'xjn  nm  xa^'?x  'öpibi  xncn.t:  mon  naxpn  oipa  mrn  ni  pxn  xa-'n»  ,xa'?n  n"n 
xmnm  c"x-n)2X  n-n  nmoi:'  x-i?:::!  -pii  ni  px  nriD  ,x-i"n3  x"?!,,  .rr'?!  n"n  ,x"y  n",»2  ntt» 
pxü  v)nb  {"x  "riax,,  -n-yntt?  n"-i  ,x"y  yy  p"2  ;"öyt:  diu?  'bn  •'"-1  nai'?  n^xn  xnnu? 
ü'mpn  nmx  x'^x  pnm  cu'in  j'xc  xna:n  -[-m  'id  "sx  nm  att'""?  nny  cnn  x-i;2:n 
;"nanD  ibxa  nmx  ynan  'la  'ü;  naxp  x"?  'X)2X  n"xi«  ■ri'i^n  n'n  -va  nac  r'i"?  nu'pnc 
maipa  nnaaT  p"";  n-.mpa  naaai  'ia  nn  "x  ^na  x'^n  xü'n,,  .'cna  n"n  ,a"y  n"::  p"3  "v^ 
macinn  ^"rya  n'iayniy  x-.?a;n  bv  maSn  nma  mnai  cb'ra  nann  ma  xi:vai  ."p^n  x*? 

txnajn  nx  T"'y  n-ym  •a"''7C'm 
-mabn  pvn  p-'n'?  xim  mecma  an"?  'ixö  xnajn  "^laba  im  "ny  pvn  jaix  my 
xüa-n*?  "y  .x';:Da  B*::-inn-i  a-t'paur  nao  -inx  jaixa  pnnai  'jypa  xbna  'nnaa  ix 
'in  a"XT  ,D-!n  xm  myon  x"an  anb  a"?rm  'ia  mcx'?  imr  ü-t,  -bax  n"n  ,a"y  t'd  pbin 
n*>  mn  ia  ^na  n  3"x-t  'ia  'ia  pnpna  )Xaö„  rfbiip  xn  n"n  .a  y  ''  nac?  :"ia  "iJtt?"?  m"? 

viii 


1.6  hiDDinn  »^ya  hv  nio^n  ^i^^ 

]whn,  -"Köa  nn  ,k'T  3"p  dk»  ;  "«'iiajau  pn"?«»:!  n"!  bsö  in"?  irsiPöt  «an  mv  ••köi 
'13  K3B'K  T-in  n\^i  '13  xDnjn  np-'r  k\-i  13»  -nnbii  m  ,3"r  T'D'nntr  mr  '^yi  "ikö  pim 
:  "nhtir\  taursn  nutt^"?  crn  -j-n  Kin  p  nnü  'i3  inss  -kök  3"ki  su^tö  u'ki 
B]ij  mrötrö  ima  x:frn  jrjnm  ninon  jü  msoiro  ö''irpatt>  ,|vjnn  niips  ly^i 
•j'riö  na»  ija;'«'?  m  yv  n"a  niri3tt>  btrab  '"r  .snajn  ■?«>  n-oDm  irjnn  -ijj  «■'jiDn 
n'"?  i:''3ia\nö  -i-'Stt?  K3n  "tsk  n"'Tü3  ipiröü  ititipi'?  k"?«»  k"?«  ir»  -i-"?»  xbi  ,ira  ik3 
n?3  K::r3i  ,-ikö  nji33  n'jvjn  m3D  «im  /'n3tt^ir  p'?in  i:ku^  k^k  rna»  nsc  xin  'xin 
nx  mnc"?  ns  „iöit  xiöjn  jö  -inr  jrjnn  n-oc  'iin'?  m-i'?  ö''p''öyütt>  -msDina  nnnn 
'13  D-ij3:ip3  '^a»  ,«•?  ■'K n"-i  ,3"r  x"d  i'trnp  nir  "n  s.Tbr  mtypn"?!  snrott'"!  K':nD  nnao 
.kb'd"?  xirna  -K-jiDH  "^tt?  nsi  n^a  m'nD  d"«2:iö  D-'ürsbi  ."S'n  nnsD  irx  "31  nc^pi 
x^uir"?  X3'''?  «nu^m  '13  '?''r'?  y^ai  «n  «nirn  "rp^n»  ri^ntarx  m  ,N"r  'j  p"3  btra"? 
n'möc'3  -s'jiDac'  n3n«  nntoi  xbpu^  '^mbv!  -msDinn  r\T^^p  n^-^rt  tr""  nt  prai  -"'?T'?"t3 
nms  nnrpn'?i  ■ninb  üipö  n«?y:  n-irnn  xnapixs  n"?  jrapitti  njiK^Knn  sniapisn  n« 
'n3K  n"Ki»  -"p-ii  m  ,'n  n::):!  nir  Ka:nb  "y  -nn  ip"-t  ab  n-iöj3i  kbu  nönipn  n'wip 
wprt^  ^^v:!)pr\b  my  Dipa  px  sDpDün  's"?  ,']S'n'?  .D'ürsbi  -nis  Kir3  nsnm  "i"?  ••tt^pn 
:'B]ov  31  ins  ''Kia  '13  p'can  'kö"?  n"xi"  -t^a^bi  m  ,x"r  n"--  n3tr  '?c?ö'?  ,«-1033  nbnnö 
-sntarx'rptrn  "•'rij'^n  ipnpm  nn'?nn3  K'jion  pjid  i::r3  p'^rn  annips  n33  mcDinn 
D"'n3s  nn3i<  nip-is  „Tnn:'?  H'^ion  nx  innj  ,na::r  N-iajn  ja  nnr  DpiT'am  nrtyipn 

:n3tt^  m::"iBn  "js  nx  lanc^i  D-in  pjn  nmx  1331  nTm 
nB3''K  üb  ,n''2a  xdö  diu^  •'bs  n'^en  K'n  Kiaan  "jy  niBoinn  '''?r3  "rtr  mip3n 
DÖ1B3  x'7;-ii2i  p^BDö  pii^n  ^bsi  ,1^0713  m«tt>3  Kiöan  n^'^tt^  üx  msDinn  '''?r3'?  an*? 
^'?y3'?  "^nj  dipia  m'^jn  t-''^  -ip-'r  ^3  pn''n  '''?3  irfsn  iB^pnu?  nvu^ip  n3-n  ,"'?'"'  Kött>i» 
DM"''?»  lyjJSD  xb  Kiaan  •'brs'?  lon^nnD  -ii33n  '?33  .13  -ninn"?  ürrnn«  niarc  d"''?ib'?b 
.13103  D"nw  K*?«,,  ,pnv  'sm  n"n  ,3"r  i"r  p3n"'y  "'y  „im"'  jinon  ix  nirta  D'^örs'?  ür\b 
;"-i"Di  nnto  .Tn  x3-n  """-iixi»  ,3n'''?  n"n  ,3"y  ü""?  3''3  M"DrT'-i3n3  irtD  K3rn  pnr  "11 
-ip'^yK  ^'-n  DIU?»  -[nn  Kp'?D  -r-Bir  p|Dr  3-1  nb  "Jtri  :"yKi«  Kn3'?m  n"-t  ,3"r  Y'p  od 
D"tt?n  ''ö3n  p3  cp-iB"?  u''n3n  niBoinn  "brs  ."i"'?op  -o^r  nnn  "iD^ir  in  xbi  ■Tmia'rn 
,n5n:  n"n  ,3"r  n"a  ia"3  '"r  .n3'?nn  nn  3"'r  rn3n'?  n3  "öö  "^nj  '0  nnib-ui  |n3tt>  p3io  vm 
Kin  n"T  ,3"r  n"ö  ptpnp  -iir  '"n  "-i3d  x-ins  xini  pjüsi  nD3n3  bin:  Kim  ""tt»«  3"n» 
."nni3  bv  n^bnn  Tarn"?  inv  ipnpnty  'Sib  •'Nnn33  jrpoB  i'?''K1  jx3ia  bs«»  ,Kn3iy 
'"r  ^n1nn31  rirDt^ö  "^ü  ampa  irx  la'^'rD  x-iajn  ''ö3naD  niBDin3  d^tpö  d''oi?b'? 
yn''  in  «"^i  rB3  n-iuur  Nrr'jnö  nn\n  s"?  x-cip  "jn  nirpan  'xn  :"k„  -"idk"?  n"n  /n  p"iü 

:  pnv  '1  '"121. 2V>h  pmji  "lytsB'  aiStri  om,,  2":  d"»».-!  'Ji'tf  K"iJn  mnjna  * 
.lyT  N*?  mriDDinnt?  ahn  on^oi  nnutr  vn  ni»:c'onB'  mooinn  nyT  d:on  in«  mpoa  2 
i'n  nnnai  □'yit  Sc  s\n  nviwü-i  -tv;\  mpo  die'2  mvn  nvin,,  /N>:m  j"n  n"i  ,a"i?  T'p  a"a  '»y 
,3"y  »"p  pSin  nij?  ''5?i  ;  "Knaoina  i:"n  nj'vo  Nn^tJ-a  K:'iD  nh  '12  laNpi  «m  'la  on'oa  nnuB» 
,y"3T  n"T  ,«"v  T'a  naß»  iiy  '»vi  ;"an'sa  nrnj»  vn  nnnt:i  G»ynn  iS'b«  m'jtPDa,,  ,pm  n°T 
mpo  Sy  nn«  Dipr^rB-  msDina  niB'pnS  j'x  hh22  o  ,nisDinn  'Sya  pa  nta  b"  nipi'yn  niyn  nB'cxi 
'axSD  T  ''y  .D'SSan  'f»ya  T"y  iTyntr  loa  ,11  njB*  nh  it  njtt'tf  'ai  vn  niDoin  'H*2  'lain  »a  -in« 
DipoS  DiprDO  nt  n«  nt  nnniD  'oinn  nantr  mmpo  naaa  li'sots'  na  V'n  ;a  ''D  niooinn  'SSa 
:'ia  K"3ni  '"t  naT  an  >:B'n  oipaai  n"T  nan  cn  in«  DipcaB'  mm  na'on 

VII 


;T"\3n  D-iBöi  nöxr  n-^ip  nm«  i"?  ruppiai  -irm  jtt'pön  •'-im  psn  xb  j^inam 

:  "-jnsi  layi:  ns'  j'nn  k"?  nu^p^m«  ,«•?  m  .yv  yv  a"3 
pva::  ,pi:jD3  ]S'\nJ2n  rr'na  ixr  nnmn  mn  ,psipQh  cpa  r^  it  na'ü  -ipTn 
"l-nn  "inra  ■•eiKi  nnra  pjjo  i"?  n'n  nn«  "73  ,rnnm  ir-na  n'2i  ü-na  rra  .in-n:£'i 
nr;cnn  pnir  nn'ncn  aiu^'s  ipcrtr  u;^  ,nv:tt'an  12U?bi  ircra  ^pcv\a  tr^  mabn 
piE'D  .Tn  "'bü'^Ki  .D'rnn  pcsai  mDbnn  "öru^  -  u^v  nv:irnn  nvju^öm  m'?3ipj2n 
jnmi:  'a  br  jna  pTsa  iD"n  D'mD\-i  i-T-aK"?!  jn-nv'^in'?  nvnnn  na  p-ia"?  i3T2 

-»-m  Dnm  nsinn  jsik  sin  D'::n''nm  nrnpn  .p  nn«  ttn;a  nr;xntt?  nt:i;  nynn 
^jjTKn  nx  nac"?  ns  «"^k  is3  nb  i::^nm  jc^pam  ,D-nan  rrr  h^  msin 

♦mipn 

"td  mipn  |na  ü''  ,n;c'an  "rr  siajn  bv?  ns  s'n  mscirn  -'^ra  biv  n-iip^n 
.niK-.pan  :nrjicn  p:^'?  mc  c-^araa?  m:'?nn  ■'-.ipa  "inK  ipzb  nrr'^rntt'  -niTpan 

:  D-iaK  "ai  an  c'naK  ds*  c-nr"?!  niKia^am  nirr-om  nrjti'an 
;  "K-ipan  "rrn  pics  n;  pxn  n;  s'.n  irnur,,  .nnra  Kbx  n"-i  ,K"r  sx  main  Kajnb  "r 
riT  px»  ,i:''7vc'a  n"n  ,3"y  y^  p"n  ;"üipa  nvira  irs  p)czn  ni«  -rnrn  m  ,K"y  'spsn'r 
n:K^a  nrKur  n"-i  laisi  pm  "dij-i  d'ied  ti-v.  ,N":m3  rrn  ,a'y  'n  3"n  ;  "minn  brn  snpa 
Kam  nK-13  2T  '13  nxaita  pjyb  «am  yaira»  .nas  s3-i  m  -K"y  t2"3  n3D  ."Dipa  d:u^3 
;  "K3m  -CS  3-1  i:"n  is"?  '?^j?'7-i  tk  n-n  nsn;!«  -ixb  m  ,3"y  n-a  du^  ;  "K3n  japbi  nsn  onj 
.K"i  n"-i  ,x"r  V'jp  Dir  ;"'i3  japb  •'-.aK  srni  "3sn  fron:  nz~\\.  -nan  na«  nn  -k't  a"b  3"3 
; "  '13  n^p  n\n  nir'?«  'n  on;  'ki  ,ria"i'  i3  n"-i  sim  my'?«  '3"i  «bi  -iir'?K  '"i  n"-i  on:  'sn» 
p  D'^nna  vn  n3''tt>''n  "':3  n"?«  n'?u'a  nr  "3N  -.as  i*"?!«  ,''3K  ^b  nax  m  ,3T  yy  p"3 
3itt^  yara»  ,k;k  m  ,'3  p^.n  ;"Ktt-"',a  K3-n  Kprn-i  anaiD  vnjy  na  'b"?  ^"3sn  ayba 
:  "xna:n  itd  '»k  3-ir  n's-i  jKsai  snajn  n'jic  K'nu?  ""srsi  s'U'ip  nms  nrpn  'ck 
"prn  3-1  p'^n  ns'pai  b^n:  oipa  maciiis  ncain  niK-ia'an  'br3  bv;  it  n-np3 
n3'?n3  Dn*m::'tt?i  on'nnn  -no  nn"n  ,D;aT  .D'^masm  n"N:nn  mau?  bu^  nrpns  "mci 
nmca  vn  an'r'tt'  -mcDinn  •':5y3  ■"ra'^K  .'r'snc''  nasn'?  nna  i;:a)3  niratt'K?  s'n  s'm 
K*?  Dm«'p3i  ernenn  "t  nsn  nasnn  nb'H^  nrs  i;"?  D'nme  rnc  -cu'n  n'nnsa  '?3 
tD'  "':a  n3n-in  it  nrjiar  nnpns  an'bm  on'T  a'sriia  c':nnKn  o'asnn  vn 
ii::cn  -jac  br  nvjion  ni-i3C  nn  npsb  nn'''?3ntt'  -pj^cni  ptt''?n  mips  niDcins  u^"! 
"^tva"?  "r  .]^vbr^  ns  n'in*?!  m:^'?  i«  mu^nn  m-i3D  nia  N'm'?  ,Nnajn  b'c  ]''Z'bn  n-i"jK,'i 
,-i3tt>-  -"'ü-n  '13  nn3nca  X3S-K  -ns-ns  .nma:  ]ic'?n  -"n  nais«  ,'Kasi  n-n  ,3"y  '1  nsc? 
'13  -ipT  irK  iitt''?n  r\w  's"?  nn3c  naxp  "sp  p]iD3n  j'tS"  -nn3D  nn  ,t<"y  'n  3"3  ;  "pmn3 
'13  j'n'^tt^n  rv's  •'in  snaj  n'?i33n  n"Ki.  ,n-i3D  "a  nn  ,n"c  üc-  ;  ""Duran  Kin  xaSrs  'inm 


kSk  iTtrip  nm«  D'trpo  vn  «Si  D'jtr  m-\n  nn«  n'cipa  nyiT  na'ca  noy  o'ayDi'  ' 
Ntyna  '"t  rnn  ny  npioK  kSi  fjtr  2"3  rjcv  n^  nzi  n»;  'trp'«  j<>tnp  '«n,,  :  irsotr  i03  it  n2»r'2 

M'y  p"2i  MpiDI 

Hooc  moVnn  ki20^  Niojn  'SS^  iivp  '»y  ,n  ninnK  n;nS  c'm:c  2':)  c':itrNnn  ;o  p'  J 

:B»"iy  "nni*  ntrpo  mn  (nnn)  nn«  j<uid3  d^iv^  Nia;n  na'»,,  V'n  y'n  otra 

VI 


,D^Änp  nnnö  b'TS  ibapnDtt'  ^ds  -J313Jdi  piirbs  ctra  i-noai  lyapj  s'-nni  ibtrö  nrnn 
müD  bD  -iitt>''p  'S  br  Q'assib  lu^i'^p  fvrn  -nc^'p  "s  h:j  |r:rD  s"?::'  i-i-idd  d'^e'^i 
r\^:rin  ms"'«?  ps  D''D'3i?n  ascr'^u?  "'"sy«  ♦'"'^'re  'i  i'axi"  nnnn  o-'u^n  ^^d  •'bd  ^anfais'n 

ü'irtt'm  mi'riDn  hv  irrju^n  sbi  ,-inx  noiD  nnx  mpam  ni  hdid  nnx  mpöD  in'^om  ,n7  hv 

nmia  p^inji  ism  .Q^i'^^m  nnaon  n^  Sy  niKbönb  man::  nü^jsn  "^ai  ,H'mb  x^jidö 
tnopinai  nD'?ty  nnx  nran  D"Dn  nx  upm  jpiniai  ns3  pD3  n'^rnu?  -nn'? 

tjniy  n-'SDr  ntt'btrb  pbnn»  nabc^nn  -y\i  msoinn  ■''?r3  btr  ■'U'^birn  ']'\~\n 

t  D-'x-ibö  cji  riTpn  ('3  -m^DH  es 

ncn  miaipö  nnina  .nuiu^n  rrta^u^m  npibnnn  "7^  nnncn  d'^jb  pJsir  TJ^"?  rrmn  n^n 
,n6  n?  p3  nai  ,inta^-^b  nnx  "73  i'^m  niü  m^a  -n^pibniam  mnJibBn*?  nra  Kiajn 
B^'?c7n'7  ,-njnn'?  pnr  oipa  d-n'oöi  ni:pt23  pn  mnji'^sn  -örta  xniaas  nn-aa  D-öi^ebi 
ixba  ib'^n  n^ayan  nnom  „16  m  pn  nn  nncn  -invm  pair  invn  ü^bnann  ns  n-Q"?! 
•"in  "DD  •'^3X1"  „TD'n-x  m  ,3"r  r'sp  nsü  xa:nb  '"y  .n-i  pvnn  niBOinn  'bv^  iJa^btrni 
'W  k"?  snm  nns  pTn  nax^  ^"^ix  az-^b  ^ib  xbx  ,b^rb  ^=n  nnn  n^'?  ^dk^ö  xm  rT 
TDon'?  X-1121-1  ^"^yn  *im  riTD  ."  'is  n'''?  yau^ün  mcia  d"id  rr''?  "Dtr^an  raii  'c  "litt?"? 
dTuin'?  n3  .".Tb  x-T'SD  "xö  Bm«  "ib  nax  psm»  jDiu^bn  x"?:-!?:!  n^xDnn  mnji'^fl 
i3n:ttr  m  n-'  '?n  .D\^-naxn  mn:i'?B  n'son'^  n3  x-i!3;n  nia^tyn  la"?."!  msoinn  nnTna-tt' 
^bys  p3tr  piBH  nx  in-'nnn  x-iisjn  nv:iD3tt^  |::innm  jt'pDn  mts'D'?  ün-'naö  Dv-arta 
.-ibsr  nia  '"'i'?  xö'n»  .jxa  n"-i  ,x"r  'n  rour  xDjnb  '"i?  .npi'^nön  nx  ip^iaym  mn:!"?!::! 
;"ntt^ptoi  YD  \si2  xö'n«  -xbx  m  er  n"3  3"3  ;'i3  'Tt  dtt  iirpan  "^ly  iw":  "^r 
.""imo  Yn  nrpjam.  nmo  m  ,x"r  x"3  p"n  ;".Tni?nx  p'oa  xbncpö-i»  -xbc^nn  ,ii"'üv 
n2:ni:r  x'^x  j::nnn  mao  y^  prp^snu?  .niBoira  ctsd»  a^^srBbi  ,mDipö  nmra  x::v3i 

b"'x.  ,s3'xm  nn  ,x"y  T'd  p'?in  ;"nnx  jBisn  pi:nb  u?^  nx  yTb  n:iint'  xbx  'i3  ''r.z'b 

^:"'i3  "p-13  D")ai  '13  ^1133'?  p-DJ2i3  ]t'pün  vnrv} 
,"j::-inm"  "jtt'pan»  ix  -n^^rnTim  msT-an  -nmon  bw  nrnnn  ^ano  msDinn  nD^üb 
f  n-m  x^tyip  -[-in  -nniH  '::)::n  dx  -[-ns  nvnnn  nx  iö:iy3  yxity  inx  nsnoa  ixr  x"? 
n!2X3C'  ,''3i'7vn  J31X3  nrorjn.i  nn-my-i  nx2:-in  3^3"?  misixn  ^33  n'3i?:npn  i:n:i:?  Dir3 
nt  ü"n3'nnJ3ty  -inv  ix  3";:^  jX3  d^  i'?X3  D^n3-i  nx:::nm  m3i:'nan  ''bD'3  jbix  xbx  id'X 
,u>aa  "{ji-im»  "|i:'pD»  niBDinn  nyn"?  xbx  -n"'?  p-isöi  nu-pa  xbi:  xinc?  "'S  by  s^x  n?  ny 
inyn  nx  u^-x  iD'3n  x"?  n-'^yB'^i  fina  'wn^  nwpü  n^n  inx  -nni"  D'eyBbi  rn  n^jc»  "3 
"?"::"  ,'?'?3ö  n"-i  .n""  3"3  xa;n'7  "ly  .n-n3nDU'  ny  .yjid3  nvu^ip  n3in  ix::''  nr  nytaiai 
•"'-11X1»  ,n!2Xi  n"n  ,x"y  t'd  p"3  ;"n'r'nn3  nu^pnc^  mix  id'x  ntpan  nn  m  üitb"? 


D"«i  nr:Nn  ynv  r\->n  icpnnK'  lO'oS  n3'^„  is^n^  mro  c  msDin:  nqi.i  Dipa  iniNi  ^ 

:  nn  nisDinn  ci  nm^  m^'B*  it:*D«i  "nvj  inc  'in  nS 


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»....  .j^^..».  ..  _....  .^.j,  j._j^  .j,^...  p.i^  ....  t,s£-ig  rrrrrr  nrpr  *-^.  *?>  er  |*rpo 

.'.-rr-  abr  t.'k  p-rcbr  rc---!  n=i2  "r:  f,-cr  r-^r-cb  Km  Kn*-i2:  prK";  Krc.  rrrK 

*r  Kir-r  -t'?  m*rc  «h  '.k  rrb  yar  k"?  xn— :  "K-risi  rrn  po-ip  r""^  ""in  -K"ü*p  "köi 

.'— rr  'Tr  rr.r  -^.rib  -rrn  ]b  Kö**p-!  Kns  "irpKb  Kr''?.  .-.i2*k  pn  n"-  ,2"r  vp  r"=T2 
Wi^«»«»««  «^  ^«L»«*^^  *^*«  •■••»«■»••»•  v>*^  ^Ä»*fc»^  »■«•»«■  Lkm»  ■w^»»«  iw«■•^  ^^««^  ^T**  •T  ^^^^1 

=':  r:s=*n-^ -;••:  i-K'  z'airr  TC-pa  n'.-tr  -pr  *??  c,T'-z-;a  r-rp.-'?  ^t  k"?-.  .-nn 
bT  -^'rrb  'bKZ  xr*r  r-a-par  cr:"z  xbs  .CK^-CKn  "rr  i:ra  .^z'rb  n'vpnb  -lei"? 
"2  Kl"*:  .crr-;'r  r'r  '.""nn  p*'?-nn  br*  -— rr:  'bbr.  c-icsan  nx  rrnr  ,n'rn  n-;cD 
■r'rr  r^^r-pa: — zz-z  •'S'hz  -K-anKsrca  ü-k-'sk  b:;  cars  """  mec^nr  cTpa 
Kar.ca  p  '.ar*  rac— sa*  r'rz'pa  r-ic  ktc  k'^k  .K-rr  -a-K  arr  n-aK:  Kbr  r^K 

ri*£CTr-  -K-a;-  Karr  k—  rr*  k— : '-  irr.  jKr  -.aKar'rrr  .'p  kute  "r  pp*?"  ~~P"' 
PK  -jrm  '7::r-  -j:rr  -rrar-  -  =-  -aib^  i<rzbn^  nn  ,kt  t:"a  er  nir  .rra  r-rpa 
Karr*?  r:  cparr  x-a;-  Karr  i-r*?  r.'.£C*.rr  er--  ]hz  .'a"rr  K:pra- 'er  irK n:  .jkt 
-npi.  -jKar  ,-'-  .r'r  ':  r*.r-.r  Tir  "n  ."ti's  "•■^  nm  rr,  -jac  "^r:  "pk  a-parr  K-.an 
r-ars'^i  .n*,a-pa  nr-rr  ".r  Kirr":  'Kna;-;  Kanr  -asp  nrr-  p'sr:  "z  rara  xrr-  nrp 
r'^r'pan  r-acra  k-k  K-r.-s  K-r:a  -:-k  •'?Kr  r;a"par  KT'prr  az':  r'Er-rr  a— ra 

.  'K-pa  sr^a  p'sa  rr*  rbz-  sa  Kr**?-  a-ra  a-i  rara  x-rrcan  K-r:K  K"^a: 
K-  anp',t>  "jK-n  n-rn  i-in  •■n-an  -'n-a  r"r— r  n"K'»  riK'ia  i'tk  nn  -k""  K'r  a'r  "n 
KVT  "sb  n:aö  prpa  n"!2c:nm  K-i'aKi  K-.a-ö  '.tt  /b'rc^'  nb  rr.r.  per  japr«  ]:— aK 
"arr^  rab  "-'?  rrpv  a*arr"  m  -kt  'b  p  -  -nr  "n  .K-an  xarrr  r'ra'pa  rzbr, 
.— rrrr  a";T  *??  -•>-'?  r:£C'r,n  -j-.-ia  p  .nr-n  rra  Kirr*  .'"rKr  i'"'r"p  Kn . . .  -rr 
'rra'?  "»y  .p*:nm  rraen  *£  ^r  "i*?*?-  a'Trr  rx  rr"'?',  n':*r  rrnreaa  n*'?:£r  "r-r 
jn*:raK  rr:a.-r  "ra-r  "r  jn'rr.a  -irr  x-  -xax  n'Ki.  .Kr-i-nna  n'-i  .dt  r"*p  a'r 
r-par*  pr-i  .tt'k  K--a;n  np-'-ia  cra  ^hk  r-parr  na  nTn""?  n-£C"nr;  -;— a  p  .'cnn 
'r:*:rr'  "r  rb'vn  'Er  -rr:  p—;  k"?-!  Kar-  n-bin:  .-"n  n"B  r.".r rr  .'?ra'?  .k*?  -pk 

:  TD-n  D'-a'paa  nia  Kr*r"  'r  Kap 
pt  -yiT  "ja  "-PK  — r  r'rnb  n*.-!  K'?r  'k  czrb  vn  crr  c^icar  rr:;  bk 
j-x  — ra-r  -s-  r— rr  •£-'?Ta  ".bbn  arrrn  rr'rr'?  -r£K  — n  .*.'?Ka  r\"r:pb  c'.po 
rrK  rrrar  z'r.  ■£  t>r  r.-rcn  'z  .-i'p'?  'ic  B*paa:  -j'-x-'?  -nK  c.paa  rx-  .n'n  -ihk  aK 

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T  1*?  i"^r:£  .nzb*?  "rz-raw-r  ib'b  c— .rya?  "22  ncn  -c':2  "ncnr  ,1'  -".nKbr  ib  irr 
-nap"  laibnr  •-:  .d'tsu  rcrai  re-j  nb;a  .crr  n':a'  -."2-:  c-Ea  "rn  -j=  .d-it'.hi 
cn-r:  cbys  la-bn  er  rz  t  er"?',-;  cn  ,ni£c*.ru-;  'bri  :  xra  .s'rzn  pin  br  "lar^ra 
nx  ^b  p'?;a2'  -ir  i*bp^'k:b  -.rr-.Eai  \"C'pb  -nna  imK  pr-biai  nv:iDn  pa*r  l^ne  ^ar 
c"  nBpnm  m'?b:nnn  nrnsa  .n'rarr  via*?  -,i-i3  bzn  x^ar  .tjic:ü  m":iaüan  "js 

D'xra  i:k  i"S2  ,7"r  cinm  n'xcn;  ••rc'?  ■^,::n'^  -riTs  ,n"-iE?  '"crK  n^KC-.:"?  r;':s 
mrarar  n;r:n  -pnai  nnzcn  ^ina  ixn  cvrrn  2:1  .mxpci:  'r/v  rein  mecne 
nx-:  -r*?  'i:  pr"?,-;  ni'p  xa*ni.  "rn  cni  "rn  m  -st  v'  m=-Q  "r  sar-ib  ,nr:icn 
'13  nvp  mri  '13  ttp:ia  xir;  .n-^b  rwp'i.  rn  n-i  .3-r  3'a  ]'T^np  ;  "d-isd.-i  nD-i":3 
rvx-  "flc  '?r  xc-.;.-  c';ra  carc"?!  ."rm  n'-i  c-j  pi  x3d*x  ein  r\"b  nx-:  pb 
p'£3  x'-nz  i:r,  xm  "3  r'-.'  irc-;  x"?!.  rn  m  .xt  y^  nrc  brab  ;n'nrs  nvrra 
n"ir3  n:ra  nrxr  -j:.-.-:  jrc-;  xbi  p-c-'.:  x*:nT.  npi'rn  n'-i  er  n-:  xar  rnimn-i 
'^rab  "r  .D'p'i-ia  -um*  o'-^nx  cnec  '"sr  xcn:n  D'3*c*a  m£c:nnu  c  "iin  /Dpa 
•nxi»  ]X3  m  ,3"r  x"r  niair,3  ;  "xbx  iran:  n"i£cn  bem  -tin»  xbx  m  ,3°r  '3  xav 
xna'an  bvz  "131  ""'Er  xcn;n  ci'ara  c-arebi  ."13  n'-.Ecn  ^33  px-n  xn  teü 
br  r,"-i'?  r\zp:  r:r\  rr-;  ,x'r  -"■'  ni3'r3  xa;",-!*?  "T  .n-Tix  nnna  r\T:^p  n*,T  xbr  n3 
■ei"?-  x-:n3  -ax  j'cnr  rnrr  piES".  'i3  ^■"h  n^b  n'x  3'xt  'i3  'c-^;i  c— .Ecn  nc*i: 
'?b33  .n'xrci:  ■"*.:»  nenn  cnb  d""  iBixn  mai  ."la  c-i:"!  r:a'?x  n"".  pma  pb  "\d  xr 
yzD  3n  "Er  cnb  er*  c":rai  ö"pniaur3i  ,c-iec3w'  r:,xc-:n  cpb  niBcina  ''7r3  cui: 
la  -ina  irx  vcrb  xbx  '."X  .1:3  nröv  x-'.ei  xbprn-  c'7ie'?£  '?3"i  .c-.nx  c— .£C3  n;*? 

tpr:.-!*?  jna  '.rx*;  c'pb  .z'-tcz'c  n"xc-;n 

ir'ttÄnr  mpab  cipaar  Dm::m  mTncn  eic'^i  nmpan  nxirn  •?©  i;  n3x':'a 
.mip3n  pair  .bzvn  pn33  .nn'ne  nnvm  niE"  inrna  nnx  x\i  n'Ecinn  "''7r3  ns 
cir3  ab)  i;n'r.EC3  x"?  ,-;a:n  1:  n3x'?a  jeix"?  i'xi  ,-ix'bEan  r*x'p33".  \r-j-\n  ■iiT'n 
irx  '73'  D^Tabn  c^r-c  j'3  cc.-!  rs  p'?n  n"ir.  --:xn  xr-  n-nax  ex  -,x  ;X'nr  niiEC 
nnx  "53  .-'n  neca  :rx  en'abnn  er  ein  na'rrei  .ve  "^r  n-n:c^  nnx  n3ca  :b  nrrn 
.cn"?©  n",x"p3n  bm;  br  cainrnb  :"33  v  (niEcn  nix  -cra  -rno  "hv  neeaa  nrpa 
p'rin  ni-rnei  bzvn  niEnn  e:  nar  pxce  meb  n'X"p3n  '3  .na-r^r  niE-.n  e:  ne  c"*» 
*■!•  br  '33->rn  nin:  nra  mic^3-»r  ,c*-ii;:m  nirncn  nxv^'-  bv  nmpe  T'?in'?  nn33  px 
niEC-nn  •'?r3  bv  nH"cr\n  im  .e-^ane  e'x-.r>r  ix  e'ann  c"':rn  bv  n-nEnni  n33inn 
-irra.  xm  -inx  -lain  e-un  bzv  .in'rnü  .ii-iaxc?  it  nn:n  ^ina  nxrr  nTp3n  x'n 
cp-iEai  DTpa  -|3  cxai  .nr'T  ji-.cn"?  ix  nabrnb  e-ce  cipa  px  ene'rS  .""itt?ipai 
nnx  nenaa  ben  ibx3  -xnrarb  xna^aa*  xna-ab  x'rca  ,s-ian  sanc  bs  xnan  xanea 
x^.3c  px  "snia»  r|X  ,a"':v>rxnn  b'j  e"':innxn  ja  nv^pnba  ir:a:  abv  xbx  mr  xbi  -x::' 
r"ar  üb  xna'a..  lE'nb  nax  xe*:  xnajei  .]':''>nnn  -nen  nrnb  n^n  '?i3''  panpn->r  -naib 
max  xn'"i3  bs  ?]x  xbx  mr  xbi  -  e-rüxnnb  rJi:3  D':innxn  bs  ^ix  nax  nn  -  •n'b 


an  ■'"rn  or  onbc^  inai  »wen  "i-i-i  s;«*!  ,■"'©-!  'v'r:si  rx  ipsb  xb«  "K2  ab  c-p's 

.h  Dmo  D'örEbi  /"ci  p.'scrur  "firo  "irx  [cks  nn  'e  "^p  ,rv:xn  '^rE  nx  c-i^ro 
orKip  ."'"»"1  ■?»  ibxo  c':r,**pa  n'Ecnn  "ejite  .vnnrc  nx  c"~n:tt"  cp'arac  x*?« 
.'Dp'Ti  Hbn  'pbn  'ra  cn'b'zn  -nr^icn  •b'rr:  C":':rn  «'•.tb  xbx  c— .'zi-i  n^ban  t— :b 
■'brs  ■'T'  »^r  .K*;xn  br  n'sp'nn  nTpcr;-!  n'b'rsn  n:'^2n  bv  mrcrian  nx  -ns*? 
Dnjtpn  rnms  "en  iTcn«?  j'rn  jo  nnacn  -lE'-inm  np-in  mri:n  r:b:nf2  n'.Ecnn 
psyn  mbna  "^r  D'ööincai  cmn  Dna":r  i:xi  nErx-n  rp'ncn  ircbr*  cp'crm 
-inx"?:  ."xrn::  xin  nc^re?  nm  ,n'xann  ja  r'i'cn  nra*  „Tp:  r'?c  x":^".-!^^  -in  •:r-.En 
cnaix  r:;x  lanri  bp  pvnr  -nnx  nbas  xin  -.axc  nni  ,m'?ip  ''^•^pr  c— rx  ccj  .t 
:nBnn  xna:  x'?p2?"i  y»  jriarxrn  "t  "^i*  -c'-.r-!  n'r-x  nn-nr  c— rx 
pvn  ^ina  vbv  ti'wpüv  v"  ip  ci't  c"Ea  ""c-i  br  mEcinr  crpar  rvcpn 
Dnt23ipn  "B»  ."ö:  xrn  n-t  x"'  3"3  ibu^ab  .x":icn  biD  nrawa  n'.u'CE  -;t,?2i  pc?'5n 
T3  fb'xnc  c-'.e'?  nx-i;  x'?x  ,-i:"j:3  '?"'nn  :"xr  D"2-ib  nx-:  px-  -='2  m  jb'xnü 
'xp  nxc  n"3X  "xt  ■''-i'?  n»pi  'r  c-itt:ipn  "e»  pcü  n-;  r  y  n*:  p  -  *2  xi-:  .npi*? 
""K^TB^.  xc''i:n  n'n  ,2"r  n":  »"3  :"-irT  pc^bn  nE*  xin  nar.  ns"  n"n  na:  ".c^fib  b'n 
"•B"  x*an  xn  m  ,2'T  n"a  pKJ'.np  rnT  bv  nxrx  pc"?  "|"'^  i*''^"'  •"'^P''  '"-  "''^«'^z' 
lina  '"Dl  bv  pc'pa  carEbi  .■■x'^nc'  xnn^n  -,-;c  n;  j'xn  n'ib  nrpi  'ir  c-^rpn 
D-ixbn  ^"e^TE"  ."laxm  nn  ,a"y  'n  rnsna  :'?B'a'?  ,x';icn  bv  nzi  nra  p"';nn"i  nnrcn 
n"*?  nn  xbn  xr'nn  p'ca  xm  xa'.-;,  .nrnx  bs?  c^iX'  xbx  "in  x"?  nanca  *'^:  rcn 
nax  n::-,x  ■'x-.'b»  .nmx  nnx  n n  ,x"r  X""  cv  ;  'nrnx  b*>r  c*ix'  "n  xb  Sbz  c";2 
■"B'-.'E.  ,ja"c  n-n  ,x"r  rs  a"2  yriy^n  n:— .x  'a:  ■i:n":rm  xa'n"  ,":2"=cn  n-"^p  nraxi 
"K  nn  ,2'T  x"D  pKrn'p  ;"|a''c'?  nrnz  n'ra  nn*?  i-n  pxn  ncp",  '•:  cü  izn:  ja-c  ccbn 
"[ZW  x'n  n-i3D  iT'x  ■::  rtvp^  ":  cp'rn  ibts''  nzi"  x*?  cxn  c-i'crpz  "e.  ,:r:  xb 
"bszs  n-.nx  nrroi  "'ü-i  bv  picpa  carB*?  .narSa"?  -xrc'  c.-itx  er  iüti  cn-rz: 
m2-ia  xa;n'?  ,mEc^rn  nvDip  an  jn  pan  mai  v-isn*?  n-.To  er  j'xriac  'abü'rr. 
Brr,"E2  nxn:  irb  'i:  nb'jan  j:n  xm  xn'n:  x"?")  'i3  Dicjipa  '""e.  ,nvri-ax  n-i  ,xr  t"? 
nxn:  i'xi  .xau  e]-ir  c^tt;ip3  c^t-e»  .ce— vrn  b:  n'n  ,x"y  ;':  rrc  :  ce'^x  r—  c  m 
n"n  nc'pa  jx:a.  ,xrn  nn  ,tt  12'z  ; "pto":"!  t'es  •:— .ax-:  -xa*:  n:  ['x  m-i  xm  .n  -"b 
rvop'i  '13  cn^rpa  '"b«  .anaix  ci  nn  ot  'a  pc^np  ;  '-r.'i .-:  piEn  c— L::ipn  vrzb 
D'T3  anix""p3  b-zz  itrancn  mocnn  'bv^  ."*a'?üiT3  p'-.ax  xn  xm  r'rrz  b'CB  'xax 
nria  dtc  cipa  nr  r-inx  pn3'7i  i3  \ziinb  ."c-.  ■u?r,"'E  rx  -ps"?  '"13  •a'^ci-.'i  "'?33 

:mnracn  ni"rc3  c—rx  dtite  n'b  ixscn'pm  iir.ai 
'3'?3  "|inb  D'min  nnvi  'Ti  'K^n'Ba  cn  o'pian  D'Enn  nnr  mscinn  "üin-B 
niEcinn  ^brs  nxi  nainn  "rB?  rnEan  -nn3  "•"rn  nx  ■inn'?  nrcx  .nrrcn  Pip'n 
n^n  jai  mnpaz'n  "^c  iurbn  rrr3a  D'nax-ini''  on  '"cn  'c;i-.*b  .nnii'n  bc  cr-Eanz 
nrn3a  c'nax  cn  n'Ecir.n  "c^itei  la^y  ';e3  x'rcn  bv  nizni  man  '?3  bc'  'pbnn 
n33  in'3inu7  "63  ,m":iD  r\z-inz  -rbbzn  'rvjnm  "Bp'nn  nri  jai  nvrcn  bv  mnn 
x;pcan  "ßb  x"?!  x-'rcn  "^u?  xnai-x'^pcn  'sb  -n-"X3'?n  'zb  xm  '-c^n  cn'B  .r"ccT3 
■pvn  bv  maj7'  iaap3K;  .nai'rn  bv  laici  .ripab  cipa  jn"i  p'^n  cipa  n';a  ktw  jbix3 

II 


i'?KDi  nnx  tt^ijia  nms  nn^Dtr  i^nd  ns-iji  ^n-ibim  axD  nib  nr  on  n^ian  p:iDm  n-nx-a 
lira  D''r'?2D  rn  msoinn  "'tnT'sty  fsi«3  ,-nD'?nn  annD  ,Tn  x"?  •'böbx  .□.tdc?'?  nns*  dk 
nnröjrn  btt»  nrnnn  ^ira  d'^st  -nrr'  D^nriKnöi  a''3irriü  pao  '''?2  on  vn  ,xn)2;in  nvjio 
b'iT  pDsn  Ditt?  IT  "^tt'i  n  "pD  n-T'r  pn  rrn  i«b  ibxD  ,ia:ir  "'323  b'ar  bt:'  tr'ian  idiit  •''?n 
nnna  n-'ün  xiüjn  ^bratrö  invir  Kbi«  mr  k*?!  .D^-nnon  D^bi^bJi  mmxö  bv!^  mnn 
•''^wb  maoinn  •''^rn  ü'')2n  ,nnn  bu^  npoan  dr^rs  nn'n  s'bt'  „iDran  •'brab  ddi3jd2i 
:  DipüD  pn  jian  pn  nbn:  n''-nnDn  npoan  nn\i  Dn'2''3'i:'  ""'arx  -x-ittjn 
i'?3  «"n  nriN  na^tan  -na'^nnty  ,>{in  k-iüj.i  br  maoinn  "brn  nap^'n  mo^ 
xm  p33  ;j-na^:i  nT-ina  cix  nia-'ja  nwi  xint^  bs  pnoi  n:i-ia  i3  pxu?  jinx  nmna  p^iö 
(maoinn  •'brn)  cinu?»  (pbin  „id'^d  "rtr  ü'''?  nö-rpn)  "^'xnno  drrbr  i^'^üntt»  taa^ün 
.""inpai  "na'?nn  "iirra  K:ibDi  mpa'?  mpi2!2  im'^jbJi  imsam  -mas  mü'^nn  nx  it-T 
Dip;2  pK  ']3  -jinai  .'ini«  nnoa  t'  nnnb  srt?  ,öbty  -iitd  maoinn  •''^rn  "rrn  xin  D"u?n 
^"^rs  is"?:!  nT3  e]Ki  ^"^u?■lpD^  n^ra»  nrn'?  "i'-i^  "psn  xbx  ,k-:id'7  «"jidü  m-iTiD'? 
D^r-ipn  rix  nns'"?  rrn  orr^'^sn  np^r  D'K-n?3xnty  ntrs  :X^S5jn  •'brn  nta^^n  maoinn 
n^pn^a  ,nrnn  ■'t  "^r  mnacinm  mrr'-Qn  j^zi  rirju^ön  •'irmp  pn  ixiiiau?  -mTncm 

mnria'trn  nvjiD  pn  ibjnjtr  miTion  n«  o'^ia'^aa  nieDinn  •''^ys  •in's*  -ja  .D-nsna  orxü 
m  wn  ^b•2y\  ,m:£-i'an  n«  inno  -pan"?  pan  ip^mn  ,D\^-ni2sn  mx-iü'öi  Kiöjn  b^ 
-nrn-t  nvnn  ,jk2  tt'"'  nmpö  •'iru^  -isr>aKtt?  ,i:  nmn  n^^Tb  b'z^  ,nnx  no-y  -nabnn 

rwia-i  xp  xna:«  siaj«  :"iai'?  r-'  n^aya'^i 

»Dx.-!"?  na'^rm  D'Ki'^a  cj  -Dipiab  mpaau;  mTnon  ^y\^^^  nrnp^an  nxiz'n  ca  -rnscnjn 

xn'obr}  'poa  cn 


.     ,     :  {n"j?  n"i?  ,iB"n  'd  ,nn)  min« 
:  J 


mmi  jn^n  ^ii'o  ^N'n» 


'"mK-a  ,Nnp  x"?  'c  xnp  pso  :13'?3  ma'?nn  ja  n'bra  nrx  pi  ns  n-sTK  ':ki  -i^ü-n  j^ri 
-inv  n-iann  '"-,isi  nxsiijsa  -  .es  «"d  '312)  xiipi  nnn  irx  pn-nn  -x-iipi  inn 
pvr,  öK  pD  nK-nn2  pi'?"n  u?"  -  .('2  n"rp  cc)  pnm  nnn  -ms-!  -  .er  T"t3  n2C) 
k"?!  pnmüD  n2-i3  Q':r2H:  annn  dt':  -  .(=1103  's  t"d  'an-y)  pr-n;^  ix  '•••'.ixia  xin 

-  .('3  'to  dB»  ""'-11X13  ah^  p3"n3  s*3"t:'  "niaix  •'jxir»  ni3D  —  .('3  'i  'nee)  "mi<n3 
'-"-nsT  3rn3  -  .('3  ':  ,1^3)  p'?t:3a  p3'n3  '?3S'  n'?''nn3'?  mD'K  p'7i:3D  j^s  '"-r,x-i3 

:('3  n""?  n"i)  pam  'xma  m.'an  '^mxn  pco  -  .ck  'i  nrjn)  jtspb  -[irn  b^' 
i)2in3  iD-i3in  133C  DrüJai  p3-n3  1123  13  "^s  jn-ona  px  '^n^i<n3'ir  ,-]Bn'?  j:  t:"i 
pirn  ^3  p3-n  'i3."2  ,pirn  ^3  ab  '"-iikt  ,1310  :pirn'?  n''3ni'i:r  "Eib  ,n'-iaiD  '-13-1 
ppTT  b:D  .niöipia  n!'X3  öj  n::üdi  -  .'k  t"s  .'3  n"s  ,'x  t't  u>"yr  .(=1103  ,•:  '311^  s*r3-i) 
□.T-is-tb  pirn  ittT  D'ösn  -  .(D''7'3pan  möip)23i  '3  'b  'nczy  pp'n  "mxn  py3  1:3-1 
p's  -  .('3  vf2p  3"3)  min  '?C3  mxtt'ri  n-iin  bv:  nrx  -  .cx  t's  '3in3)  n-iin  '?tt'3 
:.-n''-i3  ]'yjb  '3  t""?  'sn^y  yn  -  .ex  ■:  'nos)  x'^n  '^-11x13  n^^b'V  p3-i-i  x-no'xn 
ns-inb  D3  nx"3n  1331112  ix  '"nxiQ  xin  es  ,i3'?n  1313  ^^p!2n  nbn:r>  mrn: 
"iixi  ..iaip!23  npibnian  mxD:  n"3'?n  ,10331  ,nix3'?  Dip?:n  ns  px  it'X  ,n''3ryi  niTpn 

-  .p3na  IX  "'mxio  cn  dx  n22'?n3  cpsican  D'i3in  txi  nrx  '3-'x  iic3  ns  ri'x 

3ID.I    -    .('3  t2"D  'n3?  /X  K"p  3'3  ,'X  n"3  p"3)  -jlS,^  x'?1  X3M1  H'ip  112,121  X3"1  VI 

,'X  v'ts  ,'X  'ö  .110)  ninci  -  .ex  3"3  xiav)  n';rn3  na'^tyn  -  .(=^33  '3  ,i"d  '3-^,3)  z'"crzn^ 

-  .(nn  '3  j"3  /x  3"3  'nos)  niTr3  lüinr:»:'  p'^in  -  »ex  3'"'  ü"3)  "cpb  r,^T,  -  .ex  ris 
]'p^'ü  nxt:iD  -  .('3  J'T  xüsv)  nrtr  '•i^cn  -  .(iiri  '3  '1  pbin)  nosn  vbi'  -^zi'Z'  pan 
DT"  inst:'  n'?'''?  -  .('3  i"3  '3in3)  n3in3  ~  .ex  t'd  p"3)  1^1:3  nx"  -  .ex  :'■::  -ncs) 
1311 13311  n3:pia  -  .('3  va  ,113  /x  t:"3  113)  V'nb  -ji^d  xbaiö  -  .('3  'p  'n3i)  nii3p 
/x  i""?  '3in3)  n3tr  n'rra  -  .('3  vö  '3in3)  nu-x  nunia  -  ,(nr3  cn  '3  T'a  'nc2) 

n"n'   -   .(liyi  'X  3"p  '03'')  D''3Ö"'D   -   .('3  '3  '313)  piCI  n3133  D''5:^3   -  .('3  XT  p"3 

3-n  'bi'2  ly::  -  .ex  T3  'n3ü  ,'x  sd""'  'nD2)  'b-D  fjiT::  -  ,('3  12"'?  '13,12)  pxi"'tt'3 

-  .('X  n""'  n3t:')  c''?3  nn"'3U!'  -  .('3  '3  '313)  13  ni3"n  D"t:'3  ex  dim  cii'p  -  .('3  z"b  ,i2"3) 
/3  yp  ,'3  n"b  '3HT)  painn  -  .('3  n"i'p  3"3  ,'3  r'  'v^^'p  ,'3  3"p  '3in3)  xii3yu' 

:('3  'b  nuic 
'1^1103  J3111  mini  "^x  cn^3  minx  ni:ii:6  nr  ptt?"  na  ni''i:ai  ni:iü'7n  i3'7,i2 
D'X  n3i3  minn  ^31  D"r'?,i2S2C'  D'ö3nsn  131  iin''3i  .ci3  pcj?  nny  13*?  pxit'  m;x 
nnai  mc  bv  inn  sycb  mini  nnn  „inn  1131  -mm  i^cx  ,min  mi2x  :i!23  .t 
.('3  x"D  ;2"3  ,'x:"'  131C)  nn'^zpn  mim  .(nn  '3  'b  'nca)  ,ii'ri  mim  .ex  3"j;  'ii:d) 
.('3 1""?  '03')  n'?3  ''Ki''ir?3n  bv  inn  mini  .ex  vd  i"i)  ixic  bv  p'rir^  bs  icn  mini 
.(iiyi  'X  X"c  '313)  pix  -jii  mm  na'?  .ex  ';  ntsio  /3  '1  'nee)  min  11:2x2'  'a'?3 
.('X  •:  niDiD)  mm  13'dxi  id  ':zt2  .('3  x"3  'ciTp)  i"ir  1333  x'?x  min  m3i  x*? 
1311  IUI  .('3  D"y  p"3)  mm  iTcni  10  '3212  .('3  a"j  0"3)  mm  niMin  na  •'3e,'2 

mbaz  niÄ""??: 


VIII 


■?  niD^na  min 

snsntt'  min  a  nn  „ibapn  ns-Q  pcKn"?  tt^pynü  xin  osr  .naj"?  ■tmx'irQ  .n-n-B^'^sn 
■^iöd"?  nirnnn  cini  .ntnnn  "isdd  sn  „-i'?Dpn  mj?  'bn  ^^::sb  «iriDS  ansn  ^3  ,1^2  pK 
12-r  baa  jrtt'n'?  rbn  hd  D'D'nsDn  nti-^o  p-is  ntrr  -ins  nn  -onm  n^pn  nbnpn  bv 

ir?:nt'n  mp?::  xb^'  -iD-in  mnpi  .rf-UDn^i  nbapn  "'^yD  D.Tbj?  iiaiityrirur  r\in  ^-\^pf:i 
nn'n  p':?  amp  na  fön  x'nn  nyn  '3  -bbm  ^i<iau?  noipnn  anp  jöt  'rtt'  nrtt'yan  oro 
bxr  /^  r'b  D'-a-i  'D  D"i<:n  tr-iiam  ,D"m3i-i  na  12-11  pnen  br  n-itsir  nbnpn  n'^su? 
nnx  -DTitr  ,"?"«  ?  a-tttt'n  |!a  ü^h  \n^:  nmn  nas  ,■?"«  ,"ndt  p  nT-i  nx  pa:nn  db''-i:k 
at:«  naa-i  ^u^'T  . .  a^nir  3"sr'K'7"K  vb^-n:"'?  "i^nmm  n)3K3  •'Di ,"?"«  .snaa  nriKi  nsa 
n'n  va  n"v-i  "a  ,ü'ü:r\  c>-nö  ":  nnv  pnn  irian  E"r  ".  .  j"-i  nx  ]}ü:r\  aits"::«  "^Kur., 
.a-iJD  nbapn  ••'^ya  i;3ia  nmn  •'nu?  ntD^u?  '731  apnxn  ijd  a^Jambn  ■'c'xiia  -inx  ri-fa 
npibnian  nypt'j  133  ,rinxbü  a'xrnn  -im  nja^n  b^'hüi  b'j:  idäd  -pnnn  -inKb  bjök 
amnn  xnpnn  ui-ia  .n^mpDri  nnjTsna  n:s  px"?  nvnsj  a"n3'?  nnsi»  ix  nn  p3y3 
17  x"?  n'p3p3  n;i;2xn  -iictt'  =ixi  ,n'r'3p  ns-t'?  a:  a^aioa  ixicai  ik^-i-i  -iiabnn  -asm 
n'?3pn  ^-uina"?  ir''X-i  "nmn  "nt?«  nnm  ."^si  "^sa  i;nüD  m3in  ""a-i-i  ajDx  ,iaipDÄ 
•'a'n-iü  1^3  i"i::si  nnrn  XDnn  ,X3'pr  'i  tt'"»  nx3n''  r'sri  .a^an  a'tt?-na  ay  "nnx  nmn» 
-nbirn  n-^.m  nxi  ,a,-ib  i:nD  nann  nmn  x'r'ni  -'?x^u»'''?  anb  vn  nmn  ^nü  --ai"  -rn-ian 
nnsaa  x:!:;23  x"?  "STSc^in»  •'iDan  ns:x3i  .(i"ö  i"3  'mpn3  'b  xibb)  ". .  nroian  mm  nxi 
ip"!?  ''3  -^Dib  xin  -lan  nsS-i  Tirsi  -a'^j^a  n-i:x  •'ir-nia  nrxa  pn  nnmxan  iia'?nn 

:n""i3Dnai  nbspn  •"'^ys  j'3  B"'?'?3  a^man  xin  loipa 
,bb'zz  Tynb  «^"ai;  [xai  ni  ^1333  n'prab  i3r33  -133  -  ansia  nam  nmn  ns-i  ('3) 
-11-13  inx-iim  ,a'X3n  nais  31-1  a"ri  ■na'^'nn  ni-iaaa  naiai:ia  n-103  pi  X3  ni  m^ 
13  a^tt'anu?»  B'aann  p-i  -a'maib  -inra  i3'x  a3i2X  /'STatr  mm«  nxnin"?  3np  bb^ 
n"-i3  nain  ('3  n"s  'insa)  n3tt>a3  .min3  n3^xtt>  na  p3i  mm3  -iax32^  na  p3  b^Bn"? 
-  .3"n  a"-i  b]!  er]"'Bin'7  nistaiD  ran  maa  m  bs  -narb  na  j'-ban  px  -laixn  ,a"-iaa 
■paipa  s:?ima  '^r  fX3  xn  n3n3n  a3ax  .ana  it:'n''ai  nna  np-iy  xinu^  bd  nxaa  niabnn 
i'!5':'n  ,n6  ni  p3  si'-ian  na  /x  ü""'  n"-i3i  -  .anmxa  B'aanb  anra  -13-r  bv  Hb^  ju." 
i3n33r  anan  bv  cn  aaia  na  .pirn  j'sn::  am  b"-i  i'^bn  ,pirn  pam*  m  psi  m 
■"'u?-i  iT'T  .b'733  B^aan  -13-1  bv  ir<vbn  n3mn3  xi'a3  .'3  X"3  j''3itj731  -  .n'3rn  n'73a3 
'S  3"b  B?yi  .3"Bi  -nj  -n-i;b  nm  nn  "^as  Virnnn3ir  a^tnn  -.b-'i)  "anaia  nan«  nn 
ninx  PT  ~  .aiT-y  'r'r  m3n3  (jans  3n  nn)  imn''?i:'  n•^^•^r  n'^^u?  npin  anaia  "^u^a 
ana  x'^x  nna  n3'x  nyt?  nnsrn  .?]1B3  '3  'a  -as''  -ana  r\:i)bn  mnx  nna  nirnj 
ana  a-xbani  n3bn  nbnj?  ,aipa  ^33  n"na  niax  u^-inn  .ex  t2"3  /a  n"3  mrs) 
:('x  n"b  nn)  niypni  mnnn  .Ca  "^  '3in3)  n3m3  .('3  v"'  'u^mp)  n:  nu?iT  .('3  n""?  'trirp) 
.nia'rnn  nnae  '?33  nnn  nnrn  xin  nbi<n  cb^tn  iriatr  -  pannai  mmn  ja  (•:) 
,j33nna  ix  mxna  an  bx  anann  mpa  -^hh  mp-'?  niabnn  •'brB  nx  nx''3ntt?  nsam 


nsi'in)  I  n"n.iK  ''y  om'i.iN  'mS  i,mi3:.i  .er  T;:3«ai  11S2  n';-n  inh  cxin  cno  'u  ^y  * 
p!o:!nn  oy  'M3  fn  mpsD  c'>i  .did'jjin  12-1^2  11  ivciyiunv^  ,D'np  .1  myri  78  ;  1  myn  ,77  (n':» 

nn«  tr'K  ix  n:2n  j"t  xin  dn  ,j"t  nSajna  ;m 

VH 


joau  jnan  Sivj  hn'<n-> 


'2 


fr::'?  mabnn  ■''^r^  crönra  nn  stsaiaa  -  ns  "^ysir  mini  rn:=tt'  min  ex) 
n"'3iö  latr  jitt'K-in  jicb  rji:2  .nnn  D-'biba  '?Knc?''  m  ma"?  "^rc  ,C"üsnn  D';icn  ""jV 
"pn  'B  br  sinrn  t:c'2,i2  D"N:xvn  nniöbn  bn  mina  ü-nsttn  bv  n:iirn  '2  .'ts'?  rbv 
nin'3  n-iiö  "ju^n  jicn  .n"n  'D-n  ni'pm  naixn  nbapö  -iiy  mu?  '"^a  jrjnn  's-m  ]wbn 
'.u?'K  'Eü  r"K  nbap  lins  b";  irarn  -Ea  r.ax:*»:'  D-imn  b"?:  by  naibs  ,n'?2pn  hv 
.ns  "^rrir  mm  jnia  bv  "tsiB  "^u-a  n  UJ-ty  nm\-i  naxian  ja  u"?  nx:;v  nK:n  n'^z^nn 
;i:icr'?n  ns  ir:iD  ,i:r:y'?  nsa  pro  lasan  nrn"?  /s  H"b  nau?  •''^aam  r'-nxa  Nim 
voa"?  IT"'  nnin  nas  ,'a-i  ,'?"n  ,''Nai:'  ':e'?  narir  nnx  msr  ncTa  ,naN  (rrs  n"i:  :  ms) 
"D'K  HB  "^ratt?  nx  --[b  j-axa  "rx  rnrau--  ns  -b"«  .ns  "^ra  nrsi  =n:a  nnx  ,c"nu?  ,■?"« 
.n'^n  e]"'?«  1*?  DnD  .n^  /jn  h"^  'im  b'^n  ^jb'?  sa  .nB'T;n  is^rni  in  -ir:  .^'7  pasa 
m  px  ."^-K  .n"'2  ,b"H  ?nT  ^^a  -"^-k  .n"'2  S'"?«  s]"ba  n:  ps  ,■?"«  ,^"bi<  ,b"ü  -n:  na  -"^-x 
^:b  1-ica  -js  x"?«  ,b"a'j  nn  n"^n  nn  Pi-'rx  mir  nv  nnx  p;a  -b-x  .b-a-j  sbx  n"'n 
■^np  "13  ,n;iax3  i:  n'^ap^;  atrs  ."^'a':  nn  n"'a  nn  f\"ba  nw  ,B''3n:?xnn  lo'niax 
.N"i33  laa  anann  p]1b  .  .  B'at'n  fa  unj  ninin  naa  -a"aB  a"i:  ir'W  .nDiaxa  n  ■i'''?r 

:  nni'p  prSa  yra  'a;ai 
nnnxb  r:i3a  pBB  ia  nbi:  naa  B"iBrnu7  ex  -  :anan  n^bv  ma'?  n:n  naxan  ja 
nmn  naa  .bixü*?  inyn  bv  n'?ir  mn  ab  ja  x*?!"?  "a  -n^rnn"?  xac?  anip  amn'n  nnin 
B"iarn  ca  -  .nninn  n:iana  ;u?ia  aitr  ib  pxtr  U7"x  -Ea  x"n  nnna  nxTD  nbaz'  .czb  i»'' 
tsyia  n'n  ab  p  xbi"?  "a  .naina  nrxü  nninb  b"c:x  n:ip  nin;:nna  a:  na  nan  ynr  mn 
inx  "BJB  nnn  Eianb  inn  br  nbrtr  "a  'a  .ns  "rraty  nnm  n;iaxa  man  n'^nna  s]zn 
n'raxa  "^nua  inrn^  ix  x'nn  nnn  m'7i:Ea  in3''a  ni"?  inr^jn^'  j'a  ,nma'?a  j'axnbi  m 
rnpabi  i*?  nai  ,B"'?'?b  B''u?nia  ix  B'j^ia  bv  hbid  vniEpcn  bn  nn  -an^n  'anm 
BX  pn  pn'  xb  ni  '7a  ?nrx  naa  annir  B"rai:'  nnin  maba  xi"a  "Bin  nai  ?n"nipan 
•^x  ab  B'üD  axi  .ampan  ja  mpaa  psa  n'^an  annx  ia  ician  naa  nin  narnu?  mj: 
B'pinxn  patt?  a*mr:ni  B'n^rin  "^x  -mnxb  i"?  "iiaBi  jamnn  ";s'7D  nsipna  ninn'n  ai'a 
mpaa  nma^  ns  "^ratt?  mm^  Cj  -  .inra  nann  B"i3rn  nbav  Mb  n-sana  :x  .a'^nsm 
na*?  ja  ab-h  'a  .annau^  nmna  jv:nni  ptr'^n  "pin  et  nmaia  rnb'ri  nrxi  lai-y  ":Ea 
,'iai  Bi"bx  nru?  a^rirxnn  irmax  i;"?  inaa  -a  -.bbn  la'rn  nabi  n:iax3  anrrn  nxSn 
]wbn  'pn  E'T  a-naa  '?'?:;!:'  na  nn  .miaxa  n  ybv  bnp  ip  ,nraxa  it  n'?apc'  au-a 
mpnta^im  niBi  "^a  xin  nnia'71  .n'^apn  ja  nyab  "im::  ib  j-x  ,ji';nn  "üEra  "e  b'j  "x 
xibaa  ainBB  '?'7b:u>  na  "^b  rby  "^ap  xin  nn  ,i'?apai  ainna  paxac  'a  'b  ,B'iByn  "jeb 
ira  ma'?nn  "ann  .naiba  ,n'?apn  xmi  laiT  'rsa  mpa  n"?  u""  etbc  nmru;  "-n  .i:2in 
■^^raa  b'rn  masn  nn  "^in^n  man  nx  -  .n'^apa  aniB'c  Bma'rn  jia  nx  B-yatt'in  aca 


mcnam  B"v2Cinc  nn  ,nD  Syac*  nmn  c;  n;r;:  dnni  nicmrjn  ni-rrj-  .vr:  rr  \-'.:pn2  o  ;"na 
D'trnDn  pn  n>nts'  mj'jni  noiprin  nSajns  ^";tr  no::  pyn  'nsmn  ';ni  .cms;  c;»;;*  ':r  cn 

.22—2-1  jnnNn  nooD  i^'^ks  y">'  .cpnsni 


VI 


a  iioSni  min 

?('rDa  nt:'»'?  nsbn  ont?  ,3-1  -i,*2«  "T'KI)  x'n  '"niKn  jmrtr  CK  'n  'niTD  -  mon 
('S*  K"'2  'r^::')  -i)2S,'an  hv  pip"!'^  "c?"  inrrji  -  .xnpx  pn-i  iriD'r^DXi  ins^D  Kn^b'n  «bx  .  ♦ 
/n-iüu'öb  nniaria  irr  ,'n-is:"ii'i2  ni<  cin-iütri  xnvDü  -ncx  Dnab  i3K)  xsnia  ,-iiaK  xjnD  31 
?p3-i  it:-i^a  ^öD  nmnn  "72  .pnn  itr-i'ai  "'•'ms-i  vN'n  '^n:sn  Kn  -Pior  ni"?  ''''2S  b"^ 

"im-t:  p-n  nn-ia:  .mty-i-iD  cxid  n;irsnn  m-pon  -iti'x  d'tz  a^aina  rann  D-xma  '^^d 
nb  rcD  xpnD  -120  Kin  /x  r\"s  'nra  idb  ,xnD!acs*  pn  K\Tiy  n'^jn'  riTno  ik  K''t:'ip  irx 
rprnö  s-ft  'i  p-'Oia  pi  .«D'prn  kd^dcs  snpi  psn-ra  ,K'n  i«bi  ,S"n  '"11x1  xnp  cu-'n 
i''Dr'7  'K  T's  'ön^i  1W2  por*?  'x  n"a  ö"n  r'T  /"-n«"i  i«":»  max  irn"?  nt:'  ,'k  vb  '-nsn 
D"brian  -  /•'zk  ^"J^  'x  n"D  Dtt?i  '3  Vö  rn33  x;n3  nm  bm  n"rn  npi'?n)2i  rjnsb  n::ibn 

mpn*?  "i'-ii:  bax  -n'Dirnn  nniir  n<^:£r3  nemn  jitr'^s:  -i-an  'p^ajib  iü'bx  'x  nabn 
sn3s:csn  .rbr  moiDti'  u'pMn  "i-n  bn  "Ja-'jsn  noDin  '?r  mn''  m^Dinnna  rnnv  bv 
pi'^n':'  pm  "^rnb  •»:?•'  ax  -ii:ii'?3  .d"nj:i  m-rno  npnnn'?  bis'^si  mdi  -jimd  nn'^-nxs 
üb)  Tdr:  nmb  ndbn  x'.i  a^r^n  nrbnnu?  ^:s^  dx  .rinrn  jicbD  .iw'^n  irs  nrnp  bv 
Kidn  t«  ,p-n-ii2  p-i  nrs'D  nnx  dipssD  ri"'?]?  n'?:;::'  "-Dsa  ix  -xipan  irit?  nb  nrn'7  pn" 
"NDbyn  K'n3i::Ds  xnpi  paii)2»  ix  "xia'^rd  xndDDS*  xipi  nb  n'-Dj  xnd'?\i"  nnwnn 
mm  nj?  tr^  d'tt'-.isfan  niüipan  id'r'i^tr  nJsiSi  ^''pnb  itt'sx  "jd  "iinai  .m'?  noTtdi 
pvid  i^'zibi  dnnnn  ^ns'?  in-idin  ab  n^f2br\n  'bv:iz'  pi  -rnnwa  nw-n  p'-xt'  ,nnnx 
"br:  "ri'x  iddD  n:;p?2  ni2Xd  xin  n-r^  pDi?n  .mdin  i^  jnd  nabt:?  x'?:^  "ab  ^mti'-nn  rnto 
Jb"üdxi  nr-aips:  ndind  bnjn  naddi  ?2"ndd  d"d)3in  dt'X-idi  d^pdian 
t:'J2rn:v^  -xip.'ad  bbd  -ii"'2  ix  nnins  -]SDd  ix  iipia  ridbn  irx  br  irpan  ni.'sbnn 
,'x  d"d  'dinr  r^d  .-nissbcd  n:n  XDdan  xn  nii^ipD  ni-'Xdi  dndd  "[bjis»  is  "p3!2»  nb^^d 
.  .  r\"nf2  iPd  nicxb  pXDt'  dxb  ]':f2  .  .  mini  p  i^nm?  nei  xii  idxir  nsib  pjj: 
.n"n!2  nxinib  j'Dri:  Cd  'n  'in3d)  .riM,^  nyidt?  bi.ibjb  p3!2  /d  T'd  d^i  'xi"d  'u?ii'p  s"V 
]b:f2  '"11SI  n'öixdi  -  .'d  n""  niridD  r"r  . .  n"iö  d'riDi  riMnb  j^za  ,'d  ■::  dc 
xdd:2i  q:  Xd  li  I3:di  -  -'d  X"'  'nnd  yr  .jbDa  -nixia  /x  d"y  dt'  .Cd  i"b  pbim 
x:bdipb  |XdD  /d  i"p  'ii:d  .riMia  dni-iab  jxd.i:  /d  tfi"d  d"d  i^d  ,"nini  jx: .  .  jxds:» 
dM:x  -  ,-y:zb  T"rifz  r]:w  iDdifat:'  /■'mxb  idi  iriLO  jxd?:  /d  n"a  ndi:»  'ui  .dmü 
^•.XDbrd  xndDdx  ix  na:  t'pM  xm  dx  niriin  n;idn  itöid  xb  ibxi  d'X'odiad 


.11  13  nts'  ^ 

.1  lüG,  11  1;!  B"'v'y  2 

inrO    nOXrj    Cnpn    Tradition   und   Tradenteu   171-192    ,]nnKn    11303    t;3N3    f'^l   3 


;a::u  ;ron  72»:;  'rN'H'  * 

mabn  c«  :ü"jid  'Da?"?  »«npt:n  bx  cmcn-nn  "e2  D'pbnna  ctj:'?.'!!  mabnn 
l^'ijDn  nriEs  ex  'j  '-n;)  ni::  briam  ,nu?-n  ""T  m:!2C3  m:*?.-!  Cn  -  m'nr  r,".r-ns;2 
n-na  nr«  "nmn  nnzn  rn'23«  n:!:"'?ön  .Sttn-tJa  i"nxn  nn''  rnea  mm  x^ns  '"-11x1 
n"?»  a:  n-nn  r'n  mnsD  -no-  ^b  nrn  br  pi  .^aa  -mm  trmsö  "anan  i'jyn  nrn  "^y 
n-nn  nrcn  "en  xi''?"x  t'k  'n  d"'?  'mnsr  :n'?sn  d'büan  ja  C3  nx-i:ty  iö3i  "nnri» 
T'b  n"»  in^Dn  ^.m  -b""?  i's  i'  -i-aSin  p-Dssi  ?n-nn  nnan  js-n  .j'm'^tt'n'?  piaaiT  nny 
."p!2)a  1^3  •'NÖ1  nrn;  in  v^z'  i-t  -b""?  i"?  jnr  p»  pi  „iD-n  r,s:><z  s"m  .paa  irrj  "nsi 
n^inp  bn  .mn'a  "r-ns  nrp'ra  "n^n  n-nn  nn::''-',  '^an  ■?"-!  ny-"?  .'2-'x  n""?  on 
nra  S"nK  niax  xm  -yrn  y^n  i^T.s  ,-i»k  ^'2^  -xrm  "rx  D'pb-n  "nnr^.  p'n«  ma'rnn 
nnm  ""an  inns  -i"S'  'n  ;"•'  n-r^  pi  .t?"::::  n'^n;  i'';rn  br-c  "in  .xTcn  br  a"T  .n:a 
-n  ':  mn2".r  yn  .du;  arcia  nann  pj^i  .-[•rr'^ü  'rrb  nian  mp'70'7  n%Tna  -a^'n  nmn 
rn-fi:  riT:}-\n  y:  K-m  -kic»  nrni:n  s'an  nptr  nnaty  "in  'an  "aa  -xan  naxn  /s  N"a- 
-npD  nnarb  p;y  in:n  xir  rinatt6  ]':y  irx  as  a-a  ^rch  üiz'b  r-cm  "^is  nnai':n 
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jtt?i!2  hv  n;nan'C'  my  '?a  nrnn  \f2  pp'vz  anann  niDöb  d-  prx^n  ran  "^k 
a'?'.':»  rKam  n'.aca  .Tai  n"K  ck  t'»  naia)  im  ,m-ibinm  D^ansn  n'  ab-i  i^si'ya  -lann 
np'y  nb  r\-b-\  na^y  -cnp.'a'?  na:  nyau?  m"?  jrnay  p'^ia^a  nmnn  p  np-y  n-b  n-xn 
in"?  n^'^n  a-T  isaa'i:"  aaia  /a  a":  'ana  pi  .©npö'?  nar  nyac?  jrnay  ah  pmaja  n'na 
nxiaita  -JX?:'  /x  rh  paimyai  ."msnö  np^y  in"?  n'xn  .j^baix  -.saa^  bxi  ■^•mxna  np-y 
Bj  ns-:  nn  .s^n"?  nmna  u^naa  npynr  ,n;van  nba  baa  .n"na  np-y  nb  c?n  '?^K^n 
.sTir^ix  n-x  niy^x  n"s  Ca  n's  'nn:a)  .n:  n::a  nr  anmam  np-yn  maipa  nrxa  a'-aa 
pl-ain"?  ia  ^''^  ansia  nana  icr.'ai  n"na  np-yc  -\zi  bv  x*?«  (n-aa  jpn  a"n  irx 
n"na  nnp-ya'  nb'r'n  x-n  r-x  /x  i-y  xnTp  ,x"ran  "^a  'x  t"s  ac:  r  y  . .  ym;  ?i"B'ia  axi 
'"mxn  j'ya  pan  pp'nn  ba»  b'^an  -  .nsina  n'^iaea  r\ibrj^  ba  -a-na  cns'7  pan::  pxi 

:  'X  n"B  'B";  .nmnn  p  np-'yr  nana  pn  aaaia  irx  "jip'n 
an-by  nana  a-nan  j'xc  a^r^yi  maSn  b'^a  a-'aya  ma'.paa  xa  nmnn  la  lan 
□'■^in  mp-ab  lan  'a  '^'b  'nn:a  '?ra'7  ,ia'n  -an  n-aa  :aa  iDVi""?  -^ina  j'yaa":  pn  ,vinmaa 
mn''?  lan  Ca  'a  'cnn-'p)  -  'iai  jinia"  anxn  "^a  maa  ax  Co"3  t"b  'naa)  'X3k?  '?p:a  n"na 
nma:  ^-^-^-i  ':b  j'x  i'?xn  ma:paa  .'iai  ^as  p  -j-nx  -n-a"  "3  ct  :"■'  '-an)  'x;a'  vpja  n"na 
b-'n  vj'sa  n"na  nmap"?  Tan  •"■auna  'a  va  'nniaa  xi'a:  a'ma  nnv  :an  .xa'?ya  ran  p'^ 
X"n  r's  nn:  '•v:;n^  '"yi  nmna  c^maar  nan"?  nan  n:n  nann  .inapn  ntap  "a  (;"a  x"a  -nan) 
3Bia  ainan  ax  .n:a  p^  '^br\  nann  b-D  .n-n  vas  'nn;E  a-aam  ". .  p:a  na-y  m::a  map. 
x\m  mb  n-^p  naintt»  nnx  lan  bs  my  myn*?  tt"i  ,B"nan  ba  "jy  ix  n"3  "-rnn  by  pn 
Tön  :ma'?nn  ncpai  vi':a  n"na  j^aaiT  any"?  Tan  ,x'?iy  naxn  /a  'a  maai  'x  '"  'nnssa 
Tan  n:::'"7aa  -  .'lai  p^a  ppibr  paaiT  any"?  Tan  xbx  laai  nrxa  a-na  xm  vj-aa:;  anyn 
Ton  na  p  ?:?"-".x  /x  'n  p"a  laa  ,p"na  -xc  ba  an^a  bj  mabnn  rana-a  i":a  nmnn  ja 
♦v'D  B""?  'pira  p:a2  x:m  ,p'i'  i'?::x  n:ai  anx  ai-y  nxm  b'n  fja  nmnn  ja  nnap  p"2i'? 
'tnbya'^  a'"aa  "^xpin^  'b  by  nnx  aipaa  a:  xi^a;  nmn  pc'r  b'?ixi  ,S"n:i  ws 


Die  exogetiscbü  Turminologio  in  dor  juUiscbea  Tnulilioiislili'i  at  ur  ,'^''j:i<2  T  21  'J"'J   ' 
1,  182;  II,  208. 


IV 


.ntt^an  'mx  rriaiKai  "nu^is  btr  inmn»  -"ntrö  nmn«  ^i33n  kjcöj  mbipö  nünh 

nr.^  ."sn  n»si  ex  TT  n"n)  imri  nnpia  n-o-iian  mjKn  102  -vbK  nDirna  mmn 
nit'a  bir  iminji?  prnv  bsm  ono  ly-n-n  ncv  ru^in^  cd  r':s:  'ön'')  .px-ia  jm  niax  imim 
x"?!  'mxn  roTDi  «nb-D  HThn  .  ♦  .Tina  n-tra'r'  n"nsi  "^Kii^iu?  bJKi  cd  "i  r\:':n)  .k\-i 
on.'^'?  ^nn  jn  bapin'  nms:  -ijid'?  xb  -i"tt^ia  nrnnö  nt  nm  ca  'n  p"a)  iirfm  .n''nn'''p 
.'3  n-D  ,'D  n'"'  'nar  .'3  ys  /n  3"3  nnoD  .'3  x"r  xav  .'x  ';  n-n  »'3  v"  rr'Drn  m"?  mtyn 
Dn'3  c:  nn  "usn  x:s:s::i  .'pxpTn^  nmn  naiyb  rura  rrmn  r^tn':'  ^iDsn  k3  nbxn  mJ2ip):3 
:"nj3  "ty;«  inxi  '"11x3  tt»  'öxt  lab  •"«  n'^n  "jn  C3  rb  '313)  nbnjn  nojs  "u^jk  bn 
,Dn"nmm  n"iN  '?k  Dn'3  ^iD3n  bniü  -invi  .in"?  -lü-öb  pbia"  p^in  x"?  ,n'?^sn3  inj'jpni 
jnpT^  DT1-I3D3'?«  'is':'  nniiia  "33  an  «pnex  ■':3  ay  pu^  xd'ds  p  kt33  n3n3  i)a3 
.'3-'K  r'tsp  n3tt?3i  .nsrn:^:;  rrca  nmn  -□nb  nax  -Dmx  nn;«  "ik  dki  ck  k"::  'nnso 
n3'n'n'xi  nwKii  sn'n-.s  n^'^sn"«  psynxD  \}r\'bn  «(ar  jö  (imnsi  r'-i"?  ksidi'?'e)  b"H 
r\'b's>\s  n^aisi  nnn  xm  -imptxa  nDi:n  inv  nana  ^b  jmD  :"-iu?3  3"nsi) » .  "n-'-inx  'ms 
jna  m23i2  .y"n3  w"V  .  .  "n'ns  ntrfan  '"ms  jia  n^nsü':'  sb  s;s  ,^3  'nsi  s-sdi  n^Si^ob 
mcrnc  ny  -;nn-Dö  ^rs^'  csvp  nn^D)  nniaisi  bsnu?'  ^:3  ns  mnsa  vntr  ,m2sn  nnais 
ns  .nüs  in-nm  ddh  T'tyD  (n'3-13  ''i'?»)  n^a^u^iac'  /3  n"y  ;2"3  r'T  .nura  "ju?  in-nn3 
tt?"ü3  m33  D'u?  ps  i33n3i:'  nü":»",  -  .D-'r?:v^n  ■'SBb  iD''73nbi  pDrn  p^'^anb  ■'i33n  S3 
Dmp  u?"ab  iu?an  prs  s\n  •'d  ,n"»rü-i  '"-ns  'D3  3'n3-i3  ''b  st3d  ü"-i3  C3  v"?  sav) 
. ,  n"3pn  '3B':'  n^'a  nas  .  .  pr  sx'i:  ntt?ü  nnsir  ina«  ,nu?ü  bu^  inban  n;n33  mb 
'3  n"*?  n;r,a3  ü:  du?  k:ü?:3  nn  jisy^Di  ."nrJ2-i  snp  n^b  r^ca  spn  ö"-n  n^arta  n3nDa 
m'?i:DD  nnst:?  |X3a  UJ'pnb  ntrssi  ."isd^  mn  Dr3  "3  ,inzvj^^^  n-nn3  3in33"  piid3 
tt?"a  ^^y  my  Tyn"?  \e"\  -  *  .i"?  onrn  nsDnir  •'ü  0^3  msnpan  -fsn"?  ,s'n  n'^snn  pu?"? 
snpan  jitr':'  '?y  i'oyn  3Dia  na  .ntrian  sn^ms  nsD3  3^n3n  no  inrnpsi  /3  ^"b  'ü3^ 

:D3"n  ns  ""'n  snpncr  m3^  '23  inm::3 
s"ai  .'3  n""?  sar  .'s  'lo  ';yn  't  .Tyi»  taya  pn  x::?^;  d"'3in3n  "^s  cn"'3  nmn 

:  '3  'n  'nnjD  xt'd  p  bx  Dn^3  d:  anKi: 
jpoy  nu?x  m;nyn  mtü'trn  •'-ipy  mn33  DJDn'?  Dip?2n  na  px  -  u^mai  nmn 
mtay»  c'^m  na  d:  mynb  lo^'ry  ddöx  -i:aü  maynonin  nnbinm  xnpian  pin  n'?3:n3 
iiaitra  i'?'axi  .tin-inb  m3''-i::  n3D  .D"nn  piir  "rx  ■'n-iaon  j'?i3:a  |ns:i3  3in3n  nrnixtr 
t:''T:n  ^3nm  D^isyia  3in3n  n3"!  .z^ima  ''73  nt:'yün  a'7iy3  ny  '733  D^pnn  irx  xnpo  "^d 
xnpa3  anon  »mi'ian  dtp"?  mnirax  Dity  px  Dnny'?3at'  d''pn  D'tana  niasi  nöD  .D'3nJ3 
np\my3  omby  m3y  -inaja  tsiraiian  tat-an  bx  pn  nu;x  xmpnc?  ny  i3  D^bDia  ix  niaj*? 
""Sty  mmn*?  nnDiiai  1133  niaiy  ,n3ia"p''?i'  it''?  nn^n  X33  '?3X  ,n3nDn3  u'"'3m2  i3'ki 
n3"si  mir  D3'3y  px  D'^mean  0^3^  a:  a'^ixi  .-i3'?3  a^'ria  ai3nn3  panan'?  niyax 
nu^maa  nabn  irx  ax  .nin  u:  npi'r'nan  ^bar<  x"?  pbi  .xmp  ba"?  nnx  ^m  bv  a''33iö 
|n  nu>maa  ns'u;«  naxn  ^"nbi  /3  n"3  pu?iTp  ':n  ptt»"?  '"y  xiajin"?!  .x"?  ix  xnpaD 

:'D  y  mm33  /3  i"a  ö"3  yy  .(v'?y  rj'^in  pnv  'n)  nmnn 


1* 

III 


]QOM  |nDn  h'2''r2  ^«m^  t 

a'pDirtr  |ia)n  "j^ntr-  on^-iu-K  er  'n  vd  .ms:am  mina  rriar  ij-inn  xbir . .  nii'üisi  n-nnn 
tranira  nT.-i  «rnm  -  »min  k"?«  i"?  px  -iiai«.-!  bs»  pjy  '2  D"p  'ö3'  r"n  .n"öJ2i  n-nro 
n"vn  Nsb'K  .'«  '12  ':ym  .xn'mKn  cnj  .-z  n"B  '-i.xd  im  "j<n"-ns..  n'?öD  cj  m?:'?nn 
♦CK  T'B  ö"n)  '^Kb  1'7'n  .('2  r's  Kür)  *?332  '"-nx  larbi  '?'i'''?t  "S'n  "a  .'ms^  "onj 
.cnv'tt  ""jn)  'mxr  p^orn  mirö  (-inKb)  n^yn^h  jTa  s*?  .^n n"s  'hds)  '-.is'r  'pcy  "«"^rm 
nnnym  ca  r'^  '3-0)  'niNn  x-ip'  -  .(-i"nn-ib  b'H)  'mxn  n-pcyp  ■k!2k  .'n  r"'  vr  r"r 
:'K  2"D  .'nK-b  'to'j  "pmx  -13«  6  na  mr  TDnb  ty-i  -  ,C'k  vp  'nins)  n-nn  -nr:i  ncr 
■Tm::  ba  nnja  nia'^nn  nn  n'mjian  'ans'?!  rrasy  na'^nn  si^b  yr:-  d:dk 
n:i'-\r\  -d  .-npön  -npa  Pi^'^nnb  ab^  mabna  x^n  "rjnj  '^'^r  .prnr  n-.'p,^  ■?!'  Trai 
m-iEDb  ir^i  .-lipo'?  lipo  p2  IIb  IT  mabnn  mcnTim  o'^nn  m'?c'?rTk:^,'a  •£'  n'p^bn 

n:itrxin  np'?nan  x^n  -irrna  -invn  nsmi^in  nnin  -  Dnpn  "rna  -ixu>i  niin 
D'aya  na-rn  nam  .D^ainai  D-'x^aj  minxn  nipbnan  "ritt?  nisirb  Dipn  'snaa 
D'ainai  n^x^a:  n-nn  m'bz'ü  minn  .'xn"p''D'''?tt'n  u;nna  a"mcB  :-in''2  mpbnan  u?"?«? 
mjx  "rsrn  -  .ca  i"r)  a"a  nj'^jn  'tt>n'  yy  .ex  n"a  nau") . .  'xn''?n  jxmx  n'anxai 
,ipm:n  p^ynn  ma'cn  a"'y  to^'^an'^i  p"na  'pbn  •:  bz  bv  anann  yacnb  b"m  lanx 
'inn  p  Ca  'i  n-an)  .jr'x'?  nu'x  'nü  a'ainan  ]f^',  D'X'ain  jiai  nmnn  j^s  Ca  n""  p"ö)  laa 
ni  na-i  ca  a"::  p"a)  nnnx  niiianai  .imx  j'a"'?'!^  -jb"'?  ni'n  mxc  -j-na  a-nai  'a:n  pi 
|ia  '3  'inn  jia  '3  ex  yb  nn)  ni^ann  -i-ioai  .'"ainaa  c''?u?ai  "a;a  "i;di  nnina  aina 
nao  -iiy  1:03  an  'aai  '3ai  'na  nnp"?  mcx  bzan^s  'x  x"a  p"!2  yy  .'nan  ja  ':  '-asn 
yyi  .'X  'n  ':yn  a"i;n  13:3  poai  n"a  ":na  maia  nanx  na  xnx  an  .niabnm  niz-nn 
pjjoa  p"na  'pbn  •:  man  n^anxai  -  .'a  3"'  a"a  .'x ':  'aina  .!]iBa  'x  'a  .^jica  'x  v^  av 
:'x  10"»  'ciTp  .'X  J""  'ain'y  yy  .'nanxi  "a^nx  'mxnx  nnay  .'x  'n  a"a  :a"ra'?  nan 
'mxna  ca  a"D  xav)  -.r^b^n  o^b^aa  laa  laba  ö'X'a:  ay  mrpa  nnin  c;  N:ia:i 
Dinn  bv)  'nixn  ü"a  ex ':  '"ja)  .xa'x  'x^ana  ,(ynan  nnb  j'xir  cpica  'na  nnr)  xa"'? 
xa^x  "X'an  -xn'^-a  nc^naa  "nixn  vnyiyntx  "x'aDnxi  (a'^iyn)  ny-ynix  abi  (nnin  b'c: 
x^aDa  pj'^na  (e]iDa  'a  •l2"d  xav)  na'^n  "rjyai  .janaan  xnb'a  xa'xi  jrnaan  xnn-a 
/K  3"a  nb'jai  .x^a^a  n^bt-ai  nnina  "^'nna  (rjiaa  'x  a""?  n-n)  .nnina  p;'?na  pxi 
m«;m  par  n'?p  n-'c::  by  |xa  nan'?  nxni  -  .n'?nn  nn^na  H'^p'v  -[ni'  x"a:a  n'^aan 
D-p'^na  ma  p-yn  n-x'na  "^aipai  ni'n  -[aa  p:?nnn  xi'a  m;xa  ncx  rnn  .na'?m  r^n:^ 
xp  nmn  xai^'n  'rxpTn''  b-ap  'xa  a"x  ex  x"e  -,t^:d)  ma'?nn  nrpa  .p-na  b'c  c-ru' 

:y"na  C"y  .i;an  nca  n^nnnsn  ■'a\n  "a  ■'nnnx'?  n^b  "ya'x  nnna 
p  n^bn'.  "tt^x  n-x  ,'x  ta"''  n-n  n'nap  au?  o;  a'x-arn  bv  x:s:a:  nninn  'rx  cn'a 
II  "^x  na  vj'prib  nirex  ax  c:ax  .lan  nmn  nana  n'?ap  nam  x"n  n'rap  nan  cp'nx 
.xn'p'a  n"?:"?  yji:a  .'a  'a  p"a  w  >]:'S)b'  ab  n'?ap  nana  nmn  nan  ,'a  '-  r^y:n  -y 

:n'?ap  nana  n"n  pi  pxi  nna  n"n  pn  ,'x  ra  nnoai 
n:i^•^  ma'rnnu?  aipaa  n:  D'X'a:  nan  nsa"?  "xn'-nixn,.  xi:a:  nannnn  n::  bv 
laa  ,xnpaa  trmaattr  na  pai  caan  nupn  j^a  "^nan"?  na  p-\  a:ax  -mpan  bv  nun*? 
a^nan  ,Kn  'mxn  :nia'?nn  nrpa  .a'^iyn  pp'n  ':aa  ein  'r-y  pann  anym  ,'X  rb  'D': 
•^''n  f:a  n"na  nnap  ]v:ib  lan  'x  'n  p"a  pi  dinm  naca  ainai  (na  a  "?  "an-) 

: jvi'  ^i'x  n:ai  cnx  ci'y  nxm  (ra  o'b  'p-.n^) 

II 


.m.  Dxiin  ,pDi:i  (HDn  byt:i  bs^n"*  dn» 

"b':'  rr^r  mnm  .-n:s'm  na'^nn  ■'Sjr  hii  ^-\przn  b^  n-nüpn  ""lSis  bs  mxn 
i'^jsr  nc'><  mnrs  nnrn  nrs'r'Sin  s"n  timan  niaan  b^ü  m:wn  msipnn  "^x  imorrnn 
rninni:?  nnian  ba  n^pn  n'^i'r'D  ns'Tn  nDx'^an  nm  -in  "^Dn  bxnty^  ^aan  n-nn  nn 
ntt'p^i  xnpjan  p.r'^ia  no'rm  n^an  ns'::ira  ü^y<^r\  iia'^nn  "»b^nr  njTa  ^jra  n^rmj 

P2  nt:?-nD  minriD  nns:n  m-rprin  noia«  inmar  iir'K  Ti^'nb  "my'::'  ht  niasa 

ma'^nri  ans  mDU  min  nbntr  a':itrn  a-'Din\-i  '\}:ip^  biba*?  pi  kti  nbx  nm  n'bani^D 
Kbi  nbian  u'iau^  n'?Djn  br  pn  ns  tidtis  .raiai  rn-r::  b:"?  Jtriiai  jk^iö  "pd  -iKab  s"?! 

'N 

Kn^m«  iK  ."nin  n'^ian  maipia  ranna  tr^anu^ia  -niü'?nn  -  "bb'srt  riDmaa  mm 
mina  tyn^sa  anaitt'  na  pa  -lüiba  -noKian  in  "iiia'^n  mpia  pa  Dnen'?  ■''72  -"^ba  inin 
:iD  pa  a;  »'«i  :n3a  .m^Tj  ,n;pn  ,^D'aa  n^a':'  nabn  -xnanaN  -n^m  kihd  ,nö  pai 
mpDa  per  yb  ]'a^  mr  "ria  nmn  nbü  riiatra  pi'^'n  nt^ir  -n!2'?nn  j^x  masm  na'^nn 
naD'^au?  "^in:.-!  n-ab  pxa  i'?xi  i"?«  :n'7xn  a^bt:'ian  ja  aj  nsn;cr  laai  ,n"iabnni  h^inn 
bb^\^  ^Ka^»  "^abn  ia-isra  ^(nDtt'aa  'a  va  '-itob)  b^i^'  "^ab  nmn  ns*:ir  Diraa^  -nnjn 
n-nn  ^ca  n-a  ar)  nmn  'nu?a  ,i-nn  n^ürsi  '7snu?'a  npi'?na  lan  ,pna  "^a  itt?air  ab^ 
•aa  CK  a"a  -nnja)  nrn^i  niab  laiaai  .n-nn  jn  'b  nm  .'« 'i  'nn;B  r"r  aa^ai  pn  jaiaa 
■?>«  ^b  aic?"?  c>^  -^nrai  .njura  bv  mb^an  n'a  tt^-'U'  ^aa  ,n-nn  b^  nnanba  a::^o  nnx 
, . .  Tibn  ':na  nab  ♦ .  «"^ip"?  xrani  xnainb  snx  an  nbia  nmnn  "^aa  ca  tt  -naa)  naxan 
bxs'ia  "n'?ia  nmnn  baa»  a"x  ,bp'an  nana  na'^nn  nai  jjanna  pn  apaaa  bpr^b  ']'i'in  ^a 
.mmnai  xrina  ^-\r^\r\  Ca  a-p  -naa)  a^ana  a^^Dxa  a:  xiraji  .jDann  b-:}  a'-roy  br  jxa 
y-i:i  '3X  mabbi  x'n  nmn  .ca  vp  'nnsa)  pin"?!  nsu'n  ja  xbx  jxn  '?::;  inmn  px 
-|nxc  ay  ex  'b  mnau?)  t3"rai  miüa  bx  m;iDa  mab  jaiaa  a:  x^aDi  .ex  a"B  'ana) 

:  mm  13  iotjc  -ir2ii!r:in  eiid  lon  T"En  nnio  db'i  .'t:  2"£3  n^'-in  «nsDina  ^ 

:cvDn  3".'!  non  dc  xnBDina  2 


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UNIVERSITY  OF  TORONTO  LIBRARY 

J  


BM       Kraus s,  Samuel 

4.0         Festschrift  Adolf  Schwarz 

K73 


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